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5 O 112/19
2021-02-09T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention, die der Streithelfer selbst trägt. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Kläger war am 28.05.2018 mit seinem Jetski auf dem Rhein in Höhe Köln-Rodenkirchen unterwegs. Das Sportboot des Streithelfers war vom Anleger des Bootshauses „Alte Liebe“ führerlos abgetrieben und hatte sich in den Vorausdrähten und Ankerketten des Bootshauses der Universität Köln verfangen und lag dort mit dem Bug zur Strommitte fest. Aufgrund einer Alarmierung der Feuerwehr der Beklagten durch die Einsatzleitstelle der Polizei rückte das Feuerlöschboot „Branddirektor Hans“ zum Einsatzort aus. Bei dessen Eintreffen waren die Wasserschutzpolizei mit dem Rheinstreifenboot „Wiking 4“ und dem Wasserschutzboot „WSP 30“ sowie die Landpolizei vor Ort. Der Kläger näherte sich der Einsatzstelle mit seinem Jetski an und erklärte sich – unter zwischen den Parteien im Einzelnen streitigen Umständen – bereit, den Zeugen N von der Feuerwehr der Beklagten mit dem Jetski zu dem havarierten Boot zu bringen, damit dieser daran eine Leine befestigen konnte. Bei Durchführung dieses Manövers kenterte der Jetski, und der Kläger tauchte für einen der Länge nach streitigen Zeitraum unter Wasser, bevor er von dem Zeugen L gerettet wurde. 3Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 05.06.2018 ließ der Kläger die „Verwaltung der Freiwilligen Feuerwehr“ auffordern, die Haftung für die durch das Kentern verursachten Schäden dem Grunde nach anzuerkennen. Unter anderem hieß es darin: „Der Mandant bot den Feuerwehrmännern seine Hilfe an, da sein Jet-Ski wesentlich flexibler und wendiger sei als das behäbige Feuerwehrboot. Diese Hilfe wurde dankend angerufen.“ 4Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 11.06.2018 unter anderem darauf hin, dass ihm möglicherweise Leistungsansprüche gegen den gesetzlichen Unfallversicherungsträger zustünden, woraufhin er entsprechende Ansprüche bei der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen anmeldete, die diese mit Bescheid vom 23.07.2018 unter der Begründung zurückwies, dass Schäden an den im Besitz des Klägers befindlichen Sachen nur erstattet würden, sofern kein anderweitiger öffentlich-rechtlicher Ersatzanspruch bestehe; ein solcher käme hier aus § 45 BHGK NRW gegen die Beklagte in Betracht. Hiergegen legte der Kläger am 26.07.2018 Widerspruch ein. In der Zwischenzeit hatte die Beklagte mit Schreiben vom 16.07.2018 eine Schmerzensgeldforderung des Klägers abgelehnt, weil ihrer Ansicht nach eine schuldhafte Amtspflichtverletzung des Zeugen N nicht festgestellt werden konnte. 5Der Kläger ließ die Beklagte am 27.09.2018 unter neuerlicher ausführlicher Schilderung des Sachverhalts aus seiner Sicht zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 8.000,-- € sowie zur Anerkennung der Ersatzpflicht der materiellen Schäden bis zum 15.10.2018 auffordern. 6Der Kläger behauptet, die Feuerwehrleute hätten ihm zugerufen, dass sie seine Hilfe benötigten und ob er einen von ihnen zu dem havarierten Boot bringen könne. Hätte er sich geweigert, wäre seine Hilfeleistung erzwingbar gewesen und auch erzwungen worden. Es habe ein Unglücksfall im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 BHKG NRW vorgelegen, da sich das Sportboot wieder hätte losreißen können und dann eine Gefahr für die Schifffahrt auf dem Rhein dargestellt hätte. 7Nachdem der Zeuge N den Jetski bestiegen habe, sei er von dem Kläger mehrfach darauf hingewiesen worden, dass er sich im richtigen Moment auf das Sportboot begeben müsse und diesbezüglich auf die Aufforderung des Klägers warten solle. Nach einem gescheiterten ersten Versuch habe er den Zeugen N erneut ermahnt, in dem Moment auf das Boot zu steigen, in dem der Jetski unmittelbar in der Strömung daneben trieb. Entgegen der Weisung des Klägers habe sich der Zeuge N allerdings nicht nur an der Reling des Sportbootes, sondern auch an dem Jetski festgehalten und sich, als er bemerkt habe, dass dieses durch sein falsches Verhalten zu kippen drohte, kraftvoll mit seinem rechten Fuß vom hinteren Teil des Jetskis abgestoßen, woraufhin dieses gekentert und der Kläger über Bord gegangen sei. Dies hätte vermieden werden können, wenn der Zeuge N nicht aufgrund des strömungsbedingten Gasgebens durch den Kläger am Heck des Jetskis sein Gewicht falsch verlagert und versucht hätte, im gleichen Moment, als der Kläger Gas geben musste, sich vom Jetski abzustoßen. 8Hierbei sei der Kläger durch den umgekippten Jetski unter Wasser gedrückt worden, und es sei ihm erst nach 40 bis 50 Sekunden gelungen, wieder mit dem Kopf an die Wasseroberfläche zu kommen, weil er sich in dem Astwerk verfangen habe, das sich seinerseits an der Ankerkette gesammelt hatte. Die von ihm getragene Schwimmweste habe deshalb auch keine Hilfe geboten. 9Der Kläger ist der Ansicht, dass dem Zeugen N grob fahrlässiges Fehlverhalten vorzuwerfen sei. Da er auf einem Feuerwehrboot eingesetzt sei, müsse er auch über die nötige Ausbildung und Erfahrung im Übersteigen auf havarierte Wasserfahrzeuge verfügen, andernfalls der Kläger nicht um Hilfe hätte gebeten werden dürfen. 10Anderweitige Ersatzmöglichkeiten bestünden nicht, oder deren Inanspruchnahme sei dem Kläger nicht zuzumuten. 11Aufgrund des Ereignisses seien der Jetski sowie diverse persönliche Gegenstände beschädigt worden bzw. verloren gegangen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung in der Klageschrift Bezug genommen. 12Daneben sei der Kläger durch den Unfall erheblich verletzt worden; er habe starke Stauchungen, Prellungen und Zerrungen am rechten und linken Ellbogen, am rechten Daumengrundgelenk, an der Lendenwirbelsäule und am linken Kniegelenk erlitten, darüber hinaus Schnittwunden, Stauchungen und Schürfungen an beiden Füßen. 13Außerdem leide der Kläger infolge des Unfalls unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, aufgrund derer er bis mindestens Ende April 2020 als selbständig Tätiger im Sicherheitsdienst nicht arbeitsfähig gewesen und sogar berufsunfähig sei. 14Der Kläger beantragt, 15die Beklagte zu verurteilen, 161. an ihn 37.449,61 € nebst Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2018 zu zahlen; 172. an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld – im Säumnisfalle 8.000,-- € – nebst Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2018 zu zahlen; 183. an ihn 640,80 € nebst Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2018 zu zahlen; 194. an ihn 761,60 € nebst Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2018 zu zahlen; 205. an ihn vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.822,96 € nebst Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.04.2019 zu zahlen. 21Der Streithelfer hat sich den Anträgen des Klägers angeschlossen. 22Die Beklagte beantragt, 23die Klage abzuweisen. 24Sie behauptet, der Kontakt zum Kläger sei von der Wasserschutzpolizei ausgegangen. Die Feuerwehr habe ihn nicht angesprochen, geschweige denn um Hilfe gebeten. Der Kläger habe der Polizei angeboten, mit seinem Jetski an das havarierte Sportboot heranzufahren, worauf diese eingegangen sei und den Zeugen N entsandt habe. 25Den Unfall habe der Kläger durch einen eigenen Fahrfehler verschuldet. Er sei mit seinem Jetski zügig an das Sportboot herangefahren, allerdings in einem denkbar ungünstigen Winkel zum Bug, so dass der Jetski durch die Strömung zurückgetrieben und vor das Sportboot gedrückt worden sei. Dies habe schließlich dazu geführt, dass der Zeuge N vom Heck des Jetskis auf den Kläger geschoben worden sei und zu fallen drohte. Gerade noch rechtzeitig habe es der Zeuge geschafft, durch eine rückwärtige Bewegung die Reling des Sportbootes zu ergreifen, als der Kläger unvermittelt Vollgas gegeben habe. Durch dieses Manöver sei der Zeuge N rückwärts ins Wasser gefallen, der Jetski habe einen großen Satz nach vorne gemacht und sei anschließend durch die Strömung auf die Steuerbordseite des Sportbootes gedrückt worden, so dass es im weiteren gekentert sei. Der Kläger, der eine Schwimmweste mit Auftrieb getragen habe, sei für einen kurzen Moment unter Wasser getaucht, dann aber nach maximal 10 bis 15 Sekunden wieder an die Oberfläche gekommen und durch die Strömung rheinabwärts getrieben worden, wobei er sich an dem Jetski festgehalten habe. 26Die Beklagte ist der Ansicht, dem Zeugen N sei kein schuldhaftes Fehlverhalten anzulasten. Das Übersteigen von einem Jetski auf ein anderes Wasserfahrzeug sei nicht Bestandteil der Ausbildungsinhalte der Feuerwehr; er sei darin also nicht trainiert gewesen, sondern einem Laien vergleichbar. Überdies habe der Kläger, der über 34 Jahre Jetski-Erfahrung verfüge, die Entstehung des Schadens selbst herausgefordert, so dass ein haftungsausschließendes Mitverschulden anzunehmen sei. 27Des Weiteren stünden dem Kläger anderweitige Ersatzmöglichkeiten offen, nämlich zum einen durch Inanspruchnahme der gesetzlichen Unfallversicherung; zum anderen bestehe ein Anspruch aus GoA gegen den Streithelfer. 28Ansprüche nach § 45 BHKG NRW bestünden nicht, weil kein Unglücksfall im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 BHKG NRW vorgelegen habe. 29An unfallbedingten Verletzungen habe sich der Kläger allenfalls leichte Prellungen und oberflächliche Schnittverletzungen zugezogen. 30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. 31Die Akten StA Duisburg 113 Js 3/19 waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 32Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 12.11.2019. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 01.09.2020 verwiesen. 33Entscheidungsgründe: 34Die Klage ist unbegründet. 35Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche unter keinem erdenklichen rechtlichen Gesichtspunkt zu. 361. 37Solche ergeben sich zunächst nicht aus § 45 Abs. 1 Brand- und Katastrophenschutzgesetz (BHKG) NRW. Danach ist ein Schaden, den jemand erleidet, weil sie oder er nach § 43 Abs. 1 bis 4 oder § 44 Abs. 3 oder 4 BHKG in Anspruch genommen wird oder bei einem Schadensereignis nach diesem Gesetz Hilfe leistet, in entsprechender Anwendung der §§ 39 bis 43 des Ordnungsbehördengesetzes (OBG) NRW zu entschädigen. 38Gemäß § 43 Abs. 1 BHKG sind Personen, die mindestens das 18. Lebensjahr vollendet haben, bei Bränden, Unglücksfällen oder öffentlichen Notständen unter den Voraussetzungen des § 19 OBG auf Anordnung der Einsatzleitung zur Hilfeleistung verpflichtet. 39Daneben sind dringend benötigte Hilfsmittel, insbesondere Fahrzeuge oder Geräte, unter den Voraussetzungen des § 19 OBG auf Anordnung der Einsatzleitung von jedermann zur Verfügung zu stellen (§ 43 Abs. 2 BHKG). 40Unzweifelhaft bestand vorliegend kein Brand oder eine Brandgefahr (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 BHKG). Unglücksfälle oder öffentliche Notstände sind gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 BHKG solche, die durch Naturereignisse, Explosionen oder ähnliche Vorkommnisse verursacht werden. Auch keiner dieser Fälle war hier einschlägig. Das Sportboot des Streithelfers war auf dem Rhein führerlos stromabwärts getrieben, weil dieser sich beim Versuch des Festmachens verletzt hatte. Spätestens nachdem es in den Vorausleinen und –ketten des Universitätsbootshauses festgekommen war, ging von dem Boot keine unmittelbare Gefahr mehr aus. Weder war es derart beschädigt, dass Umweltschäden durch austretende Stoffe wie z.B. Benzin drohten, noch bestand eine Gefahr für die sonstige Schifffahrt auf dem Rhein. Die Notwendigkeit, das Boot zu sichern und hierzu eine Schleppleine an dessen Bug zu befestigen, ergab sich allein daraus, dass es nicht für einen längeren Zeitraum vor Ort verbleiben konnte, bis sich der Eigentümer selbst um die Bergung kümmern konnte. 41Insofern ist auch das Vorbringen des Klägers und des Streithelfers nicht frei von Widersprüchen, als sie zum einen geltend machen, wegen der Gefährdung des Schiffsverkehrs habe eine zur Inanspruchnahme des Klägers berechtigende Situation vorgelegen, zum anderen aber gerade dies als grob fahrlässiges Fehlverhalten des Zeugen N ansehen, weil die durchgeführte „Rettungsaktion“ objektiv unnötig gewesen sei. 422. 43Der geltend gemachte Schadenersatzanspruch kann auch nicht auf § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG gestützt werden. Es liegt keine schuldhafte Verletzung von Amtspflichten seitens des Zeugen N vor, für welche die Beklagte zu haften hätte. 44Im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit obliegt den Bediensteten der Feuerwehr der Beklagten als Beamten i.S.d. § 839 Abs. 1 BGB als Amtspflicht die Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass Leib und Leben Dritter nach Kräften geschützt und vermeidbare Schädigungen fremden Eigentums vermieden werden. Diese Pflicht besteht auch nicht nur im Interesse der Allgemeinheit, sondern ebenso im Interesse des betroffenen Einzelnen und ist damit drittgerichtet i.S.v. § 839 Abs. 1 BGB (OLG Hamm, Urteil vom 28. Mai 2010 – I-11 U 304/0911 U 304/09 –, Rn. 36, juris). 45a) 46Zunächst stellt sich die Inanspruchnahme der Unterstützung durch den Kläger nicht als amtspflichtwidrig dar. 47Dessen Einsatz beruhte auf seinem eigenen Entschluss, gleich von wem die Initiative hierzu ausgegangen war. Auch wenn Bedienstete der Beklagten oder der Polizei den Kläger um dessen Hilfe gebeten haben sollten, hätte er dies – gerade wegen der damit verbundenen Gefahren – ohne weiteres ablehnen können. Wie oben näher dargelegt wurde, handelte es sich nicht um einen Fall, in dem der Kläger und/oder sein Jetski aus den Vorschriften des BHKG zwangsweise hätten in Anspruch genommen werden können. Dass ihm gegenüber fälschlich dieser Eindruck vermittelt worden sei, hat der Kläger nicht dargetan. 48Hinzu kommt, dass die bloße Inanspruchnahme der Hilfe des Klägers für sich genommen den eingetretenen Schaden nicht verursacht hat, sondern nach dessen eigenem Vortrag erst das unsachgemäße Übersteigen auf das Sportboot. 49Auf die Frage eines etwaigen Verschuldens, insbesondere ob die Inanspruchnahme der Unterstützung des Klägers durch den Zeugen N grob fahrlässig war, kam es daher an dieser Stelle erst gar nicht an. 50Ob sich der Kläger den in der Beweisaufnahme angeklungenen Sachverhalt zu eigen machen wollte, eine entsprechende Weisung an den Zeugen N sei von Beamten der Polizei ausgesprochen worden, konnte ebenso dahinstehen, denn für deren etwaige Pflichtverletzungen haftete jedenfalls nicht die hiesige Beklagte, sondern höchstens das Land Nordrhein-Westfalen als Anstellungskörperschaft. 51b) 52Dem Zeugen N kann auch aufgrund der konkreten Durchführung der missglückten Maßnahme keine schuldhafte Amtspflichtverletzung vorgeworfen werden. 53Grundsätzlich muss jeder Beamte die für sein Amt erforderlichen Sach-, Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen. Bei der gebotenen Anlegung eines objektivierten Maßstabes war danach von den verantwortlichen Feuerwehrbediensteten der Beklagten zu erwarten, dass sie sich fehlende Kenntnisse zur Gewährleistung einer möglichst schadlosen Bergung des havarierten Bootes vor Beginn ihres Bergungsmanövers im Rahmen des Zumutbaren durch entsprechende Nachfrage und/oder Recherchen verschafften (vgl. OLG Hamm aaO m.w.N.). 54Seine Behauptung, der Zeuge N habe über jahrelange Erfahrung bei der Berufsfeuerwehr verfügt und sei mit Feuerlöschbooten ebenso wie mit starken Strömungen vertraut, hat der Kläger selbst als „mutmaßlich“ bezeichnet; ihre Richtigkeit kann dennoch zu seinen Gunsten unterstellt werden. Der Kläger behauptet nämlich nicht, jedenfalls nicht substantiiert, dass der Zeuge N auch über Erfahrungen im Jetskifahren und insbesondere dem Übersteigen von einem solchen auf ein anderes Boot verfügte, was auch äußerst unwahrscheinlich ist. 55Dass der Zeuge N sich derartige Kenntnisse in der Situation vor Ort nicht kurzfristig verschaffen konnte, liegt auf der Hand und kann ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden. Die einzige Möglichkeit bestand darin, auf die Erfahrungen des Klägers zurückzugreifen, der nach eigenen Angaben seit 1985 Jetski in allen Variationen fährt und als einer der erfahrensten und sichersten Jetskifahrer überhaupt in NRW gilt. 56Seinen diesbezüglichen Vortrag, wonach er dem Zeugen N bei der Anfahrt zu dem Sportboot erklärt habe, wie sich dieser zu verhalten und insbesondere überzusteigen habe, hat der Kläger in der durchgeführten Beweisaufnahme nicht mit der gemäß § 286 Abs. 1 ZPO erforderlichen Gewissheit zu führen vermocht. 57Weder der Zeuge L noch die Zeugin S konnten bestätigen, dass der Kläger dem Zeugen N vor dem Übersteigen Anweisungen oder ähnliches gegeben hatte, wie das Manöver durchgeführt werden sollte. Beide haben lediglich bekundet, wie der Kläger dem Zeugen N zugerufen habe, er solle auf das Sportboot hinüberspringen, nach der Erinnerung des Zeugen L sogar mehrfach und zunehmend energisch, was insofern auch mit dem klägerischen Vortrag übereinstimmte, dass sich der Zeuge N im richtigen Moment auf das Sportboot begeben müsse und diesbezüglich auf die Aufforderung des Klägers warten solle. 58Diese Anweisung alleine stellte sicher keine – wie vom Kläger behauptet – Unterweisung über die Art und Weise des Wechsels von dem Jetski auf das Motorboot dar. Aus dem Umstand, dass der Zeuge N nicht auf die erste Aufforderung des Klägers hinübergestiegen oder –gesprungen war, kann für sich genommen keine Pflichtverletzung hergeleitet werden, wenn dem Zeugen N das Manöver zu diesem Zeitpunkt noch zu gefährlich erschien. Im Übrigen hat sich der Zeuge N letztlich jedenfalls an die Weisung des Klägers gehalten, erst auf dessen Kommando hin auf das Sportboot überzusteigen. 59Die Aussagen der Zeugen L und S standen weiterhin teilweise im Widerspruch zu derjenigen des Zeugen N , wonach er bereits beim Aufrichten vor dem ersten Versuch des Übersteigens abgerutscht und der Jetski gekentert sei. An einen vorherigen Austausch mit dem Kläger, der Einzelheiten des geplanten Manövers zum Gegenstand hatte, konnte sich der Zeuge nicht erinnern. Jedenfalls zu Beginn, als der Zeuge den Jetski bestiegen hatte, sei dies nicht möglich gewesen, weil es zunächst eine Kommunikation mit dem Löschbootführer gegeben habe. 60Die Aussagen der weiteren vernommenen Zeugen waren im Hinblick auf das Beweisthema bereits unergiebig, weil sie von ihren Standorten aus keine Wahrnehmungen zur Kommunikation der Klägers und des Zeugen N gemacht hatten und machen konnten. 61c) 62Selbst wenn aber entgegen dem zuvor Gesagten von einer Pflichtverletzung durch den Zeugen N ausgegangen würde, so könnte ihm – anders als der Kläger und der Streithelfer meinen – kein (Fahrlässigkeits-)Verschulden vorgeworfen werden. 63Dabei kann der klägerische Vortrag zum Ablauf des Manövers und insbesondere der konkreten Ursache für das Kentern des Jetskis unterstellt werden. Nicht unberücksichtigt bleiben darf aber auch, dass sich das Gesamtgeschehen innerhalb eines nur kurzen Zeitraums abgespielt hat, wodurch die Möglichkeiten des Zeugen N zur besonnenen und überlegten Reaktion zumindest eingeschränkt waren. 64Der Weisung des Klägers, vom Jetski auf das Sportboot überzusteigen, hat der Zeuge N tatsächlich Folge geleistet; lediglich bei der konkreten Ausführung hat er sich ungeschickt angestellt, was einerseits seiner mangelnden Ausbildung und Erfahrung geschuldet war und zum anderen auch deshalb verständlich ist, weil der Zeuge seinerseits befürchten musste, ins Wasser zu fallen und dabei in Gefahr zu geraten. 65Nach Ansicht der Kammer stellte es unter den konkreten Umständen des zur Beurteilung stehenden Einzelfalls keinen Verstoß gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt dar, wenn der Zeuge N in dem redlichen Bemühen, das beabsichtigte Manöver durchzuführen und dabei weder den Kläger noch sich selbst in Gefahr zu bringen, in dem Moment, als er selber ins Wasser zu fallen drohte, sich von dem Jetski abstieß, während der Kläger dieses im selben Moment – für den Zeugen N so nicht vorhersehbar – durch Gasgeben zu stabilisieren versuchte, und es erst durch das ungünstige Zusammenwirken beider Einflüsse die Stabilität verlor und kenterte. 66d) 67Würde anders als vorstehend ausgeführt auch ein Verschulden des Zeugen N bejaht, wäre die Haftung der Beklagten gleichwohl ausgeschlossen. Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Kläger mit seiner Bereiterklärung zur Hilfeleistung zugleich jedenfalls stillschweigend erklärt hat, auf Schadenersatzansprüche aufgrund – wie hier – allenfalls leicht fahrlässigen Fehlverhaltens des Zeugen N zu verzichten. 68Auch wenn der Kläger von der Gefahrlosigkeit des beabsichtigten Manövers ausging – andernfalls hätte er sich sicherlich gar nicht erst zur Hilfeleistung bereit erklärt – , so musste ihm, der nach eigener Darstellung über jahrzehntelange Erfahrungen im Jetskifahren verfügte, bewusst sein, dass ein Restrisiko darin lag, eine Person, deren Ausbildung und Erfahrung in Bezug auf die nicht alltägliche Freizeitsportart Jetskifahren ihm nicht bekannt war, nicht nur als Beifahrer mitzunehmen, sondern diese auch noch auf ein anderes Boot übersteigen zu lassen. Die Tatsache, dass der Kläger das Manöver übernommen hat, zeigt, dass er sich dessen Durchführung zutraute und das Risiko für beherrschbar hielt. Eine sich aus einer Ungeschicklichkeit des Zeugen N ergebende Gefahr, die durch dessen Unerfahrenheit bedingt war, hat der Kläger demnach bewusst in Kauf genommen, was im Ergebnis zur konkludenten Haftungsbeschränkung führt. 69e) 70Auf die Frage, ob der Kläger in anderer Weise Ersatz für die erlittenen Schäden zu erlangen vermag (§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB), kam es nach dem Vorgesagten nicht mehr an. 713. 72Bestand nach alledem bereits dem Grunde nach kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte, brauchte auch dessen Höhe nicht aufgeklärt zu werden, und die Nebenforderungen sind damit ebenfalls unbegründet. 734. 74Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1, 2. Halbsatz ZPO. 75Streitwert: 46.852,01 €
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger mit ausnahme der kosten der nebenintervention, die der streithelfer selbst trägt. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2der kläger war am 28.05.2018 mit seinem jetski auf dem rhein in höhe köln-rodenkirchen unterwegs. das sportboot des streithelfers war vom anleger des bootshauses „alte liebe“ führerlos abgetrieben und hatte sich in den vorausdrähten und ankerketten des bootshauses der universität köln verfangen und lag dort mit dem bug zur strommitte fest. aufgrund einer alarmierung der feuerwehr der beklagten durch die einsatzleitstelle der polizei rückte das feuerlöschboot „branddirektor hans“ zum einsatzort aus. bei dessen eintreffen waren die wasserschutzpolizei mit dem rheinstreifenboot „wiking 4“ und dem wasserschutzboot „wsp 30“ sowie die landpolizei vor ort. der kläger näherte sich der einsatzstelle mit seinem jetski an und erklärte sich – unter zwischen den parteien im einzelnen streitigen umständen – bereit, den zeugen n von der feuerwehr der beklagten mit dem jetski zu dem havarierten boot zu bringen, damit dieser daran eine leine befestigen konnte. bei durchführung dieses manövers kenterte der jetski, und der kläger tauchte für einen der länge nach streitigen zeitraum unter wasser, bevor er von dem zeugen l gerettet wurde. 3mit schreiben seiner bevollmächtigten vom 05.06.2018 ließ der kläger die „verwaltung der freiwilligen feuerwehr“ auffordern, die haftung für die durch das kentern verursachten schäden dem grunde nach anzuerkennen. unter anderem hieß es darin: „der mandant bot den feuerwehrmännern seine hilfe an, da sein jet-ski wesentlich flexibler und wendiger sei als das behäbige feuerwehrboot. diese hilfe wurde dankend angerufen.“ 4die beklagte wies den kläger mit schreiben vom 11.06.2018 unter anderem darauf hin, dass ihm möglicherweise leistungsansprüche gegen den gesetzlichen unfallversicherungsträger zustünden, woraufhin er entsprechende ansprüche bei der unfallkasse nordrhein-westfalen anmeldete, die diese mit bescheid vom 23.07.2018 unter der begründung zurückwies, dass schäden an den im besitz des klägers befindlichen sachen nur erstattet würden, sofern kein anderweitiger öffentlich-rechtlicher ersatzanspruch bestehe; ein solcher käme hier aus § 45 bhgk nrw gegen die beklagte in betracht. hiergegen legte der kläger am 26.07.2018 widerspruch ein. in der zwischenzeit hatte die beklagte mit schreiben vom 16.07.2018 eine schmerzensgeldforderung des klägers abgelehnt, weil ihrer ansicht nach eine schuldhafte amtspflichtverletzung des zeugen n nicht festgestellt werden konnte. 5der kläger ließ die beklagte am 27.09.2018 unter neuerlicher ausführlicher schilderung des sachverhalts aus seiner sicht zur zahlung eines schmerzensgeldes von 8.000,-- € sowie zur anerkennung der ersatzpflicht der materiellen schäden bis zum 15.10.2018 auffordern. 6der kläger behauptet, die feuerwehrleute hätten ihm zugerufen, dass sie seine hilfe benötigten und ob er einen von ihnen zu dem havarierten boot bringen könne. hätte er sich geweigert, wäre seine hilfeleistung erzwingbar gewesen und auch erzwungen worden. es habe ein unglücksfall im sinne von § 1 abs. 1 nr. 2 bhkg nrw vorgelegen, da sich das sportboot wieder hätte losreißen können und dann eine gefahr für die schifffahrt auf dem rhein dargestellt hätte. 7nachdem der zeuge n den jetski bestiegen habe, sei er von dem kläger mehrfach darauf hingewiesen worden, dass er sich im richtigen moment auf das sportboot begeben müsse und diesbezüglich auf die aufforderung des klägers warten solle. nach einem gescheiterten ersten versuch habe er den zeugen n erneut ermahnt, in dem moment auf das boot zu steigen, in dem der jetski unmittelbar in der strömung daneben trieb. entgegen der weisung des klägers habe sich der zeuge n allerdings nicht nur an der reling des sportbootes, sondern auch an dem jetski festgehalten und sich, als er bemerkt habe, dass dieses durch sein falsches verhalten zu kippen drohte, kraftvoll mit seinem rechten fuß vom hinteren teil des jetskis abgestoßen, woraufhin dieses gekentert und der kläger über bord gegangen sei. dies hätte vermieden werden können, wenn der zeuge n nicht aufgrund des strömungsbedingten gasgebens durch den kläger am heck des jetskis sein gewicht falsch verlagert und versucht hätte, im gleichen moment, als der kläger gas geben musste, sich vom jetski abzustoßen. 8hierbei sei der kläger durch den umgekippten jetski unter wasser gedrückt worden, und es sei ihm erst nach 40 bis 50 sekunden gelungen, wieder mit dem kopf an die wasseroberfläche zu kommen, weil er sich in dem astwerk verfangen habe, das sich seinerseits an der ankerkette gesammelt hatte. die von ihm getragene schwimmweste habe deshalb auch keine hilfe geboten. 9der kläger ist der ansicht, dass dem zeugen n grob fahrlässiges fehlverhalten vorzuwerfen sei. da er auf einem feuerwehrboot eingesetzt sei, müsse er auch über die nötige ausbildung und erfahrung im übersteigen auf havarierte wasserfahrzeuge verfügen, andernfalls der kläger nicht um hilfe hätte gebeten werden dürfen. 10anderweitige ersatzmöglichkeiten bestünden nicht, oder deren inanspruchnahme sei dem kläger nicht zuzumuten. 11aufgrund des ereignisses seien der jetski sowie diverse persönliche gegenstände beschädigt worden bzw. verloren gegangen. wegen der einzelheiten wird auf die aufstellung in der klageschrift bezug genommen. 12daneben sei der kläger durch den unfall erheblich verletzt worden; er habe starke stauchungen, prellungen und zerrungen am rechten und linken ellbogen, am rechten daumengrundgelenk, an der lendenwirbelsäule und am linken kniegelenk erlitten, darüber hinaus schnittwunden, stauchungen und schürfungen an beiden füßen. 13außerdem leide der kläger infolge des unfalls unter einer posttraumatischen belastungsstörung, aufgrund derer er bis mindestens ende april 2020 als selbständig tätiger im sicherheitsdienst nicht arbeitsfähig gewesen und sogar berufsunfähig sei. 14der kläger beantragt, 15die beklagte zu verurteilen, 161. an ihn 37.449,61 € nebst jahreszinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 15.10.2018 zu zahlen; 172. an ihn ein in das ermessen des gerichts gestelltes schmerzensgeld – im säumnisfalle 8.000,-- € – nebst jahreszinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 15.10.2018 zu zahlen; 183. an ihn 640,80 € nebst jahreszinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 15.10.2018 zu zahlen; 194. an ihn 761,60 € nebst jahreszinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 15.10.2018 zu zahlen; 205. an ihn vorgerichtliche rechtsanwaltskosten in höhe von 1.822,96 € nebst jahreszinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 25.04.2019 zu zahlen. 21der streithelfer hat sich den anträgen des klägers angeschlossen. 22die beklagte beantragt, 23die klage abzuweisen. 24sie behauptet, der kontakt zum kläger sei von der wasserschutzpolizei ausgegangen. die feuerwehr habe ihn nicht angesprochen, geschweige denn um hilfe gebeten. der kläger habe der polizei angeboten, mit seinem jetski an das havarierte sportboot heranzufahren, worauf diese eingegangen sei und den zeugen n entsandt habe. 25den unfall habe der kläger durch einen eigenen fahrfehler verschuldet. er sei mit seinem jetski zügig an das sportboot herangefahren, allerdings in einem denkbar ungünstigen winkel zum bug, so dass der jetski durch die strömung zurückgetrieben und vor das sportboot gedrückt worden sei. dies habe schließlich dazu geführt, dass der zeuge n vom heck des jetskis auf den kläger geschoben worden sei und zu fallen drohte. gerade noch rechtzeitig habe es der zeuge geschafft, durch eine rückwärtige bewegung die reling des sportbootes zu ergreifen, als der kläger unvermittelt vollgas gegeben habe. durch dieses manöver sei der zeuge n rückwärts ins wasser gefallen, der jetski habe einen großen satz nach vorne gemacht und sei anschließend durch die strömung auf die steuerbordseite des sportbootes gedrückt worden, so dass es im weiteren gekentert sei. der kläger, der eine schwimmweste mit auftrieb getragen habe, sei für einen kurzen moment unter wasser getaucht, dann aber nach maximal 10 bis 15 sekunden wieder an die oberfläche gekommen und durch die strömung rheinabwärts getrieben worden, wobei er sich an dem jetski festgehalten habe. 26die beklagte ist der ansicht, dem zeugen n sei kein schuldhaftes fehlverhalten anzulasten. das übersteigen von einem jetski auf ein anderes wasserfahrzeug sei nicht bestandteil der ausbildungsinhalte der feuerwehr; er sei darin also nicht trainiert gewesen, sondern einem laien vergleichbar. überdies habe der kläger, der über 34 jahre jetski-erfahrung verfüge, die entstehung des schadens selbst herausgefordert, so dass ein haftungsausschließendes mitverschulden anzunehmen sei. 27des weiteren stünden dem kläger anderweitige ersatzmöglichkeiten offen, nämlich zum einen durch inanspruchnahme der gesetzlichen unfallversicherung; zum anderen bestehe ein anspruch aus goa gegen den streithelfer. 28ansprüche nach § 45 bhkg nrw bestünden nicht, weil kein unglücksfall im sinne von § 1 abs. 1 nr. 2 bhkg nrw vorgelegen habe. 29an unfallbedingten verletzungen habe sich der kläger allenfalls leichte prellungen und oberflächliche schnittverletzungen zugezogen. 30wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den akteninhalt bezug genommen. 31die akten sta duisburg 113 js 3/19 waren beigezogen und gegenstand der mündlichen verhandlung. 32das gericht hat beweis erhoben gemäß beschluss vom 12.11.2019. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das sitzungsprotokoll vom 01.09.2020 verwiesen. 33
34die klage ist unbegründet. 35dem kläger stehen die geltend gemachten ansprüche unter keinem erdenklichen rechtlichen gesichtspunkt zu. 361. 37solche ergeben sich zunächst nicht aus § 45 abs. 1 brand- und katastrophenschutzgesetz (bhkg) nrw. danach ist ein schaden, den jemand erleidet, weil sie oder er nach § 43 abs. 1 bis 4 oder § 44 abs. 3 oder 4 bhkg in anspruch genommen wird oder bei einem schadensereignis nach diesem gesetz hilfe leistet, in entsprechender anwendung der §§ 39 bis 43 des ordnungsbehördengesetzes (obg) nrw zu entschädigen. 38gemäß § 43 abs. 1 bhkg sind personen, die mindestens das 18. lebensjahr vollendet haben, bei bränden, unglücksfällen oder öffentlichen notständen unter den voraussetzungen des § 19 obg auf anordnung der einsatzleitung zur hilfeleistung verpflichtet. 39daneben sind dringend benötigte hilfsmittel, insbesondere fahrzeuge oder geräte, unter den voraussetzungen des § 19 obg auf anordnung der einsatzleitung von jedermann zur verfügung zu stellen (§ 43 abs. 2 bhkg). 40unzweifelhaft bestand vorliegend kein brand oder eine brandgefahr (§ 1 abs. 1 nr. 1 bhkg). unglücksfälle oder öffentliche notstände sind gemäß § 1 abs. 1 nr. 2 bhkg solche, die durch naturereignisse, explosionen oder ähnliche vorkommnisse verursacht werden. auch keiner dieser fälle war hier einschlägig. das sportboot des streithelfers war auf dem rhein führerlos stromabwärts getrieben, weil dieser sich beim versuch des festmachens verletzt hatte. spätestens nachdem es in den vorausleinen und –ketten des universitätsbootshauses festgekommen war, ging von dem boot keine unmittelbare gefahr mehr aus. weder war es derart beschädigt, dass umweltschäden durch austretende stoffe wie z.b. benzin drohten, noch bestand eine gefahr für die sonstige schifffahrt auf dem rhein. die notwendigkeit, das boot zu sichern und hierzu eine schleppleine an dessen bug zu befestigen, ergab sich allein daraus, dass es nicht für einen längeren zeitraum vor ort verbleiben konnte, bis sich der eigentümer selbst um die bergung kümmern konnte. 41insofern ist auch das vorbringen des klägers und des streithelfers nicht frei von widersprüchen, als sie zum einen geltend machen, wegen der gefährdung des schiffsverkehrs habe eine zur inanspruchnahme des klägers berechtigende situation vorgelegen, zum anderen aber gerade dies als grob fahrlässiges fehlverhalten des zeugen n ansehen, weil die durchgeführte „rettungsaktion“ objektiv unnötig gewesen sei. 422. 43der geltend gemachte schadenersatzanspruch kann auch nicht auf § 839 abs. 1 satz 1 bgb i.v.m. art. 34 gg gestützt werden. es liegt keine schuldhafte verletzung von amtspflichten seitens des zeugen n vor, für welche die beklagte zu haften hätte. 44im rahmen ihrer beruflichen tätigkeit obliegt den bediensteten der feuerwehr der beklagten als beamten i.s.d. § 839 abs. 1 bgb als amtspflicht die verpflichtung, dafür sorge zu tragen, dass leib und leben dritter nach kräften geschützt und vermeidbare schädigungen fremden eigentums vermieden werden. diese pflicht besteht auch nicht nur im interesse der allgemeinheit, sondern ebenso im interesse des betroffenen einzelnen und ist damit drittgerichtet i.s.v. § 839 abs. 1 bgb (olg hamm, urteil vom 28. mai 2010 – i-11 u 304/0911 u 304/09 –, rn. 36, juris). 45a) 46zunächst stellt sich die inanspruchnahme der unterstützung durch den kläger nicht als amtspflichtwidrig dar. 47dessen einsatz beruhte auf seinem eigenen entschluss, gleich von wem die initiative hierzu ausgegangen war. auch wenn bedienstete der beklagten oder der polizei den kläger um dessen hilfe gebeten haben sollten, hätte er dies – gerade wegen der damit verbundenen gefahren – ohne weiteres ablehnen können. wie oben näher dargelegt wurde, handelte es sich nicht um einen fall, in dem der kläger und/oder sein jetski aus den vorschriften des bhkg zwangsweise hätten in anspruch genommen werden können. dass ihm gegenüber fälschlich dieser eindruck vermittelt worden sei, hat der kläger nicht dargetan. 48hinzu kommt, dass die bloße inanspruchnahme der hilfe des klägers für sich genommen den eingetretenen schaden nicht verursacht hat, sondern nach dessen eigenem vortrag erst das unsachgemäße übersteigen auf das sportboot. 49auf die frage eines etwaigen verschuldens, insbesondere ob die inanspruchnahme der unterstützung des klägers durch den zeugen n grob fahrlässig war, kam es daher an dieser stelle erst gar nicht an. 50ob sich der kläger den in der beweisaufnahme angeklungenen sachverhalt zu eigen machen wollte, eine entsprechende weisung an den zeugen n sei von beamten der polizei ausgesprochen worden, konnte ebenso dahinstehen, denn für deren etwaige pflichtverletzungen haftete jedenfalls nicht die hiesige beklagte, sondern höchstens das land nordrhein-westfalen als anstellungskörperschaft. 51b) 52dem zeugen n kann auch aufgrund der konkreten durchführung der missglückten maßnahme keine schuldhafte amtspflichtverletzung vorgeworfen werden. 53grundsätzlich muss jeder beamte die für sein amt erforderlichen sach-, rechts- und verwaltungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen. bei der gebotenen anlegung eines objektivierten maßstabes war danach von den verantwortlichen feuerwehrbediensteten der beklagten zu erwarten, dass sie sich fehlende kenntnisse zur gewährleistung einer möglichst schadlosen bergung des havarierten bootes vor beginn ihres bergungsmanövers im rahmen des zumutbaren durch entsprechende nachfrage und/oder recherchen verschafften (vgl. olg hamm aao m.w.n.). 54seine behauptung, der zeuge n habe über jahrelange erfahrung bei der berufsfeuerwehr verfügt und sei mit feuerlöschbooten ebenso wie mit starken strömungen vertraut, hat der kläger selbst als „mutmaßlich“ bezeichnet; ihre richtigkeit kann dennoch zu seinen gunsten unterstellt werden. der kläger behauptet nämlich nicht, jedenfalls nicht substantiiert, dass der zeuge n auch über erfahrungen im jetskifahren und insbesondere dem übersteigen von einem solchen auf ein anderes boot verfügte, was auch äußerst unwahrscheinlich ist. 55dass der zeuge n sich derartige kenntnisse in der situation vor ort nicht kurzfristig verschaffen konnte, liegt auf der hand und kann ihm nicht zum vorwurf gemacht werden. die einzige möglichkeit bestand darin, auf die erfahrungen des klägers zurückzugreifen, der nach eigenen angaben seit 1985 jetski in allen variationen fährt und als einer der erfahrensten und sichersten jetskifahrer überhaupt in nrw gilt. 56seinen diesbezüglichen vortrag, wonach er dem zeugen n bei der anfahrt zu dem sportboot erklärt habe, wie sich dieser zu verhalten und insbesondere überzusteigen habe, hat der kläger in der durchgeführten beweisaufnahme nicht mit der gemäß § 286 abs. 1 zpo erforderlichen gewissheit zu führen vermocht. 57weder der zeuge l noch die zeugin s konnten bestätigen, dass der kläger dem zeugen n vor dem übersteigen anweisungen oder ähnliches gegeben hatte, wie das manöver durchgeführt werden sollte. beide haben lediglich bekundet, wie der kläger dem zeugen n zugerufen habe, er solle auf das sportboot hinüberspringen, nach der erinnerung des zeugen l sogar mehrfach und zunehmend energisch, was insofern auch mit dem klägerischen vortrag übereinstimmte, dass sich der zeuge n im richtigen moment auf das sportboot begeben müsse und diesbezüglich auf die aufforderung des klägers warten solle. 58diese anweisung alleine stellte sicher keine – wie vom kläger behauptet – unterweisung über die art und weise des wechsels von dem jetski auf das motorboot dar. aus dem umstand, dass der zeuge n nicht auf die erste aufforderung des klägers hinübergestiegen oder –gesprungen war, kann für sich genommen keine pflichtverletzung hergeleitet werden, wenn dem zeugen n das manöver zu diesem zeitpunkt noch zu gefährlich erschien. im übrigen hat sich der zeuge n letztlich jedenfalls an die weisung des klägers gehalten, erst auf dessen kommando hin auf das sportboot überzusteigen. 59die aussagen der zeugen l und s standen weiterhin teilweise im widerspruch zu derjenigen des zeugen n , wonach er bereits beim aufrichten vor dem ersten versuch des übersteigens abgerutscht und der jetski gekentert sei. an einen vorherigen austausch mit dem kläger, der einzelheiten des geplanten manövers zum gegenstand hatte, konnte sich der zeuge nicht erinnern. jedenfalls zu beginn, als der zeuge den jetski bestiegen hatte, sei dies nicht möglich gewesen, weil es zunächst eine kommunikation mit dem löschbootführer gegeben habe. 60die aussagen der weiteren vernommenen zeugen waren im hinblick auf das beweisthema bereits unergiebig, weil sie von ihren standorten aus keine wahrnehmungen zur kommunikation der klägers und des zeugen n gemacht hatten und machen konnten. 61c) 62selbst wenn aber entgegen dem zuvor gesagten von einer pflichtverletzung durch den zeugen n ausgegangen würde, so könnte ihm – anders als der kläger und der streithelfer meinen – kein (fahrlässigkeits-)verschulden vorgeworfen werden. 63dabei kann der klägerische vortrag zum ablauf des manövers und insbesondere der konkreten ursache für das kentern des jetskis unterstellt werden. nicht unberücksichtigt bleiben darf aber auch, dass sich das gesamtgeschehen innerhalb eines nur kurzen zeitraums abgespielt hat, wodurch die möglichkeiten des zeugen n zur besonnenen und überlegten reaktion zumindest eingeschränkt waren. 64der weisung des klägers, vom jetski auf das sportboot überzusteigen, hat der zeuge n tatsächlich folge geleistet; lediglich bei der konkreten ausführung hat er sich ungeschickt angestellt, was einerseits seiner mangelnden ausbildung und erfahrung geschuldet war und zum anderen auch deshalb verständlich ist, weil der zeuge seinerseits befürchten musste, ins wasser zu fallen und dabei in gefahr zu geraten. 65nach ansicht der kammer stellte es unter den konkreten umständen des zur beurteilung stehenden einzelfalls keinen verstoß gegen die im verkehr erforderliche sorgfalt dar, wenn der zeuge n in dem redlichen bemühen, das beabsichtigte manöver durchzuführen und dabei weder den kläger noch sich selbst in gefahr zu bringen, in dem moment, als er selber ins wasser zu fallen drohte, sich von dem jetski abstieß, während der kläger dieses im selben moment – für den zeugen n so nicht vorhersehbar – durch gasgeben zu stabilisieren versuchte, und es erst durch das ungünstige zusammenwirken beider einflüsse die stabilität verlor und kenterte. 66d) 67würde anders als vorstehend ausgeführt auch ein verschulden des zeugen n bejaht, wäre die haftung der beklagten gleichwohl ausgeschlossen. die kammer ist davon überzeugt, dass der kläger mit seiner bereiterklärung zur hilfeleistung zugleich jedenfalls stillschweigend erklärt hat, auf schadenersatzansprüche aufgrund – wie hier – allenfalls leicht fahrlässigen fehlverhaltens des zeugen n zu verzichten. 68auch wenn der kläger von der gefahrlosigkeit des beabsichtigten manövers ausging – andernfalls hätte er sich sicherlich gar nicht erst zur hilfeleistung bereit erklärt – , so musste ihm, der nach eigener darstellung über jahrzehntelange erfahrungen im jetskifahren verfügte, bewusst sein, dass ein restrisiko darin lag, eine person, deren ausbildung und erfahrung in bezug auf die nicht alltägliche freizeitsportart jetskifahren ihm nicht bekannt war, nicht nur als beifahrer mitzunehmen, sondern diese auch noch auf ein anderes boot übersteigen zu lassen. die tatsache, dass der kläger das manöver übernommen hat, zeigt, dass er sich dessen durchführung zutraute und das risiko für beherrschbar hielt. eine sich aus einer ungeschicklichkeit des zeugen n ergebende gefahr, die durch dessen unerfahrenheit bedingt war, hat der kläger demnach bewusst in kauf genommen, was im ergebnis zur konkludenten haftungsbeschränkung führt. 69e) 70auf die frage, ob der kläger in anderer weise ersatz für die erlittenen schäden zu erlangen vermag (§ 839 abs. 1 satz 2 bgb), kam es nach dem vorgesagten nicht mehr an. 713. 72bestand nach alledem bereits dem grunde nach kein anspruch des klägers gegen die beklagte, brauchte auch dessen höhe nicht aufgeklärt zu werden, und die nebenforderungen sind damit ebenfalls unbegründet. 734. 74die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 abs. 1, 101 abs. 1, 2. halbsatz zpo. 75streitwert: 46.852,01 €
Verklagte*r
0
168,140
S 17 KR 524/14
2015-02-05T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 02.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2014 verurteilt, die Kosten für eine ambulante Liposuktion an den Beinen und Armen der Klägerin antragsgemäß zu übernehmen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten hinsichtlich der Kostenübernahme für eine ambulante Liposuktion an den Beinen und Armen der Klägerin. 3Den entsprechenden Antrag stellte die am 00.00.0000 geborene Klägerin bei der Beklag-ten am 25.05.2014. Die Beklagte hörte hierzu den Medizinischen Dienst der Krankenver-sicherung (MDK) an, der mit Gutachten vom 25.06.2014 feststellte, es handele sich bei der begehrten Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems um eine außervertragliche Behandlung. Gründe, die es nach der Rechtsprechung rechtfertigen würden, die Kosten zu übernehmen, lägen nicht vor. Hierauf gestützt hat die Beklagte mit Bescheid vom 02.07.2014 die beantragte Leistung abgelehnt. Der Widerspruch der Klägerin vom 22.07.2014 ist durch den Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Bescheid vom 27.08.2014 zurückgewiesen worden. 4Mit der am 01.10.2014 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihren An-spruch weiter. 5Die Durchführung einer ambulanten Liposuktion sei bei der Klägerin medizinisch notwendig und stelle für sie die einzige Behandlungsmethode dar, die ihr im Rahmen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung überhaupt noch helfen könne. Im Übrigen sei durch die Beklagte die Frist nach § 13 Abs. 3a SGB V nicht eingehalten worden. Da nicht innerhalb der im Gesetz genannten 5 Wochen-Frist über den Antrag der Klägerin entschieden worden sei und auch vor Ablauf der Frist kein Grund mitgeteilt worden sei, warum und weshalb die Frist nicht eingehalten werden könne, gelte der Antrag der Klägerin als genehmigt. 6Die Klägerin beantragt, 7die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.07.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2014 zu ver-urteilen, die Kosten für eine ambulante Liposuktion an Beinen und Armen der Klägerin zu übernehmen. 8Die Beklagte beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Sie bezieht sich zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und ist der Auffassung, die geplante Liposuktion gelte auch nicht als genehmigt entsprechend § 13 Abs. 3a SGB V. Durch die Genehmigungsfiktion werde der Leistungsumfang der GKV nicht ausgeweitet; die beantragten Leistungen müssten zum Leistungskatalog gehören. Maßnahmen – wie hier die ambulante Liposuktion – für die kein Votum des Gemeinsamen Bundesausschusses vorliege, könnten dem-zufolge auch im Rahmen des § 13 Abs. 3a SGB V nicht durch die Krankenkasse übernommen werden. Die Krankenkasse schulde ihren Versicherten nur die zur Erkennung, Heilung, Eindämmung oder Linderung der Krankheit notwendigen und ausreichenden Leistungen. Ein Anspruch auf nicht notwendige oder unwirtschaftliche Maßnahmen bestehe weder in Form von Dienst- oder Sachleistungen, noch im Wege der Kostenerstattung (vgl. hierzu auch: Knispel, SGb 2014, 374 ff.). Auf die Entscheidungen des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.05.2014 – L 16 KR 154/14 BER und L 16 KR 155/14 B – werde verwiesen. 11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen und die Verwaltungsakte der Beklagten, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung war, Bezug genommen. 12Entscheidungsgründe: 13Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und begründet. Die Beklagte war unter Aufhebung der entgegenstehenden anspruchsverneinenden Bescheide antragsgemäß zu verurteilen. Die Bescheide verletzen die Klägerin rechtswidrig in ihren Rechten, da ihr der geltend gemachte Anspruch als Sachleistungsanspruch aus § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V zusteht. 14Insoweit ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass die formalen Gründe zum Eintritt der Genehmigungsfiktion nach Ablauf der vom Gesetz vorgesehenen Fristen vorliegen. Nach der Rechtsprechung des 5. Senats des LSG NRW folgt hieraus nicht nur ein An-spruch auf Kostenerstattung für die Selbstbeschaffung der begehrten Leistung, sondern auch der hier geltend gemachte Sachleistungsanspruch. Nach dieser Entscheidung vom 23.05.2014 (L 5 KR 222/14 B ER) ist durch die Fiktion der Genehmigung die Leistungsberechtigung der Klägerin wirksam verfügt und die Beklagte mit allen Einwendungen (wie z. B. der Frage, ob es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode handelt und ob diese Leistung erforderlich im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 1 SGB V ist) ausgeschlossen. Nur auf diese Weise kann der Wunsch des Gesetzgebers, generalpräventiv die Zügigkeit des Verwaltungsverfahrens zu verbessern, umgesetzt werden. Dieses Ziel würde ins Leere laufen, könnte die Genehmigungsfiktion durch eine (außerhalb der Frist erfolgende) nachträgliche Prüfung der einzelnen Leistungsvoraussetzungen wieder erlöschen (vgl. LSG NRW, a. a. O., m. w. N.). 15Die Kammer folgt insoweit nicht der abweichenden, von Knispel und ihm folgend dem 16. Senat des LSG NRW vertretenen Auffassung, dass die Genehmigungsfiktion nur dann eingreift, wenn eine grundsätzlich von der Kasse innerhalb des Leistungssystems der GKV geschuldete Leistung dem Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht. Unter Zugrundelegung dieser – auch von der Beklagten vertretenen – Auffassung würde die gesetzgeberische Intention zur Neuschaffung des § 13 Abs. 3a SGB V unterlaufen und es hätte durchaus bei der bisherigen Rechtslage verbleiben können. 16Auch der GKV-Spitzenverband sieht die Neuregelung nicht derart einschränkend wie der 16. Senat des LSG NRW. Die Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene und der GKV-Spitzenverband haben ein gemeinsames Rundschreiben vom 15.05.2013 heraus-gegeben, um die Neuregelung zu kommentieren und die Grundlage für eine einheitliche Anwendung durch die Krankenkassen zu schaffen. Das Rundschreiben legt für die Kas-sen bundeseinheitlich unter anderem fest, in welchen Fällen die Fristenregelung zur Leistungsgewährung nicht anzuwenden ist. Ein solcher Leistungsausschluss, wie hier von der Beklagten angewandt, findet sich in diesem gemeinsamen Rundschreiben nicht. Vielmehr werden unter Punkt 2.3 Abs. 6 Nr. 3 des Rundschreibens außervertragliche Leistungen (z. B. neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden) sogar ausdrücklich als von § 13 Abs. 3a SGB V erfasste Sozialleistungen benannt. Hiernach kann der einschränkenden Auslegung durch den 16. Senat und ihm folgend die Beklagte kein Raum gegeben werden (vgl. mit diesem Ergebnis ebenso SG Gelsenkirchen, 02.10.2014, S 11 KR 180/14; SG Augsburg, 27.11.2014, S 12 KR 183/14 sowie SG Gelsenkirchen, 29.01.2015, S 17 KR 479/14). 17Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
die beklagte wird unter aufhebung des bescheides vom 02.07.2014 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 27.08.2014 verurteilt, die kosten für eine ambulante liposuktion an den beinen und armen der klägerin antragsgemäß zu übernehmen. die beklagte trägt die außergerichtlichen kosten der klägerin. 1
2die beteiligten streiten hinsichtlich der kostenübernahme für eine ambulante liposuktion an den beinen und armen der klägerin. 3den entsprechenden antrag stellte die am 00.00.0000 geborene klägerin bei der beklag-ten am 25.05.2014. die beklagte hörte hierzu den medizinischen dienst der krankenver-sicherung (mdk) an, der mit gutachten vom 25.06.2014 feststellte, es handele sich bei der begehrten liposuktion zur behandlung eines lipödems um eine außervertragliche behandlung. gründe, die es nach der rechtsprechung rechtfertigen würden, die kosten zu übernehmen, lägen nicht vor. hierauf gestützt hat die beklagte mit bescheid vom 02.07.2014 die beantragte leistung abgelehnt. der widerspruch der klägerin vom 22.07.2014 ist durch den widerspruchsausschuss der beklagten mit bescheid vom 27.08.2014 zurückgewiesen worden. 4mit der am 01.10.2014 bei gericht eingegangenen klage verfolgt die klägerin ihren an-spruch weiter. 5die durchführung einer ambulanten liposuktion sei bei der klägerin medizinisch notwendig und stelle für sie die einzige behandlungsmethode dar, die ihr im rahmen ihrer gesundheitlichen beeinträchtigung überhaupt noch helfen könne. im übrigen sei durch die beklagte die frist nach § 13 abs. 3a sgb v nicht eingehalten worden. da nicht innerhalb der im gesetz genannten 5 wochen-frist über den antrag der klägerin entschieden worden sei und auch vor ablauf der frist kein grund mitgeteilt worden sei, warum und weshalb die frist nicht eingehalten werden könne, gelte der antrag der klägerin als genehmigt. 6die klägerin beantragt, 7die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 02.07.2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 27.08.2014 zu ver-urteilen, die kosten für eine ambulante liposuktion an beinen und armen der klägerin zu übernehmen. 8die beklagte beantragt, 9die klage abzuweisen. 10sie bezieht sich zur begründung auf den inhalt der angefochtenen bescheide und ist der auffassung, die geplante liposuktion gelte auch nicht als genehmigt entsprechend § 13 abs. 3a sgb v. durch die genehmigungsfiktion werde der leistungsumfang der gkv nicht ausgeweitet; die beantragten leistungen müssten zum leistungskatalog gehören. maßnahmen – wie hier die ambulante liposuktion – für die kein votum des gemeinsamen bundesausschusses vorliege, könnten dem-zufolge auch im rahmen des § 13 abs. 3a sgb v nicht durch die krankenkasse übernommen werden. die krankenkasse schulde ihren versicherten nur die zur erkennung, heilung, eindämmung oder linderung der krankheit notwendigen und ausreichenden leistungen. ein anspruch auf nicht notwendige oder unwirtschaftliche maßnahmen bestehe weder in form von dienst- oder sachleistungen, noch im wege der kostenerstattung (vgl. hierzu auch: knispel, sgb 2014, 374 ff.). auf die entscheidungen des lsg nordrhein-westfalen vom 26.05.2014 – l 16 kr 154/14 ber und l 16 kr 155/14 b – werde verwiesen. 11wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der vorbereitenden schriftsätze nebst anlagen und die verwaltungsakte der beklagten, die ihrem wesentlichen inhalt nach gegenstand der mündlichen verhandlung und beratung war, bezug genommen. 12
13die form- und fristgerecht erhobene klage ist zulässig und begründet. die beklagte war unter aufhebung der entgegenstehenden anspruchsverneinenden bescheide antragsgemäß zu verurteilen. die bescheide verletzen die klägerin rechtswidrig in ihren rechten, da ihr der geltend gemachte anspruch als sachleistungsanspruch aus § 13 abs. 3a s. 6 sgb v zusteht. 14insoweit ist zwischen den beteiligten nicht streitig, dass die formalen gründe zum eintritt der genehmigungsfiktion nach ablauf der vom gesetz vorgesehenen fristen vorliegen. nach der rechtsprechung des 5. senats des lsg nrw folgt hieraus nicht nur ein an-spruch auf kostenerstattung für die selbstbeschaffung der begehrten leistung, sondern auch der hier geltend gemachte sachleistungsanspruch. nach dieser entscheidung vom 23.05.2014 (l 5 kr 222/14 b er) ist durch die fiktion der genehmigung die leistungsberechtigung der klägerin wirksam verfügt und die beklagte mit allen einwendungen (wie z. b. der frage, ob es sich um eine neue untersuchungs- und behandlungsmethode handelt und ob diese leistung erforderlich im sinne des § 12 abs. 1 s. 1 sgb v ist) ausgeschlossen. nur auf diese weise kann der wunsch des gesetzgebers, generalpräventiv die zügigkeit des verwaltungsverfahrens zu verbessern, umgesetzt werden. dieses ziel würde ins leere laufen, könnte die genehmigungsfiktion durch eine (außerhalb der frist erfolgende) nachträgliche prüfung der einzelnen leistungsvoraussetzungen wieder erlöschen (vgl. lsg nrw, a. a. o., m. w. n.). 15die kammer folgt insoweit nicht der abweichenden, von knispel und ihm folgend dem 16. senat des lsg nrw vertretenen auffassung, dass die genehmigungsfiktion nur dann eingreift, wenn eine grundsätzlich von der kasse innerhalb des leistungssystems der gkv geschuldete leistung dem qualitäts- und wirtschaftlichkeitsgebot entspricht. unter zugrundelegung dieser – auch von der beklagten vertretenen – auffassung würde die gesetzgeberische intention zur neuschaffung des § 13 abs. 3a sgb v unterlaufen und es hätte durchaus bei der bisherigen rechtslage verbleiben können. 16auch der gkv-spitzenverband sieht die neuregelung nicht derart einschränkend wie der 16. senat des lsg nrw. die verbände der krankenkassen auf bundesebene und der gkv-spitzenverband haben ein gemeinsames rundschreiben vom 15.05.2013 heraus-gegeben, um die neuregelung zu kommentieren und die grundlage für eine einheitliche anwendung durch die krankenkassen zu schaffen. das rundschreiben legt für die kas-sen bundeseinheitlich unter anderem fest, in welchen fällen die fristenregelung zur leistungsgewährung nicht anzuwenden ist. ein solcher leistungsausschluss, wie hier von der beklagten angewandt, findet sich in diesem gemeinsamen rundschreiben nicht. vielmehr werden unter punkt 2.3 abs. 6 nr. 3 des rundschreibens außervertragliche leistungen (z. b. neue untersuchungs- und behandlungsmethoden) sogar ausdrücklich als von § 13 abs. 3a sgb v erfasste sozialleistungen benannt. hiernach kann der einschränkenden auslegung durch den 16. senat und ihm folgend die beklagte kein raum gegeben werden (vgl. mit diesem ergebnis ebenso sg gelsenkirchen, 02.10.2014, s 11 kr 180/14; sg augsburg, 27.11.2014, s 12 kr 183/14 sowie sg gelsenkirchen, 29.01.2015, s 17 kr 479/14). 17die kostenentscheidung folgt aus § 193 sgg.
Klaeger*in
1
340,264
37 C 516/20
2021-09-03T00:00:00
Urteil
Tenor In dem Rechtsstreit der X-Versicherungs-AG , vertr. d. d. Vorstand, Klägerin, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H, gegen Herrn S, Beklagten, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J, hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 20.08.2021 durch den Richter am Amtsgericht U für Recht erkannt: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.281,00 EUR (in Worten: eintausendzweihunderteinundachtzig Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. Mai 2020 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 25% und der Beklagte zu 75%. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden/zu vollstreckenden Betrags. Der Klägerin hat das Gericht gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um die Rückzahlung einer an den Geschädigten geleisteten Zahlung des Kfz-Haftpflichtversicherers aufgrund eines Verkehrsunfalls auf der Z-Straße in Düsseldorf am 25. Dezember 2019 kurz vor 23 Uhr. 3Der Y befuhr mit dem bei der Klägerin haftpflichtversicherten Pkw Ford, amtliches Kennzeichen01, die oben genannte Unfallstelle. Beim Einparken berührte er mit dem Heck die linke Front des dahinter geparkten Fahrzeugs. Durch einen Kennzeichenfehler auf dem Unfallprotokoll der Polizei wurde der Beklagte, der Eigentümer des fast 20 Jahre alten Pkw Marke Saab mit dem amtlichen Kennzeichen02 ist, zunächst als Unfallgegner erfasst. Mit einem Schreiben teilte die Klägerin dem Beklagten mit, es sei an seinem Fahrzeug zu einem Unfallschaden gekommen, für die Einzelheiten des Schreibens wird Bezug genommen auf Bl. 25 der Akte. Der Beklagte schaute sich sein Fahrzeug daraufhin an und konnte nicht einordnen, ob es sich bei dem Schaden um einen alten oder einen neuen Schaden handelt. Er fuhr sodann zur Kfz-Werkstatt der B- GmbH & Co. KG und erteilte dort einen Reparaturauftrag. Diese wandte sich sodann mit einem Kostenvoranschlag über den Austausch des Stoßfängers vorn an die Klägerin, die mit Schreiben vom 10. Januar 2020 erklärte, der Schaden werde der Höhe nach übernommen. Die Reparaturkosten in Höhe von 1708,09 Euro zahlte die Klägerin direkt an die Kfz-Werkstatt. Nachdem ihr später der Kennzeichenfehler im polizeilichen Unfallprotokoll auffiel, forderte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 7. April 2020 auf, einen Betrag in Höhe der übernommenen Reparaturkosten binnen zwei Wochen zu überweisen. Mit Schreiben vom 29. Mai 2020 erfolgte eine weitere Zahlungsaufforderung. 4Die Klägerin beantragt, 5den Beklagten zu verurteilen, an sie 1708,09 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. Mai 2020 zu zahlen. 6Der Beklagte beantragt, 7die Klage abzuweisen. 8Der Beklagte behauptet, 9zum Unfallzeitpunkt sei sein Fahrzeug am Straßenrand in der M-Straße in der Nähe seiner Wohnung geparkt gewesen. Ferner habe er nach Erhalt des Schreibens der Klägerin mit der Unfallmitteilung bei dieser angerufen und ergänzend erfahren, dass ein Schaden am Stoßfänger vorn links vorliege. 10Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme der Fotos der von der Kfz-Werkstatt gefertigten Fotos des Schadens am Fahrzeug des Beklagten sowie durch persönliche Anhörung des Beklagten und Vernehmung der Zeugin S2, der Lebensgefährtin des Beklagten, in der mündlichen Verhandlung. 11Entscheidungsgründe: 12Die zulässige Klage ist teilweise begründet. 13Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten ergibt sich aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß §§ 812 Abs. 1 S.1 Alternative 1, 818 Abs. 2 BGB. Bei dem vom Beklagten erlangten "Etwas", also des Gegenstands der objektiven Bereicherung, handelt es sich nicht lediglich um die (offensichtlich geringe) Wertsteigerung seines nahezu 20 Jahre alten Kraftfahrzeugs, sondern um die Befreiung seiner Verbindlichkeit gegenüber der Kfz-Werkstatt. Der Beklagte ist aufgrund des zwischen ihm und der Kfz-Werkstatt geschlossenen Werkvertrags gemäß § 631 Abs. 1 BGB zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Von dieser Verpflichtung ist er durch die Klägerin befreit worden, indem diese als Dritte die Verpflichtung des Beklagten gegenüber der Kfz-Werkstatt auf Zahlung des Werklohns gemäß §§ 362 Abs. 1, 267 Abs. 1 S.1 BGB erfüllte. 14Diese Befreiung von der Verbindlichkeit hat der Beklagte durch Leistung der Klägerin erlangt. Obwohl einem Unfallgeschädigten ein Anspruch auf Erstattung des Unfallschadens aus § 7 StVG gegenüber dem Fahrzeughalter zusteht und die Haftpflichtversicherung bei direkter Zahlung an den Geschädigten auch in Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Versicherungsnehmer handelt, liegen die Voraussetzungen des direkten Durchgriffs auf den Beklagten als Leistungsempfänger vor. Die Klägerin leistete auch in Erfüllung des nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG gegebenen Direktanspruchs des vermeintlich geschädigten Beklagten in eigenständiger Überprüfung ihrer Leistungspflicht, sie leistete nicht auf Anweisung des Versicherungsnehmers. Es liegt daher ein Fall einer Drittzahlung gemäß § 267 Abs. 1 S.1 BGB auf eine Scheinverbindlichkeit vor, bei der grundsätzlich der direkte Durchgriff auf den Leistungsempfänger eröffnet ist. Auch bei wertender Betrachtung ergeben sich keine Abweichungen, da die Ursache der Rückforderung nicht in vertraglichen Bestimmungen zwischen der Klägerin und ihres Versicherungsnehmers besteht (OLG Saarbrücken NJW-RR 2017, 602 Rn. 17). 15Die Leistung erfolgte ohne Rechtsgrund, denn da der Beklagte durch das Unfallereignis nicht geschädigt worden ist, stand ihm kein Anspruch auf Schadenersatz hinsichtlich der Beschädigung der Stoßstange seines Kfz aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis gemäß § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, §§ 249ff. BGB zu. 16Da die Befreiung von einer Verbindlichkeit nicht körperlich zurückgegeben werden kann, ist der Beklagte nach § 818 Abs. 2 BGB zum Wertersatz in Höhe der ersparten Aufwendungen verpflichtet. Der Beklagte kann sich nicht auf Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen, denn der Beklagte ist aus objektiver Sicht dauerhaft von seiner gegenüber der Werkstatt bestehenden Verbindlichkeit befreit und damit weiter bereichert. Dass er sein Fahrzeug ohne die Schadenmitteilung der Klägerin nicht hätte reparieren lassen und dass der Wertzuwachs des Kfz durch die Reparatur offensichtlich deutlich niedriger als die Reparaturkosten liegt, führt zu keiner anderen Bewertung, weil ein subjektiver Bereicherungsmaßstab nur dann zur Anwendung kommt, wenn es sich um eine aufgedrängte Bereicherung handelt. Die Grundsätze der aufgedrängten Bereicherung liegen aber nicht vor. Der typische Fall der aufgedrängten Bereicherung liegt vor, wenn Dritte ohne Willen des Eigentümers in seinem Eigentum stehende Sachen so verändern, dass es zu einer Wertsteigerung kommt (MüKo-Schwab, BGB § 818 Rn. 226). Im Fall einer Verwechslung des Leistungsempfängers ist eine aufgedrängte Bereicherung auch bei der Leistungskondiktion möglich, etwa dann, wenn der Leistende in Verwechslung des Auftragnehmers seine Leistung gegenüber der falschen Person erbringt, so wenn ein Maler anstelle den Zaun des Auftraggebers denjenigen des Nachbarn streicht (Musielak JA 2017, 1 (4)). So aber verhält es sich hier nicht. Die Klägerin drängte dem Beklagten nicht ihre Versicherungsleistung auf, indem sie ohne sein Mitwissen das Fahrzeug reparieren ließ, sondern es war der Beklagte, der aufgrund eigener Entschließung die Kfz-Werkstatt mit der Reparatur der Stoßstange beauftragte. 17Der Anspruch ist auch nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen, jedoch gemäß § 242 BGB der Höhe nach beschränkt. Die Voraussetzungen des Ausschlusses nach § 814 BGB sind nicht erfüllt, da die Klägerin nicht in Kenntnis des fehlenden rechtlichen Grunds leistete, denn bei der Leistung ging sie davon aus, der Beklagte sei Unfallgeschädigter. Jedoch führt die Mitverursachung des Anspruchs durch die unzutreffende Mitteilung an den Beklagten über den Unfallschaden zu einer Beschränkung der Forderung nach § 242 BGB. § 254 BGB, der das Mitverschulden regelt, ist weder direkt noch analog anwendbar, da sein Zweck die Abwägung von Verschuldensbeiträgen ist, die bereicherungsrechtliche Haftung jedoch losgelöst von Verschulden erfolgt. § 254 BGB ist jedoch besondere Ausprägung der sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ergebenden Erwägung, dass wirtschaftliche Nachteile nach dem Gewicht der beiderseitigen Verantwortlichkeit zwischen den Beteiligten zu verteilen sind, die auch im Bereicherungsrecht Anwendung findet (BGH NJW 1972, 36 (40)). Bei der Abwägung ist zu berücksichtigen, dass es in der Sphäre des Beklagten liegt zu überprüfen, ob tatsächlich Vorschäden durch den Unfall vorhanden waren. Selbst wenn tatsächlich das Fahrzeug des Beklagten in das von der Klägerin angenommene Unfallereignis verwickelt gewesen wäre, sich aber nach Entschädigung des Beklagten herausgestellt hätte, dass es sich bei den abgerechneten Schäden um Vorschäden handelte, wäre die Klägerin gleichermaßen zur Rückforderung gemäß §§ 812 Abs. 1 S.1, 818 Abs. 2 BGB berechtigt gewesen (vgl. OLG Saarbrücken aaO, dem ein solcher Sachverhalt zugrunde liegt). Es kann jedoch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass die Klägerin die Ereigniskette, die zum Eingehen der Verbindlichkeit des Beklagten gegenüber der Reparaturwerkstatt und anschließender Befreiung durch die Klägerin führte, durch ihre Unfallmitteilung an den Beklagten auslöste. Es kann ferner auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Beklagte von sich aus bei einem nahezu 20 Jahre alten Fahrzeug nicht die Stoßstange hätte austauschen lassen und er auch nicht einen entsprechenden Auftrag der Reparaturwerkstatt erteilte, sondern lediglich verlangte, das Fahrzeug zu reparieren, ohne eine konkrete Art und Weise der Reparatur vorzugeben. Die erheblich kostentreibende Maßnahme des Austauschs der Stoßstange erfolgte erst nach Rücksprache der Reparaturwerkstatt mit der Klägerin. Während ihre Billigung der Reparatur allein noch nicht zu einer Beschränkung des Anspruchs nach § 242 BGB führen kann, weil die Prüfung und Mitteilung von Vorschäden Sache des Geschädigten ist, gilt dies aber in Verbindung damit, dass sie selbst die zur Reparatur führende Kausalkette, wenn auch ohne Verschulden durch die falsche Mitteilung der Polizei, erst in Bewegung setzte. Nachdem es sich nicht so verhält, dass der Beklagte von dem Vorschaden bei Leistung der Klägerin positiv wusste, weswegen die Voraussetzungen des § 819 Abs. 1 BGB auch nicht vorliegen, ihm aber eine gewisse Gedankenlosigkeit vorzuwerfen ist, während die Klägerin unverschuldet die Kausalkette durch ihr Schreiben in Bewegung setzte, erscheint eine Kürzung des Anspruchs um 25% auch vor dem Hintergrund angemessen, dass die Klägerin in ihrer Unfallmitteilung den Schadenort nicht mitteilte und damit dazu beitrug, dass der Beklagte nicht sofort erkennen konnte, dass er offensichtlich nicht als Unfallgegner in Betracht kommt, weil er sein Fahrzeug nicht am Unfallort geparkt hatte. Für den Beklagten hingegen bestand von sich aus nach der telefonischen Ergänzung, dass das Fahrzeug vorn links an der Stoßstange beschädigt worden sei, kein Anlass, sich näher nach dem Schadenort zu erkundigen, da es sich um die plausible Mitteilung des Hergangs eines Parkunfalls handelte und der Beklagte sein Fahrzeug im öffentlichen Straßenraum geparkt hatte. Die Überzeugung davon, dass das Fahrzeug im öffentlichen Verkehrsraum in der M-Straße geparkt war, hat das Gericht gewonnen durch die Parteianhörung des Beklagten. Es handelt sich bei dem Wohngebiet des Beklagten ferner gerichtsbekannt um eine innenstadtnahe Wohngegend, in der typischerweise Fahrzeuge im öffentlichen Verkehrsbereich geparkt werden. Dass ein entsprechendes Gespräch mit der Klägerin stattgefunden hat, folgt neben der Parteianhörung des Beklagten ergänzend aus der Bekundung der Zeugin S2, wonach ihm der Beklagte von diesem Gespräch erzählt habe. Da bei einem Bereicherungsanspruch der Anspruchsgegner verschuldensunabhängig haftet, erscheint es im Rahmen der Beschränkung nach § 242 BGB ebenso angemessen, den Mitverursachungsanteil der Klägerin mindernd zu berücksichtigen, obwohl ihr kein Verschulden zur Last fällt, da die Polizei bei der Erstellung eines Unfallberichts mangels Weisungsgebundenheit nicht als Erfüllungsgehilfe des Versicherers gemäß § 278 BGB handelt. 18Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB unter Berücksichtigung der Postlaufzeit des Schreibens vom 29. Mai 2020 ab dem 4. Juni 2020. Die erstmalige Zahlungsaufforderung enthält, vergleichbar mit einer Rechnung mit Zahlungsfrist (OLG Saarbrücken NJW-RR 2013, 852), allein durch den Hinweis darauf, es sei binnen 2 Wochen zu zahlen, noch keine Mahnung gemäß § 286 Abs. 1 BGB. 19Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO. 20Der Streitwert wird auf 1.708,00 EUR festgesetzt. 21Rechtsbehelfsbelehrung: 22Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 231. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 242. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 25Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 26Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen. 27Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 28Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 29Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr: 30Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de. 31U
in dem rechtsstreit der x-versicherungs-ag , vertr. d. d. vorstand, klägerin, prozessbevollmächtigte: rechtsanwälte h, gegen herrn s, beklagten, prozessbevollmächtigte: rechtsanwälte j, hat das amtsgericht düsseldorf auf die mündliche verhandlung vom 20.08.2021 durch den richter am amtsgericht u für recht erkannt: der beklagte wird verurteilt, an die klägerin 1.281,00 eur (in worten: eintausendzweihunderteinundachtzig euro) nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 29. mai 2020 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits tragen die klägerin zu 25% und der beklagte zu 75%. dieses urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die klägerin gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils beizutreibenden/zu vollstreckenden betrags. der klägerin hat das gericht gestattet, die zwangsvollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht der beklagte vor der zwangsvollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die parteien streiten um die rückzahlung einer an den geschädigten geleisteten zahlung des kfz-haftpflichtversicherers aufgrund eines verkehrsunfalls auf der z-straße in düsseldorf am 25. dezember 2019 kurz vor 23 uhr. 3der y befuhr mit dem bei der klägerin haftpflichtversicherten pkw ford, amtliches kennzeichen01, die oben genannte unfallstelle. beim einparken berührte er mit dem heck die linke front des dahinter geparkten fahrzeugs. durch einen kennzeichenfehler auf dem unfallprotokoll der polizei wurde der beklagte, der eigentümer des fast 20 jahre alten pkw marke saab mit dem amtlichen kennzeichen02 ist, zunächst als unfallgegner erfasst. mit einem schreiben teilte die klägerin dem beklagten mit, es sei an seinem fahrzeug zu einem unfallschaden gekommen, für die einzelheiten des schreibens wird bezug genommen auf bl. 25 der akte. der beklagte schaute sich sein fahrzeug daraufhin an und konnte nicht einordnen, ob es sich bei dem schaden um einen alten oder einen neuen schaden handelt. er fuhr sodann zur kfz-werkstatt der b- gmbh & co. kg und erteilte dort einen reparaturauftrag. diese wandte sich sodann mit einem kostenvoranschlag über den austausch des stoßfängers vorn an die klägerin, die mit schreiben vom 10. januar 2020 erklärte, der schaden werde der höhe nach übernommen. die reparaturkosten in höhe von 1708,09 euro zahlte die klägerin direkt an die kfz-werkstatt. nachdem ihr später der kennzeichenfehler im polizeilichen unfallprotokoll auffiel, forderte die klägerin den beklagten mit schreiben vom 7. april 2020 auf, einen betrag in höhe der übernommenen reparaturkosten binnen zwei wochen zu überweisen. mit schreiben vom 29. mai 2020 erfolgte eine weitere zahlungsaufforderung. 4die klägerin beantragt, 5den beklagten zu verurteilen, an sie 1708,09 euro zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 29. mai 2020 zu zahlen. 6der beklagte beantragt, 7die klage abzuweisen. 8der beklagte behauptet, 9zum unfallzeitpunkt sei sein fahrzeug am straßenrand in der m-straße in der nähe seiner wohnung geparkt gewesen. ferner habe er nach erhalt des schreibens der klägerin mit der unfallmitteilung bei dieser angerufen und ergänzend erfahren, dass ein schaden am stoßfänger vorn links vorliege. 10das gericht hat beweis erhoben durch inaugenscheinnahme der fotos der von der kfz-werkstatt gefertigten fotos des schadens am fahrzeug des beklagten sowie durch persönliche anhörung des beklagten und vernehmung der zeugin s2, der lebensgefährtin des beklagten, in der mündlichen verhandlung. 11
12die zulässige klage ist teilweise begründet. 13der anspruch der klägerin gegen den beklagten ergibt sich aus ungerechtfertigter bereicherung gemäß §§ 812 abs. 1 s.1 alternative 1, 818 abs. 2 bgb. bei dem vom beklagten erlangten "etwas", also des gegenstands der objektiven bereicherung, handelt es sich nicht lediglich um die (offensichtlich geringe) wertsteigerung seines nahezu 20 jahre alten kraftfahrzeugs, sondern um die befreiung seiner verbindlichkeit gegenüber der kfz-werkstatt. der beklagte ist aufgrund des zwischen ihm und der kfz-werkstatt geschlossenen werkvertrags gemäß § 631 abs. 1 bgb zur zahlung der vereinbarten vergütung verpflichtet. von dieser verpflichtung ist er durch die klägerin befreit worden, indem diese als dritte die verpflichtung des beklagten gegenüber der kfz-werkstatt auf zahlung des werklohns gemäß §§ 362 abs. 1, 267 abs. 1 s.1 bgb erfüllte. 14diese befreiung von der verbindlichkeit hat der beklagte durch leistung der klägerin erlangt. obwohl einem unfallgeschädigten ein anspruch auf erstattung des unfallschadens aus § 7 stvg gegenüber dem fahrzeughalter zusteht und die haftpflichtversicherung bei direkter zahlung an den geschädigten auch in erfüllung ihrer vertraglichen verpflichtung gegenüber dem versicherungsnehmer handelt, liegen die voraussetzungen des direkten durchgriffs auf den beklagten als leistungsempfänger vor. die klägerin leistete auch in erfüllung des nach § 115 abs. 1 nr. 1 vvg gegebenen direktanspruchs des vermeintlich geschädigten beklagten in eigenständiger überprüfung ihrer leistungspflicht, sie leistete nicht auf anweisung des versicherungsnehmers. es liegt daher ein fall einer drittzahlung gemäß § 267 abs. 1 s.1 bgb auf eine scheinverbindlichkeit vor, bei der grundsätzlich der direkte durchgriff auf den leistungsempfänger eröffnet ist. auch bei wertender betrachtung ergeben sich keine abweichungen, da die ursache der rückforderung nicht in vertraglichen bestimmungen zwischen der klägerin und ihres versicherungsnehmers besteht (olg saarbrücken njw-rr 2017, 602 rn. 17). 15die leistung erfolgte ohne rechtsgrund, denn da der beklagte durch das unfallereignis nicht geschädigt worden ist, stand ihm kein anspruch auf schadenersatz hinsichtlich der beschädigung der stoßstange seines kfz aus dem gesetzlichen schuldverhältnis gemäß § 7 abs. 1 stvg, § 115 abs. 1 nr. 1 vvg, §§ 249ff. bgb zu. 16da die befreiung von einer verbindlichkeit nicht körperlich zurückgegeben werden kann, ist der beklagte nach § 818 abs. 2 bgb zum wertersatz in höhe der ersparten aufwendungen verpflichtet. der beklagte kann sich nicht auf entreicherung nach § 818 abs. 3 bgb berufen, denn der beklagte ist aus objektiver sicht dauerhaft von seiner gegenüber der werkstatt bestehenden verbindlichkeit befreit und damit weiter bereichert. dass er sein fahrzeug ohne die schadenmitteilung der klägerin nicht hätte reparieren lassen und dass der wertzuwachs des kfz durch die reparatur offensichtlich deutlich niedriger als die reparaturkosten liegt, führt zu keiner anderen bewertung, weil ein subjektiver bereicherungsmaßstab nur dann zur anwendung kommt, wenn es sich um eine aufgedrängte bereicherung handelt. die grundsätze der aufgedrängten bereicherung liegen aber nicht vor. der typische fall der aufgedrängten bereicherung liegt vor, wenn dritte ohne willen des eigentümers in seinem eigentum stehende sachen so verändern, dass es zu einer wertsteigerung kommt (müko-schwab, bgb § 818 rn. 226). im fall einer verwechslung des leistungsempfängers ist eine aufgedrängte bereicherung auch bei der leistungskondiktion möglich, etwa dann, wenn der leistende in verwechslung des auftragnehmers seine leistung gegenüber der falschen person erbringt, so wenn ein maler anstelle den zaun des auftraggebers denjenigen des nachbarn streicht (musielak ja 2017, 1 (4)). so aber verhält es sich hier nicht. die klägerin drängte dem beklagten nicht ihre versicherungsleistung auf, indem sie ohne sein mitwissen das fahrzeug reparieren ließ, sondern es war der beklagte, der aufgrund eigener entschließung die kfz-werkstatt mit der reparatur der stoßstange beauftragte. 17der anspruch ist auch nicht aus anderen gründen ausgeschlossen, jedoch gemäß § 242 bgb der höhe nach beschränkt. die voraussetzungen des ausschlusses nach § 814 bgb sind nicht erfüllt, da die klägerin nicht in kenntnis des fehlenden rechtlichen grunds leistete, denn bei der leistung ging sie davon aus, der beklagte sei unfallgeschädigter. jedoch führt die mitverursachung des anspruchs durch die unzutreffende mitteilung an den beklagten über den unfallschaden zu einer beschränkung der forderung nach § 242 bgb. § 254 bgb, der das mitverschulden regelt, ist weder direkt noch analog anwendbar, da sein zweck die abwägung von verschuldensbeiträgen ist, die bereicherungsrechtliche haftung jedoch losgelöst von verschulden erfolgt. § 254 bgb ist jedoch besondere ausprägung der sich aus dem grundsatz von treu und glauben gemäß § 242 bgb ergebenden erwägung, dass wirtschaftliche nachteile nach dem gewicht der beiderseitigen verantwortlichkeit zwischen den beteiligten zu verteilen sind, die auch im bereicherungsrecht anwendung findet (bgh njw 1972, 36 (40)). bei der abwägung ist zu berücksichtigen, dass es in der sphäre des beklagten liegt zu überprüfen, ob tatsächlich vorschäden durch den unfall vorhanden waren. selbst wenn tatsächlich das fahrzeug des beklagten in das von der klägerin angenommene unfallereignis verwickelt gewesen wäre, sich aber nach entschädigung des beklagten herausgestellt hätte, dass es sich bei den abgerechneten schäden um vorschäden handelte, wäre die klägerin gleichermaßen zur rückforderung gemäß §§ 812 abs. 1 s.1, 818 abs. 2 bgb berechtigt gewesen (vgl. olg saarbrücken aao, dem ein solcher sachverhalt zugrunde liegt). es kann jedoch nach dem grundsatz von treu und glauben nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass die klägerin die ereigniskette, die zum eingehen der verbindlichkeit des beklagten gegenüber der reparaturwerkstatt und anschließender befreiung durch die klägerin führte, durch ihre unfallmitteilung an den beklagten auslöste. es kann ferner auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der beklagte von sich aus bei einem nahezu 20 jahre alten fahrzeug nicht die stoßstange hätte austauschen lassen und er auch nicht einen entsprechenden auftrag der reparaturwerkstatt erteilte, sondern lediglich verlangte, das fahrzeug zu reparieren, ohne eine konkrete art und weise der reparatur vorzugeben. die erheblich kostentreibende maßnahme des austauschs der stoßstange erfolgte erst nach rücksprache der reparaturwerkstatt mit der klägerin. während ihre billigung der reparatur allein noch nicht zu einer beschränkung des anspruchs nach § 242 bgb führen kann, weil die prüfung und mitteilung von vorschäden sache des geschädigten ist, gilt dies aber in verbindung damit, dass sie selbst die zur reparatur führende kausalkette, wenn auch ohne verschulden durch die falsche mitteilung der polizei, erst in bewegung setzte. nachdem es sich nicht so verhält, dass der beklagte von dem vorschaden bei leistung der klägerin positiv wusste, weswegen die voraussetzungen des § 819 abs. 1 bgb auch nicht vorliegen, ihm aber eine gewisse gedankenlosigkeit vorzuwerfen ist, während die klägerin unverschuldet die kausalkette durch ihr schreiben in bewegung setzte, erscheint eine kürzung des anspruchs um 25% auch vor dem hintergrund angemessen, dass die klägerin in ihrer unfallmitteilung den schadenort nicht mitteilte und damit dazu beitrug, dass der beklagte nicht sofort erkennen konnte, dass er offensichtlich nicht als unfallgegner in betracht kommt, weil er sein fahrzeug nicht am unfallort geparkt hatte. für den beklagten hingegen bestand von sich aus nach der telefonischen ergänzung, dass das fahrzeug vorn links an der stoßstange beschädigt worden sei, kein anlass, sich näher nach dem schadenort zu erkundigen, da es sich um die plausible mitteilung des hergangs eines parkunfalls handelte und der beklagte sein fahrzeug im öffentlichen straßenraum geparkt hatte. die überzeugung davon, dass das fahrzeug im öffentlichen verkehrsraum in der m-straße geparkt war, hat das gericht gewonnen durch die parteianhörung des beklagten. es handelt sich bei dem wohngebiet des beklagten ferner gerichtsbekannt um eine innenstadtnahe wohngegend, in der typischerweise fahrzeuge im öffentlichen verkehrsbereich geparkt werden. dass ein entsprechendes gespräch mit der klägerin stattgefunden hat, folgt neben der parteianhörung des beklagten ergänzend aus der bekundung der zeugin s2, wonach ihm der beklagte von diesem gespräch erzählt habe. da bei einem bereicherungsanspruch der anspruchsgegner verschuldensunabhängig haftet, erscheint es im rahmen der beschränkung nach § 242 bgb ebenso angemessen, den mitverursachungsanteil der klägerin mindernd zu berücksichtigen, obwohl ihr kein verschulden zur last fällt, da die polizei bei der erstellung eines unfallberichts mangels weisungsgebundenheit nicht als erfüllungsgehilfe des versicherers gemäß § 278 bgb handelt. 18der zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 abs. 1, 288 abs. 1 bgb unter berücksichtigung der postlaufzeit des schreibens vom 29. mai 2020 ab dem 4. juni 2020. die erstmalige zahlungsaufforderung enthält, vergleichbar mit einer rechnung mit zahlungsfrist (olg saarbrücken njw-rr 2013, 852), allein durch den hinweis darauf, es sei binnen 2 wochen zu zahlen, noch keine mahnung gemäß § 286 abs. 1 bgb. 19die kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 zpo, die zur vorläufigen vollstreckbarkeit aus §§ 708 nr. 11, 709 zpo. 20der streitwert wird auf 1.708,00 eur festgesetzt. 21rechtsbehelfsbelehrung: 22gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 231. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 242. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 25die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht düsseldorf, werdener straße 1, 40227 düsseldorf, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 26die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht düsseldorf zu begründen. 27die parteien müssen sich vor dem landgericht düsseldorf durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 28mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 29hinweis zum elektronischen rechtsverkehr: 30die einlegung ist auch durch übertragung eines elektronischen dokuments an die elektronische poststelle des gerichts möglich. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 130a zpo nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (bgbl. 2017 i, s. 3803) eingereicht werden. weitere informationen erhalten sie auf der internetseite www.justiz.de. 31u
Klaeger*in
1
339,660
13 K 272/19 G,F
2021-06-30T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid für 2013 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 7.3.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.1.2019 wird in der Weise geändert, dass die der G-GmbH zugerechneten Einkünfte um 2.443.071,67 €, die der I-GmbH zugerechneten Einkünfte um 4.967.559,59 € und die der Frau Dr. H. und der Frau C. zugerechneten Einkünfte um je 1.165.241 € vermindert werden. Der Gewerbesteuermessbescheid für 2013 vom 7.3.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.1.2019 wird in der Weise geändert, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb um 370.531,56 € vermindert wird. Der Beklagte hat die festzustellenden und festzusetzenden Beträge zu errechnen und mitzuteilen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Zurechnung von Einkünften aufgrund einer disquotalen Ausschüttung im Streitjahr 2013. 3Die Klägerin ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts M-Stadt unter HRA xxx eingetragene Kommanditgesellschaft. Ihre Komplementärin ist die im Handelsregister des Amtsgerichts M-Stadt unter HRB xxx eingetragene G-GmbH, C-Stadt (im Folgenden: „G-GmbH“), die am Festkapital der Klägerin zu 25 % beteiligt war. Kommanditistinnen waren in den Streitjahren Frau Dr. N. H. und Frau D. C. mit einer Beteiligung von je 11,31 % (Kommanditeinlagen: je 116.600 €) sowie die im Handelsregister des Amtsgerichts M-Stadt unter HRB xxx eingetragene I-GmbH, E-Stadt (im Folgenden: „I-GmbH“) mit einer Beteiligung von 52,38 % (Kommanditeinlage: 540.000 €). Frau Dr. H. und Frau C. sind Schwestern. Diese waren wiederum zu je 50 % mittelbar und unmittelbar an der G-GmbH und an der I-GmbH beteiligt. Alleinige Geschäftsführerin der G-GmbH und der I-GmbH war Frau Dr. H.. 4Die Klägerin hielt im Streitzeitraum 91 % der Anteile an der im Handelsregister des Amtsgerichts N-Stadt unter HRB xxx eingetragenen N-GmbH (im Folgenden: „N-GmbH“). Die übrigen Anteile an der N-GmbH wurden von der G-GmbH zu 2,33 %, der I-GmbH zu 3,33 % sowie von Frau Dr. H. und Frau C. zu je 1,67 % gehalten. Die von den drei letztgenannten Gesellschafterinnen gehaltenen Anteile an der N-GmbH stellten Sonderbetriebsvermögen bei der Klägerin dar. Der von der G-GmbH gehaltene Anteil an der N-GmbH war hingegen, was inzwischen unter den Beteiligten unstreitig ist, nicht dem Sonderbetriebsvermögen der Klägerin zugeordnet. Gegenstand des Unternehmens der N-GmbH war. 5Die G-GmbH hielt mittelbar sämtliche Anteile an der im Handelsregister des Amtsgerichts M-Stadt unter HRA xxx eingetragenen U-GmbH & Co. Investitions KG, C-Stadt (im Folgenden: „U-KG“). Alleinige unmittelbare Kommanditistin der U-KG war die im Handelsregister des Amtsgerichts M-Stadt unter HRB xxx eingetragene C-GmbH, C-Stadt. Diese Gesellschaft war eine Organgesellschaft der G-GmbH. 6Die Klägerin und ihre Tochtergesellschaften waren in einen Konzernabschluss einbezogen. Die G-GmbH sowie deren Tochtergesellschaften, auch die U-KG, nahmen an der Konzernrechnungslegung der Klägerin nicht teil. 7In einer Gesellschafterversammlung der N-GmbH vom 27.12.2013 fasste diese u.a. die folgenden Beschlüsse: 8 „Aus dem Bilanzgewinn der N-GmbH soll ein Betrag in Höhe von Euro 9.741.115,13 an die G-GmbH ausgeschüttet werden. Als Tag der Auszahlung wird der 24.12.2014 bestimmt. 9 Dieser Beschluss ist aufschiebend bedingt auf die Eintragung der Änderung des § 16 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der N-GmbH dahingehend, dass in der Satzung geregelt wird, dass die Gesellschafter alljährlich auch über die Verteilung des Gewinns abweichend von der gesetzlichen Regelung aus § 29 Abs. 3 S. 1 GmbH-Gesetz beschließen können, im Handelsregister. 10 Zum Ausgleich des Nachteils i.H.v. Euro 9.513.822,45 aus dieser Ausschüttung an die G-GmbH erhalten die restlichen Gesellschafter bei Liquidation der Gesellschaft vorab einen Betrag / eine Quote – beschränkt auf den Liquidationserlös – wie folgt: 1112G-GmbH & Co. KG, 93,17 %, maximal Euro 8.864.414,77; 13I-GmbH, 3,41 %, maximal Euro 324.703,84; 14Frau Dr. N. H., 1,71 %, maximal Euro 162.351,92; 15Frau D. C., 1,71 %, maximal Euro 162.351,92. 16 […] Die G-GmbH wird ihren Anspruch gegenüber der N-GmbH aus diesem Gesellschafterbeschluss an die G-GmbH & Co Kommanditgesellschaft abtreten. 17 Entsprechend der Vorgehensweise der Vergangenheit sollen zum Ausschüttungsstichtag 24.12.2014 die Verbindlichkeiten der N-GmbH aus den vorgenannten Ausschüttungen mit bestehenden Ausleihungen der N-GmbH gegenüber der G-GmbH & Co Kommanditgesellschaft aufgerechnet werden.“ 18Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesellschafterbeschluss vom 27.12.2013 verwiesen. 19Mit Gesellschafterbeschluss vom 17.3.2014 änderte die N-GmbH § 16 ihres Gesellschaftsvertrags (Jahresabschluss, Ergebnisverwendung) in der Weise, dass die Gesellschafter alljährlich auch über die Verteilung des Gewinns abweichend von der gesetzlichen Regelung des § 29 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung – GmbHG – beschließen konnten. Die Änderung wurde am 21.3.2014 im Handelsregister eingetragen. 20Die G-GmbH wies in ihrem auf den 31.12.2013 aufgestellten Jahresabschluss Erträge aus Beteiligungen i.H.v. 9.741.115,13 € und außerordentliche Aufwendungen in Höhe von 8.244.879,76 € aus. Die Aufwendungen resultierten aus einer Forderungsabschreibung gegenüber der U-KG. Der Jahresabschluss der G-KG führte zu einem Jahresüberschuss von 582.461,59 €. 21Die U-KG hatte bereits zum 31.12.2012 in ihrem Jahresabschluss einen nicht durch Vermögenseinlage gedeckten Verlustanteil von Kommanditisten in Höhe von 11.499.311,53 € ausgewiesen. 22Die Klägerin gab für das Streitjahr eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ab und erklärte laufende Einkünfte i.H.v. ./. 380.411,25 €. Ausweislich einer der Feststellungserklärung beigefügten Kapitalkontenentwicklung zum 31.12.2013 waren bei der G-GmbH Einlagen i.H.v. 9.741.115,13 € ausgewiesen. Weiterhin waren der Feststellungserklärung Sonderbilanzen für die I-GmbH, Frau Dr. H. und Frau C. beigefügt, nicht aber für die G-GmbH. In einer Übersicht „einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 2013“ waren „Sonderbetriebseinnahmen GA N.“ sowie „nabz. Betriebsausgaben gemäß § 8b Abs. 5 KStG GA N.“ mit jeweils 0 € verzeichnet. Der Beklagte veranlagte die Klägerin mit Feststellungsbescheid und Gewerbesteuermessbescheid vom 20.11.2014 erklärungsgemäß. Im Feststellungsbescheid verteilte er die gewerblichen Einkünfte (vor Anwendung des § 15a des Einkommensteuergesetzes – EStG –) erklärungsgemäß auf die G-GmbH i.H.v. ./. 103.801,19 €, die I-GmbH i.H.v. ./. 202.943,11 €, Frau Dr. H. i.H.v. ./. 35.311,75 € und Frau C. i.H.v. ./. 38.355,20 €. Einen Gewinn aus dem Sonderbetriebsvermögen stellte er für keinen Gesellschafter fest. Die Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO –. 23Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung E-Stadt (im Folgenden: „GKBP“) führte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung u.a. für das Streitjahr durch. Unter Tz. 2.3.2 des Prüfungsberichts vom 7.11.2017 führten die Prüfer aus, die steuerlichen Folgen der am 27.12.2013 beschlossenen inkongruenten Gewinnausschüttung der N-GmbH an die G-GmbH seien nicht anzuerkennen, weil ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 AO vorliege. Sie verwiesen auf Tz. 2.4.1 des Berichts der ausschüttenden Gesellschaft. In einem Bericht über eine bei der N-GmbH durchgeführte Betriebsprüfung vom 7.11.2017 erklärten die Prüfer, die gewählte Gestaltung sei als Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. 42 AO zu qualifizieren, weil sie unangemessen erscheine. Die Verbesserung der Kreditwürdigkeit der nicht konsolidierten G-GmbH sei auch durch den Regelfall einer kongruenten Gewinnausschüttung und Einlage in diese Gesellschaft zu erreichen gewesen. Die gewählte Gestaltung erscheine überflüssig, sei ohne den Steuervorteil nicht gewählt worden und sei daher rein steuerlich motiviert gewesen. Sie führe im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem Steuervorteil, der gesetzlich nicht vorgesehen sei. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die beiden Gesellschafterinnen Dr. H. und C. Schwestern seien. 24Weiter führten die Prüfer aus, als Konsequenz entstehe der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entstehe, d.h. bei einer kongruenten Ausschüttung an die Gesellschafterinnen. In Anlage 5 des Berichts für die Prüfung der Klägerin erklärten die Prüfer, die Gewinnausschüttung i.H.v. 9.741.115,13 € sei in der Bilanz der G-GmbH zu eliminieren unter Hinzurechnung von 487.055,76 € Körperschaftsteuer (5 %-iges Betriebsausgabenabzugsverbot). Stattdessen sei die Ausschüttung den Gesellschafterinnen der N-GmbH entsprechend ihrer Beteiligung zuzurechnen, nämlich der Klägerin mit 8.864.414,77 € (91 %), der G-GmbH mit 226.967,98 € (2,33 %), der I-GmbH mit 324.379,13 € (3,33 %) sowie Frau Dr. H. und Frau C. mit je 162.676,62 € (je 1,67 %). Hierbei seien die letztgenannten vier Beträge (zusammen 876.700,36 €) im Sonderbetriebsvermögen der Klägerin zu erfassen. Soweit die Ausschüttung der Klägerin zuzurechnen sei (8.864.414,77 €), sei dieser Betrag im Gesamthandsvermögen der Klägerin vereinnahmt und den Gesellschafterinnen entsprechend ihrer Beteiligung zuzuordnen, und zwar der G-GmbH mit 2.216.103,69 € (25 %), der I-GmbH mit 4.643.180,46 € (52,38 %) sowie Frau Dr. H. und Frau C. mit je 1.002.565,31 € (je 11,31 %). 25Für die Gesellschafterinnen Dr. H. und C. ergebe sich damit eine Zurechnung von insgesamt je 1.165.241,93 €, die dem Teileinkünfteverfahren anstatt der Steuerbefreiung gem. § 8b Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG – zu unterwerfen sei. Bei den Gesellschafterinnen in der Rechtsform der GmbH verbleibe es bei der Anwendung des § 8b Abs. 1 KStG, vorbehaltlich des 5 %-igen Betriebsausgabenabzugsverbots gemäß § 8b Abs. 5 KStG. Es ergäben sich Zurechnungen von 2.443.071,67 € für die G-GmbH und von 4.967.559,59 € für die I-GmbH. 26In derselben Weise berechneten die Prüfer ausweislich der Anlage 5 zum Prüfungsbericht der Klägerin den gewerbesteuerlichen Gewinn, wobei sie gemäß § 9 Nr. 2a des Gewerbesteuergesetzes – GewStG – den im Teileinkünfteverfahren zugerechneten Gewinn der Frau Dr. H. und der Frau Dr. C. um je 699.145,16 € kürzten. Gewerbesteuerlich verblieb lediglich das 5 %-ige Betriebsausgabenabzugsverbot i.H.v. 122.153,58 € für die G-GmbH und i.H.v. 248.377,98 € für die I-GmbH (zusammen 370.531,56 €). Wegen der Einzelheiten wird auf die beiden Prüfungsberichte vom 7.11.2017 verwiesen. 27Der Beklagte erließ am 7.3.2018 einen Änderungsbescheid für 2013 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und stellte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9.513.647,45 € fest. Als Gewinn aus Sonderbetriebsvermögen berücksichtigte er 876.700,35 €. Er verteilte die gewerblichen Einkünfte auf die G-GmbH i.H.v. 2.377.517,60 € (darin Sonderbetriebseinnahmen 226.967,98 €), die I-GmbH i.H.v. 4.844.803,52 € (darin Sonderbetriebseinnahmen 324.379,13 €), Frau Dr. H. i.H.v. 1.147.184,89 € und Frau C. i.H.v. 1.144.141,44 € (darin Sonderbetriebseinnahmen je 162.676,62 €). 28Zudem erließ er am 7.3.2018 einen Gewerbesteuermessbescheid, mit dem er den Gewerbesteuermessbetrag für 2013 auf 0 € festsetzte. Dabei ging er von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. 1.541.354 € aus. Bei den Kürzungen gemäß § 9 GewStG berücksichtigte er Gewinne aus Anteilen an nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaften i.H.v. 1.398.290 €. 29Die Klägerin legte mit Schreiben vom 9.4.2018 Einsprüche ein. 30Mit Einspruchsentscheidungen vom 2.1.2019 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung erklärte er, eine Verbesserung der Kreditwürdigkeit der nicht im konsolidierten Konzernabschlusses enthaltenen G-GmbH wäre auch durch den Regelfall einer kongruenten Gewinnausschüttung und Einlage in diese Gesellschaft zu erreichen gewesen. Einen ausreichenden Nachweis für wirtschaftlich vernünftige außersteuerliche Gründe habe die Klägerin nicht erbracht. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, bei drohender Unterkapitalisierung oder Zahlungsunfähigkeit der G-GmbH sei die Kreditwürdigkeit der gesamten G-N-Firmengruppe gefährdet gewesen. Es sei zu berücksichtigen, dass die G-GmbH in dem konsolidierten Konzernabschluss der Klägerin nicht enthalten gewesen sei. Der Finanzstatus der G-GmbH und ihrer Tochtergesellschaften sei aus Sicht von Banken daher ohne Bedeutung. Selbst wenn der Finanzstatus Bedeutung gehabt hätte, hätte die Möglichkeit der quotalen Gewinnausschüttung und anschließenden Einlage bestanden. 31Ihm – dem Beklagten – könne auch nicht entgegengehalten werden, die Wirkungen des § 42 AO würden dadurch überdehnt, dass die strittigen Beträge den Gesellschafterinnen der Klägerin fiktiv zugerechnet würden. Vielmehr erfasse § 42 AO auch vom Sachverhalt betroffene Dritte. Die Anwendung des § 42 AO führe auch nicht zu einer Überkompensation, wenn die im Gesellschafterbeschluss vom 27.12.2013 aufgrund der inkongruenten Ausschüttung vereinbarten Ausgleichsansprüche der übrigen Gesellschafterinnen fällig würden. Denn es sei nicht ersichtlich, dass solche Ansprüche bislang entstanden seien oder im Falle einer Liquidation der N-GmbH finanziert werden könnten. Darüber hinaus könne sich die Klägerin auch nicht auf die Zulässigkeit des sog. „Schütt-aus-hol-zurück-Verfahrens“ berufen, da im Streitfall ein abweichender Sachverhalt vorliege. Die Ausschüttungsempfängerin, die G-GmbH, habe ihren Anspruch nämlich an die Klägerin abgetreten. Es sei nicht zu einer Einlage in die N-GmbH gekommen. Das Kapital sei endgültig aus der N-GmbH abgeflossen. 32Dagegen hat die Klägerin am 30.1.2019 und 2.1.2019 Klagen erhoben. Die Klagen, die unter den Aktenzeichen 13 K 272/19 F und 13 K 284/19 G erfasst worden sind, sind mit Beschluss vom 22.3.2021 verbunden und unter dem Aktenzeichen 13 K 272/19 G,F fortgeführt worden. Mit Beschluss vom 21.4.2021 sind die G-GmbH, die I-GmbH, Frau Dr. H. und Frau C. zu dem Verfahren beigeladen worden. 33Mit ihren Klagen begehrt die Klägerin, die Gewinnausschüttung der N-GmbH in der Weise zu erfassen, wie sie tatsächlich stattgefunden habe. Hierzu seien die der G-GmbH zugerechneten Einkünfte um 2.443.071,67 € zu vermindern, die der I-GmbH zugerechneten Einkünfte um 4.967.559,59 € und die der Frau Dr. H. und der Frau C. zugerechneten Einkünfte um je 1.165.241 €. Gewerbesteuerlich seien die gewerblichen Einkünfte um 122.153,58 € und 248.377,98 €, zusammen 370.531,56 € zu vermindern. 34Die Klägerin trägt vor, für die Gesellschafterbeschlüsse vom 27.12.2013 habe ein wirtschaftlich anzuerkennender Grund bestanden. Denn ohne die Maßnahme der disquotalen Ausschüttung im Jahr 2013 hätte sich bei der G-GmbH im Jahr 2013 ein Verlust von 9.178.751,59 € ergeben, nach Abzug eines Gewinnvortrags noch ein Bilanzverlust von 6.617.150,47 € bei einem Eigenkapital von 486.907,45 €. Dieser Verlust sei maßgeblich auf die Vermögenslage der U-KG zurückzuführen gewesen. Gegenüber dieser KG habe die G-GmbH eine Forderung von 8.244.879,76 € abschreiben müssen. 35Durch die Gewinnausschüttung seien ein Verlustausweis bei der G-GmbH sowie eine entsprechende Insolvenzgefährdung vermieden worden. Danach seien die Mittel an die N-GmbH zurückgeführt worden. Dies entspreche dem sog. „Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren“, welches von der Rechtsprechung anerkannt werde. Es seien auch andere Methoden für eine Rettung der G-GmbH in Betracht gekommen, etwa eine Verschmelzung; man habe sich aber für die vorliegende Methode entschieden, welche erfolgreich die Insolvenz abgewendet habe. 36Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, die streitige Gewinnausschüttung hätte quotal erfolgen müssen, um anschließend eine Einlage in die G-GmbH tätigen zu können. Hierdurch wäre lediglich die Kapitalrücklage der G-GmbH erhöht worden. Der erhebliche Verlust der G-GmbH infolge der Forderungsabschreibung hätte aber weiterhin ausgewiesen und vorgetragen werden müssen. Zudem hätten Verbindlichkeiten der G-GmbH nicht gezahlt werden können. Ein solches Vorgehen widerspreche jeder ordnungsgemäßen Geschäftsführung. 37Die Klägerin beantragt sinngemäß, 38den Bescheid für 2013 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und den Gewerbesteuermessbescheid für 2013, beide vom 7.3.2018 und in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 2.1.2019, in der Weise zu ändern, dass die der G-GmbH zugerechneten Einkünfte um 2.443.071,67 €, die der I-GmbH zugerechneten Einkünfte um 4.967.559,59 € und die der Frau Dr. H. und der Frau C. zugerechneten Einkünfte um je 1.165.241 € vermindert werden, und dass der gewerbesteuerliche Gewinn aus Gewerbebetrieb um 370.531,56 € vermindert wird. 39Der Beklagte beantragt, 40die Klage abzuweisen, 41hilfsweise, 42die Revision zuzulassen. 43Er verweist auf seine Einspruchsentscheidungen. 44Ergänzend trägt er vor, in der Gesellschafterversammlung der N-GmbH vom 27.12.2013 sei beschlossen worden, eine Gewinnausschüttung i.H.v. 9.741.115,13 € vorzunehmen. Diese habe zu 100 % an die G-GmbH ausgezahlt werden sollen. Im Anschluss sei der Gewinnausschüttungsanspruch an die Klägerin abgetreten worden. Der abgetretene Anspruch sei dort mit einer Darlehensverpflichtung aufgerechnet worden. Hierbei handele es sich um einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 AO, da hierdurch Steuern in Höhe von ca. 700.000 € gespart worden seien. Eine inkongruente Gewinnausschüttung sei nur dann nicht als Gestaltungsmissbrauch anzusehen, wenn für die vom gesetzlichen Verteilungsschlüssel abweichende Gewinnverteilung vernünftige außersteuerliche Gründe nachgewiesen würden. Dies sei im Streitfall nicht geschehen. 45Der Senat hat am 21.4.2021 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Beide Beteiligte haben in dieser Sitzung auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet. Die Sache ist vertagt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. 46Entscheidungsgründe: 47Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). 48Die Klage ist zulässig, und zwar auch in Bezug auf den Gewerbesteuermessbescheid für 2013. Zwar hat der Beklagte mit diesem Bescheid den Gewerbesteuermessbetrag auf 0 € festgesetzt. Die Höhe des dabei zugrunde gelegten Gewinns aus Gewerbebetrieb (1.541.354 €) hat aber Bedeutung für die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes gem. § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG, so dass die Klägerin insofern beschwert ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 6.12.2016 I R 79/15, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 256, 199, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2019, 173, Rz. 9). 49Die Klage ist begründet. 50I. Der Bescheid für 2013 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.1.2019 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). 51Der Beklagte hat zu Unrecht aufgrund des Gesellschafterbeschlusses der N-GmbH vom 27.12.2013 die Gewinnausschüttung in Höhe von 9.741.115,13 € in der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Klägerin für 2013 erfasst. 521. Die Ausschüttung i.H.v. 9.741.115,13 € ist entsprechend den Regelungen des genannten Gesellschafterbeschlusses allein der G-GmbH zuzurechnen. 53Nach dem Gesellschafterbeschluss der N-GmbH vom 27.12.2013 sollte ein Betrag in Höhe von 9.741.115,13 € an die G-GmbH ausgeschüttet werden. Die Ausschüttung sollte in der Weise erfolgen, dass die G-GmbH ihren Anspruch gegenüber der N-GmbH an die Klägerin abtrat und die N-GmbH ihre Verbindlichkeit mit bestehenden Ansprüchen der Klägerin aufrechnete. Aufgrund dieser Regelung im Gesellschafterbeschluss vom 27.12.2013 floss die Ausschüttung allein der G-GmbH als disquotale Ausschüttung zu. Die Abtretung und Aufrechnung stellen lediglich eine Zahlungsmodalität dar, welche die Ausschüttung dem Grunde nach unberührt lassen. Die übrigen Gesellschafter der N-GmbH haben hingegen keine Ausschüttung erhalten. 54Der Senat geht mit den Beteiligten davon aus, dass die Ausschüttung nicht erst im Jahr 2014, sondern bereits im Streitjahr 2013 angefallen ist, weil der Ausschüttungsanspruch wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht und am 31.12.2013 aufgrund des am 27.12.2013 einstimmig gefassten Gesellschafterbeschlusses hinreichend sicher war (vgl. BFH-Urteile vom 18.12.2002 I R 11/02, BStBl II 2003, 400; vom 2.10.2018 IV R 24/15, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2019, 516). Dem steht auch nicht entgegen, dass der Ausschüttungsanspruch der G-GmbH in Höhe von 9.741.115,13 € nach dem Gesellschafterbeschluss vom 27.12.2013 aufschiebend bedingt war „auf die Eintragung der Änderung des § 16 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der N-GmbH dahingehend, dass in der Satzung geregelt wird, dass die Gesellschafter alljährlich auch über die Verteilung des Gewinns abweichend von der gesetzlichen Regelung aus § 29 Abs. 3 S. 1 GmbH-Gesetz beschließen können, im Handelsregister“. Denn die ausweislich des Gesellschafterbeschlusses vom 27.12.2013 beabsichtigte Änderung des § 16 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags wurde tatsächlich durch Gesellschafterbeschluss vom 17.3.2014 vollzogen und am 21.3.2014 im Handelsregister eingetragen. Hierdurch sind die im Gesellschafterbeschluss vom 27.12.2013 genannten Voraussetzungen erfüllt worden. 552. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist § 42 AO im Streitfall nicht anzuwenden. 56a) Gem. § 42 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Ein Missbrauch liegt gem. § 42 Abs. 2 Satz 1 AO vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dies gilt gem. § 42 Abs. 2 Satz 2 AO nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind. 57Unangemessen ist nach ständiger Rechtsprechung im allgemeinen eine rechtliche Gestaltung, die verständige Parteien in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts, insbesondere des erstrebten wirtschaftlichen Ziels, als unpassend nicht wählen würden (BFH-Urteile vom 19.8.1999 I R 77/96, BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43; vom 16.1.1992 V R 1/91, BFHE 167, 215, BStBl II 1992, 541; vom 17.1.1991 IV R 132/85, BFHE 163, 449, BStBl II 1991, 607). Da es im Bestreben der Rechtsordnung liegt, für alle wirtschaftlichen Vorgänge möglichst einfache Rechtsgestaltungen zur Verfügung zu stellen, ist in der Regel der einfachste rechtliche Weg der angemessene. Unangemessene Rechtsgestaltungen sind hingegen umständlich, kompliziert, schwerfällig, gekünstelt u.ä. (BFH-Urteil vom 19.8.1999 I R 77/96, BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43). Ein Gestaltungsmissbrauch liegt jedoch stets nur dann vor, wenn die gewählte Gestaltung nach den Wertungen des Gesetzgebers, die den jeweils maßgeblichen steuerrechtlichen Vorschriften zugrunde liegen, der Steuerumgehung dienen soll, ansonsten aber nicht (BFH-Urteile vom 19.8.1999 I R 77/96, BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43; vom 19.5.1993 I R 124/91, BFHE 172, 37, BStBl II 1993, 889; vom 23.10.1996 I R 55/95, BFHE 181, 490, BStBl II 1998, 90). 58b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, liegt im Streitfall keine unangemessene Gestaltung vor. 59aa) Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Beklagte der Klägerin, der I-GmbH sowie Frau Dr. H. und Frau C. im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung Einkünfte zugerechnet hat, obwohl sie keine Zahlungen oder Ansprüche erhalten haben. Die Wirkungen von § 42 Satz 1 AO werden nach der Rechtsprechung des BFH indes überdehnt, wenn die fraglichen Beträge bei einem anderen Anteilseigner fiktiv als zugeflossen behandelt werden (BFH-Urteil vom 19.8.1999 I R 77/96, BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43, Rz. 36). 60Dies widerspricht im Streitfall auch den erkennbaren Absichten der ausschüttenden Gesellschaft, wie sie sich im Gesellschafterbeschluss vom 27.12.2013 niederschlagen. Dieser enthielt dezidierte Regelungen zum Ausgleich der inkongruenten Ausschüttung gegenüber den „restlichen Gesellschaftern“, welche keine Ausschüttung erhalten haben. Die Rechtsfolge eines Gestaltungsmissbrauchs, der eine fiktive kongruente Ausschüttung herstellen würde, würde zu einer Überkompensation der inkongruenten Gewinnausschüttung führen, wenn im Nachgang einer fiktiv kongruenten Ausschüttung noch Ausgleichsansprüche der „restlichen Gesellschafter“ bestünden. Diese Situation, die eine notwendige Folge der vom Beklagten vertretenen Rechtsauffassung ist, könnte nur dadurch abgewendet werden, dass die im Gesellschafterbeschluss vom 27.12.2013 niedergelegten Ausgleichsansprüche als nichtig oder nachträglich unwirksam angesehen würden. Dazu hat der Beklagte in der Einspruchsentscheidung erklärt, es sei nicht ersichtlich, dass solche Ausgleichsansprüche bislang entstanden oder im Falle einer Liquidation der N-GmbH finanziert werden könnten. Mit dieser Argumentation hat der Beklagte jedoch nicht widerlegt, dass solche Ansprüche in Zukunft noch entstehen und dann auch finanziert werden können. Allein die Möglichkeit, dass solche Ansprüche in der Zukunft entstehen, führt jedoch bereits zu einer möglichen Überkompensation. Es ist auch nicht ersichtlich, dass bzw. wie eine solche Überkompensation auf der Grundlage der zwischen den Gesellschaftern bestehenden vertraglichen Regelungen beseitigt werden könnte. 61Mit der vom Beklagten vertretenen Rechtsauffassung würde demnach nicht das Ergebnis einer angemessenen Gestaltung i.S.d. § 42 Abs. 2 Satz 1 AO hergestellt, sondern ein „überschießendes“ Ergebnis. Vor diesem Hintergrund hat die Rechtsprechung bereits erklärt, § 42 AO lasse lediglich zu, den missbräuchlichen Vorgang zu neutralisieren, nicht aber, Ersatzsachverhalte zu fingieren (BFH-Urteil vom 19.8.1999 I R 77/96, BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43, unter Rz. 36). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. 62bb) Darüber hinaus liegt im Streitfall ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 Abs. 1 Satz 1 AO auch deshalb nicht vor, weil kein Rechtssatz existiert, wonach inkongruente Gewinnausschüttungen grundsätzlich einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten darstellen. 63Der BFH hat dies explizit für den Fall des sog. Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren entschieden, welches nach der ständigen Rechtsprechung grundsätzlich keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts darstellt, und zwar auch nicht im Fall einer inkongruenten Gewinnausschüttung (BFH-Urteil vom 19.8.1999 I R 77/96, BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43, Rz. 28; BFH-Beschluss vom 27.5.2010 VIII B 146/08, BFH/NV 2010, 1865). Der BFH begründet dies damit, dass inkongruente Gewinnausschüttungen gesellschaftsrechtlich zulässig seien, da die Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft sich auf eine von den Beteiligungsverhältnissen abweichende Gewinnbeteiligung verständigen könnten (vgl. § 29 Abs. 3 GmbHG). Grundsätzlich bestünden keine Bedenken, dem auch in steuerrechtlicher Hinsicht zu folgen. Denn nahezu jede Gewinnausschüttung, die verdeckt erfolge (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG), stelle zugleich eine inkongruente dar. Es gebe keinen Grund, offene inkongruente Gewinnausschüttungen, die mit dem Gesellschaftsrecht im Einklang stünden, steuerlich hiervon abweichend zu behandeln (BFH-Urteile vom 19.8.1999 I R 77/96, BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43, Rz. 28). Die Rechtslage ist insofern geklärt (BFH-Beschluss vom 27.5.2010 VIII B 146/08, BFH/NV 2010, 1865, Rz. 4). Der BFH hat dieselben Grundsätze zudem etwa in den Konstellationen des sog. Leg-ein-Hol-zurück-Verfahrens (BFH-Urteil vom 8.8.2001 I R 25/00, BFHE 196, 485, BStBl II 2003, 923, Rz. 16) und des sog. Rücklagenmanagements zur „Mobilisierung“ von Körperschaftsteuerguthaben zugrunde gelegt (BFH-Urteil vom 28.6.2006 I R 97/05, BFHE 214, 276, Rz. 25). Der Senat folgt dieser Rechtsprechung. 64Auch in der Rechtsprechung der Finanzgerichte bestehen keine Bedenken, eine zivilrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommene inkongruente Gewinnausschüttung gleichfalls steuerlich als zulässig anzuerkennen, selbst im Fall einer anschließenden inkongruenten Wiedereinlage (Hessisches FG, Urteil vom 25.2.2008 9 K 577/03, NZG 2009, 320, bestätigt durch BFH-Beschluss vom 27.5.2010 VIII B 146/08, BFH/NV 2010, 1865; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 7.5.2008 13 K 146/04, EFG 2008, 1206, Rz. 26, rkr.; FG Köln, Urteil vom 14.9.2016 9 K 1560/14, EFG 2016, 1875, rkr. nach BFH-Beschluss vom 25.3.2021 VIII R 28/16 wegen Rücknahme der Revision; FG Münster, Urteil vom 6.5.2020 9 K 3359/18 E, AO, EFG 2020, 1603, Rz. 50, nicht rkr., Az. des BFH: VIII R 20/20). Das gilt jedenfalls dann uneingeschränkt, wenn im Gesellschaftsvertrag gem. § 29 Abs. 3 Satz 2 GmbHG ein anderer Maßstab der Verteilung als das Verhältnis der Geschäftsanteile im Gesellschaftsvertrag festgesetzt ist oder eine Öffnungsklausel besteht (FG Köln, Urteil vom 14.9.2016 9 K 1560/14, EFG 2016, 1875, Rz. 27 ff; FG Münster, Urteil vom 6.5.2020 9 K 3359/18 E, AO, EFG 2020, 1603, Rz. 38). 65Diese Sichtweise findet im Schrifttum Zustimmung (Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 42 Rz. 80; Stöber in Gosch, AO/FGO, § 42 AO Rz. 118; Ratschow in Klein, AO, 15. Auflage, § 42 Rz. 162; a.A. Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 42 AO Rz. 599). 66Im Streitfall vermag der Senat unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechungsgrundsätze in der an die G-GmbH bewirkten disquotalen Gewinnausschüttung der N-GmbH keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten zu erkennen, da die N-GmbH mit Gesellschafterbeschluss vom 17.3.2014 eine Öffnungsklausel in § 16 ihres Gesellschaftsvertrags eingefügt und Abweichungen von § 29 Abs. 3 Satz 1 GmbHG explizit zugelassen hat. Die Änderung ist am 21.3.2014 im Handelsregister eingetragen worden. Ob eine andere rechtliche Beurteilung geboten wäre, wenn eine solche Klausel im Gesellschaftsvertrag der ausschüttenden Gesellschaft nicht enthalten gewesen wäre (verneinend FG Köln, Urteil vom 14.9.2016 9 K 1560/14, EFG 2016, 1875; FG Münster, Urteil vom 6.5.2020 9 K 3359/18 E, AO, EFG 2020, 1603; bejahend Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 17.12.2013, BStBl I 2014, 63), kann vorliegend dahinstehen. 67Dagegen kann der Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, im Streitfall habe nicht die G-GmbH als Gesellschafterin eine Einlage bewirkt, sondern der Ausschüttungsanspruch sei an einen Dritten (die Klägerin) abgetreten und mit einer Verbindlichkeit aufgerechnet worden, so dass das Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren nicht zur Anwendung gelangt sei. Die Argumentation, dass das sog. Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren mit dem vorliegenden Streitfall nicht in jeder Hinsicht vergleichbar ist, trifft zu, vermag der Argumentation des Beklagten aber nicht zum Erfolg zu verhelfen. Entscheidend für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Streitfalls ist die Frage, ob die inkongruente Gewinnausschüttung der N-GmbH an die G-GmbH zu einem Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 Abs. 1 Satz 1 AO führt. Aus der Argumentation des Beklagten ergibt sich jedoch nicht, dass eine außerhalb des Schütt-aus-hol-zurück-Verfahrens vorgenommene inkongruente Gewinnausschüttung einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 Abs. 1 Satz 1 AO darstelle. Vielmehr stellen inkongruente Gewinnausschüttungen nach der ständigen Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte grundsätzlich keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 Abs. 1 Satz 1 AO dar. Dies hat der BFH für den Fall des sog. Schütt-aus-hol-zurück-Verfahrens ebenso wie für den Fall des sog. Leg-ein-hol-zurück-Verfahrens und des sog. Rücklagenmanagements entschieden. Der genannte Grundsatz gilt aber einschränkungslos, also auch dann, wenn der Sachverhalt in Teilaspekten von dem sog. Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren oder von den anderen genannten Konstellationen abweicht. 68c) Die Frage, ob sich die Klägerin auf beachtliche außersteuerliche Gründe berufen kann, kann dahinstehen, da § 42 Abs. 1 Satz 1 AO nicht zur Anwendung gelangt. Auch dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen Frau Dr. N. H. und Frau D. C. kommt keine weitere Bedeutung zu. 69Allerdings ist der Senat der Auffassung, dass im Streitfall tatsächlich hinreichende außersteuerliche Gründe für die getroffene Gestaltung in Betracht kommen. Da die U-KG bereits zum 31.12.2012 in ihrem Jahresabschluss einen nicht durch Vermögenseinlage gedeckten Verlustanteil von Kommanditisten in Höhe von 11.499.311,53 € ausgewiesen hatte, war es naheliegend, dass die G-GmbH im Jahr 2013 eine Teilwertabschreibung auf ihre Forderungen gegen die U-KG vornehmen musste. Die in der Gewinn- und Verlustrechnung der G-GmbH ausgewiesenen außerordentlichen Aufwendungen in Höhe von 8.244.879,76 € sind daher nachvollziehbar. Hätte die G-GmbH in demselben Jahr nicht Erträge aus Beteiligungen i.H.v. 9.741.115,13 € erzielt, so hätte sie nicht einen Jahresüberschuss von 582.461,59 € ausweisen können, sondern einen Jahresfehlbetrag von 9.158.653,54 € ausweisen müssen. Diese erkennbare Notwendigkeit, Kapital zuzuführen, ist als außersteuerlicher Grund für die disquotale Ausschüttung anzuerkennen. Entgegen der Auffassung des Beklagten besteht keine Verpflichtung, die Kapitalzuführung auf eine bestimmte Weise durchzuführen, die höhere Steuern auslöst (quotale Ausschüttung mit anschließender Einlage). 703. Die im angefochtenen Bescheid festgestellten und den Gesellschafterinnen der Klägerin zugerechneten Einkünfte sind daher in Höhe von insgesamt 2.443.071,67 € (G-GmbH), 4.967.559,59 € (I-GmbH) und je 1.165.241 € (Dr. H. und C.) zu vermindern. Die darin enthaltenen Beträge von 226.967,98 € (G-GmbH), 324.379,13 € (I-GmbH) sowie je 162.676,62 € (Dr. H. und C.) sind nicht als Sonderbetriebseinnahmen zu erfassen. 71Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, wie die Prüfer der GKBP in Anlage 5 des Prüfungsberichts vom 7.11.2017 ausführten, dass die G-GmbH ihre Beteiligung an der N-GmbH im Sonderbetriebsvermögen der Klägerin gehalten hätte und die Einkünfte daher in der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung bei der Klägerin hätten festgestellt werden müssten. Denn die Beteiligten sind sich nunmehr einig, dass der von der G-GmbH gehaltene Anteil an der N-GmbH nicht dem Sonderbetriebsvermögen der Klägerin zuzuordnen war. 72a) Zum notwendigen Betriebsvermögen einer gewerblich tätigen Personengesellschaft gehören nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG zusätzlich zu den im Gesamthandseigentum der Mitunternehmer stehenden Wirtschaftsgütern auch solche Wirtschaftsgüter, die einem Mitunternehmer gehören, wenn sie geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen (Sonderbetriebsvermögen I) oder die Voraussetzungen des Sonderbetriebsvermögens II erfüllen (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteil vom 19.12.2019 IV R 53/16, BFHE 267, 299, BStBl II 2020, 534, Rz. 34). Notwendiges Sonderbetriebsvermögen II ist anzunehmen, wenn die dem Mitunternehmer gehörenden Wirtschaftsgüter zur Begründung oder Stärkung seiner Beteiligung an der Mitunternehmerschaft eingesetzt werden. Ein solches Wirtschaftsgut kann auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sein (BFH-Urteil vom 19.12.2019 IV R 53/16, BFHE 267, 299, BStBl II 2020, 534, Rz. 35). Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft kann die Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft sowohl dadurch stärken, dass sie für das Unternehmen der Personengesellschaft wirtschaftlich vorteilhaft ist, als auch dadurch, dass sie der Mitunternehmerstellung selbst dient, weil durch die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft der Einfluss des Gesellschafters in der Personengesellschaft steigt bzw. gestärkt wird (BFH-Urteile vom 16.4.2015 IV R 1/12, BFHE 249, 511, BStBl II 2015, 705, Rz 15, m.w.N.; vom 19.12.2019 IV R 53/16, BFHE 267, 299, BStBl II 2020, 534, Rz. 35). 73b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze vermag der Senat nicht, die Anteile an der N-GmbH dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen II bei der Klägerin zuzuordnen. Es sind keine Anhaltspunkte erkennbar, dass die G-GmbH durch ihre Beteiligung an der N-GmbH ihre Beteiligung an der Klägerin stärkte. Vielmehr war die G-GmbH die Obergesellschaft in einem eigenen operativ tätigen Teilkonzern, dem die Klägerin nicht angehörte. Dementsprechend nahmen die G-GmbH sowie deren Tochtergesellschaften auch nicht an der Konzernrechnungslegung der Klägerin teil. 74Es erscheint mithin folgerichtig, dass die Klägerin ihrer Feststellungserklärung lediglich Sonderbilanzen für die I-GmbH, für Frau Dr. H. und für Frau C. beifügte, nicht aber für die G-GmbH. Ebenso ist es nicht zu beanstanden, dass die Klägerin in der der Feststellungserklärung beigefügten Übersicht „einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 2013“ „Sonderbetriebseinnahmen GA N.“ sowie „nabz. Betriebsausgaben gemäß § 8b Abs. 5 KStG GA N.“ mit jeweils 0 € auswies. 75II. Der Gewerbesteuermessbescheid für 2013 vom 7.3.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.1.2019 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). 76Da die Gewinnausschüttung der N-GmbH wie beschrieben weder im Gesamthandsvermögen noch im Sonderbetriebsvermögen der Klägerin auszuweisen ist, ist die von der GKBP vorgenommene Erhöhung des Gewerbeertrags um 370.531,56 € rückgängig zu machen. 77III. Die Entscheidung, dass der Beklagte die festzustellenden und festzusetzenden Beträge zu errechnen habe, folgt aus § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO. 78Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung, dass die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht erstattungsfähig sind, folgt aus § 139 Abs. 4 FGO. 79Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. 80Die Revision war nicht zuzulassen, da in der Rechtsprechung geklärt ist, dass eine inkongruente Gewinnausschüttung keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt (BFH-Beschluss vom 27.5.2010 VIII B 146/08, BFH/NV 2010, 1865, Rz. 4). Der Streitfall ist auch nicht vergleichbar mit dem Urteil des FG Münster vom 6.5.2020 9 K 3359/18 E, AO (EFG 2020, 1603), in dem die Revision zugelassen wurde. Die Revisionszulassung in dieser Entscheidung beruhte maßgeblich darauf, dass die disquotale Gewinnausschüttung nicht durch den Gesellschaftsvertrag zugelassen war. Im vorliegenden Streitfall ist der Gesellschaftsvertrag der N-GmbH hingegen am 17.3.2014 entsprechend geändert und die Änderung am 21.3.2014 im Handelsregister eingetragen worden.
der bescheid für 2013 über die gesonderte und einheitliche feststellung von besteuerungsgrundlagen vom 7.3.2018 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 2.1.2019 wird in der weise geändert, dass die der g-gmbh zugerechneten einkünfte um 2.443.071,67 €, die der i-gmbh zugerechneten einkünfte um 4.967.559,59 € und die der frau dr. h. und der frau c. zugerechneten einkünfte um je 1.165.241 € vermindert werden. der gewerbesteuermessbescheid für 2013 vom 7.3.2018 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 2.1.2019 wird in der weise geändert, dass der gewinn aus gewerbebetrieb um 370.531,56 € vermindert wird. der beklagte hat die festzustellenden und festzusetzenden beträge zu errechnen und mitzuteilen. die kosten des verfahrens trägt der beklagte. die außergerichtlichen kosten der beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. das urteil ist wegen der kosten ohne sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. der beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages abwenden, soweit nicht die klägerin zuvor sicherheit in höhe des vollstreckbaren betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die beteiligten streiten über die zurechnung von einkünften aufgrund einer disquotalen ausschüttung im streitjahr 2013. 3die klägerin ist eine im handelsregister des amtsgerichts m-stadt unter hra xxx eingetragene kommanditgesellschaft. ihre komplementärin ist die im handelsregister des amtsgerichts m-stadt unter hrb xxx eingetragene g-gmbh, c-stadt (im folgenden: „g-gmbh“), die am festkapital der klägerin zu 25 % beteiligt war. kommanditistinnen waren in den streitjahren frau dr. n. h. und frau d. c. mit einer beteiligung von je 11,31 % (kommanditeinlagen: je 116.600 €) sowie die im handelsregister des amtsgerichts m-stadt unter hrb xxx eingetragene i-gmbh, e-stadt (im folgenden: „i-gmbh“) mit einer beteiligung von 52,38 % (kommanditeinlage: 540.000 €). frau dr. h. und frau c. sind schwestern. diese waren wiederum zu je 50 % mittelbar und unmittelbar an der g-gmbh und an der i-gmbh beteiligt. alleinige geschäftsführerin der g-gmbh und der i-gmbh war frau dr. h.. 4die klägerin hielt im streitzeitraum 91 % der anteile an der im handelsregister des amtsgerichts n-stadt unter hrb xxx eingetragenen n-gmbh (im folgenden: „n-gmbh“). die übrigen anteile an der n-gmbh wurden von der g-gmbh zu 2,33 %, der i-gmbh zu 3,33 % sowie von frau dr. h. und frau c. zu je 1,67 % gehalten. die von den drei letztgenannten gesellschafterinnen gehaltenen anteile an der n-gmbh stellten sonderbetriebsvermögen bei der klägerin dar. der von der g-gmbh gehaltene anteil an der n-gmbh war hingegen, was inzwischen unter den beteiligten unstreitig ist, nicht dem sonderbetriebsvermögen der klägerin zugeordnet. gegenstand des unternehmens der n-gmbh war. 5die g-gmbh hielt mittelbar sämtliche anteile an der im handelsregister des amtsgerichts m-stadt unter hra xxx eingetragenen u-gmbh & co. investitions kg, c-stadt (im folgenden: „u-kg“). alleinige unmittelbare kommanditistin der u-kg war die im handelsregister des amtsgerichts m-stadt unter hrb xxx eingetragene c-gmbh, c-stadt. diese gesellschaft war eine organgesellschaft der g-gmbh. 6die klägerin und ihre tochtergesellschaften waren in einen konzernabschluss einbezogen. die g-gmbh sowie deren tochtergesellschaften, auch die u-kg, nahmen an der konzernrechnungslegung der klägerin nicht teil. 7in einer gesellschafterversammlung der n-gmbh vom 27.12.2013 fasste diese u.a. die folgenden beschlüsse: 8 „aus dem bilanzgewinn der n-gmbh soll ein betrag in höhe von euro 9.741.115,13 an die g-gmbh ausgeschüttet werden. als tag der auszahlung wird der 24.12.2014 bestimmt. 9 dieser beschluss ist aufschiebend bedingt auf die eintragung der änderung des § 16 abs. 2 des gesellschaftsvertrags der n-gmbh dahingehend, dass in der satzung geregelt wird, dass die gesellschafter alljährlich auch über die verteilung des gewinns abweichend von der gesetzlichen regelung aus § 29 abs. 3 s. 1 gmbh-gesetz beschließen können, im handelsregister. 10 zum ausgleich des nachteils i.h.v. euro 9.513.822,45 aus dieser ausschüttung an die g-gmbh erhalten die restlichen gesellschafter bei liquidation der gesellschaft vorab einen betrag / eine quote – beschränkt auf den liquidationserlös – wie folgt: 1112g-gmbh & co. kg, 93,17 %, maximal euro 8.864.414,77; 13i-gmbh, 3,41 %, maximal euro 324.703,84; 14frau dr. n. h., 1,71 %, maximal euro 162.351,92; 15frau d. c., 1,71 %, maximal euro 162.351,92. 16 […] die g-gmbh wird ihren anspruch gegenüber der n-gmbh aus diesem gesellschafterbeschluss an die g-gmbh & co kommanditgesellschaft abtreten. 17 entsprechend der vorgehensweise der vergangenheit sollen zum ausschüttungsstichtag 24.12.2014 die verbindlichkeiten der n-gmbh aus den vorgenannten ausschüttungen mit bestehenden ausleihungen der n-gmbh gegenüber der g-gmbh & co kommanditgesellschaft aufgerechnet werden.“ 18wegen der einzelheiten wird auf den gesellschafterbeschluss vom 27.12.2013 verwiesen. 19mit gesellschafterbeschluss vom 17.3.2014 änderte die n-gmbh § 16 ihres gesellschaftsvertrags (jahresabschluss, ergebnisverwendung) in der weise, dass die gesellschafter alljährlich auch über die verteilung des gewinns abweichend von der gesetzlichen regelung des § 29 abs. 3 satz 1 des gesetzes betreffend die gesellschaften mit beschränkter haftung – gmbhg – beschließen konnten. die änderung wurde am 21.3.2014 im handelsregister eingetragen. 20die g-gmbh wies in ihrem auf den 31.12.2013 aufgestellten jahresabschluss erträge aus beteiligungen i.h.v. 9.741.115,13 € und außerordentliche aufwendungen in höhe von 8.244.879,76 € aus. die aufwendungen resultierten aus einer forderungsabschreibung gegenüber der u-kg. der jahresabschluss der g-kg führte zu einem jahresüberschuss von 582.461,59 €. 21die u-kg hatte bereits zum 31.12.2012 in ihrem jahresabschluss einen nicht durch vermögenseinlage gedeckten verlustanteil von kommanditisten in höhe von 11.499.311,53 € ausgewiesen. 22die klägerin gab für das streitjahr eine erklärung zur gesonderten und einheitlichen feststellung von besteuerungsgrundlagen ab und erklärte laufende einkünfte i.h.v. ./. 380.411,25 €. ausweislich einer der feststellungserklärung beigefügten kapitalkontenentwicklung zum 31.12.2013 waren bei der g-gmbh einlagen i.h.v. 9.741.115,13 € ausgewiesen. weiterhin waren der feststellungserklärung sonderbilanzen für die i-gmbh, frau dr. h. und frau c. beigefügt, nicht aber für die g-gmbh. in einer übersicht „einheitliche und gesonderte gewinnfeststellung 2013“ waren „sonderbetriebseinnahmen ga n.“ sowie „nabz. betriebsausgaben gemäß § 8b abs. 5 kstg ga n.“ mit jeweils 0 € verzeichnet. der beklagte veranlagte die klägerin mit feststellungsbescheid und gewerbesteuermessbescheid vom 20.11.2014 erklärungsgemäß. im feststellungsbescheid verteilte er die gewerblichen einkünfte (vor anwendung des § 15a des einkommensteuergesetzes – estg –) erklärungsgemäß auf die g-gmbh i.h.v. ./. 103.801,19 €, die i-gmbh i.h.v. ./. 202.943,11 €, frau dr. h. i.h.v. ./. 35.311,75 € und frau c. i.h.v. ./. 38.355,20 €. einen gewinn aus dem sonderbetriebsvermögen stellte er für keinen gesellschafter fest. die bescheide standen unter dem vorbehalt der nachprüfung gem. § 164 abs. 1 der abgabenordnung – ao –. 23das finanzamt für groß- und konzernbetriebsprüfung e-stadt (im folgenden: „gkbp“) führte bei der klägerin eine betriebsprüfung u.a. für das streitjahr durch. unter tz. 2.3.2 des prüfungsberichts vom 7.11.2017 führten die prüfer aus, die steuerlichen folgen der am 27.12.2013 beschlossenen inkongruenten gewinnausschüttung der n-gmbh an die g-gmbh seien nicht anzuerkennen, weil ein missbrauch rechtlicher gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 ao vorliege. sie verwiesen auf tz. 2.4.1 des berichts der ausschüttenden gesellschaft. in einem bericht über eine bei der n-gmbh durchgeführte betriebsprüfung vom 7.11.2017 erklärten die prüfer, die gewählte gestaltung sei als missbrauch rechtlicher gestaltungsmöglichkeiten i.s.d. 42 ao zu qualifizieren, weil sie unangemessen erscheine. die verbesserung der kreditwürdigkeit der nicht konsolidierten g-gmbh sei auch durch den regelfall einer kongruenten gewinnausschüttung und einlage in diese gesellschaft zu erreichen gewesen. die gewählte gestaltung erscheine überflüssig, sei ohne den steuervorteil nicht gewählt worden und sei daher rein steuerlich motiviert gewesen. sie führe im vergleich zu einer angemessenen gestaltung zu einem steuervorteil, der gesetzlich nicht vorgesehen sei. dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die beiden gesellschafterinnen dr. h. und c. schwestern seien. 24weiter führten die prüfer aus, als konsequenz entstehe der steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen vorgängen angemessenen rechtlichen gestaltung entstehe, d.h. bei einer kongruenten ausschüttung an die gesellschafterinnen. in anlage 5 des berichts für die prüfung der klägerin erklärten die prüfer, die gewinnausschüttung i.h.v. 9.741.115,13 € sei in der bilanz der g-gmbh zu eliminieren unter hinzurechnung von 487.055,76 € körperschaftsteuer (5 %-iges betriebsausgabenabzugsverbot). stattdessen sei die ausschüttung den gesellschafterinnen der n-gmbh entsprechend ihrer beteiligung zuzurechnen, nämlich der klägerin mit 8.864.414,77 € (91 %), der g-gmbh mit 226.967,98 € (2,33 %), der i-gmbh mit 324.379,13 € (3,33 %) sowie frau dr. h. und frau c. mit je 162.676,62 € (je 1,67 %). hierbei seien die letztgenannten vier beträge (zusammen 876.700,36 €) im sonderbetriebsvermögen der klägerin zu erfassen. soweit die ausschüttung der klägerin zuzurechnen sei (8.864.414,77 €), sei dieser betrag im gesamthandsvermögen der klägerin vereinnahmt und den gesellschafterinnen entsprechend ihrer beteiligung zuzuordnen, und zwar der g-gmbh mit 2.216.103,69 € (25 %), der i-gmbh mit 4.643.180,46 € (52,38 %) sowie frau dr. h. und frau c. mit je 1.002.565,31 € (je 11,31 %). 25für die gesellschafterinnen dr. h. und c. ergebe sich damit eine zurechnung von insgesamt je 1.165.241,93 €, die dem teileinkünfteverfahren anstatt der steuerbefreiung gem. § 8b abs. 1 des körperschaftsteuergesetzes – kstg – zu unterwerfen sei. bei den gesellschafterinnen in der rechtsform der gmbh verbleibe es bei der anwendung des § 8b abs. 1 kstg, vorbehaltlich des 5 %-igen betriebsausgabenabzugsverbots gemäß § 8b abs. 5 kstg. es ergäben sich zurechnungen von 2.443.071,67 € für die g-gmbh und von 4.967.559,59 € für die i-gmbh. 26in derselben weise berechneten die prüfer ausweislich der anlage 5 zum prüfungsbericht der klägerin den gewerbesteuerlichen gewinn, wobei sie gemäß § 9 nr. 2a des gewerbesteuergesetzes – gewstg – den im teileinkünfteverfahren zugerechneten gewinn der frau dr. h. und der frau dr. c. um je 699.145,16 € kürzten. gewerbesteuerlich verblieb lediglich das 5 %-ige betriebsausgabenabzugsverbot i.h.v. 122.153,58 € für die g-gmbh und i.h.v. 248.377,98 € für die i-gmbh (zusammen 370.531,56 €). wegen der einzelheiten wird auf die beiden prüfungsberichte vom 7.11.2017 verwiesen. 27der beklagte erließ am 7.3.2018 einen änderungsbescheid für 2013 über die gesonderte und einheitliche feststellung von besteuerungsgrundlagen und stellte die einkünfte aus gewerbebetrieb in höhe von 9.513.647,45 € fest. als gewinn aus sonderbetriebsvermögen berücksichtigte er 876.700,35 €. er verteilte die gewerblichen einkünfte auf die g-gmbh i.h.v. 2.377.517,60 € (darin sonderbetriebseinnahmen 226.967,98 €), die i-gmbh i.h.v. 4.844.803,52 € (darin sonderbetriebseinnahmen 324.379,13 €), frau dr. h. i.h.v. 1.147.184,89 € und frau c. i.h.v. 1.144.141,44 € (darin sonderbetriebseinnahmen je 162.676,62 €). 28zudem erließ er am 7.3.2018 einen gewerbesteuermessbescheid, mit dem er den gewerbesteuermessbetrag für 2013 auf 0 € festsetzte. dabei ging er von einem gewinn aus gewerbebetrieb i.h.v. 1.541.354 € aus. bei den kürzungen gemäß § 9 gewstg berücksichtigte er gewinne aus anteilen an nicht steuerbefreiten inländischen kapitalgesellschaften i.h.v. 1.398.290 €. 29die klägerin legte mit schreiben vom 9.4.2018 einsprüche ein. 30mit einspruchsentscheidungen vom 2.1.2019 wies der beklagte die einsprüche als unbegründet zurück. zur begründung erklärte er, eine verbesserung der kreditwürdigkeit der nicht im konsolidierten konzernabschlusses enthaltenen g-gmbh wäre auch durch den regelfall einer kongruenten gewinnausschüttung und einlage in diese gesellschaft zu erreichen gewesen. einen ausreichenden nachweis für wirtschaftlich vernünftige außersteuerliche gründe habe die klägerin nicht erbracht. die klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, bei drohender unterkapitalisierung oder zahlungsunfähigkeit der g-gmbh sei die kreditwürdigkeit der gesamten g-n-firmengruppe gefährdet gewesen. es sei zu berücksichtigen, dass die g-gmbh in dem konsolidierten konzernabschluss der klägerin nicht enthalten gewesen sei. der finanzstatus der g-gmbh und ihrer tochtergesellschaften sei aus sicht von banken daher ohne bedeutung. selbst wenn der finanzstatus bedeutung gehabt hätte, hätte die möglichkeit der quotalen gewinnausschüttung und anschließenden einlage bestanden. 31ihm – dem beklagten – könne auch nicht entgegengehalten werden, die wirkungen des § 42 ao würden dadurch überdehnt, dass die strittigen beträge den gesellschafterinnen der klägerin fiktiv zugerechnet würden. vielmehr erfasse § 42 ao auch vom sachverhalt betroffene dritte. die anwendung des § 42 ao führe auch nicht zu einer überkompensation, wenn die im gesellschafterbeschluss vom 27.12.2013 aufgrund der inkongruenten ausschüttung vereinbarten ausgleichsansprüche der übrigen gesellschafterinnen fällig würden. denn es sei nicht ersichtlich, dass solche ansprüche bislang entstanden seien oder im falle einer liquidation der n-gmbh finanziert werden könnten. darüber hinaus könne sich die klägerin auch nicht auf die zulässigkeit des sog. „schütt-aus-hol-zurück-verfahrens“ berufen, da im streitfall ein abweichender sachverhalt vorliege. die ausschüttungsempfängerin, die g-gmbh, habe ihren anspruch nämlich an die klägerin abgetreten. es sei nicht zu einer einlage in die n-gmbh gekommen. das kapital sei endgültig aus der n-gmbh abgeflossen. 32dagegen hat die klägerin am 30.1.2019 und 2.1.2019 klagen erhoben. die klagen, die unter den aktenzeichen 13 k 272/19 f und 13 k 284/19 g erfasst worden sind, sind mit beschluss vom 22.3.2021 verbunden und unter dem aktenzeichen 13 k 272/19 g,f fortgeführt worden. mit beschluss vom 21.4.2021 sind die g-gmbh, die i-gmbh, frau dr. h. und frau c. zu dem verfahren beigeladen worden. 33mit ihren klagen begehrt die klägerin, die gewinnausschüttung der n-gmbh in der weise zu erfassen, wie sie tatsächlich stattgefunden habe. hierzu seien die der g-gmbh zugerechneten einkünfte um 2.443.071,67 € zu vermindern, die der i-gmbh zugerechneten einkünfte um 4.967.559,59 € und die der frau dr. h. und der frau c. zugerechneten einkünfte um je 1.165.241 €. gewerbesteuerlich seien die gewerblichen einkünfte um 122.153,58 € und 248.377,98 €, zusammen 370.531,56 € zu vermindern. 34die klägerin trägt vor, für die gesellschafterbeschlüsse vom 27.12.2013 habe ein wirtschaftlich anzuerkennender grund bestanden. denn ohne die maßnahme der disquotalen ausschüttung im jahr 2013 hätte sich bei der g-gmbh im jahr 2013 ein verlust von 9.178.751,59 € ergeben, nach abzug eines gewinnvortrags noch ein bilanzverlust von 6.617.150,47 € bei einem eigenkapital von 486.907,45 €. dieser verlust sei maßgeblich auf die vermögenslage der u-kg zurückzuführen gewesen. gegenüber dieser kg habe die g-gmbh eine forderung von 8.244.879,76 € abschreiben müssen. 35durch die gewinnausschüttung seien ein verlustausweis bei der g-gmbh sowie eine entsprechende insolvenzgefährdung vermieden worden. danach seien die mittel an die n-gmbh zurückgeführt worden. dies entspreche dem sog. „schütt-aus-hol-zurück-verfahren“, welches von der rechtsprechung anerkannt werde. es seien auch andere methoden für eine rettung der g-gmbh in betracht gekommen, etwa eine verschmelzung; man habe sich aber für die vorliegende methode entschieden, welche erfolgreich die insolvenz abgewendet habe. 36der beklagte könne sich nicht darauf berufen, die streitige gewinnausschüttung hätte quotal erfolgen müssen, um anschließend eine einlage in die g-gmbh tätigen zu können. hierdurch wäre lediglich die kapitalrücklage der g-gmbh erhöht worden. der erhebliche verlust der g-gmbh infolge der forderungsabschreibung hätte aber weiterhin ausgewiesen und vorgetragen werden müssen. zudem hätten verbindlichkeiten der g-gmbh nicht gezahlt werden können. ein solches vorgehen widerspreche jeder ordnungsgemäßen geschäftsführung. 37die klägerin beantragt sinngemäß, 38den bescheid für 2013 über die gesonderte und einheitliche feststellung von besteuerungsgrundlagen und den gewerbesteuermessbescheid für 2013, beide vom 7.3.2018 und in gestalt der einspruchsentscheidungen vom 2.1.2019, in der weise zu ändern, dass die der g-gmbh zugerechneten einkünfte um 2.443.071,67 €, die der i-gmbh zugerechneten einkünfte um 4.967.559,59 € und die der frau dr. h. und der frau c. zugerechneten einkünfte um je 1.165.241 € vermindert werden, und dass der gewerbesteuerliche gewinn aus gewerbebetrieb um 370.531,56 € vermindert wird. 39der beklagte beantragt, 40die klage abzuweisen, 41hilfsweise, 42die revision zuzulassen. 43er verweist auf seine einspruchsentscheidungen. 44ergänzend trägt er vor, in der gesellschafterversammlung der n-gmbh vom 27.12.2013 sei beschlossen worden, eine gewinnausschüttung i.h.v. 9.741.115,13 € vorzunehmen. diese habe zu 100 % an die g-gmbh ausgezahlt werden sollen. im anschluss sei der gewinnausschüttungsanspruch an die klägerin abgetreten worden. der abgetretene anspruch sei dort mit einer darlehensverpflichtung aufgerechnet worden. hierbei handele es sich um einen missbrauch rechtlicher gestaltungsmöglichkeiten im sinne des § 42 ao, da hierdurch steuern in höhe von ca. 700.000 € gespart worden seien. eine inkongruente gewinnausschüttung sei nur dann nicht als gestaltungsmissbrauch anzusehen, wenn für die vom gesetzlichen verteilungsschlüssel abweichende gewinnverteilung vernünftige außersteuerliche gründe nachgewiesen würden. dies sei im streitfall nicht geschehen. 45der senat hat am 21.4.2021 eine mündliche verhandlung durchgeführt. beide beteiligte haben in dieser sitzung auf eine weitere mündliche verhandlung verzichtet. die sache ist vertagt worden. wegen der einzelheiten wird auf das sitzungsprotokoll verwiesen. 46
47der senat entscheidet mit einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung (§ 90 abs. 2 der finanzgerichtsordnung – fgo –). 48die klage ist zulässig, und zwar auch in bezug auf den gewerbesteuermessbescheid für 2013. zwar hat der beklagte mit diesem bescheid den gewerbesteuermessbetrag auf 0 € festgesetzt. die höhe des dabei zugrunde gelegten gewinns aus gewerbebetrieb (1.541.354 €) hat aber bedeutung für die feststellung des vortragsfähigen gewerbeverlustes gem. § 35b abs. 2 satz 2 gewstg, so dass die klägerin insofern beschwert ist (vgl. urteil des bundesfinanzhofs – bfh – vom 6.12.2016 i r 79/15, amtliche sammlung der entscheidungen des bfh – bfhe – 256, 199, bundessteuerblatt – bstbl – ii 2019, 173, rz. 9). 49die klage ist begründet. 50i. der bescheid für 2013 über die gesonderte und einheitliche feststellung von besteuerungsgrundlagen in gestalt der einspruchsentscheidung vom 2.1.2019 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten (§ 100 abs. 1 satz 1 fgo). 51der beklagte hat zu unrecht aufgrund des gesellschafterbeschlusses der n-gmbh vom 27.12.2013 die gewinnausschüttung in höhe von 9.741.115,13 € in der gesonderten und einheitlichen feststellung von besteuerungsgrundlagen der klägerin für 2013 erfasst. 521. die ausschüttung i.h.v. 9.741.115,13 € ist entsprechend den regelungen des genannten gesellschafterbeschlusses allein der g-gmbh zuzurechnen. 53nach dem gesellschafterbeschluss der n-gmbh vom 27.12.2013 sollte ein betrag in höhe von 9.741.115,13 € an die g-gmbh ausgeschüttet werden. die ausschüttung sollte in der weise erfolgen, dass die g-gmbh ihren anspruch gegenüber der n-gmbh an die klägerin abtrat und die n-gmbh ihre verbindlichkeit mit bestehenden ansprüchen der klägerin aufrechnete. aufgrund dieser regelung im gesellschafterbeschluss vom 27.12.2013 floss die ausschüttung allein der g-gmbh als disquotale ausschüttung zu. die abtretung und aufrechnung stellen lediglich eine zahlungsmodalität dar, welche die ausschüttung dem grunde nach unberührt lassen. die übrigen gesellschafter der n-gmbh haben hingegen keine ausschüttung erhalten. 54der senat geht mit den beteiligten davon aus, dass die ausschüttung nicht erst im jahr 2014, sondern bereits im streitjahr 2013 angefallen ist, weil der ausschüttungsanspruch wirtschaftlich in der vergangenheit verursacht und am 31.12.2013 aufgrund des am 27.12.2013 einstimmig gefassten gesellschafterbeschlusses hinreichend sicher war (vgl. bfh-urteile vom 18.12.2002 i r 11/02, bstbl ii 2003, 400; vom 2.10.2018 iv r 24/15, sammlung amtlich nicht veröffentlichter entscheidungen des bfh – bfh/nv – 2019, 516). dem steht auch nicht entgegen, dass der ausschüttungsanspruch der g-gmbh in höhe von 9.741.115,13 € nach dem gesellschafterbeschluss vom 27.12.2013 aufschiebend bedingt war „auf die eintragung der änderung des § 16 abs. 2 des gesellschaftsvertrags der n-gmbh dahingehend, dass in der satzung geregelt wird, dass die gesellschafter alljährlich auch über die verteilung des gewinns abweichend von der gesetzlichen regelung aus § 29 abs. 3 s. 1 gmbh-gesetz beschließen können, im handelsregister“. denn die ausweislich des gesellschafterbeschlusses vom 27.12.2013 beabsichtigte änderung des § 16 abs. 2 des gesellschaftsvertrags wurde tatsächlich durch gesellschafterbeschluss vom 17.3.2014 vollzogen und am 21.3.2014 im handelsregister eingetragen. hierdurch sind die im gesellschafterbeschluss vom 27.12.2013 genannten voraussetzungen erfüllt worden. 552. entgegen der auffassung des beklagten ist § 42 ao im streitfall nicht anzuwenden. 56a) gem. § 42 abs. 1 satz 1 ao kann durch missbrauch von gestaltungsmöglichkeiten des rechts das steuergesetz nicht umgangen werden. ein missbrauch liegt gem. § 42 abs. 2 satz 1 ao vor, wenn eine unangemessene rechtliche gestaltung gewählt wird, die beim steuerpflichtigen oder einem dritten im vergleich zu einer angemessenen gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen steuervorteil führt. dies gilt gem. § 42 abs. 2 satz 2 ao nicht, wenn der steuerpflichtige für die gewählte gestaltung außersteuerliche gründe nachweist, die nach dem gesamtbild der verhältnisse beachtlich sind. 57unangemessen ist nach ständiger rechtsprechung im allgemeinen eine rechtliche gestaltung, die verständige parteien in anbetracht des wirtschaftlichen sachverhalts, insbesondere des erstrebten wirtschaftlichen ziels, als unpassend nicht wählen würden (bfh-urteile vom 19.8.1999 i r 77/96, bfhe 189, 342, bstbl ii 2001, 43; vom 16.1.1992 v r 1/91, bfhe 167, 215, bstbl ii 1992, 541; vom 17.1.1991 iv r 132/85, bfhe 163, 449, bstbl ii 1991, 607). da es im bestreben der rechtsordnung liegt, für alle wirtschaftlichen vorgänge möglichst einfache rechtsgestaltungen zur verfügung zu stellen, ist in der regel der einfachste rechtliche weg der angemessene. unangemessene rechtsgestaltungen sind hingegen umständlich, kompliziert, schwerfällig, gekünstelt u.ä. (bfh-urteil vom 19.8.1999 i r 77/96, bfhe 189, 342, bstbl ii 2001, 43). ein gestaltungsmissbrauch liegt jedoch stets nur dann vor, wenn die gewählte gestaltung nach den wertungen des gesetzgebers, die den jeweils maßgeblichen steuerrechtlichen vorschriften zugrunde liegen, der steuerumgehung dienen soll, ansonsten aber nicht (bfh-urteile vom 19.8.1999 i r 77/96, bfhe 189, 342, bstbl ii 2001, 43; vom 19.5.1993 i r 124/91, bfhe 172, 37, bstbl ii 1993, 889; vom 23.10.1996 i r 55/95, bfhe 181, 490, bstbl ii 1998, 90). 58b) unter berücksichtigung dieser grundsätze, denen sich der senat anschließt, liegt im streitfall keine unangemessene gestaltung vor. 59aa) dies ergibt sich bereits daraus, dass der beklagte der klägerin, der i-gmbh sowie frau dr. h. und frau c. im rahmen der einheitlichen und gesonderten feststellung einkünfte zugerechnet hat, obwohl sie keine zahlungen oder ansprüche erhalten haben. die wirkungen von § 42 satz 1 ao werden nach der rechtsprechung des bfh indes überdehnt, wenn die fraglichen beträge bei einem anderen anteilseigner fiktiv als zugeflossen behandelt werden (bfh-urteil vom 19.8.1999 i r 77/96, bfhe 189, 342, bstbl ii 2001, 43, rz. 36). 60dies widerspricht im streitfall auch den erkennbaren absichten der ausschüttenden gesellschaft, wie sie sich im gesellschafterbeschluss vom 27.12.2013 niederschlagen. dieser enthielt dezidierte regelungen zum ausgleich der inkongruenten ausschüttung gegenüber den „restlichen gesellschaftern“, welche keine ausschüttung erhalten haben. die rechtsfolge eines gestaltungsmissbrauchs, der eine fiktive kongruente ausschüttung herstellen würde, würde zu einer überkompensation der inkongruenten gewinnausschüttung führen, wenn im nachgang einer fiktiv kongruenten ausschüttung noch ausgleichsansprüche der „restlichen gesellschafter“ bestünden. diese situation, die eine notwendige folge der vom beklagten vertretenen rechtsauffassung ist, könnte nur dadurch abgewendet werden, dass die im gesellschafterbeschluss vom 27.12.2013 niedergelegten ausgleichsansprüche als nichtig oder nachträglich unwirksam angesehen würden. dazu hat der beklagte in der einspruchsentscheidung erklärt, es sei nicht ersichtlich, dass solche ausgleichsansprüche bislang entstanden oder im falle einer liquidation der n-gmbh finanziert werden könnten. mit dieser argumentation hat der beklagte jedoch nicht widerlegt, dass solche ansprüche in zukunft noch entstehen und dann auch finanziert werden können. allein die möglichkeit, dass solche ansprüche in der zukunft entstehen, führt jedoch bereits zu einer möglichen überkompensation. es ist auch nicht ersichtlich, dass bzw. wie eine solche überkompensation auf der grundlage der zwischen den gesellschaftern bestehenden vertraglichen regelungen beseitigt werden könnte. 61mit der vom beklagten vertretenen rechtsauffassung würde demnach nicht das ergebnis einer angemessenen gestaltung i.s.d. § 42 abs. 2 satz 1 ao hergestellt, sondern ein „überschießendes“ ergebnis. vor diesem hintergrund hat die rechtsprechung bereits erklärt, § 42 ao lasse lediglich zu, den missbräuchlichen vorgang zu neutralisieren, nicht aber, ersatzsachverhalte zu fingieren (bfh-urteil vom 19.8.1999 i r 77/96, bfhe 189, 342, bstbl ii 2001, 43, unter rz. 36). der senat schließt sich dieser auffassung an. 62bb) darüber hinaus liegt im streitfall ein missbrauch von gestaltungsmöglichkeiten i.s.d. § 42 abs. 1 satz 1 ao auch deshalb nicht vor, weil kein rechtssatz existiert, wonach inkongruente gewinnausschüttungen grundsätzlich einen missbrauch von gestaltungsmöglichkeiten darstellen. 63der bfh hat dies explizit für den fall des sog. schütt-aus-hol-zurück-verfahren entschieden, welches nach der ständigen rechtsprechung grundsätzlich keinen missbrauch von gestaltungsmöglichkeiten des rechts darstellt, und zwar auch nicht im fall einer inkongruenten gewinnausschüttung (bfh-urteil vom 19.8.1999 i r 77/96, bfhe 189, 342, bstbl ii 2001, 43, rz. 28; bfh-beschluss vom 27.5.2010 viii b 146/08, bfh/nv 2010, 1865). der bfh begründet dies damit, dass inkongruente gewinnausschüttungen gesellschaftsrechtlich zulässig seien, da die anteilseigner einer kapitalgesellschaft sich auf eine von den beteiligungsverhältnissen abweichende gewinnbeteiligung verständigen könnten (vgl. § 29 abs. 3 gmbhg). grundsätzlich bestünden keine bedenken, dem auch in steuerrechtlicher hinsicht zu folgen. denn nahezu jede gewinnausschüttung, die verdeckt erfolge (§ 8 abs. 3 satz 2 kstg), stelle zugleich eine inkongruente dar. es gebe keinen grund, offene inkongruente gewinnausschüttungen, die mit dem gesellschaftsrecht im einklang stünden, steuerlich hiervon abweichend zu behandeln (bfh-urteile vom 19.8.1999 i r 77/96, bfhe 189, 342, bstbl ii 2001, 43, rz. 28). die rechtslage ist insofern geklärt (bfh-beschluss vom 27.5.2010 viii b 146/08, bfh/nv 2010, 1865, rz. 4). der bfh hat dieselben grundsätze zudem etwa in den konstellationen des sog. leg-ein-hol-zurück-verfahrens (bfh-urteil vom 8.8.2001 i r 25/00, bfhe 196, 485, bstbl ii 2003, 923, rz. 16) und des sog. rücklagenmanagements zur „mobilisierung“ von körperschaftsteuerguthaben zugrunde gelegt (bfh-urteil vom 28.6.2006 i r 97/05, bfhe 214, 276, rz. 25). der senat folgt dieser rechtsprechung. 64auch in der rechtsprechung der finanzgerichte bestehen keine bedenken, eine zivilrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommene inkongruente gewinnausschüttung gleichfalls steuerlich als zulässig anzuerkennen, selbst im fall einer anschließenden inkongruenten wiedereinlage (hessisches fg, urteil vom 25.2.2008 9 k 577/03, nzg 2009, 320, bestätigt durch bfh-beschluss vom 27.5.2010 viii b 146/08, bfh/nv 2010, 1865; fg baden-württemberg, urteil vom 7.5.2008 13 k 146/04, efg 2008, 1206, rz. 26, rkr.; fg köln, urteil vom 14.9.2016 9 k 1560/14, efg 2016, 1875, rkr. nach bfh-beschluss vom 25.3.2021 viii r 28/16 wegen rücknahme der revision; fg münster, urteil vom 6.5.2020 9 k 3359/18 e, ao, efg 2020, 1603, rz. 50, nicht rkr., az. des bfh: viii r 20/20). das gilt jedenfalls dann uneingeschränkt, wenn im gesellschaftsvertrag gem. § 29 abs. 3 satz 2 gmbhg ein anderer maßstab der verteilung als das verhältnis der geschäftsanteile im gesellschaftsvertrag festgesetzt ist oder eine öffnungsklausel besteht (fg köln, urteil vom 14.9.2016 9 k 1560/14, efg 2016, 1875, rz. 27 ff; fg münster, urteil vom 6.5.2020 9 k 3359/18 e, ao, efg 2020, 1603, rz. 38). 65diese sichtweise findet im schrifttum zustimmung (drüen in tipke/kruse, ao/fgo, § 42 rz. 80; stöber in gosch, ao/fgo, § 42 ao rz. 118; ratschow in klein, ao, 15. auflage, § 42 rz. 162; a.a. fischer in hübschmann/hepp/spitaler, ao/fgo, § 42 ao rz. 599). 66im streitfall vermag der senat unter berücksichtigung dieser rechtsprechungsgrundsätze in der an die g-gmbh bewirkten disquotalen gewinnausschüttung der n-gmbh keinen missbrauch von gestaltungsmöglichkeiten zu erkennen, da die n-gmbh mit gesellschafterbeschluss vom 17.3.2014 eine öffnungsklausel in § 16 ihres gesellschaftsvertrags eingefügt und abweichungen von § 29 abs. 3 satz 1 gmbhg explizit zugelassen hat. die änderung ist am 21.3.2014 im handelsregister eingetragen worden. ob eine andere rechtliche beurteilung geboten wäre, wenn eine solche klausel im gesellschaftsvertrag der ausschüttenden gesellschaft nicht enthalten gewesen wäre (verneinend fg köln, urteil vom 14.9.2016 9 k 1560/14, efg 2016, 1875; fg münster, urteil vom 6.5.2020 9 k 3359/18 e, ao, efg 2020, 1603; bejahend schreiben des bundesministeriums der finanzen – bmf – vom 17.12.2013, bstbl i 2014, 63), kann vorliegend dahinstehen. 67dagegen kann der beklagte nicht mit erfolg einwenden, im streitfall habe nicht die g-gmbh als gesellschafterin eine einlage bewirkt, sondern der ausschüttungsanspruch sei an einen dritten (die klägerin) abgetreten und mit einer verbindlichkeit aufgerechnet worden, so dass das schütt-aus-hol-zurück-verfahren nicht zur anwendung gelangt sei. die argumentation, dass das sog. schütt-aus-hol-zurück-verfahren mit dem vorliegenden streitfall nicht in jeder hinsicht vergleichbar ist, trifft zu, vermag der argumentation des beklagten aber nicht zum erfolg zu verhelfen. entscheidend für die rechtliche beurteilung des vorliegenden streitfalls ist die frage, ob die inkongruente gewinnausschüttung der n-gmbh an die g-gmbh zu einem missbrauch von gestaltungsmöglichkeiten i.s.d. § 42 abs. 1 satz 1 ao führt. aus der argumentation des beklagten ergibt sich jedoch nicht, dass eine außerhalb des schütt-aus-hol-zurück-verfahrens vorgenommene inkongruente gewinnausschüttung einen missbrauch von gestaltungsmöglichkeiten i.s.d. § 42 abs. 1 satz 1 ao darstelle. vielmehr stellen inkongruente gewinnausschüttungen nach der ständigen rechtsprechung des bfh und der finanzgerichte grundsätzlich keinen missbrauch von gestaltungsmöglichkeiten i.s.d. § 42 abs. 1 satz 1 ao dar. dies hat der bfh für den fall des sog. schütt-aus-hol-zurück-verfahrens ebenso wie für den fall des sog. leg-ein-hol-zurück-verfahrens und des sog. rücklagenmanagements entschieden. der genannte grundsatz gilt aber einschränkungslos, also auch dann, wenn der sachverhalt in teilaspekten von dem sog. schütt-aus-hol-zurück-verfahren oder von den anderen genannten konstellationen abweicht. 68c) die frage, ob sich die klägerin auf beachtliche außersteuerliche gründe berufen kann, kann dahinstehen, da § 42 abs. 1 satz 1 ao nicht zur anwendung gelangt. auch dem verwandtschaftsverhältnis zwischen frau dr. n. h. und frau d. c. kommt keine weitere bedeutung zu. 69allerdings ist der senat der auffassung, dass im streitfall tatsächlich hinreichende außersteuerliche gründe für die getroffene gestaltung in betracht kommen. da die u-kg bereits zum 31.12.2012 in ihrem jahresabschluss einen nicht durch vermögenseinlage gedeckten verlustanteil von kommanditisten in höhe von 11.499.311,53 € ausgewiesen hatte, war es naheliegend, dass die g-gmbh im jahr 2013 eine teilwertabschreibung auf ihre forderungen gegen die u-kg vornehmen musste. die in der gewinn- und verlustrechnung der g-gmbh ausgewiesenen außerordentlichen aufwendungen in höhe von 8.244.879,76 € sind daher nachvollziehbar. hätte die g-gmbh in demselben jahr nicht erträge aus beteiligungen i.h.v. 9.741.115,13 € erzielt, so hätte sie nicht einen jahresüberschuss von 582.461,59 € ausweisen können, sondern einen jahresfehlbetrag von 9.158.653,54 € ausweisen müssen. diese erkennbare notwendigkeit, kapital zuzuführen, ist als außersteuerlicher grund für die disquotale ausschüttung anzuerkennen. entgegen der auffassung des beklagten besteht keine verpflichtung, die kapitalzuführung auf eine bestimmte weise durchzuführen, die höhere steuern auslöst (quotale ausschüttung mit anschließender einlage). 703. die im angefochtenen bescheid festgestellten und den gesellschafterinnen der klägerin zugerechneten einkünfte sind daher in höhe von insgesamt 2.443.071,67 € (g-gmbh), 4.967.559,59 € (i-gmbh) und je 1.165.241 € (dr. h. und c.) zu vermindern. die darin enthaltenen beträge von 226.967,98 € (g-gmbh), 324.379,13 € (i-gmbh) sowie je 162.676,62 € (dr. h. und c.) sind nicht als sonderbetriebseinnahmen zu erfassen. 71etwas anderes ergibt sich nicht daraus, wie die prüfer der gkbp in anlage 5 des prüfungsberichts vom 7.11.2017 ausführten, dass die g-gmbh ihre beteiligung an der n-gmbh im sonderbetriebsvermögen der klägerin gehalten hätte und die einkünfte daher in der gesonderten und einheitlichen gewinnfeststellung bei der klägerin hätten festgestellt werden müssten. denn die beteiligten sind sich nunmehr einig, dass der von der g-gmbh gehaltene anteil an der n-gmbh nicht dem sonderbetriebsvermögen der klägerin zuzuordnen war. 72a) zum notwendigen betriebsvermögen einer gewerblich tätigen personengesellschaft gehören nach § 15 abs. 1 satz 1 nr. 2 i.v.m. § 4 abs. 1 estg zusätzlich zu den im gesamthandseigentum der mitunternehmer stehenden wirtschaftsgütern auch solche wirtschaftsgüter, die einem mitunternehmer gehören, wenn sie geeignet und bestimmt sind, dem betrieb der personengesellschaft zu dienen (sonderbetriebsvermögen i) oder die voraussetzungen des sonderbetriebsvermögens ii erfüllen (ständige rechtsprechung, bfh-urteil vom 19.12.2019 iv r 53/16, bfhe 267, 299, bstbl ii 2020, 534, rz. 34). notwendiges sonderbetriebsvermögen ii ist anzunehmen, wenn die dem mitunternehmer gehörenden wirtschaftsgüter zur begründung oder stärkung seiner beteiligung an der mitunternehmerschaft eingesetzt werden. ein solches wirtschaftsgut kann auch die beteiligung an einer kapitalgesellschaft sein (bfh-urteil vom 19.12.2019 iv r 53/16, bfhe 267, 299, bstbl ii 2020, 534, rz. 35). die beteiligung an einer kapitalgesellschaft kann die beteiligung des gesellschafters an der personengesellschaft sowohl dadurch stärken, dass sie für das unternehmen der personengesellschaft wirtschaftlich vorteilhaft ist, als auch dadurch, dass sie der mitunternehmerstellung selbst dient, weil durch die beteiligung an der kapitalgesellschaft der einfluss des gesellschafters in der personengesellschaft steigt bzw. gestärkt wird (bfh-urteile vom 16.4.2015 iv r 1/12, bfhe 249, 511, bstbl ii 2015, 705, rz 15, m.w.n.; vom 19.12.2019 iv r 53/16, bfhe 267, 299, bstbl ii 2020, 534, rz. 35). 73b) unter berücksichtigung dieser grundsätze vermag der senat nicht, die anteile an der n-gmbh dem notwendigen sonderbetriebsvermögen ii bei der klägerin zuzuordnen. es sind keine anhaltspunkte erkennbar, dass die g-gmbh durch ihre beteiligung an der n-gmbh ihre beteiligung an der klägerin stärkte. vielmehr war die g-gmbh die obergesellschaft in einem eigenen operativ tätigen teilkonzern, dem die klägerin nicht angehörte. dementsprechend nahmen die g-gmbh sowie deren tochtergesellschaften auch nicht an der konzernrechnungslegung der klägerin teil. 74es erscheint mithin folgerichtig, dass die klägerin ihrer feststellungserklärung lediglich sonderbilanzen für die i-gmbh, für frau dr. h. und für frau c. beifügte, nicht aber für die g-gmbh. ebenso ist es nicht zu beanstanden, dass die klägerin in der der feststellungserklärung beigefügten übersicht „einheitliche und gesonderte gewinnfeststellung 2013“ „sonderbetriebseinnahmen ga n.“ sowie „nabz. betriebsausgaben gemäß § 8b abs. 5 kstg ga n.“ mit jeweils 0 € auswies. 75ii. der gewerbesteuermessbescheid für 2013 vom 7.3.2018 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 2.1.2019 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten (§ 100 abs. 1 satz 1 fgo). 76da die gewinnausschüttung der n-gmbh wie beschrieben weder im gesamthandsvermögen noch im sonderbetriebsvermögen der klägerin auszuweisen ist, ist die von der gkbp vorgenommene erhöhung des gewerbeertrags um 370.531,56 € rückgängig zu machen. 77iii. die entscheidung, dass der beklagte die festzustellenden und festzusetzenden beträge zu errechnen habe, folgt aus § 100 abs. 2 satz 2 fgo. 78die kostenentscheidung beruht auf § 135 abs. 1 fgo. die entscheidung, dass die außergerichtlichen kosten der beigeladenen nicht erstattungsfähig sind, folgt aus § 139 abs. 4 fgo. 79die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 abs. 3, 155 fgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 der zivilprozessordnung. 80die revision war nicht zuzulassen, da in der rechtsprechung geklärt ist, dass eine inkongruente gewinnausschüttung keinen gestaltungsmissbrauch darstellt (bfh-beschluss vom 27.5.2010 viii b 146/08, bfh/nv 2010, 1865, rz. 4). der streitfall ist auch nicht vergleichbar mit dem urteil des fg münster vom 6.5.2020 9 k 3359/18 e, ao (efg 2020, 1603), in dem die revision zugelassen wurde. die revisionszulassung in dieser entscheidung beruhte maßgeblich darauf, dass die disquotale gewinnausschüttung nicht durch den gesellschaftsvertrag zugelassen war. im vorliegenden streitfall ist der gesellschaftsvertrag der n-gmbh hingegen am 17.3.2014 entsprechend geändert und die änderung am 21.3.2014 im handelsregister eingetragen worden.
Klaeger*in
1
323,002
15 K 4606/18
2019-09-04T00:00:00
Urteil
Tenor Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 12. Juli 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2018 verpflichtet, der Klägerin für die Zeit ab dem 1. Januar 2019 für weitere eineinhalb Monate Förderungsleistungen nach dem BAföG in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der Beklagte. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Berufung wird zugelassen. 1Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 12. Juli 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2018 verpflichtet, der Klägerin für die Zeit ab dem 1. Januar 2019 für weitere eineinhalb Monate Förderungsleistungen nach dem BAföG in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. 2Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der Beklagte. 3Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 4Die Berufung wird zugelassen. 5Tatbestand: 6Die Beteiligten streiten um eine angemessene Verlängerung von Ausbildungsförderung wegen Gremientätigkeit der Klägerin über die Förderungshöchstdauer hinaus. 7Die am 20. Juni 1990 geborene Klägerin studiert seit dem Wintersemester 2015/2016 an der Universität E. -F. medizinische Biologie (B.A.). Die Regelstudienzeit beträgt sechs Semester. Vom 7. Juli 2016 (Sommersemester 2016) in ihrem zweiten Fachsemester bis Ende Juni 2018 (Sommersemester 2018) in ihrem sechsten Fachsemester war sie als gewähltes Mitglied in einem Gremium der Fachschaft (Fachschaftsrat „10b Biologie“ ab 29. Juni 2017 Fachschaftsrat „Biologie“) mit einem wöchentlichen Tätigkeitsumfang von zwölf bis 15 Stunden tätig. Hierzu legte sie Bescheinigungen des ASTA der Universität E. -F. , Autonomes Fachschaftsreferat, vom 27. Juli 2016 und vom 14. August 2017 (vgl. Beiakte Heft 1, Bl. 130/154) vor. 8Am 14. Juni 2017 legte sie eine Bescheinigung nach § 48 BAföG des Bereichs Prüfungswesen der Universität E. -F. „Übersicht über alle Leistungen“ vom 12. Juni 2017 vor. Danach hatte sie zu diesem Zeitpunkt von 60 erforderlichen Creditpoints 81 Creditpoints erreicht. 9Am 5. Juli 2018 beantragte die Klägerin für das Wintersemester 2018/2019 Ausbildungsförderung gemäß § 15 Abs. 3 BAföG über die Förderungshöchstdauer hinaus. Sie habe infolge ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als gewähltes Mitglied des Fachschaftsrates Biologie und den damit verbundenen Tätigkeiten ihr Studium nicht in der Regelstudienzeit abschließen können. Hierzu verwies sie auf die vorgelegten Bescheinigungen des ASTA der Universität E. -F. , Autonomes Fachschaftsreferat, vom 27. Juli 2016 und vom 14. August 2017. Zudem habe sie im Sommersemester 2017 aufgrund der hohen Anforderungen des Studiengangs sowie ihrer ehrenamtlichen Gremientätigkeit die Klausur „Praktikum Physiologie“ nicht bestanden. Aufgrund des zeitlichen Ablaufs des Wintersemesters 2017/2018 sei ihr eine Nachholung dieser Klausur nicht möglich gewesen. Sie werde die Klausur am 12. Juli 2018 nachholen. Des Weiteren fehle ihr noch ein Crediterwerb aus einem E3-Kurs, den sie bereits im 2018 positiv abgeschlossen habe. Die Zulassung zum Bachelorsemester werde sie voraussichtlich im Juli 2018 erwerben. Voraussichtlich werde sie ab dem Wintersemester 2018/2019 ihre Bachelorarbeit beginnen und im März 2019 abschließen. Hierzu legte sie ein Transskript of Records des Bereichs Prüfungswesen der Universität E. -F. vom 3. Juli 2018 vor (vgl. Beiakte Heft 1, Bl. 172). 10Mit Bescheid vom 12. Juli 2018 bewilligte der Beklagte eine Weiterförderung dem Grunde nach um drei Monate bis zum 31. Dezember 2018. Er führte aus, die im letzten Semester (Sommersemester 2018) geleistete Gremientätigkeit könne nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Münster nicht berücksichtigt werden, weil Zeiten, in denen ein Auszubildender nicht in Richtung auf sein Ausbildungsziel hin, sondern anderweitig tätig sei, auch wenn diese Tätigkeit allgemein gesehen der Ausbildung aller Auszubildenden nützlich sein möge, nicht gemäß dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderfähig sei. Die Klägerin könne für die Zeit ab Januar 2019 gegebenenfalls einen Antrag auf Gewährung der Hilfe zum Studienabschluss in Form eines verzinslichen Bankdarlehens stellen. 11Am 9. August 2018 legte die Klägerin dagegen teilweise Widerspruch ein. Sie wendete sich gegen die bei der erfolgten Festsetzung der Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus außer Acht gelassene Berücksichtigung ihrer Gremientätigkeit im letzten Semester ihrer Regelstudienzeit (SS 2018). Das Studium der medizinischen Biologie sei ein modular aufgebautes Studium. Anders als in früheren Jahren, in denen (auch in den Prüfungsordnungen) noch zwischen Studien- und Examenssemestern unterschieden worden sei, gebe es in modular aufgebauten Studiengängen keine klassische Abschlussprüfung und auch keine inhaltlich vorgegebene Abschlussphase. Die Bachelorarbeit unterscheide sich bezüglich der zu erwerbenden Creditpoints (zwölf ECTS) und bezüglich des Zeitaufwandes nicht mehr wesentlich von Praktika oder Modulprüfungen. Es gebe Modulprüfungen wie beispielsweise Anatomie/Physiologie/Biologie, in denen wesentlich mehr Creditpoints vergeben würden. Die Prüfungsordnung schreibe in § 20 Abs. 3 lediglich vor, dass eine Zulassung erst beim Leistungsstand von 140 Creditpoints möglich sei. Somit gebe es keine vorgeschriebene Phase, die sich deutlich vom übrigen Veranstaltungsbetrieb in den ersten Semestern mit seinen Teilnahmepflichten abhebe.Mit der Überarbeitung der Verwaltungsvorschrift im Jahr 2013 sei bereits den geänderten Studieninhalten der Studiendauer des Bachelor-Master-Systems Rechnung getragen worden. So sei die Verlängerung aufgrund der Gremientätigkeit auf zwei Semester eingeschränkt worden. Zudem werde – im Zusammenhang von Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus nach § 15 Abs. 3 Nr. 4 BAföG – dem modularisierten Studiengang das Vorhandensein einer Abschlussprüfung genauso abgesprochen wie im Verzicht auf die Anwendung zur Abschlussprüfung bei der Regelung der Hilfe zum Studienabschluss nach § 15 Abs. 3a BAföG.Von daher sei die Konstruktion einer Abschlussprüfung/Abschlussphase bei Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG widersprüchlich und somit rechtswidrig. Sie bitte um Abänderung des Bescheides und Einbeziehung ihrer Gremientätigkeit im Sommersemester 2008. 12Mit Widerspruchsbescheid vom 13. August 2018, zugestellt am 14. August 2018, wies der Beklagte den Widerspruch zurück, erhob keine Gebühren und stellte fest, dass eine Kostenerstattung nicht erfolge. Zur Begründung führte er aus, das Nichtbestehen einzelner Leistungsnachweise stelle keinen Grund im Sinne des § 15 Abs. 3 BAföG dar. Durch Vorlage der Bescheinigung des ordnungsgemäßen Leistungsstandes gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG sei auch festgestellt, dass vorher keine Verzögerungen aufgetreten bzw. aufgetretene Verzögerung vollständig aufgeholt worden seien. Über die Förderungshöchstdauer hinaus werde unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 15 Abs. 3 BAföG für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung geleistet. Angemessen sei eine Zeit, wenn sie dem Zeitverlust entspreche, der durch den die Überschreitung der Förderungshöchstdauer rechtfertigenden Grund entstanden ist. Gründe im Sinne von § 15 Abs. 3 BAföG könnten nur berücksichtigt werden, wenn diese nach dem Ende des vierten Fachsemesters bestanden hätten. Die Fachschaftsarbeit von Oktober 2017 bis März 2018 habe mit einem angemessenen Überschreitungszeitraum gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG von drei Monaten gewürdigt werden können. Die Gewährung von drei Monaten aus einem sechsmonatigen Tätigkeitszeitraum sei nicht zu beanstanden. Die Mitwirkung in Hochschulgremien und -organen dürfe im Vergleich zur Ausbildung nur von untergeordneter Bedeutung sein, weil sie eine lediglich angemessene Zeit der Verlängerung der Förderungshöchstdauer rechtfertige. Der modulare Aufbau lasse der Klägerin alle Freiheiten, ihren Studienverlauf selbst zu gestalten. Das Ende der Förderungshöchstdauer sei jedoch der Zeitpunkt, zu dem verlangt werden müsse, dass der Student seine ehrenamtliche Tätigkeit einstelle und sich ganz dem Studium widme. Dass es bei modularen Studiengängen keine Examensvorbereitung gebe, müsse unberücksichtigt bleiben. Die getroffene Entscheidung, die von der Klägerin im letzten Semester ihrer Förderungshöchstdauer geleistete Fachschaftsarbeit (April 2018 bis Juni 2018) unberücksichtigt zu lassen, sei nicht zu beanstanden. Ihren Ausführungen zu § 15 Abs. 3 Nr. 4 und Abs. 3a BAföG könne nicht gefolgt werden. Die Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 4 BAföG betreffe lediglich Studiengänge mit vorgesehener Abschlussprüfung und sei bei modularen Studiengängen nicht anzuwenden, es sei denn, eine bestimmte Modulprüfung sei verbindlich als Abschlussprüfung vorgesehen. Dies stehe nicht im Widerspruch zu der Nr. 3. Bei allen Studiengängen könne die im letzten Semester innerhalb der Förderungshöchstdauer geleistete Fachschaftsarbeit keine Berücksichtigung finden. Auch die Möglichkeit der Hilfe zum Studienabschluss gemäß § 15 Abs. 3a BAföG stehe der Entscheidung nicht entgegen. Der Gesetzgeber habe gewollt, dass mit und ohne vorgesehene Abschlussprüfung die Möglichkeit der Inanspruchnahme bestehe. 13Am 7. September 2018 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Zu deren Begründung bezieht sie sich auf ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, die Fachschaftsarbeit seit dem 7. Juli 2016 sei zu berücksichtigen. Selbst ohne den Zeitraum vom 7. Juli 2016 bis zum 30. September 2017 seien mindestens weitere 1,5 Monate zu bewilligen. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen habe in seinem Beschluss vom 27. Juni 2012 - 12 A 972/12 -, den der Beklagte möglicherweise angesprochen habe, nicht entschieden, dass Tätigkeiten im Rahmen des letzten Semesters innerhalb der Förderungshöchstdauer nicht im Förderungsverlängerungsverfahren berücksichtigt werden könnten. Die Ausführungen seien zudem nicht entscheidungstragend gewesen. 14Die Klägerin beantragt sinngemäß, 15den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 12. Juli 2018 und des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2018 zu verpflichten, ihr auch für die Zeit ab dem 1. Januar 2019 für einen angemessenen Zeitraum, mindestens für 1,5 Monate, Förderungsleistungen nach dem BAföG in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. 16Der Beklagte beantragt, 17die Klage abzuweisen. 18Er tritt der Klage unter Bezugnahme auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid mit der Begründung entgegen, im letzten Semester der Förderungshöchstdauer sei der Zeitpunkt, zu dem verlangt werden müsse, dass der Student seine ehrenamtliche Gremientätigkeit einstelle und sich ganz dem Studium und der Examensvorbereitung widme. Schon eine im letzten Semester innerhalb der Förderungshöchstdauer ausgeübte ehrenamtliche Tätigkeit verstoße gegen die Erwartung, dass der Student sein Studium nach Kräften innerhalb der Förderungshöchstdauer abzuschließen habe, weshalb diese Tätigkeit keine Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus begründe. 19Die Beteiligten haben im Erörterungstermin vom 2. August 2019 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung erklärt. 20Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen. 21Entscheidungsgründe: 22Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO). 23Die zulässige Klage ist begründet. 24Die Versagung der Verlängerung von Ausbildungsförderung mit Bescheid vom 12. Juli 2018 und Widerspruchsbescheid vom 13. August 2018 über den 31. Dezember 2018 für einen angemessenen Zeitraum hinaus ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit dabei ihre Gremientätigkeit vom 1. April bis Ende Juni 2018 unberücksichtigt geblieben ist. Insoweit steht ihr der begehrte Anspruch auf Berücksichtigung dieses Zeitraums durch Verlängerung der Ausbildungsförderung um weitere eineinhalb Monate zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 25Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für die Dauer der Ausbildung – einschließlich der unterrichts- und vorlesungsfreien Zeit – geleistet, bei Studiengängen an Hochschulen und an Akademien im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG jedoch grundsätzlich nur bis zum Ende der Förderungshöchstdauer nach § 15a BAföG. 26Die Förderungshöchstdauer des Studiums der Klägerin beträgt sechs Semester entsprechend der sechssemestrigen Regelstudienzeit. 27Gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG wird über die Förderungshöchstdauer hinaus für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie infolge einer Mitwirkung in den dort aufgeführten Gremien und Organen überschritten worden ist. 28Die Fachschaftstätigkeit der Klägerin ist, dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig, als Gremientätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG einzuordnen. 29Vgl. VG Leipzig, Beschluss vom 11. Juli 2003- 2 K 973/03 -, juris, Rn. 20. 30Die Klägerin kann zwar keine Berücksichtigung des Zeitraums ihrer Fachschaftsarbeit bis zum Ende ihres vierten Fachsemesters verlangen. Für diesen Zeitraum ist durch die Vorlage der Bescheinigung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG nachgewiesen, dass ihr Studium der ersten vier Semester keine Verzögerungen beinhaltet hat. 31Vgl. dazu OVG Sachsen, Beschluss vom 3. Januar 2011 - 1 B 192/10 -, juris, Rn. 6 f.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. Juni 2004 - 15 K 2658/02 -, n.v.; VG Freiburg, Beschluss vom 30. Januar 1981 - 7 K 259/80 -, BeckRS 2010, 51394; Winkler, in: BeckOK, Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 53. Edition, Stand: 1. Juni 2019, BAföG, § 15, Rn. 26. 32Allerdings kann sie die Berücksichtigung ihrer Gremientätigkeit vom 1. April 2018 bis Ende Juni 2018 verlangen. 33In diesem Zeitraum war sie ausweislich der Bescheinigung des ASTA der Universität E. -F. , Autonomes Fachschaftsreferat, vom 14. August 2017 als gewähltes Mitglied in einem Gremium der Fachschaft (Fachschaftsrat „Biologie“) mit einem wöchentlichen Tätigkeitsumfang von zwölf bis 15 Stunden tätig. 34Der Berücksichtigung der Gremientätigkeit der Klägerin vom 1. April 2018 bis Ende Juni 2018 steht nicht entgegen, dass diese in ihr letztes Semester vor der Förderungshöchstdauer fällt. 35Zunächst ist festzustellen, dass dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG eine solche Beschränkung nicht entnommen werden kann. Vielmehr kann nach dem Wortlaut, „Über die Förderungshöchstdauer hinaus wird für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie infolge einer Mitwirkung in gesetzlich oder satzungsmäßig vorgesehenen Gremien und Organen […] überschritten worden ist“, grundsätzlich jede Gremientätigkeit vor Ablauf der Förderungshöchstdauer, die kausal für das Überschreiten der Förderungshöchstdauer sein kann, Berücksichtigung bei einer Verlängerungsentscheidung nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG finden. Der Wortlaut differenziert nicht zwischen einer Gremientätigkeit vor dem letzten Semester vor Überschreiten der Förderungshöchstdauer und in diesem Semester. 36Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 1986 - 5 B 21/85 -, juris, Rn. 2, wonach es im gegebenen Zusammenhang einzig auf ein Überschreiten der Förderungshöchstdauer wegen einer Tätigkeit in einem der im Gesetz (BAföG) aufgezählten Gremien ankommt. 37Der von dem Beklagten herangezogenen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. Juni 2012 kann nichts anderes entnommen werden. Zunächst kann diese zu einem Examensstudiengang ergangene Entscheidung auf den vorliegenden Fall eines modularen Studiengangs nicht übertragen werden. Gewichtige Gründe des Studienaufbaus sprechen dagegen. In einem modularen Studiengang wie dem vorliegend von der Klägerin besuchten fehlt eine für den Abschluss des Studiums vergleichbar bedeutende Abschlussphase wie sie in Examensstudiengängen enthalten ist. Die Studierenden modularer Studiengänge sammeln, wie die Klägerin auch beispielhaft dargelegt hat, ab dem ersten Semester „Punkte“ (sog. Creditpoints) und Notenanteile für ihre Abschlussnote. Im letzten Semester ist üblicherweise die Abschlussarbeit (Bachelor oder Masterarbeit) anzufertigen, für die ebenfalls Creditpoints erworben werden. Allerdings kommt einem auf diese Weise ausgestalteten letzten Semester nicht die Bedeutung zu wie dem letzten Semester eines Examensstudiengangs mit einem Staatsexamen als Abschluss. Für dieses sind die Studienleistungen der vorherigen Semester zwar (ebenfalls) Zulassungsvoraussetzungen. Allerdings werden die Abschlussnote des Examens und damit die Berufschancen des Studierenden und Examenskandidaten grundsätzlich allein aus den Noten der Examensklausuren gebildet. Diese ungleich höhere Bedeutung des letzten Semesters eines Examensstudiengangs, die damit einhergehenden ungleich höheren Leistungserwartungen und der daraus resultierende Leistungsdruck rechtfertigen, ein besonderes Augenmerk auf das letzte Semester eines Examensstudiengangs als Abschlusssemester zu legen. Daran fehlt es vorliegend. Der Beklagte hat auch auf die diesbezüglichen Ausführungen des Berichterstatters im Erörterungstermin nicht dargelegt, dass die Ausgestaltung des letzten Semesters des von der Klägerin betriebenen Studiums hinsichtlich der Bedeutung für die Abschlussnote und der Leistungserwartungen dem letzten Semester eines Examensstudiengangs gleichzustellen wären. 38Unabhängig davon würde die vorerwähnte Entscheidung selbst bei Übertragung auf modulare Studiengänge nicht dazu führen, dass Gremientätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG im letzten Semester vor der Förderungshöchstdauer keine Berücksichtigung finden könnte. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat im Stile einer Vergleichsgruppenbildung und nicht entscheidungstragend ausgeführt: „Gem. § 15 Abs. 3 BAföG wird Ausbildungsförderung immer nur für eine weitere angemessene Zeit geleistet. Auch im Zusammenhang etwa mit einer Gremientätigkeit (Nr. 3) hat der Auszubildende insoweit aber – vor allem in den letzten Studiensemestern – der erfolgreichen Beendigung seiner Ausbildung Priorität einzuräumen und regelmäßig alles in seiner Macht Stehende zu tun, um die durch eine Gremientätigkeit verursachte Verzögerung des Studienablaufs auszugleichen.“ 39OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2012 - 12 A 972/12 -, juris, Rn. 9. 40Die Vorgabe, der erfolgreichen Beendigung der Ausbildung Priorität einzuräumen, erfordert nicht, eine Gremientätigkeit vollständig einzustellen. „Priorität“ lässt stets Raum für Untergeordnetes. Anderenfalls hätte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen fordern können, der erfolgreichen Beendigung der Ausbildung die ausschließliche Arbeitskraft zukommen zu lassen. Des Weiteren kann sich die Entscheidung nicht (lediglich) auf das letzte Semester vor Erreichen der Förderungshöchstdauer beziehen. Sie bezieht sich auf die Priorität der erfolgreichen Beendigung der Ausbildung „vor allem in den letzten Studiensemestern“ (Plural), also auf einen größeren Zeitraum als das letzte Semester vor Erreichen der Förderungshöchstdauer. 41Soweit ältere erstinstanzliche Entscheidungen eine Forderung enthalten, Gremientätigkeit im letzten Semester vor Erreichen der Förderungshöchstdauer einzustellen, mit der Folge, sie nicht bei einer Entscheidung nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG zu berücksichtigen, 42vgl. VG Freiburg, Beschluss vom 30. Januar 1981- 7 K 259/80 -, BeckRS 2010, 51394, 43ist diese Rechtsprechung zu Diplomstudiengängen mit einem Prüfungsrhythmus ergangen, der mit dem in Examensstudiengängen vergleichbar ist. Die diesbezüglichen Überlegungen, eine Anerkennung von Gremientätigkeiten gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG im letzten Semester vor Erreichen der Förderungshöchstdauer könne wegen dieses Prüfungsrhythmus eine Förderung um ein weiteres Semester bedeuten, kann auf modulare Studiengänge und mit Blick auf die in § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG eine Stütze findende Verwaltungspraxis, den „angemessenen Zeitraum“ einer verlängerten Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus in der Regel monatsscharf zu ermitteln und festzusetzen, nicht weiter überzeugen. 44Soweit das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen im vorerwähnten Beschluss vom 27. Juni 2012 zum beispielhaften Vergleich auf einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 11. Juli 2003 verweist, steht dieser einer Berücksichtigung der vorliegend von der Klägerin ausgeübten Gremientätigkeit bei der Entscheidung nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG nicht entgegen. Für den Leitsatz „Ein Anspruch auf Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus besteht jedenfalls dann nicht, wenn der Auszubildende die Gremientätigkeit erst im letzten Semester der Regelstudienzeit aufnimmt und sich zu diesem Zeitpunkt bereits mit Studien- oder Prüfungsleistungen im Rückstand befindet“, 45VG Leipzig, Beschluss vom 11. Juli 2003 - 2 K 973/03 -, juris, 46folgt dies schon daraus, dass die Klägerin die von ihr ausgeübte Gremientätigkeit nicht erst im letzten Semester ihrer Regelstudienzeit aufgenommen, sondern schon weit vorher seit Mitte ihres zweiten Fachsemesters begonnen hat. Die weiteren die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Leipzig tragenden Ausführungen sind mit Blick auf den zu entscheidenden Einzelfall zu würdigen. Das Verwaltungsgericht Leipzig hatte eine einzelfallbezogene Abwägungsentscheidung zwischen den Rechten und Pflichten der Studierenden an der Mitwirkung in Selbstverwaltungsgremien der Hochschule einerseits und dem Interesse der Öffentlichkeit an einer zügigen Beendigung des Studiums zur sparsamen Verwendung öffentlicher Förderungsmittel zu treffen. Dazu hat es ausgeführt: „Jedenfalls im Fall der Antragstellerin gebührt dem öffentlichen Interesse an einer sparsamen Verwendung von Fördermitteln der Vorrang. Denn die Antragstellerin nahm die Gremientätigkeit in dem Wissen auf, dass sie sich wegen der nicht bestandenen Klausur im Fach Betriebswirtschaftslehre im Wintersemester 2001/2002 bereits im Verzug mit ihrer Ausbildung befand. Befindet sich ein Auszubildender in den abschließenden Semestern seines Studiums mit den regelmäßig zu erbringenden Leistungen in Rückstand, handelt er gegen sein eigenes wohlverstandenes Interesse sowie gegen das Interesse der Allgemeinheit, diesen Rückstand schnellstmöglich aufzuholen und sein Studium noch innerhalb der Förderungshöchstdauer zum Abschluss zu bringen, wenn er sich erstmals in einem Gremium engagiert.“. 47VG Leipzig, Beschluss vom 11. Juli 2003 - 2 K 973/03 -, juris, Rn. 22. 48Auf den vorliegenden Fall ist dies schon allein wegen des hier langfristig vorherigen Engagements der Klägerin im Fachschaftsrat nicht im Sinne einer Fallgruppenbildung übertragbar. 49Vielmehr sind weitere Ausführungen der vorerwähnten Entscheidung in den Blick zu nehmen: „Zwar verstößt nach der Auffassung des Gerichts der Beginn einer Gremientätigkeit in den letzten Studiensemestern nicht grundsätzlich gegen die Obliegenheit des Studierenden, sein Studium planvoll und zielstrebig durchzuführen sowie zügig abzuschließen. Ein Blick auf § 37 Abs. 3 Hochschulrahmengesetz, nach dem Hochschulmitglieder wegen einer Tätigkeit in der Selbstverwaltung der Hochschule nicht benachteiligt werden dürfen, belegt dies grundsätzlich. Entsprechendes gilt nach Auffassung des Gerichts für die Tätigkeit im Fachschaftsrat, der nach den §§ 74 Abs. 2 Satz 1, 77 Abs. 1, 4 des Sächsischen Hochschulgesetzes an der Selbstverwaltung der Hochschule mitwirkt. Den Rechten und Pflichten der Studierenden an der Mitwirkung in Selbstverwaltungsgremien der Hochschule steht jedoch das Interesse der Öffentlichkeit an einer zügigen Beendigung des Studiums und damit an einer sparsamen Verwendung von Fördermitteln gegenüber. Diese gegenläufigen Interessen müssen förderungsrechtlich im Einzelfall in Einklang gebracht werden.“ 50VG Leipzig, Beschluss vom 11. Juli 2003 - 2 K 973/03 -, juris, Rn. 21. 51Diese Erwägungen zum auch von der Kammer getragenen grundsätzlichen Benachteiligungsverbot für Tätigkeiten in Selbstverwaltungs- und Mitbestimmungsgremien verdeutlichen gerade das auch in die Entscheidung nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG einzustellende grundsätzlich anzuerkennende Gewicht der Interessen der Klägerin an einer Gremientätigkeit auch im letzten Semester ihrer Regelstudienzeit vor Erreichen der Förderungshöchstdauer. 52Soweit die erstinstanzliche Rechtsprechung eine Gremientätigkeit über die Förderungshöchstdauer hinaus als nicht berücksichtigungsfähig im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG einstuft, weil sie nicht mehr mit dem Interesse an einer zügigen Ausbildung vereinbar sei, 53vgl. VG Minden, Urteil vom 20. Februar 2007- 6 K 3460/06 -, juris, Rn. 28 f, 54ist dem zuzustimmen. Vorliegend geht es jedoch nicht um eine Gremientätigkeit über die Förderungshöchstdauer hinaus. 55Im Übrigen hat die Klägerin ihre in der Frage der Angemessenheit einer Verlängerung zu berücksichtigende Obliegenheit, ihre Ausbildung planvoll, zielstrebig und zügig zum Abschluss zu bringen, 56vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 1986 - 5 B 21/85 -, juris, Rn. 3 m.w.N.; VG Leipzig, Beschluss vom 11. Juli 2003 - 2 K 973/03 -, juris, Rn. 21, 57erkennbar berücksichtigt. Sie war lediglich die ersten drei Monate ihres letzten Semesters vor Erreichen der Förderungshöchstdauer, mithin die Hälfte dieses Semesters, in dem Gremium tätig. Überdies wiesen die von ihr vorgelegten Leistungsnachweise keine wesentlichen Defizite auf. 58Sind nach alledem die drei Semester Gremientätigkeit der Klägerin im Fachschaftsrat für die Entscheidung nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG zu berücksichtigen, so ist eine weitere Verlängerung der Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe um eineinhalb Monate ab dem 1. Januar 2019 angemessen. 59Die Angemessenheit im Sinne des § 15 Abs. 3 BAföG ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der vollständigen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung unterliegt. 60Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 1986 - 5 B 21/85 -, juris, Rn. 2; VG Leipzig, Beschluss vom 11. Juli 2003 - 2 K 973/03 -, juris, Rn. 21. 61Unterliegt der Begriff der „angemessenen Zeit“ als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle, kann das Verwaltungsgericht diesen in der vorliegenden Verpflichtungssituation auch ohne vorherige Bescheidung der Behörde, die eine Berücksichtigung der drei Monate Gremientätigkeit im letzten Semester der Regelstudienzeit abgelehnt hat, ausfüllen, um die Sache im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO spruchreif zu machen. 62Die Angemessenheit von eineinhalb Monaten Verlängerung der Weiterförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus ist insbesondere mit Blick auf die äquivalente verwaltungsbehördliche Berücksichtigung der sechs Monate Gremientätigkeit gleichen Umfangs im vorangegangenen Semester zu drei Monaten Verlängerung der Förderung festzustellen. Für die sechs Monate Fachschaftsarbeit der Klägerin vom Oktober 2017 bis März 2018 in ihrem fünften Semester in identischem Umfang von zwölf bis 15 Stunden wöchentlicher Tätigkeit hat der Beklagte drei Monate Verlängerung der Ausbildungsförderung im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG über die Förderungshöchstdauer hinaus als „angemessene Zeit“ im Sinne der vorerwähnten Regelung angesehen. 63Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. 64Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 2 und 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2, 108 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung. 65Die Berufung ist gemäß § 124 Abs. 1 und 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache hinsichtlich der von der Kammer angenommenen grundsätzlichen Berücksichtigungsfähigkeit von Gremientätigkeit im letzten Semester vor Erreichen der Förderungshöchstdauer für eine Entscheidung nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG von grundsätzlicher Bedeutung ist.
der beklagte wird unter abänderung des bescheides vom 12. juli 2018 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 13. august 2018 verpflichtet, der klägerin für die zeit ab dem 1. januar 2019 für weitere eineinhalb monate förderungsleistungen nach dem bafög in gesetzlicher höhe zu bewilligen. die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der beklagte. der beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vorher sicherheit in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die berufung wird zugelassen. 1der beklagte wird unter abänderung des bescheides vom 12. juli 2018 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 13. august 2018 verpflichtet, der klägerin für die zeit ab dem 1. januar 2019 für weitere eineinhalb monate förderungsleistungen nach dem bafög in gesetzlicher höhe zu bewilligen. 2die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der beklagte. 3der beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vorher sicherheit in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 4die berufung wird zugelassen. 5
6die beteiligten streiten um eine angemessene verlängerung von ausbildungsförderung wegen gremientätigkeit der klägerin über die förderungshöchstdauer hinaus. 7die am 20. juni 1990 geborene klägerin studiert seit dem wintersemester 2015/2016 an der universität e. -f. medizinische biologie (b.a.). die regelstudienzeit beträgt sechs semester. vom 7. juli 2016 (sommersemester 2016) in ihrem zweiten fachsemester bis ende juni 2018 (sommersemester 2018) in ihrem sechsten fachsemester war sie als gewähltes mitglied in einem gremium der fachschaft (fachschaftsrat „10b biologie“ ab 29. juni 2017 fachschaftsrat „biologie“) mit einem wöchentlichen tätigkeitsumfang von zwölf bis 15 stunden tätig. hierzu legte sie bescheinigungen des asta der universität e. -f. , autonomes fachschaftsreferat, vom 27. juli 2016 und vom 14. august 2017 (vgl. beiakte heft 1, bl. 130/154) vor. 8am 14. juni 2017 legte sie eine bescheinigung nach § 48 bafög des bereichs prüfungswesen der universität e. -f. „übersicht über alle leistungen“ vom 12. juni 2017 vor. danach hatte sie zu diesem zeitpunkt von 60 erforderlichen creditpoints 81 creditpoints erreicht. 9am 5. juli 2018 beantragte die klägerin für das wintersemester 2018/2019 ausbildungsförderung gemäß § 15 abs. 3 bafög über die förderungshöchstdauer hinaus. sie habe infolge ihrer ehrenamtlichen tätigkeit als gewähltes mitglied des fachschaftsrates biologie und den damit verbundenen tätigkeiten ihr studium nicht in der regelstudienzeit abschließen können. hierzu verwies sie auf die vorgelegten bescheinigungen des asta der universität e. -f. , autonomes fachschaftsreferat, vom 27. juli 2016 und vom 14. august 2017. zudem habe sie im sommersemester 2017 aufgrund der hohen anforderungen des studiengangs sowie ihrer ehrenamtlichen gremientätigkeit die klausur „praktikum physiologie“ nicht bestanden. aufgrund des zeitlichen ablaufs des wintersemesters 2017/2018 sei ihr eine nachholung dieser klausur nicht möglich gewesen. sie werde die klausur am 12. juli 2018 nachholen. des weiteren fehle ihr noch ein crediterwerb aus einem e3-kurs, den sie bereits im 2018 positiv abgeschlossen habe. die zulassung zum bachelorsemester werde sie voraussichtlich im juli 2018 erwerben. voraussichtlich werde sie ab dem wintersemester 2018/2019 ihre bachelorarbeit beginnen und im märz 2019 abschließen. hierzu legte sie ein transskript of records des bereichs prüfungswesen der universität e. -f. vom 3. juli 2018 vor (vgl. beiakte heft 1, bl. 172). 10mit bescheid vom 12. juli 2018 bewilligte der beklagte eine weiterförderung dem grunde nach um drei monate bis zum 31. dezember 2018. er führte aus, die im letzten semester (sommersemester 2018) geleistete gremientätigkeit könne nach einem urteil des oberverwaltungsgerichtes münster nicht berücksichtigt werden, weil zeiten, in denen ein auszubildender nicht in richtung auf sein ausbildungsziel hin, sondern anderweitig tätig sei, auch wenn diese tätigkeit allgemein gesehen der ausbildung aller auszubildenden nützlich sein möge, nicht gemäß dem bundesausbildungsförderungsgesetz förderfähig sei. die klägerin könne für die zeit ab januar 2019 gegebenenfalls einen antrag auf gewährung der hilfe zum studienabschluss in form eines verzinslichen bankdarlehens stellen. 11am 9. august 2018 legte die klägerin dagegen teilweise widerspruch ein. sie wendete sich gegen die bei der erfolgten festsetzung der ausbildungsförderung über die förderungshöchstdauer hinaus außer acht gelassene berücksichtigung ihrer gremientätigkeit im letzten semester ihrer regelstudienzeit (ss 2018). das studium der medizinischen biologie sei ein modular aufgebautes studium. anders als in früheren jahren, in denen (auch in den prüfungsordnungen) noch zwischen studien- und examenssemestern unterschieden worden sei, gebe es in modular aufgebauten studiengängen keine klassische abschlussprüfung und auch keine inhaltlich vorgegebene abschlussphase. die bachelorarbeit unterscheide sich bezüglich der zu erwerbenden creditpoints (zwölf ects) und bezüglich des zeitaufwandes nicht mehr wesentlich von praktika oder modulprüfungen. es gebe modulprüfungen wie beispielsweise anatomie/physiologie/biologie, in denen wesentlich mehr creditpoints vergeben würden. die prüfungsordnung schreibe in § 20 abs. 3 lediglich vor, dass eine zulassung erst beim leistungsstand von 140 creditpoints möglich sei. somit gebe es keine vorgeschriebene phase, die sich deutlich vom übrigen veranstaltungsbetrieb in den ersten semestern mit seinen teilnahmepflichten abhebe.mit der überarbeitung der verwaltungsvorschrift im jahr 2013 sei bereits den geänderten studieninhalten der studiendauer des bachelor-master-systems rechnung getragen worden. so sei die verlängerung aufgrund der gremientätigkeit auf zwei semester eingeschränkt worden. zudem werde – im zusammenhang von förderung über die förderungshöchstdauer hinaus nach § 15 abs. 3 nr. 4 bafög – dem modularisierten studiengang das vorhandensein einer abschlussprüfung genauso abgesprochen wie im verzicht auf die anwendung zur abschlussprüfung bei der regelung der hilfe zum studienabschluss nach § 15 abs. 3a bafög.von daher sei die konstruktion einer abschlussprüfung/abschlussphase bei anwendung des § 15 abs. 3 nr. 3 bafög widersprüchlich und somit rechtswidrig. sie bitte um abänderung des bescheides und einbeziehung ihrer gremientätigkeit im sommersemester 2008. 12mit widerspruchsbescheid vom 13. august 2018, zugestellt am 14. august 2018, wies der beklagte den widerspruch zurück, erhob keine gebühren und stellte fest, dass eine kostenerstattung nicht erfolge. zur begründung führte er aus, das nichtbestehen einzelner leistungsnachweise stelle keinen grund im sinne des § 15 abs. 3 bafög dar. durch vorlage der bescheinigung des ordnungsgemäßen leistungsstandes gemäß § 48 abs. 1 satz 1 nr. 3 bafög sei auch festgestellt, dass vorher keine verzögerungen aufgetreten bzw. aufgetretene verzögerung vollständig aufgeholt worden seien. über die förderungshöchstdauer hinaus werde unter bestimmten voraussetzungen gemäß § 15 abs. 3 bafög für eine angemessene zeit ausbildungsförderung geleistet. angemessen sei eine zeit, wenn sie dem zeitverlust entspreche, der durch den die überschreitung der förderungshöchstdauer rechtfertigenden grund entstanden ist. gründe im sinne von § 15 abs. 3 bafög könnten nur berücksichtigt werden, wenn diese nach dem ende des vierten fachsemesters bestanden hätten. die fachschaftsarbeit von oktober 2017 bis märz 2018 habe mit einem angemessenen überschreitungszeitraum gemäß § 15 abs. 3 nr. 3 bafög von drei monaten gewürdigt werden können. die gewährung von drei monaten aus einem sechsmonatigen tätigkeitszeitraum sei nicht zu beanstanden. die mitwirkung in hochschulgremien und -organen dürfe im vergleich zur ausbildung nur von untergeordneter bedeutung sein, weil sie eine lediglich angemessene zeit der verlängerung der förderungshöchstdauer rechtfertige. der modulare aufbau lasse der klägerin alle freiheiten, ihren studienverlauf selbst zu gestalten. das ende der förderungshöchstdauer sei jedoch der zeitpunkt, zu dem verlangt werden müsse, dass der student seine ehrenamtliche tätigkeit einstelle und sich ganz dem studium widme. dass es bei modularen studiengängen keine examensvorbereitung gebe, müsse unberücksichtigt bleiben. die getroffene entscheidung, die von der klägerin im letzten semester ihrer förderungshöchstdauer geleistete fachschaftsarbeit (april 2018 bis juni 2018) unberücksichtigt zu lassen, sei nicht zu beanstanden. ihren ausführungen zu § 15 abs. 3 nr. 4 und abs. 3a bafög könne nicht gefolgt werden. die regelung des § 15 abs. 3 nr. 4 bafög betreffe lediglich studiengänge mit vorgesehener abschlussprüfung und sei bei modularen studiengängen nicht anzuwenden, es sei denn, eine bestimmte modulprüfung sei verbindlich als abschlussprüfung vorgesehen. dies stehe nicht im widerspruch zu der nr. 3. bei allen studiengängen könne die im letzten semester innerhalb der förderungshöchstdauer geleistete fachschaftsarbeit keine berücksichtigung finden. auch die möglichkeit der hilfe zum studienabschluss gemäß § 15 abs. 3a bafög stehe der entscheidung nicht entgegen. der gesetzgeber habe gewollt, dass mit und ohne vorgesehene abschlussprüfung die möglichkeit der inanspruchnahme bestehe. 13am 7. september 2018 hat die klägerin die vorliegende klage erhoben. zu deren begründung bezieht sie sich auf ihre ausführungen im widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, die fachschaftsarbeit seit dem 7. juli 2016 sei zu berücksichtigen. selbst ohne den zeitraum vom 7. juli 2016 bis zum 30. september 2017 seien mindestens weitere 1,5 monate zu bewilligen. das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen habe in seinem beschluss vom 27. juni 2012 - 12 a 972/12 -, den der beklagte möglicherweise angesprochen habe, nicht entschieden, dass tätigkeiten im rahmen des letzten semesters innerhalb der förderungshöchstdauer nicht im förderungsverlängerungsverfahren berücksichtigt werden könnten. die ausführungen seien zudem nicht entscheidungstragend gewesen. 14die klägerin beantragt sinngemäß, 15den beklagten unter abänderung des bescheides vom 12. juli 2018 und des widerspruchsbescheides vom 13. august 2018 zu verpflichten, ihr auch für die zeit ab dem 1. januar 2019 für einen angemessenen zeitraum, mindestens für 1,5 monate, förderungsleistungen nach dem bafög in gesetzlicher höhe zu bewilligen. 16der beklagte beantragt, 17die klage abzuweisen. 18er tritt der klage unter bezugnahme auf die ausführungen im angefochtenen bescheid und widerspruchsbescheid mit der begründung entgegen, im letzten semester der förderungshöchstdauer sei der zeitpunkt, zu dem verlangt werden müsse, dass der student seine ehrenamtliche gremientätigkeit einstelle und sich ganz dem studium und der examensvorbereitung widme. schon eine im letzten semester innerhalb der förderungshöchstdauer ausgeübte ehrenamtliche tätigkeit verstoße gegen die erwartung, dass der student sein studium nach kräften innerhalb der förderungshöchstdauer abzuschließen habe, weshalb diese tätigkeit keine förderung über die förderungshöchstdauer hinaus begründe. 19die beteiligten haben im erörterungstermin vom 2. august 2019 ihr einverständnis mit einer entscheidung ohne durchführung einer mündlichen verhandlung erklärt. 20für die weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte und den beigezogenen verwaltungsvorgang bezug genommen. 21
22die entscheidung ergeht im einverständnis der beteiligten ohne durchführung einer mündlichen verhandlung (§ 101 abs. 2 vwgo). 23die zulässige klage ist begründet. 24die versagung der verlängerung von ausbildungsförderung mit bescheid vom 12. juli 2018 und widerspruchsbescheid vom 13. august 2018 über den 31. dezember 2018 für einen angemessenen zeitraum hinaus ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten, soweit dabei ihre gremientätigkeit vom 1. april bis ende juni 2018 unberücksichtigt geblieben ist. insoweit steht ihr der begehrte anspruch auf berücksichtigung dieses zeitraums durch verlängerung der ausbildungsförderung um weitere eineinhalb monate zu (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). 25gemäß § 15 abs. 2 satz 1 bafög wird ausbildungsförderung für die dauer der ausbildung – einschließlich der unterrichts- und vorlesungsfreien zeit – geleistet, bei studiengängen an hochschulen und an akademien im sinne des § 2 abs. 1 satz 1 nr. 6 bafög jedoch grundsätzlich nur bis zum ende der förderungshöchstdauer nach § 15a bafög. 26die förderungshöchstdauer des studiums der klägerin beträgt sechs semester entsprechend der sechssemestrigen regelstudienzeit. 27gemäß § 15 abs. 3 nr. 3 bafög wird über die förderungshöchstdauer hinaus für eine angemessene zeit ausbildungsförderung geleistet, wenn sie infolge einer mitwirkung in den dort aufgeführten gremien und organen überschritten worden ist. 28die fachschaftstätigkeit der klägerin ist, dies ist zwischen den beteiligten unstreitig, als gremientätigkeit im sinne des § 15 abs. 3 nr. 3 bafög einzuordnen. 29vgl. vg leipzig, beschluss vom 11. juli 2003- 2 k 973/03 -, juris, rn. 20. 30die klägerin kann zwar keine berücksichtigung des zeitraums ihrer fachschaftsarbeit bis zum ende ihres vierten fachsemesters verlangen. für diesen zeitraum ist durch die vorlage der bescheinigung nach § 48 abs. 1 satz 1 nr. 3 bafög nachgewiesen, dass ihr studium der ersten vier semester keine verzögerungen beinhaltet hat. 31vgl. dazu ovg sachsen, beschluss vom 3. januar 2011 - 1 b 192/10 -, juris, rn. 6 f.; vg gelsenkirchen, urteil vom 25. juni 2004 - 15 k 2658/02 -, n.v.; vg freiburg, beschluss vom 30. januar 1981 - 7 k 259/80 -, beckrs 2010, 51394; winkler, in: beckok, sozialrecht, rolfs/giesen/kreikebohm/udsching, 53. edition, stand: 1. juni 2019, bafög, § 15, rn. 26. 32allerdings kann sie die berücksichtigung ihrer gremientätigkeit vom 1. april 2018 bis ende juni 2018 verlangen. 33in diesem zeitraum war sie ausweislich der bescheinigung des asta der universität e. -f. , autonomes fachschaftsreferat, vom 14. august 2017 als gewähltes mitglied in einem gremium der fachschaft (fachschaftsrat „biologie“) mit einem wöchentlichen tätigkeitsumfang von zwölf bis 15 stunden tätig. 34der berücksichtigung der gremientätigkeit der klägerin vom 1. april 2018 bis ende juni 2018 steht nicht entgegen, dass diese in ihr letztes semester vor der förderungshöchstdauer fällt. 35zunächst ist festzustellen, dass dem wortlaut des § 15 abs. 3 nr. 3 bafög eine solche beschränkung nicht entnommen werden kann. vielmehr kann nach dem wortlaut, „über die förderungshöchstdauer hinaus wird für eine angemessene zeit ausbildungsförderung geleistet, wenn sie infolge einer mitwirkung in gesetzlich oder satzungsmäßig vorgesehenen gremien und organen […] überschritten worden ist“, grundsätzlich jede gremientätigkeit vor ablauf der förderungshöchstdauer, die kausal für das überschreiten der förderungshöchstdauer sein kann, berücksichtigung bei einer verlängerungsentscheidung nach § 15 abs. 3 nr. 3 bafög finden. der wortlaut differenziert nicht zwischen einer gremientätigkeit vor dem letzten semester vor überschreiten der förderungshöchstdauer und in diesem semester. 36vgl. bverwg, beschluss vom 18. juli 1986 - 5 b 21/85 -, juris, rn. 2, wonach es im gegebenen zusammenhang einzig auf ein überschreiten der förderungshöchstdauer wegen einer tätigkeit in einem der im gesetz (bafög) aufgezählten gremien ankommt. 37der von dem beklagten herangezogenen entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen vom 27. juni 2012 kann nichts anderes entnommen werden. zunächst kann diese zu einem examensstudiengang ergangene entscheidung auf den vorliegenden fall eines modularen studiengangs nicht übertragen werden. gewichtige gründe des studienaufbaus sprechen dagegen. in einem modularen studiengang wie dem vorliegend von der klägerin besuchten fehlt eine für den abschluss des studiums vergleichbar bedeutende abschlussphase wie sie in examensstudiengängen enthalten ist. die studierenden modularer studiengänge sammeln, wie die klägerin auch beispielhaft dargelegt hat, ab dem ersten semester „punkte“ (sog. creditpoints) und notenanteile für ihre abschlussnote. im letzten semester ist üblicherweise die abschlussarbeit (bachelor oder masterarbeit) anzufertigen, für die ebenfalls creditpoints erworben werden. allerdings kommt einem auf diese weise ausgestalteten letzten semester nicht die bedeutung zu wie dem letzten semester eines examensstudiengangs mit einem staatsexamen als abschluss. für dieses sind die studienleistungen der vorherigen semester zwar (ebenfalls) zulassungsvoraussetzungen. allerdings werden die abschlussnote des examens und damit die berufschancen des studierenden und examenskandidaten grundsätzlich allein aus den noten der examensklausuren gebildet. diese ungleich höhere bedeutung des letzten semesters eines examensstudiengangs, die damit einhergehenden ungleich höheren leistungserwartungen und der daraus resultierende leistungsdruck rechtfertigen, ein besonderes augenmerk auf das letzte semester eines examensstudiengangs als abschlusssemester zu legen. daran fehlt es vorliegend. der beklagte hat auch auf die diesbezüglichen ausführungen des berichterstatters im erörterungstermin nicht dargelegt, dass die ausgestaltung des letzten semesters des von der klägerin betriebenen studiums hinsichtlich der bedeutung für die abschlussnote und der leistungserwartungen dem letzten semester eines examensstudiengangs gleichzustellen wären. 38unabhängig davon würde die vorerwähnte entscheidung selbst bei übertragung auf modulare studiengänge nicht dazu führen, dass gremientätigkeit im sinne des § 15 abs. 3 nr. 3 bafög im letzten semester vor der förderungshöchstdauer keine berücksichtigung finden könnte. das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen hat im stile einer vergleichsgruppenbildung und nicht entscheidungstragend ausgeführt: „gem. § 15 abs. 3 bafög wird ausbildungsförderung immer nur für eine weitere angemessene zeit geleistet. auch im zusammenhang etwa mit einer gremientätigkeit (nr. 3) hat der auszubildende insoweit aber – vor allem in den letzten studiensemestern – der erfolgreichen beendigung seiner ausbildung priorität einzuräumen und regelmäßig alles in seiner macht stehende zu tun, um die durch eine gremientätigkeit verursachte verzögerung des studienablaufs auszugleichen.“ 39ovg nrw, beschluss vom 27. juni 2012 - 12 a 972/12 -, juris, rn. 9. 40die vorgabe, der erfolgreichen beendigung der ausbildung priorität einzuräumen, erfordert nicht, eine gremientätigkeit vollständig einzustellen. „priorität“ lässt stets raum für untergeordnetes. anderenfalls hätte das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen fordern können, der erfolgreichen beendigung der ausbildung die ausschließliche arbeitskraft zukommen zu lassen. des weiteren kann sich die entscheidung nicht (lediglich) auf das letzte semester vor erreichen der förderungshöchstdauer beziehen. sie bezieht sich auf die priorität der erfolgreichen beendigung der ausbildung „vor allem in den letzten studiensemestern“ (plural), also auf einen größeren zeitraum als das letzte semester vor erreichen der förderungshöchstdauer. 41soweit ältere erstinstanzliche entscheidungen eine forderung enthalten, gremientätigkeit im letzten semester vor erreichen der förderungshöchstdauer einzustellen, mit der folge, sie nicht bei einer entscheidung nach § 15 abs. 3 nr. 3 bafög zu berücksichtigen, 42vgl. vg freiburg, beschluss vom 30. januar 1981- 7 k 259/80 -, beckrs 2010, 51394, 43ist diese rechtsprechung zu diplomstudiengängen mit einem prüfungsrhythmus ergangen, der mit dem in examensstudiengängen vergleichbar ist. die diesbezüglichen überlegungen, eine anerkennung von gremientätigkeiten gemäß § 15 abs. 3 nr. 3 bafög im letzten semester vor erreichen der förderungshöchstdauer könne wegen dieses prüfungsrhythmus eine förderung um ein weiteres semester bedeuten, kann auf modulare studiengänge und mit blick auf die in § 15 abs. 3 nr. 3 bafög eine stütze findende verwaltungspraxis, den „angemessenen zeitraum“ einer verlängerten ausbildungsförderung über die förderungshöchstdauer hinaus in der regel monatsscharf zu ermitteln und festzusetzen, nicht weiter überzeugen. 44soweit das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen im vorerwähnten beschluss vom 27. juni 2012 zum beispielhaften vergleich auf einen beschluss des verwaltungsgerichts leipzig vom 11. juli 2003 verweist, steht dieser einer berücksichtigung der vorliegend von der klägerin ausgeübten gremientätigkeit bei der entscheidung nach § 15 abs. 3 nr. 3 bafög nicht entgegen. für den leitsatz „ein anspruch auf ausbildungsförderung über die förderungshöchstdauer hinaus besteht jedenfalls dann nicht, wenn der auszubildende die gremientätigkeit erst im letzten semester der regelstudienzeit aufnimmt und sich zu diesem zeitpunkt bereits mit studien- oder prüfungsleistungen im rückstand befindet“, 45vg leipzig, beschluss vom 11. juli 2003 - 2 k 973/03 -, juris, 46folgt dies schon daraus, dass die klägerin die von ihr ausgeübte gremientätigkeit nicht erst im letzten semester ihrer regelstudienzeit aufgenommen, sondern schon weit vorher seit mitte ihres zweiten fachsemesters begonnen hat. die weiteren die entscheidung des verwaltungsgerichtes leipzig tragenden ausführungen sind mit blick auf den zu entscheidenden einzelfall zu würdigen. das verwaltungsgericht leipzig hatte eine einzelfallbezogene abwägungsentscheidung zwischen den rechten und pflichten der studierenden an der mitwirkung in selbstverwaltungsgremien der hochschule einerseits und dem interesse der öffentlichkeit an einer zügigen beendigung des studiums zur sparsamen verwendung öffentlicher förderungsmittel zu treffen. dazu hat es ausgeführt: „jedenfalls im fall der antragstellerin gebührt dem öffentlichen interesse an einer sparsamen verwendung von fördermitteln der vorrang. denn die antragstellerin nahm die gremientätigkeit in dem wissen auf, dass sie sich wegen der nicht bestandenen klausur im fach betriebswirtschaftslehre im wintersemester 2001/2002 bereits im verzug mit ihrer ausbildung befand. befindet sich ein auszubildender in den abschließenden semestern seines studiums mit den regelmäßig zu erbringenden leistungen in rückstand, handelt er gegen sein eigenes wohlverstandenes interesse sowie gegen das interesse der allgemeinheit, diesen rückstand schnellstmöglich aufzuholen und sein studium noch innerhalb der förderungshöchstdauer zum abschluss zu bringen, wenn er sich erstmals in einem gremium engagiert.“. 47vg leipzig, beschluss vom 11. juli 2003 - 2 k 973/03 -, juris, rn. 22. 48auf den vorliegenden fall ist dies schon allein wegen des hier langfristig vorherigen engagements der klägerin im fachschaftsrat nicht im sinne einer fallgruppenbildung übertragbar. 49vielmehr sind weitere ausführungen der vorerwähnten entscheidung in den blick zu nehmen: „zwar verstößt nach der auffassung des gerichts der beginn einer gremientätigkeit in den letzten studiensemestern nicht grundsätzlich gegen die obliegenheit des studierenden, sein studium planvoll und zielstrebig durchzuführen sowie zügig abzuschließen. ein blick auf § 37 abs. 3 hochschulrahmengesetz, nach dem hochschulmitglieder wegen einer tätigkeit in der selbstverwaltung der hochschule nicht benachteiligt werden dürfen, belegt dies grundsätzlich. entsprechendes gilt nach auffassung des gerichts für die tätigkeit im fachschaftsrat, der nach den §§ 74 abs. 2 satz 1, 77 abs. 1, 4 des sächsischen hochschulgesetzes an der selbstverwaltung der hochschule mitwirkt. den rechten und pflichten der studierenden an der mitwirkung in selbstverwaltungsgremien der hochschule steht jedoch das interesse der öffentlichkeit an einer zügigen beendigung des studiums und damit an einer sparsamen verwendung von fördermitteln gegenüber. diese gegenläufigen interessen müssen förderungsrechtlich im einzelfall in einklang gebracht werden.“ 50vg leipzig, beschluss vom 11. juli 2003 - 2 k 973/03 -, juris, rn. 21. 51diese erwägungen zum auch von der kammer getragenen grundsätzlichen benachteiligungsverbot für tätigkeiten in selbstverwaltungs- und mitbestimmungsgremien verdeutlichen gerade das auch in die entscheidung nach § 15 abs. 3 nr. 3 bafög einzustellende grundsätzlich anzuerkennende gewicht der interessen der klägerin an einer gremientätigkeit auch im letzten semester ihrer regelstudienzeit vor erreichen der förderungshöchstdauer. 52soweit die erstinstanzliche rechtsprechung eine gremientätigkeit über die förderungshöchstdauer hinaus als nicht berücksichtigungsfähig im sinne des § 15 abs. 3 nr. 3 bafög einstuft, weil sie nicht mehr mit dem interesse an einer zügigen ausbildung vereinbar sei, 53vgl. vg minden, urteil vom 20. februar 2007- 6 k 3460/06 -, juris, rn. 28 f, 54ist dem zuzustimmen. vorliegend geht es jedoch nicht um eine gremientätigkeit über die förderungshöchstdauer hinaus. 55im übrigen hat die klägerin ihre in der frage der angemessenheit einer verlängerung zu berücksichtigende obliegenheit, ihre ausbildung planvoll, zielstrebig und zügig zum abschluss zu bringen, 56vgl. bverwg, beschluss vom 18. juli 1986 - 5 b 21/85 -, juris, rn. 3 m.w.n.; vg leipzig, beschluss vom 11. juli 2003 - 2 k 973/03 -, juris, rn. 21, 57erkennbar berücksichtigt. sie war lediglich die ersten drei monate ihres letzten semesters vor erreichen der förderungshöchstdauer, mithin die hälfte dieses semesters, in dem gremium tätig. überdies wiesen die von ihr vorgelegten leistungsnachweise keine wesentlichen defizite auf. 58sind nach alledem die drei semester gremientätigkeit der klägerin im fachschaftsrat für die entscheidung nach § 15 abs. 3 nr. 3 bafög zu berücksichtigen, so ist eine weitere verlängerung der ausbildungsförderung in gesetzlicher höhe um eineinhalb monate ab dem 1. januar 2019 angemessen. 59die angemessenheit im sinne des § 15 abs. 3 bafög ist ein unbestimmter rechtsbegriff, der der vollständigen verwaltungsgerichtlichen überprüfung unterliegt. 60vgl. bverwg, beschluss vom 18. juli 1986 - 5 b 21/85 -, juris, rn. 2; vg leipzig, beschluss vom 11. juli 2003 - 2 k 973/03 -, juris, rn. 21. 61unterliegt der begriff der „angemessenen zeit“ als unbestimmter rechtsbegriff der vollen verwaltungsgerichtlichen kontrolle, kann das verwaltungsgericht diesen in der vorliegenden verpflichtungssituation auch ohne vorherige bescheidung der behörde, die eine berücksichtigung der drei monate gremientätigkeit im letzten semester der regelstudienzeit abgelehnt hat, ausfüllen, um die sache im sinne des § 113 abs. 5 satz 1 vwgo spruchreif zu machen. 62die angemessenheit von eineinhalb monaten verlängerung der weiterförderung über die förderungshöchstdauer hinaus ist insbesondere mit blick auf die äquivalente verwaltungsbehördliche berücksichtigung der sechs monate gremientätigkeit gleichen umfangs im vorangegangenen semester zu drei monaten verlängerung der förderung festzustellen. für die sechs monate fachschaftsarbeit der klägerin vom oktober 2017 bis märz 2018 in ihrem fünften semester in identischem umfang von zwölf bis 15 stunden wöchentlicher tätigkeit hat der beklagte drei monate verlängerung der ausbildungsförderung im sinne des § 15 abs. 3 nr. 3 bafög über die förderungshöchstdauer hinaus als „angemessene zeit“ im sinne der vorerwähnten regelung angesehen. 63die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1, 188 satz 2 vwgo. 64die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 abs. 2 und 1 satz 1 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 711, 709 satz 2, 108 abs. 1 satz 1 der zivilprozessordnung. 65die berufung ist gemäß § 124 abs. 1 und 2 nr. 3 vwgo zuzulassen, da die rechtssache hinsichtlich der von der kammer angenommenen grundsätzlichen berücksichtigungsfähigkeit von gremientätigkeit im letzten semester vor erreichen der förderungshöchstdauer für eine entscheidung nach § 15 abs. 3 nr. 3 bafög von grundsätzlicher bedeutung ist.
Klaeger*in
1
126,282
1 O 275/13
2016-02-16T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleitung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt aufgrund eines mit dem Beklagten abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages ein restliches Honorar für die Zeit vom 01.08.2012 bis zum 31.07.2015. 3Die Klägerin hat sich in ihrer geschäftlichen Tätigkeit darauf spezialisiert, Dienstleistungen für Hotel- und Gaststättenbetriebe zu erbringen. Hierzu bietet sie im Rahmen einer „Nutzungsvereinbarung“ neben einer regelmäßig monatlich versandten Managementmappe externe Schulungen, die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch, Teilnahmemöglichkeit an ca. 100 Seminaren jährlich, Fortbildungslehrgängen, Netzwerktreffen, weitere Leistungen zum Marketing und Betriebsorganisation bis hin zu einer Telefonhotline in einem zusammengefassten Leistungspaket an. Weiter bietet sie eine „Schulungs- und Beratungsvereinbarung“ in Form von internen Schulungen, Beratungs- und Besuchsterminen vor Ort im betreuten Betrieb an. Die Anzahl der einzelnen Maßnahmen wird individuell vereinbart. Die Durchführung der Maßnahmen wird individuell gestaltet und entsprechend den Kundenwünschen festgelegt. 4Die Parteien haben am 28.11.2011 eine Schulungs- und Beratungsvereinbarung mit 18 internen Schulungs- oder Beratungseinheiten sowie eine Nutzungsvereinbarung mit einer Laufzeit von 48 Monaten geschlossen. Die monatliche Vergütung betrug für die Schulungs- und Beratungsvereinbarung 855,00 € und für die Nutzungsvereinbarung 750,00 €, wobei es sich um eine aufgrund der vereinbarten Vertragsdauer von 48 Monaten herabgesetzte Vergütung handelte. 5Im Verlaufe des Jahres 2012 kündigten 90 % der Mitarbeiter (Berater) der Klägerin ihren Mitarbeitervertrag mit dieser zum Ende des Monats Juli 2012. Im Rahmen dieser Kündigungen kündigte auch die bis dahin für den Beklagten tätigen Mitarbeiter der Klägerin, Herr X und Herr T, ihr Mitarbeiterverhältnis zur Klägerin. Diese waren bis zum 31.07.2012 die persönlichen Coaches und Trainer des Beklagten gewesen. Im Rahmen dieser Beratungstätigkeit haben die Berater X und T intensiven Einblick in die betrieblichen Verhältnisse sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beklagten erhalten. Es wurde ein sogenannter Finanzcheck durchgeführt, der die Durchsicht und Überprüfung der Summen- und Saldenlisten der betriebswirtschaftlichen Auswertung insgesamt sowie der vorliegenden Jahresabschlüsse beinhaltete. Im Anschluss an die Kurzanalyse wurde sodann ein auf den speziellen Betrieb zugeschnittener Maßnahmekatalog zwischen dem Beklagten und den Beratern X und T erarbeitet. 6Mit Schreiben vom 02.08.2012 kündigte der Beklagte das Vertragsverhältnis fristlos zum 31.07.2012. Zur Begründung führte er aus, er habe aufgrund des Wegfalls aller Berater der Klägerin das Vertrauen verloren, ein neuer Berater sei aufgrund der langen Einarbeitungsphase inakzeptabel, der im Rahmen der Nutzungsvereinbarung übersandte Ordner sei ohne Berater nutzlos. Gleichzeitig stellte der Beklagte seine Zahlung der monatlichen Entgelte für die Dienstleistungen der Klägerin ein. Den daraus resultierenden offenen Honorarbetrag in Höhe von 64.200,00 € macht die Klägerin mit der vorliegenden Klage gegenüber dem Beklagten geltend. 7Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 07.08.2012 wies die Klägerin die Kündigung zurück und kündigte an, ihren Vertragspflichten nachkommen zu wollen. Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 21.08.2012 wegen der Unfähigkeit der Klägerin zur Leistungserbringung an seiner Kündigung festhielt, gab diese mit Schreiben vom 19.10.2012 erneut an, ihre Leistungen zu erbringen und setzte eine Zahlungsfrist zum 26.10.2012. 8Auf Antrag der Klägerin vom 19.12.2012 erging am 20.12.2012 ein Mahnbescheid gegen den Beklagten in Höhe von 9.552,75 €, der ihm am 28.12.2012 zugestellt wurde und gegen den er noch am selben Tag Widerspruch erhob. Nach Zahlung des weiteren Prozesskostenvorschusses im November 2013, ging das Verfahren am 08.11.2013 beim Landgericht ein. Die Klägerin begründete ihren Anspruch klageerweiternd mit Schriftsatz vom 12.11.2015. 9Die Klägerin behauptet, sie sei auch weiterhin in der Lage gewesen, die von ihr geschuldeten Leistungen zu erbringen und habe diese dem Beklagten auch angeboten. Sie habe bereits Anfang August 2012 acht neue Berater eingestellt, die auch heute noch in ihrem Unternehmen tätig seien. 10Die Klägerin ist der Auffassung, die außerordentliche Kündigung des Beklagten sei nicht rechtswirksam erfolgt. Die von ihr ausgeübte Tätigkeit stelle keine Dienste höherer Art dar, so dass eine Kündigung gemäß § 627 BGB nicht in Betracht komme. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Klägerin um eine juristische Person handele. Nach dem Inhalt der Verträge –insoweit unstreitig- habe der Beklagte keinen Anspruch darauf gehabt, einen bestimmten Berater aus dem Stamm der Mitarbeiter der Klägerin zu erhalten. 11Darüber hinaus könne eine etwaige Kündigung gemäß § 627 BGB jedenfalls nicht die Nutzungsvereinbarung erfassen, da diese als eigenständiger Vertrag abgeschlossen sei. Hierzu behauptet sie, dass zahlreiche Kunden eine Nutzungsvereinbarung ohne Beratungsvereinbarung abgeschlossen haben. 12Die Klägerin beantragt, 13den Beklagten zu verurteilen, an sie 64.200,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.12.2015 zu zahlen. 14Der Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Der Beklagte behauptet, die Klägerin habe aufgrund des Umstandes, dass sie 90 Prozent ihres Mitarbeiterstamms im Juli 2012 verloren habe, ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen können. Er habe zu den Mitarbeitern X und T ein besonderes Vertrauensverhältnis entwickelt. Der für ihn tätigen Mitarbeiter hätten über eine besondere Fachkenntnis verfügt, die ein neuer Mitarbeiter nicht ohne für ihn unzumutbare Reibungsverluste hätte erarbeiten können, da auch dieser zunächst zur Durchführung seiner Arbeiten Einblick in seine internen Geschäftsdaten und Abläufe erhalten müsse. Dass die Klägerin nicht in der Lage gewesen sei, ihre Leistungen nach Verlust von 90 Prozent ihrer Mitarbeiter zu erbringen, ergebe sich auch aus deren Sachvortrag im Rechtsstreit vor dem Landgericht L (7 O 1465/12 O 4131/12), in welchem die Klägerin – insoweit unstreitig – vorgetragen habe, dass nahezu alle Mitarbeiter ihr Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin zum Ende des Monats Juli 2012 gekündigt hätten und der Klägerin deswegen nach ihrer eigenen Einschätzung die Insolvenz drohe. 17Der Beklagte ist ferner der Auffassung, bei der Nutzungs- und der Beratervereinbarung handele es sich bei wertender Betrachtung um einen einheitlichen Vertrag, da beide Vereinbarungen in einem untrennbaren Zusammenhang stünden. Alle Inhalte des Nutzungsvertrages seien darauf abgestimmt, dass der Kunde diese gemeinsam im Rahmen persönlicher Betreuung mit dem Berater umsetze. Es handele sich daher um ein Vertragswerk, welches zwar formal aus zwei Teilen bestehe, aber als einheitliches Vertragswerk gehandhabt werde. 18Ein Kündigungsrecht ergebe sich ferner auch vor dem Hintergrund der Gesamtumstände aus § 626 BGB. Schließlich erhebt er die Einrede der Verwirkung. 19Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die Klageerwiderungsschrift Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21Die Klage ist nicht begründet. 22Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 64.200,00 € als Entgelt für die Leistungen aus dem verlängerten Vertrag für Schulungs- und Beratungsvereinbarungen und der Nutzungsvereinbarung. 231. 24Der Beklagte hat rechtswirksam und vollumfassend das Vertragsverhältnis zur Klägerin mit der schriftlichen Kündigung vom 02.08.2012 jedenfalls ab September 2012 außerordentlich gekündigt hat. Ein solches Kündigungsrecht des Beklagten folgt jedenfalls aus § 627 BGB: 25Bei dem Vertrag zwischen den Parteien handelt es sich um einen Dienstleistungsvertrag gemäß § 611 BGB, der unter den in § 627 Abs. 1 BGB genannten Gründen unabhängig von den Voraussetzungen des § 626 BGB gekündigt werden kann. Gemäß § 627 Abs. 1 BGB ist hierzu Voraussetzung, dass die Kündigung eines Dienstverhältnisses erfolgt, welches kein Arbeitsverhältnis darstellt, soweit der zur Dienstleistung Verpflichtete Dienste höherer Art zu leisten hat, die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen werden und sofern es sich nicht um ein dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen handelt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. 26a. 27Die Dienstleistungen der Klägerin haben eine Geschäftsbesorgung im Sinne der §§ 611, 675 BGB zum Gegenstand. Ein Arbeitsverhältnis liegt in Ermangelung einer abhängigen Beschäftigung der Klägerin im arbeitsrechtlichen Sinne ebenso wenig vor wie ein dauerhaftes Dienstverhältnis mit festen Bezügen (vgl. LG Itzehoe, Urteil vom 04.07.2013, 10 O 14/13 m. w. N.; OLG Schleswig, Beschluss vom 16.12.2013, 16 U 86/13). 28Bei der näheren Bestimmung dessen, was unter einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu verstehen ist, ist neben dem Sprachgebrauch und der Verkehrsauffassung der Gesetzeszweck der Gewährleistung der persönlichen Entschließungsfreiheit einerseits und des Schutzes des Vertrauens auf Sicherung der wirtschaftlichen Existenz durch eine auf Dauer vereinbarte feste Entlohnung andererseits maßgeblich zu berücksichtigen. Hiernach muss ein Dienstverhältnis, um ein "dauerndes" zu sein, die Erwerbstätigkeit des Verpflichteten zwar nicht vollständig oder hauptsächlich in Anspruch nehmen; es setzt auch keine soziale und wirtschaftliche Abhängigkeit des Verpflichteten voraus. Allerdings muss eine gewisse persönliche Bindung zwischen den Vertragsparteien bestehen, an der es fehlt, wenn ein Dienstleistungsunternehmen seine Dienste einer großen, unbestimmten und unbegrenzten Zahl von Interessenten anbietet. Dementsprechend ist es im Regelfall erforderlich, dass das Dienstverhältnis die sachlichen und persönlichen Mittel des Dienstverpflichteten nicht nur unerheblich beansprucht. Der grundlegende Gedanke, dass das "dauernde Dienstverhältnis" eine gewisse wirtschaftliche Erheblichkeit und persönliche Bindung für den Dienstverpflichteten mit sich bringen muss, um ein schützenswertes und überwiegendes Vertrauen auf seiner Seite begründen zu können, spiegelt sich auch in dem Erfordernis der Vereinbarung "fester Bezüge" wider. Hierzu bedarf es der Festlegung einer Regelvergütung, mit der ein in einem dauernden Vertragsverhältnis stehender Dienstverpflichteter als nicht unerheblichen Beitrag zur Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz rechnen und planen darf. Die Feststellung dieser Maßgaben obliegt der tatrichterlichen Würdigung (BGH, Urteil vom 22. September 2011 – III ZR 95/11 –, NJW 2011, 3575; Rn. 12 f., juris m. w. N.). 29Das zwischen den Parteien bestehende Dienstverhältnis erfüllt die an die Dauerhaftigkeit und die Regelvergütung zu stellenden Anforderungen vorliegend nicht. 30Der Geschäftsführer der Klägerin hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung erklärt, bei dem Unternehmen der Klägerin handele es sich um das führende Unternehmen am Markt für die Beratung von Gaststätten und Hotelbetrieben. Zum Zeitpunkt Juli 2012 habe die Klägerin rund 300 Unternehmen betreut, die mehr oder weniger gleichmäßig auf die bei ihr tätigen 22 Berater verteilt gewesen seien. Die Berater X und T hätten zwischen 10 und 20 Betrieben betreut. 31Angesichts der hiernach anzunehmenden Größe des von der Klägerin betriebenen Unternehmens, ist die wirtschaftliche Erheblichkeit und persönliche Bindung aufseiten der Klägerin zu verneinen. Denn das Dienstverhältnis mit dem Beklagten nahm mit einem Anteil von 5 bis 10 % der Arbeitskraft der Berater einen vergleichsweise geringen Umfang der persönlichen und sachlichen Mittel der Klägerin in Anspruch. Gleichzeitig erreicht die Höhe der vereinbarten Vergütung nicht das für ein "dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen" im Sinne von § 627 Abs. 1 BGB erforderliche gewisse Maß an wirtschaftlicher Erheblichkeit. Mithin war der Entschließungsfreiheit des Beklagten gegenüber dem Vertrauen der Klägerin auf die Fortsetzung des Dienstverhältnisses und die Erzielung der verabredeten Einkünfte der Vorrang einzuräumen. 32b. 33Zur Überzeugung der Kammer steht ferner fest, dass es sich vorliegend bei den von der Klägerin zu erbringenden Leistungen um Dienste höherer Art im Sinne des § 627 BGB handelt. Dienste höherer Art sind solche, die überdurchschnittliche Kenntnisse oder Fertigkeiten verlangen oder den persönlichen Lebensbereich betreffen. Erforderlich ist zudem, dass die Dienste im Allgemeinen, ihrer Art nach, üblicherweise nur in Folge besonderen, das heißt persönlichen Vertrauens übertragen zu werden pflegen (Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Auflage, § 627, Rn. 2). Hierzu zählen unter anderem Tätigkeiten im Rahmen der wirtschaftlichen Betreuung eines Bauvorhabens, die Projektsteuerung, beratende Tätigkeit, die Tätigkeit eines Managers, eines Werbeberaters, eines Inkassobeauftragten oder allgemein Dienste im Rahmen der freien Berufe (Palandt, a. a. O. mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Im Rahmen der Prüfung der erforderlichen, besonderen Vertrauensstellung steht es der Annahme eines Dienstes höherer Art nicht entgegen, wenn es sich bei dem Dienstverpflichteten um eine juristische Person handelt (BGH NJW 2010, 150). Dies gilt insbesondere, wenn der Dienstverpflichtete im Rahmen einer steuerberatenden oder wirtschaftsprüfenden Tätigkeit Einblick in die Geschäfts-, Berufs-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Dienstberechtigten erlangt. Bei der Beauftragung mit derartigen Dienstleistungen legt der Dienstberechtigte typischerweise einen gesteigerten Wert auf die persönliche Zuverlässigkeit, Loyalität und Seriösität des Dienstverpflichteten; beauftragt er eine juristische Person, so bezieht sich sein damit verbundenes persönliches Vertrauen auch eine entsprechende Auswahl, Zusammensetzung und Überwachung ihrer Organe und Mitarbeiter (BGH NJW 2011, 3575, Rn. 9, juris). 34Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze sind die Voraussetzungen für die Annahme eines Dienstes höherer Art vorliegend gegeben. Die persönlichen Berater des Beklagten waren seit Vertragsbeginn für den Beklagten tätig. Nach dem unwidersprochenen Sachvortrag des Beklagten erzielten diese bei der Zusammenarbeit mit dem Beklagten aufgrund ihrer Sachkompetenz sowie ihres persönlichen Netzwerkes besondere Erfolge. Hieraus hatte sich ein besonderes Vertrauensverhältnis entwickelt. Darüber hinaus haben die Berater X und T im Rahmen der Vorbereitung ihrer Beratungstätigkeit intensive Einblicke in die betrieblichen Verhältnisse sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beklagten erhalten. Im Rahmen des erforderlichen Finanzchecks erhielten sie Einblick in die Summen- und Saldenliste, die betriebswirtschaftlichen Auswertungen insgesamt sowie diejenigen der vorliegenden Jahresabschlüsse. Aufgrund dieser Umstände ist die Tätigkeit der Berater grundsätzlich mit den in der Rechtsprechung anerkannten Fällen der Annahme eines Dienstes höherer Art vergleichbar. 35c. 36Die Klägerin kann der Kündigung auch nicht erfolgreich mit der Begründung entgegentreten, es handele sich bei dem Vertrag über die Schulungs- und Beratungsleistung einerseits und der Nutzungsvereinbarung andererseits um zwei getrennte Verträge, so dass eine etwa berechtigte Kündigung im Hinblick auf die Beratungsvereinbarung jedenfalls nicht die Nutzungsvereinbarung erfasse. Denn entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin, dass die Nutzungsvereinbarung einen eigenständigen Vertrag darstelle, sind zur Überzeugung der Kammer beide Verträge als einheitliches Gesamtwerk zu beurteilen mit der Folge, dass die Kündigung gemäß § 627 BGB beide Verträge erfasst: 37Auch zwei an sich selbstständige Vereinbarungen stellen ein einheitliches Rechtsgeschäft dar, wenn nach den Vorstellungen der Vertragsschließenden die Vereinbarungen nicht für sich allein gelten sollten, sondern gemeinsam miteinander „stehen und fallen“ sollten. Maßgeblich ist insoweit, ob nach den Vorstellungen der Vertragsschließenden die Vereinbarungen kraft ihrer rechtlichen und nicht nur wirtschaftlichen Verbindung Teile eines Gesamtgeschäftes bilden. Dabei sind mehrere Vereinbarungen bereits dann als einheitliches Rechtsgeschäft anzusehen, wenn nur der eine Vertragspartner einen solchen Einheitlichkeitswillen hatte, dieser dem anderen Partner aber erkennbar war und von ihm gebilligt oder zumindest hingenommen wurde (OLG Hamm, Beschluss vom 27.06.2014, Az. 12 U 45/14; Beschluss vom 22.01.2015, Az. 17 U 143/14; OLG Schleswig, Beschluss vom 16.12.2013, 16 U 86/13). Dabei kann der Einheitlichkeitswille vermutet werden, wenn beide Rechtsgeschäfte in derselben Urkunde niedergelegt sind (OLG Schleswig, a. a. O. mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). 38Die von der Klägerin und dem Beklagten getroffene Nutzungsvereinbarung sowie die Schulungs- und Beratungsvereinbarung sind gleichzeitig am 28.11.2011 abgeschlossen worden. Hiernach begründen über die Niederlegung in einer Urkunde hinaus auch der sachliche Zusammenhang der getroffenen Regelungen und des zeitliche Zusammenhang des Vertragsschlusses die Vermutung für eine Einheitlichkeit. Darüber hinaus hat der Beklagte substantiiert dargelegt, dass ihm seitens der Klägerin die jeweiligen Leistungen aus der Nutzungsvereinbarung und aus der Beratungsvereinbarung „als Paket“ angeboten worden sind und dass er den einen ohne den anderen nicht abgeschlossen hätte. Ebenfalls ohne substantiiertes Bestreiten der Klägerin hat der Beklagte ferner vorgetragen, dass die Klägerin stets ihre Verträge einheitlich anbietet und dass in keinem Fall die Kunden lediglich die Nutzungsvereinbarung abgeschlossen hätten. Daraus ergibt sich, dass sowohl die individuellen Beratungen vor Ort als auch die allgemeinen Schulungen und Seminare, die Gegenstand der Nutzungsvereinbarung sind, in einem einheitlichen Konzept das Ziel der Betriebsoptimierung erreichen sollen. Die formale Aufteilung des Vertrages dergestalt, dass durch zwei getrennte Unterschriften die jeweiligen Leistungen gegenzuzeichnen sind, kann daher nicht dazu führen, von getrennten Verträgen auszugehen. 39d. 40Der Wirksamkeit der Kündigung steht schließlich nicht entgegen, dass die monatliche Vergütung der Nutzungsvereinbarung im Hinblick auf die vereinbarte Laufzeit des Vertrages herabgesetzt worden ist. Dieser Umstand mag wegen der vorzeitigen Kündigung ggfs. zu weiteren Zahlungsansprüchen der Klägerin für die Vergangenheit führen. Auf die nach § 627 Abs. 1 BGB geschützte Entschließungsfreiheit des Beklagten hat er indes keinen Einfluss. 41e. 42Nach alledem ist eine wirksame Kündigung des gesamten Vertragsverhältnisses erfolgt. Hiernach kann dahinstehen, ob auch eine außerordentliche Kündigung des Beklagten gemäß § 626 BGB wirksam gewesen wäre oder die Klägerin ihre Ansprüche verwirkt hat. 432. 44Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die monatliche Vergütung für August 2012 gemäß § 628 Abs. 1 S. 1 BGB. Sie hat die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage weder schlüssig dargelegt noch lassen sich diese dem vorgetragenen Sachverhalt entnehmen. Es ist nicht erkennbar, welche vergütungspflichtigen Dienstleistungen die Klägerin für die Zeit vom 01. Bis 03.08.2012 erbracht hat. 453. 46Der im Termin zur mündlichen Verhandlung beantragte weitere Schriftsatznachlass im Hinblick auf die Einordnung eines Dienstverhältnisses als dauerndes mit festen Bezügen war nicht zu gewähren, da die mündliche Verhandlung insoweit keine neuen rechtlichen Ansatzpunkte aufgeworfen hat. Die mit der Anwendung von § 627 BGB zusammenhängenden rechtlichen Gesichtspunkte sind der Klägerin nicht zuletzt aufgrund der Vielzahl der geführten Verfahren bekannt. Soweit die Kammer sich in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der rechtlichen Bewertung auf die Entscheidung des BGH vom 22.09.2011, Az. III ZR 95/11 bezogen hat, war ein Schriftsatznachlass schon deshalb nicht angezeigt, da die Klägerin diese in ihrem Schriftsatz vom 08.02.2016 auf Seite 3 selbst zitiert. 474. 48Da kein Anspruch in der Hauptsache besteht, besteht auch kein Anspruch auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten. 495. 50Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist gegen sicherheitsleitung i.h.v. 110 % des zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die klägerin begehrt aufgrund eines mit dem beklagten abgeschlossenen dienstleistungsvertrages ein restliches honorar für die zeit vom 01.08.2012 bis zum 31.07.2015. 3die klägerin hat sich in ihrer geschäftlichen tätigkeit darauf spezialisiert, dienstleistungen für hotel- und gaststättenbetriebe zu erbringen. hierzu bietet sie im rahmen einer „nutzungsvereinbarung“ neben einer regelmäßig monatlich versandten managementmappe externe schulungen, die möglichkeit zum erfahrungsaustausch, teilnahmemöglichkeit an ca. 100 seminaren jährlich, fortbildungslehrgängen, netzwerktreffen, weitere leistungen zum marketing und betriebsorganisation bis hin zu einer telefonhotline in einem zusammengefassten leistungspaket an. weiter bietet sie eine „schulungs- und beratungsvereinbarung“ in form von internen schulungen, beratungs- und besuchsterminen vor ort im betreuten betrieb an. die anzahl der einzelnen maßnahmen wird individuell vereinbart. die durchführung der maßnahmen wird individuell gestaltet und entsprechend den kundenwünschen festgelegt. 4die parteien haben am 28.11.2011 eine schulungs- und beratungsvereinbarung mit 18 internen schulungs- oder beratungseinheiten sowie eine nutzungsvereinbarung mit einer laufzeit von 48 monaten geschlossen. die monatliche vergütung betrug für die schulungs- und beratungsvereinbarung 855,00 € und für die nutzungsvereinbarung 750,00 €, wobei es sich um eine aufgrund der vereinbarten vertragsdauer von 48 monaten herabgesetzte vergütung handelte. 5im verlaufe des jahres 2012 kündigten 90 % der mitarbeiter (berater) der klägerin ihren mitarbeitervertrag mit dieser zum ende des monats juli 2012. im rahmen dieser kündigungen kündigte auch die bis dahin für den beklagten tätigen mitarbeiter der klägerin, herr x und herr t, ihr mitarbeiterverhältnis zur klägerin. diese waren bis zum 31.07.2012 die persönlichen coaches und trainer des beklagten gewesen. im rahmen dieser beratungstätigkeit haben die berater x und t intensiven einblick in die betrieblichen verhältnisse sowie die einkommens- und vermögensverhältnisse des beklagten erhalten. es wurde ein sogenannter finanzcheck durchgeführt, der die durchsicht und überprüfung der summen- und saldenlisten der betriebswirtschaftlichen auswertung insgesamt sowie der vorliegenden jahresabschlüsse beinhaltete. im anschluss an die kurzanalyse wurde sodann ein auf den speziellen betrieb zugeschnittener maßnahmekatalog zwischen dem beklagten und den beratern x und t erarbeitet. 6mit schreiben vom 02.08.2012 kündigte der beklagte das vertragsverhältnis fristlos zum 31.07.2012. zur begründung führte er aus, er habe aufgrund des wegfalls aller berater der klägerin das vertrauen verloren, ein neuer berater sei aufgrund der langen einarbeitungsphase inakzeptabel, der im rahmen der nutzungsvereinbarung übersandte ordner sei ohne berater nutzlos. gleichzeitig stellte der beklagte seine zahlung der monatlichen entgelte für die dienstleistungen der klägerin ein. den daraus resultierenden offenen honorarbetrag in höhe von 64.200,00 € macht die klägerin mit der vorliegenden klage gegenüber dem beklagten geltend. 7mit schreiben ihrer prozessbevollmächtigten vom 07.08.2012 wies die klägerin die kündigung zurück und kündigte an, ihren vertragspflichten nachkommen zu wollen. nachdem der beklagte mit schreiben vom 21.08.2012 wegen der unfähigkeit der klägerin zur leistungserbringung an seiner kündigung festhielt, gab diese mit schreiben vom 19.10.2012 erneut an, ihre leistungen zu erbringen und setzte eine zahlungsfrist zum 26.10.2012. 8auf antrag der klägerin vom 19.12.2012 erging am 20.12.2012 ein mahnbescheid gegen den beklagten in höhe von 9.552,75 €, der ihm am 28.12.2012 zugestellt wurde und gegen den er noch am selben tag widerspruch erhob. nach zahlung des weiteren prozesskostenvorschusses im november 2013, ging das verfahren am 08.11.2013 beim landgericht ein. die klägerin begründete ihren anspruch klageerweiternd mit schriftsatz vom 12.11.2015. 9die klägerin behauptet, sie sei auch weiterhin in der lage gewesen, die von ihr geschuldeten leistungen zu erbringen und habe diese dem beklagten auch angeboten. sie habe bereits anfang august 2012 acht neue berater eingestellt, die auch heute noch in ihrem unternehmen tätig seien. 10die klägerin ist der auffassung, die außerordentliche kündigung des beklagten sei nicht rechtswirksam erfolgt. die von ihr ausgeübte tätigkeit stelle keine dienste höherer art dar, so dass eine kündigung gemäß § 627 bgb nicht in betracht komme. dies gelte auch vor dem hintergrund, dass es sich bei der klägerin um eine juristische person handele. nach dem inhalt der verträge –insoweit unstreitig- habe der beklagte keinen anspruch darauf gehabt, einen bestimmten berater aus dem stamm der mitarbeiter der klägerin zu erhalten. 11darüber hinaus könne eine etwaige kündigung gemäß § 627 bgb jedenfalls nicht die nutzungsvereinbarung erfassen, da diese als eigenständiger vertrag abgeschlossen sei. hierzu behauptet sie, dass zahlreiche kunden eine nutzungsvereinbarung ohne beratungsvereinbarung abgeschlossen haben. 12die klägerin beantragt, 13den beklagten zu verurteilen, an sie 64.200,00 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 22.12.2015 zu zahlen. 14der beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16der beklagte behauptet, die klägerin habe aufgrund des umstandes, dass sie 90 prozent ihres mitarbeiterstamms im juli 2012 verloren habe, ihre vertraglichen verpflichtungen nicht mehr erfüllen können. er habe zu den mitarbeitern x und t ein besonderes vertrauensverhältnis entwickelt. der für ihn tätigen mitarbeiter hätten über eine besondere fachkenntnis verfügt, die ein neuer mitarbeiter nicht ohne für ihn unzumutbare reibungsverluste hätte erarbeiten können, da auch dieser zunächst zur durchführung seiner arbeiten einblick in seine internen geschäftsdaten und abläufe erhalten müsse. dass die klägerin nicht in der lage gewesen sei, ihre leistungen nach verlust von 90 prozent ihrer mitarbeiter zu erbringen, ergebe sich auch aus deren sachvortrag im rechtsstreit vor dem landgericht l (7 o 1465/12 o 4131/12), in welchem die klägerin – insoweit unstreitig – vorgetragen habe, dass nahezu alle mitarbeiter ihr beschäftigungsverhältnis mit der klägerin zum ende des monats juli 2012 gekündigt hätten und der klägerin deswegen nach ihrer eigenen einschätzung die insolvenz drohe. 17der beklagte ist ferner der auffassung, bei der nutzungs- und der beratervereinbarung handele es sich bei wertender betrachtung um einen einheitlichen vertrag, da beide vereinbarungen in einem untrennbaren zusammenhang stünden. alle inhalte des nutzungsvertrages seien darauf abgestimmt, dass der kunde diese gemeinsam im rahmen persönlicher betreuung mit dem berater umsetze. es handele sich daher um ein vertragswerk, welches zwar formal aus zwei teilen bestehe, aber als einheitliches vertragswerk gehandhabt werde. 18ein kündigungsrecht ergebe sich ferner auch vor dem hintergrund der gesamtumstände aus § 626 bgb. schließlich erhebt er die einrede der verwirkung. 19wegen der weiteren einzelheiten hierzu wird auf die klageerwiderungsschrift bezug genommen. 20
21die klage ist nicht begründet. 22die klägerin hat keinen anspruch gegen den beklagten auf zahlung von 64.200,00 € als entgelt für die leistungen aus dem verlängerten vertrag für schulungs- und beratungsvereinbarungen und der nutzungsvereinbarung. 231. 24der beklagte hat rechtswirksam und vollumfassend das vertragsverhältnis zur klägerin mit der schriftlichen kündigung vom 02.08.2012 jedenfalls ab september 2012 außerordentlich gekündigt hat. ein solches kündigungsrecht des beklagten folgt jedenfalls aus § 627 bgb: 25bei dem vertrag zwischen den parteien handelt es sich um einen dienstleistungsvertrag gemäß § 611 bgb, der unter den in § 627 abs. 1 bgb genannten gründen unabhängig von den voraussetzungen des § 626 bgb gekündigt werden kann. gemäß § 627 abs. 1 bgb ist hierzu voraussetzung, dass die kündigung eines dienstverhältnisses erfolgt, welches kein arbeitsverhältnis darstellt, soweit der zur dienstleistung verpflichtete dienste höherer art zu leisten hat, die aufgrund besonderen vertrauens übertragen werden und sofern es sich nicht um ein dauerndes dienstverhältnis mit festen bezügen handelt. diese voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. 26a. 27die dienstleistungen der klägerin haben eine geschäftsbesorgung im sinne der §§ 611, 675 bgb zum gegenstand. ein arbeitsverhältnis liegt in ermangelung einer abhängigen beschäftigung der klägerin im arbeitsrechtlichen sinne ebenso wenig vor wie ein dauerhaftes dienstverhältnis mit festen bezügen (vgl. lg itzehoe, urteil vom 04.07.2013, 10 o 14/13 m. w. n.; olg schleswig, beschluss vom 16.12.2013, 16 u 86/13). 28bei der näheren bestimmung dessen, was unter einem dauernden dienstverhältnis mit festen bezügen zu verstehen ist, ist neben dem sprachgebrauch und der verkehrsauffassung der gesetzeszweck der gewährleistung der persönlichen entschließungsfreiheit einerseits und des schutzes des vertrauens auf sicherung der wirtschaftlichen existenz durch eine auf dauer vereinbarte feste entlohnung andererseits maßgeblich zu berücksichtigen. hiernach muss ein dienstverhältnis, um ein "dauerndes" zu sein, die erwerbstätigkeit des verpflichteten zwar nicht vollständig oder hauptsächlich in anspruch nehmen; es setzt auch keine soziale und wirtschaftliche abhängigkeit des verpflichteten voraus. allerdings muss eine gewisse persönliche bindung zwischen den vertragsparteien bestehen, an der es fehlt, wenn ein dienstleistungsunternehmen seine dienste einer großen, unbestimmten und unbegrenzten zahl von interessenten anbietet. dementsprechend ist es im regelfall erforderlich, dass das dienstverhältnis die sachlichen und persönlichen mittel des dienstverpflichteten nicht nur unerheblich beansprucht. der grundlegende gedanke, dass das "dauernde dienstverhältnis" eine gewisse wirtschaftliche erheblichkeit und persönliche bindung für den dienstverpflichteten mit sich bringen muss, um ein schützenswertes und überwiegendes vertrauen auf seiner seite begründen zu können, spiegelt sich auch in dem erfordernis der vereinbarung "fester bezüge" wider. hierzu bedarf es der festlegung einer regelvergütung, mit der ein in einem dauernden vertragsverhältnis stehender dienstverpflichteter als nicht unerheblichen beitrag zur sicherung seiner wirtschaftlichen existenz rechnen und planen darf. die feststellung dieser maßgaben obliegt der tatrichterlichen würdigung (bgh, urteil vom 22. september 2011 – iii zr 95/11 –, njw 2011, 3575; rn. 12 f., juris m. w. n.). 29das zwischen den parteien bestehende dienstverhältnis erfüllt die an die dauerhaftigkeit und die regelvergütung zu stellenden anforderungen vorliegend nicht. 30der geschäftsführer der klägerin hat im rahmen seiner persönlichen anhörung erklärt, bei dem unternehmen der klägerin handele es sich um das führende unternehmen am markt für die beratung von gaststätten und hotelbetrieben. zum zeitpunkt juli 2012 habe die klägerin rund 300 unternehmen betreut, die mehr oder weniger gleichmäßig auf die bei ihr tätigen 22 berater verteilt gewesen seien. die berater x und t hätten zwischen 10 und 20 betrieben betreut. 31angesichts der hiernach anzunehmenden größe des von der klägerin betriebenen unternehmens, ist die wirtschaftliche erheblichkeit und persönliche bindung aufseiten der klägerin zu verneinen. denn das dienstverhältnis mit dem beklagten nahm mit einem anteil von 5 bis 10 % der arbeitskraft der berater einen vergleichsweise geringen umfang der persönlichen und sachlichen mittel der klägerin in anspruch. gleichzeitig erreicht die höhe der vereinbarten vergütung nicht das für ein "dauerndes dienstverhältnis mit festen bezügen" im sinne von § 627 abs. 1 bgb erforderliche gewisse maß an wirtschaftlicher erheblichkeit. mithin war der entschließungsfreiheit des beklagten gegenüber dem vertrauen der klägerin auf die fortsetzung des dienstverhältnisses und die erzielung der verabredeten einkünfte der vorrang einzuräumen. 32b. 33zur überzeugung der kammer steht ferner fest, dass es sich vorliegend bei den von der klägerin zu erbringenden leistungen um dienste höherer art im sinne des § 627 bgb handelt. dienste höherer art sind solche, die überdurchschnittliche kenntnisse oder fertigkeiten verlangen oder den persönlichen lebensbereich betreffen. erforderlich ist zudem, dass die dienste im allgemeinen, ihrer art nach, üblicherweise nur in folge besonderen, das heißt persönlichen vertrauens übertragen zu werden pflegen (palandt/weidenkaff, bgb, 74. auflage, § 627, rn. 2). hierzu zählen unter anderem tätigkeiten im rahmen der wirtschaftlichen betreuung eines bauvorhabens, die projektsteuerung, beratende tätigkeit, die tätigkeit eines managers, eines werbeberaters, eines inkassobeauftragten oder allgemein dienste im rahmen der freien berufe (palandt, a. a. o. mit zahlreichen nachweisen aus der rechtsprechung). im rahmen der prüfung der erforderlichen, besonderen vertrauensstellung steht es der annahme eines dienstes höherer art nicht entgegen, wenn es sich bei dem dienstverpflichteten um eine juristische person handelt (bgh njw 2010, 150). dies gilt insbesondere, wenn der dienstverpflichtete im rahmen einer steuerberatenden oder wirtschaftsprüfenden tätigkeit einblick in die geschäfts-, berufs-, einkommens- und vermögensverhältnisse des dienstberechtigten erlangt. bei der beauftragung mit derartigen dienstleistungen legt der dienstberechtigte typischerweise einen gesteigerten wert auf die persönliche zuverlässigkeit, loyalität und seriösität des dienstverpflichteten; beauftragt er eine juristische person, so bezieht sich sein damit verbundenes persönliches vertrauen auch eine entsprechende auswahl, zusammensetzung und überwachung ihrer organe und mitarbeiter (bgh njw 2011, 3575, rn. 9, juris). 34unter berücksichtigung dieser rechtsgrundsätze sind die voraussetzungen für die annahme eines dienstes höherer art vorliegend gegeben. die persönlichen berater des beklagten waren seit vertragsbeginn für den beklagten tätig. nach dem unwidersprochenen sachvortrag des beklagten erzielten diese bei der zusammenarbeit mit dem beklagten aufgrund ihrer sachkompetenz sowie ihres persönlichen netzwerkes besondere erfolge. hieraus hatte sich ein besonderes vertrauensverhältnis entwickelt. darüber hinaus haben die berater x und t im rahmen der vorbereitung ihrer beratungstätigkeit intensive einblicke in die betrieblichen verhältnisse sowie die einkommens- und vermögensverhältnisse des beklagten erhalten. im rahmen des erforderlichen finanzchecks erhielten sie einblick in die summen- und saldenliste, die betriebswirtschaftlichen auswertungen insgesamt sowie diejenigen der vorliegenden jahresabschlüsse. aufgrund dieser umstände ist die tätigkeit der berater grundsätzlich mit den in der rechtsprechung anerkannten fällen der annahme eines dienstes höherer art vergleichbar. 35c. 36die klägerin kann der kündigung auch nicht erfolgreich mit der begründung entgegentreten, es handele sich bei dem vertrag über die schulungs- und beratungsleistung einerseits und der nutzungsvereinbarung andererseits um zwei getrennte verträge, so dass eine etwa berechtigte kündigung im hinblick auf die beratungsvereinbarung jedenfalls nicht die nutzungsvereinbarung erfasse. denn entgegen der rechtsauffassung der klägerin, dass die nutzungsvereinbarung einen eigenständigen vertrag darstelle, sind zur überzeugung der kammer beide verträge als einheitliches gesamtwerk zu beurteilen mit der folge, dass die kündigung gemäß § 627 bgb beide verträge erfasst: 37auch zwei an sich selbstständige vereinbarungen stellen ein einheitliches rechtsgeschäft dar, wenn nach den vorstellungen der vertragsschließenden die vereinbarungen nicht für sich allein gelten sollten, sondern gemeinsam miteinander „stehen und fallen“ sollten. maßgeblich ist insoweit, ob nach den vorstellungen der vertragsschließenden die vereinbarungen kraft ihrer rechtlichen und nicht nur wirtschaftlichen verbindung teile eines gesamtgeschäftes bilden. dabei sind mehrere vereinbarungen bereits dann als einheitliches rechtsgeschäft anzusehen, wenn nur der eine vertragspartner einen solchen einheitlichkeitswillen hatte, dieser dem anderen partner aber erkennbar war und von ihm gebilligt oder zumindest hingenommen wurde (olg hamm, beschluss vom 27.06.2014, az. 12 u 45/14; beschluss vom 22.01.2015, az. 17 u 143/14; olg schleswig, beschluss vom 16.12.2013, 16 u 86/13). dabei kann der einheitlichkeitswille vermutet werden, wenn beide rechtsgeschäfte in derselben urkunde niedergelegt sind (olg schleswig, a. a. o. mit weiteren nachweisen aus der rechtsprechung). 38die von der klägerin und dem beklagten getroffene nutzungsvereinbarung sowie die schulungs- und beratungsvereinbarung sind gleichzeitig am 28.11.2011 abgeschlossen worden. hiernach begründen über die niederlegung in einer urkunde hinaus auch der sachliche zusammenhang der getroffenen regelungen und des zeitliche zusammenhang des vertragsschlusses die vermutung für eine einheitlichkeit. darüber hinaus hat der beklagte substantiiert dargelegt, dass ihm seitens der klägerin die jeweiligen leistungen aus der nutzungsvereinbarung und aus der beratungsvereinbarung „als paket“ angeboten worden sind und dass er den einen ohne den anderen nicht abgeschlossen hätte. ebenfalls ohne substantiiertes bestreiten der klägerin hat der beklagte ferner vorgetragen, dass die klägerin stets ihre verträge einheitlich anbietet und dass in keinem fall die kunden lediglich die nutzungsvereinbarung abgeschlossen hätten. daraus ergibt sich, dass sowohl die individuellen beratungen vor ort als auch die allgemeinen schulungen und seminare, die gegenstand der nutzungsvereinbarung sind, in einem einheitlichen konzept das ziel der betriebsoptimierung erreichen sollen. die formale aufteilung des vertrages dergestalt, dass durch zwei getrennte unterschriften die jeweiligen leistungen gegenzuzeichnen sind, kann daher nicht dazu führen, von getrennten verträgen auszugehen. 39d. 40der wirksamkeit der kündigung steht schließlich nicht entgegen, dass die monatliche vergütung der nutzungsvereinbarung im hinblick auf die vereinbarte laufzeit des vertrages herabgesetzt worden ist. dieser umstand mag wegen der vorzeitigen kündigung ggfs. zu weiteren zahlungsansprüchen der klägerin für die vergangenheit führen. auf die nach § 627 abs. 1 bgb geschützte entschließungsfreiheit des beklagten hat er indes keinen einfluss. 41e. 42nach alledem ist eine wirksame kündigung des gesamten vertragsverhältnisses erfolgt. hiernach kann dahinstehen, ob auch eine außerordentliche kündigung des beklagten gemäß § 626 bgb wirksam gewesen wäre oder die klägerin ihre ansprüche verwirkt hat. 432. 44die klägerin hat auch keinen anspruch auf die monatliche vergütung für august 2012 gemäß § 628 abs. 1 s. 1 bgb. sie hat die voraussetzungen der anspruchsgrundlage weder schlüssig dargelegt noch lassen sich diese dem vorgetragenen sachverhalt entnehmen. es ist nicht erkennbar, welche vergütungspflichtigen dienstleistungen die klägerin für die zeit vom 01. bis 03.08.2012 erbracht hat. 453. 46der im termin zur mündlichen verhandlung beantragte weitere schriftsatznachlass im hinblick auf die einordnung eines dienstverhältnisses als dauerndes mit festen bezügen war nicht zu gewähren, da die mündliche verhandlung insoweit keine neuen rechtlichen ansatzpunkte aufgeworfen hat. die mit der anwendung von § 627 bgb zusammenhängenden rechtlichen gesichtspunkte sind der klägerin nicht zuletzt aufgrund der vielzahl der geführten verfahren bekannt. soweit die kammer sich in der mündlichen verhandlung hinsichtlich der rechtlichen bewertung auf die entscheidung des bgh vom 22.09.2011, az. iii zr 95/11 bezogen hat, war ein schriftsatznachlass schon deshalb nicht angezeigt, da die klägerin diese in ihrem schriftsatz vom 08.02.2016 auf seite 3 selbst zitiert. 474. 48da kein anspruch in der hauptsache besteht, besteht auch kein anspruch auf außergerichtliche rechtsanwaltskosten. 495. 50die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 zpo.
Verklagte*r
0
342,920
14 O 305/20
2022-01-25T00:00:00
Anerkenntnisurteil
Tenor Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.169,78 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.08.2019 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte zu 33% und die Klägerin zu 67%. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um Ansprüche nach einem Verkehrsunfall zwischen einem Pkw und einem Bagger in einer Baustelle in Leverkusen am 25. Juli 2019 gegen 6:45 Uhr. 3Die Klägerin ist - was der Beklagte bestreitet - die Vollkaskoversicherung des Fahrzeugs Skoda Citigo, Kz. ##-## 000, das zum Unfallzeitpunkt von Herrn I geführt worden ist. Der Beklagte war der Führer eines Radladers bzw. Baggers, der sich im Bereich der Baustelle bewegte und der nicht schneller als 20 km/h fahren kann. 4Auf der Straße Cweg fanden im Juli 2019 Bauarbeiten statt. Vor der Baustelle befand sich eine Absperrung mit dem Verkehrsschild „Durchfahrt verboten“ sowie dem Hinweisschild „Anlieger frei bis zur Baustelle“. Der Zeuge I fuhr an dieser Absperrung und den Schildern vorbei in den Baustellenbereich ein. Nachdem er merkte, dass er nicht auf einen von ihm angesteuerten Parkplatz gelangen konnte, versuchte er rückwärts aus der Baustelle wieder herauszufahren. Der Beklagte fuhr mit dem Bagger rückwärts in den linken hinteren Bereich des Pkw rein. Der Beklagte ließ sich nicht einweisen. 5Der oben genannte Pkw wurde beschädigt und musste repariert werden. Als Reparaturkosten sind 6.875,09 € brutto angefallen, die die Klägerin an die Versicherungsnehmerin abzüglich einer Selbstbeteiligung von 300 € gezahlt hat. 6Die Haftpflichtversicherung des Arbeitgebers des Beklagten lehnte eine Schadensregulierung am 08.08.2019 im Namen des Arbeitgebers des Beklagten und des Beklagten ab. 7Der Kläger behauptet, dass er in den vorangegangenen Tagen vor dem Unfall durch die Baustelle auf dem Parkplatz seiner Arbeitgeberin gefahren sei. Am Schadentag sei die Baustelle allerdings verändert worden. Er sei zum Stehen gekommen, weil er einen kreuzenden Radfahrer passieren ließ. 8Der Kläger ist der Ansicht, dass der Beklagte in der Baustelle mit Verkehr von Pkws rechnen musste. Ein Rückwärtsfahren ohne ausreichende Beachtung von Rückschaupflichten sei unzulässig. Ein Verschulden des Pkw Fahrers bestehe nicht, da er darauf habe vertrauen dürfen, dass er wie in den vorherigen Tagen auf den Parkplatz seines Arbeitgebers durch die Baustelle einfahren könne. Auch im Übrigen treffe ihn bei der konkreten Situation am Schadenstag kein Verschulden. 9Der Kläger beantragt, 10den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 6.575,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 8. August 2019 zu bezahlen. 11Der Beklagte beantragt, 12 Klageabweisung. 13Der Beklagte behauptet, der Fahrer des klägerischen Fahrzeuges habe sich an dem Bagger rechts vorbei gezwängt und habe im Baustellenbereich im absoluten Halteverbot parken wollen. 14Der Beklagte ist der Ansicht, dass er angesichts der geltenden Verkehrsregeln, insbesondere des durch Verkehrsschilder angeordneten Durchfahrverbots auf der Baustelle, nicht damit habe rechnen müssen, dass sich andere Verkehrsteilnehmer in seinem Arbeitsbereich befinden. Der Schaden sei ausschließlich durch den Fahrer des klägerischen Fahrzeugs verschuldet worden. 15Das Gericht hat Beweis erhoben in der mündlichen Verhandlung am 21.12.2021 auf Grundlage des Beweisbeschlusses vom 28.09.2021 durch Vernehmung des Zeugen I . Für den Inhalt der Zeugenvernehmung wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. 16Entscheidungsgründe: 17Die zulässige Klage ist teilweise begründet. 18Das Landgericht Köln ist nach §§ 23, 72 GVG und nach §§ 12, 13 sowie § 32 ZPO zuständig. 19Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 2.169,78 € aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 86 Abs. 1 VVG. Der Beklagte ist unstreitig ohne Rückschau und ohne Einweisung mit einem Bagger in einer Baustelle rückwärts gefahren und hat dadurch das bei der Klägerin versicherte Fahrzeug beschädigt. Durch diese Handlung ist eine Eigentumsverletzung bei der Versicherungsnehmerin der Klägerin eingetreten. Diese war auch kausal, weil die Gefahr der Beschädigung fremder Sache adäquate Folge der Fahrbewegung des Beklagten war. Die Rechtswidrigkeit ist indiziert. Sie wird zudem durch den Verstoß gegen § 9 Abs. 5 StVO bestätigt, der auch für den Verkehr auf Baustellen an öffentlichen Straßen gilt. Der Beklagte hat zumindest leicht fahrlässig gehandelt, indem er keine Rückschau vornahm. Zwar ist es nachvollziehbar, dass der Beklagte darauf vertraute, dass keine anderen Verkehrsteilnehmer in der Baustelle zugegen waren. Dieses Vertrauen allein schließt jedoch kein Verschulden aus. Denn die Sorgfaltsanforderungen im Straßenverkehr, auch in Baustellen, erfordern vor jedem Rückwärtsfahren eine Umschau, damit andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet werden. 20Soweit der Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen bestritten hat, war jedoch keine Beweiserhebung notwendig. Denn es steht aufgrund § 286 ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin als Kaskoversicherung gezahlt hat und demnach nach § 86 Abs. 1 VVG aktivlegitimiert ist. Anders erklärt es sich nicht, dass die Klägerin bereits mit der Klage umfangreiche Unterlagen zu einem Verkehrsunfall und den Unfallschäden vorlegen konnte. Dagegen bleibt das zulässige Bestreiten mit Nichtwissen des Beklagten pauschal und vermag keine Zweifel an der Rechtsposition der Klägerin zu wecken. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass ein anderer Versicherer Ansprüche geltend macht oder aber die Versicherungsnehmerin selbst ihren Anspruch durchsetzt. 21Die Haftung des Beklagten wird aber durch ein Mitverschulden des Zeugen I als Fahrer des bei der Klägerin versicherten Fahrzeugs begrenzt. Nach § 254 BGB gilt, wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt hat, dass die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen abhängt, insbesondere davon, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Das Verhalten des Zeugen I als Fahrer ist der Versicherungsnehmerin der Klägerin nach den Grundsätzen der sog. Haftungseinheit auch im Anwendungsbereich von § 254 BGB zurechenbar (BeckOK BGB/Lorenz, 60. Ed. 1.11.2021, BGB § 254 Rn. 47; BGH NJW 1966, 1262). 22Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist dabei das Mitverschulden des Zeugen I an der Schadensentstehung auf 2/3 zu bemessen, was im Rahmen des Tenors mit dem gerundeten Prozentbetrag von 67% ausgedrückt wird. 23Trifft den Geschädigten eine Mitverantwortung, hängt der Umfang der Ersatzpflicht im gesamten Anwendungsbereich des § 254 von einer umfassenden Abwägung und Würdigung aller Umstände des Einzelfalles ab. In die Abwägung fließen nur die Umstände ein, die unstreitig oder bewiesen worden sind oder sonst feststehen (zB auf Grund eines Anscheinsbeweises); insoweit gilt § 286 ZPO und nicht § 287 ZPO. Bei der Abwägung selbst hat das Gericht dagegen einen Beurteilungsspielraum; es greift § 287 ZPO ein (BeckOK BGB/Lorenz, a.a.O., Rn. 53 m.w.N. aus der Rspr. des BGH). 24Insoweit steht aufgrund der Zeugenvernehmung sowie des übrigen Sach- und Streitstandes fest, dass der Zeuge I am Schadenstag erstmals in die Baustelle eingefahren ist, als dort Betrieb herrschte. An Tagen zuvor war der Zeuge I zwar in die Baustelle eingefahren und konnte so auf den Parkplatz seiner Arbeitsstätte ein- bzw. abfahren, jedoch geschah dies zu Zeiten, an denen keine Arbeiten an der Baustelle durchgeführt worden sind. Dies hat der Zeuge in seiner Vernehmung ausdrücklich bekundet. Auch hat er ausgesagt, dass er vor Einfahrt in die größtenteils abgesperrte Baustelle erkannt hat, dass sich der vom Beklagten geführte Bagger bewegte. An der Richtigkeit dieser Aussage hat das Gericht nach dem persönlichen Eindruck des Zeugen sowie der auch angesichts der langen Dauer seit dem Umfall detailreichen und weitestgehend widerspruchsfreien Ausführungen keine Zweifel. Die beiden dargestellten Umstände bestätigen den vom Beklagten vorgetragenen Mitverschuldenseinwand. Denn es ist bereits unabhängig von der Zeugenvernehmung in der Regel fahrlässig mit einem Pkw in eine Baustelle, auf der Betrieb herrscht, einzufahren. Hierin ist die Außerachtlassung derjenigen Sorgfalt zu erkennen, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt (vgl. BeckOK BGB/Lorenz, a.a.O., Rn. 9 f.). Nach der Zeugenaussage ist der Zeuge I sogar sehenden Auges in die Baustelle eingefahren, sodass sein Verschulden auch nicht zu gering zu bemessen ist. Es hätte nahe gelegen und war nach §§ 254, 276 BGB geboten vor Einfahrt in die Baustelle, auf der nach seiner Aussage für ihn erkennbar erstmals Betrieb herrschte, als er durchfahren wollte, sich einen Überblick zu verschaffen. Hierzu hätte er das Fahrzeug etwa zunächst vor der Baustelle abstellen können und zu Fuß einsehen können, ob er mit seinem Fahrzeug auf den Parkplatz gelangen konnte. Dass er aber zunächst vorbei an Absperrungen, die nach seiner eigenen Schilderung wohl auch umpositioniert worden sind, in die Baustelle eingefahren ist, erscheint nicht als Verhalten, das ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer zur Vermeidung von Schaden anzuwenden pflegt. 25Hinzu kommt, dass auch die Betriebsgefahr des Pkw nach § 7 Abs. 1 StVG im Rahmen der Quotierung nach § 254 BGB Beachtung zu finden hat (BeckOK BGB/Lorenz, a.a.O., Rn. 12 f.). Diese tritt hier auch nicht vollkommen zurück. Der Unfall wurde insbesondere nicht durch höhere Gewalt nach § 7 Abs. 2 StVG verursacht. Die Anwendung von § 17 StVG verbietet sich, weil der vom Beklagten geführte Bagger nach § 8 Nr. 1 StVG nicht einer Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG unterliegt. 26Die konkrete Quotierung hat das Gericht nach § 287 ZPO vorgenommen. Dabei erscheint das oben beschriebene Verschulden des Beklagten als geringer als dasjenige des Zeugen I . Jedoch tritt es nicht vollkommen zurück. Dabei ist zu beachten, dass dem Betrieb eines Baggers – auch wenn dafür eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ausgeschlossen ist – ein erhebliches Gefährdungspotential innewohnt, weil es sich um ein großes und viele Tonnen schweres Arbeitsgerät handelt. Dagegen erscheint die Betriebsgefahr eines Pkw, zumal es sich hier um einen Kleinwagen handelt, als erheblich geringer. Auch durfte der Zeuge I grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Beklagte seinen Rückschaupflichten nachkommt oder aber zumindest einen Helfer zur Einweisung bzw. zur Warnung bei Gefahren im rückwärtigen, schwer einsehbaren Bereich nutzt. Er war auch nicht gehalten, den Bereich hinter dem Bagger, der trotz Absperrungen faktisch erreichbar war und zudem durch das vorhandene Verkehrsschild mit dem Hinweis „Anlieger frei“, wobei es offenbleiben kann ob es zudem hieß „bis zur Baustelle“, absolut zu meiden (vgl. etwa auch KG Urt. v. 12.2.2004 – 12 U 258/02, BeckRS 2004, 5252). Die damit verbundene Gefahr hat er jedoch zu vertreten. Da der Verschuldensvorwurf an den Zeugen I bei wertender Betrachtung etwas gravierender ist, erscheint die Aufteilung in einer Quote von einem 1/3 zu Lasten des Beklagten und 2/3 zu Lasten des Zeugen I , mithin auch der Klägerin, als angemessen. 27Da die Schadenshöhe unbestritten ist, ergibt sich bei Quotierung der tenorierte Zahlungsbetrag, 28Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709 Nr. 2 ZPO. 29Der Streitwert wird auf 6.575,09 EUR festgesetzt.
der beklagte wird verurteilt, an die klägerin 2.169,78 € nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 08.08.2019 zu zahlen. die kosten des rechtsstreits tragen der beklagte zu 33% und die klägerin zu 67%. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. für die klägerin jedoch nur gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrags. die klägerin kann die zwangsvollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der beklagte vor der zwangsvollstreckung sicherheit in höhe von 110% des zu vollstreckenden betrags leistet. 1
2die parteien streiten um ansprüche nach einem verkehrsunfall zwischen einem pkw und einem bagger in einer baustelle in leverkusen am 25. juli 2019 gegen 6:45 uhr. 3die klägerin ist - was der beklagte bestreitet - die vollkaskoversicherung des fahrzeugs skoda citigo, kz. ##-## 000, das zum unfallzeitpunkt von herrn i geführt worden ist. der beklagte war der führer eines radladers bzw. baggers, der sich im bereich der baustelle bewegte und der nicht schneller als 20 km/h fahren kann. 4auf der straße cweg fanden im juli 2019 bauarbeiten statt. vor der baustelle befand sich eine absperrung mit dem verkehrsschild „durchfahrt verboten“ sowie dem hinweisschild „anlieger frei bis zur baustelle“. der zeuge i fuhr an dieser absperrung und den schildern vorbei in den baustellenbereich ein. nachdem er merkte, dass er nicht auf einen von ihm angesteuerten parkplatz gelangen konnte, versuchte er rückwärts aus der baustelle wieder herauszufahren. der beklagte fuhr mit dem bagger rückwärts in den linken hinteren bereich des pkw rein. der beklagte ließ sich nicht einweisen. 5der oben genannte pkw wurde beschädigt und musste repariert werden. als reparaturkosten sind 6.875,09 € brutto angefallen, die die klägerin an die versicherungsnehmerin abzüglich einer selbstbeteiligung von 300 € gezahlt hat. 6die haftpflichtversicherung des arbeitgebers des beklagten lehnte eine schadensregulierung am 08.08.2019 im namen des arbeitgebers des beklagten und des beklagten ab. 7der kläger behauptet, dass er in den vorangegangenen tagen vor dem unfall durch die baustelle auf dem parkplatz seiner arbeitgeberin gefahren sei. am schadentag sei die baustelle allerdings verändert worden. er sei zum stehen gekommen, weil er einen kreuzenden radfahrer passieren ließ. 8der kläger ist der ansicht, dass der beklagte in der baustelle mit verkehr von pkws rechnen musste. ein rückwärtsfahren ohne ausreichende beachtung von rückschaupflichten sei unzulässig. ein verschulden des pkw fahrers bestehe nicht, da er darauf habe vertrauen dürfen, dass er wie in den vorherigen tagen auf den parkplatz seines arbeitgebers durch die baustelle einfahren könne. auch im übrigen treffe ihn bei der konkreten situation am schadenstag kein verschulden. 9der kläger beantragt, 10den beklagten zu verurteilen, an die klägerin 6.575,09 € nebst zinsen in höhe von 5% punkten über dem jeweiligen basiszinssatz hieraus seit dem 8. august 2019 zu bezahlen. 11der beklagte beantragt, 12 klageabweisung. 13der beklagte behauptet, der fahrer des klägerischen fahrzeuges habe sich an dem bagger rechts vorbei gezwängt und habe im baustellenbereich im absoluten halteverbot parken wollen. 14der beklagte ist der ansicht, dass er angesichts der geltenden verkehrsregeln, insbesondere des durch verkehrsschilder angeordneten durchfahrverbots auf der baustelle, nicht damit habe rechnen müssen, dass sich andere verkehrsteilnehmer in seinem arbeitsbereich befinden. der schaden sei ausschließlich durch den fahrer des klägerischen fahrzeugs verschuldet worden. 15das gericht hat beweis erhoben in der mündlichen verhandlung am 21.12.2021 auf grundlage des beweisbeschlusses vom 28.09.2021 durch vernehmung des zeugen i . für den inhalt der zeugenvernehmung wird auf das sitzungsprotokoll verwiesen. 16
17die zulässige klage ist teilweise begründet. 18das landgericht köln ist nach §§ 23, 72 gvg und nach §§ 12, 13 sowie § 32 zpo zuständig. 19die klägerin hat gegen den beklagten einen anspruch auf zahlung von 2.169,78 € aus § 823 abs. 1 bgb i.v.m. § 86 abs. 1 vvg. der beklagte ist unstreitig ohne rückschau und ohne einweisung mit einem bagger in einer baustelle rückwärts gefahren und hat dadurch das bei der klägerin versicherte fahrzeug beschädigt. durch diese handlung ist eine eigentumsverletzung bei der versicherungsnehmerin der klägerin eingetreten. diese war auch kausal, weil die gefahr der beschädigung fremder sache adäquate folge der fahrbewegung des beklagten war. die rechtswidrigkeit ist indiziert. sie wird zudem durch den verstoß gegen § 9 abs. 5 stvo bestätigt, der auch für den verkehr auf baustellen an öffentlichen straßen gilt. der beklagte hat zumindest leicht fahrlässig gehandelt, indem er keine rückschau vornahm. zwar ist es nachvollziehbar, dass der beklagte darauf vertraute, dass keine anderen verkehrsteilnehmer in der baustelle zugegen waren. dieses vertrauen allein schließt jedoch kein verschulden aus. denn die sorgfaltsanforderungen im straßenverkehr, auch in baustellen, erfordern vor jedem rückwärtsfahren eine umschau, damit andere verkehrsteilnehmer nicht gefährdet werden. 20soweit der beklagte die aktivlegitimation der klägerin mit nichtwissen bestritten hat, war jedoch keine beweiserhebung notwendig. denn es steht aufgrund § 286 zpo unter berücksichtigung des gesamten inhalts der verhandlungen zur überzeugung des gerichts fest, dass die klägerin als kaskoversicherung gezahlt hat und demnach nach § 86 abs. 1 vvg aktivlegitimiert ist. anders erklärt es sich nicht, dass die klägerin bereits mit der klage umfangreiche unterlagen zu einem verkehrsunfall und den unfallschäden vorlegen konnte. dagegen bleibt das zulässige bestreiten mit nichtwissen des beklagten pauschal und vermag keine zweifel an der rechtsposition der klägerin zu wecken. insbesondere ist nicht ersichtlich, dass ein anderer versicherer ansprüche geltend macht oder aber die versicherungsnehmerin selbst ihren anspruch durchsetzt. 21die haftung des beklagten wird aber durch ein mitverschulden des zeugen i als fahrer des bei der klägerin versicherten fahrzeugs begrenzt. nach § 254 bgb gilt, wenn bei der entstehung des schadens ein verschulden des beschädigten mitgewirkt hat, dass die verpflichtung zum ersatz sowie der umfang des zu leistenden ersatzes von den umständen abhängt, insbesondere davon, inwieweit der schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen teil verursacht worden ist. das verhalten des zeugen i als fahrer ist der versicherungsnehmerin der klägerin nach den grundsätzen der sog. haftungseinheit auch im anwendungsbereich von § 254 bgb zurechenbar (beckok bgb/lorenz, 60. ed. 1.11.2021, bgb § 254 rn. 47; bgh njw 1966, 1262). 22nach dem ergebnis der beweisaufnahme ist dabei das mitverschulden des zeugen i an der schadensentstehung auf 2/3 zu bemessen, was im rahmen des tenors mit dem gerundeten prozentbetrag von 67% ausgedrückt wird. 23trifft den geschädigten eine mitverantwortung, hängt der umfang der ersatzpflicht im gesamten anwendungsbereich des § 254 von einer umfassenden abwägung und würdigung aller umstände des einzelfalles ab. in die abwägung fließen nur die umstände ein, die unstreitig oder bewiesen worden sind oder sonst feststehen (zb auf grund eines anscheinsbeweises); insoweit gilt § 286 zpo und nicht § 287 zpo. bei der abwägung selbst hat das gericht dagegen einen beurteilungsspielraum; es greift § 287 zpo ein (beckok bgb/lorenz, a.a.o., rn. 53 m.w.n. aus der rspr. des bgh). 24insoweit steht aufgrund der zeugenvernehmung sowie des übrigen sach- und streitstandes fest, dass der zeuge i am schadenstag erstmals in die baustelle eingefahren ist, als dort betrieb herrschte. an tagen zuvor war der zeuge i zwar in die baustelle eingefahren und konnte so auf den parkplatz seiner arbeitsstätte ein- bzw. abfahren, jedoch geschah dies zu zeiten, an denen keine arbeiten an der baustelle durchgeführt worden sind. dies hat der zeuge in seiner vernehmung ausdrücklich bekundet. auch hat er ausgesagt, dass er vor einfahrt in die größtenteils abgesperrte baustelle erkannt hat, dass sich der vom beklagten geführte bagger bewegte. an der richtigkeit dieser aussage hat das gericht nach dem persönlichen eindruck des zeugen sowie der auch angesichts der langen dauer seit dem umfall detailreichen und weitestgehend widerspruchsfreien ausführungen keine zweifel. die beiden dargestellten umstände bestätigen den vom beklagten vorgetragenen mitverschuldenseinwand. denn es ist bereits unabhängig von der zeugenvernehmung in der regel fahrlässig mit einem pkw in eine baustelle, auf der betrieb herrscht, einzufahren. hierin ist die außerachtlassung derjenigen sorgfalt zu erkennen, die ein ordentlicher und verständiger mensch zur vermeidung eigenen schadens anzuwenden pflegt (vgl. beckok bgb/lorenz, a.a.o., rn. 9 f.). nach der zeugenaussage ist der zeuge i sogar sehenden auges in die baustelle eingefahren, sodass sein verschulden auch nicht zu gering zu bemessen ist. es hätte nahe gelegen und war nach §§ 254, 276 bgb geboten vor einfahrt in die baustelle, auf der nach seiner aussage für ihn erkennbar erstmals betrieb herrschte, als er durchfahren wollte, sich einen überblick zu verschaffen. hierzu hätte er das fahrzeug etwa zunächst vor der baustelle abstellen können und zu fuß einsehen können, ob er mit seinem fahrzeug auf den parkplatz gelangen konnte. dass er aber zunächst vorbei an absperrungen, die nach seiner eigenen schilderung wohl auch umpositioniert worden sind, in die baustelle eingefahren ist, erscheint nicht als verhalten, das ein aufmerksamer verkehrsteilnehmer zur vermeidung von schaden anzuwenden pflegt. 25hinzu kommt, dass auch die betriebsgefahr des pkw nach § 7 abs. 1 stvg im rahmen der quotierung nach § 254 bgb beachtung zu finden hat (beckok bgb/lorenz, a.a.o., rn. 12 f.). diese tritt hier auch nicht vollkommen zurück. der unfall wurde insbesondere nicht durch höhere gewalt nach § 7 abs. 2 stvg verursacht. die anwendung von § 17 stvg verbietet sich, weil der vom beklagten geführte bagger nach § 8 nr. 1 stvg nicht einer haftung nach § 7 abs. 1 stvg unterliegt. 26die konkrete quotierung hat das gericht nach § 287 zpo vorgenommen. dabei erscheint das oben beschriebene verschulden des beklagten als geringer als dasjenige des zeugen i . jedoch tritt es nicht vollkommen zurück. dabei ist zu beachten, dass dem betrieb eines baggers – auch wenn dafür eine haftung nach § 7 abs. 1 stvg ausgeschlossen ist – ein erhebliches gefährdungspotential innewohnt, weil es sich um ein großes und viele tonnen schweres arbeitsgerät handelt. dagegen erscheint die betriebsgefahr eines pkw, zumal es sich hier um einen kleinwagen handelt, als erheblich geringer. auch durfte der zeuge i grundsätzlich darauf vertrauen, dass der beklagte seinen rückschaupflichten nachkommt oder aber zumindest einen helfer zur einweisung bzw. zur warnung bei gefahren im rückwärtigen, schwer einsehbaren bereich nutzt. er war auch nicht gehalten, den bereich hinter dem bagger, der trotz absperrungen faktisch erreichbar war und zudem durch das vorhandene verkehrsschild mit dem hinweis „anlieger frei“, wobei es offenbleiben kann ob es zudem hieß „bis zur baustelle“, absolut zu meiden (vgl. etwa auch kg urt. v. 12.2.2004 – 12 u 258/02, beckrs 2004, 5252). die damit verbundene gefahr hat er jedoch zu vertreten. da der verschuldensvorwurf an den zeugen i bei wertender betrachtung etwas gravierender ist, erscheint die aufteilung in einer quote von einem 1/3 zu lasten des beklagten und 2/3 zu lasten des zeugen i , mithin auch der klägerin, als angemessen. 27da die schadenshöhe unbestritten ist, ergibt sich bei quotierung der tenorierte zahlungsbetrag, 28die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 abs. 1, 708 nr. 11, 709 nr. 2 zpo. 29der streitwert wird auf 6.575,09 eur festgesetzt.
Klaeger*in
1
173,592
10 O 103/13
2014-07-08T00:00:00
Urteil
Tenor Der Beklagte wird verurteilt, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Löschung der mit Nr. xxx eingetragenen Wort-/Bildmarke g.de einzuwilligen hinsichtlich a)sämtlicher Waren der Klasse 11, nämlich Grillgeräte (Küchengeräte) und deren Zubehör, soweit in Klasse 11 enthalten und b)sämtlicher Waren der Klassen 21, nämlich Haushaltswaren, soweit in Klasse 21 enthalten, nämlich Küchengeräte (nicht elektrisch), Reinigungsgeräte (nicht elektrisch); Grillutensilien und –zubehör aus Stein, Metall, Nylon oder Kunststoff, nämlich Bratflächen, Bratpinsel, Bratpfannen, Bratspieße, Grillbürsten, Grillroste (Küchengeräte), Grillständer, Grillgeschirr. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist ein niederländisches Unternehmen mit Sitz in W.. Sie ist Inhaberin der EU-Marke yyy G. Diese Bildmarke wurde auf Anmeldung vom 15.11.2004 am 25.01.2006 in das Register beim Europäischen Markenamt eingetragen mit Schutz für Waren der Klassen 3, 4, 11, 20 und 21.Der Beklagte ist Inhaber der Deutschen Wort-Bildmarke Marke xxx g.de, die auf Anmeldung vom 13.08.2008 beim DPMA am 13.11.2008 in das Deutsche Register mit Schutz für die Klassen 11, 21 und 35 eingetragen wurde. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 19.12.2008. 3Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom 05.07.2011 zur Teillöschung des Warenverzeichnisses der Deutschen Marke xxx g.de als Wort-/Bildmarke auf, hinsichtlich sämtlicher Waren der Klasse 11 und 21 sowie hinsichtlich der Dienstleistungen „Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen, auch online, nämlich in Bezug auf Grillgeräte und deren Zubehör“ der Klasse 35.Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.11.2011 lehnte der Beklagte die Teillöschung des Warenverzeichnisses der angegriffenen Marke g.de ab. 4Mit Schreiben vom 26.11.2013 stellte die Klägerin Antrag auf Löschung der stretigegenständlichen Marke des Bekklagten wegen Verfalls beim DPMA. Mit Schreiben vom 2014 widersprach der Beklagte diesem Antrag. 5Die Klägerin hält die streitgegenständliche Deutsche Marke des Beklagten mit ihrer Klageerweiterung vom 24.02.2014 insgesamt für löschungsreif, da der Beklagte diese Wort - Bildmarke allein zum Betrieb seines Internetshops, nicht jedoch rechtserhaltend i.S.v. § 26 MarkenG als Herkunftshinweis benutzt habe.Hilfsweise verfolgt die Klägerin ihren mit der Klageschrift vom 13.11.2013 geltend gemachten Anspruch auf Teillöschung der Deutschen Marke des Beklagten nach§§ 9 Abs. 1 Ziff. 2 i.V.m. § 125b Ziff. 1 MarkenG weiter.Die Klägerin ist der Auffassung, vom Schutzumfang ihrer Markeneintragung für die Waren der Klassen 11 und 21 seien auch noch die korrespondierenden „Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen, auch online, nämlich in Bezug auf Grillgeräte und deren Zubehör der Klasse 35 der angegriffenen prioritätsjüngeren Marke g.de mit umfasst. Es bestehe somit im Hinblick auf die angegriffenen Waren- und Dienstleistungen vollständige Identität. Die Klägerin, die nach eigenen Angaben selbst keinen Onlinesop unter ihrer Marke betreibt, behauptet, sie veräußere, ebenso wie der Beklagte, Grills an Verbraucher und benutze ihre Gemeinschaftsmarke Gdurch ihre Lizenznehmer, die B.gesellschaften in über 130 B.-Fachzentren umfangreich.Die Klägerin beantragt, 6den Beklagten zu verurteilen, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Löschung der mit Nr. xxx eingetragenen Wortbildmarke g.de einzuwilligen, 7hilfsweise, 8den Beklagten zu verurteilen, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt mit Sitz in München in die Löschunga)sämtlicher Waren der Klasse 11, nämlich Grillgeräte (Küchengeräte) und deren Zubehör, soweit in Klasse 11 enthalten undb)sämtlicher Waren der Klassen 21, nämlich Haushaltswaren, soweit in Klasse 21 enthalten, nämlich Küchengeräte (nicht elektrisch), Reinigungsgeräte (nicht elektrisch); Grillutensilien und –zubehör aus Stein, Metall, Nylon oder Kunststoff, nämlich Bratflächen, Bratpinsel, Bratpfannen, Bratspieße, Grillbürsten, Grillroste (Küchengeräte), Grillständer, Grillgeschirr undc)der Dienstleistungen „Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen, auch online, nämlich in Bezug auf Grillgeräte und deren Zubehör“ der Klasse 35der Deutschen Marke xxx „g.de“ einzuwilligen. 9Der Beklagte erkennt den Hauptantrag der Klägerin auf Einwilligung in die Löschung seiner mit Nr. xxx eingetragenen Wort-/Bildmarke „g.de“ an, soweit der Schutzbereich sämtlicher Waren der Klasse 11 und 21 betroffen ist.Der Beklagte beantragt im Übrigen, 10die Klage abzuweisen. 11Der Beklagte ist unter Hinweis auf die mit dem Anlagenkonvolut B 5 überreichten Unterlagen der Auffassung, er habe seine prioritätsjüngere Marke für die eingetragenen Dienstleistungen der Klasse 35 sowohl off- als auch online rechtserhaltend genutzt. Der Beklagte verweist darauf, dass unter der bereits 2005 angemeldeten und am 03.04.2005 bei der DENIC eG registrierten Domain „G.de“ seit dem Jahre 2008 bis heute einen Onlineshop betreibt und mit Grills, deren Zubehör, Outdoor, Lifestyle, Heizstrahler und Ethanol-Grills handelt. Zudem verweist der Beklagte auf den seit Mitte 2012 betriebenen Ladenverkauf in Gütersloh, der eine markenmäßige Verwendung der eingetragenen Wort-/Bildmarke „G.de“ hinsichtlich der Werbemaßnahmen. Geschäftspapieren und der Berufskleidung sowie Verpackungsmaterial beinhalte. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14Soweit der Beklagte den Antrag auf Löschung seiner eingetragenen Wort-Bildmarkeg.de im Hinblick auf den Schutzbereich sämtlicher Waren in den Klassen 11 und 21 wegen Verfalls anerkannt hat, war der Beklagte gemäß seinem Teilanerkenntnis nach § 307 ZPO zu verurteilen. 15Die weitergehende Klage ist nicht begründet. 16Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf Löschung der eingetragenen Wort-Bildmarke „g.de“ des Beklagten wegen Verfalls hinsichtlich der in Klasse 35 geschützten Dienstleistungen, noch ein Anspruch auf Teillöschung hinsichtlich der Dienstleistungen „Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen, auch online, nämlich in Bezug auf Grillgeräte und deren Zubehör“ der Klasse 35 aus § 9 Abs. 1 Ziff. 2 i.V.m. § 125b Zifff. 1 MarkenG wegen bestehender Verwechslungsgefahr zu. 17Nach § 49 Abs. 1 S. 1 MarkenG tritt Löschungsreife wegen Verfalls ein, wenn die Marke nach dem Tag der Eintragung innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren nicht gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist. Ferner bleibt nach § 49 Abs. 1 S. 3 und 4 MarkenG eine Benutzung innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten vor der Stellung des Löschungsantrages beim Patentamt unberücksichtigt.Die Klägerin hat mit Schreiben vom 26.11.2013 Antrag auf Löschung der streitgegenständlichen Marke wegen Verfalls gestellt. Mit Schreiben vom 30.01.2014 hat der Beklagte der Löschung widersprochen. Die dreimonatige Frist nach Zustellung der Mitteilung nach § 53 Abs. 4 wurde die Erweiterung vom 24.02.2014, dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 03.03.2014 zugestellt, gewahrt.Maßgeblich ist danach der Zeitraum vom 13.11.2008 bis zum 26.08.2013. 18Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Löschungsklage trifft die Klägerin, wobei dem Beklagten nach den Grundsätzen von Treu und Glauben des § 242 BGB eine sekundäre Darlegungspflicht trifft, vgl. BGH- LOTTO CARD- GRUR 2009, 60 f., RN 19 m.w.N..Diesen ihr obliegenden Beweis hat die Klägerin nicht gebracht.Der Beklagte ist seiner sekundären Darlegungslast ausreichend nachgekommen. Seine Ausführungen und die unterstützend vorgelegten Unterlagen der Anlage B6 sowie die im Termin vom 11.03.2014 vorgelegten Dienstkleidung des Beklagten und seiner Mitarbeiter belegen eine markenmäßige rechtserhaltenden Nutzung i.S.v.§ 26 MarkenG und nicht nur eine nicht ausreichende Benutzung als Unternehmenskennzeichen des Beklagten. 19Die rechtserhaltende Benutzung i.S.v. § 26 MarkenG einer Dienstleistung, nur diese ist nach dem Teilanerkenntnis des Beklagten noch im Streit, setzt voraus, dass die Marken für Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Inland ernsthaft benutzt worden ist. Dabei muss die Verwendung der Hauptfunktion der Marke entsprechen; der angesprochen Verkehr muss die Benutzung des Kennzeichens zumindest auch als Unterscheidungszeichen für die Dienstleistung ansehen und das Zeichen als Herkunftshinweis verstehen (vgl. BGH- LOTTO CARD – GRUR 2009, 60 f., RN 22; BGH-AKZENTA-GRUR 2008, 616 f., RN 13). Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei einer Dienstleistung, anders als bei einer Ware, eine körperliche Verbindung zwischen der Marke und dem Produkt nicht möglich ist. Als Benutzungshandlungen i.S.d. § 26 MarkenG kommen daher grundsätzlich nur die Anbringung der Marke am Geschäftslokal sowie eine Benutzung auf Gegenständen in Betracht, die bei der Erbringung der Dienstleistung zum Einsatz gelangen, wie insbesondere auf der Berufskleidung, auf Geschäftsbriefen und –papieren, Prospekten, Preislisten, Rechnungen, Ankündigungen und Werbedrucksachen (vgl. BGH-AKZENTA, aaO). Dabei muss der Verkehr die konkrete Benutzung des Zeichen zumindest auch als Herkunftshinweis verstehen. Er muss erkennen können, dass mit der Verwendung der Bezeichnung nicht nur der Geschäftsbetrieb benannt, sondern auch eine Leistung bezeichnet wird, die aus ihm stammt. Des weiteren muss sich die Benutzung auf eine bestimmte Dienstleistung beziehen. Zu berücksichtigen ist, dass die firmenmäßige Benutzung und die markenmäßige Benutzung bei Dienstleistungsmarken häufiger ineinander übergeht als bei Warenmarken. 20Die vom Beklagten vorgetragenen Umstände der Benutzung der eingetragenen Wort-Bildmarke „g.de“ zur Kennzeichnung der Dienstleistung des Beklagten und seiner Mitarbeiter im Ladenlokal, der Verwendung auf Werbeanzeigen, Kennzeichnung des Ladenlokals, Bewerbung des Onlineshops, Verpackungsmaterial und Rechnungen, belegt durch das Anlagenkonvolut B5, sowie der Aufdruck auf der vorgelegten Dienstkleidung reichen aus, eine markenmäßige Benutzung der eingetragenen Wort-/Bildmarke des Beklagten für die Erbringung der in Klasse 11 geschützten Dienstleistungen darzutun. Insbesondere die vorgelegten Rechnungen des Beklagten, die u.a. auch aus dem maßgeblichen Zeitraum stammen, belegen, dass nicht nur eine firmenmäßige Benutzung, sondern eine markenmäßige Benutzung gegeben ist. Bei der firmenmäßigen Bezeichnung verwendet der Beklagte lediglich die Worte „G.de“, hiervon abgesetzt ist deutlich und auch farblich hervorgehoben die eingetragene Wort-Bildmarke g.de.Auch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch aus § 9 Abs. 1 Ziff. 2 i.V.m.§ 125b Ziff. 1 MarkenG ist nicht begründet.Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Ziff. 2 MarkenG liegen nicht vor. Eine Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 Abs. 1 Ziff. 2 MarkenG ist nicht gegeben.Die für die Klassen 3, 4, 11, 20, 21 eingetragene Gemeinschaftsbildmarke der Klägerin mit dem Eintragungsdatum 25.01.2006 ist prioritätsjünger als die am 13.11.2008 eingetragene Deutsche Wort-Bildmarke des Beklagten.Auf die bereits am 03.04.2005 bei der DENIC eG registrierte Domain „g.de“ kann sich der Beklagte für den maßgeblichen Zeitrang bereits deshalb nicht berufen, weil der Onlineshop unter dieser Domain ausweislich der Bekundungen des Beklagten im Termin vom 11.03.2014 erst 2008 gestartet ist (vgl. hierzu BGH-ahd.de- Urteil vom 19.02.2009 – I ZR 135/06).Der Beklagte benutzt die eingetragene Marke für Dienstleistungen entsprechend den obigen Ausführungen auch markenmäßig.Die Berurteilung der markenrechtlichen Verwechselungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt, ständige Rechtsprechung (vgl. BGH-Kleiner Feigling-GRUR 2004, 598 RN 13 m.w.N.).Die eingetragene Gemeinschaftsbildmarke der Klägerin weist in ihrem Wortbestandteil „g“ nur eine geringe Kennzeichnungskraft auf. Die Anmeldung der Klägerin zur Eintragung einer Wortmarke „g.“ vom 13.01.2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt ist mangels Schutzfähgikeit zurückgewiesen worden (vgl. Anlage B 3). Ihre durchschnittliche Kennzeichenkraft erhält die eingetragene Bildmarke der Klägerin erst durch die graphische Darstellung durch Beifügung des Pfeils und einer angedeuteten Grillschüssel mit Flammen, hervorgehoben durch die rote Farbe.Die eingetragene Gemeinschaftsbildmarke der Klägerin bezieht sich nicht auf den Schutz von Dienstleistungen der Klasse 35.Bei der eingetragenen Wort-Bildmarke des Beklagten ist der Wortbestandteil „G.de“ ebenso nur von geringer Kennzeichnungskraft. Der Zusatz „.de“ hat allein funktionale Bedeutung, in dem er auf die in Deutschland am weitesten verbreitete Top-Level-Domain hinweist (vgl. BGH-RDSL-GRUR 2009, 1055 f. RN 66). Eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft kommt auch hier der Wort-Bildmarke des Beklagten allein durch die graphische Darstellung mit dem aus sechs Sternen bestehenden Sternenbogen sowie der Hervorhebung des Bestandteils Grill und des Sternenbogens in gelber Farbe zu. Zwischen der eingetragenen Wort-Bildmarke des Beklagten und der prioritätsälteren Gemeinschaftsbildmarke der Klägerin steht aufgrund der prägenden graphischen Bestandteile beider Marken allenfalls eine geringe Ähnlichkeit.Eine Gefahr von Verwechselungen einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, ist indes für den Bereich der Dienstleistungen bezogen auf die geschützten Produkte der Klägerin nicht gegeben.Die eingetragene Gemeinschaftsbildmarke der Klägerin ist nicht für den Schutzbereich der Dienstleistungen der Klasse 35 eingetragen. Sie vertreibt die mit der eingetragenen Bildgemeinschaftsmarke versehenen Waren ihren Angaben zufolge im Inland lediglich durch die B.-Gesellschaften in über 130 B.-Fachzentren als Lizenznehmer. Einen eigenen Onlineshop unterhält die Klägerin nach eigenen Angaben nicht. Durch sie selbst erbrachte Dienstleistungen hat die Klägerin für die mit der Bildmarke geschützten Waren nicht substantiiert dargetan. Für die angesprochenen Verkehrskreise ist es bei dem Vertrieb der durch die Bildmarke geschützten Produkte der Klägerin über die B.-Gesellschaften nicht ersichtlich, dass zwischen den auf die bezogenen Waren erbrachten Dienstleistungen und den durch die Deutsche Wort-Bildmarke des Beklagten geschützten Dienstleistungen in dessen Onlineshop und/oder dessen Ladenlokal eine Herkunftsidentität einschließlich der Gefahr besteht, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. 21Auf den durch den Beklagten erhobenen Einwand der fehlenden Benutzung der klägerischen Bildgemeinschaftsmarke kam es daher nicht an. 22Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 ZPO, 45 Abs. 1 S. 2 GKG: 23Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr .11, 711 ZPO.
der beklagte wird verurteilt, gegenüber dem deutschen patent- und markenamt in die löschung der mit nr. xxx eingetragenen wort-/bildmarke g.de einzuwilligen hinsichtlich a)sämtlicher waren der klasse 11, nämlich grillgeräte (küchengeräte) und deren zubehör, soweit in klasse 11 enthalten und b)sämtlicher waren der klassen 21, nämlich haushaltswaren, soweit in klasse 21 enthalten, nämlich küchengeräte (nicht elektrisch), reinigungsgeräte (nicht elektrisch); grillutensilien und –zubehör aus stein, metall, nylon oder kunststoff, nämlich bratflächen, bratpinsel, bratpfannen, bratspieße, grillbürsten, grillroste (küchengeräte), grillständer, grillgeschirr. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der beklagte darf die vollstreckung der klägerin durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2die klägerin ist ein niederländisches unternehmen mit sitz in w.. sie ist inhaberin der eu-marke yyy g. diese bildmarke wurde auf anmeldung vom 15.11.2004 am 25.01.2006 in das register beim europäischen markenamt eingetragen mit schutz für waren der klassen 3, 4, 11, 20 und 21.der beklagte ist inhaber der deutschen wort-bildmarke marke xxx g.de, die auf anmeldung vom 13.08.2008 beim dpma am 13.11.2008 in das deutsche register mit schutz für die klassen 11, 21 und 35 eingetragen wurde. die veröffentlichung der eintragung erfolgte am 19.12.2008. 3die klägerin forderte den beklagten mit schreiben vom 05.07.2011 zur teillöschung des warenverzeichnisses der deutschen marke xxx g.de als wort-/bildmarke auf, hinsichtlich sämtlicher waren der klasse 11 und 21 sowie hinsichtlich der dienstleistungen „groß- und einzelhandelsdienstleistungen, auch online, nämlich in bezug auf grillgeräte und deren zubehör“ der klasse 35.mit anwaltlichem schreiben vom 14.11.2011 lehnte der beklagte die teillöschung des warenverzeichnisses der angegriffenen marke g.de ab. 4mit schreiben vom 26.11.2013 stellte die klägerin antrag auf löschung der stretigegenständlichen marke des bekklagten wegen verfalls beim dpma. mit schreiben vom 2014 widersprach der beklagte diesem antrag. 5die klägerin hält die streitgegenständliche deutsche marke des beklagten mit ihrer klageerweiterung vom 24.02.2014 insgesamt für löschungsreif, da der beklagte diese wort - bildmarke allein zum betrieb seines internetshops, nicht jedoch rechtserhaltend i.s.v. § 26 markeng als herkunftshinweis benutzt habe.hilfsweise verfolgt die klägerin ihren mit der klageschrift vom 13.11.2013 geltend gemachten anspruch auf teillöschung der deutschen marke des beklagten nach§§ 9 abs. 1 ziff. 2 i.v.m. § 125b ziff. 1 markeng weiter.die klägerin ist der auffassung, vom schutzumfang ihrer markeneintragung für die waren der klassen 11 und 21 seien auch noch die korrespondierenden „groß- und einzelhandelsdienstleistungen, auch online, nämlich in bezug auf grillgeräte und deren zubehör der klasse 35 der angegriffenen prioritätsjüngeren marke g.de mit umfasst. es bestehe somit im hinblick auf die angegriffenen waren- und dienstleistungen vollständige identität. die klägerin, die nach eigenen angaben selbst keinen onlinesop unter ihrer marke betreibt, behauptet, sie veräußere, ebenso wie der beklagte, grills an verbraucher und benutze ihre gemeinschaftsmarke gdurch ihre lizenznehmer, die b.gesellschaften in über 130 b.-fachzentren umfangreich.die klägerin beantragt, 6den beklagten zu verurteilen, gegenüber dem deutschen patent- und markenamt in die löschung der mit nr. xxx eingetragenen wortbildmarke g.de einzuwilligen, 7hilfsweise, 8den beklagten zu verurteilen, gegenüber dem deutschen patent- und markenamt mit sitz in münchen in die löschunga)sämtlicher waren der klasse 11, nämlich grillgeräte (küchengeräte) und deren zubehör, soweit in klasse 11 enthalten undb)sämtlicher waren der klassen 21, nämlich haushaltswaren, soweit in klasse 21 enthalten, nämlich küchengeräte (nicht elektrisch), reinigungsgeräte (nicht elektrisch); grillutensilien und –zubehör aus stein, metall, nylon oder kunststoff, nämlich bratflächen, bratpinsel, bratpfannen, bratspieße, grillbürsten, grillroste (küchengeräte), grillständer, grillgeschirr undc)der dienstleistungen „groß- und einzelhandelsdienstleistungen, auch online, nämlich in bezug auf grillgeräte und deren zubehör“ der klasse 35der deutschen marke xxx „g.de“ einzuwilligen. 9der beklagte erkennt den hauptantrag der klägerin auf einwilligung in die löschung seiner mit nr. xxx eingetragenen wort-/bildmarke „g.de“ an, soweit der schutzbereich sämtlicher waren der klasse 11 und 21 betroffen ist.der beklagte beantragt im übrigen, 10die klage abzuweisen. 11der beklagte ist unter hinweis auf die mit dem anlagenkonvolut b 5 überreichten unterlagen der auffassung, er habe seine prioritätsjüngere marke für die eingetragenen dienstleistungen der klasse 35 sowohl off- als auch online rechtserhaltend genutzt. der beklagte verweist darauf, dass unter der bereits 2005 angemeldeten und am 03.04.2005 bei der denic eg registrierten domain „g.de“ seit dem jahre 2008 bis heute einen onlineshop betreibt und mit grills, deren zubehör, outdoor, lifestyle, heizstrahler und ethanol-grills handelt. zudem verweist der beklagte auf den seit mitte 2012 betriebenen ladenverkauf in gütersloh, der eine markenmäßige verwendung der eingetragenen wort-/bildmarke „g.de“ hinsichtlich der werbemaßnahmen. geschäftspapieren und der berufskleidung sowie verpackungsmaterial beinhalte. 12wegen der weiteren einzelheiten des parteivorbringens wird auf den inhalt der gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 13
14soweit der beklagte den antrag auf löschung seiner eingetragenen wort-bildmarkeg.de im hinblick auf den schutzbereich sämtlicher waren in den klassen 11 und 21 wegen verfalls anerkannt hat, war der beklagte gemäß seinem teilanerkenntnis nach § 307 zpo zu verurteilen. 15die weitergehende klage ist nicht begründet. 16der klägerin steht weder ein anspruch auf löschung der eingetragenen wort-bildmarke „g.de“ des beklagten wegen verfalls hinsichtlich der in klasse 35 geschützten dienstleistungen, noch ein anspruch auf teillöschung hinsichtlich der dienstleistungen „groß- und einzelhandelsdienstleistungen, auch online, nämlich in bezug auf grillgeräte und deren zubehör“ der klasse 35 aus § 9 abs. 1 ziff. 2 i.v.m. § 125b zifff. 1 markeng wegen bestehender verwechslungsgefahr zu. 17nach § 49 abs. 1 s. 1 markeng tritt löschungsreife wegen verfalls ein, wenn die marke nach dem tag der eintragung innerhalb eines zeitraumes von fünf jahren nicht gemäß § 26 markeng benutzt worden ist. ferner bleibt nach § 49 abs. 1 s. 3 und 4 markeng eine benutzung innerhalb eines zeitraumes von drei monaten vor der stellung des löschungsantrages beim patentamt unberücksichtigt.die klägerin hat mit schreiben vom 26.11.2013 antrag auf löschung der streitgegenständlichen marke wegen verfalls gestellt. mit schreiben vom 30.01.2014 hat der beklagte der löschung widersprochen. die dreimonatige frist nach zustellung der mitteilung nach § 53 abs. 4 wurde die erweiterung vom 24.02.2014, dem prozessbevollmächtigten des beklagten am 03.03.2014 zugestellt, gewahrt.maßgeblich ist danach der zeitraum vom 13.11.2008 bis zum 26.08.2013. 18die darlegungs- und beweislast für die voraussetzungen der löschungsklage trifft die klägerin, wobei dem beklagten nach den grundsätzen von treu und glauben des § 242 bgb eine sekundäre darlegungspflicht trifft, vgl. bgh- lotto card- grur 2009, 60 f., rn 19 m.w.n..diesen ihr obliegenden beweis hat die klägerin nicht gebracht.der beklagte ist seiner sekundären darlegungslast ausreichend nachgekommen. seine ausführungen und die unterstützend vorgelegten unterlagen der anlage b6 sowie die im termin vom 11.03.2014 vorgelegten dienstkleidung des beklagten und seiner mitarbeiter belegen eine markenmäßige rechtserhaltenden nutzung i.s.v.§ 26 markeng und nicht nur eine nicht ausreichende benutzung als unternehmenskennzeichen des beklagten. 19die rechtserhaltende benutzung i.s.v. § 26 markeng einer dienstleistung, nur diese ist nach dem teilanerkenntnis des beklagten noch im streit, setzt voraus, dass die marken für dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im inland ernsthaft benutzt worden ist. dabei muss die verwendung der hauptfunktion der marke entsprechen; der angesprochen verkehr muss die benutzung des kennzeichens zumindest auch als unterscheidungszeichen für die dienstleistung ansehen und das zeichen als herkunftshinweis verstehen (vgl. bgh- lotto card – grur 2009, 60 f., rn 22; bgh-akzenta-grur 2008, 616 f., rn 13). dabei ist zu berücksichtigen, dass bei einer dienstleistung, anders als bei einer ware, eine körperliche verbindung zwischen der marke und dem produkt nicht möglich ist. als benutzungshandlungen i.s.d. § 26 markeng kommen daher grundsätzlich nur die anbringung der marke am geschäftslokal sowie eine benutzung auf gegenständen in betracht, die bei der erbringung der dienstleistung zum einsatz gelangen, wie insbesondere auf der berufskleidung, auf geschäftsbriefen und –papieren, prospekten, preislisten, rechnungen, ankündigungen und werbedrucksachen (vgl. bgh-akzenta, aao). dabei muss der verkehr die konkrete benutzung des zeichen zumindest auch als herkunftshinweis verstehen. er muss erkennen können, dass mit der verwendung der bezeichnung nicht nur der geschäftsbetrieb benannt, sondern auch eine leistung bezeichnet wird, die aus ihm stammt. des weiteren muss sich die benutzung auf eine bestimmte dienstleistung beziehen. zu berücksichtigen ist, dass die firmenmäßige benutzung und die markenmäßige benutzung bei dienstleistungsmarken häufiger ineinander übergeht als bei warenmarken. 20die vom beklagten vorgetragenen umstände der benutzung der eingetragenen wort-bildmarke „g.de“ zur kennzeichnung der dienstleistung des beklagten und seiner mitarbeiter im ladenlokal, der verwendung auf werbeanzeigen, kennzeichnung des ladenlokals, bewerbung des onlineshops, verpackungsmaterial und rechnungen, belegt durch das anlagenkonvolut b5, sowie der aufdruck auf der vorgelegten dienstkleidung reichen aus, eine markenmäßige benutzung der eingetragenen wort-/bildmarke des beklagten für die erbringung der in klasse 11 geschützten dienstleistungen darzutun. insbesondere die vorgelegten rechnungen des beklagten, die u.a. auch aus dem maßgeblichen zeitraum stammen, belegen, dass nicht nur eine firmenmäßige benutzung, sondern eine markenmäßige benutzung gegeben ist. bei der firmenmäßigen bezeichnung verwendet der beklagte lediglich die worte „g.de“, hiervon abgesetzt ist deutlich und auch farblich hervorgehoben die eingetragene wort-bildmarke g.de.auch der hilfsweise geltend gemachte anspruch aus § 9 abs. 1 ziff. 2 i.v.m.§ 125b ziff. 1 markeng ist nicht begründet.die voraussetzungen des § 9 abs. 1 ziff. 2 markeng liegen nicht vor. eine verwechslungsgefahr i.s.d. § 9 abs. 1 ziff. 2 markeng ist nicht gegeben.die für die klassen 3, 4, 11, 20, 21 eingetragene gemeinschaftsbildmarke der klägerin mit dem eintragungsdatum 25.01.2006 ist prioritätsjünger als die am 13.11.2008 eingetragene deutsche wort-bildmarke des beklagten.auf die bereits am 03.04.2005 bei der denic eg registrierte domain „g.de“ kann sich der beklagte für den maßgeblichen zeitrang bereits deshalb nicht berufen, weil der onlineshop unter dieser domain ausweislich der bekundungen des beklagten im termin vom 11.03.2014 erst 2008 gestartet ist (vgl. hierzu bgh-ahd.de- urteil vom 19.02.2009 – i zr 135/06).der beklagte benutzt die eingetragene marke für dienstleistungen entsprechend den obigen ausführungen auch markenmäßig.die berurteilung der markenrechtlichen verwechselungsgefahr ist unter berücksichtigung aller umstände des einzelfalls vorzunehmen. dabei besteht eine wechselwirkung zwischen den in betracht zu ziehenden faktoren, insbesondere der ähnlichkeit der zeichen und der ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten waren oder dienstleistungen sowie der kennzeichnungskraft der älteren marke, so dass ein geringerer grad der ähnlichkeit der waren oder dienstleistungen durch einen höheren grad der ähnlichkeit der zeichen oder durch eine erhöhte kennzeichnungskraft der älteren marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt, ständige rechtsprechung (vgl. bgh-kleiner feigling-grur 2004, 598 rn 13 m.w.n.).die eingetragene gemeinschaftsbildmarke der klägerin weist in ihrem wortbestandteil „g“ nur eine geringe kennzeichnungskraft auf. die anmeldung der klägerin zur eintragung einer wortmarke „g.“ vom 13.01.2003 beim deutschen patent- und markenamt ist mangels schutzfähgikeit zurückgewiesen worden (vgl. anlage b 3). ihre durchschnittliche kennzeichenkraft erhält die eingetragene bildmarke der klägerin erst durch die graphische darstellung durch beifügung des pfeils und einer angedeuteten grillschüssel mit flammen, hervorgehoben durch die rote farbe.die eingetragene gemeinschaftsbildmarke der klägerin bezieht sich nicht auf den schutz von dienstleistungen der klasse 35.bei der eingetragenen wort-bildmarke des beklagten ist der wortbestandteil „g.de“ ebenso nur von geringer kennzeichnungskraft. der zusatz „.de“ hat allein funktionale bedeutung, in dem er auf die in deutschland am weitesten verbreitete top-level-domain hinweist (vgl. bgh-rdsl-grur 2009, 1055 f. rn 66). eine durchschnittliche kennzeichnungskraft kommt auch hier der wort-bildmarke des beklagten allein durch die graphische darstellung mit dem aus sechs sternen bestehenden sternenbogen sowie der hervorhebung des bestandteils grill und des sternenbogens in gelber farbe zu. zwischen der eingetragenen wort-bildmarke des beklagten und der prioritätsälteren gemeinschaftsbildmarke der klägerin steht aufgrund der prägenden graphischen bestandteile beider marken allenfalls eine geringe ähnlichkeit.eine gefahr von verwechselungen einschließlich der gefahr, dass die marken gedanklich miteinander in verbindung gebracht werden, ist indes für den bereich der dienstleistungen bezogen auf die geschützten produkte der klägerin nicht gegeben.die eingetragene gemeinschaftsbildmarke der klägerin ist nicht für den schutzbereich der dienstleistungen der klasse 35 eingetragen. sie vertreibt die mit der eingetragenen bildgemeinschaftsmarke versehenen waren ihren angaben zufolge im inland lediglich durch die b.-gesellschaften in über 130 b.-fachzentren als lizenznehmer. einen eigenen onlineshop unterhält die klägerin nach eigenen angaben nicht. durch sie selbst erbrachte dienstleistungen hat die klägerin für die mit der bildmarke geschützten waren nicht substantiiert dargetan. für die angesprochenen verkehrskreise ist es bei dem vertrieb der durch die bildmarke geschützten produkte der klägerin über die b.-gesellschaften nicht ersichtlich, dass zwischen den auf die bezogenen waren erbrachten dienstleistungen und den durch die deutsche wort-bildmarke des beklagten geschützten dienstleistungen in dessen onlineshop und/oder dessen ladenlokal eine herkunftsidentität einschließlich der gefahr besteht, dass die marken gedanklich miteinander in verbindung gebracht werden. 21auf den durch den beklagten erhobenen einwand der fehlenden benutzung der klägerischen bildgemeinschaftsmarke kam es daher nicht an. 22die kostenentscheidung folgt aus §§ 92 abs. 1 zpo, 45 abs. 1 s. 2 gkg: 23die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 nr .11, 711 zpo.
Klaeger*in
1
333,117
S 12 VG 3/18
2020-10-27T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die am 00.00.0000 geborene Klägerin stellte am 00.00.0000 einen Antrag auf Leistungen nach dem OEG. Hierbei machte sie geltend, Opfer verschiedenster Gewalttaten durch ihre Mutter, ihren Onkel und durch einen Mitschüler sowie darüber hinaus sexueller Übergriffe durch ihren Vater und einer Vergewaltigung geworden zu sein. 3Die Klägerin legte diverse, insbesondere psychiatrische und psychotherapeutische, Behandlungs- und Arztberichte vor. Der Versuch des Beklagten, Jugendamtsakten beizuziehen blieb erfolglos, da entsprechende Akten nicht mehr vorlagen. Der Beklagte zog ein Urteil des Amtsgerichts B. vom 00.00.1986 bei, in dem der Vater der Klägerin wegen sexuellen Missbrauchs eine Schutzbefohlenen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden war. Das Amtsgericht ging dabei, aufgrund eines Geständnisses des Täters davon aus, dass dieser am 00.00.0000 in der Wohnung seiner geschiedenen Ehefrau – nachdem diese den Geschlechtsverkehr mit ihm abgelehnt hatte – vor den Augen den der damals sechsjährigen Klägerin sein Geschlechtsteil entblößte und sich vor ihr selbst befriedigte. 4Mit Bescheid vom 09.05.2016 lehnte der Beklagte den Antrag ab, da das Vorliegen einer Gewalttat im Sinne des § 1 OEG nicht nachgewiesen sei. 5Hiergegen legte die Klägerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, am 03.06.2016 Widerspruch ein, den sie zunächst damit begründete, die vom Amtsgericht B. abgeurteilte Straftat sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung, die im Bereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern auch gewaltlose Taten erfasse, geeignet, einen Anspruch nach § 1 OEG zu begründen. Daneben liege – soweit Kinder Opfer körperlicher Gewalt würden, die die Erheblichkeitsschwelle überschreiten – eine Körperverletzung im Sinne des § 223 Strafgesetzbuche (StGB) vor, weswegen auch insoweit in tätlicher An-griff vorliege. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gab der Beklagte der Klägerin Gelegenheit, die von ihr behaupteten Gewalttaten näher zu spezifizieren. 6Hierzu führte die Klägerin aus: "Mein Vater hat mich im Alter von sechs Jahren im Jahr 1985 während eines Besuches in Abwesenheit meiner Mutter, eingeladen – wie er es nannte – "ein Spiel" zu spielen. Dabei sollte ich mich neben ihn setzen, meine Füße auf den Tisch stellen und mich unterhalb des Bauchnabels entkleiden. Er entkleidete sich ebenfalls, nahm meine Hand, umfasste damit sein Glied und befriedigte sich. Parallel dazu steckte er mit seiner anderen Hand einen Finger in meiner Scheide. Bei einem weiteren Besuch – etwas später – folgte ein erneutes "Spiel", wobei er meinen Kopf fest an den Haaren packte und ich ihn bei geöffneter Hose oral befriedigen musste. Dabei ejakulierte er in meinen Mund. Diese Vorfälle ereigneten sich beide in den häuslichen Räumlichkeiten meiner Mutter unter der damaligen Adresse T in B." 7Hinsichtlich der behaupteten körperlichen Gewalt durch einen Mitschüler gab die Klägerin an: 8"Die Übergriffe erfolgten durch Schläge und Tritte durch den Mitschüler Q auf dem Schulhof der Grundschule E in den Jahren 1987 und 1988" 9Zu der behaupteten Vergewaltigung erklärte die Klägerin: 10"Die Tat ereignete sich im August 1994 in E. Ich traf S in einer Disco und er lud mich ein, bei ihm im elterlichen Haus zu nächtigen, da seine Eltern nicht da wären. Als wir ankamen zeigte er mir ein Zimmer, wo ich schlafen könnte. In dem Haus machte er Annäherungsversuche und versuchte, mich zu küssen. Ich lehnte ab und bat darum schlafen gehen zu können. Er verließ darauf das Zimmer und ich entkleidete mich bis auf BH und Unterhose und legte mich zu Bett. Mitten in der Nacht wurde ich wach und merkte wie, er sich auf mich legte und versuchte meinen BH zu öffnen. Ich versuchte mich zu wehren und dabei riss der Träger meines BH’s. Er kämpfte mit mir und versuchte weiterhin mich zu entkleiden; dabei zerriss die Unterhose. Als ich völlig nackt war vollzog er den Akt mit mir. Direkt nach der Tat erstattete ich in der Polizeidienststelle in E. Anzeige. 11Die Klägerin machte darüber hinaus weitere Ausführungen zu der behaupteten Gewalt durch ihre Mutter. Hierzu führte sie aus: 12"Die Schläge begannen recht früh – noch vor meiner Einschulung 1984 – und hielten bis zu meinem 18. Lebensjahr an. Meine Mutter schlug mich mehrfach mit einem Ledergürtel, welchen sie dabei doppelt legte. Ich musste mich dabei mit entblößtem Hintern auf einen Stuhl legen und die Schläge mitzählen. Wenn ich nichts still hielt, schlug sie mit allem zu, was in Griffweite war. Mal schlug sie mich spontan mit der bloßen Hand und mal mit einem Holzkleiderbügel. Die Schläge waren willkürlich und nicht auf ein Fehlverhalten von mir zurückzuführen. Sie standen auch in keinem erzieherischen Aspekt zueinander. Sie kamen unerwartet und unvorhersehbar. So wurde ich auch nachts aus dem Schlaf gerissen und verprügelt. Im Jahr 1990 versuchte meine Mutter mich im Spülbecken zu ertränken, in dem sie mich unter Wasser drückte. 13Schließlich führte sie zu behaupteten Gewalttaten durch ihren Onkel aus: 14"Mein Onkel mütterlicherseits wohnte während der 90er Jahre bei meiner Oma in der I-Straße in B. Übergriffsorte waren jeweils I-Straße und die T-Straße in B. Er schlug dort meine Mutter sowie mich mit der Faust blutig. Ein spezielles Datum kann ich nicht nennen, da die Angriffe keiner Regelmäßigkeit unterlagen. Sie waren stets aus Jähzorn erfolgt. Ich kann mich nur an eine Begebenheit sicher erinnern, es war der 00.00.1989 – am Geburtstag meines Onkels – wo meine Mutter und ich ihn bei meiner Oma besuchten. Dort hat ihm sein Geburtstagsgeschenk nicht gefallen er schlug daraufhin auf meine Mutter ein. Als ich mich schützend vor sich stellte, packte er mich an den Haaren, schliff mich daran durch die Wohnung und trat mit dabei mehrmals in den Bauch und schlug mich wiederholt mit der Faust. Eine Zeugin für diesen Vorfall wäre meine Oma gewesen, doch sie ist bereits verstorben." 15Die Klägerin reichte des Weiteren schriftliche Stellungnahmen des Herrn N.N., der Frau F. N., der Zeugin Q. (Mutter der Klägerin), des Herrn N. X. des Herrn P. T. zu den Akten. 16Der Beklagte ermittelte sodann weiter durch Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens durch Frau Diplom-Psychologin X. 17Mit Widerspruchsbescheid vom 27.12.2017 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. 18Am 26.01.2018 hat die Klägerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, Klage erhoben. Im Rahmen der Klage hat sie erneut vorgetragen, ihr Vater habe sie am 00.00.1985 in der elterlichen Wohnung dadurch sexuell missbraucht, dass er vor ihr seinen Penis entblößte und sich vor ihr selbst befriedigte. Darüber hinaus sei sie in der Jahren 1987 bis 1988 Opfer von Übergriffen in Form von Schlägen und Tritten durch einen damaligen Mitschüler auf dem Schulhof der Grundschule E. geworden. Auch habe der Onkel der Klägerin mütterlicherseits diese mehrfach tätlich angegriffen und zwar konkret an seinem Geburtstag am 00.00.1989. Damals habe ihm ein Geburtstagsgeschenk nicht gefallen und er habe ihre Mutter geschlagen. Um diese zu schützen habe sich die Klägerin vor ihre Mutter gestellt, woraufhin ihr Onkel sie an den Haaren durch die Wohnung geschleift und sie mehrfach mit der Faust – auch in den Bauch – geschlagen habe. Auch ihre Mutter sei über einen längeren Zeitraum, nämlich von 1981 bis 1995, körperlich gewalttätig ihr gegenüber gewesen. Sie sei deshalb auch 1993 für einen längeren Zeitraum im Heim gewesen. Auch 1992 bis 1995 habe die Klägerin aufgrund der gewalttätigen Situation im Elternhaus immer wieder Hilfe bei Polizei, Jugendamt und Kinderschutzbund gesucht. Herr X. habe schriftlich im Verwaltungsverfahren bekundet, dass die Klägerin im Mai oder Juni 1993 vollkommen aufgelöst zu ihm nach Hause gekommen sei und über eine Auseinandersetzung mit ihrer Mutter berichtet habe, bei der sie brutal von ihrer Mutter geschlagen worden sei. Im August 1994 sei sie durch Herrn S. sexuell missbraucht worden. Diese zahlreichen Gewalterfahrungen hätten bei ihr eine posttraumatische Belastungsstörung hervorgerufen. Im Übrigen leide sie an einer Borderline-Störung. Die Klägerin hat weiter ausgeführt, sie habe auch Tagebuch geführt. Soweit dem Gericht ein Tagebuch bekannt sei, handele es sich allerdings um eins, welches sie letztlich nur für ihre Mutter geschrieben habe, weil sie gewusst habe, dass diese das Tagebuch lese. Sie habe aber im Anschluss an dieses Tagebuch ein zweites geschrieben, welches dem Zugriff der Mutter entzogen gewesen sei. Aus diesem ergebe sich das Leid, welches sie erfahren habe. Dieses Tagebuch sei ihr vom Zeugen I., ihrem Ex-Partner, entwendet worden. Der Zeuge habe das Tagebuch, welches die Jahre 1992/93 bis 1996 erfasse, als Druckmittel benutzt, um von ihrer Mutter Geld für eine kaputte Couch zu bekommen. Zwar habe ihre Mutter das Geld gezahlt, er habe gleichwohl das Tagebuch nicht zurückgegeben, mit der Begründung, dass es ihm für spätere Belange nützlich sein könnte. 19Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt, 20den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.12.2017 zu verurteilen, ihr ab dem 01.12.2015 Beschädigtenversorgung nach dem OEG i.V.m. BVG zu bewilligen und einen GdS von wenigstens 25 anzuerkennen. 21Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 22die Klage abzuweisen. 23Zur Begründung hat er darauf verwiesen, dass die von der Klägerin geschilderten Taten, mit Ausnahme der abgeurteilten Tat, die aber nicht den Tatbestand einer Gewalttat erfülle, nicht hinreichend nachgewiesen seien. 24Die Kammer hat am 13.11.2018, am 24.09.2019 und am 04.02.2020 Erörterungstermine durchgeführt, in denen der Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert worden ist sowie darüber hinaus die Zeugen Q. und I. vernommen worden sind. Im Rahmen des Termins vom 24.09.2019 hat die Zeugin Q. ein Tagebuch der Klägerin vorgelegt. Dieses ist in Augenschein genommen und der Klägerin dann noch im Termin ausgehändigt worden. Am 25.09.2019 hat die Klägerin es sodann dem Gericht erneut zur Verfügung gestellt. Den Beteiligten ist Gelegenheit gegeben worden, zu den Terminen und den Zeugenaussagen Stellung zu nehmen. Der Vater der Klägerin hat erklärt, von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Die Kammer hat des Weiteren bei der ehemaligen Schule der Klägerin, dem M Gymnasium in B, Ermittlungen im Hinblick auf Fehlzeiten und schulische Leistungen angestellt. 25Der Beklagte sowie die Prozessbevollmächtigte der Klägerin haben übereinstimmend am 27.10.2020 schriftlich erklärt, mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden zu sein. 26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. der der Entscheidung der Kammer zugrunde liegt. 27Entscheidungsgründe: 28Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin wird durch die angefochtenen Be-scheide nicht gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in ihren Rechten verletzt, da diese rechtmäßig sind. Sie hat keinen Anspruch auf Versorgung nach dem OEG (Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten – OEG) in Verbindung mit dem Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz - BVG), da zur Überzeugung der Kammer die allgemeinen Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG nicht hinreichend nachgewiesen sind. 29Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG erhält eine Person, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Voraussetzung für die Annahme des Tatbestands sind damit das Vorliegen eines "vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs", das Vorliegen einer Schädigung sowie das Bestehen von Schädigungsfolgen, wobei die einzelnen Elemente durch einen Ursachenzusammenhang miteinander verbunden sind. 30Bei der Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG ist entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abzustellen (BSG Urteil vom 17.04.2013 – B 9 V 1/12 R = juris Rn. 27; BSG Urteil vom 07.04.2011 – B 9 VG 2/010 R = juris Rn. 32; vgl. auch Bischofs, SGb 2010, 693 f.), wobei je nach Fallkonstellation in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Gesichtspunkte hervorgehoben werden. Leitlinie dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung ist hierbei aber stets der sich aus dem Sinn und Zweck des OEG ergebende Gedanke des Opferschutzes. Grundsätzlich bestimmt sich Vorliegen eines tätlichen Angriffs aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten und liegt im Allgemeinen vor, wenn eine in feindseliger bzw. rechtsfeindlicher Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung gegeben ist, wobei die Angriffshandlung in aller Regel den Tat-bestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt (BSG Urteil vom 17.04.2013 – B 9 V 1/12 R = juris Rn. 27 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R = juris Rn. 25). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff im Sinne des § 240 Strafgesetzbuch (StGB) zeichnet sich der tätliche Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung (Tätlichkeit) gegen eine Person aus, wirkt also kör-perlich (physisch) auf einen anderen ein (BSG Urteil vom 17.04.2013 – B 9 V 1/12 R = juris Rn. 27; BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R = juris Rn. 36). 31Das Vorliegen eines solchen vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs steht zur Überzeugung der Kammer vorliegend nicht mit der hinreichenden Gewissheit fest. 32Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennt das soziale Entschädigungsrecht, also auch das OEG, drei Beweismaßstäbe. Grundsätzlich bedürfen die drei Elemente des Tatbestandes (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfol-gen) des Vollbeweises (vgl. BSG Beschluss vom 12.05.2016 – B 9 V 11/16 B = juris Rn. 9; Rademacker, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 1 OEG Rn 169 m.w.N.). Für die Kausalität selbst hingegen genügt gemäß § 1 Abs. 3 BVG die Wahrscheinlichkeit. 33Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 128 Rn. 3b m.w.N.; Kühl, in: Fichte/Jüttner, SGG. 3. Aufl. 2020, § 103 Rn. 4 m.w.N.). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (BSG Urteil vom 24.11.2010 - B 11 AL 35/09 R = juris Rn. 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 128 Rn. 3b m.w.N.). 34Der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B = juris; vgl. auch Teil C 3.4.1 der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung – VersMedV - vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412), zuletzt geändert durch Arti-kel 27 des Gesetzes vom 12.12.2019 (BGBl. I S. 2652) – Versorgungsmedizinischen Grundsätze). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein "deutliches" Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt. 35Darüber hinaus ist zu beweisrechtlich zu beachten, dass nach Maßgabe des § 15 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), der gemäß § 6 Abs. 3 OEG anzuwenden ist, bei der Entscheidung die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung (also insbesondere auch mit dem tätlichen Angriff) im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrundezulegen sind, wenn sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Bei dem "Glaubhafterscheinen" im Sinne des § 15 Satz 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 128 Rn. 3d m.w.N.), d.h. der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl. BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B = juris). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, d.h. es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 128 Rn. 3d m.w.N.), weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses (kein deutliches) Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Gericht ist allerdings im Einzelfall grundsätzlich darin frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung, § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG; vgl. BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B = juris). 36Voraussetzung für die Anwendung dieses Maßstabs ist freilich, dass im Hinblick auf die Angaben der Antragstellerin oder des Antragstellers Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind. Dabei ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgericht, die sich die Kammer nach eigener Prüfung ebenfalls zu eigen gemacht hat, die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG ist auch dann anwendbar, wenn für den schädigenden Vorgang keine Zeugen vorhanden sind (vgl grundlegend BSG Urteil vom 31.5.1989 - 9 RVg 3/89 = juris; BSG Urteil vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R = juris Rn. 41; BSG Urteil vom 17.04.2013 – B 9 V 3/12 R = juris Rn. 39; BSG Urteil vom 15.12.2016 – B 9 V 3/15 R = juris Rn. 30). Nach dem Sinn und Zweck des § 15 S 1 KOVVfG sind damit nur Tatzeugen gemeint, die zu den zu beweisenden Tatsachen aus eigener Wahrnehmung Angaben machen können. Personen, die von ihrem gesetzlichen Zeugnisverwei-gerungsrecht (vgl §§ 383 ff ZPO) Gebrauch gemacht haben, sind dabei nicht als Zeugen anzusehen. Entsprechendes gilt für eine als Täter in Betracht kommende Person, die eine schädigende Handlung bestreitet. Denn die Beweisnot des Opfers, auf die sich § 15 S 1 KOVVfG bezieht, ist in diesem Fall nicht geringer, als wenn der Täter unerkannt geblieben oder flüchtig ist. Die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG gelangt damit auch zur Anwendung, wenn sich die Aussagen des Opfers und des vermeintlichen Täters gegenüberstehen und Tatzeugen nicht vorhanden sind (vgl bereits BSG Beschluss vom 28.7.1999 - B 9 VG 6/99 B = juris Rn. 6; BSG Urteil vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R = juris Rn. 41; BSG Urteil vom 17.04.2013 – B 9 V 3/12 R = juris Rn. 39; BSG Urteil vom 15.12.2016 – B 9 V 3/15 R = juris Rn. 30). Voraussetzung für die Anwendung dieses geringsten Beweismaßstabs ist allerdings unter Berücksichtigung des Telos der Norm, dass die Beweisnot in der sich die Antragstellerin oder der Antragsteller befindet, unverschuldet ist. 37Im vorliegenden Fall werden von der Klägerin mehrere Tatkomplexe behauptet, nämlich sexuellen Missbrauch durch ihren Vater (dazu unter I.), die von ihrer Mutter gegen sie ausgeübte Gewalt (hierzu unter II.), die von ihrem Onkel gegen sie verübte Gewalt (hierzu unter III.), Gewalt durch einen Mitschüler (dazu unter IV.) und schließlich eine Vergewaltigung (dazu unter V.). 38Die Kammer ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Klägerin durchaus sowohl Opfer von sexuellem Missbrauch durch ihren Vater – in Form der durch das Amtsgericht B. abgeurteilten Straftat – als auch von körperlichen Züchtigungen durch ihre Mutter geworden ist. Ersteres erfüllte indes nicht die Voraussetzungen für die Annahme einer Gewalttat im Sinne des § 1 OEG, letzteres war jeweils anlassbezogen und durch das seinerzeit noch geltende elterliche Züchtigungsrecht gerechtfertigt. Soweit die übrigen Schilderungen der Klägerin betroffen sind, konnte die Kammer sich – trotz intensiver Ermittlungen – nicht die hinreichende Gewissheit für deren Vorliegen verschaffen. 39I. Aufgrund der Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts B. vom 00.00.0000 sieht es die Kammer als nachgewiesen an, dass der Vater der Klägerin am 00.00.0000 in der Wohnung seiner geschiedenen Ehefrau, der Zeugin Q., vor den Augen der damals sechsjährigen Klägerin sein Geschlechtsteil entblößte und sich vor ihr selbst befriedigte. Dieses Verhalten ist nach Auffassung der Kammer nicht nur widerlich, sondern es ist – wie auch zutreffend durch das Amtsgericht B. beurteilt – als sexueller Missbrauch eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen strafbar. Das Amtsgericht hat in diesem Zusammenhang die seinerzeit geltenden Vorschriften des § 176 Abs. 5 Nr. 1 und § 174 Abs. 2 Nr. 1 StGB zur Anwendung gebracht, also die Tatsache berücksichtigt, dass der Täter seinerzeit sexuelle Handlungen vor der Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 2 Nr. 1 StGB in der Fassung vom 02.07.1976) bzw. vor einem Kind vorgenommen hat (§ 176 Abs. 5 Nr. 1 StGB in der Fassung vom 02.01.1975). Die ebenfalls von §§ 174, 176 StGB erfassten Tatbestandsalternativen der Vornahme von sexuellen Handlungen an einem Kind/Schutzbefohlenen oder durch dieses an sich waren durch die Tat auch nach Auffassung der Kammer nicht erfüllt. Es lag eine Straftat vor, die letztlich allein den Körper des Täters betraf. Der Körper der Klägerin war hierin nicht involviert. Nun verkennt die Kammer nicht, dass auch die psychische und sexuelle Unversehrtheit bzw. Integrität ebenso wie die Freiheit von sexueller Fremdbestimmung zweifellos ein schützenswertes Gut ist (vgl. hierzu etwa Lederer in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltskommentar StGB, 3. Aufl. 2020, § 176 Rn. 2) und dieses – nicht zuletzt im Hinblick auf die insoweit für die Psyche des Opfers bestehenden Gefahren – zu Recht unter Strafe gestellt ist. Allerdings ist – derzeit noch – allein der vorsätzliche tätliche Angriff vom § 1 OEG erfasst. Wie bereits oben dargelegt, zeichnet sich der tätliche Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 S 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung (Tätlichkeit) gegen eine Person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein (vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R = juris Rn. 36). In Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern im Sinne von § 176 StGB hat das Bundessozialgericht den Begriff des tätlichen Angriffs noch weiter verstanden. Danach kommt es nicht darauf an, welche innere Einstellung der Täter zu dem Opfer hatte und wie das Opfer die Tat empfunden hat. Auch der "gewaltlose" sexuelle Missbrauch eines Kindes kann demnach ein tätlicher Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 S 1 OEG sein (BSG Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 = juris; Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 = juris). Dieser Einschätzung schließt sich die Kammer aus Gründen des Opferschutzes vollumfänglich an. Es kann nicht darauf ankommen, ob der Täter in offen kämpferisch feindlicher Willensrichtung auftritt oder aber – gerade gegenüber Kindern – seine Handlungen als Spiel tarnt. Die Kammer sieht sich gleichwohl daran gehindert, die Norm des § 1 OEG auch auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt anzuwenden. Der Wortsinn der Norm ist die Grenze der Auslegung (vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 143 f.; Zippelius, Juristische Methodenlehre, 8. Aufl. 200, § 9 I f.; vgl. in diesem Zusammenhang freilich auch die sog "Theorie des Ge-setzessinns", Wank, Die Auslegung von Gesetzen, 6. Aufl. 2015, S. 44 f.). In den Sachverhalten, die das BSG zu entscheiden hatte, war es zumindest, wenn aus als angebliches Spiel getarnt, zu körperlichen Berührungen (konkret: Streicheln) oder gar Geschlechtsverkehr gekommen. Hier erscheint es auch der Kammer noch möglich eine "Tätlichkeit" bei nach außen erscheinenden Gewaltlosigkeit zu erkennen. Solches war vorliegend nicht geschehen, sondern der Täter hat die Klägerin überhaupt nicht berührt. Hier ist nach Auffassung der Kammer die Grenze des Wortsinns überschritten. Ein solches Geschehen kann nach hiesiger Auffassung keinesfalls mehr als "tätlicher" Angriff im Sinne der Norm verstanden werden. Die konkret hier in Rede stehende Tat stellte eben keine gegen den Körper der Klägerin sodann vielmehr allein gegen ihre psychische Unversehrtheit vor. Dies ist aber – wie auch rein seelische Misshandlungen – bislang nicht vom Wortlaut der Norm umfasst (vgl. BSG Urteil vom 17.04.2013 – B 9 V 1/12 R = juris Rn. 29). Dass ein solches Verhalten bislang nicht von der Norm erfasst wird, macht nach Auffassung der Kammer auch ein Vergleich mit den am 01.01.2024 in Kraft tretenden Regelungen des Vierzehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Soziale Entschädigung – (Artikel 1 des Gesetzes zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts vom 12.12.2019 – BGBl. I 2652) deutlich, welche zukünftig auch Straftaten gegen die freie Willensentscheidung und sonstige "körperlose" Handlungen (etwa die Vernachlässigung) erfassen wird. 40Soweit die Klägerin im Hinblick auf ihren Vater angegeben hat, dieser habe sie im Alter von sechs Jahren im Jahr 1985 während eines Besuches in Abwesenheit ihrer Mutter, eingeladen "ein Spiel" zu spielen, bei dem sie ihre Füße habe auf den Tisch stellen und sich unterhalb des Bauchnabels entkleiden müssen, wonach der Vater, ebenfalls entkleidet sein Glied erfasst und sich befriedigt habe, während er parallel dazu mit seiner anderen Hand einen Finger in ihre Scheide gesteckt habe, sieht die Kammer dieses Geschehen als nicht hinreichend nachgewiesen an. Das Gleiche gilt für die Behauptung er habe bei einem weiteren Besuch – etwas später – erneut im Rahmen eines "Spiels", ihren Kopf fest an den Haaren gepackt und sie genötigt, ihn bei geöffneter Hose oral bis zur Ejakulation in den Mund zu befriedigen. 41Da die Klägerin angibt, diese Taten seien in Abwesenheit anderer Zeugen geschehen, kommt hier – nach den oben dargestellten Grundsätzen – die Anwendung des § 15 KOVVfG in Betracht. Indes sieht die Kammer unter Berücksichtigung der durchgeführten Ermittlungen des Beklagten sowie des Gerichtes die Schilderungen nicht als hinreichend glaubhaft an. Die Kammer ist mithin unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht von der guten Möglichkeit des Geschehens überzeugt. 42Die Kammer schließt dies – gemäß dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdi-gung nach § 128 SGG – zum einen aus dem Gesamteindruck der Aussagen der Klägerin, aber auch der schriftlichen Schilderungen ihrer damaligen Freunde, der Zeugenaussage ihrer Mutter und nicht zuletzt aus den Feststellungen des seitens des Beklagten eingeholten Glaubhaftigkeitsgutachten, welches die Kammer gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 415 ff. ZPO im Wege des Urkundenbeweises verwerten konnte (vgl. dazu LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 26.06.2020 – L 13 VG 3/20 = juris Rn 21). 43Beim Glaubhaftigkeitsgutachten handelt es sich um eine aussagepsychologische Begutachtung, deren Gegenstand die Beurteilung ist, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen, d.h. einem tatsächlichen Erleben der untersuchten Person entsprechen (vgl grundlegend BGH Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 = juris; vgl. hierzu auch Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl. 2007, S. 52 ff.). Der Kammer ist dabei bewusst, dass bei der Würdigung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens zu berücksichtigen ist, dass sich die psychologische Begutachtung von Aussagen nicht darauf beziehen kann, Angaben über die Faktizität eines Sachverhalts zu machen. Möglich ist lediglich herauszufinden, ob sich Aussagen auf Erlebtes beziehen, d.h. einen Erlebnishintergrund haben. Darüber hinaus besteht, worauf das Bundessozialgericht zutreffend hinweist, die Kompetenz und damit auch die Aufgabe des Sachverständigen darin abzuklären, ob sich dieser Erlebnishintergrund in der sog Wachwirklichkeit befindet, anstatt auf Träumen, Halluzinationen oder Vorstellungen zu beruhen. Ausschließlich auf diesen Aspekt des Wirklichkeitsbezuges einer Aussage kann sich die Glaubhaftigkeitsbegutachtung beziehen. Im positiven Fall können aussagepsychologische Gutachten Zweifel an der Erlebnisbasis und Zuverlässigkeit einer konkreten Aussage zurückweisen. Dies geschieht durch die Bildung von Alternativhypothesen, d. h. Konkurrenzannahmen zur Erlebnishypothese, und deren Zurückweisung als unsubstantiiert. Aufgabe des aussagepsychologischen Sachverständigen ist es, auf den Einzelfall bezogene Alternativhypothesen zur Erlebnishypothese darzustellen und durch deren Prüfung erfahrungswissenschaftlich gestützte Feststellungen zu Erlebnishaltigkeit und Zuverlässigkeit von Sachverhaltskonstruktionen, die ein Zeuge oder ein Beteiligter vorträgt, zu treffen. Dadurch vermittelt er dem Gericht auf den Einzelfall bezogene wissenschaftliche Erkenntnisse und stellt diesem aufgrund von Befundtatsachen wissenschaftlich gestützte Schlussfolgerungen zur Verfügung (BSG Urteil vom 15.12.2016 – B 9 V 3/15 R = juris Rn. 43 unter Hinweis auf BSG Urteile vom 17. 4. 2013 – B 9 V 1/12 R = juris Rn. 46 und – B 9 V 3/12 R = juris Rn. 44 mit Verweis auf Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S. 280 f.; vgl. auch Friedrich, SGb 2018, 116 ff.). 44Das von der Beklagten eingeholte aussagepsychologische Glaubhaftigkeitsgutachten entspricht in personeller und inhaltlicher Hinsicht den in Literatur und Rechtsprechung allgemein anerkannten Maßstäben. Es war damit ein grundsätzlich geeignetes Mittel des Erkenntnisgewinns auch für das Gericht im Rahmen Beweiswürdigung. 45Die Kammer teilt die Annahme im Gutachten, dass sich bereits im Rahmen der Ermittlungen im Verwaltungsverfahren bei der Klägerin das Vorhandensein ausgeprägter histrionischer Züge sowie einer Tendenz zur Übertreibung, bis hin zu sich gänzliche widersprechenden Verhaltensweisen und eine Neigung zu demonstrativen Schilderungen herauskristallisiert hat. Die Diagnose einer akzentuierten Persönlichkeit mit histrionischen und emotional instabilen Zügen war bereits 1996 durch die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UK B. gestellt worden. Ein damalige Freund der Klägerin, Herr X., hat schriftlich gegenüber dem Beklagten ausgeführt, die Klägerin habe "mit jedem beliebigen Mittel" um seine Aufmerksamkeit gerungen. So habe sie z.B. eine AIDS-Erkrankung erfunden. Die Klägerin selbst hat 1999 gegenüber ihrem Therapeuten C. angegeben, sie habe früher auch oft ihre Freunde und auch ihre Mutter angelogen, in dem sie schwere Krankheiten vortäuschte, um deren Zuwendung zu erlangen. Unter Berücksichtigung dieser Persönlichkeitsstruktur geht das Gutachten nachvollziehbar davon aus, dass insbesondere die jahrelange intensive Beschäftigung mit den fraglichen Sachverhalten im Sinne eines Memorierens/Verschriftlichens/Kommunizierens Aussageveränderungen begünstigt hat. Kritisch muss ebenfalls in diesem Zusammenhang bewertet werden, dass von der Klägerin die allmähliche Ausweitung ihrer Erinnerungen im Rahmen der Traumtherapie beschrieben wird. Hier verweist das Gutachten auf deutliche Anhaltspunkte für einen autosuggestiven Prozess, der trotz der weitgehend erinne-rungskritischen Haltung der Klägerin – zu Verfälschungen des Aussagematerials geführt haben könnte. 46Im Hinblick auf die Aussagen der Kläger zu den Gewalttaten des Vaters stellt das Gutachten einen Überdetaillierung fest, die im Hinblick auf die weiteren im Gutachten festgestellten Umstände jedenfalls nicht als Qualitätsmerkmal zu werten ist. Darüber hinaus waren – dieser Einschätzung schließt sich auch die Kammer an – ihre Angaben teilweise kaum nachvollziehbar. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Behauptung, es sei zu der Verurteilung des Vaters gekommen, weil eine Lehrerin bemerkt habe, wie sie, die Klägerin, aus dem Uterus geblutet habe. Im Nachgang hätten ihr Vater und ihre Mutter kollusiv ein weniger dramatisches Geschehen geschildert, welches dann zu der erfolgten Verurteilung geführt habe. Das Gutachten legt insgesamt überzeugend dar, dass und aus welchen Gründen, sowohl die Hypothese der unsachgemäßen Mehrbelastung, die (Auto-)suggestionshypothese und die Projektions- oder Wahrnehmungsübertragungshypothese nicht zurückgewiesen werden können, so dass der Erlebnishypothese aus aussagepsychologischer Sicht nicht gefolgt werden kann. 47Ergänzend ist nach Auffassung der Kammer zu berücksichtigen, dass insbesondere die Darstellung der Klägerin, ihre Mutter und ihr Vater hätten seinerzeit die wahren Taten vertuscht, auch unter Berücksichtigung weiterer Aspekte nicht überzeugt. Es steht unter Berücksichtigung der aus den Protokollen ersichtlichen Aussagen der Zeugin Q. für die Kammer fest, dass die Zeugin zum damaligen Zeitpunkt keinesfalls in einem solchen Verhältnis zu ihrem geschiedenen Ehemann gestanden hat, welches die Annahme, sie habe den von der Klägerin geschilderten weiteren sexuellen Missbrauch gedeckt, rechtfertigen würde. 48Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass die Zeugin Q. die Sexualität ihres Ex-Mannes für nicht ungestört hielt, er jedenfalls verschiedene sexuelle Präferenzen gehabt habe, die für sie außerhalb der Norm lagen. So habe er ihr gegenüber ein sexuelles Verhältnis mit seiner Mutter eingeräumt. Dies beweist indes nichts im Hinblick auf die von der Klägerin geschilderten Taten. Soweit die abgeurteilte Tat betroffen ist, hat die Zeugin eindeutig ausgesagt, sie habe – nachdem ihre Tochter ihr den Vorfall geschildert habe – noch am gleichen Tag Strafanzeige gestellt und sei zu einem Anwalt gegangen. Die Zeugin hat im Verfahren auch ein Schreiben vorgelegt, in dem unmittelbar auch das "Geschehen am vergangenen Wochenende (Samstag, den 00.00.1985)" abstellte. In diesem Schreiben wurde dem Vater der Klägerin Haus- und Besuchsverbot erteilt. Dies spricht nach Auffassung der Kammer evident dagegen, dass die Mutter – wie von der Klägerin behauptet – etwas gebilligt oder auch nur vertuscht hätte. Soweit in dem Schreiben auf einen Vorfall vor 1 ½ Jahren Bezug genommen wird, ist dies nach Auffassung der Kammer nicht geeignet einen Beweis für das Vorliegen einer wie auch immer gearteten Tat im Sinne des § 1 OEG zu erbringen. Die Zeugin Q. erläuterte die Bezugnahme auf dieses Datum dahingehend, dass seinerzeit ihr Exmann zu Besuch gewesen sei und sie kurz einkaufen war (10 Minuten). Nachdem sie zurückgekommen sei und sie und die Klägerin sich von ihrem Exmann verbschiedet hätten, habe ihre Tochter die ganze Zeit fröhlich "Sonne, Mond und Sterne" gesungen. Auf ihre Nachfrage, ob etwas vorgefallen sei, habe sie nicht geantwortet sondern weitergesungen. Die Kammer geht davon aus, dass die Zeugin Q. glaubt, hier könne etwas vorgefallen sein. Was dies aber konkret gewesen sein könnte, ist für die Kammer nicht ersichtlich. Ein "ungutes Gefühl" der Zeugin Q. reicht insoweit nicht. Zeitlich kann es sich hierbei jedenfalls nicht um die von der Klägerin behaupteten weiteren Gewalttaten gehandelt haben. Die Zeugin hat weiter angegeben, sie habe ihrem Ex-Ehemann daraufhin klar gesagt, er solle seiner Tochter nichts antun. Dies werden Konsequenzen haben. Diese Konsequenzen hat sie dann nach der Straftat vom 00.00.1985 auch unmittelbar gezogen. Für die Kammer ein weiteres Indiz dafür, dass hier von Seiten der Mutter nichts vertuscht werden sollte. 49II. Soweit die Klägerin angibt, Opfer von Gewalt ihrer Mutter geworden zu sein, ist die Kam-mer aufgrund der Aussagen der Zeugin Q. in Verbindung mit den Darstellungen, wie sie sich aus den seinerzeitigen schriftlichen Aufzeichnungen der Klägerin im Rahmen des dem Gericht von ihr zur Verfügung gestellten Tagebuchs ergeben und den Feststellun-gen des aussagepsychologischen Gutachtens, davon überzeugt, dass es zwischen der Mutter der Klägerin und ihr – insbesondere in der Zeit der (Prä-)Pubertät zu erheblichen Spannungen gekommen ist und dass die Mutter auch in der Tat bei zwei Gelegenheiten die Klägerin mit einem Gürtel körperlich gezüchtigt hat. Soweit die Klägerin beschreibt, dies sei exzessiv, ohne Grund und an der Tagesordnung gewesen sieht die Kammer dies, ebenso wie die Behauptung, ihre Mutter habe sie in der Spüle ertränken wollen und sie habe durch Tritte in den Bauch eine Abtreibung bei ihr einleiten wollen, ebenfalls nicht als hinreichend nachgewiesen an. 50Die Kammer sieht es aufgrund der Aussage der Mutter der Klägerin als nachgewiesen an, dass diese tatsächlich ihre Tochter bei zwei Gelegenheiten mit einem Gürtel ge-schlagen hat. Sie hat im Rahmen ihrer Vernehmung vom 13.11.2018 angegeben, sie könne sich noch genau an zwei Mal erinnern. Das erste Mal sei die Klägerin zehn Jahre alt gewesen. Sie beide seien im Wald spazieren gegangen und dort sei ihr die Klägerin weggelaufen. Sie habe Angst gehabt, dass ihr was passiert sei und dass sie sie nicht finderfinde. Als sie dann nach Hause gegangen sind, habe sie sie dann mit einem Gürtel verprügelt. Das zweite Mal sei die Klägerin ungefähr 15 Jahre alt gewesen. Damals seien 20 Mark verschwunden gewesen und sie sei – fälschlich wie sich im Nachhinein her-ausstellte – davon ausgegangen, ihre Tochter habe ihr das Geld entwendet. Die Vorfälle täten ihr heute noch sehr leid. Daneben konnte die Zeugin sich daran erinnern, die Klä-gerin auch schon einmal mit der bloßen Hand geschlagen zu haben. Hier sei ihr erinner-lich, dass seinerzeit eine Freundin aus der Grundschule bei ihnen zu Hause gewesen sei. Diese und ihre Tochter hätten sehr wild gespielt und ihre Tochter sei ihrer Freundin auf den Bauch gehopst. ist. Auch da habe sie sich die Klägerin genommen und sie mit der Hand geschlagen und erklärt habe, dies mache man nicht, da das gefährlich sei. 51Die Kammer ist davon überzeugt, dass diese Geschehnisse so wie von der Zeugin dar-gelegt vorgefallen sind und dass die Zeugin sich insbesondere vor dem Hintergrund des Ausnahmecharakters der Geschehnisse sich auch noch nach so langer Zeit an die konkreten Umstände erinnern konnte. Die Zeugin hat auf entsprechende Nachfrage eindeutig verneint, dass Gewalt bzw. körperliche Züchtigungen ein regelmäßiges Mittel der "Erziehung" waren. Sie verabscheue Gewalt, insbesondere weil sie als Kind sehr häufig geschlagen worden sei. Für die Kammer macht die Aussage der Zeugin deutlich, dass sie die von ihr ausgeübte Gewalt gegen ihre Tochter als Versagen ihrer eigenen Selbstbeherrschung auch heute noch reut und dass sie sich diese "Erziehungsmaßnahmen" auch heute noch anlastet. Die Zeugin hat – zweifellos auch um ihr insoweit empfundenes Versagen zu rechtfertigen – auch deutlich gemacht, dass es zwischen ihr und ihrer Tochter erhebliche Spannungen gab. Die Zeugin war – dies steht für die Kammer fest – insbesondere mit fortschreitendem Alter ihrer Tochter mit deren Erziehung überfordert. Sie hat sich darum bemüht, der Tochter viele Möglichkeiten zu eröffnen (etwa Sprachurlaube und sportliche Aktivitäten). Trotz dieser Bemühungen ist es zwischen ihr und ihrer Tochter aber mit zunehmendem Alter zu den bereits beschrieben Spannungen gekommen, die letztlich darin kulminiert sind, dass die Tochter in einer Pflegeeinrichtung bzw. bei Pflegeeltern untergebracht worden ist. Weder damals noch heute konnte und kann die Mutter – dies ergibt sich für die Kammer aus den Aussagen der Zeugin – akzeptieren, dass dies zur Verringerung der Spannungen durchaus ein möglicher, vielleicht sogar der einzige Weg war. Weitere objektivierbare Anhaltspunkte, dass der Umzug in die Pflegefamilie mit körperlicher Gewalt zu tun gehabt hätte, konnte die Kammer nicht finden. Die Klägerin ist auch nach relativ kurzer Zeit wieder freiwillig zu ihrer Mutter zurückgekehrt. 52Soweit die Klägerin demgegenüber angibt, die Schläge, die sich durchgängig von 1984 bis zu ihrem 18. Lebensjahr erhalten habe, seien exzessiv und willkürlich gewesen, sieht die Kammer dies nicht als glaubhaft an. Zum einen konnte das Glaubhaftigkeitsgutachten auch insoweit der Erlebnishypothese nicht folgen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Behauptung, ihre Mutter habe sie im Alter von 13 Jahren zu ertränken versucht als auch hinsichtlich der Behauptung ihre Mutter habe sie gezwungen zwei Stunden lang auf den Knien den Rosenkranz zu beten und habe ihr mit einem Rohrstock zwischen die Schulterblätter geschlagen, damit sie nicht ohnmächtig werde oder sie sei ohne Grund nachts aus dem Bett gerissen worden und von ihrer Mutter mit einem Ledergürtel oder eine Bügel geschlagen worden. Darüber hinaus spricht auch das vorliegende Tagebuch der Klägerin eine andere Sprache. Die Eintragungen dort thematisieren – in altersentsprechender Sprache – verschiedene Themen, die die Klägerin in dem Alter (es endet 1991) bewegt haben, etwa Verliebtsein, Liebeskummer, Urlaubserlebnisse, Gedanken zum Weltgeschehen, Begebenheiten mit ihrer Mutter, Begebenheiten mit Freunden. Die Kammer konnte hierbei aber bei Durchsicht noch nicht einmal ansatzweise besondere – über das übliche Maß hinausgehende – Spannungen zwischen ihr und ihrer Mutter, ge-schweige denn Anhaltspunkte für das versuchte Ertränken durch ihre Mutter oder regelmäßige Züchtigungen, welche sich in dem hier erfassten Zeitraum abgespielt habe sollen, erkennen. Die Behauptung der Klägerin, dieses Tagebuch sei nicht aussagekräftig, weil sie es nur für ihre Mutter geschrieben habe, überzeugt die Kammer nicht, da das Tagebuch Eintragungen und Schwärmereien zu Jungen enthält, die für das maßgebliche Alter durchaus als intime Geständnisse aufzufassen sind. Selbst wenn man aber unterstellte, das Tagebuch sei in dem Wissen geschrieben worden, dass die Mutter es liest, weswegen wesentliche Aspekte – insbesondere die Gewalt durch ihre Mutter – nicht dargestellt worden seien, so ergäben sich für die Kammer hieraus in der Tat keine Erkenntnisse – aber eben auch nicht im Hinblick auf die Glaubhaftigkeit der Schilderungen der Klägerin. 53Soweit die Klägerin angibt, ihr eigentlicher Leidensweg sei in anderen Tagebüchern niedergelegt, so kennt die Kammer diesen Inhalt nicht und kann ihn daher auch nicht würdigen. In diesem Zusammenhang brauchte die Kammer auch nicht dem Antrag der Klägerin nachzugehen, im Hinblick auf das von der Zeugin Q. vorgelegte Schreiben ein graphologisches Gutachten einzuholen. Die Kammer kann als wahr unterstellen, dass der ehemalige Freund der Klägerin, der Zeuge I., 1996 im Besitz von Tagebüchern der Klägerin war. Hierfür spricht die Tatsache, dass die Zeugin Q. das genannte Schreiben vorgelegen konnte, dem offenbar persönliche Aufzeichnungen der Klägerin beigefügt waren. In dem Schreiben heißt es dann weiter, das nach Zahlung der Summe für die angeblich durch die Klägerin zerstörten Möbel, jeder das erhalte, was er wolle. Dies könnte sich in der Tat auf Tagebücher beziehen. Die Kammer hat aber keinen Anlass daran zu zweifeln, dass der Zeuge die Tagebücher jedenfalls jetzt – 24 Jahre später, in denen er mehrfach umgezogen ist – nicht mehr hat. Die Kammer hat keine Erkenntnisse darüber, ob die Tagebücher noch existierten. Sie hat vor allem – außer den Angaben der Klägerin, die sich aber nach Auffassung der Kammer bereits in verschiedener anderer Hinsicht als nicht durchgängig verlässlich gezeigt haben – keine objektivierbaren Erkenntnisse, was darin niedergelegt worden ist. 54Die Behauptung der Klägerin, ihre Mutter habe ihr, mit dem Ziel der Einleitung eines Aborts, in den Bauch getreten, hält die Kammer ebenfalls nicht für glaubhaft. Die Klägerin erklärte im Rahmen des Termins vom 13.11.2018, sie sei damals für ein Kind noch nicht bereit gewesen. Aus diesem Grund sei ein Schwangerschaftsabbruch vorgenommen worden. Diese Einschätzung, dass ein Kind für ihre Tochter seinerzeit zu früh gewesen sei, teilte, dies ergibt sich für die Kammer aus den Aussagen ihrer Mutter, auch diese. Keine Anhaltspunkte – auch nicht im Sinne eines Verschweigens – fanden sich in der Vernehmung der Mutter, dahingehend, dass auch nur angedacht, geschweige durchgeführt war, diesen Abbruch nicht lege artis durch Ärzte vornehmen zu lassen. 55Soweit die Kammer davon überzeugt ist, dass die Mutter der Klägerin diese körperlich gezüchtigt hat, und dass diese Züchtigungen – sei es mit dem Gürtel, sei es mit der bloßen Hand – die Erheblichkeitsschwelle überschritten haben, liegt ein tätlicher Angriff nach § 1 Abs.1 Satz 1 OEG vor. Indes ist zu berücksichtigen, dass 1631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der bis zum 30.06.1998 geltenden Fassung lautete: 56"(1) Die Personensorge umfaßt insbesondere das Recht und die Pflicht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. 57(2) Entwürdigende Erziehungsmaßnahmen sind unzulässig. 58Durch Art. 1 des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreform-gesetz – KindRG) vom 16.12.1997 wurde die Regelung dahingehend neugefasst, dass nunmehr nach Abs. 2 entwürdigende Erziehungsmaßnahme, insbesondere körperliche und seelische Misshandlungen unzulässig waren. Schließlich wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kinderunterhalts vom 02.11.2000 mit Wirkung vom 08.11.2000 in Absatz 2 Satz 1 zudem klargestellt, dass Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben. 59Den Eltern verblieb bis November 2000 eine Befugnis zur maßvollen körperlichen Züchtigung, sofern sie nur - dieses subjektive Element stand oft im Mittelpunkt der Bewertung - mit Erziehungswillen handelten. Sogar die Verwendung von Schlaggegenständen war nach den damaligen Maßstäben nicht zwingend eine strafbare Körperverletzung. Nötig war vielmehr eine Würdigung der objektiven und subjektiven Umstände des Einzelfalls, die Anlass, Ausmaß und Zweck der Bestrafung berücksichtigte (LSG Niedersachsen-Bremen L 10 VE 39/10 = juris Rn. 23 ff.; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 06.12.2018 – L 6 VG 3096/17 = juris Rn. 75). Ende der 1950-er Jahre führte der Bundesgerichtshof (BGH) aus, dass Ohrfeigen und Rohrstockschläge eines Lehrers nicht strafbar seien, wenn der Lehrer zur Züchtigung rechtlich befugt sei und sich innerhalb der Grenzen dieser Befugnis halte (BGH, Urteil vom 23. Oktober 1957 - 2 StR 458/56 - BGHSt 11, 241). Und noch im Jahr 1986 sah der BGH das elterliche Züchtigungsrecht nicht als überschritten an, als Eltern ihr Kind mit einem 1,4 cm starken und in sich stabilen Wasserschlauch auf Gesäß und Oberschenkel geschlagen hatten, wobei jeweils rote Striemen entstanden waren. Vielmehr forderte der BGH auch in diesem Fall eine Würdigung aller objektiven und subjektiven Umstände des Tatgeschehens und erkannte ausdrücklich, dass allein die Verwendung eines Schlaggegenstandes noch nicht das Merkmal der "entwürdigenden Erziehungsmaßnahme" erfülle (BGH, Beschluss vom 25. November 1986 - 4 StR 605/86 - NStZ 1987, 173). Maßgeblich ist mithin die Würdigung aller objektiven und subjektiven Umstände des Einzelfalls, die Anlass, Ausmaß und Zweck der Bestrafung berücksichtigen. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist nach Auffassung der Kammer vor dem Hintergrund, dass es sich jeweils um jeweils auf den konkreten Anlass bezogene Bestrafungen gehandelt hat, die die Ausnahme geblieben sind und die nach Auffassung der Kammer nicht zuletzt Ausdruck einer gewissen Überforderung der Mutter in Ausnahmesituationen (Weglaufen des Kindes im Wald verbunden mit der Sorge der Mutter, ihm könne etwas zugestoßen sein; Annahme eines nicht eingeräumten Diebstahls; Sorge um die Gesundheit der Freundin der Klägerin) gewesen sind, nach damaligem, hier in Ansatz zu bringenden Rechtsverständnis, eine Überschreitung des Züchtigungsrechts nicht festzustellen. Die Kammer macht in diesem Zusammenhang deutlich, dass sie unter Berücksichtigung des zu Recht mittlerweile seit Längerem bestehenden Rechts auf gewaltfreie Erziehung, solche Maßnahmen keinesfalls billigt. Sie stellt nur fest, dass zum damaligen Zeitpunkt nicht von einer rechtswidrigen Tätlichkeit auszugehen war, weswegen die Anwendung des § 1 OEG auch insoweit nicht in Betracht kommt. 60III. Auch die Schilderungen der Klägerin im Hinblick auf körperliche Angriffe ihres Onkels gegen sie – konkret auch am 00.00.1989 – sieht die Kammer nicht als hinreichend nachgewiesen an. Maßgeblicher Beweismaßstab ist insoweit der Vollbeweis, da die Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG vor dem Hintergrund, dass die Mutter der Klägerin Zeugin beschriebenen Gewalt gewesen sein soll, nicht eingreift. 61Die Mutter der Klägerin, die Zeugin Q., konnte den Vorfall, so wie ihn die Klägerin beschrieben hat, nicht bestätigen. Zwar hat sie erklärt, dass in Anwesenheit ihrer eigenen Mutter, d.h. der Großmutter der Klägerin, stets eine Atmosphäre der Spannung bestanden habe, die sich auch vielfach in Gewalt entladen habe. Es sei daher gut möglich, dass die Klägerin Zeugin einer solchen Szene geworden sei, da sie ihre Tochter ja stets dabei gehabt habe. Dass die Klägerin selbst in diesem Rahmen Opfer von Gewalt geworden sei, könne sie nicht sagen. Berücksichtigt man dies und zudem die Tatsache, dass das aussagepsychologische Gutachten der Erlebnishypothese auch im Hinblick auf die Schilde-rungen betreffend den Onkel nicht folgen konnte, kommt auch insoweit die Anwendung des § 1 OEG nicht in Betracht. 62IV. Hinsichtlich der angeblichen Gewalttaten eines Mitschülers während ihres Besuchs der Grundschule E., kann die Kammer es durchaus nicht ausschließen, dass die Klägerin Opfer von Schlägen und Tritten eines Mitschülers geworden ist. Zum einen ist das Phänomen des sog. "Bullying" (vgl. dazu etwa Hochmuth/Pickel, Gewalt an Grundschulen, 2009 S. 10) bekannt und nicht neu und es ist der Kammer in ihrer vollständigen Besetzung aus eigener Anschauung bekannt, dass es auch in der 1980er Jahren, aber auch davor, auch Grundschulkinder mit – in aller Regel freilich altersentsprechender - Gewalt seitens ihrer Mitschüler konfrontiert wurden. Eine gewisse körperliche Aggressivität ist durchaus in dem hier in Rede stehenden Alter der Vorpubertät auch nicht unüblich (vgl. dazu etwa Petermann/Koglin, Aggression und Gewalt bei Kindern und Jugendlichen, 2015, S. 1 ff.) und körperliche Auseinandersetzungen werden teilweise als ein Aspekt des Umgangs mit gruppendynamischen Konflikten gesehen. 63Vor diesem Hintergrund ist in der Rechtsprechung durchaus anerkannt, dass im Kindesalter – insbesondere in der Grundschule – übliche Verhaltensweisen, wie etwa Rangeleien, Schubsereien als sozialübliche Verhaltensweisen keine Entschädigungspflicht auslösen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 19.11.2015 – L 10 VE 31/12 = juris Rn. 28 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 08.11.2007 – B 9/9a VG 3/06 R). Keinesfalls kann und darf hierbei freilich die – nicht mehr sozialadäquate – Erheblichkeitsschwelle überschritten werden. Die Angaben der Klägerin sind in diesem Zusammenhang nach Auffassung der Kammer zu dürftig, um hieran – unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des OEG – konkret die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch zu knüpfen. Weder sind Art und Umfang noch Anlass der behaupteten Gewalttaten dargelegt. Dass hier wirklich die Grenzen üblicher Querelen unter Kindern überschritten worden wären, vermag die Kammer nicht zu erkennen, zumal außer der Darstellung der Klägerin weitere Anhaltspunkte für entsprechende wesentliche Gewalttaten nicht vorliegen. Weder sind Zeugen benannt worden noch hat die Mutter der Klägerin nachvollziehbar davon berichtet, dass die Klägerin in ihrer Grundschulzeit Opfer der entsprechenden Gewalt geworden sei. 64V. Schließlich sieht die Kammer auch die Angaben der Klägerin hinsichtlich der Vergewaltigung im August 1994 als nicht hinreichend nachgewiesen an. Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass die Mutter der Klägerin, die Zeugin Q., gegenüber dem Gericht ausgesagt hat, sie habe im Sommer in den Ferien – kurz vor dem 18. Geburtstag ihrer Tochter – einen Anruf von der Polizei in E. bekommen, wonach ihre Tochter sich auf dem Kommissariat befand. Es sei ein Verbrechen passiert. Die Klägerin sei nur am Weinen und sie habe sie abholen sollen. Ihr Bruder habe sie dann nach E. gefahren. Ihre Tochter sei ganz verweint gewesen. Sie habe am ganzen Körper gezittert und sich an sie geklammert. Zunächst habe sie ihr nicht sagen können, später – wohl noch im Polizeirevier – habe sie ihr erzählt, dass sie vergewaltigt worden sei. Sie, die Zeugin, sei ganz geschockt gewesen. Ob ihrer Tochter seinerzeit einer Ärztin oder einem Arzt vorgestellt worden sei wisse sie nicht mehr. Sie meinte, ihre Tochter hätte ihr damals schon gesagt, dass die Polizei auch zunächst gar kein Protokoll hätten aufnehmen wollen. Sie, die Zeugin, sei mit der ganzen Situation jedenfalls überfordert gewesen. An sowas habe sie seinerzeit nicht gedacht. Es sei aber letztlich eine Anzeige aufgenommen worden weil irgendwann später sei dann ein Schreiben der Staatsanwaltschaft gekommen. 65Aus diesen Äußerungen kann die Kammer indes nur schließen, dass die Klägerin seinerzeit behauptet hat, vergewaltigt worden zu sein. Angaben darüber, dass die Kleidung der Klägerin teilweise zerstört gewesen war, als sie auf der Polizeiwache abgeholt hat – die Klägerin hatte geschildert, bei der Vergewaltigung sei die Unterhose und der BH gerissen – hat die Zeugin Q. nicht gemacht. Nach Darstellung der Zeugin Q. war offenbar – anders als die Darstellung der Klägerin, wonach die Vergewaltigung nicht einmal aufgenommen worden sei – ein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden; jedenfalls war die Staatsanwaltschaft involviert. Zu einer Verurteilung ist es indes offenbar nicht gekommen. Unter Berücksichtigung der weiteren Tatsache, dass auch die Mutter der Klägerin, die diese unmittelbar nach der behaupteten Vergewaltigung gesehen hat, und die sich in der Vernehmung auch durchaus noch an den Vorfall erinnern konnte, keinerlei objektivierbaren Anhaltspunkte für das Verbrechen berichten konnte und der Tatsache, dass die Klägerin nach ihren eigenen Aussagen oft gelogen hat um Zuwendung zu bekommen, bzw. sie nach Einschätzung eines damaligen Freundes "mit jedem beliebigen Mittel", etwa durch Erfindung einer AIDS-Erkrankung um Aufmerksamkeit gerungen hat (dazu bereits oben), ist die bloße Behauptung der Klägerin, sie sei seinerzeit Opfer einer Vergewaltigung geworden, keinesfalls geeignet das Geschehen als hinreichend glaubhaft anzusehen. Die Kammer sieht sich in dieser Einschätzung zudem durch die Feststellungen des Glaubhaftigkeitsgutachtens bestärkt. 66Nach alledem war die Klage abzuweisen. 67Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
die klage wird abgewiesen. kosten sind nicht zu erstatten. 1
2die am 00.00.0000 geborene klägerin stellte am 00.00.0000 einen antrag auf leistungen nach dem oeg. hierbei machte sie geltend, opfer verschiedenster gewalttaten durch ihre mutter, ihren onkel und durch einen mitschüler sowie darüber hinaus sexueller übergriffe durch ihren vater und einer vergewaltigung geworden zu sein. 3die klägerin legte diverse, insbesondere psychiatrische und psychotherapeutische, behandlungs- und arztberichte vor. der versuch des beklagten, jugendamtsakten beizuziehen blieb erfolglos, da entsprechende akten nicht mehr vorlagen. der beklagte zog ein urteil des amtsgerichts b. vom 00.00.1986 bei, in dem der vater der klägerin wegen sexuellen missbrauchs eine schutzbefohlenen zu einer freiheitsstrafe von sechs monaten auf bewährung verurteilt worden war. das amtsgericht ging dabei, aufgrund eines geständnisses des täters davon aus, dass dieser am 00.00.0000 in der wohnung seiner geschiedenen ehefrau – nachdem diese den geschlechtsverkehr mit ihm abgelehnt hatte – vor den augen den der damals sechsjährigen klägerin sein geschlechtsteil entblößte und sich vor ihr selbst befriedigte. 4mit bescheid vom 09.05.2016 lehnte der beklagte den antrag ab, da das vorliegen einer gewalttat im sinne des § 1 oeg nicht nachgewiesen sei. 5hiergegen legte die klägerin, vertreten durch ihre prozessbevollmächtigte, am 03.06.2016 widerspruch ein, den sie zunächst damit begründete, die vom amtsgericht b. abgeurteilte straftat sei unter berücksichtigung der rechtsprechung, die im bereich des sexuellen missbrauchs von kindern auch gewaltlose taten erfasse, geeignet, einen anspruch nach § 1 oeg zu begründen. daneben liege – soweit kinder opfer körperlicher gewalt würden, die die erheblichkeitsschwelle überschreiten – eine körperverletzung im sinne des § 223 strafgesetzbuche (stgb) vor, weswegen auch insoweit in tätlicher an-griff vorliege. im rahmen des widerspruchsverfahrens gab der beklagte der klägerin gelegenheit, die von ihr behaupteten gewalttaten näher zu spezifizieren. 6hierzu führte die klägerin aus: "mein vater hat mich im alter von sechs jahren im jahr 1985 während eines besuches in abwesenheit meiner mutter, eingeladen – wie er es nannte – "ein spiel" zu spielen. dabei sollte ich mich neben ihn setzen, meine füße auf den tisch stellen und mich unterhalb des bauchnabels entkleiden. er entkleidete sich ebenfalls, nahm meine hand, umfasste damit sein glied und befriedigte sich. parallel dazu steckte er mit seiner anderen hand einen finger in meiner scheide. bei einem weiteren besuch – etwas später – folgte ein erneutes "spiel", wobei er meinen kopf fest an den haaren packte und ich ihn bei geöffneter hose oral befriedigen musste. dabei ejakulierte er in meinen mund. diese vorfälle ereigneten sich beide in den häuslichen räumlichkeiten meiner mutter unter der damaligen adresse t in b." 7hinsichtlich der behaupteten körperlichen gewalt durch einen mitschüler gab die klägerin an: 8"die übergriffe erfolgten durch schläge und tritte durch den mitschüler q auf dem schulhof der grundschule e in den jahren 1987 und 1988" 9zu der behaupteten vergewaltigung erklärte die klägerin: 10"die tat ereignete sich im august 1994 in e. ich traf s in einer disco und er lud mich ein, bei ihm im elterlichen haus zu nächtigen, da seine eltern nicht da wären. als wir ankamen zeigte er mir ein zimmer, wo ich schlafen könnte. in dem haus machte er annäherungsversuche und versuchte, mich zu küssen. ich lehnte ab und bat darum schlafen gehen zu können. er verließ darauf das zimmer und ich entkleidete mich bis auf bh und unterhose und legte mich zu bett. mitten in der nacht wurde ich wach und merkte wie, er sich auf mich legte und versuchte meinen bh zu öffnen. ich versuchte mich zu wehren und dabei riss der träger meines bh’s. er kämpfte mit mir und versuchte weiterhin mich zu entkleiden; dabei zerriss die unterhose. als ich völlig nackt war vollzog er den akt mit mir. direkt nach der tat erstattete ich in der polizeidienststelle in e. anzeige. 11die klägerin machte darüber hinaus weitere ausführungen zu der behaupteten gewalt durch ihre mutter. hierzu führte sie aus: 12"die schläge begannen recht früh – noch vor meiner einschulung 1984 – und hielten bis zu meinem 18. lebensjahr an. meine mutter schlug mich mehrfach mit einem ledergürtel, welchen sie dabei doppelt legte. ich musste mich dabei mit entblößtem hintern auf einen stuhl legen und die schläge mitzählen. wenn ich nichts still hielt, schlug sie mit allem zu, was in griffweite war. mal schlug sie mich spontan mit der bloßen hand und mal mit einem holzkleiderbügel. die schläge waren willkürlich und nicht auf ein fehlverhalten von mir zurückzuführen. sie standen auch in keinem erzieherischen aspekt zueinander. sie kamen unerwartet und unvorhersehbar. so wurde ich auch nachts aus dem schlaf gerissen und verprügelt. im jahr 1990 versuchte meine mutter mich im spülbecken zu ertränken, in dem sie mich unter wasser drückte. 13schließlich führte sie zu behaupteten gewalttaten durch ihren onkel aus: 14"mein onkel mütterlicherseits wohnte während der 90er jahre bei meiner oma in der i-straße in b. übergriffsorte waren jeweils i-straße und die t-straße in b. er schlug dort meine mutter sowie mich mit der faust blutig. ein spezielles datum kann ich nicht nennen, da die angriffe keiner regelmäßigkeit unterlagen. sie waren stets aus jähzorn erfolgt. ich kann mich nur an eine begebenheit sicher erinnern, es war der 00.00.1989 – am geburtstag meines onkels – wo meine mutter und ich ihn bei meiner oma besuchten. dort hat ihm sein geburtstagsgeschenk nicht gefallen er schlug daraufhin auf meine mutter ein. als ich mich schützend vor sich stellte, packte er mich an den haaren, schliff mich daran durch die wohnung und trat mit dabei mehrmals in den bauch und schlug mich wiederholt mit der faust. eine zeugin für diesen vorfall wäre meine oma gewesen, doch sie ist bereits verstorben." 15die klägerin reichte des weiteren schriftliche stellungnahmen des herrn n.n., der frau f. n., der zeugin q. (mutter der klägerin), des herrn n. x. des herrn p. t. zu den akten. 16der beklagte ermittelte sodann weiter durch einholung eines aussagepsychologischen gutachtens durch frau diplom-psychologin x. 17mit widerspruchsbescheid vom 27.12.2017 wies die beklagte den widerspruch der klägerin als unbegründet zurück. 18am 26.01.2018 hat die klägerin, vertreten durch ihre prozessbevollmächtigte, klage erhoben. im rahmen der klage hat sie erneut vorgetragen, ihr vater habe sie am 00.00.1985 in der elterlichen wohnung dadurch sexuell missbraucht, dass er vor ihr seinen penis entblößte und sich vor ihr selbst befriedigte. darüber hinaus sei sie in der jahren 1987 bis 1988 opfer von übergriffen in form von schlägen und tritten durch einen damaligen mitschüler auf dem schulhof der grundschule e. geworden. auch habe der onkel der klägerin mütterlicherseits diese mehrfach tätlich angegriffen und zwar konkret an seinem geburtstag am 00.00.1989. damals habe ihm ein geburtstagsgeschenk nicht gefallen und er habe ihre mutter geschlagen. um diese zu schützen habe sich die klägerin vor ihre mutter gestellt, woraufhin ihr onkel sie an den haaren durch die wohnung geschleift und sie mehrfach mit der faust – auch in den bauch – geschlagen habe. auch ihre mutter sei über einen längeren zeitraum, nämlich von 1981 bis 1995, körperlich gewalttätig ihr gegenüber gewesen. sie sei deshalb auch 1993 für einen längeren zeitraum im heim gewesen. auch 1992 bis 1995 habe die klägerin aufgrund der gewalttätigen situation im elternhaus immer wieder hilfe bei polizei, jugendamt und kinderschutzbund gesucht. herr x. habe schriftlich im verwaltungsverfahren bekundet, dass die klägerin im mai oder juni 1993 vollkommen aufgelöst zu ihm nach hause gekommen sei und über eine auseinandersetzung mit ihrer mutter berichtet habe, bei der sie brutal von ihrer mutter geschlagen worden sei. im august 1994 sei sie durch herrn s. sexuell missbraucht worden. diese zahlreichen gewalterfahrungen hätten bei ihr eine posttraumatische belastungsstörung hervorgerufen. im übrigen leide sie an einer borderline-störung. die klägerin hat weiter ausgeführt, sie habe auch tagebuch geführt. soweit dem gericht ein tagebuch bekannt sei, handele es sich allerdings um eins, welches sie letztlich nur für ihre mutter geschrieben habe, weil sie gewusst habe, dass diese das tagebuch lese. sie habe aber im anschluss an dieses tagebuch ein zweites geschrieben, welches dem zugriff der mutter entzogen gewesen sei. aus diesem ergebe sich das leid, welches sie erfahren habe. dieses tagebuch sei ihr vom zeugen i., ihrem ex-partner, entwendet worden. der zeuge habe das tagebuch, welches die jahre 1992/93 bis 1996 erfasse, als druckmittel benutzt, um von ihrer mutter geld für eine kaputte couch zu bekommen. zwar habe ihre mutter das geld gezahlt, er habe gleichwohl das tagebuch nicht zurückgegeben, mit der begründung, dass es ihm für spätere belange nützlich sein könnte. 19die klägerin hat schriftsätzlich beantragt, 20den beklagten unter aufhebung des bescheides vom 09.05.2016 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 27.12.2017 zu verurteilen, ihr ab dem 01.12.2015 beschädigtenversorgung nach dem oeg i.v.m. bvg zu bewilligen und einen gds von wenigstens 25 anzuerkennen. 21der beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 22die klage abzuweisen. 23zur begründung hat er darauf verwiesen, dass die von der klägerin geschilderten taten, mit ausnahme der abgeurteilten tat, die aber nicht den tatbestand einer gewalttat erfülle, nicht hinreichend nachgewiesen seien. 24die kammer hat am 13.11.2018, am 24.09.2019 und am 04.02.2020 erörterungstermine durchgeführt, in denen der sach- und streitstand mit den beteiligten erörtert worden ist sowie darüber hinaus die zeugen q. und i. vernommen worden sind. im rahmen des termins vom 24.09.2019 hat die zeugin q. ein tagebuch der klägerin vorgelegt. dieses ist in augenschein genommen und der klägerin dann noch im termin ausgehändigt worden. am 25.09.2019 hat die klägerin es sodann dem gericht erneut zur verfügung gestellt. den beteiligten ist gelegenheit gegeben worden, zu den terminen und den zeugenaussagen stellung zu nehmen. der vater der klägerin hat erklärt, von seinem zeugnisverweigerungsrecht gebrauch zu machen. die kammer hat des weiteren bei der ehemaligen schule der klägerin, dem m gymnasium in b, ermittlungen im hinblick auf fehlzeiten und schulische leistungen angestellt. 25der beklagte sowie die prozessbevollmächtigte der klägerin haben übereinstimmend am 27.10.2020 schriftlich erklärt, mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung einverstanden zu sein. 26wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsakte des beklagten bezug genommen. der der entscheidung der kammer zugrunde liegt. 27
28die zulässige klage ist unbegründet. die klägerin wird durch die angefochtenen be-scheide nicht gemäß § 54 abs. 2 satz 1 sozialgerichtsgesetz (sgg) in ihren rechten verletzt, da diese rechtmäßig sind. sie hat keinen anspruch auf versorgung nach dem oeg (gesetz über die entschädigung für opfer von gewalttaten – oeg) in verbindung mit dem gesetz über die versorgung der opfer des krieges (bundesversorgungsgesetz - bvg), da zur überzeugung der kammer die allgemeinen tatbestandsmerkmale des § 1 abs. 1 satz 1 oeg nicht hinreichend nachgewiesen sind. 29nach § 1 abs. 1 satz 1 oeg erhält eine person, die im geltungsbereich dieses gesetzes infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen angriffs gegen seine oder eine andere person oder durch dessen rechtmäßige abwehr eine gesundheitliche schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen folgen auf antrag versorgung in entsprechender anwendung der vorschriften des bvg. voraussetzung für die annahme des tatbestands sind damit das vorliegen eines "vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen angriffs", das vorliegen einer schädigung sowie das bestehen von schädigungsfolgen, wobei die einzelnen elemente durch einen ursachenzusammenhang miteinander verbunden sind. 30bei der auslegung des rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher angriff" im sinne des § 1 abs. 1 satz 1 oeg ist entscheidend auf die rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als feindlichkeit gegen das strafgesetz, abzustellen (bsg urteil vom 17.04.2013 – b 9 v 1/12 r = juris rn. 27; bsg urteil vom 07.04.2011 – b 9 vg 2/010 r = juris rn. 32; vgl. auch bischofs, sgb 2010, 693 f.), wobei je nach fallkonstellation in der rechtsprechung des bundessozialgerichts unterschiedliche schwerpunkte gesetzt und verschiedene gesichtspunkte hervorgehoben werden. leitlinie dieser höchstrichterlichen rechtsprechung ist hierbei aber stets der sich aus dem sinn und zweck des oeg ergebende gedanke des opferschutzes. grundsätzlich bestimmt sich vorliegen eines tätlichen angriffs aus der sicht eines objektiven, vernünftigen dritten und liegt im allgemeinen vor, wenn eine in feindseliger bzw. rechtsfeindlicher willensrichtung unmittelbar auf den körper eines anderen zielende gewaltsame einwirkung gegeben ist, wobei die angriffshandlung in aller regel den tat-bestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen straftat gegen das leben oder die körperliche unversehrtheit erfüllt (bsg urteil vom 17.04.2013 – b 9 v 1/12 r = juris rn. 27 unter hinweis auf bsg urteil vom 29.4.2010 - b 9 vg 1/09 r = juris rn. 25). abweichend von dem im strafrecht umstrittenen gewaltbegriff im sinne des § 240 strafgesetzbuch (stgb) zeichnet sich der tätliche angriff im sinne des § 1 abs. 1 satz 1 oeg durch eine körperliche gewaltanwendung (tätlichkeit) gegen eine person aus, wirkt also kör-perlich (physisch) auf einen anderen ein (bsg urteil vom 17.04.2013 – b 9 v 1/12 r = juris rn. 27; bsg urteil vom 7.4.2011 - b 9 vg 2/10 r = juris rn. 36). 31das vorliegen eines solchen vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen angriffs steht zur überzeugung der kammer vorliegend nicht mit der hinreichenden gewissheit fest. 32hinsichtlich der entscheidungserheblichen tatsachen kennt das soziale entschädigungsrecht, also auch das oeg, drei beweismaßstäbe. grundsätzlich bedürfen die drei elemente des tatbestandes (schädigender vorgang, schädigung und schädigungsfol-gen) des vollbeweises (vgl. bsg beschluss vom 12.05.2016 – b 9 v 11/16 b = juris rn. 9; rademacker, in: knickrehm, gesamtes soziales entschädigungsrecht, 2012, § 1 oeg rn 169 m.w.n.). für die kausalität selbst hingegen genügt gemäß § 1 abs. 3 bvg die wahrscheinlichkeit. 33für den vollbeweis muss sich das gericht die volle überzeugung vom vorhandensein oder nichtvorhandensein einer tatsache verschaffen. allerdings verlangt auch der vollbeweis keine absolute gewissheit, sondern lässt eine an gewissheit grenzende wahrscheinlichkeit ausreichen. denn ein darüber hinausgehender grad an gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl. keller, in: meyer-ladewig/keller/leitherer/schmidt, sgg, 13. aufl. 2020, § 128 rn. 3b m.w.n.; kühl, in: fichte/jüttner, sgg. 3. aufl. 2020, § 103 rn. 4 m.w.n.). daraus folgt, dass auch dem vollbeweis gewisse zweifel innewohnen können, verbleibende restzweifel mit anderen worten bei der überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen zweifeln verdichten (bsg urteil vom 24.11.2010 - b 11 al 35/09 r = juris rn. 21). eine tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem grade wahrscheinlich ist, dass alle umstände des falles nach vernünftiger abwägung des gesamtergebnisses des verfahrens und nach der allgemeinen lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche überzeugung zu begründen (vgl. keller in meyer-ladewig/keller/leitherer/schmidt, sgg, 13. aufl. 2020, § 128 rn. 3b m.w.n.). 34der beweisgrad der wahrscheinlichkeit im sinne des § 1 abs. 3 satz 1 bvg ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen zusammenhang spricht (vgl. bsg beschluss vom 8.8.2001 - b 9 v 23/01 b = juris; vgl. auch teil c 3.4.1 der anlage zu § 2 der versorgungsmedizin-verordnung – versmedv - vom 10.12.2008 (bgbl. i s. 2412), zuletzt geändert durch arti-kel 27 des gesetzes vom 12.12.2019 (bgbl. i s. 2652) – versorgungsmedizinischen grundsätze). diese definition ist der fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen zusammenhang angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. es muss sich unter würdigung des beweisergebnisses ein solcher grad von wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste zweifel hinsichtlich einer anderen möglichkeit ausscheiden. für die wahrscheinlichkeit ist ein "deutliches" übergewicht für eine der möglichkeiten erforderlich. sie entfällt, wenn eine andere möglichkeit ebenfalls ernstlich in betracht kommt. 35darüber hinaus ist zu beweisrechtlich zu beachten, dass nach maßgabe des § 15 satz 1 des gesetzes über das verwaltungsverfahren der kriegsopferversorgung (kovvfg), der gemäß § 6 abs. 3 oeg anzuwenden ist, bei der entscheidung die angaben des antragstellers, die sich auf die mit der schädigung (also insbesondere auch mit dem tätlichen angriff) im zusammenhang stehenden tatsachen beziehen, zugrundezulegen sind, wenn sie nach den umständen des falles glaubhaft erscheinen. bei dem "glaubhafterscheinen" im sinne des § 15 satz 1 kovvfg handelt es sich um den dritten, mildesten beweismaßstab des sozialrechts. glaubhaftmachung bedeutet das dartun einer überwiegenden wahrscheinlichkeit (vgl. keller, in: meyer-ladewig/keller/leitherer/schmidt, sgg, 13. aufl. 2020, § 128 rn. 3d m.w.n.), d.h. der guten möglichkeit, dass sich der vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse zweifel bestehen bleiben können (vgl. bsg beschluss vom 8.8.2001 - b 9 v 23/01 b = juris). dieser beweismaßstab ist durch seine relativität gekennzeichnet. es muss nicht, wie bei der wahrscheinlichkeit des ursächlichen zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende tatsache sprechen. es reicht die gute möglichkeit aus, d.h. es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in betracht zu ziehenden möglichkeiten das vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl. keller, in: meyer-ladewig/keller/leitherer/schmidt, sgg, 13. aufl. 2020, § 128 rn. 3d m.w.n.), weil nach gesamtwürdigung aller umstände besonders viel für diese möglichkeit spricht. von mehreren ernstlich in betracht zu ziehenden sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses (kein deutliches) übergewicht zukommen. wie bei den beiden anderen beweismaßstäben reicht die bloße möglichkeit einer tatsache nicht aus, um die beweisanforderungen zu erfüllen. das gericht ist allerdings im einzelfall grundsätzlich darin frei, ob es die beweisanforderungen als erfüllt ansieht (freiheit der richterlichen beweiswürdigung, § 128 abs. 1 satz 1 sgg; vgl. bsg beschluss vom 8.8.2001 - b 9 v 23/01 b = juris). 36voraussetzung für die anwendung dieses maßstabs ist freilich, dass im hinblick auf die angaben der antragstellerin oder des antragstellers unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne verschulden des antragstellers oder seiner hinterbliebenen verlorengegangen sind. dabei ist nach der ständigen rechtsprechung des bundessozialgericht, die sich die kammer nach eigener prüfung ebenfalls zu eigen gemacht hat, die beweiserleichterung des § 15 s 1 kovvfg ist auch dann anwendbar, wenn für den schädigenden vorgang keine zeugen vorhanden sind (vgl grundlegend bsg urteil vom 31.5.1989 - 9 rvg 3/89 = juris; bsg urteil vom 17.4.2013 - b 9 v 1/12 r = juris rn. 41; bsg urteil vom 17.04.2013 – b 9 v 3/12 r = juris rn. 39; bsg urteil vom 15.12.2016 – b 9 v 3/15 r = juris rn. 30). nach dem sinn und zweck des § 15 s 1 kovvfg sind damit nur tatzeugen gemeint, die zu den zu beweisenden tatsachen aus eigener wahrnehmung angaben machen können. personen, die von ihrem gesetzlichen zeugnisverwei-gerungsrecht (vgl §§ 383 ff zpo) gebrauch gemacht haben, sind dabei nicht als zeugen anzusehen. entsprechendes gilt für eine als täter in betracht kommende person, die eine schädigende handlung bestreitet. denn die beweisnot des opfers, auf die sich § 15 s 1 kovvfg bezieht, ist in diesem fall nicht geringer, als wenn der täter unerkannt geblieben oder flüchtig ist. die beweiserleichterung des § 15 s 1 kovvfg gelangt damit auch zur anwendung, wenn sich die aussagen des opfers und des vermeintlichen täters gegenüberstehen und tatzeugen nicht vorhanden sind (vgl bereits bsg beschluss vom 28.7.1999 - b 9 vg 6/99 b = juris rn. 6; bsg urteil vom 17.4.2013 - b 9 v 1/12 r = juris rn. 41; bsg urteil vom 17.04.2013 – b 9 v 3/12 r = juris rn. 39; bsg urteil vom 15.12.2016 – b 9 v 3/15 r = juris rn. 30). voraussetzung für die anwendung dieses geringsten beweismaßstabs ist allerdings unter berücksichtigung des telos der norm, dass die beweisnot in der sich die antragstellerin oder der antragsteller befindet, unverschuldet ist. 37im vorliegenden fall werden von der klägerin mehrere tatkomplexe behauptet, nämlich sexuellen missbrauch durch ihren vater (dazu unter i.), die von ihrer mutter gegen sie ausgeübte gewalt (hierzu unter ii.), die von ihrem onkel gegen sie verübte gewalt (hierzu unter iii.), gewalt durch einen mitschüler (dazu unter iv.) und schließlich eine vergewaltigung (dazu unter v.). 38die kammer ist nach dem ergebnis der beweisaufnahme davon überzeugt, dass die klägerin durchaus sowohl opfer von sexuellem missbrauch durch ihren vater – in form der durch das amtsgericht b. abgeurteilten straftat – als auch von körperlichen züchtigungen durch ihre mutter geworden ist. ersteres erfüllte indes nicht die voraussetzungen für die annahme einer gewalttat im sinne des § 1 oeg, letzteres war jeweils anlassbezogen und durch das seinerzeit noch geltende elterliche züchtigungsrecht gerechtfertigt. soweit die übrigen schilderungen der klägerin betroffen sind, konnte die kammer sich – trotz intensiver ermittlungen – nicht die hinreichende gewissheit für deren vorliegen verschaffen. 39i. aufgrund der feststellungen des urteils des amtsgerichts b. vom 00.00.0000 sieht es die kammer als nachgewiesen an, dass der vater der klägerin am 00.00.0000 in der wohnung seiner geschiedenen ehefrau, der zeugin q., vor den augen der damals sechsjährigen klägerin sein geschlechtsteil entblößte und sich vor ihr selbst befriedigte. dieses verhalten ist nach auffassung der kammer nicht nur widerlich, sondern es ist – wie auch zutreffend durch das amtsgericht b. beurteilt – als sexueller missbrauch eines kindes in tateinheit mit sexuellem missbrauch einer schutzbefohlenen strafbar. das amtsgericht hat in diesem zusammenhang die seinerzeit geltenden vorschriften des § 176 abs. 5 nr. 1 und § 174 abs. 2 nr. 1 stgb zur anwendung gebracht, also die tatsache berücksichtigt, dass der täter seinerzeit sexuelle handlungen vor der schutzbefohlenen (§ 174 abs. 2 nr. 1 stgb in der fassung vom 02.07.1976) bzw. vor einem kind vorgenommen hat (§ 176 abs. 5 nr. 1 stgb in der fassung vom 02.01.1975). die ebenfalls von §§ 174, 176 stgb erfassten tatbestandsalternativen der vornahme von sexuellen handlungen an einem kind/schutzbefohlenen oder durch dieses an sich waren durch die tat auch nach auffassung der kammer nicht erfüllt. es lag eine straftat vor, die letztlich allein den körper des täters betraf. der körper der klägerin war hierin nicht involviert. nun verkennt die kammer nicht, dass auch die psychische und sexuelle unversehrtheit bzw. integrität ebenso wie die freiheit von sexueller fremdbestimmung zweifellos ein schützenswertes gut ist (vgl. hierzu etwa lederer in: leipold/tsambikakis/zöller, anwaltskommentar stgb, 3. aufl. 2020, § 176 rn. 2) und dieses – nicht zuletzt im hinblick auf die insoweit für die psyche des opfers bestehenden gefahren – zu recht unter strafe gestellt ist. allerdings ist – derzeit noch – allein der vorsätzliche tätliche angriff vom § 1 oeg erfasst. wie bereits oben dargelegt, zeichnet sich der tätliche angriff im sinne des § 1 abs. 1 s 1 oeg durch eine körperliche gewaltanwendung (tätlichkeit) gegen eine person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein (vgl bsg urteil vom 7.4.2011 - b 9 vg 2/10 r = juris rn. 36). in fällen sexuellen missbrauchs von kindern im sinne von § 176 stgb hat das bundessozialgericht den begriff des tätlichen angriffs noch weiter verstanden. danach kommt es nicht darauf an, welche innere einstellung der täter zu dem opfer hatte und wie das opfer die tat empfunden hat. auch der "gewaltlose" sexuelle missbrauch eines kindes kann demnach ein tätlicher angriff im sinne des § 1 abs. 1 s 1 oeg sein (bsg urteil vom 18.10.1995 - 9 rvg 4/93 = juris; urteil vom 18.10.1995 - 9 rvg 7/93 = juris). dieser einschätzung schließt sich die kammer aus gründen des opferschutzes vollumfänglich an. es kann nicht darauf ankommen, ob der täter in offen kämpferisch feindlicher willensrichtung auftritt oder aber – gerade gegenüber kindern – seine handlungen als spiel tarnt. die kammer sieht sich gleichwohl daran gehindert, die norm des § 1 oeg auch auf den hier zu beurteilenden sachverhalt anzuwenden. der wortsinn der norm ist die grenze der auslegung (vgl. larenz/canaris, methodenlehre der rechtswissenschaft, 3. aufl. 1995, s. 143 f.; zippelius, juristische methodenlehre, 8. aufl. 200, § 9 i f.; vgl. in diesem zusammenhang freilich auch die sog "theorie des ge-setzessinns", wank, die auslegung von gesetzen, 6. aufl. 2015, s. 44 f.). in den sachverhalten, die das bsg zu entscheiden hatte, war es zumindest, wenn aus als angebliches spiel getarnt, zu körperlichen berührungen (konkret: streicheln) oder gar geschlechtsverkehr gekommen. hier erscheint es auch der kammer noch möglich eine "tätlichkeit" bei nach außen erscheinenden gewaltlosigkeit zu erkennen. solches war vorliegend nicht geschehen, sondern der täter hat die klägerin überhaupt nicht berührt. hier ist nach auffassung der kammer die grenze des wortsinns überschritten. ein solches geschehen kann nach hiesiger auffassung keinesfalls mehr als "tätlicher" angriff im sinne der norm verstanden werden. die konkret hier in rede stehende tat stellte eben keine gegen den körper der klägerin sodann vielmehr allein gegen ihre psychische unversehrtheit vor. dies ist aber – wie auch rein seelische misshandlungen – bislang nicht vom wortlaut der norm umfasst (vgl. bsg urteil vom 17.04.2013 – b 9 v 1/12 r = juris rn. 29). dass ein solches verhalten bislang nicht von der norm erfasst wird, macht nach auffassung der kammer auch ein vergleich mit den am 01.01.2024 in kraft tretenden regelungen des vierzehnten buches des sozialgesetzbuches – soziale entschädigung – (artikel 1 des gesetzes zur regelung des sozialen entschädigungsrechts vom 12.12.2019 – bgbl. i 2652) deutlich, welche zukünftig auch straftaten gegen die freie willensentscheidung und sonstige "körperlose" handlungen (etwa die vernachlässigung) erfassen wird. 40soweit die klägerin im hinblick auf ihren vater angegeben hat, dieser habe sie im alter von sechs jahren im jahr 1985 während eines besuches in abwesenheit ihrer mutter, eingeladen "ein spiel" zu spielen, bei dem sie ihre füße habe auf den tisch stellen und sich unterhalb des bauchnabels entkleiden müssen, wonach der vater, ebenfalls entkleidet sein glied erfasst und sich befriedigt habe, während er parallel dazu mit seiner anderen hand einen finger in ihre scheide gesteckt habe, sieht die kammer dieses geschehen als nicht hinreichend nachgewiesen an. das gleiche gilt für die behauptung er habe bei einem weiteren besuch – etwas später – erneut im rahmen eines "spiels", ihren kopf fest an den haaren gepackt und sie genötigt, ihn bei geöffneter hose oral bis zur ejakulation in den mund zu befriedigen. 41da die klägerin angibt, diese taten seien in abwesenheit anderer zeugen geschehen, kommt hier – nach den oben dargestellten grundsätzen – die anwendung des § 15 kovvfg in betracht. indes sieht die kammer unter berücksichtigung der durchgeführten ermittlungen des beklagten sowie des gerichtes die schilderungen nicht als hinreichend glaubhaft an. die kammer ist mithin unter berücksichtigung der gesamtumstände nicht von der guten möglichkeit des geschehens überzeugt. 42die kammer schließt dies – gemäß dem grundsatz der freien richterlichen beweiswürdi-gung nach § 128 sgg – zum einen aus dem gesamteindruck der aussagen der klägerin, aber auch der schriftlichen schilderungen ihrer damaligen freunde, der zeugenaussage ihrer mutter und nicht zuletzt aus den feststellungen des seitens des beklagten eingeholten glaubhaftigkeitsgutachten, welches die kammer gemäß § 118 abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. §§ 415 ff. zpo im wege des urkundenbeweises verwerten konnte (vgl. dazu lsg nordrhein-westfalen urteil vom 26.06.2020 – l 13 vg 3/20 = juris rn 21). 43beim glaubhaftigkeitsgutachten handelt es sich um eine aussagepsychologische begutachtung, deren gegenstand die beurteilung ist, ob auf ein bestimmtes geschehen bezogene angaben zutreffen, d.h. einem tatsächlichen erleben der untersuchten person entsprechen (vgl grundlegend bgh urteil vom 30.7.1999 - 1 str 618/98 = juris; vgl. hierzu auch bender/nack/treuer, tatsachenfeststellung vor gericht, 3. aufl. 2007, s. 52 ff.). der kammer ist dabei bewusst, dass bei der würdigung eines glaubhaftigkeitsgutachtens zu berücksichtigen ist, dass sich die psychologische begutachtung von aussagen nicht darauf beziehen kann, angaben über die faktizität eines sachverhalts zu machen. möglich ist lediglich herauszufinden, ob sich aussagen auf erlebtes beziehen, d.h. einen erlebnishintergrund haben. darüber hinaus besteht, worauf das bundessozialgericht zutreffend hinweist, die kompetenz und damit auch die aufgabe des sachverständigen darin abzuklären, ob sich dieser erlebnishintergrund in der sog wachwirklichkeit befindet, anstatt auf träumen, halluzinationen oder vorstellungen zu beruhen. ausschließlich auf diesen aspekt des wirklichkeitsbezuges einer aussage kann sich die glaubhaftigkeitsbegutachtung beziehen. im positiven fall können aussagepsychologische gutachten zweifel an der erlebnisbasis und zuverlässigkeit einer konkreten aussage zurückweisen. dies geschieht durch die bildung von alternativhypothesen, d. h. konkurrenzannahmen zur erlebnishypothese, und deren zurückweisung als unsubstantiiert. aufgabe des aussagepsychologischen sachverständigen ist es, auf den einzelfall bezogene alternativhypothesen zur erlebnishypothese darzustellen und durch deren prüfung erfahrungswissenschaftlich gestützte feststellungen zu erlebnishaltigkeit und zuverlässigkeit von sachverhaltskonstruktionen, die ein zeuge oder ein beteiligter vorträgt, zu treffen. dadurch vermittelt er dem gericht auf den einzelfall bezogene wissenschaftliche erkenntnisse und stellt diesem aufgrund von befundtatsachen wissenschaftlich gestützte schlussfolgerungen zur verfügung (bsg urteil vom 15.12.2016 – b 9 v 3/15 r = juris rn. 43 unter hinweis auf bsg urteile vom 17. 4. 2013 – b 9 v 1/12 r = juris rn. 46 und – b 9 v 3/12 r = juris rn. 44 mit verweis auf greuel/offe/fabian/wetzels/fabian/offe/stadler, glaubhaftigkeit der zeugenaussage, 1998, s. 280 f.; vgl. auch friedrich, sgb 2018, 116 ff.). 44das von der beklagten eingeholte aussagepsychologische glaubhaftigkeitsgutachten entspricht in personeller und inhaltlicher hinsicht den in literatur und rechtsprechung allgemein anerkannten maßstäben. es war damit ein grundsätzlich geeignetes mittel des erkenntnisgewinns auch für das gericht im rahmen beweiswürdigung. 45die kammer teilt die annahme im gutachten, dass sich bereits im rahmen der ermittlungen im verwaltungsverfahren bei der klägerin das vorhandensein ausgeprägter histrionischer züge sowie einer tendenz zur übertreibung, bis hin zu sich gänzliche widersprechenden verhaltensweisen und eine neigung zu demonstrativen schilderungen herauskristallisiert hat. die diagnose einer akzentuierten persönlichkeit mit histrionischen und emotional instabilen zügen war bereits 1996 durch die klinik für psychiatrie und psychotherapie des uk b. gestellt worden. ein damalige freund der klägerin, herr x., hat schriftlich gegenüber dem beklagten ausgeführt, die klägerin habe "mit jedem beliebigen mittel" um seine aufmerksamkeit gerungen. so habe sie z.b. eine aids-erkrankung erfunden. die klägerin selbst hat 1999 gegenüber ihrem therapeuten c. angegeben, sie habe früher auch oft ihre freunde und auch ihre mutter angelogen, in dem sie schwere krankheiten vortäuschte, um deren zuwendung zu erlangen. unter berücksichtigung dieser persönlichkeitsstruktur geht das gutachten nachvollziehbar davon aus, dass insbesondere die jahrelange intensive beschäftigung mit den fraglichen sachverhalten im sinne eines memorierens/verschriftlichens/kommunizierens aussageveränderungen begünstigt hat. kritisch muss ebenfalls in diesem zusammenhang bewertet werden, dass von der klägerin die allmähliche ausweitung ihrer erinnerungen im rahmen der traumtherapie beschrieben wird. hier verweist das gutachten auf deutliche anhaltspunkte für einen autosuggestiven prozess, der trotz der weitgehend erinne-rungskritischen haltung der klägerin – zu verfälschungen des aussagematerials geführt haben könnte. 46im hinblick auf die aussagen der kläger zu den gewalttaten des vaters stellt das gutachten einen überdetaillierung fest, die im hinblick auf die weiteren im gutachten festgestellten umstände jedenfalls nicht als qualitätsmerkmal zu werten ist. darüber hinaus waren – dieser einschätzung schließt sich auch die kammer an – ihre angaben teilweise kaum nachvollziehbar. dies gilt sowohl hinsichtlich der behauptung, es sei zu der verurteilung des vaters gekommen, weil eine lehrerin bemerkt habe, wie sie, die klägerin, aus dem uterus geblutet habe. im nachgang hätten ihr vater und ihre mutter kollusiv ein weniger dramatisches geschehen geschildert, welches dann zu der erfolgten verurteilung geführt habe. das gutachten legt insgesamt überzeugend dar, dass und aus welchen gründen, sowohl die hypothese der unsachgemäßen mehrbelastung, die (auto-)suggestionshypothese und die projektions- oder wahrnehmungsübertragungshypothese nicht zurückgewiesen werden können, so dass der erlebnishypothese aus aussagepsychologischer sicht nicht gefolgt werden kann. 47ergänzend ist nach auffassung der kammer zu berücksichtigen, dass insbesondere die darstellung der klägerin, ihre mutter und ihr vater hätten seinerzeit die wahren taten vertuscht, auch unter berücksichtigung weiterer aspekte nicht überzeugt. es steht unter berücksichtigung der aus den protokollen ersichtlichen aussagen der zeugin q. für die kammer fest, dass die zeugin zum damaligen zeitpunkt keinesfalls in einem solchen verhältnis zu ihrem geschiedenen ehemann gestanden hat, welches die annahme, sie habe den von der klägerin geschilderten weiteren sexuellen missbrauch gedeckt, rechtfertigen würde. 48die kammer verkennt hierbei nicht, dass die zeugin q. die sexualität ihres ex-mannes für nicht ungestört hielt, er jedenfalls verschiedene sexuelle präferenzen gehabt habe, die für sie außerhalb der norm lagen. so habe er ihr gegenüber ein sexuelles verhältnis mit seiner mutter eingeräumt. dies beweist indes nichts im hinblick auf die von der klägerin geschilderten taten. soweit die abgeurteilte tat betroffen ist, hat die zeugin eindeutig ausgesagt, sie habe – nachdem ihre tochter ihr den vorfall geschildert habe – noch am gleichen tag strafanzeige gestellt und sei zu einem anwalt gegangen. die zeugin hat im verfahren auch ein schreiben vorgelegt, in dem unmittelbar auch das "geschehen am vergangenen wochenende (samstag, den 00.00.1985)" abstellte. in diesem schreiben wurde dem vater der klägerin haus- und besuchsverbot erteilt. dies spricht nach auffassung der kammer evident dagegen, dass die mutter – wie von der klägerin behauptet – etwas gebilligt oder auch nur vertuscht hätte. soweit in dem schreiben auf einen vorfall vor 1 ½ jahren bezug genommen wird, ist dies nach auffassung der kammer nicht geeignet einen beweis für das vorliegen einer wie auch immer gearteten tat im sinne des § 1 oeg zu erbringen. die zeugin q. erläuterte die bezugnahme auf dieses datum dahingehend, dass seinerzeit ihr exmann zu besuch gewesen sei und sie kurz einkaufen war (10 minuten). nachdem sie zurückgekommen sei und sie und die klägerin sich von ihrem exmann verbschiedet hätten, habe ihre tochter die ganze zeit fröhlich "sonne, mond und sterne" gesungen. auf ihre nachfrage, ob etwas vorgefallen sei, habe sie nicht geantwortet sondern weitergesungen. die kammer geht davon aus, dass die zeugin q. glaubt, hier könne etwas vorgefallen sein. was dies aber konkret gewesen sein könnte, ist für die kammer nicht ersichtlich. ein "ungutes gefühl" der zeugin q. reicht insoweit nicht. zeitlich kann es sich hierbei jedenfalls nicht um die von der klägerin behaupteten weiteren gewalttaten gehandelt haben. die zeugin hat weiter angegeben, sie habe ihrem ex-ehemann daraufhin klar gesagt, er solle seiner tochter nichts antun. dies werden konsequenzen haben. diese konsequenzen hat sie dann nach der straftat vom 00.00.1985 auch unmittelbar gezogen. für die kammer ein weiteres indiz dafür, dass hier von seiten der mutter nichts vertuscht werden sollte. 49ii. soweit die klägerin angibt, opfer von gewalt ihrer mutter geworden zu sein, ist die kam-mer aufgrund der aussagen der zeugin q. in verbindung mit den darstellungen, wie sie sich aus den seinerzeitigen schriftlichen aufzeichnungen der klägerin im rahmen des dem gericht von ihr zur verfügung gestellten tagebuchs ergeben und den feststellun-gen des aussagepsychologischen gutachtens, davon überzeugt, dass es zwischen der mutter der klägerin und ihr – insbesondere in der zeit der (prä-)pubertät zu erheblichen spannungen gekommen ist und dass die mutter auch in der tat bei zwei gelegenheiten die klägerin mit einem gürtel körperlich gezüchtigt hat. soweit die klägerin beschreibt, dies sei exzessiv, ohne grund und an der tagesordnung gewesen sieht die kammer dies, ebenso wie die behauptung, ihre mutter habe sie in der spüle ertränken wollen und sie habe durch tritte in den bauch eine abtreibung bei ihr einleiten wollen, ebenfalls nicht als hinreichend nachgewiesen an. 50die kammer sieht es aufgrund der aussage der mutter der klägerin als nachgewiesen an, dass diese tatsächlich ihre tochter bei zwei gelegenheiten mit einem gürtel ge-schlagen hat. sie hat im rahmen ihrer vernehmung vom 13.11.2018 angegeben, sie könne sich noch genau an zwei mal erinnern. das erste mal sei die klägerin zehn jahre alt gewesen. sie beide seien im wald spazieren gegangen und dort sei ihr die klägerin weggelaufen. sie habe angst gehabt, dass ihr was passiert sei und dass sie sie nicht finderfinde. als sie dann nach hause gegangen sind, habe sie sie dann mit einem gürtel verprügelt. das zweite mal sei die klägerin ungefähr 15 jahre alt gewesen. damals seien 20 mark verschwunden gewesen und sie sei – fälschlich wie sich im nachhinein her-ausstellte – davon ausgegangen, ihre tochter habe ihr das geld entwendet. die vorfälle täten ihr heute noch sehr leid. daneben konnte die zeugin sich daran erinnern, die klä-gerin auch schon einmal mit der bloßen hand geschlagen zu haben. hier sei ihr erinner-lich, dass seinerzeit eine freundin aus der grundschule bei ihnen zu hause gewesen sei. diese und ihre tochter hätten sehr wild gespielt und ihre tochter sei ihrer freundin auf den bauch gehopst. ist. auch da habe sie sich die klägerin genommen und sie mit der hand geschlagen und erklärt habe, dies mache man nicht, da das gefährlich sei. 51die kammer ist davon überzeugt, dass diese geschehnisse so wie von der zeugin dar-gelegt vorgefallen sind und dass die zeugin sich insbesondere vor dem hintergrund des ausnahmecharakters der geschehnisse sich auch noch nach so langer zeit an die konkreten umstände erinnern konnte. die zeugin hat auf entsprechende nachfrage eindeutig verneint, dass gewalt bzw. körperliche züchtigungen ein regelmäßiges mittel der "erziehung" waren. sie verabscheue gewalt, insbesondere weil sie als kind sehr häufig geschlagen worden sei. für die kammer macht die aussage der zeugin deutlich, dass sie die von ihr ausgeübte gewalt gegen ihre tochter als versagen ihrer eigenen selbstbeherrschung auch heute noch reut und dass sie sich diese "erziehungsmaßnahmen" auch heute noch anlastet. die zeugin hat – zweifellos auch um ihr insoweit empfundenes versagen zu rechtfertigen – auch deutlich gemacht, dass es zwischen ihr und ihrer tochter erhebliche spannungen gab. die zeugin war – dies steht für die kammer fest – insbesondere mit fortschreitendem alter ihrer tochter mit deren erziehung überfordert. sie hat sich darum bemüht, der tochter viele möglichkeiten zu eröffnen (etwa sprachurlaube und sportliche aktivitäten). trotz dieser bemühungen ist es zwischen ihr und ihrer tochter aber mit zunehmendem alter zu den bereits beschrieben spannungen gekommen, die letztlich darin kulminiert sind, dass die tochter in einer pflegeeinrichtung bzw. bei pflegeeltern untergebracht worden ist. weder damals noch heute konnte und kann die mutter – dies ergibt sich für die kammer aus den aussagen der zeugin – akzeptieren, dass dies zur verringerung der spannungen durchaus ein möglicher, vielleicht sogar der einzige weg war. weitere objektivierbare anhaltspunkte, dass der umzug in die pflegefamilie mit körperlicher gewalt zu tun gehabt hätte, konnte die kammer nicht finden. die klägerin ist auch nach relativ kurzer zeit wieder freiwillig zu ihrer mutter zurückgekehrt. 52soweit die klägerin demgegenüber angibt, die schläge, die sich durchgängig von 1984 bis zu ihrem 18. lebensjahr erhalten habe, seien exzessiv und willkürlich gewesen, sieht die kammer dies nicht als glaubhaft an. zum einen konnte das glaubhaftigkeitsgutachten auch insoweit der erlebnishypothese nicht folgen. dies gilt sowohl hinsichtlich der behauptung, ihre mutter habe sie im alter von 13 jahren zu ertränken versucht als auch hinsichtlich der behauptung ihre mutter habe sie gezwungen zwei stunden lang auf den knien den rosenkranz zu beten und habe ihr mit einem rohrstock zwischen die schulterblätter geschlagen, damit sie nicht ohnmächtig werde oder sie sei ohne grund nachts aus dem bett gerissen worden und von ihrer mutter mit einem ledergürtel oder eine bügel geschlagen worden. darüber hinaus spricht auch das vorliegende tagebuch der klägerin eine andere sprache. die eintragungen dort thematisieren – in altersentsprechender sprache – verschiedene themen, die die klägerin in dem alter (es endet 1991) bewegt haben, etwa verliebtsein, liebeskummer, urlaubserlebnisse, gedanken zum weltgeschehen, begebenheiten mit ihrer mutter, begebenheiten mit freunden. die kammer konnte hierbei aber bei durchsicht noch nicht einmal ansatzweise besondere – über das übliche maß hinausgehende – spannungen zwischen ihr und ihrer mutter, ge-schweige denn anhaltspunkte für das versuchte ertränken durch ihre mutter oder regelmäßige züchtigungen, welche sich in dem hier erfassten zeitraum abgespielt habe sollen, erkennen. die behauptung der klägerin, dieses tagebuch sei nicht aussagekräftig, weil sie es nur für ihre mutter geschrieben habe, überzeugt die kammer nicht, da das tagebuch eintragungen und schwärmereien zu jungen enthält, die für das maßgebliche alter durchaus als intime geständnisse aufzufassen sind. selbst wenn man aber unterstellte, das tagebuch sei in dem wissen geschrieben worden, dass die mutter es liest, weswegen wesentliche aspekte – insbesondere die gewalt durch ihre mutter – nicht dargestellt worden seien, so ergäben sich für die kammer hieraus in der tat keine erkenntnisse – aber eben auch nicht im hinblick auf die glaubhaftigkeit der schilderungen der klägerin. 53soweit die klägerin angibt, ihr eigentlicher leidensweg sei in anderen tagebüchern niedergelegt, so kennt die kammer diesen inhalt nicht und kann ihn daher auch nicht würdigen. in diesem zusammenhang brauchte die kammer auch nicht dem antrag der klägerin nachzugehen, im hinblick auf das von der zeugin q. vorgelegte schreiben ein graphologisches gutachten einzuholen. die kammer kann als wahr unterstellen, dass der ehemalige freund der klägerin, der zeuge i., 1996 im besitz von tagebüchern der klägerin war. hierfür spricht die tatsache, dass die zeugin q. das genannte schreiben vorgelegen konnte, dem offenbar persönliche aufzeichnungen der klägerin beigefügt waren. in dem schreiben heißt es dann weiter, das nach zahlung der summe für die angeblich durch die klägerin zerstörten möbel, jeder das erhalte, was er wolle. dies könnte sich in der tat auf tagebücher beziehen. die kammer hat aber keinen anlass daran zu zweifeln, dass der zeuge die tagebücher jedenfalls jetzt – 24 jahre später, in denen er mehrfach umgezogen ist – nicht mehr hat. die kammer hat keine erkenntnisse darüber, ob die tagebücher noch existierten. sie hat vor allem – außer den angaben der klägerin, die sich aber nach auffassung der kammer bereits in verschiedener anderer hinsicht als nicht durchgängig verlässlich gezeigt haben – keine objektivierbaren erkenntnisse, was darin niedergelegt worden ist. 54die behauptung der klägerin, ihre mutter habe ihr, mit dem ziel der einleitung eines aborts, in den bauch getreten, hält die kammer ebenfalls nicht für glaubhaft. die klägerin erklärte im rahmen des termins vom 13.11.2018, sie sei damals für ein kind noch nicht bereit gewesen. aus diesem grund sei ein schwangerschaftsabbruch vorgenommen worden. diese einschätzung, dass ein kind für ihre tochter seinerzeit zu früh gewesen sei, teilte, dies ergibt sich für die kammer aus den aussagen ihrer mutter, auch diese. keine anhaltspunkte – auch nicht im sinne eines verschweigens – fanden sich in der vernehmung der mutter, dahingehend, dass auch nur angedacht, geschweige durchgeführt war, diesen abbruch nicht lege artis durch ärzte vornehmen zu lassen. 55soweit die kammer davon überzeugt ist, dass die mutter der klägerin diese körperlich gezüchtigt hat, und dass diese züchtigungen – sei es mit dem gürtel, sei es mit der bloßen hand – die erheblichkeitsschwelle überschritten haben, liegt ein tätlicher angriff nach § 1 abs.1 satz 1 oeg vor. indes ist zu berücksichtigen, dass 1631 bürgerliches gesetzbuch (bgb) in der bis zum 30.06.1998 geltenden fassung lautete: 56"(1) die personensorge umfaßt insbesondere das recht und die pflicht, das kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen aufenthalt zu bestimmen. 57(2) entwürdigende erziehungsmaßnahmen sind unzulässig. 58durch art. 1 des gesetzes zur reform des kindschaftsrechts (kindschaftsrechtsreform-gesetz – kindrg) vom 16.12.1997 wurde die regelung dahingehend neugefasst, dass nunmehr nach abs. 2 entwürdigende erziehungsmaßnahme, insbesondere körperliche und seelische misshandlungen unzulässig waren. schließlich wurde durch art. 1 des gesetzes zur ächtung der gewalt in der erziehung und zur änderung des kinderunterhalts vom 02.11.2000 mit wirkung vom 08.11.2000 in absatz 2 satz 1 zudem klargestellt, dass kinder ein recht auf gewaltfreie erziehung haben. 59den eltern verblieb bis november 2000 eine befugnis zur maßvollen körperlichen züchtigung, sofern sie nur - dieses subjektive element stand oft im mittelpunkt der bewertung - mit erziehungswillen handelten. sogar die verwendung von schlaggegenständen war nach den damaligen maßstäben nicht zwingend eine strafbare körperverletzung. nötig war vielmehr eine würdigung der objektiven und subjektiven umstände des einzelfalls, die anlass, ausmaß und zweck der bestrafung berücksichtigte (lsg niedersachsen-bremen l 10 ve 39/10 = juris rn. 23 ff.; lsg baden-württemberg urteil vom 06.12.2018 – l 6 vg 3096/17 = juris rn. 75). ende der 1950-er jahre führte der bundesgerichtshof (bgh) aus, dass ohrfeigen und rohrstockschläge eines lehrers nicht strafbar seien, wenn der lehrer zur züchtigung rechtlich befugt sei und sich innerhalb der grenzen dieser befugnis halte (bgh, urteil vom 23. oktober 1957 - 2 str 458/56 - bghst 11, 241). und noch im jahr 1986 sah der bgh das elterliche züchtigungsrecht nicht als überschritten an, als eltern ihr kind mit einem 1,4 cm starken und in sich stabilen wasserschlauch auf gesäß und oberschenkel geschlagen hatten, wobei jeweils rote striemen entstanden waren. vielmehr forderte der bgh auch in diesem fall eine würdigung aller objektiven und subjektiven umstände des tatgeschehens und erkannte ausdrücklich, dass allein die verwendung eines schlaggegenstandes noch nicht das merkmal der "entwürdigenden erziehungsmaßnahme" erfülle (bgh, beschluss vom 25. november 1986 - 4 str 605/86 - nstz 1987, 173). maßgeblich ist mithin die würdigung aller objektiven und subjektiven umstände des einzelfalls, die anlass, ausmaß und zweck der bestrafung berücksichtigen. unter berücksichtigung dieser vorgaben ist nach auffassung der kammer vor dem hintergrund, dass es sich jeweils um jeweils auf den konkreten anlass bezogene bestrafungen gehandelt hat, die die ausnahme geblieben sind und die nach auffassung der kammer nicht zuletzt ausdruck einer gewissen überforderung der mutter in ausnahmesituationen (weglaufen des kindes im wald verbunden mit der sorge der mutter, ihm könne etwas zugestoßen sein; annahme eines nicht eingeräumten diebstahls; sorge um die gesundheit der freundin der klägerin) gewesen sind, nach damaligem, hier in ansatz zu bringenden rechtsverständnis, eine überschreitung des züchtigungsrechts nicht festzustellen. die kammer macht in diesem zusammenhang deutlich, dass sie unter berücksichtigung des zu recht mittlerweile seit längerem bestehenden rechts auf gewaltfreie erziehung, solche maßnahmen keinesfalls billigt. sie stellt nur fest, dass zum damaligen zeitpunkt nicht von einer rechtswidrigen tätlichkeit auszugehen war, weswegen die anwendung des § 1 oeg auch insoweit nicht in betracht kommt. 60iii. auch die schilderungen der klägerin im hinblick auf körperliche angriffe ihres onkels gegen sie – konkret auch am 00.00.1989 – sieht die kammer nicht als hinreichend nachgewiesen an. maßgeblicher beweismaßstab ist insoweit der vollbeweis, da die beweiserleichterung des § 15 kovvfg vor dem hintergrund, dass die mutter der klägerin zeugin beschriebenen gewalt gewesen sein soll, nicht eingreift. 61die mutter der klägerin, die zeugin q., konnte den vorfall, so wie ihn die klägerin beschrieben hat, nicht bestätigen. zwar hat sie erklärt, dass in anwesenheit ihrer eigenen mutter, d.h. der großmutter der klägerin, stets eine atmosphäre der spannung bestanden habe, die sich auch vielfach in gewalt entladen habe. es sei daher gut möglich, dass die klägerin zeugin einer solchen szene geworden sei, da sie ihre tochter ja stets dabei gehabt habe. dass die klägerin selbst in diesem rahmen opfer von gewalt geworden sei, könne sie nicht sagen. berücksichtigt man dies und zudem die tatsache, dass das aussagepsychologische gutachten der erlebnishypothese auch im hinblick auf die schilde-rungen betreffend den onkel nicht folgen konnte, kommt auch insoweit die anwendung des § 1 oeg nicht in betracht. 62iv. hinsichtlich der angeblichen gewalttaten eines mitschülers während ihres besuchs der grundschule e., kann die kammer es durchaus nicht ausschließen, dass die klägerin opfer von schlägen und tritten eines mitschülers geworden ist. zum einen ist das phänomen des sog. "bullying" (vgl. dazu etwa hochmuth/pickel, gewalt an grundschulen, 2009 s. 10) bekannt und nicht neu und es ist der kammer in ihrer vollständigen besetzung aus eigener anschauung bekannt, dass es auch in der 1980er jahren, aber auch davor, auch grundschulkinder mit – in aller regel freilich altersentsprechender - gewalt seitens ihrer mitschüler konfrontiert wurden. eine gewisse körperliche aggressivität ist durchaus in dem hier in rede stehenden alter der vorpubertät auch nicht unüblich (vgl. dazu etwa petermann/koglin, aggression und gewalt bei kindern und jugendlichen, 2015, s. 1 ff.) und körperliche auseinandersetzungen werden teilweise als ein aspekt des umgangs mit gruppendynamischen konflikten gesehen. 63vor diesem hintergrund ist in der rechtsprechung durchaus anerkannt, dass im kindesalter – insbesondere in der grundschule – übliche verhaltensweisen, wie etwa rangeleien, schubsereien als sozialübliche verhaltensweisen keine entschädigungspflicht auslösen (vgl. lsg niedersachsen-bremen urteil vom 19.11.2015 – l 10 ve 31/12 = juris rn. 28 unter hinweis auf bsg urteil vom 08.11.2007 – b 9/9a vg 3/06 r). keinesfalls kann und darf hierbei freilich die – nicht mehr sozialadäquate – erheblichkeitsschwelle überschritten werden. die angaben der klägerin sind in diesem zusammenhang nach auffassung der kammer zu dürftig, um hieran – unter berücksichtigung von sinn und zweck des oeg – konkret die voraussetzungen für einen entschädigungsanspruch zu knüpfen. weder sind art und umfang noch anlass der behaupteten gewalttaten dargelegt. dass hier wirklich die grenzen üblicher querelen unter kindern überschritten worden wären, vermag die kammer nicht zu erkennen, zumal außer der darstellung der klägerin weitere anhaltspunkte für entsprechende wesentliche gewalttaten nicht vorliegen. weder sind zeugen benannt worden noch hat die mutter der klägerin nachvollziehbar davon berichtet, dass die klägerin in ihrer grundschulzeit opfer der entsprechenden gewalt geworden sei. 64v. schließlich sieht die kammer auch die angaben der klägerin hinsichtlich der vergewaltigung im august 1994 als nicht hinreichend nachgewiesen an. die kammer verkennt hierbei nicht, dass die mutter der klägerin, die zeugin q., gegenüber dem gericht ausgesagt hat, sie habe im sommer in den ferien – kurz vor dem 18. geburtstag ihrer tochter – einen anruf von der polizei in e. bekommen, wonach ihre tochter sich auf dem kommissariat befand. es sei ein verbrechen passiert. die klägerin sei nur am weinen und sie habe sie abholen sollen. ihr bruder habe sie dann nach e. gefahren. ihre tochter sei ganz verweint gewesen. sie habe am ganzen körper gezittert und sich an sie geklammert. zunächst habe sie ihr nicht sagen können, später – wohl noch im polizeirevier – habe sie ihr erzählt, dass sie vergewaltigt worden sei. sie, die zeugin, sei ganz geschockt gewesen. ob ihrer tochter seinerzeit einer ärztin oder einem arzt vorgestellt worden sei wisse sie nicht mehr. sie meinte, ihre tochter hätte ihr damals schon gesagt, dass die polizei auch zunächst gar kein protokoll hätten aufnehmen wollen. sie, die zeugin, sei mit der ganzen situation jedenfalls überfordert gewesen. an sowas habe sie seinerzeit nicht gedacht. es sei aber letztlich eine anzeige aufgenommen worden weil irgendwann später sei dann ein schreiben der staatsanwaltschaft gekommen. 65aus diesen äußerungen kann die kammer indes nur schließen, dass die klägerin seinerzeit behauptet hat, vergewaltigt worden zu sein. angaben darüber, dass die kleidung der klägerin teilweise zerstört gewesen war, als sie auf der polizeiwache abgeholt hat – die klägerin hatte geschildert, bei der vergewaltigung sei die unterhose und der bh gerissen – hat die zeugin q. nicht gemacht. nach darstellung der zeugin q. war offenbar – anders als die darstellung der klägerin, wonach die vergewaltigung nicht einmal aufgenommen worden sei – ein ermittlungsverfahren durchgeführt worden; jedenfalls war die staatsanwaltschaft involviert. zu einer verurteilung ist es indes offenbar nicht gekommen. unter berücksichtigung der weiteren tatsache, dass auch die mutter der klägerin, die diese unmittelbar nach der behaupteten vergewaltigung gesehen hat, und die sich in der vernehmung auch durchaus noch an den vorfall erinnern konnte, keinerlei objektivierbaren anhaltspunkte für das verbrechen berichten konnte und der tatsache, dass die klägerin nach ihren eigenen aussagen oft gelogen hat um zuwendung zu bekommen, bzw. sie nach einschätzung eines damaligen freundes "mit jedem beliebigen mittel", etwa durch erfindung einer aids-erkrankung um aufmerksamkeit gerungen hat (dazu bereits oben), ist die bloße behauptung der klägerin, sie sei seinerzeit opfer einer vergewaltigung geworden, keinesfalls geeignet das geschehen als hinreichend glaubhaft anzusehen. die kammer sieht sich in dieser einschätzung zudem durch die feststellungen des glaubhaftigkeitsgutachtens bestärkt. 66nach alledem war die klage abzuweisen. 67die kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 sgg.
Verklagte*r
0
185,199
9 O 444/12 U.
2014-01-15T00:00:00
Teilurteil
Tenor Die Klage wird bezüglich der Anträge zu 1) und 2) abgewiesen.Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. 12Tatbestand:3Der Kläger begehrt von der Beklagten im Wege der Stufenklage Auskunft über den Nachlass der gemeinsamen Mutter, sowie noch zu beziffernde Zahlung an die Erbengemeinschaft.4Die Parteien sind neben Dagmar Renate C und Harald Heinz Hermann C Kinder der am 23.2.2008 verstorbenen Renate C. Sie bilden eine ungeteilte Erbengemeinschaft.5Aufgrund einer Fehlbehandlung am 4.9.2000 wurde die Erblasserin betreuungsbedürftig. Als Betreuerin wurde die Beklagte bestellt.6Diese beauftragte Rechtsanwalt N in einem Rechtsstreit gegen das behandelnde Krankenhaus vor dem LG Düsseldorf, Az. 3 O 536/03 und in der Berufung vor dem OLG Düsseldorf, Az. I-8 U 8/05. Nachdem 100.000 € an die Erblasserin gezahlt wurden, sprach das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 22.3.2007 der Erblasserin weitere 125.000 € zu sowie eine monatliche Schmerzensgeldrente von 500 € seit dem 1.8.2004 und stellte fest, dass materielle Schäden zu ersetzen waren. Es erfolgten diverse Zahlungen des Krankenhauses an Rechtsanwalt N, der diese an die Erblasserin weitergab (Bl. 11 d.A.).7Am 14.4.2005 erhielt der Kläger 16.000 € auf seinen zukünftigen Erbanteil.8Nach dem Tod der Mutter erklärten der Kläger und die übrigen Erben gegenüber der Beklagten am 19.4.2008 in einer Entlastungserklärung (Bl. 63 d.A.) einen Haftungsverzicht bzgl. ihrer Tätigkeit als Betreuerin und verzichteten auf eine Schlussrechnung für das Betreuungsgericht.9Am 13.12.2008 veräußerte die Beklagte das Auto der Erblasserin für 21.300 €. Für die Beerdigung entstanden insgesamt Kosten in Höhe von 9.006,46 €. Die persönliche Habe teilten die Erben unter sich auf.10Nach der zweiten Ausfertigung des Erbscheins vom 29.3.2012 erhielt der Kläger Kontoauszüge zum Konto der Erblasserin für 2007 und Mai, Juni, August, September und Dezember 2008.11Der Kläger vermutet aufgrund der Kontoauszüge, dass die Beklagte diverse Geldbeträge veruntreut hat.12Der Kläger beantragt,131. die Beklagte zu verurteilen, der Erbengemeinschaft nach der am 23 Dezember 1937 geborenen und am 23. Februar 2008 in Düsseldorf verstorbenen Renate C, geborene Bruchhaus, bestehend aus dem Kläger, der Beklagten, Dagmar Renate C und Harald Heinz Hermann C14a) Auskunft über den Bestand der Erbschaft, insbesondere über das Geldvermögen am den 23. Februar 2008 und 31. Dezember 2011 und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände zu erteilen,15b) durch Vorlage einer geordneten Aufstellung, insbesondere Darstellung aller Aktiva und Passiva versehen mit Belegen zu allen Buchungspositionen, über die seit dem Erbfall vom 23 Februar 2008 über das Nachlassvermögen bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung getätigten Einnahmen und Ausgaben Rechnung zu legen,16c) Auskunft und Rechenschaft darüber abzulegen, welche Verfügungen sie über das Vermögen der Erblasserin seit Bestellung und Aufnahme der Betreuung über die Erblasserin gemäß Beschluss des Amtsgericht Düsseldorf zum Az. 98 XVII B 1441 vom 26.09.2000 vorgenommen hat, insbesondere über die anlässlich der ärztlichen Fehlbehandlung vom 4.9.2000 erhaltenen Schadensersatzleistungen17vom 22.7.2004 über 95.465,35 €18vom 10.11.2004 über 49.811,50 €19vom 8.4.2005 über 59.782,50 €20vom 18.8.2005 über 5.950,70 €21vom 10.5.2006 über 19.898,50 €22vom 19.6.2006 über 10.800,00 €23vom 29. 9. 2006 über 7.926,92 €24vom 19.12.2006 über 4.947,80 €,25sowie alle nach dem 19.12.2006 vorgenommenen Verfügungen über das Konto der Erblasserin bei der Sparkasse Düsseldorf zur Kto.-Nr. 30308936,26d) über die als Prozessbevollmächtigte der Erblasserin anlässlich des Medizinschadens vom 4.9.2000 erhaltenen Schadensersatzleistungen und deren Verwendung,272. soweit die Beklagte die Auskunft und Rechenschaftsgliederungen nach vorstehender Ziff. 1 nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt hat, sie zu verurteilen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass die Auskunft und Rechenschaft nach besten Wissen vollständig abgegeben hat, wie sie hierzu in der Lage war,283. nach Auskunftserteilung und Rechenschaftslegung noch zu errechnenden Geldbetrag an die Erbengemeinschaft zu zahlen.29Die Beklagte beantragt,30die Klage abzuweisen.31Die Beklagte behauptet, dass sie keine weiteren Auskünfte über den Nachlass geben kann, die der Kläger nicht ohnehin schon besitzt. Sie hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen.32Die Akte des Landgerichts Düsseldorf Az. 3 O 536/03, I-8 U 8/05 wurde beigezogen.33Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und die Feststellungen in den folgenden Entscheidungsgründen verwiesen.34Entscheidungsgründe:35Die zulässige Klage ist bezüglich der Anträge zu 1) und 2) unbegründet.361. Der Kläger hat gegen die Beklage keinen Anspruch auf Erteilung von Auskunft an die Erbengemeinschaft über den Bestand der Erbschaft zum 23.2.2008 und 31.12.2011, sowie bis zum 18.12.2013 (Antrag 1a, b).37Die Parteien befinden sich nach unstreitigem Vortrag in einer bislang ungeteilten Erbengemeinschaft. Ein allgemeiner Auskunftsanspruch über den Nachlass unter Miterben besteht nicht (Palandt/Weidlich, 73. Aufl. 2014, § 2038 Rn.14). Als Miterbe kann sich der Kläger jederzeit selbst über den Bestand und Wert des Nachlasses in Kenntnis setzen.38Der Anspruch ergibt sich hier auch nicht ausnahmsweise aus § 2027 BGB. Danach ist ein Erbschaftsbesitzer verpflichtet, dem Erben über den Bestand der Erbschaft und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände Auskunft zu erteilen. Ein Miterbe ist grundsätzlich nicht Erbschaftsbesitzer, auch nicht, wenn er einen Nachlassgegenstand in Besitz nimmt. Er wird erst dann zum Erbschaftsbesitzer, wenn er sich unter Negierung der Rechte der Miterben das Alleineigentum an dem Nachlassgegenstand anmaßt. Die Klägerin trägt unbestritten vor, dass sie bis auf den PKW der Erblasserin keine Gegenstände in Alleinbesitz genommen hat. Bzgl. des PKW hat sie durch Vorlage des Kaufvertrages vorprozessual bereits ausreichend Auskunft über den Verbleib des Nachlassgegenstandes erteilt. Eine Auskunftspflicht bzgl. des Werts des gesamten Nachlasses kann hieraus nicht hergeleitet werden.39Soweit die Beklagte als Verwalterin des Nachlasses tätig geworden ist, ergäbe sich ein Auskunftsanspruch aus § 666 BGB. Dieser verjährt allerdings drei Jahre zum Jahresende nach Entstehung. Der Auskunftsanspruch zum Vermögensstand im Jahr 2008 war daher am 31. Dezember 2011 und damit vor Klageerhebung verjährt.40Schließlich wäre ein Auskunftsanspruch, selbst wenn er bestehen würde, bereits durch Erfüllung (§ 362 BGB) erloschen. Die Beklagte hat Ausgaben bzgl. der Beerdigung der Erblasserin detailliert unter Vorlage von Rechnungen vorprozessual dargelegt (Bl. 46 ff. d.A.). Auch den Verkauf des PKW hat sie nachgewiesen. Weitere Vermögensgegenstände, über welche ausschließlich die Beklagte Kenntnis hat, sind nicht ersichtlich.41Schließlich sind Auskunftsansprüche grundsätzlich nur dann akzessorisch zu einem Leistungsanspruch gewährt, wenn dessen Bezifferung ohne die Auskunft nicht möglich wäre. Hier ist aber der Kläger bereits umfassend informiert, so dass kein Auskunftsbedürfnis besteht. Er legt selbst Kontoauszüge des Kontos der Erblasserin vor, auf denen sich seiner Ansicht nach ungerechtfertigte Buchungen zu Gunsten der Beklagten befinden. Höhe, Zahlungsempfänger und Verwendungszweck sind dem Kläger damit bekannt. Die Rechtsgründe für die Buchungen wären im Rahmen einer Leistungsklage zu erörtern. Es gibt keinen Anlass zur Annahme, dass die Beklagte weitere Vermögensauskünfte erteilen könnte.422. Der Kläger hat auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erteilung von Auskunft an die Erbengemeinschaft und Rechenschaft über Verfügungen, die sie als Betreuerin über das Vermögen der Erblasserin getätigt hat (Antrag 1c).43Die Miterben, auch der Kläger, haben der Beklagten bzgl. ihrer Tätigkeit als Betreuerin der Erlasserin am 19.4.2008 Entlastung erteilt. Zwar betrifft der Verzicht auf eine Schlussrechnung nur die Pflicht der Beklagten gegenüber dem Vormundschaftsgericht. Der Kläger hat die Beklagte aber zudem von einer Haftung aus der Verwaltung befreit. Insoweit hat der Kläger keine Rechte mehr gegen die Beklagte.44Ein Auskunftsanspruch wäre außerdem verjährt. Er verjährt nach §§ 195, 199 BGB drei Jahre ab Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Kläger Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen hatte. Die Betreuung endete mit dem Tod der Erblasserin am 23.2.2008. Unmittelbar nach Ende der Betreuung trafen sich die Erben und unterzeichneten die Verzichtserklärung. Vor dem Unterzeichnen dieser Erklärung hätten sie sich über die Betreuungstätigkeit informieren müssen. Nach der nicht bestrittenen Aussage der Beklagten wurde unmittelbar nach dem Tod u.a. über diese Angelegenheiten gesprochen. Es ist selbstverständlich, dass anlässlich einer Haftungsfreistellung auch die entsprechenden Belege geprüft werden. Die Verjährung trat damit zum 31.12.2011 ein.45Die 30jährige Verjährungsfrist für familien- und erbrechtliche Ansprüche nach § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F., Art. 229 § 23 EGBGB war vorliegend nicht einschlägig, da es sich um einen betreuungsrechtlichen Auskunftsanspruch handelt.463. Ein Auskunftsanspruch über als Prozessbevollmächtigte der Erblassen erhaltene Zahlungen in Bezug auf die medizinische Fehlbehandlung der Erblasserin (Antrag 1 d) scheitert schon daran, dass die Beklagte nicht als deren Prozessbevollmächtigte aufgetreten ist. Ausweislich der beigezogenen Akte des Landgerichts Düsseldorf Az. 3 O 536/03, I-8 U 8/05 erfolgte die Vertretung der Erblasserin sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Oberlandesgericht durch die Rechtsanwälte N und nicht durch die Beklagte.474. Da keine Auskünfte mehr zu erteilen waren, ist auch die zweite Stufe unbegründet. An den vorprozessual erteilten Auskünften hatte der Kläger keinen Zweifel geäußert.48Wegen der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung bleibt diese dem Schlussurteil vorbehalten.49Um über die Leistungsklage entscheiden zu können, hat der Kläger den Antrag zu 3 im Folgenden zu beziffern.Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.50S2 als Einzelrichterin
die klage wird bezüglich der anträge zu 1) und 2) abgewiesen.die kostenentscheidung bleibt dem schlussurteil vorbehalten. 12
3der kläger begehrt von der beklagten im wege der stufenklage auskunft über den nachlass der gemeinsamen mutter, sowie noch zu beziffernde zahlung an die erbengemeinschaft.4die parteien sind neben dagmar renate c und harald heinz hermann c kinder der am 23.2.2008 verstorbenen renate c. sie bilden eine ungeteilte erbengemeinschaft.5aufgrund einer fehlbehandlung am 4.9.2000 wurde die erblasserin betreuungsbedürftig. als betreuerin wurde die beklagte bestellt.6diese beauftragte rechtsanwalt n in einem rechtsstreit gegen das behandelnde krankenhaus vor dem lg düsseldorf, az. 3 o 536/03 und in der berufung vor dem olg düsseldorf, az. i-8 u 8/05. nachdem 100.000 € an die erblasserin gezahlt wurden, sprach das oberlandesgericht düsseldorf mit urteil vom 22.3.2007 der erblasserin weitere 125.000 € zu sowie eine monatliche schmerzensgeldrente von 500 € seit dem 1.8.2004 und stellte fest, dass materielle schäden zu ersetzen waren. es erfolgten diverse zahlungen des krankenhauses an rechtsanwalt n, der diese an die erblasserin weitergab (bl. 11 d.a.).7am 14.4.2005 erhielt der kläger 16.000 € auf seinen zukünftigen erbanteil.8nach dem tod der mutter erklärten der kläger und die übrigen erben gegenüber der beklagten am 19.4.2008 in einer entlastungserklärung (bl. 63 d.a.) einen haftungsverzicht bzgl. ihrer tätigkeit als betreuerin und verzichteten auf eine schlussrechnung für das betreuungsgericht.9am 13.12.2008 veräußerte die beklagte das auto der erblasserin für 21.300 €. für die beerdigung entstanden insgesamt kosten in höhe von 9.006,46 €. die persönliche habe teilten die erben unter sich auf.10nach der zweiten ausfertigung des erbscheins vom 29.3.2012 erhielt der kläger kontoauszüge zum konto der erblasserin für 2007 und mai, juni, august, september und dezember 2008.11der kläger vermutet aufgrund der kontoauszüge, dass die beklagte diverse geldbeträge veruntreut hat.12der kläger beantragt,131. die beklagte zu verurteilen, der erbengemeinschaft nach der am 23 dezember 1937 geborenen und am 23. februar 2008 in düsseldorf verstorbenen renate c, geborene bruchhaus, bestehend aus dem kläger, der beklagten, dagmar renate c und harald heinz hermann c14a) auskunft über den bestand der erbschaft, insbesondere über das geldvermögen am den 23. februar 2008 und 31. dezember 2011 und über den verbleib der erbschaftsgegenstände zu erteilen,15b) durch vorlage einer geordneten aufstellung, insbesondere darstellung aller aktiva und passiva versehen mit belegen zu allen buchungspositionen, über die seit dem erbfall vom 23 februar 2008 über das nachlassvermögen bis zum zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung getätigten einnahmen und ausgaben rechnung zu legen,16c) auskunft und rechenschaft darüber abzulegen, welche verfügungen sie über das vermögen der erblasserin seit bestellung und aufnahme der betreuung über die erblasserin gemäß beschluss des amtsgericht düsseldorf zum az. 98 xvii b 1441 vom 26.09.2000 vorgenommen hat, insbesondere über die anlässlich der ärztlichen fehlbehandlung vom 4.9.2000 erhaltenen schadensersatzleistungen17vom 22.7.2004 über 95.465,35 €18vom 10.11.2004 über 49.811,50 €19vom 8.4.2005 über 59.782,50 €20vom 18.8.2005 über 5.950,70 €21vom 10.5.2006 über 19.898,50 €22vom 19.6.2006 über 10.800,00 €23vom 29. 9. 2006 über 7.926,92 €24vom 19.12.2006 über 4.947,80 €,25sowie alle nach dem 19.12.2006 vorgenommenen verfügungen über das konto der erblasserin bei der sparkasse düsseldorf zur kto.-nr. 30308936,26d) über die als prozessbevollmächtigte der erblasserin anlässlich des medizinschadens vom 4.9.2000 erhaltenen schadensersatzleistungen und deren verwendung,272. soweit die beklagte die auskunft und rechenschaftsgliederungen nach vorstehender ziff. 1 nicht mit der erforderlichen sorgfalt erteilt hat, sie zu verurteilen zu protokoll an eides statt zu versichern, dass die auskunft und rechenschaft nach besten wissen vollständig abgegeben hat, wie sie hierzu in der lage war,283. nach auskunftserteilung und rechenschaftslegung noch zu errechnenden geldbetrag an die erbengemeinschaft zu zahlen.29die beklagte beantragt,30die klage abzuweisen.31die beklagte behauptet, dass sie keine weiteren auskünfte über den nachlass geben kann, die der kläger nicht ohnehin schon besitzt. sie hat sich auf die einrede der verjährung berufen.32die akte des landgerichts düsseldorf az. 3 o 536/03, i-8 u 8/05 wurde beigezogen.33wegen der weiteren einzelheiten zum sach- und streitstand wird auf die schriftsätze der parteien nebst anlagen und die feststellungen in den folgenden entscheidungsgründen verwiesen.34
35die zulässige klage ist bezüglich der anträge zu 1) und 2) unbegründet.361. der kläger hat gegen die beklage keinen anspruch auf erteilung von auskunft an die erbengemeinschaft über den bestand der erbschaft zum 23.2.2008 und 31.12.2011, sowie bis zum 18.12.2013 (antrag 1a, b).37die parteien befinden sich nach unstreitigem vortrag in einer bislang ungeteilten erbengemeinschaft. ein allgemeiner auskunftsanspruch über den nachlass unter miterben besteht nicht (palandt/weidlich, 73. aufl. 2014, § 2038 rn.14). als miterbe kann sich der kläger jederzeit selbst über den bestand und wert des nachlasses in kenntnis setzen.38der anspruch ergibt sich hier auch nicht ausnahmsweise aus § 2027 bgb. danach ist ein erbschaftsbesitzer verpflichtet, dem erben über den bestand der erbschaft und über den verbleib der erbschaftsgegenstände auskunft zu erteilen. ein miterbe ist grundsätzlich nicht erbschaftsbesitzer, auch nicht, wenn er einen nachlassgegenstand in besitz nimmt. er wird erst dann zum erbschaftsbesitzer, wenn er sich unter negierung der rechte der miterben das alleineigentum an dem nachlassgegenstand anmaßt. die klägerin trägt unbestritten vor, dass sie bis auf den pkw der erblasserin keine gegenstände in alleinbesitz genommen hat. bzgl. des pkw hat sie durch vorlage des kaufvertrages vorprozessual bereits ausreichend auskunft über den verbleib des nachlassgegenstandes erteilt. eine auskunftspflicht bzgl. des werts des gesamten nachlasses kann hieraus nicht hergeleitet werden.39soweit die beklagte als verwalterin des nachlasses tätig geworden ist, ergäbe sich ein auskunftsanspruch aus § 666 bgb. dieser verjährt allerdings drei jahre zum jahresende nach entstehung. der auskunftsanspruch zum vermögensstand im jahr 2008 war daher am 31. dezember 2011 und damit vor klageerhebung verjährt.40schließlich wäre ein auskunftsanspruch, selbst wenn er bestehen würde, bereits durch erfüllung (§ 362 bgb) erloschen. die beklagte hat ausgaben bzgl. der beerdigung der erblasserin detailliert unter vorlage von rechnungen vorprozessual dargelegt (bl. 46 ff. d.a.). auch den verkauf des pkw hat sie nachgewiesen. weitere vermögensgegenstände, über welche ausschließlich die beklagte kenntnis hat, sind nicht ersichtlich.41schließlich sind auskunftsansprüche grundsätzlich nur dann akzessorisch zu einem leistungsanspruch gewährt, wenn dessen bezifferung ohne die auskunft nicht möglich wäre. hier ist aber der kläger bereits umfassend informiert, so dass kein auskunftsbedürfnis besteht. er legt selbst kontoauszüge des kontos der erblasserin vor, auf denen sich seiner ansicht nach ungerechtfertigte buchungen zu gunsten der beklagten befinden. höhe, zahlungsempfänger und verwendungszweck sind dem kläger damit bekannt. die rechtsgründe für die buchungen wären im rahmen einer leistungsklage zu erörtern. es gibt keinen anlass zur annahme, dass die beklagte weitere vermögensauskünfte erteilen könnte.422. der kläger hat auch keinen anspruch gegen die beklagte auf erteilung von auskunft an die erbengemeinschaft und rechenschaft über verfügungen, die sie als betreuerin über das vermögen der erblasserin getätigt hat (antrag 1c).43die miterben, auch der kläger, haben der beklagten bzgl. ihrer tätigkeit als betreuerin der erlasserin am 19.4.2008 entlastung erteilt. zwar betrifft der verzicht auf eine schlussrechnung nur die pflicht der beklagten gegenüber dem vormundschaftsgericht. der kläger hat die beklagte aber zudem von einer haftung aus der verwaltung befreit. insoweit hat der kläger keine rechte mehr gegen die beklagte.44ein auskunftsanspruch wäre außerdem verjährt. er verjährt nach §§ 195, 199 bgb drei jahre ab ende des jahres, in dem der anspruch entstanden ist und der kläger kenntnis bzw. grob fahrlässige unkenntnis von den anspruchsbegründenden tatsachen hatte. die betreuung endete mit dem tod der erblasserin am 23.2.2008. unmittelbar nach ende der betreuung trafen sich die erben und unterzeichneten die verzichtserklärung. vor dem unterzeichnen dieser erklärung hätten sie sich über die betreuungstätigkeit informieren müssen. nach der nicht bestrittenen aussage der beklagten wurde unmittelbar nach dem tod u.a. über diese angelegenheiten gesprochen. es ist selbstverständlich, dass anlässlich einer haftungsfreistellung auch die entsprechenden belege geprüft werden. die verjährung trat damit zum 31.12.2011 ein.45die 30jährige verjährungsfrist für familien- und erbrechtliche ansprüche nach § 197 abs. 1 nr. 2 bgb a.f., art. 229 § 23 egbgb war vorliegend nicht einschlägig, da es sich um einen betreuungsrechtlichen auskunftsanspruch handelt.463. ein auskunftsanspruch über als prozessbevollmächtigte der erblassen erhaltene zahlungen in bezug auf die medizinische fehlbehandlung der erblasserin (antrag 1 d) scheitert schon daran, dass die beklagte nicht als deren prozessbevollmächtigte aufgetreten ist. ausweislich der beigezogenen akte des landgerichts düsseldorf az. 3 o 536/03, i-8 u 8/05 erfolgte die vertretung der erblasserin sowohl vor dem landgericht als auch vor dem oberlandesgericht durch die rechtsanwälte n und nicht durch die beklagte.474. da keine auskünfte mehr zu erteilen waren, ist auch die zweite stufe unbegründet. an den vorprozessual erteilten auskünften hatte der kläger keinen zweifel geäußert.48wegen der einheitlichkeit der kostenentscheidung bleibt diese dem schlussurteil vorbehalten.49um über die leistungsklage entscheiden zu können, hat der kläger den antrag zu 3 im folgenden zu beziffern.der streitwert wird auf 15.000,00 eur festgesetzt.50s2 als einzelrichterin
Verklagte*r
0
322,508
S 11 U 62/17
2019-09-17T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid vom 21.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2017 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach zu 1/3. 1Tatbestand: 2Mit Bescheid vom 06.07.2010 stellte die Beklagte bei dem am 00.00.1955 geborenen Klä-ger, der unter Tage (vor Stein) tätig gewesen war, das Bestehen einer Berufskrankheit nach Nr. 4101 der Berufskrankheiten-Liste fest. Ansprüche auf Leistungen wegen dieser Berufskrankheit bestünden aber nicht. Zur Begründung wies die Beklagte darauf hin, dass Röntgenaufnahmen vom 00.00.2009 leichtgradige Quarzstaublungenveränderungen zeig-ten, die nach der Internationalen Staublungenklassifikation (ILO) mit pq 1/2 einzustufen seien. Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Lungenfunktion, die eine rentenberechti-gende MdE bedingen würden fänden sich nicht. 3Im Jahr 2011 führte die Beklagte ein Überprüfungsverfahren zur Frage durch, ob in den Folgen der Berufskrankheit eine Änderung eingetreten ist und stellte in diesem Zusam-menhang medizinische Ermittlung an. Als Ergebnis dieser Ermittlungen stellte die Beklagte sodann mit Bescheid vom 27.04.2012 fest, dass ein Rentenanspruch des Klägers weiter-hin nicht bestand. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbe-scheid vom 08.11.2012 als unbegründet zurückgewiesen. Das hiergegen vor dem Sozial-gericht Aachen geführte Verfahren (S 10 U 311/12) blieb ohne Erfolg. 4Unter dem 12.04.2013 teilte die Knappschaft als Träger der gesetzlichen Krankenkasse der Beklagten mit, sie, die Knappschaft, gehe davon aus, der Kläger sei an einer Berufs-krankheit erkrankt. Er leide unter Dyspnoe und einer chronisch obstruktiven Bronchitis. 5Die Beklagte holte einen Entlassbericht des Krankenhauses M. vom 05.11.2012 ein. Dar-über hinaus erstattet Dr. M. unter dem 22.01.2014 ein Gutachten für die Beklagte, wo-nach eine leichtgradige Mischstaubsilikose ohne wesentliche Lungeneinschränkung vorlie-ge. Unter dem 07.05.2015 erstellten Prof. Dr. L und Dr. F. für die Beklagte ein weiteres Gutachten. Auf Veranlassung der Beklagten nahm Prof. Dr. O. unter dem 20.07.2016 zu einem vom Kläger vorgelegten radiologischen Bericht des Dr. T. betreffend eine Aufnah-me vom 09.06.2015 Stellung. Dieser kam zu der Einschätzung aus radiologischer Sicht könne die Anerkennung einer BK 4101 nicht in empfohlen werden. 6Mit Bescheid vom 21.09.2016 stellte die Beklagte, dass die mit Bescheid vom 06.07.2010 erfolgte Feststellung einer BK 4101 rechtswidrig gewesen sei und damit nicht Grundlage für Leistungsansprüche sein könne. 7Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, am 26.09.2016 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2017 als unbe-gründet zurückgewiesen wurde. 8Am 29.03.2017 hat der Kläger Klage erhoben. 9Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines radiologischen Gutachtens des Dr. I. nebst ergänzenden Stellungnahme. 10Der Kläger beantragt, 11den Bescheid vom 21.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2017 aufzuheben und ihm eine Rente wegen einer Berufskrankheit nach Nr. 4101 der BKV zu gewähren. 12Der Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, deren wesentlicher Inhalt Gegen-stand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16I. Die Klage ist, soweit der Kläger die Gewährung einer Rente wegen einer Berufskrankheit nach Nr. 4101 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung begehrt, bereits unzuläs-sig. Ausdrücklich und allein vom Kläger angefochten ist der Bescheid vom 21.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2017. Dessen Regelungsgehalt ver-hält sich indes nicht zur Frage der Gewährung einer Rente oder der Feststellung einer rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE), sondern er beschränkt sich allein auf die isolierte Feststellung der Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheides vom 06.07.2010. Diese Regelung begrenzt den zulässigerweise im Klageverfahren überprüfba-ren Streitgegenstand. Schon vor diesem Hintergrund war die vom Kläger erhobene kom-binierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage insoweit abzuweisen. 17II. Soweit der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 21.09.2016 in der Gestalt des Wi-derspruchsbescheides vom 03.03.2017 begehrt ist die Klage als reine Anfechtungsklage zulässig und überdies auch begründet. 18Der Kläger ist durch den angefochtenen Feststellungsbescheid gemäß § 54 Abs. 2 Sozial-gerichtsgesetz (SGG) in seinen Rechten verletzt, weil der entsprechende Bescheid rechtswidrig ergangen ist. Der Beklagten stand für die isolierte Feststellung der Rechtswid-rigkeit des Bescheides vom 06.07.2010 – wiewohl der Bescheid in der Tat rechtswidrig ist – keine Ermächtigungsgrundlage zu Gebote. 19Ausgangspunkt aller Betrachtung von Verwaltungshandeln muss der Grundsatz seiner Gesetzmäßigkeit sein, welcher sich insbesondere im sog. "Vorrang" (Art. 20 Abs. 3 GG) und im sog. "Vorbehalt" des Gesetzes (§ 31 SGB I) niederschlägt. Nach § 31 SGB I dür-fen Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuchs dürfen nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vor-schreibt oder zulässt. 1. Die Beklagte hatte vorliegend mit Bescheid vom 06.07.2010 festgestellt, dass beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 4101 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV), eine sog. Silikose, vorliegt. Die seinerzeitige Einschätzung erfolgte auf Grundlage einer Stellungnahme von Dr. K. welcher seinerzeit auf Grundlage einer Röntgenaufnahme des Thorax silikotische Veränderungen der ILO-Klassifikation pq1/2 beschrieben hatte. Der seinerzeit behandelnde Lungenheilkundler hatte aufgrund der gleichen Röntgenauf-nahme ebenfalls die Verdachtsdiagnose einer Silikose geäußert. Die entsprechenden Röntgenaufnahmen standen dem Gericht nicht mehr zur Verfügung. 20Es steht aber zur Überzeugung der Kammer aufgrund der durchgeführten medizinischen Ermittlungen – nicht zuletzt durch das im Gerichtsverfahren eingeholte radiologische Gut-achten des Dr. I. – fest, dass der Vollbeweis für das Vorliegen einer Silikose beim Kläger zu keinem Zeitpunkt vorlag. Dies wäre jedoch Voraussetzung für eine rechtmäßige Fest-stellung der Silikose nach §§ 7 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 des Siebten Buches des Sozialge-setzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) i.V.m. Nr. 4101 der Anlage zur BKV (BKV vom 31. Oktober 1997, BGBl. I S. 2623, zuletzt geändert durch Art. 1 der Vier-ten Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 10.07.2017, BGBl. I 2299) gewesen (vgl. zum Maßstab des Vollbeweises schon BSG Urteil vom 28.11.1957 4 RJ 186/56 = juris; vgl. Hessisches LSG Urteil vom 25.09.2017 - L 9 U 224/16 = juris; BSGE 6, 144; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 128 Rn.3b, m. w. N.). 21Bei der Quarzstaublungenerkrankung (Silikose) handelt es sich um eine Erkrankung an Lungenfibrose durch Einatmung von Staub, welcher in unterschiedlichen Anteilen freie kristalline Kieselsäure enthält. Diese freie kristalline Kieselsäure kommt im Wesentlichen als Quarz, Cristobalit oder Tridymit an zahlreichen Arbeitsplätzen vor (vgl. Schönber-ger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 1052). Derarti-ge Arbeitsplätze finden sich typischerweise im Steinkohlebergbau, in der Natursteinindust-rie, im Gießereiwesen, in der Glasindustrie, in der Email- und keramischen Industrie sowie bei der Herstellung feuerfester Steine (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 1055). Die entsprechende Erkrankung ist bereits seit 1929 grundsätzlich in den Katalog der Berufskrankheiten nach der RVO aufgenom-men, wobei bis zur 5. Verordnung über die Ausdehnung der UV auf Berufskrankheiten vom 26.07.1952 (BGBl. I 395) allein die "schwere Quarzstaublungenerkrankung" als Be-rufskrankheit anzuerkennen war. In den 1970er Jahren wurde sodann die Absprache ("Moerser Konvention") getroffen, dass nur "relevant" gestreute Silikosen eine Anerken-nung als Berufskrankheit begründeten. Die auf Beschäftigte im Steinkohlenbergbau und weiteren Industriezweigen mit Staubexpositionen aus kristallinen Kieselsäuren angewandte sog. "Moerser Konvention" besagte, dass nur Silikosen mit einem Streuungsgrad von mindestens 2/3 p/q – bei Pinhead-Silikosen mindestens 2/2 p/p – oder Schwielensilikosen entschädigt wurden. Sogenannte niedrig gestreute Silikosen, also Silikosen, die die vorge-nannten Merkmale nicht erfüllten, wurden nicht als Berufskrankheit anerkannt. Seit 1990-Jahren wird insoweit zwischen dem Versicherungs- und dem Leistungsfall differenziert. Seitdem werden auch Silikosen mit einem niedrigen Streuungsgrad (Streuungskategorie 1/1-2/2) als Versicherungsfall anerkannt (vgl. zu alledem S2k-Leitlinie nach AWMF-Schema der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin und der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin "Diagnostik und Begutach-tung der Berufskrankheit Nr. 4101 Quarzstaublungenerkrankung (Silikose)1 der Berufs-krankheitenverordnung"). 22Nach dem aktuellen Stand der Arbeitsmedizin wird die Verdachtsdiagnose der Silikose in erster Linie durch das Röntgenbild der Lunge gestellt. Charakteristisch sind disseminierte, mehr oder minder rundliche Verschattungen unterschiedlicher Größe und Dichte, evtl. mit zusätzlichen größeren sog. Schwielenbildungen, vorwiegend lokalisiert in den Ober- und Mittelfeldern, evtl. konfluierend und/oder zerfallend. Die Befundung erfolgt standardisiert nach der Staublungenklassifikation der International Labour Organization (ILO). Für eine Silikose spricht das Vorliegen kleiner rundlicher Schatten vom Typ p, q oder r im Röntgen-bild des Thorax mit einer gewissen Reichlichkeit und gleichmäßiger Verteilung im Sinne eines Streuungsgrades nach ILO 2000 von 1/1 oder höher (Bochumer Empfehlung S. 17; vgl. dazu auch vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 1056). 23Im vorliegenden Fall liegt nach den Feststellungen des Gutachters Dr. I. an deren Richtig-keit zu zweifeln die Kammer keinen Anlass hat, mit den computertomographischen Unter-suchungen vom 08.01.2014 und 25.02.2015 Bildmaterial vor, welches im Wesentlichen die Kriterien der Leitlinie zur Diagnostik und Begutachtung der Silikose (abrufbar unter https://www.awmf.org/uploads/tx szleitlinien/020-010l S2k Diagnostik-Begutachtung-Quarzstaublungenerkrankung-Silikose 2016-12.pdf) und der Bochumer Empfehlung (ab-rufbar unter https://publikationen.dguv.de/versicherungleistungen /berufskrankheiten/2482/bochumer-empfehlung) erfüllt. Diese Aufnahmen zeigen mikro-noduläre Einlagerungen, die aber nicht dem charakteristischen Verteilungsmuster der Sili-kose entsprechen und den Score 1 entsprechend der CT-Referenzfilme nicht erreichen. Der Nachweis von vergrößerten hilären und mediastinalen Lymphknoten, die teilweise in den Befunden erwähnt werden, kann nicht einer BK Nr. 4101 zugeordnet werden. Sämtli-che Lymphknoten lassen keine eierschalenförmigen oder zentral zuckergussähnlich be-ginnenden Verkalkungen erkennen. Bereits 2014 zeigen sich vorwiegend in den Mittel- und Unterfeldern inhomogene lobuläre milchglasige Veränderungen. Es fanden sich unter-schiedlich ausgeprägte Bronchialwandverdickungen, peribronchiale Verdichtungen vorwie-gend im linken Unterfeld und auch Zeichen der zylindrischen Bronchiektasie in beiden Un-terlappen, links stärker als rechts, mit Hinweis auf eine bronchiale Schleimretention (sog. "Mucoid-Impaction") im linken Unterlappen. Der Rundherd in der CT von 2015 rechts ist auf den Folgeaufnahmen nicht mehr homogen dicht, sondern als Ringform abzugrenzen, sodass eine zentrale Einschmelzung erfolgte. Es zeigten sich im Verlauf konsolidierende Prozesse im Bereich beider Unterfelder die rückläufig und im Sinne eines entzündlichen Prozesses zu deuten sind. 24Letztlich beschreibt der Gutachter hier wechselnde parenchymale Veränderungen mit flä-chigem Milchglas-Phänomen, konsolidierenden Herden, Zeichen der chronischen Bronchi-tis mit zylindrischen Bronchiektasien mit Schleimretention und Hinweisen auf emphyse-matöse Veränderungen, die allesamt nicht das Bild einer Silikose beschreiben. 25Der Gutachter weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Ätiologie des be-obachtbaren Krankheitsgeschehens vieldeutig erscheint. Dies bedeutet, dass zwar eine Silikose beim Kläger ausgeschlossen ist, dass aber die Ursache für die beim Kläger zwei-fellos bestehende Lungenerkrankung nicht geklärt ist. Es kommen hier eonisophile und medikamenten-induzierten Erkrankungen, eine Aspiration oder auch rheumatoide Erkran-kungen in Betracht. 26Auch wenn damit vorliegend nicht per se ausgeschlossen erscheint, dass die Erkrankung im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Klägers als Bergmann unter Tage steht, ist jedenfalls die Feststellung der BK Nr. 4101 nicht möglich. 27Es ist – unter Berücksichtigung aller zur Verfügung stehenden Unterlagen nach Darstel-lung des Gutachtes Dr. I., der sich die Kammer nach eigener Prüfung anschließt, auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, dass zum Zeitpunkt des Er-lasses des Bescheides vom 06.07.2010 das Krankheitsbild einer Silikose vorlag. Vor die-sem Hintergrund steht für die Kammer fest, dass die Beklagte seinerzeit zur Unrecht das Vorliegen einer Berufskrankheit der Nr. 4101 der Anlage zur BKV festgestellt hat. 282. Die Frage der Aufhebung ursprünglich rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte re-gelt § 45 SGB X. Solche Verwaltungsakte, dürfen nur unter den Einschränkungen von § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. § 45 Abs. 2 SGB X macht dabei deutlich, dass im Rahmen der Rücknahmeentscheidung eine Abwägung zwischen dem Vertrauen des Begünstigenden in den Fortbestand des Verwaltungsakten und dem öffentlichen Interesse an der Rücknah-me zu erfolgen hat. In diesem Zusammenhang regelt § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X, dass die Rücknahme eines rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakten mit Dauerwirkung al-lerdings grundsätzlich nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe erfol-gen kann. Schon unter Berücksichtigung des Zeitablaufs konnte die Beklagte den Be-scheid daher nicht mehr nach § 45 SGB X aufheben. 29Die Beklagte vertritt nun allerdings die Auffassung, in einem solchen Fall könne § 48 Abs. 3 SGB X – die Regelung über die sog. "Abschmelzung" als Rechtsgrundlage dienen. 30Nach Auffassung der Kammer liegt aber die Norm des § 48 Abs. 3 SGB X schon tatbe-standlich hier nicht vor. Nach dieser Vorschrift darf unter der Voraussetzung, dass ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann, und eine Änderung nach § 48 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB X zugunsten des Be-troffenen eingetreten ist, die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinaus-gehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. 31Der erste Teil des Tatbestands der Norm ist – wie oben dargelegt – vorliegend gegeben. Der Bescheid vom 06.07.2010 ist begünstigend und rechtswidrig und kann nach § 45 SGB nicht (mehr) aufgehoben werden. 32Darüber hinaus findet nach wohl herrschender Auffassung – anders als es der Wortlaut der Norm auf den ersten Blick nahelegt – nicht nur bei Fehlern Anwendung, die lediglich die Höhe sondern auch solchen die den Grund der Leistung betreffen, da durch die Norm allgemein verhindert werden soll, dass eine zu Unrecht erlangte Rechtsposition im Falle einer späteren Veränderung zu Gunsten des Betroffenen noch weitere darauf aufbauende Vergünstigungen nach sich zieht und dadurch "das Unrecht" weiter erhöht wird (vgl. etwa BSG v. 24.04.2014 - B 13 R 3/13 R = juris Rn. 22; Brandenburg in: Schlegel/Voelzke, ju-risPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 48 SGB X Rn. 99). 33Die Vorschrift wird insoweit zumindest für analog anwendbar erklärt (vgl. BSG Urteil vom 20.03.2007 – 2 U 21/16 R = juris Rn. 17 m.w.N.; Merten in Hauck/Noftz § 48 Rn 96 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 15. 09. 1988 - 9/4b RV 15/87 = juris; BSG Urteil vom 18.03.1997 - 2 RU 19/96 = juris; vgl. auch Hessisches LSG Urteil vom 21.06.2018 – L 9 U 1859/16 = juris; Gagel, SGb 1990, 252, 254; ablehnend allerdings Brandenburg in: Schle-gel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 48 SGB X Rn. 99, die das Vorliegen der Vo-raussetzungen für eine Analogie, insbesondere die "planwidrige Regelungslücke" für nicht gegeben hält.). 34Weitere Voraussetzung ist aber, dass "eine Änderung nach § 48 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB X zugunsten des Betroffenen eingetreten ist", d.h. eine wesentliche Änderung in den tat-sächlichen oder rechtlichen Verhältnissen bzw. eine andere Gesetzesauslegung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung (Merten in Hauck/Noftz § 48 Rn 98; vgl. auch Bran-denburg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 48 SGB X Rn. 101 ). 35Soweit nun vertreten wird, auch dieses Tatbestandsmerkmal sei nicht zwingende Voraus-setzung (in diesem Sinne wohl Hessisches LSG Urteil vom 21.06.2018 – L 9 U 1859/16 = juris) schließt sich die Kammer dem aus Gründen des eingangs erwähnten Grundsatzes der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns nicht an. Schon systematisch ist § 48 Abs. 3 SGB X nach Auffassung der Kammer eine Sonderregelung im Anwendungsbereich des § 48 SGB X, der sich mit der Frage beschäftigt, welche Folgen wesentliche Änderungen auf wirksame und ggf. bestandskräftige Verwaltungsakte haben (vgl. hierzu auch BSG Ur-teil vom 15.09.1988 - 9/4b RV 15/87 = juris). Ist eine wesentliche Änderung gegeben, die grundsätzlich dazu führen würden, dass bestehende Verwaltungsakte zu Gunsten des Be-troffenen geändert werden müssten, so soll dies für den Fall, dass es sich bei der bisheri-gen Rechtsgrundlage der Beziehung zwischen Behörde und Betroffenen um einen rechts-widrigen begünstigenden Verwaltungsakt gehandelt hat, nicht dazu führen, dass die Be-hörde gehalten wäre, ausgehend vom rechtswidrigen Verwaltungsakt aufgrund der we-sentlichen Änderung das Unrecht noch zu vertiefen. Liegt ein solcher Fall vor, so ist – be-vor es zu einer entsprechenden Abschmelzung bzw. zum Einfrieren der Leistung kommt – durch Verwaltungsakt die Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides festzustellen (BSG Urteil vom 22.6.1988 - 9/9a RV 46/86 = juris; BSG Urteil vom 18.03.1997 - 2 RU 19/96 = juris; Urteil vom BSG 08.11.2007 - B 9/9a V 1/06 R = juris). 36Im vorliegenden Fall gab es eine solche wesentliche Änderung, die die Beklagte anderen-falls "zum Vertiefen bestehenden Unrechts" gedrängt hätte, nicht. Vor diesem Hintergrund kann die Vorschrift nach Auffassung der Kammer auch nicht als Ermächtigungsgrundlage für den hier angefochtenen Feststellungs-VA dienen (vgl. hierzu auch Westermann, ju-risPR-SozR 19/2018 Anm. 6, der ein Verzichten auf das Tatbestandsmerkmal "Änderung der Verhältnisse zugunsten des Betroffenen" angesichts der damit verbundenen weitgrei-fenden nicht an Fristen gebundenen Möglichkeiten des Eingriffs in die Bestandskraft von Verwaltungsakten für "äußerst fragwürdig" hält; vgl. auch Steinwedel, in: Kasseler Kom-mentar, 104. EL Juni 2019, SGB X § 48 Rn. 65a). Eine (doppelt) analoge Anwendung der Vorschrift, erscheint der Kammer auch nicht geboten. Es ist auch ohne den feststellenden Bescheid im Ergebnis festzuhalten, dass aus dem (rechtswidrigen) Bescheid vom 06.07.2010 keinerlei Rechte herzuleiten sind. Dies gleichsam deklaratorisch festzustellen mag – aus Gründen der Rechtsklarheit sinnvoll erscheinen – es ist nach Auffassung der Kammer aber nicht durch eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage gedeckt. 373. Rein vorsorglich weist die Kammer darauf hin, dass selbst wenn man den auf die Feststel-lung einer rentenberechtigenden MdE gerichtete Klageteil für zulässig erachten würden, die Feststellung einer solchen MdE aus den unter Ziffer II.1. genannten Gründen nicht in Betracht käme. Die Klage wäre insoweit jedenfalls unbegründet. 384. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183,193 SGG und berücksichtigt, dass nach Auf-fassung der Kammer die Aufhebung des (deklaratorischen) Feststellungsbescheides für den Kläger weniger Bedeutung hat, als die von ihm – freilich nach Auffassung der Kam-mer unzulässig – verfolgte Feststellung einer höheren MdE.
der bescheid vom 21.09.2016 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 03.03.2017 wird aufgehoben. im übrigen wird die klage abgewiesen. die beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen kosten des klägers dem grunde nach zu 1/3. 1
2mit bescheid vom 06.07.2010 stellte die beklagte bei dem am 00.00.1955 geborenen klä-ger, der unter tage (vor stein) tätig gewesen war, das bestehen einer berufskrankheit nach nr. 4101 der berufskrankheiten-liste fest. ansprüche auf leistungen wegen dieser berufskrankheit bestünden aber nicht. zur begründung wies die beklagte darauf hin, dass röntgenaufnahmen vom 00.00.2009 leichtgradige quarzstaublungenveränderungen zeig-ten, die nach der internationalen staublungenklassifikation (ilo) mit pq 1/2 einzustufen seien. hinweise auf eine beeinträchtigung der lungenfunktion, die eine rentenberechti-gende mde bedingen würden fänden sich nicht. 3im jahr 2011 führte die beklagte ein überprüfungsverfahren zur frage durch, ob in den folgen der berufskrankheit eine änderung eingetreten ist und stellte in diesem zusam-menhang medizinische ermittlung an. als ergebnis dieser ermittlungen stellte die beklagte sodann mit bescheid vom 27.04.2012 fest, dass ein rentenanspruch des klägers weiter-hin nicht bestand. der hiergegen eingelegte widerspruch wurde mit widerspruchsbe-scheid vom 08.11.2012 als unbegründet zurückgewiesen. das hiergegen vor dem sozial-gericht aachen geführte verfahren (s 10 u 311/12) blieb ohne erfolg. 4unter dem 12.04.2013 teilte die knappschaft als träger der gesetzlichen krankenkasse der beklagten mit, sie, die knappschaft, gehe davon aus, der kläger sei an einer berufs-krankheit erkrankt. er leide unter dyspnoe und einer chronisch obstruktiven bronchitis. 5die beklagte holte einen entlassbericht des krankenhauses m. vom 05.11.2012 ein. dar-über hinaus erstattet dr. m. unter dem 22.01.2014 ein gutachten für die beklagte, wo-nach eine leichtgradige mischstaubsilikose ohne wesentliche lungeneinschränkung vorlie-ge. unter dem 07.05.2015 erstellten prof. dr. l und dr. f. für die beklagte ein weiteres gutachten. auf veranlassung der beklagten nahm prof. dr. o. unter dem 20.07.2016 zu einem vom kläger vorgelegten radiologischen bericht des dr. t. betreffend eine aufnah-me vom 09.06.2015 stellung. dieser kam zu der einschätzung aus radiologischer sicht könne die anerkennung einer bk 4101 nicht in empfohlen werden. 6mit bescheid vom 21.09.2016 stellte die beklagte, dass die mit bescheid vom 06.07.2010 erfolgte feststellung einer bk 4101 rechtswidrig gewesen sei und damit nicht grundlage für leistungsansprüche sein könne. 7hiergegen legte der kläger, vertreten durch seinen prozessbevollmächtigten, am 26.09.2016 widerspruch ein, der mit widerspruchsbescheid vom 20.01.2017 als unbe-gründet zurückgewiesen wurde. 8am 29.03.2017 hat der kläger klage erhoben. 9das gericht hat beweis erhoben durch einholung eines radiologischen gutachtens des dr. i. nebst ergänzenden stellungnahme. 10der kläger beantragt, 11den bescheid vom 21.09.2016 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 03.03.2017 aufzuheben und ihm eine rente wegen einer berufskrankheit nach nr. 4101 der bkv zu gewähren. 12der beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte und die beigezogene verwaltungsakte der beklagten, deren wesentlicher inhalt gegen-stand der mündlichen verhandlung gewesen ist, bezug genommen. 15
16i. die klage ist, soweit der kläger die gewährung einer rente wegen einer berufskrankheit nach nr. 4101 der anlage 1 der berufskrankheiten-verordnung begehrt, bereits unzuläs-sig. ausdrücklich und allein vom kläger angefochten ist der bescheid vom 21.09.2016 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 03.03.2017. dessen regelungsgehalt ver-hält sich indes nicht zur frage der gewährung einer rente oder der feststellung einer rentenberechtigenden minderung der erwerbsfähigkeit (mde), sondern er beschränkt sich allein auf die isolierte feststellung der rechtswidrigkeit des feststellungsbescheides vom 06.07.2010. diese regelung begrenzt den zulässigerweise im klageverfahren überprüfba-ren streitgegenstand. schon vor diesem hintergrund war die vom kläger erhobene kom-binierte anfechtungs- und verpflichtungsklage insoweit abzuweisen. 17ii. soweit der kläger die aufhebung des bescheides vom 21.09.2016 in der gestalt des wi-derspruchsbescheides vom 03.03.2017 begehrt ist die klage als reine anfechtungsklage zulässig und überdies auch begründet. 18der kläger ist durch den angefochtenen feststellungsbescheid gemäß § 54 abs. 2 sozial-gerichtsgesetz (sgg) in seinen rechten verletzt, weil der entsprechende bescheid rechtswidrig ergangen ist. der beklagten stand für die isolierte feststellung der rechtswid-rigkeit des bescheides vom 06.07.2010 – wiewohl der bescheid in der tat rechtswidrig ist – keine ermächtigungsgrundlage zu gebote. 19ausgangspunkt aller betrachtung von verwaltungshandeln muss der grundsatz seiner gesetzmäßigkeit sein, welcher sich insbesondere im sog. "vorrang" (art. 20 abs. 3 gg) und im sog. "vorbehalt" des gesetzes (§ 31 sgb i) niederschlägt. nach § 31 sgb i dür-fen rechte und pflichten in den sozialleistungsbereichen dieses gesetzbuchs dürfen nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein gesetz es vor-schreibt oder zulässt. 1. die beklagte hatte vorliegend mit bescheid vom 06.07.2010 festgestellt, dass beim kläger eine berufskrankheit nach nr. 4101 der anlage 1 der berufskrankheiten-verordnung (bkv), eine sog. silikose, vorliegt. die seinerzeitige einschätzung erfolgte auf grundlage einer stellungnahme von dr. k. welcher seinerzeit auf grundlage einer röntgenaufnahme des thorax silikotische veränderungen der ilo-klassifikation pq1/2 beschrieben hatte. der seinerzeit behandelnde lungenheilkundler hatte aufgrund der gleichen röntgenauf-nahme ebenfalls die verdachtsdiagnose einer silikose geäußert. die entsprechenden röntgenaufnahmen standen dem gericht nicht mehr zur verfügung. 20es steht aber zur überzeugung der kammer aufgrund der durchgeführten medizinischen ermittlungen – nicht zuletzt durch das im gerichtsverfahren eingeholte radiologische gut-achten des dr. i. – fest, dass der vollbeweis für das vorliegen einer silikose beim kläger zu keinem zeitpunkt vorlag. dies wäre jedoch voraussetzung für eine rechtmäßige fest-stellung der silikose nach §§ 7 abs. 1 i.v.m. § 9 abs. 1 des siebten buches des sozialge-setzbuches - gesetzliche unfallversicherung (sgb vii) i.v.m. nr. 4101 der anlage zur bkv (bkv vom 31. oktober 1997, bgbl. i s. 2623, zuletzt geändert durch art. 1 der vier-ten verordnung zur änderung der berufskrankheiten-verordnung vom 10.07.2017, bgbl. i 2299) gewesen (vgl. zum maßstab des vollbeweises schon bsg urteil vom 28.11.1957 4 rj 186/56 = juris; vgl. hessisches lsg urteil vom 25.09.2017 - l 9 u 224/16 = juris; bsge 6, 144; keller in: meyer-ladewig/keller/leitherer/schmidt, sgg, 12. aufl. 2017, § 128 rn.3b, m. w. n.). 21bei der quarzstaublungenerkrankung (silikose) handelt es sich um eine erkrankung an lungenfibrose durch einatmung von staub, welcher in unterschiedlichen anteilen freie kristalline kieselsäure enthält. diese freie kristalline kieselsäure kommt im wesentlichen als quarz, cristobalit oder tridymit an zahlreichen arbeitsplätzen vor (vgl. schönber-ger/mehrtens/valentin, arbeitsunfall und berufskrankheit, 9. aufl. 2017, s. 1052). derarti-ge arbeitsplätze finden sich typischerweise im steinkohlebergbau, in der natursteinindust-rie, im gießereiwesen, in der glasindustrie, in der email- und keramischen industrie sowie bei der herstellung feuerfester steine (vgl. schönberger/mehrtens/valentin, arbeitsunfall und berufskrankheit, 9. aufl. 2017, s. 1055). die entsprechende erkrankung ist bereits seit 1929 grundsätzlich in den katalog der berufskrankheiten nach der rvo aufgenom-men, wobei bis zur 5. verordnung über die ausdehnung der uv auf berufskrankheiten vom 26.07.1952 (bgbl. i 395) allein die "schwere quarzstaublungenerkrankung" als be-rufskrankheit anzuerkennen war. in den 1970er jahren wurde sodann die absprache ("moerser konvention") getroffen, dass nur "relevant" gestreute silikosen eine anerken-nung als berufskrankheit begründeten. die auf beschäftigte im steinkohlenbergbau und weiteren industriezweigen mit staubexpositionen aus kristallinen kieselsäuren angewandte sog. "moerser konvention" besagte, dass nur silikosen mit einem streuungsgrad von mindestens 2/3 p/q – bei pinhead-silikosen mindestens 2/2 p/p – oder schwielensilikosen entschädigt wurden. sogenannte niedrig gestreute silikosen, also silikosen, die die vorge-nannten merkmale nicht erfüllten, wurden nicht als berufskrankheit anerkannt. seit 1990-jahren wird insoweit zwischen dem versicherungs- und dem leistungsfall differenziert. seitdem werden auch silikosen mit einem niedrigen streuungsgrad (streuungskategorie 1/1-2/2) als versicherungsfall anerkannt (vgl. zu alledem s2k-leitlinie nach awmf-schema der deutschen gesellschaft für pneumologie und beatmungsmedizin und der deutschen gesellschaft für arbeitsmedizin und umweltmedizin "diagnostik und begutach-tung der berufskrankheit nr. 4101 quarzstaublungenerkrankung (silikose)1 der berufs-krankheitenverordnung"). 22nach dem aktuellen stand der arbeitsmedizin wird die verdachtsdiagnose der silikose in erster linie durch das röntgenbild der lunge gestellt. charakteristisch sind disseminierte, mehr oder minder rundliche verschattungen unterschiedlicher größe und dichte, evtl. mit zusätzlichen größeren sog. schwielenbildungen, vorwiegend lokalisiert in den ober- und mittelfeldern, evtl. konfluierend und/oder zerfallend. die befundung erfolgt standardisiert nach der staublungenklassifikation der international labour organization (ilo). für eine silikose spricht das vorliegen kleiner rundlicher schatten vom typ p, q oder r im röntgen-bild des thorax mit einer gewissen reichlichkeit und gleichmäßiger verteilung im sinne eines streuungsgrades nach ilo 2000 von 1/1 oder höher (bochumer empfehlung s. 17; vgl. dazu auch vgl. schönberger/mehrtens/valentin, arbeitsunfall und berufskrankheit, 9. aufl. 2017, s. 1056). 23im vorliegenden fall liegt nach den feststellungen des gutachters dr. i. an deren richtig-keit zu zweifeln die kammer keinen anlass hat, mit den computertomographischen unter-suchungen vom 08.01.2014 und 25.02.2015 bildmaterial vor, welches im wesentlichen die kriterien der leitlinie zur diagnostik und begutachtung der silikose (abrufbar unter https://www.awmf.org/uploads/tx szleitlinien/020-010l s2k diagnostik-begutachtung-quarzstaublungenerkrankung-silikose 2016-12.pdf) und der bochumer empfehlung (ab-rufbar unter https://publikationen.dguv.de/versicherungleistungen /berufskrankheiten/2482/bochumer-empfehlung) erfüllt. diese aufnahmen zeigen mikro-noduläre einlagerungen, die aber nicht dem charakteristischen verteilungsmuster der sili-kose entsprechen und den score 1 entsprechend der ct-referenzfilme nicht erreichen. der nachweis von vergrößerten hilären und mediastinalen lymphknoten, die teilweise in den befunden erwähnt werden, kann nicht einer bk nr. 4101 zugeordnet werden. sämtli-che lymphknoten lassen keine eierschalenförmigen oder zentral zuckergussähnlich be-ginnenden verkalkungen erkennen. bereits 2014 zeigen sich vorwiegend in den mittel- und unterfeldern inhomogene lobuläre milchglasige veränderungen. es fanden sich unter-schiedlich ausgeprägte bronchialwandverdickungen, peribronchiale verdichtungen vorwie-gend im linken unterfeld und auch zeichen der zylindrischen bronchiektasie in beiden un-terlappen, links stärker als rechts, mit hinweis auf eine bronchiale schleimretention (sog. "mucoid-impaction") im linken unterlappen. der rundherd in der ct von 2015 rechts ist auf den folgeaufnahmen nicht mehr homogen dicht, sondern als ringform abzugrenzen, sodass eine zentrale einschmelzung erfolgte. es zeigten sich im verlauf konsolidierende prozesse im bereich beider unterfelder die rückläufig und im sinne eines entzündlichen prozesses zu deuten sind. 24letztlich beschreibt der gutachter hier wechselnde parenchymale veränderungen mit flä-chigem milchglas-phänomen, konsolidierenden herden, zeichen der chronischen bronchi-tis mit zylindrischen bronchiektasien mit schleimretention und hinweisen auf emphyse-matöse veränderungen, die allesamt nicht das bild einer silikose beschreiben. 25der gutachter weist in diesem zusammenhang darauf hin, dass die ätiologie des be-obachtbaren krankheitsgeschehens vieldeutig erscheint. dies bedeutet, dass zwar eine silikose beim kläger ausgeschlossen ist, dass aber die ursache für die beim kläger zwei-fellos bestehende lungenerkrankung nicht geklärt ist. es kommen hier eonisophile und medikamenten-induzierten erkrankungen, eine aspiration oder auch rheumatoide erkran-kungen in betracht. 26auch wenn damit vorliegend nicht per se ausgeschlossen erscheint, dass die erkrankung im zusammenhang mit der beruflichen tätigkeit des klägers als bergmann unter tage steht, ist jedenfalls die feststellung der bk nr. 4101 nicht möglich. 27es ist – unter berücksichtigung aller zur verfügung stehenden unterlagen nach darstel-lung des gutachtes dr. i., der sich die kammer nach eigener prüfung anschließt, auch mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, dass zum zeitpunkt des er-lasses des bescheides vom 06.07.2010 das krankheitsbild einer silikose vorlag. vor die-sem hintergrund steht für die kammer fest, dass die beklagte seinerzeit zur unrecht das vorliegen einer berufskrankheit der nr. 4101 der anlage zur bkv festgestellt hat. 282. die frage der aufhebung ursprünglich rechtswidriger begünstigender verwaltungsakte re-gelt § 45 sgb x. solche verwaltungsakte, dürfen nur unter den einschränkungen von § 45 abs. 2 bis 4 sgb x teilweise mit wirkung für die zukunft oder für die vergangenheit zurückgenommen werden. § 45 abs. 2 sgb x macht dabei deutlich, dass im rahmen der rücknahmeentscheidung eine abwägung zwischen dem vertrauen des begünstigenden in den fortbestand des verwaltungsakten und dem öffentlichen interesse an der rücknah-me zu erfolgen hat. in diesem zusammenhang regelt § 45 abs. 3 satz 1 sgb x, dass die rücknahme eines rechtswidriger begünstigender verwaltungsakten mit dauerwirkung al-lerdings grundsätzlich nur bis zum ablauf von zwei jahren nach seiner bekanntgabe erfol-gen kann. schon unter berücksichtigung des zeitablaufs konnte die beklagte den be-scheid daher nicht mehr nach § 45 sgb x aufheben. 29die beklagte vertritt nun allerdings die auffassung, in einem solchen fall könne § 48 abs. 3 sgb x – die regelung über die sog. "abschmelzung" als rechtsgrundlage dienen. 30nach auffassung der kammer liegt aber die norm des § 48 abs. 3 sgb x schon tatbe-standlich hier nicht vor. nach dieser vorschrift darf unter der voraussetzung, dass ein rechtswidrig begünstigender verwaltungsakt nach § 45 sgb x nicht zurückgenommen werden kann, und eine änderung nach § 48 abs. 1 oder abs. 2 sgb x zugunsten des be-troffenen eingetreten ist, die neu festzustellende leistung nicht über den betrag hinaus-gehen, wie er sich der höhe nach ohne berücksichtigung der bestandskraft ergibt. 31der erste teil des tatbestands der norm ist – wie oben dargelegt – vorliegend gegeben. der bescheid vom 06.07.2010 ist begünstigend und rechtswidrig und kann nach § 45 sgb nicht (mehr) aufgehoben werden. 32darüber hinaus findet nach wohl herrschender auffassung – anders als es der wortlaut der norm auf den ersten blick nahelegt – nicht nur bei fehlern anwendung, die lediglich die höhe sondern auch solchen die den grund der leistung betreffen, da durch die norm allgemein verhindert werden soll, dass eine zu unrecht erlangte rechtsposition im falle einer späteren veränderung zu gunsten des betroffenen noch weitere darauf aufbauende vergünstigungen nach sich zieht und dadurch "das unrecht" weiter erhöht wird (vgl. etwa bsg v. 24.04.2014 - b 13 r 3/13 r = juris rn. 22; brandenburg in: schlegel/voelzke, ju-rispk-sgb x, 2. aufl. 2017, § 48 sgb x rn. 99). 33die vorschrift wird insoweit zumindest für analog anwendbar erklärt (vgl. bsg urteil vom 20.03.2007 – 2 u 21/16 r = juris rn. 17 m.w.n.; merten in hauck/noftz § 48 rn 96 unter hinweis auf bsg urteil vom 15. 09. 1988 - 9/4b rv 15/87 = juris; bsg urteil vom 18.03.1997 - 2 ru 19/96 = juris; vgl. auch hessisches lsg urteil vom 21.06.2018 – l 9 u 1859/16 = juris; gagel, sgb 1990, 252, 254; ablehnend allerdings brandenburg in: schle-gel/voelzke, jurispk-sgb x, 2. aufl. 2017, § 48 sgb x rn. 99, die das vorliegen der vo-raussetzungen für eine analogie, insbesondere die "planwidrige regelungslücke" für nicht gegeben hält.). 34weitere voraussetzung ist aber, dass "eine änderung nach § 48 abs. 1 oder abs. 2 sgb x zugunsten des betroffenen eingetreten ist", d.h. eine wesentliche änderung in den tat-sächlichen oder rechtlichen verhältnissen bzw. eine andere gesetzesauslegung durch die höchstrichterliche rechtsprechung (merten in hauck/noftz § 48 rn 98; vgl. auch bran-denburg in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb x, 2. aufl. 2017, § 48 sgb x rn. 101 ). 35soweit nun vertreten wird, auch dieses tatbestandsmerkmal sei nicht zwingende voraus-setzung (in diesem sinne wohl hessisches lsg urteil vom 21.06.2018 – l 9 u 1859/16 = juris) schließt sich die kammer dem aus gründen des eingangs erwähnten grundsatzes der rechtmäßigkeit des verwaltungshandelns nicht an. schon systematisch ist § 48 abs. 3 sgb x nach auffassung der kammer eine sonderregelung im anwendungsbereich des § 48 sgb x, der sich mit der frage beschäftigt, welche folgen wesentliche änderungen auf wirksame und ggf. bestandskräftige verwaltungsakte haben (vgl. hierzu auch bsg ur-teil vom 15.09.1988 - 9/4b rv 15/87 = juris). ist eine wesentliche änderung gegeben, die grundsätzlich dazu führen würden, dass bestehende verwaltungsakte zu gunsten des be-troffenen geändert werden müssten, so soll dies für den fall, dass es sich bei der bisheri-gen rechtsgrundlage der beziehung zwischen behörde und betroffenen um einen rechts-widrigen begünstigenden verwaltungsakt gehandelt hat, nicht dazu führen, dass die be-hörde gehalten wäre, ausgehend vom rechtswidrigen verwaltungsakt aufgrund der we-sentlichen änderung das unrecht noch zu vertiefen. liegt ein solcher fall vor, so ist – be-vor es zu einer entsprechenden abschmelzung bzw. zum einfrieren der leistung kommt – durch verwaltungsakt die rechtswidrigkeit des ausgangsbescheides festzustellen (bsg urteil vom 22.6.1988 - 9/9a rv 46/86 = juris; bsg urteil vom 18.03.1997 - 2 ru 19/96 = juris; urteil vom bsg 08.11.2007 - b 9/9a v 1/06 r = juris). 36im vorliegenden fall gab es eine solche wesentliche änderung, die die beklagte anderen-falls "zum vertiefen bestehenden unrechts" gedrängt hätte, nicht. vor diesem hintergrund kann die vorschrift nach auffassung der kammer auch nicht als ermächtigungsgrundlage für den hier angefochtenen feststellungs-va dienen (vgl. hierzu auch westermann, ju-rispr-sozr 19/2018 anm. 6, der ein verzichten auf das tatbestandsmerkmal "änderung der verhältnisse zugunsten des betroffenen" angesichts der damit verbundenen weitgrei-fenden nicht an fristen gebundenen möglichkeiten des eingriffs in die bestandskraft von verwaltungsakten für "äußerst fragwürdig" hält; vgl. auch steinwedel, in: kasseler kom-mentar, 104. el juni 2019, sgb x § 48 rn. 65a). eine (doppelt) analoge anwendung der vorschrift, erscheint der kammer auch nicht geboten. es ist auch ohne den feststellenden bescheid im ergebnis festzuhalten, dass aus dem (rechtswidrigen) bescheid vom 06.07.2010 keinerlei rechte herzuleiten sind. dies gleichsam deklaratorisch festzustellen mag – aus gründen der rechtsklarheit sinnvoll erscheinen – es ist nach auffassung der kammer aber nicht durch eine entsprechende ermächtigungsgrundlage gedeckt. 373. rein vorsorglich weist die kammer darauf hin, dass selbst wenn man den auf die feststel-lung einer rentenberechtigenden mde gerichtete klageteil für zulässig erachten würden, die feststellung einer solchen mde aus den unter ziffer ii.1. genannten gründen nicht in betracht käme. die klage wäre insoweit jedenfalls unbegründet. 384. die kostenentscheidung beruht auf §§ 183,193 sgg und berücksichtigt, dass nach auf-fassung der kammer die aufhebung des (deklaratorischen) feststellungsbescheides für den kläger weniger bedeutung hat, als die von ihm – freilich nach auffassung der kam-mer unzulässig – verfolgte feststellung einer höheren mde.
Klaeger*in
1
127,124
20 K 8226/14
2016-01-12T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags. 1 2Tatbestand: 3Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft. Komplementärin der Gesellschaft ist die Firma b. B1. Verwaltungs-GmbH. Bis zum Jahr 2011 waren alleinige Kommanditisten die Gesellschafter B2. Unternehmensbeteiligungen GmbH & Co. KG sowie I. -K. L. . Beide veräußerten im Jahr 2011 jeweils vollständig ihre Kommanditanteile an der Klägerin. Der Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der Gesellschaftsanteile der B2. Unternehmensbeteiligungen GmbH & Co.KG belief sich auf 6.414.141,00 Euro. Die Finanzverwaltung setzte für das Jahr 2011 einen Gewerbeertrag in Höhe von 8.286.300,00 Euro bestandskräftig fest. 4Mit Bescheid vom 28. Januar 2014 setzte die Beklagte für das Beitragsjahr 2011 unter Zugrundelegung des Gewerbeertrages aus dem Geschäftsjahr 2011 einen von der Klägerin zu zahlenden Grundbeitrag in Höhe von 440,00 Euro sowie eine Umlage in Höhe von 27.294,17 EUR und damit einen Gesamtmitgliedsbeitrag in Höhe von 27.734,17 EUR fest. 5Hierauf beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 5. Februar 2014 einen Teilerlass des für das Beitragsjahr 2011 festgesetzten Beitrags, da die Einziehung in voller Höhe eine unbillige Härte für sie darstelle. Der zugrunde gelegte Gewerbeertrag enthalte den Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen sei, in Höhe von 6.414.141,00 EUR. Dieser Anteil mache rund 78 Prozent des steuerlichen Ergebnisses aus. Der wirtschaftliche Erfolg aus der Veräußerung sei aber nicht der Klägerin, sondern ausschließlich dem ausgeschiedenen Gesellschafter zu Gute gekommen. Der Gewerbeertrag aus der üblichen, gewerblichen Tätigkeit der Klägerin belaufe sich im Jahr 2011 lediglich auf 1.872.163,00 Euro. Nur dieser Anteil dürfe maßgeblich für die Beitragsberechnung sein. Die Berücksichtigung auch des auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Anteils 6des Gewerbeertrags sei durch den Zweck des § 3 IHKG, wonach bei der Beitragsfestsetzung grundsätzlich Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebs berücksichtigt werden sollen, nicht gerechtfertigt und damit sachlich unbillig. Die konkrete atypische Fallkonstellation führe zu einer ungerechten, und damit ungleichmäßigen Behandlung der Klägerin gegenüber sonstigen IHK-Mitgliedern, welche nur nach der bei ihnen tatsächlich verbliebenen eigenen Leistungskraft belastet würden. 7Mit Bescheid vom 5. November 2014 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Teilerlass mit der Begründung ab, dass die Erhebung eines Beitrags auf der Grundlage des sich aus der Veräußerung ergebenden Gewerbeertrags nicht zu einer sachlichen Unbilligkeit führe. Der konkrete Einzelfall weiche nicht so sehr vom Regelfall der Beitragsbemessung ab, dass eine Festsetzung in der erfolgten Höhe als unbillige Härte im Sinne der Beitragsordnung erscheine. Die Veräußerung der Geschäftsanteile gelte nach dem Steuerrecht als normale gewerbliche Tätigkeit und unterliege der Gewerbesteuer und damit der Beitragsfestsetzung ebenso wie die Erträge aus anderer Geschäftstätigkeit. Darin sei eine vom Gesetzgeber gewollte systemimmanente Härte zu sehen. Jeder geschäftliche Vorgang eines Unternehmens, der den Gewerbeertrag erhöhe, sei entsprechend bei der Beitragsfestsetzung zu berücksichtigen. Die Verknüpfung zwischen der Höhe des Gewerbeertrags und der Beitragshöhe dürfe im Rahmen einer nachfolgenden Billigkeitsentscheidung nicht revidiert werden. Allein die Tatsache, dass der Veräußerungsgewinn letztlich dem ausscheidenden Gesellschafter zugeflossen und nicht im Vermögen der Gesellschaft selbst verblieben sei, rechtfertige keine andere Beurteilung. 8Gegen die ablehnende Entscheidung der Beklagten hat die Klägerin am 8. Dezember 2014 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Sie trägt ergänzend vor, im vorliegenden Fall müsse Berücksichtigung finden, dass nach der gesetzgeberischen Intention der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist, sich nur dann auf den Gewerbeertrag erhöhend auswirke, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfalle. Nach den Wertungen des Steuergesetzgebers sollten natürliche Personen in ihrer Funktion als Gesellschafter danach keine Gewerbesteuer für den Verkauf der Anteile zahlen. Dadurch, dass die Gewerbesteuer von der Klägerin zu tragen sei, würden natürliche Personen in ihrer Funktion als Gesellschafter gleichwohl mit Gewerbesteuern belastet. Dieses Ergebnis sei bereits steuerrechtlich nicht gewollt. Es dürfe sich erst Recht nicht auf die Festsetzung des IHK-Beitrags auswirken. Die steuerrechtliche Privilegierung werde andernfalls durch Verbeitragung erheblich reduziert. Eine starre Anknüpfung der Beitragsbemessung an den Gewerbeertrag sei im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt, weil – anders als in den von der Rechtsprechung bislang entschiedenen Fällen – die Veräußerung von Gesellschafteranteilen sich ausschließlich steuerlich nachteilig auswirke, hingegen kein Fall denkbar sei, in der die Klägerin durch eine Veräußerung steuerlich privilegiert werde. 9Zu berücksichtigen sei ferner, dass die Beitragserhebung im konkreten Fall nicht die Leistungskraft der Klägerin widerspiegele und einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip darstelle. Aufgrund der Veräußerung von Geschäftsanteilen im Jahr 2011 sei der Gewerbeertrag exorbitant höher als in den Vorjahren, auch der Gewerbeertrag für die darauffolgenden Jahre werde voraussichtlich deutlich geringer ausfallen. Zugleich habe die Klägerin aber die Vorteile aus der Zwangsmitgliedschaft bei der Beklagten wegen der tatsächlich unveränderten Leistungskraft nicht in einem – im Vergleich zu den anderen Mitgliedsjahren – nennenswert größerem Umfang wahrgenommen. 10Die Klägerin beantragt, 11den Bescheid der Beklagten vom 5. November 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag der Klägerin vom 5. Februar 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. 12Die Beklagte beantragt unter Verweis auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren, 13die Klage abzuweisen. 14Ergänzend trägt sie vor, dass bei der Beurteilung der sachlichen Unbilligkeit grundsätzlich solche Erwägungen unbeachtlich seien, die – wie die Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns bei der Festsetzung des Gewerbeertrags nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG –dem gesetzlichen Tatbestand innewohnten. 15Die Beteiligten haben durch Schriftsätze vom 30. November 2015 und 8. Dezember 2015 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. 16Entscheidungsgründe: 17Das Gericht kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben. 18Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet. 19Der Klägerin steht kein Anspruch darauf zu, dass die Beklagte über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet; der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 5. November 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. 201. Rechtsgrundlage für den begehrten teilweisen Beitragserlass ist § 19 Abs. 2 Satz 1 der Beitragsordnung der Beklagten vom 1. Dezember 2004, zuletzt geändert durch Beschluss der Vollversammlung vom 6. Dezember 2007 (im Folgenden: BO). Danach können Beiträge auf Antrag im Falle einer unbilligen Härte ganz oder teilweise erlassen werden. Im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung aller IHK-Zugehörigen ist an den Begriff der unbilligen Härte nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BO ein strenger Maßstab anzulegen. 21Die Entscheidung über einen Erlassantrag aus Billigkeitsgründen ist eine Ermessensentscheidung, wobei Inhalt und Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens durch den Maßstab der Billigkeit bestimmt werden. Die behördliche Entscheidung darf danach gerichtlich (nur) daraufhin überprüft werden, ob die Beklagte die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder sie von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. 22Vgl. zu § 13 Abs. 1 Satz 1 AO i.d.F. des Art. 17 Nr. 5 StÄndG 1961 vom 13. Juli 1961 (BGBl I, 981, BSTBl I, 444): Beschluss des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 – GmS-OGB 3/70 – (= BVerwGE 39, 355-374); zu § 227 Abs. 1 AO: BVerwG, Urteil vom 23. August 1990 – 8 C 42.88 –, juris Rn. 19 (= NJW 1991, 1073-1076); BFH, Urteil vom 4. Februar 2010 – II R 25/08 –, juris Rn. 10 (= BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663); kritisch unter Hinweis darauf, dass es kein Tatbestandsermessen gebe: Loose, in: Tipke/Kruse (Hrsg.), AO/FGO, 141. Lieferung 07.2015, § 227 AO Rn. 22 ff. 23Eine nähere Konkretisierung des Begriffs der „unbilligen Härte“ enthält die Beitragsordnung der Beklagten nicht. In der genannten Bestimmung werden jedoch ebenso wie in der zugrunde liegenden gesetzlichen Ermächtigung des § 3 Abs. 7 Satz 2 IHKG die gängigen abgabenrechtlichen Begriffe des „Erlasses“, der „Niedeschlagung“ und der „Stundung“ verwandt. Deshalb ist davon auszugehen, dass diese Begriffe auch in den genannten Normen der Beklagten so wie im allgemeinen Abgabenrecht (vgl. § 227 Abs. 1 AO) zu verstehen sind. 24Vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 21. Juni 2006 – 8 LA 54/06 –, juris Rn. 5 (= GewArch 2007, 39); VG Düsseldorf, Urteil vom 13. August 2008 – 20 K 280/07 –, amtl. Abdr. S. 11; Beschluss vom 9. September 2014 – 20 K 3851/14 –, amtl. Abdr. S. 2; VG Stuttgart, Urteil vom 1. Juli 2010 ‑ 4 K 4137/09 –, juris Rn. 18 (= GewArch 2011, 124-125); Jahn, in: Fentzel/Jäkel/Junge (Hrsg.), Industrie- und Handelskammergesetz, 7. Aufl. 2009, § 3 Rn. 142 ff.; Rieger, Kammerfinanzierung, in: Kluth (Hrsg.), Handbuch des Kammerrechts, 2. Aufl. 2011, § 13 Rn. 205 f. 25Zweck der Regelung ist es danach, sachlichen und persönlichen Besonderheiten des Einzelfalls, die der Gesetzgeber im Beitragsrecht nicht berücksichtigt hat, durch eine Korrektur der Beitragshöhe insoweit Rechnung zu tragen, als sie die Beitragsbelastung als unbillig erscheinen lassen. 26Zu § 227 AO: BFH, Urteil vom 20. September 2012 – IV R 29/10 –, juris Rn. (= BFHE 238, 518); Fritsch, in: Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 227 Rn. 10. 27Für die Klägerin sind weder persönliche noch sachliche Billigkeitsgründe ersichtlich. 28a) Die Erlassbedürftigkeit aus persönlichen Gründen ist nur bei dem Abgabenpflichtigen zu bejahen, dessen wirtschaftliche oder persönliche Existenz im Falle der Versagung des Billigkeitserlasses gefährdet ist. 29Vgl. zu den Voraussetzungen der persönlichen Unbilligkeit Niedersächsisches OVG, Urteil vom 21. Juni 2006 – 8 LA 54/06 –, juris Rn. 7 (= GewArch 2007, 39). 30Einen solchen Ursachenzusammenhang zwischen der Geltendmachung der Beitragsforderung und einer dadurch eintretenden Gefahr für die wirtschaftliche Existenz der Klägerin hat diese nicht dargelegt. 31b) Auch die Voraussetzungen einer sachlichen Unbilligkeit sind nicht erfüllt. 32Eine sachliche Unbilligkeit ist dann anzunehmen, wenn ein Anspruch auf den von der Industrie- und Handelskammer gegenüber ihrem Kammerzugehörigen festgesetzten Beitrag zwar nach dem Wortlaut des Beitragstatbestandes gegeben ist, seine Geltendmachung im Einzelfall aber mit dem Zweck der Norm nicht zu rechtfertigen ist und dessen Wertung zuwiderläuft. 33Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 1994 – 2 BvR 89/91 –, juris Rn. 37 (= NVwZ 1995, 989-990); BVerwG, Urteil vom 17. November 1999 – 11 C 7.99 –, juris Rn. 27 f. (= DVBl 2000, 1218-1219); BFH, Urteile vom 9. September 1993 – V R 45/91 –, juris Rn. 11 (= BFHE 172, 237, BStBl II 1994, 131), und vom 23. September 2004 – V R 58/03 –, juris Rn. 12 (= BFH/NV 2005, 825-827); OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 2010 – 17 A 266/08 –, amtl. Abdr. S. 6; VG Stuttgart, Urteil vom 1. Juli 2010 – 4 K 4137/09 –, juris Rn. 19 (= GewArch 2011, 124-125); Fritsch, in: Koenig (Hrsg.), AO, 3. Aufl. 2014, § 227 Rn. 13; Loose, in: Tipke/Kruse (Hrsg.), AO/FGO, 141. Lieferung 07.2015, § 227 AO Rn. 41. 34Eine unbillige Härte kann im konkreten Fall nur dann bejaht werden, wenn es sich bei der Beitragslast nicht um eine aufgrund der gesetzlichen Regelung typische Folge bzw. Begleiterscheinung handelt. Denn Härten, die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des gesetzlichen Tatbestandes bewusst in Kauf genommen hat, rechtfertigen von Vornherein keinen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen. 35Vgl. BFH, Urteil vom 4. Februar 2010 – II R 25/08 –, juris Rn. 11 (= BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663); Loose, in: Tipke/Kruse (Hrsg.), AO/FGO, 141. Lieferung 07.2015, § 227 AO Rn. 28. 36Ein Billigkeitserlass darf unter keinen Umständen, selbst nicht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, dazu führen, die generelle Gültigkeitsanordnung der den Beitragsanspruch begründenden Rechtsvorschrift zu unterlaufen. Allerdings darf sich eine Billigkeitsprüfung auch nicht in Überlegungen zur richtigen Rechtsanwendung erschöpfen. Sie verlangt vielmehr eine Gesamtbeurteilung aller Normen, die für die Verwirklichung des in Frage stehenden Beitragsanspruchs im konkreten Fall maßgeblich sind. 37Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Mai 2010 – 17 A 266/08 –, amtl. Abdr. S. 6, und vom 21. September 2010 – 17 A 1020/07 –, amtl. Abdr. S. 5. 38Eine unbillige Härte liegt danach vor, wenn sich die Beitragslast im konkreten Einzelfall – unter Berücksichtigung aller für das Rechtsverständnis maßgeblichen Wertungen (Gesetzeszweck, Geboten der Gleichheit und des Vertrauensschutzes, den Grundsätzen von Treu und Glauben, dem Erfordernis der Zumutbarkeit) – als „abnorm“ erweist. 39Vgl. BFH, Urteil vom 26. Oktober 1994 – X R 104/92 –, juris Rn. 23 ff. (= BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297); Loose, in: Tipke/Kruse (Hrsg.), AO/FGO, 141. Lieferung 07.2015, § 227 AO Rn. 42; Fritsch, in: Koenig (Hrsg.), AO, 3. Aufl. 2014, § 227 Rn. 13. 40Dies zugrunde gelegt hat die Beklagte ermessensfehlerfrei angenommen, dass der von ihr festgesetzte Beitrag nicht wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen ist. Die Beitragserhebung entspricht sowohl hinsichtlich des Beitragsmaßstabs unter Berücksichtigung der bewusst geregelten Typisierung als auch unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit der Klägerin den bewussten Wertungen des Gesetzgebers (aa), wahrt das Gebot der Gleichheit (bb) und erweist sich auch im Übrigen unter Berücksichtigung aller Normen, die für die Verwirklichung des in Frage stehenden Beitragsanspruchs im konkreten Fall maßgeblich sind, nicht als unbillig (cc). 41aa) Aus Praktikabilitäts- und Vereinfachungsgründen knüpft die Beklagte für die Berechnung der von ihr als Beiträge erhobenen Grundbeiträge und Umlagen für IHK-Zugehörige, die – wie die Klägerin – im Handelsregister eingetragen sind, an den steuerrechtlichen Maßstab des Gewerbeertrags an (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 6 IHKG, §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 1 BO i.V.m. Ziff. II.2.1, 4 der Wirtschaftssatzung der Beklagten für das hier maßgebliche Geschäftsjahr 2011). Dahinter steht die Erwägung, dass im realitätsgerechten typischen Normalfall der Gewerbeertrag eines Gewerbetreibenden dessen Leistungsfähigkeit zutreffend widerspiegelt. Denn auch die dem Gewerbeertrag zugrunde liegenden Normen des Gewerbesteuerrechts unterliegen dem Prinzip der Leistungsfähigkeit. 42Vgl. Burghart in: Leibholz/Rinck, Grundgesetz, 7. Aufl. 1975, 69. Lieferung 09.2015, Art. 3 GG Rn. 496. 43Mit der Anknüpfung an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kammermitglieder wird zugleich auf das Gewicht des Vorteils abgestellt, den der Beitrag abgelten soll. Da leistungsstarke Unternehmen aus der der Kammer aufgegebenen Wahrnehmung des Gesamtinteresses ihrer Mitglieder in der Regel höheren Nutzen ziehen können als wirtschaftlich schwächere Unternehmen, insbesondere eine günstige Beeinflussung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Allgemeinen größeren Unternehmen stärker zugutekommt als kleineren Unternehmen, stellt die Anknüpfung an den Nutzen, der sich aus der Wahrnehmung des Gesamtinteresses der Kammermitglieder ergibt, einen hinreichenden Bezug zwischen Vorteil und Beitragshöhe dar. Damit entspricht die Beitragsbemessung unter Zugrundelegung des Gewerbeertrags dem Äquivalenzprinzip, der beitragsrechtlichen Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Konkretere Anforderungen für die Beitragserhebung ergeben sich aus dem Äquivalenzprinzip regelmäßig nicht. Insbesondere ist in der Rechtsprechung geklärt, dass ein die Beitragspflicht rechtfertigender Vorteil selbst dann vorhanden sein kann, wenn der Nutzen der von der Kammer finanzierten Tätigkeiten für das einzelne Mitglied nicht messbar ist, sondern weitgehend nur vermutet werden kann. Es liegt in der Natur eines Mitgliedsbeitrags, dass sich der Zusammenhang zwischen dem Erhebungsanlass und dem Vorteil des Pflichtigen zu einer bloßen Vermutung des Vorteils verflüchtigen kann. 44Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 – 1 C 45/86 –, juris Rn. 13 (=GewArch 1990, 398-400); Beschluss vom 3. Mai 1995 – 1 B 222/93 –, juris Rn. 9 (= GewArch 1995, 425-427); OVG NRW, Urteil vom 17. Mai 2015 – 17 A 266/08 –, amtl. Abdr. S. 3 f.; OVG Lüneburg, Beschluss vom 9. Februar 2012 – 8 LA 112/11 –, juris Rn. 14; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. September 2010 – 6 A 10282/10 –, juris Rn. 84; Rieger, in: Kluth, Handbuch des Kammerrechts, 2. Aufl. 2011, § 13 Rn. 164; Jahn, Zur Entwicklung des Beitrags- und Kammerrechts der Industrie- und Handelskammern – Ein Rechtsprechungsreport 2011 bis 2014, GewArch Beilage WiVerw Nr. 02/2015, 92 (124) m.w.N. 45Im Interesse einer einfachen Handhabung ist die entsprechende Feststellung der Steuerbehörden im vorangegangenen Verfahren nutzbar zu machen. Ihr kommt Tatbestandswirkung für die Beitragsfestsetzung durch die Beklagte zu. 46Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1965 – 7 C 52.62 –, NJW 1966, 121 (= BVerwGE 22, 58-64); OVG NRW, Urteil vom 25. Mai 2011- 17 A 772/07 –, juris Rn. 61; Beschluss vom 8. August 2001 – 4 A 4074/00 –, juris Rn. 10 m.w.N. (= GewArch 2002, 33-34); Rieger, in: Kluth (Hrsg.), Handbuch des Kammerrechts, 2. Aufl. 2011, § 13 Rn. 164. 47Hier hat die Beklagte den Mitgliedsbeitrag unter Zugrundelegung des von der Steuerbehörde festgesetzten Gewerbeertrags berechnet. 48Soweit die Klägerin begehrt, von der „starren“ Anknüpfung an den Gewerbeertrag abzusehen und nur einen Teil, nämlich den Gewerbeertrag, der aus der üblichen, gewerblichen Tätigkeit der Klägerin erzielt worden ist, der Beitragsberechnung zugrundezulegen, steht dem schon entgegen, dass die Anknüpfung an den (gesamten) Gewerbeertrag im Wege des Erlasses grundsätzlich nicht aufgehoben werden kann, da sonst die generelle Gültigkeitsanordnung der Bemessungsgrundlage in unzulässiger Weise unterlaufen würde. 49Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Mai 2010 – 17 A 266/08 –, amtl. Abdr. S. 7; und vom 21. September 2010 – 17 A 1020/07 –, amtl. Abdr. S. 6. 50Eine Differenzierung nach der Art des gewerblichen Vorgangs, aus dem der Gewerbeertrag erzielt worden ist, widerspricht der vom Gesetzgeber gewollten typisierten Beitragsberechnung. Dies zeigt sich in der gesetzlichen Regelung insbesondere dadurch, dass weder der Gesetzgeber, noch die Beklagte eine Ausnahme von der Verknüpfung der Beitragsbemessung mit dem Gewerbeertrag für Fälle eines außergewöhnlichen Ertrags vorgesehen haben. Indem die Beklagte in § 4 Abs. 1 BO uneingeschränkt auf § 7 GewStG zur Berechnung des Gewerbeertrags Bezug nimmt und den Anteil aus einem Veräußerungsgewinn nach § 7 Satz 2 GewStG gerade nicht ausschließt, bringt sie zum Ausdruck, dass der Gewerbeertrag im Bemessungsjahr unabhängig von Besonderheiten seiner Berechnung im Einzelfall der Beitragsfestsetzung zugrunde liegen soll. Eine weitere Differenzierung der Bemessungsgrundlage über die (pauschale) Anknüpfung an den Gewerbeertrag hinaus ist nach der gesetzgeberischen Intention gerade nicht zulässig. Es ist danach eine – vom Gesetzgeber – gewollte systemimmanente Härte, dass ein – wie auch immer gelagerter – geschäftlicher Vorgang eines Unternehmens, der zur Erhöhung des Gewerbeertrags in einem Geschäftsjahr führt, entsprechend der Tatbestandswirkung der Festsetzung der Gewerbesteuer bei der Beitragsfestsetzung zu berücksichtigen ist und die Verknüpfung zwischen der Höhe des Gewerbeertrags und der Beitragshöhe nicht im Rahmen einer nachfolgenden Billigkeitsentscheidung Berücksichtigung finden kann. Die Art des gewerblichen Vorganges, aus dem heraus der Gewerbeertrag entstanden ist, ist für das Erlassverfahren grundsätzlich ohne Bedeutung. 51Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Mai 2010 – 17 A 266/08 –, amtl. Abdr. S. 7, und vom 21. September 2010 – 17 A 1020/07 –, amtl. Abdr. S. 6 f.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24. April 2001 – 11 A 11224/00 –, juris (= NVwZ 2002, 362-364); VG Stuttgart, Urteil vom 1. Juli 2010 – 4 K 4137/09 –, juris Rn. 20 (= GewArch 2011, 124-125); VG Aachen, Urteil vom 19. Januar 2010 ‑ 3 K 965/09 –, juris Rn. 30. 52Warum diese Verknüpfung abweichend von diesen Grundsätzen gerade in dem Einzelfall der Klägerin unbillig sein soll, ist nicht ersichtlich. 53Die Verbeitragung verstößt im konkreten Fall insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Beitragserhebung nach Leistungsfähigkeit. 54Zunächst verbietet sich ein Vergleich der streitgegenständlichen Beitragshöhe mit den in den Vorjahren erhobenen Beiträgen, weil die Beitragsbemessung nach den maßgeblichen Vorschriften (§ 1 BO i.V.m. Ziffer II.5 der Wirtschaftssatzung der Beklagten für das hier maßgebliche Jahr 2011) ausschließlich an den Gewerbeertrag im Bemessungsjahr anknüpft und keine Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens über mehrere Jahre erlaubt. 55Es ist ferner kein Grund ersichtlich, warum die Leistungsfähigkeit der Klägerin steuerrechtlich anders zu beurteilen ist als beitragsrechtlich. Insoweit betreffen die von der Klägerin vorgebrachten Einwände im Wesentlichen nicht allein die Verbeitragung durch die Beklagte, sondern (bereits auch) die Festsetzung des hierfür maßgeblichen Gewerbeertrags. Nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung ist insbesondere die in § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG getroffene Regelung, dass die Gesellschaft, deren Anteil veräußert wurde, mit der Steuerlast beschwert ist, während der maßgebliche Gewinn einer Kapital- oder anderen Personengesellschaft als Veräußerer zufällt, mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip vereinbar. Der Bezug zur Leistungsfähigkeit der Gesellschaft folgt danach bereits aus der Tatsache, dass es die in dem Betrieb ruhenden stillen Reserven sind, deren Realisierung zu Veräußerungsgewinnen führt. Zu einer Überschreitung der Leistungsfähigkeit des Gewerbebetriebes kann es daher nicht kommen. 56Vgl. BFH, Urteile vom 25. Mai 1962 – I 78/615 –, juris Rn. 15 (= BFHE 75, 467), und vom 22. Juli 2010 – IV R 29/07 –, juris (= BFHE 230, 215, BStBl II 2011, 511); vorgehend FG Bremen, Urteil vom 7. Februar 2007 – 3 K 73/05 (5) –, juris Rn. 280 (= EFG 2007, 170-1728). Verfg. Anh. – 1 BvR 1236/11 –. 57Aus welchem Grund eine hiervon abweichende Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin im Rahmen der hier streitgegenständlichen Beitragserhebung geboten wäre, hat weder die Klägerin näher dargelegt, noch vermochte das Gericht etwaige Gründe hierfür sonst zu erkennen. Soweit die Klägerin – entgegen der finanzgerichtlichen Rechtsprechung – der Ansicht ist, dass der festgesetzte Gewerbeertrag lediglich eine fiktive Leistungssteigerung, nicht aber ihre tatsächliche Leistungskraft widergibt, hätte sie gegen den Gewerbesteuermessbescheid beim zuständigen Finanzamt wegen Verstoßes gegen das Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit Einspruch erheben müssen. Die Berücksichtigung eines solchen Einwands erst im Beitragsverfahren der Beklagten würde hingegen die mit der Anknüpfung an den Gewerbeertrag bezweckte Typisierungsfunktion unterlaufen und ist aufgrund der Tatbestandswirkung der Feststellungen der Steuerbehörden für die Beitragsfestsetzung ausgeschlossen. 58bb) Die konkrete Fallgestaltung führt auch nicht zu einer ungerechten, und damit ungleichmäßigen Behandlung der Klägerin gegenüber sonstigen IHK-Mitgliedern. 59Die Höhe des Beitrages begründet die Unbilligkeit nicht, weil nach den genannten Bestimmungen alle Mitglieder, die einen gleich hohen Gewerbeertrag erzielt haben, den gleichen Beitrag zu zahlen haben. Auch der Einwand der Klägerin, sie werde im Vergleich zu anderen IHK-Mitgliedern ungleich verbeitragt, weil diese nur nach der bei ihnen tatsächlich verbliebenen eigenen Leistungskraft belastet würden, führt nicht zum Erfolg. Die Verbeitragung erfolgt für alle IHK-Mitglieder nach denselben rechtlichen Vorgaben. Für alle Mitglieder gilt gleichermaßen, dass die Art des gewerblichen Vorgangs, aus dem heraus der Gewerbeertrag entstanden ist, für das Erlassverfahren grundsätzlich ohne Bedeutung ist. 60cc) Die Beitragsfestsetzung erweist sich auch im Übrigen nicht als unbillig. Insbesondere vermag das Gericht der Klägerin nicht darin zu folgen, dass die konkrete Verbeitragung einer vermeintlich in § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG angelegten Privilegierung von natürlichen Personen in ihrer Funktion als Gesellschafter zuwiderlaufe. § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG sieht vor, dass der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmerschafts-Anteils grundsätzlich den Gewerbeertrag erhöht. Hiervon ist nur dann eine Ausnahme zu machen, wenn der Veräußerungsgewinn auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligten Mitunternehmer entfällt. Sinn und Zweck der Regelung ist es, zu verhindern, dass Kapitalgesellschaften einzelne Wirtschaftsgüter, deren Veräußerung der Gewerbesteuer unterliegt, nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG steuerneutral auf eine Personengesellschaft übertragen und anschließend die Beteiligung an der Personengesellschaft steuerfrei veräußern. 61Vgl. BT-Drs. 14/6882 S. 67; K.-D. Drüen, in: Blümich (Hrsg.), EStG, KStG, GewStG, 129. Aufl. 2015, § 7 GewStG Rn. 129. 62Um Steuerumgehungen zu verhindern, hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen, dass die Höhe des Gewerbeertrags der Mitunternehmerschaft in solchen Fällen von der Rechtsform des veräußernden Mitunternehmers abhängt. 63Vgl. K.-D. Drüen, in: Blümich (Hrsg.), EStG, KStG, GewStG, 129. Aufl. 2015, § 7 GewStG Rn. 129. Zur Vereinbarkeit von § 7 Satz 1 GewStG mit Art. 3 Abs. 1 GG siehe BFH, Urteil vom 22. Juli 2010 – IV R 29/07 –, juris (= BFHE 230, 215, BStBl II 2011, 511); Verfb. anh. 1 BvR 1236/11. 64Diese vom Gesetzgeber in Kauf genommene Härte trifft die Mitunternehmerschaft unabhängig davon, ob diejenigen Mitunternehmer, die nach der Veräußerung noch an der Mitunternehmerschaft beteiligt sind, natürliche oder juristische Personen sind. Auf die (verbliebene) Zusammensetzung der Gesellschafter einer Personengesellschaft hat der Gesetzgeber schon unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung 65vgl. BFH, Urteil vom 22. Juli 2010 – IV R 29/07 –, juris Rn. 63 (= BFHE 230, 215, BStBl II 2011, 511) 66keine Rücksicht genommen. Eine etwaige Privilegierung natürlicher Personen in ihrer Funktion als verbliebene Mitgesellschafter einer Kommanditgesellschaft ist der Regelung des § 7 Satz 2 GewStG nicht zu entnehmen. 67Im Übrigen hätte es den Gesellschaftern der Klägerin ohne Weiteres frei gestanden, der aufgrund eindeutiger Regelungen des Beitragsrechts absehbaren vergleichsweise hohen Verbeitragung im Jahr 2011 durch eine entsprechende Vertragsgestaltung entgegenzuwirken. 68Vgl. zu den verschiedenen „Umgehungsmöglichkeiten“: Holin, Gewerbesteuerliche Folgen des Verkaufs eines Mitunternehmeranteils, in: NWB 2013, 2706 (2711 f.). 69Schließlich kann nicht außer Acht bleiben, dass die Wahl der unternehmens- und steuerrechtlichen Gestaltung der Geschäftstätigkeit der Klägerin dazu dient, die Rechtsstellung ihrer Kommanditisten vor allem durch die Minimierung der Haftungsrisiken zu verbessern. Deshalb erscheint es nicht unbillig, dass die Klägerin auch die Nachteile dieser gewählten Unternehmensgestaltung etwa in Form des dadurch begründeten Kammerbeitrages trägt. 70Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 2010 – 17 A 266/08 –, amtl. Abdr. S. 8 712. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO. 72 73Beschluss: 74Der Streitwert wird auf 25.657,50 Euro festgesetzt. 75Gründe: 76Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG erfolgt.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrags. 1 2
3die klägerin ist eine kommanditgesellschaft. komplementärin der gesellschaft ist die firma b. b1. verwaltungs-gmbh. bis zum jahr 2011 waren alleinige kommanditisten die gesellschafter b2. unternehmensbeteiligungen gmbh & co. kg sowie i. -k. l. . beide veräußerten im jahr 2011 jeweils vollständig ihre kommanditanteile an der klägerin. der veräußerungsgewinn aus dem verkauf der gesellschaftsanteile der b2. unternehmensbeteiligungen gmbh & co.kg belief sich auf 6.414.141,00 euro. die finanzverwaltung setzte für das jahr 2011 einen gewerbeertrag in höhe von 8.286.300,00 euro bestandskräftig fest. 4mit bescheid vom 28. januar 2014 setzte die beklagte für das beitragsjahr 2011 unter zugrundelegung des gewerbeertrages aus dem geschäftsjahr 2011 einen von der klägerin zu zahlenden grundbeitrag in höhe von 440,00 euro sowie eine umlage in höhe von 27.294,17 eur und damit einen gesamtmitgliedsbeitrag in höhe von 27.734,17 eur fest. 5hierauf beantragte die klägerin mit schreiben vom 5. februar 2014 einen teilerlass des für das beitragsjahr 2011 festgesetzten beitrags, da die einziehung in voller höhe eine unbillige härte für sie darstelle. der zugrunde gelegte gewerbeertrag enthalte den gewinn aus der veräußerung eines anteils eines gesellschafters, der als unternehmer (mitunternehmer) des betriebs einer mitunternehmerschaft anzusehen sei, in höhe von 6.414.141,00 eur. dieser anteil mache rund 78 prozent des steuerlichen ergebnisses aus. der wirtschaftliche erfolg aus der veräußerung sei aber nicht der klägerin, sondern ausschließlich dem ausgeschiedenen gesellschafter zu gute gekommen. der gewerbeertrag aus der üblichen, gewerblichen tätigkeit der klägerin belaufe sich im jahr 2011 lediglich auf 1.872.163,00 euro. nur dieser anteil dürfe maßgeblich für die beitragsberechnung sein. die berücksichtigung auch des auf den veräußerungsgewinn entfallenden anteils 6des gewerbeertrags sei durch den zweck des § 3 ihkg, wonach bei der beitragsfestsetzung grundsätzlich art, umfang und leistungskraft des gewerbebetriebs berücksichtigt werden sollen, nicht gerechtfertigt und damit sachlich unbillig. die konkrete atypische fallkonstellation führe zu einer ungerechten, und damit ungleichmäßigen behandlung der klägerin gegenüber sonstigen ihk-mitgliedern, welche nur nach der bei ihnen tatsächlich verbliebenen eigenen leistungskraft belastet würden. 7mit bescheid vom 5. november 2014 lehnte die beklagte den antrag der klägerin auf teilerlass mit der begründung ab, dass die erhebung eines beitrags auf der grundlage des sich aus der veräußerung ergebenden gewerbeertrags nicht zu einer sachlichen unbilligkeit führe. der konkrete einzelfall weiche nicht so sehr vom regelfall der beitragsbemessung ab, dass eine festsetzung in der erfolgten höhe als unbillige härte im sinne der beitragsordnung erscheine. die veräußerung der geschäftsanteile gelte nach dem steuerrecht als normale gewerbliche tätigkeit und unterliege der gewerbesteuer und damit der beitragsfestsetzung ebenso wie die erträge aus anderer geschäftstätigkeit. darin sei eine vom gesetzgeber gewollte systemimmanente härte zu sehen. jeder geschäftliche vorgang eines unternehmens, der den gewerbeertrag erhöhe, sei entsprechend bei der beitragsfestsetzung zu berücksichtigen. die verknüpfung zwischen der höhe des gewerbeertrags und der beitragshöhe dürfe im rahmen einer nachfolgenden billigkeitsentscheidung nicht revidiert werden. allein die tatsache, dass der veräußerungsgewinn letztlich dem ausscheidenden gesellschafter zugeflossen und nicht im vermögen der gesellschaft selbst verblieben sei, rechtfertige keine andere beurteilung. 8gegen die ablehnende entscheidung der beklagten hat die klägerin am 8. dezember 2014 klage erhoben. zur begründung wiederholt sie im wesentlichen ihr vorbringen im verwaltungsverfahren. sie trägt ergänzend vor, im vorliegenden fall müsse berücksichtigung finden, dass nach der gesetzgeberischen intention der gewinn aus der veräußerung des anteils eines gesellschafters, der als unternehmer (mitunternehmer) des betriebs einer mitunternehmerschaft anzusehen ist, sich nur dann auf den gewerbeertrag erhöhend auswirke, soweit er nicht auf eine natürliche person als unmittelbar beteiligter mitunternehmer entfalle. nach den wertungen des steuergesetzgebers sollten natürliche personen in ihrer funktion als gesellschafter danach keine gewerbesteuer für den verkauf der anteile zahlen. dadurch, dass die gewerbesteuer von der klägerin zu tragen sei, würden natürliche personen in ihrer funktion als gesellschafter gleichwohl mit gewerbesteuern belastet. dieses ergebnis sei bereits steuerrechtlich nicht gewollt. es dürfe sich erst recht nicht auf die festsetzung des ihk-beitrags auswirken. die steuerrechtliche privilegierung werde andernfalls durch verbeitragung erheblich reduziert. eine starre anknüpfung der beitragsbemessung an den gewerbeertrag sei im vorliegenden fall nicht gerechtfertigt, weil – anders als in den von der rechtsprechung bislang entschiedenen fällen – die veräußerung von gesellschafteranteilen sich ausschließlich steuerlich nachteilig auswirke, hingegen kein fall denkbar sei, in der die klägerin durch eine veräußerung steuerlich privilegiert werde. 9zu berücksichtigen sei ferner, dass die beitragserhebung im konkreten fall nicht die leistungskraft der klägerin widerspiegele und einen verstoß gegen das äquivalenzprinzip darstelle. aufgrund der veräußerung von geschäftsanteilen im jahr 2011 sei der gewerbeertrag exorbitant höher als in den vorjahren, auch der gewerbeertrag für die darauffolgenden jahre werde voraussichtlich deutlich geringer ausfallen. zugleich habe die klägerin aber die vorteile aus der zwangsmitgliedschaft bei der beklagten wegen der tatsächlich unveränderten leistungskraft nicht in einem – im vergleich zu den anderen mitgliedsjahren – nennenswert größerem umfang wahrgenommen. 10die klägerin beantragt, 11den bescheid der beklagten vom 5. november 2014 aufzuheben und die beklagte zu verpflichten, den antrag der klägerin vom 5. februar 2014 unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden. 12die beklagte beantragt unter verweis auf ihr vorbringen im verwaltungsverfahren, 13die klage abzuweisen. 14ergänzend trägt sie vor, dass bei der beurteilung der sachlichen unbilligkeit grundsätzlich solche erwägungen unbeachtlich seien, die – wie die berücksichtigung des veräußerungsgewinns bei der festsetzung des gewerbeertrags nach § 7 satz 2 nr. 2 gewstg –dem gesetzlichen tatbestand innewohnten. 15die beteiligten haben durch schriftsätze vom 30. november 2015 und 8. dezember 2015 ihr einverständnis mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung erklärt. 16
17das gericht kann gemäß § 101 abs. 2 vwgo ohne mündliche verhandlung entscheiden, weil sich die beteiligten mit dieser verfahrensweise einverstanden erklärt haben. 18die zulässige klage hat keinen erfolg. sie ist unbegründet. 19der klägerin steht kein anspruch darauf zu, dass die beklagte über den antrag unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut entscheidet; der angefochtene bescheid der beklagten vom 5. november 2014 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 vwgo. 201. rechtsgrundlage für den begehrten teilweisen beitragserlass ist § 19 abs. 2 satz 1 der beitragsordnung der beklagten vom 1. dezember 2004, zuletzt geändert durch beschluss der vollversammlung vom 6. dezember 2007 (im folgenden: bo). danach können beiträge auf antrag im falle einer unbilligen härte ganz oder teilweise erlassen werden. im interesse einer gleichmäßigen behandlung aller ihk-zugehörigen ist an den begriff der unbilligen härte nach § 19 abs. 2 satz 2 bo ein strenger maßstab anzulegen. 21die entscheidung über einen erlassantrag aus billigkeitsgründen ist eine ermessensentscheidung, wobei inhalt und grenzen des pflichtgemäßen ermessens durch den maßstab der billigkeit bestimmt werden. die behördliche entscheidung darf danach gerichtlich (nur) daraufhin überprüft werden, ob die beklagte die gesetzlichen grenzen des ermessens überschritten oder sie von dem ermessen in einer dem zweck der ermächtigung nicht entsprechenden weise gebrauch gemacht hat. 22vgl. zu § 13 abs. 1 satz 1 ao i.d.f. des art. 17 nr. 5 ständg 1961 vom 13. juli 1961 (bgbl i, 981, bstbl i, 444): beschluss des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes vom 19. oktober 1971 – gms-ogb 3/70 – (= bverwge 39, 355-374); zu § 227 abs. 1 ao: bverwg, urteil vom 23. august 1990 – 8 c 42.88 –, juris rn. 19 (= njw 1991, 1073-1076); bfh, urteil vom 4. februar 2010 – ii r 25/08 –, juris rn. 10 (= bfhe 228, 130, bstbl ii 2010, 663); kritisch unter hinweis darauf, dass es kein tatbestandsermessen gebe: loose, in: tipke/kruse (hrsg.), ao/fgo, 141. lieferung 07.2015, § 227 ao rn. 22 ff. 23eine nähere konkretisierung des begriffs der „unbilligen härte“ enthält die beitragsordnung der beklagten nicht. in der genannten bestimmung werden jedoch ebenso wie in der zugrunde liegenden gesetzlichen ermächtigung des § 3 abs. 7 satz 2 ihkg die gängigen abgabenrechtlichen begriffe des „erlasses“, der „niedeschlagung“ und der „stundung“ verwandt. deshalb ist davon auszugehen, dass diese begriffe auch in den genannten normen der beklagten so wie im allgemeinen abgabenrecht (vgl. § 227 abs. 1 ao) zu verstehen sind. 24vgl. niedersächsisches ovg, beschluss vom 21. juni 2006 – 8 la 54/06 –, juris rn. 5 (= gewarch 2007, 39); vg düsseldorf, urteil vom 13. august 2008 – 20 k 280/07 –, amtl. abdr. s. 11; beschluss vom 9. september 2014 – 20 k 3851/14 –, amtl. abdr. s. 2; vg stuttgart, urteil vom 1. juli 2010 ‑ 4 k 4137/09 –, juris rn. 18 (= gewarch 2011, 124-125); jahn, in: fentzel/jäkel/junge (hrsg.), industrie- und handelskammergesetz, 7. aufl. 2009, § 3 rn. 142 ff.; rieger, kammerfinanzierung, in: kluth (hrsg.), handbuch des kammerrechts, 2. aufl. 2011, § 13 rn. 205 f. 25zweck der regelung ist es danach, sachlichen und persönlichen besonderheiten des einzelfalls, die der gesetzgeber im beitragsrecht nicht berücksichtigt hat, durch eine korrektur der beitragshöhe insoweit rechnung zu tragen, als sie die beitragsbelastung als unbillig erscheinen lassen. 26zu § 227 ao: bfh, urteil vom 20. september 2012 – iv r 29/10 –, juris rn. (= bfhe 238, 518); fritsch, in: koenig, ao, 3. aufl. 2014, § 227 rn. 10. 27für die klägerin sind weder persönliche noch sachliche billigkeitsgründe ersichtlich. 28a) die erlassbedürftigkeit aus persönlichen gründen ist nur bei dem abgabenpflichtigen zu bejahen, dessen wirtschaftliche oder persönliche existenz im falle der versagung des billigkeitserlasses gefährdet ist. 29vgl. zu den voraussetzungen der persönlichen unbilligkeit niedersächsisches ovg, urteil vom 21. juni 2006 – 8 la 54/06 –, juris rn. 7 (= gewarch 2007, 39). 30einen solchen ursachenzusammenhang zwischen der geltendmachung der beitragsforderung und einer dadurch eintretenden gefahr für die wirtschaftliche existenz der klägerin hat diese nicht dargelegt. 31b) auch die voraussetzungen einer sachlichen unbilligkeit sind nicht erfüllt. 32eine sachliche unbilligkeit ist dann anzunehmen, wenn ein anspruch auf den von der industrie- und handelskammer gegenüber ihrem kammerzugehörigen festgesetzten beitrag zwar nach dem wortlaut des beitragstatbestandes gegeben ist, seine geltendmachung im einzelfall aber mit dem zweck der norm nicht zu rechtfertigen ist und dessen wertung zuwiderläuft. 33vgl. bverfg, beschluss vom 13. dezember 1994 – 2 bvr 89/91 –, juris rn. 37 (= nvwz 1995, 989-990); bverwg, urteil vom 17. november 1999 – 11 c 7.99 –, juris rn. 27 f. (= dvbl 2000, 1218-1219); bfh, urteile vom 9. september 1993 – v r 45/91 –, juris rn. 11 (= bfhe 172, 237, bstbl ii 1994, 131), und vom 23. september 2004 – v r 58/03 –, juris rn. 12 (= bfh/nv 2005, 825-827); ovg nrw, beschluss vom 17. mai 2010 – 17 a 266/08 –, amtl. abdr. s. 6; vg stuttgart, urteil vom 1. juli 2010 – 4 k 4137/09 –, juris rn. 19 (= gewarch 2011, 124-125); fritsch, in: koenig (hrsg.), ao, 3. aufl. 2014, § 227 rn. 13; loose, in: tipke/kruse (hrsg.), ao/fgo, 141. lieferung 07.2015, § 227 ao rn. 41. 34eine unbillige härte kann im konkreten fall nur dann bejaht werden, wenn es sich bei der beitragslast nicht um eine aufgrund der gesetzlichen regelung typische folge bzw. begleiterscheinung handelt. denn härten, die der gesetzgeber bei der ausgestaltung des gesetzlichen tatbestandes bewusst in kauf genommen hat, rechtfertigen von vornherein keinen erlass aus sachlichen billigkeitsgründen. 35vgl. bfh, urteil vom 4. februar 2010 – ii r 25/08 –, juris rn. 11 (= bfhe 228, 130, bstbl ii 2010, 663); loose, in: tipke/kruse (hrsg.), ao/fgo, 141. lieferung 07.2015, § 227 ao rn. 28. 36ein billigkeitserlass darf unter keinen umständen, selbst nicht unter verfassungsrechtlichen gesichtspunkten, dazu führen, die generelle gültigkeitsanordnung der den beitragsanspruch begründenden rechtsvorschrift zu unterlaufen. allerdings darf sich eine billigkeitsprüfung auch nicht in überlegungen zur richtigen rechtsanwendung erschöpfen. sie verlangt vielmehr eine gesamtbeurteilung aller normen, die für die verwirklichung des in frage stehenden beitragsanspruchs im konkreten fall maßgeblich sind. 37vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 17. mai 2010 – 17 a 266/08 –, amtl. abdr. s. 6, und vom 21. september 2010 – 17 a 1020/07 –, amtl. abdr. s. 5. 38eine unbillige härte liegt danach vor, wenn sich die beitragslast im konkreten einzelfall – unter berücksichtigung aller für das rechtsverständnis maßgeblichen wertungen (gesetzeszweck, geboten der gleichheit und des vertrauensschutzes, den grundsätzen von treu und glauben, dem erfordernis der zumutbarkeit) – als „abnorm“ erweist. 39vgl. bfh, urteil vom 26. oktober 1994 – x r 104/92 –, juris rn. 23 ff. (= bfhe 176, 3, bstbl ii 1995, 297); loose, in: tipke/kruse (hrsg.), ao/fgo, 141. lieferung 07.2015, § 227 ao rn. 42; fritsch, in: koenig (hrsg.), ao, 3. aufl. 2014, § 227 rn. 13. 40dies zugrunde gelegt hat die beklagte ermessensfehlerfrei angenommen, dass der von ihr festgesetzte beitrag nicht wegen sachlicher unbilligkeit zu erlassen ist. die beitragserhebung entspricht sowohl hinsichtlich des beitragsmaßstabs unter berücksichtigung der bewusst geregelten typisierung als auch unter berücksichtigung der leistungsfähigkeit der klägerin den bewussten wertungen des gesetzgebers (aa), wahrt das gebot der gleichheit (bb) und erweist sich auch im übrigen unter berücksichtigung aller normen, die für die verwirklichung des in frage stehenden beitragsanspruchs im konkreten fall maßgeblich sind, nicht als unbillig (cc). 41aa) aus praktikabilitäts- und vereinfachungsgründen knüpft die beklagte für die berechnung der von ihr als beiträge erhobenen grundbeiträge und umlagen für ihk-zugehörige, die – wie die klägerin – im handelsregister eingetragen sind, an den steuerrechtlichen maßstab des gewerbeertrags an (vgl. § 3 abs. 3 satz 6 ihkg, §§ 6 abs. 1, 7 abs. 1 bo i.v.m. ziff. ii.2.1, 4 der wirtschaftssatzung der beklagten für das hier maßgebliche geschäftsjahr 2011). dahinter steht die erwägung, dass im realitätsgerechten typischen normalfall der gewerbeertrag eines gewerbetreibenden dessen leistungsfähigkeit zutreffend widerspiegelt. denn auch die dem gewerbeertrag zugrunde liegenden normen des gewerbesteuerrechts unterliegen dem prinzip der leistungsfähigkeit. 42vgl. burghart in: leibholz/rinck, grundgesetz, 7. aufl. 1975, 69. lieferung 09.2015, art. 3 gg rn. 496. 43mit der anknüpfung an die wirtschaftliche leistungsfähigkeit der kammermitglieder wird zugleich auf das gewicht des vorteils abgestellt, den der beitrag abgelten soll. da leistungsstarke unternehmen aus der der kammer aufgegebenen wahrnehmung des gesamtinteresses ihrer mitglieder in der regel höheren nutzen ziehen können als wirtschaftlich schwächere unternehmen, insbesondere eine günstige beeinflussung der wirtschaftlichen rahmenbedingungen im allgemeinen größeren unternehmen stärker zugutekommt als kleineren unternehmen, stellt die anknüpfung an den nutzen, der sich aus der wahrnehmung des gesamtinteresses der kammermitglieder ergibt, einen hinreichenden bezug zwischen vorteil und beitragshöhe dar. damit entspricht die beitragsbemessung unter zugrundelegung des gewerbeertrags dem äquivalenzprinzip, der beitragsrechtlichen ausprägung des verfassungsrechtlichen verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. konkretere anforderungen für die beitragserhebung ergeben sich aus dem äquivalenzprinzip regelmäßig nicht. insbesondere ist in der rechtsprechung geklärt, dass ein die beitragspflicht rechtfertigender vorteil selbst dann vorhanden sein kann, wenn der nutzen der von der kammer finanzierten tätigkeiten für das einzelne mitglied nicht messbar ist, sondern weitgehend nur vermutet werden kann. es liegt in der natur eines mitgliedsbeitrags, dass sich der zusammenhang zwischen dem erhebungsanlass und dem vorteil des pflichtigen zu einer bloßen vermutung des vorteils verflüchtigen kann. 44vgl. bverwg, urteil vom 26. juni 1990 – 1 c 45/86 –, juris rn. 13 (=gewarch 1990, 398-400); beschluss vom 3. mai 1995 – 1 b 222/93 –, juris rn. 9 (= gewarch 1995, 425-427); ovg nrw, urteil vom 17. mai 2015 – 17 a 266/08 –, amtl. abdr. s. 3 f.; ovg lüneburg, beschluss vom 9. februar 2012 – 8 la 112/11 –, juris rn. 14; ovg rheinland-pfalz, urteil vom 20. september 2010 – 6 a 10282/10 –, juris rn. 84; rieger, in: kluth, handbuch des kammerrechts, 2. aufl. 2011, § 13 rn. 164; jahn, zur entwicklung des beitrags- und kammerrechts der industrie- und handelskammern – ein rechtsprechungsreport 2011 bis 2014, gewarch beilage wiverw nr. 02/2015, 92 (124) m.w.n. 45im interesse einer einfachen handhabung ist die entsprechende feststellung der steuerbehörden im vorangegangenen verfahren nutzbar zu machen. ihr kommt tatbestandswirkung für die beitragsfestsetzung durch die beklagte zu. 46vgl. bverwg, urteil vom 24. september 1965 – 7 c 52.62 –, njw 1966, 121 (= bverwge 22, 58-64); ovg nrw, urteil vom 25. mai 2011- 17 a 772/07 –, juris rn. 61; beschluss vom 8. august 2001 – 4 a 4074/00 –, juris rn. 10 m.w.n. (= gewarch 2002, 33-34); rieger, in: kluth (hrsg.), handbuch des kammerrechts, 2. aufl. 2011, § 13 rn. 164. 47hier hat die beklagte den mitgliedsbeitrag unter zugrundelegung des von der steuerbehörde festgesetzten gewerbeertrags berechnet. 48soweit die klägerin begehrt, von der „starren“ anknüpfung an den gewerbeertrag abzusehen und nur einen teil, nämlich den gewerbeertrag, der aus der üblichen, gewerblichen tätigkeit der klägerin erzielt worden ist, der beitragsberechnung zugrundezulegen, steht dem schon entgegen, dass die anknüpfung an den (gesamten) gewerbeertrag im wege des erlasses grundsätzlich nicht aufgehoben werden kann, da sonst die generelle gültigkeitsanordnung der bemessungsgrundlage in unzulässiger weise unterlaufen würde. 49vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 17. mai 2010 – 17 a 266/08 –, amtl. abdr. s. 7; und vom 21. september 2010 – 17 a 1020/07 –, amtl. abdr. s. 6. 50eine differenzierung nach der art des gewerblichen vorgangs, aus dem der gewerbeertrag erzielt worden ist, widerspricht der vom gesetzgeber gewollten typisierten beitragsberechnung. dies zeigt sich in der gesetzlichen regelung insbesondere dadurch, dass weder der gesetzgeber, noch die beklagte eine ausnahme von der verknüpfung der beitragsbemessung mit dem gewerbeertrag für fälle eines außergewöhnlichen ertrags vorgesehen haben. indem die beklagte in § 4 abs. 1 bo uneingeschränkt auf § 7 gewstg zur berechnung des gewerbeertrags bezug nimmt und den anteil aus einem veräußerungsgewinn nach § 7 satz 2 gewstg gerade nicht ausschließt, bringt sie zum ausdruck, dass der gewerbeertrag im bemessungsjahr unabhängig von besonderheiten seiner berechnung im einzelfall der beitragsfestsetzung zugrunde liegen soll. eine weitere differenzierung der bemessungsgrundlage über die (pauschale) anknüpfung an den gewerbeertrag hinaus ist nach der gesetzgeberischen intention gerade nicht zulässig. es ist danach eine – vom gesetzgeber – gewollte systemimmanente härte, dass ein – wie auch immer gelagerter – geschäftlicher vorgang eines unternehmens, der zur erhöhung des gewerbeertrags in einem geschäftsjahr führt, entsprechend der tatbestandswirkung der festsetzung der gewerbesteuer bei der beitragsfestsetzung zu berücksichtigen ist und die verknüpfung zwischen der höhe des gewerbeertrags und der beitragshöhe nicht im rahmen einer nachfolgenden billigkeitsentscheidung berücksichtigung finden kann. die art des gewerblichen vorganges, aus dem heraus der gewerbeertrag entstanden ist, ist für das erlassverfahren grundsätzlich ohne bedeutung. 51vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 17. mai 2010 – 17 a 266/08 –, amtl. abdr. s. 7, und vom 21. september 2010 – 17 a 1020/07 –, amtl. abdr. s. 6 f.; ovg rheinland-pfalz, beschluss vom 24. april 2001 – 11 a 11224/00 –, juris (= nvwz 2002, 362-364); vg stuttgart, urteil vom 1. juli 2010 – 4 k 4137/09 –, juris rn. 20 (= gewarch 2011, 124-125); vg aachen, urteil vom 19. januar 2010 ‑ 3 k 965/09 –, juris rn. 30. 52warum diese verknüpfung abweichend von diesen grundsätzen gerade in dem einzelfall der klägerin unbillig sein soll, ist nicht ersichtlich. 53die verbeitragung verstößt im konkreten fall insbesondere nicht gegen den grundsatz der beitragserhebung nach leistungsfähigkeit. 54zunächst verbietet sich ein vergleich der streitgegenständlichen beitragshöhe mit den in den vorjahren erhobenen beiträgen, weil die beitragsbemessung nach den maßgeblichen vorschriften (§ 1 bo i.v.m. ziffer ii.5 der wirtschaftssatzung der beklagten für das hier maßgebliche jahr 2011) ausschließlich an den gewerbeertrag im bemessungsjahr anknüpft und keine gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen leistungsfähigkeit eines unternehmens über mehrere jahre erlaubt. 55es ist ferner kein grund ersichtlich, warum die leistungsfähigkeit der klägerin steuerrechtlich anders zu beurteilen ist als beitragsrechtlich. insoweit betreffen die von der klägerin vorgebrachten einwände im wesentlichen nicht allein die verbeitragung durch die beklagte, sondern (bereits auch) die festsetzung des hierfür maßgeblichen gewerbeertrags. nach der finanzgerichtlichen rechtsprechung ist insbesondere die in § 7 satz 2 nr. 2 gewstg getroffene regelung, dass die gesellschaft, deren anteil veräußert wurde, mit der steuerlast beschwert ist, während der maßgebliche gewinn einer kapital- oder anderen personengesellschaft als veräußerer zufällt, mit dem leistungsfähigkeitsprinzip vereinbar. der bezug zur leistungsfähigkeit der gesellschaft folgt danach bereits aus der tatsache, dass es die in dem betrieb ruhenden stillen reserven sind, deren realisierung zu veräußerungsgewinnen führt. zu einer überschreitung der leistungsfähigkeit des gewerbebetriebes kann es daher nicht kommen. 56vgl. bfh, urteile vom 25. mai 1962 – i 78/615 –, juris rn. 15 (= bfhe 75, 467), und vom 22. juli 2010 – iv r 29/07 –, juris (= bfhe 230, 215, bstbl ii 2011, 511); vorgehend fg bremen, urteil vom 7. februar 2007 – 3 k 73/05 (5) –, juris rn. 280 (= efg 2007, 170-1728). verfg. anh. – 1 bvr 1236/11 –. 57aus welchem grund eine hiervon abweichende beurteilung der leistungsfähigkeit der klägerin im rahmen der hier streitgegenständlichen beitragserhebung geboten wäre, hat weder die klägerin näher dargelegt, noch vermochte das gericht etwaige gründe hierfür sonst zu erkennen. soweit die klägerin – entgegen der finanzgerichtlichen rechtsprechung – der ansicht ist, dass der festgesetzte gewerbeertrag lediglich eine fiktive leistungssteigerung, nicht aber ihre tatsächliche leistungskraft widergibt, hätte sie gegen den gewerbesteuermessbescheid beim zuständigen finanzamt wegen verstoßes gegen das gebot der besteuerung nach der finanziellen leistungsfähigkeit einspruch erheben müssen. die berücksichtigung eines solchen einwands erst im beitragsverfahren der beklagten würde hingegen die mit der anknüpfung an den gewerbeertrag bezweckte typisierungsfunktion unterlaufen und ist aufgrund der tatbestandswirkung der feststellungen der steuerbehörden für die beitragsfestsetzung ausgeschlossen. 58bb) die konkrete fallgestaltung führt auch nicht zu einer ungerechten, und damit ungleichmäßigen behandlung der klägerin gegenüber sonstigen ihk-mitgliedern. 59die höhe des beitrages begründet die unbilligkeit nicht, weil nach den genannten bestimmungen alle mitglieder, die einen gleich hohen gewerbeertrag erzielt haben, den gleichen beitrag zu zahlen haben. auch der einwand der klägerin, sie werde im vergleich zu anderen ihk-mitgliedern ungleich verbeitragt, weil diese nur nach der bei ihnen tatsächlich verbliebenen eigenen leistungskraft belastet würden, führt nicht zum erfolg. die verbeitragung erfolgt für alle ihk-mitglieder nach denselben rechtlichen vorgaben. für alle mitglieder gilt gleichermaßen, dass die art des gewerblichen vorgangs, aus dem heraus der gewerbeertrag entstanden ist, für das erlassverfahren grundsätzlich ohne bedeutung ist. 60cc) die beitragsfestsetzung erweist sich auch im übrigen nicht als unbillig. insbesondere vermag das gericht der klägerin nicht darin zu folgen, dass die konkrete verbeitragung einer vermeintlich in § 7 satz 2 nr. 2 gewstg angelegten privilegierung von natürlichen personen in ihrer funktion als gesellschafter zuwiderlaufe. § 7 satz 2 nr. 2 gewstg sieht vor, dass der gewinn aus der veräußerung eines mitunternehmerschafts-anteils grundsätzlich den gewerbeertrag erhöht. hiervon ist nur dann eine ausnahme zu machen, wenn der veräußerungsgewinn auf eine natürliche person als unmittelbar beteiligten mitunternehmer entfällt. sinn und zweck der regelung ist es, zu verhindern, dass kapitalgesellschaften einzelne wirtschaftsgüter, deren veräußerung der gewerbesteuer unterliegt, nach § 6 abs. 5 satz 3 estg steuerneutral auf eine personengesellschaft übertragen und anschließend die beteiligung an der personengesellschaft steuerfrei veräußern. 61vgl. bt-drs. 14/6882 s. 67; k.-d. drüen, in: blümich (hrsg.), estg, kstg, gewstg, 129. aufl. 2015, § 7 gewstg rn. 129. 62um steuerumgehungen zu verhindern, hat der gesetzgeber bewusst in kauf genommen, dass die höhe des gewerbeertrags der mitunternehmerschaft in solchen fällen von der rechtsform des veräußernden mitunternehmers abhängt. 63vgl. k.-d. drüen, in: blümich (hrsg.), estg, kstg, gewstg, 129. aufl. 2015, § 7 gewstg rn. 129. zur vereinbarkeit von § 7 satz 1 gewstg mit art. 3 abs. 1 gg siehe bfh, urteil vom 22. juli 2010 – iv r 29/07 –, juris (= bfhe 230, 215, bstbl ii 2011, 511); verfb. anh. 1 bvr 1236/11. 64diese vom gesetzgeber in kauf genommene härte trifft die mitunternehmerschaft unabhängig davon, ob diejenigen mitunternehmer, die nach der veräußerung noch an der mitunternehmerschaft beteiligt sind, natürliche oder juristische personen sind. auf die (verbliebene) zusammensetzung der gesellschafter einer personengesellschaft hat der gesetzgeber schon unter dem gesichtspunkt der verwaltungsvereinfachung 65vgl. bfh, urteil vom 22. juli 2010 – iv r 29/07 –, juris rn. 63 (= bfhe 230, 215, bstbl ii 2011, 511) 66keine rücksicht genommen. eine etwaige privilegierung natürlicher personen in ihrer funktion als verbliebene mitgesellschafter einer kommanditgesellschaft ist der regelung des § 7 satz 2 gewstg nicht zu entnehmen. 67im übrigen hätte es den gesellschaftern der klägerin ohne weiteres frei gestanden, der aufgrund eindeutiger regelungen des beitragsrechts absehbaren vergleichsweise hohen verbeitragung im jahr 2011 durch eine entsprechende vertragsgestaltung entgegenzuwirken. 68vgl. zu den verschiedenen „umgehungsmöglichkeiten“: holin, gewerbesteuerliche folgen des verkaufs eines mitunternehmeranteils, in: nwb 2013, 2706 (2711 f.). 69schließlich kann nicht außer acht bleiben, dass die wahl der unternehmens- und steuerrechtlichen gestaltung der geschäftstätigkeit der klägerin dazu dient, die rechtsstellung ihrer kommanditisten vor allem durch die minimierung der haftungsrisiken zu verbessern. deshalb erscheint es nicht unbillig, dass die klägerin auch die nachteile dieser gewählten unternehmensgestaltung etwa in form des dadurch begründeten kammerbeitrages trägt. 70vgl. ovg nrw, beschluss vom 17. mai 2010 – 17 a 266/08 –, amtl. abdr. s. 8 712. die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. der ausspruch über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit § 709 zpo. 72 73beschluss: 74der streitwert wird auf 25.657,50 euro festgesetzt. 75gründe: 76die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 3 satz 1 gkg erfolgt.
Verklagte*r
0
332,278
S 14 R 239/19
2020-09-30T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, 99.099,96 EUR an die Klägerin zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird endgültig auf 99.099,96 EUR festgesetzt. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über eine Erstattungsforderung der Klägerin in Höhe von 99.099,96 EUR zum Ausgleich von im Wege eines Versorgungsausgleichs begründeten Rentenanwartschaften. Die Erstattung ihrer Aufwendungen verfolgt die Deutsche Rentenversicherung Bund als Klägerin dabei im Wege des § 225 Abs. 1 Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). 3Hintergrund der Klage ist die unter Einschluss eines Versorgungsausgleichs von der Beklagten an die Versicherte Frau H. M., geb. 00.00.1931, verst. 00.00.2016,. gewähr-te Altersrente. Frau M. war nach Aktenlage vom 13.06.1953 bis zum 31.01.2000 mit dem ebenfalls verstorbenen Herrn O. M., geb. 00.00.1923, verheiratet gewesen. Herr M. war nach deren eigenen Angaben bei der beklagten diakonischen Einrichtung als Verwaltungsleiter beschäftigt. Aus dieser Tätigkeit hatte er u.a. Ansprüche auf eine dort gesondert außerhalb des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI öffentlich-rechtlich ausgestaltete eigenständige Altersversorgung. Über das Dienstverhältnis des Herrn M. zur Beklagten existieren ebenfalls nach deren ei-genen Angaben keine Personalakten bzw. schriftlichen Unterlagen mehr. 4Durch Scheidungsurteil des Amtsgerichts- Familiengericht- Münster vom 31.10.2000 – 00 F 009/00- , waren der Klägerin Versorgungsanwartschaften in Höhe von monatlich 942,43 DM bezogen auf die Versorgung des O.M. bei der Beklagten übertragen wor-den. Die Beklagte hatte zuvor, wie die familiengerichtliche Entscheidung belegt, dort eine Ehezeitauskunft erteilt. Auf Rechtsmittel von Frau M. gegen das Scheidungsur-teil wurden ihr dann durch Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 27.04.2001 - 00 UF 000/00 Anwartschaften aus den Versorgungsansprüchen des O.M. beim D. N. in deutlich höherem Umfang übertragen. Die Beklagte war im Verfah-ren über den Versorgungsausgleich durchgängig eingebunden. Auch im OLG-Beschluss vom 27.04.2001 - 00 UF 000/00 wird sie als Beteiligte zu 1 aufgeführt. Für Frau M. wurden nun durch das OLG Hamm Anrechte in Höhe von 1.129,48 DM (577,49 EUR) monatlich - bezogen auf das Ehezeitende am 31.01.2000 - im Rahmen des analogen Quasi-Splittings nach §1 Abs. 3 Versorgungsausgleichs-Härteregelungs-Gesetz (VAHRG) in der Fassung bis zum 31.08.2009 auf ihrem Versi-cherungskonto bei der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund) begründet und die Umrechnung in Entgelt-punkte angeordnet. In seiner Beschlussbegründung führte der erkennende Famili-ensenat beim OLG Hamm u.a. aus, dass es sich bei dem D. um einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger handele, der die Realteilung nicht zulasse, so dass der Ausgleich entsprechend dem damaligen § 1 Abs. 3 VAHRG in Verbindung mit § 1587b Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), jeweils in der Fassung bis zum 31.08.2009, durch Begründung von Anrechten in der gesetzlichen Rentenversiche-rung zu erfolgen habe. Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird Bezug genommen auf das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Münster und den Beschluss des OLG Hamm, der seit dem 06.06.2001 rechtskräftig ist. Zu Gunsten der Rentenberech-tigten Frau M. hat die Klägerin diese Entscheidung des OLG Hamm sodann im Neu-berechnungsbescheid zur Regelaltersrente vom 06.08.2001 umgesetzt. Der Anlage 6 (persönliche Entgeltpunkte) dieses Bescheides ist zu entnehmen, dass die Renten-leistung durch den Zuschlag aus dem durchgeführten Versorgungsausgleich im Um-fang von 23,3895 Entgeltpunkte verbessert wurde. Der monatliche Zahlbetrag der Al-tersrente an Frau M. ab 01.07.2001 betrug 1.788,314 DM. 5Nachdem die Ausgleichsberechtigte Frau M. am 00.00.2016 verstorben war, machte die Klägerin erstmals mit Schreiben vom 23.11.2017 und erneut am 13.04.2018 schriftlich gegenüber der Beklagten ihre Erstattungsforderung nach § 225 Abs. 1 SGB VI aufgrund der durch Versorgungsausgleich begründeten Rentenanwartschaft für die Zeit vom 01.07.2001 bis 31.01.2016 geltend. Die Forderung belief sich auf 116.770,79 Euro. Mit Schreiben vom 18.01.2018, 11.05.2018 und 10.12.2018 lehnte die Beklagte die Erstattung der für Zeiten bis zum 31.12.2013 angeforderten Beträge unter Berufung auf die Einrede der Verjährung ab und führte dazu u.a. aus: Sie sei eine gemeinnützige diakonische Einrichtung und finanziere sich durch Beiträge u.a. der älteren Bewohner der von ihr betriebenen Alten- und Pflegeeinrichtungen. Es käme eine hälftige Erstattung in Frage. Laut Schreiben der Beklagten vom 10.12.2018 sah sie im Übrigen die für die Zeit vom 01.01.2014 bis zum 31.01.2016 ebenfalls am 23.11.2017 geltend gemachten Erstattungs-Teilforderung in Höhe von 17.670,83 EUR nicht als verjährt an. Sie hat diese Summe unstreitig vorprozessual beglichen. Ab-schließend hielt die Beklagte sämtlichen weitergehenden Erstattungsansprüche die Einrede der Verjährung entgegen bzw. bzw. wandte gegen diese Verwirkung ein. 6Die Klägerin hat sodann am 05.04.2019 bei dem Sozialgericht (SG) Münster Zah-lungsklage auf Erstattung von 99.099,96 EUR erhoben. Sie trägt vor, sie sei als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung an rechtskräftige familiengerichtliche Ent-scheidungen gebunden (Bundessozialgericht -BSG – Urt. v. 10.06.2013 - B 13 R 1/13 BH = FamRZ2013, 1578). Daher habe sie in der Zeit vom 01.07.2001 bis zum 31.01.2016 Leistungen aufgrund familiengerichtlicher Entscheidung des OLG Hamm vom 27.04.2001 begründete Anrechte aus dem Versorgungsausgleich an Frau H.M. erbracht. Ihre Aufwendungen aufgrund der begründeten Rentenanwartschaften für die Zeit vom 01.07.2001 bis zum 31.12.2013 seien durch die Beklagte als den zustän-digen Träger der Versorgungslast noch zu erstatten (§ 225 Abs. 1 SGB VI). Ihre Forderung in Höhe von 99.099,96 EUR bezifferte die Beklagte wie folgt Jahr 2001 3.794,87 EUR (7.422,14 DM) Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2002 7.666,71 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2003 7.781,68 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2004 7.796,35 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2005 7.788,56 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2006 7.788,56 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2007 7.808,22 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2008 7.868,56 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2009 7.999,05 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2010 8.088,85 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2011 8.126,76 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2012 8.248,90 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2013 8.342,89 EUR Anforderung vom 23.11.2017 7Zur Begründung des Erstattungsbegehrens bezieht sich die Klägerin maßgeblich auf das Urteil des Landessozialgerichts – LSG - Berlin Brandenburg vom 26.02.2020 - L 16 R 670/19, juris, dass sie auch nochmals im Verhandlungstermin im Volltext überreich-te. Sie erachtet danach die Erstattungsforderung nicht als verjährt und führt im Ein-zelnen aus: "Die in der Zeit vom 01.07.2001 bis zum 31.12.2013 entstandenen Auf-wendungen aufgrund der durch die familiengerichtliche Entscheidung begründeten Rentenanwartschaften wurden seitens der Deutschen Rentenversicherung Bund erst-malig mit Schreiben vom 23.11.2017 geltend gemacht. Verjährung für die in Rede ste-henden Erstattungsforderungen war insoweit nach § 2 VAErstV noch nicht eingetreten. Gemäß § 2 Abs. 1 VAErstV soll der Träger der Rentenversicherung die zu erstattenden Aufwendungen innerhalb von vier Kalendermonaten nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind, feststellen und vom zuständigen Träger der Versor-gungslast anfordern. Fällig wird der Erstattungsanspruch sechs Monate nach Eingang der Anforderung beim zuständigen Träger der Versorgungslast (§ 2 Abs. 3 VAErstV). Nach § 2 Abs. 4 VAErstV verjährt der Erstattungsanspruch des Rentenversicherungs-trägers in vier Jahren nach dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem er fällig geworden ist. Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 VAErstV handelt es sich insoweit um eine "Soll-vorschrift", aus der sich im Hinblick auf die Verjährung eines Erstattungsanspruchs kei-ne Rechtsfolgen ableiten lassen. In § 2 Abs. 4 Satz 1 VAErstV wird nicht an die "Mög-lichkeit" der Anforderung des Erstattungsbetrages angeknüpft, sondern an die konkrete Anforderung und den daraus resultierenden Zeitpunkt der Fälligkeit. Die Fälligkeit tritt dann sechs Monate nach Eingang der Erstattungsanforderung beim zuständigen Ver-sorgungsträger ein (§ 2 Abs. 3 VAErstV). Die Ansicht der Deutschen Rentenversiche-rung Bund wird vom LSG Berlin- Brandenburg Urt. v. 17.02.2015 - L 4 R 819/12 NZB, juris, und vom 08.12.2015 -: L 12 R 53/13 geteilt. Da die Erstattungsforderung mit Schreiben vom 23.11.2017 für die Aufwendungen vom 01.07.2001 bis zum 31.12.2013 geltend gemacht wurde, trat die Fälligkeit erst im Mai 2018 ein. Die vierjährige Verjäh-rungsfrist des § 2 Abs. 4 Satz 1 VAErstV kann daher im Zeitpunkt der Erstattungsanfor-derung noch nicht abgelaufen gewesen sein." 8Die anderslautende Ansicht der Beklagten überzeugten die Klägerin nicht. Sie trat dem mit weiteren Schriftsatz vom 23.07.2019 wie folgt entgegen: "Soweit die Beklagte meint, die Soll-Vorschrift in § 2 Abs. 1 VAErstV wäre ohne jegliche Bedeutung und. die Klägerin würde hierdurch jenseits Verjährungsfristen Forderungen in beliebiger Höhe geltend machen, ist dies so pauschal nicht zutreffend. Denn die Klägerin ist als Organ der Exekutive an Recht und Gesetz gebunden und hält die Erstattungsanforderungsfrist des §2 Abs. 1 VAErstV regelmäßig ein. Nur in ganz wenigen Ausnahmefällen erfolgt die Erstattungsanforderung abweichend von § 2 Abs. 1 VAErstV. Aus Sicht der Kläge-rin hat sich der Verordnungsgeber aber bewusst dafür entschieden, den zeitlichen Rahmen in §2 Abs. 1 VAErstV als Soll-Vorschrift zu formulieren und die Fälligkeit un-eingeschränkt vom Eingang der Erstattungsforderung beim Träger der Versorgungslast abhängig zu machen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Verordnungsbe-gründung oder der einschlägigen Literatur. Es ist insofern davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber mit. der Ausgestaltung der Verjährungsvorschrift auch die Durch-setzung von Erstattungsforderungen, die beispielsweise auf einer rückwirkenden Leis-tungsfeststellung beruhen, ermöglichen wollte. Diese könnten nämlich im Zeitpunkt der Anforderung mitunter bereits verjährt sein. Ein entsprechender Wille des Verordnungs-gebers, bestimmte Erstattungsforderungen - also beispielsweise solche, die auf einer rückwirkenden Leistungsfeststellung beruhen - von der Durchsetzung auszunehmen, ist jedenfalls nicht erkennbar. Der Verordnungsgeber sah also offensichtlich keinen hin-reichenden sachlichen Grund, Erstattungsansprüche, die ausnahmsweise nicht im normierten Zeitrahmen nach § 2 Abs. 1 VAErstV angefordert würden, von der ein-deutigen Verjährungsregelung des § 2 Abs. 4 VAErstV auszunehmen. Aus diesem Grund ist eine Sanktionierung bei einer im Einzelfall verspätet geltend gemachten Er-stattungsforderung gesetzlich nicht vorgesehen. Ebenso wenig ergibt sich aus den Ge-setzesmaterialien, dass eine etwaige Sanktionierung angedacht war. Die eindeutige Verjährungsregelung in der VAErstV führt demgemäß auch bei im Einzelfall verspäte-ter Erstattungsanforderung zu keiner Sanktionierung oder Verjährung des Erstattungs-anspruchs (siehe Bachmann in Hauck-Noftz, SGB VI § 225 Rn 15). Gegen das Prinzip der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit verstößt §2 Abs. 4 S. 1 VAErstV nicht, da an die eindeutige Fälligkeitsregelung des § 2 Abs. 3 VAErstV angeknüpft wird." 9Zudem hält die Klägerin die Erstattungsforderung auch in Ansehung des hilfsweisen Vorbringens der Beklagten zur Verwirkung weiterhin für durchsetzbar:" Die Verwir-kung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) aner-kannt und bedeutet als Hauptanwendungsfall des Verbots widersprüchlichen Verhal-tens, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung eine längere Zeit verstrichen ist. Zusätzlich setzt die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung jedoch zwingend voraus, dass weitere be-sondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebiets das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsver-halten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen wer-de (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in sei-nen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entste-hen würde (BSG SozR 2200 § 1399 Nr. 11; BVerwGE 44, 339, 343 f m.w.N.). Der ande-re Beteiligte muss insoweit Anlass zur Annahme gehabt haben, dass der Berechtigte von seinem Recht keinen Gebrauch mehr machen werde (BSG SozR 3900 § 47 Nr. 3). Ein bloßes "Nichtstun" reicht als Verwirkungsverhalten regelmäßig nicht aus. Vielmehr muss darüber hinaus ein konkretes Verhalten des Gläubigers hinzukommen, welches beim Schuldner die berechtigte Erwartung erweckt hat, dass eine Forderung nicht be-stehe oder nicht geltend gemacht werde (BSG SozR 2200 § 1399 Nr. 11). Vorliegend hat die Klägerin hinsichtlich der in Rede stehenden Erstattungsforderungen zu keinem Zeitpunkt durch aktives Handeln den Eindruck erweckt, auf diese verzichten zu wollen. Zwar hat es die Klägerin längere Zeit unterlassen, die Erstattungsförderungen seit dem 01.07.2001 geltend zu machen. Der Zeitablauf allein stellt jedoch ein Verwirkungsver-halten noch nicht dar. Denn die Verwirkung unterscheidet sich von der Verjährung dadurch, dass der bloße Zeitablauf nicht genügt, um die Ausübung des Rechts als un-zulässig anzusehen. Nichtstun, also Unterlassen, kann ein schutzwürdiges Vertrauen ausnahmsweise allenfalls dann begründen und zur Verwirkung des Rechts führen, wenn der Schuldner dieses als bewusst und planmäßig erachten darf (BSG vom 13.11.2012, AZ.: B 1 KR 24/11, BSGE 112, 141). Anzumerken ist diesbezüglich, dass die durch das BSG entwickelte Definition für die Verwirkung von Ansprüchen auf das sozialrechtstypische Verhältnis zwischen = Leistungsträger und Leistungsempfänger zugeschnitten ist und nur in Ausnahmefällen auf das Verhältnis zwischen Leistungsträ-gern untereinander passt (LSG Berlin-Brandenburg vom 26.06.2014, AZ.: L 3 U 175/12, juris, Rn 12). Die Verwirkung eines Erstattungsanspruchs kommt demnach nur bei ei-nem außergewöhnlich schwerwiegenden Fehlverhalten des Leistungsträgers, der die Erstattung verlangt, in Betracht (BSG vom 01:04.1993, AZ.: 1 RK 16/92, juris, Rn 23 ff.).Ein solcher Fall ist vorliegend durch die unterlassene zeitnahe Anforderung jedoch nicht gegeben. Selbst wenn es die Klägerin unterlassen hat, die Erstattungsforderung entsprechend dem in § 2 Abs. 1 VAErstV normierten Zeitrahmen geltend zu machen, stellt dies weder ein Verwirkungsverhalten dar, noch kann das "bloße Nichtstun" der Klägerin als bewusst und planmäßig erachtet werden (in diesem Sinne BSG vom 01.07.2010. hZ. B 13 R 67/09 R, SozR 4-2400 § 24 Nr. 5 Rn 34). Auf die zutreffenden Ausführungen des LSG Berlin-Brandenburg im Urteil vom.08.12.2015 (AZ: L 12 R 53/13) wird im Übrigen verwiesen. Der Hinweis der Beklagten, sie habe nichts von der Scheidung und dem Versorgungsausgleich! Zu Lasten der bei ihr bestehenden An-rechte des Ausgleichspflichtigen, Herrn O. M., gewusst, verfängt in diesem Zusam-menhang ebenfalls nicht. So hat die Beklagte im Rahmen des familiengerichtlichen Verfahrens eine entsprechende Ehezeitauskunft erteilt, wie die Entscheidungsgründe im Urteil des Amtsgerichts Münster - Familiengericht - vom 31.10,2000 (AZ: 00 F 00 F/00) belegen. Im Übrigen ist die Beklagte in der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 27.04.2001 (AZ: 00 UF 000/00) als Beteiligte zu 1 aufgeführt. Sollte der Beklagten die Entscheidung dennoch nicht bekannt gegeben worden sein, so kann sich das hinsichtlich der Erstattungsforderung nicht zulasten der Klägerin auswirken." 10Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von 99.099,96 EUR zu zahlen. 11Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. 12Die Beklagte tritt der streitigen Erstattungsforderung vollumfänglich folgendermaßen entgegen: " Ob die Klägerin tatsächlich in der Zeit vom 01.07.2001 bis zum 31.01.2016 Leistungen aus dem durch die familiengerichtliche Entscheidung vom 27.04.2019 be-gründeten Anrecht an die frühere Ehefrau erbracht hat, entzieht sich der Kenntnis der Beklagten. Entsprechende Belege durch die Klägerseite sind insoweit nicht erbracht worden. Erstmals mit Schreiben vom 23.11.2017 forderte die Klägerin die Erstattung der Beträge für den oben genannten Zeitraum von der Beklagten. Die Beklagte beglich Erstattungsforderungen der Klägerin i.H.v. 17.670,83 EUR, die für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.01.2016 geltend gemacht wurden. Eine darüber hinausgehende Zahlung lehnte die Beklagte ab. Die Klägerin hat keinen Zahlungsanspruch gegenüber der Beklagten in Höhe von weiteren 99.099,96 EUR. Ausdrücklich machen wir im Namen der Beklagten die Einrede der Verjährung geltend. Die Klägerin ist der Auffassung, die Erstattungsforderung sei nicht verjährt. § 2 Abs. 1 VAErstV sei eine sogenannte "Soll-vorschrift", aus der sich im Hinblick auf die Verjährung eines Erstattungsanspruchs kei-ne Rechtsfolgen ableiten lassen. In § 2 Abs. 4 S. 1 VAErstV werde nicht an die Mög-lichkeit der Anforderung des Erstattungsbetrages angeknüpft, sondern an die konkrete Anforderung und den daraus resultierenden Zeitpunkt der Fälligkeit. Die Fälligkeit trete dann 6 Monate nach Eingang der Erstattungsforderung zuständigen Versorgungsträger ein. Die Klägerin meint, dass die Fälligkeit erst im Mai 2018 eingetreten sei, da die Er-stattungsforderung mit Schreiben vom 23.11.2017 für die Aufwendungen vom 01.07.2001 bis zum 31 12. 2013 geltend gemacht worden sei. Insoweit könne die 4-jährige Verjährungsfrist im Zeitpunkt der Erstattungsanforderung noch nicht abgelaufen gewesen sein. Den Ausführungen der Klägerin kann aber nicht gefolgt werden. Würde man den dortigen Ausführungen folgen, so hätte es die Klägerin als Gläubigerin in die-sen Fällen in der Hand, die Verjährung ganz nach ihrem Belieben in Gang zu setzen. Das Wort "sollen" in § 2 Abs. 1 VAErstV wäre sodann ohne jegliche Bedeutung. Das Ingangsetzen der Verjährungsfrist, ein nicht unwesentliches Merkmal der Rechtsstaat-lichkeit, läge dann allein in der Hand der Gläubigerin. Jenseits aller gesetzlichen Ver-jährungsfristen könnten Forderungen in beliebiger Höhe noch geltend gemacht wer-den, weil zuvor eine Erstattungsforderung noch nicht geltend gemacht worden ist. Wür-de man dieser Auslegung folgen, so könnte der Schuldner noch nach Jahr und Tag mit einer Forderung in beliebiger Höhe konfrontiert werden. Auch aus dem seitens der Klä-gerin zitierten Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 08.12.2015 ergibt sich, dass § 2 Abs. 1 VAErstV nicht in diesem Sinne ausgelegt werden darf. Hier heißt es, eine Soll-vorschrift räume der Behörde im Regelfall kein Ermessen ein, sondern ermögliche nur ausnahmsweise in atypischen, besonders gelagerten Fällen ein Abweichen von der Vorschrift. In diesen Fällen sei dann außerdem Ermessen auszuüben. Weshalb es sich vorliegend um einen atypischen, besonders gelagerten Fall handeln soll, erschließt sich in keiner Weise. Außerdem hat die Klägerin bisher keinerlei Ermessen ausgeübt. Im Ergebnis war die Klägerin verpflichtet, entsprechend § 2 Abs. 1 VAErstV, die zu er-stattenden Aufwendungen innerhalb von 4 Kalendermonaten nach Ablauf des Kalen-derjahres, in dem sie fällig geworden sind, festzustellen und vom zuständigen Träger der Versorgungslast anzufordern. Die erstmalige Anforderung erfolgte - unstreitig - mit Schreiben vom 23.11.2017. Unter Berücksichtigung der 4-jährigen Verjährungsfrist sind sämtliche Ansprüche auf Erstattung von Zahlungen, die bis zum 31.12.2013 er-folgt sind, verjährt." Ergänzend rügt die Beklagte mit Schriftsatz vom 10.08.2020 die Unwirksamkeit der herangezogenen Rechtsverordnung wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsgebot sowie das Demokratieprinzip:" Die Verordnung verstößt gegen den Gesetzesvorbehalt. Der Gesetzesvorbehalt ist Kennzeichen des Rechtsstaatsprinzips und besagt, dass we-sentliche Regelungen ein Tätigwerden des Gesetzgebers bedürfen. Das Demokratie-prinzip besagt, dass Gesetze hinreichend bestimmt sein müssen. Ermächtigt der Ge-setzgeber die Verwaltung zum Erlass von Rechtsverordnungen, so darf er die wesentli-chen Entscheidungen nicht an die Verwaltung delegieren. Nach Art. 80 Abs. 1 GG kön-nen die Bundesregierung, ein Bundesminister oder Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. In § 226 SGB VI wird die Bun-desregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Berechnung und die Durchführung der Erstattung von Aufwen-dungen durch den Träger der Versorgungslast zu bestimmen. Es mag sein, dass unter die Durchführung der Erstattung auch die Regelung der Fälligkeit und der Verjährung fallen. Die Ermächtigungsgrundlage ist jedoch nicht hinreichend bestimmt dahinge-hend, dass das Rechtsinstitut der Verjährung durch die Verordnung geradezu abge-schafft werden kann. Im SGB ist die Verjährung als Grundsatz in § 45 I geregelt. Dieser gilt grundsätzlich für das gesamte Sozialrecht. Weitere spezielle Verjährungsnormen sind in § 27 SGB IV, § 50 SGB X und § 113 SGB X enthalten. In all diesen Normen gilt grundsätzlich, dass Ansprüche nach vier Jahren ab Entstehung des Anspruches ver-jähren. Bei § 50 SGB X wird dabei an die Bestandskraft des Verwaltungsaktes ge-knüpft, bei § 113 SGB X an die Kenntnis der Erstattungspflicht, bei § 27 SGB IV wird an die Zahlung der Beiträge geknüpft, in § 45 wird generell an die Entstehung des Anspru-ches angeknüpft. § 2 VAErstV hingegen knüpft statt an die Entstehung des Anspruches an dessen Fälligkeit an und bestimmt zudem in Absatz 3 den Eintritt der Fälligkeit. Die Fälligkeit soll erst durch Geltendmachung des Anspruches entstehen. Damit wird eine Ausnahme vom generellen Prinzip des Verjährungsbeginns mit Entstehung des An-spruches gemacht. Eine so weitreichende Ausnahme von den Prinzipien hinsichtlich des Beginnes der Verjährung ist durch § 226 Abs. 1 SGB VI nicht gedeckt. Durch diese Regelung wird die Verjährung quasi außer Kraft gesetzt. Das Grundprinzip der Verjäh-rung dient dem Rechtsfrieden. Es kann nicht sein, dass es dem Leistungsberechtigten frei steht zu bestimmen, wann ein Erstattungsanspruch fällig wird und wann somit die Verjährungsfrist in Gang gesetzt wird. Um eine solche Regelung zu treffen, hätte es ei-ner ausdrücklicheren Ermächtigungsgrundlage bedurft. Eine solche Ausnahmerege-lung ist nicht vom Zweck der Verordnungsermächtigung erfasst. Eine Regelung, die den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist in das Belieben des Anspruchsberechtig-ten stellt, steht dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verjährung entgegen und hätte ei-nes gesetzgeberischen Tätigwerdens bedurft. Zumindest hätte die Ermächtigungs-grundlage bestimmter und klarer sein müssen. Somit gilt nicht die Verjährungsfrist ge-mäß VAErstV, sondern die allgemeine Verjährung von 4 Jahren, deren Lauf mit Ent-stehen des Anspruches begann." Rein vorsorglich macht sie zusätzlich die Einwendung der Verwirkung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) geltend. Die Klägerin sei jedenfalls dadurch gehindert, Ansprüche bis einschließlich 31.12.2013 weiter verfolgen zu dür-fen. So habe sie, die Beklagte, erstmals mit Schreiben der Klägerin vom 23.11.2017 Kenntnis davon erhalten, dass Frau H.M. eine entsprechende Rente erhielt, dies ent-sprechend der Aufstellung der Klägerin bereits seit dem 01.07.2001. Hiervon sei die Beklagte erstmals im November 2017, also nach mehr als 16 Jahren (!), überhaupt in-formiert worden. Ihre Personalabteilung habe auch nicht gewusst, dass ihr früherer Verwaltungsleiter, Herrn O.M., durch Urteil des Familiengerichts vom 31.10.2000 ge-schieden worden war. Zum damaligen Zeitpunkt sei er längst aus dem Arbeitsverhält-nis ausgeschieden gewesen. Es gebe heute nicht einmal mehr Personalunterlagen über ihn in der Buchhaltung. Mit der Geltendmachung einer Erstattungsforderung, die ihren Ursprung im Jahr 2001 finde, habe sie daher nicht mehr rechnen müssen. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben sowie der Verkehrs-sitte wäre es der Klägerin ohne weiteres möglich gewesen, die nunmehr geltend ge-machten Erstattungsansprüche bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt von ihr zurückzufordern. Jetzt werde sie mit einer immensen Forderung überzogen, die bei korrektem Verhalten der Klägerin, also bei rechtzeitiger Geltendmachung, in monatli-chen Raten hätte beglichen werden können. Dies widerspreche erheblich den Grundsätzen von Treu und Glauben. Die Zeitabläufe unterschieden sich auch erheb-lich von denjenigen in der Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg. Die Klägerin mache hier die Erstattungsforderung immerhin über 16 Jahre später geltend. Sie, die Beklagte, habe in jedem Fall darauf vertrauen dürfen, einer solchen Erstattungsforde-rung nicht (mehr) ausgesetzt zu werden. Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30.09.2002 den Beteilig-ten noch die Besprechung zum Urteil des LSG Berlin Brandenburg vom 26.02.2020 mit Anmerkung Stäbler, NZS 2020, 511, sowie das vorbereitend vom Archiv des SG Berlin beigezogene unveröffentlichte dortige Urteil vom 28.08.2019 - S 30 R 3366/18 zur Kenntnis und zum Verbleib ausgehändigt. 13Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten beigezogenen, die Ver-storbene H.M. betreffenden, Versichertenakte Bezug genommen. Auch dieser ist Ge-genstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. 14Entscheidungsgründe: 15Die Klage betreffend den rentenrechtlichen Vollzug der familiengerichtlichen Ent-scheidung über den Versorgungsausgleich ist nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als echte Leistungsklage statthaft. Denn der damit geltend gemachte Erstat-tungsanspruch stellt einen Rechtsanspruch dar, über den kein Verwaltungsakt erge-hen muss. Damit ist die Klage insgesamt zulässig und auch wie tenoriert begründet. 16Rechtsgrundlage für den hier betroffenen Erstattungszeitraum ist als gesetzliche Er-mächtigungsregelung § 225 SGB VI in Verbindung mit der nach § 226 SGB VI erlas-senen Versorgungsausgleichs-Erstattungsverordnung (VAErstV) vom Oktober 2001. Damit wird dem Rentenversicherungsträger ein Anspruch auf Erstattung seiner Auf-wendungen gewährt, die "aufgrund" der im Wege des Quasi-Splittings begründeten Rentenanwartschaften erbracht wurden. Dabei regelt die Grundnorm des § 225 Abs. 1 SGB VI zunächst lediglich die Erstattungspflicht dem Grunde nach, nicht aber Be-rechnung und Durchführung der nach Abs. 1 Satz 1 zu erstattenden Aufwendungen. Für die Ausführung im Einzelnen greift dann die Erstattungsverordnung vom 09.10.2001 ,BGBl. I 2001, S. 2628, ein. 17In zeitlicher Hinsicht folgt dies aus § 3 VAErstV. Danach umfasst der zeitliche An-wendungsbereich erstmals die Erstattung der im Jahre 2001 entstehenden Aufwen-dungen der Träger der Rentenversicherung. Das war hier angesichts des Neube-rechnungsbescheides der Klägerin vom 06.08.2001 zur Regelaltersrente für die zwi-schenzeitlich verstorbene Versicherte Frau H.M. mit Umsetzung des seit Juni 2001 rechtskräftigen Ausspruches zum Versorgungsausgleich unter Anwartschaftsüber-tragung vom Ex-Ehegatten O.M. zutreffend. 18Im Gegensatz zu Bedenken der Beklagten hat die Klägerin auch nach Ansicht der Kammer in Anwendung der VAErstV im Übrigen eine ordnungsgemäß erlassene und inhaltlich wirksame Rechtsverordnung angewandt. Der Verordnungsgeber hat mit der VAErstV vom 09.10.2001 von der nach §§ 225, 226 SGB VI bestehenden Verord-nungsermächtigung zur Überzeugung des Gerichts rechtswirksam Gebrauch ge-macht. Die Erstattungsverordnung vom 09.10.2001 ,BGBl. I 2001, S. 2628 , wie ausgeführt zeitlich hier anwendbar für Sachverhalte ab 2001, ist über die zugrundeliegende Er-mächtigung zu interpretieren und kann gegenüber der Ermächtigungsnorm keine abweichende materielle Regelung dahingehend treffen, welche Leistungen ihrer Art nach erstattungsfähig sind. Rechtsverordnungen sind abgeleitete Rechtsquellen und Ausdruck delegierter Rechtsetzung. Ihr Inhalt leitet sich vom Gesetz ab und nicht um-gekehrt (vgl. BSG SozR 3100 § 30 Nr. 52). Hiernach bleibt es dabei, dass solche Leis-tungen zu erstatten sind, die ohne die im Wege des Quasi- Splittings begründeten Rentenanwartschaften nicht hätten bewilligt werden können ( so bereits LSG NRW Urteil vom 17.05.2002 - L 14 RJ 84/01 , rechtskräftig, unveröffentlicht = SGB.NRW in-tern). Der Verordnungsgeber hat sich mit der VAErstV vom 09.10.2001 innerhalb der Ermächtigung gemäß § 226 Abs. 1 SGB VI bewegt. Danach kann die Bundesregie-rung mit Zustimmung des Bundesrates eine entsprechende Rechtsverordnung erlas-sen. Insoweit zitiert die VAErstV vom 09.10.2001 , BGBl. I 2001, 2628 im Einklang mit Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG auch § 226 SBGB VI schon in ihrer Eingangsformel als Er-mächtigungsgrundlage, ist insoweit also anders als diesbezüglich defizitäre Vorgän-ger-Verordnungen, nicht mehr von vornherein aus dem Grunde des Verstoßes gegen das Zitiergebot unwirksam ( vgl. BSG Urt. v. 09.11.1999 - B 4 RA 16/99 R, juris). 19Überdies regelt die VAErstV vom 09.10.2001 , aaO., im Einklang mit § 225 Abs. 1 SGB VI kausal den Erstattungsanspruch des Rentenversicherungsträgers gegen den Trä-ger der Versorgungslast für Aufwendungen, zu denen es ohne den Versorgungs-ausgleich in seiner Gesamtheit überhaupt nicht oder nicht im festgesetzten Umfang bei Leistungserbringung an den Ausgleichsberechtigten gekommen wäre ( vgl. eben-so BSG Urt. v. 09.11.1999- B 4 RA 16/99 R, juris). Ein Erstattungsanspruch wird dann begründet, wenn durch Entscheidung des Familiengerichts beim Ausgleichsberech-tigten Rentenanwartschaften übertragen werden, denen keine Beitragszahlungen gegenüberstanden. Dann ist es geboten und im Interesse der Gesamtheit der Versi-cherten sowie Beitragszahler der gesetzlichen Rentenversicherung erforderlich, dass der zuständige Rentenversicherungsträger den adäquaten Ausgleich dafür erhält. Die im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Anwartschaften sind dabei auch hinreichend konkret genug bezeichnet. Sie sind durch Erstattung nach § 225 Abs. 1 SGB VI auszugleichen, soweit "aufgrund" von übertragenen Rentenanwart-schaften Aufwendungen erbracht werden. Dies war hier erkennbar der Fall. Nach Auffassung der Kammer ist schon aufgrund dieser gesetzlichen Regelungssystema-tik nach §§ 225, 226 SGB VI iVm der ausführenden, nach § 226 SGB VI erlassenen VAErstV vom 09.10.2001 , aaO., keine andere Beurteilung als die der Klägerin mög-lich. Damit hat der Gesetz- und Verordnungsgeber den Vorgaben des BSG u.a. in seiner o.g. Rechtsprechung Folge geleistet. 20Nach Ansicht der Kammer ist für Erstattungszeiträume ab dem 01.01.2001 die damals neu geschaffene Erstattungsverordnung entgegen der Beklagtenauffassung aus-drücklich anwendbar und gültig. Die Einwände der Beklagten überzeugen nicht. Denn zum einen hat der Bundesgesetzgeber in dem im Jahr 1989 parlamentarisch beschlossenen, zum 01.01.1992 in Kraft gesetzten gesetzlichen Rentenversiche-rungsrecht nach dem SGB VI die Ermächtigung zur Erstattungsregelung nach An-wartschaftsübertragungen in Fällen des Versorgungsausgleichs unter Beteiligung eines Trägers der öffentlich-rechtlichen Versorgungslast jenseits des gesetzlichen Rentensystems nach dem SGB VI gesondert und differenziert ausgestaltet. Die VO-Ermächtigung in § 226 ermöglicht eine Konkretisierung der Ausgleichs- und Erstat-tungsregelungen in § 225 Abs 1 Satz 1 SGB VI ( vgl. Kater in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 226 SGB VI, Rn. 1, Stand Juli 2020,mwN). Das ist weder dem Rechtsstaatsgebot zuwider noch entgegen dem Demokratieprinzip erfolgt. Und zum anderen ist dies dem Grundgesetz auch in Art. 80 GG immanent. Danach gilt, dass durch Rechtsverordnung, delegierend an das zuständige Bundesministerium, Ausführungsregelungen geschaffen werden, die einem gesetzgeberisch erteilten Handlungsauftrag der Verwaltung im Einzelfall die notwendige Umsetzung eröffnen. Demgemäß hat dann ja auch der Bundesrat am 27.09.2001 gem. Art. 80 Abs. 2 GG der neuen VAErstV 2001 zugestimmt, vgl. BR-Drs 646/01, BR-Plenarprot. 767, S. 461D ( Beschluss: Zustimmung). 21Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass es Hintergrund u.a. der Schaffung der Rechtsverordnungsnorm in Art. 80 GG rechtsgeschichtlich offenkundig war, dass dies bereits von den Müttern und Vätern des Grundgesetzes im Rahmen der– gerade in Abkehr zur insoweit defizitären Weimarer Reichsverfassung – erkennbar so gewollt wurde. Das wurde dann auch in der Verfassung bei Inkrafttreten am 23.05.1949 so mit geregelt. Das nur zur Klarstellung , womit jedenfalls der neuen Verordnung ab 2001 angesichts der eindeutigen Vorschrift des § 225 SGB VI auch ein wirksamer an-spruchsausfüllender Charakter zukommt. 22Die Vorschrift des § 225 SGB VI konkretisiert das Ziel der Kostenneutralität des Ver-sorgungsausgleichs und betrifft ersichtlich das Verhältnis der Versorgungs- bzw. Rentenversicherungsträgers untereinander ( ebenso Bundesverwaltungsgericht – BVerwG- Beschl. v. 26 ...06.2017 – 10 B 25.16, juris Rn. 7 ff., 11). Sie soll mit dem BSG Urt. v. 21.03.2018 - B 13 R 17/15 R juris Rn. 31, in jedem Fall gewährleisten, dass der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung immer dann und insoweit Erstattung be-gehren kann, als seine Aufwendungen gegenüber dem Ausgleichsberechtigten ge-rade auf Anwartschaften beruhen, die durch eine familiengerichtliche Entscheidung über den Versorgungsausgleich erst begründet worden sind (vgl BSG Urteil vom 23.6.1994 – 4 R 51/93, juris, Urt. v. 09.11.1999, aaO., juris Rn. 28, mwN). Denn die un-selbstständige Hilfs- und Garantiefunktion des Erstattungsverfahrens und das Prinzip der Kostenneutralität gebieten es sicherzustellen, dass die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung weder mit der Ungewissheit, ihrerseits Erstattung zu erlangen, zur Vorleistung verpflichtet werden noch abschließend mit Leistungspflichten belastet bleiben, denen entsprechende Einnahmen nicht gegenüberstehen. 23Des Weiteren erforderte die Verjährungsregelung in § 2 VAErstV entgegen der An-sicht der Beklagten angesichts anderslautender, aktueller, auch obergerichtlicher Rechtsprechung, der sich die Kammer nach eigener Überprüfung als überzeugend anschließt, kein formelles Parlamentsgesetz. Diese Verordnungsnorm - § 2 VAErstV -lehnt sich nämlich gerade an die gesetzliche Vierjahresverjährung im Sozialgesetz-buch im Übrigen – worauf die Verordnungsbegründung (vgl. bereits oben, BR-Drucks 646/01) auch zutreffend hinweist –an ( ebenso LSG Berlin-Brandenburg Urt. v.26.02.2020 - L 16 R 670/19, rechtskräftig, SG Berlin Urt.v.28.08.2019 – S 30 R 3366/18 bestätigend ). Die BR-Drcks. 646/01 vom Bl. 8, 9 ,hier aktenkundig, besagt: Insgesamt geht hier auch das Gericht mit der Klägerin von einer rechtswirksam nach §§ 225, 226 SGB VI erlassen, verfassungskonformen, im hier streitigen Erstattungs-zeitraum anwendbaren VAErstV vom 09.10.2001 aus. Danach war über die Erstattung von Aufwendungen für die auf Frau M. übertragenen Rentenanwartschaften auf-grund des Versorgungsausgleichs aus den Versorgungsansprüchen des Herrn O.M. im Einzelnen zu befinden. 24Die Rechtsgrundlage des erhobenen Anspruchs ist § 225 Abs. 1 Satz 1 SGB VI. Hier-nach werden die Aufwendungen des Trägers der Rentenversicherung aufgrund von Rentenanwartschaften, die durch Entscheidung des Familiengerichts begründet worden sind, von dem zuständigen Träger der Versorgungslast erstattet. Die Voraus-setzungen sind erfüllt. Es liegt eine rechtskräftige Begründung von Rentenanwart-schaften für den ausgleichsberechtigten Ehegatten nach § 1587b BGB alte Fassung zu Gunsten der Frau H.M. durch rechtskräftig gewordenen Beschluss des OLG Hamm vom 27.04.2001 vor. Der Klägerin sind dadurch Aufwendungen aus Leistungen der Versicherung der ausgleichsberechtigten Frau M. erwachsen (§ 1 Abs. 2 VAErstV). Die Berechnung der Aufwendungen durch die Klägerin gegenüber der Beklagten entspricht § 1 Abs. 3 VAErstV und ist deswegen nicht zu beanstanden, und zwar so-wohl in der vorprozessualen schriftlichen Erstaufforderung vom 23.11.2017 als auch in der an das erkennende Gericht adressierten Klageschrift vom 02.04.2019. 25Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 VAErstV fallen in den sachlichen Geltungsbereich ua ... die Erstattungsansprüche aus § 225 Abs. 1 Satz 1 SGB VI. Da der Anspruch der Klägerin hier erstmals mit Eingang der Erstattungsforderung bei der Beklagten von November 2017 fällig geworden ist (vgl § 2 Abs. 3 VAErstV) ist, kann somit die vierjährige Verjäh-rung auch für die hier noch streitbefangene Forderung bezogen auf den Zeitraum vom 01.07.2001 bis 31.12.2013 erst mit Ablauf des Jahres 2021 eintreten. Die Rege-lungen in § 2 VAErstV bestimmen - entgegen der Meinung der Beklagten kein eigen-ständiges, von der regelmäßigen vierjährigen Verjährung von Ansprüchen aus dem Sozialgesetzbuch abweichendes "Verjährungsregime. Sie lehnen sich an die Vierjah-resfrist , wie oben schon mit Hinweis auf den Bundesrat, aaO., dargelegt, gerade an. Mit § 113 SGB X in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung, auf den die Begrün-dung des Verordnungsgebers , s.o., nur Bezug nehmen konnte, legt die von der Be-klagten vorgenommene Auslegung indes auch wiederum nicht nahe (ebenso über-zeugend LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 26.02.2020 L 16 R 670/19 juris). Denn in § 113 SGB X in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung wird im Unterschied zu der bis 31. Dezember 2000 geltenden Regelung des § 113 SGB X aF für den Beginn der Verjährungsfrist gerade nicht (mehr) an die Entstehung des Anspruchs ange-knüpft. 26Ausgehend von § 225 Abs. 1 Satz 1 SGB VI hat der insoweit ermächtigte Verord-nungsgeber für die vorliegende Fallgestaltung eine klare und nicht weiterer gerichtli-cher Auslegung bzw. Ausdeutung seitens der Beteiligten zugängliche Verjährungs-regelung getroffen. Diese erlaubt es, die Beklagte eben auch noch derzeit für die Aufwendungen der Klägerin ab der Rentenanpassung für die verstorbene Frau M. zum 01.07.2001 wie geschehen rechtswirksam auf Erstattung in Anspruch zu neh-men. 27Es schadet dabei nicht, dass die Klägerin ihren Aufwendungsersatzanspruch auch hier ebenso unstreitig wie offenkundig nicht innerhalb der Soll-Frist des § 2 Abs. 1 VAErstV angefordert hat. Die Erstattungsanforderung datiert erst vom 23.11.2017. Sanktionsregelungen bei einer derart weit fristfern ergangenen, Zeiträume ab 01.07.2001 umfassenden, Erstattungsanforderung hat der Verordnungsgeber aber gerade auch nicht geregelt. Sie waren ausweislich der aktenkundigen Begründung des Verordnungsgebers (vgl BR-Drucks 646/01 S 9) auch nur für eine verzögerte Zahlung des fälligen Erstattungsanspruches (zB im Wege von Verzugszinsen) erwo-gen worden. Augenscheinlich ist der Verordnungsgeber daher davon ausgegangen, dass die Träger der Rentenversicherung die Frist zur Anbringung der Erstattungsfor-derung im Regelfall einhalten (vgl zum Ganzen auch LSG Berlin-Brandenburg Urt. v. 26.02.2020 - L 16 R 670/19 juris Rn.19 sowie Beschluss vom 17.02.2015 – L 4 R 819/12 NZB,juris und vertiefend auch zum Ausschluss einer Analogie mangels plan-widriger Regelungslücke ebenfalls LSG Berlin-Brandenburg Urt. v.08.12.2015 – L 12 R 53/13, juris). 28Insbesondere ist die Gesamtregelung in § 2 Abs. 4 VAErstV von der Ermächtigungs-grundlage (§ 226 Abs. 1 SGB V) gedeckt. Auch Einwendungen dergestalt, die Norm ermächtige nur zur Bestimmung über "das Nähere über die Berechnung und die Durchführung der Erstattung von Aufwendungen" ermächtige und verstoße zudem gegen die aus Artikel 20 GG abzuleitenden Prinzipien der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, greifen zur Überzeugung des Gerichts hier nicht durch. Die Kammer schließt sich auch insoweit dem rechtskräftig gewordenen unveröffentlichten, hier aktenkundigen und den Beteiligten bereits in Volltext ausgehändigten Urteil des SG Berlin vom 28.08.2019 – S 30 R 3366/18an. Gegen die Prinzipien der Rechtssicher-heit und Rechtsklarheit verstößt auch insoweit isoliert § 2 Abs. 4 Satz 1 VAErstV nicht. Danach verjährt der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalender-jahres, in der fällig geworden ist (§ 2 Abs. 4 Satz 1 VAErstV). Indem die Vorschrift auf die eindeutige Fälligkeitsregelung des § 2 Abs. 3 VAErstV aufbaut und daran an-knüpft, wann der Träger der Rentenversicherung seine Aufwendungen vom Träger der Versorgungslast anfordert, wird zu Recht und überzeugend ein eindeutiger Zeit-punkt bestimmt. § 2 Abs. 4 Satz 1 VAErstV ist angesichts des klaren Wortlauts nicht dahingehend auszulegen, dass es auf den Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs oder den Zeitpunkt der Kenntnis des Anspruchsberechtigten von der Forderung dem Grunde nach ankommt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 17.2.2015 - L 4 R 819/12 NZB, juris). Der Verjährungsbeginn hängt von der Fälligkeit der Erstattungsan-forderung ab und diese knüpft auch nach dem Verständnis der erkennenden Kam-mer wiederum nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 3 VAErstV an den "Ein-gang der Erstattungsanforderung" an( ebenso SG Berlin Urt. v. 28.08.2019 – S 30 R 3366/18). 29Dabei wird der Anspruch aber erst sechs Monate nach Eingang der Erstattungsforde-rung beim zuständigen Träger der Versorgungslast fällig (§ 2 Abs. 3 VAErstV). Hier-nach wurde die Erstattungsforderung - wie von der Klägerin mehrfach zutreffend schriftlich sowohl vorprozessual als auch im Klageverfahren dargelegt - erst im Janu-ar 2017 fällig und verjährt hier mit Ablauf des 31. Dezember 2021. Unschädlich ist nach alledem im Übrigen, dass die Klägerin entgegen § 2 Abs. 1 VAErstV die zu er-stattenden Aufwendungen nicht innerhalb von 4 Kalendermonaten nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Aufwendungen entstanden sind, von der Beklagten ange-fordert hat. Denn bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift ("soll") handelt es sich le-diglich um eine bloße Ordnungsvorschrift (Bachmann, in Hauck/Noftz, SGB VI, § 225 Rn. 15, Stand Februar 2018) und um keine Ausschlussfrist (Drechsler, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 225 Rn.30;LSG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 17.2.2015 - L 4 R 819/12 NZB). 30Schließlich ist die Klägerin hier zugesprochene Erstattungsforderung für die Zeit vom 01.07.2001 bis 31.12.2013 entgegen der Ansicht der Beklagten zur Überzeugung des Gerichts auch nicht verwirkt. Verwirkung setzt als Unterfall unzulässiger Rechtsaus-übung im Rahmen des Gebots von Treu und Glauben nach § 242 BGB voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums un-terlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonder-heiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspäte-te Geltendmachen des Rechts wörtlich treuwidrig, dem Verpflichteten gegenüber mit-hin als illoyal erscheinen lassen (so u.a. BSG Urt. v. 13.11.2012 - B 1 KR 24/11 R , ju-ris Rn. 37). Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Ver-wirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf ver-traut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Ver-trauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein un-zumutbarer Nachteil entstehen würde (ausdrücklich so BSG Urt. v. 13.11.2012, aaO., Urt. v.01. 07. 2010 – B 13 R 67/09 R , juris , Urt. V. 08.10.2010 – B 3 KR 7/14 R , juris). Hier ist allein ein ausschließlicher, bloßer Zeitablauf ab Umsetzung der OLG-Entscheidung zu Gunsten von Frau M. ab 01.07.2001 ohne irgendwelche anderen Erklärungen bzw. Kundgaben der Klägerin in Richtung auf die Beklagte bis zur Gel-tendmachung des Erstattungsanspruchs erstmals mit Schreiben der Klägerin vom 23.11.2017 tatsächlich objektiv festzustellen. Das wiederum begründet nach allge-meiner Ansicht in der Rechtsprechung schlicht und ergreifend mangels irgendeines fassbaren "Umstandsmoments" entgegen der isoliert anderslautenden Meinung der Beklagten eben noch kein Verwirkungsverhalten (LSG Berlin-Brandenburg 8.12.2015 - L 12 R 53/13, amtlicher Urteilsumdruck (UA) S. 13). Dies folgt schon daraus, dass der "bloße" Zeitablauf spezialgesetzlich durch die Verjährungsbestimmungen abschlie-ßend geregelt ist. Hinzutreten muss gerade das besondere Umstandsmoment, aus dem der Erstattungsverpflichtete den Rückschluss ziehen durfte, dass der Erstat-tungsberechtigte seine Forderung nicht mehr geltend machen werde (allgemeine An-sicht sowohl in Rechtsprechung als auch in der Literatur, ). Anderes kann aus-nahmsweise nur dann gelten, wenn auf Grund eines besonderen Rechtsverhältnis-ses eine Rechtspflicht zum Handeln besteht oder der Berechtigte unter Verhältnissen untätig bleibt, unter denen der Verpflichtete berechtigterweise erwarten durfte, dass Schritte zur Rechtswahrung unternommen werden (Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 53 Rn. 24). Eine bloße Untätigkeit hingegen kann nur im Ein-zelfall ein schutzwürdiges Vertrauen begründen, wenn der Schuldner das Nichtstun des Gläubigers nach den Umständen als bewusst und planmäßig betrachten darf (Urt. v.01. 07. 2010 – B 13 R 67/09 R , juris , LSG Berlin – Brandenburg Urt. 27.09.2017 - L 18 AS 1941/16, juris, m.w.N.). 31Die Voraussetzungen eben dafür liegen hier aber auch nicht vor. Die Klägerin hat nach Aktenlage durch keine positive Handlung ansatzweise den Eindruck erweckt, sie würde von der Erstattungsforderung absehen. Die Klägerin hat bis 23.11.2017 ge-genüber der Beklagten bezogen auf die hier streitige Erstattungsforderung schlicht nichts unternommen. Sie war auch nicht gegenüber dem Beklagten verpflichtet, früh-zeitig verjährungshemmende Schritte zu unternehmen, wenn der Anspruchsberech-tigte (hier: die Klägerin) hinsichtlich der Verjährung anderer Auffassung ist als die Anspruchsverpflichtete (hier: die Beklagte). 32Hinzukommt, dass die Beklagte als Beteiligte in beiden Instanzen des familiengericht-lichen Verfahrens selbst bereits seit Zustellung des Scheidungsurteils des Familien-gerichts Münster im Jahr 2000 bzw. des Beschlusses des OLG Hamm vom April 2001 dem Grunde nach auch Kenntnis von der Überführung erheblicher Versorgungsan-spruchs-Anteile des Herrn O. M. an die ausgleichsberechtigte Frau H.M. hätte haben können und müssen. Die Beklagte ist dem nicht nachgegangen. 33Die Beklagte hätte als Trägerin der besonderen Versorgungslast aber – spiegelbildlich zur hier streitigen Erstattung an die Klägerin für die im Wege des Versorgungsaus-gleich an Frau M. übertragenen Anwartschaften –ihrerseits selbst gegenüber Herrn M. die entsprechende Kürzung von dessen öffentlich-rechtlicher Altersversorgung einleiten können. 34Jedoch ist hier nicht ersichtlich, welche Vorkehrungen die Beklagte als Trägerin der Versorgungslast in Bezug auf den begünstigten Versorgungsempfänger Herrn M. überhaupt getroffen hatte. Bekanntlich werden in der gesetzlichen Rentenversiche-rung nach dem SGB VI alle Rentenbezieher bereits mit dem jeweils bewilligenden Bescheid zutreffend unter Anwendung und Nennung der §§ 45, 48 SGB X verpflich-tet, sämtliche zahlungsrelevanten rechtlich-tatsächlichen Änderungen mit zuteilen, die Auswirkungen auf die Höhe der Altersversorgung haben könnten. Ob die Beklag-te ihren ehemaligen leitenden Mitarbeiter Herrn M., Jahrgang 1923, vergleichbar da-mit jemals schriftlich aufklärte und ihn aufforderte, derartig relevante Änderungen wie hier etwa einen Versorgungsausgleich infolge Ehescheidung auch noch nach Ru-hestandsbeginn mitzuteilen, konnte die Beklagte ja nicht einmal selbst aufklären. Ihr steht keine schriftliche Personalakte des O.M. zur Verfügung. Das entlastet sie jedoch nun wirklich nicht. Denn hier hätte die Beklagte Vorkehrungen bei Ihren Versor-gungsempfängern treffen müssen, um diese wie gesetzlich Rentenversicherte auch zur Mitteilung wesentlicher Änderungen anzuhalten. Das ist im Wege nachwirkender Treuepflichten u.a. dienst- bzw. arbeitsrechtlich zulässig und wie von der Beklagten auch nicht zu verneinen, sehr wohl in der Rechtsordnung für verschiedene Rechts-verhältnisse nach Beschäftigungsende – etwa neben der betrieblichen Altersversor-gung auch für sog. Deputate etc. etc. - allgemein anerkannt. So wäre auch Herr O.M. noch (wie viele ?) Jahre nach seinen Ruhestandsbeginn zu einer Mitteilung der Tat-sache der Ehescheidung im Jahr 2000 zulässig zu veranlassen gewesen. Die Beklagte hatte insoweit nach ihren eigenen schriftlichen Erklärungen bis zur Anspruchsanmeldung durch die Klägerin im November 2017 – d.h. nach Tod sowohl des Herrn O.M. als auch seiner Ex-Frau H.M. - keine Kenntnis davon, dass die Ehe überhaupt geschieden worden war. 35Dann aber war zusammengefasst auch nichts dafür ersichtlich, warum die Beklagte unbedingt darauf hätte vertrauen bzw. nicht mehr damit hätte rechnen müssen, von der Klägerin nicht doch noch mit etwaigen Erstattungsforderungen im Hinblick auf diesen versorgungsausgleichsrechtlichen Sachverhalt in Anspruch genommen zu werden. 36Die Beklagte konnte auch deshalb eben nicht mit schutzwürdigem Vertrauen davon ausgehen, dass die Klägerin ihre Erstattungsforderung nicht mehr geltend machen werde, weil wiederum die Klägerin diese nicht innerhalb der Frist des § 2 Abs. 1 VAErstV angefordert hatte. Denn dies hat als schlichte Untätigkeit innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens - wie ausgeführt - keinen positiven Erklärungswert. Im Übri-gen existiert hier außerhalb der VAErstV auch keine die Beklagte abschließend schützende Ausschlussfrist 37Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Ver-waltungsgerichtsordnung (VwGO). 38Die endgültige Festsetzung des Streitwerts erfolgt auf der Grundlage von § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) , da um eine bezifferte Geldleistung gestritten wird. 39Zur Streitwertfestsetzung gilt die Rechtsmittelbelehrung 2, im Übrigen die Rechtsmit-telbelehrung 1.
die beklagte wird verurteilt, 99.099,96 eur an die klägerin zu zahlen. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. der streitwert wird endgültig auf 99.099,96 eur festgesetzt. 1
2die beteiligten streiten über eine erstattungsforderung der klägerin in höhe von 99.099,96 eur zum ausgleich von im wege eines versorgungsausgleichs begründeten rentenanwartschaften. die erstattung ihrer aufwendungen verfolgt die deutsche rentenversicherung bund als klägerin dabei im wege des § 225 abs. 1 sechsten buch sozialgesetzbuch (sgb vi). 3hintergrund der klage ist die unter einschluss eines versorgungsausgleichs von der beklagten an die versicherte frau h. m., geb. 00.00.1931, verst. 00.00.2016,. gewähr-te altersrente. frau m. war nach aktenlage vom 13.06.1953 bis zum 31.01.2000 mit dem ebenfalls verstorbenen herrn o. m., geb. 00.00.1923, verheiratet gewesen. herr m. war nach deren eigenen angaben bei der beklagten diakonischen einrichtung als verwaltungsleiter beschäftigt. aus dieser tätigkeit hatte er u.a. ansprüche auf eine dort gesondert außerhalb des systems der gesetzlichen rentenversicherung nach dem sgb vi öffentlich-rechtlich ausgestaltete eigenständige altersversorgung. über das dienstverhältnis des herrn m. zur beklagten existieren ebenfalls nach deren ei-genen angaben keine personalakten bzw. schriftlichen unterlagen mehr. 4durch scheidungsurteil des amtsgerichts- familiengericht- münster vom 31.10.2000 – 00 f 009/00- , waren der klägerin versorgungsanwartschaften in höhe von monatlich 942,43 dm bezogen auf die versorgung des o.m. bei der beklagten übertragen wor-den. die beklagte hatte zuvor, wie die familiengerichtliche entscheidung belegt, dort eine ehezeitauskunft erteilt. auf rechtsmittel von frau m. gegen das scheidungsur-teil wurden ihr dann durch beschluss des oberlandesgerichts (olg) hamm vom 27.04.2001 - 00 uf 000/00 anwartschaften aus den versorgungsansprüchen des o.m. beim d. n. in deutlich höherem umfang übertragen. die beklagte war im verfah-ren über den versorgungsausgleich durchgängig eingebunden. auch im olg-beschluss vom 27.04.2001 - 00 uf 000/00 wird sie als beteiligte zu 1 aufgeführt. für frau m. wurden nun durch das olg hamm anrechte in höhe von 1.129,48 dm (577,49 eur) monatlich - bezogen auf das ehezeitende am 31.01.2000 - im rahmen des analogen quasi-splittings nach §1 abs. 3 versorgungsausgleichs-härteregelungs-gesetz (vahrg) in der fassung bis zum 31.08.2009 auf ihrem versi-cherungskonto bei der damaligen bundesversicherungsanstalt für angestellte (jetzt deutsche rentenversicherung bund) begründet und die umrechnung in entgelt-punkte angeordnet. in seiner beschlussbegründung führte der erkennende famili-ensenat beim olg hamm u.a. aus, dass es sich bei dem d. um einen öffentlich-rechtlichen versorgungsträger handele, der die realteilung nicht zulasse, so dass der ausgleich entsprechend dem damaligen § 1 abs. 3 vahrg in verbindung mit § 1587b abs. 2 bürgerliches gesetzbuch (bgb), jeweils in der fassung bis zum 31.08.2009, durch begründung von anrechten in der gesetzlichen rentenversiche-rung zu erfolgen habe. wegen der einzelheiten im übrigen wird bezug genommen auf das urteil des amtsgerichts - familiengericht - münster und den beschluss des olg hamm, der seit dem 06.06.2001 rechtskräftig ist. zu gunsten der rentenberech-tigten frau m. hat die klägerin diese entscheidung des olg hamm sodann im neu-berechnungsbescheid zur regelaltersrente vom 06.08.2001 umgesetzt. der anlage 6 (persönliche entgeltpunkte) dieses bescheides ist zu entnehmen, dass die renten-leistung durch den zuschlag aus dem durchgeführten versorgungsausgleich im um-fang von 23,3895 entgeltpunkte verbessert wurde. der monatliche zahlbetrag der al-tersrente an frau m. ab 01.07.2001 betrug 1.788,314 dm. 5nachdem die ausgleichsberechtigte frau m. am 00.00.2016 verstorben war, machte die klägerin erstmals mit schreiben vom 23.11.2017 und erneut am 13.04.2018 schriftlich gegenüber der beklagten ihre erstattungsforderung nach § 225 abs. 1 sgb vi aufgrund der durch versorgungsausgleich begründeten rentenanwartschaft für die zeit vom 01.07.2001 bis 31.01.2016 geltend. die forderung belief sich auf 116.770,79 euro. mit schreiben vom 18.01.2018, 11.05.2018 und 10.12.2018 lehnte die beklagte die erstattung der für zeiten bis zum 31.12.2013 angeforderten beträge unter berufung auf die einrede der verjährung ab und führte dazu u.a. aus: sie sei eine gemeinnützige diakonische einrichtung und finanziere sich durch beiträge u.a. der älteren bewohner der von ihr betriebenen alten- und pflegeeinrichtungen. es käme eine hälftige erstattung in frage. laut schreiben der beklagten vom 10.12.2018 sah sie im übrigen die für die zeit vom 01.01.2014 bis zum 31.01.2016 ebenfalls am 23.11.2017 geltend gemachten erstattungs-teilforderung in höhe von 17.670,83 eur nicht als verjährt an. sie hat diese summe unstreitig vorprozessual beglichen. ab-schließend hielt die beklagte sämtlichen weitergehenden erstattungsansprüche die einrede der verjährung entgegen bzw. bzw. wandte gegen diese verwirkung ein. 6die klägerin hat sodann am 05.04.2019 bei dem sozialgericht (sg) münster zah-lungsklage auf erstattung von 99.099,96 eur erhoben. sie trägt vor, sie sei als träger der gesetzlichen rentenversicherung an rechtskräftige familiengerichtliche ent-scheidungen gebunden (bundessozialgericht -bsg – urt. v. 10.06.2013 - b 13 r 1/13 bh = famrz2013, 1578). daher habe sie in der zeit vom 01.07.2001 bis zum 31.01.2016 leistungen aufgrund familiengerichtlicher entscheidung des olg hamm vom 27.04.2001 begründete anrechte aus dem versorgungsausgleich an frau h.m. erbracht. ihre aufwendungen aufgrund der begründeten rentenanwartschaften für die zeit vom 01.07.2001 bis zum 31.12.2013 seien durch die beklagte als den zustän-digen träger der versorgungslast noch zu erstatten (§ 225 abs. 1 sgb vi). ihre forderung in höhe von 99.099,96 eur bezifferte die beklagte wie folgt jahr 2001 3.794,87 eur (7.422,14 dm) anforderung vom 23.11.2017 • jahr 2002 7.666,71 eur anforderung vom 23.11.2017 • jahr 2003 7.781,68 eur anforderung vom 23.11.2017 • jahr 2004 7.796,35 eur anforderung vom 23.11.2017 • jahr 2005 7.788,56 eur anforderung vom 23.11.2017 • jahr 2006 7.788,56 eur anforderung vom 23.11.2017 • jahr 2007 7.808,22 eur anforderung vom 23.11.2017 • jahr 2008 7.868,56 eur anforderung vom 23.11.2017 • jahr 2009 7.999,05 eur anforderung vom 23.11.2017 • jahr 2010 8.088,85 eur anforderung vom 23.11.2017 • jahr 2011 8.126,76 eur anforderung vom 23.11.2017 • jahr 2012 8.248,90 eur anforderung vom 23.11.2017 • jahr 2013 8.342,89 eur anforderung vom 23.11.2017 7zur begründung des erstattungsbegehrens bezieht sich die klägerin maßgeblich auf das urteil des landessozialgerichts – lsg - berlin brandenburg vom 26.02.2020 - l 16 r 670/19, juris, dass sie auch nochmals im verhandlungstermin im volltext überreich-te. sie erachtet danach die erstattungsforderung nicht als verjährt und führt im ein-zelnen aus: "die in der zeit vom 01.07.2001 bis zum 31.12.2013 entstandenen auf-wendungen aufgrund der durch die familiengerichtliche entscheidung begründeten rentenanwartschaften wurden seitens der deutschen rentenversicherung bund erst-malig mit schreiben vom 23.11.2017 geltend gemacht. verjährung für die in rede ste-henden erstattungsforderungen war insoweit nach § 2 vaerstv noch nicht eingetreten. gemäß § 2 abs. 1 vaerstv soll der träger der rentenversicherung die zu erstattenden aufwendungen innerhalb von vier kalendermonaten nach ablauf des kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind, feststellen und vom zuständigen träger der versor-gungslast anfordern. fällig wird der erstattungsanspruch sechs monate nach eingang der anforderung beim zuständigen träger der versorgungslast (§ 2 abs. 3 vaerstv). nach § 2 abs. 4 vaerstv verjährt der erstattungsanspruch des rentenversicherungs-trägers in vier jahren nach dem ablauf des kalenderjahres, in dem er fällig geworden ist. nach dem wortlaut des § 2 abs. 1 vaerstv handelt es sich insoweit um eine "soll-vorschrift", aus der sich im hinblick auf die verjährung eines erstattungsanspruchs kei-ne rechtsfolgen ableiten lassen. in § 2 abs. 4 satz 1 vaerstv wird nicht an die "mög-lichkeit" der anforderung des erstattungsbetrages angeknüpft, sondern an die konkrete anforderung und den daraus resultierenden zeitpunkt der fälligkeit. die fälligkeit tritt dann sechs monate nach eingang der erstattungsanforderung beim zuständigen ver-sorgungsträger ein (§ 2 abs. 3 vaerstv). die ansicht der deutschen rentenversiche-rung bund wird vom lsg berlin- brandenburg urt. v. 17.02.2015 - l 4 r 819/12 nzb, juris, und vom 08.12.2015 -: l 12 r 53/13 geteilt. da die erstattungsforderung mit schreiben vom 23.11.2017 für die aufwendungen vom 01.07.2001 bis zum 31.12.2013 geltend gemacht wurde, trat die fälligkeit erst im mai 2018 ein. die vierjährige verjäh-rungsfrist des § 2 abs. 4 satz 1 vaerstv kann daher im zeitpunkt der erstattungsanfor-derung noch nicht abgelaufen gewesen sein." 8die anderslautende ansicht der beklagten überzeugten die klägerin nicht. sie trat dem mit weiteren schriftsatz vom 23.07.2019 wie folgt entgegen: "soweit die beklagte meint, die soll-vorschrift in § 2 abs. 1 vaerstv wäre ohne jegliche bedeutung und. die klägerin würde hierdurch jenseits verjährungsfristen forderungen in beliebiger höhe geltend machen, ist dies so pauschal nicht zutreffend. denn die klägerin ist als organ der exekutive an recht und gesetz gebunden und hält die erstattungsanforderungsfrist des §2 abs. 1 vaerstv regelmäßig ein. nur in ganz wenigen ausnahmefällen erfolgt die erstattungsanforderung abweichend von § 2 abs. 1 vaerstv. aus sicht der kläge-rin hat sich der verordnungsgeber aber bewusst dafür entschieden, den zeitlichen rahmen in §2 abs. 1 vaerstv als soll-vorschrift zu formulieren und die fälligkeit un-eingeschränkt vom eingang der erstattungsforderung beim träger der versorgungslast abhängig zu machen. etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der verordnungsbe-gründung oder der einschlägigen literatur. es ist insofern davon auszugehen, dass der verordnungsgeber mit. der ausgestaltung der verjährungsvorschrift auch die durch-setzung von erstattungsforderungen, die beispielsweise auf einer rückwirkenden leis-tungsfeststellung beruhen, ermöglichen wollte. diese könnten nämlich im zeitpunkt der anforderung mitunter bereits verjährt sein. ein entsprechender wille des verordnungs-gebers, bestimmte erstattungsforderungen - also beispielsweise solche, die auf einer rückwirkenden leistungsfeststellung beruhen - von der durchsetzung auszunehmen, ist jedenfalls nicht erkennbar. der verordnungsgeber sah also offensichtlich keinen hin-reichenden sachlichen grund, erstattungsansprüche, die ausnahmsweise nicht im normierten zeitrahmen nach § 2 abs. 1 vaerstv angefordert würden, von der ein-deutigen verjährungsregelung des § 2 abs. 4 vaerstv auszunehmen. aus diesem grund ist eine sanktionierung bei einer im einzelfall verspätet geltend gemachten er-stattungsforderung gesetzlich nicht vorgesehen. ebenso wenig ergibt sich aus den ge-setzesmaterialien, dass eine etwaige sanktionierung angedacht war. die eindeutige verjährungsregelung in der vaerstv führt demgemäß auch bei im einzelfall verspäte-ter erstattungsanforderung zu keiner sanktionierung oder verjährung des erstattungs-anspruchs (siehe bachmann in hauck-noftz, sgb vi § 225 rn 15). gegen das prinzip der rechtssicherheit und rechtsklarheit verstößt §2 abs. 4 s. 1 vaerstv nicht, da an die eindeutige fälligkeitsregelung des § 2 abs. 3 vaerstv angeknüpft wird." 9zudem hält die klägerin die erstattungsforderung auch in ansehung des hilfsweisen vorbringens der beklagten zur verwirkung weiterhin für durchsetzbar:" die verwir-kung ist als ausprägung des grundsatzes von treu und glauben (§ 242 bgb) aner-kannt und bedeutet als hauptanwendungsfall des verbots widersprüchlichen verhal-tens, dass ein recht nicht mehr ausgeübt werden kann, wenn seit der möglichkeit der geltendmachung eine längere zeit verstrichen ist. zusätzlich setzt die verwirkung als unterfall der unzulässigen rechtsausübung jedoch zwingend voraus, dass weitere be-sondere umstände hinzutreten, die nach den besonderheiten des einzelfalls und des in betracht kommenden rechtsgebiets das verspätete geltendmachen des rechts nach treu und glauben dem verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. solche die verwirkung auslösenden "besonderen umstände" liegen vor, wenn der verpflichtete infolge eines bestimmten verhaltens des berechtigten (verwirkungsver-halten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das recht nicht mehr geltend machen wer-de (vertrauensgrundlage) und der verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das recht nicht mehr ausgeübt wird (vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in sei-nen vorkehrungen und maßnahmen so eingerichtet hat (vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete durchsetzung des rechts ein unzumutbarer nachteil entste-hen würde (bsg sozr 2200 § 1399 nr. 11; bverwge 44, 339, 343 f m.w.n.). der ande-re beteiligte muss insoweit anlass zur annahme gehabt haben, dass der berechtigte von seinem recht keinen gebrauch mehr machen werde (bsg sozr 3900 § 47 nr. 3). ein bloßes "nichtstun" reicht als verwirkungsverhalten regelmäßig nicht aus. vielmehr muss darüber hinaus ein konkretes verhalten des gläubigers hinzukommen, welches beim schuldner die berechtigte erwartung erweckt hat, dass eine forderung nicht be-stehe oder nicht geltend gemacht werde (bsg sozr 2200 § 1399 nr. 11). vorliegend hat die klägerin hinsichtlich der in rede stehenden erstattungsforderungen zu keinem zeitpunkt durch aktives handeln den eindruck erweckt, auf diese verzichten zu wollen. zwar hat es die klägerin längere zeit unterlassen, die erstattungsförderungen seit dem 01.07.2001 geltend zu machen. der zeitablauf allein stellt jedoch ein verwirkungsver-halten noch nicht dar. denn die verwirkung unterscheidet sich von der verjährung dadurch, dass der bloße zeitablauf nicht genügt, um die ausübung des rechts als un-zulässig anzusehen. nichtstun, also unterlassen, kann ein schutzwürdiges vertrauen ausnahmsweise allenfalls dann begründen und zur verwirkung des rechts führen, wenn der schuldner dieses als bewusst und planmäßig erachten darf (bsg vom 13.11.2012, az.: b 1 kr 24/11, bsge 112, 141). anzumerken ist diesbezüglich, dass die durch das bsg entwickelte definition für die verwirkung von ansprüchen auf das sozialrechtstypische verhältnis zwischen = leistungsträger und leistungsempfänger zugeschnitten ist und nur in ausnahmefällen auf das verhältnis zwischen leistungsträ-gern untereinander passt (lsg berlin-brandenburg vom 26.06.2014, az.: l 3 u 175/12, juris, rn 12). die verwirkung eines erstattungsanspruchs kommt demnach nur bei ei-nem außergewöhnlich schwerwiegenden fehlverhalten des leistungsträgers, der die erstattung verlangt, in betracht (bsg vom 01:04.1993, az.: 1 rk 16/92, juris, rn 23 ff.).ein solcher fall ist vorliegend durch die unterlassene zeitnahe anforderung jedoch nicht gegeben. selbst wenn es die klägerin unterlassen hat, die erstattungsforderung entsprechend dem in § 2 abs. 1 vaerstv normierten zeitrahmen geltend zu machen, stellt dies weder ein verwirkungsverhalten dar, noch kann das "bloße nichtstun" der klägerin als bewusst und planmäßig erachtet werden (in diesem sinne bsg vom 01.07.2010. hz. b 13 r 67/09 r, sozr 4-2400 § 24 nr. 5 rn 34). auf die zutreffenden ausführungen des lsg berlin-brandenburg im urteil vom.08.12.2015 (az: l 12 r 53/13) wird im übrigen verwiesen. der hinweis der beklagten, sie habe nichts von der scheidung und dem versorgungsausgleich! zu lasten der bei ihr bestehenden an-rechte des ausgleichspflichtigen, herrn o. m., gewusst, verfängt in diesem zusam-menhang ebenfalls nicht. so hat die beklagte im rahmen des familiengerichtlichen verfahrens eine entsprechende ehezeitauskunft erteilt, wie die entscheidungsgründe im urteil des amtsgerichts münster - familiengericht - vom 31.10,2000 (az: 00 f 00 f/00) belegen. im übrigen ist die beklagte in der entscheidung des oberlandesgerichts hamm vom 27.04.2001 (az: 00 uf 000/00) als beteiligte zu 1 aufgeführt. sollte der beklagten die entscheidung dennoch nicht bekannt gegeben worden sein, so kann sich das hinsichtlich der erstattungsforderung nicht zulasten der klägerin auswirken." 10die klägerin beantragt, die beklagte zu verurteilen, an sie einen betrag von 99.099,96 eur zu zahlen. 11die beklagte beantragt, die klage abzuweisen. 12die beklagte tritt der streitigen erstattungsforderung vollumfänglich folgendermaßen entgegen: " ob die klägerin tatsächlich in der zeit vom 01.07.2001 bis zum 31.01.2016 leistungen aus dem durch die familiengerichtliche entscheidung vom 27.04.2019 be-gründeten anrecht an die frühere ehefrau erbracht hat, entzieht sich der kenntnis der beklagten. entsprechende belege durch die klägerseite sind insoweit nicht erbracht worden. erstmals mit schreiben vom 23.11.2017 forderte die klägerin die erstattung der beträge für den oben genannten zeitraum von der beklagten. die beklagte beglich erstattungsforderungen der klägerin i.h.v. 17.670,83 eur, die für den zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.01.2016 geltend gemacht wurden. eine darüber hinausgehende zahlung lehnte die beklagte ab. die klägerin hat keinen zahlungsanspruch gegenüber der beklagten in höhe von weiteren 99.099,96 eur. ausdrücklich machen wir im namen der beklagten die einrede der verjährung geltend. die klägerin ist der auffassung, die erstattungsforderung sei nicht verjährt. § 2 abs. 1 vaerstv sei eine sogenannte "soll-vorschrift", aus der sich im hinblick auf die verjährung eines erstattungsanspruchs kei-ne rechtsfolgen ableiten lassen. in § 2 abs. 4 s. 1 vaerstv werde nicht an die mög-lichkeit der anforderung des erstattungsbetrages angeknüpft, sondern an die konkrete anforderung und den daraus resultierenden zeitpunkt der fälligkeit. die fälligkeit trete dann 6 monate nach eingang der erstattungsforderung zuständigen versorgungsträger ein. die klägerin meint, dass die fälligkeit erst im mai 2018 eingetreten sei, da die er-stattungsforderung mit schreiben vom 23.11.2017 für die aufwendungen vom 01.07.2001 bis zum 31 12. 2013 geltend gemacht worden sei. insoweit könne die 4-jährige verjährungsfrist im zeitpunkt der erstattungsanforderung noch nicht abgelaufen gewesen sein. den ausführungen der klägerin kann aber nicht gefolgt werden. würde man den dortigen ausführungen folgen, so hätte es die klägerin als gläubigerin in die-sen fällen in der hand, die verjährung ganz nach ihrem belieben in gang zu setzen. das wort "sollen" in § 2 abs. 1 vaerstv wäre sodann ohne jegliche bedeutung. das ingangsetzen der verjährungsfrist, ein nicht unwesentliches merkmal der rechtsstaat-lichkeit, läge dann allein in der hand der gläubigerin. jenseits aller gesetzlichen ver-jährungsfristen könnten forderungen in beliebiger höhe noch geltend gemacht wer-den, weil zuvor eine erstattungsforderung noch nicht geltend gemacht worden ist. wür-de man dieser auslegung folgen, so könnte der schuldner noch nach jahr und tag mit einer forderung in beliebiger höhe konfrontiert werden. auch aus dem seitens der klä-gerin zitierten urteil des lsg berlin-brandenburg vom 08.12.2015 ergibt sich, dass § 2 abs. 1 vaerstv nicht in diesem sinne ausgelegt werden darf. hier heißt es, eine soll-vorschrift räume der behörde im regelfall kein ermessen ein, sondern ermögliche nur ausnahmsweise in atypischen, besonders gelagerten fällen ein abweichen von der vorschrift. in diesen fällen sei dann außerdem ermessen auszuüben. weshalb es sich vorliegend um einen atypischen, besonders gelagerten fall handeln soll, erschließt sich in keiner weise. außerdem hat die klägerin bisher keinerlei ermessen ausgeübt. im ergebnis war die klägerin verpflichtet, entsprechend § 2 abs. 1 vaerstv, die zu er-stattenden aufwendungen innerhalb von 4 kalendermonaten nach ablauf des kalen-derjahres, in dem sie fällig geworden sind, festzustellen und vom zuständigen träger der versorgungslast anzufordern. die erstmalige anforderung erfolgte - unstreitig - mit schreiben vom 23.11.2017. unter berücksichtigung der 4-jährigen verjährungsfrist sind sämtliche ansprüche auf erstattung von zahlungen, die bis zum 31.12.2013 er-folgt sind, verjährt." ergänzend rügt die beklagte mit schriftsatz vom 10.08.2020 die unwirksamkeit der herangezogenen rechtsverordnung wegen verstoßes gegen das rechtsstaatsgebot sowie das demokratieprinzip:" die verordnung verstößt gegen den gesetzesvorbehalt. der gesetzesvorbehalt ist kennzeichen des rechtsstaatsprinzips und besagt, dass we-sentliche regelungen ein tätigwerden des gesetzgebers bedürfen. das demokratie-prinzip besagt, dass gesetze hinreichend bestimmt sein müssen. ermächtigt der ge-setzgeber die verwaltung zum erlass von rechtsverordnungen, so darf er die wesentli-chen entscheidungen nicht an die verwaltung delegieren. nach art. 80 abs. 1 gg kön-nen die bundesregierung, ein bundesminister oder landesregierungen ermächtigt werden, rechtsverordnungen zu erlassen. dabei müssen inhalt, zweck und ausmaß der erteilten ermächtigung im gesetz bestimmt werden. in § 226 sgb vi wird die bun-desregierung ermächtigt, durch rechtsverordnung mit zustimmung des bundesrates das nähere über die berechnung und die durchführung der erstattung von aufwen-dungen durch den träger der versorgungslast zu bestimmen. es mag sein, dass unter die durchführung der erstattung auch die regelung der fälligkeit und der verjährung fallen. die ermächtigungsgrundlage ist jedoch nicht hinreichend bestimmt dahinge-hend, dass das rechtsinstitut der verjährung durch die verordnung geradezu abge-schafft werden kann. im sgb ist die verjährung als grundsatz in § 45 i geregelt. dieser gilt grundsätzlich für das gesamte sozialrecht. weitere spezielle verjährungsnormen sind in § 27 sgb iv, § 50 sgb x und § 113 sgb x enthalten. in all diesen normen gilt grundsätzlich, dass ansprüche nach vier jahren ab entstehung des anspruches ver-jähren. bei § 50 sgb x wird dabei an die bestandskraft des verwaltungsaktes ge-knüpft, bei § 113 sgb x an die kenntnis der erstattungspflicht, bei § 27 sgb iv wird an die zahlung der beiträge geknüpft, in § 45 wird generell an die entstehung des anspru-ches angeknüpft. § 2 vaerstv hingegen knüpft statt an die entstehung des anspruches an dessen fälligkeit an und bestimmt zudem in absatz 3 den eintritt der fälligkeit. die fälligkeit soll erst durch geltendmachung des anspruches entstehen. damit wird eine ausnahme vom generellen prinzip des verjährungsbeginns mit entstehung des an-spruches gemacht. eine so weitreichende ausnahme von den prinzipien hinsichtlich des beginnes der verjährung ist durch § 226 abs. 1 sgb vi nicht gedeckt. durch diese regelung wird die verjährung quasi außer kraft gesetzt. das grundprinzip der verjäh-rung dient dem rechtsfrieden. es kann nicht sein, dass es dem leistungsberechtigten frei steht zu bestimmen, wann ein erstattungsanspruch fällig wird und wann somit die verjährungsfrist in gang gesetzt wird. um eine solche regelung zu treffen, hätte es ei-ner ausdrücklicheren ermächtigungsgrundlage bedurft. eine solche ausnahmerege-lung ist nicht vom zweck der verordnungsermächtigung erfasst. eine regelung, die den beginn des laufes der verjährungsfrist in das belieben des anspruchsberechtig-ten stellt, steht dem rechtsstaatlichen grundsatz der verjährung entgegen und hätte ei-nes gesetzgeberischen tätigwerdens bedurft. zumindest hätte die ermächtigungs-grundlage bestimmter und klarer sein müssen. somit gilt nicht die verjährungsfrist ge-mäß vaerstv, sondern die allgemeine verjährung von 4 jahren, deren lauf mit ent-stehen des anspruches begann." rein vorsorglich macht sie zusätzlich die einwendung der verwirkung nach den grundsätzen von treu und glauben (§ 242 bgb) geltend. die klägerin sei jedenfalls dadurch gehindert, ansprüche bis einschließlich 31.12.2013 weiter verfolgen zu dür-fen. so habe sie, die beklagte, erstmals mit schreiben der klägerin vom 23.11.2017 kenntnis davon erhalten, dass frau h.m. eine entsprechende rente erhielt, dies ent-sprechend der aufstellung der klägerin bereits seit dem 01.07.2001. hiervon sei die beklagte erstmals im november 2017, also nach mehr als 16 jahren (!), überhaupt in-formiert worden. ihre personalabteilung habe auch nicht gewusst, dass ihr früherer verwaltungsleiter, herrn o.m., durch urteil des familiengerichts vom 31.10.2000 ge-schieden worden war. zum damaligen zeitpunkt sei er längst aus dem arbeitsverhält-nis ausgeschieden gewesen. es gebe heute nicht einmal mehr personalunterlagen über ihn in der buchhaltung. mit der geltendmachung einer erstattungsforderung, die ihren ursprung im jahr 2001 finde, habe sie daher nicht mehr rechnen müssen. unter berücksichtigung des grundsatzes von treu und glauben sowie der verkehrs-sitte wäre es der klägerin ohne weiteres möglich gewesen, die nunmehr geltend ge-machten erstattungsansprüche bereits zu einem deutlich früheren zeitpunkt von ihr zurückzufordern. jetzt werde sie mit einer immensen forderung überzogen, die bei korrektem verhalten der klägerin, also bei rechtzeitiger geltendmachung, in monatli-chen raten hätte beglichen werden können. dies widerspreche erheblich den grundsätzen von treu und glauben. die zeitabläufe unterschieden sich auch erheb-lich von denjenigen in der entscheidung des lsg berlin-brandenburg. die klägerin mache hier die erstattungsforderung immerhin über 16 jahre später geltend. sie, die beklagte, habe in jedem fall darauf vertrauen dürfen, einer solchen erstattungsforde-rung nicht (mehr) ausgesetzt zu werden. das gericht hat im termin zur mündlichen verhandlung am 30.09.2002 den beteilig-ten noch die besprechung zum urteil des lsg berlin brandenburg vom 26.02.2020 mit anmerkung stäbler, nzs 2020, 511, sowie das vorbereitend vom archiv des sg berlin beigezogene unveröffentlichte dortige urteil vom 28.08.2019 - s 30 r 3366/18 zur kenntnis und zum verbleib ausgehändigt. 13wegen der einzelheiten des sach- und streitstandes im übrigen wird auf den inhalt der gerichtsakte und der von der beklagten beigezogenen, die ver-storbene h.m. betreffenden, versichertenakte bezug genommen. auch dieser ist ge-genstand der mündlichen verhandlung und beratung gewesen. 14
15die klage betreffend den rentenrechtlichen vollzug der familiengerichtlichen ent-scheidung über den versorgungsausgleich ist nach § 54 abs. 5 sozialgerichtsgesetz (sgg) als echte leistungsklage statthaft. denn der damit geltend gemachte erstat-tungsanspruch stellt einen rechtsanspruch dar, über den kein verwaltungsakt erge-hen muss. damit ist die klage insgesamt zulässig und auch wie tenoriert begründet. 16rechtsgrundlage für den hier betroffenen erstattungszeitraum ist als gesetzliche er-mächtigungsregelung § 225 sgb vi in verbindung mit der nach § 226 sgb vi erlas-senen versorgungsausgleichs-erstattungsverordnung (vaerstv) vom oktober 2001. damit wird dem rentenversicherungsträger ein anspruch auf erstattung seiner auf-wendungen gewährt, die "aufgrund" der im wege des quasi-splittings begründeten rentenanwartschaften erbracht wurden. dabei regelt die grundnorm des § 225 abs. 1 sgb vi zunächst lediglich die erstattungspflicht dem grunde nach, nicht aber be-rechnung und durchführung der nach abs. 1 satz 1 zu erstattenden aufwendungen. für die ausführung im einzelnen greift dann die erstattungsverordnung vom 09.10.2001 ,bgbl. i 2001, s. 2628, ein. 17in zeitlicher hinsicht folgt dies aus § 3 vaerstv. danach umfasst der zeitliche an-wendungsbereich erstmals die erstattung der im jahre 2001 entstehenden aufwen-dungen der träger der rentenversicherung. das war hier angesichts des neube-rechnungsbescheides der klägerin vom 06.08.2001 zur regelaltersrente für die zwi-schenzeitlich verstorbene versicherte frau h.m. mit umsetzung des seit juni 2001 rechtskräftigen ausspruches zum versorgungsausgleich unter anwartschaftsüber-tragung vom ex-ehegatten o.m. zutreffend. 18im gegensatz zu bedenken der beklagten hat die klägerin auch nach ansicht der kammer in anwendung der vaerstv im übrigen eine ordnungsgemäß erlassene und inhaltlich wirksame rechtsverordnung angewandt. der verordnungsgeber hat mit der vaerstv vom 09.10.2001 von der nach §§ 225, 226 sgb vi bestehenden verord-nungsermächtigung zur überzeugung des gerichts rechtswirksam gebrauch ge-macht. die erstattungsverordnung vom 09.10.2001 ,bgbl. i 2001, s. 2628 , wie ausgeführt zeitlich hier anwendbar für sachverhalte ab 2001, ist über die zugrundeliegende er-mächtigung zu interpretieren und kann gegenüber der ermächtigungsnorm keine abweichende materielle regelung dahingehend treffen, welche leistungen ihrer art nach erstattungsfähig sind. rechtsverordnungen sind abgeleitete rechtsquellen und ausdruck delegierter rechtsetzung. ihr inhalt leitet sich vom gesetz ab und nicht um-gekehrt (vgl. bsg sozr 3100 § 30 nr. 52). hiernach bleibt es dabei, dass solche leis-tungen zu erstatten sind, die ohne die im wege des quasi- splittings begründeten rentenanwartschaften nicht hätten bewilligt werden können ( so bereits lsg nrw urteil vom 17.05.2002 - l 14 rj 84/01 , rechtskräftig, unveröffentlicht = sgb.nrw in-tern). der verordnungsgeber hat sich mit der vaerstv vom 09.10.2001 innerhalb der ermächtigung gemäß § 226 abs. 1 sgb vi bewegt. danach kann die bundesregie-rung mit zustimmung des bundesrates eine entsprechende rechtsverordnung erlas-sen. insoweit zitiert die vaerstv vom 09.10.2001 , bgbl. i 2001, 2628 im einklang mit art. 80 abs. 1 satz 3 gg auch § 226 sbgb vi schon in ihrer eingangsformel als er-mächtigungsgrundlage, ist insoweit also anders als diesbezüglich defizitäre vorgän-ger-verordnungen, nicht mehr von vornherein aus dem grunde des verstoßes gegen das zitiergebot unwirksam ( vgl. bsg urt. v. 09.11.1999 - b 4 ra 16/99 r, juris). 19überdies regelt die vaerstv vom 09.10.2001 , aao., im einklang mit § 225 abs. 1 sgb vi kausal den erstattungsanspruch des rentenversicherungsträgers gegen den trä-ger der versorgungslast für aufwendungen, zu denen es ohne den versorgungs-ausgleich in seiner gesamtheit überhaupt nicht oder nicht im festgesetzten umfang bei leistungserbringung an den ausgleichsberechtigten gekommen wäre ( vgl. eben-so bsg urt. v. 09.11.1999- b 4 ra 16/99 r, juris). ein erstattungsanspruch wird dann begründet, wenn durch entscheidung des familiengerichts beim ausgleichsberech-tigten rentenanwartschaften übertragen werden, denen keine beitragszahlungen gegenüberstanden. dann ist es geboten und im interesse der gesamtheit der versi-cherten sowie beitragszahler der gesetzlichen rentenversicherung erforderlich, dass der zuständige rentenversicherungsträger den adäquaten ausgleich dafür erhält. die im wege des versorgungsausgleichs übertragenen anwartschaften sind dabei auch hinreichend konkret genug bezeichnet. sie sind durch erstattung nach § 225 abs. 1 sgb vi auszugleichen, soweit "aufgrund" von übertragenen rentenanwart-schaften aufwendungen erbracht werden. dies war hier erkennbar der fall. nach auffassung der kammer ist schon aufgrund dieser gesetzlichen regelungssystema-tik nach §§ 225, 226 sgb vi ivm der ausführenden, nach § 226 sgb vi erlassenen vaerstv vom 09.10.2001 , aao., keine andere beurteilung als die der klägerin mög-lich. damit hat der gesetz- und verordnungsgeber den vorgaben des bsg u.a. in seiner o.g. rechtsprechung folge geleistet. 20nach ansicht der kammer ist für erstattungszeiträume ab dem 01.01.2001 die damals neu geschaffene erstattungsverordnung entgegen der beklagtenauffassung aus-drücklich anwendbar und gültig. die einwände der beklagten überzeugen nicht. denn zum einen hat der bundesgesetzgeber in dem im jahr 1989 parlamentarisch beschlossenen, zum 01.01.1992 in kraft gesetzten gesetzlichen rentenversiche-rungsrecht nach dem sgb vi die ermächtigung zur erstattungsregelung nach an-wartschaftsübertragungen in fällen des versorgungsausgleichs unter beteiligung eines trägers der öffentlich-rechtlichen versorgungslast jenseits des gesetzlichen rentensystems nach dem sgb vi gesondert und differenziert ausgestaltet. die vo-ermächtigung in § 226 ermöglicht eine konkretisierung der ausgleichs- und erstat-tungsregelungen in § 225 abs 1 satz 1 sgb vi ( vgl. kater in: kasseler kommentar sozialversicherungsrecht, § 226 sgb vi, rn. 1, stand juli 2020,mwn). das ist weder dem rechtsstaatsgebot zuwider noch entgegen dem demokratieprinzip erfolgt. und zum anderen ist dies dem grundgesetz auch in art. 80 gg immanent. danach gilt, dass durch rechtsverordnung, delegierend an das zuständige bundesministerium, ausführungsregelungen geschaffen werden, die einem gesetzgeberisch erteilten handlungsauftrag der verwaltung im einzelfall die notwendige umsetzung eröffnen. demgemäß hat dann ja auch der bundesrat am 27.09.2001 gem. art. 80 abs. 2 gg der neuen vaerstv 2001 zugestimmt, vgl. br-drs 646/01, br-plenarprot. 767, s. 461d ( beschluss: zustimmung). 21ergänzend weist die kammer darauf hin, dass es hintergrund u.a. der schaffung der rechtsverordnungsnorm in art. 80 gg rechtsgeschichtlich offenkundig war, dass dies bereits von den müttern und vätern des grundgesetzes im rahmen der– gerade in abkehr zur insoweit defizitären weimarer reichsverfassung – erkennbar so gewollt wurde. das wurde dann auch in der verfassung bei inkrafttreten am 23.05.1949 so mit geregelt. das nur zur klarstellung , womit jedenfalls der neuen verordnung ab 2001 angesichts der eindeutigen vorschrift des § 225 sgb vi auch ein wirksamer an-spruchsausfüllender charakter zukommt. 22die vorschrift des § 225 sgb vi konkretisiert das ziel der kostenneutralität des ver-sorgungsausgleichs und betrifft ersichtlich das verhältnis der versorgungs- bzw. rentenversicherungsträgers untereinander ( ebenso bundesverwaltungsgericht – bverwg- beschl. v. 26 ...06.2017 – 10 b 25.16, juris rn. 7 ff., 11). sie soll mit dem bsg urt. v. 21.03.2018 - b 13 r 17/15 r juris rn. 31, in jedem fall gewährleisten, dass der träger der gesetzlichen rentenversicherung immer dann und insoweit erstattung be-gehren kann, als seine aufwendungen gegenüber dem ausgleichsberechtigten ge-rade auf anwartschaften beruhen, die durch eine familiengerichtliche entscheidung über den versorgungsausgleich erst begründet worden sind (vgl bsg urteil vom 23.6.1994 – 4 r 51/93, juris, urt. v. 09.11.1999, aao., juris rn. 28, mwn). denn die un-selbstständige hilfs- und garantiefunktion des erstattungsverfahrens und das prinzip der kostenneutralität gebieten es sicherzustellen, dass die träger der gesetzlichen rentenversicherung weder mit der ungewissheit, ihrerseits erstattung zu erlangen, zur vorleistung verpflichtet werden noch abschließend mit leistungspflichten belastet bleiben, denen entsprechende einnahmen nicht gegenüberstehen. 23des weiteren erforderte die verjährungsregelung in § 2 vaerstv entgegen der an-sicht der beklagten angesichts anderslautender, aktueller, auch obergerichtlicher rechtsprechung, der sich die kammer nach eigener überprüfung als überzeugend anschließt, kein formelles parlamentsgesetz. diese verordnungsnorm - § 2 vaerstv -lehnt sich nämlich gerade an die gesetzliche vierjahresverjährung im sozialgesetz-buch im übrigen – worauf die verordnungsbegründung (vgl. bereits oben, br-drucks 646/01) auch zutreffend hinweist –an ( ebenso lsg berlin-brandenburg urt. v.26.02.2020 - l 16 r 670/19, rechtskräftig, sg berlin urt.v.28.08.2019 – s 30 r 3366/18 bestätigend ). die br-drcks. 646/01 vom bl. 8, 9 ,hier aktenkundig, besagt: insgesamt geht hier auch das gericht mit der klägerin von einer rechtswirksam nach §§ 225, 226 sgb vi erlassen, verfassungskonformen, im hier streitigen erstattungs-zeitraum anwendbaren vaerstv vom 09.10.2001 aus. danach war über die erstattung von aufwendungen für die auf frau m. übertragenen rentenanwartschaften auf-grund des versorgungsausgleichs aus den versorgungsansprüchen des herrn o.m. im einzelnen zu befinden. 24die rechtsgrundlage des erhobenen anspruchs ist § 225 abs. 1 satz 1 sgb vi. hier-nach werden die aufwendungen des trägers der rentenversicherung aufgrund von rentenanwartschaften, die durch entscheidung des familiengerichts begründet worden sind, von dem zuständigen träger der versorgungslast erstattet. die voraus-setzungen sind erfüllt. es liegt eine rechtskräftige begründung von rentenanwart-schaften für den ausgleichsberechtigten ehegatten nach § 1587b bgb alte fassung zu gunsten der frau h.m. durch rechtskräftig gewordenen beschluss des olg hamm vom 27.04.2001 vor. der klägerin sind dadurch aufwendungen aus leistungen der versicherung der ausgleichsberechtigten frau m. erwachsen (§ 1 abs. 2 vaerstv). die berechnung der aufwendungen durch die klägerin gegenüber der beklagten entspricht § 1 abs. 3 vaerstv und ist deswegen nicht zu beanstanden, und zwar so-wohl in der vorprozessualen schriftlichen erstaufforderung vom 23.11.2017 als auch in der an das erkennende gericht adressierten klageschrift vom 02.04.2019. 25gemäß § 1 abs. 1 satz 1 vaerstv fallen in den sachlichen geltungsbereich ua ... die erstattungsansprüche aus § 225 abs. 1 satz 1 sgb vi. da der anspruch der klägerin hier erstmals mit eingang der erstattungsforderung bei der beklagten von november 2017 fällig geworden ist (vgl § 2 abs. 3 vaerstv) ist, kann somit die vierjährige verjäh-rung auch für die hier noch streitbefangene forderung bezogen auf den zeitraum vom 01.07.2001 bis 31.12.2013 erst mit ablauf des jahres 2021 eintreten. die rege-lungen in § 2 vaerstv bestimmen - entgegen der meinung der beklagten kein eigen-ständiges, von der regelmäßigen vierjährigen verjährung von ansprüchen aus dem sozialgesetzbuch abweichendes "verjährungsregime. sie lehnen sich an die vierjah-resfrist , wie oben schon mit hinweis auf den bundesrat, aao., dargelegt, gerade an. mit § 113 sgb x in der seit 1. januar 2001 geltenden fassung, auf den die begrün-dung des verordnungsgebers , s.o., nur bezug nehmen konnte, legt die von der be-klagten vorgenommene auslegung indes auch wiederum nicht nahe (ebenso über-zeugend lsg berlin-brandenburg urteil vom 26.02.2020 l 16 r 670/19 juris). denn in § 113 sgb x in der seit 1. januar 2001 geltenden fassung wird im unterschied zu der bis 31. dezember 2000 geltenden regelung des § 113 sgb x af für den beginn der verjährungsfrist gerade nicht (mehr) an die entstehung des anspruchs ange-knüpft. 26ausgehend von § 225 abs. 1 satz 1 sgb vi hat der insoweit ermächtigte verord-nungsgeber für die vorliegende fallgestaltung eine klare und nicht weiterer gerichtli-cher auslegung bzw. ausdeutung seitens der beteiligten zugängliche verjährungs-regelung getroffen. diese erlaubt es, die beklagte eben auch noch derzeit für die aufwendungen der klägerin ab der rentenanpassung für die verstorbene frau m. zum 01.07.2001 wie geschehen rechtswirksam auf erstattung in anspruch zu neh-men. 27es schadet dabei nicht, dass die klägerin ihren aufwendungsersatzanspruch auch hier ebenso unstreitig wie offenkundig nicht innerhalb der soll-frist des § 2 abs. 1 vaerstv angefordert hat. die erstattungsanforderung datiert erst vom 23.11.2017. sanktionsregelungen bei einer derart weit fristfern ergangenen, zeiträume ab 01.07.2001 umfassenden, erstattungsanforderung hat der verordnungsgeber aber gerade auch nicht geregelt. sie waren ausweislich der aktenkundigen begründung des verordnungsgebers (vgl br-drucks 646/01 s 9) auch nur für eine verzögerte zahlung des fälligen erstattungsanspruches (zb im wege von verzugszinsen) erwo-gen worden. augenscheinlich ist der verordnungsgeber daher davon ausgegangen, dass die träger der rentenversicherung die frist zur anbringung der erstattungsfor-derung im regelfall einhalten (vgl zum ganzen auch lsg berlin-brandenburg urt. v. 26.02.2020 - l 16 r 670/19 juris rn.19 sowie beschluss vom 17.02.2015 – l 4 r 819/12 nzb,juris und vertiefend auch zum ausschluss einer analogie mangels plan-widriger regelungslücke ebenfalls lsg berlin-brandenburg urt. v.08.12.2015 – l 12 r 53/13, juris). 28insbesondere ist die gesamtregelung in § 2 abs. 4 vaerstv von der ermächtigungs-grundlage (§ 226 abs. 1 sgb v) gedeckt. auch einwendungen dergestalt, die norm ermächtige nur zur bestimmung über "das nähere über die berechnung und die durchführung der erstattung von aufwendungen" ermächtige und verstoße zudem gegen die aus artikel 20 gg abzuleitenden prinzipien der rechtssicherheit und rechtsklarheit, greifen zur überzeugung des gerichts hier nicht durch. die kammer schließt sich auch insoweit dem rechtskräftig gewordenen unveröffentlichten, hier aktenkundigen und den beteiligten bereits in volltext ausgehändigten urteil des sg berlin vom 28.08.2019 – s 30 r 3366/18an. gegen die prinzipien der rechtssicher-heit und rechtsklarheit verstößt auch insoweit isoliert § 2 abs. 4 satz 1 vaerstv nicht. danach verjährt der erstattungsanspruch in vier jahren nach ablauf des kalender-jahres, in der fällig geworden ist (§ 2 abs. 4 satz 1 vaerstv). indem die vorschrift auf die eindeutige fälligkeitsregelung des § 2 abs. 3 vaerstv aufbaut und daran an-knüpft, wann der träger der rentenversicherung seine aufwendungen vom träger der versorgungslast anfordert, wird zu recht und überzeugend ein eindeutiger zeit-punkt bestimmt. § 2 abs. 4 satz 1 vaerstv ist angesichts des klaren wortlauts nicht dahingehend auszulegen, dass es auf den zeitpunkt des entstehens des anspruchs oder den zeitpunkt der kenntnis des anspruchsberechtigten von der forderung dem grunde nach ankommt (vgl. lsg berlin-brandenburg beschl. v. 17.2.2015 - l 4 r 819/12 nzb, juris). der verjährungsbeginn hängt von der fälligkeit der erstattungsan-forderung ab und diese knüpft auch nach dem verständnis der erkennenden kam-mer wiederum nach dem eindeutigen wortlaut des § 2 abs. 3 vaerstv an den "ein-gang der erstattungsanforderung" an( ebenso sg berlin urt. v. 28.08.2019 – s 30 r 3366/18). 29dabei wird der anspruch aber erst sechs monate nach eingang der erstattungsforde-rung beim zuständigen träger der versorgungslast fällig (§ 2 abs. 3 vaerstv). hier-nach wurde die erstattungsforderung - wie von der klägerin mehrfach zutreffend schriftlich sowohl vorprozessual als auch im klageverfahren dargelegt - erst im janu-ar 2017 fällig und verjährt hier mit ablauf des 31. dezember 2021. unschädlich ist nach alledem im übrigen, dass die klägerin entgegen § 2 abs. 1 vaerstv die zu er-stattenden aufwendungen nicht innerhalb von 4 kalendermonaten nach ablauf des kalenderjahres, in dem die aufwendungen entstanden sind, von der beklagten ange-fordert hat. denn bereits nach dem wortlaut der vorschrift ("soll") handelt es sich le-diglich um eine bloße ordnungsvorschrift (bachmann, in hauck/noftz, sgb vi, § 225 rn. 15, stand februar 2018) und um keine ausschlussfrist (drechsler, jurispk-sgb vi, 2. aufl. 2013, § 225 rn.30;lsg berlin-brandenburg beschl. v. 17.2.2015 - l 4 r 819/12 nzb). 30schließlich ist die klägerin hier zugesprochene erstattungsforderung für die zeit vom 01.07.2001 bis 31.12.2013 entgegen der ansicht der beklagten zur überzeugung des gerichts auch nicht verwirkt. verwirkung setzt als unterfall unzulässiger rechtsaus-übung im rahmen des gebots von treu und glauben nach § 242 bgb voraus, dass der berechtigte die ausübung seines rechts während eines längeren zeitraums un-terlassen hat und weitere besondere umstände hinzutreten, die nach den besonder-heiten des einzelfalls und des in betracht kommenden rechtsgebietes das verspäte-te geltendmachen des rechts wörtlich treuwidrig, dem verpflichteten gegenüber mit-hin als illoyal erscheinen lassen (so u.a. bsg urt. v. 13.11.2012 - b 1 kr 24/11 r , ju-ris rn. 37). solche, die verwirkung auslösenden "besonderen umstände" liegen vor, wenn der verpflichtete infolge eines bestimmten verhaltens des berechtigten (ver-wirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das recht nicht mehr geltend machen werde (vertrauensgrundlage) und der verpflichtete tatsächlich darauf ver-traut hat, dass das recht nicht mehr ausgeübt wird (vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen vorkehrungen und maßnahmen so eingerichtet hat (ver-trauensverhalten), dass ihm durch die verspätete durchsetzung des rechts ein un-zumutbarer nachteil entstehen würde (ausdrücklich so bsg urt. v. 13.11.2012, aao., urt. v.01. 07. 2010 – b 13 r 67/09 r , juris , urt. v. 08.10.2010 – b 3 kr 7/14 r , juris). hier ist allein ein ausschließlicher, bloßer zeitablauf ab umsetzung der olg-entscheidung zu gunsten von frau m. ab 01.07.2001 ohne irgendwelche anderen erklärungen bzw. kundgaben der klägerin in richtung auf die beklagte bis zur gel-tendmachung des erstattungsanspruchs erstmals mit schreiben der klägerin vom 23.11.2017 tatsächlich objektiv festzustellen. das wiederum begründet nach allge-meiner ansicht in der rechtsprechung schlicht und ergreifend mangels irgendeines fassbaren "umstandsmoments" entgegen der isoliert anderslautenden meinung der beklagten eben noch kein verwirkungsverhalten (lsg berlin-brandenburg 8.12.2015 - l 12 r 53/13, amtlicher urteilsumdruck (ua) s. 13). dies folgt schon daraus, dass der "bloße" zeitablauf spezialgesetzlich durch die verjährungsbestimmungen abschlie-ßend geregelt ist. hinzutreten muss gerade das besondere umstandsmoment, aus dem der erstattungsverpflichtete den rückschluss ziehen durfte, dass der erstat-tungsberechtigte seine forderung nicht mehr geltend machen werde (allgemeine an-sicht sowohl in rechtsprechung als auch in der literatur, ). anderes kann aus-nahmsweise nur dann gelten, wenn auf grund eines besonderen rechtsverhältnis-ses eine rechtspflicht zum handeln besteht oder der berechtigte unter verhältnissen untätig bleibt, unter denen der verpflichtete berechtigterweise erwarten durfte, dass schritte zur rechtswahrung unternommen werden (sachs, in stelkens/bonk/sachs, vwvfg, 9. aufl. 2018, § 53 rn. 24). eine bloße untätigkeit hingegen kann nur im ein-zelfall ein schutzwürdiges vertrauen begründen, wenn der schuldner das nichtstun des gläubigers nach den umständen als bewusst und planmäßig betrachten darf (urt. v.01. 07. 2010 – b 13 r 67/09 r , juris , lsg berlin – brandenburg urt. 27.09.2017 - l 18 as 1941/16, juris, m.w.n.). 31die voraussetzungen eben dafür liegen hier aber auch nicht vor. die klägerin hat nach aktenlage durch keine positive handlung ansatzweise den eindruck erweckt, sie würde von der erstattungsforderung absehen. die klägerin hat bis 23.11.2017 ge-genüber der beklagten bezogen auf die hier streitige erstattungsforderung schlicht nichts unternommen. sie war auch nicht gegenüber dem beklagten verpflichtet, früh-zeitig verjährungshemmende schritte zu unternehmen, wenn der anspruchsberech-tigte (hier: die klägerin) hinsichtlich der verjährung anderer auffassung ist als die anspruchsverpflichtete (hier: die beklagte). 32hinzukommt, dass die beklagte als beteiligte in beiden instanzen des familiengericht-lichen verfahrens selbst bereits seit zustellung des scheidungsurteils des familien-gerichts münster im jahr 2000 bzw. des beschlusses des olg hamm vom april 2001 dem grunde nach auch kenntnis von der überführung erheblicher versorgungsan-spruchs-anteile des herrn o. m. an die ausgleichsberechtigte frau h.m. hätte haben können und müssen. die beklagte ist dem nicht nachgegangen. 33die beklagte hätte als trägerin der besonderen versorgungslast aber – spiegelbildlich zur hier streitigen erstattung an die klägerin für die im wege des versorgungsaus-gleich an frau m. übertragenen anwartschaften –ihrerseits selbst gegenüber herrn m. die entsprechende kürzung von dessen öffentlich-rechtlicher altersversorgung einleiten können. 34jedoch ist hier nicht ersichtlich, welche vorkehrungen die beklagte als trägerin der versorgungslast in bezug auf den begünstigten versorgungsempfänger herrn m. überhaupt getroffen hatte. bekanntlich werden in der gesetzlichen rentenversiche-rung nach dem sgb vi alle rentenbezieher bereits mit dem jeweils bewilligenden bescheid zutreffend unter anwendung und nennung der §§ 45, 48 sgb x verpflich-tet, sämtliche zahlungsrelevanten rechtlich-tatsächlichen änderungen mit zuteilen, die auswirkungen auf die höhe der altersversorgung haben könnten. ob die beklag-te ihren ehemaligen leitenden mitarbeiter herrn m., jahrgang 1923, vergleichbar da-mit jemals schriftlich aufklärte und ihn aufforderte, derartig relevante änderungen wie hier etwa einen versorgungsausgleich infolge ehescheidung auch noch nach ru-hestandsbeginn mitzuteilen, konnte die beklagte ja nicht einmal selbst aufklären. ihr steht keine schriftliche personalakte des o.m. zur verfügung. das entlastet sie jedoch nun wirklich nicht. denn hier hätte die beklagte vorkehrungen bei ihren versor-gungsempfängern treffen müssen, um diese wie gesetzlich rentenversicherte auch zur mitteilung wesentlicher änderungen anzuhalten. das ist im wege nachwirkender treuepflichten u.a. dienst- bzw. arbeitsrechtlich zulässig und wie von der beklagten auch nicht zu verneinen, sehr wohl in der rechtsordnung für verschiedene rechts-verhältnisse nach beschäftigungsende – etwa neben der betrieblichen altersversor-gung auch für sog. deputate etc. etc. - allgemein anerkannt. so wäre auch herr o.m. noch (wie viele ?) jahre nach seinen ruhestandsbeginn zu einer mitteilung der tat-sache der ehescheidung im jahr 2000 zulässig zu veranlassen gewesen. die beklagte hatte insoweit nach ihren eigenen schriftlichen erklärungen bis zur anspruchsanmeldung durch die klägerin im november 2017 – d.h. nach tod sowohl des herrn o.m. als auch seiner ex-frau h.m. - keine kenntnis davon, dass die ehe überhaupt geschieden worden war. 35dann aber war zusammengefasst auch nichts dafür ersichtlich, warum die beklagte unbedingt darauf hätte vertrauen bzw. nicht mehr damit hätte rechnen müssen, von der klägerin nicht doch noch mit etwaigen erstattungsforderungen im hinblick auf diesen versorgungsausgleichsrechtlichen sachverhalt in anspruch genommen zu werden. 36die beklagte konnte auch deshalb eben nicht mit schutzwürdigem vertrauen davon ausgehen, dass die klägerin ihre erstattungsforderung nicht mehr geltend machen werde, weil wiederum die klägerin diese nicht innerhalb der frist des § 2 abs. 1 vaerstv angefordert hatte. denn dies hat als schlichte untätigkeit innerhalb eines bestimmten zeitrahmens - wie ausgeführt - keinen positiven erklärungswert. im übri-gen existiert hier außerhalb der vaerstv auch keine die beklagte abschließend schützende ausschlussfrist 37die kostenentscheidung beruht auf § 197a sgg in verbindung mit § 154 abs. 1 ver-waltungsgerichtsordnung (vwgo). 38die endgültige festsetzung des streitwerts erfolgt auf der grundlage von § 197a abs. 1 satz 1 sgg in verbindung mit § 52 abs. 1, abs. 3 satz 1 gerichtskostengesetz (gkg) , da um eine bezifferte geldleistung gestritten wird. 39zur streitwertfestsetzung gilt die rechtsmittelbelehrung 2, im übrigen die rechtsmit-telbelehrung 1.
Klaeger*in
1
126,110
S 23 AS 3633/14
2016-02-23T00:00:00
Urteil
Tenor Die sechs Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 13.05.2014 in der Gestalt der vier Widerspruchsbescheide vom 21.08.2014 und zwei Widerspruchsbescheide vom 25.08.2014 werden aufgehoben, soweit die Kläger ihre Klage nicht zurückgenommen haben. Der Beklage trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger. 1Tatbestand: 2Die Kläger wenden sich gegen sechs Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 13.05.2014 in der Gestalt von vier Widerspruchsbescheiden vom 21.08.2014 und zwei Widerspruchsbescheiden vom 25.08.2014. Betroffen ist der Zeitraum vom 01.12.2010 bis 31.05.2012 (nachdem die zunächst auch für den Monat 6/2012 ausgesprochene Aufhebung und Erstattung mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 25.08.2014 wieder aufgehoben wurde). Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Kläger sodann die Klage insoweit zurückgenommen, als die Aufhebung und Erstattung für den Monat Mai 2012 betroffen ist (jeweils 27,85 EUR für die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 2)). 3Die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) beziehen als Bedarfsgemeinschaft seit 2010 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). 4Im November 2011 reichte der Kläger zu 2) einen Arbeitsvertrag mit der Firma K Transporte ein, nach dem er dort seit dem 01.12.2010 beschäftigt sei. Gleichfalls im November 2011 reichte der Kläger zu 2) eine Erklärung seines Arbeitsgebers ein, nach der er Krankengeld beziehe. Trotz Aufforderung des Beklagten legte der Kläger zu 2) keine Nachweise über das erzielte Krankengeld vor; er legte jedoch zwei Verdienstbescheinigungen für Dezember 2010 und Februar 2011 vor. Mit Schreiben vom 23.03.2011 teilte die Krankenkasse sodann die abstrakt für die jeweiligen Zeiträume bewilligten Krankengeldbezüge mit. 5Mit zwei Bescheiden vom 18.06.2012 hob der Beklagte zunächst für die Zeit von Dezember 2010 bis April 2012 die Bewilligung auf und forderte einen Betrag in Höhe von 8.916,54 EUR (Klägerin zu 1) bzw. 8.936,31 EUR (Kläger zu 2) zurück. Der Kläger zu 2) habe während dieses Zeitraums Krankengeld erzielt, was erst verspätet habe berücksichtigt werden können. 6Dagegen erhoben die Kläger Widerspruch. 7Der Kläger zu 2) legte trotz mehrfacher Aufforderungen des Beklagten keine Nachweise über das von ihm erzielte Krankengeld bzw. Gehalt vor. Nachdem der Kläger zu 2) die angeforderten Nachweise trotz mehrfacher Aufforderungen mit Fristsetzungen gleichwohl nicht vorlegte, forderte der Beklagte die Nachweise bei der Krankenkasse und dem Arbeitgeber an. Die Krankenkasse übersandte dann im März 2014 die Zahlungsnachweise. Der Arbeitgeber übersandte im April 2014 die Verdienstbescheinigung für Januar 2011 und erklärte, dass die Gehälter jeweils noch im laufenden Monat ausgezahlt worden seien. 8Mit Abhilfebescheiden vom 10.04.2014 und 23.04.2014 hob der Beklagte die Bescheide vom 18.06.2012 auf (wörtlich zwar nur gerichtet an die Klägerin zu 1), inhaltlich betroffen ist - unstreitig - aber auch der Kläger zu 2)). 9Am 13.05.2014 erließ der Beklagte nach Anhörung insgesamt sechs neue Aufhebungs- und Erstattungsbescheide für die Zeit vom 01.12.2010 bis 30.06.2012: 10Klägerin zu 1) 12/2010 – 2/2011 1.185,07 EUR Einkommen des Klägers zu 2) bei Transport K Kläger zu 2) 12/2010 – 2/2011 1.193,81 EUR Einkommen des Klägers zu 2) Transport K 11Klägerin zu 1) 3/2011 – 5/2011 1.465,37EUR Krankengeld des Kläger zu 2) Kläger zu 2) 3/2011 – 5/2011 1.478,45 EUR Krankengeld des Klägers zu 2) 12Klägerin zu 1) 6/2011 bis 6/2012 5.368,37EUR (höheres) Krankengeld des Klägers zu 2) (Aufhebung und Erstattung für 6/2012 durch Widerspruchsbescheid aufgehoben: 162,95 EUR) Kläger zu 2) 6/2011 bis 6/2012 5.398,92 EUR höheres Krankengeld des Klägers zu 2) (Aufhebung und Erstattung für 6/2012 durch Widerspruchsbescheid aufgehoben: 162,94 EUR) 13Gegen die sechs Aufhebungs- und Erstattungsbescheide erhoben die Kläger Widerspruch. 14Die Widersprüche wurden mit vier Widerspruchsbescheiden (WB) vom 21.08.2014 und zwei Widerspruchsbescheiden vom 25.08.2014 - alle eingegangen am 26.08.2014 - (teilweise) zurückgewiesen. 15WB 21.08.2014 Klägerin zu 1) 12/2010 bis 2/2011 Einkommen des Klägers zu 2) bei Transport K WB 21.08.2014 Kläger zu 2) 12/2010 bis 2/2011 Einkommen des Klägers zu 2) bei Transport K 16WB 21.08.2014 Klägerin zu 1) 3/2011 bis 5/2011 Krankengeld des Klägers zu 2) WB 21.08.2014 Kläger zu 2) 3/2011 bis 5/2011 Krankengeld des Klägers zu 2) 17WB 25.08.2014 Klägerin zu 1) 5/2011 bis 6 bzw. 5/2012 (höheres) Krankengeld des Klägers zu 2) WB 25.08.2014 Kläger zu 2) 5/2011 bis 6 bzw. 5/2012 (höheres) Krankengeld des Klägers zu 2) 18Die Kläger haben am 25.09.2014 Klage erhoben. 19Sie meinen, die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) in Verbindung mit § 48 Abs. 4 S. 1 SGB X sei nicht gewahrt. Die Jahresfrist beginne in jedem Fall schon dann, wenn die Behörde der Ansicht sei, dass die ihr vorliegenden Tatsachen für eine Rücknahme bzw. Aufhebung der Bewilligung genügen würden. Dies sei hier mit Erlass der ursprünglichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 18.06.2012 der Fall gewesen. Die Frist habe also am 18.06.2013 geendet, die angefochtenen Bescheide seien jedoch erst am 13.05.2014 und damit nach Fristablauf erlassen worden. 20Die Kläger haben im Termin zur mündlichen Verhandlung die Klage insoweit zurückgenommen, als die Aufhebung und Erstattung für den Monat Mai 2012 betroffen ist. Dieser Monat war von den ursprünglichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 18.06.2012 nicht betroffen, so dass die Kläger die Jahresfrist insoweit als gewahrt ansehen. 21Die Kläger beantragen sodann, 22die sechs Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 13.05.2014 in der Gestalt der vier Widerspruchsbescheide vom 21.08.2014 und zwei Widerspruchsbescheide vom 25.08.2014 aufzuheben, soweit die Kläger die Klage nicht zurückgenommen haben. 23Der Beklagte beantragt, 24die Klage abzuweisen. 25Er meint, die Jahresfrist sei gewahrt. Die gesamten, für die Aufhebung relevanten Tatsachen seien erst im März 2014 bzw. April 2014 bekannt gewesen. Die Jahresfrist hänge nicht von subjektiven Voraussetzungen oder voreiligen Verwaltungsakten ab, sondern allein von der objektiven Rechtslage und Kenntnis der objektiv erforderlichen Tatsachen. 26Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung. 27Entscheidungsgründe: 28Die Klage ist zulässig und auch begründet. 29Die sechs Aufhebungs- Erstattungsbescheide des Beklagten vom 13.05.2014 in der Gestalt der vier Widerspruchsbescheide vom 21.08.2014 und zwei Widerspruchsbescheide vom 25.08.2014 sind - soweit die Kläger die Klage nicht zurückgenommen haben (Monat Mai 2012) - rechtswidrig und beschweren die Kläger in ihren Rechten gemäß § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Kläger haben einen Anspruch auf Aufhebung dieser Bescheide, soweit sie ihre Klage nicht zurückgenommen haben. 30Die sechs Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 13.05.2014 in der Gestalt der vier Widerspruchsbescheide vom 21.08.2014 und zwei Widerspruchsbescheide vom 25.08.2014 sind an den gesetzlichen Vorgaben der §§ 45, 48 SGB X in Verbindung mit §§ 330 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (SGB III), § 40 Abs. SGB II zu messen. Dabei kann für die Entscheidung dahin stehen, welche dieser Normen (§ 45 oder (auch) § 48 SGB X) – ggf. für welchen Bewilligungszeitraum – anwendbar sind. Unabhängig davon sind die Bescheide deshalb rechtswidrig, weil die Frist aus § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X, der auch bei Anwendung des § 48 SGB X als Ermächtigungsgrundlage nach § 48 Abs. 4 S. 1 SGB X zur Anwendung gelangt, nicht gewahrt ist. 31Nach § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X muss die Behörde, wenn sie einen Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknimmt bzw. aufhebt, dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme bzw. Aufhebung des Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Diese Voraussetzungen sind für den bezeichneten Zeitraum nicht erfüllt. 32Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG Urteil vom 06.04.2006 – B 7a AL 64/05 R, juris mit weiteren Nachweisen) beginnt der Einjahreszeitraum in jedem Falle schon dann, wenn die Behörde der Ansicht ist, dass die ihr vorliegenden Tatsachen für eine Rücknahme bzw. Aufhebung der Bewilligung genügen. Dies war spätestens am 18.06.2012 der Fall, weil der Beklagte die Bewilligung bereits mit Bescheid vom 18.06.2012 für den (nach teilweiser Klagerücknahme) noch streitgegenständlichen Zeitraum 12/2010 bis 4/2012 erstmals aufgehoben hatte. Dass sich diese Bescheide durch den Erlass der Abhilfebescheide aus April 2014 erledigt haben, ändert nichts daran, dass zu diesem Zeitpunkt bereits die Jahresfrist verstrichen war. Der Beklagte hätte vielmehr, wenn er der Ansicht war, seine früheren Bescheide seien rechtswidrig und müssten deshalb zurückgenommen oder ersetzt werden, einen neuen Bescheid bzw. neue Bescheide innerhalb der Jahresfrist erlassen müssen. Dies gebietet der Sinn der Jahresfrist, die nicht dem Vertrauensschutz, sondern der Rechtssicherheit dient. Die nach § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X erforderliche Kenntnis ist somit jedenfalls dann gegeben, wenn die Behörde - auch irrtümlich (wie hier) - subjektiv überzeugt ist, dass die ihr vorliegenden Tatsachen für eine Rücknahme bzw. Aufhebung der Bewilligung genügen (v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 45 Rn. 83). Das Fristerfordernis erschöpft sich somit nicht darin, die Verwaltung zu einer (ersten) Entscheidung über die Rücknahme zu veranlassen, sondern begrenzt in zeitlicher Hinsicht zugleich auch den Erlass weiterer, den Erstbescheid ersetzender Entscheidungen. Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten kommt es bei der Bestimmung des Fristbeginns also auf die subjektiven Voraussetzungen sehr wohl an. 33Vor diesem Hintergrund war die Jahresfrist ein Jahr nach Erlass der ersten Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 18.06.2012 am 18.06.2013 bereits abgelaufen. Die sechs (neuen) Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 13.05.2014 wahren die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X damit nicht. Sie waren daher aufzuheben. 34Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183 Abs. 1 S. 1, 193 SGG. Die Kläger haben die Klage insoweit zurückgenommen, als die Aufhebung und Erstattung für den Monat Mai 2012 betroffen war. Insoweit wären sie – im Falle der Antragstellung – voraussichtlich unterlegen, da die Voraussetzungen für die Aufhebung- und Erstattung im Hinblick auf das erzielte Einkommen des Klägers zu 2) in Form von Arbeitslohn bzw. Krankengeld im Übrigen voraussichtlich vorgelegen haben und insoweit auch die Jahresfrist gewahrt war. Denn der Monat Mai 2012 war von den ursprünglichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 18.06.2012 nicht betroffen. Im Hinblick auf das etwaige, nur geringfügige Unterliegen der Kläger bezogen auf das ursprüngliche Klagebegehren war nach Ansicht der Kammer eine Kostenquote nicht zu bilden. Denn der Monat Mai 2012 betrifft nur jeweils 27,85 EUR für die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 2). Diese Summe fällt im Hinblick auf die verbleibende Aufhebung und Erstattungsforderung in Höhe von über 15.000 EUR nicht ins Gewicht.
die sechs aufhebungs- und erstattungsbescheide vom 13.05.2014 in der gestalt der vier widerspruchsbescheide vom 21.08.2014 und zwei widerspruchsbescheide vom 25.08.2014 werden aufgehoben, soweit die kläger ihre klage nicht zurückgenommen haben. der beklage trägt die außergerichtlichen kosten der kläger. 1
2die kläger wenden sich gegen sechs aufhebungs- und erstattungsbescheide vom 13.05.2014 in der gestalt von vier widerspruchsbescheiden vom 21.08.2014 und zwei widerspruchsbescheiden vom 25.08.2014. betroffen ist der zeitraum vom 01.12.2010 bis 31.05.2012 (nachdem die zunächst auch für den monat 6/2012 ausgesprochene aufhebung und erstattung mit zwei widerspruchsbescheiden vom 25.08.2014 wieder aufgehoben wurde). im termin zur mündlichen verhandlung haben die kläger sodann die klage insoweit zurückgenommen, als die aufhebung und erstattung für den monat mai 2012 betroffen ist (jeweils 27,85 eur für die klägerin zu 1) und den kläger zu 2)). 3die klägerin zu 1) und der kläger zu 2) beziehen als bedarfsgemeinschaft seit 2010 leistungen nach dem sozialgesetzbuch, zweites buch (sgb ii). 4im november 2011 reichte der kläger zu 2) einen arbeitsvertrag mit der firma k transporte ein, nach dem er dort seit dem 01.12.2010 beschäftigt sei. gleichfalls im november 2011 reichte der kläger zu 2) eine erklärung seines arbeitsgebers ein, nach der er krankengeld beziehe. trotz aufforderung des beklagten legte der kläger zu 2) keine nachweise über das erzielte krankengeld vor; er legte jedoch zwei verdienstbescheinigungen für dezember 2010 und februar 2011 vor. mit schreiben vom 23.03.2011 teilte die krankenkasse sodann die abstrakt für die jeweiligen zeiträume bewilligten krankengeldbezüge mit. 5mit zwei bescheiden vom 18.06.2012 hob der beklagte zunächst für die zeit von dezember 2010 bis april 2012 die bewilligung auf und forderte einen betrag in höhe von 8.916,54 eur (klägerin zu 1) bzw. 8.936,31 eur (kläger zu 2) zurück. der kläger zu 2) habe während dieses zeitraums krankengeld erzielt, was erst verspätet habe berücksichtigt werden können. 6dagegen erhoben die kläger widerspruch. 7der kläger zu 2) legte trotz mehrfacher aufforderungen des beklagten keine nachweise über das von ihm erzielte krankengeld bzw. gehalt vor. nachdem der kläger zu 2) die angeforderten nachweise trotz mehrfacher aufforderungen mit fristsetzungen gleichwohl nicht vorlegte, forderte der beklagte die nachweise bei der krankenkasse und dem arbeitgeber an. die krankenkasse übersandte dann im märz 2014 die zahlungsnachweise. der arbeitgeber übersandte im april 2014 die verdienstbescheinigung für januar 2011 und erklärte, dass die gehälter jeweils noch im laufenden monat ausgezahlt worden seien. 8mit abhilfebescheiden vom 10.04.2014 und 23.04.2014 hob der beklagte die bescheide vom 18.06.2012 auf (wörtlich zwar nur gerichtet an die klägerin zu 1), inhaltlich betroffen ist - unstreitig - aber auch der kläger zu 2)). 9am 13.05.2014 erließ der beklagte nach anhörung insgesamt sechs neue aufhebungs- und erstattungsbescheide für die zeit vom 01.12.2010 bis 30.06.2012: 10klägerin zu 1) 12/2010 – 2/2011 1.185,07 eur einkommen des klägers zu 2) bei transport k kläger zu 2) 12/2010 – 2/2011 1.193,81 eur einkommen des klägers zu 2) transport k 11klägerin zu 1) 3/2011 – 5/2011 1.465,37eur krankengeld des kläger zu 2) kläger zu 2) 3/2011 – 5/2011 1.478,45 eur krankengeld des klägers zu 2) 12klägerin zu 1) 6/2011 bis 6/2012 5.368,37eur (höheres) krankengeld des klägers zu 2) (aufhebung und erstattung für 6/2012 durch widerspruchsbescheid aufgehoben: 162,95 eur) kläger zu 2) 6/2011 bis 6/2012 5.398,92 eur höheres krankengeld des klägers zu 2) (aufhebung und erstattung für 6/2012 durch widerspruchsbescheid aufgehoben: 162,94 eur) 13gegen die sechs aufhebungs- und erstattungsbescheide erhoben die kläger widerspruch. 14die widersprüche wurden mit vier widerspruchsbescheiden (wb) vom 21.08.2014 und zwei widerspruchsbescheiden vom 25.08.2014 - alle eingegangen am 26.08.2014 - (teilweise) zurückgewiesen. 15wb 21.08.2014 klägerin zu 1) 12/2010 bis 2/2011 einkommen des klägers zu 2) bei transport k wb 21.08.2014 kläger zu 2) 12/2010 bis 2/2011 einkommen des klägers zu 2) bei transport k 16wb 21.08.2014 klägerin zu 1) 3/2011 bis 5/2011 krankengeld des klägers zu 2) wb 21.08.2014 kläger zu 2) 3/2011 bis 5/2011 krankengeld des klägers zu 2) 17wb 25.08.2014 klägerin zu 1) 5/2011 bis 6 bzw. 5/2012 (höheres) krankengeld des klägers zu 2) wb 25.08.2014 kläger zu 2) 5/2011 bis 6 bzw. 5/2012 (höheres) krankengeld des klägers zu 2) 18die kläger haben am 25.09.2014 klage erhoben. 19sie meinen, die jahresfrist des § 45 abs. 4 s. 2 sozialgesetzbuch, zehntes buch (sgb x) in verbindung mit § 48 abs. 4 s. 1 sgb x sei nicht gewahrt. die jahresfrist beginne in jedem fall schon dann, wenn die behörde der ansicht sei, dass die ihr vorliegenden tatsachen für eine rücknahme bzw. aufhebung der bewilligung genügen würden. dies sei hier mit erlass der ursprünglichen aufhebungs- und erstattungsbescheide vom 18.06.2012 der fall gewesen. die frist habe also am 18.06.2013 geendet, die angefochtenen bescheide seien jedoch erst am 13.05.2014 und damit nach fristablauf erlassen worden. 20die kläger haben im termin zur mündlichen verhandlung die klage insoweit zurückgenommen, als die aufhebung und erstattung für den monat mai 2012 betroffen ist. dieser monat war von den ursprünglichen aufhebungs- und erstattungsbescheiden vom 18.06.2012 nicht betroffen, so dass die kläger die jahresfrist insoweit als gewahrt ansehen. 21die kläger beantragen sodann, 22die sechs aufhebungs- und erstattungsbescheide vom 13.05.2014 in der gestalt der vier widerspruchsbescheide vom 21.08.2014 und zwei widerspruchsbescheide vom 25.08.2014 aufzuheben, soweit die kläger die klage nicht zurückgenommen haben. 23der beklagte beantragt, 24die klage abzuweisen. 25er meint, die jahresfrist sei gewahrt. die gesamten, für die aufhebung relevanten tatsachen seien erst im märz 2014 bzw. april 2014 bekannt gewesen. die jahresfrist hänge nicht von subjektiven voraussetzungen oder voreiligen verwaltungsakten ab, sondern allein von der objektiven rechtslage und kenntnis der objektiv erforderlichen tatsachen. 26hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie auf die verwaltungsakte der beklagten bezug genommen. sie waren gegenstand der mündlichen verhandlung und entscheidung. 27
28die klage ist zulässig und auch begründet. 29die sechs aufhebungs- erstattungsbescheide des beklagten vom 13.05.2014 in der gestalt der vier widerspruchsbescheide vom 21.08.2014 und zwei widerspruchsbescheide vom 25.08.2014 sind - soweit die kläger die klage nicht zurückgenommen haben (monat mai 2012) - rechtswidrig und beschweren die kläger in ihren rechten gemäß § 54 abs. 2 s. 1 sozialgerichtsgesetz (sgg). die kläger haben einen anspruch auf aufhebung dieser bescheide, soweit sie ihre klage nicht zurückgenommen haben. 30die sechs aufhebungs- und erstattungsbescheide vom 13.05.2014 in der gestalt der vier widerspruchsbescheide vom 21.08.2014 und zwei widerspruchsbescheide vom 25.08.2014 sind an den gesetzlichen vorgaben der §§ 45, 48 sgb x in verbindung mit §§ 330 sozialgesetzbuch, drittes buch (sgb iii), § 40 abs. sgb ii zu messen. dabei kann für die entscheidung dahin stehen, welche dieser normen (§ 45 oder (auch) § 48 sgb x) – ggf. für welchen bewilligungszeitraum – anwendbar sind. unabhängig davon sind die bescheide deshalb rechtswidrig, weil die frist aus § 45 abs. 4 s. 2 sgb x, der auch bei anwendung des § 48 sgb x als ermächtigungsgrundlage nach § 48 abs. 4 s. 1 sgb x zur anwendung gelangt, nicht gewahrt ist. 31nach § 45 abs. 4 s. 2 sgb x muss die behörde, wenn sie einen verwaltungsakt mit wirkung für die vergangenheit zurücknimmt bzw. aufhebt, dies innerhalb eines jahres seit kenntnis der tatsachen tun, welche die rücknahme bzw. aufhebung des verwaltungsaktes für die vergangenheit rechtfertigen. diese voraussetzungen sind für den bezeichneten zeitraum nicht erfüllt. 32nach der gefestigten rechtsprechung des bundessozialgerichts (vgl. bsg urteil vom 06.04.2006 – b 7a al 64/05 r, juris mit weiteren nachweisen) beginnt der einjahreszeitraum in jedem falle schon dann, wenn die behörde der ansicht ist, dass die ihr vorliegenden tatsachen für eine rücknahme bzw. aufhebung der bewilligung genügen. dies war spätestens am 18.06.2012 der fall, weil der beklagte die bewilligung bereits mit bescheid vom 18.06.2012 für den (nach teilweiser klagerücknahme) noch streitgegenständlichen zeitraum 12/2010 bis 4/2012 erstmals aufgehoben hatte. dass sich diese bescheide durch den erlass der abhilfebescheide aus april 2014 erledigt haben, ändert nichts daran, dass zu diesem zeitpunkt bereits die jahresfrist verstrichen war. der beklagte hätte vielmehr, wenn er der ansicht war, seine früheren bescheide seien rechtswidrig und müssten deshalb zurückgenommen oder ersetzt werden, einen neuen bescheid bzw. neue bescheide innerhalb der jahresfrist erlassen müssen. dies gebietet der sinn der jahresfrist, die nicht dem vertrauensschutz, sondern der rechtssicherheit dient. die nach § 45 abs. 4 s. 2 sgb x erforderliche kenntnis ist somit jedenfalls dann gegeben, wenn die behörde - auch irrtümlich (wie hier) - subjektiv überzeugt ist, dass die ihr vorliegenden tatsachen für eine rücknahme bzw. aufhebung der bewilligung genügen (v. wulffen/schütze, sgb x, 8. aufl. 2014, § 45 rn. 83). das fristerfordernis erschöpft sich somit nicht darin, die verwaltung zu einer (ersten) entscheidung über die rücknahme zu veranlassen, sondern begrenzt in zeitlicher hinsicht zugleich auch den erlass weiterer, den erstbescheid ersetzender entscheidungen. entgegen der rechtsansicht des beklagten kommt es bei der bestimmung des fristbeginns also auf die subjektiven voraussetzungen sehr wohl an. 33vor diesem hintergrund war die jahresfrist ein jahr nach erlass der ersten aufhebungs- und erstattungsbescheide vom 18.06.2012 am 18.06.2013 bereits abgelaufen. die sechs (neuen) aufhebungs- und erstattungsbescheide vom 13.05.2014 wahren die jahresfrist des § 45 abs. 4 s. 2 sgb x damit nicht. sie waren daher aufzuheben. 34die kostenentscheidung folgt aus §§ 183 abs. 1 s. 1, 193 sgg. die kläger haben die klage insoweit zurückgenommen, als die aufhebung und erstattung für den monat mai 2012 betroffen war. insoweit wären sie – im falle der antragstellung – voraussichtlich unterlegen, da die voraussetzungen für die aufhebung- und erstattung im hinblick auf das erzielte einkommen des klägers zu 2) in form von arbeitslohn bzw. krankengeld im übrigen voraussichtlich vorgelegen haben und insoweit auch die jahresfrist gewahrt war. denn der monat mai 2012 war von den ursprünglichen aufhebungs- und erstattungsbescheiden vom 18.06.2012 nicht betroffen. im hinblick auf das etwaige, nur geringfügige unterliegen der kläger bezogen auf das ursprüngliche klagebegehren war nach ansicht der kammer eine kostenquote nicht zu bilden. denn der monat mai 2012 betrifft nur jeweils 27,85 eur für die klägerin zu 1) und den kläger zu 2). diese summe fällt im hinblick auf die verbleibende aufhebung und erstattungsforderung in höhe von über 15.000 eur nicht ins gewicht.
Klaeger*in
1
165,207
1 O 257/13
2015-05-28T00:00:00
Urteil
Tenor Das Versäumnisurteil des Landgerichts Aachen vom 21.08.2014 - Az. 1 O 257/13 - bleibt aufrechterhalten. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung einer entsprechenden Sicherheit fortgesetzt werden. Der Antrag auf Durchführung des Kapitalanleger-Musterverfahrens wird als unzulässig verworfen. 1Tatbestand: 2Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds geltend. 3Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen, welches auf Provisionsbasis Kapitalanlagen vertreibt. Unter ihrem vormaligen Namen „Allgemeiner Wirtschaftsdienst Gesellschaft für Wirtschaftsberatung und G mbH“ bot die Beklagte interessierten Anlegern unter anderem Beteiligungen an sogenannten „Dreiländerfonds“ an, deren Besonderheit darin bestand, dass die Anlagegelder in Immobilien in drei verschiedenen Ländern (Deutschland, Schweiz und USA) investiert wurden. Zu den jeweiligen G3 wurden Emissionsprospekte aufgelegt. Die Anleger schlossen dabei mit der ATC Allgemeine Treuhand- und T mbH in München als Treuhandkommanditistin einen Treuhandvertrag, nach dem diese den Beitritt des Anlegers als Treugeber bewirken sollte. 4Die vorliegende Klage ist Teil einer von den Prozessbevollmächtigten des Klägers initiierten Massenklage, im Rahmen dessen die Beklagte vorprozessual in ca. 4.500 Schlichtungsverfahren in Anspruch genommen wurde sowie anschließend in ca. 1.750 Fällen Klage im gesamten Bundesgebiet erhoben wurde. Sämtliche, in weiten Teilen identisch formulierte Klagen werden ausschließlich auf eine behauptete Unrichtigkeit der von der Beklagten beim Vertrieb genutzten Prospekte, also auf eine Prospekthaftung im weiteren Sinne, und auf Verschulden bei Vertragsschluss bzw. auf eine behauptete unrichtige Schulung der jeweiligen Vermittler gestützt. 5In einer etwa gleichen Anzahl von Fällen haben dieselben Klageparteien vor dem Landgericht Stuttgart gegen den persönlich haftenden Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft, Herrn H, ebenfalls wegen angeblicher Prospektfehler und fehlerhafter Produktschulungen Klage erhoben. 6Der Kläger zeichnete am 06.12.1995 nach Beratung durch den Finanzberater Hayo C2 einen Antrag auf Abschluss eines Treuhandvertrages zum Beitritt zu der Schweiz-Deutschland-USA Dreiländer P - DLF 94/17 - G2-KG i.H.v. 100.000,- DM zzgl. 5.000,- DM Agio. Der Beratung zugrunde lag der Emissionsprospekt in der dritten Auflage, Stand Januar 1995. 7Unter dem 06.12.1995 hatte der Kläger auch eine „Gesprächsnotiz zur Beratung“ unterzeichnet, ausweislich derer der Anlagebetrag langfristig angelegt werden sollte und die Chancen der Anlage eine hohe Rendite durch breite Streuung und Steuervorteile seien. Den überwiegenden Teil der Einlage erbrachte er durch ein Darlehen bei der Berliner Bank. 8Der Kläger machte Ansprüche gegen die Beklagte in einem vorgerichtlichen Schlichtungsverfahren bei dem Schiedsmann Rechtsanwalt E in Lübben/Spreewald geltend, wobei zwischen den Parteien streitig ist, an welchem Tag der Schlichtungsantrag bei der Gütestelle eingereicht wurde. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers hatten sich mit dem Schlichter im Vorfeld darauf geeinigt, dass eine Anzahlung i.H.v. 30.000,- € für die 4.500 eingereichten Schlichtungsanträge gezahlt wird. 9Die ca. 4.500 Güteanträge wurden der Beklagten sämtlich am 08.11.2012 zugestellt unter Bekanntgabe eines Schlichtungstermins für alle Verfahren am 18.12.2012. Mit Schreiben vom 12.11.2012 bat die Beklagte um Überlassung der Vollmachten der jeweils antragstellenden Parteien. Zudem wies die Beklagte den Schlichter darauf hin, dass nicht nachvollziehbar sei, warum die Bekanntgabe der Anträge erst im November 2012 erfolge. Mit Schreiben vom 13.12.2012 antwortete der Schlichter, dass die Prozessbevollmächtigten der Klägerseite zugesagt hätten, sämtliche Vollmachten im Termin am 18.12.2012 im Original vorzulegen. Zudem wies er darauf hin, dass der in allen die Beklagte betreffenden Schlichtungsverfahren anberaumte Termin auf den 18.12.2012 lediglich zu einer Vorbesprechung der weiteren Verfahrensweise genutzt werden solle. Zudem solle der Termin unter anderem auch dazu dienen, die Vollmachten einzusehen. Die Beklagte bat erfolglos zweimal um Verlegung des anberaumten Termins. 10Nachdem für die Beklagte zum Schlichtungstermin niemand erschienen war, erklärte der Schlichter den Schlichtungsversuch in allen Fällen für gescheitert. Ausweislich des Schlichtungsprotokolls wurden Vollmachten durch die Prozessbevollmächtigten der Klägerseite weder vorgelegt noch vom Schlichter eingesehen. 11Der Kläger behauptet, die Beklagte habe ihre Berater im Rahmen der Beteiligungsvermittlung der Dreiländerfonds zu „DLF-lizenzierten“ Finanzberatern ausgebildet. Die Schulungen seien vornehmlich von Herrn C und Herrn M geleitet worden. Aufbau und Struktur der Schulungen sowie die verwandten Unterlagen seien bei sämtlichen Dreiländerfonds nahezu identisch gewesen. Erst nach der Teilnahme an den entsprechenden Seminaren seien die Berater berechtigt gewesen, DLF-Beteiligungen zu vertreiben. Den Beratern seien dabei systematisch falsche Informationen gegeben worden, die diese wiederum an die Anleger weitergegeben hätten. Insbesondere hinsichtlich der Kosten des G3, der Risiken und der zu erzielenden Renditen seien den Beratern falsche und unvollständige Informationen gegeben worden, um die Risiken, Kosten und tatsächlich zu erwartenden Erträge der Anlage zu verschleiern. 12Bei der Vorstellung des hier streitgegenständlichen DLF habe sich der Berater C2 an den Vorgaben und Inhalten der Schulungen sowie an den Informationen des Emissionsprospekts orientiert. Seine Informationen zu den Investitionen des streitgegenständlichen G3 sowie zu der Darstellung der Entwicklung des G3 habe der Berater der Prospektdarstellung in den Abschnitten „Die Gründe für das Angebot“, „Angebot“ und „Entwicklung einer Beteiligung von DM 100.000 (Prognose)“ entnommen. Der Kläger habe auf die Angaben aus der Beratung vertraut und am 06.12.1995 die streitgegenständliche Beteiligung über 100.000 DM zuzüglich Agio gezeichnet. Er habe eine sicherheitsorientierte Geldanlage mit regelmäßiger Rendite gesucht. 13Aus der Anlage habe der Kläger Nettoausschüttungen i.H.v. 14.980,47 € erhalten. 14Der Kläger ist der Auffassung, dass der Emissionsprospekt in folgenden Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend sei: 15 Die prognostizierten Mieterträge für den Investitionsteil Deutschland seien nicht sorgfältig ermittelt und unvertretbar hoch 16 die Höhe des prognostizierten Mietausfallwagnisses für Deutschland und die USA sei nicht sorgfältig ermittelt und unvertretbar niedrig 17 die Fortschreibung der Mieterträge für den Investitionsteil USA über die gesamte Laufzeit der Prognose sei nicht sorgfältig ermittelt und unvertretbar 18 die prognostizierten Instandhaltungskosten für Deutschland und die USA seien nicht sorgfältig ermittelt und unvertretbar niedrig 19 die prognostizierten Verkaufswerte der Immobilien in Deutschland und in den USA seien unvertretbar hoch 20 der prognostizierte Ertrag der Beteiligung an der G3 KG sei unvertretbar hoch 21 die Angabe über die Höhe der Vertriebskosten sei irreführend 22 die Darstellung der Entwicklung der Vorgängerfonds sei irreführend 23Die Beklagte habe bei kritischer Prüfung des Prospektes diese Mängel erkennen können und müssen und hätte - so die Auffassung des Klägers - die Anleger über diese aufklären müssen. 24Zudem beruhe die Beratung der Beklagten auf den falschen Schulungsinhalten. Aus den Schulungsinhalten ergebe sich im Übrigen, dass die Beklagte aufgrund einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung der Anleger nach § 826 BGB hafte. Denn sie habe die für sie tätigen Berater wissentlich falsch geschult (bzw. schulen lassen), um die Anlagen möglichst erfolgreich vertreiben zu können. 25Der Kläger behauptet, er habe vor der Beratung der Beklagten sein Geld überwiegend in Festgeldanlagen, Bausparverträge und Lebensversicherungen angelegt. Der Berater C2 habe sich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers erkundigt und nach dessen Anlagezielen gefragt. Vor der hier streitgegenständlichen Anlage sei keine andere Fondsbeteiligung über die Beklagte gezeichnet worden. 26Bis zum Abschluss der streitgegenständlichen Beteiligung habe es zwei Beratungstermine in der Wohnung des Klägers in Roetgen gegeben. Der Berater habe den G3 als geeignete Kapitalanlage vorgestellt. Dabei habe er sich an die Vorgaben und Inhalte der Schulungen gehalten. Er habe erklärt, dass die Dreiländerfonds im Vergleich zu anderen G3 einen Substanzwert hätten und deswegen mehr an ihre Anleger ausschütten könnten. In dem Termin am 06.12.1995 habe die Klägerpartei im Vertrauen auf die Beratung die Beitrittserklärung unterschrieben. Der Emissionsprospekt sei dabei nicht übergeben worden. 27Der Güteantrag sei vor dem 03.01.2012 bei der Schlichtungsstelle eingegangen. Die Schlichtungsanträge gegen die Beklagte seien alle zwischen dem 31.12.2011 und dem 02.01.2012 bei der Gütestelle E eingereicht worden. Sie seien dabei überwiegend persönlich gebracht und in einer geringen Anzahl per Fax überreicht worden. Alle zum Jahresende eingereichten Schlichtungsanträge durch die Prozessbevollmächtigten der Klägerseite seien durch den Schlichter sukzessive über das Jahr 2012 hinweg abgearbeitet worden. 28Der Kläger ist der Auffassung, dass er einen Anspruch auf entgangenen Gewinn auf die erbrachte Einlage in Höhe der Umlaufrenditen festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten habe. 29Des Weiteren beantragt er die Durchführung eines Kapitalanleger-Musterverfahrens gemäß § 1 KapMuG mit dem Ziel, festzustellen, dass der Emissionsprospekt des DLF 94/17, Stand Januar 1995 in zahlreichen, im Antrag des Klägers vom 28.02.2014 im einzelnen aufgeführten Aussagen unrichtig, unvollständig und irreführend sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Antrages vom 28.02.2014, Bl. 280 ff. der Akten Bezug genommen. 30Der Kläger verweist darauf, dass das Landgericht Berlin nunmehr Vorlagebeschlüsse erlassen und veröffentlicht hat, mit denen Feststellungsziele, die auch mit dem Musterverfahrensantrag im hiesigen Verfahren geltend gemacht wurden, dem Kammergericht zum Zwecke eines Musterentscheids vorgelegt wurden und vertritt hierzu die Auffassung, dass das Verfahren im Hinblick hierauf gemäß § 8 Abs. 1 KapMuG auszusetzen sei. 31Der Kläger hat zunächst beantragt, 32festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerpartei sämtliche finanzielle Schäden zu ersetzen, die im Abschluss der Beteiligung mit der Vertragsnummer #####/#### an der Dreiländer P - DLF 94/17 - G2 - KG - ihre Ursache haben. 33Nachdem der Klägervertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.08.2014 nicht aufgetreten ist, hat das Landgericht klageabweisendes Versäumnisurteil verkündet, das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 27.08.2014 zugestellt worden ist. Hiergegen hat der Kläger am 10.09.2014 Einspruch eingelegt. 34Nunmehr beantragt er: 351. Das Versäumnisurteil vom 21.08.2014 – 1 O 257/13 - wird aufgehoben. 362. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerpartei 107.499,65 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen die schriftliche Zustimmung der Klägerpartei zur Übertragung der Ansprüche aus der Dreiländer P - DLF 94/17 - G2 - KG -, Vertragsnummer #####/####. 373. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerpartei sämtliche weiteren künftigen materiellen Schäden aus der Beteiligung an der Dreiländer P - DLF 94/17 - G2 - KG, Vertragsnummer #####/####, zu ersetzen. 384. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Gegenleistung in Verzug befindet. 395. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerpartei vorgerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung i.H.v. 2.110,11 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie die Klägerpartei von den weiteren vorgerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung i.H.v. 2.279,86 € freizustellen. 40Des Weiteren beantragt er die Durchführung eines Kapitalanleger-Musterverfahrens gemäß § 1 KapMuG. 41Die Beklagte beantragt, 42die Klage abzuweisen. 43Des Weiteren beantragt sie, den Antrag auf Durchführung des Kapitalanleger-Musterverfahrens zurückzuweisen. 44Die Beklagte rügt die mangelnde Substantiierung der Klage und weist insoweit darauf hin, dass in sämtlichen Klageverfahren im Bundesgebiet weitestgehend wortgleiche Schriftsätze eingereicht worden seien. 45Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass Prospektfehler nicht vorlägen. Soweit Fehler vorhanden seien, seien diese für die Vermittler im Rahmen der Plausibilitätsprüfung jedenfalls nicht erkennbar gewesen. Der Anlageberater sei nicht verpflichtet, sämtliche in dem Prospekt enthaltenen Informationen sowie das Zahlenmaterial auf deren Richtigkeit hin zu überprüfen. Eine derart weitgehende Prüfungspflicht könne schon deshalb nicht angenommen werden, weil dem Berater die hierfür erforderlichen Informationen oft nicht zur Verfügung stünden. Dies, zumal bereits durch deutsche Gerichte wiederholt die Richtigkeit der den jeweiligen Anlagen zugrunde liegenden Emissionsprospekte bestätigt worden seien. 46Mitarbeiterschulungen mit falschen Angaben zu den Dreiländerfonds habe es nicht gegeben. Soweit es Werbeveranstaltungen gegeben habe, sei die Teilnahme daran nicht Voraussetzung für den Erwerb einer Vertriebslizenz und auch nicht obligatorisch gewesen. 47Etwaige Ansprüche des Klägers seien darüber hinaus verjährt. Zum einen sei absolute Verjährung wegen einer fehlenden Hemmungswirkung des Güteverfahrens eingetreten. So sei das Güteverfahren mangels gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage generell nicht zur Verjährungshemmung geeignet, die Schlichtungsordnung der Schlichtungsstelle E sei verfassungswidrig und genüge nicht rechtsstaatlichen Prinzipien, die formellen Anforderungen für ein ordnungsgemäßes Güteverfahren seien durch die Schlichtungsstelle nicht erfüllt worden, die Bekanntgabe der Güteanträge durch den Schlichter sei in kollusivem Zusammenwirken mit den Klägervertretern nicht „demnächst“ im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB erfolgt und die Klägervertreter hätten durch die selbst ausgelöste völlige Überlastung der Schlichtungsstelle zumindest billigend in Kauf genommen, dass die Bekanntgabe nicht „demnächst“ erfolge. 48Die Beklagte bestreitet zudem, dass die Klägervertreter überhaupt zur Einreichung der Güteanträge von den jeweiligen Parteien bevollmächtigt gewesen seien, dass der Güteantrag tatsächlich vor dem 03.01.2012 bei der Schlichtungsstelle eingegangen sei und dass die Verfahrenskosten für das Güteverfahren eingezahlt worden seien. 49Im Übrigen sei – so die Ansicht der Beklagten - das Bemühen der Schlichtungsstelle rechtsmissbräuchlich gewesen, da es den Klägervertretern tatsächlich nicht um eine gütliche Einigung, sondern allein um das Hinauszögern des Verjährungseintritts gegangen sei. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Beklagte bereits vorab in unterschiedlichen vorgerichtlichen Auseinandersetzungen (in anderer Sache) die von den Kläger-Vertretern für Anleger geltend gemachten Ansprüche wiederholt und rigoros abgelehnt habe, so dass mit einer erfolgreichen Schlichtung unter keinen Umständen zu rechnen gewesen wäre. 50Hinsichtlich der im Rahmen des Schlichtungsantrages nicht genannten vermeintlichen Pflichtverletzungen sei ohne weiteres absolute Verjährung eingetreten, da jede Pflichtverletzung einem eigenen Verjährungsablauf unterliege. 51Jedenfalls aber seien Schadensersatzansprüche aufgrund der ordnungsgemäßen Beratung der Anleger kenntnisabhängig verjährt. Spätestens seit Anfang der 2000er Jahre hätten die Anleger aufgrund des Rückgangs bzw. des Ausbleibens von Ausschüttungen sowie aufgrund der regelmäßigen schriftlichen Informationen über die wirtschaftliche Situation der Fondsgesellschaft durch Übersendung der jährlichen Geschäftsberichte und Protokolle der Gesellschafterversammlungen L gehabt. 52Zudem fehle es an einer Kausalität zwischen angeblicher Falschberatung und der Zeichnung der Anlage. Auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens könne sich der Kläger mangels Substantiierung bzw. Individualisierung seines Vorbringens nicht berufen. 53Die Beklagte bestreitet die Höhe der behaupteten Ausschüttungen mit Nichtwissen. 54Im Übrigen sieht sie keine Vermutung dafür, dass die Klägerpartei mit dem Anlagebetrag den nunmehr geltend gemachten entgangenen Gewinn erwirtschaftet hätte. 55Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 56Entscheidungsgründe: 57Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. 58I. 59Nach Umstellung der wegen Vorrangs der Leistungsklage ursprünglich unzulässigen Feststellungs- auf eine Leistungsklage ist diese nunmehr zwar zulässig, jedoch unbegründet. 601. 61Der Kläger hat ein zum Schadensersatz verpflichtendes Verhalten der Beklagten bereits nicht schlüssig dargelegt. Der klägerische - individualisierte - Vortrag besteht in der Bezeichnung der Parteien, des Beraters, des erworbenen G3 sowie der Angabe zur Höhe der Beteiligung. Ansonsten besteht der Vortrag ganz überwiegend aus in allen Parallelverfahren gleich lautenden Textbausteinen. Soweit der Kläger im Laufe des Verfahrens rudimentär Angaben zum Beratungsvorgang selbst nachgeschoben hat, reicht auch dies für einen schlüssigen Vortrag nicht aus, da die Klage auf die behauptete Unrichtigkeit des Prospektes gestützt wird. Es wird jedoch weder dargetan, welcher konkrete Inhalt des Prospektes einerseits oder welche Schulungsinhalte andererseits in den Gesprächen mit der Klägerpartei in welcher Weise verwendet worden sein sollen. 62Angaben dazu, in welchen wirtschaftlichen Verhältnissen der Kläger damals lebte, welche Vorerfahrungen und Kenntnisse er im Bereich von Kapitalanlagen konkret hatte, welche Anlageziele er konkret mit der hier streitgegenständlichen Anlage verfolgte (abgesehen von dem in allen Verfahren gleichermaßen vorgetragen Pauschalbehauptungen, dass die Klägerpartei eine wertstabile und sichere Anlage wollte) fehlen vollständig, ebenso die Angaben zu der Frage, wer sich wann auf welche Weise an wen gewandt hat, um einen Gesprächstermin zu vereinbaren. 632. 64Selbst wenn man den Klägervortrag zu einer Pflichtverletzung der Beklagten im Hinblick auf eine Prospekthaftung im weiteren Sinne sowie eine unterlassene Plausibilitätsprüfung als hinreichend substantiiert ansehen wollte, wären Schadensersatzansprüche des Klägers zu verneinen. 65Die Beklagte ist unstreitig weder Gründer, noch Initiator oder Gestalter des G3 oder des Prospekts. Sie unterfällt daher nicht der eigentlichen Prospekthaftung (Palandt, BGB, 73. Auflage, § 311 Rn. 69) und ist grundsätzlich für die inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts nicht verantwortlich. Durch die Übernahme des Vertriebs wird eine Prospekthaftung im engeren Sinne nicht begründet (BGH, Urteil vom 12.02.2004, Az. III ZR 359/02, juris). 66Ein Anlageberater hat die Anlage, die er empfehlen will, aber mit dem üblichen kritischen Sachverstand zu prüfen oder den Anleger auf ein diesbezügliches Unterlassen hinzuweisen (BGH, Urteil vom 12.02.2004, Az. III 17/08, juris). Vertreibt er die Anlage anhand eines Prospektes, so hat er den Prospekt jedenfalls darauf zu überprüfen, ob dieser ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt bietet und ob die darin enthaltenen Informationen in einer kritischen Gesamtschau sachlich richtig und vollständig sind (vergleiche BGH, Urteil vom 05.03.2009, Az. III ZR 17/08, juris). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH muss der Emissionsprospekt dem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermitteln, das heißt er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken, zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden. Lücken und Fehler eines Emissionsprospektes erlangen mittelbar auch für die Beratung und Aufklärungspflichten eines Anlageberaters Bedeutung, wenn sie bei obliegenheitsgemäßer Prüfung der Schlüssigkeit und Plausibilität des Anlagekonzepts erkennbar gewesen wären. Dabei gelten für den Anlageberater aber nicht dieselben Maßstäbe wie für die Anlagegesellschaft. Zwar kann die von ihm vorzunehmende Prüfung auch in gewissem Umfang Ermittlungspflichten einschließen, soweit es um Umstände geht, die nach der bei ihm vorauszusetzenden L Zweifel an der inneren Schlüssigkeit einer im Prospekt mitgeteilten Tatsache zu begründen vermögen. Allerdings dürfen an die Pflichten eines Anlageberaters oder Vermittlers keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Der mit der notwendigen Überprüfung verbundene Aufwand muss ihm zumutbar sein (BGH, Beschluss vom 05.05.2008, Az. III ZR 230/07, juris). 67Eine unterlassene Prüfung kann nur dann zu einer Haftung führen, wenn bei dieser ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Anleger hätte aufgeklärt werden müssen, oder aber wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Anlage nicht anleger- und/oder objektgerecht ist (BGH, Urteil vom 15.11.2012, Az. III ZR 55/12, juris). Eine etwaige Unrichtigkeit des Prospekts im Rahmen der zumutbaren Prospektprüfung muss also auch für den Berater überhaupt erkennbar gewesen sein (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 30.11.2010, Az. 14 U 229/09, juris). 68Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab ist eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht gegeben. Der Kläger trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die vom Anlageberater geschuldete Prüfung nicht durchgeführt wurde oder nicht ordnungsgemäß war, weil sie anderenfalls zur Aufdeckung von aufklärungsbedürftigen Umständen geführt hätte (BGH, Urteil vom 15.11.2012, Az. III ZR 55/12). Insoweit hat der Kläger bereits seiner Darlegungslast nicht genügt. Über seine pauschale Behauptung, die Beklagte habe den streitgegenständlichen Prospekt nicht geprüft bzw. nicht ordnungsgemäß geprüft, hinaus bleibt er einen konkreten Vortrag dazu, welche Fehler der Beklagten als Beraterin bei einer Plausibilitätskontrolle des Prospekts hätten auffallen müssen, schuldig. 69Ein solcher Vortrag ergibt sich auch nicht aus der Behauptung des Klägers zu vermeintlichen Prospektfehlern. Der Kläger überspannt bei seinem Klagevortrag die Anforderungen, die die Rechtsprechung an einen Anlageberater im Hinblick auf die geschuldete Prüfung stellt. 70Vorliegend durfte die Beklagte selbst sowie die von ihr eingesetzten Berater bei der Prüfung des Prospektes von einer Richtigkeit der Angaben sowie der Plausibilität der Anlage ausgehen. Als reine Finanzdienstleisterin musste die Beklagte nicht über spezifische Kenntnisse und den praktischen Erfahrungshorizont eines Fachmannes auf dem Gebiet der Immobilienwirtschaft verfügen und sich diese auch nicht vor dem Vertrieb der streitgegenständlichen Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds beschaffen, um sämtliche im Prospekt enthaltenen Informationen, insbesondere die dort abgebildeten Prognosen, auf ihre kaufmännische Richtigkeit überprüfen zu können. Ein verständiger Anleger wird von einem Anlageberater auch keine entsprechende Ausbildung oder Kompetenz erwarten. Daher ist zwischen der von einem Anlageberater mit kritischem Sachverstand geschuldeten Plausibilitätskontrolle einer Prognose und einer genauen Überprüfung sämtlicher prospektierten Eckdaten und Einzelparameter sowie sonstiger Detailangaben, auf denen eine Prognoserechnung aufbaut, zu unterscheiden (OLG Hamm, Urteil vom 04.12.2014, Az. I-34 U 30/14). 71Die prognostizierten Mieterträge, Investitionskosten, Mietausfallwagnisse etc. sind in dem Prospekt nachvollziehbar und schlüssig dargelegt. Die Prüfung durch einen Finanzberater mit dem zu erwartenden kritischen Sachverstand musste diesem nach Auffassung der Kammer keine Veranlassung gegeben, an der Schlüssigkeit der dargelegten Werte zu zweifeln. 72Der Vortrag des Klägers, wonach ein höheres Mietausfallrisiko hätte einkalkuliert werden müssen, betrifft nicht mehr die Vertretbarkeit der Prognose der Mieteinnahmen. Vielmehr verlangt der Kläger darüber hinausgehend eine realistische, kaufmännischen Erfahrungen entsprechende Kalkulation. Die von dem Kläger insoweit zitierte Rechtsprechung betrifft die Haftung eines Emittenten von Immobilienanlagen für eine zu positive Darstellung der mit dem Beitritt des Anlegers bestehenden Risiken erhöhter Instandsetzungskosten und des Leerstandes und nicht die Haftung des Anlageberaters. 73Soweit die Klägervertreter darauf hinweisen, dass in zwei anderen Rechtsstreitigkeiten - zu anderen Objekten - über die Prognose zum Mietausfallwagnis Sachverständigengutachten eingeholt worden seien und Sachverständige ein Mietausfallwagnis von tatsächlich 4 % oder 4,5 % angenommen hätten, wohingegen im Prospekt lediglich 2 % angenommen worden seien, ändert dies vorliegend nichts. Wenn Berufsrichter zur Beurteilung der Frage, ob bestimmte Prognosen des Emittenten aus Ex-Ante-Sicht vertretbar waren oder nicht, die Hilfe eines Sachverständigen benötigen, kann kaum angenommen werden, dass einem Finanzberater bei kritischer Durchsicht des Prospektes die Fehlerhaftigkeit dieser Prognose hätte auffallen müssen. 74Im Übrigen weist der Prospekt unter der Erläuterung „Entwicklung der Gesellschaft (Prognose)“ ausdrücklich darauf hin, dass die tatsächliche Entwicklung unter Umständen auch deutlich von dem prognostizierten Verlauf abweichen kann, insbesondere im Hinblick auf die Mietentwicklung. Unter dem Punkt „Chancen und Risiken“ wird für den Investitionsteil USA auf das Risiko von sinkenden Mieteinnahmen und/oder erhöhten Leerstandsraten hingewiesen. Gleiches gilt für den Investitionsteil Deutschland. 75Eine Täuschung der Anleger konnte der Anlageberater auch nicht im Hinblick auf die Darstellung der wirtschaftlichen Entwicklung der Vorgängerfonds feststellen. Die Angaben im Prospekt, wonach die kalkulierten Ausschüttungen von allen Beteiligungsgesellschaften seit 1987 jeweils termingerecht vorgenommen und in manchen Fällen sogar überschritten worden seien, waren zutreffend. Soweit der Kläger vorträgt, dass diese Ausschüttungen nicht erwirtschaftet worden seien, verhilft dies der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg. Es würde an die Beklagte als Anlageberaterin völlig überspannte Anforderungen stellen, wenn man ihr abverlangen würde, zur Überprüfung der Entwicklung der Vorgängerfonds die von diesen vorgenommenen Ausschüttungen anhand der Geschäftsberichte mit den tatsächlich erwirtschafteten Erträgen abzugleichen (Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15. Oktober 2014 – 5 U 114/14 –, WM 2015, 613, 616). 76Aufgrund der vorgenannten Umstände musste der im Streitfall tätig gewordene Berater Herr C2 für eine ordnungsgemäße Aufklärung neben den Angaben aus dem Prospekt weitere (richtigstellende oder ergänzende) Erklärungen gegenüber dem Kläger nicht abgeben. 773. 78Darüber hinaus wären etwaige Schadensersatzansprüche kenntnisunabhängig am 03.01.2012 verjährt. 79Schadensersatzansprüche verjähren gemäß § 199 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 BGB ohne Rücksicht auf eine L oder grob fahrlässige Unkenntnis des Anspruchsinhabers von den die Ansprüche begründenden Umständen in der Regel spätestens mit Ablauf von zehn Jahren ab ihrer Entstehung. Für die vor der Schuldrechtsreform entstandenen Ansprüche begann diese Frist gem. Art. 229 § 6 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 EGBGB ab dem 01.01.2002 zu laufen und endete damit mit Ablauf des 02.01.2012. 80a. 81Der vorgerichtliche Güteantrag des Klägers konnte die Verjährung nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB hemmen. Nur ein Güteantrag, der den geltend gemachten Anspruch hinreichend genau bezeichnet, sich also auf einen oder mehrere bestimmte Streitgegenstände bezieht, hemmt die Verjährung (BGHZ 182, 284 Rn. 13; OLG München, Urteil vom 06.11.2013, Az. 20 U #####/####). Zu einer ausreichenden Individualisierung des Streitgegenstandes gehört neben der Darstellung des Lebenssachverhaltes auch die bestimmte Bezeichnung der begehrten Rechtsfolge, was in der Regel auch eine Bezifferung des Anspruchs voraussetzt (OLG München, WM 2008,733; LG Berlin, Urteil vom 23.10.2013, 10 O 43/13, juris). 82Vorliegend wurde in dem Güteantrag zwar die streitgegenständliche Beteiligung genannt und pauschal und ohne nähere Substantiierung Aufklärungspflichtverletzungen im Rahmen der Beratung behauptet. Hinweise auf die beratenden Personen, die maßgebenden Beratungszeitpunkte oder gar den Zeitpunkt der Zeichnung sind dem Güteantrag aber nicht zu entnehmen. Zumindest die Angabe des Zeitpunktes des Erwerbs der Anlage ist für eine hinreichende Individualisierung des Antrags jedoch erforderlich (BGH, Beschluss vom 21.10.2014, Az. XI ZB 12/12, juris). Der Güteantrag enthält auch keine konkreten, für eine Individualisierung des Streitgegenstandes ausreichenden Umstände, sondern ausschließlich formelhafte Wendungen, wie sie die Klägervertreter offensichtlich unabhängig vom Einzelfall in einer Vielzahl der gegen die Beklagte gerichteten Güteanträge verwendet haben. Damit fehlt es an der notwendigen kurzen Darstellung des dem vorliegenden Fall zugrunde liegenden Lebenssachverhaltes, etwa dazu, wer den Kläger wann und unter welchen Umständen über welche konkreten Risiken bzw. Nachteile der Anlage angeblich fehlerhaft nicht aufgeklärt haben soll. 83Die Beklagte, die selbst nicht Fondsgesellschaft ist (und damit keine L von der durch den Emittenten vergebenen Beteiligungsnummer haben muss), konnte anhand der mitgeteilten Daten nicht ohne unzumutbaren Aufwand zuordnen, um welchen konkreten Beratungsvorgang - der zu dieser Zeit zudem bereits etwa 16 Jahre zurück lag - es sich konkret handeln sollte. Dies umso mehr, als die Beklagte angesichts ihrer bundesweiten Tätigkeit im Hinblick auf den Vertrieb von Kapitalanlagen ein Massengeschäft ausübt. Unstreitig gab es vor der Einleitung des Schlichtungsverfahrens auch keinerlei Korrespondenz zwischen den Parteien, so dass die Beklagte auch nicht aufgrund bereits mitgeteilter Beanstandungen darauf hätte schließen können, um welchen konkreten Beratungsvorgang es sich bei dem vorliegenden Güteantrag handeln sollte. 84Auch hinsichtlich der begehrten Rechtsfolge blieb der Antrag unbestimmt, vielmehr wurden lediglich „Schadensersatzansprüche“ für berechtigt gehalten. Weder wurde konkretisiert, welcher Schaden entstanden sein soll, noch in welcher Höhe ein Schaden geltend gemacht werden soll. In welcher Höhe dem Kläger ein Schaden entstanden sein soll, wurde erst im Laufe des anhängigen Rechtsstreits und damit deutlich nach Ablauf der zehnjährigen kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist vorgetragen. 85Für das Ziel einer vergleichsweisen Einigung ist es für den Schuldner wesentlich, dass der Gläubiger sowohl den Streitgegenstand so konkret bezeichnet, dass ihm die Prüfung möglich ist, ob Ansprüche gegebenenfalls tatsächlich bestehen, sowie dass der Gläubiger die Höhe seiner Forderung im Güteantrag benennt (OLG München, Urteil vom 06.11.2013, Az. 20 U #####/####, juris; Palandt/Ellenberger, BGB, 74.. Auflage 2015, § 204 Rn. 19). Damit wird der Rechtsdurchsetzungswille des Gläubigers konkretisiert, gleichzeitig wird damit die Basis für Verhandlungen geschaffen. Durch dieses Erfordernis wird auch dem rechtsunkundigen Gläubiger nichts Unzumutbares abverlangt. Der Gesetzgeber verlangt auch bei der Erwirkung eines Mahnbescheides eine solche Bezifferung und traut dies einem Rechtsuchenden zu, selbst wenn dieser ohne anwaltlichen Beistand tätig wird. Wird lediglich pauschal „Schadensersatz“ begehrt, liegt eine hinreichende Bestimmtheit des Güteantrags daher nicht vor. Die Beklagte konnte aufgrund dieses Antrags mit zumutbarem Aufwand weder prüfen, ob überhaupt Ansprüche gegen sie bestehen könnten, noch konnte sie feststellen, in welcher Höhe sich der Kläger etwaiger Ansprüche gegen sie berühmt und aus welchen Forderungen sich diese zusammensetzen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 04.12.2014, Az. I-34 U 30/14, juris). Dass der Kläger aus der Anlage Ausschüttungen erhalten hat, hat er erstmals mit Schreiben vom 02.04.2015 überhaupt mitgeteilt. 86Auch der Schlichter selbst war durch die Angaben im Güteantrag nicht ansatzweise in der Lage, einen Einigungsvorschlag zu erarbeiten. 87b. 88Daneben fehlte es für die ordnungsgemäße Durchführung der Güteverhandlung an der Vorlage der beklagtenseits geforderten Vollmacht. 89Gemäß § 174 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Der Antrag auf außergerichtliche Streitschlichtung bei der Gütestelle stellt eine geschäftsähnliche Handlung dar, die nach ihrer rechtlichen Struktur im Wesentlichen den gleichen Regeln wie eine Willenserklärung unterliegt, bspw. der Anmeldung von Ansprüchen, und auf die deshalb § 174 BGB entsprechend anzuwenden ist. Mit dem Antrag auf außergerichtliche Streitschlichtung bei einer Gütestelle erhält sich der Antragsteller bei rechtzeitiger Bekanntgabe seiner Ansprüche durch Verjährungshemmung die Durchsetzbarkeit seiner Ansprüche. 90Die Beklagtenseite hat das Fehlen der Vollmacht unverzüglich mit Schreiben vom 12.11.2012 gerügt. Dass eine solche schriftliche Vollmacht jedenfalls nach der entsprechenden Rüge der Beklagtenseite vorzulegen war, hat auch der Schlichter erkannt, als er ankündigte, die erforderlichen Vollmachten würden im Rahmen des Schlichtungstermins vorgelegt werden. Tatsächlich ist die Vorlage der Vollmachten auch in diesem Termin nicht erfolgt. Ausweislich des Protokolls der Schlichtungsverhandlung wurden solche seitens der Klägervertreter weder vorgelegt, noch durch den Schlichter in Augenschein genommen, erst recht ist keine Übersendung an die Beklagtenseite erfolgt. 91Mangels Vollmachtsvorlage wurde das Schlichtungsverfahren damit nicht von der „Partei“ selbst geführt und ist daher auch nach der Schlichtungsordnung unwirksam. 92c. 93Im Übrigen war die Gütestelle in Lübben/Spreewald auch keine für die Durchführung des vorgerichtlichen Schlichtungsverfahrens zuständige Stelle. Die Tätigkeit der Gütestelle E ist im Rahmen der dem Land Brandenburg eingeräumten hoheitlichen gesetzgeberischen Kompetenz in und für Rechtsstreitigkeiten in Brandenburg anerkannt, nicht aber in Bezug auf Sachverhalte oder Personen, die ausschließlich andere Bundesländer, namentlich die hier betroffenen Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, betreffen. Die Zuständigkeitskompetenz des Landes Brandenburg findet an den Landesgrenzen ihr Ende. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Land Brandenburg Gütestellen einrichten wollte, die Streitigkeiten zwischen den Beteiligten aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen regeln sollten. 94d. 95Das Nichteingreifen einer Verjährungshemmung gilt umso mehr, als zudem noch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Schlichtungsordnung des Rechtsanwalts E bestehen. So begegnet insbesondere Ziffer 5 der Schlichtungsordnung verfassungsrechtlichen Bedenken, wonach der Schlichter das Schlichtungsverfahren „nach eigenem Gutdünken“ führt und berechtigt ist, auch getrennte Gespräche mit den Parteien zu führen, wenn ihm dies zur Klärung der Angelegenheit notwendig erscheint. 96Dass der Schlichter nicht mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar agierte und die Klägerseite auch nicht auf die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze hinwirkte, ergibt sich bereits daraus, dass der Schlichter trotz wiederholter Bitte der Prozessbevollmächtigten der Beklagten um Terminsverlegung überhaupt nicht reagierte und damit letztlich auf ein Scheitern des Güteverfahrens wegen Nichterscheinen der Antragsgegnerin aktiv hinwirkte. 97Dass es der Beklagten kaum möglich sein würde, binnen eines guten Monats auf die ca. 4.500 Schlichtungsanträge angemessen zu reagieren, musste dem Schlichter, der selbst knapp elf Monate gebraucht hatte, um überhaupt nur eine Zustellung „en bloc“ zu veranlassen, auch klar sein. 98e. 99Darüber hinaus bestehen Bedenken, ob ein ausschließlich zur Erlangung einer Verjährungshemmung angestrengtes Güteverfahren, durch das Zeit gewonnen werden soll, um die Möglichkeit der Durchführung eines Klageverfahrens zu eruieren und den hierfür erforderlichen Sachverhalt zu erfassen und aufzuarbeiten, aufgrund der Rechtsmissbräuchlichkeit geeignet ist, eine Verjährung wirksam zu hemmen. Die Klägervertreter haben die Güteverfahren ganz offensichtlich nicht ernsthaft mit dem Ziel einer schnellen, kostengünstigen und einvernehmlichen Streitbeilegung betrieben. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie mit dem Rechtsanwalt E einen Schlichter ausgesucht haben, der in Lübben/Spreewald im Bundesland Brandenburg und damit mehrere 100 km sowohl vom Wohnsitz des Klägers in Roetgen und dem Geschäftssitz der Beklagten in Hannover ansässig ist. Damit haben die Klägervertreter nicht nur die Zuständigkeitsvorschriften des brandenburgischen Schlichtungsgesetzes (§§ 3, 4) i.V.m. § 15 Schiedsstellengesetz missachtet, wonach die Schiedsstelle zuständig ist, in deren Bereich der Antragsgegner wohnt und damit bewusst einen örtlich unzuständigen Schlichter angerufen, sondern es war auch aufgrund der räumlichen Entfernung nicht damit zu rechnen, dass sich die Beklagte auf die Schlichtungsverfahren mit einer Schlichtungsverhandlung - die darüber hinaus in 4.500 Verfahren zeitgleich auf einen Termin von ein bis anderthalb Stunden anberaumt wurde - einlassen würde. Aus dem Umstand, dass die Klägervertreter einer solchen Terminierung nicht entgegengetreten sind, lässt sich entnehmen, dass es ihnen gerade nicht auf eine einvernehmliche Streitbeilegung ankam, sondern alleine die Hemmung der Verjährung zur Vorbereitung eines Massen-Klageverfahrens gewonnen werden sollte. 100Da aber das vorgerichtliche Güteverfahren bereits aus den zuvor dargelegten Gründen keine verjährungshemmende Wirkung entfaltet hat, kann eine etwaige Rechtsmissbräuchlichkeit dahinstehen, ebenso wie die Frage, ob der im vorliegenden Verfahren vorgelegte, auf den 29.12.2011 datierte Antrag auf außergerichtliche Streitschlichtung des Klägers rechtzeitig bei der Schlichtungsstelle eingegangen ist. 101Auch ein etwaiges Zusammenwirken der Klägervertreter mit dem Schlichter im Hinblick auf den extrem späten Zeitpunkt der Bekanntgabe der Anträge sowie die Frage einer Zustellung „demnächst“ können insoweit dahinstehen. 102f. 103Ansprüche aufgrund angeblicher Pflichtverletzungen, die nicht Gegenstand des vorgerichtlichen Güteverfahrens waren, sind darüber hinaus per se verjährt. 104Nach dem Grundsatz der verjährungsrechtlichen Eigenständigkeit unterliegen mehrere Beratungsfehler auch dann, wenn sie nicht jeweils unterschiedliche Schadensfolgen verursacht haben, sondern in demselben Schaden mit dem Erwerb einer Kapitalanlage münden, keiner einheitlichen Verjährung. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB berechnet sich daher für jeden Beratungsfehler gesondert. Sie beginnt zu laufen, wenn der Kapitalanleger die Umstände, insbesondere die wirtschaftlichen Zusammenhänge kennt, aus denen sich die jeweilige Rechtspflicht des Anlageberaters zur Aufklärung ergibt. Dies muss gleichermaßen auch für die Frage des Eingreifens von Hemmungstatbeständen gelten. Das Eingreifen eines Hemmungstatbestandes setzt voraus, dass der entsprechende Beratungsfehler geltend gemacht worden ist (BGH BKR 2010,118). 1054. 106Der Antrag auf Durchführung des Kapitalanleger-Musterverfahrens war vorliegend entsprechend § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG als unzulässig zu verwerfen, weil die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt. Die Klage ist derzeit in jedem Fall entscheidungsreif, so dass es auf den Ausgang eines etwaigen durchgeführten Muster-Verfahrens vorliegend nicht ankommt. 107Das Verfahren war auch nicht im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Landgerichts Berlin vom 29.01.2015 auszusetzen. Eine Vorgreiflichkeit des dort gegebenenfalls durchzuführenden Kapitalanleger-Musterverfahrens ist für das hiesige Verfahren nicht gegeben. Dass das Prozessgericht das Verfahren unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 KapMuG auch dann auszusetzen hat, wenn es selbst einen entsprechenden Musterverfahrensantrag als unzulässig abgewiesen hat, gilt in den Fällen, in denen eine Haftung der Beklagten für Prospektfehler im Raum steht. Für die Entscheidung des hiesigen Verfahrens ist der Ausgang eines etwaigen Musterverfahrens aus den dargestellten Gründen jedoch ohne jeden Belang. 1085. 109Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. 110Der Streitwert wird auf 42.948,52 EUR festgesetzt. 111Rechtsbehelfsbelehrung: 112Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 113a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 114b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist. 115Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, S-Platz, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 116Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen. 117Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 118Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 119X H2 Dr. U
das versäumnisurteil des landgerichts aachen vom 21.08.2014 - az. 1 o 257/13 - bleibt aufrechterhalten. die weiteren kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist gegen sicherheitsleistung i.h.v. 110 % des vollstreckbaren betrages vorläufig vollstreckbar. die vollstreckung aus dem versäumnisurteil darf nur gegen leistung einer entsprechenden sicherheit fortgesetzt werden. der antrag auf durchführung des kapitalanleger-musterverfahrens wird als unzulässig verworfen. 1
2der kläger macht gegen die beklagte schadensersatzansprüche wegen verletzung von aufklärungspflichten im zusammenhang mit dem erwerb einer beteiligung an einem geschlossenen immobilienfonds geltend. 3bei der beklagten handelt es sich um ein unternehmen, welches auf provisionsbasis kapitalanlagen vertreibt. unter ihrem vormaligen namen „allgemeiner wirtschaftsdienst gesellschaft für wirtschaftsberatung und g mbh“ bot die beklagte interessierten anlegern unter anderem beteiligungen an sogenannten „dreiländerfonds“ an, deren besonderheit darin bestand, dass die anlagegelder in immobilien in drei verschiedenen ländern (deutschland, schweiz und usa) investiert wurden. zu den jeweiligen g3 wurden emissionsprospekte aufgelegt. die anleger schlossen dabei mit der atc allgemeine treuhand- und t mbh in münchen als treuhandkommanditistin einen treuhandvertrag, nach dem diese den beitritt des anlegers als treugeber bewirken sollte. 4die vorliegende klage ist teil einer von den prozessbevollmächtigten des klägers initiierten massenklage, im rahmen dessen die beklagte vorprozessual in ca. 4.500 schlichtungsverfahren in anspruch genommen wurde sowie anschließend in ca. 1.750 fällen klage im gesamten bundesgebiet erhoben wurde. sämtliche, in weiten teilen identisch formulierte klagen werden ausschließlich auf eine behauptete unrichtigkeit der von der beklagten beim vertrieb genutzten prospekte, also auf eine prospekthaftung im weiteren sinne, und auf verschulden bei vertragsschluss bzw. auf eine behauptete unrichtige schulung der jeweiligen vermittler gestützt. 5in einer etwa gleichen anzahl von fällen haben dieselben klageparteien vor dem landgericht stuttgart gegen den persönlich haftenden gründungsgesellschafter der fondsgesellschaft, herrn h, ebenfalls wegen angeblicher prospektfehler und fehlerhafter produktschulungen klage erhoben. 6der kläger zeichnete am 06.12.1995 nach beratung durch den finanzberater hayo c2 einen antrag auf abschluss eines treuhandvertrages zum beitritt zu der schweiz-deutschland-usa dreiländer p - dlf 94/17 - g2-kg i.h.v. 100.000,- dm zzgl. 5.000,- dm agio. der beratung zugrunde lag der emissionsprospekt in der dritten auflage, stand januar 1995. 7unter dem 06.12.1995 hatte der kläger auch eine „gesprächsnotiz zur beratung“ unterzeichnet, ausweislich derer der anlagebetrag langfristig angelegt werden sollte und die chancen der anlage eine hohe rendite durch breite streuung und steuervorteile seien. den überwiegenden teil der einlage erbrachte er durch ein darlehen bei der berliner bank. 8der kläger machte ansprüche gegen die beklagte in einem vorgerichtlichen schlichtungsverfahren bei dem schiedsmann rechtsanwalt e in lübben/spreewald geltend, wobei zwischen den parteien streitig ist, an welchem tag der schlichtungsantrag bei der gütestelle eingereicht wurde. die prozessbevollmächtigten des klägers hatten sich mit dem schlichter im vorfeld darauf geeinigt, dass eine anzahlung i.h.v. 30.000,- € für die 4.500 eingereichten schlichtungsanträge gezahlt wird. 9die ca. 4.500 güteanträge wurden der beklagten sämtlich am 08.11.2012 zugestellt unter bekanntgabe eines schlichtungstermins für alle verfahren am 18.12.2012. mit schreiben vom 12.11.2012 bat die beklagte um überlassung der vollmachten der jeweils antragstellenden parteien. zudem wies die beklagte den schlichter darauf hin, dass nicht nachvollziehbar sei, warum die bekanntgabe der anträge erst im november 2012 erfolge. mit schreiben vom 13.12.2012 antwortete der schlichter, dass die prozessbevollmächtigten der klägerseite zugesagt hätten, sämtliche vollmachten im termin am 18.12.2012 im original vorzulegen. zudem wies er darauf hin, dass der in allen die beklagte betreffenden schlichtungsverfahren anberaumte termin auf den 18.12.2012 lediglich zu einer vorbesprechung der weiteren verfahrensweise genutzt werden solle. zudem solle der termin unter anderem auch dazu dienen, die vollmachten einzusehen. die beklagte bat erfolglos zweimal um verlegung des anberaumten termins. 10nachdem für die beklagte zum schlichtungstermin niemand erschienen war, erklärte der schlichter den schlichtungsversuch in allen fällen für gescheitert. ausweislich des schlichtungsprotokolls wurden vollmachten durch die prozessbevollmächtigten der klägerseite weder vorgelegt noch vom schlichter eingesehen. 11der kläger behauptet, die beklagte habe ihre berater im rahmen der beteiligungsvermittlung der dreiländerfonds zu „dlf-lizenzierten“ finanzberatern ausgebildet. die schulungen seien vornehmlich von herrn c und herrn m geleitet worden. aufbau und struktur der schulungen sowie die verwandten unterlagen seien bei sämtlichen dreiländerfonds nahezu identisch gewesen. erst nach der teilnahme an den entsprechenden seminaren seien die berater berechtigt gewesen, dlf-beteiligungen zu vertreiben. den beratern seien dabei systematisch falsche informationen gegeben worden, die diese wiederum an die anleger weitergegeben hätten. insbesondere hinsichtlich der kosten des g3, der risiken und der zu erzielenden renditen seien den beratern falsche und unvollständige informationen gegeben worden, um die risiken, kosten und tatsächlich zu erwartenden erträge der anlage zu verschleiern. 12bei der vorstellung des hier streitgegenständlichen dlf habe sich der berater c2 an den vorgaben und inhalten der schulungen sowie an den informationen des emissionsprospekts orientiert. seine informationen zu den investitionen des streitgegenständlichen g3 sowie zu der darstellung der entwicklung des g3 habe der berater der prospektdarstellung in den abschnitten „die gründe für das angebot“, „angebot“ und „entwicklung einer beteiligung von dm 100.000 (prognose)“ entnommen. der kläger habe auf die angaben aus der beratung vertraut und am 06.12.1995 die streitgegenständliche beteiligung über 100.000 dm zuzüglich agio gezeichnet. er habe eine sicherheitsorientierte geldanlage mit regelmäßiger rendite gesucht. 13aus der anlage habe der kläger nettoausschüttungen i.h.v. 14.980,47 € erhalten. 14der kläger ist der auffassung, dass der emissionsprospekt in folgenden punkten unrichtig, unvollständig und irreführend sei: 15 die prognostizierten mieterträge für den investitionsteil deutschland seien nicht sorgfältig ermittelt und unvertretbar hoch 16 die höhe des prognostizierten mietausfallwagnisses für deutschland und die usa sei nicht sorgfältig ermittelt und unvertretbar niedrig 17 die fortschreibung der mieterträge für den investitionsteil usa über die gesamte laufzeit der prognose sei nicht sorgfältig ermittelt und unvertretbar 18 die prognostizierten instandhaltungskosten für deutschland und die usa seien nicht sorgfältig ermittelt und unvertretbar niedrig 19 die prognostizierten verkaufswerte der immobilien in deutschland und in den usa seien unvertretbar hoch 20 der prognostizierte ertrag der beteiligung an der g3 kg sei unvertretbar hoch 21 die angabe über die höhe der vertriebskosten sei irreführend 22 die darstellung der entwicklung der vorgängerfonds sei irreführend 23die beklagte habe bei kritischer prüfung des prospektes diese mängel erkennen können und müssen und hätte - so die auffassung des klägers - die anleger über diese aufklären müssen. 24zudem beruhe die beratung der beklagten auf den falschen schulungsinhalten. aus den schulungsinhalten ergebe sich im übrigen, dass die beklagte aufgrund einer vorsätzlichen sittenwidrigen schädigung der anleger nach § 826 bgb hafte. denn sie habe die für sie tätigen berater wissentlich falsch geschult (bzw. schulen lassen), um die anlagen möglichst erfolgreich vertreiben zu können. 25der kläger behauptet, er habe vor der beratung der beklagten sein geld überwiegend in festgeldanlagen, bausparverträge und lebensversicherungen angelegt. der berater c2 habe sich nach den einkommens- und vermögensverhältnissen des klägers erkundigt und nach dessen anlagezielen gefragt. vor der hier streitgegenständlichen anlage sei keine andere fondsbeteiligung über die beklagte gezeichnet worden. 26bis zum abschluss der streitgegenständlichen beteiligung habe es zwei beratungstermine in der wohnung des klägers in roetgen gegeben. der berater habe den g3 als geeignete kapitalanlage vorgestellt. dabei habe er sich an die vorgaben und inhalte der schulungen gehalten. er habe erklärt, dass die dreiländerfonds im vergleich zu anderen g3 einen substanzwert hätten und deswegen mehr an ihre anleger ausschütten könnten. in dem termin am 06.12.1995 habe die klägerpartei im vertrauen auf die beratung die beitrittserklärung unterschrieben. der emissionsprospekt sei dabei nicht übergeben worden. 27der güteantrag sei vor dem 03.01.2012 bei der schlichtungsstelle eingegangen. die schlichtungsanträge gegen die beklagte seien alle zwischen dem 31.12.2011 und dem 02.01.2012 bei der gütestelle e eingereicht worden. sie seien dabei überwiegend persönlich gebracht und in einer geringen anzahl per fax überreicht worden. alle zum jahresende eingereichten schlichtungsanträge durch die prozessbevollmächtigten der klägerseite seien durch den schlichter sukzessive über das jahr 2012 hinweg abgearbeitet worden. 28der kläger ist der auffassung, dass er einen anspruch auf entgangenen gewinn auf die erbrachte einlage in höhe der umlaufrenditen festverzinslicher wertpapiere inländischer emittenten habe. 29des weiteren beantragt er die durchführung eines kapitalanleger-musterverfahrens gemäß § 1 kapmug mit dem ziel, festzustellen, dass der emissionsprospekt des dlf 94/17, stand januar 1995 in zahlreichen, im antrag des klägers vom 28.02.2014 im einzelnen aufgeführten aussagen unrichtig, unvollständig und irreführend sei. wegen der einzelheiten wird auf den inhalt des antrages vom 28.02.2014, bl. 280 ff. der akten bezug genommen. 30der kläger verweist darauf, dass das landgericht berlin nunmehr vorlagebeschlüsse erlassen und veröffentlicht hat, mit denen feststellungsziele, die auch mit dem musterverfahrensantrag im hiesigen verfahren geltend gemacht wurden, dem kammergericht zum zwecke eines musterentscheids vorgelegt wurden und vertritt hierzu die auffassung, dass das verfahren im hinblick hierauf gemäß § 8 abs. 1 kapmug auszusetzen sei. 31der kläger hat zunächst beantragt, 32festzustellen, dass die beklagte verpflichtet ist, der klägerpartei sämtliche finanzielle schäden zu ersetzen, die im abschluss der beteiligung mit der vertragsnummer #####/#### an der dreiländer p - dlf 94/17 - g2 - kg - ihre ursache haben. 33nachdem der klägervertreter im termin zur mündlichen verhandlung vom 21.08.2014 nicht aufgetreten ist, hat das landgericht klageabweisendes versäumnisurteil verkündet, das dem prozessbevollmächtigten des klägers am 27.08.2014 zugestellt worden ist. hiergegen hat der kläger am 10.09.2014 einspruch eingelegt. 34nunmehr beantragt er: 351. das versäumnisurteil vom 21.08.2014 – 1 o 257/13 - wird aufgehoben. 362. die beklagte wird verurteilt, an die klägerpartei 107.499,65 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen, zug um zug gegen die schriftliche zustimmung der klägerpartei zur übertragung der ansprüche aus der dreiländer p - dlf 94/17 - g2 - kg -, vertragsnummer #####/####. 373. es wird festgestellt, dass die beklagte verpflichtet ist, der klägerpartei sämtliche weiteren künftigen materiellen schäden aus der beteiligung an der dreiländer p - dlf 94/17 - g2 - kg, vertragsnummer #####/####, zu ersetzen. 384. es wird festgestellt, dass sich die beklagte mit der annahme der gegenleistung in verzug befindet. 395. die beklagte wird verurteilt, an die klägerpartei vorgerichtliche kosten der rechtsverfolgung i.h.v. 2.110,11 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen sowie die klägerpartei von den weiteren vorgerichtlichen kosten der rechtsverfolgung i.h.v. 2.279,86 € freizustellen. 40des weiteren beantragt er die durchführung eines kapitalanleger-musterverfahrens gemäß § 1 kapmug. 41die beklagte beantragt, 42die klage abzuweisen. 43des weiteren beantragt sie, den antrag auf durchführung des kapitalanleger-musterverfahrens zurückzuweisen. 44die beklagte rügt die mangelnde substantiierung der klage und weist insoweit darauf hin, dass in sämtlichen klageverfahren im bundesgebiet weitestgehend wortgleiche schriftsätze eingereicht worden seien. 45die beklagte vertritt die ansicht, dass prospektfehler nicht vorlägen. soweit fehler vorhanden seien, seien diese für die vermittler im rahmen der plausibilitätsprüfung jedenfalls nicht erkennbar gewesen. der anlageberater sei nicht verpflichtet, sämtliche in dem prospekt enthaltenen informationen sowie das zahlenmaterial auf deren richtigkeit hin zu überprüfen. eine derart weitgehende prüfungspflicht könne schon deshalb nicht angenommen werden, weil dem berater die hierfür erforderlichen informationen oft nicht zur verfügung stünden. dies, zumal bereits durch deutsche gerichte wiederholt die richtigkeit der den jeweiligen anlagen zugrunde liegenden emissionsprospekte bestätigt worden seien. 46mitarbeiterschulungen mit falschen angaben zu den dreiländerfonds habe es nicht gegeben. soweit es werbeveranstaltungen gegeben habe, sei die teilnahme daran nicht voraussetzung für den erwerb einer vertriebslizenz und auch nicht obligatorisch gewesen. 47etwaige ansprüche des klägers seien darüber hinaus verjährt. zum einen sei absolute verjährung wegen einer fehlenden hemmungswirkung des güteverfahrens eingetreten. so sei das güteverfahren mangels gesetzlicher ermächtigungsgrundlage generell nicht zur verjährungshemmung geeignet, die schlichtungsordnung der schlichtungsstelle e sei verfassungswidrig und genüge nicht rechtsstaatlichen prinzipien, die formellen anforderungen für ein ordnungsgemäßes güteverfahren seien durch die schlichtungsstelle nicht erfüllt worden, die bekanntgabe der güteanträge durch den schlichter sei in kollusivem zusammenwirken mit den klägervertretern nicht „demnächst“ im sinne des § 204 abs. 1 nr. 4 bgb erfolgt und die klägervertreter hätten durch die selbst ausgelöste völlige überlastung der schlichtungsstelle zumindest billigend in kauf genommen, dass die bekanntgabe nicht „demnächst“ erfolge. 48die beklagte bestreitet zudem, dass die klägervertreter überhaupt zur einreichung der güteanträge von den jeweiligen parteien bevollmächtigt gewesen seien, dass der güteantrag tatsächlich vor dem 03.01.2012 bei der schlichtungsstelle eingegangen sei und dass die verfahrenskosten für das güteverfahren eingezahlt worden seien. 49im übrigen sei – so die ansicht der beklagten - das bemühen der schlichtungsstelle rechtsmissbräuchlich gewesen, da es den klägervertretern tatsächlich nicht um eine gütliche einigung, sondern allein um das hinauszögern des verjährungseintritts gegangen sei. dies ergebe sich bereits daraus, dass die beklagte bereits vorab in unterschiedlichen vorgerichtlichen auseinandersetzungen (in anderer sache) die von den kläger-vertretern für anleger geltend gemachten ansprüche wiederholt und rigoros abgelehnt habe, so dass mit einer erfolgreichen schlichtung unter keinen umständen zu rechnen gewesen wäre. 50hinsichtlich der im rahmen des schlichtungsantrages nicht genannten vermeintlichen pflichtverletzungen sei ohne weiteres absolute verjährung eingetreten, da jede pflichtverletzung einem eigenen verjährungsablauf unterliege. 51jedenfalls aber seien schadensersatzansprüche aufgrund der ordnungsgemäßen beratung der anleger kenntnisabhängig verjährt. spätestens seit anfang der 2000er jahre hätten die anleger aufgrund des rückgangs bzw. des ausbleibens von ausschüttungen sowie aufgrund der regelmäßigen schriftlichen informationen über die wirtschaftliche situation der fondsgesellschaft durch übersendung der jährlichen geschäftsberichte und protokolle der gesellschafterversammlungen l gehabt. 52zudem fehle es an einer kausalität zwischen angeblicher falschberatung und der zeichnung der anlage. auf die vermutung aufklärungsrichtigen verhaltens könne sich der kläger mangels substantiierung bzw. individualisierung seines vorbringens nicht berufen. 53die beklagte bestreitet die höhe der behaupteten ausschüttungen mit nichtwissen. 54im übrigen sieht sie keine vermutung dafür, dass die klägerpartei mit dem anlagebetrag den nunmehr geltend gemachten entgangenen gewinn erwirtschaftet hätte. 55hinsichtlich des weiteren sach- und streitstandes wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 56
57die zulässige klage hat in der sache keinen erfolg. 58i. 59nach umstellung der wegen vorrangs der leistungsklage ursprünglich unzulässigen feststellungs- auf eine leistungsklage ist diese nunmehr zwar zulässig, jedoch unbegründet. 601. 61der kläger hat ein zum schadensersatz verpflichtendes verhalten der beklagten bereits nicht schlüssig dargelegt. der klägerische - individualisierte - vortrag besteht in der bezeichnung der parteien, des beraters, des erworbenen g3 sowie der angabe zur höhe der beteiligung. ansonsten besteht der vortrag ganz überwiegend aus in allen parallelverfahren gleich lautenden textbausteinen. soweit der kläger im laufe des verfahrens rudimentär angaben zum beratungsvorgang selbst nachgeschoben hat, reicht auch dies für einen schlüssigen vortrag nicht aus, da die klage auf die behauptete unrichtigkeit des prospektes gestützt wird. es wird jedoch weder dargetan, welcher konkrete inhalt des prospektes einerseits oder welche schulungsinhalte andererseits in den gesprächen mit der klägerpartei in welcher weise verwendet worden sein sollen. 62angaben dazu, in welchen wirtschaftlichen verhältnissen der kläger damals lebte, welche vorerfahrungen und kenntnisse er im bereich von kapitalanlagen konkret hatte, welche anlageziele er konkret mit der hier streitgegenständlichen anlage verfolgte (abgesehen von dem in allen verfahren gleichermaßen vorgetragen pauschalbehauptungen, dass die klägerpartei eine wertstabile und sichere anlage wollte) fehlen vollständig, ebenso die angaben zu der frage, wer sich wann auf welche weise an wen gewandt hat, um einen gesprächstermin zu vereinbaren. 632. 64selbst wenn man den klägervortrag zu einer pflichtverletzung der beklagten im hinblick auf eine prospekthaftung im weiteren sinne sowie eine unterlassene plausibilitätsprüfung als hinreichend substantiiert ansehen wollte, wären schadensersatzansprüche des klägers zu verneinen. 65die beklagte ist unstreitig weder gründer, noch initiator oder gestalter des g3 oder des prospekts. sie unterfällt daher nicht der eigentlichen prospekthaftung (palandt, bgb, 73. auflage, § 311 rn. 69) und ist grundsätzlich für die inhaltliche richtigkeit und vollständigkeit des prospekts nicht verantwortlich. durch die übernahme des vertriebs wird eine prospekthaftung im engeren sinne nicht begründet (bgh, urteil vom 12.02.2004, az. iii zr 359/02, juris). 66ein anlageberater hat die anlage, die er empfehlen will, aber mit dem üblichen kritischen sachverstand zu prüfen oder den anleger auf ein diesbezügliches unterlassen hinzuweisen (bgh, urteil vom 12.02.2004, az. iii 17/08, juris). vertreibt er die anlage anhand eines prospektes, so hat er den prospekt jedenfalls darauf zu überprüfen, ob dieser ein in sich schlüssiges gesamtbild über das beteiligungsobjekt bietet und ob die darin enthaltenen informationen in einer kritischen gesamtschau sachlich richtig und vollständig sind (vergleiche bgh, urteil vom 05.03.2009, az. iii zr 17/08, juris). nach ständiger rechtsprechung des bgh muss der emissionsprospekt dem anleger für seine beitrittsentscheidung ein zutreffendes bild über das beteiligungsobjekt vermitteln, das heißt er muss über alle umstände, die für seine anlageentscheidung von wesentlicher bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen beteiligungsform verbundenen nachteile und risiken, zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden. lücken und fehler eines emissionsprospektes erlangen mittelbar auch für die beratung und aufklärungspflichten eines anlageberaters bedeutung, wenn sie bei obliegenheitsgemäßer prüfung der schlüssigkeit und plausibilität des anlagekonzepts erkennbar gewesen wären. dabei gelten für den anlageberater aber nicht dieselben maßstäbe wie für die anlagegesellschaft. zwar kann die von ihm vorzunehmende prüfung auch in gewissem umfang ermittlungspflichten einschließen, soweit es um umstände geht, die nach der bei ihm vorauszusetzenden l zweifel an der inneren schlüssigkeit einer im prospekt mitgeteilten tatsache zu begründen vermögen. allerdings dürfen an die pflichten eines anlageberaters oder vermittlers keine übertriebenen anforderungen gestellt werden. der mit der notwendigen überprüfung verbundene aufwand muss ihm zumutbar sein (bgh, beschluss vom 05.05.2008, az. iii zr 230/07, juris). 67eine unterlassene prüfung kann nur dann zu einer haftung führen, wenn bei dieser ein risiko erkennbar geworden wäre, über das der anleger hätte aufgeklärt werden müssen, oder aber wenn erkennbar geworden wäre, dass eine empfehlung der anlage nicht anleger- und/oder objektgerecht ist (bgh, urteil vom 15.11.2012, az. iii zr 55/12, juris). eine etwaige unrichtigkeit des prospekts im rahmen der zumutbaren prospektprüfung muss also auch für den berater überhaupt erkennbar gewesen sein (olg frankfurt am main, urteil vom 30.11.2010, az. 14 u 229/09, juris). 68ausgehend von diesem prüfungsmaßstab ist eine pflichtverletzung der beklagten nicht gegeben. der kläger trägt die darlegungs- und beweislast dafür, dass die vom anlageberater geschuldete prüfung nicht durchgeführt wurde oder nicht ordnungsgemäß war, weil sie anderenfalls zur aufdeckung von aufklärungsbedürftigen umständen geführt hätte (bgh, urteil vom 15.11.2012, az. iii zr 55/12). insoweit hat der kläger bereits seiner darlegungslast nicht genügt. über seine pauschale behauptung, die beklagte habe den streitgegenständlichen prospekt nicht geprüft bzw. nicht ordnungsgemäß geprüft, hinaus bleibt er einen konkreten vortrag dazu, welche fehler der beklagten als beraterin bei einer plausibilitätskontrolle des prospekts hätten auffallen müssen, schuldig. 69ein solcher vortrag ergibt sich auch nicht aus der behauptung des klägers zu vermeintlichen prospektfehlern. der kläger überspannt bei seinem klagevortrag die anforderungen, die die rechtsprechung an einen anlageberater im hinblick auf die geschuldete prüfung stellt. 70vorliegend durfte die beklagte selbst sowie die von ihr eingesetzten berater bei der prüfung des prospektes von einer richtigkeit der angaben sowie der plausibilität der anlage ausgehen. als reine finanzdienstleisterin musste die beklagte nicht über spezifische kenntnisse und den praktischen erfahrungshorizont eines fachmannes auf dem gebiet der immobilienwirtschaft verfügen und sich diese auch nicht vor dem vertrieb der streitgegenständlichen beteiligung an einem geschlossenen immobilienfonds beschaffen, um sämtliche im prospekt enthaltenen informationen, insbesondere die dort abgebildeten prognosen, auf ihre kaufmännische richtigkeit überprüfen zu können. ein verständiger anleger wird von einem anlageberater auch keine entsprechende ausbildung oder kompetenz erwarten. daher ist zwischen der von einem anlageberater mit kritischem sachverstand geschuldeten plausibilitätskontrolle einer prognose und einer genauen überprüfung sämtlicher prospektierten eckdaten und einzelparameter sowie sonstiger detailangaben, auf denen eine prognoserechnung aufbaut, zu unterscheiden (olg hamm, urteil vom 04.12.2014, az. i-34 u 30/14). 71die prognostizierten mieterträge, investitionskosten, mietausfallwagnisse etc. sind in dem prospekt nachvollziehbar und schlüssig dargelegt. die prüfung durch einen finanzberater mit dem zu erwartenden kritischen sachverstand musste diesem nach auffassung der kammer keine veranlassung gegeben, an der schlüssigkeit der dargelegten werte zu zweifeln. 72der vortrag des klägers, wonach ein höheres mietausfallrisiko hätte einkalkuliert werden müssen, betrifft nicht mehr die vertretbarkeit der prognose der mieteinnahmen. vielmehr verlangt der kläger darüber hinausgehend eine realistische, kaufmännischen erfahrungen entsprechende kalkulation. die von dem kläger insoweit zitierte rechtsprechung betrifft die haftung eines emittenten von immobilienanlagen für eine zu positive darstellung der mit dem beitritt des anlegers bestehenden risiken erhöhter instandsetzungskosten und des leerstandes und nicht die haftung des anlageberaters. 73soweit die klägervertreter darauf hinweisen, dass in zwei anderen rechtsstreitigkeiten - zu anderen objekten - über die prognose zum mietausfallwagnis sachverständigengutachten eingeholt worden seien und sachverständige ein mietausfallwagnis von tatsächlich 4 % oder 4,5 % angenommen hätten, wohingegen im prospekt lediglich 2 % angenommen worden seien, ändert dies vorliegend nichts. wenn berufsrichter zur beurteilung der frage, ob bestimmte prognosen des emittenten aus ex-ante-sicht vertretbar waren oder nicht, die hilfe eines sachverständigen benötigen, kann kaum angenommen werden, dass einem finanzberater bei kritischer durchsicht des prospektes die fehlerhaftigkeit dieser prognose hätte auffallen müssen. 74im übrigen weist der prospekt unter der erläuterung „entwicklung der gesellschaft (prognose)“ ausdrücklich darauf hin, dass die tatsächliche entwicklung unter umständen auch deutlich von dem prognostizierten verlauf abweichen kann, insbesondere im hinblick auf die mietentwicklung. unter dem punkt „chancen und risiken“ wird für den investitionsteil usa auf das risiko von sinkenden mieteinnahmen und/oder erhöhten leerstandsraten hingewiesen. gleiches gilt für den investitionsteil deutschland. 75eine täuschung der anleger konnte der anlageberater auch nicht im hinblick auf die darstellung der wirtschaftlichen entwicklung der vorgängerfonds feststellen. die angaben im prospekt, wonach die kalkulierten ausschüttungen von allen beteiligungsgesellschaften seit 1987 jeweils termingerecht vorgenommen und in manchen fällen sogar überschritten worden seien, waren zutreffend. soweit der kläger vorträgt, dass diese ausschüttungen nicht erwirtschaftet worden seien, verhilft dies der klage ebenfalls nicht zum erfolg. es würde an die beklagte als anlageberaterin völlig überspannte anforderungen stellen, wenn man ihr abverlangen würde, zur überprüfung der entwicklung der vorgängerfonds die von diesen vorgenommenen ausschüttungen anhand der geschäftsberichte mit den tatsächlich erwirtschafteten erträgen abzugleichen (oberlandesgericht des landes sachsen-anhalt, urteil vom 15. oktober 2014 – 5 u 114/14 –, wm 2015, 613, 616). 76aufgrund der vorgenannten umstände musste der im streitfall tätig gewordene berater herr c2 für eine ordnungsgemäße aufklärung neben den angaben aus dem prospekt weitere (richtigstellende oder ergänzende) erklärungen gegenüber dem kläger nicht abgeben. 773. 78darüber hinaus wären etwaige schadensersatzansprüche kenntnisunabhängig am 03.01.2012 verjährt. 79schadensersatzansprüche verjähren gemäß § 199 abs. 1, abs. 3 nr. 1 bgb ohne rücksicht auf eine l oder grob fahrlässige unkenntnis des anspruchsinhabers von den die ansprüche begründenden umständen in der regel spätestens mit ablauf von zehn jahren ab ihrer entstehung. für die vor der schuldrechtsreform entstandenen ansprüche begann diese frist gem. art. 229 § 6 abs. 1, abs. 4 s. 1 egbgb ab dem 01.01.2002 zu laufen und endete damit mit ablauf des 02.01.2012. 80a. 81der vorgerichtliche güteantrag des klägers konnte die verjährung nicht gemäß § 204 abs. 1 nr. 4 bgb hemmen. nur ein güteantrag, der den geltend gemachten anspruch hinreichend genau bezeichnet, sich also auf einen oder mehrere bestimmte streitgegenstände bezieht, hemmt die verjährung (bghz 182, 284 rn. 13; olg münchen, urteil vom 06.11.2013, az. 20 u #####/####). zu einer ausreichenden individualisierung des streitgegenstandes gehört neben der darstellung des lebenssachverhaltes auch die bestimmte bezeichnung der begehrten rechtsfolge, was in der regel auch eine bezifferung des anspruchs voraussetzt (olg münchen, wm 2008,733; lg berlin, urteil vom 23.10.2013, 10 o 43/13, juris). 82vorliegend wurde in dem güteantrag zwar die streitgegenständliche beteiligung genannt und pauschal und ohne nähere substantiierung aufklärungspflichtverletzungen im rahmen der beratung behauptet. hinweise auf die beratenden personen, die maßgebenden beratungszeitpunkte oder gar den zeitpunkt der zeichnung sind dem güteantrag aber nicht zu entnehmen. zumindest die angabe des zeitpunktes des erwerbs der anlage ist für eine hinreichende individualisierung des antrags jedoch erforderlich (bgh, beschluss vom 21.10.2014, az. xi zb 12/12, juris). der güteantrag enthält auch keine konkreten, für eine individualisierung des streitgegenstandes ausreichenden umstände, sondern ausschließlich formelhafte wendungen, wie sie die klägervertreter offensichtlich unabhängig vom einzelfall in einer vielzahl der gegen die beklagte gerichteten güteanträge verwendet haben. damit fehlt es an der notwendigen kurzen darstellung des dem vorliegenden fall zugrunde liegenden lebenssachverhaltes, etwa dazu, wer den kläger wann und unter welchen umständen über welche konkreten risiken bzw. nachteile der anlage angeblich fehlerhaft nicht aufgeklärt haben soll. 83die beklagte, die selbst nicht fondsgesellschaft ist (und damit keine l von der durch den emittenten vergebenen beteiligungsnummer haben muss), konnte anhand der mitgeteilten daten nicht ohne unzumutbaren aufwand zuordnen, um welchen konkreten beratungsvorgang - der zu dieser zeit zudem bereits etwa 16 jahre zurück lag - es sich konkret handeln sollte. dies umso mehr, als die beklagte angesichts ihrer bundesweiten tätigkeit im hinblick auf den vertrieb von kapitalanlagen ein massengeschäft ausübt. unstreitig gab es vor der einleitung des schlichtungsverfahrens auch keinerlei korrespondenz zwischen den parteien, so dass die beklagte auch nicht aufgrund bereits mitgeteilter beanstandungen darauf hätte schließen können, um welchen konkreten beratungsvorgang es sich bei dem vorliegenden güteantrag handeln sollte. 84auch hinsichtlich der begehrten rechtsfolge blieb der antrag unbestimmt, vielmehr wurden lediglich „schadensersatzansprüche“ für berechtigt gehalten. weder wurde konkretisiert, welcher schaden entstanden sein soll, noch in welcher höhe ein schaden geltend gemacht werden soll. in welcher höhe dem kläger ein schaden entstanden sein soll, wurde erst im laufe des anhängigen rechtsstreits und damit deutlich nach ablauf der zehnjährigen kenntnisunabhängigen verjährungsfrist vorgetragen. 85für das ziel einer vergleichsweisen einigung ist es für den schuldner wesentlich, dass der gläubiger sowohl den streitgegenstand so konkret bezeichnet, dass ihm die prüfung möglich ist, ob ansprüche gegebenenfalls tatsächlich bestehen, sowie dass der gläubiger die höhe seiner forderung im güteantrag benennt (olg münchen, urteil vom 06.11.2013, az. 20 u #####/####, juris; palandt/ellenberger, bgb, 74.. auflage 2015, § 204 rn. 19). damit wird der rechtsdurchsetzungswille des gläubigers konkretisiert, gleichzeitig wird damit die basis für verhandlungen geschaffen. durch dieses erfordernis wird auch dem rechtsunkundigen gläubiger nichts unzumutbares abverlangt. der gesetzgeber verlangt auch bei der erwirkung eines mahnbescheides eine solche bezifferung und traut dies einem rechtsuchenden zu, selbst wenn dieser ohne anwaltlichen beistand tätig wird. wird lediglich pauschal „schadensersatz“ begehrt, liegt eine hinreichende bestimmtheit des güteantrags daher nicht vor. die beklagte konnte aufgrund dieses antrags mit zumutbarem aufwand weder prüfen, ob überhaupt ansprüche gegen sie bestehen könnten, noch konnte sie feststellen, in welcher höhe sich der kläger etwaiger ansprüche gegen sie berühmt und aus welchen forderungen sich diese zusammensetzen (vgl. olg hamm, urteil vom 04.12.2014, az. i-34 u 30/14, juris). dass der kläger aus der anlage ausschüttungen erhalten hat, hat er erstmals mit schreiben vom 02.04.2015 überhaupt mitgeteilt. 86auch der schlichter selbst war durch die angaben im güteantrag nicht ansatzweise in der lage, einen einigungsvorschlag zu erarbeiten. 87b. 88daneben fehlte es für die ordnungsgemäße durchführung der güteverhandlung an der vorlage der beklagtenseits geforderten vollmacht. 89gemäß § 174 bgb ist ein einseitiges rechtsgeschäft, das ein bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der bevollmächtigte eine vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das rechtsgeschäft aus diesem grunde unverzüglich zurückweist. der antrag auf außergerichtliche streitschlichtung bei der gütestelle stellt eine geschäftsähnliche handlung dar, die nach ihrer rechtlichen struktur im wesentlichen den gleichen regeln wie eine willenserklärung unterliegt, bspw. der anmeldung von ansprüchen, und auf die deshalb § 174 bgb entsprechend anzuwenden ist. mit dem antrag auf außergerichtliche streitschlichtung bei einer gütestelle erhält sich der antragsteller bei rechtzeitiger bekanntgabe seiner ansprüche durch verjährungshemmung die durchsetzbarkeit seiner ansprüche. 90die beklagtenseite hat das fehlen der vollmacht unverzüglich mit schreiben vom 12.11.2012 gerügt. dass eine solche schriftliche vollmacht jedenfalls nach der entsprechenden rüge der beklagtenseite vorzulegen war, hat auch der schlichter erkannt, als er ankündigte, die erforderlichen vollmachten würden im rahmen des schlichtungstermins vorgelegt werden. tatsächlich ist die vorlage der vollmachten auch in diesem termin nicht erfolgt. ausweislich des protokolls der schlichtungsverhandlung wurden solche seitens der klägervertreter weder vorgelegt, noch durch den schlichter in augenschein genommen, erst recht ist keine übersendung an die beklagtenseite erfolgt. 91mangels vollmachtsvorlage wurde das schlichtungsverfahren damit nicht von der „partei“ selbst geführt und ist daher auch nach der schlichtungsordnung unwirksam. 92c. 93im übrigen war die gütestelle in lübben/spreewald auch keine für die durchführung des vorgerichtlichen schlichtungsverfahrens zuständige stelle. die tätigkeit der gütestelle e ist im rahmen der dem land brandenburg eingeräumten hoheitlichen gesetzgeberischen kompetenz in und für rechtsstreitigkeiten in brandenburg anerkannt, nicht aber in bezug auf sachverhalte oder personen, die ausschließlich andere bundesländer, namentlich die hier betroffenen bundesländer nordrhein-westfalen und niedersachsen, betreffen. die zuständigkeitskompetenz des landes brandenburg findet an den landesgrenzen ihr ende. es bestehen auch keine anhaltspunkte dafür, dass das land brandenburg gütestellen einrichten wollte, die streitigkeiten zwischen den beteiligten aus nordrhein-westfalen und niedersachsen regeln sollten. 94d. 95das nichteingreifen einer verjährungshemmung gilt umso mehr, als zudem noch verfassungsrechtliche bedenken gegen die schlichtungsordnung des rechtsanwalts e bestehen. so begegnet insbesondere ziffer 5 der schlichtungsordnung verfassungsrechtlichen bedenken, wonach der schlichter das schlichtungsverfahren „nach eigenem gutdünken“ führt und berechtigt ist, auch getrennte gespräche mit den parteien zu führen, wenn ihm dies zur klärung der angelegenheit notwendig erscheint. 96dass der schlichter nicht mit rechtsstaatlichen grundsätzen vereinbar agierte und die klägerseite auch nicht auf die einhaltung rechtsstaatlicher grundsätze hinwirkte, ergibt sich bereits daraus, dass der schlichter trotz wiederholter bitte der prozessbevollmächtigten der beklagten um terminsverlegung überhaupt nicht reagierte und damit letztlich auf ein scheitern des güteverfahrens wegen nichterscheinen der antragsgegnerin aktiv hinwirkte. 97dass es der beklagten kaum möglich sein würde, binnen eines guten monats auf die ca. 4.500 schlichtungsanträge angemessen zu reagieren, musste dem schlichter, der selbst knapp elf monate gebraucht hatte, um überhaupt nur eine zustellung „en bloc“ zu veranlassen, auch klar sein. 98e. 99darüber hinaus bestehen bedenken, ob ein ausschließlich zur erlangung einer verjährungshemmung angestrengtes güteverfahren, durch das zeit gewonnen werden soll, um die möglichkeit der durchführung eines klageverfahrens zu eruieren und den hierfür erforderlichen sachverhalt zu erfassen und aufzuarbeiten, aufgrund der rechtsmissbräuchlichkeit geeignet ist, eine verjährung wirksam zu hemmen. die klägervertreter haben die güteverfahren ganz offensichtlich nicht ernsthaft mit dem ziel einer schnellen, kostengünstigen und einvernehmlichen streitbeilegung betrieben. dies ergibt sich bereits daraus, dass sie mit dem rechtsanwalt e einen schlichter ausgesucht haben, der in lübben/spreewald im bundesland brandenburg und damit mehrere 100 km sowohl vom wohnsitz des klägers in roetgen und dem geschäftssitz der beklagten in hannover ansässig ist. damit haben die klägervertreter nicht nur die zuständigkeitsvorschriften des brandenburgischen schlichtungsgesetzes (§§ 3, 4) i.v.m. § 15 schiedsstellengesetz missachtet, wonach die schiedsstelle zuständig ist, in deren bereich der antragsgegner wohnt und damit bewusst einen örtlich unzuständigen schlichter angerufen, sondern es war auch aufgrund der räumlichen entfernung nicht damit zu rechnen, dass sich die beklagte auf die schlichtungsverfahren mit einer schlichtungsverhandlung - die darüber hinaus in 4.500 verfahren zeitgleich auf einen termin von ein bis anderthalb stunden anberaumt wurde - einlassen würde. aus dem umstand, dass die klägervertreter einer solchen terminierung nicht entgegengetreten sind, lässt sich entnehmen, dass es ihnen gerade nicht auf eine einvernehmliche streitbeilegung ankam, sondern alleine die hemmung der verjährung zur vorbereitung eines massen-klageverfahrens gewonnen werden sollte. 100da aber das vorgerichtliche güteverfahren bereits aus den zuvor dargelegten gründen keine verjährungshemmende wirkung entfaltet hat, kann eine etwaige rechtsmissbräuchlichkeit dahinstehen, ebenso wie die frage, ob der im vorliegenden verfahren vorgelegte, auf den 29.12.2011 datierte antrag auf außergerichtliche streitschlichtung des klägers rechtzeitig bei der schlichtungsstelle eingegangen ist. 101auch ein etwaiges zusammenwirken der klägervertreter mit dem schlichter im hinblick auf den extrem späten zeitpunkt der bekanntgabe der anträge sowie die frage einer zustellung „demnächst“ können insoweit dahinstehen. 102f. 103ansprüche aufgrund angeblicher pflichtverletzungen, die nicht gegenstand des vorgerichtlichen güteverfahrens waren, sind darüber hinaus per se verjährt. 104nach dem grundsatz der verjährungsrechtlichen eigenständigkeit unterliegen mehrere beratungsfehler auch dann, wenn sie nicht jeweils unterschiedliche schadensfolgen verursacht haben, sondern in demselben schaden mit dem erwerb einer kapitalanlage münden, keiner einheitlichen verjährung. die kenntnisabhängige regelmäßige verjährungsfrist des § 195 bgb berechnet sich daher für jeden beratungsfehler gesondert. sie beginnt zu laufen, wenn der kapitalanleger die umstände, insbesondere die wirtschaftlichen zusammenhänge kennt, aus denen sich die jeweilige rechtspflicht des anlageberaters zur aufklärung ergibt. dies muss gleichermaßen auch für die frage des eingreifens von hemmungstatbeständen gelten. das eingreifen eines hemmungstatbestandes setzt voraus, dass der entsprechende beratungsfehler geltend gemacht worden ist (bgh bkr 2010,118). 1054. 106der antrag auf durchführung des kapitalanleger-musterverfahrens war vorliegend entsprechend § 3 abs. 1 nr. 1 kapmug als unzulässig zu verwerfen, weil die entscheidung des zugrunde liegenden rechtsstreits nicht von den geltend gemachten feststellungszielen abhängt. die klage ist derzeit in jedem fall entscheidungsreif, so dass es auf den ausgang eines etwaigen durchgeführten muster-verfahrens vorliegend nicht ankommt. 107das verfahren war auch nicht im hinblick auf den vorlagebeschluss des landgerichts berlin vom 29.01.2015 auszusetzen. eine vorgreiflichkeit des dort gegebenenfalls durchzuführenden kapitalanleger-musterverfahrens ist für das hiesige verfahren nicht gegeben. dass das prozessgericht das verfahren unter den voraussetzungen des § 8 abs. 1 kapmug auch dann auszusetzen hat, wenn es selbst einen entsprechenden musterverfahrensantrag als unzulässig abgewiesen hat, gilt in den fällen, in denen eine haftung der beklagten für prospektfehler im raum steht. für die entscheidung des hiesigen verfahrens ist der ausgang eines etwaigen musterverfahrens aus den dargestellten gründen jedoch ohne jeden belang. 1085. 109die kostenentscheidung beruht auf § 91 zpo, die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 709 zpo. 110der streitwert wird auf 42.948,52 eur festgesetzt. 111rechtsbehelfsbelehrung: 112gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 113a) wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 114b) wenn die berufung in dem urteil durch das landgericht zugelassen worden ist. 115die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem oberlandesgericht köln, s-platz, 50670 köln, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils (datum des urteils, geschäftsnummer und parteien) gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 116die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem oberlandesgericht köln zu begründen. 117die parteien müssen sich vor dem oberlandesgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 118mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 119x h2 dr. u
Verklagte*r
0
331,437
26 O 353/19
2020-08-24T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.240,76 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.06.2019 zu zahlen. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.916,10 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.06.2019 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 40 % und die Beklagte zu 60 %. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. 1Tatbestand: 2Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht die verzinsliche Rückzahlung der Beiträge nebst Nutzungen betreffend eine mit Wirkung vom 01.10.2004 abgeschlossene fondsgebundene Lebensversicherung (Nr. #####460, im Folgenden: -460), eine mit Wirkung vom 01.11.2004 abgeschlossene fondsgebundene Lebensversicherung (Nr. #####976, im Folgenden: -976) und eine mit Wirkung vom 01.09.2004 abgeschlossene fondsgebundene Lebensversicherung (Nr. #####750, im Folgenden: -750) geltend. Die Verträge wurden bei einer Rechtsvorgängerin der Beklagten im Policenmodell abgeschlossen. 3Die Versicherungsscheine enthielten jeweils auf der zweiten Seite, oberhalb der Unterschriften, folgende Belehrung: 4Widerspruchsbelehrung 5Der Versicherungsnehmer hat das Recht, dem Versicherungsvertrag bis zum Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der übrigen Verbraucherinformationen zu widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Widerspruchsbelehrung an die B Lebensversicherung AG. 6Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Versicherungsscheine (Bl. 45 ff. d.A.) Bezug genommen. 7Die Zedenten zahlten auf die Verträge folgende Beiträge ein: 8Vertrag -460: 11.584,02 € 9Vertrag -976: 6.257,71 € 10Vertrag -750: 14.442,53 € (nach Klägervortrag 16.657,12 €) 11Mit Schreiben vom 22.08.2016 kündigten die Zedenten die Verträge -460 und -976, woraufhin die Beklagte folgende Auszahlungen vornahm: 12Vertrag -460: 6.518,98 € 13Vertrag -976: 3.965,01 € 14Nach Ablauf der Versicherung -750 zahlte die Beklagte auf Wunsch der Zedentin im September 2016 einen Betrag von 17.201,77 € (Kapitalleistung) aus. 15Am 03.09.2018 schlossen die Zedenten mit der Klägerin einen Abtretungs- und Forderungskaufvertrag betreffend sämtliche Rückabwicklungsansprüche ab. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Unterlagen Bezug genommen (Bl. 316 ff. d.A.). Am selben Tag erklärten die Zedenten gegenüber der Beklagten jeweils den Widerspruch des Vertrages (Bl. 50, 63, 68 d.A.). Dies zeigte die jeweils insoweit bevollmächtigte Klägerin gegenüber der Beklagten im Jahr 2019 an (Bl. 111 ff. d.A.) und forderte die Beklagte mit Schreiben vom 21.05.2019 und 23.05.2019 (Bl. 52 ff., 65 ff., 78 ff. d.A.) unter Fristsetzung bis zum 13.06.2019 zur Rückabwicklung der Verträge und Auszahlung an sie auf, was die Beklagte ablehnte. 16Die Klägerin ist unter näherer Darlegung im Einzelnen der Auffassung, es stehe ihr aus abgetretenem Recht ein Anspruch aus §§ 812, 818 BGB auf Rückzahlung der eingezahlten Prämien (abzüglich der Rückkaufswerte bzw. Ablaufleistung) nebst gezogener Nutzungen zu, die die Klägerin unter näherer Darlegung im Einzelnen auf 7.906,63 € (Vertrag -460), 3.612,35 € (Vertrag -976) und 4.005,65 € (Vertrag -750) beziffert. Die Widerspruchsbelehrungen seien unwirksam gewesen. 17Die Klägerin beantragt zuletzt, 18die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.906,63 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.06.2019 zu zahlen; 19die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.612,35 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.06.2019 zu zahlen; 20die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.005,65 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.06.2019 zu zahlen. 21Die Beklagte beantragt, 22die Klage abzuweisen. 23Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin, denn dieser fehle eine ausreichende Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 RDG. Es habe sich bei der Tätigkeit der Klägerin um eine Rechtsdienstleistung und nicht nur um eine Inkassotätigkeit nach § 2 Abs. 2 RDG gehandelt. Die Verträge verstießen gegen § 138 BGB. Die Beklagte ist der Auffassung, dass das Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 1 VVG a.F. verfristet sei. Das Widerspruchsrecht sei verwirkt, die Geltendmachung sei auch im Hinblick auf den gewerblichen Ankauf treuwidrig. Die Beklagte ist unter näherer Darlegung im Einzelnen der Auffassung, die Klageforderung sei überhöht, die Beklagte habe keine Nutzungen aus Risikokosten oder Verwaltungskosten ziehen können. Die Klägerin verkenne, dass es sich um fondsgebundene Produkte gehandelt habe. 24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. 25Entscheidungsgründe: 26Die zulässige Klage ist teilweise begründet. 271. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie hat die Abtretung der aus den erklärten Widersprüchen in Betracht kommenden Ansprüche der Zedenten gegen die Beklagte durch Vorlage der entsprechenden Urkunden (Abtretungs- und Forderungskaufverträge) nachgewiesen. 28Die Abtretungs- bzw. Forderungskaufverträge sind auch nicht nichtig, §§ 134, 138 BGB, § 2 RDG. Die Klägerin ist unstreitig im Besitz einer Erlaubnis i.S.v. § 10 Abs. 3 RDG. Entgegen der Auffassung der Beklagten war vorliegend eine weitergehende Erlaubnis zur Vornahme von Rechtsdienstleistungen gemäß § 2 Abs. 1 RDG nicht erforderlich. Zum einen wurde zum Zeitpunkt des Abschlusses der Abtretungs- bzw. Forderungskaufverträge bezüglich sämtlicher Verträge seitens der Zedenten bereits der Widerspruch/Rücktritt erklärt. Das bloße Eintreiben der Ansprüche aus Widerspruch/Rücktritt stellt keine Rechtsdienstleistung in diesem Sinne dar. Eine Rechtsdienstleistung i.S.v. § 2 Abs. 1 RDG liegt nach den Maßstäben des BGH (Urteil vom 27.11.2019, VIII ZR 285/18) auch im Hinblick auf die Frage, inwieweit die Klägerin die Erfolgsaussichten der Klage und damit die Rechtslage geprüft hat, nicht vor. Denn unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Norm sowie der Entstehungsgeschichte überschreitet eine Prüfung der rechtlichen Erfolgsaussichten regelmäßig nicht die Grenzen einer Inkassoleistung i.S.v. § 2 Abs. 2 S.1 RDG. Die Abtretungen nebst den Forderungskauf hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt. Ausreichende Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit der Abtretungs- und Forderungskaufverträge sind entgegen der Auffassung der Beklagten nicht ersichtlich. 292. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rückzahlung in Höhe von insgesamt 9.156,86 € zu. Insoweit liegen die Voraussetzungen eines bereicherungsrechtlichen Anspruches gemäß §§ 812 Abs. 1 Alt. 1, 818 BGB vor. Die weitergehende Klage unterlag der Abweisung. 30a) Nach § 5a VVG a.F. gilt für den Fall, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10a VAG unterlassen hat, der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen als geschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht binnen bestimmter Frist widerspricht (sog. Policenmodell). 31Gemäß § 5a Absatz 1 und 2 VVG in der Fassung vom 13.07.2001 (gültig vom 01.08.2001 bis 07.12.2004) betrug die Widerspruchsfrist 14 Tage. Der Lauf dieser Frist beginnt gem. § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F., wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1, nämlich die Versicherungsbedingungen sowie die Verbraucherinformation nach § 10a VAG a.F. vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist. 32Die streitgegenständlichen (identischen) Widerspruchsbelehrungen sind unwirksam, weil der notwendige Hinweis auf das Erfordernis der Textform fehlt. Dass die Beklagte auch einen Widerspruch in mündlicher Form akzeptiert hätte, ist der Belehrung nicht zu entnehmen (vgl. dazu u.a. BGH, Urteil vom 29.07.2015, IV ZR 384/14). 33Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen bezüglich beider Verträge die Voraussetzungen einer Treuwidrigkeit der Geltendmachung (§ 242 BGB) nicht vor. Die Beklagte hat durch die Übersendung der unwirksamen Widerspruchsbelehrungen selbst die Situation herbeigeführt und kann daher kein schützenswertes Vertrauen in Anspruch nehmen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11). Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine andere Bewertung zuließen, sind nicht ersichtlich. Somit stand den Zedenten im Jahre 2018 noch ein Widerspruchsrecht zu, welches sie wirksam ausgeübt haben. Dass das Widerspruchsrecht bei unwirksamer Belehrung auch noch nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. besteht, ergibt sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19.12.2013 (vgl. dazu BGH, Urteil vom 11.11.2015, IV ZR 513/14 mwN). Die klageweise Geltendmachung der Forderung durch die Klägerin ist nach alldem auch nicht treuwidrig. Daran ändert auch nichts, dass es sich bei der Klägerin um einen gewerblichen „Forderungskäufer“ handelt. Auch die seitens der Beklagten vorgetragenen weiteren Umstände, wie die Bezugsrechtsänderung oder die Beitragspause stellen nach der obergerichtlichen Rechtsprechung allein keine ausreichenden Gründe für die Annahme einer Treuwidrigkeit dar. 34Hinsichtlich der beiden Verträge ergeben sich folgende Ansprüche aus §§ 812, 818 BGB, wobei die Kammer, abgesehen von den Risikokosten betreffend Vertrag -976, die substantiiert vorgetragenen Beträge der Beklagten, denen die Klägerin nicht entscheidend entgegengetreten ist, zu Grunde legt: 35Vertrag -460 Vertrag -976 36Beiträge: 11.584,02 € Beiträge: 6.345,80 € 37Nutzungen: 1.625,03 € Nutzungen: 781,66 € 38abzüglich: 39Risikokosten: 449,31 € Risikokosten: 246,35 € 40Auszahlung: 6.518,98 € Auszahlung: 3.965,01 € 41Differenz: 6.240,76 € Differenz: 2.916,10 € 42Weitergehende Ansprüche der Klägerin scheiden aus. Eine Nutzungsziehung aus Risikokosten und Abschlusskosten kommt unter keinem Gesichtspunkt in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 29.04.2020, IV ZR 5/19). 43b) Ansprüche im Zusammenhang mit dem Vertrag -750 scheiden wegen Treuwidrigkeit (§ 242 BGB) aus. Im Unterschied zu den beiden übrigen Verträgen hat die Zedentin nicht nur diverse Einwirkungen auf den Vertrag vorgenommen, wie Fondsänderungen in den Jahren 2010 und 2013, die Beitragsbefreiung in 2013 und eine Bezugsrechtsänderung in 2011. Der Vertrag ist auch ohne Beanstandungen ausgelaufen und die Zedentin hat nach entsprechendem Antrag die Kapitalleistung in Anspruch genommen und für weitere 2 Jahre keine Einwendungen erhoben. Dieses Verhalten begründete bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für die Zedentin auch erkennbar. Es stellt insofern einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben dar, wenn die Zedentin nach diversen Einwirkungen auf den Vertrag und der Entgegennahme der Ablaufleistung rund 15 Jahre nach Vertragsabschluss und 2 Jahre nach Ablauf des Vertrages den Widerspruch erklärt. 443. Die Zinsansprüche fußen auf Verzugsgesichtspunkten. 454. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.
die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 6.240,76 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 14.06.2019 zu zahlen. die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 2.916,10 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 14.06.2019 zu zahlen. die weitergehende klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits tragen die klägerin zu 40 % und die beklagte zu 60 %. das urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die klägerin gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages. die klägerin kann die vollstreckung durch die beklagte abwenden durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit leistet in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages. 1
2die klägerin macht gegen die beklagte aus abgetretenem recht die verzinsliche rückzahlung der beiträge nebst nutzungen betreffend eine mit wirkung vom 01.10.2004 abgeschlossene fondsgebundene lebensversicherung (nr. #####460, im folgenden: -460), eine mit wirkung vom 01.11.2004 abgeschlossene fondsgebundene lebensversicherung (nr. #####976, im folgenden: -976) und eine mit wirkung vom 01.09.2004 abgeschlossene fondsgebundene lebensversicherung (nr. #####750, im folgenden: -750) geltend. die verträge wurden bei einer rechtsvorgängerin der beklagten im policenmodell abgeschlossen. 3die versicherungsscheine enthielten jeweils auf der zweiten seite, oberhalb der unterschriften, folgende belehrung: 4widerspruchsbelehrung 5der versicherungsnehmer hat das recht, dem versicherungsvertrag bis zum ablauf von 14 tagen nach zugang des versicherungsscheins, der versicherungsbedingungen und der übrigen verbraucherinformationen zu widersprechen. zur wahrung der frist genügt die rechtzeitige absendung der widerspruchsbelehrung an die b lebensversicherung ag. 6hinsichtlich der weiteren einzelheiten wird auf die versicherungsscheine (bl. 45 ff. d.a.) bezug genommen. 7die zedenten zahlten auf die verträge folgende beiträge ein: 8vertrag -460: 11.584,02 € 9vertrag -976: 6.257,71 € 10vertrag -750: 14.442,53 € (nach klägervortrag 16.657,12 €) 11mit schreiben vom 22.08.2016 kündigten die zedenten die verträge -460 und -976, woraufhin die beklagte folgende auszahlungen vornahm: 12vertrag -460: 6.518,98 € 13vertrag -976: 3.965,01 € 14nach ablauf der versicherung -750 zahlte die beklagte auf wunsch der zedentin im september 2016 einen betrag von 17.201,77 € (kapitalleistung) aus. 15am 03.09.2018 schlossen die zedenten mit der klägerin einen abtretungs- und forderungskaufvertrag betreffend sämtliche rückabwicklungsansprüche ab. hinsichtlich der einzelheiten wird auf die unterlagen bezug genommen (bl. 316 ff. d.a.). am selben tag erklärten die zedenten gegenüber der beklagten jeweils den widerspruch des vertrages (bl. 50, 63, 68 d.a.). dies zeigte die jeweils insoweit bevollmächtigte klägerin gegenüber der beklagten im jahr 2019 an (bl. 111 ff. d.a.) und forderte die beklagte mit schreiben vom 21.05.2019 und 23.05.2019 (bl. 52 ff., 65 ff., 78 ff. d.a.) unter fristsetzung bis zum 13.06.2019 zur rückabwicklung der verträge und auszahlung an sie auf, was die beklagte ablehnte. 16die klägerin ist unter näherer darlegung im einzelnen der auffassung, es stehe ihr aus abgetretenem recht ein anspruch aus §§ 812, 818 bgb auf rückzahlung der eingezahlten prämien (abzüglich der rückkaufswerte bzw. ablaufleistung) nebst gezogener nutzungen zu, die die klägerin unter näherer darlegung im einzelnen auf 7.906,63 € (vertrag -460), 3.612,35 € (vertrag -976) und 4.005,65 € (vertrag -750) beziffert. die widerspruchsbelehrungen seien unwirksam gewesen. 17die klägerin beantragt zuletzt, 18die beklagte zu verurteilen, an die klägerin 7.906,63 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 14.06.2019 zu zahlen; 19die beklagte zu verurteilen, an die klägerin 3.612,35 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 14.06.2019 zu zahlen; 20die beklagte zu verurteilen, an die klägerin 4.005,65 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 14.06.2019 zu zahlen. 21die beklagte beantragt, 22die klage abzuweisen. 23die beklagte bestreitet die aktivlegitimation der klägerin, denn dieser fehle eine ausreichende erlaubnis nach § 2 abs. 1 rdg. es habe sich bei der tätigkeit der klägerin um eine rechtsdienstleistung und nicht nur um eine inkassotätigkeit nach § 2 abs. 2 rdg gehandelt. die verträge verstießen gegen § 138 bgb. die beklagte ist der auffassung, dass das widerspruchsrecht gemäß § 5a abs. 1 i.v.m. abs. 2 s. 1 vvg a.f. verfristet sei. das widerspruchsrecht sei verwirkt, die geltendmachung sei auch im hinblick auf den gewerblichen ankauf treuwidrig. die beklagte ist unter näherer darlegung im einzelnen der auffassung, die klageforderung sei überhöht, die beklagte habe keine nutzungen aus risikokosten oder verwaltungskosten ziehen können. die klägerin verkenne, dass es sich um fondsgebundene produkte gehandelt habe. 24wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den akteninhalt bezug genommen. 25
26die zulässige klage ist teilweise begründet. 271. die klägerin ist aktivlegitimiert. sie hat die abtretung der aus den erklärten widersprüchen in betracht kommenden ansprüche der zedenten gegen die beklagte durch vorlage der entsprechenden urkunden (abtretungs- und forderungskaufverträge) nachgewiesen. 28die abtretungs- bzw. forderungskaufverträge sind auch nicht nichtig, §§ 134, 138 bgb, § 2 rdg. die klägerin ist unstreitig im besitz einer erlaubnis i.s.v. § 10 abs. 3 rdg. entgegen der auffassung der beklagten war vorliegend eine weitergehende erlaubnis zur vornahme von rechtsdienstleistungen gemäß § 2 abs. 1 rdg nicht erforderlich. zum einen wurde zum zeitpunkt des abschlusses der abtretungs- bzw. forderungskaufverträge bezüglich sämtlicher verträge seitens der zedenten bereits der widerspruch/rücktritt erklärt. das bloße eintreiben der ansprüche aus widerspruch/rücktritt stellt keine rechtsdienstleistung in diesem sinne dar. eine rechtsdienstleistung i.s.v. § 2 abs. 1 rdg liegt nach den maßstäben des bgh (urteil vom 27.11.2019, viii zr 285/18) auch im hinblick auf die frage, inwieweit die klägerin die erfolgsaussichten der klage und damit die rechtslage geprüft hat, nicht vor. denn unter berücksichtigung von sinn und zweck der norm sowie der entstehungsgeschichte überschreitet eine prüfung der rechtlichen erfolgsaussichten regelmäßig nicht die grenzen einer inkassoleistung i.s.v. § 2 abs. 2 s.1 rdg. die abtretungen nebst den forderungskauf hat die beklagte nicht in abrede gestellt. ausreichende anhaltspunkte für eine sittenwidrigkeit der abtretungs- und forderungskaufverträge sind entgegen der auffassung der beklagten nicht ersichtlich. 292. der klägerin steht ein anspruch auf rückzahlung in höhe von insgesamt 9.156,86 € zu. insoweit liegen die voraussetzungen eines bereicherungsrechtlichen anspruches gemäß §§ 812 abs. 1 alt. 1, 818 bgb vor. die weitergehende klage unterlag der abweisung. 30a) nach § 5a vvg a.f. gilt für den fall, dass der versicherer dem versicherungsnehmer bei antragstellung die versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine verbraucherinformation nach § 10a vag unterlassen hat, der vertrag auf der grundlage des versicherungsscheins, der versicherungsbedingungen und der weiteren für den vertragsinhalt maßgeblichen verbraucherinformationen als geschlossen, wenn der versicherungsnehmer nicht binnen bestimmter frist widerspricht (sog. policenmodell). 31gemäß § 5a absatz 1 und 2 vvg in der fassung vom 13.07.2001 (gültig vom 01.08.2001 bis 07.12.2004) betrug die widerspruchsfrist 14 tage. der lauf dieser frist beginnt gem. § 5a abs. 2 satz 1 vvg a.f., wenn dem versicherungsnehmer der versicherungsschein und die unterlagen nach absatz 1, nämlich die versicherungsbedingungen sowie die verbraucherinformation nach § 10a vag a.f. vollständig vorliegen und der versicherungsnehmer bei aushändigung des versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher form über das widerspruchsrecht, den fristbeginn und die dauer belehrt worden ist. 32die streitgegenständlichen (identischen) widerspruchsbelehrungen sind unwirksam, weil der notwendige hinweis auf das erfordernis der textform fehlt. dass die beklagte auch einen widerspruch in mündlicher form akzeptiert hätte, ist der belehrung nicht zu entnehmen (vgl. dazu u.a. bgh, urteil vom 29.07.2015, iv zr 384/14). 33entgegen der auffassung der beklagten liegen bezüglich beider verträge die voraussetzungen einer treuwidrigkeit der geltendmachung (§ 242 bgb) nicht vor. die beklagte hat durch die übersendung der unwirksamen widerspruchsbelehrungen selbst die situation herbeigeführt und kann daher kein schützenswertes vertrauen in anspruch nehmen (vgl. dazu bgh, urteil vom 07.05.2014, iv zr 76/11). besondere umstände, die ausnahmsweise eine andere bewertung zuließen, sind nicht ersichtlich. somit stand den zedenten im jahre 2018 noch ein widerspruchsrecht zu, welches sie wirksam ausgeübt haben. dass das widerspruchsrecht bei unwirksamer belehrung auch noch nach ablauf der jahresfrist des § 5a abs. 2 s. 4 vvg a.f. besteht, ergibt sich aus einer richtlinienkonformen auslegung des § 5a abs. 2 s. 4 vvg a.f. auf der grundlage der vorabentscheidung des gerichtshofs der europäischen union vom 19.12.2013 (vgl. dazu bgh, urteil vom 11.11.2015, iv zr 513/14 mwn). die klageweise geltendmachung der forderung durch die klägerin ist nach alldem auch nicht treuwidrig. daran ändert auch nichts, dass es sich bei der klägerin um einen gewerblichen „forderungskäufer“ handelt. auch die seitens der beklagten vorgetragenen weiteren umstände, wie die bezugsrechtsänderung oder die beitragspause stellen nach der obergerichtlichen rechtsprechung allein keine ausreichenden gründe für die annahme einer treuwidrigkeit dar. 34hinsichtlich der beiden verträge ergeben sich folgende ansprüche aus §§ 812, 818 bgb, wobei die kammer, abgesehen von den risikokosten betreffend vertrag -976, die substantiiert vorgetragenen beträge der beklagten, denen die klägerin nicht entscheidend entgegengetreten ist, zu grunde legt: 35vertrag -460 vertrag -976 36beiträge: 11.584,02 € beiträge: 6.345,80 € 37nutzungen: 1.625,03 € nutzungen: 781,66 € 38abzüglich: 39risikokosten: 449,31 € risikokosten: 246,35 € 40auszahlung: 6.518,98 € auszahlung: 3.965,01 € 41differenz: 6.240,76 € differenz: 2.916,10 € 42weitergehende ansprüche der klägerin scheiden aus. eine nutzungsziehung aus risikokosten und abschlusskosten kommt unter keinem gesichtspunkt in betracht (vgl. bgh, urteil vom 29.04.2020, iv zr 5/19). 43b) ansprüche im zusammenhang mit dem vertrag -750 scheiden wegen treuwidrigkeit (§ 242 bgb) aus. im unterschied zu den beiden übrigen verträgen hat die zedentin nicht nur diverse einwirkungen auf den vertrag vorgenommen, wie fondsänderungen in den jahren 2010 und 2013, die beitragsbefreiung in 2013 und eine bezugsrechtsänderung in 2011. der vertrag ist auch ohne beanstandungen ausgelaufen und die zedentin hat nach entsprechendem antrag die kapitalleistung in anspruch genommen und für weitere 2 jahre keine einwendungen erhoben. dieses verhalten begründete bei der beklagten ein schutzwürdiges vertrauen in den bestand des vertrages. diese vertrauensbegründende wirkung war für die zedentin auch erkennbar. es stellt insofern einen verstoß gegen den grundsatz von treu und glauben dar, wenn die zedentin nach diversen einwirkungen auf den vertrag und der entgegennahme der ablaufleistung rund 15 jahre nach vertragsabschluss und 2 jahre nach ablauf des vertrages den widerspruch erklärt. 443. die zinsansprüche fußen auf verzugsgesichtspunkten. 454. die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 abs. 1, 709 zpo.
Klaeger*in
1
186,516
18 K 8046/13
2013-12-11T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird auf Kosten des Klägers abgewiesen.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet. 1Tatbestand:2Der am 00.0.1995 geborene Kläger besuchte von September 2004 bis Februar 2013 ein öffentliches Gymnasium in L. , zuletzt das 1. Halbjahr des 1. Jahres der Qualifikationsphase. In diesem Halbjahr hatte er ausweislich des Abgangszeugnisses in Sozialwissenschaften und Geschichte die Note befriedigend, in Biologie (Leistungskurs) und Englisch die Note ausreichend und in allen übrigen Fächern (Deutsch [ebenfalls Leistungskurs], Kunst, Philosophie, Mathematik, Informatik und Sport) die Note mangelhaft erzielt. Seit Februar 2013 besucht der Kläger eine Privatschule.3Mit Schreiben vom 15. Mai 2013 beantragte er, ihn zur Externen-Abiturprüfung im Jahr 2014 zuzulassen. Diesen Antrag lehnte die Bezirksregierung Düsseldorf am 17. September 2013 mit der Begründung ab, zur Externen-Abiturprüfung im Jahr 2014 könne gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Abiturprüfung für Externe (=PO‑Externe‑A) nur zugelassen werden, wer im Jahr 2013 keine öffentliche Schule besucht habe. Der Kläger habe aber bis zum 1. Februar 2013 eine öffentliche Schule besucht.4Mit seiner am 16. Oktober 2013 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor, die Regelung in § 1 Abs. 1 PO‑Externe‑A sei so zu verstehen, dass es nur schädlich sei, wenn innerhalb der letzten 365 Tage vor dem Beginn der Prüfungen eine öffentliche Schule besucht worden sei. Die Abiturprüfungen des Jahres 2014 würden den Externen in der Zeit ab dem 29. April abgenommen. Daher werde er zum Prüfungszeitpunkt länger als 14 Monate keine öffentliche Schule besucht haben. Die Auslegung durch die Bezirksregierung Düsseldorf verfehle den Wortlaut, weil dort gerade nicht Kalenderjahr stehe. Nur wie von ihm geschildert könne die Regelung verstanden werden und sei sie bisher gehandhabt worden. Die Bezirksregierung Arnsberg verweise in einem Merkblatt auf eben diesen Rechenweg, der auf Grund eines Erlasses des Kultusministeriums vom 3. April 1990 zur wortlautgleichen Vorgängerregelung auch seither so gehandhabt worden sei. Er habe bei Beginn seiner schulischen Ausbildung an der Privatschule darauf vertraut, die Prüfung im Jahre 2014 ablegen zu können.5Der Kläger beantragt,6das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung Düsseldorf vom 17. September 2013 zu verpflichten, ihn gemäß seinem Antrag vom 15. Mai 2013 zur Abiturprüfung für Externe im Jahr 2014 zuzulassen.7Das beklagte Land beantragt,8die Klage abzuweisen.9Es führt aus, der Entscheidung liege eine Änderung der PO‑Externe‑A vom 3. Februar 2012 zu Grunde. Diese sei einher gegangen mit einem bindenden Hinweis des Ministeriums für Schule und Weiterbildung, dass für die Berechnung der Jahresfrist auf das Kalenderjahr abzustellen sei. Mit dieser Regelung solle vermieden werden, dass Schüler, die die Abiturprüfung nicht bestanden haben, sich dem eigentlich verpflichtenden Unterrichtsbesuch entziehen und die Prüfung im nächsten Jahr ohne Schulbesuch gleichzeitig mit den Schülern, die ebenfalls nicht bestanden haben, aber im Gegensatz die Schule weiter besucht haben, ablegen können. Die jetzige Handhabung entspreche im Übrigen klar dem Wortlaut.10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach‑ und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Bezirksregierung Düsseldorf verwiesen.11Entscheidungsgründe:12Die zulässige Verpflichtungsklage des Klägers, über die das Gericht im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter und ohne mündliche Verhandlung (§§ 87a Abs. 3 und 2, 101 Abs. 2 VwGO) entscheidet, ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, zur Ablegung der Abiturprüfung als Externer im Jahr 2014 zugelassen zu werden, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.13Gemäß § 1 Satz 2 PO‑Externe‑A können sich Bewerber zur Prüfung anmelden, wenn sie in dem der Prüfung vorausgegangenen Jahr kein öffentliches oder als Ersatzschule genehmigtes oder vorläufig erlaubtes Gymnasium oder keine andere zur allgemeinen Hochschulreife führende Schule oder Einrichtung besucht haben. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wie eine am Wortlaut orientierte Auslegung ergibt. Die Vorschrift vergleicht jeweils ein Jahr, in das ein Ereignis fällt (Jahr des letzten Schulbesuchs) mit einem anderen Jahr, in das ebenfalls ein Ereignis fällt (Prüfungsjahr). Weil keine Angaben erfolgen, wie das Jahr zu berechnen ist, handelt es sich bei den Vergleichsjahren um Kalenderjahre, ohne dass die ausdrückliche Verwendung dieses Begriffs erforderlich wäre. Die dem Kläger günstige frühere taggenaue Auslegung der Vorschrift ist demgegenüber vom Wortlaut gerade nicht gedeckt, weshalb auf sie auch in Merkblättern und durch den Erlass vom 3. April 1990 hingewiesen werden musste. Klare Regelungen müssen nicht durch Merkblätter erläutert werden, sondern sprechen für sich selbst. Eine dem Kläger günstige Regelung würde einen anderen, nämlich folgenden Wortlaut erfordern: Wer in den letzten 365 Tagen vor dem Beginn der jeweiligen Abiturprüfung keine öffentliche Schule besucht hat, wird zur Abiturprüfung Externe zugelassen.14Es bestehen keine Bedenken, dass die Bezirksregierung Düsseldorf zu einer dem Wortlaut entsprechenden Auslegung zurückgekehrt ist. Abgesehen davon, dass die Bezirksregierung Düsseldorf an den Erlass des zuständigen Ministeriums (dieses könnte auch § 1 Abs. 1 PO‑Externe‑A jederzeit mit dem Ziel der Klarstellung ändern, ohne dass hierfür allerdings ein Grund bestände) gebunden ist, verwirklicht die jetzige Handhabung den in der Klageerwiderung zutreffend geschilderten Normzweck. Der Kläger soll nicht kurze Zeit nach dem Verlassen der gymnasialen Oberstufe mit den ehemaligen Mitschülern der öffentlichen Schule desselben Jahrgangs zur gleichen Zeit die Abiturprüfung ablegen, weil er bei einem Verbleib an der öffentlichen Schule nach den von ihm in der gymnasialen Oberstufe gezeigten Leistungen dort die Zulassung zum Abitur aller Voraussicht nach wegen mangelnder Leistungen nicht zeitgleich erlangt hätte. Der Kläger würde sich einen sachlich nicht gerechtfertigten, weil von der finanziellen Leistungskraft des Elternhauses (Finanzierung einer Privatschule) abhängigen Vorsprung in Gestalt der ein Jahr früheren Möglichkeit der Abiturprüfung gegenüber denjenigen Schülern verschaffen, die bei gleicher Leistung wie er im öffentlichen Schulsystem verbleiben und dort von der bei vergleichbarem Umfang der Minderleistungen voraussichtlich einzigen Möglichkeit des Rücktritts in die Einführungsphase (vgl. § 19 Abs. 1 APO‑GOst B, BASS 13‑32 N3. 3.1 B) Gebrauch machen. Diese werden nämlich bei ansonsten erfolgreichem Verlauf der Qualifikationsphase auch erst im Jahr 2015 zur Abiturprüfung zugelassen. Dass das Verlassen des Gymnasiums durch den Kläger allein den Grund gehabt hat, einen Rücktritt in die Einführungsphase zu vermeiden, schließt das Gericht aus dessen Abgangszeugnis.15Schutzwürdiges Vertrauen des Klägers in die Beibehaltung einer Wortlaut und Zweck der Regelung verfehlenden Auslegung ist nicht ersichtlich. Maßgeblicher Zeitpunkt ist wegen des sich aus dem Ziel der Ablegung des Abiturs ergebenden Gesamtzusammenhangs nämlich nicht der Beginn des Besuchs einer Privatschule, sondern der Eintritt des Klägers in die gymnasiale Oberstufe. Der Kläger wird nicht behaupten wollen, die erheblichen Minderleistungen im letzten Halbjahr seines Besuchs des Gymnasiums im Vertrauen darauf erbracht zu haben, dass er außerhalb des öffentlichen Schulsystems im selben Jahr wie seine (früheren) Klassenkameraden zur Abiturprüfung zugelassen wird.16Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 167 Abs. 2 und 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO. Dem Verwaltungsgericht eröffnete Berufungszulassungsgründe liegen nicht vor.
die klage wird auf kosten des klägers abgewiesen.das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht das beklagte land zuvor sicherheit in derselben höhe leistet. 1
2der am 00.0.1995 geborene kläger besuchte von september 2004 bis februar 2013 ein öffentliches gymnasium in l. , zuletzt das 1. halbjahr des 1. jahres der qualifikationsphase. in diesem halbjahr hatte er ausweislich des abgangszeugnisses in sozialwissenschaften und geschichte die note befriedigend, in biologie (leistungskurs) und englisch die note ausreichend und in allen übrigen fächern (deutsch [ebenfalls leistungskurs], kunst, philosophie, mathematik, informatik und sport) die note mangelhaft erzielt. seit februar 2013 besucht der kläger eine privatschule.3mit schreiben vom 15. mai 2013 beantragte er, ihn zur externen-abiturprüfung im jahr 2014 zuzulassen. diesen antrag lehnte die bezirksregierung düsseldorf am 17. september 2013 mit der begründung ab, zur externen-abiturprüfung im jahr 2014 könne gemäß § 1 abs. 1 der verordnung über die abiturprüfung für externe (=po‑externe‑a) nur zugelassen werden, wer im jahr 2013 keine öffentliche schule besucht habe. der kläger habe aber bis zum 1. februar 2013 eine öffentliche schule besucht.4mit seiner am 16. oktober 2013 erhobenen klage verfolgt der kläger sein begehren weiter. er trägt vor, die regelung in § 1 abs. 1 po‑externe‑a sei so zu verstehen, dass es nur schädlich sei, wenn innerhalb der letzten 365 tage vor dem beginn der prüfungen eine öffentliche schule besucht worden sei. die abiturprüfungen des jahres 2014 würden den externen in der zeit ab dem 29. april abgenommen. daher werde er zum prüfungszeitpunkt länger als 14 monate keine öffentliche schule besucht haben. die auslegung durch die bezirksregierung düsseldorf verfehle den wortlaut, weil dort gerade nicht kalenderjahr stehe. nur wie von ihm geschildert könne die regelung verstanden werden und sei sie bisher gehandhabt worden. die bezirksregierung arnsberg verweise in einem merkblatt auf eben diesen rechenweg, der auf grund eines erlasses des kultusministeriums vom 3. april 1990 zur wortlautgleichen vorgängerregelung auch seither so gehandhabt worden sei. er habe bei beginn seiner schulischen ausbildung an der privatschule darauf vertraut, die prüfung im jahre 2014 ablegen zu können.5der kläger beantragt,6das beklagte land unter aufhebung des bescheides der bezirksregierung düsseldorf vom 17. september 2013 zu verpflichten, ihn gemäß seinem antrag vom 15. mai 2013 zur abiturprüfung für externe im jahr 2014 zuzulassen.7das beklagte land beantragt,8die klage abzuweisen.9es führt aus, der entscheidung liege eine änderung der po‑externe‑a vom 3. februar 2012 zu grunde. diese sei einher gegangen mit einem bindenden hinweis des ministeriums für schule und weiterbildung, dass für die berechnung der jahresfrist auf das kalenderjahr abzustellen sei. mit dieser regelung solle vermieden werden, dass schüler, die die abiturprüfung nicht bestanden haben, sich dem eigentlich verpflichtenden unterrichtsbesuch entziehen und die prüfung im nächsten jahr ohne schulbesuch gleichzeitig mit den schülern, die ebenfalls nicht bestanden haben, aber im gegensatz die schule weiter besucht haben, ablegen können. die jetzige handhabung entspreche im übrigen klar dem wortlaut.10wegen der weiteren einzelheiten des sach‑ und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und des verwaltungsvorgangs der bezirksregierung düsseldorf verwiesen.11
12die zulässige verpflichtungsklage des klägers, über die das gericht im einverständnis der beteiligten durch den berichterstatter und ohne mündliche verhandlung (§§ 87a abs. 3 und 2, 101 abs. 2 vwgo) entscheidet, ist unbegründet. der kläger hat keinen anspruch darauf, zur ablegung der abiturprüfung als externer im jahr 2014 zugelassen zu werden, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo.13gemäß § 1 satz 2 po‑externe‑a können sich bewerber zur prüfung anmelden, wenn sie in dem der prüfung vorausgegangenen jahr kein öffentliches oder als ersatzschule genehmigtes oder vorläufig erlaubtes gymnasium oder keine andere zur allgemeinen hochschulreife führende schule oder einrichtung besucht haben. diese voraussetzungen liegen nicht vor, wie eine am wortlaut orientierte auslegung ergibt. die vorschrift vergleicht jeweils ein jahr, in das ein ereignis fällt (jahr des letzten schulbesuchs) mit einem anderen jahr, in das ebenfalls ein ereignis fällt (prüfungsjahr). weil keine angaben erfolgen, wie das jahr zu berechnen ist, handelt es sich bei den vergleichsjahren um kalenderjahre, ohne dass die ausdrückliche verwendung dieses begriffs erforderlich wäre. die dem kläger günstige frühere taggenaue auslegung der vorschrift ist demgegenüber vom wortlaut gerade nicht gedeckt, weshalb auf sie auch in merkblättern und durch den erlass vom 3. april 1990 hingewiesen werden musste. klare regelungen müssen nicht durch merkblätter erläutert werden, sondern sprechen für sich selbst. eine dem kläger günstige regelung würde einen anderen, nämlich folgenden wortlaut erfordern: wer in den letzten 365 tagen vor dem beginn der jeweiligen abiturprüfung keine öffentliche schule besucht hat, wird zur abiturprüfung externe zugelassen.14es bestehen keine bedenken, dass die bezirksregierung düsseldorf zu einer dem wortlaut entsprechenden auslegung zurückgekehrt ist. abgesehen davon, dass die bezirksregierung düsseldorf an den erlass des zuständigen ministeriums (dieses könnte auch § 1 abs. 1 po‑externe‑a jederzeit mit dem ziel der klarstellung ändern, ohne dass hierfür allerdings ein grund bestände) gebunden ist, verwirklicht die jetzige handhabung den in der klageerwiderung zutreffend geschilderten normzweck. der kläger soll nicht kurze zeit nach dem verlassen der gymnasialen oberstufe mit den ehemaligen mitschülern der öffentlichen schule desselben jahrgangs zur gleichen zeit die abiturprüfung ablegen, weil er bei einem verbleib an der öffentlichen schule nach den von ihm in der gymnasialen oberstufe gezeigten leistungen dort die zulassung zum abitur aller voraussicht nach wegen mangelnder leistungen nicht zeitgleich erlangt hätte. der kläger würde sich einen sachlich nicht gerechtfertigten, weil von der finanziellen leistungskraft des elternhauses (finanzierung einer privatschule) abhängigen vorsprung in gestalt der ein jahr früheren möglichkeit der abiturprüfung gegenüber denjenigen schülern verschaffen, die bei gleicher leistung wie er im öffentlichen schulsystem verbleiben und dort von der bei vergleichbarem umfang der minderleistungen voraussichtlich einzigen möglichkeit des rücktritts in die einführungsphase (vgl. § 19 abs. 1 apo‑gost b, bass 13‑32 n3. 3.1 b) gebrauch machen. diese werden nämlich bei ansonsten erfolgreichem verlauf der qualifikationsphase auch erst im jahr 2015 zur abiturprüfung zugelassen. dass das verlassen des gymnasiums durch den kläger allein den grund gehabt hat, einen rücktritt in die einführungsphase zu vermeiden, schließt das gericht aus dessen abgangszeugnis.15schutzwürdiges vertrauen des klägers in die beibehaltung einer wortlaut und zweck der regelung verfehlenden auslegung ist nicht ersichtlich. maßgeblicher zeitpunkt ist wegen des sich aus dem ziel der ablegung des abiturs ergebenden gesamtzusammenhangs nämlich nicht der beginn des besuchs einer privatschule, sondern der eintritt des klägers in die gymnasiale oberstufe. der kläger wird nicht behaupten wollen, die erheblichen minderleistungen im letzten halbjahr seines besuchs des gymnasiums im vertrauen darauf erbracht zu haben, dass er außerhalb des öffentlichen schulsystems im selben jahr wie seine (früheren) klassenkameraden zur abiturprüfung zugelassen wird.16die klage war daher mit der kostenfolge aus § 154 abs. 1 vwgo abzuweisen. die weiteren nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 167 abs. 2 und 1 vwgo, 708 nr. 11, 711, 709 satz 2 zpo. dem verwaltungsgericht eröffnete berufungszulassungsgründe liegen nicht vor.
Verklagte*r
0
164,612
14 K 1356/15
2015-06-23T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 00.0.1941 geborene Kläger wehrt sich gegen eine Ordnungsverfügung, mit der ihm die Fahrerlaubnis für alle ihm erteilten Klassen entzogen wurde. 3Bei dem Kläger sind die nachfolgend tabellarisch aufgelisteten punkterelevanten Ereignisse vorgefallen. Die Spalte „Punkte insg.“ gibt den vom Gericht errechneten Gesamtpunktestand wieder. Hinsichtlich der einzelnen Zuwiderhandlungen und anderen Ereignisse wird auf die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 4Lfd. Nr. Datum/ Tattag Ereignis Rechts-/ Bestandskraft Tilgung Punkte einzeln Punkte insg. 1. 08.11.2007 Straftat Unerlaubtes Entfernen v Unfallort 19.08.2008 7 7 2. 10.06.2009 OWi Rotlichtverstoß 11.08.2009 11.08.2014 4 11 3. 09.09.2009 Verwarnung (§ 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG) 11 4. 18.03.2010 OWi nicht vorschriftsmäßiges Fahrzeug 27.05.2010 3 14 5. 15.06.2010 Anordnung Aufbauseminar (§ 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG ) bei 14 Punkten, Frist: 13.09.2010 14 6. 16.09.2010 Anhörung EdF nach § 4 Abs. 7 StVG, Frist:30.09.2010 7. 03.10.2010 Straftat Unerlaubtes Entfernen v Unfallort 01.02.2011 21 8. 15.11.2010 Vorlage Teilnahmebescheinigung Aufbauseminar 21 9. 01.05.2014 Umrechnung der Punkte 8 10. 26.05.2014 OWi nicht vorschriftsmäßiges Fahrzeug 28.08.2014 1 9 5Die Beklagte sprach gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 09.09.2009 eine Verwarnung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Straßenverkehrsgesetz in der bis zum 30. April 2014 geltenden Fassung (StVG a.F.) bei einem Punktestand von 11 aus. Zugleich wies sie ihn auf die Möglichkeit der freiwilligen Teilnahme an einem Aufbauseminar hin. Von dieser Möglichkeit machte der Kläger keinen Gebrauch. 6Nachdem das Kraftfahrt-Bundesamt der Beklagten am 15.06.2010 die Ordnungswidrigkeit vom 18.03.2010 mitgeteilt hatte (insgesamt 14 Punkte), ordnete die Beklagte mit Bescheid vom 15.06.2010, mittels Postzustellungsurkunde zugestellt am 17.06.2010, gegenüber dem Kläger die Teilnahme an einem Aufbauseminar bis spätestens zum 13.09.2010 gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG a.F. an. Sie informierte den Kläger zudem, dass die Fahrerlaubnis zu entziehen sei, wenn er der Aufforderung nicht fristgerecht nachkomme. 7Nachdem der Kläger keine Bescheinigung vorgelegt hatte, hörte die Beklagte ihn mit Schreiben vom 16.09.2010 zu der beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 4 Abs. 7 StVG a.F. an. Der Kläger legte der Beklagten am 15.11.2010 eine Bescheinigung über die Teilnahme an einem Aufbauseminar gemäß § 4 Abs. 8 StVG a.F. vor. 8Am 30.05.2011 teilte das Kraftfahrt-Bundesamt der Beklagten eine weitere Straftat des Klägers mit (Tat vom 03.10.2010), so dass sich eine Punktebewertung von 21 Punkten ergab. 9Am 04.09.2014 teilte das Kraftfahrt-Bundesamt der Beklagten eine weitere Ordnungswidrigkeit des Klägers mit (OWi vom 26.05.2014). 10Die Beklagte reduzierte den vor dem 01.05.2014 bestehenden Punktestand von 21 auf 17 Punkte und rechnete ihn nach Inkrafttreten des vom 30.04.2014 bis zum 04.12.2014 geltenden StVG am 01.05.2014 in 7 Punkte umgesetzt. 11Unter dem 20.11.2014 hörte die Beklagte den Kläger schriftlich zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an. Nach der Umrechnung und der Tat vom 26.05.2014 betrage der Punktestand 8 Punkte. 12Im Anhörungsverfahren trug der Kläger über seinen Verfahrensbevollmächtigten vor, dass die Tat vom 08.11.2007 nach 5 Jahren getilgt sei, so dass nur ein Gesamtpunktestand von 6 Punkten nach dem neuen Punktesystem zu verzeichnen sei. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 02.12.2014 mit, dass die Tat nicht habe getilgt werden können, weil durch die nachfolgende Straftat vom 03.10.2010 Verjährungshemmung eingetreten sei. 13Mit Ordnungsverfügung vom 16.01.2015, mittels Postzustellungsurkunde zugestellt am 21.01.2015, entzog die Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis. Sie forderte ihn auf, seinen Führerschein unverzüglich nach Zustellung der Ordnungsverfügung abzugeben. Für den Fall, dass er dieser Verpflichtung nicht nachkomme, drohte sie ihm ein Zwangsgeld in Höhe von 750,00 Euro an. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, zulasten des Klägers seien 8 Punkte im Fahreignungsregister eingetragen. Es sei daher von seiner Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen. 14Der Kläger hat am 20.02.2015 Klage erhoben. 15Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass der Bescheid bereits aus formellen Gründen aufzuheben sei, weil er aus sich heraus nicht verständlich sei. Zudem hätte der Kläger nach der Überführung der Punkte in das neue System gesondert verwarnt werden müssen. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass er im Jahre 2010 an einem Aufbauseminar teilgenommen habe. 16Der Kläger beantragt, 17die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 16.01.2015 aufzuheben. 18Die Beklagte beantragt, 19die Klage abzuweisen. 20Sie wiederholt im Wesentlichen die Ausführungen in ihrer Ordnungsverfügung und ergänzt diese unter Hinweis auf die im Anhörungsverfahren übersandte Punkteübersicht. 21Mit Beschluss der Kammer vom 4. Mai 2015 ist das Verfahren der Vorsitzenden zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen worden. 22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen. 23Entscheidungsgründe: 24Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtene Ordnungsverfügung ist rechtmäßig. 25Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 StVG n. F.. Nach dieser Vorschrift hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich 8 oder mehr Punkte nach dem Punktesystem ergeben, denn dann gilt der Betroffene als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist in Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich der Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung, hier also der 16.01.2015. 26Die Bewertung der Verkehrsverstöße nach dem Punktesystem ergibt nach der oben stehenden Tabelle einen Punktestand von mindestens 8 Punkten. Die von der Beklagten verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis war infolgedessen gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 StVG n. F. zwingend. Irgendein Ermessen, welches der Beklagten die Möglichkeit eingeräumt hätte, von der Entziehung abzusehen, war ihr nicht eingeräumt. Gemäß § 4 Abs. 5 S. 4 StVG n. F. ist die Beklagte bei Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder Ordnungswidrigkeit gebunden. 27Das Stufenverfahren nach § 4 Abs. 3 StVG a. F. wurde ordnungsgemäß durchgeführt: Im Einzelnen: 28Die Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 09.09.2009 bei einem damaligen Punktestand von 11 Punkten gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StVG a. F. verwarnt. Bei einem Stand von 14 Punkten hat die Beklagte mit Bescheid vom 15.06.2010 die Teilnahme an einem Aufbauseminar angeordnet (vgl. § 4 S. 1 Abs. 3 Nr. 2 StVG a. F.). Der Kläger wurde in diesem Bescheid auch ordnungsgemäß gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 S. 3 StVG a. F. verwarnt. Die Fahrerlaubnisbehörde hat den Antragsteller darüber unterrichtet, dass ihm bei Erreichen von 18 Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird und ihn zudem darauf hingewiesen, dass er zwecks Erreichens eines Punkterabatts die Möglichkeit einer verkehrspsychologischen Beratung hat. Nachdem der Kläger die Teilnahmebescheinigung nicht rechtzeitig vorgelegt hatte, hätte die Beklagte bereits damals nach § 4 Abs. 7 StVG a.F. die Fahrerlaubnis entziehen können. 29Somit hat die Beklagte sämtliche, nach dem alten Recht vorzunehmende Verwarnungen vorgenommen. Mit der Tat vom 03.10.2010 ergab sich bereits ein Punktestand von 21 Punkten, der am 01.05.2014 bereits in 8 Punkte umzurechnen gewesen wäre. Zu Gunsten des Klägers ist ihm nun erst nach Erreichen von 9 Punkten mit der Tat vom 26.05.2014 die Fahrerlaubnis entzogen worden. 30Die Beklagte war auch nach Inkrafttreten des neuen Rechts nicht verpflichtet, die Verwarnungen zu wiederholen. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des neuen Fahrerlaubnisregisters die Absicht verfolgt hat, dass die Fahrerlaubnisbehörden in jedem Fall die bereits erteilten Verwarnungen nach dem alten Recht unter Bezugnahme auf die neuen Vorschriften wiederholen, 31vgl. OVG NRW, Beschluss vom 07.05.2015 – 16 B 205/15 – www.nrwe.de; VG Düsseldorf, Beschluss vom 26.01.2015 – 14 L 3058/14 –. 32Zwar leidet die Ordnungsverfügung nicht unter einem Begründungsmangel gemäß § 39 VwVfG, da sie zum einen auf die Anhörung verweist, die als Anlage die Verstöße zum Teil auflistet und ein Begründungsmangel zum anderen auch nach § 45 Abs. Nr. 2 VwVfG im Klageverfahren geheilt worden wäre. Gleichwohl weist das Gericht darauf hin, dass es dem besseren Verständnis der Bescheide dient, wenn sie eine vollständige Übersicht aller punkterelevanten Ereignisse enthalten. 33Die Verpflichtung zur Führerscheinabgabe ergab sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG n. F.. Ein Ermessen wird der Behörde insoweit nicht eingeräumt. Die mit der Fahrerlaubnisentziehung verbundene Zwangsmittelandrohung war gemäß §§ 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes – VwVG – rechtmäßig. 34Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 35Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils beizutreibenden betrages abwenden, soweit nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der am 00.0.1941 geborene kläger wehrt sich gegen eine ordnungsverfügung, mit der ihm die fahrerlaubnis für alle ihm erteilten klassen entzogen wurde. 3bei dem kläger sind die nachfolgend tabellarisch aufgelisteten punkterelevanten ereignisse vorgefallen. die spalte „punkte insg.“ gibt den vom gericht errechneten gesamtpunktestand wieder. hinsichtlich der einzelnen zuwiderhandlungen und anderen ereignisse wird auf die verwaltungsvorgänge bezug genommen. 4lfd. nr. datum/ tattag ereignis rechts-/ bestandskraft tilgung punkte einzeln punkte insg. 1. 08.11.2007 straftat unerlaubtes entfernen v unfallort 19.08.2008 7 7 2. 10.06.2009 owi rotlichtverstoß 11.08.2009 11.08.2014 4 11 3. 09.09.2009 verwarnung (§ 4 abs. 3 satz 1 nr. 1 stvg) 11 4. 18.03.2010 owi nicht vorschriftsmäßiges fahrzeug 27.05.2010 3 14 5. 15.06.2010 anordnung aufbauseminar (§ 4 abs. 3 satz 1 nr. 2 stvg ) bei 14 punkten, frist: 13.09.2010 14 6. 16.09.2010 anhörung edf nach § 4 abs. 7 stvg, frist:30.09.2010 7. 03.10.2010 straftat unerlaubtes entfernen v unfallort 01.02.2011 21 8. 15.11.2010 vorlage teilnahmebescheinigung aufbauseminar 21 9. 01.05.2014 umrechnung der punkte 8 10. 26.05.2014 owi nicht vorschriftsmäßiges fahrzeug 28.08.2014 1 9 5die beklagte sprach gegenüber dem kläger mit schreiben vom 09.09.2009 eine verwarnung nach § 4 abs. 3 satz 1 nr. 1 straßenverkehrsgesetz in der bis zum 30. april 2014 geltenden fassung (stvg a.f.) bei einem punktestand von 11 aus. zugleich wies sie ihn auf die möglichkeit der freiwilligen teilnahme an einem aufbauseminar hin. von dieser möglichkeit machte der kläger keinen gebrauch. 6nachdem das kraftfahrt-bundesamt der beklagten am 15.06.2010 die ordnungswidrigkeit vom 18.03.2010 mitgeteilt hatte (insgesamt 14 punkte), ordnete die beklagte mit bescheid vom 15.06.2010, mittels postzustellungsurkunde zugestellt am 17.06.2010, gegenüber dem kläger die teilnahme an einem aufbauseminar bis spätestens zum 13.09.2010 gemäß § 4 abs. 3 satz 1 nr. 2 stvg a.f. an. sie informierte den kläger zudem, dass die fahrerlaubnis zu entziehen sei, wenn er der aufforderung nicht fristgerecht nachkomme. 7nachdem der kläger keine bescheinigung vorgelegt hatte, hörte die beklagte ihn mit schreiben vom 16.09.2010 zu der beabsichtigten entziehung der fahrerlaubnis gemäß § 4 abs. 7 stvg a.f. an. der kläger legte der beklagten am 15.11.2010 eine bescheinigung über die teilnahme an einem aufbauseminar gemäß § 4 abs. 8 stvg a.f. vor. 8am 30.05.2011 teilte das kraftfahrt-bundesamt der beklagten eine weitere straftat des klägers mit (tat vom 03.10.2010), so dass sich eine punktebewertung von 21 punkten ergab. 9am 04.09.2014 teilte das kraftfahrt-bundesamt der beklagten eine weitere ordnungswidrigkeit des klägers mit (owi vom 26.05.2014). 10die beklagte reduzierte den vor dem 01.05.2014 bestehenden punktestand von 21 auf 17 punkte und rechnete ihn nach inkrafttreten des vom 30.04.2014 bis zum 04.12.2014 geltenden stvg am 01.05.2014 in 7 punkte umgesetzt. 11unter dem 20.11.2014 hörte die beklagte den kläger schriftlich zur beabsichtigten entziehung der fahrerlaubnis an. nach der umrechnung und der tat vom 26.05.2014 betrage der punktestand 8 punkte. 12im anhörungsverfahren trug der kläger über seinen verfahrensbevollmächtigten vor, dass die tat vom 08.11.2007 nach 5 jahren getilgt sei, so dass nur ein gesamtpunktestand von 6 punkten nach dem neuen punktesystem zu verzeichnen sei. die beklagte teilte dem kläger mit schreiben vom 02.12.2014 mit, dass die tat nicht habe getilgt werden können, weil durch die nachfolgende straftat vom 03.10.2010 verjährungshemmung eingetreten sei. 13mit ordnungsverfügung vom 16.01.2015, mittels postzustellungsurkunde zugestellt am 21.01.2015, entzog die beklagte dem kläger die fahrerlaubnis. sie forderte ihn auf, seinen führerschein unverzüglich nach zustellung der ordnungsverfügung abzugeben. für den fall, dass er dieser verpflichtung nicht nachkomme, drohte sie ihm ein zwangsgeld in höhe von 750,00 euro an. zur begründung führte sie im wesentlichen aus, zulasten des klägers seien 8 punkte im fahreignungsregister eingetragen. es sei daher von seiner ungeeignetheit zum führen von kraftfahrzeugen auszugehen. 14der kläger hat am 20.02.2015 klage erhoben. 15zur begründung führt er im wesentlichen aus, dass der bescheid bereits aus formellen gründen aufzuheben sei, weil er aus sich heraus nicht verständlich sei. zudem hätte der kläger nach der überführung der punkte in das neue system gesondert verwarnt werden müssen. auch sei nicht berücksichtigt worden, dass er im jahre 2010 an einem aufbauseminar teilgenommen habe. 16der kläger beantragt, 17die ordnungsverfügung der beklagten vom 16.01.2015 aufzuheben. 18die beklagte beantragt, 19die klage abzuweisen. 20sie wiederholt im wesentlichen die ausführungen in ihrer ordnungsverfügung und ergänzt diese unter hinweis auf die im anhörungsverfahren übersandte punkteübersicht. 21mit beschluss der kammer vom 4. mai 2015 ist das verfahren der vorsitzenden zur entscheidung als einzelrichterin übertragen worden. 22wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten ergänzend bezug genommen. 23
24die zulässige klage ist unbegründet. die angefochtene ordnungsverfügung ist rechtmäßig. 25sie findet ihre rechtsgrundlage in § 4 abs. 5 s. 1 nr. 3 stvg n. f.. nach dieser vorschrift hat die fahrerlaubnisbehörde die fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich 8 oder mehr punkte nach dem punktesystem ergeben, denn dann gilt der betroffene als ungeeignet zum führen von kraftfahrzeugen. maßgebender zeitpunkt für die beurteilung der sach- und rechtslage ist in verfahren gemäß § 80 abs. 5 vwgo grundsätzlich der zeitpunkt der (letzten) behördenentscheidung, hier also der 16.01.2015. 26die bewertung der verkehrsverstöße nach dem punktesystem ergibt nach der oben stehenden tabelle einen punktestand von mindestens 8 punkten. die von der beklagten verfügte entziehung der fahrerlaubnis war infolgedessen gemäß § 4 abs. 5 s. 1 nr. 3 stvg n. f. zwingend. irgendein ermessen, welches der beklagten die möglichkeit eingeräumt hätte, von der entziehung abzusehen, war ihr nicht eingeräumt. gemäß § 4 abs. 5 s. 4 stvg n. f. ist die beklagte bei maßnahmen nach satz 1 an die rechtskräftige entscheidung über die straftat oder ordnungswidrigkeit gebunden. 27das stufenverfahren nach § 4 abs. 3 stvg a. f. wurde ordnungsgemäß durchgeführt: im einzelnen: 28die beklagte hat den kläger mit schreiben vom 09.09.2009 bei einem damaligen punktestand von 11 punkten gemäß § 4 abs. 3 s. 1 nr. 1 stvg a. f. verwarnt. bei einem stand von 14 punkten hat die beklagte mit bescheid vom 15.06.2010 die teilnahme an einem aufbauseminar angeordnet (vgl. § 4 s. 1 abs. 3 nr. 2 stvg a. f.). der kläger wurde in diesem bescheid auch ordnungsgemäß gemäß § 4 abs. 3 s. 1 nr. 2 s. 3 stvg a. f. verwarnt. die fahrerlaubnisbehörde hat den antragsteller darüber unterrichtet, dass ihm bei erreichen von 18 punkten die fahrerlaubnis entzogen wird und ihn zudem darauf hingewiesen, dass er zwecks erreichens eines punkterabatts die möglichkeit einer verkehrspsychologischen beratung hat. nachdem der kläger die teilnahmebescheinigung nicht rechtzeitig vorgelegt hatte, hätte die beklagte bereits damals nach § 4 abs. 7 stvg a.f. die fahrerlaubnis entziehen können. 29somit hat die beklagte sämtliche, nach dem alten recht vorzunehmende verwarnungen vorgenommen. mit der tat vom 03.10.2010 ergab sich bereits ein punktestand von 21 punkten, der am 01.05.2014 bereits in 8 punkte umzurechnen gewesen wäre. zu gunsten des klägers ist ihm nun erst nach erreichen von 9 punkten mit der tat vom 26.05.2014 die fahrerlaubnis entzogen worden. 30die beklagte war auch nach inkrafttreten des neuen rechts nicht verpflichtet, die verwarnungen zu wiederholen. denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der gesetzgeber mit der einführung des neuen fahrerlaubnisregisters die absicht verfolgt hat, dass die fahrerlaubnisbehörden in jedem fall die bereits erteilten verwarnungen nach dem alten recht unter bezugnahme auf die neuen vorschriften wiederholen, 31vgl. ovg nrw, beschluss vom 07.05.2015 – 16 b 205/15 – www.nrwe.de; vg düsseldorf, beschluss vom 26.01.2015 – 14 l 3058/14 –. 32zwar leidet die ordnungsverfügung nicht unter einem begründungsmangel gemäß § 39 vwvfg, da sie zum einen auf die anhörung verweist, die als anlage die verstöße zum teil auflistet und ein begründungsmangel zum anderen auch nach § 45 abs. nr. 2 vwvfg im klageverfahren geheilt worden wäre. gleichwohl weist das gericht darauf hin, dass es dem besseren verständnis der bescheide dient, wenn sie eine vollständige übersicht aller punkterelevanten ereignisse enthalten. 33die verpflichtung zur führerscheinabgabe ergab sich aus § 3 abs. 2 satz 3 stvg n. f.. ein ermessen wird der behörde insoweit nicht eingeräumt. die mit der fahrerlaubnisentziehung verbundene zwangsmittelandrohung war gemäß §§ 57 abs. 1 nr. 2, 60, 63 des verwaltungsvollstreckungsgesetzes – vwvg – rechtmäßig. 34die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 35die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, § 711 zivilprozessordnung (zpo).
Verklagte*r
0
124,119
6 K 1107/16
2016-06-29T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin studiert seit dem Wintersemester 2015/16 im Masterstudiengang Europastudien an der S. B.. Zuvor hatte sie an der Czech University of Life Science Prague (Universität Prag) den Studiengang Economics and Management absolviert. 3Unter dem 16. Oktober 2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Anrechnung von insgesamt fünf Modulen aus dem in Prag absolvierten Studiengang, u.a. der Module „European Integration“ und „International Law and EU Law“ sowie der Masterarbeit mit dem Thema „Selected economic aspects of EU enlargement“. 4Mit Bescheid vom 11. November 2015 lehnte der Fakultätsprüfungsausschuss die Anrechnung der vorgenannten Module ab. Der Kurs „European Integration“ weise wesentliche Unterschiede zu der Veranstaltung „Europäische Integrationsgeschichte“ Im Masterstudiengang an der S1. auf. Der Kurs „International Law an EU Law“ werde an der Universität Prag mit 4 Credit Points (CP) bewertet. Die Module Europarecht I, II und III, in denen diese Leistungen inhaltlich anzusiedeln wären, hätten jedoch einen Umfang von jeweils 6 CP. Der Umfang der zu ersetzenden Prüfungsleistung übersteige damit 50 % der zur Anrechnung beantragten Prüfungsleistungen, so dass eine Anrechnung dieser Prüfungsleistungen aufgrund der wesentlichen Unterschiede im Umfang ausscheide. Die vorgelegte Masterarbeit umfasse lediglich 25 CP. Für die Abschlussarbeit im Masterstudiengang Europastudien würden jedoch 30 CP vergeben. Darüber hinaus habe die absolvierte Masterarbeit einen praktischen Teil in einer Organisation, also die praktische Anwendung der theoretischen Erkenntnisse. Eine Vergleichbarkeit der Prüfungsleistung sei daher weder im Umfang noch inhaltlich gegeben. 5Hiergegen legte die Klägerin am 14. Dezember 2015 Widerspruch ein. Der Nachweis, dass hinsichtlich der erworbenen Kompetenzen ein wesentlicher Unterschied zu sämtlichen in Frage kommenden Leistungen im Masterstudiengang Europastudien bestehe, sei nicht geführt worden. Insbesondere sei unzulässigerweise ein rein schematischer Vergleich vorgenommen worden. Hinsichtlich der beantragten Leistung im Modul „European Integration“ sei ganz offensichtlich die falsche Prüfungsleistung des Masterstudiengang Europastudien auf mögliche Unterschiede hin untersucht worden. Hinsichtlich der Leistung „International Law an EU Law“ sei lediglich ein rein schematischer Vergleich vorgenommen worden. Die Masterarbeit erfülle mit einem Thema aus dem Bereich „Europäische Wirtschaft“ nicht nur die inhaltlichen Anforderungen, sondern mit 109 Seiten auch die Anforderungen an den Umfang der zu ersetzenden Leistung. Im Übrigen falle die Abweichung hinsichtlich der vergebenen CP nicht ins Gewicht. Hinsichtlich des praktischen Teils sei es nicht um die Anwendung der theoretischen Kenntnisse, sondern um die Gewinnung der für die wissenschaftliche Arbeit erforderlichen Erkenntnisse gegangen. Im Übrigen beantragte die Klägerin eine Überprüfung durch das Rektorat gemäß § 63a Abs. 5 des Hochschulgesetzes NRW. 6Am 17. Dezember 2015 stellte die Klägerin einen Antrag auf Anrechnung des Moduls „International Law and EU Law“, hilfsweise in Kombination mit dem Modul „European Integration“, auf das Modul „Europarecht I“. 7Unter dem 6. April 2016 wies der Fakultätsprüfungsausschuss den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Prüfungsleistung im Modul „International Law and EU Law“ weise wesentliche Unterschiede zu sämtlichen Modulen des Masterstudiengang Europastudien auf. Der an der Universität Prag absolvierte Kurs sei zudem nur mit 4 CP bewertet, während für das Modul „Europarecht I“ 6 CP vergeben werden. Zudem würden die Inhalte des Moduls „Europarecht I“ im absolvierten Kurs „International Law and EU Law“ nicht im gleichen Umfang gelehrt. Naturgemäß würden die Studierenden an der Universität Prag überhaupt nicht mit den Themen „Verhältnis Deutsches Recht - Unionsrecht nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts“ und „Zusammenarbeit der deutschen Bundesregierung, des Bundestags und der Bundesländer in EU-Angelegenheiten“ vertraut gemacht. Diese Themen machten jedoch einen wesentlichen Teil der Veranstaltung im Magisterstudiengang Europastudien aus. Das Modul „European Integration“ weise nur wenige inhaltliche Überschneidungen mit dem Modul „Europarecht I“ auf. Lediglich die Organe der EU, die Verfahrensregeln und der Themenbereich der loyalen Zusammenarbeit sowie die Rechtsquellen und Grundrechte würden in beiden Veranstaltungen behandelt. Eine Anrechnung der Masterarbeit sei ebenfalls nicht möglich. Die Klägern habe keine Unterlagen vorgelegt, denen vollumfänglich die für eine Überprüfung auf wesentliche Unterschiede erforderlichen Informationen entnommen werden könnten. Vielmehr sprächen die vorgelegten Unterlagen gerade gegen eine Anrechnung der Magisterarbeit. Die erbrachte Masterarbeit umfasse lediglich 25 CP, während im Masterstudiengang Europastudien 30 CP für die Masterarbeit vergeben würden. Der erneute Antrag auf Anrechnung werde als unzulässig verworfen. Über eine Anrechnung der Module sei bereits mit Bescheid vom 11. November 2015 entschieden worden. Eine Anrechnung der Module „International Law and EU Law“ und „European Integration“ in Kombination werde abgelehnt. Das Modul „European Integration“ könne keine Inhalte und Kompetenzen beisteuern, die im Modul „International Law and EU Law“ im Vergleich zum Modul „Europarecht I“ fehlten. Vielmehr seien die einzigen Themenbereiche des Moduls „European Integration“, die auch im Modul „Europarecht I“ enthalten seien, solche, die auch bereits Bestandteil des Moduls „International Law and EU Law“ seien. 8Gegen den ihr am 18. April 2016 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 18. Mai 2016 Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, der Widerspruchsbescheid sei bereits von dem falschen Gremium erlassen worden. So habe der hier nicht zuständige Fakultätsprüfungsausschuss entschieden. Darüber hinaus sei ihr Antrag auf Vorlage an das Rektorat gemäß § 63a Abs. 5 Hochschulgesetz NRW ignoriert worden. Zudem habe dem Fakultätsprüfungsausschuss lediglich ein Teil ihrer Widerspruchsbegründung vorgelegen. Inhaltlich sei die Ablehnung der Anrechnung der Leistungen „International Law and EU Law“ und „European Integration“ fehlerhaft. Wie sich aus der Modulbeschreibung ergebe, deckten die erbrachten Prüfungsleistungen die Inhalte des Moduls „Europarecht I“ in Kombination vollständig ab. Die in dem Widerspruchsbescheid vorgehaltenen Themen würden demgegenüber in der Modulbeschreibung „Europarecht I“ nicht genannt. Die Masterarbeit sei ebenfalls anzurechnen. Die Beklagte habe insoweit einen unzulässigen rein schematischen Vergleich vorgenommen. Einen wesentlichen Unterschied zur Masterarbeit im Studiengang Europastudien habe sie nicht nachgewiesen, obwohl ihr insoweit die Beweislast obliege. Mittlerweile haben sie - die Klägerin - auch das Europapodium als integralen Teil des Moduls Masterarbeit absolviert, so dass sich hinsichtlich der zu vergebenden CP eine minimale Abweichung von lediglich 10 % ergeben. 9Die Klägerin beantragt, 10die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Feststellungen in dem Bescheid vom 11. November 2015 sowie unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 6. April 2016 zu verpflichten, 11die erbrachten Prüfungsleistungen in den Modulen „International Law an EU Law“ und „European Integration“ kombiniert auf das Modul „Europarecht I“ sowie 12die Masterarbeit mit dem Titel „Selected economic aspects of EU enlargement“ auf das Modul „Masterarbeit“ 13anzurechnen. 14Die Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Die Klage sei unbegründet. Über den Widerspruch der Klägerin und den Antrag sei rechtskonform entschieden worden. Bei dem Prüfungsausschuss für den Masterstudiengang Europastudien handele es sich um den Fakultätsprüfungsausschuss der Philosophischen Fakultät. Die Ablehnung der Anrechnung der Prüfungsleistungen „International Law and EU Law“ und „European Integration“ sei zu Recht erfolgt. Ein wesentlicher inhaltlicher Unterschiede des Moduls „International Law and EU Law“ zum Modul „Europarecht I“ ergebe sich bereits daraus, dass ausweislich der Modulbeschreibung „International Law and EU Law“ ein Bezug zum tschechischen Recht hergestellt werde, während dies im Modul „Europarecht I“ nicht der Fall sei. Zudem würden offenbar diverse Themenbereiche, die im Modul „Europarecht I“ behandelt würden, im Modul „International Law and EU Law“ nicht oder nicht in derselben Tiefe vermittelt. Der einzige Bereich der offensichtlich sowohl im Modul „Europarecht I“ als auch im Modul „International Law and EU Law“ gelehrt werde, umfasse die Grundlagen des Europarechts mit den Rechtsquellen und historischen Aspekten. Zudem sei der Umfang des Moduls „Europarecht I“ mit 2,6 Semesterwochenstunden ein anderer, als der des Moduls „International Law and EU Law mit zwei course hours. Schließlich würden unterschiedliche CP vergeben. Das Modul „European Integration“ weise naturgemäß bereits deshalb wesentliche Unterschiede zu dem Modul „Europarecht I“ auf, weil es einen anderen Themenbereich behandele. Zwar würden im Themenbereich Integration auch rechtliche Gesichtspunkte beleuchtet; ausweislich der Modulbeschreibung betreffe dies jedoch nur einen Aspekt neben wirtschaftlichen, sozialen, politischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen. Auch die mehrfach begehrte kombinierte Anerkennung der beiden erbrachten Leistungen komme nicht in Betracht, da auch in Kombination wesentlichen Unterschiede zum Modul „Europarecht I“ gegeben seien. Die Ablehnung der Anrechnung der Magisterarbeit sei ebenfalls zu Recht erfolgt. Unabhängig vom Inhalt der an der Universität Prag verfassten Arbeit sei festzustellen, dass bereits die grundsätzlichen Anforderungen an die Magisterarbeit im Masterstudiengang Europastudien nicht erfüllt sein. Gravierend sei zunächst, dass die Masterarbeit nach der Studienordnung in deutscher oder englischer Sprache abgefasst werden könne. Die Arbeit der Klägerin sei jedoch auf tschechisch verfasst. Hieran vermöge auch das eingereichte Abstract in englischer Sprache nichts zu ändern. Dieses betrage lediglich drei Sätze und sei nicht geeignet, die Inhalte der Masterarbeit derart wiederzugeben, dass eine Überprüfung auf die thematische Zurechenbarkeit zum Masterstudiengang Europastudien erfolgen könne. Zudem überschreite die Arbeit den nach der Studienordnung vorgeschriebenen Umfang von 80 Seiten. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Masterarbeit an der Universität Prag ausweislich der eingereichten Unterlagen in vier Stationen untergliedert sei, zu denen ein praktischer Teil gehöre, der ausdrücklich in der Modulbeschreibungen als Teil der Erstellung der Masterarbeit ausgewiesen werde. Auch hierin bestehe ein wesentlicher Unterschiede zu Masterarbeit im Studiengang Europastudien. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach‑ und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. 18Entscheidungsgründe: 19Das Gericht konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung entscheiden. Da die der Klägerin (erst) in der mündlichen Verhandlung übergebene Klageerwiderung keinen neuen Sachvortrag enthält, sondern nur eine rechtliche Bewertung der bereits bekannten und der Klägerin vorliegenden Unterlagen, war die bis zum 4. Juli 2016 gesetzte Nachfrist angemessen. Auch unter Berücksichtigung des Auslandsaufenthalts hätte die Klägerin durchaus noch in angemessenem Umfang zu den Ausführungen der Beklagtenseite Stellung nehmen können. Angesichts der Möglichkeit, eine Stellungnahme an das Gericht per Fax zu übersenden (so etwa erfolgt bei Klageerhebung), verfängt auch nicht der Hinweis auf die Postlaufzeiten. Soweit die Klägerin auf die Vorschriften der §§ 277, 283 ZPO verweist, ist darauf hinzuweisen, dass diese Regelungen aufgrund des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatzes der Amtsermittlung und der speziellen Regelungen in § 87b VwGO nicht anwendbar sind. 20Vgl. etwa Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 21. Auflage 2015, Rn. 5 zu § 173. 21Da der Schriftsatz der Klägerin vom 29. Juni 2016 weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht neues Vorbringen enthält, besteht auch keine Veranlassung für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. 22Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. 23Der Bescheid vom 11. November 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 6. April 2016 sind rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs.1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anrechnung der erbrachten Prüfungsleistungen in den Modulen „International Law an EU Law“ und „European Integration“ auf das Modul „Europarecht I“ im Studiengang Europastudien sowie auf Anrechnung der Masterarbeit mit dem Titel „Selected economic aspects of EU enlargement“ auf das Modul „Masterarbeit“ im Studiengang Europastudien. 24In formaler Hinsicht hat der gemäß § 9 der Prüfungsordnung für den Masterstudiengang Europastudien vom 18. Februar 2016 (im Folgenden: PO) - die hier nach § 16 Abs. 1 PO anzuwenden ist - i.V.m. §§ 11, 13, 23 der Übergreifenden Prüfungsordnung für alle Bachelor- und Masterstudiengänge an der S1. B. (im Folgenden: ÜPO) zuständige Fakultätsprüfungsausschuss der Philosophischen Fakultät den angefochtenen Ausgangs- und Widerspruchsbescheid erlassen. Soweit die Klägerin geltend macht, eine Entscheidung des Rektorats nach § 63a Abs. 5 des Hochschulgesetzes NRW (im Folgenden: HG NRW) sei nicht eingeholt worden, ergibt sich daraus allein kein den geltend gemachten Anspruch begründenden Verfahrensmangel. 25In materieller Hinsicht besteht ein Anspruch auf Anerkennung der an der Universität in Prag erbrachten Prüfungsleistungen nicht. 26Nach § 63a Abs. 1 Satz 1 HG NRW, § 13 Abs. 1 Satz 1 ÜPO werden - bestandene und nicht bestandene - Prüfungsleistungen, die in Studiengängen an anderen staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen, an staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademien oder in Studiengängen an ausländischen staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen erbracht worden sind, auf Antrag (an den zuständigen Prüfungsausschuss) anerkannt, sofern hinsichtlich der erworbenen Kompetenzen kein wesentlicher Unterschied zu den Leistungen besteht, die ersetzt werden. 27Wesentliche Unterschiede bestehen insbesondere dann, wenn die erworbenen Kompetenzen den Anforderungen des jeweiligen Bachelor- bzw. Masterstudiengangs nicht entsprechen. Dabei ist kein schematischer Vergleich, sondern eine Gesamtbetrachtung und -bewertung vorzunehmen. Für Studienzeiten, Studienleistungen und Prüfungsleistungen, die außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes erbracht wurden, sind die von der Kultusministerkonferenz gebilligten Äquivalenzvereinbarungen sowie Absprachen im Rahmen der Hochschulpartnerschaft zu berücksichtigen. Im Übrigen kann bei Zweifeln die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen gehört werden (§ 13 Abs. 2 ÜPO). 28Ein Anspruch auf Anerkennung der an der Universität in Prag erbrachten Prüfungsleistungen ergibt sich nicht bereits aus dem deutsch-tschechischen Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten von Bildungsnachweisen im Hochschulbereich vom 26. Januar 2009 (BGBl. II 158). Danach werden zwar Studienabschlüsse zum Zwecke des Weiterstudiums anerkannt (vgl. Art. 3 Abs. 3 und Art. 7 des Abkommens) und können in der Tschechischen Republik verliehene Grade nach Maßgabe von Artikel 6 des Abkommens in Deutschland geführt werden. Davon zu unterscheiden ist aber die Anerkennung einzelner in der Tschechischen Republik erbrachter Studien- und Prüfungsleistungen. Insoweit sieht das Äquivalenzabkommen gerade keine automatische Anerkennung vor. Vielmehr werden einschlägige Studien- und Prüfungsleistungen auf Antrag „nach Maßgabe der Studien- und Prüfungsordnungen“ angerechnet oder anerkannt (Artikel 3 Abs. 1 des deutsch-tschechischen Abkommens). Das bedeutet für die von der Klägerin an der Universität in Prag erbrachten Prüfungsleistungen, dass eine Anerkennung nur dann erfolgen kann, wenn keine wesentlichen Unterschiede im Sinne von § 13 Abs. 1 und 2 ÜPO zu den Modulen des Masterstudiengangs Europastudien an der S1. B. bestehen. Nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus dem Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region (sog. Lissabon-Konvention, BGBl. 2007 II 712). Auch danach werden Studienzeiten und Hochschulqualifikationen nur dann anerkannt, wenn ein wesentlicher Unterschied zwischen der Qualifikation bzw. der in einer anderen Vertragspartei vollendeten Studienzeit, deren Anerkennung angestrebt wird, und der entsprechenden Qualifikation in der Vertragspartei, in der die Anerkennung angestrebt wird, nicht nachgewiesen werden kann (vgl. Artikel V.1 und VI.1 der Lissabon-Konvention). 29Wesentliche Unterschiede im Sinne von § 13 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 ÜPO bestehen aber sowohl zwischen den erbrachten Prüfungsleistungen in den Modulen „International Law an EU Law“ und „European Integration“ (in Kombination) einerseits und dem Modul „Europarecht I“ des Studiengang Europastudien andererseits (dazu a) als auch der Masterarbeit mit dem Titel „Selected economic aspects of EU enlargement“ einerseits und dem Modul „Masterarbeit“ im Studiengang Europastudien andererseits (dazu b). 30a) Die an der Universität erbrachten Prüfungsleistungen „International Law an EU Law“ und „European Integration“ weisen nach den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen bei einer Gesamtbetrachtung wesentliche Unterschiede zu dem Modul „Europarecht I“ des Studiengang Europastudien an der S1. B. auf. 31Die wesentlichen Unterschiede ergeben sich bereits daraus, dass sich die Veranstaltung „International Law an EU Law“ in einem weit geringeren Umfang mit dem Europarecht beschäftigt, als dies bei dem Modul „Europarecht I“ der Fall ist. So geht es bei der Veranstaltung „International Law an EU Law“ nach der von der Klägerin (als Anlage K10) vorgelegten Modulbeschreibung mindestens zur Hälfte um Internationales Recht und damit gerade nicht um die Besonderheiten des Europa- bzw. Unionsrechts. Zudem lässt sich der vorgelegten Inhaltsbeschreibung nicht entnehmen, dass in der von der Klägerin besuchten Veranstaltung so gewichtige Prinzipien bzw. Rechtsfelder wie Vorrang und unmittelbare Wirkung des Unionsrechts, Staatshaftung, der Grundsatz der begrenzten Ermächtigung, Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit usw. gelehrt worden sind. Zieht man weiter in Betracht, dass die Veranstaltung „International Law an EU Law“ nur 2 Wochenstunden hatte, während es bei dem Modul „Europarecht I“ 2,6 Semesterwochenstunden sind, liegen die wesentlichen Unterschiede bei einer Gesamtbetrachtung auf der Hand. 32Nichts anderes ergibt sich, wenn man zu Gunsten der Klägerin auch noch die von ihr in Prag absolvierte Veranstaltung „European Integration“ berücksichtigt. Diese Veranstaltung befasst sich nämlich nach der von der Klägerin vorgelegten Inhaltsbeschreibung (Anlage K 11) im Wesentlichen mit wirtschaftlichen Fragen der europäischen Integration. Soweit diese Veranstaltung auch die Struktur der EU und deren institutionellen Aufbau zum Inhalt hatte, mag zwar eine Vergleichbarkeit mit einzelnen Inhalten des Moduls „Europarecht I“ gegeben sein. Dies ändert aber nichts daran, dass sich die Veranstaltung „European Integration“ schwerpunktmäßig nicht mit Rechtsfragen beschäftigt hat und damit die dargelegten inhaltlichen Defizite der Veranstaltung „International Law an EU Law“ gegenüber dem Modul „Europarecht I“ nicht auszugleichen vermag. 33b) Die an der Universität Prag erstellte Masterarbeit mit dem Titel „Selected economic aspects of EU enlargement“ weist bei einer Gesamtbetrachtung ebenfalls wesentliche Unterschiede zu dem Modul „Masterarbeit“ im Studiengang Europastudien auf. 34Die Masterarbeit stellt die zentrale Leistung im Rahmen des Masterstudiums Europastudien dar, wie bereits die CP-Wertung (30 CP) und der Workload (900) zeigen. Zudem gelten die formalen Anforderungen der § 13 PO, § 17 ÜPO. So ist die Masterarbeit insbesondere in deutscher oder englischer Sprache abzufassen (§ 13 Abs. 3 PO) und kann die Aufgabenstellung der Masterarbeit erst ausgegeben werden, wenn 54 CP erreicht sind (§ 12 Abs. 2 PO). Bereits diese formalen Anforderungen stehen einer Anerkennung der von der Klägerin erbrachten Prüfungsleistung entgegen. 35So ist die Masterarbeit der Klägerin nicht in deutscher oder englischer Sprache verfasst, sondern in tschechischer Sprache. Daraus ergibt sich ein wesentlicher Unterschied der Prüfungsleistungen, weil nur bei einer Abfassung der Arbeit in deutscher oder englischer Sprache eine Bewertung der Masterarbeit an der S1. B. gewährleistet ist. Zwar ist bei der Anerkennung einer Prüfungsleistung an sich gerade keine erneute Bewertung bzw. Benotung mehr erforderlich, sondern wird die bereits erreichte Note übernommen. Allerdings muss gewährleistet sein, dass die an einer anderen Hochschule eingereichte Masterarbeit nach vergleichbaren wissenschaftlichen Kriterien erstellt und bewertet worden ist wie im Masterstudiengang Europastudien. Nur wenn dies gewährleistet ist, wäre ein wesentlicher Unterschied der Prüfungsleistungen nicht gegeben. Die Klägerin hat zwar eine kurze Inhaltsangabe in englischer Sprache („Summary“, Anlage K 13) zu ihrer Masterarbeit vorgelegt. Angesichts eines Umfangs von gerade einmal drei Sätzen ermöglicht diese aber auch nicht ansatzweise eine Überprüfung der Arbeit auf die Einhaltung wissenschaftlicher Standards sowohl bei Erstellung der Arbeit als auch bei der Bewertung der Leistung. 36Darüber hinaus spricht Einiges dafür, dass die Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 2 PO, wonach die Aufgabenstellung der Masterarbeit erst dann ausgegeben werden kann, wenn 54 CP erreicht werden, einer Anerkennung der Masterarbeit der Klägerin - die diese CP-Zahl bei Erstellung ihrer Masterarbeit an der Universität in Prag und damit vor Einschreibung in den Masterstudiengang Europastudien offensichtlich noch nicht erreicht hatte - entgegensteht. Ziel dieser Regelung ist es nämlich zu gewährleisten, dass vor Erstellung der Masterarbeit bereits ein überwiegender Teil des Studiums absolviert worden ist. Die Masterarbeit stellt den Abschluss des Studiums dar und die im Verlauf des Studiums gelehrten Erkenntnisse sollen in diese einfließen. Dieses Ziel wird aber nicht erreicht, wenn eine Masterarbeit aus einem früheren Studium anerkannt wird, obwohl zum Zeitpunkt der Ausgabe dieser Masterarbeit - bis auf einzelne evtl. anzuerkennende Module - noch keinerlei Studienleistungen im Rahmen des Masterstudiums Europastudien erbracht worden sind. Vor dem Hintergrund der Zielrichtig des § 12 Abs. 2 Satz 2 PO und unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks einer Masterarbeit als Schlusspunkt eines Studiums scheidet daher die Anerkennung der in einem anderen Studiengang erbrachten Masterarbeit der Klägerin als gleichwertige Prüfungsleistung von vornherein aus. 37Es besteht schließlich keine Veranlassung, entsprechend dem im Schriftsatz der Klägerin vom 29. Juni 2016 erfolgten Antrag Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Die Frage, ob „wesentliche Unterschiede“ zwischen den Prüfungsleistungen bestehen, ist letztlich eine reine Rechtsfrage, die alleine vom Gericht zu beantworten ist und daher einer Klärung durch ein Sachverständigengutachten nicht zugänglich. Im Übrigen kann dies Frage aufgrund der im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vorliegenden Tatsachen - wie geschehen - beantwortet worden. Von Seiten der Klägerin sind auch mit dem nachgelassenen Schriftsatz keine neuen Tatsachen vorgetragen worden, die insoweit im Rahmen der Amtsermittlung eine weitere Aufklärung erfordert hätten. 38Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 39Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrags abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrags leistet. 1
2die klägerin studiert seit dem wintersemester 2015/16 im masterstudiengang europastudien an der s. b.. zuvor hatte sie an der czech university of life science prague (universität prag) den studiengang economics and management absolviert. 3unter dem 16. oktober 2015 beantragte die klägerin bei der beklagten die anrechnung von insgesamt fünf modulen aus dem in prag absolvierten studiengang, u.a. der module „european integration“ und „international law and eu law“ sowie der masterarbeit mit dem thema „selected economic aspects of eu enlargement“. 4mit bescheid vom 11. november 2015 lehnte der fakultätsprüfungsausschuss die anrechnung der vorgenannten module ab. der kurs „european integration“ weise wesentliche unterschiede zu der veranstaltung „europäische integrationsgeschichte“ im masterstudiengang an der s1. auf. der kurs „international law an eu law“ werde an der universität prag mit 4 credit points (cp) bewertet. die module europarecht i, ii und iii, in denen diese leistungen inhaltlich anzusiedeln wären, hätten jedoch einen umfang von jeweils 6 cp. der umfang der zu ersetzenden prüfungsleistung übersteige damit 50 % der zur anrechnung beantragten prüfungsleistungen, so dass eine anrechnung dieser prüfungsleistungen aufgrund der wesentlichen unterschiede im umfang ausscheide. die vorgelegte masterarbeit umfasse lediglich 25 cp. für die abschlussarbeit im masterstudiengang europastudien würden jedoch 30 cp vergeben. darüber hinaus habe die absolvierte masterarbeit einen praktischen teil in einer organisation, also die praktische anwendung der theoretischen erkenntnisse. eine vergleichbarkeit der prüfungsleistung sei daher weder im umfang noch inhaltlich gegeben. 5hiergegen legte die klägerin am 14. dezember 2015 widerspruch ein. der nachweis, dass hinsichtlich der erworbenen kompetenzen ein wesentlicher unterschied zu sämtlichen in frage kommenden leistungen im masterstudiengang europastudien bestehe, sei nicht geführt worden. insbesondere sei unzulässigerweise ein rein schematischer vergleich vorgenommen worden. hinsichtlich der beantragten leistung im modul „european integration“ sei ganz offensichtlich die falsche prüfungsleistung des masterstudiengang europastudien auf mögliche unterschiede hin untersucht worden. hinsichtlich der leistung „international law an eu law“ sei lediglich ein rein schematischer vergleich vorgenommen worden. die masterarbeit erfülle mit einem thema aus dem bereich „europäische wirtschaft“ nicht nur die inhaltlichen anforderungen, sondern mit 109 seiten auch die anforderungen an den umfang der zu ersetzenden leistung. im übrigen falle die abweichung hinsichtlich der vergebenen cp nicht ins gewicht. hinsichtlich des praktischen teils sei es nicht um die anwendung der theoretischen kenntnisse, sondern um die gewinnung der für die wissenschaftliche arbeit erforderlichen erkenntnisse gegangen. im übrigen beantragte die klägerin eine überprüfung durch das rektorat gemäß § 63a abs. 5 des hochschulgesetzes nrw. 6am 17. dezember 2015 stellte die klägerin einen antrag auf anrechnung des moduls „international law and eu law“, hilfsweise in kombination mit dem modul „european integration“, auf das modul „europarecht i“. 7unter dem 6. april 2016 wies der fakultätsprüfungsausschuss den widerspruch der klägerin zurück. die prüfungsleistung im modul „international law and eu law“ weise wesentliche unterschiede zu sämtlichen modulen des masterstudiengang europastudien auf. der an der universität prag absolvierte kurs sei zudem nur mit 4 cp bewertet, während für das modul „europarecht i“ 6 cp vergeben werden. zudem würden die inhalte des moduls „europarecht i“ im absolvierten kurs „international law and eu law“ nicht im gleichen umfang gelehrt. naturgemäß würden die studierenden an der universität prag überhaupt nicht mit den themen „verhältnis deutsches recht - unionsrecht nach auffassung des bundesverfassungsgerichts“ und „zusammenarbeit der deutschen bundesregierung, des bundestags und der bundesländer in eu-angelegenheiten“ vertraut gemacht. diese themen machten jedoch einen wesentlichen teil der veranstaltung im magisterstudiengang europastudien aus. das modul „european integration“ weise nur wenige inhaltliche überschneidungen mit dem modul „europarecht i“ auf. lediglich die organe der eu, die verfahrensregeln und der themenbereich der loyalen zusammenarbeit sowie die rechtsquellen und grundrechte würden in beiden veranstaltungen behandelt. eine anrechnung der masterarbeit sei ebenfalls nicht möglich. die klägern habe keine unterlagen vorgelegt, denen vollumfänglich die für eine überprüfung auf wesentliche unterschiede erforderlichen informationen entnommen werden könnten. vielmehr sprächen die vorgelegten unterlagen gerade gegen eine anrechnung der magisterarbeit. die erbrachte masterarbeit umfasse lediglich 25 cp, während im masterstudiengang europastudien 30 cp für die masterarbeit vergeben würden. der erneute antrag auf anrechnung werde als unzulässig verworfen. über eine anrechnung der module sei bereits mit bescheid vom 11. november 2015 entschieden worden. eine anrechnung der module „international law and eu law“ und „european integration“ in kombination werde abgelehnt. das modul „european integration“ könne keine inhalte und kompetenzen beisteuern, die im modul „international law and eu law“ im vergleich zum modul „europarecht i“ fehlten. vielmehr seien die einzigen themenbereiche des moduls „european integration“, die auch im modul „europarecht i“ enthalten seien, solche, die auch bereits bestandteil des moduls „international law and eu law“ seien. 8gegen den ihr am 18. april 2016 zugestellten widerspruchsbescheid hat die klägerin am 18. mai 2016 klage erhoben. zu deren begründung trägt sie im wesentlichen vor, der widerspruchsbescheid sei bereits von dem falschen gremium erlassen worden. so habe der hier nicht zuständige fakultätsprüfungsausschuss entschieden. darüber hinaus sei ihr antrag auf vorlage an das rektorat gemäß § 63a abs. 5 hochschulgesetz nrw ignoriert worden. zudem habe dem fakultätsprüfungsausschuss lediglich ein teil ihrer widerspruchsbegründung vorgelegen. inhaltlich sei die ablehnung der anrechnung der leistungen „international law and eu law“ und „european integration“ fehlerhaft. wie sich aus der modulbeschreibung ergebe, deckten die erbrachten prüfungsleistungen die inhalte des moduls „europarecht i“ in kombination vollständig ab. die in dem widerspruchsbescheid vorgehaltenen themen würden demgegenüber in der modulbeschreibung „europarecht i“ nicht genannt. die masterarbeit sei ebenfalls anzurechnen. die beklagte habe insoweit einen unzulässigen rein schematischen vergleich vorgenommen. einen wesentlichen unterschied zur masterarbeit im studiengang europastudien habe sie nicht nachgewiesen, obwohl ihr insoweit die beweislast obliege. mittlerweile haben sie - die klägerin - auch das europapodium als integralen teil des moduls masterarbeit absolviert, so dass sich hinsichtlich der zu vergebenden cp eine minimale abweichung von lediglich 10 % ergeben. 9die klägerin beantragt, 10die beklagte unter aufhebung der entgegenstehenden feststellungen in dem bescheid vom 11. november 2015 sowie unter aufhebung des widerspruchsbescheids vom 6. april 2016 zu verpflichten, 11die erbrachten prüfungsleistungen in den modulen „international law an eu law“ und „european integration“ kombiniert auf das modul „europarecht i“ sowie 12die masterarbeit mit dem titel „selected economic aspects of eu enlargement“ auf das modul „masterarbeit“ 13anzurechnen. 14die beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16die klage sei unbegründet. über den widerspruch der klägerin und den antrag sei rechtskonform entschieden worden. bei dem prüfungsausschuss für den masterstudiengang europastudien handele es sich um den fakultätsprüfungsausschuss der philosophischen fakultät. die ablehnung der anrechnung der prüfungsleistungen „international law and eu law“ und „european integration“ sei zu recht erfolgt. ein wesentlicher inhaltlicher unterschiede des moduls „international law and eu law“ zum modul „europarecht i“ ergebe sich bereits daraus, dass ausweislich der modulbeschreibung „international law and eu law“ ein bezug zum tschechischen recht hergestellt werde, während dies im modul „europarecht i“ nicht der fall sei. zudem würden offenbar diverse themenbereiche, die im modul „europarecht i“ behandelt würden, im modul „international law and eu law“ nicht oder nicht in derselben tiefe vermittelt. der einzige bereich der offensichtlich sowohl im modul „europarecht i“ als auch im modul „international law and eu law“ gelehrt werde, umfasse die grundlagen des europarechts mit den rechtsquellen und historischen aspekten. zudem sei der umfang des moduls „europarecht i“ mit 2,6 semesterwochenstunden ein anderer, als der des moduls „international law and eu law mit zwei course hours. schließlich würden unterschiedliche cp vergeben. das modul „european integration“ weise naturgemäß bereits deshalb wesentliche unterschiede zu dem modul „europarecht i“ auf, weil es einen anderen themenbereich behandele. zwar würden im themenbereich integration auch rechtliche gesichtspunkte beleuchtet; ausweislich der modulbeschreibung betreffe dies jedoch nur einen aspekt neben wirtschaftlichen, sozialen, politischen und gesellschaftlichen zusammenhängen. auch die mehrfach begehrte kombinierte anerkennung der beiden erbrachten leistungen komme nicht in betracht, da auch in kombination wesentlichen unterschiede zum modul „europarecht i“ gegeben seien. die ablehnung der anrechnung der magisterarbeit sei ebenfalls zu recht erfolgt. unabhängig vom inhalt der an der universität prag verfassten arbeit sei festzustellen, dass bereits die grundsätzlichen anforderungen an die magisterarbeit im masterstudiengang europastudien nicht erfüllt sein. gravierend sei zunächst, dass die masterarbeit nach der studienordnung in deutscher oder englischer sprache abgefasst werden könne. die arbeit der klägerin sei jedoch auf tschechisch verfasst. hieran vermöge auch das eingereichte abstract in englischer sprache nichts zu ändern. dieses betrage lediglich drei sätze und sei nicht geeignet, die inhalte der masterarbeit derart wiederzugeben, dass eine überprüfung auf die thematische zurechenbarkeit zum masterstudiengang europastudien erfolgen könne. zudem überschreite die arbeit den nach der studienordnung vorgeschriebenen umfang von 80 seiten. schließlich sei zu berücksichtigen, dass die masterarbeit an der universität prag ausweislich der eingereichten unterlagen in vier stationen untergliedert sei, zu denen ein praktischer teil gehöre, der ausdrücklich in der modulbeschreibungen als teil der erstellung der masterarbeit ausgewiesen werde. auch hierin bestehe ein wesentlicher unterschiede zu masterarbeit im studiengang europastudien. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach‑ und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten verwiesen. 18
19das gericht konnte aufgrund der mündlichen verhandlung entscheiden. da die der klägerin (erst) in der mündlichen verhandlung übergebene klageerwiderung keinen neuen sachvortrag enthält, sondern nur eine rechtliche bewertung der bereits bekannten und der klägerin vorliegenden unterlagen, war die bis zum 4. juli 2016 gesetzte nachfrist angemessen. auch unter berücksichtigung des auslandsaufenthalts hätte die klägerin durchaus noch in angemessenem umfang zu den ausführungen der beklagtenseite stellung nehmen können. angesichts der möglichkeit, eine stellungnahme an das gericht per fax zu übersenden (so etwa erfolgt bei klageerhebung), verfängt auch nicht der hinweis auf die postlaufzeiten. soweit die klägerin auf die vorschriften der §§ 277, 283 zpo verweist, ist darauf hinzuweisen, dass diese regelungen aufgrund des im verwaltungsgerichtlichen verfahren geltenden grundsatzes der amtsermittlung und der speziellen regelungen in § 87b vwgo nicht anwendbar sind. 20vgl. etwa kopp/schenke, vwgo-kommentar, 21. auflage 2015, rn. 5 zu § 173. 21da der schriftsatz der klägerin vom 29. juni 2016 weder in tatsächlicher noch in rechtlicher hinsicht neues vorbringen enthält, besteht auch keine veranlassung für eine wiedereröffnung der mündlichen verhandlung. 22die zulässige klage hat keinen erfolg. 23der bescheid vom 11. november 2015 und der widerspruchsbescheid vom 6. april 2016 sind rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten (vgl. § 113 abs.1 satz 1 und abs. 5 vwgo). die klägerin hat keinen anspruch auf anrechnung der erbrachten prüfungsleistungen in den modulen „international law an eu law“ und „european integration“ auf das modul „europarecht i“ im studiengang europastudien sowie auf anrechnung der masterarbeit mit dem titel „selected economic aspects of eu enlargement“ auf das modul „masterarbeit“ im studiengang europastudien. 24in formaler hinsicht hat der gemäß § 9 der prüfungsordnung für den masterstudiengang europastudien vom 18. februar 2016 (im folgenden: po) - die hier nach § 16 abs. 1 po anzuwenden ist - i.v.m. §§ 11, 13, 23 der übergreifenden prüfungsordnung für alle bachelor- und masterstudiengänge an der s1. b. (im folgenden: üpo) zuständige fakultätsprüfungsausschuss der philosophischen fakultät den angefochtenen ausgangs- und widerspruchsbescheid erlassen. soweit die klägerin geltend macht, eine entscheidung des rektorats nach § 63a abs. 5 des hochschulgesetzes nrw (im folgenden: hg nrw) sei nicht eingeholt worden, ergibt sich daraus allein kein den geltend gemachten anspruch begründenden verfahrensmangel. 25in materieller hinsicht besteht ein anspruch auf anerkennung der an der universität in prag erbrachten prüfungsleistungen nicht. 26nach § 63a abs. 1 satz 1 hg nrw, § 13 abs. 1 satz 1 üpo werden - bestandene und nicht bestandene - prüfungsleistungen, die in studiengängen an anderen staatlichen oder staatlich anerkannten hochschulen, an staatlichen oder staatlich anerkannten berufsakademien oder in studiengängen an ausländischen staatlichen oder staatlich anerkannten hochschulen erbracht worden sind, auf antrag (an den zuständigen prüfungsausschuss) anerkannt, sofern hinsichtlich der erworbenen kompetenzen kein wesentlicher unterschied zu den leistungen besteht, die ersetzt werden. 27wesentliche unterschiede bestehen insbesondere dann, wenn die erworbenen kompetenzen den anforderungen des jeweiligen bachelor- bzw. masterstudiengangs nicht entsprechen. dabei ist kein schematischer vergleich, sondern eine gesamtbetrachtung und -bewertung vorzunehmen. für studienzeiten, studienleistungen und prüfungsleistungen, die außerhalb des geltungsbereichs des grundgesetzes erbracht wurden, sind die von der kultusministerkonferenz gebilligten äquivalenzvereinbarungen sowie absprachen im rahmen der hochschulpartnerschaft zu berücksichtigen. im übrigen kann bei zweifeln die zentralstelle für ausländisches bildungswesen gehört werden (§ 13 abs. 2 üpo). 28ein anspruch auf anerkennung der an der universität in prag erbrachten prüfungsleistungen ergibt sich nicht bereits aus dem deutsch-tschechischen abkommen über die gegenseitige anerkennung von gleichwertigkeiten von bildungsnachweisen im hochschulbereich vom 26. januar 2009 (bgbl. ii 158). danach werden zwar studienabschlüsse zum zwecke des weiterstudiums anerkannt (vgl. art. 3 abs. 3 und art. 7 des abkommens) und können in der tschechischen republik verliehene grade nach maßgabe von artikel 6 des abkommens in deutschland geführt werden. davon zu unterscheiden ist aber die anerkennung einzelner in der tschechischen republik erbrachter studien- und prüfungsleistungen. insoweit sieht das äquivalenzabkommen gerade keine automatische anerkennung vor. vielmehr werden einschlägige studien- und prüfungsleistungen auf antrag „nach maßgabe der studien- und prüfungsordnungen“ angerechnet oder anerkannt (artikel 3 abs. 1 des deutsch-tschechischen abkommens). das bedeutet für die von der klägerin an der universität in prag erbrachten prüfungsleistungen, dass eine anerkennung nur dann erfolgen kann, wenn keine wesentlichen unterschiede im sinne von § 13 abs. 1 und 2 üpo zu den modulen des masterstudiengangs europastudien an der s1. b. bestehen. nichts anderes ergibt sich im übrigen aus dem übereinkommen über die anerkennung von qualifikationen im hochschulbereich in der europäischen region (sog. lissabon-konvention, bgbl. 2007 ii 712). auch danach werden studienzeiten und hochschulqualifikationen nur dann anerkannt, wenn ein wesentlicher unterschied zwischen der qualifikation bzw. der in einer anderen vertragspartei vollendeten studienzeit, deren anerkennung angestrebt wird, und der entsprechenden qualifikation in der vertragspartei, in der die anerkennung angestrebt wird, nicht nachgewiesen werden kann (vgl. artikel v.1 und vi.1 der lissabon-konvention). 29wesentliche unterschiede im sinne von § 13 abs. 1 und abs. 2 satz 1 und 2 üpo bestehen aber sowohl zwischen den erbrachten prüfungsleistungen in den modulen „international law an eu law“ und „european integration“ (in kombination) einerseits und dem modul „europarecht i“ des studiengang europastudien andererseits (dazu a) als auch der masterarbeit mit dem titel „selected economic aspects of eu enlargement“ einerseits und dem modul „masterarbeit“ im studiengang europastudien andererseits (dazu b). 30a) die an der universität erbrachten prüfungsleistungen „international law an eu law“ und „european integration“ weisen nach den von der klägerin vorgelegten unterlagen bei einer gesamtbetrachtung wesentliche unterschiede zu dem modul „europarecht i“ des studiengang europastudien an der s1. b. auf. 31die wesentlichen unterschiede ergeben sich bereits daraus, dass sich die veranstaltung „international law an eu law“ in einem weit geringeren umfang mit dem europarecht beschäftigt, als dies bei dem modul „europarecht i“ der fall ist. so geht es bei der veranstaltung „international law an eu law“ nach der von der klägerin (als anlage k10) vorgelegten modulbeschreibung mindestens zur hälfte um internationales recht und damit gerade nicht um die besonderheiten des europa- bzw. unionsrechts. zudem lässt sich der vorgelegten inhaltsbeschreibung nicht entnehmen, dass in der von der klägerin besuchten veranstaltung so gewichtige prinzipien bzw. rechtsfelder wie vorrang und unmittelbare wirkung des unionsrechts, staatshaftung, der grundsatz der begrenzten ermächtigung, subsidiarität, verhältnismäßigkeit usw. gelehrt worden sind. zieht man weiter in betracht, dass die veranstaltung „international law an eu law“ nur 2 wochenstunden hatte, während es bei dem modul „europarecht i“ 2,6 semesterwochenstunden sind, liegen die wesentlichen unterschiede bei einer gesamtbetrachtung auf der hand. 32nichts anderes ergibt sich, wenn man zu gunsten der klägerin auch noch die von ihr in prag absolvierte veranstaltung „european integration“ berücksichtigt. diese veranstaltung befasst sich nämlich nach der von der klägerin vorgelegten inhaltsbeschreibung (anlage k 11) im wesentlichen mit wirtschaftlichen fragen der europäischen integration. soweit diese veranstaltung auch die struktur der eu und deren institutionellen aufbau zum inhalt hatte, mag zwar eine vergleichbarkeit mit einzelnen inhalten des moduls „europarecht i“ gegeben sein. dies ändert aber nichts daran, dass sich die veranstaltung „european integration“ schwerpunktmäßig nicht mit rechtsfragen beschäftigt hat und damit die dargelegten inhaltlichen defizite der veranstaltung „international law an eu law“ gegenüber dem modul „europarecht i“ nicht auszugleichen vermag. 33b) die an der universität prag erstellte masterarbeit mit dem titel „selected economic aspects of eu enlargement“ weist bei einer gesamtbetrachtung ebenfalls wesentliche unterschiede zu dem modul „masterarbeit“ im studiengang europastudien auf. 34die masterarbeit stellt die zentrale leistung im rahmen des masterstudiums europastudien dar, wie bereits die cp-wertung (30 cp) und der workload (900) zeigen. zudem gelten die formalen anforderungen der § 13 po, § 17 üpo. so ist die masterarbeit insbesondere in deutscher oder englischer sprache abzufassen (§ 13 abs. 3 po) und kann die aufgabenstellung der masterarbeit erst ausgegeben werden, wenn 54 cp erreicht sind (§ 12 abs. 2 po). bereits diese formalen anforderungen stehen einer anerkennung der von der klägerin erbrachten prüfungsleistung entgegen. 35so ist die masterarbeit der klägerin nicht in deutscher oder englischer sprache verfasst, sondern in tschechischer sprache. daraus ergibt sich ein wesentlicher unterschied der prüfungsleistungen, weil nur bei einer abfassung der arbeit in deutscher oder englischer sprache eine bewertung der masterarbeit an der s1. b. gewährleistet ist. zwar ist bei der anerkennung einer prüfungsleistung an sich gerade keine erneute bewertung bzw. benotung mehr erforderlich, sondern wird die bereits erreichte note übernommen. allerdings muss gewährleistet sein, dass die an einer anderen hochschule eingereichte masterarbeit nach vergleichbaren wissenschaftlichen kriterien erstellt und bewertet worden ist wie im masterstudiengang europastudien. nur wenn dies gewährleistet ist, wäre ein wesentlicher unterschied der prüfungsleistungen nicht gegeben. die klägerin hat zwar eine kurze inhaltsangabe in englischer sprache („summary“, anlage k 13) zu ihrer masterarbeit vorgelegt. angesichts eines umfangs von gerade einmal drei sätzen ermöglicht diese aber auch nicht ansatzweise eine überprüfung der arbeit auf die einhaltung wissenschaftlicher standards sowohl bei erstellung der arbeit als auch bei der bewertung der leistung. 36darüber hinaus spricht einiges dafür, dass die regelung in § 12 abs. 2 satz 2 po, wonach die aufgabenstellung der masterarbeit erst dann ausgegeben werden kann, wenn 54 cp erreicht werden, einer anerkennung der masterarbeit der klägerin - die diese cp-zahl bei erstellung ihrer masterarbeit an der universität in prag und damit vor einschreibung in den masterstudiengang europastudien offensichtlich noch nicht erreicht hatte - entgegensteht. ziel dieser regelung ist es nämlich zu gewährleisten, dass vor erstellung der masterarbeit bereits ein überwiegender teil des studiums absolviert worden ist. die masterarbeit stellt den abschluss des studiums dar und die im verlauf des studiums gelehrten erkenntnisse sollen in diese einfließen. dieses ziel wird aber nicht erreicht, wenn eine masterarbeit aus einem früheren studium anerkannt wird, obwohl zum zeitpunkt der ausgabe dieser masterarbeit - bis auf einzelne evtl. anzuerkennende module - noch keinerlei studienleistungen im rahmen des masterstudiums europastudien erbracht worden sind. vor dem hintergrund der zielrichtig des § 12 abs. 2 satz 2 po und unter berücksichtigung des sinn und zwecks einer masterarbeit als schlusspunkt eines studiums scheidet daher die anerkennung der in einem anderen studiengang erbrachten masterarbeit der klägerin als gleichwertige prüfungsleistung von vornherein aus. 37es besteht schließlich keine veranlassung, entsprechend dem im schriftsatz der klägerin vom 29. juni 2016 erfolgten antrag beweis zu erheben durch einholung eines sachverständigengutachtens. die frage, ob „wesentliche unterschiede“ zwischen den prüfungsleistungen bestehen, ist letztlich eine reine rechtsfrage, die alleine vom gericht zu beantworten ist und daher einer klärung durch ein sachverständigengutachten nicht zugänglich. im übrigen kann dies frage aufgrund der im maßgeblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung vorliegenden tatsachen - wie geschehen - beantwortet worden. von seiten der klägerin sind auch mit dem nachgelassenen schriftsatz keine neuen tatsachen vorgetragen worden, die insoweit im rahmen der amtsermittlung eine weitere aufklärung erfordert hätten. 38die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 39die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit der kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden anwendung des § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo.
Verklagte*r
0
127,006
S 19 EG 26/15
2016-01-18T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid vom 03.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2015 und des Bescheides vom 13.01.2016 wird teilweise aufgehoben und der Beklagte verurteilt, dem Kläger für den 6. und 7. Lebensmonat des Kindes H3 – 31.05.2015 bis 30.07.2015 – Elterngeld in Höhe von monatlich 1.800,00 € unter Berücksichtigung des Erwerbseinkommens vor der Geburt im Bemessungszeitraum von Dezember 2013 bis November 2014 zu gewähren. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers. 1 2Sozialgericht Köln 3Az.: S 19 EG 26/15 Verkündet am 18.01.2016 Serwitzky Regierungsbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle 4Im Namen des Volkes 5Urteil 6In dem Rechtsstreit 7H1 8Kläger 9Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Prof. Dr. H2 10gegen 11Rhein-Sieg-Kreis Abteilung Elterngeld, vertreten durch den Landrat, Kaiser-Wilhelm-Platz 1, 53721 Siegburg 12Beklagter 13hat die 19. Kammer des Sozialgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 18.01.2016 durch die Vorsitzende, die Richterin am Sozialgericht Nohl, sowie den ehrenamtlichen Richter Sester und den ehrenamtlichen Richter Graf-Muhs für Recht erkannt: 14Der Bescheid vom 03.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2015 und des Bescheides vom 13.01.2016 wird teilweise aufgehoben und der Beklagte verurteilt, dem Kläger für den 6. und 7. Lebensmonat des Kindes H3 – 31.05.2015 bis 30.07.2015 – Elterngeld in Höhe von monatlich 1.800,00 € unter Berücksichtigung des Erwerbseinkommens vor der Geburt im Bemessungszeitraum von Dezember 2013 bis November 2014 zu gewähren. 15Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers. 16Tatbestand: 17Klagegegenstand ist die Höhe des dem Kläger zustehenden Elterngeldes. 18Der Kläger ist verheiratet und hat einen Sohn, H3, der am 31.12.2014 geboren wurde. 19Der Kläger stellte am 14.07.2015 einen Antrag auf Elterngeld für den 6. und 7. Lebensmonat seines Kindes. 20Er übersandte den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014. 21Weiterhin legte er Entgeltbescheinigungen der M1 GmbH mit Sitz in U für die Monate Januar bis Mai 2013 sowie den Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 27.06.2013 über die Bewilligung von Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 01.06. bis zum 30.09.2013 vor. Darüber hinaus übersandte er Bezügemitteilungen der E AG für die Monate Oktober 2013 bis Dezember 2014. Er wies darauf hin, dass er von Januar bis September 2013 in der Steuerklasse III und ab Oktober 2013 in der Steuerklasse IV gewesen sei. 22Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 03.08.2015 Elterngeld für den 6. und 7. Lebensmonat des Kindes – 31.05.2015 bis 30.07.2015 – in vorläufiger Höhe von 1.016,51 € monatlich. 23Der Beklagte legte als Bemessungszeitraum das Kalenderjahr 2013 zugrunde. In diesem Zeitraum berücksichtigte er Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit i.H.v. insgesamt 25.673,31 € brutto. Nach Abzug des Werbungskostenpauschbetrages gelangte er zu einem Einkommen von 25.006,67 € brutto. Dividiert durch 12 ergab sich ein monatliches Bruttoeinkommen von 2.083,89 €. Dieses Einkommen minderte er um Abzüge i.H.v. insgesamt 520,03 €. Er gelangte zu einem monatlichen Nettoeinkommen vor der Geburt i.H.v. 1.563,86 €. 65 Prozent dieses Betrages ergaben das monatliche Elterngeld von 1.016,51 €. 24Der Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass die Elterngeldbewilligung vorläufig erfolgt sei, da noch festgestellt werden müsse, in welcher Höhe der Kläger während des Elterngeldbezuges Erwerbseinkünfte erzielt habe. 25Mit Schreiben vom 10.08.2015 legte der Kläger Widerspruch ein, den er darauf stützte, dass als Bemessungszeitraum die Monate von Dezember 2013 bis November 2014 zu berücksichtigen seien. Es seien im Zeitraum von 2013 bis 2015 keine Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit erzielt worden. 26Die Bezirksregierung N wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 24.08.2015 zurück. Sie hielt daran fest, dass für die Berechnung des Elterngeldes das Einkommen aus dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes maßgeblich sei. 27Der Kläger hat am 01.09.2015 Klage erhoben. 28Er vertritt die Auffassung, für die Berechnung des Elterngeldes seien die Einkünfte in den Monaten Dezember 2013 bis November 2014 maßgeblich, weil er zu keinem Zeitpunkt Einkünfte im Sinne von § 2 d des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) gehabt habe. 29Er habe bis Februar 2012 ein Gewerbe im Bereich Kaufberatung und Verkaufsvermittlung betrieben. Er habe das Gewerbe zum 29.02.2012 abgemeldet und danach nicht wieder ein Gewerbe ausgeübt. Er hat die Gewerbeabmeldung vom 22.02.2012 vorgelegt. 30Der Kläger trägt weiterhin vor, er habe von 2012 bis zum 19.02.2014 Geschäftsanteile an einer GmbH luxemburgischen Rechts namens C in M2 gehabt. Die Gesellschaft sei zum 19.02.2014 aufgelöst worden. Der Wert der Anteile sei gesunken. Das Finanzamt habe einen Verlust von - 8.022,00 € steuerlich anerkannt, wie sich aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 ergebe. Der Kläger hat die Löschungseintragung der Gesellschaft übersandt. 31Weiterhin hat der Kläger den Einkommensteuerbescheid für 2013 eingereicht. 32Ergänzend trägt der Kläger vor, dass ihm auch dann ein höheres Elterngeld zustehe, wenn auf das Kalenderjahr 2013 als Bemessungszeitraum abgestellt werde. Es sei zu beachten, dass er sich im Zeitraum von Januar bis September 2013 in Steuerklasse III befunden habe. Demgegenüber berücksichtige der Beklagte für das gesamte Kalenderjahr 2013 die Steuerklasse IV. 33Diesem Vorbringen hat der Beklagte Rechnung getragen und den Bescheid vom 13.01.2016 erteilt, mit dem er das Elterngeld auf 1149,85 € monatlich festgesetzt hat. Dabei ist er weiterhin von monatlichen Einkünften vor der Geburt in Höhe von 2083,89 € brutto ausgegangen. Diesen Betrag hat er um Abzüge in Höhe von 314,89 € gemindert und ist so zu einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 1769,00 € gelangt. Multipliziert mit 65 % ergibt sich das monatliche Elterngeld von 1149,85 €. 34Der Kläger beantragt, 35den Bescheid vom 03.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2015 und des Bescheides vom 13.01.2016 teilweise aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm für den 6. und 7. Lebensmonat des Kindes H3 -31.05.2015 - 30.07.2015- Elterngeld i.H.v. von monatlich 1.800,00 € unter Berücksichtigung des Erwerbseinkommens vor der Geburt im Bemessungszeitraum von Dezember 2013 bis November 2014 zu gewähren. 36Der Beklagte beantragt, 37die Klage abzuweisen. 38Er vertritt die Auffassung, dass das Elterngeld unter Zugrundelegung der Einnahmen im Kalenderjahr 2013 zu ermitteln sei. Nach § 2 b Abs. 3 BEEG sei der Bemessung des Elterngeldes zwingend der letzte steuerliche Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde zu legen. Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit könnten auch Null- oder Negativeinkünfte sein. Aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 ergebe sich ein negativer Veräußerungsgewinn, der als Erwerbseinkommen i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 BEEG einzuordnen sei. 39Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen. 40Entscheidungsgründe: 41Die Klage ist zulässig und begründet. 42Der Kläger ist durch den Bescheid vom 03.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2015 und des Bescheides vom 13.01.2016 im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beschwert. 43Er hat Anspruch darauf, dass das Elterngeld unter Berücksichtigung des Erwerbseinkommens in den Monaten von Dezember 2013 bis November 2014 ermittelt wird. 44Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67%- bzw. eines nach § 2 Abs. 2 BEEG erhöhten oder verminderten Prozentsatzes – des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 € monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG nach Maßgabe der §§ 2 c bis 2 f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus 45461. nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes sowie 472. Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes, 48die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2 b oder in Monaten der Bezugszeit nach § 2 Abs. 3 hat. 49Welcher Bemessungszeitraum heranzuziehen ist, hängt nach § 2 b BEEG davon ab, ob vor der Geburt Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit oder selbständiger Tätigkeit vorgelegen hat. 50§ 2 b Abs. 1 Satz 1 BEEG bestimmt, dass für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2 c vor der Geburt die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich sind. 51§ 2 b Abs. 2 Satz 1 BEEG regelt, dass für die Ermittlung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2 d vor der Geburt die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich sind, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen. 52§ 2 b Abs. 3 Satz 1 BEEG ordnet an, dass abweichend von Abs. 1 für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich ist, der den Gewinnermittlungszeiträumen nach Abs. 2 zugrunde liegt, wenn die berechtigte Person in den Zeiträumen nach Abs. 1 oder Abs. 2 Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit hatte. 53Im vorliegenden Fall bestimmt sich der Bemessungszeitraum nach § 2 b Abs. 1 BEEG und nicht nach § 2 b Abs. 3 BEEG. 54Die Ausnahmevorschrift des § 2 b Abs. 3 BEEG ist aus Sicht des Gerichts nur dann anwendbar, wenn in den Zeiträumen nach Abs. 1 oder Abs. 2 positive Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt worden sind. 55Das ist im konkreten Fall zu verneinen: 56Da das Kind am 31.12.2014 geboren worden ist, umfasst der nach § 2 b Abs. 1 BEEG maßgebliche Zeitraum die Kalendermonate von Dezember 2013 bis November 2014 und der Bemessungszeitraum nach § 2 b Abs. 2 BEEG das Kalenderjahr 2013. 57Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 legt ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zugrunde. 58Demgegenüber führt der Einkommensteuerbescheid für 2014 neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf, er berücksichtigt die Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer aber mit 0 € und die Veräußerungsverluste nach § 17 des Einkommensteuergesetzes mit - 8.022,00 €. 59Die Festsetzungen im Einkommensteuerbescheid 2014 führen nicht dazu, dass § 2 b Abs. 3 anstelle von Abs. 1 heranzuziehen ist. 60Das Gericht schließt sich dem Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 29.09.2015 an, Az.: S 13 EG 1/15, das seinerseits auf das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 23.04.2015, Az.: L 1 EG 8/14, und das Urteil des Bundessozialgerichts vom 27.06.2013, Az.: B 10 EG 2/12 R, Bezug nimmt. 61§ 2 b BEEG spricht vom „Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit“, ohne diesen Begriff selbst zu definieren. Definitionen finden sich aber in § 2 BEEG und § 2 d BEEG. In § 2 BEEG wird unter Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit ausschließlich die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes verstanden. In § 2 d Abs. 1 BEEG heißt es, dass die monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit (Gewinneinkünfte), vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2 e und 2 f, das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit ergibt. 62Diese Bestimmungen legen es nahe, dass auch im Rahmen des § 2 b Abs. 3 BEEG nur die positiven Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit maßgeblich sind und nur diese dazu führen, dass der Bemessungszeitraum nach § 2 b Abs. 3 anstelle von Abs. 1 BEEG heranzuziehen ist. 63Der Gesetzesbegründung lässt sich nicht entnehmen, dass eine andere Auslegung gewollt war (siehe hierzu Beschlussempfehlung und Bericht vom 29.05.2012 des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Deutscher Bundestag-Drucksache 17/9841). 64Die von der Kammer befürwortete Auslegung des § 2 b Abs. 3 BEEG widerspricht nicht dem Gesetzeszweck. Sie steht der vom Gesetzgeber bezweckten Vereinfachung des Elterngeldvollzuges nicht entgegen. Es ist nach wie vor eine eindeutige Bestimmung des maßgeblichen Bemessungszeitraumes möglich. In den überwiegenden Fällen dürfte zudem relativ unproblematisch festzustellen sein, ob im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt bzw. in den letzten zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt positive oder negative Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit vorgelegen haben. 65Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 183, 193 SGG. 66Rechtsmittelbelehrung: 67Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. 68Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim 69Landessozialgericht 70Nordrhein-Westfalen, 71Zweigertstraße 54, 7245130 Essen, 73schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. 74Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem 75Sozialgericht Köln, 76An den Dominikanern 2, 7750668 Köln, 78schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. 79Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. 80Die Einreichung in elektronischer Form erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Diese ist über die Internetseite www.sg-koeln.nrw.de erreichbar. Die elektronische Form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte Datei, die den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO SG) vom 07.11.2012 (GV.NRW, 551) entspricht. Hierzu sind die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten Signatur nach § 2 Nummer 3 des Signaturgesetzes vom 16.05.2001 (BGBl. I, 876) in der jeweils geltenden Fassung zu versehen. Die qualifizierte elektronische Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat müssen durch das Gericht überprüfbar sein. Auf der Internetseite www.justiz.nrw.de sind die Bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben. 81Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. 82Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Köln schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen. 83Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war. 84Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat. 85Nohl 86Richterin am Sozialgericht
der bescheid vom 03.08.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 24.08.2015 und des bescheides vom 13.01.2016 wird teilweise aufgehoben und der beklagte verurteilt, dem kläger für den 6. und 7. lebensmonat des kindes h3 – 31.05.2015 bis 30.07.2015 – elterngeld in höhe von monatlich 1.800,00 € unter berücksichtigung des erwerbseinkommens vor der geburt im bemessungszeitraum von dezember 2013 bis november 2014 zu gewähren. der beklagte trägt die außergerichtlichen kosten des klägers. 1 2sozialgericht köln 3az.: s 19 eg 26/15 verkündet am 18.01.2016 serwitzky regierungsbeschäftigte als urkundsbeamtin der geschäftsstelle 4im namen des volkes 5urteil 6in dem rechtsstreit 7h1 8kläger 9prozessbevollmächtigter: rechtsanwalt prof. dr. h2 10gegen 11rhein-sieg-kreis abteilung elterngeld, vertreten durch den landrat, kaiser-wilhelm-platz 1, 53721 siegburg 12beklagter 13hat die 19. kammer des sozialgerichts köln auf die mündliche verhandlung vom 18.01.2016 durch die vorsitzende, die richterin am sozialgericht nohl, sowie den ehrenamtlichen richter sester und den ehrenamtlichen richter graf-muhs für recht erkannt: 14der bescheid vom 03.08.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 24.08.2015 und des bescheides vom 13.01.2016 wird teilweise aufgehoben und der beklagte verurteilt, dem kläger für den 6. und 7. lebensmonat des kindes h3 – 31.05.2015 bis 30.07.2015 – elterngeld in höhe von monatlich 1.800,00 € unter berücksichtigung des erwerbseinkommens vor der geburt im bemessungszeitraum von dezember 2013 bis november 2014 zu gewähren. 15der beklagte trägt die außergerichtlichen kosten des klägers. 16
17klagegegenstand ist die höhe des dem kläger zustehenden elterngeldes. 18der kläger ist verheiratet und hat einen sohn, h3, der am 31.12.2014 geboren wurde. 19der kläger stellte am 14.07.2015 einen antrag auf elterngeld für den 6. und 7. lebensmonat seines kindes. 20er übersandte den einkommensteuerbescheid für das jahr 2014. 21weiterhin legte er entgeltbescheinigungen der m1 gmbh mit sitz in u für die monate januar bis mai 2013 sowie den bescheid der bundesagentur für arbeit vom 27.06.2013 über die bewilligung von arbeitslosengeld im zeitraum vom 01.06. bis zum 30.09.2013 vor. darüber hinaus übersandte er bezügemitteilungen der e ag für die monate oktober 2013 bis dezember 2014. er wies darauf hin, dass er von januar bis september 2013 in der steuerklasse iii und ab oktober 2013 in der steuerklasse iv gewesen sei. 22der beklagte bewilligte dem kläger mit bescheid vom 03.08.2015 elterngeld für den 6. und 7. lebensmonat des kindes – 31.05.2015 bis 30.07.2015 – in vorläufiger höhe von 1.016,51 € monatlich. 23der beklagte legte als bemessungszeitraum das kalenderjahr 2013 zugrunde. in diesem zeitraum berücksichtigte er einnahmen aus nichtselbständiger tätigkeit i.h.v. insgesamt 25.673,31 € brutto. nach abzug des werbungskostenpauschbetrages gelangte er zu einem einkommen von 25.006,67 € brutto. dividiert durch 12 ergab sich ein monatliches bruttoeinkommen von 2.083,89 €. dieses einkommen minderte er um abzüge i.h.v. insgesamt 520,03 €. er gelangte zu einem monatlichen nettoeinkommen vor der geburt i.h.v. 1.563,86 €. 65 prozent dieses betrages ergaben das monatliche elterngeld von 1.016,51 €. 24der beklagte wies den kläger darauf hin, dass die elterngeldbewilligung vorläufig erfolgt sei, da noch festgestellt werden müsse, in welcher höhe der kläger während des elterngeldbezuges erwerbseinkünfte erzielt habe. 25mit schreiben vom 10.08.2015 legte der kläger widerspruch ein, den er darauf stützte, dass als bemessungszeitraum die monate von dezember 2013 bis november 2014 zu berücksichtigen seien. es seien im zeitraum von 2013 bis 2015 keine einnahmen aus selbständiger tätigkeit erzielt worden. 26die bezirksregierung n wies den widerspruch durch widerspruchsbescheid vom 24.08.2015 zurück. sie hielt daran fest, dass für die berechnung des elterngeldes das einkommen aus dem letzten abgeschlossenen steuerlichen veranlagungszeitraum vor der geburt des kindes maßgeblich sei. 27der kläger hat am 01.09.2015 klage erhoben. 28er vertritt die auffassung, für die berechnung des elterngeldes seien die einkünfte in den monaten dezember 2013 bis november 2014 maßgeblich, weil er zu keinem zeitpunkt einkünfte im sinne von § 2 d des bundeselterngeld- und elternzeitgesetzes (beeg) gehabt habe. 29er habe bis februar 2012 ein gewerbe im bereich kaufberatung und verkaufsvermittlung betrieben. er habe das gewerbe zum 29.02.2012 abgemeldet und danach nicht wieder ein gewerbe ausgeübt. er hat die gewerbeabmeldung vom 22.02.2012 vorgelegt. 30der kläger trägt weiterhin vor, er habe von 2012 bis zum 19.02.2014 geschäftsanteile an einer gmbh luxemburgischen rechts namens c in m2 gehabt. die gesellschaft sei zum 19.02.2014 aufgelöst worden. der wert der anteile sei gesunken. das finanzamt habe einen verlust von - 8.022,00 € steuerlich anerkannt, wie sich aus dem einkommensteuerbescheid für das jahr 2014 ergebe. der kläger hat die löschungseintragung der gesellschaft übersandt. 31weiterhin hat der kläger den einkommensteuerbescheid für 2013 eingereicht. 32ergänzend trägt der kläger vor, dass ihm auch dann ein höheres elterngeld zustehe, wenn auf das kalenderjahr 2013 als bemessungszeitraum abgestellt werde. es sei zu beachten, dass er sich im zeitraum von januar bis september 2013 in steuerklasse iii befunden habe. demgegenüber berücksichtige der beklagte für das gesamte kalenderjahr 2013 die steuerklasse iv. 33diesem vorbringen hat der beklagte rechnung getragen und den bescheid vom 13.01.2016 erteilt, mit dem er das elterngeld auf 1149,85 € monatlich festgesetzt hat. dabei ist er weiterhin von monatlichen einkünften vor der geburt in höhe von 2083,89 € brutto ausgegangen. diesen betrag hat er um abzüge in höhe von 314,89 € gemindert und ist so zu einem monatlichen nettoeinkommen in höhe von 1769,00 € gelangt. multipliziert mit 65 % ergibt sich das monatliche elterngeld von 1149,85 €. 34der kläger beantragt, 35den bescheid vom 03.08.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 24.08.2015 und des bescheides vom 13.01.2016 teilweise aufzuheben und den beklagten zu verurteilen, ihm für den 6. und 7. lebensmonat des kindes h3 -31.05.2015 - 30.07.2015- elterngeld i.h.v. von monatlich 1.800,00 € unter berücksichtigung des erwerbseinkommens vor der geburt im bemessungszeitraum von dezember 2013 bis november 2014 zu gewähren. 36der beklagte beantragt, 37die klage abzuweisen. 38er vertritt die auffassung, dass das elterngeld unter zugrundelegung der einnahmen im kalenderjahr 2013 zu ermitteln sei. nach § 2 b abs. 3 beeg sei der bemessung des elterngeldes zwingend der letzte steuerliche veranlagungszeitraum vor der geburt des kindes zugrunde zu legen. einkommen aus selbständiger erwerbstätigkeit könnten auch null- oder negativeinkünfte sein. aus dem einkommensteuerbescheid für das jahr 2014 ergebe sich ein negativer veräußerungsgewinn, der als erwerbseinkommen i.s.d. § 2 abs. 1 s. 3 nr. 2 beeg einzuordnen sei. 39wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts wird auf den inhalt der gerichts- und verwaltungsakte bezug genommen. 40
41die klage ist zulässig und begründet. 42der kläger ist durch den bescheid vom 03.08.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 24.08.2015 und des bescheides vom 13.01.2016 im sinne des § 54 abs. 2 des sozialgerichtsgesetzes (sgg) beschwert. 43er hat anspruch darauf, dass das elterngeld unter berücksichtigung des erwerbseinkommens in den monaten von dezember 2013 bis november 2014 ermittelt wird. 44gemäß § 2 abs. 1 satz 1 beeg wird elterngeld in höhe von 67%- bzw. eines nach § 2 abs. 2 beeg erhöhten oder verminderten prozentsatzes – des einkommens aus erwerbstätigkeit vor der geburt des kindes gewährt. es wird gemäß § 2 abs. 1 satz 2 beeg bis zu einem höchstbetrag von 1.800,00 € monatlich für volle monate gezahlt, in denen die berechtigte person kein einkommen aus erwerbstätigkeit hat. das einkommen aus erwerbstätigkeit errechnet sich gemäß § 2 abs. 1 satz 3 beeg nach maßgabe der §§ 2 c bis 2 f aus der um die abzüge für steuern und sozialabgaben verminderten summe der positiven einkünfte aus 45461. nichtselbständiger arbeit nach § 2 abs. 1 satz 1 nr. 4 des einkommensteuergesetzes sowie 472. land- und forstwirtschaft, gewerbebetrieb und selbständiger arbeit nach § 2 abs. 1 satz 1 nr. 1 bis 3 des einkommensteuergesetzes, 48die im inland zu versteuern sind und die die berechtigte person durchschnittlich monatlich im bemessungszeitraum nach § 2 b oder in monaten der bezugszeit nach § 2 abs. 3 hat. 49welcher bemessungszeitraum heranzuziehen ist, hängt nach § 2 b beeg davon ab, ob vor der geburt einkommen aus nichtselbständiger tätigkeit oder selbständiger tätigkeit vorgelegen hat. 50§ 2 b abs. 1 satz 1 beeg bestimmt, dass für die ermittlung des einkommens aus nichtselbständiger erwerbstätigkeit im sinne von § 2 c vor der geburt die zwölf kalendermonate vor dem monat der geburt des kindes maßgeblich sind. 51§ 2 b abs. 2 satz 1 beeg regelt, dass für die ermittlung des einkommens aus selbständiger erwerbstätigkeit im sinne von § 2 d vor der geburt die jeweiligen steuerlichen gewinnermittlungszeiträume maßgeblich sind, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen veranlagungszeitraum vor der geburt des kindes zugrunde liegen. 52§ 2 b abs. 3 satz 1 beeg ordnet an, dass abweichend von abs. 1 für die ermittlung des einkommens aus nichtselbständiger erwerbstätigkeit vor der geburt der steuerliche veranlagungszeitraum maßgeblich ist, der den gewinnermittlungszeiträumen nach abs. 2 zugrunde liegt, wenn die berechtigte person in den zeiträumen nach abs. 1 oder abs. 2 einkommen aus selbständiger erwerbstätigkeit hatte. 53im vorliegenden fall bestimmt sich der bemessungszeitraum nach § 2 b abs. 1 beeg und nicht nach § 2 b abs. 3 beeg. 54die ausnahmevorschrift des § 2 b abs. 3 beeg ist aus sicht des gerichts nur dann anwendbar, wenn in den zeiträumen nach abs. 1 oder abs. 2 positive einkünfte aus selbständiger arbeit erzielt worden sind. 55das ist im konkreten fall zu verneinen: 56da das kind am 31.12.2014 geboren worden ist, umfasst der nach § 2 b abs. 1 beeg maßgebliche zeitraum die kalendermonate von dezember 2013 bis november 2014 und der bemessungszeitraum nach § 2 b abs. 2 beeg das kalenderjahr 2013. 57der einkommensteuerbescheid für das jahr 2013 legt ausschließlich einkünfte aus nichtselbständiger arbeit zugrunde. 58demgegenüber führt der einkommensteuerbescheid für 2014 neben den einkünften aus nichtselbständiger arbeit einkünfte aus gewerbebetrieb auf, er berücksichtigt die einkünfte aus gewerbebetrieb als einzelunternehmer aber mit 0 € und die veräußerungsverluste nach § 17 des einkommensteuergesetzes mit - 8.022,00 €. 59die festsetzungen im einkommensteuerbescheid 2014 führen nicht dazu, dass § 2 b abs. 3 anstelle von abs. 1 heranzuziehen ist. 60das gericht schließt sich dem urteil des sozialgerichts aachen vom 29.09.2015 an, az.: s 13 eg 1/15, das seinerseits auf das urteil des landessozialgerichts hamburg vom 23.04.2015, az.: l 1 eg 8/14, und das urteil des bundessozialgerichts vom 27.06.2013, az.: b 10 eg 2/12 r, bezug nimmt. 61§ 2 b beeg spricht vom „einkommen aus nichtselbständiger erwerbstätigkeit“, ohne diesen begriff selbst zu definieren. definitionen finden sich aber in § 2 beeg und § 2 d beeg. in § 2 beeg wird unter einkommen aus selbständiger erwerbstätigkeit ausschließlich die summe der positiven einkünfte aus land- und forstwirtschaft, gewerbebetrieb und selbständiger arbeit nach § 2 abs. 1 satz 1 nr. 1 bis 3 des einkommensteuergesetzes verstanden. in § 2 d abs. 1 beeg heißt es, dass die monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende summe der positiven einkünfte aus land- und forstwirtschaft, gewerbebetrieb und selbständiger arbeit (gewinneinkünfte), vermindert um die abzüge für steuern und sozialabgaben nach den §§ 2 e und 2 f, das einkommen aus selbständiger erwerbstätigkeit ergibt. 62diese bestimmungen legen es nahe, dass auch im rahmen des § 2 b abs. 3 beeg nur die positiven einkünfte aus selbständiger erwerbstätigkeit maßgeblich sind und nur diese dazu führen, dass der bemessungszeitraum nach § 2 b abs. 3 anstelle von abs. 1 beeg heranzuziehen ist. 63der gesetzesbegründung lässt sich nicht entnehmen, dass eine andere auslegung gewollt war (siehe hierzu beschlussempfehlung und bericht vom 29.05.2012 des ausschusses für familie, senioren, frauen und jugend, deutscher bundestag-drucksache 17/9841). 64die von der kammer befürwortete auslegung des § 2 b abs. 3 beeg widerspricht nicht dem gesetzeszweck. sie steht der vom gesetzgeber bezweckten vereinfachung des elterngeldvollzuges nicht entgegen. es ist nach wie vor eine eindeutige bestimmung des maßgeblichen bemessungszeitraumes möglich. in den überwiegenden fällen dürfte zudem relativ unproblematisch festzustellen sein, ob im letzten abgeschlossenen veranlagungszeitraum vor der geburt bzw. in den letzten zwölf kalendermonaten vor dem monat der geburt positive oder negative einkünfte aus selbständiger erwerbstätigkeit vorgelegen haben. 65die kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 183, 193 sgg. 66rechtsmittelbelehrung: 67dieses urteil kann mit der berufung angefochten werden. 68die berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des urteils beim 69landessozialgericht 70nordrhein-westfalen, 71zweigertstraße 54, 7245130 essen, 73schriftlich oder mündlich zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. 74die berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die berufung innerhalb der frist bei dem 75sozialgericht köln, 76an den dominikanern 2, 7750668 köln, 78schriftlich oder mündlich zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle eingelegt wird. 79die berufungsschrift muss bis zum ablauf der frist bei einem der vorgenannten gerichte eingegangen sein. sie soll das angefochtene urteil bezeichnen, einen bestimmten antrag enthalten und die zur begründung dienenden tatsachen und beweismittel angeben. 80die einreichung in elektronischer form erfolgt durch die übertragung des elektronischen dokuments in die elektronische poststelle. diese ist über die internetseite www.sg-koeln.nrw.de erreichbar. die elektronische form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte datei, die den maßgaben der verordnung über den elektronischen rechtsverkehr bei den sozialgerichten im lande nordrhein-westfalen (ervvo sg) vom 07.11.2012 (gv.nrw, 551) entspricht. hierzu sind die elektronischen dokumente mit einer qualifizierten signatur nach § 2 nummer 3 des signaturgesetzes vom 16.05.2001 (bgbl. i, 876) in der jeweils geltenden fassung zu versehen. die qualifizierte elektronische signatur und das ihr zugrunde liegende zertifikat müssen durch das gericht überprüfbar sein. auf der internetseite www.justiz.nrw.de sind die bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben. 81zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem beteiligten auf seinen antrag für das verfahren vor dem landessozialgericht unter bestimmten voraussetzungen prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. 82gegen das urteil steht den beteiligten die revision zum bundessozialgericht unter übergehung der berufungsinstanz zu, wenn der gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem sozialgericht auf antrag durch beschluss zugelassen wird. der antrag auf zulassung der revision ist innerhalb eines monats nach zustellung des urteils bei dem sozialgericht köln schriftlich zu stellen. die zustimmung des gegners ist dem antrag beizufügen. 83lehnt das sozialgericht den antrag auf zulassung der revision durch beschluss ab, so beginnt mit der zustellung dieser entscheidung der lauf der berufungsfrist von neuem, sofern der antrag auf zulassung der revision in der gesetzlichen form und frist gestellt und die zustimmungserklärung des gegners beigefügt war. 84die einlegung der revision und die zustimmung des gegners gelten als verzicht auf die berufung, wenn das sozialgericht die revision zugelassen hat. 85nohl 86richterin am sozialgericht
Klaeger*in
1
164,776
22 K 6078/14
2015-06-16T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Erwähnung des Klägers im Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2013. 3Der 1991 gegründete Kläger ist ein eingetragener Verein mit Sitz in X. . Er ist bundesweit tätig und nach eigenen Angaben in mehr als 50 Städten durch Repräsentantinnen und Ortsgruppen vertreten. In § 2 seiner Satzung nennt er als „Zweck und Ziel“: 4„Der Verband verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Interessen. Er fördert den Zusammenschluss der Frauen in der BRD zur Wahrung ihrer Interessen, insbesondere für die gesellschaftliche Anerkennung und Durchsetzung der Gleichberechtigung der Frau. Ein weiteres Ziel ist die Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens. Zur Verwirklichung seiner Ziele führt der Verband u.a. Veranstaltungen, Bildungsseminare und Kongresse durch. Er ist selbstständig – parteipolitisch, konfessionell und finanziell unabhängig. (…)“ 5Zur Mitgliedschaft legt die Satzung in § 3 fest: 6„Mitglied kann jede Frau sein, die das Programm und die Satzung des Verbandes anerkennt und unterstützt, ihren Beitritt schriftlich erklärt und regelmäßig Beitrag zahlt. (…)“ 7Der Kläger wird seit mehreren Jahren im Verfassungsschutzbericht des Landes NRW unter der Rubrik „Linksextremismus“ als Vorfeldorganisation der N. -M. Partei Deutschlands (N1. ) genannt und im Verfassungsschutzbericht jeweils dahingehend gekennzeichnet, dass gewichtige Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne von § 3 Abs. 1 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen (VSG NRW) vorlägen. 8Im Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2013 (Stand: 16. Mai 2014), 9abrufbar im Internet unter http://www.mik.nrw.de..........html, 10wird der Kläger ebenfalls genannt. Zunächst wird er im Kapitel „Entwicklungstendenzen“ unter dem Punkt „1.3 Linksextremismus“ erwähnt. Unter dieser Überschrift wird in einer Fußnote auf Folgendes hingewiesen: 11„Zur Erfüllung seiner Funktion als Frühwarnsystem in der wehrhaften Demokratie ist der Verfassungsschutz durch das Verfassungsschutzgesetz NRW berechtigt, über eine Organisation zu berichten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Bestrebung vorliegen. Für eine Berichterstattung ist es nicht Voraussetzung, dass sich Verdachtsmomente bis zur Einschätzung als „verfassungsfeindlich“ verdichtet haben. Soweit nur Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, wird dies mit der Kennzeichnung (*) ausdrücklich hervorgehoben.“ 12Im selben Kapitel heißt es unter der Zwischenüberschrift „‘N. -M1. Partei Deutschlands‘ (N1. )“ (Hervorhebung durch das Gericht): 13„'N. -M1. Partei Deutschlands' (N1. ) 14Die N1. ist zur Bundestagwahl 2013 angetreten. Ihre kommunistische Ausrichtung, die sich offen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung des Grundgesetzes wendet, hat sie im Wahlkampf keineswegs verhehlt. Das Ergebnis zeigt allerdings, dass sie zwar Potenziale über ihrer Mitgliederzahl mobilisieren kann, jedoch bleibt sie weiterhin wahlpolitisch bedeutungslos. Durch eine angebliche „Antikommunismus“-Kampagne wähnt sie sich verfolgt und fühlt sich im politischen Spektrum benachteiligt. Zur Europawahl am 25. Mai 2014 will die N1. als Mitglied des ihr nahestehenden 'J' (J. ) antreten. Wichtiger dürften allerdings die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen sein; hier beabsichtigt sie, Ratsmandate des von ihr maßgeblich beeinflussten Wahlbündnisses 'B*' zu verteidigen. Ihre Aktionsschwerpunkte sieht die N1. außerhalb des Parlamentarismus. Die Partei vermittelt weiterhin den Eindruck, sich auf einer Reihe von Themenfeldern zu engagieren. Traditionell arbeiten N1. -Mitglieder in Betriebsräten bzw. Gewerkschaften mit; in arbeitspolitischen oder –rechtlichen Einzelfällen engagiert sich die Partei zudem in „Solidaritätskreisen“. Das Spektrum der Themenfelder reicht ferner über Umwelt- und Frauenfragen bis hin zum internationalen Engagement im Rahmen der J. . Die Partei unterstützt z.B. den Aufbau einer „überparteilichen und kämpferischen Umweltgewerkschaft“ in Deutschland, deren Gründung bis Herbst 2014 geplant ist. Das Engagement im Umweltschutz dürfte vor allem auch der Gewinnung neuer Mitglieder dienen. Offenkundig ist die maßgebliche Beeinflussung und Unterstützung des G. D. e.V.*' durch die N1. , dem Ende 2012 die Gemeinnützigkeit entzogen wurde.“ 15Ferner wird der Kläger in dem mit „Linksextremismus“ überschriebenen Kapitel genannt. Auch diese Überschrift ist mit einer Fußnote versehen, deren Text identisch mit dem oben dargestellten Text zur Bedeutung der Kennzeichnung (*) ist. Im Folgenden heißt es unter der Zwischenüberschrift „N. -M1. Partei Deutschlands (N1. )“: 16„4.1.3 N. -M1. Partei Deutschlands (N1. ) 17[…] 18Vorfeldorganisationen 19Zahlreiche Gruppierungen mit nomineller Eigenständigkeit dienen der Partei als struktureller Unterbau, darunter der 'G D. e.V.*' oder kommunale Wahlbündnisse wie 'B*' u.a. 20[…] 21Entzug der Gemeinnützigkeit für den 'G D. e.V.*' 22Dem 'G D. e.V.*' wurde im Dezember 2012 durch das Finanzamt X. -F. wegen der Erwähnung des Vereins im Verfassungsschutzbericht 2010 des Landes NRW der steuerrechtliche Status der Gemeinnützigkeit aberkannt. Der wesentliche Rechtsgrund dafür war, dass es bei dem Verband Anhaltspunkte für den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Bestrebung gibt. Gegen den Entzug der Gemeinnützigkeit wurden Rechtsmittel eingelegt. 23Dagegen initiierte 'D. e.V.*' im Berichtsjahr eine massive Protestkampagne durch Solidaritätsaufrufe122, Unterschriftensammlungen123, einen Offenen Brief an die Landesregierung124 sowie Protestaktionen vor dem Finanzamt X. -F1. . Die Kampagne wurde durch die N1. und ihr nahestehende Organisationen massiv unterstützt und begleitet.126 24Der 'G D. e.V.*' ist seit jeher eine Vorfeldorganisation der N1. . Bereits die Gründung des Verbandes im Jahr 1991 wurde von der N1. wesentlich initiiert. Seitdem nimmt die Partei gezielt ideologisch, personell und organisatorisch Einfluss auf 'D. e.V.*', um Frauen für ihre politischen Ziele und ihre Ideologie im Sinne eines Sozialismus/Kommunismus nach den Vorstellungen der Partei zu gewinnen. 'D. e.V.*'-Ortsgruppen in Deutschland arbeiten seit Jahren eng mit der N1. und ihr nahestehenden Organisationen sowie mit dem durch die N1. beeinflussten Wahlbündnis 'B*' zusammen127 (gemeinsame Veranstaltungen, Demonstrationen, Kundgebungen, Pfingstjugendtreffen etc.). Bekräftigt wurde die historische Verbindung zwischen der N1. und 'D. e.V.*' zuletzt im Rahmen des offiziellen Festakts zum 30jährigen Bestehen der N1. am 3. November 2012 in E. . Dort führte die stellvertretende Parteivorsitzende N. H. -F2. zur Frauenarbeit der N1. und zum geschichtlichen Ursprung des 'G. D. e.V.*' aus: 25„[…] Dem trägt die N1. mit einer nunmehr über 20-jährigen systematischen marxistisch-leninistischen Frauenarbeit Rechnung. […] Ende der 1980er Jahre hatten wir vor, eine marxistisch-leninistische Frauenorganisation aufzubauen. […] Die revolutionären Frauen gehören in die Partei. […] Die grundsätzlichen Diskussionen, die er (Anm.: gemeint ist X1. E1. , Mitbegründer der N1. ) dadurch in der N1. auslöste, wurden zum Fundament der Frauenarbeit der N1. . Die N1. förderte seitdem den Aufbau des überparteilichen G1. D. .“ 128 26Auch der 'G D. e.V.*' stellte sich – gemeinsam mit kommunistischen bzw. derart beeinflussten Organisationen – im Rahmen des Festaktes vor.129 27In den Parteiorganen der N1. (Homepage www.N1.............') wird seit Jahren sowohl über grundsätzliche frauenpolitische Positionen der Partei als auch über gemeinsame Veranstaltungen mit 'D. e.V.*' und anderes mehr berichtet. 28Die enge Verbindung zwischen der N1. und 'D. e.V.*' zeigt sich z. B. auch daran, dass die Partei auf ihrer Homepage aus Schriftverkehr zwischen dem Frauenverband und dem Finanzamt zitiert: „Am 14. November 2013 verschärfte das Finanzamt die Auseinandersetzung. Es lehnte den Einspruch von D. vom 3. Januar 2013 gegen die Aberkennung der Gemeinnützigkeit ab. Die Begründung: '„[...] das Bestehen einer personellen und ideologischen Verflechtung (mit der N1. ) wird nicht widerlegt'. Nicht genug, dass damit die Beweislast umgekehrt und der Frauenverband gezwungen werden soll, die manipulierten Unterstellungen des NRW-Geheimdienstes zu widerlegen, D. sei eine 'Vorfeldorganisation der N1. ' [...].“130 29Rechtsvertreter des G1. ist Q. X2. ; Mitglied des Zentralkomitees der N1. , des zentralen Führungsgremiums der Partei. 131 30122Beispiele: http://www.... http://.... 31123http://www..... 32124http://....... 33125 http://...... 34126Beispiele: http://www......... 35127Beispiel: http://www....... 36128http://www....... 37129http://www......... 38130http://www...... 39131http://......... http://...........“ 40Der Kläger beantragte am 23. Juli 2014 den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO, den die Kammer mit Beschluss vom 1. September 2014 - 22 L 1649/14 - ablehnte. Die hiergegen eingelegte Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen wies der Senat mit Beschluss vom 12. November 2014 ‑ 5 B 1104/14 - zurück. Eine gegen die genannten Entscheidungen eingelegte Verfassungsbeschwerde nebst Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 17. Dezember 2014 - 1 BvR 3340/14 - nicht zur Entscheidung angenommen. 41Der Kläger hat am 16. September 2014 Klage erhoben. 42Er ist der Auffassung, seine Erwähnung im Verfassungsschutzbericht 2013 sei rechtswidrig und verstoße gegen die Vorschriften des VSG NRW, so dass er einen Anspruch darauf habe, dass dieser Verfassungsschutzbericht nicht ohne vorherige Streichung der Erwähnung weiterverbreitet werde. Ferner habe er einen Anspruch auf Richtigstellung in dem als nächstem erscheinenden Verfassungsschutzbericht NRW. Die Rechtswidrigkeit seiner Erwähnung im Verfassungsschutzbericht ergebe sich daraus, dass es an jeglichen tatsächlichen Anhaltspunkten dafür fehle, dass sich Zielsetzung oder praktische Tätigkeit des Klägers gegen Verfassungsgrundsätze oder gar den Gedanken der Völkerverständigung richteten. Die im Verfassungsschutzbericht genannten Fundstellen verwiesen ausschließlich auf Quellen aus der Öffentlichkeitsarbeit der N1. . Der dem Kläger gemachte Vorwurf bestehe offensichtlich einzig und allein darin, dass er nicht bereit sei, sich ausschließlich antikommunistisch begründeten, staatlichen verordneten Denk- und Berührungsverboten zu unterwerfen und stattdessen eine wirkliche, echte Überparteilichkeit praktiziere. Diese echte Überparteilichkeit sei ein konstitutives Merkmal und für das Selbstverständnis des Klägers von entscheidender Bedeutung. Der Kläger sei seit seiner Gründung ausdrücklich für Frauen aller Klassen und Schichten, Weltanschauungen, parteipolitischen Bindungen und Religionszugehörigkeiten auf antifaschistischer Grundlage offen. Von der Mitgliedschaft ausgeschlossen seien lediglich faschistische, rassistische oder religiös-fundamentalistische Frauen. Integraler Bestandteil der echten Überparteilichkeit sei selbstverständlich auch, dass in der N1. organisierte Frauen bei dem Kläger Mitglied werden könnten und auch tatsächlich Mitglied seien; genauso wie in anderen Parteien organisierte Frauen. Der Kläger lasse sich nicht staatlicherseits vorschreiben, mit welchen Parteien er zusammenarbeiten oder auf wessen Veranstaltungen er einen Informationsstand betreiben dürfe. Er, der Kläger, setze sich kritisch mit den vorhandenen gesellschaftlichen Verhältnissen bezüglich der Situation der Frauen in den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen auseinander. Im Rahmen der Förderung und Verwirklichung seiner satzungsgemäßen Ziele und seiner Programmatik arbeite er gleichberechtigt und auf Grundlage seiner weltanschaulichen Offenheit mit allen Personen, Personenbündnissen, Organisationen, Religionsgemeinschaften, Parteien etc. zusammen, die diese in ihrer Gesamtheit oder bezüglich einzelner frauenpolitischer Ziele und Forderungen unterstützten. Der Kläger nehme sich die Freiheit, selbst zu entscheiden, mit wem er zusammenarbeite und mit wem nicht. Er habe zu keinem Zeitpunkt seiner 23jährigen Geschichte einen Hehl daraus gemacht, dass er auch mit Organisationen oder Parteien zusammenarbeite, die sozialistische oder kommunistische Vorstellungen von der Zukunft der Gesellschaft hätten, wie dies bei der N1. der Fall sei. Dies könne jederzeit den öffentlich zugänglichen Erklärungen des Klägers entnommen werden. Hierzu brauche es die Berichte des Beklagten bzw. seiner Inlands-Geheimdienstabteilung, deren katastrophale Fehleinschätzungen beispielsweise im Bereich des faschistisch motivierten Terrors des NSU inzwischen hinlänglich bekannt seien, nicht. Es spreche für die Methode des Beklagten, im angegriffenen Verfassungsschutzbericht nur Beispiele für die Zusammenarbeit des Klägers mit der N1. herauszugreifen und die zahllosen Beispiele einer Zusammenarbeit mit anderen Personen, Organisationen und Parteien schlicht zu unterschlagen. Überparteiliche Organisationen wie der Kläger seien unverzichtbare Elemente eines breiten gesellschaftlichen Engagements. Der Kläger werde allein deshalb vom Beklagten in der Öffentlichkeit diskreditiert, weil er sich nicht der Staatsdoktrin einer strikten antikommunistischen Ausgrenzung solcher Parteien, Organisationen oder Frauen unterwerfe, die eine sozialistische Vorstellung von der Zukunft der Gesellschaft hätten. Die Darstellung des Klägers durch den Beklagten als Vorfeldorganisation der N1. sei durch keinerlei Tatsachen aus Programmatik, Zielsetzung oder praktischer Tätigkeit des Klägers belegt. Auf den vorgelegten 700 Seiten Material und Dokumenten gelinge es dem Beklagten lediglich einmal auf 3 Seiten, eine Handvoll Zitate vorzulegen, die sich kritisch mit der kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung auseinandersetzten. Darüber hinaus werde die These des Beklagten von einer angeblichen verschleierten oder verdeckten Steuerung des Klägers durch die N1. schon dadurch wiederlegt, dass nahezu alle vom Beklagten vorgelegten Dokumente mit einem Klick im Internet aufrufbar seien. Es gehe dem Beklagten einzig und allein darum, den Kläger öffentlich zu diffamieren und zu diskreditieren. Es werde insoweit auf eine Äußerung einer der drei gleichberechtigten Vorstandssprecherinnen des Klägers im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um die Aberkennung der Gemeinnützigkeit verwiesen, in der diese ausgeführt habe: 43„(…) Die echte Überparteilichkeit von D. duldet nicht nur eine weltanschaulich offene Auseinandersetzung, sondern wünscht sie ausdrücklich als Basis für vielfältige kämpferische, solidarische und erfolgreiche Aktivitäten. (…)“ 44Der Kläger beantragt, 45das beklagte Land zu verurteilen, 461. die weitere Verbreitung des Verfassungsschutzberichts Nordrhein-Westfalen 2013 zu unterlassen, wenn nicht zuvor die Passagen über den Kläger entfernt oder unleserlich gemacht worden sind, 472. im nächsten Verfassungsschutzjahresbericht richtigzustellen, dass die Berichterstattung über den Kläger im Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen 2013 rechtswidrig war. 48Der Beklagte beantragt, 49die Klage abzuweisen. 50Er verweist unter Vorlage der Verwaltungsvorgänge, in denen Dokumente aus veröffentlichten und frei zugänglichen Quellen zusammengefasst sind, auf die Darstellungen im Verfassungsschutzbericht 2013 und vertieft seine Auffassung, dass er gemäß §§ 3 Abs. 3, 5 Abs. 7 i.V.m. § 3 Abs. 1 VSG NRW berechtigt sei, über den Kläger im Verfassungsschutzbericht 2013 zu berichten. 51Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 52Entscheidungsgründe: 53Die zulässige Klage ist unbegründet. 54Dem Kläger stehen weder der von ihm geltend gemachte allgemeine öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch noch der Anspruch auf Richtigstellung zu. Die Berichterstattung über den Kläger ist rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Berichterstattung des Beklagten in Rechte des Klägers eingreift, ist dieser Eingriff von § 5 Abs. 7 i. V. m. § 3 VSG NRW gedeckt und damit nicht rechtswidrig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Berichterstattung liegen vor (1). Ferner hat der Beklagte weder die Grenzen des ihm hinsichtlich der Art und Weise der Berichterstattung eröffneten Ermessens (§ 40 VwVfG NRW) überschritten noch gereift die Berichterstattung in ihrer konkreten Art und Weise nicht unverhältnismäßig in Rechte des Klägers ein (2). 551 . 56Rechtsgrundlage für die Berichterstattung des Beklagten über den Kläger in dem Verfassungsschutzbericht für den streitgegenständlichen Berichtszeitraum 2013 ist § 5 Abs. 7 i. V. m. § 3 VSG NRW. Gemäß § 5 Abs. 7 VSG NRW darf die Verfassungsschutzbehörde Informationen, insbesondere Verfassungsschutzberichte, zum Zweck der Aufklärung der Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 3 Abs. 1 VSG NRW veröffentlichen. Diese Befugnis besteht nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 VSG NRW unter anderem für Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes (1.1), die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, soweit tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht solcher Bestrebungen vorliegen (1.2). Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 3, 5 VSG NRW unterliegt dabei in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle; insoweit steht dem Beklagten auch keine Einschätzungsprärogative zu. 571.1 58Das gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 Buchst. c) VSG NRW den Begriff einer „Bestrebung“ kennzeichnende Tatbestandsmerkmal einer politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweise erfordert ein aktives, nicht jedoch notwendig kämpferisch-aggressives Vorgehen zu deren Realisierung. Bestrebungen müssen also politisch determiniert, folglich objektiv geeignet sein, über kurz oder lang politische Wirkungen zu entfalten, 59vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Februar 2009 ‑ 16 A 845/08 ‑, DVBl 2009, 922 ff. = www.nrwe.de = Juris Rn. 94 sowie ‑ in Bezug auf den insoweit wortgleichen § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c) BVerfSchG ‑; BVerwG, Urteil vom 21. Juli 2010 ‑ 6 C 22/09 ‑, DVBl 2010, 1370 ff. = www.bverwg.de = Juris Rn. 59; VG Düsseldorf, Urteile vom 12. April 2013 – 22 K 9174/10 -und vom 15. Februar 2011 ‑ 22 K 404/09 -. 60Erfasst sind damit Verhaltensweisen, die über rein politische Meinungen hinausgehen und auf die Durchsetzung eines Ziels ausgerichtet sind. Die bloße Übereinstimmung oder Sympathie mit den Zielen einer Organisation reicht, ebenso wie die wissenschaftliche Beschäftigung mit einer gesellschaftspolitischen Theorie, nicht aus. Die eindeutig bestimmbare Grenze zwischen wissenschaftlicher Theorie und politischem Ziel liegt dort, wo die in der Theorie gewonnenen Erkenntnisse von einer Vereinigung, die ihrer Satzung nach zu aktivem Handeln im staatlichen Leben entschlossen ist, in ihren Willen aufgenommen und zu Bestimmungsgründen ihres politischen Handelns gemacht werden. 61vgl. VG Düsseldorf, Urteile vom 12. April 2013 – 22 K 9174/10 - und vom 15. Februar 2011 ‑ 22 K 404/09 -. 62Da auch der Kläger eine auf politische Aktivität und auf Änderung der politischen Verhältnisse ausgerichtete Organisation ist, ist davon auszugehen, dass Meinungsäußerungen, die von dem Kläger oder innerhalb seiner Organisation abgegeben werden, auch mit der Intention einer entsprechenden Änderung der realen Verhältnisse abgegeben werden. 631.2 64Es liegen Tatsachen vor, die hinreichende Anhaltspunkte für den Verdacht ergeben, dass der Kläger eine Bestrebung im Sinne des § 3 Abs. 5 Satz 1 Buchst. c) und Satz 2 VSG NRW darstellt, indem er für einen seinerseits unmittelbar verfassungsfeindlichen Personenzusammenschluss handelt. 65Eine Bestrebung in dem vorgenannten Sinne ist gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 Buchst. c) VSG NRW dann gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet, wenn ihr Handeln darauf angelegt ist, einen der in § 3 Abs. 6 VSG NRW genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung in diesem Sinne zählen gemäß § 3 Abs. 6 Buchst. a) VSG NRW u. a. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen. Gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 Buchst. c) VSG NRW können Verhaltensweisen sowohl in einem als auch für einen Personenzusammenschluss geeignet sein, die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht zu rechtfertigen. Dabei handelt gemäß § 3 Abs. 5 Satz 2 VSG NRW für einen Personenzusammenschluss, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt. 66Dazu, wann tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer Bestrebung in dem vorstehend dargelegten Sinne vorliegen, hat das erkennende Gericht bereits in seinem Urteil vom 15. Februar 2011 ‑ 22 K 404/09 ‑ (veröffentlicht in Juris), bestätigt durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 23. Mai 2012 ‑ 5 A 837/11 ‑ (veröffentlicht in Juris), folgende Maßstäbe aufgestellt: 67„Für die positive Feststellung tatsächlicher Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 VSG NRW genügen einerseits bloße Mutmaßungen oder Hypothesen, die sich nicht auf beobachtbare Fakten stützen können, nicht. Andererseits bedarf es auch nicht der Gewissheit, dass Schutzgüter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigt oder außer Geltung gesetzt werden sollen. Es müssen vielmehr konkrete Umstände vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung im Sinne eines Verdachts auf Bestrebungen nach § 3 VSG NRW hindeuten und die Aufklärung der Öffentlichkeit erforderlich erscheinen lassen. Ausreichend ist dabei, dass die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte auf entsprechende Bestrebungen hindeutet, mag auch jeder für sich genommen nicht genügen, 68vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 ‑, BVerfGE 113, 63 ff. = Juris Rn. 68; OVG NRW, Beschluss vom 13. Januar 1994 ‑ 5 B 1236/93 ‑, NVwZ 1994, 588 ff. = Juris Rn. 44. 69Tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer derartigen Bestrebung können bereits dann gegeben sein, wenn aussagekräftiges Tatsachenmaterial lediglich einen Teilbereich der Zielsetzungen, Verlautbarungen und Aktivitäten des Personenzusammenschlusses widerspiegelt; deren Aussagekraft wird nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass daneben eine Vielzahl von Äußerungen existiert, denen sich keine Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Ausrichtung entnehmen lassen. Derartige Anhaltspunkte können sich aus dem Programm bzw. der Satzung des in den Blick genommenen Personenzusammenschlusses ergeben, aus den Äußerungen und Taten von führenden Persönlichkeiten und sonstigen Vertretern, Mitarbeitern und Mitgliedern der Gruppierung sowie aus deren Schulungs- und Werbematerial. Bei Äußerungen kommt es nicht auf ihre abstrakte Interpretierbarkeit und Bewertung an, sondern auf ihre konkrete Verwendung und ihren Stellenwert in der Gesamtausrichtung der Gruppierung, 70vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Februar 2009 ‑ 16 A 845/08 ‑, DVBl 2009, 922 ff. = www.nrwe.de = Juris Rn. 46 ff., m.w.N. zur obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung. 71Dabei müssen tatsächliche Anhaltspunkte i.S.d. § 3 Abs. 1 letzter Halbsatz VSG NRW allerdings hinreichend gewichtig sein. Rechtfertigen sie nur den Schluss, dass möglicherweise ein Verdacht begründet ist, reichen sie als Grundlage einer Grundrechtsbeeinträchtigung nicht aus. Stehen die Bestrebungen noch nicht fest, begründen tatsächliche Anhaltspunkte aber einen entsprechenden Verdacht, muss dessen Intensität hinreichend sein, um die Veröffentlichung in Verfassungsschutzberichten auch angesichts der nachteiligen Auswirkungen auf die Betroffenen zu rechtfertigen. Lassen sich Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung aus Meinungsäußerungen ableiten, ist zudem zu berücksichtigen, dass Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ebenso erlaubt ist wie die Äußerung der Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern. Dementsprechend reicht die bloße Kritik an Verfassungswerten nicht als Anlass aus, um eine verfassungsfeindliche Bestrebung im Sinne des § 15 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 3 VSG NRW zu bejahen oder allein deshalb die negative Sanktion einer Veröffentlichung in den Verfassungsschutzberichten zu ergreifen. Allerdings ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Verfassungsschutzbehörde das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte i.S.d. § 3 Abs. 1 letzter Halbsatz VSG NRW insoweit an die Inhalte von Meinungsäußerungen knüpft, als diese Ausdruck eines Bestrebens sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen, wobei Anknüpfungspunkt ausschließlich die (tatsächlichen) Ziele der hinter der Meinungsäußerung stehenden Gruppe, nicht hingegen deren Wirkung auf Dritte ist, 72vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 -, a.a.O., Juris Rn. 68 ff.; OVG NRW, Urteil vom 13. Februar 2009 ‑ 16 A 845/08 ‑, DVBl 2009, 922 ff. = www.nrwe.de = Juris Rn. 46 ff.; OVG NRW, Urteil vom 12. Februar 2008 ‑ 5 A 130/05 ‑, www.nrwe.de Rn. 297 = Juris Rn. 281. 73Bei der vorzunehmenden wertenden Gesamtbetrachtung sind der Kontext, die Begleitumstände und die Zielrichtung der Äußerungen angemessen zu berücksichtigen und es dürfen andere, mäßigende Äußerungen nicht außer Acht gelassen werden, 74vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2001 – 2 WD 42/00, 2 WD 43/00 ‑, BVerwGE 114, 258 ff. = Juris Rn. 42; OVG Berlin‑Brandenburg, Urteil vom 6. April 2006 ‑ 3 B 3.99 ‑, NVwZ 2006, 838 ff. = Juris Rn. 145, m.w.N.. 75(...) Dabei müssen sich Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen nicht notwendig nur aus Ereignissen im zu überprüfenden Berichtszeitraum ableiten lassen. Dies folgt aus der Aufgabe des Verfassungsschutzberichts, (umfassend) über Bestrebungen einer Gruppierung zu informieren, 76vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 ‑, a.a.O., Juris Rn. 84; OVG NRW, Beschluss vom 8. Juli 2009 ‑ 5 A 203/08 ‑, www.nrwe.de = Juris Rn. 3 ‑ 5. 77Vor dem Berichtszeitraum liegende Anhaltspunkte für den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Bestrebung können bereits allein eine Berichterstattung rechtfertigen, wenn jedenfalls bei der Bestrebung eine hinreichende personelle Kontinuität besteht, eine inhaltliche Distanzierung von den Verlautbarungen und Aktivitäten, die die Verdachtsanhaltspunkte bildeten, nicht festgestellt werden kann und zwischen Anknüpfungstatsachen und Berichtszeitraum eine nur kurze Zeitspanne liegt, wobei von einer nur kurzen Zeitspanne jedenfalls auszugehen ist, wenn die letzten Anknüpfungstatsachen noch nicht mehr als zwei Kalenderjahre zurückliegen, 78vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Juli 2009 ‑ 5 A 203/08 ‑, www.nrwe.de = Juris Rn. 3 ‑ 5.” 79Nach diesen Maßstäben liegen Tatsachen vor, die hinreichende Anhaltspunkte für den Verdacht ergeben, dass der Kläger eine Bestrebung im Sinne des § 3 Abs. 5 Satz 1 Buchst. c) und Satz 2 VSG NRW darstellt. Dabei geht die Kammer zugunsten des Klägers davon aus, dass er zwar für sich genommen nicht unmittelbar verfassungsfeindliche Ziele verfolgt und auch nicht Teil einer verfassungsfeindlichen Organisation ist. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers in den gerichtlichen Verfahren, die seine Erwähnung im Verfassungsschutzbericht 2013 betreffen, besteht indes der hinreichende Verdacht, dass er für einen seinerseits unmittelbar verfassungsfeindlichen Personenzusammenschluss handelt. 80Ein Handeln für einen Personenzusammenschluss in diesem Sinne kann allerdings nicht schon dann angenommen werden, wenn lediglich keine Distanzierung von verfassungsfeindlichen Organisationen erfolgt, mit denen lediglich Berührungspunkte bestehen. Das nachdrückliche Unterstützen eines solchen Personenzusammenschlusses setzt vielmehr ein aktives Handeln, das über eine bloße Missbilligung oder Kritik an einem Verfassungsgrundsatz hinausgeht, voraus. Neben der Durchsetzung des politischen Hauptziels muss die Beeinträchtigung eines der vom Gesetz geschützten Rechtsgüter ein maßgeblicher Zweck der Bestrebung sein. Die bloße Inkaufnahme einer entsprechenden Gefährdung ist nicht ausreichend. Die verantwortlich Handelnden müssen auf den Erfolg der Rechtsgüterbeeinträchtigung hinarbeiten. 81Zur Überzeugung des Gerichts liegen hinreichende Anhaltspunkte für den Verdacht vor, dass der Kläger nach diesen Maßstäben für einen verfassungsfeindlichen Personenzusammenschluss in Gestalt der N1. handelt. Hier ist unter anderem zu berücksichtigen, dass sich auch nach dem Vortrag des Klägers jedenfalls Teile seiner Mitgliedschaft und einige seiner Führungspersonen seit Gründung des Vereins und auch noch im Berichtszeitraum bei Veranstaltungen der N1. engagieren. Beispielhaft sei darauf verwiesen, dass Vertreterinnen des Klägers in dessen Namen öffentlich Grußworte bei einer Wahlkampfauftaktveranstaltung der N1. im Jahr 2009 in I. sprachen und damit die N1. aktiv unterstützten. Auch in der vom Kläger herausgegebenen und von seinem Vorstand im Sinne des Presserechts verantworteten Vereinszeitschrift „D. “ finden sich zahlreiche Belege dafür, dass der Kläger die N1. im vorgenannten Sinne nachdrücklich unterstützt. Lediglich beispielhaft sei insoweit auf den in der Ausgabe Nr. 1/2013 und damit im Berichtszeitraum auf Seite 4 unter der Rubrik „Leserinnenforum“ veröffentlichten Aufruf von „L. T. , I1. “ verwiesen, „am besten die N1. (zu) wählen“. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich hierbei um einen als Leserbrief gekennzeichneten Beitrag handelt, bestehen – insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Verfasserin dieses Leserbriefs in derselben Ausgabe auf Seite 20 einen redaktionellen Beitrag verfasst hat – keine Zweifel daran, dass der Kläger als Herausgeber mit der Veröffentlichung eines solchen Beitrages, zu der er nicht verpflichtet gewesen wäre, seine Mitglieder zu einer Unterstützung der N1. aufrufen möchte. 82Der Kläger selbst hat sowohl im Rahmen des Verfahrens zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes als auch in dem Hauptsacheverfahren, zuletzt ausdrücklich und mehrfach im Rahmen der mündlichen Verhandlung, ausgeführt, es sei seiner Auffassung nach sein zu schützendes Recht, mit der N1. als Organisation insgesamt sowie mit einzelnen Vertreterinnen und Vertretern der N1. zu kooperieren und gemeinsam für die Durchsetzung der eigenen satzungsmäßigen Ziele einzutreten. Die an zahlreichen Stellen betonte sog. „echte Überparteilichkeit“ des Klägers umfasst seiner Ansicht nach gerade auch die enge Zusammenarbeit mit Parteien und Organisationen, die – wie die N1. – eindeutig und unwidersprochen verfassungsfeindliche Ziele verfolgen. Eine Distanzierung von diesen Organisationen und ihren Zielen lehnt er ausdrücklich ab. Im Gegenteil stellt es für das Selbstverständnis des Klägers ein konstitutives Alleinstellungsmerkmal seiner Arbeit als „echter überparteilicher“ Zusammenschluss von Frauen dar, gerade auch mit Organisationen wie der N1. sachlich und personell zusammenzuarbeiten, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen und daher ebenfalls vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Der Eindruck, den die erkennende Kammer in der mündlichen Verhandlung aufgrund der dort gemachten Ausführungen der Vertreterinnen des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten gewonnenen hat, bestätigt diesen Befund nachdrücklich. 83Die N1. sieht den Kläger ihrerseits als ein Mittel, die eigenen verfassungsfeindlichen Gedanken und Ideologien weiteren Kreisen der Gesellschaft zugänglich zu machen und sie dort zu verbreiten. Dass der Kläger auch in Kenntnis dieser Auffassung an seiner Zusammenarbeit mit der N1. festhält und auch in Zukunft festhalten will, bekräftigt den Verdacht, der Kläger verfolge durch sein nachdrückliches Unterstützen der N1. selbst verfassungsfeindliche Ziele. 84Dabei geht die Kammer nicht davon aus, der Kläger arbeite ausschließlich mit verfassungsfeindlichen Organisationen zusammen, wie der Kläger offenbar meint. Dies ist aber nach den Vorschriften des VSG NRW auch nicht erforderlich, um die dort genannten Tatbestandsmerkmale zu erfüllen. 852. 86Der Beklagte hat die Grenzen des ihm hinsichtlich der Art und Weise der Berichterstattung eröffneten Ermessens (§ 40 VwVfG NRW) nicht überschritten. Insbesondere greift die Berichterstattung in ihrer konkreten Art und Weise nicht unverhältnismäßig in Rechte des Klägers ein. 87Soweit die Berichterstattung mittelbar in Grundrechte des Klägers, namentlich in die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG) sowie in die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG) eingreift, 88vgl. zum Eingriffscharakter eines Verfassungsschutzberichtes insoweit in Bezug auf Art. 5 Abs. 1 GG: BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 ‑, Juris Rn. 50 ff., 89sind diese Eingriffe verfassungsrechtlich gerechtfertigt. 90Die grundgesetzlich geschützten Rechtspositionen des Klägers finden ihre Schranke in der Entscheidung des Gesetzgebers für eine „streitbare Demokratie“. Diese Grundentscheidung ist im Wesentlichen aus Art. 9 Abs. 2, Art. 18, Art. 20 Abs. 4, Art. 21 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 3 GG herzuleiten. Sie wird in den Zuständigkeitsvorschriften der Art. 73 Nr. 10 lit. b GG und Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG bestätigt. Das Grundgesetz vertraut auf Grund geschichtlicher Erfahrung nicht alleine darauf, die freiheitliche Demokratie werde sich im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung ohne Weiteres behaupten. Es hat daher dem Staat die Aufgabe übertragen, die zentralen Grundwerte der Verfassung durch (repressive) Schutzvorkehrungen zu sichern und zu gewährleisten, 91vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juli 2010 ‑ 6 C 22/09 ‑, Juris Rn. 24. 92Eine belastende Maßnahme in Form der Berichterstattung in Verfassungsschutzberichten ist daher am Rang des im Rahmen der Entscheidung des Grundgesetzes für eine "streitbare Demokratie" zu schützenden Rechtsguts, der Intensität seiner Gefährdung, aber auch an der Art und Schwere der Beeinträchtigung des Freiheitsrechts des nachteilig Betroffenen zu messen. Ein hiermit verbundener Eingriff ist nur dann zulässig und von dem Betroffenen hinzunehmen, wenn sich die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht als verhältnismäßig darstellt, 93vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 ‑, Juris Rn. 66; OVG Berlin‑Brandenburg, Urteil vom 6. April 2006 ‑ 3 B 3.99 ‑, Juris Rn. 44. 94Die durch den Beklagten vorgenommene Art und Weise der Berichterstattung über den Kläger genügt den sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie ist zur Aufklärung der Öffentlichkeit geeignet, zur Erreichung des verfolgten Zwecks erforderlich und steht auch nicht außer Verhältnis zum Stellenwert der Grundrechte des Klägers, in die eingegriffen wird. 95In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass Veröffentlichungen in Verfassungsschutzberichten eine grundsätzlich zulässige und geeignete Vorkehrung zur Aufklärung der Öffentlichkeit und in diesem Rahmen zur Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen darstellen, 96vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 ‑, Juris Rn. 65. 97Auch die Art und Weise der Darstellung im Verfassungsschutzbericht 2013 im Kapitel „Entwicklungstendenzen“, Unterkapitel „Linksextremismus“ und im Kapitel „Linksextremismus“ ist zur Aufklärung der Öffentlichkeit und zur Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen geeignet. Inhaltlicher Kern der Berichterstattung über den Kläger ist die Darlegung, dass in Bezug auf ihn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer Bestrebung vorliegen, die das Recht des Volkes beseitigen will, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen. Dabei werden die Aktivitäten des Klägers im Einzelnen beschrieben und bewertet. Die so vorgenommenen Erläuterungen und Bewertungen des Klägers sind vom Gesetzeszweck gedeckt. 98Die Berichterstattung über den Kläger im Verfassungsschutzbericht 2013 ist in ihrer Art und Weise zur Erreichung des verfolgten Zwecks (Aufklärung der Öffentlichkeit und Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen) auch erforderlich; ein milderes, ebenso wirksames Mittel ist nicht ersichtlich. 99Wie der Wortlaut des § 5 Abs. 7 i.V.m. § 3 Abs. 1 a. E. VSG NRW („ ... soweit tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht ... vorliegen“) zeigt, ist die Verfassungsschutzbehörde grundsätzlich berechtigt, schon im Falle eines bloßen Verdachts für verfassungsfeindliche Bestrebungen über diese in Verfassungsschutzberichten zu berichten. Die Berechtigung der Verfassungsschutzbehörde zur Berichterstattung aus Anlass eines bloßen Verdachts erfordert dabei eine Differenzierung in der Berichterstattung nach Art und Ausmaß der Gefahr und nach dem Gewicht und der Belastbarkeit der eigenen Erkenntnisse. In einem solchen Falle ist es geboten, nicht den Eindruck zu erwecken, es stehe bereits fest, dass die betroffene Gruppierung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolgt. Daher muss – etwa in den gewählten Überschriften und der Gliederung des Berichts – deutlich zwischen solchen Organisationen, für die nur ein Verdacht besteht, und solchen, für die solche Bestrebungen erwiesen sind, unterschieden werden, 100vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005, 1 BvR 1072/01 ‑, Juris Rn. 78. 101Entscheidend ist damit grundsätzlich, dass in den Berichten Organisationen, bei welchen lediglich tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen festgestellt werden, nicht ohne jede Differenzierung in der Gestaltung des Berichts auf die gleiche Stufe mit solchen Organisationen gestellt werden, für die Anhaltspunkte für feststehende verfassungsfeindliche Bestrebungen festgestellt werden. Abzustellen ist dabei auf den flüchtigen Leser, d. h. es genügt nicht, wenn eine solche Differenzierung allein aus im Textteil des Berichts enthaltenen Nuancierungen hervorgeht, sondern diese Differenzierung muss sich aus der Gestaltung des Berichts ergeben, 102vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005, 1 BvR 1072/01 ‑, Juris Rn. 89. 103Die Berichterstattung des Beklagten über den Kläger im Verfassungsschutzbericht 2013 überschreitet das erforderliche Maß nicht. Auch für den flüchtigen Leser ist erkennbar, dass der Beklagte in Bezug auf den Kläger lediglich von einem Verdachtsfall einer verfassungsfeindlichen Bestrebung ausgegangen ist. 104Dass sich der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen bei dem Kläger nach der Auffassung des Beklagten nicht bis zur absoluten Gewissheit verdichtet hat, kommt zugleich in den Textpassagen, die den Kläger betreffen, deutlich zum Ausdruck. So ist die namentliche Bezeichnung des Klägers sowohl in den Textüberschriften als auch im Fließtext jeweils mit einem (*) gekennzeichnet, das deutlich als Fall der bloßen Verdachtsberichterstattung erläutert wird, 105vgl. zur Kennzeichnung von Verdachtsfällen durch eine solche Fußnote: VG Düsseldorf, Urteil vom 10. November 2009 ‑ 22 K 3117/08 ‑, www.nrwe.de = Juris. 106Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 107Die Entscheidung zur vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711. ZPO.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aus dem urteil vollstreckbaren betrages abzuwenden, soweit nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die beteiligten streiten um die rechtmäßigkeit der erwähnung des klägers im verfassungsschutzbericht nordrhein-westfalen für das jahr 2013. 3der 1991 gegründete kläger ist ein eingetragener verein mit sitz in x. . er ist bundesweit tätig und nach eigenen angaben in mehr als 50 städten durch repräsentantinnen und ortsgruppen vertreten. in § 2 seiner satzung nennt er als „zweck und ziel“: 4„der verband verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige interessen. er fördert den zusammenschluss der frauen in der brd zur wahrung ihrer interessen, insbesondere für die gesellschaftliche anerkennung und durchsetzung der gleichberechtigung der frau. ein weiteres ziel ist die förderung internationaler gesinnung, der toleranz auf allen gebieten der kultur und des völkerverständigungsgedankens. zur verwirklichung seiner ziele führt der verband u.a. veranstaltungen, bildungsseminare und kongresse durch. er ist selbstständig – parteipolitisch, konfessionell und finanziell unabhängig. (…)“ 5zur mitgliedschaft legt die satzung in § 3 fest: 6„mitglied kann jede frau sein, die das programm und die satzung des verbandes anerkennt und unterstützt, ihren beitritt schriftlich erklärt und regelmäßig beitrag zahlt. (…)“ 7der kläger wird seit mehreren jahren im verfassungsschutzbericht des landes nrw unter der rubrik „linksextremismus“ als vorfeldorganisation der n. -m. partei deutschlands (n1. ) genannt und im verfassungsschutzbericht jeweils dahingehend gekennzeichnet, dass gewichtige anhaltspunkte für den verdacht von bestrebungen und tätigkeiten im sinne von § 3 abs. 1 des gesetzes über den verfassungsschutz in nordrhein-westfalen (vsg nrw) vorlägen. 8im verfassungsschutzbericht des landes nordrhein-westfalen über das jahr 2013 (stand: 16. mai 2014), 9abrufbar im internet unter http://www.mik.nrw.de..........html, 10wird der kläger ebenfalls genannt. zunächst wird er im kapitel „entwicklungstendenzen“ unter dem punkt „1.3 linksextremismus“ erwähnt. unter dieser überschrift wird in einer fußnote auf folgendes hingewiesen: 11„zur erfüllung seiner funktion als frühwarnsystem in der wehrhaften demokratie ist der verfassungsschutz durch das verfassungsschutzgesetz nrw berechtigt, über eine organisation zu berichten, wenn tatsächliche anhaltspunkte für den verdacht einer verfassungsfeindlichen bestrebung vorliegen. für eine berichterstattung ist es nicht voraussetzung, dass sich verdachtsmomente bis zur einschätzung als „verfassungsfeindlich“ verdichtet haben. soweit nur anhaltspunkte für den verdacht bestehen, wird dies mit der kennzeichnung (*) ausdrücklich hervorgehoben.“ 12im selben kapitel heißt es unter der zwischenüberschrift „‘n. -m1. partei deutschlands‘ (n1. )“ (hervorhebung durch das gericht): 13„'n. -m1. partei deutschlands' (n1. ) 14die n1. ist zur bundestagwahl 2013 angetreten. ihre kommunistische ausrichtung, die sich offen gegen die freiheitliche demokratische grundordnung des grundgesetzes wendet, hat sie im wahlkampf keineswegs verhehlt. das ergebnis zeigt allerdings, dass sie zwar potenziale über ihrer mitgliederzahl mobilisieren kann, jedoch bleibt sie weiterhin wahlpolitisch bedeutungslos. durch eine angebliche „antikommunismus“-kampagne wähnt sie sich verfolgt und fühlt sich im politischen spektrum benachteiligt. zur europawahl am 25. mai 2014 will die n1. als mitglied des ihr nahestehenden 'j' (j. ) antreten. wichtiger dürften allerdings die kommunalwahlen in nordrhein-westfalen sein; hier beabsichtigt sie, ratsmandate des von ihr maßgeblich beeinflussten wahlbündnisses 'b*' zu verteidigen. ihre aktionsschwerpunkte sieht die n1. außerhalb des parlamentarismus. die partei vermittelt weiterhin den eindruck, sich auf einer reihe von themenfeldern zu engagieren. traditionell arbeiten n1. -mitglieder in betriebsräten bzw. gewerkschaften mit; in arbeitspolitischen oder –rechtlichen einzelfällen engagiert sich die partei zudem in „solidaritätskreisen“. das spektrum der themenfelder reicht ferner über umwelt- und frauenfragen bis hin zum internationalen engagement im rahmen der j. . die partei unterstützt z.b. den aufbau einer „überparteilichen und kämpferischen umweltgewerkschaft“ in deutschland, deren gründung bis herbst 2014 geplant ist. das engagement im umweltschutz dürfte vor allem auch der gewinnung neuer mitglieder dienen. offenkundig ist die maßgebliche beeinflussung und unterstützung des g. d. e.v.*' durch die n1. , dem ende 2012 die gemeinnützigkeit entzogen wurde.“ 15ferner wird der kläger in dem mit „linksextremismus“ überschriebenen kapitel genannt. auch diese überschrift ist mit einer fußnote versehen, deren text identisch mit dem oben dargestellten text zur bedeutung der kennzeichnung (*) ist. im folgenden heißt es unter der zwischenüberschrift „n. -m1. partei deutschlands (n1. )“: 16„4.1.3 n. -m1. partei deutschlands (n1. ) 17[…] 18vorfeldorganisationen 19zahlreiche gruppierungen mit nomineller eigenständigkeit dienen der partei als struktureller unterbau, darunter der 'g d. e.v.*' oder kommunale wahlbündnisse wie 'b*' u.a. 20[…] 21entzug der gemeinnützigkeit für den 'g d. e.v.*' 22dem 'g d. e.v.*' wurde im dezember 2012 durch das finanzamt x. -f. wegen der erwähnung des vereins im verfassungsschutzbericht 2010 des landes nrw der steuerrechtliche status der gemeinnützigkeit aberkannt. der wesentliche rechtsgrund dafür war, dass es bei dem verband anhaltspunkte für den verdacht einer verfassungsfeindlichen bestrebung gibt. gegen den entzug der gemeinnützigkeit wurden rechtsmittel eingelegt. 23dagegen initiierte 'd. e.v.*' im berichtsjahr eine massive protestkampagne durch solidaritätsaufrufe122, unterschriftensammlungen123, einen offenen brief an die landesregierung124 sowie protestaktionen vor dem finanzamt x. -f1. . die kampagne wurde durch die n1. und ihr nahestehende organisationen massiv unterstützt und begleitet.126 24der 'g d. e.v.*' ist seit jeher eine vorfeldorganisation der n1. . bereits die gründung des verbandes im jahr 1991 wurde von der n1. wesentlich initiiert. seitdem nimmt die partei gezielt ideologisch, personell und organisatorisch einfluss auf 'd. e.v.*', um frauen für ihre politischen ziele und ihre ideologie im sinne eines sozialismus/kommunismus nach den vorstellungen der partei zu gewinnen. 'd. e.v.*'-ortsgruppen in deutschland arbeiten seit jahren eng mit der n1. und ihr nahestehenden organisationen sowie mit dem durch die n1. beeinflussten wahlbündnis 'b*' zusammen127 (gemeinsame veranstaltungen, demonstrationen, kundgebungen, pfingstjugendtreffen etc.). bekräftigt wurde die historische verbindung zwischen der n1. und 'd. e.v.*' zuletzt im rahmen des offiziellen festakts zum 30jährigen bestehen der n1. am 3. november 2012 in e. . dort führte die stellvertretende parteivorsitzende n. h. -f2. zur frauenarbeit der n1. und zum geschichtlichen ursprung des 'g. d. e.v.*' aus: 25„[…] dem trägt die n1. mit einer nunmehr über 20-jährigen systematischen marxistisch-leninistischen frauenarbeit rechnung. […] ende der 1980er jahre hatten wir vor, eine marxistisch-leninistische frauenorganisation aufzubauen. […] die revolutionären frauen gehören in die partei. […] die grundsätzlichen diskussionen, die er (anm.: gemeint ist x1. e1. , mitbegründer der n1. ) dadurch in der n1. auslöste, wurden zum fundament der frauenarbeit der n1. . die n1. förderte seitdem den aufbau des überparteilichen g1. d. .“ 128 26auch der 'g d. e.v.*' stellte sich – gemeinsam mit kommunistischen bzw. derart beeinflussten organisationen – im rahmen des festaktes vor.129 27in den parteiorganen der n1. (homepage www.n1.............') wird seit jahren sowohl über grundsätzliche frauenpolitische positionen der partei als auch über gemeinsame veranstaltungen mit 'd. e.v.*' und anderes mehr berichtet. 28die enge verbindung zwischen der n1. und 'd. e.v.*' zeigt sich z. b. auch daran, dass die partei auf ihrer homepage aus schriftverkehr zwischen dem frauenverband und dem finanzamt zitiert: „am 14. november 2013 verschärfte das finanzamt die auseinandersetzung. es lehnte den einspruch von d. vom 3. januar 2013 gegen die aberkennung der gemeinnützigkeit ab. die begründung: '„[...] das bestehen einer personellen und ideologischen verflechtung (mit der n1. ) wird nicht widerlegt'. nicht genug, dass damit die beweislast umgekehrt und der frauenverband gezwungen werden soll, die manipulierten unterstellungen des nrw-geheimdienstes zu widerlegen, d. sei eine 'vorfeldorganisation der n1. ' [...].“130 29rechtsvertreter des g1. ist q. x2. ; mitglied des zentralkomitees der n1. , des zentralen führungsgremiums der partei. 131 30122beispiele: http://www.... http://.... 31123http://www..... 32124http://....... 33125 http://...... 34126beispiele: http://www......... 35127beispiel: http://www....... 36128http://www....... 37129http://www......... 38130http://www...... 39131http://......... http://...........“ 40der kläger beantragte am 23. juli 2014 den erlass einer einstweiligen anordnung gemäß § 123 vwgo, den die kammer mit beschluss vom 1. september 2014 - 22 l 1649/14 - ablehnte. die hiergegen eingelegte beschwerde vor dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen wies der senat mit beschluss vom 12. november 2014 ‑ 5 b 1104/14 - zurück. eine gegen die genannten entscheidungen eingelegte verfassungsbeschwerde nebst antrag auf erlass einer einstweiligen anordnung hat das bundesverfassungsgericht durch beschluss vom 17. dezember 2014 - 1 bvr 3340/14 - nicht zur entscheidung angenommen. 41der kläger hat am 16. september 2014 klage erhoben. 42er ist der auffassung, seine erwähnung im verfassungsschutzbericht 2013 sei rechtswidrig und verstoße gegen die vorschriften des vsg nrw, so dass er einen anspruch darauf habe, dass dieser verfassungsschutzbericht nicht ohne vorherige streichung der erwähnung weiterverbreitet werde. ferner habe er einen anspruch auf richtigstellung in dem als nächstem erscheinenden verfassungsschutzbericht nrw. die rechtswidrigkeit seiner erwähnung im verfassungsschutzbericht ergebe sich daraus, dass es an jeglichen tatsächlichen anhaltspunkten dafür fehle, dass sich zielsetzung oder praktische tätigkeit des klägers gegen verfassungsgrundsätze oder gar den gedanken der völkerverständigung richteten. die im verfassungsschutzbericht genannten fundstellen verwiesen ausschließlich auf quellen aus der öffentlichkeitsarbeit der n1. . der dem kläger gemachte vorwurf bestehe offensichtlich einzig und allein darin, dass er nicht bereit sei, sich ausschließlich antikommunistisch begründeten, staatlichen verordneten denk- und berührungsverboten zu unterwerfen und stattdessen eine wirkliche, echte überparteilichkeit praktiziere. diese echte überparteilichkeit sei ein konstitutives merkmal und für das selbstverständnis des klägers von entscheidender bedeutung. der kläger sei seit seiner gründung ausdrücklich für frauen aller klassen und schichten, weltanschauungen, parteipolitischen bindungen und religionszugehörigkeiten auf antifaschistischer grundlage offen. von der mitgliedschaft ausgeschlossen seien lediglich faschistische, rassistische oder religiös-fundamentalistische frauen. integraler bestandteil der echten überparteilichkeit sei selbstverständlich auch, dass in der n1. organisierte frauen bei dem kläger mitglied werden könnten und auch tatsächlich mitglied seien; genauso wie in anderen parteien organisierte frauen. der kläger lasse sich nicht staatlicherseits vorschreiben, mit welchen parteien er zusammenarbeiten oder auf wessen veranstaltungen er einen informationsstand betreiben dürfe. er, der kläger, setze sich kritisch mit den vorhandenen gesellschaftlichen verhältnissen bezüglich der situation der frauen in den verschiedensten gesellschaftlichen bereichen auseinander. im rahmen der förderung und verwirklichung seiner satzungsgemäßen ziele und seiner programmatik arbeite er gleichberechtigt und auf grundlage seiner weltanschaulichen offenheit mit allen personen, personenbündnissen, organisationen, religionsgemeinschaften, parteien etc. zusammen, die diese in ihrer gesamtheit oder bezüglich einzelner frauenpolitischer ziele und forderungen unterstützten. der kläger nehme sich die freiheit, selbst zu entscheiden, mit wem er zusammenarbeite und mit wem nicht. er habe zu keinem zeitpunkt seiner 23jährigen geschichte einen hehl daraus gemacht, dass er auch mit organisationen oder parteien zusammenarbeite, die sozialistische oder kommunistische vorstellungen von der zukunft der gesellschaft hätten, wie dies bei der n1. der fall sei. dies könne jederzeit den öffentlich zugänglichen erklärungen des klägers entnommen werden. hierzu brauche es die berichte des beklagten bzw. seiner inlands-geheimdienstabteilung, deren katastrophale fehleinschätzungen beispielsweise im bereich des faschistisch motivierten terrors des nsu inzwischen hinlänglich bekannt seien, nicht. es spreche für die methode des beklagten, im angegriffenen verfassungsschutzbericht nur beispiele für die zusammenarbeit des klägers mit der n1. herauszugreifen und die zahllosen beispiele einer zusammenarbeit mit anderen personen, organisationen und parteien schlicht zu unterschlagen. überparteiliche organisationen wie der kläger seien unverzichtbare elemente eines breiten gesellschaftlichen engagements. der kläger werde allein deshalb vom beklagten in der öffentlichkeit diskreditiert, weil er sich nicht der staatsdoktrin einer strikten antikommunistischen ausgrenzung solcher parteien, organisationen oder frauen unterwerfe, die eine sozialistische vorstellung von der zukunft der gesellschaft hätten. die darstellung des klägers durch den beklagten als vorfeldorganisation der n1. sei durch keinerlei tatsachen aus programmatik, zielsetzung oder praktischer tätigkeit des klägers belegt. auf den vorgelegten 700 seiten material und dokumenten gelinge es dem beklagten lediglich einmal auf 3 seiten, eine handvoll zitate vorzulegen, die sich kritisch mit der kapitalistischen wirtschafts- und gesellschaftsordnung auseinandersetzten. darüber hinaus werde die these des beklagten von einer angeblichen verschleierten oder verdeckten steuerung des klägers durch die n1. schon dadurch wiederlegt, dass nahezu alle vom beklagten vorgelegten dokumente mit einem klick im internet aufrufbar seien. es gehe dem beklagten einzig und allein darum, den kläger öffentlich zu diffamieren und zu diskreditieren. es werde insoweit auf eine äußerung einer der drei gleichberechtigten vorstandssprecherinnen des klägers im zusammenhang mit der auseinandersetzung um die aberkennung der gemeinnützigkeit verwiesen, in der diese ausgeführt habe: 43„(…) die echte überparteilichkeit von d. duldet nicht nur eine weltanschaulich offene auseinandersetzung, sondern wünscht sie ausdrücklich als basis für vielfältige kämpferische, solidarische und erfolgreiche aktivitäten. (…)“ 44der kläger beantragt, 45das beklagte land zu verurteilen, 461. die weitere verbreitung des verfassungsschutzberichts nordrhein-westfalen 2013 zu unterlassen, wenn nicht zuvor die passagen über den kläger entfernt oder unleserlich gemacht worden sind, 472. im nächsten verfassungsschutzjahresbericht richtigzustellen, dass die berichterstattung über den kläger im verfassungsschutzbericht nordrhein-westfalen 2013 rechtswidrig war. 48der beklagte beantragt, 49die klage abzuweisen. 50er verweist unter vorlage der verwaltungsvorgänge, in denen dokumente aus veröffentlichten und frei zugänglichen quellen zusammengefasst sind, auf die darstellungen im verfassungsschutzbericht 2013 und vertieft seine auffassung, dass er gemäß §§ 3 abs. 3, 5 abs. 7 i.v.m. § 3 abs. 1 vsg nrw berechtigt sei, über den kläger im verfassungsschutzbericht 2013 zu berichten. 51hinsichtlich des weiteren sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 52
53die zulässige klage ist unbegründet. 54dem kläger stehen weder der von ihm geltend gemachte allgemeine öffentlich-rechtliche unterlassungsanspruch noch der anspruch auf richtigstellung zu. die berichterstattung über den kläger ist rechtlich nicht zu beanstanden. soweit die berichterstattung des beklagten in rechte des klägers eingreift, ist dieser eingriff von § 5 abs. 7 i. v. m. § 3 vsg nrw gedeckt und damit nicht rechtswidrig. die tatbestandlichen voraussetzungen für die berichterstattung liegen vor (1). ferner hat der beklagte weder die grenzen des ihm hinsichtlich der art und weise der berichterstattung eröffneten ermessens (§ 40 vwvfg nrw) überschritten noch gereift die berichterstattung in ihrer konkreten art und weise nicht unverhältnismäßig in rechte des klägers ein (2). 551 . 56rechtsgrundlage für die berichterstattung des beklagten über den kläger in dem verfassungsschutzbericht für den streitgegenständlichen berichtszeitraum 2013 ist § 5 abs. 7 i. v. m. § 3 vsg nrw. gemäß § 5 abs. 7 vsg nrw darf die verfassungsschutzbehörde informationen, insbesondere verfassungsschutzberichte, zum zweck der aufklärung der öffentlichkeit über bestrebungen und tätigkeiten nach § 3 abs. 1 vsg nrw veröffentlichen. diese befugnis besteht nach § 3 abs. 1 nr. 1 vsg nrw unter anderem für bestrebungen im geltungsbereich des grundgesetzes (1.1), die gegen die freiheitliche demokratische grundordnung gerichtet sind, soweit tatsächliche anhaltspunkte für den verdacht solcher bestrebungen vorliegen (1.2). das vorliegen der tatbestandlichen voraussetzungen der §§ 3, 5 vsg nrw unterliegt dabei in vollem umfang der gerichtlichen kontrolle; insoweit steht dem beklagten auch keine einschätzungsprärogative zu. 571.1 58das gemäß § 3 abs. 5 satz 1 buchst. c) vsg nrw den begriff einer „bestrebung“ kennzeichnende tatbestandsmerkmal einer politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten verhaltensweise erfordert ein aktives, nicht jedoch notwendig kämpferisch-aggressives vorgehen zu deren realisierung. bestrebungen müssen also politisch determiniert, folglich objektiv geeignet sein, über kurz oder lang politische wirkungen zu entfalten, 59vgl. ovg nrw, urteil vom 13. februar 2009 ‑ 16 a 845/08 ‑, dvbl 2009, 922 ff. = www.nrwe.de = juris rn. 94 sowie ‑ in bezug auf den insoweit wortgleichen § 4 abs. 1 satz 1 buchstabe c) bverfschg ‑; bverwg, urteil vom 21. juli 2010 ‑ 6 c 22/09 ‑, dvbl 2010, 1370 ff. = www.bverwg.de = juris rn. 59; vg düsseldorf, urteile vom 12. april 2013 – 22 k 9174/10 -und vom 15. februar 2011 ‑ 22 k 404/09 -. 60erfasst sind damit verhaltensweisen, die über rein politische meinungen hinausgehen und auf die durchsetzung eines ziels ausgerichtet sind. die bloße übereinstimmung oder sympathie mit den zielen einer organisation reicht, ebenso wie die wissenschaftliche beschäftigung mit einer gesellschaftspolitischen theorie, nicht aus. die eindeutig bestimmbare grenze zwischen wissenschaftlicher theorie und politischem ziel liegt dort, wo die in der theorie gewonnenen erkenntnisse von einer vereinigung, die ihrer satzung nach zu aktivem handeln im staatlichen leben entschlossen ist, in ihren willen aufgenommen und zu bestimmungsgründen ihres politischen handelns gemacht werden. 61vgl. vg düsseldorf, urteile vom 12. april 2013 – 22 k 9174/10 - und vom 15. februar 2011 ‑ 22 k 404/09 -. 62da auch der kläger eine auf politische aktivität und auf änderung der politischen verhältnisse ausgerichtete organisation ist, ist davon auszugehen, dass meinungsäußerungen, die von dem kläger oder innerhalb seiner organisation abgegeben werden, auch mit der intention einer entsprechenden änderung der realen verhältnisse abgegeben werden. 631.2 64es liegen tatsachen vor, die hinreichende anhaltspunkte für den verdacht ergeben, dass der kläger eine bestrebung im sinne des § 3 abs. 5 satz 1 buchst. c) und satz 2 vsg nrw darstellt, indem er für einen seinerseits unmittelbar verfassungsfeindlichen personenzusammenschluss handelt. 65eine bestrebung in dem vorgenannten sinne ist gemäß § 3 abs. 5 satz 1 buchst. c) vsg nrw dann gegen die freiheitliche demokratische grundordnung gerichtet, wenn ihr handeln darauf angelegt ist, einen der in § 3 abs. 6 vsg nrw genannten verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer geltung zu setzen. zur freiheitlichen demokratischen grundordnung in diesem sinne zählen gemäß § 3 abs. 6 buchst. a) vsg nrw u. a. das recht des volkes, die staatsgewalt in wahlen und abstimmungen und durch besondere organe der gesetzgebung, der vollziehenden gewalt und der rechtsprechung auszuüben und die volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer wahl zu wählen. gemäß § 3 abs. 5 satz 1 buchst. c) vsg nrw können verhaltensweisen sowohl in einem als auch für einen personenzusammenschluss geeignet sein, die erwähnung im verfassungsschutzbericht zu rechtfertigen. dabei handelt gemäß § 3 abs. 5 satz 2 vsg nrw für einen personenzusammenschluss, wer ihn in seinen bestrebungen nachdrücklich unterstützt. 66dazu, wann tatsächliche anhaltspunkte für den verdacht einer bestrebung in dem vorstehend dargelegten sinne vorliegen, hat das erkennende gericht bereits in seinem urteil vom 15. februar 2011 ‑ 22 k 404/09 ‑ (veröffentlicht in juris), bestätigt durch beschluss des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw) vom 23. mai 2012 ‑ 5 a 837/11 ‑ (veröffentlicht in juris), folgende maßstäbe aufgestellt: 67„für die positive feststellung tatsächlicher anhaltspunkte für den verdacht von bestrebungen nach § 3 abs. 1 nr. 1 vsg nrw genügen einerseits bloße mutmaßungen oder hypothesen, die sich nicht auf beobachtbare fakten stützen können, nicht. andererseits bedarf es auch nicht der gewissheit, dass schutzgüter der freiheitlichen demokratischen grundordnung beseitigt oder außer geltung gesetzt werden sollen. es müssen vielmehr konkrete umstände vorliegen, die bei vernünftiger betrachtung im sinne eines verdachts auf bestrebungen nach § 3 vsg nrw hindeuten und die aufklärung der öffentlichkeit erforderlich erscheinen lassen. ausreichend ist dabei, dass die gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen anhaltspunkte auf entsprechende bestrebungen hindeutet, mag auch jeder für sich genommen nicht genügen, 68vgl. bverfg, beschluss vom 24. mai 2005 ‑ 1 bvr 1072/01 ‑, bverfge 113, 63 ff. = juris rn. 68; ovg nrw, beschluss vom 13. januar 1994 ‑ 5 b 1236/93 ‑, nvwz 1994, 588 ff. = juris rn. 44. 69tatsächliche anhaltspunkte für den verdacht einer derartigen bestrebung können bereits dann gegeben sein, wenn aussagekräftiges tatsachenmaterial lediglich einen teilbereich der zielsetzungen, verlautbarungen und aktivitäten des personenzusammenschlusses widerspiegelt; deren aussagekraft wird nicht allein dadurch in frage gestellt, dass daneben eine vielzahl von äußerungen existiert, denen sich keine anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche ausrichtung entnehmen lassen. derartige anhaltspunkte können sich aus dem programm bzw. der satzung des in den blick genommenen personenzusammenschlusses ergeben, aus den äußerungen und taten von führenden persönlichkeiten und sonstigen vertretern, mitarbeitern und mitgliedern der gruppierung sowie aus deren schulungs- und werbematerial. bei äußerungen kommt es nicht auf ihre abstrakte interpretierbarkeit und bewertung an, sondern auf ihre konkrete verwendung und ihren stellenwert in der gesamtausrichtung der gruppierung, 70vgl. ovg nrw, urteil vom 13. februar 2009 ‑ 16 a 845/08 ‑, dvbl 2009, 922 ff. = www.nrwe.de = juris rn. 46 ff., m.w.n. zur obergerichtlichen und höchstrichterlichen rechtsprechung. 71dabei müssen tatsächliche anhaltspunkte i.s.d. § 3 abs. 1 letzter halbsatz vsg nrw allerdings hinreichend gewichtig sein. rechtfertigen sie nur den schluss, dass möglicherweise ein verdacht begründet ist, reichen sie als grundlage einer grundrechtsbeeinträchtigung nicht aus. stehen die bestrebungen noch nicht fest, begründen tatsächliche anhaltspunkte aber einen entsprechenden verdacht, muss dessen intensität hinreichend sein, um die veröffentlichung in verfassungsschutzberichten auch angesichts der nachteiligen auswirkungen auf die betroffenen zu rechtfertigen. lassen sich bestrebungen zur beseitigung der freiheitlichen demokratischen grundordnung aus meinungsäußerungen ableiten, ist zudem zu berücksichtigen, dass kritik an der verfassung und ihren wesentlichen elementen ebenso erlaubt ist wie die äußerung der forderung, tragende bestandteile der freiheitlichen demokratischen grundordnung zu ändern. dementsprechend reicht die bloße kritik an verfassungswerten nicht als anlass aus, um eine verfassungsfeindliche bestrebung im sinne des § 15 abs. 2 in verbindung mit § 3 abs. 3 vsg nrw zu bejahen oder allein deshalb die negative sanktion einer veröffentlichung in den verfassungsschutzberichten zu ergreifen. allerdings ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die verfassungsschutzbehörde das vorliegen tatsächlicher anhaltspunkte i.s.d. § 3 abs. 1 letzter halbsatz vsg nrw insoweit an die inhalte von meinungsäußerungen knüpft, als diese ausdruck eines bestrebens sind, die freiheitliche demokratische grundordnung zu beseitigen oder außer geltung zu setzen, wobei anknüpfungspunkt ausschließlich die (tatsächlichen) ziele der hinter der meinungsäußerung stehenden gruppe, nicht hingegen deren wirkung auf dritte ist, 72vgl. bverfg, beschluss vom 24. mai 2005 ‑ 1 bvr 1072/01 -, a.a.o., juris rn. 68 ff.; ovg nrw, urteil vom 13. februar 2009 ‑ 16 a 845/08 ‑, dvbl 2009, 922 ff. = www.nrwe.de = juris rn. 46 ff.; ovg nrw, urteil vom 12. februar 2008 ‑ 5 a 130/05 ‑, www.nrwe.de rn. 297 = juris rn. 281. 73bei der vorzunehmenden wertenden gesamtbetrachtung sind der kontext, die begleitumstände und die zielrichtung der äußerungen angemessen zu berücksichtigen und es dürfen andere, mäßigende äußerungen nicht außer acht gelassen werden, 74vgl. bverwg, urteil vom 18. mai 2001 – 2 wd 42/00, 2 wd 43/00 ‑, bverwge 114, 258 ff. = juris rn. 42; ovg berlin‑brandenburg, urteil vom 6. april 2006 ‑ 3 b 3.99 ‑, nvwz 2006, 838 ff. = juris rn. 145, m.w.n.. 75(...) dabei müssen sich anhaltspunkte für den verdacht verfassungsfeindlicher bestrebungen nicht notwendig nur aus ereignissen im zu überprüfenden berichtszeitraum ableiten lassen. dies folgt aus der aufgabe des verfassungsschutzberichts, (umfassend) über bestrebungen einer gruppierung zu informieren, 76vgl. bverfg, beschluss vom 24. mai 2005 ‑ 1 bvr 1072/01 ‑, a.a.o., juris rn. 84; ovg nrw, beschluss vom 8. juli 2009 ‑ 5 a 203/08 ‑, www.nrwe.de = juris rn. 3 ‑ 5. 77vor dem berichtszeitraum liegende anhaltspunkte für den verdacht einer verfassungsfeindlichen bestrebung können bereits allein eine berichterstattung rechtfertigen, wenn jedenfalls bei der bestrebung eine hinreichende personelle kontinuität besteht, eine inhaltliche distanzierung von den verlautbarungen und aktivitäten, die die verdachtsanhaltspunkte bildeten, nicht festgestellt werden kann und zwischen anknüpfungstatsachen und berichtszeitraum eine nur kurze zeitspanne liegt, wobei von einer nur kurzen zeitspanne jedenfalls auszugehen ist, wenn die letzten anknüpfungstatsachen noch nicht mehr als zwei kalenderjahre zurückliegen, 78vgl. ovg nrw, beschluss vom 8. juli 2009 ‑ 5 a 203/08 ‑, www.nrwe.de = juris rn. 3 ‑ 5.” 79nach diesen maßstäben liegen tatsachen vor, die hinreichende anhaltspunkte für den verdacht ergeben, dass der kläger eine bestrebung im sinne des § 3 abs. 5 satz 1 buchst. c) und satz 2 vsg nrw darstellt. dabei geht die kammer zugunsten des klägers davon aus, dass er zwar für sich genommen nicht unmittelbar verfassungsfeindliche ziele verfolgt und auch nicht teil einer verfassungsfeindlichen organisation ist. auch unter berücksichtigung des vorbringens des klägers in den gerichtlichen verfahren, die seine erwähnung im verfassungsschutzbericht 2013 betreffen, besteht indes der hinreichende verdacht, dass er für einen seinerseits unmittelbar verfassungsfeindlichen personenzusammenschluss handelt. 80ein handeln für einen personenzusammenschluss in diesem sinne kann allerdings nicht schon dann angenommen werden, wenn lediglich keine distanzierung von verfassungsfeindlichen organisationen erfolgt, mit denen lediglich berührungspunkte bestehen. das nachdrückliche unterstützen eines solchen personenzusammenschlusses setzt vielmehr ein aktives handeln, das über eine bloße missbilligung oder kritik an einem verfassungsgrundsatz hinausgeht, voraus. neben der durchsetzung des politischen hauptziels muss die beeinträchtigung eines der vom gesetz geschützten rechtsgüter ein maßgeblicher zweck der bestrebung sein. die bloße inkaufnahme einer entsprechenden gefährdung ist nicht ausreichend. die verantwortlich handelnden müssen auf den erfolg der rechtsgüterbeeinträchtigung hinarbeiten. 81zur überzeugung des gerichts liegen hinreichende anhaltspunkte für den verdacht vor, dass der kläger nach diesen maßstäben für einen verfassungsfeindlichen personenzusammenschluss in gestalt der n1. handelt. hier ist unter anderem zu berücksichtigen, dass sich auch nach dem vortrag des klägers jedenfalls teile seiner mitgliedschaft und einige seiner führungspersonen seit gründung des vereins und auch noch im berichtszeitraum bei veranstaltungen der n1. engagieren. beispielhaft sei darauf verwiesen, dass vertreterinnen des klägers in dessen namen öffentlich grußworte bei einer wahlkampfauftaktveranstaltung der n1. im jahr 2009 in i. sprachen und damit die n1. aktiv unterstützten. auch in der vom kläger herausgegebenen und von seinem vorstand im sinne des presserechts verantworteten vereinszeitschrift „d. “ finden sich zahlreiche belege dafür, dass der kläger die n1. im vorgenannten sinne nachdrücklich unterstützt. lediglich beispielhaft sei insoweit auf den in der ausgabe nr. 1/2013 und damit im berichtszeitraum auf seite 4 unter der rubrik „leserinnenforum“ veröffentlichten aufruf von „l. t. , i1. “ verwiesen, „am besten die n1. (zu) wählen“. auch unter berücksichtigung der tatsache, dass es sich hierbei um einen als leserbrief gekennzeichneten beitrag handelt, bestehen – insbesondere unter berücksichtigung der tatsache, dass die verfasserin dieses leserbriefs in derselben ausgabe auf seite 20 einen redaktionellen beitrag verfasst hat – keine zweifel daran, dass der kläger als herausgeber mit der veröffentlichung eines solchen beitrages, zu der er nicht verpflichtet gewesen wäre, seine mitglieder zu einer unterstützung der n1. aufrufen möchte. 82der kläger selbst hat sowohl im rahmen des verfahrens zur gewährung vorläufigen rechtsschutzes als auch in dem hauptsacheverfahren, zuletzt ausdrücklich und mehrfach im rahmen der mündlichen verhandlung, ausgeführt, es sei seiner auffassung nach sein zu schützendes recht, mit der n1. als organisation insgesamt sowie mit einzelnen vertreterinnen und vertretern der n1. zu kooperieren und gemeinsam für die durchsetzung der eigenen satzungsmäßigen ziele einzutreten. die an zahlreichen stellen betonte sog. „echte überparteilichkeit“ des klägers umfasst seiner ansicht nach gerade auch die enge zusammenarbeit mit parteien und organisationen, die – wie die n1. – eindeutig und unwidersprochen verfassungsfeindliche ziele verfolgen. eine distanzierung von diesen organisationen und ihren zielen lehnt er ausdrücklich ab. im gegenteil stellt es für das selbstverständnis des klägers ein konstitutives alleinstellungsmerkmal seiner arbeit als „echter überparteilicher“ zusammenschluss von frauen dar, gerade auch mit organisationen wie der n1. sachlich und personell zusammenzuarbeiten, die verfassungsfeindliche ziele verfolgen und daher ebenfalls vom verfassungsschutz beobachtet werden. der eindruck, den die erkennende kammer in der mündlichen verhandlung aufgrund der dort gemachten ausführungen der vertreterinnen des klägers und seines prozessbevollmächtigten gewonnenen hat, bestätigt diesen befund nachdrücklich. 83die n1. sieht den kläger ihrerseits als ein mittel, die eigenen verfassungsfeindlichen gedanken und ideologien weiteren kreisen der gesellschaft zugänglich zu machen und sie dort zu verbreiten. dass der kläger auch in kenntnis dieser auffassung an seiner zusammenarbeit mit der n1. festhält und auch in zukunft festhalten will, bekräftigt den verdacht, der kläger verfolge durch sein nachdrückliches unterstützen der n1. selbst verfassungsfeindliche ziele. 84dabei geht die kammer nicht davon aus, der kläger arbeite ausschließlich mit verfassungsfeindlichen organisationen zusammen, wie der kläger offenbar meint. dies ist aber nach den vorschriften des vsg nrw auch nicht erforderlich, um die dort genannten tatbestandsmerkmale zu erfüllen. 852. 86der beklagte hat die grenzen des ihm hinsichtlich der art und weise der berichterstattung eröffneten ermessens (§ 40 vwvfg nrw) nicht überschritten. insbesondere greift die berichterstattung in ihrer konkreten art und weise nicht unverhältnismäßig in rechte des klägers ein. 87soweit die berichterstattung mittelbar in grundrechte des klägers, namentlich in die vereinigungsfreiheit (art. 9 gg) sowie in die meinungsfreiheit (art. 5 abs. 1 i.v.m. art. 19 abs. 3 gg) eingreift, 88vgl. zum eingriffscharakter eines verfassungsschutzberichtes insoweit in bezug auf art. 5 abs. 1 gg: bverfg, beschluss vom 24. mai 2005 ‑ 1 bvr 1072/01 ‑, juris rn. 50 ff., 89sind diese eingriffe verfassungsrechtlich gerechtfertigt. 90die grundgesetzlich geschützten rechtspositionen des klägers finden ihre schranke in der entscheidung des gesetzgebers für eine „streitbare demokratie“. diese grundentscheidung ist im wesentlichen aus art. 9 abs. 2, art. 18, art. 20 abs. 4, art. 21 abs. 2 und art. 28 abs. 3 gg herzuleiten. sie wird in den zuständigkeitsvorschriften der art. 73 nr. 10 lit. b gg und art. 87 abs. 1 satz 2 gg bestätigt. das grundgesetz vertraut auf grund geschichtlicher erfahrung nicht alleine darauf, die freiheitliche demokratie werde sich im prozess der öffentlichen meinungsbildung ohne weiteres behaupten. es hat daher dem staat die aufgabe übertragen, die zentralen grundwerte der verfassung durch (repressive) schutzvorkehrungen zu sichern und zu gewährleisten, 91vgl. bverwg, urteil vom 27. juli 2010 ‑ 6 c 22/09 ‑, juris rn. 24. 92eine belastende maßnahme in form der berichterstattung in verfassungsschutzberichten ist daher am rang des im rahmen der entscheidung des grundgesetzes für eine "streitbare demokratie" zu schützenden rechtsguts, der intensität seiner gefährdung, aber auch an der art und schwere der beeinträchtigung des freiheitsrechts des nachteilig betroffenen zu messen. ein hiermit verbundener eingriff ist nur dann zulässig und von dem betroffenen hinzunehmen, wenn sich die aufnahme in den verfassungsschutzbericht als verhältnismäßig darstellt, 93vgl. bverfg, beschluss vom 24. mai 2005 ‑ 1 bvr 1072/01 ‑, juris rn. 66; ovg berlin‑brandenburg, urteil vom 6. april 2006 ‑ 3 b 3.99 ‑, juris rn. 44. 94die durch den beklagten vorgenommene art und weise der berichterstattung über den kläger genügt den sich aus dem verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergebenden verfassungsrechtlichen anforderungen. sie ist zur aufklärung der öffentlichkeit geeignet, zur erreichung des verfolgten zwecks erforderlich und steht auch nicht außer verhältnis zum stellenwert der grundrechte des klägers, in die eingegriffen wird. 95in der höchstrichterlichen rechtsprechung ist geklärt, dass veröffentlichungen in verfassungsschutzberichten eine grundsätzlich zulässige und geeignete vorkehrung zur aufklärung der öffentlichkeit und in diesem rahmen zur abwehr verfassungsfeindlicher bestrebungen darstellen, 96vgl. nur bverfg, beschluss vom 24. mai 2005 ‑ 1 bvr 1072/01 ‑, juris rn. 65. 97auch die art und weise der darstellung im verfassungsschutzbericht 2013 im kapitel „entwicklungstendenzen“, unterkapitel „linksextremismus“ und im kapitel „linksextremismus“ ist zur aufklärung der öffentlichkeit und zur abwehr verfassungsfeindlicher bestrebungen geeignet. inhaltlicher kern der berichterstattung über den kläger ist die darlegung, dass in bezug auf ihn tatsächliche anhaltspunkte für den verdacht einer bestrebung vorliegen, die das recht des volkes beseitigen will, die staatsgewalt in wahlen und abstimmungen und durch besondere organe der gesetzgebung, der vollziehenden gewalt und der rechtsprechung auszuüben und die volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer wahl zu wählen. dabei werden die aktivitäten des klägers im einzelnen beschrieben und bewertet. die so vorgenommenen erläuterungen und bewertungen des klägers sind vom gesetzeszweck gedeckt. 98die berichterstattung über den kläger im verfassungsschutzbericht 2013 ist in ihrer art und weise zur erreichung des verfolgten zwecks (aufklärung der öffentlichkeit und abwehr verfassungsfeindlicher bestrebungen) auch erforderlich; ein milderes, ebenso wirksames mittel ist nicht ersichtlich. 99wie der wortlaut des § 5 abs. 7 i.v.m. § 3 abs. 1 a. e. vsg nrw („ ... soweit tatsächliche anhaltspunkte für den verdacht ... vorliegen“) zeigt, ist die verfassungsschutzbehörde grundsätzlich berechtigt, schon im falle eines bloßen verdachts für verfassungsfeindliche bestrebungen über diese in verfassungsschutzberichten zu berichten. die berechtigung der verfassungsschutzbehörde zur berichterstattung aus anlass eines bloßen verdachts erfordert dabei eine differenzierung in der berichterstattung nach art und ausmaß der gefahr und nach dem gewicht und der belastbarkeit der eigenen erkenntnisse. in einem solchen falle ist es geboten, nicht den eindruck zu erwecken, es stehe bereits fest, dass die betroffene gruppierung gegen die freiheitliche demokratische grundordnung gerichtete bestrebungen verfolgt. daher muss – etwa in den gewählten überschriften und der gliederung des berichts – deutlich zwischen solchen organisationen, für die nur ein verdacht besteht, und solchen, für die solche bestrebungen erwiesen sind, unterschieden werden, 100vgl. bverfg, beschluss vom 24. mai 2005, 1 bvr 1072/01 ‑, juris rn. 78. 101entscheidend ist damit grundsätzlich, dass in den berichten organisationen, bei welchen lediglich tatsächliche anhaltspunkte für den verdacht verfassungsfeindlicher bestrebungen festgestellt werden, nicht ohne jede differenzierung in der gestaltung des berichts auf die gleiche stufe mit solchen organisationen gestellt werden, für die anhaltspunkte für feststehende verfassungsfeindliche bestrebungen festgestellt werden. abzustellen ist dabei auf den flüchtigen leser, d. h. es genügt nicht, wenn eine solche differenzierung allein aus im textteil des berichts enthaltenen nuancierungen hervorgeht, sondern diese differenzierung muss sich aus der gestaltung des berichts ergeben, 102vgl. bverfg, beschluss vom 24. mai 2005, 1 bvr 1072/01 ‑, juris rn. 89. 103die berichterstattung des beklagten über den kläger im verfassungsschutzbericht 2013 überschreitet das erforderliche maß nicht. auch für den flüchtigen leser ist erkennbar, dass der beklagte in bezug auf den kläger lediglich von einem verdachtsfall einer verfassungsfeindlichen bestrebung ausgegangen ist. 104dass sich der verdacht verfassungsfeindlicher bestrebungen bei dem kläger nach der auffassung des beklagten nicht bis zur absoluten gewissheit verdichtet hat, kommt zugleich in den textpassagen, die den kläger betreffen, deutlich zum ausdruck. so ist die namentliche bezeichnung des klägers sowohl in den textüberschriften als auch im fließtext jeweils mit einem (*) gekennzeichnet, das deutlich als fall der bloßen verdachtsberichterstattung erläutert wird, 105vgl. zur kennzeichnung von verdachtsfällen durch eine solche fußnote: vg düsseldorf, urteil vom 10. november 2009 ‑ 22 k 3117/08 ‑, www.nrwe.de = juris. 106die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 107die entscheidung zur vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 abs. 1 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711. zpo.
Verklagte*r
0
171,735
23 K 4654/13
2014-08-25T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 00. Oktober 1936 geborene Kläger stand bis zu seiner Zurruhesetzung wegen dauerhafter Dienstunfähigkeit zum 1. Juli 1965 als Polizeihauptwachtmeister im Polizeidienst des beklagten Landes. Die dauerhafte Dienstunfähigkeit ist Folge eines vom beklagten Land anerkannten Dienstunfalles als Fahrer eines Polizei-Motorrades in E. am 5. Juni 1963, bei dem der Kläger aufgrund eines Straßenschadens stürzte und vor allem einen Trümmerbruch des rechten Unterschenkels erlitt. Ein bis zum Bundesgerichtshof (BGH) geführter Haftpflicht-Prozess des Klägers gegen die Stadt E. als Träger der Verkehrssicherungspflicht ging im Wesentlichen zugunsten des Klägers aus. 3Der Kläger verfügt über einen Schwerbehindertenausweis, der einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 ab 27. Oktober 1992 sowie die Merkzeichen G, aG, H, RF und B bescheinigt. 4Seit seiner Zurruhesetzung erhält der Kläger Unfallruhegehalt (derzeit aus Besoldungsgruppe A 7, Dienstaltersstufe 10) nach einem Ruhegehaltssatz von 66 2/3 % sowie Unfallfürsorge wegen des Dienstunfalles. Neben den Kosten der Heilbehandlung erhält er Unfallausgleich nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von aktuell 70 % (mindestens 427,00 Euro) sowie eine Pauschale für außergewöhnliche Kosten von Kleider- und Wäscheverschleiß (nach der sog. Höchstbewertungszahl, derzeit wohl 124,00 Euro). Ebenfalls erhält er aus Mitteln der Unfallfürsorge Zuschüsse für Anschaffung und Unterhaltung seines behindertengerecht umgerüsteten Personenkraftwagens sowie für den entsprechenden Stellplatz. Alle diese Leistungen werden seit dem Ruhestand des Klägers vom Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW (LBV) bearbeitet und gewährt. 5Da der Kläger nach seiner Zurruhesetzung als Polizeibeamter eine Laufbahn außerhalb des öffentlichen Dienstes einschlug, erhält er auch aus diesem Beschäftigungsverhältnis Versorgung, die sich soweit ersichtlich wie folgt zusammensetzt: Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) in Höhe von mindestens 885,18 Euro, Unfallrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung (im Hinblick auf einen Arbeits-Wegeunfall) in Höhe von mindestens 1365 Euro sowie einer Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) von mindestens 658 Euro. 6Im Hinblick auf die Altersrente von der DRV unterliegt das Unfallruhegehalt des Klägers einer Ruhensregelung gemäß § 55 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG). 7Der zum Zeitpunkt des Dienstunfalles 1963 in E. wohnende Kläger verzog nachfolgend nach E1. (wohl C. , etwa 1966/67), etwa 1985 sodann nach N. -C1. . Nach früherer Ehescheidung ist er seit 1999 mit der 1940 geborenen S. F. verheiratet und mit ihr bis jetzt in 00000 T. , H.--straße 51 wohnhaft. 8Durch vom LBV beauftragte Amtsärzte sind als Unfallfolgen derzeit festgestellt: 9 Zustand nach (Z. n.) dreifachem Trümmerbruch des rechten Unterschenkels und Mehrfachoperation wegen Fehlstellung, Falschgelenkbildung und Infektion einschließlich Spannanlagerung und Hautverpflanzung mit daraus resultierender Beinverkürzung von 1 cm und Achsenfehlstellung; 10 posttraumatische Sprunggelenkarthrose rechts; 11 funktionell-statische LWS-Beschwerden bei Beckentiefstand und kompensatorischer Wirbelsäulenverbiegung; 12 posttraumatische neurogene Blasenentleerungsstörung mit Harninkontinenz und Nierensteinleiden; 13 sekundäre Kniegelenkarthrose rechts mit vorderer Kreuzbandlockerung; 14 Hüftgelenksverschleißerkrankung beidseits, Z. n. künstlichem Gelenkersatz rechts von März 2001; 15 beginnende Kniegelenksverschleißerkrankung links; 16 Z. n. konservativer Therapie einer Wirbelsäulenverletzung mit Ausbildung eines Wirbelgleitens L 4/L 5 und Bandscheibenprotrusion L 4/L 5; 17 Z. n. durch Sturz bedingter BWK 12-Fraktur. 18Wegen der Einzelheiten wird auf die Unfallnachbegutachtung des Gesundheitsamtes E1. vom 21. November 2001 (Beiakte 6 zu 23 K 4382/13, Bl. 78 ff.) sowie das amtsärztliche Gutachten des Gesundheitsamtes T. vom 17. Juli 2013 (Beiakte 1 zu 23 K 7835/13, Bl. 1187 ff.) verwiesen. 19Im Rahmen der Gewährung von Leistungen der Unfallfürsorge für die Kosten seiner umfangreichen Heilbehandlung hat der Kläger ursprünglich anscheinend keine Fahrtkosten geltend gemacht. Zu Beginn der 2000er-Jahre machte der Kläger dann auch Fahrtkosten zu seinen Behandlern und zu Apotheken geltend. Das LBV erstattete diese Mitte 2004 auch rückwirkend für die Zeit ab Anfang 2001. In gleicher Weise erfolgte die Erstattung von Fahrtkosten auch in der Folgezeit. Dabei übernahm das LBV Fahrtkosten nach einem Satz von 0,30 Euro pro gefahrenem km ohne Beanstandungen u.a. auch für Fahrten zu: 20 N1. -Apotheke, T. (11 km), 21 Dr. med. Q. , E1. (106 km), 22 Dr. med. P. , E1. (ab 2006 zunächst 110 km, ab 2007: 72 km), 23 Orthopädie I. S1. , E1. (zunächst 106 km, ab 2007: 70 km), 24 Radiologie Dres. med. N2. , S2. , T1. u.a., E1. (zunächst 105 km, ab 2009: 70 bzw. 72 km). 25Diese Fahrten erfolgten regelmäßig, teilweise auch sehr häufig (Dres. med. Q. und P. überwiegend etwa zwei Mal wöchentlich). 26Da der Kläger bei der für die Dienstunfallfürsorge zuständigen Abteilung des LBV wegen seiner dauerhaften Unfallfolgen auch regelmäßig Anträge stellte, erfolgten im Zeitverlauf Wechsel in der Person der Sachbearbeitung. Dies führte teils zu Problemen in der Erstattung von Kosten der Heilbehandlung und insbesondere auch bei den Fahrtkosten. So übernahm das LBV im Jahr 2007 in einem Fall die geltend gemachten Fahrtkosten nur in erheblich gekürztem Umfang und führte hierzu im Schreiben des LBV vom 11. April 2007 (Frau H1. , Beiakte 5) aus: 27„Die Fahrten zur Apotheke gehören unter Umständen sicherlich zur notwendigen Heilbehandlung, wobei der Nachweis sicherlich schwierig zu führen ist.Nachzuweisen wäre nämlich sicherlich, warum Rezepte nicht sofort nach dem entsprechenden Arztbesuch auf dem Weg eingelöst werden konnten.Nachzuweisen wäre außerdem aus welchem Grund Sie eine Apotheke in einer Entfernung von 5,5 km zu Ihrer Wohnung aufsuchen, obwohl sich zwei Apotheken in unmittelbarer Nähe (400m) befinden.Diese Prüfungen und Nachweise können jedoch unterbleiben, da es heute zum Service einer Apotheke gehört, die Medikamente auch nach Hause zu liefern.Insofern ist die Erstattung der Fahrtkosten zur Apotheke grundsätzlich abzulehnen. 28Hinsichtlich der Fahrtkosten von T. zu den behandelnden Ärzten in E1. kann ich weiterhin nur 31 km einfache Strecke (also 62 km gesamt, Anm. des Einzelrichters) anerkennen.Sie berufen sich darauf, dass es Ihnen nicht zuzumuten sei, eine Wegstrecke zu benutzen, die ständig und nahezu immer zu Staus und Verkehrsbehinderungen mit langen Wartezeiten führt. Zunächst lässt sich feststellen, dass Sie sich aufgrund der freien Arztwahl freiwillig der Behandlung in E1. unterziehen. Insofern behalte ich mir eine Überprüfung der Notwendigkeit noch vor, da sich die Frage stellt, warum so viele verschiedene Orthopäden für die Behandlung hinzugezogen werden. Ganz abgesehen von der freien Arztwahl trifft es absolut nicht zu, dass die Strecke von T. nach E1. ganztägig mit Verkehrsbehinderungen belegt ist.“ 29Auf Widerspruch des Klägers erstattete das LBV mit Abhilfebescheid vom 6. November 2007 (Frau L. , Beiakte 5) die vollständigen Fahrtkosten und führte aus: 30„Ich gebe Ihrem Widerspruch statt. Sie durften sich aufgrund der bisherigen Verfahrensweise auf Vertrauensschutz berufen. 31(...) 32Für die Zukunft behalte ich mir jedoch vor, die Fahrkosten hinsichtlich ihrer Notwendigkeit und Angemessenheit im Einzelfall zu prüfen.“ 33In der Folgezeit gestellte Anträge wurden bei geänderter Sachbearbeitung (Frau L1. ) zunächst wieder ohne Kürzungen oder Probleme bei den Fahrtkosten vollständig erstattet. Mit Bescheid vom 19. September 2008 übernahm das LBV (Frau L1. ) die vom Kläger beantragten Kosten der Heilbehandlung – einschließlich Fahrtkosten – vollständig, verband dies jedoch mit dem fett hervorgehobenen Hinweis: 34„Aus vertrauensschutzrechtlichen Gründen werden Behandlungen, die bis zum Zugang dieses Bescheides entstehen, nach der bisherigen Verfahrensweise erstattet. 35Ich behalte mir jedoch vor, künftig die Aufwendungen, insbesondere die Fahrtkosten, hinsichtlich ihrer Notwendigkeit und Angemessenheit durch den zuständigen Amtsarzt prüfen zu lassen.“ 36Auch der an den Kläger gerichtete Bescheid der Frau L1. vom 22. September 2008 enthielt einen ähnlichen Hinweis (beide Bescheide in Beiakte 3). 37Dementsprechend erstattete das LBV dem Kläger in der Folgezeit alle Kosten der Heilbehandlung einschließlich der Fahrtkosten wie bisher, verband dies jedoch zunächst mit dem Hinweis in den Bescheiden, dass die Aufwendungen vor Zugang der Bescheide vom 19. September 2008 und 22. September 2008 entstanden seien und deshalb nach der bisherigen Verfahrensweise erstattet würden. 38In einem Bescheid (Frau L1. ) vom 8. Mai 2009 zu einem Erstattungsantrag des Klägers vom 22. Februar 2009 übernahm das LBV die Fahrtkosten vollständig, obwohl diese teilweise bereits nach dem Zugang der Bescheide vom 19. und 22. September 2008 entstanden waren, verband dies jedoch u.a. zu den Fahrtkosten („BF“ = Beförderungskosten) mit der Anmerkung, die Erstattung stehe unter dem Vorbehalt einer Neufestsetzung und Rückforderung zu viel gezahlter Beträge. Ebenso verfuhr Frau L1. in der Folgezeit mit Bescheiden vom 8. Juli 2009. In einem Bescheid vom 12. August 2009 erstattete Frau L1. hingegen die Fahrtkosten vollständig, obwohl diese mittlerweile deutlich überwiegend nach September 2008 entstanden waren, ohne dem Bescheid einen Vorbehalt beizufügen. (Alle Bescheide in Beiakte 3.) 39Nachdem der Kläger beginnend mit dem Antrag vom 8. Oktober 2009 (Beiakte 4) bei den Fahrtkosten nur noch solche geltend machte, die nach September 2008 entstanden waren, beschied das LBV (Frau L1. ) seine Erstattungsanträge nur noch hinsichtlich der sonstigen Kosten der Heilbehandlung und wies zu den Fahrtkosten darauf hin, es ergehe ein gesonderter Bescheid. 40 Antrag vom 8. Oktober 2009  Bescheid vom 16. Dezember 2009 41 Antrag vom 13. Dezember 2010  Bescheid vom 27. Mai 2011 42 Antrag vom 13. März 2011  Bescheid vom 27. Mai 2011 43 Antrag vom 19. April 2011  Bescheid vom 27. Mai 2011 44In der Folgezeit erstattete das LBV (Frau L1. ) auf Erstattungsanträge des Klägers auch nach September 2008 entstandene Fahrtkosten ohne Kürzungen oder Vorbehalte. 45Nachdem zu den mit den Anträgen vom 8. Oktober 2009, 13. Dezember 2010, 13. März 2011 und 19. April 2011 geltend gemachten Fahrtkosten (von insgesamt 2348,40 Euro) keine Entscheidung des LBV erfolgte, erinnerte der Kläger hieran unter Beifügung einer Übersicht der offenen Beträge mit Schreiben vom 7. Januar 2012 (Beiakte 1 zu 23 K 4653/13, Bl. 802 f.), vom 6. Juni 2012 (unter Ankündigung einer Untätigkeitsklage, ebenda Bl. 800 f.), am 20. September 2012 (Beiakte 2 zu 23 K 4653/13, Bl. 869 f., wohl nach Wechsel der Sachbearbeitung, nunmehr an Frau L2. gerichtet) und zuletzt unter dem 11. Januar 2013 (ebenda, Bl. 979 f.). 46Mit einem Bescheid vom 31. Januar 2013 entschied das LBV (Frau L1. ) über die offenen Fahrtkosten aus den Anträgen vom 8. Oktober 2009, 13. Dezember 2010, 13. März 2011 und 19. April 2011 („Ihr Zeichen, Ihre Nachricht vom 06.06.2012 und 11.01.2013 (Bef.kosten“) und erstattete dem Kläger 577,65 Euro aus Unfallfürsorgemitteln. Die dem Bescheid beigefügte „Zusammenstellung der Kosten, die Ihnen erstattet werden“ lässt erkennen, dass die beantragten Beförderungskosten nur teilweise erstattet wurden (577,65 Euro von 2348,40 Euro). Die „Zusammenstellung“ enthält die Anmerkung: 47„Im Rahmen der Dienstunfallfürsorge können nur die notwendigen und angemessenen Fahrtkosten berücksichtigt werden. Es können daher nur die Aufwendungen für Fahrten zu in Ihrer näheren Umgebung liegenden entsprechenden Ärzten, Apotheken, Krankenhäuser etc. zugrunde gelegt werden: 48H2. -Apotheke 4 km statt N3. 49BGU-Unfallklinik E. 43,5 km statt BGU-Klinik G. 50Praxis für Orthopädie Dr. K. 4 km statt Orthopädie Dr. P. 51Praxis für Orthopädie Dr. K. 4 km statt Orthopädie Dr. Roesgen 52Orthopädie Technik v. G1. 15,2 km statt Orthopädie Technik S1. 53Praxis für Radiologie S3. 3,4 km statt Dres. N2. , S2. etc. 54Traumatologisches Zentrum I1. 186,4 km statt Traumatologisches Zentrum P1. (Dr. S4. )“ 55(Wegen der weiteren Einzelheiten vgl. Beiakte 2 zu 23 K 4653/13, Bl. 1044 ff.) 56Fast zeitgleich entschied das LBV am 30. und 31. Januar 2013 in fünf weiteren Verwaltungsverfahren in vergleichbarer Weise über die Übernahme von Fahrtkosten aus Unfallfürsorgemitteln. 57Gegen den im Einzelnen dargestellten Bescheid vom 31. Januar 2013 erhob der Kläger am 11. Februar 2013 Widerspruch (vgl. Beiakte 2 zu 23 K 4653/13, Bl. 1099 f.), zu dessen Begründung er vorrangig auf seine Widerspruchsbegründungen in anderen Verwaltungsverfahren vom 4. und 5. Juni 2012 verwies. 58Mit „Bescheid“ vom 15. April 2013 (Beiakte 2 zu 23 K 4653/13, Bl. 1120 f.) entschied das LBV (Frau S5. ) über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 31. Januar 2013 in den Verwaltungsverfahren betreffend die mit den Anträgen vom 8. Oktober 2009, 13. Dezember 2010, 13. März 2011 und 19. April 2011 geltend gemachten Fahrtkosten und half dem Widerspruch vollständig ab, indem die offenen 1170,75 Euro vollständig übernommen wurden. Das LBV bezog sich hierbei allein auf Gründe des Vertrauensschutzes. 59Fast zeitgleich half das LBV in sieben weiteren Widerspruchsverfahren mit Widerspruchsbescheiden vom 10. und 15. April 2013 ab und übernahm Fahrtkosten des Klägers auf der Grundlage von Vertrauensschutz. 60Der Kläger persönlich hat gegen den Bescheid vom 15. April 2013 am 17. Mai 2013 diese Klage erhoben und begehrt, das beklagte Land zu verurteilen, ihm auch künftig alle unfallbedingten Fahrtkosten zu erstatten und so den über Jahrzehnte aufgebauten Vertrauensschutz hinsichtlich der Fahrtkostenerstattung nicht zu versagen. 61Der Kläger trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: 62Ihn verbinde eine lange Geschäftsbeziehung mit der Inhaberin der N3. , der Apothekerin G2. G3. , die zu einer Vertrauensbeziehung geführt habe. Frau G3. berate ihn intensiv zu den vielfältigen Medikamenten, die ihm ärztlich verordnet werden, insbesondere zu deren Wechselwirkungen, deren Verträglichkeit und der Frage, welches Präparat für ihn am günstigsten sei. Dies könnten die Ärzte nicht leisten. Eine so gute Beratung erhalte er andernorts nicht. Entscheidend sei jedoch, dass Frau G3. ihm Kredit einräume. Die bei ihm für Medikamente regelmäßig anfallenden Beträge seien so hoch, dass er nicht in der Lage sei, diese vorzufinanzieren. Er habe ca. 800 bis 1000 Euro monatliche Medikamentenkosten. Dies falle bei den mittlerweile sehr langen Bearbeitungszeiten des LBV besonders ins Gewicht. Er müsse die Medikamente erst bezahlen, wenn das LBV ihm die Beträge erstatte. Andere Apotheken – insbesondere die nahe gelegene H2. -Apotheke – seien zu einer Kreditgewährung nicht bereit. Eine Lieferung durch die N3. sei deshalb ausgeschlossen, weil er auch dem Betäubungsmittelgesetz (BtmG) unterfallende Medikamente erhalte, die nicht geliefert werden dürften. Hierzu hat der Kläger eine Bestätigung der Apothekerin G3. vorgelegt. 63Der Grund für das Aufsuchen des Dr. P. in E1. liege darin, dass er in der Gemeinschaftspraxis der Dres. P. und Q. seit 1975 behandelt werde. Diese seien durch diese lange Zeit bestens mit seinem Krankheitsbild vertraut. Nur sie könnten aufgrund der langjährigen Patientenbeziehung die Gewähr dafür bieten, dass er eine optimale medizinische Versorgung erfahre. Auch ökonomische Gründe sprächen für diese orthopädische Praxis. Hierdurch würden Mehrkosten durch Zusatzuntersuchungen und die Fertigung weiterer Röntgen- oder MRT-Aufnahmen vermieden, die besonders im orthopädischen Fachgebiet typisch seien. Diese zusätzlichen Untersuchungen brächten deshalb für den Kläger unzumutbare zusätzliche Strahlenbelastungen mit sich. Dazu hat der Kläger eine Bestätigung der Radiologen Dres. med. N2. , S2. , T1. u.a. vorgelegt. 64Ähnlich lägen die Gründe, die für die Fahrten zur Orthopädie-Technik S1. sprächen: Der Kläger werde seit 1966 dort orthopädietechnisch versorgt. Er erhalte dort eine Vielzahl von Hilfsmitteln, die für ihn nach Maß angefertigt werden müssen. Über die Jahre sei bei diesem Fach-Unternehmen große Fachkunde und Fachpraxis in Bezug auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers entstanden. Dort befänden sich auch die entsprechenden Unterlagen, die die Versorgung des Klägers mit Hilfsmitteln erleichtern, die bei einem neuen Unternehmen der Orthopädie-Technik erst neu geschaffen werden müssten. Dies hätte auch Mehrkosten zur Folge. Der Kläger hat hierzu eine Bescheinigung der I. S1. Orthopädie-Technik GmbH vorgelegt. 65Seine Fahrten zur Radiologie-Praxis Dres. N2. , S2. , T1. u.a. seien ebenfalls notwendig. Die vom LBV angeführte T1er Radiologie „S3. “ sei für ihn nicht vergleichbar. Bei S3. würden nur allgemeine Röntgenaufnahmen und Mammographien gefertigt; für spezielle Aufnahmen wie MRT, CT, Knochenszintigramme und Ganzkörper-Skelettszintigramme sei diese Praxis nicht geeignet und er müsse hierfür weitere Praxen aufsuchen. Bei Dres. N2. , S2. , T1. u.a. werde er hingegen seit Jahrzehnten gut behandelt. Bei einem Wechsel in eine andere (T1er) Radiologie müssten sämtliche Behandlungen erneut durchgeführt werden, was unnötig und teuer wäre. Die Mehrkosten würden die Fahrtkosten weit übersteigen. Der Kläger hat eine Bescheinigung der Radiologie-Praxis Dres. med. N2. , S2. , T1. u.a. vorgelegt. 66Weiterhein seien auch Fahrten zur Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in G. a.M. sowie zu Dr. S6. im Sana-Klinikum in E1. -C. und zu Prof. Dr. S4. im Traumatologischen Zentrum in P1. -H3. erforderlich. 67Der Kläger hat an Unterlagen zur Begründung der Notwendigkeit der Fahrtkosten vorgelegt: 68 Rechnung Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik (BGU) E. vom 6. Oktober 2009 über Untersuchung und Beratung am 17. September 2009, 69 Entlassungsbericht Krankenhaus der B. L3. vom 29. Oktober 2009, 70 Arztbrief P2. -Klinikum P1. -H3. (Prof. Dr. S4. ) vom 6. Juli 2009, 71 Bescheinigung der I. S1. Orthopädie-Technik GmbH, E1. , vom 31. Juli 2014, 72 Stellungnahme Dres. med. P. und Q. (Orthopäden), E1. , vom 1. August 2014, 73 Stellungnahme Dres. med. N2. , S2. , T1. u.a. (Radiologie), E1. , vom 1. August 2014, 74 Entlassungsbericht BGU G. a.M. (Fußchirurgie) vom 21. Juli 2010 zum Aufenthalt des Klägers vom 9. Februar – 9. Mai 2010 (Abt. Fußchirurgie) sowie vom 9. Mai – 21. Juli 2010 (Abt. Hand- und Plastische Chirurgie) 75(alle vorgenannten Unterlagen in Beiakte 10 zu 23 K 4382/13) 76 Bericht Krankenhaus der B. L3. vom 24. November 2009, 77 Stellungnahme der Frau G2. G3. , Fachapothekerin für Offizinpharmazie, N1. -Apotheke, T. , vom 4. August 2014, 78 Vorläufiger Arztbrief BGU G. a.M. (Fußchirurgie) vom 21. Juli 2010 über Aufenthalt des Klägers vom 9. Februar 2010 bis 21. Juli 2010, 79 Arztbrief BGU G. a.M. (Hand- und Plastische Chirurgie) vom 21. Juli 2010 über Aufenthalt des Klägers vom 9. Mai – 21. Juli 2010, 80 Arztbrief BGU G. a.M. (Septische Chirurgie) vom 2. Juli 2011 über Aufenthalt des Klägers vom 4. Mai – 2. Juli 2011, 81 Arztbrief BGU G. a.M. (Septische Chirurgie) vom 22. Dezember 2011 über Aufenthalt des Klägers vom 4. August – 22. Dezember 2011, 82 Arztbrief BGU G. a.M. (Septische Chirurgie) vom 1. Dezember 2012 über Aufenthalt des Klägers vom 11. Oktober – 1. Dezember 2012, 83 vom Kläger selbst erstellte Liste der ihm verordneten Medikamente, Stand 10. August 2014, 84 Atteste Dr. med. I2. (Internist/Kardiologe im Parkstift B1. Bad O. ) vom 17. und 18. Dezember 2013, 85 Atteste Dr. med. H4. (Internist), T. , vom 4. April 2013, 12. Februar 2014, sowie 19. August 2014, 86 Attest Dr. med. K. (Orthopäde), T. , vom 4. April 2013, 87 Atteste Dr. med. P. (Orthopäde) vom 24. Mai 2013, 1 x ohne Datum, sowie vom 14. August 2014, 88 Attest Dr. med. F1. (Urologe) vom 21. Juni 2013, 89 Attest Sana Krankenhaus E1. -C. (Dr. med. P3. , Chefarzt der Klinik für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie) vom 15. August 2014. 90(Die vorstehenden Unterlagen Bl. 135 ff. und 179 ff. der Gerichtsakte 23 K 4382/13.) 91Das beklagte Land hat in einem Erlass des Finanzministeriums NRW (FM NRW) vom 17. Juni 2013 (Az. B 3010 – 33.8 – IV C I – SO) zu den Fahrtkosten des Klägers Stellung genommen: Dem Kläger stehe ein Kilometersatz von 0,32 Euro zu, da er auf die Mitnahme seiner Ehefrau als Begleitperson angewiesen sei. Jedoch seien Fahrten zu einer Heilbehandlung außerhalb des Wohnorts nicht erforderlich (und erstattungsfähig), wenn die Heilbehandlung auch am Wohnort in gleicher Weise hätte durchgeführt werden können. Deshalb seien Fahrten zur BGU G. a.M. nicht erforderlich. Fahrtkosten zur Apotheke seien dann nicht zu erstatten, wenn die Medikamentenbesorgung im Zuge der allgemeinen Erledigungen/Besorgungen möglich wäre. (Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 32 ff. der Gerichtsakte verwiesen.) 92Das LBV hat daraufhin erklärt, ab dem 11. März 2013 Fahrtkosten nach einem Satz von 0,32 Euro/km zu erstatten. 93Sodann hat der Kläger von seinem auf diesen km-Satz gerichteten Begehren Abstand genommen. Ebenfalls hat er nach den Erörterungen sowie den Erklärungen des LBV in der mündlichen Verhandlung das Begehren hinsichtlich der Fahrten zur BGU-Klinik G. , zum Sana-Klinikum E1. -C. und zum Traumatologischen Zentrum P1. -H3. nicht weiter verfolgt. 94Der Kläger beantragt, 95festzustellen, dass das LBV Fahrtkosten 96- zur N1. -Apotheke in T. -X. , 97- zur Praxis Dr. P. und Q. in E1. , 98- zur Orthopädietechnik S1. in E1. , 99- und zur Radiologie N2. , S2. u.a. in E1. 100aus Mitteln der Unfallfürsorge zu erstatten hat. 101Das beklagte Land beantragt, 102die Klage abzuweisen. 103Das LBV verteidigt seine zu den Fahrtkosten vertretene Rechtsauffassung und führt ergänzend aus: Vertrauensschutz für die Zukunft bestehe nicht. Das Versorgungsrecht sei auf die Gleichbehandlung aller Versorgungsberechtigten gerichtet, weshalb allen nur die nach dem Gesetz zustehende Versorgung zu gewähren sei. Ferner erfordere der Grundsatz der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel, dass nicht auf unbestimmte Dauer überhöhte Versorgung, hier in Form der Dienstunfallfürsorge, ausgezahlt werde. 104Das Gericht hat die folgenden Akten beigezogen: 105 Personalakte Unterordner A (Beiakte 1), 106 Personalakte Unterordner B (Beiakte 2), 107 Personalakte Unterordner C (Beiakte 3), 108 Personalakte Unterordner D (Beiakte 4), 109 Unfallfürsorgevorgang, Teilakte, nicht foliiert, 22. September 2004 – 9. Juli 2008 (Beiakte 1 zu 23 K 4382/13), 110 Unfallfürsorgevorgang, Teilakte, nicht foliiert: „Band II – 1. und 2. Teilakte“; u.a. Abrechnungen 30. März 1993 – 2. Juni 2004 (Beiakte 6 zu 23 K 4382/13), 111 Unfallfürsorgevorgang, Teilakte: „Band III – bis 2004“, Bl. 1 – 122, vom 25. Mai 2004 – 22. April 2005 (Beiakte 7 zu 23 K 4382/13), 112 Unfallfürsorgevorgang, Teilakte: „Band IV – ab 2005 – 2006“, nicht foliiert, wohl Abrechnungen vom 24. Januar 2005 – 24. August 2006 (Beiakte 8 zu 23 K 4382/13), 113 Unfallfürsorgevorgang, Teilakte: „Band V – ab 2007“, nicht foliiert, wohl Abrechnungen vom 28. November 2006 – 1. Juli 2008 (Beiakte 9 zu 23 K 4382/13), 114 Unfallfürsorgevorgang, Teilakte: „Abrechnungen ab 2008 – 12/09“, nicht foliiert, vom 30. Juni 2008 – 16. September 2009 (Beiakte 3 zu 23 K 4382/13), 115 Unfallfürsorgevorgang, Teilakte: „Abrechnungen 10/2009 – 06/2010“, nicht foliiert, vom 8. Oktober 2009 – 4. Juni 2010 (Beiakte 4 zu 23 K 4382/13), 116 Unfallfürsorgevorgang, Teilakte: „Abrechnungen 06/2010 - ...“, nicht foliiert, vom 22. Juni 2010 – 9. September 2011 (Beiakte 2 zu 23 K 4382/13), 117 Unfallfürsorgevorgang, Teilakte: Diverses und Abrechnungen vom 2. Dezember 2010 – 2. Februar 2012 (Beiakte 5 zu 23 K 4382/13), 118 Unfallfürsorgevorgang, Teilakte: Bl. 556 – 865, vom 17. November 2011 – 29. August 2012 (Beiakte 1 zu 23 K 4653/13), 119 Unfallfürsorgevorgang, Teilakte: Bl. 866 – 1170, vom 10. September 2012 – 8. Mai 2013 (Beiakte 2 zu 23 K 4653/13), 120 Unfallfürsorgevorgang, Teilakte: Bl. 1171 – 1212, vom 20. Mai 2013 – 27. September 2013 (Beiakte 1 zu 23 K 7835/13). 121Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie der Verfahren 23 K 4382/13, 4383/13, 4384/13, 4385/13, 4653/13, 4655/13, 4656/13 sowie 7835/13, die beigezogenen Unfallfürsorgevorgänge des LBV und die den Kläger betreffenden Personalakten des beklagten Landes Bezug genommen. 122Entscheidungsgründe: 123Der Einzelrichter ist für die Entscheidung zuständig, nachdem der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 25. Juni 2014 gemäß § 6 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden ist. 124Die Klage hat keinen Erfolg. 125Sie ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.). 126I. 127Es handelt sich um eine statthafte Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO. Der Kläger möchte geklärt wissen, ob das beklagte Land auch künftig – wie bisher – die Fahrtkosten zu den von ihm ausgewählten Behandlern bzw. der von ihm gewählten Apotheke aus Unfallfürsorgemitteln zu erstatten hat. Hiermit begehrt er die Feststellung des Bestehens eines konkreten, einzelgerichteten Außen-Rechtsverhältnisses im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Der Kläger ist als Empfänger von Unfallfürsorge von Seiten des beklagten Landes als Dienstherr seit 1963 an einem Dauer-Rechtsverhältnis beteiligt, in dessen Rahmen regelmäßig bzw. andauernd Verwaltungsverfahren geführt werden, in denen über die ihm zu gewährende Unfallfürsorge gemäß §§ 30 ff. Beamtenversorgungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LBeamtVG) bzw. zuvor Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) entschieden wird. Soweit sich dies – vorbehaltlich der Umstände des Einzelfalls, die eine vom Regelfall abweichende Einschätzung gebieten mögen – generell im Vorhinein sagen lässt, handelt es sich um ein der Feststellung fähiges Rechtsverhältnis. 128Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung, da ihm in den letzten Jahren – aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlich – Fahrtkosten in erheblichem Umfang entstanden sind, die u.a. aus dem Aufsuchen der hier im Streit stehenden Behandler bzw. der N1. -Apotheke entstanden sind. Das LBV hat zwar in den in diesem Klageverfahren einschlägigen Verwaltungsverfahren (sowie den Verwaltungsverfahren, die zu den Parallelverfahren 23 K 4382/13, 4383/13, 4384/13, 4385/13, 4653/13, 4655/13, 4656/13 sowie 7835/13 geführt haben) letztlich in den Widerspruchsbescheiden aus Gründen des Vertrauensschutzes alle Fahrtkosten ohne Kürzungen übernommen. Dem Gesamtzusammenhang ist jedoch zu entnehmen, dass dies letztmalig erfolgt und das LBV beabsichtigt, bei den nächsten Anträgen auf Erstattung von Kosten der Heilbehandlung aus Mitteln der Unfallfürsorge die Fahrtkosten nur noch in dem Umfang zu übernehmen, wie es in den Ausgangsbescheiden, die zu den Widerspruchsverfahren geführt haben, geregelt worden war. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass der Kläger wissen möchte, was er an Erstattung zu erwarten hat, bevor er die entsprechenden Fahrten unternimmt. Er muss die Möglichkeit erhalten, sein Verhalten an der zu erwartenden Erstattung auszurichten. Trifft die Auffassung des LBV zu den Fahrtkosten zu, hat er die Wahl, einen näher gelegenen Behandler bzw. eine nähere Apotheke zu akzeptieren oder bei seinen bisherigen Behandlern bzw. der N3. zu bleiben und die Differenz bei den Fahrtkosten selbst zu tragen. Es ist ihm insofern nicht zuzumuten, den nachträglichen Rechtsschutz abzuwarten, indem er einen Kostenerstattungsantrag beim LBV hinsichtlich Fahrtkosten einreicht und gegen die Entscheidung nach Widerspruchsverfahren Klage zum Verwaltungsgericht (VG) erhebt. Denn angesichts der Verfahrensabläufe beim LBV und den (mittlerweile schon deutlich kürzeren) Verfahrenslaufzeiten beim VG muss der Kläger gegebenenfalls mehrere Jahre auf eine Klärung warten. Dieses Klageverfahren geht letztlich auf Fahrtkosten zurück, deren Erstattung der Kläger ursprünglich ab dem Jahr 2009 beantragt hat. Ein mehrjähriges Fahren zur Heilbehandlung auf unsicherer Erstattungs-Grundlage mit dem entsprechenden Kostenrisiko ist dem Kläger nicht zuzumuten. 129Die Feststellungsklage ist nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO wegen deren Subsidiarität ausgeschlossen. Der Kläger kann seine Rechte nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen, insbesondere weder durch Verpflichtungs- noch durch Anfechtungsklage. Eine Verpflichtungsklage ist nur denkbar, wenn in einem konkreten Verfahren, in dem es um Kostenerstattung im Wege der Unfallfürsorge geht, ein Verpflichtungsurteil möglich ist, mit dem der Kläger sein Ziel erreichen kann. Im Moment der Klageerhebung war kein Unfallfürsorge-Antrag des Klägers erkennbar, mit dem Fahrtkosten geltend gemacht wurden. Der Kläger erstrebt zudem keine Einzelfallentscheidung, die allein ein solches Verpflichtungsurteil zu einem konkreten Kostenerstattungsantrag ihm verschaffen könnte, sondern eine generelle zukunftsorientierte Klärung, die das LBV bindet und ihn vor den Zufällen wechselnder Sachbearbeitung oder sich ändernder Verwaltungspraxis bzw. von Rechtsauffassungen des Amtes schützt. Mit einer Anfechtungsklage kann er sein Ziel der zukunftsorientierten Klärung der zu erstattenden Fahrtkosten, um sein Verhalten danach auszurichten, schon gar nicht erreichen. Abgesehen davon ist auch kein den Kläger beschwerender Verwaltungsakt ersichtlich, den er anfechten könnte. Der mit der von ihm selbst erstellten ursprünglichen Klageschrift vom 15. Mai 2013 angefochtene Widerspruchsbescheid vom 15. April 2013 (sowie die übrigen Widerspruchsbescheide vom 10. und 15. April 2013) beschwert den Kläger nicht und enthält überhaupt keine ihm negative Regelung zu den Fahrtkosten. Diese wurden vielmehr vollständig übernommen. Eine auf die Zukunft bezogene Regelung (oder schlichte Aussage bzw. Ankündigung künftigen Verhaltens ohne Regelungscharakter) ist darin nicht enthalten. Allein den Gesamtumständen ist zu entnehmen, dass das LBV wohl vorhatte, nach Abschluss der Widerspruchsverfahren, die zu den Klageverfahren 23 K 4382/13, 4383/13, 4384/13, 4385/13, 4653/13, 4654/13, 4655/13, 4656/13 sowie 7835/13 geführt haben, die Praxis der Erstattung der Fahrtkosten umzustellen und insbesondere keinen Vertrauensschutz mehr zu gewähren. 130Die Feststellungsklage ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist eine Klagebefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO gegeben, da es möglich ist, dass dem Kläger ein Anspruch auf die begehrte Feststellung zusteht. 131II. 132Die Feststellungsklage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Das LBV ist nicht generell verpflichtet, dem Kläger die Kosten für Fahrten 133 zur N1. -Apotheke in T. -X. , 134 zur Orthopädischen Praxis Dres. med. Q. und P. in E1. , 135 zur I. S1. Orthopädie-Technik GmbH in E1. 136 und zur Radiologischen Praxis Dres. med. N2. , S2. , T1. u.a. in E1. 137aus Unfallfürsorgemitteln zu erstatten. 138Diese Verpflichtung könnte sich – bei Vorliegen der Voraussetzungen im Einzelfall, aufgrund von tatsächlich durchgeführten Fahrten und mithin tatsächlich entstandenen Aufwendungen des Klägers – allein aus § 33 LBeamtVG in Verbindung mit § 8 der Verordnung zur Durchführung des § 33 des Beamtenversorgungsgesetzes (Heilverfahrensverordnung – HeilVfV) ergeben. Das am 1. Juni 2013 in Kraft getretene LBeamtVG ist ab diesem Zeitpunkt anwendbar. Ob die Fahrtkosten sich – hinsichtlich der Zeit vor und/oder nach dem 1. Juni 2013 – nach § 33 LBeamtVG oder § 33 BeamtVG (des Bundes, i. d. F. vom 31. August 2006, vgl. § 108 BeamtVG) richten, kann offenbleiben, da die Vorschriften insofern identisch sind. Gleiches gilt für die HeilVfV, welche durch Art. 5 Nr. 1 lit. c des Dienstrechtsanpassungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Mai 2013 (DAnpG, GV.NRW. 2013, S. 233) in Landesrecht überführt worden ist. (Nachfolgend wird bei den Gesetzesbezeichnungen nur „LBeamtVG“ bzw. „HeilVfV“ genannt, soweit beide Gesetze bzw. Verordnungen gleichlautend sind.) 139Die Voraussetzungen einer Erstattung von Fahrtkosten zu den genannten Behandlern bzw. der N1. -Apotheke liegen jedoch nicht generell – vorbehaltlich besonderer Gründe im Einzelfall – vor. 140Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG wird einem Beamten Unfallfürsorge gewährt, wenn dieser durch einen Dienstunfall verletzt worden ist. Dies umfasst nach § 30 Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG das Heilverfahren. Das Heilverfahren wiederum erstreckt sich gemäß § 33 Abs. 1 BeamtVG auf die notwendige ärztliche Behandlung (Nr. 1), die notwendige Versorgung mit Arznei- und anderen Heilmitteln, Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder die Unfallfolgen erleichtern sollen (Nr. 2) sowie die notwendige Pflege (Nr. 3). Unter die ärztliche Behandlung fallen sämtliche vom Arzt oder Zahnarzt vorgenommenen oder schriftlich angeordneten Heilbehandlungen, 141Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, Beamtenversorgungsgesetz, Stand März 2014, § 33 Rn. 22. 142wie z. B. auch verordnete Physiotherapie oder ähnliches.Gemäß § 33 Abs. 5 LBeamtVG regelt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Durchführung der Heilbehandlung gemäß § 33 LBeamtVG. Insofern ist die in Landesrecht überführte HeilVfV ergangen, die die Einzelheiten zur Kostenerstattung bei Durchführung des Heilverfahrens im Rahmen der Unfallfürsorge regelt. Zu den zu erstattenden Kosten der Heilbehandlung gehören nach § 8 HeilVfV auch die Fahrtkosten.Gemäß § 8 Abs. 1 HeilVfV werden die Kosten für die Benutzung von Beförderungsmitteln erstattet, wenn die Benutzung aus Anlass der Heilbehandlung notwendig war (Satz 1). Nach Satz 2 richtet sich die Höhe der zu erstattenden Kosten nach den Vorschriften über Fahrkostenerstattung des Bundesreisekostengesetzes oder den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften. Kosten für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und sonstige Nebenkosten werden auch dann erstattet, wenn die Heilbehandlung am Wohnort des Verletzten durchgeführt wird.(... Abs. 2 - Abs. 4 ...) 143Die Erstattung von Fahrtkosten gemäß § 33 Abs. 1 LBeamtVG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 HeilVfV setzt damit voraus, dass es sich um vom Beamten tatsächlich durchgeführte Fahrten zu notwendigen Maßnahmen der Heilbehandlung im Sinne von § 33 LBeamtVG handelt, die nach Art und Umfang der Fahrten ihrerseits notwendig waren. Zugleich müssen die Fahrtkosten auch nach ihrem Aufwand und den entsprechenden Kosten nicht übermäßig, also auch angemessen (§ 1 Abs. 1 HeilVfV), sein. Bei der Beurteilung der Notwendigkeit und Angemessenheit handelt es sich um eine Rechts- und Tatsachenfrage, die uneingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Nachprüfung ohne behördlichen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum unterliegt, 144Brockhaus, a. a. O., Rn. 17 m. w. N.; Urteil des Einzelrichters vom 27. Januar 2014 145Die Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit von Fahrtkosten zur Unfall-Heilbehandlung im Sinne von §§ 33 LBeamtVG, 8 HeilVfV hat sich auf Ob und Wie zu erstrecken, also auf die Fragen, 1. welche Heilbehandlung erforderlich und angemessen ist, 2. bei welchem Behandler (also auch: an welchem Ort) diese zu erfolgen hat, 3. welches Verkehrsmittel (mit entsprechenden Aufwendungen/ Kosten) der Betroffene verwendet und gegebenenfalls 4. welchen Fahrweg mit den daraus folgenden entfernungsabhängigen Kosten der Beamte wählt. Fahrtkosten sind nach § 8 HeilVfV dann zu erstatten, wenn die geltend gemachten Fahrtkosten unter allen vier Gesichtspunkten notwendig und angemessen sind. 146Für die Beurteilung der Notwendigkeit und Angemessenheit ist der dem Unfallfürsorgerecht und insbesondere dem Teilbereich der Erstattung von Fahrtkosten innewohnende Sparsamkeitsgrundsatz zu berücksichtigen. Was Kosten erzeugt und nicht geboten – also notwendig – ist, ist zu unterlassen. Dies deckt sich in Bezug auf die Fahrtkosten mit dem Reisekostenrecht, auf welches § 8 Abs. 1 Satz 2 HeilVfV Bezug nimmt. Für das Reisekostenrecht ist anerkannt, dass das dort ebenfalls geltende Sparsamkeitsgebot nicht unbeschränkt gilt. Es darf insbesondere nicht ohne jede Rücksicht auf den Dienstreisenden und dessen persönliche Belange durchgesetzt werden. Insoweit findet es in der Fürsorgepflicht eine Grenze, jenseits derer es dem Dienstherrn verboten ist, den Dienstreisenden im Interesse der Einsparung von Reisekosten finanziellen oder persönlichen Belastungen auszusetzen, die nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der zu erzielenden Kostenersparnis stehen. 147Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 3. Februar 1982 – 6 C 194/80 –, BVerwGE 65, 14 ff. (auch Juris, dort Rn. 14), und vom 21. Juni 1989 – 6 C 4/87 –, BVerwGE 82, 148 ff. (auch Juris, dort Rn. 20). 148Diese Grundsätze sind auf die Frage der Erstattungsfähigkeit von Fahrtkosten zur Heilbehandlung in der Unfallfürsorge zu übertragen. Grundsätzlich besteht damit für den Unfallverletzten das Gebot, die Fahrtkosten zur Heilbehandlung möglichst gering zu halten. Das Gebot ist jedoch mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn abzuwägen. Jede „Zumutung“, die dem Beamten mit dem Ziel der Kosteneinsparung abverlangt wird, ist darauf zu überprüfen, ob die damit verbundenen Belastungen und Nachteile für die berechtigten Interessen des Beamten zumutbar sind. Mithin hat jede Entscheidung über die Fahrtkosten das medizinisch Erforderliche, die dadurch verursachten Kosten und die berechtigten Interessen des Beamten in den Blick zu nehmen. 149Ist ein (geeigneter, fachkundiger) Behandler am Wohnort des Betroffenen nicht verfügbar, ist ersichtlich, dass auch die Fahrtkosten zum nächstgelegenen kompetenten Behandler übernommen werden müssen. Bei entsprechender medizinischer Indikation kann damit auch der Weg zu einer gegebenenfalls weit entfernten „Koryphäe“ notwendig und angemessen sein, wenn allein dieser Spezialist über die erforderliche Fachkunde verfügt. 150Vgl. zu diesen Fragen Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 22. Oktober 2010 – 3 ZB 10.1676 –, Juris Rn. 2, 5 ff. 151Es kann aufgrund besonderer Umstände auch eine auswärtige Behandlung notwendig sein, obwohl ein wohnortnäherer Behandler vorhanden ist, z. B. wenn zu einem auswärtigen Arzt ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht und ohne dieses Vertrauensverhältnis die Aussicht auf Behandlungserfolg ernstlich in Zweifel gestellt wäre, 152vgl. BayVGH, a. a. O., Rn. 12. 153Bei alledem ist dem Beamten abzuverlangen, dass er – soweit möglich und zumutbar – seine Lebensgewohnheiten und sein (Fahr-)Verhalten an die gesundheitlichen Beeinträchtigungen anpasst. Deshalb trifft ihn gewissermaßen eine Schadensminderungspflicht in der Weise, dass er sich kostenbewusst und möglichst sparsam zu verhalten hat, 154Verwaltungsgericht (VG) München, Urteil vom 10. Oktober 2006 – M 5 K 06.885 –, Juris Rn. 14. 155Diese Schadensminderungspflicht wirkt sich derart aus, dass der Beamte – soweit möglich und zumutbar – Fahrten zur Heilbehandlung so zu organisieren und zu koordinieren hat, dass die Kosten möglichst gering zu halten sind. 156Die Notwendigkeit und Angemessenheit von Fahrtkosten ist – wie bei der Heilbehandlung als solcher – zunächst nach objektiven Maßstäben zu beurteilen. Jedoch tritt zu der objektiv festzustellenden Notwendigkeit auch eine subjektiv durch die Sicht des durch einen Dienstunfall verletzten Beamten geprägte „Notwendigkeit“ hinzu: Die Erstattung von Aufwendungen für eine objektiv nicht notwendige Behandlung bzw. objektiv nicht notwendige Fahrtkosten kommt in Betracht, wenn sie der Beamte nach seinem Erkenntnisstand, insbesondere nach ärztlichem Rat und unter Berücksichtigung des Verhaltens der Dienstbehörde, vertretbar für notwendig halten durfte, 157Vgl. Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 1991 – 4 S 885/90 –, Juris, Leitsatz; Brockhaus, a. a. O., Rn. 23; Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, BBG/BeamtVG, § 33 BeamtVG, Rn. 43; GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Band III (Versorgungsrecht), § 33 BeamtVG, Rn. 14 (Erstattungsanspruch hinsichtlich ärztlich angeordneter Behandlung bis zum Zeitpunkt der Zustellung einer ablehnenden Entscheidung des Dienstherrn. 158Schon die spezielle Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 2 HeilVfV zeigt, dass in bestimmten Fällen auch eine objektiv nicht notwendige Heilbehandlung (hier: die vom Beamten angezeigte Behandlung im Krankenhaus, zu der die Dienstbehörde aufgrund ärztlichen Gutachtens entschieden hat, dass diese nicht notwendig ist) als Unfallfürsorge zu übernehmen ist („bis zum Ablauf des auf den Tag der Zustellung der Entscheidung folgenden Tages“). Dies verdeutlicht, dass die Frage der Notwendigkeit einer Heilbehandlung in der Unfallfürsorge gemäß § 33 BeamtVG Aspekte wie eine angemessene Risiko- (bzw. Kosten-) -verteilung zwischen dem unfallverletzten Beamten und dem Dienstherrn sowie zugunsten des Beamten Vertrauensschutz und Zumutbarkeit berücksichtigt. Das folgt auch aus der Struktur des Heilverfahrens in der Unfallfürsorge: Im Grundsatz hat der unfallverletzte Beamte gegen den Dienstherrn den Anspruch auf „das Heilverfahren“ als dessen Unfallfürsorge. Das Heilverfahren führt der Dienstherr entweder unmittelbar selbst durch – wie in NRW z. B. bei Polizeibeamten, für die im Grundsatz die „Polizeiärzte“ des Polizeiärztlichen Dienstes für das Heilverfahren auch nach Dienstunfällen zuständig sind – oder es läuft im Wege der vorwiegend anzutreffenden Kostenerstattung, die auch die HeilVfV als Regelfall voraussetzt: Der Beamte sucht wegen der Gesundheitsstörungen, die er für unfallbedingt hält, die aus seiner Sicht fachkundigen Ärzte auf und lässt sich dort untersuchen und behandeln. Die dabei entstehenden Kosten („Aufwendungen“) macht er bei seinem Dienstherrn als Unfallfürsorge geltend und erhält Erstattung. Wird das Heilverfahren in diesem (Regel-)Fall nicht unmittelbar durch den Dienstherrn gewährt, überlässt dieser zwangsläufig dem Beamten die Entscheidung, welche Heilbehandlung er aus Anlass seiner Verletzung oder Erkrankung in Anspruch nehmen will. Dabei muss der Beamte sich in der Regel auf den Rat des behandelnden Arztes (sowie seinen eigenen Kenntnisstand) verlassen. Es wäre mit dem Zweck der Unfallfürsorge unvereinbar, wenn der Dienstherr, statt hierüber bei unmittelbarer Durchführung des Heilverfahrens selbst zu entscheiden, dem Beamten das Risiko einer vertretbaren Fehleinschätzung über die Notwendigkeit einer Maßnahme aufbürden würde. Deshalb ist die subjektive, aber vertretbare Einschätzung des Beamten über die Notwendigkeit einer Heilbehandlung auch durch den Dienstherrn zu beachten. 159Vgl. VGH Baden-Württemberg, a. a. O., Rn. 19; Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, Kommentar, Hauptband I, § 3 VO zu § 33, Erl. 6. 160Diese Erwägungen lassen sich in gleicher Weise auf die Fahrtkosten übertragen: Würde der Dienstherr das Heilverfahren selbst organisieren und so Unfallfürsorge leisten, so würde der Dienstherr den fachkundigen Behandler/Arzt auswählen, hiermit den Ort der Heilbehandlung bestimmen, den Transport dorthin übernehmen und die Kosten bei eigener Durchführung des Transports (oder entsprechenden Aufträgen bzw. Vertragsbeziehungen) dann auch tragen. Überlässt der Dienstherr dem Beamten die Auswahl von Behandlung, Behandler und Behandlungsort bzw. Wahl von Verkehrsmittel oder Weg dorthin, hat er auch das Risiko vertretbarer Fehleinschätzungen des Beamten zu tragen. 161Den insofern maßgeblichen Kenntnisstand des Beamten zum Zeitpunkt seiner Entscheidung, eine bestimmte Maßnahme der Heilbehandlung in Anspruch zu nehmen, hat dieser substantiiert darzutun und gegebenenfalls nachzuweisen. 162VGH Baden-Württemberg, ebenda. 163Insofern nur die Heilbehandlung (bzw. die Fahrtkosten) von der Unfallfürsorge zu übernehmen ist (bzw. sind), die der Beamte vertretbar für notwendig halten durfte, ist in Bezug auf das vom Beamten zu erwartende Wissen auf einen sorgfältigen Beamten mit seiner Dienststellung entsprechendem durchschnittlichen Bildungsniveau abzustellen. Zugleich ist der – gegebenenfalls auch aus dem Unfall und dessen Behandlung folgende – spezielle Wissenshorizont des Verletzten zu berücksichtigen. Dies ermöglicht es, Missbrauch zu verhindern, in der Weise, dass unfallverletzte Beamte Behandlungskosten von offensichtlich mit dem Unfall nicht im Zusammenhang stehenden Erkrankungen der Unfallfürsorge „unterzuschieben“ versuchen, in dem sie eine entsprechende subjektive Sichtweise vortragen. In dieser geforderten Vertretbarkeit der Einschätzung des Beamten liegt das wertungsmäßige Korrektiv gegenüber ausufernden Ansprüchen gegen die Unfallfürsorge. Für die Fahrtkosten gilt insofern, dass es dem Beamten natürlich verwehrt sein muss, dass dieser in missbräuchlicher Absicht, die Fahrtkosten zu seinem Urlaub „in Garmisch-Partenkirchen“ als Fahrtkosten zur Heilbehandlung geltend macht, weil er dort einen Termin beim Orthopäden habe. Bestehen hierfür Anhaltspunkte ist es der Behörde erlaubt, die Notwendigkeit der Fahrtkosten in Frage zu stellen und es ist Sache des Unfallfürsorge-Empfängers, darzulegen, warum diese Fahrt notwendig und angemessen war. 164Bei alledem ist zu berücksichtigen, dass Beamte regelmäßig medizinische Laien sind, die insofern über kein Wissen oder nur über „Halbwissen“ verfügen, und zudem in den meisten Fällen erstmals in ihrer Laufbahn mit einem schwerwiegenden Dienstunfall und dessen Folgen konfrontiert sind. Dementsprechend sind ihnen die Regeln, Abläufe und Üblichkeiten der Unfallfürsorge und speziell der Heilbehandlung nach § 33 BeamtVG in Verbindung mit der HeilVfV meist nicht geläufig. Manches ist für den Sachbearbeiter in der für die Unfallfürsorge zuständigen Stelle des Dienstherrn selbstverständlich, für den Unfallverletzten jedoch unbekannt, unvorstellbar oder zumindest überraschend. Bei allem handelt es sich verwaltungsseitig letztlich um Massenverwaltung, wobei – wie in der Beihilfe oder dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung – ihrerseits typischerweise nicht ärztlich qualifizierte Sachbearbeiter in kurzer Zeit eine Vielzahl von Einzelfällen in praktikabler Weise bearbeiten und entscheiden müssen. Diesem „Massencharakter“ steht die Sichtweise des unfallverletzten Beamten gegenüber, für den es sich meist um ein singuläres, nicht selten traumatisch erlebtes Ereignis hoher Bedeutung handelt und der diesem entsprechend hohe Wichtigkeit beimisst. 165Vgl. insgesamt zur Frage der Beachtlichkeit der Einschätzung des Beamten Urteile des Einzelrichters vom 27. Januar 2014 – 23 K 7149/09 – und – 23 K 6114/10 –, www.nrwe.de. 166Bestehen für den Beamten Zweifel an der Notwendigkeit einer Maßnahme oder einer entsprechenden Fahrt zu einer Heilbehandlung bzw. müssen sich ihm diese Zweifel bei objektiver Betrachtung aufdrängen, so steht es ihm frei, diese Zweifel vorab einer Klärung durch den Dienstherrn zuzuführen. Bei bestimmten Maßnahmen ist die Vorab-Bewilligung auch gesetzlich vorgeschrieben (§ 6 HeilVfV: Kurkrankenhaus oder Sanatorium; § 7 HeilVfV: Hilfsmittel und deren Zubehör). Unterlässt der Beamte (bei Zweifeln) eine mögliche Vorab-Klärung, so trägt er das Risiko, dass ihm entstandene Aufwendungen letztlich nicht erstattet werden. 167Vgl. hierzu BayVGH, a. a. O., Juris Rn. 4. 168Zugleich ist zu beachten, dass die Behörde natürlich bei Zweifeln an der Notwendigkeit von Fahrtkosten moderne IT-Mittel einsetzen kann, um alternative ortsansässige bzw. ortsnähere Behandler zu ermitteln (im Internet „googlen“). Sie darf es sich jedoch – im Ergebnis – nicht so einfach machen, wie es hier teilweise erfolgt ist: Macht der Beamte – wie hier – z. B. Fahrtkosten zu einem spezialisierten Professor am „Traumatologischen Zentrum P1. -H3. “ geltend, ist es nicht angängig, den Unfallverletzten nach Internet-Recherche auf das terminologisch gleichbenannte „Traumatologische Zentrum I1. “ zu verweisen, da vollkommen offen ist, ob der Beamte dort die Heilbehandlung bzw. Fachkompetenz erhalten kann, wegen der er sich nach P1. -H3. begeben hat. Ebenso ist es nicht angängig, ein Opfer eines Dienstunfalles, das beim Chefarzt einer Orthopädischen Klinik eines Krankenhauses zur Beratung im Hinblick auf eine mögliche Operation vorstellig wird, im Hinblick auf die Fahrtkosten auf einen ortsansässigen niedergelassenen Orthopäden zu verweisen. Begibt sich der Verletzte wegen spezieller Fachkunde in die Behandlung des „Fußpapstes“ in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik (BGU) in G. a.M. ist es nicht angängig, ihn schlicht wegen der Bezeichnungsähnlichkeit auf eine Fahrt in die BGU E. zu verweisen. Solche Methoden greifen zu kurz und verletzen die (Fürsorge-)Pflicht des Dienstherrn zur Unfallfürsorge für die Opfer von Dienstunfällen. Zugleich ist die für die Unfallfürsorge zuständige Behörde natürlich befugt, die Frage an den Beamten zu richten, ob eine bestimmte Heilbehandlung überhaupt erforderlich ist, warum diese bei einem bestimmten, weiter entfernten Behandler erfolgt oder ähnliches. Es ist dann Sache des Beamten, hierzu vorzutragen. Letztlich ist bei entsprechender (wahrheitsgemäßer) Begründung alles denkbar. 169Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Geltendmachung von Fahrtkosten durch den Kläger im Wege der Unfallfürsorge als Erstattung von Kosten der Heilbehandlung gemäß § 33 LBeamtVG nicht deshalb zweifelhaft ist, weil die Mehraufwendungen des Klägers in Gestalt von durch die Unfallfolgen verursachten Fahrtkosten (zur Heilbehandlung) durch den dem Kläger vom beklagten Land ebenfalls gewährten Unfallausgleich nach § 33 LBeamtVG abgegolten wären. Zwar handelt es sich beim Unfallausgleich um einen (pauschalierten) Ersatz echter Mehraufwendungen einschließlich sonstiger immaterieller Einbußen und Unannehmlichkeiten, die durch eine wesentliche Minderung der Erwerbsfähigkeit des unfallgeschädigten Beamten erfahrungsgemäß eingetreten sind. 170Vgl. Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, Beamtenversorgungsgesetz, Stand März 2014, § 35, Rn. 8. 171Der Unfallausgleich entspricht jedoch strukturell der Erwerbsminderungsrente der Gesetzlichen Rentenversicherung und gleicht unbenannte Mehraufwendungen und Mehrkosten aus, für die keine spezielle Anspruchsgrundlage besteht. Die hier im Streit stehenden Fahrtkosten sind jedoch als Anspruch des Unfallverletzten in § 8 HeilVfV als Konkretisierung des Anspruchs auf Erstattung von Kosten der Heilbehandlung gemäß § 33 LBeamtVG normiert. Es kommt damit nur auf die Voraussetzungen von § 8 HeilVfV an. 172Bei Anwendung der dargestellten Grundsätze ist die (generelle) Feststellung, dass die Fahrtkosten zu den im Antrag des Klägers genannten Behandlern bzw. der N1. -Apotheke aus Unfallfürsorgemitteln erstattungsfähig sind, nicht zu treffen und die Klage war entsprechend abzuweisen. Dies bedeutet nicht, dass aufgrund der besonderen Umstände einer speziellen Situation auch Fahrten an diese Orte notwendig und die entsprechenden Fahrtkosten erstattungsfähig sein können. Dies lässt sich jedoch nicht vorab und generalisierend feststellen. 173Zwischen den Beteiligten ist nicht im Streit, dass der Kläger außerstande ist, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Hierzu sind auch ärztliche Atteste in den Verwaltungsvorgängen. Die Benutzung seines Personenkraftwagens ist damit notwendig. Ebenfalls notwendig ist die Begleitung durch seine Ehefrau, die Zeugin F. , weil er gesundheitlich schon nicht mehr in der Lage ist, den PKW zu führen. Die Notwendigkeit der Begleitung ist dem Schwerbehindertenausweis des Klägers zu entnehmen. Sie fährt ihn und ist ihm auch ansonsten beim Wechsel zwischen Rollstuhl und PKW behilflich. Dies macht die Kosten für die Benutzung eines PKW notwendig. 174Im Einzelnen zu den Fahrtzielen: 1751.176N1. -Apotheke 177Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass die Fahrten zur Rezepteinlösung zur N1. -Apotheke zu erstatten sind. Denn Fahrten zu dieser in T. -X. , G4. -F2. -Straße 99, gelegenen Apotheke sind nicht – generell – notwendig. 178Grundsätzlich können Fahrten zur Apotheke mit dem Zweck, verordnete Medikamente („Arzneimittel“ gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 LBeamtVG, § 3 Abs. 1 lit. b HeilVfV) zu kaufen, als Teil der Kosten der Heilbehandlung erstattungsfähig sein. Dabei ist natürlich zu beachten, dass nur tatsächlich erfolgte Fahrten „abgerechnet“ werden können. Der Kläger hat nach Aktenlage in der Vergangenheit dem nicht immer entsprochen, wenn er für jedes eingereichte Rezept (also die ärztliche Verordnung eines Arzneimittels) eine Fahrt zur Apotheke angesetzt hat, unabhängig davon, ob nicht mehrere Rezepte gemeinsam gekauft worden sind. Von dieser unredlichen Praxis (Beispiel anführen?) hat er zum Glück seit längerem Abstand genommen. Solches lässt sich durch auf den Rezepten ersichtliche Bezugsdaten in der Apotheke mittlerweile recht gut nachvollziehen. 179Jedoch ist die Frage zu stellen, warum der Erwerb von Arzneimitteln in einer Apotheke nicht im Zusammenhang mit Arztbesuchen, deren Kosten von der Unfallfürsorge getragen werden, erledigt wird. Denn typischerweise befinden sich im Umfeld von Arztpraxen (oder gar „Ärztehäusern“) auch Apotheken. Es kann auch im Zusammenhang mit sonstigen Besorgungen oder Erledigungen des täglichen Lebens, wie Einkäufen usw., geschehen, sodass keine zusätzlichen Kosten anfallen. Deshalb sind Fahrtkosten zur Apotheke regelmäßig nicht erstattungsfähig, es sei denn, es ergibt sich aus den Umständen des Einzelfalls, dass eine solche, keine zusätzlichen Kosten verursachende „Mit-Erledigung“ ausnahmsweise nicht möglich war. Dem Beamten ist es regelmäßig zumutbar, seine Apothekeneinkäufe zur Vermeidung unnötiger Kosten mit anderen Erledigungen durch ihn oder seine Familienmitglieder abzustimmen. 180Vgl. VG München, a. a. O., Rn. 16; VG Ansbach, Urteil vom 23. September 2008 – AN 1 K 07.03486 –, Juris Rn. 188. 181Im Fall des Klägers ist es ihm zumutbar, die Apothekeneinkäufe ohne zusätzliche Kosten selbst oder durch seine Ehefrau im Zusammenhang mit anderen Erledigungen durchführen zu lassen. Nur 400 – 500 m von seiner Wohnung in der H.--straße 51 in T. befindet sich auf der H5. Straße das sog. H2. -Zentrum, wo sich sowohl die H2. -Apotheke als auch die St. N4. -Apotheke befinden. Diese Apotheken lassen sich im Zusammenhang mit den Besuchen des Klägers bei seinen ebenfalls im H2. -Zentrum befindlichen Ärzten Dr. med. H4. (Internist) und Dr. med. K. (Orthopäde) oder Besorgungen des täglichen Lebens im „Kaufpark“ im H2. -Zentrum bzw. Aldi oder Lidl auf der H5. Straße verbinden. Das H2. -Zentrum ist derart nah gelegen, dass schon nicht ersichtlich ist, wieso dorthin eine Fahrt mit dem PKW erforderlich sein sollte. Die Ehefrau des Klägers allein (oder mit ihm, den sie im Rollstuhl über diese Distanz wohl schieben könnte) wird diesen Weg, soweit erkennbar, auch zu Fuß bewältigen können. Fahrtkosten zu den Apotheken im H2. -Zentrum (sowie zu Dr. H4. oder zu Dr. K. ) dürften unabhängig vom Gedanken der Verbindung mit anderen Erledigungen somit wohl nicht anfallen, jedenfalls nicht mit einer Distanz von „4 km“, wie der Kläger in seinen Aufstellungen über die Fahrtkosten für die H2. -Apotheke, den Internisten Dr. med. H4. und den Orthopäden Dr. med. K. bisher regelmäßig angegeben hat. Die H2. -Apotheke hat der Kläger den vorgelegten Aufstellungen über die Fahrtkosten auch in der Vergangenheit gelegentlich aufgesucht. 182Auch die vom Kläger angeführten Gründe für sein Aufsuchen gerade der N1. -Apotheke (mit einer Distanz von 11 km, also Fahrtkosten von 0,30 Euro/km x 11 km = 3,30 Euro Kosten/Fahrt) begründen nicht die Notwendigkeit von Fahrten dorthin.Allein der Umstand, dass der Kläger dort seit langem Kunde ist, reicht nicht aus. Dies ist ein „Wohlfühl-Faktor“, der nicht dazu führt, dass der Betroffene diese Fahrten erstattet erhält.Der Umstand, dass der Kläger von der Betreiberin der N1. -Apotheke, Frau G2. G3. , aus seiner Sicht besonders kompetente Beratung zu den vielfältigen, ihm verordneten Medikamenten erhält, macht die Fahrten zur N1. -Apotheke nicht notwendig. Zwar ist im Fall des Klägers, der nach der von ihm vorgelegten Aufstellung über die verordneten und genommenen Medikamente (26 Medikamente täglich, 1 Medikament 1 x wöchentlich sowie Schmerzmittel bei Bedarf, vgl. Bl. 157 f. der Gerichtsakte zu 23 K 4382/13) außergewöhnlich viele Medikamente gleichzeitig einzunehmen hat, sicher ein besonders komplexer Fall für einen Apotheker gegeben: Es ist hinsichtlich Verträglichkeit der Medikamente und insbesondere zu deren Wechselwirkungen zu beraten. Diese Beratung ist aber gerade der Grund, warum die Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten dem staatlich reglementierten freien Beruf des Apothekers vorbehalten ist und diese nicht im Supermarkt oder Drogeriemarkt vertrieben werden dürfen. Der akademisch auf hohem Niveau mit Pharmazie-Studium qualifizierte Apotheker muss hierzu in der Lage sein. Gerade hierfür gibt es ihn und dies rechtfertigt die berufsbeschränkenden Regelungen für Abgabe und Vertrieb von Arzneimitteln. Es ist zugleich nicht ersichtlich, dass andere Apotheker als die Betreiberin der N1. -Apotheke nicht in der Lage oder bereit wären, die Beratungsleistung zu erbringen, die der Kläger bisher dort erhalten hat. Insbesondere in Bezug auf den vom Kläger genannten monatlichen Umsatz von ca. 800 bis 1000 Euro für Arzneimittel dürfte sich auch ein qualifizierter Apotheker finden lassen, der bereit ist, dafür die entsprechende Zeit und Mühe aufzuwenden. 183Das Hauptargument des Klägers zum Aufsuchen gerade der N1. -Apotheke in T. -X. , dass ihm dort Kredit bis zur Erstattung durch das LBV eingeräumt werde, greift ebenfalls nicht durch. Hierzu hat die Apothekerin G3. unter dem 4. August 2014 bestätigt, dass sie ihm für die Begleichung der Kosten seiner Medikamente ein längeres Zahlungsziel – regelmäßig bis zur Erstattung durch den Kostenträger – einräume. Der Kläger hat vorgetragen, in der H2. - und der St. N4. -Apotheke (beide im von seiner Wohnung nahegelegenen H2. -Zentrum) sei dies auf Nachfrage abgelehnt worden.Diese Umstände sind unbeachtlich. Es ist dem Kläger – wie jedem Empfänger von Unfallfürsorge oder Beihilfe vom beklagten Land – zumutbar, in gewissem Umfang Kosten der Heilbehandlung bis zur Erstattung vorzufinanzieren. Dies gilt auch in Ansehung der beim Kläger vorliegenden besonderen Umstände. Offensichtlich ist sein Medikamentenbezug mit dem Regelfall eines Beihilfeempfängers oder auch eines dienstunfallverletzten Beamten nicht vergleichbar, wenn es zutrifft, dass er 800 bis 1000 Euro monatlich an Arzneimittelkosten aufzuwenden hat. Jedoch ist nicht festzustellen, dass der Kläger in dieser Situation zwingend auf einen „Kredit“ der Apotheke angewiesen ist. Zunächst ist es ihm möglich und zuzumuten, die Rezepte über erworbene Medikamente zeitnah und regelmäßig beim LBV zur Erstattung einzureichen. So ermöglicht er es dem LBV, häufig und mit geringerem punktuellem Arbeitsaufwand eine Erstattung von Arzneimittelkosten vorzunehmen. Weiter kann er auf diese Weise versuchen, einen gegebenenfalls verzögerten, aber regelmäßigen Zahlungsfluss zu bewirken und zu erleichtern. Unabhängig hiervon hat der Kläger überhaupt nicht substantiiert vorgetragen, dass ihm die Vorfinanzierung der Arzneimittelkosten nicht möglich ist. Aus dem Verfahren 23 L 1532/09 ist gerichtsbekannt, dass der Kläger ein monatliches Netto-Einkommen von über 5000 Euro hat. Dies schafft für ihn gewisse Spielräume. Sollte es für ihn durch Belastungen mit Arzneimittelkosten oder sonstige Kosten der Heilbehandlung tatsächlich wegen der – derzeit nach dem Eindruck des Einzelrichters tatsächlich relativ katastrophalen – Bearbeitungszeiten in der Unfallfürsorgeabteilung des LBV einmal zu finanziellen Engpässen kommen, so ist er in der Lage, einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, wie er es jüngst erfolgreich mit dem Verfahren 23 L 1941/14 praktiziert hat. 184Hinzu kommen die folgenden Hilfserwägungen, die ebenfalls dagegen sprechen, dass die Fahrtkosten zur N1. -Apotheke generell zu übernehmen sind: Die Ehefrau des Klägers hat angegeben, den F3. -Markt in der G4. -F2. -Straße in T. -X. sehr zu schätzen, dort regelmäßig einzukaufen und dies auch unabhängig von möglichen Fahrten zur N1. -Apotheke tun zu wollen. Ist dies der Fall und entstehen dem Kläger und seiner Ehefrau Aufwendungen für die Fahrten zu dem F3. -Markt, so kann „bei dieser Gelegenheit“ auch die N1. -Apotheke ohne zusätzliche Aufwendungen aufgesucht werden. Weiter kann immer dann, wenn es sich nicht um dem BtmG unterfallende Arzneimittel handelt, auch eine Lieferung durch die N1. -Apotheke erfolgen, wozu diese nach der Bescheinigung der Frau G3. vom 4. August 2014 auch bereit zu sein scheint. Für einen Kunden mit einem monatlichen Umsatz von 800 bis 1000 Euro dürfte dies auch zu erwarten sein. Eventuelle BtmG-pflichtige Arzneimittel könnte der Kläger dann wiederum in einer der nahegelegenen Apotheken erwerben. Die für ihn relevante und von ihm hochgeschätzte Beratung durch die Apothekerin G3. könnte er sich zugleich telefonisch erteilen lassen, gegebenenfalls auch unter Einbeziehung der wenigen dem BtmG unterfallenden Medikamente, die sie ihm nicht liefern kann bzw. darf. 185Die fehlende Erforderlichkeit und Angemessenheit der Fahrtkosten zur N3. ist auch nicht aus der subjektiven Sicht des Klägers anders zu beurteilen. Er darf (und durfte) diese – auch unter Berücksichtigung des Verhaltens des LBV, auf das der Kläger sich beruft – nicht für erforderlich halten. Bei Auswertung der umfangreichen Verwaltungsvorgänge des LBV ist erkennbar, dass das Amt seine Zweifel an der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Fahrten zur N3. – und der übrigen im Streit stehenden Fahrtkosten – dem Kläger seit langem deutlich mitgeteilt hat. Ist der Empfänger von Unfallfürsorge durch eigene Kenntnis bestimmter Umstände, die Erforderlichkeit und Angemessenheit von Kosten in Frage stellen, bzw. durch eindeutige Hinweise der für die Unfallfürsorge zuständigen Stelle „bösgläubig“ geworden, so darf er ab dann nicht mehr davon ausgehen, dass bestimmte Maßnahmen und deren Kosten erforderlich und angemessen sind. Dies gilt in gleicher Weise für die mit der Unfallfürsorge-Heilbehandlung anfallenden Fahrtkosten. 186Das LBV hat dem Kläger seit 2007 mehrfach unmissverständlich deutlich gemacht, dass es die Fahrten zur N3. nicht für erforderlich hält. Das Amt hat auf Gegenvorstellungen, Rechtsbehelfe und Widersprüche des Klägers, der sich regelmäßig auf Vertrauensschutz und die bisherige Praxis des LBV berufen hat, richtigerweise zunächst „Vertrauensschutz“ gewährt und Fahrtkosten übernommen. Statt dann jedoch konsequent ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch die für erforderlich und angemessen gehaltenen Fahrtkosten zu übernehmen, ist das Amt – teils bedingt durch Wechsel in der Sachbearbeitung, teils in nicht nachvollziehbarer Weise – von der klaren Linie wieder abgewichen und hat Fahrtkosten (wieder) ungekürzt übernommen. Nunmehr ist anscheinend endgültig entschieden worden, letztmalig „Vertrauensschutz zu gewähren“, wie es mit den Widerspruchsbescheiden vom 10. und 15. April 2013 erfolgt ist. Mehr kann der Kläger nicht verlangen, auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Vertrauensschutz. Denn sein Vertrauen auf die Praxis des LBV ist seit 2007 erschüttert und damit nicht mehr schutzwürdig. Zudem ist das Amt, wie es zu Recht hervorhebt, an den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit gebunden. Es hat bei jedem Antrag auf Kostenerstattung (gebunden) zu entscheiden. Frühere Entscheidungen sind ohne Bedeutung, soweit sie nicht dazu führen, dass der Beamte bestimmte Kosten für erforderlich halten darf. Dies ist – wie ausgeführt – nicht der Fall. 1872.188Orthopädiepraxis Dres. med. P. und Q. 189Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung, dass das LBV ihm für Fahrten zur Orthopädie-Praxis Dres. med. P. und Q. , D.--------straße 85, 00000 E1. (-G5. ) die Fahrtkosten generell aus Unfallfürsorgemitteln zu erstatten hat. 190Es ist nicht ersichtlich, dass es notwendig und angemessen ist, dass der Kläger sich gerade dort behandeln lässt. 191An der Behandlung als solcher hat das LBV keine Zweifel angemeldet und trägt die Kosten (der seit Jahren im Wesentlichen zwei Mal wöchentlich stattfindenden Behandlung) ohne Weiteres. Der Einzelrichter kann jedoch nicht erkennen, dass der Kläger die Behandlung nicht auch bei niedergelassenen Ärzten, insbesondere Orthopäden, in T. erlangen kann. Besonders kommt die Orthopädie-Praxis Dr. K. hierfür in Betracht, die lediglich 400 – 500 m von seiner Wohnung entfernt im sog. H2. -Zentrum auf der H5. Straße belegen ist und die er ohne Kosten zu Fuß bzw. im Rollstuhl geschoben von seiner Ehefrau bzw. ohne zusätzliche Aufwendungen mit dem PKW, verbunden mit anderen Erledigungen des täglichen Lebens, mit seiner Ehefrau aufsuchen könnte. 192Der Kläger beruft sich darauf, er sei seit 1966 in Behandlung des Dr. X1. gewesen, dessen Nachfolger Dr. Q. gewesen sei, welcher dann Dr. P. in seine Praxis aufgenommen habe. In der Gemeinschaftspraxis Dres. med. Q. und P. sei er deshalb seit sehr langer Zeit Patient, dort sei seine Krankengeschichte mit allen Details bekannt und es lägen vielfältige Berichte sowie radiologisches Bildmaterial dort vor. Es bestehe ein vertieftes Vertrauensverhältnis. Zudem sei Dr. med. Q. auch neurologisch ausgebildet, was ihm gesonderte Termine bei einem Neurologen erspare. Weiter erhalte er dort sehr unkompliziert und nach seinen Wünschen Termine, wodurch er dies sehr gut mit vielfältigen anderen Behandlungsterminen abstimmen könne; dies sei z. B. bei Dr. K. in T. nicht möglich, wo er nur Wochen im voraus Termine erhalten könne, soweit es sich nicht um Notfälle handele. Auch könne er in der Praxis Dr. P. nach der Behandlung in einem separaten Raum noch ausruhen, wenn ihm nach der Behandlung nicht ganz wohl sei.Sein Vortrag wird insofern durch die Bescheinigung der Dres. med. P4. und Q. vom 1. August 2014 gestützt (Beiakte 10 zu 23 K 4382/13, Bl. 111), wonach der Kläger dort seit Februar 1975 ununterbrochen in Behandlung sei; sie seien mit seinem Krankheitsbild bestens vertraut und es seien eine Fülle von Röntgenaufnahmen und ärztlichen Berichten vorhanden, weshalb ein starkes Vertrauensverhältnis bestehe; ein anderer Behandler müsse sich bei dem komplizierten Krankheitsbild erst einarbeiten und es wären zusätzliche Röntgen-, CT- und MRT-Aufnahmen sowie Knochenszintigramme erforderlich, die den Kläger erheblich belasten würden; aufgrund des Gesundheitszustandes sei ein Arztwechsel nicht zumutbar. 193Alle diese Argumente führen nicht dazu, dass die Fahrten zur Praxis Dr. med. P. als notwendig und angemessen anzusehen sind. Es steht für das Gericht nicht fest, dass der Kläger gerade dort behandelt werden muss. Ihm ist ein Wechsel zu einem Orthopäden (oder sonstigem Behandler) in T. , z. B. Dr. med. K. , zumutbar. 194Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich nicht um eine einmalige Fahrt (z. B. zu einer nur ein Mal jährlich stattfindenden Kontrolluntersuchung) handelt, sondern dass der Kläger zwei Mal wöchentlich mit Fahrtkosten von jeweils 21,60 Euro (jährlich also rund 2000 Euro) dorthin fährt. Dies ist erheblich. 195Das Vertrauensverhältnis, das sich in wohl über 30, fast 40 Jahren bei Dr. med. Q. und vielen Jahren bei Dr. med. P. aufgebaut hat, ist nicht geeignet, die hohen Fahrtkosten dorthin zu rechtfertigen. Es ist – wie im Fall der N1. -Apotheke – ein „Wohlfühl-Faktor“, bei dem nicht erkennbar ist, dass dieser für den Behandlungserfolg notwendig ist. Anders wäre dies, wenn es um einen ortsansässigen Behandler ginge, zu dem das Vertrauensverhältnis gestört ist, ein anderer kompetenter Behandler jedoch nur überörtlich vorhanden ist. Hier wären die weiteren Fahrtkosten notwendig und angemessen, weil es nicht zumutbar ist, sich von einem Behandler, zu dem vorhandenes (ausreichendes) Vertrauen nicht mehr gegeben ist, behandeln zu lassen. 196Die genaue Kenntnis der Person, der Besonderheiten des Klägers, seiner Leiden in allen Einzelheiten und der Krankengeschichte des Klägers sowie das Vorliegen vielfältiger Berichte und Unterlagen über ihn rechtfertigen die Fahrtkosten zur Praxis Dr. med. P. nicht. Es ist ihm zumutbar, den Orthopäden zu wechseln und dort auf Dauer ein gutes Vertrauensverhältnis aufzubauen sowie dafür zu sorgen, dass dort mittelfristig eine vertiefte Kenntnis seiner Person, Leiden und Krankheitsgeschichte entsteht. Sämtliche in der Praxis Dr. med. P. vorhandenen Unterlagen, Bilder, Berichte und die Behandlungsdokumentation muss ihm von Dr. P. überlassen werden, damit er sie einem neuen, von ihm gewählten Arzt zur Verfügung stellen kann. Diesem obliegt es sodann, sich darin einzuarbeiten und sich die notwendigen Kenntnisse aus den Unterlagen sowie aus anamnestischen Gesprächen und Untersuchungen mit dem und am Kläger zu verschaffen. Eine solche Situation muss fast jeder im Laufe des Lebens erleben und aushalten. Keiner kann für immer beim selben Arzt bleiben.Insofern ist auch nicht nachvollziehbar, warum von „zusätzlichen Röntgen-, CT- und MRT-Aufnahmen sowie Knochenszintigramme“ gesprochen wird. Wenn alle Bilder und Berichte vorhanden sind, hat der Kläger Anspruch auf deren Überlassung und kann sie zum neuen Orthopäden mitnehmen. Zudem ist die Frage aufzuwerfen, wieso für die bei ihm tatsächlich stattfindende orthopädische Behandlung, die Dr. med. P. zwei Mal wöchentlich anwendet (die eher therapeutisch-symptomlindernden, denn heilenden Charakter zu haben scheint) eine so vertiefte Kenntnis bzw. zusätzliche radiologische Untersuchungen vonnöten sein sollen. 197Es ist dabei auch nicht so, dass dies dem Kläger aufgrund einer sehr kurzen, im Einzelfall zu erwartenden verbleibenden Lebenszeit nicht zuzumuten wäre. Eine nur noch sehr kurze Lebenszeit – z. B. im Fall einer letalen Erkrankung im Endstadium – könnte es rechtfertigen, die Kosten für einen überschaubaren Zeitraum zu übernehmen. Der Kläger erfreut sich jedoch trotz seiner vielfältigen Leiden einer beeindruckenden Lebenskraft und Energie. Ein Ableben ist in keiner Weise absehbar. 198Der Arztwechsel ist schon deshalb zumutbar, weil der Kläger in der Vergangenheit trotz seiner besonderen Treue zu seinen Behandlern in E1. nach den Umzügen nach N. -C1. und T. doch faktische Arztwechsel hatte. Nachdem er ursprünglich bei dem Orthopäden Dr. med. X1. in der Bastionstraße in Behandlung war, ist er dann beim Praxisnachfolger Dr. med. Q. geblieben, was ein Arztwechsel war. Abgesehen davon, dass die Praxisräume und gegebenenfalls sonstiges Praxispersonal im Wesentlichen gleich geblieben sein mögen, ist dies doch nur ein gradueller Unterschied zu einem Wechsel zu einem anderen Arzt. Weiterhin ist der Kläger später auch noch zu Dr. med. P. in die Behandlung gegangen, was wiederum zeigt, dass die Einarbeitung in den Fall des Klägers und das Kennenlernen seiner Person, Krankheits- und Leidensgeschichte möglich ist. Der ihm vom LBV (fahrtkostenbezogen) angesonnene Wechsel zu einem Solinger Orthopäden, insbesondere Dr. med. K. , liegt nah und ist dem Kläger konkret zumutbar. Er hat diesen Schritt im Grunde schon selbst seit langem vorbereitet bzw. gezeigt, dass dies möglich ist, indem er seit Jahren in geringerem Umfang auch Dr. med. K. frequentiert hat. 199Bei allem ist keine Situation gegeben, dass die medizinischen Gegebenheiten beim Kläger derart wären, dass aufgrund deren Komplexität und Schwierigkeit einerseits und der besonderen Qualifikation des Dr. med. P. ein Verbleib in dessen Praxis bzw. Behandlung erforderlich wäre. Beim Kläger findet durch Dr. med. P. regelmäßig zwei Mal wöchentlich statt: 200 Infiltrationsanästhesie kleiner Bezirke, 201 Block. Truncus sympathicus, 202 Teilmassage, 203 Injektion intramuskulär. 204Teilweise kommt hinzu: 205 Injektion peridural, 206 symptombezogene Untersuchung, 207 neurologische Untersuchung, 208 Chirotherapie LWS, 209 Akupunktur, 210 Med. Infiltrationsbehandlung. 211Soweit erkennbar handelt es sich um orthopädische Behandlung mit gewissen Besonderheiten, die zwar nicht jeder Orthopäde beherrschen mag, die aber in keiner Weise „Spezialistentum“ voraussetzt oder gar nur bei wenigen vorhanden wäre. Sowohl Spritzen nahe der Wirbelsäule („peridural“) als auch Akupunktur oder Chirotherapie gehört zu den Zusatzqualifikationen vieler Orthopäden, die so ihre Behandlungs- (und Abrechnungs-) -möglichkeiten erweitern. Es ist davon auszugehen, dass Dr. med. K. (oder dessen Praxis-Sozien) dies auch anzubieten vermögen. Wenn dies nicht der Fall ist (und der Kläger dies benötigt), mag eine andere Praxis gesucht werden, die dies anbieten kann. 212Die Möglichkeiten, in der Praxis Dr. med. P. unproblematisch an häufige Termine mit gegebenenfalls kurzfristigen Änderungen gemäß den Wünschen und Dispositionen des Klägers zu gelangen, führen nicht dazu, dass die Fahrtkosten dorthin dauerhaft und generell von der Unfallfürsorge zu erstatten sind. Es ist dem Kläger zuzumuten, sich wie jeder andere Patient auch um Termine zu bemühen und auch damit zu leben, wenn dies einmal nicht so vonstatten geht, wie es für ihn günstig oder wünschenswert ist. Wenn bei Dr. med. K. selbst für Privatpatienten (bzw. Unfallfürsorge-Patienten, was vergleichbar ist) keine kurzfristigen Termine zu bekommen sind, so erhält er doch „im Notfall“ bei dringendem Behandlungsbedarf einen Termin. Dies ist günstig. Alles andere ist eine Sache der Organisation. Er kann sich mit entsprechendem Vorlauf zwei Termine wöchentlich geben lassen (wenn dies erforderlich sein sollte) und dann kurzfristig entscheiden, ob er einen Termin bei Kollision mit anderem Behandlungsbedarf absagen will. Wenn etwas anderes aus seiner Sicht für ihn dringender ist, dann kann er offensichtlich in diesem Moment auf den orthopädischen Termin verzichten. Kann er dies nicht, so nimmt er ihn wahr und vereinbart keinen kollidierenden anderen Termin bzw. sagt den anderen Termin ab. Dies ist nicht ganz einfach und für den Kläger eventuell eine gewisse Veränderung zum (gefühlt) Schlechteren, jedoch in Abwägung mit den erheblichen Fahrtkosten zu Dr. med. P. zumutbar. 213Der Vorteil in der Praxis Dres. med. P. und Q. , soweit Dr. med. Q. überhaupt noch mit Dr. med. P. gemeinsam praktiziert, dass Dr. med. Q. auch neurologisch qualifiziert ist und gesonderte Termine (nebst Fahrtkosten) beim Neurologen (nach dem Kläger: Dr. med. F4. , E1. ) eingespart werden, hilft dem Kläger im Hinblick auf diesen Rechtsstreit nicht weiter. Es gibt in T. nach dem Internet mindestens zehn niedergelassene Neurologen, von denen sich – soweit ersichtlich – allein drei im näheren Umfeld des Klägers befinden. Termine beim Neurologen sind dem Kläger damit unproblematisch ohne Fahrt nach E1. möglich. 214Die vom Kläger weiter angeführte Möglichkeit, bei Dr. P. nach der Behandlung in einem „Ruheraum“ bei kurzzeitiger Unpässlichkeit noch zu entspannen und sich zu erholen, führt nicht dazu, dass die Fahrtkosten zu Dr. med. P. notwendig und angemessen wären. Es ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass dies bei Dr. med. K. (oder einem anderen in Betracht kommenden Behandler) nicht möglich wäre. Zugleich ist nicht erkennbar, ob und wie häufig dies beim Kläger überhaupt notwendig ist. Darüber hinaus spricht auch alles dafür, dass dieser „Wohlfühl-Faktor“ nicht dazu führen kann, dass die erheblichen Fahrtkosten nach E1. gerechtfertigt werden. 215Auch subjektiv durfte der Kläger die Fahrten zu Dr. P. nicht für erforderlich halten, wie schon in Bezug auf die Fahrten zur N3. erläutert worden ist. Insofern gilt hier nichts anderes. Der von ihm bemühte Vertrauensschutz ist „verbraucht“. 2163. 217Radiologiepraxis Dres. med. N2. , S2. , T1. u.a. 218In gleicher Weise kann der Kläger nicht die Feststellung verlangen, dass die Fahrtkosten zur Radiologischen Praxis Dres. med. N2. , S2. , T1. u.a., G6.--------straße 2, 0000 E1. (-G5. ) zu erstatten sind. Die Fahrt dorthin macht (hin und zurück) nach dem vom Kläger gewählten, wohl verkehrsgünstigeren Weg 72 km (21,60 Euro je Fahrt) aus. 219Der Kläger beruft sich unter Verwendung der dies stützenden Ärztlichen Bescheinigung des Dr. med. I3. S2. (Dres. med. N2. , S2. , T1. u.a.) vom 1. August 2014 darauf, er sei seit 1966 dort in radiologisch-nuklearmedizinischer Behandlung. Es sei im Laufe der Jahre ein gerade auch für die Diagnostik nicht unerhebliches Vertrauensverhältnis entstanden. Seit langem sei die Archivierung der radiologisch-nuklearmedizinischen Untersuchungen zentral an derselben Stelle erfolgt; dies sei diagnostisch für die vergleichenden radiologisch-nuklearmedizinischen Verlaufsbeurteilungen mitentscheidend. Unter Verwendung der radiologisch-nuklearmedizinischen Vorbefunde sei eine kostensparende Eingrenzung laufender oder künftiger diagnostischer Verfahren möglich. Bei einem Wechsel in eine andere fachradiologische-nuklearmedizinische Untersuchungsstelle ergäbe sich die Wahrscheinlichkeit einer vermehrten röntgenologisch-nuklearmedizinischen Untersuchungsfrequenz aufgrund fehlender Vorbefunde/Vergleichsbeurteilungen mit hieraus resultierender kostenmäßiger Mehrbelastung.Dies führt nach Auffassung des Klägers auch zu einer strahlenmäßigen Mehrbelastung, die unzumutbar sei. Weiter erhalte er dort leichter Termine, weil er gegenüber anderen als langjähriger Patient bevorzugt werde. 220Mit diesem Vortrag kann der Kläger nicht durchdringen. Medizinisch erforderlich im Sinne von geboten oder unverzichtbar ist das Aufsuchen der Radiologie Dres. med. N2. , S2. , T1. u.a. erkennbar nicht. Soweit es um radiologische Untersuchungen geht, die eine bestimmte zu seiner Wohnung nahe gelegene Radiologie in T. nicht leisten kann, so ist die nächstgelegene geeignete Radiologie, die diese Untersuchung (z. B. die von ihm benannte Ganzkörper-Skelettszintigraphie) anbieten kann, aufzusuchen. Wegen eines solchen Bedarfs, der eher die Ausnahme darstellen dürfte, muss der Kläger nicht immer nach E1. fahren. In T. sind nach Internet vier radiologische Praxen ansässig (u.a. radprax, RNR, Klinikum St. M. ), im Umkreis bis 5 km sind weitere zwei Radiologie-Praxen (in Leichlingen und Hilden) auffindbar, im Umkreis bis 10 km weitere vier Praxen (in E1. -C. , M1. und I4. ). Es ist nicht nachvollziehbar, dass die vom Kläger bevorzugte Radiologie in E1. ein Angebot haben soll, das in den zehn Radiologie-Praxen nicht vorhanden wäre. Auch für eine technisch bessere Qualität ist für den Einzelrichter nichts ersichtlich. 221Die langjährige Patienten-Arzt-Bindung mit entsprechendem Vertrauensverhältnis ist nach der Einschätzung des Gerichts bei der für den Kläger vorwiegend bzw. ausschließlich diagnostisch tätigen Radiologie Dres. med. N2. , S2. , T1. u.a. von eher geringerem Gewicht. Sicher ist auch hier grundsätzlich Vertrauen in die Kompetenz der Diagnostiker erforderlich. Dies hat hingegen geringere Bedeutung als im therapeutischen Bereich. Insofern hat auch die bald 50-jährige Praxis-Bindung, die in zeitlicher Hinsicht tatsächlich beeindruckt, in der Abwägung mit den Kosten geringes Gewicht. 222Sämtliche Vorbefunde, die bei der Radiologie Dres. med. N2. , S2. , T1. u.a. zentral archiviert sein sollen, kann der Kläger nach der Einschätzung des Gerichts zu einer neu zu wählenden Praxis mitnehmen. Er hat selbst hervorgehoben, dass es ein Vorteil der Düsseldorfer Radiologie für ihn sei, dass er alle Bilder/Befunde in Papier und auf CD erhalte. Vieles kann er mithin einer neu zu wählenden Praxis als Vorbefunde selbst zur Verfügung stellen. Im Übrigen hat er einen arztrechtlichen Anspruch auf Überlassung aller Befunde und Bilder an ihn selbst oder den neuen Behandler. Die Übermittlung an eine neue Radiologie dürfte gegenwärtig bereits auf technischem Wege, also elektronisch bzw. digital, erfolgen können. Sollte es anders archivierte Befunde geben, müssen diese anderweitig übermittelt werden. Es spricht dabei viel dafür, dass Röntgen-Aufnahmen von 1966 jetzt nicht mehr von Bedeutung sind, sondern es zentral auf Befunde aus den letzten 10 bis 15 Jahren ankommt. Dies dürfte alles elektronisch bzw. digital vorliegen. Insofern müsste es möglich sein, Vorbefunde vollständig bzw. soweit relevant an eine neue Praxis zu übermitteln. Dann kann auch dort eine kompetente Verlaufs- und Vergleichsbeurteilung erfolgen. Mehrbelastungen in Bezug auf Kosten bzw. Strahlenexposition des Klägers sind damit nicht zu gewärtigen. Sollte es zu Mehrkosten kommen, hat das LBV diese zu tragen, wenn es ihn – vermittels der Entscheidungen zu den Fahrtkosten – zu einem Praxis-Wechsel veranlasst. Hierfür ist jedoch entgegen der Bescheinigung des Dr. S2. vom 1. August 2014 konkret nichts erkennbar. 223Die vom Kläger angeführten Vorteile bei der Terminvergabe ändern nichts. Soweit ein schneller Termin (z. B. bei einem Verdacht einer bösartigen Neubildung) entscheidend ist, sind Fahrtkosten zu dem Behandler, wo der schnelle Termin möglich ist, zu erstatten. Ist medizinisch keine Dringlichkeit indiziert, ist dem Kläger ein Abwarten zumutbar. 224Vertrauensschutz hilft dem Kläger – wie oben erläutert – auch hier nicht weiter. 2254. 226I. S1. Orthopädie-Technik GmbH 227Auch die begehrte Feststellung hinsichtlich der Orthopädie-Technik S1. , U.--straße 23, 40217 E1. war abzuweisen. Der Kläger hat keinen generellen Anspruch auf Erstattung künftig anfallender Fahrtkosten dorthin aus Unfallfürsorgemitteln. Konkret geht es um eine Strecke von (hin und zurück) 72 km (21,60 Euro je Fahrt) nach der vom Kläger gewählten, wohl verkehrsgünstigeren Strecke. 228Er beruft sich darauf, er sei dort seit 1966 in einer Patienten- bzw. Kundenbeziehung, wodurch ein Vertrauensverhältnis einerseits und über die Jahre bei dem Fach-Unternehmen große Fachkunde und Fachpraxis in Bezug auf seine persönlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen entstanden sei. Dort befänden sich auch die entsprechenden Unterlagen, die die Versorgung des Klägers mit Hilfsmitteln erleichtern, die bei einem neuen Unternehmen der Orthopädie-Technik erst neu geschaffen werden müssten. Dies hätte auch Mehrkosten zur Folge. Insbesondere lägen dort Abdrücke, Schaumabdrücke, Klischees, Vorlagen, Zeichnungen und Schemata vor. Er erhalte von dort in gewissen Abständen eine maßgefertigte Orthese für das unfallverletzte Bein; diese müsse regelmäßig angepasst werden. Er habe auch keinen Herausgabeanspruch gegen das Unternehmen, anders als bei Ärzten, da diese Dinge Eigentum des Sanitätsunternehmens seien und blieben. Deshalb sei ihm auch von Sanitätshäusern in T. , die er wegen eines möglichen Wechsels aufgesucht habe, geraten worden, bei seinem bisherigen Unternehmen zu bleiben, weil ein Wechsel für sie mit zu viel Aufwand verbunden sei. Sonstige Sanitätsprodukte kaufe er dort nur bei Gelegenheit seiner Besuche, die durch deren spezielle Fachkenntnis bei Maßanfertigungen veranlasst seien, wenn er „sowieso“ dort sei. 229Diese Gründe führen nicht dazu, dass die Fahrten des Klägers zur Orthopädie-Technik S1. in E1. als notwendig und angemessen zu beurteilen sind. Zunächst sprechen die in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Rechnungen der Orthopädie-Technik S1. dafür, dass er dort nicht selten hingefahren ist, um Produkte zu beziehen, die schlichte Sanitätsprodukte waren bzw. bei denen im Fall von Bandagen, Kompressionsstrümpfen oder ähnlichem keine Maßanfertigung erfolgte, sondern eine Abgabe nach konfektionierten Größen erfolgte. In Bezug auf alles, was keine Maßanfertigung ist, ist dem Kläger schon deshalb ein Wechsel zu den verschiedenen (nach Internet: jedenfalls fünf) Sanitätshäusern in T. zumutbar. Er kann sich von der Orthopädie-Technik S1. (bei einem „letzten Termin“, dessen Kosten vom LBV zu übernehmen wären, bzw. zur Vermeidung des Aufwandes telefonisch, per E-Mail, Telefax oder schriftlich) im Einzelnen die Produkte, deren genaue Produktbezeichnungen, gegebenenfalls Bestellnummern, sowie die entsprechenden Größen mitteilen lassen. Damit dürfte es ihm möglich sein, sich in T. mit allem, was keine Maßanfertigung erfordert, entsprechend zu versorgen. 230Doch auch in Bezug auf die orthopädischen Hilfsmittel, die für ihn bei Firmen der Orthopädie-Technik nach Maß angefertigt werden müssen, ist ihm ein Wechsel zu einem Solinger Unternehmen (z. B. „von G1. “ oder „Köppchen“) zumutbar. Der tatsächliche (Zeit-) Aufwand für die neue Erstellung von Abdrücken usw. für den Kläger ist ihm zumutbar. Dieser ist – soweit ersichtlich – auch nicht mit unzumutbaren Belastungen, Schmerzen o.Ä. verbunden. Die Zusatzkosten, soweit solche entstehen, hat das LBV zu tragen, das diesen Wechsel zu einem ortsansässigen Sanitätshaus von ihm fordert. Dabei besteht auch noch die Möglichkeit, dass die Orthopädie-Technik S1. sich nach zielgerichteten Verhandlungen dazu bereit erklärt, dem Kläger die ihn betreffenden Abdrücke, Klischees, Skizzen usw. zu überlassen, gegebenenfalls gegen Zahlung eines auszuhandelnden Geldbetrages, der unter etwaigen Zusatzkosten für die Neuerstellung dieser Unterlagen durch ein neues Sanitätshaus liegen müsste. Dies ginge dann zulasten des LBV. 231Wenn im Einzelfall ein Aufsuchen der Orthopädie-Technik S1. erforderlich sein sollte, z. B. weil ein im Wege der Gewährleistung zu behebender Mangel an einem dort erworbenen Hilfsmittel auftritt, sind auch die Fahrtkosten zu erstatten. Dies ist jedoch – wie stets – Frage der Umstände des Einzelfalls. 232Die beeindruckend lange Geschäftsbeziehung des Klägers zur Orthopädie-Technik S1. als solche hat daneben keine durchgreifende Bedeutung, die die Fahrten dorthin erforderlich macht. Zu einer solchen, eher technischen denn ärztlich geprägten Firma ohne Arzt-Patienten-Beziehung kann zwar eine langdauernde Geschäftsbeziehung bestehen; diese setzt aber viel weniger Vertrauen voraus, als es in der Arzt-Patienten-Beziehung geboten ist. 233Vertrauensschutz hilft dem Kläger – wie oben erläutert – auch hier nicht weiter, weil dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. 234Zu allen Behandlern, der Orthopädie-Technik sowie der Apotheke ist abschließend festzuhalten, dass sich nicht generell feststellen lässt, dass die Fahrtkosten dorthin vom LBV aus Unfallfürsorgemitteln zu erstatten sind. Damit ist im Umkehrschluss aber auch nicht festgestellt, dass die Fahrtkosten dorthin nie zu erstatten sind. Wie in der mündlichen Verhandlung mit der Vertreterin des LBV erörtert – und von dieser letztlich auch akzeptiert –, kann der Einzelfall Fahrtkosten erforderlich und angemessen erscheinen lassen. 235III. 236Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 237Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 238Beschluss: 239Der Streitwert wird auf 500,00 Euro festgesetzt. 240Gründe: 241Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1, Abs. 3 GKG erfolgt. Dabei berücksichtigt der Einzelrichter, dass der Kläger mit allen parallel erhobenen Klagen wegen der Fahrtkosten letztlich das Gleiche begehrt, nämlich die zukunftsbezogene Klärung der Fahrtkosten zur Heilbehandlung. Dazu hätte letztlich ein Klageverfahren ausgereicht, jedoch ging der Kläger davon aus, in Bezug auf alle ergangenen Widerspruchsbescheide vom 10. und 15. April 2013 die Bestandskraft verhindern zu müssen. Insgesamt hält der Einzelrichter einen Streitwert von 5000,00 Euro nach § 52 Abs. 2 GKG, sowie auch im Hinblick auf einen 2-Jahres-Zeitraum für die geschätzten Fahrtkosten für angemessen. Mithin werden für alle Klageverfahren 500,00 Euro je Klageverfahren angesetzt, nur für das Klageverfahren 23 K 4382/13 sind 900,00 Euro festgesetzt.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des nach dem urteil zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht das beklagte land vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils beizutreibenden betrages leistet. 1
2der am 00. oktober 1936 geborene kläger stand bis zu seiner zurruhesetzung wegen dauerhafter dienstunfähigkeit zum 1. juli 1965 als polizeihauptwachtmeister im polizeidienst des beklagten landes. die dauerhafte dienstunfähigkeit ist folge eines vom beklagten land anerkannten dienstunfalles als fahrer eines polizei-motorrades in e. am 5. juni 1963, bei dem der kläger aufgrund eines straßenschadens stürzte und vor allem einen trümmerbruch des rechten unterschenkels erlitt. ein bis zum bundesgerichtshof (bgh) geführter haftpflicht-prozess des klägers gegen die stadt e. als träger der verkehrssicherungspflicht ging im wesentlichen zugunsten des klägers aus. 3der kläger verfügt über einen schwerbehindertenausweis, der einen grad der behinderung (gdb) von 100 ab 27. oktober 1992 sowie die merkzeichen g, ag, h, rf und b bescheinigt. 4seit seiner zurruhesetzung erhält der kläger unfallruhegehalt (derzeit aus besoldungsgruppe a 7, dienstaltersstufe 10) nach einem ruhegehaltssatz von 66 2/3 % sowie unfallfürsorge wegen des dienstunfalles. neben den kosten der heilbehandlung erhält er unfallausgleich nach einer minderung der erwerbsfähigkeit (mde) von aktuell 70 % (mindestens 427,00 euro) sowie eine pauschale für außergewöhnliche kosten von kleider- und wäscheverschleiß (nach der sog. höchstbewertungszahl, derzeit wohl 124,00 euro). ebenfalls erhält er aus mitteln der unfallfürsorge zuschüsse für anschaffung und unterhaltung seines behindertengerecht umgerüsteten personenkraftwagens sowie für den entsprechenden stellplatz. alle diese leistungen werden seit dem ruhestand des klägers vom landesamt für besoldung und versorgung nrw (lbv) bearbeitet und gewährt. 5da der kläger nach seiner zurruhesetzung als polizeibeamter eine laufbahn außerhalb des öffentlichen dienstes einschlug, erhält er auch aus diesem beschäftigungsverhältnis versorgung, die sich soweit ersichtlich wie folgt zusammensetzt: altersrente von der deutschen rentenversicherung (drv) in höhe von mindestens 885,18 euro, unfallrente aus der gesetzlichen unfallversicherung (im hinblick auf einen arbeits-wegeunfall) in höhe von mindestens 1365 euro sowie einer rente nach dem bundesversorgungsgesetz (bvg) von mindestens 658 euro. 6im hinblick auf die altersrente von der drv unterliegt das unfallruhegehalt des klägers einer ruhensregelung gemäß § 55 beamtenversorgungsgesetz (beamtvg). 7der zum zeitpunkt des dienstunfalles 1963 in e. wohnende kläger verzog nachfolgend nach e1. (wohl c. , etwa 1966/67), etwa 1985 sodann nach n. -c1. . nach früherer ehescheidung ist er seit 1999 mit der 1940 geborenen s. f. verheiratet und mit ihr bis jetzt in 00000 t. , h.--straße 51 wohnhaft. 8durch vom lbv beauftragte amtsärzte sind als unfallfolgen derzeit festgestellt: 9 zustand nach (z. n.) dreifachem trümmerbruch des rechten unterschenkels und mehrfachoperation wegen fehlstellung, falschgelenkbildung und infektion einschließlich spannanlagerung und hautverpflanzung mit daraus resultierender beinverkürzung von 1 cm und achsenfehlstellung; 10 posttraumatische sprunggelenkarthrose rechts; 11 funktionell-statische lws-beschwerden bei beckentiefstand und kompensatorischer wirbelsäulenverbiegung; 12 posttraumatische neurogene blasenentleerungsstörung mit harninkontinenz und nierensteinleiden; 13 sekundäre kniegelenkarthrose rechts mit vorderer kreuzbandlockerung; 14 hüftgelenksverschleißerkrankung beidseits, z. n. künstlichem gelenkersatz rechts von märz 2001; 15 beginnende kniegelenksverschleißerkrankung links; 16 z. n. konservativer therapie einer wirbelsäulenverletzung mit ausbildung eines wirbelgleitens l 4/l 5 und bandscheibenprotrusion l 4/l 5; 17 z. n. durch sturz bedingter bwk 12-fraktur. 18wegen der einzelheiten wird auf die unfallnachbegutachtung des gesundheitsamtes e1. vom 21. november 2001 (beiakte 6 zu 23 k 4382/13, bl. 78 ff.) sowie das amtsärztliche gutachten des gesundheitsamtes t. vom 17. juli 2013 (beiakte 1 zu 23 k 7835/13, bl. 1187 ff.) verwiesen. 19im rahmen der gewährung von leistungen der unfallfürsorge für die kosten seiner umfangreichen heilbehandlung hat der kläger ursprünglich anscheinend keine fahrtkosten geltend gemacht. zu beginn der 2000er-jahre machte der kläger dann auch fahrtkosten zu seinen behandlern und zu apotheken geltend. das lbv erstattete diese mitte 2004 auch rückwirkend für die zeit ab anfang 2001. in gleicher weise erfolgte die erstattung von fahrtkosten auch in der folgezeit. dabei übernahm das lbv fahrtkosten nach einem satz von 0,30 euro pro gefahrenem km ohne beanstandungen u.a. auch für fahrten zu: 20 n1. -apotheke, t. (11 km), 21 dr. med. q. , e1. (106 km), 22 dr. med. p. , e1. (ab 2006 zunächst 110 km, ab 2007: 72 km), 23 orthopädie i. s1. , e1. (zunächst 106 km, ab 2007: 70 km), 24 radiologie dres. med. n2. , s2. , t1. u.a., e1. (zunächst 105 km, ab 2009: 70 bzw. 72 km). 25diese fahrten erfolgten regelmäßig, teilweise auch sehr häufig (dres. med. q. und p. überwiegend etwa zwei mal wöchentlich). 26da der kläger bei der für die dienstunfallfürsorge zuständigen abteilung des lbv wegen seiner dauerhaften unfallfolgen auch regelmäßig anträge stellte, erfolgten im zeitverlauf wechsel in der person der sachbearbeitung. dies führte teils zu problemen in der erstattung von kosten der heilbehandlung und insbesondere auch bei den fahrtkosten. so übernahm das lbv im jahr 2007 in einem fall die geltend gemachten fahrtkosten nur in erheblich gekürztem umfang und führte hierzu im schreiben des lbv vom 11. april 2007 (frau h1. , beiakte 5) aus: 27„die fahrten zur apotheke gehören unter umständen sicherlich zur notwendigen heilbehandlung, wobei der nachweis sicherlich schwierig zu führen ist.nachzuweisen wäre nämlich sicherlich, warum rezepte nicht sofort nach dem entsprechenden arztbesuch auf dem weg eingelöst werden konnten.nachzuweisen wäre außerdem aus welchem grund sie eine apotheke in einer entfernung von 5,5 km zu ihrer wohnung aufsuchen, obwohl sich zwei apotheken in unmittelbarer nähe (400m) befinden.diese prüfungen und nachweise können jedoch unterbleiben, da es heute zum service einer apotheke gehört, die medikamente auch nach hause zu liefern.insofern ist die erstattung der fahrtkosten zur apotheke grundsätzlich abzulehnen. 28hinsichtlich der fahrtkosten von t. zu den behandelnden ärzten in e1. kann ich weiterhin nur 31 km einfache strecke (also 62 km gesamt, anm. des einzelrichters) anerkennen.sie berufen sich darauf, dass es ihnen nicht zuzumuten sei, eine wegstrecke zu benutzen, die ständig und nahezu immer zu staus und verkehrsbehinderungen mit langen wartezeiten führt. zunächst lässt sich feststellen, dass sie sich aufgrund der freien arztwahl freiwillig der behandlung in e1. unterziehen. insofern behalte ich mir eine überprüfung der notwendigkeit noch vor, da sich die frage stellt, warum so viele verschiedene orthopäden für die behandlung hinzugezogen werden. ganz abgesehen von der freien arztwahl trifft es absolut nicht zu, dass die strecke von t. nach e1. ganztägig mit verkehrsbehinderungen belegt ist.“ 29auf widerspruch des klägers erstattete das lbv mit abhilfebescheid vom 6. november 2007 (frau l. , beiakte 5) die vollständigen fahrtkosten und führte aus: 30„ich gebe ihrem widerspruch statt. sie durften sich aufgrund der bisherigen verfahrensweise auf vertrauensschutz berufen. 31(...) 32für die zukunft behalte ich mir jedoch vor, die fahrkosten hinsichtlich ihrer notwendigkeit und angemessenheit im einzelfall zu prüfen.“ 33in der folgezeit gestellte anträge wurden bei geänderter sachbearbeitung (frau l1. ) zunächst wieder ohne kürzungen oder probleme bei den fahrtkosten vollständig erstattet. mit bescheid vom 19. september 2008 übernahm das lbv (frau l1. ) die vom kläger beantragten kosten der heilbehandlung – einschließlich fahrtkosten – vollständig, verband dies jedoch mit dem fett hervorgehobenen hinweis: 34„aus vertrauensschutzrechtlichen gründen werden behandlungen, die bis zum zugang dieses bescheides entstehen, nach der bisherigen verfahrensweise erstattet. 35ich behalte mir jedoch vor, künftig die aufwendungen, insbesondere die fahrtkosten, hinsichtlich ihrer notwendigkeit und angemessenheit durch den zuständigen amtsarzt prüfen zu lassen.“ 36auch der an den kläger gerichtete bescheid der frau l1. vom 22. september 2008 enthielt einen ähnlichen hinweis (beide bescheide in beiakte 3). 37dementsprechend erstattete das lbv dem kläger in der folgezeit alle kosten der heilbehandlung einschließlich der fahrtkosten wie bisher, verband dies jedoch zunächst mit dem hinweis in den bescheiden, dass die aufwendungen vor zugang der bescheide vom 19. september 2008 und 22. september 2008 entstanden seien und deshalb nach der bisherigen verfahrensweise erstattet würden. 38in einem bescheid (frau l1. ) vom 8. mai 2009 zu einem erstattungsantrag des klägers vom 22. februar 2009 übernahm das lbv die fahrtkosten vollständig, obwohl diese teilweise bereits nach dem zugang der bescheide vom 19. und 22. september 2008 entstanden waren, verband dies jedoch u.a. zu den fahrtkosten („bf“ = beförderungskosten) mit der anmerkung, die erstattung stehe unter dem vorbehalt einer neufestsetzung und rückforderung zu viel gezahlter beträge. ebenso verfuhr frau l1. in der folgezeit mit bescheiden vom 8. juli 2009. in einem bescheid vom 12. august 2009 erstattete frau l1. hingegen die fahrtkosten vollständig, obwohl diese mittlerweile deutlich überwiegend nach september 2008 entstanden waren, ohne dem bescheid einen vorbehalt beizufügen. (alle bescheide in beiakte 3.) 39nachdem der kläger beginnend mit dem antrag vom 8. oktober 2009 (beiakte 4) bei den fahrtkosten nur noch solche geltend machte, die nach september 2008 entstanden waren, beschied das lbv (frau l1. ) seine erstattungsanträge nur noch hinsichtlich der sonstigen kosten der heilbehandlung und wies zu den fahrtkosten darauf hin, es ergehe ein gesonderter bescheid. 40 antrag vom 8. oktober 2009  bescheid vom 16. dezember 2009 41 antrag vom 13. dezember 2010  bescheid vom 27. mai 2011 42 antrag vom 13. märz 2011  bescheid vom 27. mai 2011 43 antrag vom 19. april 2011  bescheid vom 27. mai 2011 44in der folgezeit erstattete das lbv (frau l1. ) auf erstattungsanträge des klägers auch nach september 2008 entstandene fahrtkosten ohne kürzungen oder vorbehalte. 45nachdem zu den mit den anträgen vom 8. oktober 2009, 13. dezember 2010, 13. märz 2011 und 19. april 2011 geltend gemachten fahrtkosten (von insgesamt 2348,40 euro) keine entscheidung des lbv erfolgte, erinnerte der kläger hieran unter beifügung einer übersicht der offenen beträge mit schreiben vom 7. januar 2012 (beiakte 1 zu 23 k 4653/13, bl. 802 f.), vom 6. juni 2012 (unter ankündigung einer untätigkeitsklage, ebenda bl. 800 f.), am 20. september 2012 (beiakte 2 zu 23 k 4653/13, bl. 869 f., wohl nach wechsel der sachbearbeitung, nunmehr an frau l2. gerichtet) und zuletzt unter dem 11. januar 2013 (ebenda, bl. 979 f.). 46mit einem bescheid vom 31. januar 2013 entschied das lbv (frau l1. ) über die offenen fahrtkosten aus den anträgen vom 8. oktober 2009, 13. dezember 2010, 13. märz 2011 und 19. april 2011 („ihr zeichen, ihre nachricht vom 06.06.2012 und 11.01.2013 (bef.kosten“) und erstattete dem kläger 577,65 euro aus unfallfürsorgemitteln. die dem bescheid beigefügte „zusammenstellung der kosten, die ihnen erstattet werden“ lässt erkennen, dass die beantragten beförderungskosten nur teilweise erstattet wurden (577,65 euro von 2348,40 euro). die „zusammenstellung“ enthält die anmerkung: 47„im rahmen der dienstunfallfürsorge können nur die notwendigen und angemessenen fahrtkosten berücksichtigt werden. es können daher nur die aufwendungen für fahrten zu in ihrer näheren umgebung liegenden entsprechenden ärzten, apotheken, krankenhäuser etc. zugrunde gelegt werden: 48h2. -apotheke 4 km statt n3. 49bgu-unfallklinik e. 43,5 km statt bgu-klinik g. 50praxis für orthopädie dr. k. 4 km statt orthopädie dr. p. 51praxis für orthopädie dr. k. 4 km statt orthopädie dr. roesgen 52orthopädie technik v. g1. 15,2 km statt orthopädie technik s1. 53praxis für radiologie s3. 3,4 km statt dres. n2. , s2. etc. 54traumatologisches zentrum i1. 186,4 km statt traumatologisches zentrum p1. (dr. s4. )“ 55(wegen der weiteren einzelheiten vgl. beiakte 2 zu 23 k 4653/13, bl. 1044 ff.) 56fast zeitgleich entschied das lbv am 30. und 31. januar 2013 in fünf weiteren verwaltungsverfahren in vergleichbarer weise über die übernahme von fahrtkosten aus unfallfürsorgemitteln. 57gegen den im einzelnen dargestellten bescheid vom 31. januar 2013 erhob der kläger am 11. februar 2013 widerspruch (vgl. beiakte 2 zu 23 k 4653/13, bl. 1099 f.), zu dessen begründung er vorrangig auf seine widerspruchsbegründungen in anderen verwaltungsverfahren vom 4. und 5. juni 2012 verwies. 58mit „bescheid“ vom 15. april 2013 (beiakte 2 zu 23 k 4653/13, bl. 1120 f.) entschied das lbv (frau s5. ) über den widerspruch des klägers gegen den bescheid vom 31. januar 2013 in den verwaltungsverfahren betreffend die mit den anträgen vom 8. oktober 2009, 13. dezember 2010, 13. märz 2011 und 19. april 2011 geltend gemachten fahrtkosten und half dem widerspruch vollständig ab, indem die offenen 1170,75 euro vollständig übernommen wurden. das lbv bezog sich hierbei allein auf gründe des vertrauensschutzes. 59fast zeitgleich half das lbv in sieben weiteren widerspruchsverfahren mit widerspruchsbescheiden vom 10. und 15. april 2013 ab und übernahm fahrtkosten des klägers auf der grundlage von vertrauensschutz. 60der kläger persönlich hat gegen den bescheid vom 15. april 2013 am 17. mai 2013 diese klage erhoben und begehrt, das beklagte land zu verurteilen, ihm auch künftig alle unfallbedingten fahrtkosten zu erstatten und so den über jahrzehnte aufgebauten vertrauensschutz hinsichtlich der fahrtkostenerstattung nicht zu versagen. 61der kläger trägt zur begründung im wesentlichen vor: 62ihn verbinde eine lange geschäftsbeziehung mit der inhaberin der n3. , der apothekerin g2. g3. , die zu einer vertrauensbeziehung geführt habe. frau g3. berate ihn intensiv zu den vielfältigen medikamenten, die ihm ärztlich verordnet werden, insbesondere zu deren wechselwirkungen, deren verträglichkeit und der frage, welches präparat für ihn am günstigsten sei. dies könnten die ärzte nicht leisten. eine so gute beratung erhalte er andernorts nicht. entscheidend sei jedoch, dass frau g3. ihm kredit einräume. die bei ihm für medikamente regelmäßig anfallenden beträge seien so hoch, dass er nicht in der lage sei, diese vorzufinanzieren. er habe ca. 800 bis 1000 euro monatliche medikamentenkosten. dies falle bei den mittlerweile sehr langen bearbeitungszeiten des lbv besonders ins gewicht. er müsse die medikamente erst bezahlen, wenn das lbv ihm die beträge erstatte. andere apotheken – insbesondere die nahe gelegene h2. -apotheke – seien zu einer kreditgewährung nicht bereit. eine lieferung durch die n3. sei deshalb ausgeschlossen, weil er auch dem betäubungsmittelgesetz (btmg) unterfallende medikamente erhalte, die nicht geliefert werden dürften. hierzu hat der kläger eine bestätigung der apothekerin g3. vorgelegt. 63der grund für das aufsuchen des dr. p. in e1. liege darin, dass er in der gemeinschaftspraxis der dres. p. und q. seit 1975 behandelt werde. diese seien durch diese lange zeit bestens mit seinem krankheitsbild vertraut. nur sie könnten aufgrund der langjährigen patientenbeziehung die gewähr dafür bieten, dass er eine optimale medizinische versorgung erfahre. auch ökonomische gründe sprächen für diese orthopädische praxis. hierdurch würden mehrkosten durch zusatzuntersuchungen und die fertigung weiterer röntgen- oder mrt-aufnahmen vermieden, die besonders im orthopädischen fachgebiet typisch seien. diese zusätzlichen untersuchungen brächten deshalb für den kläger unzumutbare zusätzliche strahlenbelastungen mit sich. dazu hat der kläger eine bestätigung der radiologen dres. med. n2. , s2. , t1. u.a. vorgelegt. 64ähnlich lägen die gründe, die für die fahrten zur orthopädie-technik s1. sprächen: der kläger werde seit 1966 dort orthopädietechnisch versorgt. er erhalte dort eine vielzahl von hilfsmitteln, die für ihn nach maß angefertigt werden müssen. über die jahre sei bei diesem fach-unternehmen große fachkunde und fachpraxis in bezug auf die gesundheitlichen beeinträchtigungen des klägers entstanden. dort befänden sich auch die entsprechenden unterlagen, die die versorgung des klägers mit hilfsmitteln erleichtern, die bei einem neuen unternehmen der orthopädie-technik erst neu geschaffen werden müssten. dies hätte auch mehrkosten zur folge. der kläger hat hierzu eine bescheinigung der i. s1. orthopädie-technik gmbh vorgelegt. 65seine fahrten zur radiologie-praxis dres. n2. , s2. , t1. u.a. seien ebenfalls notwendig. die vom lbv angeführte t1er radiologie „s3. “ sei für ihn nicht vergleichbar. bei s3. würden nur allgemeine röntgenaufnahmen und mammographien gefertigt; für spezielle aufnahmen wie mrt, ct, knochenszintigramme und ganzkörper-skelettszintigramme sei diese praxis nicht geeignet und er müsse hierfür weitere praxen aufsuchen. bei dres. n2. , s2. , t1. u.a. werde er hingegen seit jahrzehnten gut behandelt. bei einem wechsel in eine andere (t1er) radiologie müssten sämtliche behandlungen erneut durchgeführt werden, was unnötig und teuer wäre. die mehrkosten würden die fahrtkosten weit übersteigen. der kläger hat eine bescheinigung der radiologie-praxis dres. med. n2. , s2. , t1. u.a. vorgelegt. 66weiterhein seien auch fahrten zur berufsgenossenschaftlichen unfallklinik in g. a.m. sowie zu dr. s6. im sana-klinikum in e1. -c. und zu prof. dr. s4. im traumatologischen zentrum in p1. -h3. erforderlich. 67der kläger hat an unterlagen zur begründung der notwendigkeit der fahrtkosten vorgelegt: 68 rechnung berufsgenossenschaftliche unfallklinik (bgu) e. vom 6. oktober 2009 über untersuchung und beratung am 17. september 2009, 69 entlassungsbericht krankenhaus der b. l3. vom 29. oktober 2009, 70 arztbrief p2. -klinikum p1. -h3. (prof. dr. s4. ) vom 6. juli 2009, 71 bescheinigung der i. s1. orthopädie-technik gmbh, e1. , vom 31. juli 2014, 72 stellungnahme dres. med. p. und q. (orthopäden), e1. , vom 1. august 2014, 73 stellungnahme dres. med. n2. , s2. , t1. u.a. (radiologie), e1. , vom 1. august 2014, 74 entlassungsbericht bgu g. a.m. (fußchirurgie) vom 21. juli 2010 zum aufenthalt des klägers vom 9. februar – 9. mai 2010 (abt. fußchirurgie) sowie vom 9. mai – 21. juli 2010 (abt. hand- und plastische chirurgie) 75(alle vorgenannten unterlagen in beiakte 10 zu 23 k 4382/13) 76 bericht krankenhaus der b. l3. vom 24. november 2009, 77 stellungnahme der frau g2. g3. , fachapothekerin für offizinpharmazie, n1. -apotheke, t. , vom 4. august 2014, 78 vorläufiger arztbrief bgu g. a.m. (fußchirurgie) vom 21. juli 2010 über aufenthalt des klägers vom 9. februar 2010 bis 21. juli 2010, 79 arztbrief bgu g. a.m. (hand- und plastische chirurgie) vom 21. juli 2010 über aufenthalt des klägers vom 9. mai – 21. juli 2010, 80 arztbrief bgu g. a.m. (septische chirurgie) vom 2. juli 2011 über aufenthalt des klägers vom 4. mai – 2. juli 2011, 81 arztbrief bgu g. a.m. (septische chirurgie) vom 22. dezember 2011 über aufenthalt des klägers vom 4. august – 22. dezember 2011, 82 arztbrief bgu g. a.m. (septische chirurgie) vom 1. dezember 2012 über aufenthalt des klägers vom 11. oktober – 1. dezember 2012, 83 vom kläger selbst erstellte liste der ihm verordneten medikamente, stand 10. august 2014, 84 atteste dr. med. i2. (internist/kardiologe im parkstift b1. bad o. ) vom 17. und 18. dezember 2013, 85 atteste dr. med. h4. (internist), t. , vom 4. april 2013, 12. februar 2014, sowie 19. august 2014, 86 attest dr. med. k. (orthopäde), t. , vom 4. april 2013, 87 atteste dr. med. p. (orthopäde) vom 24. mai 2013, 1 x ohne datum, sowie vom 14. august 2014, 88 attest dr. med. f1. (urologe) vom 21. juni 2013, 89 attest sana krankenhaus e1. -c. (dr. med. p3. , chefarzt der klinik für orthopädie, unfall- und wiederherstellungschirurgie) vom 15. august 2014. 90(die vorstehenden unterlagen bl. 135 ff. und 179 ff. der gerichtsakte 23 k 4382/13.) 91das beklagte land hat in einem erlass des finanzministeriums nrw (fm nrw) vom 17. juni 2013 (az. b 3010 – 33.8 – iv c i – so) zu den fahrtkosten des klägers stellung genommen: dem kläger stehe ein kilometersatz von 0,32 euro zu, da er auf die mitnahme seiner ehefrau als begleitperson angewiesen sei. jedoch seien fahrten zu einer heilbehandlung außerhalb des wohnorts nicht erforderlich (und erstattungsfähig), wenn die heilbehandlung auch am wohnort in gleicher weise hätte durchgeführt werden können. deshalb seien fahrten zur bgu g. a.m. nicht erforderlich. fahrtkosten zur apotheke seien dann nicht zu erstatten, wenn die medikamentenbesorgung im zuge der allgemeinen erledigungen/besorgungen möglich wäre. (wegen der weiteren einzelheiten wird auf bl. 32 ff. der gerichtsakte verwiesen.) 92das lbv hat daraufhin erklärt, ab dem 11. märz 2013 fahrtkosten nach einem satz von 0,32 euro/km zu erstatten. 93sodann hat der kläger von seinem auf diesen km-satz gerichteten begehren abstand genommen. ebenfalls hat er nach den erörterungen sowie den erklärungen des lbv in der mündlichen verhandlung das begehren hinsichtlich der fahrten zur bgu-klinik g. , zum sana-klinikum e1. -c. und zum traumatologischen zentrum p1. -h3. nicht weiter verfolgt. 94der kläger beantragt, 95festzustellen, dass das lbv fahrtkosten 96- zur n1. -apotheke in t. -x. , 97- zur praxis dr. p. und q. in e1. , 98- zur orthopädietechnik s1. in e1. , 99- und zur radiologie n2. , s2. u.a. in e1. 100aus mitteln der unfallfürsorge zu erstatten hat. 101das beklagte land beantragt, 102die klage abzuweisen. 103das lbv verteidigt seine zu den fahrtkosten vertretene rechtsauffassung und führt ergänzend aus: vertrauensschutz für die zukunft bestehe nicht. das versorgungsrecht sei auf die gleichbehandlung aller versorgungsberechtigten gerichtet, weshalb allen nur die nach dem gesetz zustehende versorgung zu gewähren sei. ferner erfordere der grundsatz der sparsamen verwendung öffentlicher mittel, dass nicht auf unbestimmte dauer überhöhte versorgung, hier in form der dienstunfallfürsorge, ausgezahlt werde. 104das gericht hat die folgenden akten beigezogen: 105 personalakte unterordner a (beiakte 1), 106 personalakte unterordner b (beiakte 2), 107 personalakte unterordner c (beiakte 3), 108 personalakte unterordner d (beiakte 4), 109 unfallfürsorgevorgang, teilakte, nicht foliiert, 22. september 2004 – 9. juli 2008 (beiakte 1 zu 23 k 4382/13), 110 unfallfürsorgevorgang, teilakte, nicht foliiert: „band ii – 1. und 2. teilakte“; u.a. abrechnungen 30. märz 1993 – 2. juni 2004 (beiakte 6 zu 23 k 4382/13), 111 unfallfürsorgevorgang, teilakte: „band iii – bis 2004“, bl. 1 – 122, vom 25. mai 2004 – 22. april 2005 (beiakte 7 zu 23 k 4382/13), 112 unfallfürsorgevorgang, teilakte: „band iv – ab 2005 – 2006“, nicht foliiert, wohl abrechnungen vom 24. januar 2005 – 24. august 2006 (beiakte 8 zu 23 k 4382/13), 113 unfallfürsorgevorgang, teilakte: „band v – ab 2007“, nicht foliiert, wohl abrechnungen vom 28. november 2006 – 1. juli 2008 (beiakte 9 zu 23 k 4382/13), 114 unfallfürsorgevorgang, teilakte: „abrechnungen ab 2008 – 12/09“, nicht foliiert, vom 30. juni 2008 – 16. september 2009 (beiakte 3 zu 23 k 4382/13), 115 unfallfürsorgevorgang, teilakte: „abrechnungen 10/2009 – 06/2010“, nicht foliiert, vom 8. oktober 2009 – 4. juni 2010 (beiakte 4 zu 23 k 4382/13), 116 unfallfürsorgevorgang, teilakte: „abrechnungen 06/2010 - ...“, nicht foliiert, vom 22. juni 2010 – 9. september 2011 (beiakte 2 zu 23 k 4382/13), 117 unfallfürsorgevorgang, teilakte: diverses und abrechnungen vom 2. dezember 2010 – 2. februar 2012 (beiakte 5 zu 23 k 4382/13), 118 unfallfürsorgevorgang, teilakte: bl. 556 – 865, vom 17. november 2011 – 29. august 2012 (beiakte 1 zu 23 k 4653/13), 119 unfallfürsorgevorgang, teilakte: bl. 866 – 1170, vom 10. september 2012 – 8. mai 2013 (beiakte 2 zu 23 k 4653/13), 120 unfallfürsorgevorgang, teilakte: bl. 1171 – 1212, vom 20. mai 2013 – 27. september 2013 (beiakte 1 zu 23 k 7835/13). 121im übrigen wird wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes auf die gerichtsakten dieses verfahrens sowie der verfahren 23 k 4382/13, 4383/13, 4384/13, 4385/13, 4653/13, 4655/13, 4656/13 sowie 7835/13, die beigezogenen unfallfürsorgevorgänge des lbv und die den kläger betreffenden personalakten des beklagten landes bezug genommen. 122
123der einzelrichter ist für die entscheidung zuständig, nachdem der rechtsstreit durch beschluss der kammer vom 25. juni 2014 gemäß § 6 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) dem berichterstatter als einzelrichter zur entscheidung übertragen worden ist. 124die klage hat keinen erfolg. 125sie ist zulässig (i.), aber nicht begründet (ii.). 126i. 127es handelt sich um eine statthafte feststellungsklage gemäß § 43 vwgo. der kläger möchte geklärt wissen, ob das beklagte land auch künftig – wie bisher – die fahrtkosten zu den von ihm ausgewählten behandlern bzw. der von ihm gewählten apotheke aus unfallfürsorgemitteln zu erstatten hat. hiermit begehrt er die feststellung des bestehens eines konkreten, einzelgerichteten außen-rechtsverhältnisses im sinne von § 43 abs. 1 vwgo. der kläger ist als empfänger von unfallfürsorge von seiten des beklagten landes als dienstherr seit 1963 an einem dauer-rechtsverhältnis beteiligt, in dessen rahmen regelmäßig bzw. andauernd verwaltungsverfahren geführt werden, in denen über die ihm zu gewährende unfallfürsorge gemäß §§ 30 ff. beamtenversorgungsgesetz für das land nordrhein-westfalen (lbeamtvg) bzw. zuvor beamtenversorgungsgesetz (beamtvg) entschieden wird. soweit sich dies – vorbehaltlich der umstände des einzelfalls, die eine vom regelfall abweichende einschätzung gebieten mögen – generell im vorhinein sagen lässt, handelt es sich um ein der feststellung fähiges rechtsverhältnis. 128der kläger hat ein berechtigtes interesse an dieser feststellung, da ihm in den letzten jahren – aus den verwaltungsvorgängen ersichtlich – fahrtkosten in erheblichem umfang entstanden sind, die u.a. aus dem aufsuchen der hier im streit stehenden behandler bzw. der n1. -apotheke entstanden sind. das lbv hat zwar in den in diesem klageverfahren einschlägigen verwaltungsverfahren (sowie den verwaltungsverfahren, die zu den parallelverfahren 23 k 4382/13, 4383/13, 4384/13, 4385/13, 4653/13, 4655/13, 4656/13 sowie 7835/13 geführt haben) letztlich in den widerspruchsbescheiden aus gründen des vertrauensschutzes alle fahrtkosten ohne kürzungen übernommen. dem gesamtzusammenhang ist jedoch zu entnehmen, dass dies letztmalig erfolgt und das lbv beabsichtigt, bei den nächsten anträgen auf erstattung von kosten der heilbehandlung aus mitteln der unfallfürsorge die fahrtkosten nur noch in dem umfang zu übernehmen, wie es in den ausgangsbescheiden, die zu den widerspruchsverfahren geführt haben, geregelt worden war. es ist deshalb nachvollziehbar, dass der kläger wissen möchte, was er an erstattung zu erwarten hat, bevor er die entsprechenden fahrten unternimmt. er muss die möglichkeit erhalten, sein verhalten an der zu erwartenden erstattung auszurichten. trifft die auffassung des lbv zu den fahrtkosten zu, hat er die wahl, einen näher gelegenen behandler bzw. eine nähere apotheke zu akzeptieren oder bei seinen bisherigen behandlern bzw. der n3. zu bleiben und die differenz bei den fahrtkosten selbst zu tragen. es ist ihm insofern nicht zuzumuten, den nachträglichen rechtsschutz abzuwarten, indem er einen kostenerstattungsantrag beim lbv hinsichtlich fahrtkosten einreicht und gegen die entscheidung nach widerspruchsverfahren klage zum verwaltungsgericht (vg) erhebt. denn angesichts der verfahrensabläufe beim lbv und den (mittlerweile schon deutlich kürzeren) verfahrenslaufzeiten beim vg muss der kläger gegebenenfalls mehrere jahre auf eine klärung warten. dieses klageverfahren geht letztlich auf fahrtkosten zurück, deren erstattung der kläger ursprünglich ab dem jahr 2009 beantragt hat. ein mehrjähriges fahren zur heilbehandlung auf unsicherer erstattungs-grundlage mit dem entsprechenden kostenrisiko ist dem kläger nicht zuzumuten. 129die feststellungsklage ist nicht nach § 43 abs. 2 vwgo wegen deren subsidiarität ausgeschlossen. der kläger kann seine rechte nicht durch gestaltungs- oder leistungsklage verfolgen, insbesondere weder durch verpflichtungs- noch durch anfechtungsklage. eine verpflichtungsklage ist nur denkbar, wenn in einem konkreten verfahren, in dem es um kostenerstattung im wege der unfallfürsorge geht, ein verpflichtungsurteil möglich ist, mit dem der kläger sein ziel erreichen kann. im moment der klageerhebung war kein unfallfürsorge-antrag des klägers erkennbar, mit dem fahrtkosten geltend gemacht wurden. der kläger erstrebt zudem keine einzelfallentscheidung, die allein ein solches verpflichtungsurteil zu einem konkreten kostenerstattungsantrag ihm verschaffen könnte, sondern eine generelle zukunftsorientierte klärung, die das lbv bindet und ihn vor den zufällen wechselnder sachbearbeitung oder sich ändernder verwaltungspraxis bzw. von rechtsauffassungen des amtes schützt. mit einer anfechtungsklage kann er sein ziel der zukunftsorientierten klärung der zu erstattenden fahrtkosten, um sein verhalten danach auszurichten, schon gar nicht erreichen. abgesehen davon ist auch kein den kläger beschwerender verwaltungsakt ersichtlich, den er anfechten könnte. der mit der von ihm selbst erstellten ursprünglichen klageschrift vom 15. mai 2013 angefochtene widerspruchsbescheid vom 15. april 2013 (sowie die übrigen widerspruchsbescheide vom 10. und 15. april 2013) beschwert den kläger nicht und enthält überhaupt keine ihm negative regelung zu den fahrtkosten. diese wurden vielmehr vollständig übernommen. eine auf die zukunft bezogene regelung (oder schlichte aussage bzw. ankündigung künftigen verhaltens ohne regelungscharakter) ist darin nicht enthalten. allein den gesamtumständen ist zu entnehmen, dass das lbv wohl vorhatte, nach abschluss der widerspruchsverfahren, die zu den klageverfahren 23 k 4382/13, 4383/13, 4384/13, 4385/13, 4653/13, 4654/13, 4655/13, 4656/13 sowie 7835/13 geführt haben, die praxis der erstattung der fahrtkosten umzustellen und insbesondere keinen vertrauensschutz mehr zu gewähren. 130die feststellungsklage ist auch im übrigen zulässig, insbesondere ist eine klagebefugnis analog § 42 abs. 2 vwgo gegeben, da es möglich ist, dass dem kläger ein anspruch auf die begehrte feststellung zusteht. 131ii. 132die feststellungsklage ist jedoch nicht begründet. der kläger hat keinen anspruch auf die begehrte feststellung. das lbv ist nicht generell verpflichtet, dem kläger die kosten für fahrten 133 zur n1. -apotheke in t. -x. , 134 zur orthopädischen praxis dres. med. q. und p. in e1. , 135 zur i. s1. orthopädie-technik gmbh in e1. 136 und zur radiologischen praxis dres. med. n2. , s2. , t1. u.a. in e1. 137aus unfallfürsorgemitteln zu erstatten. 138diese verpflichtung könnte sich – bei vorliegen der voraussetzungen im einzelfall, aufgrund von tatsächlich durchgeführten fahrten und mithin tatsächlich entstandenen aufwendungen des klägers – allein aus § 33 lbeamtvg in verbindung mit § 8 der verordnung zur durchführung des § 33 des beamtenversorgungsgesetzes (heilverfahrensverordnung – heilvfv) ergeben. das am 1. juni 2013 in kraft getretene lbeamtvg ist ab diesem zeitpunkt anwendbar. ob die fahrtkosten sich – hinsichtlich der zeit vor und/oder nach dem 1. juni 2013 – nach § 33 lbeamtvg oder § 33 beamtvg (des bundes, i. d. f. vom 31. august 2006, vgl. § 108 beamtvg) richten, kann offenbleiben, da die vorschriften insofern identisch sind. gleiches gilt für die heilvfv, welche durch art. 5 nr. 1 lit. c des dienstrechtsanpassungsgesetzes für das land nordrhein-westfalen vom 16. mai 2013 (danpg, gv.nrw. 2013, s. 233) in landesrecht überführt worden ist. (nachfolgend wird bei den gesetzesbezeichnungen nur „lbeamtvg“ bzw. „heilvfv“ genannt, soweit beide gesetze bzw. verordnungen gleichlautend sind.) 139die voraussetzungen einer erstattung von fahrtkosten zu den genannten behandlern bzw. der n1. -apotheke liegen jedoch nicht generell – vorbehaltlich besonderer gründe im einzelfall – vor. 140gemäß § 30 abs. 1 satz 1 beamtvg wird einem beamten unfallfürsorge gewährt, wenn dieser durch einen dienstunfall verletzt worden ist. dies umfasst nach § 30 abs. 2 nr. 2 beamtvg das heilverfahren. das heilverfahren wiederum erstreckt sich gemäß § 33 abs. 1 beamtvg auf die notwendige ärztliche behandlung (nr. 1), die notwendige versorgung mit arznei- und anderen heilmitteln, ausstattung mit körperersatzstücken, orthopädischen und anderen hilfsmitteln, die den erfolg der heilbehandlung sichern oder die unfallfolgen erleichtern sollen (nr. 2) sowie die notwendige pflege (nr. 3). unter die ärztliche behandlung fallen sämtliche vom arzt oder zahnarzt vorgenommenen oder schriftlich angeordneten heilbehandlungen, 141brockhaus, in: schütz/maiwald, beamtenversorgungsgesetz, stand märz 2014, § 33 rn. 22. 142wie z. b. auch verordnete physiotherapie oder ähnliches.gemäß § 33 abs. 5 lbeamtvg regelt die bundesregierung durch rechtsverordnung mit zustimmung des bundesrates die durchführung der heilbehandlung gemäß § 33 lbeamtvg. insofern ist die in landesrecht überführte heilvfv ergangen, die die einzelheiten zur kostenerstattung bei durchführung des heilverfahrens im rahmen der unfallfürsorge regelt. zu den zu erstattenden kosten der heilbehandlung gehören nach § 8 heilvfv auch die fahrtkosten.gemäß § 8 abs. 1 heilvfv werden die kosten für die benutzung von beförderungsmitteln erstattet, wenn die benutzung aus anlass der heilbehandlung notwendig war (satz 1). nach satz 2 richtet sich die höhe der zu erstattenden kosten nach den vorschriften über fahrkostenerstattung des bundesreisekostengesetzes oder den entsprechenden landesrechtlichen vorschriften. kosten für die benutzung öffentlicher verkehrsmittel und sonstige nebenkosten werden auch dann erstattet, wenn die heilbehandlung am wohnort des verletzten durchgeführt wird.(... abs. 2 - abs. 4 ...) 143die erstattung von fahrtkosten gemäß § 33 abs. 1 lbeamtvg in verbindung mit § 8 abs. 1 heilvfv setzt damit voraus, dass es sich um vom beamten tatsächlich durchgeführte fahrten zu notwendigen maßnahmen der heilbehandlung im sinne von § 33 lbeamtvg handelt, die nach art und umfang der fahrten ihrerseits notwendig waren. zugleich müssen die fahrtkosten auch nach ihrem aufwand und den entsprechenden kosten nicht übermäßig, also auch angemessen (§ 1 abs. 1 heilvfv), sein. bei der beurteilung der notwendigkeit und angemessenheit handelt es sich um eine rechts- und tatsachenfrage, die uneingeschränkter verwaltungsgerichtlicher nachprüfung ohne behördlichen ermessens- oder beurteilungsspielraum unterliegt, 144brockhaus, a. a. o., rn. 17 m. w. n.; urteil des einzelrichters vom 27. januar 2014 145die prüfung der notwendigkeit und angemessenheit von fahrtkosten zur unfall-heilbehandlung im sinne von §§ 33 lbeamtvg, 8 heilvfv hat sich auf ob und wie zu erstrecken, also auf die fragen, 1. welche heilbehandlung erforderlich und angemessen ist, 2. bei welchem behandler (also auch: an welchem ort) diese zu erfolgen hat, 3. welches verkehrsmittel (mit entsprechenden aufwendungen/ kosten) der betroffene verwendet und gegebenenfalls 4. welchen fahrweg mit den daraus folgenden entfernungsabhängigen kosten der beamte wählt. fahrtkosten sind nach § 8 heilvfv dann zu erstatten, wenn die geltend gemachten fahrtkosten unter allen vier gesichtspunkten notwendig und angemessen sind. 146für die beurteilung der notwendigkeit und angemessenheit ist der dem unfallfürsorgerecht und insbesondere dem teilbereich der erstattung von fahrtkosten innewohnende sparsamkeitsgrundsatz zu berücksichtigen. was kosten erzeugt und nicht geboten – also notwendig – ist, ist zu unterlassen. dies deckt sich in bezug auf die fahrtkosten mit dem reisekostenrecht, auf welches § 8 abs. 1 satz 2 heilvfv bezug nimmt. für das reisekostenrecht ist anerkannt, dass das dort ebenfalls geltende sparsamkeitsgebot nicht unbeschränkt gilt. es darf insbesondere nicht ohne jede rücksicht auf den dienstreisenden und dessen persönliche belange durchgesetzt werden. insoweit findet es in der fürsorgepflicht eine grenze, jenseits derer es dem dienstherrn verboten ist, den dienstreisenden im interesse der einsparung von reisekosten finanziellen oder persönlichen belastungen auszusetzen, die nicht in einem angemessenen verhältnis zu der zu erzielenden kostenersparnis stehen. 147vgl. bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteile vom 3. februar 1982 – 6 c 194/80 –, bverwge 65, 14 ff. (auch juris, dort rn. 14), und vom 21. juni 1989 – 6 c 4/87 –, bverwge 82, 148 ff. (auch juris, dort rn. 20). 148diese grundsätze sind auf die frage der erstattungsfähigkeit von fahrtkosten zur heilbehandlung in der unfallfürsorge zu übertragen. grundsätzlich besteht damit für den unfallverletzten das gebot, die fahrtkosten zur heilbehandlung möglichst gering zu halten. das gebot ist jedoch mit der fürsorgepflicht des dienstherrn abzuwägen. jede „zumutung“, die dem beamten mit dem ziel der kosteneinsparung abverlangt wird, ist darauf zu überprüfen, ob die damit verbundenen belastungen und nachteile für die berechtigten interessen des beamten zumutbar sind. mithin hat jede entscheidung über die fahrtkosten das medizinisch erforderliche, die dadurch verursachten kosten und die berechtigten interessen des beamten in den blick zu nehmen. 149ist ein (geeigneter, fachkundiger) behandler am wohnort des betroffenen nicht verfügbar, ist ersichtlich, dass auch die fahrtkosten zum nächstgelegenen kompetenten behandler übernommen werden müssen. bei entsprechender medizinischer indikation kann damit auch der weg zu einer gegebenenfalls weit entfernten „koryphäe“ notwendig und angemessen sein, wenn allein dieser spezialist über die erforderliche fachkunde verfügt. 150vgl. zu diesen fragen bayerischer verwaltungsgerichtshof (bayvgh), beschluss vom 22. oktober 2010 – 3 zb 10.1676 –, juris rn. 2, 5 ff. 151es kann aufgrund besonderer umstände auch eine auswärtige behandlung notwendig sein, obwohl ein wohnortnäherer behandler vorhanden ist, z. b. wenn zu einem auswärtigen arzt ein besonderes vertrauensverhältnis besteht und ohne dieses vertrauensverhältnis die aussicht auf behandlungserfolg ernstlich in zweifel gestellt wäre, 152vgl. bayvgh, a. a. o., rn. 12. 153bei alledem ist dem beamten abzuverlangen, dass er – soweit möglich und zumutbar – seine lebensgewohnheiten und sein (fahr-)verhalten an die gesundheitlichen beeinträchtigungen anpasst. deshalb trifft ihn gewissermaßen eine schadensminderungspflicht in der weise, dass er sich kostenbewusst und möglichst sparsam zu verhalten hat, 154verwaltungsgericht (vg) münchen, urteil vom 10. oktober 2006 – m 5 k 06.885 –, juris rn. 14. 155diese schadensminderungspflicht wirkt sich derart aus, dass der beamte – soweit möglich und zumutbar – fahrten zur heilbehandlung so zu organisieren und zu koordinieren hat, dass die kosten möglichst gering zu halten sind. 156die notwendigkeit und angemessenheit von fahrtkosten ist – wie bei der heilbehandlung als solcher – zunächst nach objektiven maßstäben zu beurteilen. jedoch tritt zu der objektiv festzustellenden notwendigkeit auch eine subjektiv durch die sicht des durch einen dienstunfall verletzten beamten geprägte „notwendigkeit“ hinzu: die erstattung von aufwendungen für eine objektiv nicht notwendige behandlung bzw. objektiv nicht notwendige fahrtkosten kommt in betracht, wenn sie der beamte nach seinem erkenntnisstand, insbesondere nach ärztlichem rat und unter berücksichtigung des verhaltens der dienstbehörde, vertretbar für notwendig halten durfte, 157vgl. verwaltungsgerichtshof (vgh) baden-württemberg, urteil vom 16. april 1991 – 4 s 885/90 –, juris, leitsatz; brockhaus, a. a. o., rn. 23; plog/wiedow/lemhöfer/bayer, bbg/beamtvg, § 33 beamtvg, rn. 43; gköd, beamtenrecht des bundes und der länder, band iii (versorgungsrecht), § 33 beamtvg, rn. 14 (erstattungsanspruch hinsichtlich ärztlich angeordneter behandlung bis zum zeitpunkt der zustellung einer ablehnenden entscheidung des dienstherrn. 158schon die spezielle regelung in § 4 abs. 1 satz 2 heilvfv zeigt, dass in bestimmten fällen auch eine objektiv nicht notwendige heilbehandlung (hier: die vom beamten angezeigte behandlung im krankenhaus, zu der die dienstbehörde aufgrund ärztlichen gutachtens entschieden hat, dass diese nicht notwendig ist) als unfallfürsorge zu übernehmen ist („bis zum ablauf des auf den tag der zustellung der entscheidung folgenden tages“). dies verdeutlicht, dass die frage der notwendigkeit einer heilbehandlung in der unfallfürsorge gemäß § 33 beamtvg aspekte wie eine angemessene risiko- (bzw. kosten-) -verteilung zwischen dem unfallverletzten beamten und dem dienstherrn sowie zugunsten des beamten vertrauensschutz und zumutbarkeit berücksichtigt. das folgt auch aus der struktur des heilverfahrens in der unfallfürsorge: im grundsatz hat der unfallverletzte beamte gegen den dienstherrn den anspruch auf „das heilverfahren“ als dessen unfallfürsorge. das heilverfahren führt der dienstherr entweder unmittelbar selbst durch – wie in nrw z. b. bei polizeibeamten, für die im grundsatz die „polizeiärzte“ des polizeiärztlichen dienstes für das heilverfahren auch nach dienstunfällen zuständig sind – oder es läuft im wege der vorwiegend anzutreffenden kostenerstattung, die auch die heilvfv als regelfall voraussetzt: der beamte sucht wegen der gesundheitsstörungen, die er für unfallbedingt hält, die aus seiner sicht fachkundigen ärzte auf und lässt sich dort untersuchen und behandeln. die dabei entstehenden kosten („aufwendungen“) macht er bei seinem dienstherrn als unfallfürsorge geltend und erhält erstattung. wird das heilverfahren in diesem (regel-)fall nicht unmittelbar durch den dienstherrn gewährt, überlässt dieser zwangsläufig dem beamten die entscheidung, welche heilbehandlung er aus anlass seiner verletzung oder erkrankung in anspruch nehmen will. dabei muss der beamte sich in der regel auf den rat des behandelnden arztes (sowie seinen eigenen kenntnisstand) verlassen. es wäre mit dem zweck der unfallfürsorge unvereinbar, wenn der dienstherr, statt hierüber bei unmittelbarer durchführung des heilverfahrens selbst zu entscheiden, dem beamten das risiko einer vertretbaren fehleinschätzung über die notwendigkeit einer maßnahme aufbürden würde. deshalb ist die subjektive, aber vertretbare einschätzung des beamten über die notwendigkeit einer heilbehandlung auch durch den dienstherrn zu beachten. 159vgl. vgh baden-württemberg, a. a. o., rn. 19; stegmüller/schmalhofer/bauer, beamtvg, kommentar, hauptband i, § 3 vo zu § 33, erl. 6. 160diese erwägungen lassen sich in gleicher weise auf die fahrtkosten übertragen: würde der dienstherr das heilverfahren selbst organisieren und so unfallfürsorge leisten, so würde der dienstherr den fachkundigen behandler/arzt auswählen, hiermit den ort der heilbehandlung bestimmen, den transport dorthin übernehmen und die kosten bei eigener durchführung des transports (oder entsprechenden aufträgen bzw. vertragsbeziehungen) dann auch tragen. überlässt der dienstherr dem beamten die auswahl von behandlung, behandler und behandlungsort bzw. wahl von verkehrsmittel oder weg dorthin, hat er auch das risiko vertretbarer fehleinschätzungen des beamten zu tragen. 161den insofern maßgeblichen kenntnisstand des beamten zum zeitpunkt seiner entscheidung, eine bestimmte maßnahme der heilbehandlung in anspruch zu nehmen, hat dieser substantiiert darzutun und gegebenenfalls nachzuweisen. 162vgh baden-württemberg, ebenda. 163insofern nur die heilbehandlung (bzw. die fahrtkosten) von der unfallfürsorge zu übernehmen ist (bzw. sind), die der beamte vertretbar für notwendig halten durfte, ist in bezug auf das vom beamten zu erwartende wissen auf einen sorgfältigen beamten mit seiner dienststellung entsprechendem durchschnittlichen bildungsniveau abzustellen. zugleich ist der – gegebenenfalls auch aus dem unfall und dessen behandlung folgende – spezielle wissenshorizont des verletzten zu berücksichtigen. dies ermöglicht es, missbrauch zu verhindern, in der weise, dass unfallverletzte beamte behandlungskosten von offensichtlich mit dem unfall nicht im zusammenhang stehenden erkrankungen der unfallfürsorge „unterzuschieben“ versuchen, in dem sie eine entsprechende subjektive sichtweise vortragen. in dieser geforderten vertretbarkeit der einschätzung des beamten liegt das wertungsmäßige korrektiv gegenüber ausufernden ansprüchen gegen die unfallfürsorge. für die fahrtkosten gilt insofern, dass es dem beamten natürlich verwehrt sein muss, dass dieser in missbräuchlicher absicht, die fahrtkosten zu seinem urlaub „in garmisch-partenkirchen“ als fahrtkosten zur heilbehandlung geltend macht, weil er dort einen termin beim orthopäden habe. bestehen hierfür anhaltspunkte ist es der behörde erlaubt, die notwendigkeit der fahrtkosten in frage zu stellen und es ist sache des unfallfürsorge-empfängers, darzulegen, warum diese fahrt notwendig und angemessen war. 164bei alledem ist zu berücksichtigen, dass beamte regelmäßig medizinische laien sind, die insofern über kein wissen oder nur über „halbwissen“ verfügen, und zudem in den meisten fällen erstmals in ihrer laufbahn mit einem schwerwiegenden dienstunfall und dessen folgen konfrontiert sind. dementsprechend sind ihnen die regeln, abläufe und üblichkeiten der unfallfürsorge und speziell der heilbehandlung nach § 33 beamtvg in verbindung mit der heilvfv meist nicht geläufig. manches ist für den sachbearbeiter in der für die unfallfürsorge zuständigen stelle des dienstherrn selbstverständlich, für den unfallverletzten jedoch unbekannt, unvorstellbar oder zumindest überraschend. bei allem handelt es sich verwaltungsseitig letztlich um massenverwaltung, wobei – wie in der beihilfe oder dem recht der gesetzlichen krankenversicherung – ihrerseits typischerweise nicht ärztlich qualifizierte sachbearbeiter in kurzer zeit eine vielzahl von einzelfällen in praktikabler weise bearbeiten und entscheiden müssen. diesem „massencharakter“ steht die sichtweise des unfallverletzten beamten gegenüber, für den es sich meist um ein singuläres, nicht selten traumatisch erlebtes ereignis hoher bedeutung handelt und der diesem entsprechend hohe wichtigkeit beimisst. 165vgl. insgesamt zur frage der beachtlichkeit der einschätzung des beamten urteile des einzelrichters vom 27. januar 2014 – 23 k 7149/09 – und – 23 k 6114/10 –, www.nrwe.de. 166bestehen für den beamten zweifel an der notwendigkeit einer maßnahme oder einer entsprechenden fahrt zu einer heilbehandlung bzw. müssen sich ihm diese zweifel bei objektiver betrachtung aufdrängen, so steht es ihm frei, diese zweifel vorab einer klärung durch den dienstherrn zuzuführen. bei bestimmten maßnahmen ist die vorab-bewilligung auch gesetzlich vorgeschrieben (§ 6 heilvfv: kurkrankenhaus oder sanatorium; § 7 heilvfv: hilfsmittel und deren zubehör). unterlässt der beamte (bei zweifeln) eine mögliche vorab-klärung, so trägt er das risiko, dass ihm entstandene aufwendungen letztlich nicht erstattet werden. 167vgl. hierzu bayvgh, a. a. o., juris rn. 4. 168zugleich ist zu beachten, dass die behörde natürlich bei zweifeln an der notwendigkeit von fahrtkosten moderne it-mittel einsetzen kann, um alternative ortsansässige bzw. ortsnähere behandler zu ermitteln (im internet „googlen“). sie darf es sich jedoch – im ergebnis – nicht so einfach machen, wie es hier teilweise erfolgt ist: macht der beamte – wie hier – z. b. fahrtkosten zu einem spezialisierten professor am „traumatologischen zentrum p1. -h3. “ geltend, ist es nicht angängig, den unfallverletzten nach internet-recherche auf das terminologisch gleichbenannte „traumatologische zentrum i1. “ zu verweisen, da vollkommen offen ist, ob der beamte dort die heilbehandlung bzw. fachkompetenz erhalten kann, wegen der er sich nach p1. -h3. begeben hat. ebenso ist es nicht angängig, ein opfer eines dienstunfalles, das beim chefarzt einer orthopädischen klinik eines krankenhauses zur beratung im hinblick auf eine mögliche operation vorstellig wird, im hinblick auf die fahrtkosten auf einen ortsansässigen niedergelassenen orthopäden zu verweisen. begibt sich der verletzte wegen spezieller fachkunde in die behandlung des „fußpapstes“ in der berufsgenossenschaftlichen unfallklinik (bgu) in g. a.m. ist es nicht angängig, ihn schlicht wegen der bezeichnungsähnlichkeit auf eine fahrt in die bgu e. zu verweisen. solche methoden greifen zu kurz und verletzen die (fürsorge-)pflicht des dienstherrn zur unfallfürsorge für die opfer von dienstunfällen. zugleich ist die für die unfallfürsorge zuständige behörde natürlich befugt, die frage an den beamten zu richten, ob eine bestimmte heilbehandlung überhaupt erforderlich ist, warum diese bei einem bestimmten, weiter entfernten behandler erfolgt oder ähnliches. es ist dann sache des beamten, hierzu vorzutragen. letztlich ist bei entsprechender (wahrheitsgemäßer) begründung alles denkbar. 169vorab ist darauf hinzuweisen, dass die geltendmachung von fahrtkosten durch den kläger im wege der unfallfürsorge als erstattung von kosten der heilbehandlung gemäß § 33 lbeamtvg nicht deshalb zweifelhaft ist, weil die mehraufwendungen des klägers in gestalt von durch die unfallfolgen verursachten fahrtkosten (zur heilbehandlung) durch den dem kläger vom beklagten land ebenfalls gewährten unfallausgleich nach § 33 lbeamtvg abgegolten wären. zwar handelt es sich beim unfallausgleich um einen (pauschalierten) ersatz echter mehraufwendungen einschließlich sonstiger immaterieller einbußen und unannehmlichkeiten, die durch eine wesentliche minderung der erwerbsfähigkeit des unfallgeschädigten beamten erfahrungsgemäß eingetreten sind. 170vgl. brockhaus, in: schütz/maiwald, beamtenversorgungsgesetz, stand märz 2014, § 35, rn. 8. 171der unfallausgleich entspricht jedoch strukturell der erwerbsminderungsrente der gesetzlichen rentenversicherung und gleicht unbenannte mehraufwendungen und mehrkosten aus, für die keine spezielle anspruchsgrundlage besteht. die hier im streit stehenden fahrtkosten sind jedoch als anspruch des unfallverletzten in § 8 heilvfv als konkretisierung des anspruchs auf erstattung von kosten der heilbehandlung gemäß § 33 lbeamtvg normiert. es kommt damit nur auf die voraussetzungen von § 8 heilvfv an. 172bei anwendung der dargestellten grundsätze ist die (generelle) feststellung, dass die fahrtkosten zu den im antrag des klägers genannten behandlern bzw. der n1. -apotheke aus unfallfürsorgemitteln erstattungsfähig sind, nicht zu treffen und die klage war entsprechend abzuweisen. dies bedeutet nicht, dass aufgrund der besonderen umstände einer speziellen situation auch fahrten an diese orte notwendig und die entsprechenden fahrtkosten erstattungsfähig sein können. dies lässt sich jedoch nicht vorab und generalisierend feststellen. 173zwischen den beteiligten ist nicht im streit, dass der kläger außerstande ist, mit öffentlichen verkehrsmitteln zu fahren. hierzu sind auch ärztliche atteste in den verwaltungsvorgängen. die benutzung seines personenkraftwagens ist damit notwendig. ebenfalls notwendig ist die begleitung durch seine ehefrau, die zeugin f. , weil er gesundheitlich schon nicht mehr in der lage ist, den pkw zu führen. die notwendigkeit der begleitung ist dem schwerbehindertenausweis des klägers zu entnehmen. sie fährt ihn und ist ihm auch ansonsten beim wechsel zwischen rollstuhl und pkw behilflich. dies macht die kosten für die benutzung eines pkw notwendig. 174im einzelnen zu den fahrtzielen: 1751.176n1. -apotheke 177der kläger hat keinen anspruch auf die feststellung, dass die fahrten zur rezepteinlösung zur n1. -apotheke zu erstatten sind. denn fahrten zu dieser in t. -x. , g4. -f2. -straße 99, gelegenen apotheke sind nicht – generell – notwendig. 178grundsätzlich können fahrten zur apotheke mit dem zweck, verordnete medikamente („arzneimittel“ gemäß § 33 abs. 1 nr. 2 lbeamtvg, § 3 abs. 1 lit. b heilvfv) zu kaufen, als teil der kosten der heilbehandlung erstattungsfähig sein. dabei ist natürlich zu beachten, dass nur tatsächlich erfolgte fahrten „abgerechnet“ werden können. der kläger hat nach aktenlage in der vergangenheit dem nicht immer entsprochen, wenn er für jedes eingereichte rezept (also die ärztliche verordnung eines arzneimittels) eine fahrt zur apotheke angesetzt hat, unabhängig davon, ob nicht mehrere rezepte gemeinsam gekauft worden sind. von dieser unredlichen praxis (beispiel anführen?) hat er zum glück seit längerem abstand genommen. solches lässt sich durch auf den rezepten ersichtliche bezugsdaten in der apotheke mittlerweile recht gut nachvollziehen. 179jedoch ist die frage zu stellen, warum der erwerb von arzneimitteln in einer apotheke nicht im zusammenhang mit arztbesuchen, deren kosten von der unfallfürsorge getragen werden, erledigt wird. denn typischerweise befinden sich im umfeld von arztpraxen (oder gar „ärztehäusern“) auch apotheken. es kann auch im zusammenhang mit sonstigen besorgungen oder erledigungen des täglichen lebens, wie einkäufen usw., geschehen, sodass keine zusätzlichen kosten anfallen. deshalb sind fahrtkosten zur apotheke regelmäßig nicht erstattungsfähig, es sei denn, es ergibt sich aus den umständen des einzelfalls, dass eine solche, keine zusätzlichen kosten verursachende „mit-erledigung“ ausnahmsweise nicht möglich war. dem beamten ist es regelmäßig zumutbar, seine apothekeneinkäufe zur vermeidung unnötiger kosten mit anderen erledigungen durch ihn oder seine familienmitglieder abzustimmen. 180vgl. vg münchen, a. a. o., rn. 16; vg ansbach, urteil vom 23. september 2008 – an 1 k 07.03486 –, juris rn. 188. 181im fall des klägers ist es ihm zumutbar, die apothekeneinkäufe ohne zusätzliche kosten selbst oder durch seine ehefrau im zusammenhang mit anderen erledigungen durchführen zu lassen. nur 400 – 500 m von seiner wohnung in der h.--straße 51 in t. befindet sich auf der h5. straße das sog. h2. -zentrum, wo sich sowohl die h2. -apotheke als auch die st. n4. -apotheke befinden. diese apotheken lassen sich im zusammenhang mit den besuchen des klägers bei seinen ebenfalls im h2. -zentrum befindlichen ärzten dr. med. h4. (internist) und dr. med. k. (orthopäde) oder besorgungen des täglichen lebens im „kaufpark“ im h2. -zentrum bzw. aldi oder lidl auf der h5. straße verbinden. das h2. -zentrum ist derart nah gelegen, dass schon nicht ersichtlich ist, wieso dorthin eine fahrt mit dem pkw erforderlich sein sollte. die ehefrau des klägers allein (oder mit ihm, den sie im rollstuhl über diese distanz wohl schieben könnte) wird diesen weg, soweit erkennbar, auch zu fuß bewältigen können. fahrtkosten zu den apotheken im h2. -zentrum (sowie zu dr. h4. oder zu dr. k. ) dürften unabhängig vom gedanken der verbindung mit anderen erledigungen somit wohl nicht anfallen, jedenfalls nicht mit einer distanz von „4 km“, wie der kläger in seinen aufstellungen über die fahrtkosten für die h2. -apotheke, den internisten dr. med. h4. und den orthopäden dr. med. k. bisher regelmäßig angegeben hat. die h2. -apotheke hat der kläger den vorgelegten aufstellungen über die fahrtkosten auch in der vergangenheit gelegentlich aufgesucht. 182auch die vom kläger angeführten gründe für sein aufsuchen gerade der n1. -apotheke (mit einer distanz von 11 km, also fahrtkosten von 0,30 euro/km x 11 km = 3,30 euro kosten/fahrt) begründen nicht die notwendigkeit von fahrten dorthin.allein der umstand, dass der kläger dort seit langem kunde ist, reicht nicht aus. dies ist ein „wohlfühl-faktor“, der nicht dazu führt, dass der betroffene diese fahrten erstattet erhält.der umstand, dass der kläger von der betreiberin der n1. -apotheke, frau g2. g3. , aus seiner sicht besonders kompetente beratung zu den vielfältigen, ihm verordneten medikamenten erhält, macht die fahrten zur n1. -apotheke nicht notwendig. zwar ist im fall des klägers, der nach der von ihm vorgelegten aufstellung über die verordneten und genommenen medikamente (26 medikamente täglich, 1 medikament 1 x wöchentlich sowie schmerzmittel bei bedarf, vgl. bl. 157 f. der gerichtsakte zu 23 k 4382/13) außergewöhnlich viele medikamente gleichzeitig einzunehmen hat, sicher ein besonders komplexer fall für einen apotheker gegeben: es ist hinsichtlich verträglichkeit der medikamente und insbesondere zu deren wechselwirkungen zu beraten. diese beratung ist aber gerade der grund, warum die abgabe von verschreibungspflichtigen medikamenten dem staatlich reglementierten freien beruf des apothekers vorbehalten ist und diese nicht im supermarkt oder drogeriemarkt vertrieben werden dürfen. der akademisch auf hohem niveau mit pharmazie-studium qualifizierte apotheker muss hierzu in der lage sein. gerade hierfür gibt es ihn und dies rechtfertigt die berufsbeschränkenden regelungen für abgabe und vertrieb von arzneimitteln. es ist zugleich nicht ersichtlich, dass andere apotheker als die betreiberin der n1. -apotheke nicht in der lage oder bereit wären, die beratungsleistung zu erbringen, die der kläger bisher dort erhalten hat. insbesondere in bezug auf den vom kläger genannten monatlichen umsatz von ca. 800 bis 1000 euro für arzneimittel dürfte sich auch ein qualifizierter apotheker finden lassen, der bereit ist, dafür die entsprechende zeit und mühe aufzuwenden. 183das hauptargument des klägers zum aufsuchen gerade der n1. -apotheke in t. -x. , dass ihm dort kredit bis zur erstattung durch das lbv eingeräumt werde, greift ebenfalls nicht durch. hierzu hat die apothekerin g3. unter dem 4. august 2014 bestätigt, dass sie ihm für die begleichung der kosten seiner medikamente ein längeres zahlungsziel – regelmäßig bis zur erstattung durch den kostenträger – einräume. der kläger hat vorgetragen, in der h2. - und der st. n4. -apotheke (beide im von seiner wohnung nahegelegenen h2. -zentrum) sei dies auf nachfrage abgelehnt worden.diese umstände sind unbeachtlich. es ist dem kläger – wie jedem empfänger von unfallfürsorge oder beihilfe vom beklagten land – zumutbar, in gewissem umfang kosten der heilbehandlung bis zur erstattung vorzufinanzieren. dies gilt auch in ansehung der beim kläger vorliegenden besonderen umstände. offensichtlich ist sein medikamentenbezug mit dem regelfall eines beihilfeempfängers oder auch eines dienstunfallverletzten beamten nicht vergleichbar, wenn es zutrifft, dass er 800 bis 1000 euro monatlich an arzneimittelkosten aufzuwenden hat. jedoch ist nicht festzustellen, dass der kläger in dieser situation zwingend auf einen „kredit“ der apotheke angewiesen ist. zunächst ist es ihm möglich und zuzumuten, die rezepte über erworbene medikamente zeitnah und regelmäßig beim lbv zur erstattung einzureichen. so ermöglicht er es dem lbv, häufig und mit geringerem punktuellem arbeitsaufwand eine erstattung von arzneimittelkosten vorzunehmen. weiter kann er auf diese weise versuchen, einen gegebenenfalls verzögerten, aber regelmäßigen zahlungsfluss zu bewirken und zu erleichtern. unabhängig hiervon hat der kläger überhaupt nicht substantiiert vorgetragen, dass ihm die vorfinanzierung der arzneimittelkosten nicht möglich ist. aus dem verfahren 23 l 1532/09 ist gerichtsbekannt, dass der kläger ein monatliches netto-einkommen von über 5000 euro hat. dies schafft für ihn gewisse spielräume. sollte es für ihn durch belastungen mit arzneimittelkosten oder sonstige kosten der heilbehandlung tatsächlich wegen der – derzeit nach dem eindruck des einzelrichters tatsächlich relativ katastrophalen – bearbeitungszeiten in der unfallfürsorgeabteilung des lbv einmal zu finanziellen engpässen kommen, so ist er in der lage, einstweiligen rechtsschutz in anspruch zu nehmen, wie er es jüngst erfolgreich mit dem verfahren 23 l 1941/14 praktiziert hat. 184hinzu kommen die folgenden hilfserwägungen, die ebenfalls dagegen sprechen, dass die fahrtkosten zur n1. -apotheke generell zu übernehmen sind: die ehefrau des klägers hat angegeben, den f3. -markt in der g4. -f2. -straße in t. -x. sehr zu schätzen, dort regelmäßig einzukaufen und dies auch unabhängig von möglichen fahrten zur n1. -apotheke tun zu wollen. ist dies der fall und entstehen dem kläger und seiner ehefrau aufwendungen für die fahrten zu dem f3. -markt, so kann „bei dieser gelegenheit“ auch die n1. -apotheke ohne zusätzliche aufwendungen aufgesucht werden. weiter kann immer dann, wenn es sich nicht um dem btmg unterfallende arzneimittel handelt, auch eine lieferung durch die n1. -apotheke erfolgen, wozu diese nach der bescheinigung der frau g3. vom 4. august 2014 auch bereit zu sein scheint. für einen kunden mit einem monatlichen umsatz von 800 bis 1000 euro dürfte dies auch zu erwarten sein. eventuelle btmg-pflichtige arzneimittel könnte der kläger dann wiederum in einer der nahegelegenen apotheken erwerben. die für ihn relevante und von ihm hochgeschätzte beratung durch die apothekerin g3. könnte er sich zugleich telefonisch erteilen lassen, gegebenenfalls auch unter einbeziehung der wenigen dem btmg unterfallenden medikamente, die sie ihm nicht liefern kann bzw. darf. 185die fehlende erforderlichkeit und angemessenheit der fahrtkosten zur n3. ist auch nicht aus der subjektiven sicht des klägers anders zu beurteilen. er darf (und durfte) diese – auch unter berücksichtigung des verhaltens des lbv, auf das der kläger sich beruft – nicht für erforderlich halten. bei auswertung der umfangreichen verwaltungsvorgänge des lbv ist erkennbar, dass das amt seine zweifel an der erforderlichkeit und angemessenheit der fahrten zur n3. – und der übrigen im streit stehenden fahrtkosten – dem kläger seit langem deutlich mitgeteilt hat. ist der empfänger von unfallfürsorge durch eigene kenntnis bestimmter umstände, die erforderlichkeit und angemessenheit von kosten in frage stellen, bzw. durch eindeutige hinweise der für die unfallfürsorge zuständigen stelle „bösgläubig“ geworden, so darf er ab dann nicht mehr davon ausgehen, dass bestimmte maßnahmen und deren kosten erforderlich und angemessen sind. dies gilt in gleicher weise für die mit der unfallfürsorge-heilbehandlung anfallenden fahrtkosten. 186das lbv hat dem kläger seit 2007 mehrfach unmissverständlich deutlich gemacht, dass es die fahrten zur n3. nicht für erforderlich hält. das amt hat auf gegenvorstellungen, rechtsbehelfe und widersprüche des klägers, der sich regelmäßig auf vertrauensschutz und die bisherige praxis des lbv berufen hat, richtigerweise zunächst „vertrauensschutz“ gewährt und fahrtkosten übernommen. statt dann jedoch konsequent ab einem bestimmten zeitpunkt nur noch die für erforderlich und angemessen gehaltenen fahrtkosten zu übernehmen, ist das amt – teils bedingt durch wechsel in der sachbearbeitung, teils in nicht nachvollziehbarer weise – von der klaren linie wieder abgewichen und hat fahrtkosten (wieder) ungekürzt übernommen. nunmehr ist anscheinend endgültig entschieden worden, letztmalig „vertrauensschutz zu gewähren“, wie es mit den widerspruchsbescheiden vom 10. und 15. april 2013 erfolgt ist. mehr kann der kläger nicht verlangen, auch nicht unter dem gesichtspunkt von vertrauensschutz. denn sein vertrauen auf die praxis des lbv ist seit 2007 erschüttert und damit nicht mehr schutzwürdig. zudem ist das amt, wie es zu recht hervorhebt, an den grundsatz der gesetzmäßigkeit gebunden. es hat bei jedem antrag auf kostenerstattung (gebunden) zu entscheiden. frühere entscheidungen sind ohne bedeutung, soweit sie nicht dazu führen, dass der beamte bestimmte kosten für erforderlich halten darf. dies ist – wie ausgeführt – nicht der fall. 1872.188orthopädiepraxis dres. med. p. und q. 189der kläger hat auch keinen anspruch auf die feststellung, dass das lbv ihm für fahrten zur orthopädie-praxis dres. med. p. und q. , d.--------straße 85, 00000 e1. (-g5. ) die fahrtkosten generell aus unfallfürsorgemitteln zu erstatten hat. 190es ist nicht ersichtlich, dass es notwendig und angemessen ist, dass der kläger sich gerade dort behandeln lässt. 191an der behandlung als solcher hat das lbv keine zweifel angemeldet und trägt die kosten (der seit jahren im wesentlichen zwei mal wöchentlich stattfindenden behandlung) ohne weiteres. der einzelrichter kann jedoch nicht erkennen, dass der kläger die behandlung nicht auch bei niedergelassenen ärzten, insbesondere orthopäden, in t. erlangen kann. besonders kommt die orthopädie-praxis dr. k. hierfür in betracht, die lediglich 400 – 500 m von seiner wohnung entfernt im sog. h2. -zentrum auf der h5. straße belegen ist und die er ohne kosten zu fuß bzw. im rollstuhl geschoben von seiner ehefrau bzw. ohne zusätzliche aufwendungen mit dem pkw, verbunden mit anderen erledigungen des täglichen lebens, mit seiner ehefrau aufsuchen könnte. 192der kläger beruft sich darauf, er sei seit 1966 in behandlung des dr. x1. gewesen, dessen nachfolger dr. q. gewesen sei, welcher dann dr. p. in seine praxis aufgenommen habe. in der gemeinschaftspraxis dres. med. q. und p. sei er deshalb seit sehr langer zeit patient, dort sei seine krankengeschichte mit allen details bekannt und es lägen vielfältige berichte sowie radiologisches bildmaterial dort vor. es bestehe ein vertieftes vertrauensverhältnis. zudem sei dr. med. q. auch neurologisch ausgebildet, was ihm gesonderte termine bei einem neurologen erspare. weiter erhalte er dort sehr unkompliziert und nach seinen wünschen termine, wodurch er dies sehr gut mit vielfältigen anderen behandlungsterminen abstimmen könne; dies sei z. b. bei dr. k. in t. nicht möglich, wo er nur wochen im voraus termine erhalten könne, soweit es sich nicht um notfälle handele. auch könne er in der praxis dr. p. nach der behandlung in einem separaten raum noch ausruhen, wenn ihm nach der behandlung nicht ganz wohl sei.sein vortrag wird insofern durch die bescheinigung der dres. med. p4. und q. vom 1. august 2014 gestützt (beiakte 10 zu 23 k 4382/13, bl. 111), wonach der kläger dort seit februar 1975 ununterbrochen in behandlung sei; sie seien mit seinem krankheitsbild bestens vertraut und es seien eine fülle von röntgenaufnahmen und ärztlichen berichten vorhanden, weshalb ein starkes vertrauensverhältnis bestehe; ein anderer behandler müsse sich bei dem komplizierten krankheitsbild erst einarbeiten und es wären zusätzliche röntgen-, ct- und mrt-aufnahmen sowie knochenszintigramme erforderlich, die den kläger erheblich belasten würden; aufgrund des gesundheitszustandes sei ein arztwechsel nicht zumutbar. 193alle diese argumente führen nicht dazu, dass die fahrten zur praxis dr. med. p. als notwendig und angemessen anzusehen sind. es steht für das gericht nicht fest, dass der kläger gerade dort behandelt werden muss. ihm ist ein wechsel zu einem orthopäden (oder sonstigem behandler) in t. , z. b. dr. med. k. , zumutbar. 194dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich nicht um eine einmalige fahrt (z. b. zu einer nur ein mal jährlich stattfindenden kontrolluntersuchung) handelt, sondern dass der kläger zwei mal wöchentlich mit fahrtkosten von jeweils 21,60 euro (jährlich also rund 2000 euro) dorthin fährt. dies ist erheblich. 195das vertrauensverhältnis, das sich in wohl über 30, fast 40 jahren bei dr. med. q. und vielen jahren bei dr. med. p. aufgebaut hat, ist nicht geeignet, die hohen fahrtkosten dorthin zu rechtfertigen. es ist – wie im fall der n1. -apotheke – ein „wohlfühl-faktor“, bei dem nicht erkennbar ist, dass dieser für den behandlungserfolg notwendig ist. anders wäre dies, wenn es um einen ortsansässigen behandler ginge, zu dem das vertrauensverhältnis gestört ist, ein anderer kompetenter behandler jedoch nur überörtlich vorhanden ist. hier wären die weiteren fahrtkosten notwendig und angemessen, weil es nicht zumutbar ist, sich von einem behandler, zu dem vorhandenes (ausreichendes) vertrauen nicht mehr gegeben ist, behandeln zu lassen. 196die genaue kenntnis der person, der besonderheiten des klägers, seiner leiden in allen einzelheiten und der krankengeschichte des klägers sowie das vorliegen vielfältiger berichte und unterlagen über ihn rechtfertigen die fahrtkosten zur praxis dr. med. p. nicht. es ist ihm zumutbar, den orthopäden zu wechseln und dort auf dauer ein gutes vertrauensverhältnis aufzubauen sowie dafür zu sorgen, dass dort mittelfristig eine vertiefte kenntnis seiner person, leiden und krankheitsgeschichte entsteht. sämtliche in der praxis dr. med. p. vorhandenen unterlagen, bilder, berichte und die behandlungsdokumentation muss ihm von dr. p. überlassen werden, damit er sie einem neuen, von ihm gewählten arzt zur verfügung stellen kann. diesem obliegt es sodann, sich darin einzuarbeiten und sich die notwendigen kenntnisse aus den unterlagen sowie aus anamnestischen gesprächen und untersuchungen mit dem und am kläger zu verschaffen. eine solche situation muss fast jeder im laufe des lebens erleben und aushalten. keiner kann für immer beim selben arzt bleiben.insofern ist auch nicht nachvollziehbar, warum von „zusätzlichen röntgen-, ct- und mrt-aufnahmen sowie knochenszintigramme“ gesprochen wird. wenn alle bilder und berichte vorhanden sind, hat der kläger anspruch auf deren überlassung und kann sie zum neuen orthopäden mitnehmen. zudem ist die frage aufzuwerfen, wieso für die bei ihm tatsächlich stattfindende orthopädische behandlung, die dr. med. p. zwei mal wöchentlich anwendet (die eher therapeutisch-symptomlindernden, denn heilenden charakter zu haben scheint) eine so vertiefte kenntnis bzw. zusätzliche radiologische untersuchungen vonnöten sein sollen. 197es ist dabei auch nicht so, dass dies dem kläger aufgrund einer sehr kurzen, im einzelfall zu erwartenden verbleibenden lebenszeit nicht zuzumuten wäre. eine nur noch sehr kurze lebenszeit – z. b. im fall einer letalen erkrankung im endstadium – könnte es rechtfertigen, die kosten für einen überschaubaren zeitraum zu übernehmen. der kläger erfreut sich jedoch trotz seiner vielfältigen leiden einer beeindruckenden lebenskraft und energie. ein ableben ist in keiner weise absehbar. 198der arztwechsel ist schon deshalb zumutbar, weil der kläger in der vergangenheit trotz seiner besonderen treue zu seinen behandlern in e1. nach den umzügen nach n. -c1. und t. doch faktische arztwechsel hatte. nachdem er ursprünglich bei dem orthopäden dr. med. x1. in der bastionstraße in behandlung war, ist er dann beim praxisnachfolger dr. med. q. geblieben, was ein arztwechsel war. abgesehen davon, dass die praxisräume und gegebenenfalls sonstiges praxispersonal im wesentlichen gleich geblieben sein mögen, ist dies doch nur ein gradueller unterschied zu einem wechsel zu einem anderen arzt. weiterhin ist der kläger später auch noch zu dr. med. p. in die behandlung gegangen, was wiederum zeigt, dass die einarbeitung in den fall des klägers und das kennenlernen seiner person, krankheits- und leidensgeschichte möglich ist. der ihm vom lbv (fahrtkostenbezogen) angesonnene wechsel zu einem solinger orthopäden, insbesondere dr. med. k. , liegt nah und ist dem kläger konkret zumutbar. er hat diesen schritt im grunde schon selbst seit langem vorbereitet bzw. gezeigt, dass dies möglich ist, indem er seit jahren in geringerem umfang auch dr. med. k. frequentiert hat. 199bei allem ist keine situation gegeben, dass die medizinischen gegebenheiten beim kläger derart wären, dass aufgrund deren komplexität und schwierigkeit einerseits und der besonderen qualifikation des dr. med. p. ein verbleib in dessen praxis bzw. behandlung erforderlich wäre. beim kläger findet durch dr. med. p. regelmäßig zwei mal wöchentlich statt: 200 infiltrationsanästhesie kleiner bezirke, 201 block. truncus sympathicus, 202 teilmassage, 203 injektion intramuskulär. 204teilweise kommt hinzu: 205 injektion peridural, 206 symptombezogene untersuchung, 207 neurologische untersuchung, 208 chirotherapie lws, 209 akupunktur, 210 med. infiltrationsbehandlung. 211soweit erkennbar handelt es sich um orthopädische behandlung mit gewissen besonderheiten, die zwar nicht jeder orthopäde beherrschen mag, die aber in keiner weise „spezialistentum“ voraussetzt oder gar nur bei wenigen vorhanden wäre. sowohl spritzen nahe der wirbelsäule („peridural“) als auch akupunktur oder chirotherapie gehört zu den zusatzqualifikationen vieler orthopäden, die so ihre behandlungs- (und abrechnungs-) -möglichkeiten erweitern. es ist davon auszugehen, dass dr. med. k. (oder dessen praxis-sozien) dies auch anzubieten vermögen. wenn dies nicht der fall ist (und der kläger dies benötigt), mag eine andere praxis gesucht werden, die dies anbieten kann. 212die möglichkeiten, in der praxis dr. med. p. unproblematisch an häufige termine mit gegebenenfalls kurzfristigen änderungen gemäß den wünschen und dispositionen des klägers zu gelangen, führen nicht dazu, dass die fahrtkosten dorthin dauerhaft und generell von der unfallfürsorge zu erstatten sind. es ist dem kläger zuzumuten, sich wie jeder andere patient auch um termine zu bemühen und auch damit zu leben, wenn dies einmal nicht so vonstatten geht, wie es für ihn günstig oder wünschenswert ist. wenn bei dr. med. k. selbst für privatpatienten (bzw. unfallfürsorge-patienten, was vergleichbar ist) keine kurzfristigen termine zu bekommen sind, so erhält er doch „im notfall“ bei dringendem behandlungsbedarf einen termin. dies ist günstig. alles andere ist eine sache der organisation. er kann sich mit entsprechendem vorlauf zwei termine wöchentlich geben lassen (wenn dies erforderlich sein sollte) und dann kurzfristig entscheiden, ob er einen termin bei kollision mit anderem behandlungsbedarf absagen will. wenn etwas anderes aus seiner sicht für ihn dringender ist, dann kann er offensichtlich in diesem moment auf den orthopädischen termin verzichten. kann er dies nicht, so nimmt er ihn wahr und vereinbart keinen kollidierenden anderen termin bzw. sagt den anderen termin ab. dies ist nicht ganz einfach und für den kläger eventuell eine gewisse veränderung zum (gefühlt) schlechteren, jedoch in abwägung mit den erheblichen fahrtkosten zu dr. med. p. zumutbar. 213der vorteil in der praxis dres. med. p. und q. , soweit dr. med. q. überhaupt noch mit dr. med. p. gemeinsam praktiziert, dass dr. med. q. auch neurologisch qualifiziert ist und gesonderte termine (nebst fahrtkosten) beim neurologen (nach dem kläger: dr. med. f4. , e1. ) eingespart werden, hilft dem kläger im hinblick auf diesen rechtsstreit nicht weiter. es gibt in t. nach dem internet mindestens zehn niedergelassene neurologen, von denen sich – soweit ersichtlich – allein drei im näheren umfeld des klägers befinden. termine beim neurologen sind dem kläger damit unproblematisch ohne fahrt nach e1. möglich. 214die vom kläger weiter angeführte möglichkeit, bei dr. p. nach der behandlung in einem „ruheraum“ bei kurzzeitiger unpässlichkeit noch zu entspannen und sich zu erholen, führt nicht dazu, dass die fahrtkosten zu dr. med. p. notwendig und angemessen wären. es ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass dies bei dr. med. k. (oder einem anderen in betracht kommenden behandler) nicht möglich wäre. zugleich ist nicht erkennbar, ob und wie häufig dies beim kläger überhaupt notwendig ist. darüber hinaus spricht auch alles dafür, dass dieser „wohlfühl-faktor“ nicht dazu führen kann, dass die erheblichen fahrtkosten nach e1. gerechtfertigt werden. 215auch subjektiv durfte der kläger die fahrten zu dr. p. nicht für erforderlich halten, wie schon in bezug auf die fahrten zur n3. erläutert worden ist. insofern gilt hier nichts anderes. der von ihm bemühte vertrauensschutz ist „verbraucht“. 2163. 217radiologiepraxis dres. med. n2. , s2. , t1. u.a. 218in gleicher weise kann der kläger nicht die feststellung verlangen, dass die fahrtkosten zur radiologischen praxis dres. med. n2. , s2. , t1. u.a., g6.--------straße 2, 0000 e1. (-g5. ) zu erstatten sind. die fahrt dorthin macht (hin und zurück) nach dem vom kläger gewählten, wohl verkehrsgünstigeren weg 72 km (21,60 euro je fahrt) aus. 219der kläger beruft sich unter verwendung der dies stützenden ärztlichen bescheinigung des dr. med. i3. s2. (dres. med. n2. , s2. , t1. u.a.) vom 1. august 2014 darauf, er sei seit 1966 dort in radiologisch-nuklearmedizinischer behandlung. es sei im laufe der jahre ein gerade auch für die diagnostik nicht unerhebliches vertrauensverhältnis entstanden. seit langem sei die archivierung der radiologisch-nuklearmedizinischen untersuchungen zentral an derselben stelle erfolgt; dies sei diagnostisch für die vergleichenden radiologisch-nuklearmedizinischen verlaufsbeurteilungen mitentscheidend. unter verwendung der radiologisch-nuklearmedizinischen vorbefunde sei eine kostensparende eingrenzung laufender oder künftiger diagnostischer verfahren möglich. bei einem wechsel in eine andere fachradiologische-nuklearmedizinische untersuchungsstelle ergäbe sich die wahrscheinlichkeit einer vermehrten röntgenologisch-nuklearmedizinischen untersuchungsfrequenz aufgrund fehlender vorbefunde/vergleichsbeurteilungen mit hieraus resultierender kostenmäßiger mehrbelastung.dies führt nach auffassung des klägers auch zu einer strahlenmäßigen mehrbelastung, die unzumutbar sei. weiter erhalte er dort leichter termine, weil er gegenüber anderen als langjähriger patient bevorzugt werde. 220mit diesem vortrag kann der kläger nicht durchdringen. medizinisch erforderlich im sinne von geboten oder unverzichtbar ist das aufsuchen der radiologie dres. med. n2. , s2. , t1. u.a. erkennbar nicht. soweit es um radiologische untersuchungen geht, die eine bestimmte zu seiner wohnung nahe gelegene radiologie in t. nicht leisten kann, so ist die nächstgelegene geeignete radiologie, die diese untersuchung (z. b. die von ihm benannte ganzkörper-skelettszintigraphie) anbieten kann, aufzusuchen. wegen eines solchen bedarfs, der eher die ausnahme darstellen dürfte, muss der kläger nicht immer nach e1. fahren. in t. sind nach internet vier radiologische praxen ansässig (u.a. radprax, rnr, klinikum st. m. ), im umkreis bis 5 km sind weitere zwei radiologie-praxen (in leichlingen und hilden) auffindbar, im umkreis bis 10 km weitere vier praxen (in e1. -c. , m1. und i4. ). es ist nicht nachvollziehbar, dass die vom kläger bevorzugte radiologie in e1. ein angebot haben soll, das in den zehn radiologie-praxen nicht vorhanden wäre. auch für eine technisch bessere qualität ist für den einzelrichter nichts ersichtlich. 221die langjährige patienten-arzt-bindung mit entsprechendem vertrauensverhältnis ist nach der einschätzung des gerichts bei der für den kläger vorwiegend bzw. ausschließlich diagnostisch tätigen radiologie dres. med. n2. , s2. , t1. u.a. von eher geringerem gewicht. sicher ist auch hier grundsätzlich vertrauen in die kompetenz der diagnostiker erforderlich. dies hat hingegen geringere bedeutung als im therapeutischen bereich. insofern hat auch die bald 50-jährige praxis-bindung, die in zeitlicher hinsicht tatsächlich beeindruckt, in der abwägung mit den kosten geringes gewicht. 222sämtliche vorbefunde, die bei der radiologie dres. med. n2. , s2. , t1. u.a. zentral archiviert sein sollen, kann der kläger nach der einschätzung des gerichts zu einer neu zu wählenden praxis mitnehmen. er hat selbst hervorgehoben, dass es ein vorteil der düsseldorfer radiologie für ihn sei, dass er alle bilder/befunde in papier und auf cd erhalte. vieles kann er mithin einer neu zu wählenden praxis als vorbefunde selbst zur verfügung stellen. im übrigen hat er einen arztrechtlichen anspruch auf überlassung aller befunde und bilder an ihn selbst oder den neuen behandler. die übermittlung an eine neue radiologie dürfte gegenwärtig bereits auf technischem wege, also elektronisch bzw. digital, erfolgen können. sollte es anders archivierte befunde geben, müssen diese anderweitig übermittelt werden. es spricht dabei viel dafür, dass röntgen-aufnahmen von 1966 jetzt nicht mehr von bedeutung sind, sondern es zentral auf befunde aus den letzten 10 bis 15 jahren ankommt. dies dürfte alles elektronisch bzw. digital vorliegen. insofern müsste es möglich sein, vorbefunde vollständig bzw. soweit relevant an eine neue praxis zu übermitteln. dann kann auch dort eine kompetente verlaufs- und vergleichsbeurteilung erfolgen. mehrbelastungen in bezug auf kosten bzw. strahlenexposition des klägers sind damit nicht zu gewärtigen. sollte es zu mehrkosten kommen, hat das lbv diese zu tragen, wenn es ihn – vermittels der entscheidungen zu den fahrtkosten – zu einem praxis-wechsel veranlasst. hierfür ist jedoch entgegen der bescheinigung des dr. s2. vom 1. august 2014 konkret nichts erkennbar. 223die vom kläger angeführten vorteile bei der terminvergabe ändern nichts. soweit ein schneller termin (z. b. bei einem verdacht einer bösartigen neubildung) entscheidend ist, sind fahrtkosten zu dem behandler, wo der schnelle termin möglich ist, zu erstatten. ist medizinisch keine dringlichkeit indiziert, ist dem kläger ein abwarten zumutbar. 224vertrauensschutz hilft dem kläger – wie oben erläutert – auch hier nicht weiter. 2254. 226i. s1. orthopädie-technik gmbh 227auch die begehrte feststellung hinsichtlich der orthopädie-technik s1. , u.--straße 23, 40217 e1. war abzuweisen. der kläger hat keinen generellen anspruch auf erstattung künftig anfallender fahrtkosten dorthin aus unfallfürsorgemitteln. konkret geht es um eine strecke von (hin und zurück) 72 km (21,60 euro je fahrt) nach der vom kläger gewählten, wohl verkehrsgünstigeren strecke. 228er beruft sich darauf, er sei dort seit 1966 in einer patienten- bzw. kundenbeziehung, wodurch ein vertrauensverhältnis einerseits und über die jahre bei dem fach-unternehmen große fachkunde und fachpraxis in bezug auf seine persönlichen gesundheitlichen beeinträchtigungen entstanden sei. dort befänden sich auch die entsprechenden unterlagen, die die versorgung des klägers mit hilfsmitteln erleichtern, die bei einem neuen unternehmen der orthopädie-technik erst neu geschaffen werden müssten. dies hätte auch mehrkosten zur folge. insbesondere lägen dort abdrücke, schaumabdrücke, klischees, vorlagen, zeichnungen und schemata vor. er erhalte von dort in gewissen abständen eine maßgefertigte orthese für das unfallverletzte bein; diese müsse regelmäßig angepasst werden. er habe auch keinen herausgabeanspruch gegen das unternehmen, anders als bei ärzten, da diese dinge eigentum des sanitätsunternehmens seien und blieben. deshalb sei ihm auch von sanitätshäusern in t. , die er wegen eines möglichen wechsels aufgesucht habe, geraten worden, bei seinem bisherigen unternehmen zu bleiben, weil ein wechsel für sie mit zu viel aufwand verbunden sei. sonstige sanitätsprodukte kaufe er dort nur bei gelegenheit seiner besuche, die durch deren spezielle fachkenntnis bei maßanfertigungen veranlasst seien, wenn er „sowieso“ dort sei. 229diese gründe führen nicht dazu, dass die fahrten des klägers zur orthopädie-technik s1. in e1. als notwendig und angemessen zu beurteilen sind. zunächst sprechen die in den verwaltungsvorgängen befindlichen rechnungen der orthopädie-technik s1. dafür, dass er dort nicht selten hingefahren ist, um produkte zu beziehen, die schlichte sanitätsprodukte waren bzw. bei denen im fall von bandagen, kompressionsstrümpfen oder ähnlichem keine maßanfertigung erfolgte, sondern eine abgabe nach konfektionierten größen erfolgte. in bezug auf alles, was keine maßanfertigung ist, ist dem kläger schon deshalb ein wechsel zu den verschiedenen (nach internet: jedenfalls fünf) sanitätshäusern in t. zumutbar. er kann sich von der orthopädie-technik s1. (bei einem „letzten termin“, dessen kosten vom lbv zu übernehmen wären, bzw. zur vermeidung des aufwandes telefonisch, per e-mail, telefax oder schriftlich) im einzelnen die produkte, deren genaue produktbezeichnungen, gegebenenfalls bestellnummern, sowie die entsprechenden größen mitteilen lassen. damit dürfte es ihm möglich sein, sich in t. mit allem, was keine maßanfertigung erfordert, entsprechend zu versorgen. 230doch auch in bezug auf die orthopädischen hilfsmittel, die für ihn bei firmen der orthopädie-technik nach maß angefertigt werden müssen, ist ihm ein wechsel zu einem solinger unternehmen (z. b. „von g1. “ oder „köppchen“) zumutbar. der tatsächliche (zeit-) aufwand für die neue erstellung von abdrücken usw. für den kläger ist ihm zumutbar. dieser ist – soweit ersichtlich – auch nicht mit unzumutbaren belastungen, schmerzen o.ä. verbunden. die zusatzkosten, soweit solche entstehen, hat das lbv zu tragen, das diesen wechsel zu einem ortsansässigen sanitätshaus von ihm fordert. dabei besteht auch noch die möglichkeit, dass die orthopädie-technik s1. sich nach zielgerichteten verhandlungen dazu bereit erklärt, dem kläger die ihn betreffenden abdrücke, klischees, skizzen usw. zu überlassen, gegebenenfalls gegen zahlung eines auszuhandelnden geldbetrages, der unter etwaigen zusatzkosten für die neuerstellung dieser unterlagen durch ein neues sanitätshaus liegen müsste. dies ginge dann zulasten des lbv. 231wenn im einzelfall ein aufsuchen der orthopädie-technik s1. erforderlich sein sollte, z. b. weil ein im wege der gewährleistung zu behebender mangel an einem dort erworbenen hilfsmittel auftritt, sind auch die fahrtkosten zu erstatten. dies ist jedoch – wie stets – frage der umstände des einzelfalls. 232die beeindruckend lange geschäftsbeziehung des klägers zur orthopädie-technik s1. als solche hat daneben keine durchgreifende bedeutung, die die fahrten dorthin erforderlich macht. zu einer solchen, eher technischen denn ärztlich geprägten firma ohne arzt-patienten-beziehung kann zwar eine langdauernde geschäftsbeziehung bestehen; diese setzt aber viel weniger vertrauen voraus, als es in der arzt-patienten-beziehung geboten ist. 233vertrauensschutz hilft dem kläger – wie oben erläutert – auch hier nicht weiter, weil dessen voraussetzungen nicht vorliegen. 234zu allen behandlern, der orthopädie-technik sowie der apotheke ist abschließend festzuhalten, dass sich nicht generell feststellen lässt, dass die fahrtkosten dorthin vom lbv aus unfallfürsorgemitteln zu erstatten sind. damit ist im umkehrschluss aber auch nicht festgestellt, dass die fahrtkosten dorthin nie zu erstatten sind. wie in der mündlichen verhandlung mit der vertreterin des lbv erörtert – und von dieser letztlich auch akzeptiert –, kann der einzelfall fahrtkosten erforderlich und angemessen erscheinen lassen. 235iii. 236die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 237die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 238beschluss: 239der streitwert wird auf 500,00 euro festgesetzt. 240gründe: 241die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1, abs. 3 gkg erfolgt. dabei berücksichtigt der einzelrichter, dass der kläger mit allen parallel erhobenen klagen wegen der fahrtkosten letztlich das gleiche begehrt, nämlich die zukunftsbezogene klärung der fahrtkosten zur heilbehandlung. dazu hätte letztlich ein klageverfahren ausgereicht, jedoch ging der kläger davon aus, in bezug auf alle ergangenen widerspruchsbescheide vom 10. und 15. april 2013 die bestandskraft verhindern zu müssen. insgesamt hält der einzelrichter einen streitwert von 5000,00 euro nach § 52 abs. 2 gkg, sowie auch im hinblick auf einen 2-jahres-zeitraum für die geschätzten fahrtkosten für angemessen. mithin werden für alle klageverfahren 500,00 euro je klageverfahren angesetzt, nur für das klageverfahren 23 k 4382/13 sind 900,00 euro festgesetzt.
Verklagte*r
0
168,649
3 K 1619/14
2015-01-19T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen jeweils zur Hälfte. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Beigeladene ist Eigentümerin des Grundstücks 00000 W. -E. , O. 168, Gemarkung E. , Flur 455, Flurstück 96. Die Kläger wohnen auf der C. Straße 156 in W. . Die C. Straße verläuft in nord-östlicher Richtung an der fraglichen Stelle parallel zur Straße O. . 3Die Beigeladene stellte unter dem 16.11.2012, eingegangen am 21.11.2012, bei dem Beklagten einen Antrag auf eine Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur Aufzucht und zum Halten von 2.200 Mastschweinen auf dem vorgenannten Grundstück. 4Das Vorhaben wurde im Amtsblatt des Kreises W. vom 21.03.2013 gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 8 Abs. 1 der 9. BImSchV öffentlich bekannt gemacht. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass die Antragsunterlagen in der Zeit vom 28.03.2013 bis einschließlich 29.04.2013 zur Einsicht ausgelegt wurden. Weiter erging der Hinweis auf die Möglichkeit, Einwendungen in der Frist vom 28.03. bis 13.05.2013 zu erheben. Schließlich erfolgte die Belehrung, dass mit Ablauf der Einwendungsfrist alle Einwendungen ausgeschlossen seien, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhten. Der Beklagte stellte die Bekanntmachung weiterhin in das Internet. 5Die Kläger erhoben gegen das Vorhaben keine Einwendungen. 6Mit Bescheid vom 09.01.2014 erteilte der Beklagte der Beigeladenen gemäß §§ 4 und 6 BImSchG in Verbindung mit Ziffer 7.1.7.1 der 4. BImSchV die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur Aufzucht und zum Halten von 2.200 Schweinen auf dem oben genannten Grundstück. 7Eine Ausfertigung des Genehmigungsbescheides und seiner Begründung wurde in der Zeit vom 24.01. bis 06.02.2014 öffentlich ausgelegt und im Internet öffentlich bekannt gemacht. 8Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage machen die Kläger geltend: 9Das Vorhaben sei nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben worden. Die Belehrung enthalte nicht den Hinweis, dass die Präklusion auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren gelte. Weiterhin sei die Konzeption der Anlage im Laufe des Genehmigungsverfahrens geändert worden. Insbesondere seien die drei Futtersilos im Genehmigungsantrag nicht beschrieben, im Immissionsschutzgutachten vom 20.11.2012 nicht begutachtet und auch nicht zum Bestandteil der öffentlichen Bekanntmachung gemacht worden. Deshalb seien wesentliche Änderungen im Sinne des § 16 BImSchG an dem zur Genehmigung vorgestellten Vorhaben vorgenommen worden. Auch seien die ausgelegten Unterlagen nicht mit der später erteilten Genehmigung kongruent. So habe die Stadt W. nach dem Erörterungstermin ihre positive Stellungnahme zurückgezogen, mit der Folge, dass die Planung zur Ausbringung der Gülle und deren Transportwege unter erneuter Behördenbeteiligung geändert wurde. Aufgrund der nunmehr ortsnahen Verbringung der Gülle vorrangig durch Landwirte aus W. -E. sei nicht auszuschließen, dass die Gülle auf Ackerflächen gelange, die nördlich an ihr, der Kläger, Grundstück grenzten, so dass nicht nur der Maststall, die Güllebehälter, -keller und die Futtersilos in südlicher Richtung wirkten, sondern auch durch die Änderung der Gülleverbringung schädliche Auswirkung auf das klägerische Grundstück nicht auszuschließen seien. 10Die erteilte Genehmigung sei rechtswidrig, da sie gegen den Landschaftsplan Nr. 7 „C1. I. “ in der zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung gültigen Fassung verstoße. Das im Verfahren eingeholte Immissionsgutachten enthalte gravierende Mängel. 11Die Kläger beantragen schriftsätzlich, 12den Genehmigungsbescheid vom 09.01.2014 aufzuheben. 13Der Beklagte beantragt schriftsätzlich, 14die Klage abzuweisen. 15Er hält die Klage für unzulässig und unbegründet. Das Genehmigungsverfahren sei nach den Vorschriften des § 10 BImSchG und der 9. BImSchV im Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt worden. Die Kläger seien gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG mit ihren Einwendungen ausgeschlossen, da sie diese nicht in dem Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung vorgebracht hätten. Der Genehmigungsbescheid sei auch materiell rechtmäßig ergaben. Insoweit wiederholt und vertieft der Beklagte im Wesentlichen die Gründe des angefochtenen Bescheides. 16Die Beigeladene beantragt schriftsätzlich, 17die Klage abzuweisen. 18Sie hält die Klage ebenfalls für unzulässig und unbegründet. 19Ein Antrag der Kläger auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes blieb ohne Erfolg (Beschluss der erkennenden Kammer vom 12.05.2014 – 3 L 542/14). 20Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 22Entscheidungsgründe: 23Die Klage ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft und im Übrigen zulässig. 24Sie ist aber nicht nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO begründet, da die Kläger durch die angegriffene Genehmigung nicht in ihren wahrnehmbaren Rechten verletzt werden. 25In der vorliegenden Situation des Nachbarstreits hat das Gericht nicht zu entscheiden, ob die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung in jeder Hinsicht rechtmäßig erteilt wurde. Ein nachbarliches Abwehrrecht der Kläger gegen das genehmigte Vorhaben besteht nur dann, wenn die genehmigte Anlage gerade gegen solche Vorschriften verstößt, die für sie Wirkung entfalten. 26Vorliegend können die Kläger sich nicht mit Erfolg auf eine Verletzung ihrer nachbarrechtlichen Abwehrrechte stützen. Sie sind mit ihren Einwendungen wegen Präklusion gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG ausgeschlossen. Die Ausschlusswirkung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG erstreckt sich als sogenannte materielle Präklusion auch auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren. Sie bedeutet den Verlust verspätet geltend gemachter Abwehrrechte. 27Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 17. Juli 1980 - 7 C 101.78 -, juris, Ls. 1 und Rn. 14 ff. 28Verfassungsrechtliche oder europarechtliche Bedenken gegen die Regelung der materiellen Präklusion greifen nicht durch. Die materielle Präklusion rechtfertigt sich aus dem Gesetzeszweck, den Rechtsschutz potenziell betroffener Dritter vor zu verlagern mit dem Ziel, dem Kläger nach Erteilung der Genehmigung einen erhöhten Bestandsschutz zu sichern. Daneben tritt der Verwirkungsgedanke. Allerdings sind der materiellen Präklusion gewisse Grenzen gesetzt, da die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben eine restriktive Auslegung gebieten. Die Verwirkungspräklusion knüpft an die nicht wahrgenommene Möglichkeit an, Einwendungen innerhalb der Einwendungsfrist vorzutragen. Sie findet ihre Grenze damit dort, wo diese Möglichkeit nicht oder nicht mehr bestand. Dies ist Folge der aus verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen Gründen notwendigen restriktiven Handhabung der Voraussetzungen der eine materielle Präklusion anordnenden Vorschriften. 29Vgl. Dietlein, in Landmann / Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Stand der 70. Erg.lfg. August 2013, § 10 BImSchG, Rn. 163 f. 30Unter Beachtung dieser Maßstäbe liegen die Voraussetzungen des Einwendungsausschlusses vor. Im förmlichen Auslegungsverfahren sind die Kläger durch öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG auf die Möglichkeit, fristgerecht Einwendungen zu erheben, und auf die Rechtsfolgen verspäteter Einwendungen hingewiesen worden. Die Hinweise entsprachen dabei den gesetzlichen Anforderungen. Eine zusätzliche Belehrung für die Auswirkung der Präklusion auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren sieht das Gesetz nicht vor. 31Die Kläger haben in der Frist des § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG keine Einwendungen erhoben. 32Mängel des Bekanntmachungs- und Auslegungsverfahrens, die geeignet wären, den betroffenen Nachbarn die Einsichtnahme in den Antrag und die Unterlagen sowie die Erhebung von Einwendungen zu erschweren, sind nicht erkennbar. 33Soweit die Kläger geltend machen, ihrer Präklusion stehe entgegen, dass mit der angegriffenen Genehmigung der Beigeladenen auch die Errichtung und der Betrieb von zusätzlichen Güllekanälen unter dem neuen Stall mit einer Kapazität von 800 m³, eines Flüssiggastanks mit 4.500 l sowie von drei Futtersilos à 15,4 t bewilligt worden sei, obwohl diese im Antrag und den sonstigen Unterlagen bei Abschluss des Auslegungsverfahrens noch nicht vorgelegen hätten, ist dem nicht zu folgen. 34Grundsätzlich ist allerdings zu beachten, dass solche Einwendungen nicht präkludiert sind, die sich gegen eine im Laufe des Genehmigungsverfahrens geänderte Anlagenkonzeption richten, sofern diese nachteilige Auswirkungen besitzt und aus den ausgelegten Unterlagen nicht zu ersehen war. § 8 Abs. 2 a. E. der 9. BImSchV schreibt für diesen Fall eine erneute Auslegung vor. Auch ist die Präklusion ausgeschlossen, wenn ausgelegte Unterlagen und Genehmigung nicht mehr kongruent sind, die Genehmigung also Errichtung und Betrieb einer Anlage erlaubt bzw. durch Nebenbestimmungen vorschreibt, deren Auswirkungen auf die Nachbarschaft aus den ausgelegten Unterlagen nicht ersichtlich gewesen sind. 35Vgl. Dietlein, a. a. O., § 10 BImSchG, Rn. 170. 36So liegen die Verhältnisse hier aber nicht. Die Bewilligung der benannten Anlagenteile war von der Beigeladenen vielmehr von Anfang an beantragt und deshalb bereits Gegenstand ihres Antrages vom 16. November 2012, welcher nebst Anlagen von dem Antragsgegner ausgelegt wurde. So sind in dem in der Anlage 4 enthaltenen Betriebslageplan (Bl. 28 der Beiakte Heft 1 zur Gerichtsakte 3 K 463/14) sowohl der Flüssiggastank als auch die drei Silos bereits eingezeichnet. In der Anlagen- und Betriebsbeschreibung – Anlage 5 (Bl. 29 ff. der Beiakte Heft 1 zur Gerichtsakte 3 K 463/14) ist beschrieben, dass für die Beheizung des Stalls ein Flüssiggastank mit einem Volumen von 4.500 l errichtet wird. Auch der Neubau des Güllekellers mit einer Kapazität von 800,9 m³ ist genannt (Bl. 35 der Beiakte Heft 1 zur Gerichtsakte 3 K 463/14). 37Nicht zielführend ist auch das Vorbringen der Kläger, das Vorhaben sei nach der Auslegung hinsichtlich der Erschließung und der Gülleverbringung, der mangelnden Verkehrssicherheit durch den LKW-Begegnungsverkehr sowie der Einstufung des Vorhabens nach § 35 Abs. 1 BauGB geändert bzw. nachgebessert worden. Die Kammer kann dahinstehen lassen, inwieweit die genannten Änderungen im Hinblick auf die Vorschrift des § 8 Abs. 2 der 9. BImSchV eine (unterbliebene) zusätzliche Bekanntmachung und Auslegung bedingt hätten, was insoweit einer Präklusion der Kläger entgegen stünde. Das diesbezügliche Vorbringen der Kläger ist jedenfalls nicht geeignet, mit Erfolg einen Verstoß gegen drittschützende Vorschriften geltend zu machen. Die Kläger legen eine Verletzung in eigenen Rechten insoweit weiterhin nicht dar. 38Hinsichtlich der geänderten Gülleverbringung und Erschließung machen sie nur allgemeine Vorbehalte geltend, die einen konkreten Bezug zu ihren eigenen schutzwürdigen Rechtsgütern nicht zulassen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die von ihnen aufgezeigten mit der Gülleverbringung verbundenen allgemeinen Gesundheitsgefahren. Auch die von ihnen geschilderte Verkehrsproblematik trifft sie und ihr Grundstück nicht konkret. 39Eine Verletzung eigener Rechte ist auch insoweit nicht ersichtlich, als die Kläger die bauplanungsrechtliche Einstufung des Vorhabens nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB statt nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB rügen. Insbesondere können sie sich insoweit nicht auf den sogenannten Gebietserhaltungsanspruch berufen. Dieser steht nämlich im Außenbereich Ansässigen nicht zu. Ein solcher Anspruch setzt Gebiete voraus, die durch eine einheitliche bauliche Nutzung geprägt sind. Daran fehlt es im Außenbereich. Der Außenbereich ist kein Baugebiet, sondern grundsätzlich von Bebauung freizuhalten. Dementsprechend fehlt auch ein bestimmter Gebietscharakter, an dessen Erhaltung ein Interesse bestehen könnte. 40Vgl. dazu im Einzelnen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 3 S 20/11 -, juris, Ls. 1 und Rn. 5. 41Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 162 Abs. 3, 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO. Im Hinblick auf den Umstand, dass die Beigeladene einen Kostenantrag gestellt hat und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass die Kläger ihre außergerichtlichen Kosten übernehmen. 42Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. 43Gründe für eine Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2, Nr. 3, 4 VwGO liegen nicht vor. 44Beschluss: 45Der Streitwert wird auf 15.000,-- Euro festgesetzt. 46Gründe: 47Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG erfolgt. 48Die Voraussetzungen für die Zulassung der Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwertes (§ 68 Abs. 1 Satz 2 GKG) liegen nicht vor.
die klage wird abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens einschließlich der außergerichtlichen kosten der beigeladenen jeweils zur hälfte. das urteil ist wegen der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die beigeladene ist eigentümerin des grundstücks 00000 w. -e. , o. 168, gemarkung e. , flur 455, flurstück 96. die kläger wohnen auf der c. straße 156 in w. . die c. straße verläuft in nord-östlicher richtung an der fraglichen stelle parallel zur straße o. . 3die beigeladene stellte unter dem 16.11.2012, eingegangen am 21.11.2012, bei dem beklagten einen antrag auf eine genehmigung zur errichtung und zum betrieb einer anlage zur aufzucht und zum halten von 2.200 mastschweinen auf dem vorgenannten grundstück. 4das vorhaben wurde im amtsblatt des kreises w. vom 21.03.2013 gemäß § 10 abs. 3 satz 1 bimschg i.v.m. § 8 abs. 1 der 9. bimschv öffentlich bekannt gemacht. in der bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass die antragsunterlagen in der zeit vom 28.03.2013 bis einschließlich 29.04.2013 zur einsicht ausgelegt wurden. weiter erging der hinweis auf die möglichkeit, einwendungen in der frist vom 28.03. bis 13.05.2013 zu erheben. schließlich erfolgte die belehrung, dass mit ablauf der einwendungsfrist alle einwendungen ausgeschlossen seien, die nicht auf besonderen privatrechtlichen titeln beruhten. der beklagte stellte die bekanntmachung weiterhin in das internet. 5die kläger erhoben gegen das vorhaben keine einwendungen. 6mit bescheid vom 09.01.2014 erteilte der beklagte der beigeladenen gemäß §§ 4 und 6 bimschg in verbindung mit ziffer 7.1.7.1 der 4. bimschv die genehmigung zur errichtung und zum betrieb einer anlage zur aufzucht und zum halten von 2.200 schweinen auf dem oben genannten grundstück. 7eine ausfertigung des genehmigungsbescheides und seiner begründung wurde in der zeit vom 24.01. bis 06.02.2014 öffentlich ausgelegt und im internet öffentlich bekannt gemacht. 8mit ihrer fristgerecht erhobenen klage machen die kläger geltend: 9das vorhaben sei nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben worden. die belehrung enthalte nicht den hinweis, dass die präklusion auch für das verwaltungsgerichtliche verfahren gelte. weiterhin sei die konzeption der anlage im laufe des genehmigungsverfahrens geändert worden. insbesondere seien die drei futtersilos im genehmigungsantrag nicht beschrieben, im immissionsschutzgutachten vom 20.11.2012 nicht begutachtet und auch nicht zum bestandteil der öffentlichen bekanntmachung gemacht worden. deshalb seien wesentliche änderungen im sinne des § 16 bimschg an dem zur genehmigung vorgestellten vorhaben vorgenommen worden. auch seien die ausgelegten unterlagen nicht mit der später erteilten genehmigung kongruent. so habe die stadt w. nach dem erörterungstermin ihre positive stellungnahme zurückgezogen, mit der folge, dass die planung zur ausbringung der gülle und deren transportwege unter erneuter behördenbeteiligung geändert wurde. aufgrund der nunmehr ortsnahen verbringung der gülle vorrangig durch landwirte aus w. -e. sei nicht auszuschließen, dass die gülle auf ackerflächen gelange, die nördlich an ihr, der kläger, grundstück grenzten, so dass nicht nur der maststall, die güllebehälter, -keller und die futtersilos in südlicher richtung wirkten, sondern auch durch die änderung der gülleverbringung schädliche auswirkung auf das klägerische grundstück nicht auszuschließen seien. 10die erteilte genehmigung sei rechtswidrig, da sie gegen den landschaftsplan nr. 7 „c1. i. “ in der zum zeitpunkt der genehmigungserteilung gültigen fassung verstoße. das im verfahren eingeholte immissionsgutachten enthalte gravierende mängel. 11die kläger beantragen schriftsätzlich, 12den genehmigungsbescheid vom 09.01.2014 aufzuheben. 13der beklagte beantragt schriftsätzlich, 14die klage abzuweisen. 15er hält die klage für unzulässig und unbegründet. das genehmigungsverfahren sei nach den vorschriften des § 10 bimschg und der 9. bimschv im verfahren mit öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt worden. die kläger seien gemäß § 10 abs. 3 satz 5 bimschg mit ihren einwendungen ausgeschlossen, da sie diese nicht in dem verfahren mit öffentlichkeitsbeteiligung vorgebracht hätten. der genehmigungsbescheid sei auch materiell rechtmäßig ergaben. insoweit wiederholt und vertieft der beklagte im wesentlichen die gründe des angefochtenen bescheides. 16die beigeladene beantragt schriftsätzlich, 17die klage abzuweisen. 18sie hält die klage ebenfalls für unzulässig und unbegründet. 19ein antrag der kläger auf gewährung vorläufigen rechtschutzes blieb ohne erfolg (beschluss der erkennenden kammer vom 12.05.2014 – 3 l 542/14). 20die beteiligten haben sich mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 21wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der streitakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 22
23die klage ist als anfechtungsklage nach § 42 abs. 1 alt. 1 vwgo statthaft und im übrigen zulässig. 24sie ist aber nicht nach § 113 abs. 1 satz 1 vwgo begründet, da die kläger durch die angegriffene genehmigung nicht in ihren wahrnehmbaren rechten verletzt werden. 25in der vorliegenden situation des nachbarstreits hat das gericht nicht zu entscheiden, ob die angefochtene immissionsschutzrechtliche genehmigung in jeder hinsicht rechtmäßig erteilt wurde. ein nachbarliches abwehrrecht der kläger gegen das genehmigte vorhaben besteht nur dann, wenn die genehmigte anlage gerade gegen solche vorschriften verstößt, die für sie wirkung entfalten. 26vorliegend können die kläger sich nicht mit erfolg auf eine verletzung ihrer nachbarrechtlichen abwehrrechte stützen. sie sind mit ihren einwendungen wegen präklusion gemäß § 10 abs. 3 satz 5 bimschg ausgeschlossen. die ausschlusswirkung gemäß § 10 abs. 3 satz 5 bimschg erstreckt sich als sogenannte materielle präklusion auch auf das verwaltungsgerichtliche verfahren. sie bedeutet den verlust verspätet geltend gemachter abwehrrechte. 27vgl. grundlegend bverwg, urteil vom 17. juli 1980 - 7 c 101.78 -, juris, ls. 1 und rn. 14 ff. 28verfassungsrechtliche oder europarechtliche bedenken gegen die regelung der materiellen präklusion greifen nicht durch. die materielle präklusion rechtfertigt sich aus dem gesetzeszweck, den rechtsschutz potenziell betroffener dritter vor zu verlagern mit dem ziel, dem kläger nach erteilung der genehmigung einen erhöhten bestandsschutz zu sichern. daneben tritt der verwirkungsgedanke. allerdings sind der materiellen präklusion gewisse grenzen gesetzt, da die gemeinschaftsrechtlichen vorgaben eine restriktive auslegung gebieten. die verwirkungspräklusion knüpft an die nicht wahrgenommene möglichkeit an, einwendungen innerhalb der einwendungsfrist vorzutragen. sie findet ihre grenze damit dort, wo diese möglichkeit nicht oder nicht mehr bestand. dies ist folge der aus verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen gründen notwendigen restriktiven handhabung der voraussetzungen der eine materielle präklusion anordnenden vorschriften. 29vgl. dietlein, in landmann / rohmer, umweltrecht, kommentar, stand der 70. erg.lfg. august 2013, § 10 bimschg, rn. 163 f. 30unter beachtung dieser maßstäbe liegen die voraussetzungen des einwendungsausschlusses vor. im förmlichen auslegungsverfahren sind die kläger durch öffentliche bekanntmachung nach § 10 abs. 3 satz 1 bimschg auf die möglichkeit, fristgerecht einwendungen zu erheben, und auf die rechtsfolgen verspäteter einwendungen hingewiesen worden. die hinweise entsprachen dabei den gesetzlichen anforderungen. eine zusätzliche belehrung für die auswirkung der präklusion auf das verwaltungsgerichtliche verfahren sieht das gesetz nicht vor. 31die kläger haben in der frist des § 10 abs. 3 satz 4 bimschg keine einwendungen erhoben. 32mängel des bekanntmachungs- und auslegungsverfahrens, die geeignet wären, den betroffenen nachbarn die einsichtnahme in den antrag und die unterlagen sowie die erhebung von einwendungen zu erschweren, sind nicht erkennbar. 33soweit die kläger geltend machen, ihrer präklusion stehe entgegen, dass mit der angegriffenen genehmigung der beigeladenen auch die errichtung und der betrieb von zusätzlichen güllekanälen unter dem neuen stall mit einer kapazität von 800 m³, eines flüssiggastanks mit 4.500 l sowie von drei futtersilos à 15,4 t bewilligt worden sei, obwohl diese im antrag und den sonstigen unterlagen bei abschluss des auslegungsverfahrens noch nicht vorgelegen hätten, ist dem nicht zu folgen. 34grundsätzlich ist allerdings zu beachten, dass solche einwendungen nicht präkludiert sind, die sich gegen eine im laufe des genehmigungsverfahrens geänderte anlagenkonzeption richten, sofern diese nachteilige auswirkungen besitzt und aus den ausgelegten unterlagen nicht zu ersehen war. § 8 abs. 2 a. e. der 9. bimschv schreibt für diesen fall eine erneute auslegung vor. auch ist die präklusion ausgeschlossen, wenn ausgelegte unterlagen und genehmigung nicht mehr kongruent sind, die genehmigung also errichtung und betrieb einer anlage erlaubt bzw. durch nebenbestimmungen vorschreibt, deren auswirkungen auf die nachbarschaft aus den ausgelegten unterlagen nicht ersichtlich gewesen sind. 35vgl. dietlein, a. a. o., § 10 bimschg, rn. 170. 36so liegen die verhältnisse hier aber nicht. die bewilligung der benannten anlagenteile war von der beigeladenen vielmehr von anfang an beantragt und deshalb bereits gegenstand ihres antrages vom 16. november 2012, welcher nebst anlagen von dem antragsgegner ausgelegt wurde. so sind in dem in der anlage 4 enthaltenen betriebslageplan (bl. 28 der beiakte heft 1 zur gerichtsakte 3 k 463/14) sowohl der flüssiggastank als auch die drei silos bereits eingezeichnet. in der anlagen- und betriebsbeschreibung – anlage 5 (bl. 29 ff. der beiakte heft 1 zur gerichtsakte 3 k 463/14) ist beschrieben, dass für die beheizung des stalls ein flüssiggastank mit einem volumen von 4.500 l errichtet wird. auch der neubau des güllekellers mit einer kapazität von 800,9 m³ ist genannt (bl. 35 der beiakte heft 1 zur gerichtsakte 3 k 463/14). 37nicht zielführend ist auch das vorbringen der kläger, das vorhaben sei nach der auslegung hinsichtlich der erschließung und der gülleverbringung, der mangelnden verkehrssicherheit durch den lkw-begegnungsverkehr sowie der einstufung des vorhabens nach § 35 abs. 1 baugb geändert bzw. nachgebessert worden. die kammer kann dahinstehen lassen, inwieweit die genannten änderungen im hinblick auf die vorschrift des § 8 abs. 2 der 9. bimschv eine (unterbliebene) zusätzliche bekanntmachung und auslegung bedingt hätten, was insoweit einer präklusion der kläger entgegen stünde. das diesbezügliche vorbringen der kläger ist jedenfalls nicht geeignet, mit erfolg einen verstoß gegen drittschützende vorschriften geltend zu machen. die kläger legen eine verletzung in eigenen rechten insoweit weiterhin nicht dar. 38hinsichtlich der geänderten gülleverbringung und erschließung machen sie nur allgemeine vorbehalte geltend, die einen konkreten bezug zu ihren eigenen schutzwürdigen rechtsgütern nicht zulassen. dies gilt insbesondere im hinblick auf die von ihnen aufgezeigten mit der gülleverbringung verbundenen allgemeinen gesundheitsgefahren. auch die von ihnen geschilderte verkehrsproblematik trifft sie und ihr grundstück nicht konkret. 39eine verletzung eigener rechte ist auch insoweit nicht ersichtlich, als die kläger die bauplanungsrechtliche einstufung des vorhabens nach § 35 abs. 1 nr. 1 baugb statt nach § 35 abs. 1 nr. 4 baugb rügen. insbesondere können sie sich insoweit nicht auf den sogenannten gebietserhaltungsanspruch berufen. dieser steht nämlich im außenbereich ansässigen nicht zu. ein solcher anspruch setzt gebiete voraus, die durch eine einheitliche bauliche nutzung geprägt sind. daran fehlt es im außenbereich. der außenbereich ist kein baugebiet, sondern grundsätzlich von bebauung freizuhalten. dementsprechend fehlt auch ein bestimmter gebietscharakter, an dessen erhaltung ein interesse bestehen könnte. 40vgl. dazu im einzelnen vgh baden-württemberg, beschluss vom 24. januar 2012 - 3 s 20/11 -, juris, ls. 1 und rn. 5. 41die kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 abs. 1 und 162 abs. 3, 159 satz 1 vwgo i. v. m. § 100 abs. 1 zpo. im hinblick auf den umstand, dass die beigeladene einen kostenantrag gestellt hat und sich damit einem eigenen kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der billigkeit, dass die kläger ihre außergerichtlichen kosten übernehmen. 42die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo i.v.m. § 709 zpo. 43gründe für eine zulassung der berufung nach § 124a abs. 1 in verbindung mit § 124 abs. 2, nr. 3, 4 vwgo liegen nicht vor. 44beschluss: 45der streitwert wird auf 15.000,-- euro festgesetzt. 46gründe: 47die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 gkg erfolgt. 48die voraussetzungen für die zulassung der beschwerde gegen die festsetzung des streitwertes (§ 68 abs. 1 satz 2 gkg) liegen nicht vor.
Verklagte*r
0
171,952
S 35 AL 827/12
2014-08-18T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Bescheides, mit dem die Beklagte einen an den Kläger gerichtete Bewilligung von Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) aufgehoben hat. 3Der Kläger stand bereits im Jahr 2009 bei der Beklagten im Bezug von Arbeitslosengeld. Zuletzt meldete er sich am 09.05.2012 arbeitslos und stellte einen Antrag auf Arbeitslosengeld. Ausweislich seiner Unterschrift auf dem Antrag auf Arbeitslosengeld erhielt er in diesem Zusammenhang das Merkblatt 1 für Arbeitslose und nahm von dessen Inhalt Kenntnis. 4Hierin heißt es auf Seite 19: 5"Um Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben, müssen Sie für Vermittlungsbemühungen Ihrer Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen. Sie müssen 61. persönlich für Ihre Agentur für Arbeit an jedem Werktag unter der von Ihnen benannten Anschrift erreichbar sein und die Agentur für Arbeit auch täglich aufsuchen können. Wenn Sie dennoch beabsichtigen, sich vorübergehend unter einer anderen Anschrift aufzuhalten, benachrichtigen Sie die Agentur für Arbeit rechtzeitig, möglichst innerhalb von einer Woche vor der geplanten Ortsabwesenheit/Reise. Sie wird Sie informieren, ob und unter welcher Bedingung ein leistungsunschädlicher Aufenthalt möglich ist. Verreisen Sie ohne vorherige Unterrichtung und Zustimmung Ihrer Agentur für Arbeit, wird die Bewilligung der Leistung rückwirkend vom Reisebeginn an aufgehoben (vgl. die Hinweise zur Erstattungspflicht in Abschnitt 8.3). Nähere Informationen enthält das Faltblatt "Wissenswertes zum Thema Umzug und Reisen". 7Mit Bescheid vom 21.05.2012 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 01.04.2012 bis zum 30.03.2013 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von EUR 50,03. 8In einem Beratungsvermerk der Mitarbeiterin der Beklagten, Frau XXX, über ein Gespräch mit dem Kläger am 01.06.2012 heißt es: "Hat Interesse an einer XXX-Weiterbildung im Bereich Schweißen oder als CNC-Maschinen- und Systembediener. Start im Juni bzw. Juli, hier möchte er in den Urlaub fahren v. 09.07.- 29.07.2012. Hingewiesen, dass dann eine Weiterbildung/Umschulung nicht möglich ist und dass OAW 1 Woche vor Antritt angemeldet werden muss." 9Der Kläger reiste am 09.07.2012 in die Türkei ab. 10Am 16.07.2012 setzte der Kläger sich aus der Türkei telefonisch mit der Beklagten in Verbindung. Frau XXX von der Beklagten erstellte diesbezüglich nachfolgenden Telefonvermerk: 11"Anrufer wünscht einen Rückruf durch Hauptbetreuer aus folgendem Grund: Kunde hat Schreiben bekommen bzgl. Kürzungen der Leistungen, weil er zu Terminen nicht erschienen ist. Der Kunde hatte am 11.07.12 und 18.07.12 jeweils einen Termin. Der Kunde ist vom 10.07.2012 bis 30.07.12 im Urlaub (Türkei). Kunde wünscht den Rückruf auf Mobil. Kunden mitgeteilt, dass der AV entscheidet bzgl. des RR in die Türkei. Sollte kein RR erfolgen, dem Kunden mitgeteilt, sich am 31.07.2012 pers. in der zuständigen AA zu melden. OAW ist im Lebenslauf ersichtlich jedoch nicht in der Kundenhistorie. Wiedervorlage auf Hauptbetreuer gesetzt." 12Ein weiterer Vermerk ebenfalls vom 16.07.2012 besagt: "Kein RR, da Kunde sich im Ausland befindet. OAW wurde nicht genehmigt, daher Abmeldung wegen mangelnder Verfügbarkeit, Info an EZ zwecks Erledigung Kolibri." 13Am 17.07.2012 meldete der Kläger sich erneut telefonisch bei der Beklagten. Herr XXX von der Beklagten erstellte diesbezüglich folgenden Verbis-Vermerk: 14"Kd. meldet sich wg. OAW 1007-300712 zurück (vgl. Vermerke 160712). Kd. auf Abmeldung zum 100712 wg. ungenehmigter OAW hingewiesen. Kd. hat neA am 030712 OAW im SC beantragt und genehmigt bekommen. Kein entsprechender Vermerk ersichtlich. Kd hat neA Zeugen für TK. Lt. SC-Vermerk 160712 war Zeitraum d. OAW im LL eingetragen. Kd. auf erneut notwendige pV zur Alome. mit gültigem Pass und aktueller Meldebescheinigung am Tag d. Rückkehr hingewiesen. Kd. mitgeteilt, dass Alt weiterbewilligt werden kann, nach aktuellen Sachstand erst ab Tag d. erneuten Aloe. Kd. will bei pV auch Sachstand OAW klären." 15Mit Bescheid vom 17.07.2012 hob die Beklagte die an den Kläger gerichtete Bewilligung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum ab dem 10.07.2012 auf. 16Am 30.07.2012 meldete der Kläger sich persönlich bei der Beklagten zurück. Er führte hierbei erneut aus, dass er am 03.07.2012 im Servicecenter der Beklagten angerufen habe und seine Ortsabwesenheit im Zeitraum vom 10.07.2012 bis zum 30.07.2012 mitgeteilt habe. In diesem Zusammenhang sei er nach seinem Namen, seiner Kundennummer, seiner Telefonnummer und seiner Adresse gefragt worden. Ihm sei mitgeteilt worden, dass er nicht mehr persönlich zu erscheinen brauche, weil seine Ortsabwesenheit aufgenommen worden sei, und man habe ihm einen schönen Urlaub gewünscht. Er kündigte an, eine Auflistung der Telefonate aus dem Monat Juli 2012 zu besorgen und das Telefonat nachzuweisen. 17Ebenfalls am 30.07.2012 beantragte der Kläger erneut Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 03.08.2012 gewährte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 30.07.2012 bis zum 19.04.2013. 18Bereits am 02.08.2012 hatte der Kläger gegen den Aufhebungsbescheid vom 17.07.2012 Widerspruch erhoben. Zur Begründung des Widerspruchs wiederholte er, dass er am 03.07.2012 in der Agentur für Arbeit Plettenberg angerufen habe, um nachzufragen, welche Dokumente er für die Anmeldung seines dreiwöchigen Urlaubs mitbringen müsse. Dort sei ihm gesagt worden, dass er nicht zu erscheinen brauche, weil die Angelegenheit auch telefonisch geregelt werden könne. Auf seine Anregung, doch lieber persönlich zu erscheinen, sei ihm mitgeteilt worden, dass der Anruf völlig ausreichend sei. Seine Ehefrau XXX und deren Freundin XXX hätten das Gespräch mitgehört. Außerdem habe er nunmehr eine Liste seiner ausgegangenen Anrufe für den Monat Juli 2012 angefordert. 19Am 21.08.2012 teilte der Kläger der Beklagten telefonisch mit, dass sein Anbieter keinen Einzelverbindungsnachweis erteilen könne. Er habe mit einer jungen Dame gesprochen, deren Namen er nicht benennen könne. 20Mit Widerspruchsbescheid vom 22.08.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld sei ab dem 10.07.2012 entfallen, weil dieser ab diesem Zeitpunkt nicht mehr im Sinne des 138 Abs.5 Nr.2 SGB III den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestanden habe und damit keine Arbeitslosigkeit im Sinne von § 138 Abs.1 SGB III mehr vorgelegen habe. Eine Zustimmung zur Ortsabwesenheit des Klägers im Sinne von § 3 Abs.1 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit zur Pflicht des Arbeitslosen, Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten zu können (EAO), liege nicht vor. Das vom Kläger vorgetragene Telefonat sei nicht feststellbar und dieser könne auch keine diesbezüglichen Nachweise vorlegen. Zudem sei die vom Kläger vorgetragene "Anmeldung" des Urlaubs nicht ausreichend gewesen. Vielmehr sei vor der erforderlichen Zustimmung seitens der Beklagten zu prüfen gewesen, ob die Vermittlungsbemühungen zugunsten des Klägers durch die Ortsabwesenheit beeinträchtigt würden. Die Beklagte könne ihre Aufhebung sowohl auf die § § 48 Abs.1 Satz 1, 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) als auch auf die § § 48 Abs.1 Satz 1, 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X stützen. Der Kläger sei zunächst seiner durch § 60 Abs.1 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuchs (SGB I) normierten Mitteilungspflicht nicht nachgekommen. Weiter habe er ohne Weiteres erkennen müssen, dass sein Anspruch mit dem 10.07.2012 entfallen sei. Ausreichende Informationen ergäben sich aus dem dem Kläger ausgehändigten Merkblatt 1 der Beklagten. 21Am 21.09.2012 hat der Kläger Klage erhoben. 22Er trägt ergänzend vor, dass seine Beraterin ihm mitgeteilt habe, dass der von ihm beabsichtigte Urlaub grundsätzlich kein Problem sei, er aber vorher erscheinen solle, um den Urlaub konkret zu regeln. Als er die Nebenstelle der Agentur für Arbeit in Werdohl aufgesucht habe, sei diese aber geschlossen gewesen. Den geschilderten Telefonanruf habe er in der Folge vorgenommen. Sofern die Beklagte bei ihr eingehende Telefonanrufe nicht dokumentiere, gehe das zu ihren Lasten. Seine Ehefrau habe das von ihm geführte Telefongespräch in allen Einzelheiten über den eingeschalteten Lautsprecher des Telefons mitverfolgt. Auf Nachfrage des Gerichts hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.08.2014 mitgeteilt, dass er seiner Gesprächspartnerin nicht mitgeteilt habe, dass eine dritte Person das Gespräch mithöre. Der Kläger beantragt, 23den Bescheid vom 17.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2012 aufzuheben, hilfsweise, die Sache zu vertagen und die Zeugin XXX in einem weiteren Termin zur mündlichen Verhandlung zum Beweisthema "Anruf des Klägers bei der Beklagten am 03.07.2012" zu vernehmen. 24Die Beklagte beantragt, 25die Klage abzuweisen. 26Sie bezieht sich maßgeblich auf ihren Vortrag im Verwaltungsverfahren. 27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen. 28Entscheidungsgründe: 29Die zulässige Klage ist unbegründet. 30Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2012 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs.2 Satz 1 SGG). Zu Recht hat die Beklagte mit diesem Bescheid die dem Kläger erteilte Bewilligung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum ab dem 10.07.2012 aufgehoben. 31Die Beklagte kann diese Aufhebung auf die §§ 48 Abs.1 Satz 1, 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X stützen. Gemäß § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Gemäß § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X soll er mit Wirkung vom Zeitpunkt der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. 32Zunächst liegt für den Zeitraum ab dem 10.07.2012 die in § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X normierte Voraussetzung einer wesentlichen Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen vor. Diese wesentliche Änderung besteht darin, dass ab diesem Zeitraum der Kläger nicht mehr im Sinne von § 138 Abs.5 Nr.2 SGB III für die Vermittlungsbemühungen der Beklagten verfügbar war. Diese Verfügbarkeit ist aber gemäß § 138 Abs.1 SGB III Voraussetzung für die Annahme von Arbeitslosigkeit und damit auch für den Bezug von Arbeitslosengeld. 33Verfügbarkeit liegt gemäß § 138 Abs.5 Nr.2 SGB III insbesondere nur dann vor , wenn der Erwerbslose Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann. Im Weiteren werden die Voraussetzungen des § 138 Abs.5 Nr.2 SGB III durch die auf der Grundlage von § 164 Nr.2 SGB III erlassene EAO konkretisiert. 34Gemäß § 1 Abs.1 EAO kann Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten, wer in der Lage ist, unverzüglich 351. Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen,&8232; 362. das Arbeitsamt aufzusuchen, 373.mit einem möglichen Arbeitgeber oder Träger einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und bei Bedarf persönlich mit diesem zusammenzutreffen und 4. eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Der Arbeitslose hat deshalb sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. 38Gemäß § 2 EAO kann sich der Arbeitslose vorübergehend auch von seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt entfernen, wenn 1. er dem Arbeitsamt rechtzeitig seine Anschrift für die Dauer der Abwesenheit mitgeteilt hat,&8232; 2. er auch an seinem vorübergehenden Aufenthaltsort die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 erfüllen kann und 3. er sich im Nahbereich des Arbeitsamtes aufhält. Zum Nahbereich gehören alle Orte in der Umgebung des Arbeitsamtes, von denen aus der Arbeitslose erforderlichenfalls in der Lage wäre, das Arbeitsamt täglich ohne unzumutbaren Aufwand zu erreichen. 39Eine Ausnahme zu den Anforderungen der §§ 1,2 EAO normiert § 3 Abs.1 EAO. Hier heißt es: "Erfüllt der Arbeitslose nicht die Voraussetzungen des § 2 Nrn. 1 bis 3, steht dies der Verfügbarkeit bis zu drei Wochen im Kalenderjahr nicht entgegen, wenn das Arbeitsamt vorher seine Zustimmung erteilt hat. In den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit soll das Arbeitsamt die Zustimmung nur in begründeten Ausnahmefällen erteilen. Die Zustimmung darf jeweils nur erteilt werden, wenn durch die Zeit der Abwesenheit die berufliche Eingliederung nicht beeinträchtigt wird." 40Der Kläger erfüllte während seines Aufenthalts in der Türkei zunächst nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs.1 EAO. Er konnte die dort dargestellten Voraussetzungen, insbesondere die Möglichkeit, die Beklagte unverzüglich aufzusuchen oder unverzüglich mit einem Arbeitgeber oder Träger einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme zusammenzutreffen, in diesem Zeitraum nicht erfüllen. Eine die Verfügbarkeit des Klägers fingierende Zustimmung zur Ortsabwesenheit liegt nach dem von der Kammer zugrundezulegenden Sachverhalt nicht vor. Eine Zustimmung ergibt sich zunächst nicht aus dem von der Beklagten gefertigten Vermerk über ein Gespräch des Klägers mit seiner Arbeitsvermittlerin Frau XXX am 01.06.2012. Zwar hat der Kläger nach dem zur Akte genommenen Verbis-Vermerk darauf hingewiesen, dass er im Zeitraum vom 09.07.2012 bis zum 29.07.2012 in den Urlaub fahren wolle. Eine Zustimmung ergibt sich aus diesem Vermerk jedoch gerade nicht. Vielmehr ist hiernach zwischen dem Kläger und Frau XXX besprochen worden, dass die vom Kläger grundsätzlich anvisierten Weiterbildungsmaßnahmen im Juni beziehungsweise Juli 2013 beginnen sollten und ein solcher Beginn bei einer Urlaubsabwesenheit des Klägers im Juli 2012 nicht möglich sei. Jedenfalls müsse eine Ortsabwesenheit noch eine Woche vor ihrem Antritt angemeldet werden. 41Aus den vom Kläger am 16.07.2012 und am 17.07.2012 mit der Beklagten geführten Telefonaten ergibt sich eine Zustimmung bereits deshalb nicht, weil diese gemäß § 3 Abs.1 EAO nur "vorher" (also vor Beginn der Ortsabwesenheit) erteilt werden kann. Zudem ist den gefertigten Telefonvermerken auch keine nachträgliche Zustimmung der Beklagten zur Ortsabwesenheit des Klägers zu entnehmen. Vielmehr wurde der vom Kläger erbetene Rückruf seines Arbeitsvermittlers in dem Gespräch am 16.07.2012 von dessen weiterer Entscheidung abhängig gemacht. Im weiteren Telefongespräch vom 17.07.2012 ist dem Kläger nach dem Stand der Akte ausdrücklich verdeutlicht worden, dass die Beklagte von einer ungenehmigten Ortsabwesenheit ausging und den Kläger aus diesem Grund aus dem Leistungsbezug "abgemeldet" hatte. 42Weiter kann der Entscheidung der Kammer nicht eine vom Kläger vorgetragene telefonische Zustimmung zu seiner Ortsabwesenheit am 03.07.2012 zugrundegelegt werden. Diese von der Beklagten ausdrücklich bestrittene Zustimmung ließ sich nach den der Urteilsfindung zugrundeliegenden Sachverhaltsermittlungen nämlich nicht nachweisen; auch ein Nachweis durch weitere Sachverhaltsermittlungen im Sinne des von ihm gestellten Hilfsantrags wäre – wie noch weiter auszuführen ist - zur Überzeugung der Kammer nicht möglich gewesen. 43Dieses Beweisergebnis geht zur Überzeugung der Kammer zu Lasten des Klägers. Zwar ist im Rahmen eines Aufhebungsverfahrens grundsätzlich die Behörde hinsichtlich der Voraussetzungen einer Aufhebung beweisbelastet. Ob diese Beweislastverteilung auch für die Negativtatsache der fehlenden Zustimmung der Beklagten zur Ortsabwesenheit des Klägers gilt (so wohl für die Negativtatsache der fehlenden Mitteilung eines Wohnortwechsels im Rahmen von § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X Hessisches LSG, Urteil vom 20.01.2011, L 7 AL 209/10 ZVW - juris (Rdnr.17 ff.)) oder ob der Kläger diesen für ihn günstigen und zur Fiktion der Verfügbarkeit führenden Ausnahmetatbestand nachzuweisen hat (grds. zur Beweislastverteilung nach den Maßstäben des materiellen Rechts BSG, Urteil vom 26.11.1992, 7 Rar 38/92 - juris (Rdnr.23)), kann zur Überzeugung der Kammer aber dahinstehen. Auch sofern man die Beweislast auch diesbezüglich der Beklagten auferlegt, ergibt sich im vorliegenden Fall nämlich ein Beweis des ersten Anscheins für eine fehlende Zustimmung zur Ortsabwesenheit des Klägers, der zur Überzeugung der Kammer nicht durch weitere Sachverhaltsermittlungen entkräftet werden kann. Ein solcher Beweis des ersten Anscheins ergibt sich aus einem aus der Lebenserfahrung beruhenden Schluss, dass gewisse typische Sachverhalte regelmäßig bestimmte Folgen auslösen (LSG Berlin, Urteil vom 04.04.2003, L 10 AL 96/01 - juris (Rdnr.26); LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.04.2014, L 18 KN 120/12 - juris (Rdnr.27)). Zur Überzeugung des Gerichts wäre es jedoch die typische Folge einer telefonisch erteilten Zustimmung zur Ortsabwesenheit eines Empfängers von Arbeitslosengeld, dass der Zustimmende diese durch einen Vermerk (insbesondere im Verbis-System der Beklagten) dokumentiert. Die Zustimmung zur Ortsabwesenheit ist nämlich für die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld maßgeblich und damit rechtserheblich. Sie darf nur erteilt werden, wenn durch die Zeit der Abwesenheit die berufliche Eingliederung nicht beeinträchtigt wird. Sie setzt also in jedem Fall eine Prüfung der Vermittlungssituation des Arbeitslosen voraus und kann nicht "ohne Weiteres" erfolgen. Dies galt insbesondere im vorliegenden Fall, weil die Zustimmung in den ersten drei Monaten (die Arbeitslosmeldung des Klägers war am 09.05.2012 erfolgt) der Arbeitslosigkeit gemäß § 3 Abs.1 Satz 2 EAO nur in Ausnahmefällen erteilt werden soll. Im vorliegenden Fall kam weiter hinzu, dass gemäß dem Vermerk vom 01.06.2012 für den Monat Juli 2012 eine Weiterbildung des Klägers in Betracht kam. Gleichwohl finden sich in der Verwaltungsakte der Beklagten keinerlei Anhaltspunkte für ein Telefongespräch des Klägers mit der Beklagten am 03.07.2012 und damit auch nicht für eine an diesem Tag telefonisch erteilte Zustimmung zur Ortsabwesenheit. Auch aus dem weiteren Ablauf der Akte ergeben sich keine Hinweise darauf, dass ein wie auch immer gearteter telefonischer Kontakt des Klägers mit der Beklagten am 03.07.2012 stattgefunden hat. Im Telefonvermerk vom 17.07.2012 heißt es ausdrücklich, dass kein Vermerk über ein früheres Gespräch des Klägers vom 03.07.2012 vorliege. 44Die Möglichkeit weiterer Sachverhaltsermittlungen, die zum Nachweis der vom Kläger vorgetragenen Zustimmung führen konnten, sah die Kammer nicht. Der Kläger konnte die Mitarbeiterin der Beklagten, die ihm gemäß seinem Vortrag eine Zustimmung zu der von ihm geplanten Ortsabwesenheit erteilt hatte, nicht benennen. Weiter sah die Kammer sich nicht veranlasst, den Sachverhalt durch eine Vernehmung der Ehefrau des Klägers, Frau XXX, weiter aufzuklären. Eine solche Vernehmung hätte nur dann zum Nachweis einer dem Kläger erteilten Zustimmung führen können, wenn Frau XXX glaubhaft ausgesagt hätte, dass die vom Kläger in Bezug genommene Mitarbeiterin der Beklagten eine Erklärung abgegeben hat, die vom Horizont eines verständigen Empfängers im Sinne von §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) als Zustimmung zur Ortsabwesenheit gemäß § 3 Abs.1 EAO gewertet werden konnte. Hierfür hätte Frau XXX zur Überzeugung der Kammer die Erklärungen der Mitarbeiterin wiedergeben müssen; die bloße Schilderung von Reaktionen des Klägers auf die Aussagen eines telefonischen Gesprächspartners wäre für den Nachweis einer Zustimmung dagegen nicht ausreichend gewesen. 45Zwar hat der Kläger vorgetragen, dass seine Ehefrau das von ihm genannte Telefongespräch über den eingeschalteten Lautsprecher seines Telefons mitgehört habe. Da der Kläger seine Gesprächspartnerin - wie er auf Nachfrage der Kammer ebenfalls mitgeteilt hat - jedoch nicht hierüber unterrichtet und damit auch nicht deren Zustimmung zum Mithören des Telefongesprächs durch einen Dritten erhalten hat, wäre eine diesbezügliche Aussage der Frau XXX nicht verwertbar gewesen. Sowohl die Vernehmung der Zeugin Güzel über von ihr mitgehörte telefonische Äußerungen der vom Kläger nicht näher benannten Mitarbeiterin der Beklagten als auch die Verwertung dieser Aussage hätte das durch Art.2 Abs.1 i. V.m. Art.1 Abs.1 des Grundgesetzes (GG) geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht dieser Mitarbeiterin verletzt. 46Das Bundesverfassungsgericht hat sich in seinen Beschlüssen vom 09.10.2002, 1 BvR 1611/96; 1 BvR 805/98 - juris umfänglich mit der Fragestellung der Verwertung von Zeugenaussagen über den Inhalt von Telefongesprächen, die von den Zeugen über eine Mithörvorrichtung mit Wissen nur eines der Gesprächspartner mitverfolgt worden waren, auseinandergesetzt (hierauf Bezug nehmend für den Zivilprozess u.a. BGH, Urteil vom 18.02.2003, XI ZR 165/02 - juris (Rdnr.14); BGH, Urteil vom 17.02.2010, VIII ZR 70/07- juris (Rdnr.28), die Rechtsfrage für das sozialgerichtliche Verfahren mangels Entscheidungserheblichkeit offenlassend LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.07.2014, L 16 KR 429/13 - juris (Rdnr.43). 47In den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts heißt es in den Rdnrn. 32,33 (juris): 48"In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist anerkannt, dass das Grundgesetz neben dem Recht am eigenen Bild auch das Recht am gesprochenen Wort schützt (vgl. BVerfGE 34, 238 (246 f.); 54, 148 (154)). Dieses gewährleistet die Selbstbestimmung über die eigene Darstellung der Person in der Kommunikation mit anderen (vgl. BVerfGE 54, 148 (155)). Der Schutz umfasst die Möglichkeit, sich in der Kommunikation nach eigener Einschätzung situationsangemessen zu verhalten und sich auf die jeweiligen Kommunikationspartner einzustellen. Zum Grundrecht gehört die Befugnis selbst zu bestimmen, ob der Kommunikationsinhalt einzig dem Gesprächspartner, einem bestimmten Personenkreis oder der Öffentlichkeit zugänglich sein soll (vgl. BVerfGE 54, 148 (155) unter Bezugnahme auf BGHZ 27, 284 (286); vgl. auch BAGE 41, 37 (42) sowie - unter Anschluss an diese Entscheidung - BGH, NJW 1991, S. 1180). Das Selbstbestimmungsrecht erstreckt sich also auf die Auswahl der Personen, die Kenntnis vom Gesprächsinhalt erhalten sollen. Dieses Selbstbestimmungsrecht findet einen Ausdruck in der Befugnis des Menschen, selbst und allein zu entscheiden, ob sein Wort auf einen Tonträger aufgenommen und damit möglicherweise Dritten zugänglich werden soll, womit Wort und Stimme von dem Kommunikationsteilnehmer losgelöst und in einer für Dritte verfügbaren Gestalt verselbständigt werden (vgl. grundlegend BVerfGE 34, 238 (246 f.); BGHZ 27, 284). Menschliche Kommunikation soll durch das Grundrecht dagegen geschützt sein, dass die Worte - eine vielleicht unbedachte oder unbeherrschte Äußerung, eine bloß vorläufige Stellungnahme im Rahmen eines sich entfaltenden Gesprächs oder eine nur aus einer besonderen Situation heraus verständliche Formulierung - bei anderer Gelegenheit und in anderem Zusammenhang hervorgeholt werden, um durch Inhalt, Ausdruck oder Klang gegen den Sprechenden zu zeugen." Schutz besteht in diesem Zusammenhang nicht nur vor der heimlichen Aufnahme von Gesprächen, sondern auch davor, dass ein Kommunikationspartner ohne Kenntnis des anderen eine dritte Person als Zuhörer in das Gespräch mit einbezieht oder die unmittelbare Kommunikationsteilhabe durch den Dritten gestattet (BVerfG, a.a.O., juris (Rdnr.34). 49Im Hinblick darauf, dass der Schutz des gesprochenen Worts grundsätzlich unabhängig vom Inhalt des von den Partnern des Telefonats geführten Gesprächs ist, führt das Bundesverfassungsgericht in den Rdnrn. 36/37 (juris) der vorgenannten Beschlüsse aus: "Demgegenüber ist der Schutz des Rechts am gesprochenen Wort nicht auf bestimmte Inhalte und Örtlichkeiten begrenzt, sondern bezieht sich allein auf die Selbstbestimmung über die unmittelbare Zugänglichkeit der Kommunikation, also etwa über die Herstellung einer Tonaufnahme oder die Kommunikationsteilhabe einer dritten Person. Der Schutz des Rechts am gesprochenen Wort hängt weder davon ab, ob es sich bei den ausgetauschten Informationen um personale Kommunikationsinhalte oder gar besonders persönlichkeitssensible Daten handelt, noch kommt es auf die Vereinbarung einer besonderen Vertraulichkeit der Gespräche an. Vielfach lässt sich nicht vorhersehen, in welche Richtung ein Gespräch verläuft. So kann eine Unterhaltung, die sich zunächst auf nicht besonders geheimhaltungsbedürftige geschäftliche Dinge beschränkt, in ein persönliches Gespräch übergehen oder ein persönliches in ein geschäftliches mit sensiblen Inhalten. Dem Gespräch einen neuen Verlauf geben zu können, ohne die eigene Unbefangenheit in der Kommunikation verlieren zu müssen, ist vom Selbstbestimmungsrecht der Kommunikationsteilnehmer umfasst. Dieses Selbstbestimmungsrecht soll den Sprecher auch befähigen, sich auf mögliche Folgen der Kommunikation einzustellen. Wäre ihm etwa bewusst, dass ein Dritter zuhört, so dass bei einer anschließenden rechtlichen Auseinandersetzung ein Beweismittel zur Verfügung steht (vgl. BGH, NJW 1970, S. 1848; NJW 1991, S.1180; BAGE 41, 37), könnte der Sprecher vor dem Hintergrund einer andernfalls bestehenden eigenen Beweislosigkeit entscheiden, jedwede Äußerung von rechtlicher Relevanz zu unterlassen. Er könnte sich auch um einen behutsameren Gebrauch solcher Formulierungen bemühen, die unter Umständen beweiserheblich werden. Oder er könnte seinerseits dafür sorgen, über ein eigenes Beweismittel zu verfügen. Solche Möglichkeiten, sich am jeweiligen Kommunikationspartner auszurichten und sich im Hinblick auf die eigenen Kommunikationsinteressen situationsangemessen zu verhalten, werden ihm genommen, wenn nicht in seiner Entscheidung steht, wer die Kommunikationsinhalte unmittelbar wahrnehmen kann." 50Nach diesen Maßgaben war es zur Überzeugung der Kammer unerheblich, dass die vom Kläger angegebene Gesprächspartnerin - seinen Vortrag unterstellt - das Telefongespräch in ihrer Funktion als Mitarbeiterin der Beklagten geführt hat und allein über Themen gesprochen hat, die ihren dienstlichen Bereich betrafen. Auch in diesem Zusammenhang bedurfte sie eines Schutzes dagegen, dass "eine vielleicht unbedachte oder unbeherrschte Äußerung, eine bloß vorläufige Stellungnahme im Rahmen eines sich entfaltenden Gesprächs oder eine nur aus einer besonderen Situation heraus verständliche Formulierung - bei anderer Gelegenheit und in anderem Zusammenhang hervorgeholt werden, um durch Inhalt, Ausdruck oder Klang gegen den Sprechenden zu zeugen." Auch - und gerade - in diesem Zusammenhang bedurfte sie überdies der Fähigkeit, sich auf mögliche Folgen der Kommunikation einzustellen, gegebenenfalls eine erhöhte Vorsicht bei Äußerungen mit rechtlicher Relevanz walten zu lassen oder sich ihrerseits Beweismittel zu sichern. Überdies bestand auch hier die Möglichkeit, dass das Gespräch, das zunächst einen rein "dienstlichen" Inhalt hatte, in ein solches überging, das auch persönliche Elemente enthielt. 51Eine Einwilligung der Gesprächspartnerin des Klägers lag nicht vor. Der Kläger selbst hat erklärt, dass er seine Gesprächspartnerin nicht darüber informiert hat, dass seine Ehefrau das Telefonat mithöre. Auch von einer konkludenten Einwilligung ist nicht auszugehen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Voraussetzung einer stillschweigenden Einwilligung in den vorab zitierten Beschlüssen (Rdnrn. 50-52- juris) wie folgt dargestellt: 52"Die Annahme einer stillschweigenden Einwilligung in das Mithören erfordert insoweit entsprechende Feststellungen der Gerichte, die sie unter hinreichender Berücksichtigung des grundrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrechts der Gesprächsteilnehmer zu bewerten haben. Aus der tatsächlichen Verbreitung eines bestimmten Verhaltens in Verbindung mit dem Fehlen eines vorsorglichen Widerspruchs allein kann die konkludente Einwilligung des davon nachteilig Betroffenen nicht geschlossen werden (vgl. die Rechtsprechung zu der Problematik einer konkludenten Einwilligung in eine Telefonwerbung BGH, NJW 1989, S. 2820; JZ 1990, S. 251; OLG Köln, NJW-RR 1993, S. 753). Es hätte daher auch der Feststellung bedurft, dass in den jeweils beteiligten Kreisen das Unterbleiben eines Widerspruchs auf Grund einer Verkehrssitte als stillschweigende Einwilligung gedeutet wird. Das bloße faktische Verbreitetsein von Mithöreinrichtungen rechtfertigt nicht einmal den Schluss auf deren allgemeine Nutzung zum Mithören durch Dritte. Die an den Telefongeräten angebrachten Mithöreinrichtungen (Lautsprecher oder Zweithörer) dienen unterschiedlichen Zwecken. So begründen sie eine technische Option für die Gesprächsteilnehmer, den Kreis der Kommunikationspartner zu erweitern. Daneben kann die Lautsprecherfunktion aber auch dazu genutzt werden, während des Telefonierens beide Hände frei zu haben, um sich Notizen zu machen oder in Unterlagen zu blättern, ohne das Gespräch unterbrechen zu müssen. Ob dafür geeignete Einrichtungen üblicherweise zum Mithören Dritter ohne Kenntnis des Gesprächspartners eingesetzt werden, haben die Gerichte in den Ausgangsverfahren nicht festgestellt. Aber selbst wenn das heimliche Mithören in bestimmten Bereichen, beispielsweise im Geschäftsverkehr, faktisch häufig oder gar weitgehend üblich sein sollte, reichte dies nicht, um das Fehlen der Einwilligung in das Mithören deshalb als unerheblich anzusehen, weil der Gesprächspartner nicht widersprochen hat. Aus dem Umstand allein, dass jemand von einer Mithörmöglichkeit Kenntnis hat, folgt jedenfalls nicht notwendig, dass er mit einem tatsächlichen Mithören auch rechnet und zugleich stillschweigend einverstanden ist (vgl. auch BVerfGE 85, 386 (398) zu der vergleichbaren Problematik im Fernmeldeverkehr). Dies gilt auch, wenn ein Gespräch zunächst von einer anderen Person entgegengenommen und dann an den maßgebenden Gesprächspartner weitergereicht wird. In solchen Fällen ist schon zweifelhaft, ob es üblich ist, dass die zuerst eingeschaltete Person weiter mithört." Nach Auffassung der Kammer kann es überdies auch nicht als allgemeinüblich oder sozialadäquat angesehen werden, dass bei Telefonaten zwischen Leistungsempfängern und Mitarbeitern der Beklagten eine dritte Person "heimlich" mithört, so dass ohne ausdrücklichen Widerspruch des Kommunikationspartners von dessen stillschweigender Einwilligung ausgegangen werden könnte (vgl. hierzu BVerfG, a.a.O.,Rdnr. 53). 53Die durch eine Vernehmung der Zeugin XXX hinsichtlich des Telefongesprächs gezeitigte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Mitarbeiterin der Beklagten wäre auch nicht gerechtfertigt gewesen. Eine entsprechende Rechtfertigung kommt insbesondere im Strafprozess bei der Verfolgung besonders schwerer Straftaten, daraüberhinaus auch beim Bestehen eines Notwehrrechts und bei kriminellen Angriffen auf die berufliche Existenz eines Verfahrensbeteiligten in Betracht (BVerfG, a.a.O., Rdnr.62-64). Eine vergleichbare Situation ist hier nicht ersichtlich. Da durch eine Vernehmung der Zeugin XXX und ihre Verwertung eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der nicht näher genannten Mitarbeiterin der Beklagten eingetreten wäre, kann die Frage dahinstehen, ob auch die Beklagte als juristische Person des öffentlichen Rechts Trägerin des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sein und sich hierauf berufen kann (vgl. zur Frage der Grundrechtsbindung und - verpflichtung gemischtwirtschaftlicher Unternehmen BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 – 1 BvR 699/06 –, BVerfGE 128, 226-278 - juris). Die Bewilligung des Klägers konnte auch für den Zeitraum ab der Änderung der Verhältnisse - mithin ab dem 10.07.2012 - aufgehoben werden. 54Die Voraussetzungen des § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X lagen vor. Der Kläger musste den Wegfall seines Anspruchs für den Zeitraum ab dem 10.07.2012 ohne Weiteres kennen, so dass ihn diesbezüglich zumindest eine grob fahrlässige Unkenntnis trifft. Das Merkblatt 1 der Beklagten weist in der im Tatbestand zitierten Textpassage unmissverständlich daraufhin, dass für die Annahme einer leistungsunschädlichen Ortsabwesenheit nicht nur eine Anmeldung bei der Beklagten, sondern auch deren Zustimmung zur Ortsabwesenheit erforderlich war. Dass eine Prüfung der Voraussetzungen für eine Zustimmung unter Gesichtspunkten der Arbeitsvermittlung erforderlich war, ergab sich um so mehr daraus, dass die Auswirkungen einer Ortsabwesenheit des Klägers auf eine von ihm grundsätzlich anvisierte Weiterbildungsmaßnahme Gegenstand des Gesprächs mit seiner Arbeitsvermittlerin am 01.06.2012 waren. Auch bei zweideutigen Aussagen einer telefonischen Gesprächspartnerin, die über die Auswirkungen einer Ortsabwesenheit des Klägers auf seine Vermittlungschancen gar nicht befinden konnte, wäre der Kläger gehalten gewesen, sich nochmals bei der Beklagten - ggf. im Rahmen einer persönlichen Vorsprache - zu erkundigen. Jedenfalls nach den Telefonaten mit der Beklagten am 16.07.2012 und am 17.07.2012 war dem Kläger überdies positiv bewusst, dass die Beklagte von einer ungenehmigten Ortsabwesenheit ausging. 55Die Beklagte war aufgrund der Vorschrift des § 330 Abs.3 Satz 1 SGB III von der Ermessensausübung entbunden. 56Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
die klage wird abgewiesen. außergerichtliche kosten sind nicht zu erstatten. 1
2die beteiligten streiten um die rechtmäßigkeit eines bescheides, mit dem die beklagte einen an den kläger gerichtete bewilligung von arbeitslosengeld nach dem dritten buch sozialgesetzbuch (sgb iii) aufgehoben hat. 3der kläger stand bereits im jahr 2009 bei der beklagten im bezug von arbeitslosengeld. zuletzt meldete er sich am 09.05.2012 arbeitslos und stellte einen antrag auf arbeitslosengeld. ausweislich seiner unterschrift auf dem antrag auf arbeitslosengeld erhielt er in diesem zusammenhang das merkblatt 1 für arbeitslose und nahm von dessen inhalt kenntnis. 4hierin heißt es auf seite 19: 5"um anspruch auf arbeitslosengeld zu haben, müssen sie für vermittlungsbemühungen ihrer agentur für arbeit zur verfügung stehen. sie müssen 61. persönlich für ihre agentur für arbeit an jedem werktag unter der von ihnen benannten anschrift erreichbar sein und die agentur für arbeit auch täglich aufsuchen können. wenn sie dennoch beabsichtigen, sich vorübergehend unter einer anderen anschrift aufzuhalten, benachrichtigen sie die agentur für arbeit rechtzeitig, möglichst innerhalb von einer woche vor der geplanten ortsabwesenheit/reise. sie wird sie informieren, ob und unter welcher bedingung ein leistungsunschädlicher aufenthalt möglich ist. verreisen sie ohne vorherige unterrichtung und zustimmung ihrer agentur für arbeit, wird die bewilligung der leistung rückwirkend vom reisebeginn an aufgehoben (vgl. die hinweise zur erstattungspflicht in abschnitt 8.3). nähere informationen enthält das faltblatt "wissenswertes zum thema umzug und reisen". 7mit bescheid vom 21.05.2012 bewilligte die beklagte dem kläger arbeitslosengeld für den zeitraum vom 01.04.2012 bis zum 30.03.2013 in höhe eines täglichen leistungsbetrages von eur 50,03. 8in einem beratungsvermerk der mitarbeiterin der beklagten, frau xxx, über ein gespräch mit dem kläger am 01.06.2012 heißt es: "hat interesse an einer xxx-weiterbildung im bereich schweißen oder als cnc-maschinen- und systembediener. start im juni bzw. juli, hier möchte er in den urlaub fahren v. 09.07.- 29.07.2012. hingewiesen, dass dann eine weiterbildung/umschulung nicht möglich ist und dass oaw 1 woche vor antritt angemeldet werden muss." 9der kläger reiste am 09.07.2012 in die türkei ab. 10am 16.07.2012 setzte der kläger sich aus der türkei telefonisch mit der beklagten in verbindung. frau xxx von der beklagten erstellte diesbezüglich nachfolgenden telefonvermerk: 11"anrufer wünscht einen rückruf durch hauptbetreuer aus folgendem grund: kunde hat schreiben bekommen bzgl. kürzungen der leistungen, weil er zu terminen nicht erschienen ist. der kunde hatte am 11.07.12 und 18.07.12 jeweils einen termin. der kunde ist vom 10.07.2012 bis 30.07.12 im urlaub (türkei). kunde wünscht den rückruf auf mobil. kunden mitgeteilt, dass der av entscheidet bzgl. des rr in die türkei. sollte kein rr erfolgen, dem kunden mitgeteilt, sich am 31.07.2012 pers. in der zuständigen aa zu melden. oaw ist im lebenslauf ersichtlich jedoch nicht in der kundenhistorie. wiedervorlage auf hauptbetreuer gesetzt." 12ein weiterer vermerk ebenfalls vom 16.07.2012 besagt: "kein rr, da kunde sich im ausland befindet. oaw wurde nicht genehmigt, daher abmeldung wegen mangelnder verfügbarkeit, info an ez zwecks erledigung kolibri." 13am 17.07.2012 meldete der kläger sich erneut telefonisch bei der beklagten. herr xxx von der beklagten erstellte diesbezüglich folgenden verbis-vermerk: 14"kd. meldet sich wg. oaw 1007-300712 zurück (vgl. vermerke 160712). kd. auf abmeldung zum 100712 wg. ungenehmigter oaw hingewiesen. kd. hat nea am 030712 oaw im sc beantragt und genehmigt bekommen. kein entsprechender vermerk ersichtlich. kd hat nea zeugen für tk. lt. sc-vermerk 160712 war zeitraum d. oaw im ll eingetragen. kd. auf erneut notwendige pv zur alome. mit gültigem pass und aktueller meldebescheinigung am tag d. rückkehr hingewiesen. kd. mitgeteilt, dass alt weiterbewilligt werden kann, nach aktuellen sachstand erst ab tag d. erneuten aloe. kd. will bei pv auch sachstand oaw klären." 15mit bescheid vom 17.07.2012 hob die beklagte die an den kläger gerichtete bewilligung von arbeitslosengeld für den zeitraum ab dem 10.07.2012 auf. 16am 30.07.2012 meldete der kläger sich persönlich bei der beklagten zurück. er führte hierbei erneut aus, dass er am 03.07.2012 im servicecenter der beklagten angerufen habe und seine ortsabwesenheit im zeitraum vom 10.07.2012 bis zum 30.07.2012 mitgeteilt habe. in diesem zusammenhang sei er nach seinem namen, seiner kundennummer, seiner telefonnummer und seiner adresse gefragt worden. ihm sei mitgeteilt worden, dass er nicht mehr persönlich zu erscheinen brauche, weil seine ortsabwesenheit aufgenommen worden sei, und man habe ihm einen schönen urlaub gewünscht. er kündigte an, eine auflistung der telefonate aus dem monat juli 2012 zu besorgen und das telefonat nachzuweisen. 17ebenfalls am 30.07.2012 beantragte der kläger erneut arbeitslosengeld. mit bescheid vom 03.08.2012 gewährte die beklagte dem kläger arbeitslosengeld für den zeitraum vom 30.07.2012 bis zum 19.04.2013. 18bereits am 02.08.2012 hatte der kläger gegen den aufhebungsbescheid vom 17.07.2012 widerspruch erhoben. zur begründung des widerspruchs wiederholte er, dass er am 03.07.2012 in der agentur für arbeit plettenberg angerufen habe, um nachzufragen, welche dokumente er für die anmeldung seines dreiwöchigen urlaubs mitbringen müsse. dort sei ihm gesagt worden, dass er nicht zu erscheinen brauche, weil die angelegenheit auch telefonisch geregelt werden könne. auf seine anregung, doch lieber persönlich zu erscheinen, sei ihm mitgeteilt worden, dass der anruf völlig ausreichend sei. seine ehefrau xxx und deren freundin xxx hätten das gespräch mitgehört. außerdem habe er nunmehr eine liste seiner ausgegangenen anrufe für den monat juli 2012 angefordert. 19am 21.08.2012 teilte der kläger der beklagten telefonisch mit, dass sein anbieter keinen einzelverbindungsnachweis erteilen könne. er habe mit einer jungen dame gesprochen, deren namen er nicht benennen könne. 20mit widerspruchsbescheid vom 22.08.2012 wies die beklagte den widerspruch des klägers zurück. der anspruch des klägers auf arbeitslosengeld sei ab dem 10.07.2012 entfallen, weil dieser ab diesem zeitpunkt nicht mehr im sinne des 138 abs.5 nr.2 sgb iii den vermittlungsbemühungen der agentur für arbeit zur verfügung gestanden habe und damit keine arbeitslosigkeit im sinne von § 138 abs.1 sgb iii mehr vorgelegen habe. eine zustimmung zur ortsabwesenheit des klägers im sinne von § 3 abs.1 der anordnung des verwaltungsrats der bundesanstalt für arbeit zur pflicht des arbeitslosen, vorschlägen des arbeitsamtes zur beruflichen eingliederung zeit- und ortsnah folge leisten zu können (eao), liege nicht vor. das vom kläger vorgetragene telefonat sei nicht feststellbar und dieser könne auch keine diesbezüglichen nachweise vorlegen. zudem sei die vom kläger vorgetragene "anmeldung" des urlaubs nicht ausreichend gewesen. vielmehr sei vor der erforderlichen zustimmung seitens der beklagten zu prüfen gewesen, ob die vermittlungsbemühungen zugunsten des klägers durch die ortsabwesenheit beeinträchtigt würden. die beklagte könne ihre aufhebung sowohl auf die § § 48 abs.1 satz 1, 48 abs.1 satz 2 nr.2 des zehnten buchs sozialgesetzbuch (sgb x) als auch auf die § § 48 abs.1 satz 1, 48 abs.1 satz 2 nr.4 sgb x stützen. der kläger sei zunächst seiner durch § 60 abs.1 des ersten buchs sozialgesetzbuchs (sgb i) normierten mitteilungspflicht nicht nachgekommen. weiter habe er ohne weiteres erkennen müssen, dass sein anspruch mit dem 10.07.2012 entfallen sei. ausreichende informationen ergäben sich aus dem dem kläger ausgehändigten merkblatt 1 der beklagten. 21am 21.09.2012 hat der kläger klage erhoben. 22er trägt ergänzend vor, dass seine beraterin ihm mitgeteilt habe, dass der von ihm beabsichtigte urlaub grundsätzlich kein problem sei, er aber vorher erscheinen solle, um den urlaub konkret zu regeln. als er die nebenstelle der agentur für arbeit in werdohl aufgesucht habe, sei diese aber geschlossen gewesen. den geschilderten telefonanruf habe er in der folge vorgenommen. sofern die beklagte bei ihr eingehende telefonanrufe nicht dokumentiere, gehe das zu ihren lasten. seine ehefrau habe das von ihm geführte telefongespräch in allen einzelheiten über den eingeschalteten lautsprecher des telefons mitverfolgt. auf nachfrage des gerichts hat der kläger im termin zur mündlichen verhandlung am 18.08.2014 mitgeteilt, dass er seiner gesprächspartnerin nicht mitgeteilt habe, dass eine dritte person das gespräch mithöre. der kläger beantragt, 23den bescheid vom 17.07.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 22.08.2012 aufzuheben, hilfsweise, die sache zu vertagen und die zeugin xxx in einem weiteren termin zur mündlichen verhandlung zum beweisthema "anruf des klägers bei der beklagten am 03.07.2012" zu vernehmen. 24die beklagte beantragt, 25die klage abzuweisen. 26sie bezieht sich maßgeblich auf ihren vortrag im verwaltungsverfahren. 27wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts wird auf die gerichts- und verwaltungsakten verwiesen. 28
29die zulässige klage ist unbegründet. 30der angefochtene bescheid der beklagten vom 17.07.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 22.08.2012 ist nicht rechtswidrig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 54 abs.2 satz 1 sgg). zu recht hat die beklagte mit diesem bescheid die dem kläger erteilte bewilligung von arbeitslosengeld für den zeitraum ab dem 10.07.2012 aufgehoben. 31die beklagte kann diese aufhebung auf die §§ 48 abs.1 satz 1, 48 abs.1 satz 2 nr.4 sgb x stützen. gemäß § 48 abs.1 satz 1 sgb x ist der verwaltungsakt mit wirkung für die zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen verhältnissen, die beim erlass eines verwaltungsaktes mit dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche änderung eintritt. gemäß § 48 abs.1 satz 2 nr.4 sgb x soll er mit wirkung vom zeitpunkt der verhältnisse aufgehoben werden, soweit der betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche sorgfalt in besonders schwerem maß verletzt hat, dass der sich aus dem verwaltungsakt ergebende anspruch kraft gesetzes zum ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. 32zunächst liegt für den zeitraum ab dem 10.07.2012 die in § 48 abs.1 satz 1 sgb x normierte voraussetzung einer wesentlichen änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen verhältnissen vor. diese wesentliche änderung besteht darin, dass ab diesem zeitraum der kläger nicht mehr im sinne von § 138 abs.5 nr.2 sgb iii für die vermittlungsbemühungen der beklagten verfügbar war. diese verfügbarkeit ist aber gemäß § 138 abs.1 sgb iii voraussetzung für die annahme von arbeitslosigkeit und damit auch für den bezug von arbeitslosengeld. 33verfügbarkeit liegt gemäß § 138 abs.5 nr.2 sgb iii insbesondere nur dann vor , wenn der erwerbslose vorschlägen der agentur für arbeit zur beruflichen eingliederung zeit- und ortsnah folge leisten kann. im weiteren werden die voraussetzungen des § 138 abs.5 nr.2 sgb iii durch die auf der grundlage von § 164 nr.2 sgb iii erlassene eao konkretisiert. 34gemäß § 1 abs.1 eao kann vorschlägen des arbeitsamtes zur beruflichen eingliederung zeit- und ortsnah folge leisten, wer in der lage ist, unverzüglich 351. mitteilungen des arbeitsamtes persönlich zur kenntnis zu nehmen,&8232; 362. das arbeitsamt aufzusuchen, 373.mit einem möglichen arbeitgeber oder träger einer beruflichen eingliederungsmaßnahme in verbindung zu treten und bei bedarf persönlich mit diesem zusammenzutreffen und 4. eine vorgeschlagene arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. der arbeitslose hat deshalb sicherzustellen, dass das arbeitsamt ihn persönlich an jedem werktag an seinem wohnsitz oder gewöhnlichen aufenthalt unter der von ihm benannten anschrift (wohnung) durch briefpost erreichen kann. 38gemäß § 2 eao kann sich der arbeitslose vorübergehend auch von seinem wohnsitz oder gewöhnlichen aufenthalt entfernen, wenn 1. er dem arbeitsamt rechtzeitig seine anschrift für die dauer der abwesenheit mitgeteilt hat,&8232; 2. er auch an seinem vorübergehenden aufenthaltsort die voraussetzungen des § 1 abs. 1 erfüllen kann und 3. er sich im nahbereich des arbeitsamtes aufhält. zum nahbereich gehören alle orte in der umgebung des arbeitsamtes, von denen aus der arbeitslose erforderlichenfalls in der lage wäre, das arbeitsamt täglich ohne unzumutbaren aufwand zu erreichen. 39eine ausnahme zu den anforderungen der §§ 1,2 eao normiert § 3 abs.1 eao. hier heißt es: "erfüllt der arbeitslose nicht die voraussetzungen des § 2 nrn. 1 bis 3, steht dies der verfügbarkeit bis zu drei wochen im kalenderjahr nicht entgegen, wenn das arbeitsamt vorher seine zustimmung erteilt hat. in den ersten drei monaten der arbeitslosigkeit soll das arbeitsamt die zustimmung nur in begründeten ausnahmefällen erteilen. die zustimmung darf jeweils nur erteilt werden, wenn durch die zeit der abwesenheit die berufliche eingliederung nicht beeinträchtigt wird." 40der kläger erfüllte während seines aufenthalts in der türkei zunächst nicht die voraussetzungen des § 1 abs.1 eao. er konnte die dort dargestellten voraussetzungen, insbesondere die möglichkeit, die beklagte unverzüglich aufzusuchen oder unverzüglich mit einem arbeitgeber oder träger einer beruflichen eingliederungsmaßnahme zusammenzutreffen, in diesem zeitraum nicht erfüllen. eine die verfügbarkeit des klägers fingierende zustimmung zur ortsabwesenheit liegt nach dem von der kammer zugrundezulegenden sachverhalt nicht vor. eine zustimmung ergibt sich zunächst nicht aus dem von der beklagten gefertigten vermerk über ein gespräch des klägers mit seiner arbeitsvermittlerin frau xxx am 01.06.2012. zwar hat der kläger nach dem zur akte genommenen verbis-vermerk darauf hingewiesen, dass er im zeitraum vom 09.07.2012 bis zum 29.07.2012 in den urlaub fahren wolle. eine zustimmung ergibt sich aus diesem vermerk jedoch gerade nicht. vielmehr ist hiernach zwischen dem kläger und frau xxx besprochen worden, dass die vom kläger grundsätzlich anvisierten weiterbildungsmaßnahmen im juni beziehungsweise juli 2013 beginnen sollten und ein solcher beginn bei einer urlaubsabwesenheit des klägers im juli 2012 nicht möglich sei. jedenfalls müsse eine ortsabwesenheit noch eine woche vor ihrem antritt angemeldet werden. 41aus den vom kläger am 16.07.2012 und am 17.07.2012 mit der beklagten geführten telefonaten ergibt sich eine zustimmung bereits deshalb nicht, weil diese gemäß § 3 abs.1 eao nur "vorher" (also vor beginn der ortsabwesenheit) erteilt werden kann. zudem ist den gefertigten telefonvermerken auch keine nachträgliche zustimmung der beklagten zur ortsabwesenheit des klägers zu entnehmen. vielmehr wurde der vom kläger erbetene rückruf seines arbeitsvermittlers in dem gespräch am 16.07.2012 von dessen weiterer entscheidung abhängig gemacht. im weiteren telefongespräch vom 17.07.2012 ist dem kläger nach dem stand der akte ausdrücklich verdeutlicht worden, dass die beklagte von einer ungenehmigten ortsabwesenheit ausging und den kläger aus diesem grund aus dem leistungsbezug "abgemeldet" hatte. 42weiter kann der entscheidung der kammer nicht eine vom kläger vorgetragene telefonische zustimmung zu seiner ortsabwesenheit am 03.07.2012 zugrundegelegt werden. diese von der beklagten ausdrücklich bestrittene zustimmung ließ sich nach den der urteilsfindung zugrundeliegenden sachverhaltsermittlungen nämlich nicht nachweisen; auch ein nachweis durch weitere sachverhaltsermittlungen im sinne des von ihm gestellten hilfsantrags wäre – wie noch weiter auszuführen ist - zur überzeugung der kammer nicht möglich gewesen. 43dieses beweisergebnis geht zur überzeugung der kammer zu lasten des klägers. zwar ist im rahmen eines aufhebungsverfahrens grundsätzlich die behörde hinsichtlich der voraussetzungen einer aufhebung beweisbelastet. ob diese beweislastverteilung auch für die negativtatsache der fehlenden zustimmung der beklagten zur ortsabwesenheit des klägers gilt (so wohl für die negativtatsache der fehlenden mitteilung eines wohnortwechsels im rahmen von § 48 abs.1 satz 2 nr.2 sgb x hessisches lsg, urteil vom 20.01.2011, l 7 al 209/10 zvw - juris (rdnr.17 ff.)) oder ob der kläger diesen für ihn günstigen und zur fiktion der verfügbarkeit führenden ausnahmetatbestand nachzuweisen hat (grds. zur beweislastverteilung nach den maßstäben des materiellen rechts bsg, urteil vom 26.11.1992, 7 rar 38/92 - juris (rdnr.23)), kann zur überzeugung der kammer aber dahinstehen. auch sofern man die beweislast auch diesbezüglich der beklagten auferlegt, ergibt sich im vorliegenden fall nämlich ein beweis des ersten anscheins für eine fehlende zustimmung zur ortsabwesenheit des klägers, der zur überzeugung der kammer nicht durch weitere sachverhaltsermittlungen entkräftet werden kann. ein solcher beweis des ersten anscheins ergibt sich aus einem aus der lebenserfahrung beruhenden schluss, dass gewisse typische sachverhalte regelmäßig bestimmte folgen auslösen (lsg berlin, urteil vom 04.04.2003, l 10 al 96/01 - juris (rdnr.26); lsg nordrhein-westfalen, urteil vom 29.04.2014, l 18 kn 120/12 - juris (rdnr.27)). zur überzeugung des gerichts wäre es jedoch die typische folge einer telefonisch erteilten zustimmung zur ortsabwesenheit eines empfängers von arbeitslosengeld, dass der zustimmende diese durch einen vermerk (insbesondere im verbis-system der beklagten) dokumentiert. die zustimmung zur ortsabwesenheit ist nämlich für die aufrechterhaltung des anspruchs auf arbeitslosengeld maßgeblich und damit rechtserheblich. sie darf nur erteilt werden, wenn durch die zeit der abwesenheit die berufliche eingliederung nicht beeinträchtigt wird. sie setzt also in jedem fall eine prüfung der vermittlungssituation des arbeitslosen voraus und kann nicht "ohne weiteres" erfolgen. dies galt insbesondere im vorliegenden fall, weil die zustimmung in den ersten drei monaten (die arbeitslosmeldung des klägers war am 09.05.2012 erfolgt) der arbeitslosigkeit gemäß § 3 abs.1 satz 2 eao nur in ausnahmefällen erteilt werden soll. im vorliegenden fall kam weiter hinzu, dass gemäß dem vermerk vom 01.06.2012 für den monat juli 2012 eine weiterbildung des klägers in betracht kam. gleichwohl finden sich in der verwaltungsakte der beklagten keinerlei anhaltspunkte für ein telefongespräch des klägers mit der beklagten am 03.07.2012 und damit auch nicht für eine an diesem tag telefonisch erteilte zustimmung zur ortsabwesenheit. auch aus dem weiteren ablauf der akte ergeben sich keine hinweise darauf, dass ein wie auch immer gearteter telefonischer kontakt des klägers mit der beklagten am 03.07.2012 stattgefunden hat. im telefonvermerk vom 17.07.2012 heißt es ausdrücklich, dass kein vermerk über ein früheres gespräch des klägers vom 03.07.2012 vorliege. 44die möglichkeit weiterer sachverhaltsermittlungen, die zum nachweis der vom kläger vorgetragenen zustimmung führen konnten, sah die kammer nicht. der kläger konnte die mitarbeiterin der beklagten, die ihm gemäß seinem vortrag eine zustimmung zu der von ihm geplanten ortsabwesenheit erteilt hatte, nicht benennen. weiter sah die kammer sich nicht veranlasst, den sachverhalt durch eine vernehmung der ehefrau des klägers, frau xxx, weiter aufzuklären. eine solche vernehmung hätte nur dann zum nachweis einer dem kläger erteilten zustimmung führen können, wenn frau xxx glaubhaft ausgesagt hätte, dass die vom kläger in bezug genommene mitarbeiterin der beklagten eine erklärung abgegeben hat, die vom horizont eines verständigen empfängers im sinne von §§ 133, 157 des bürgerlichen gesetzbuches (bgb) als zustimmung zur ortsabwesenheit gemäß § 3 abs.1 eao gewertet werden konnte. hierfür hätte frau xxx zur überzeugung der kammer die erklärungen der mitarbeiterin wiedergeben müssen; die bloße schilderung von reaktionen des klägers auf die aussagen eines telefonischen gesprächspartners wäre für den nachweis einer zustimmung dagegen nicht ausreichend gewesen. 45zwar hat der kläger vorgetragen, dass seine ehefrau das von ihm genannte telefongespräch über den eingeschalteten lautsprecher seines telefons mitgehört habe. da der kläger seine gesprächspartnerin - wie er auf nachfrage der kammer ebenfalls mitgeteilt hat - jedoch nicht hierüber unterrichtet und damit auch nicht deren zustimmung zum mithören des telefongesprächs durch einen dritten erhalten hat, wäre eine diesbezügliche aussage der frau xxx nicht verwertbar gewesen. sowohl die vernehmung der zeugin güzel über von ihr mitgehörte telefonische äußerungen der vom kläger nicht näher benannten mitarbeiterin der beklagten als auch die verwertung dieser aussage hätte das durch art.2 abs.1 i. v.m. art.1 abs.1 des grundgesetzes (gg) geschützte allgemeine persönlichkeitsrecht dieser mitarbeiterin verletzt. 46das bundesverfassungsgericht hat sich in seinen beschlüssen vom 09.10.2002, 1 bvr 1611/96; 1 bvr 805/98 - juris umfänglich mit der fragestellung der verwertung von zeugenaussagen über den inhalt von telefongesprächen, die von den zeugen über eine mithörvorrichtung mit wissen nur eines der gesprächspartner mitverfolgt worden waren, auseinandergesetzt (hierauf bezug nehmend für den zivilprozess u.a. bgh, urteil vom 18.02.2003, xi zr 165/02 - juris (rdnr.14); bgh, urteil vom 17.02.2010, viii zr 70/07- juris (rdnr.28), die rechtsfrage für das sozialgerichtliche verfahren mangels entscheidungserheblichkeit offenlassend lsg nordrhein-westfalen, urteil vom 17.07.2014, l 16 kr 429/13 - juris (rdnr.43). 47in den beschlüssen des bundesverfassungsgerichts heißt es in den rdnrn. 32,33 (juris): 48"in der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts ist anerkannt, dass das grundgesetz neben dem recht am eigenen bild auch das recht am gesprochenen wort schützt (vgl. bverfge 34, 238 (246 f.); 54, 148 (154)). dieses gewährleistet die selbstbestimmung über die eigene darstellung der person in der kommunikation mit anderen (vgl. bverfge 54, 148 (155)). der schutz umfasst die möglichkeit, sich in der kommunikation nach eigener einschätzung situationsangemessen zu verhalten und sich auf die jeweiligen kommunikationspartner einzustellen. zum grundrecht gehört die befugnis selbst zu bestimmen, ob der kommunikationsinhalt einzig dem gesprächspartner, einem bestimmten personenkreis oder der öffentlichkeit zugänglich sein soll (vgl. bverfge 54, 148 (155) unter bezugnahme auf bghz 27, 284 (286); vgl. auch bage 41, 37 (42) sowie - unter anschluss an diese entscheidung - bgh, njw 1991, s. 1180). das selbstbestimmungsrecht erstreckt sich also auf die auswahl der personen, die kenntnis vom gesprächsinhalt erhalten sollen. dieses selbstbestimmungsrecht findet einen ausdruck in der befugnis des menschen, selbst und allein zu entscheiden, ob sein wort auf einen tonträger aufgenommen und damit möglicherweise dritten zugänglich werden soll, womit wort und stimme von dem kommunikationsteilnehmer losgelöst und in einer für dritte verfügbaren gestalt verselbständigt werden (vgl. grundlegend bverfge 34, 238 (246 f.); bghz 27, 284). menschliche kommunikation soll durch das grundrecht dagegen geschützt sein, dass die worte - eine vielleicht unbedachte oder unbeherrschte äußerung, eine bloß vorläufige stellungnahme im rahmen eines sich entfaltenden gesprächs oder eine nur aus einer besonderen situation heraus verständliche formulierung - bei anderer gelegenheit und in anderem zusammenhang hervorgeholt werden, um durch inhalt, ausdruck oder klang gegen den sprechenden zu zeugen." schutz besteht in diesem zusammenhang nicht nur vor der heimlichen aufnahme von gesprächen, sondern auch davor, dass ein kommunikationspartner ohne kenntnis des anderen eine dritte person als zuhörer in das gespräch mit einbezieht oder die unmittelbare kommunikationsteilhabe durch den dritten gestattet (bverfg, a.a.o., juris (rdnr.34). 49im hinblick darauf, dass der schutz des gesprochenen worts grundsätzlich unabhängig vom inhalt des von den partnern des telefonats geführten gesprächs ist, führt das bundesverfassungsgericht in den rdnrn. 36/37 (juris) der vorgenannten beschlüsse aus: "demgegenüber ist der schutz des rechts am gesprochenen wort nicht auf bestimmte inhalte und örtlichkeiten begrenzt, sondern bezieht sich allein auf die selbstbestimmung über die unmittelbare zugänglichkeit der kommunikation, also etwa über die herstellung einer tonaufnahme oder die kommunikationsteilhabe einer dritten person. der schutz des rechts am gesprochenen wort hängt weder davon ab, ob es sich bei den ausgetauschten informationen um personale kommunikationsinhalte oder gar besonders persönlichkeitssensible daten handelt, noch kommt es auf die vereinbarung einer besonderen vertraulichkeit der gespräche an. vielfach lässt sich nicht vorhersehen, in welche richtung ein gespräch verläuft. so kann eine unterhaltung, die sich zunächst auf nicht besonders geheimhaltungsbedürftige geschäftliche dinge beschränkt, in ein persönliches gespräch übergehen oder ein persönliches in ein geschäftliches mit sensiblen inhalten. dem gespräch einen neuen verlauf geben zu können, ohne die eigene unbefangenheit in der kommunikation verlieren zu müssen, ist vom selbstbestimmungsrecht der kommunikationsteilnehmer umfasst. dieses selbstbestimmungsrecht soll den sprecher auch befähigen, sich auf mögliche folgen der kommunikation einzustellen. wäre ihm etwa bewusst, dass ein dritter zuhört, so dass bei einer anschließenden rechtlichen auseinandersetzung ein beweismittel zur verfügung steht (vgl. bgh, njw 1970, s. 1848; njw 1991, s.1180; bage 41, 37), könnte der sprecher vor dem hintergrund einer andernfalls bestehenden eigenen beweislosigkeit entscheiden, jedwede äußerung von rechtlicher relevanz zu unterlassen. er könnte sich auch um einen behutsameren gebrauch solcher formulierungen bemühen, die unter umständen beweiserheblich werden. oder er könnte seinerseits dafür sorgen, über ein eigenes beweismittel zu verfügen. solche möglichkeiten, sich am jeweiligen kommunikationspartner auszurichten und sich im hinblick auf die eigenen kommunikationsinteressen situationsangemessen zu verhalten, werden ihm genommen, wenn nicht in seiner entscheidung steht, wer die kommunikationsinhalte unmittelbar wahrnehmen kann." 50nach diesen maßgaben war es zur überzeugung der kammer unerheblich, dass die vom kläger angegebene gesprächspartnerin - seinen vortrag unterstellt - das telefongespräch in ihrer funktion als mitarbeiterin der beklagten geführt hat und allein über themen gesprochen hat, die ihren dienstlichen bereich betrafen. auch in diesem zusammenhang bedurfte sie eines schutzes dagegen, dass "eine vielleicht unbedachte oder unbeherrschte äußerung, eine bloß vorläufige stellungnahme im rahmen eines sich entfaltenden gesprächs oder eine nur aus einer besonderen situation heraus verständliche formulierung - bei anderer gelegenheit und in anderem zusammenhang hervorgeholt werden, um durch inhalt, ausdruck oder klang gegen den sprechenden zu zeugen." auch - und gerade - in diesem zusammenhang bedurfte sie überdies der fähigkeit, sich auf mögliche folgen der kommunikation einzustellen, gegebenenfalls eine erhöhte vorsicht bei äußerungen mit rechtlicher relevanz walten zu lassen oder sich ihrerseits beweismittel zu sichern. überdies bestand auch hier die möglichkeit, dass das gespräch, das zunächst einen rein "dienstlichen" inhalt hatte, in ein solches überging, das auch persönliche elemente enthielt. 51eine einwilligung der gesprächspartnerin des klägers lag nicht vor. der kläger selbst hat erklärt, dass er seine gesprächspartnerin nicht darüber informiert hat, dass seine ehefrau das telefonat mithöre. auch von einer konkludenten einwilligung ist nicht auszugehen. das bundesverfassungsgericht hat die voraussetzung einer stillschweigenden einwilligung in den vorab zitierten beschlüssen (rdnrn. 50-52- juris) wie folgt dargestellt: 52"die annahme einer stillschweigenden einwilligung in das mithören erfordert insoweit entsprechende feststellungen der gerichte, die sie unter hinreichender berücksichtigung des grundrechtlich geschützten selbstbestimmungsrechts der gesprächsteilnehmer zu bewerten haben. aus der tatsächlichen verbreitung eines bestimmten verhaltens in verbindung mit dem fehlen eines vorsorglichen widerspruchs allein kann die konkludente einwilligung des davon nachteilig betroffenen nicht geschlossen werden (vgl. die rechtsprechung zu der problematik einer konkludenten einwilligung in eine telefonwerbung bgh, njw 1989, s. 2820; jz 1990, s. 251; olg köln, njw-rr 1993, s. 753). es hätte daher auch der feststellung bedurft, dass in den jeweils beteiligten kreisen das unterbleiben eines widerspruchs auf grund einer verkehrssitte als stillschweigende einwilligung gedeutet wird. das bloße faktische verbreitetsein von mithöreinrichtungen rechtfertigt nicht einmal den schluss auf deren allgemeine nutzung zum mithören durch dritte. die an den telefongeräten angebrachten mithöreinrichtungen (lautsprecher oder zweithörer) dienen unterschiedlichen zwecken. so begründen sie eine technische option für die gesprächsteilnehmer, den kreis der kommunikationspartner zu erweitern. daneben kann die lautsprecherfunktion aber auch dazu genutzt werden, während des telefonierens beide hände frei zu haben, um sich notizen zu machen oder in unterlagen zu blättern, ohne das gespräch unterbrechen zu müssen. ob dafür geeignete einrichtungen üblicherweise zum mithören dritter ohne kenntnis des gesprächspartners eingesetzt werden, haben die gerichte in den ausgangsverfahren nicht festgestellt. aber selbst wenn das heimliche mithören in bestimmten bereichen, beispielsweise im geschäftsverkehr, faktisch häufig oder gar weitgehend üblich sein sollte, reichte dies nicht, um das fehlen der einwilligung in das mithören deshalb als unerheblich anzusehen, weil der gesprächspartner nicht widersprochen hat. aus dem umstand allein, dass jemand von einer mithörmöglichkeit kenntnis hat, folgt jedenfalls nicht notwendig, dass er mit einem tatsächlichen mithören auch rechnet und zugleich stillschweigend einverstanden ist (vgl. auch bverfge 85, 386 (398) zu der vergleichbaren problematik im fernmeldeverkehr). dies gilt auch, wenn ein gespräch zunächst von einer anderen person entgegengenommen und dann an den maßgebenden gesprächspartner weitergereicht wird. in solchen fällen ist schon zweifelhaft, ob es üblich ist, dass die zuerst eingeschaltete person weiter mithört." nach auffassung der kammer kann es überdies auch nicht als allgemeinüblich oder sozialadäquat angesehen werden, dass bei telefonaten zwischen leistungsempfängern und mitarbeitern der beklagten eine dritte person "heimlich" mithört, so dass ohne ausdrücklichen widerspruch des kommunikationspartners von dessen stillschweigender einwilligung ausgegangen werden könnte (vgl. hierzu bverfg, a.a.o.,rdnr. 53). 53die durch eine vernehmung der zeugin xxx hinsichtlich des telefongesprächs gezeitigte verletzung des allgemeinen persönlichkeitsrechts der mitarbeiterin der beklagten wäre auch nicht gerechtfertigt gewesen. eine entsprechende rechtfertigung kommt insbesondere im strafprozess bei der verfolgung besonders schwerer straftaten, daraüberhinaus auch beim bestehen eines notwehrrechts und bei kriminellen angriffen auf die berufliche existenz eines verfahrensbeteiligten in betracht (bverfg, a.a.o., rdnr.62-64). eine vergleichbare situation ist hier nicht ersichtlich. da durch eine vernehmung der zeugin xxx und ihre verwertung eine verletzung des allgemeinen persönlichkeitsrechts der nicht näher genannten mitarbeiterin der beklagten eingetreten wäre, kann die frage dahinstehen, ob auch die beklagte als juristische person des öffentlichen rechts trägerin des allgemeinen persönlichkeitsrechts sein und sich hierauf berufen kann (vgl. zur frage der grundrechtsbindung und - verpflichtung gemischtwirtschaftlicher unternehmen bverfg, urteil vom 22. februar 2011 – 1 bvr 699/06 –, bverfge 128, 226-278 - juris). die bewilligung des klägers konnte auch für den zeitraum ab der änderung der verhältnisse - mithin ab dem 10.07.2012 - aufgehoben werden. 54die voraussetzungen des § 48 abs.1 satz 2 nr.4 sgb x lagen vor. der kläger musste den wegfall seines anspruchs für den zeitraum ab dem 10.07.2012 ohne weiteres kennen, so dass ihn diesbezüglich zumindest eine grob fahrlässige unkenntnis trifft. das merkblatt 1 der beklagten weist in der im tatbestand zitierten textpassage unmissverständlich daraufhin, dass für die annahme einer leistungsunschädlichen ortsabwesenheit nicht nur eine anmeldung bei der beklagten, sondern auch deren zustimmung zur ortsabwesenheit erforderlich war. dass eine prüfung der voraussetzungen für eine zustimmung unter gesichtspunkten der arbeitsvermittlung erforderlich war, ergab sich um so mehr daraus, dass die auswirkungen einer ortsabwesenheit des klägers auf eine von ihm grundsätzlich anvisierte weiterbildungsmaßnahme gegenstand des gesprächs mit seiner arbeitsvermittlerin am 01.06.2012 waren. auch bei zweideutigen aussagen einer telefonischen gesprächspartnerin, die über die auswirkungen einer ortsabwesenheit des klägers auf seine vermittlungschancen gar nicht befinden konnte, wäre der kläger gehalten gewesen, sich nochmals bei der beklagten - ggf. im rahmen einer persönlichen vorsprache - zu erkundigen. jedenfalls nach den telefonaten mit der beklagten am 16.07.2012 und am 17.07.2012 war dem kläger überdies positiv bewusst, dass die beklagte von einer ungenehmigten ortsabwesenheit ausging. 55die beklagte war aufgrund der vorschrift des § 330 abs.3 satz 1 sgb iii von der ermessensausübung entbunden. 56die kostenentscheidung folgt aus § 193 sgg.
Verklagte*r
0
173,156
5a K 5864/13.A
2014-07-28T00:00:00
Urteil
Tenor Die Bescheide des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. Oktober 2013 (Az.: 5677205-423 und 5674245-423) werden zu Nrn. 2 bis 4 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägern jeweils die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Gerichtskosten werden nicht erhoben.Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung seitens der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. 1Tatbestand: 2Der am Jahre 1977 in V. geborene Kläger zu 1., seine Ehefrau, die im Jahre 1983 in E. geborene Klägerin zu 2., sowie ihre gemeinsamen Kinder, die im Jahre 2001 in U. geborene Klägerin zu 3., der im Jahre 2003 in U. geborene Kläger zu 4. und die am 7. November 2012 in J. geborene Klägerin zu 5. sind afghanische Staatsangehörige hazarischer Volkszugehörigkeit und nunmehr christlichen Glaubens. 3Die Kläger zu 1. bis 4. verließen zunächst gemeinsam ihr Heimatland und reisten über den Iran und die Türkei gemeinsam bis nach Griechenland. In Mazedonien wurde die Familie getrennt. Der Kläger zu 1. erreichte auf dem Landwege im September 2013 die Bundesrepublik und beantragte am 7. Oktober 2013 seine Anerkennung als Asylberechtigter. Die Kläger zu 2. bis 5. erreichten ebenfalls im September 2013 auf dem Landwege die Bundesrepublik und beantragten am 27. September 2013 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. 4Der Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. wurden jeweils am 14. Oktober 2013 seitens des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zu ihren und ihrer Kinder Fluchtgründen angehört. Auf die Niederschriften über die Anhörungen wird verwiesen (Bl. 26-39 in der Beiakte Heft 1 sowie Bl. 29-38 der Beiakte Heft 2). 5Mit Bescheiden vom 28. Oktober 2013 lehnte das Bundesamt die Asylanträge der Kläger jeweils ab und verneinte sowohl die Voraussetzungen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes. Die Kläger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung, im Falle der Klageerhebung innerhalb eines Monats nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde den Klägern die Abschiebung nach Afghanistan bzw. in einen anderen Staat, in den sie einreisen dürften oder zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei, angedroht. Auf die weitere Begründung der Bescheide wird verwiesen (Bl. 44-51 der Beiakte Heft 1, und Bl. 55-60 der Beiakte Heft 2). Die Bescheide wurden den Klägern am 30. Oktober 2013 (Kläger zu 1.) und am 6. November 2013 (Kläger zu 2. bis 5.) zugestellt. 6Am 13. November 2013 hat der Kläger zu 1. im vorliegenden und ebenfalls am 13. November 2013 haben die Kläger zu 2. bis 5. im Verfahren 5a K 5865/13.A Klage erhoben. Letztgenanntes Verfahren ist durch Beschluss vom 6. Mai 2014 zum vorliegenden Verfahren verbunden worden. 7Zur Begründung ergänzen und vertiefen die Kläger ihren Vortrag gegenüber dem Bundesamt und verweisen ergänzend auf ihre Konversion zum christlichen Glauben. 8Die Kläger beantragen, 9die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. Oktober 2013 zu den Nrn. 2 bis 4 zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,hilfsweise,die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. Oktober 2013 zu den Nrn. 3. und 4. zu verpflichten, festzustellen, dass den Klägern subsidiärer Schutz zuzuerkennen ist, 10äußerst hilfsweise,die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. Oktober 2013 zu Nrn. 3. und 4. zu verpflichten, festzustellen, dass den Klägern ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes zuzuerkennen ist. 11Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich) 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. 14Die Kammer hat durch Beschluss vom 6. Mai 2014 das Verfahren auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Das Gericht entscheidet trotz des Ausbleibens der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung, da die Beklagte in der ordnungsgemäßen Ladung darauf hingewiesen wurde, dass gemäß § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. 18Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg. Die Kläger haben im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gemäß § 77 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 AsylVfG, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Insoweit sind die streitgegenständlichen Bescheide des Bundesamtes vom 28. Oktober 2013 hinsichtlich der Nummern 2 bis 4 aufzuheben. 19Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG genießt ein Ausländer den Schutz als Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention -, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (dazu im Einzelnen § 3b AsylVfG) außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Ausnahmsweise ausgeschlossen ist dieser Flüchtlingsschutz in den Fällen des § 3 Abs. 2 bis 4 AsylVfG und des § 60 Abs. 8 AufenthG. 20Als Verfolgung gelten gemäß § 3a AsylVfG Handlungen, die auf Grund ihrer Art und Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen bzw. in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung er Menschenrechten, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist, § 3a Abs. 1 AsylVfG. Die grundlegenden Menschenrechte in diesem Sinne sind insbesondere die Rechte, von denen nach Artikel 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist (Folter, Sklaverei und Leibeigenschaft, keine Strafe ohne Gesetz). Als Verfolgung können unter anderem die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt gelten, aber auch gesetzliche, administrative, polizeilicher oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, ebenso unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, ebenso die Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, ebenso Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die den Flüchtlingsschutz nach § 3 Abs. 2 AsylVfG ausschließen, sowie Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind. 21Ausgehen kann die Verfolgung gemäß § 3b AsylVfG von dem Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, einschließlich internationaler Organisationen, erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. 22Schutz vor Verfolgung muss nach § 3d Abs. 2 AsylVfG wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn der Staat oder die Parteien bzw. Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat. Interner Schutz schließt dabei die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aus, und zwar dann, wenn der Ausländer in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung im vorbeschriebenen Sinne hat und der Ausländer sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt, § 3e Abs. 1 AsylVfG. Ob ein solch interner Schutz besteht, ist unter Heranziehung der Vorgaben des § 3e Abs. 2 AsylVfG zu prüfen. 23Schließlich muss zwischen den Verfolgungsgründen und den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen, § 3a Abs. 3 AsylVfG. 24Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EG privilegiert dabei den von ihm erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. 25Vgl. zur Vorgängerregelung in Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 7. September 2010 - 10 C 11.09 -, vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, und vom 1. Juni 2011 - 10 C 10.10 u. 10 C 25.10 -; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -; OVG Saarland, Urteil vom 16. September 2011 - 3 A 352/09 -; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 4 LB 5/11 -. 26Im Übrigen folgt aus den in Art. 4 RL 2011/95/EG geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Antragstellers, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Ausländers ist, die Gründe für seine Flucht vor Verfolgung schlüssig vorzutragen. Dazu muss er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine Verfolgung droht. 27Vgl. zur Vorgängerregelung in Art. 4 RL 2004/83/EU: OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -. 28Ausgehend von diesen Grundsätzen steht den Klägern im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4 AsylVfG aufgrund einer Verfolgung wegen ihrer Religion zu. Nach Überzeugung des Gerichts droht den Klägern wegen der von ihnen glaubhaft vorgetragenen Konversion zum Christentum und der damit verbundenen Apostasie im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure. 29Der Begriff der Religion umfasst dabei gemäß §3b Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten und öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder der Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Hierdurch wird auch und insbesondere die Religionsausübung in der Öffentlichkeit geschützt, so dass es unter Geltung der Qualifikationsrichtlinie dem Religionswechsler nicht mehr zuzumuten ist, öffentlich praktizierten Riten der Glaubensgemeinschaft − etwa Gottesdiensten oder Prozessionen − fernzubleiben, um staatliche Sanktionen zu vermeiden. 30Vgl. Europäische Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 5. September 2012 - verb. Rs. C-71/11 und C-99/11 -, Rn. 69; BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 – 10 C 23/12 -; jeweils zitiert nach juris; s. auch Marx, Verfolgung aus Gründen der Religion aus menschenrechtlicher Sicht – Anmerkungen zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 5. September 2012, ASYLMAGAZIN 2012, S. 327 ff. 31Der Glaubensangehörige ist insofern auch verfolgt, wenn er zu unzumutbaren Ausweichhandlungen genötigt ist, um der staatlichen Repression zu entkommen. Das ist der Fall, wenn er sich einer Bestrafung nur entziehen kann, indem er seine Religionszugehörigkeit leugnet und wirkungsvoll versteckt hält. 32Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. November 2012 - 13 A 1999/07.A -, juris Rz. 35, sowie zuvor bereits Beschlüsse vom 30. März 2011- 9 A 567/11.A -, juris Rz. 15, und vom 30. Juli 2009 - 5 A 982/07.A - und - 5 A 1999/07.A -, juris Rz. 34 bzw. 37. 33Beruft sich der Schutzsuchende – wie hier – auf eine Verfolgungsgefährdung mit der Begründung, er sei in Deutschland zu einer in seinem Herkunftsland bekämpften Religion übergetreten, muss er die inneren Beweggründe glaubhaft machen, die ihn zur Konversion veranlasst haben. Es muss festgestellt werden können, dass die Hinwendung zu der angenommenen Religion auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel und nicht auf Opportunitätserwägungen beruht, und der Glaubenswechsel nunmehr die religiöse Identität des Schutzsuchenden prägt. Wann eine solche Prägung anzuerkennen ist, lässt sich nicht allgemein beschreiben. Nach dem aus der Gesamtheit des Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahrens gewonnenen Eindruck muss sich der Schutzsuchende aus voller innerer Überzeugung von seinem bisherigen Bekenntnis gelöst und dem anderen Glauben zugewandt haben. Hat er eine christliche Religion angenommen, genügt es im Regelfall nicht, dass der Schutzsuchende lediglich formal zum Christentum übergetreten ist, indem er getauft wurde. Von einem Erwachsenen, der sich zum Bekenntniswechsel entschlossen hat, darf im Regelfall erwartet werden, dass er mit den wesentlichen Grundzügen seiner neuen Religion vertraut ist. Welche Anforderungen im Einzelnen zu stellen sind, richtet sich vorwiegend nach seiner Persönlichkeit und seiner intellektuellen Disposition. Überdies wird regelmäßig nur dann anzunehmen sein, dass der Konvertit ernstlich gewillt ist, seine christliche Religion auch in seinem Heimatstaat auszuüben, wenn er seine Lebensführung bereits in Deutschland dauerhaft an den grundlegenden Geboten der neu angenommenen Konfession ausgerichtet hat. 34Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. November 2012 - 13 A 1999/07.A -, juris Rz. 37 ff., sowie Beschlüsse vom 21. März 2012 - 13 A 674/12.A -, juris Rz. 5 ff., und vom 30. Juli 2009 - 5 A 982/07.A - und - 5 A 1999/07.A -, juris Rz. 41 ff. bzw. 44 ff. 35Nach dem persönlichen Eindruck, den das Gericht vom Kläger zu 1. und von der Klägerin zu 2. in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, bestehen keine Zweifel daran, dass der Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. nicht nur formell, sondern ernsthaft vom Islam zum Christentum übergetreten sind und der christliche Glaube nunmehr ihre religiöse Identität bestimmt. Ihr gesamtes Vorbringen zum Glaubenswechsel ist frei von Widersprüchen und Übertreibungen. Die Ausführungen überzeugen inhaltlich und geben ein insgesamt stimmiges Bild ab. 36Der Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. haben anschaulich beschrieben, wie sie – zusammen mit ihren Kindern – auf der Flucht aus Afghanistan zum ersten Mal mit dem Christentum in Berührung gekommen sind und sich nach der Einreise in die Bundesrepublik aus eigenem Antrieb um eine vertiefte Kenntnis christlicher Glaubensinhalte bemüht haben. Es ist angesichts dieser Glaubensinhalte und unter Berücksichtigung des Bildungsstandes des Klägers zu 1. und der Klägerin zu 2. ohne Weiteres plausibel, dass sie die Besserung des Gesundheitszustandes des Vaters der Klägerin zu 2. als besonderes Zeichen der Wirksamkeit ihres neuen Glaubens ansehen. 37Der hierdurch vermittelte persönliche Eindruck des Klägers zu 1. und der Klägerin zu 2. wird nicht durch die Bewertung ihres Vortrages gegenüber dem Bundesamt – auf den es im Übrigen wegen der Konversion der Kläger nicht mehr ankommt –, wie er im streitgegenständlichen Bescheid erfolgt ist, relativiert. Die im Bescheid angegebenen Gründe finden jedenfalls in der Niederschrift über die Anhörung keine nachvollziehbare Stütze, da der Bildungsgrad des Klägers zu 1. und der Klägerin zu 2. in der Bescheidbegründung völlig unzureichend gewichtet ist und sich die Bescheidbegründung darüber hinaus ein Wissen darüber anmaßt, welches Verhalten von welchem Taliban-Angehörigen zu erwarten ist, ohne dass die konkreten Quellen offengelegt werden, aus denen sich dieses erstaunliche Wissen des Bundesamtes ergibt. 38Dass alle Kläger regelmäßig an Gottesdiensten und am übrigen Gemeindeleben teilnehmen, wird durch die Bescheinigung von Pastor T. (Christuskirche E1. , Baptistengemeinde) vom 25. April 2014 bestätigt. 39Die zu den Gerichtsakten gereichten Taubescheinigungen belegen die am 6. April 2014 erfolgte Taufe des Klägers zu 1. und der Klägerin zu 2. Mit der Taufe haben sie den Glaubenswechsel auch nach außen hin vollzogen. Dass ihre gemeinsamen Kinder noch nicht getauft sind, spricht weder gegen die Glaubensentscheidung der Eltern noch bedeutet dies, dass die Kläger zu 3. bis 5. im vorliegenden Verfahren als nicht zur christlichen Glaubensgemeinschaft gehörig anzusehen sind. Im baptistischen Glaubensverständnis ist die Taufe grundsätzlich Folge einer bewussten Umkehrentscheidung des Täuflings selbst, so dass die aus anderen christlichen Glaubensgemeinschaften bekannte Säuglings- bzw. Kindstaufe nicht befürwortet wird. 40Vgl. Dr. F.E. Wieser, Neutestamentliche Taufe und baptistisches Taufverständnis (Kurzfassung), www.baptisten-muenchen.de/uploads/media/themen_02.pdf 41Da die Kläger zu 3. bis 5. regelmäßig an den Gottesdiensten ihrer Gemeinde teilnehmen und auch im christlichen Glauben erzogen werden, besteht kein Zweifel daran, dass auch sie aus der Sicht der entsprechenden Akteure in Afghanistan (dazu sogleich) schon jetzt Apostaten sind. 42Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass die Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund ihres Abfalls vom moslemischen Glauben und der Zuwendung zum christlichen Glauben mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müssen, schwerwiegenden Ein- und Übergriffen auf ihre körperliche Unversehrtheit jedenfalls durch nichtstaatliche Akteure ausgesetzt zu sein. Die Kläger können dabei auch nicht auf etwaigen internen Schutz oder eine innerstaatliche Schutzalternative verwiesen werden. Dass die Konversion vom Islam zu einer christlichen Kirche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in Afghanistan zu politischer Verfolgung führt, entspricht sowohl der bisherigen Rechtsprechung der Kammer, 43vgl. zuletzt Urteil vom 9. September 2013 - 5a K 45/11.A –, sowie Urteil vom 15. September 2005 - 5a K 7039/03.A - (unter Hinweis u. a. auf Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 3. November 2004; amnesty international, Stellungnahme vom 28. Juli 2003; Danesch, Gutachten an VG Gießen vom 6. April 2004 und Gutachten an VG Braunschweig vom 13. Mai 2004), 44als auch – nach wie vor – der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bundesweit, 45vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2008 - 20 A 3886/05.A -, Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteile vom 18. September 2008 - 8 UE 858/06.A - und vom 24. Juni 2010 - 8 A 290/09.A -, VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2014 – AN 11 K 13.31105 -; VG Lüneburg, Urteil vom 29. Dezember 2008 - 1 A 154/06 -, VG Oldenburg, Urteil vom 23. Januar 2013 – 3 A 487/11 -, VG Meiningen, Urteile vom 16. September 2010 - 8 K 20101/09 Me - und vom 24. März 2011 - 8 K 20215/10 Me -, VG Trier, Urteil vom 26. Oktober 2011 - 5 K 493/11.TR -, VG des Saarlandes, Urteile vom 28. März 2012 - 5 K 1037/10 und 5 K 181/11 -, VG Würzburg, Urteil vom 16. Februar 2012 - W 2 K 11.30264 -, 24. September 2012 - W 2 K 11.30303 – und vom 25. Februar 2014 – W 1 K 13.30164 -, VG Magdeburg, Urteile vom 16. Juli 2012 - 5 A 72/11 MD - und vom 12. Oktober 2012 - 5 A 302/11 MD -, VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26. Oktober 2012 - 12 A 194/10 -, VG Minden, Urteil vom 14. November 2012 - 3 K 2791/11.A -, jeweils zitiert nach juris. 46Die Kammer hält auch und gerade angesichts der aktuellen Erkenntnisquellen zur Situation der zum christlichen Glauben konvertierten Moslems, 47vgl. u. a. Lageberichte des Auswärtigen Amtes vom 31. März 2014, S. 11, vom 4. Juni 2013, S. 11 und vom 10. Januar 2012, S. 16 ff.; Bericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zur „Lage der Religionsgemeinschaften in ausgewählten islamischen Ländern“, August 2011, S. 7 ff.; UNHCR-Richtline zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 24. März 2011, S. 6 der zusammenfassenden Übersetzung; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan Update vom 3. September 2012, 23. August 2011 und 11. August 2009; amnesty international, AI-Report 2011 Afghanistan vom 10. März 2011 bzw. 12. Mai 2011 sowie AI-Report 2012 Afghanistan vom 23. Mai 2012; Internationale Gesellschaft für Menschenrechte, „Situation christlicher Konvertiten in Afghanistan vom 27. Februar 2008, zitiert nach VG Würzburg, Urteil vom 24. September 2012 - W 2 K 11.30303 -, 48an dieser Rechtsprechung fest. 49Nach alledem ist der Klage mit dem Hauptantrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft stattzugeben. Auf die Hilfsanträge kommt es nicht mehr entscheidungserheblich an. 50Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83 b AsylVfG nicht erhoben. 51Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
die bescheide des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 28. oktober 2013 (az.: 5677205-423 und 5674245-423) werden zu nrn. 2 bis 4 aufgehoben. die beklagte wird verpflichtet, den klägern jeweils die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.die kosten des verfahrens trägt die beklagte. gerichtskosten werden nicht erhoben.das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung seitens der kläger durch sicherheitsleistung in höhe des jeweils vollstreckungsfähigen betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit leistet. 1
2der am jahre 1977 in v. geborene kläger zu 1., seine ehefrau, die im jahre 1983 in e. geborene klägerin zu 2., sowie ihre gemeinsamen kinder, die im jahre 2001 in u. geborene klägerin zu 3., der im jahre 2003 in u. geborene kläger zu 4. und die am 7. november 2012 in j. geborene klägerin zu 5. sind afghanische staatsangehörige hazarischer volkszugehörigkeit und nunmehr christlichen glaubens. 3die kläger zu 1. bis 4. verließen zunächst gemeinsam ihr heimatland und reisten über den iran und die türkei gemeinsam bis nach griechenland. in mazedonien wurde die familie getrennt. der kläger zu 1. erreichte auf dem landwege im september 2013 die bundesrepublik und beantragte am 7. oktober 2013 seine anerkennung als asylberechtigter. die kläger zu 2. bis 5. erreichten ebenfalls im september 2013 auf dem landwege die bundesrepublik und beantragten am 27. september 2013 ihre anerkennung als asylberechtigte. 4der kläger zu 1. und die klägerin zu 2. wurden jeweils am 14. oktober 2013 seitens des bundesamtes für migration und flüchtlinge (bundesamt) zu ihren und ihrer kinder fluchtgründen angehört. auf die niederschriften über die anhörungen wird verwiesen (bl. 26-39 in der beiakte heft 1 sowie bl. 29-38 der beiakte heft 2). 5mit bescheiden vom 28. oktober 2013 lehnte das bundesamt die asylanträge der kläger jeweils ab und verneinte sowohl die voraussetzungen der zuerkennung der flüchtlingseigenschaft als auch das vorliegen von abschiebungsverboten nach § 60 abs. 2 bis 7 des aufenthaltsgesetzes. die kläger wurden aufgefordert, die bundesrepublik innerhalb eines monats nach bekanntgabe der entscheidung, im falle der klageerhebung innerhalb eines monats nach dem unanfechtbaren abschluss des asylverfahrens zu verlassen. für den fall der nicht fristgerechten ausreise wurde den klägern die abschiebung nach afghanistan bzw. in einen anderen staat, in den sie einreisen dürften oder zu ihrer rückübernahme verpflichtet sei, angedroht. auf die weitere begründung der bescheide wird verwiesen (bl. 44-51 der beiakte heft 1, und bl. 55-60 der beiakte heft 2). die bescheide wurden den klägern am 30. oktober 2013 (kläger zu 1.) und am 6. november 2013 (kläger zu 2. bis 5.) zugestellt. 6am 13. november 2013 hat der kläger zu 1. im vorliegenden und ebenfalls am 13. november 2013 haben die kläger zu 2. bis 5. im verfahren 5a k 5865/13.a klage erhoben. letztgenanntes verfahren ist durch beschluss vom 6. mai 2014 zum vorliegenden verfahren verbunden worden. 7zur begründung ergänzen und vertiefen die kläger ihren vortrag gegenüber dem bundesamt und verweisen ergänzend auf ihre konversion zum christlichen glauben. 8die kläger beantragen, 9die beklagte unter aufhebung der bescheide des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 28. oktober 2013 zu den nrn. 2 bis 4 zu verpflichten, den klägern die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,hilfsweise,die beklagte unter aufhebung der bescheide des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 28. oktober 2013 zu den nrn. 3. und 4. zu verpflichten, festzustellen, dass den klägern subsidiärer schutz zuzuerkennen ist, 10äußerst hilfsweise,die beklagte unter aufhebung der bescheide des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 28. oktober 2013 zu nrn. 3. und 4. zu verpflichten, festzustellen, dass den klägern ein abschiebungsverbot gemäß § 60 abs. 5 oder abs. 7 des aufenthaltsgesetzes zuzuerkennen ist. 11die beklagte beantragt (schriftsätzlich) 12die klage abzuweisen. 13zur begründung bezieht sie sich im wesentlichen auf den inhalt der angefochtenen bescheide. 14die kammer hat durch beschluss vom 6. mai 2014 das verfahren auf den berichterstatter als einzelrichter zur entscheidung übertragen. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der verwaltungsvorgänge des bundesamtes bezug genommen. 16
17das gericht entscheidet trotz des ausbleibens der beklagten im termin zur mündlichen verhandlung, da die beklagte in der ordnungsgemäßen ladung darauf hingewiesen wurde, dass gemäß § 102 abs. 2 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) beim ausbleiben eines beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. 18die zulässige klage hat auch in der sache erfolg. die kläger haben im maßgeblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung gemäß § 77 abs. 1 des asylverfahrensgesetzes (asylvfg) einen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach § 3 abs. 1 i.v.m. abs. 4 asylvfg, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. insoweit sind die streitgegenständlichen bescheide des bundesamtes vom 28. oktober 2013 hinsichtlich der nummern 2 bis 4 aufzuheben. 19nach § 3 abs. 1 asylvfg genießt ein ausländer den schutz als flüchtling im sinne des abkommens über die rechtsstellung der flüchtlinge vom 28. juli 1951 - genfer flüchtlingskonvention -, wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe (dazu im einzelnen § 3b asylvfg) außerhalb des landes befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will oder in dem er als staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser furcht nicht zurückkehren will. ausnahmsweise ausgeschlossen ist dieser flüchtlingsschutz in den fällen des § 3 abs. 2 bis 4 asylvfg und des § 60 abs. 8 aufenthg. 20als verfolgung gelten gemäß § 3a asylvfg handlungen, die auf grund ihrer art und wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende verletzung der grundlegenden menschenrechte darstellen bzw. in einer kumulierung unterschiedlicher maßnahmen, einschließlich einer verletzung er menschenrechten, bestehen, die so gravierend ist, dass eine person davon in ähnlicher weise betroffen ist, § 3a abs. 1 asylvfg. die grundlegenden menschenrechte in diesem sinne sind insbesondere die rechte, von denen nach artikel 15 abs. 2 der konvention vom 4. november 1950 zum schutz der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk) keine abweichung zulässig ist (folter, sklaverei und leibeigenschaft, keine strafe ohne gesetz). als verfolgung können unter anderem die anwendung physischer oder psychischer gewalt, einschließlich sexueller gewalt gelten, aber auch gesetzliche, administrative, polizeilicher oder justizielle maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender weise angewandt werden, ebenso unverhältnismäßige oder diskriminierende strafverfolgung oder bestrafung, ebenso die verweigerung gerichtlichen rechtsschutzes mit dem ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden bestrafung, ebenso strafverfolgung oder bestrafung wegen verweigerung des militärdienstes in einem konflikt, wenn der militärdienst verbrechen oder handlungen umfassen würde, die den flüchtlingsschutz nach § 3 abs. 2 asylvfg ausschließen, sowie handlungen, die an die geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen kinder gerichtet sind. 21ausgehen kann die verfolgung gemäß § 3b asylvfg von dem staat, von parteien oder organisationen, die den staat oder einen wesentlichen teil des staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen akteuren, sofern der staat oder die parteien oder organisationen, die den staat oder einen wesentlichen teil des staatsgebietes beherrschen, einschließlich internationaler organisationen, erwiesenermaßen nicht in der lage oder nicht willens sind, schutz vor verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem land eine staatliche herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. 22schutz vor verfolgung muss nach § 3d abs. 2 asylvfg wirksam und darf nicht nur vorübergehender art sein. generell ist ein solcher schutz gewährleistet, wenn der staat oder die parteien bzw. organisationen einschließlich internationaler organisationen, die den staat oder einen wesentlichen teil des staatsgebietes beherrschen, geeignete schritte einleiten, um die verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame rechtsvorschriften zur ermittlung, strafverfolgung und ahndung von handlungen, die eine verfolgung darstellen, und wenn der ausländer zugang zu diesem schutz hat. interner schutz schließt dabei die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft aus, und zwar dann, wenn der ausländer in einem teil seines herkunftslandes keine begründete furcht vor verfolgung oder zugang zu schutz vor verfolgung im vorbeschriebenen sinne hat und der ausländer sicher und legal in diesen landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt, § 3e abs. 1 asylvfg. ob ein solch interner schutz besteht, ist unter heranziehung der vorgaben des § 3e abs. 2 asylvfg zu prüfen. 23schließlich muss zwischen den verfolgungsgründen und den verfolgungshandlungen oder dem fehlen von schutz vor solchen handlungen eine verknüpfung bestehen, § 3a abs. 3 asylvfg. 24hinsichtlich des prognosemaßstabs ist bei der prüfung der zuerkennung der flüchtlingseigenschaft der maßstab der beachtlichen wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. art. 4 abs. 4 rl 2011/95/eg privilegiert dabei den von ihm erfassten personenkreis bei einer vorverfolgung durch eine beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften wahrscheinlichkeitsmaßstab. 25vgl. zur vorgängerregelung in art. 4 abs. 4 rl 2004/83/eg: bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteile vom 7. september 2010 - 10 c 11.09 -, vom 27. april 2010 - 10 c 5.09 -, und vom 1. juni 2011 - 10 c 10.10 u. 10 c 25.10 -; oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteil vom 17. august 2010 - 8 a 4063/06.a -; ovg saarland, urteil vom 16. september 2011 - 3 a 352/09 -; ovg schleswig-holstein, urteil vom 6. oktober 2011 - 4 lb 5/11 -. 26im übrigen folgt aus den in art. 4 rl 2011/95/eg geregelten mitwirkungs- und darlegungsobliegenheiten des antragstellers, dass es auch unter berücksichtigung der vorgaben dieser richtlinie sache des ausländers ist, die gründe für seine flucht vor verfolgung schlüssig vorzutragen. dazu muss er unter angabe genauer einzelheiten einen in sich stimmigen sachverhalt schildern, aus dem sich bei wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger würdigung eine verfolgung droht. 27vgl. zur vorgängerregelung in art. 4 rl 2004/83/eu: ovg nrw, urteil vom 17. august 2010 - 8 a 4063/06.a -. 28ausgehend von diesen grundsätzen steht den klägern im entscheidungserheblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung ein anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 abs. 1 nr. 1 und abs. 4 asylvfg aufgrund einer verfolgung wegen ihrer religion zu. nach überzeugung des gerichts droht den klägern wegen der von ihnen glaubhaft vorgetragenen konversion zum christentum und der damit verbundenen apostasie im falle einer rückkehr nach afghanistan mit beachtlicher wahrscheinlichkeit eine verfolgung durch nichtstaatliche akteure. 29der begriff der religion umfasst dabei gemäß §3b abs. 1 nr. 2 asylvfg insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische glaubensüberzeugungen, die teilnahme bzw. nichtteilnahme an religiösen riten im privaten und öffentlichen bereich, allein oder in gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse betätigungen oder meinungsäußerungen und verhaltensweisen einzelner oder der gemeinschaft, die sich auf eine religiöse überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. hierdurch wird auch und insbesondere die religionsausübung in der öffentlichkeit geschützt, so dass es unter geltung der qualifikationsrichtlinie dem religionswechsler nicht mehr zuzumuten ist, öffentlich praktizierten riten der glaubensgemeinschaft − etwa gottesdiensten oder prozessionen − fernzubleiben, um staatliche sanktionen zu vermeiden. 30vgl. europäische gerichtshof (eugh), urteil vom 5. september 2012 - verb. rs. c-71/11 und c-99/11 -, rn. 69; bverwg, urteil vom 20. februar 2013 – 10 c 23/12 -; jeweils zitiert nach juris; s. auch marx, verfolgung aus gründen der religion aus menschenrechtlicher sicht – anmerkungen zur entscheidung des europäischen gerichtshofes vom 5. september 2012, asylmagazin 2012, s. 327 ff. 31der glaubensangehörige ist insofern auch verfolgt, wenn er zu unzumutbaren ausweichhandlungen genötigt ist, um der staatlichen repression zu entkommen. das ist der fall, wenn er sich einer bestrafung nur entziehen kann, indem er seine religionszugehörigkeit leugnet und wirkungsvoll versteckt hält. 32vgl. ovg nrw, urteil vom 7. november 2012 - 13 a 1999/07.a -, juris rz. 35, sowie zuvor bereits beschlüsse vom 30. märz 2011- 9 a 567/11.a -, juris rz. 15, und vom 30. juli 2009 - 5 a 982/07.a - und - 5 a 1999/07.a -, juris rz. 34 bzw. 37. 33beruft sich der schutzsuchende – wie hier – auf eine verfolgungsgefährdung mit der begründung, er sei in deutschland zu einer in seinem herkunftsland bekämpften religion übergetreten, muss er die inneren beweggründe glaubhaft machen, die ihn zur konversion veranlasst haben. es muss festgestellt werden können, dass die hinwendung zu der angenommenen religion auf einer festen überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen einstellungswandel und nicht auf opportunitätserwägungen beruht, und der glaubenswechsel nunmehr die religiöse identität des schutzsuchenden prägt. wann eine solche prägung anzuerkennen ist, lässt sich nicht allgemein beschreiben. nach dem aus der gesamtheit des verwaltungs- und gerichtlichen verfahrens gewonnenen eindruck muss sich der schutzsuchende aus voller innerer überzeugung von seinem bisherigen bekenntnis gelöst und dem anderen glauben zugewandt haben. hat er eine christliche religion angenommen, genügt es im regelfall nicht, dass der schutzsuchende lediglich formal zum christentum übergetreten ist, indem er getauft wurde. von einem erwachsenen, der sich zum bekenntniswechsel entschlossen hat, darf im regelfall erwartet werden, dass er mit den wesentlichen grundzügen seiner neuen religion vertraut ist. welche anforderungen im einzelnen zu stellen sind, richtet sich vorwiegend nach seiner persönlichkeit und seiner intellektuellen disposition. überdies wird regelmäßig nur dann anzunehmen sein, dass der konvertit ernstlich gewillt ist, seine christliche religion auch in seinem heimatstaat auszuüben, wenn er seine lebensführung bereits in deutschland dauerhaft an den grundlegenden geboten der neu angenommenen konfession ausgerichtet hat. 34vgl. ovg nrw, urteil vom 7. november 2012 - 13 a 1999/07.a -, juris rz. 37 ff., sowie beschlüsse vom 21. märz 2012 - 13 a 674/12.a -, juris rz. 5 ff., und vom 30. juli 2009 - 5 a 982/07.a - und - 5 a 1999/07.a -, juris rz. 41 ff. bzw. 44 ff. 35nach dem persönlichen eindruck, den das gericht vom kläger zu 1. und von der klägerin zu 2. in der mündlichen verhandlung gewonnen hat, bestehen keine zweifel daran, dass der kläger zu 1. und die klägerin zu 2. nicht nur formell, sondern ernsthaft vom islam zum christentum übergetreten sind und der christliche glaube nunmehr ihre religiöse identität bestimmt. ihr gesamtes vorbringen zum glaubenswechsel ist frei von widersprüchen und übertreibungen. die ausführungen überzeugen inhaltlich und geben ein insgesamt stimmiges bild ab. 36der kläger zu 1. und die klägerin zu 2. haben anschaulich beschrieben, wie sie – zusammen mit ihren kindern – auf der flucht aus afghanistan zum ersten mal mit dem christentum in berührung gekommen sind und sich nach der einreise in die bundesrepublik aus eigenem antrieb um eine vertiefte kenntnis christlicher glaubensinhalte bemüht haben. es ist angesichts dieser glaubensinhalte und unter berücksichtigung des bildungsstandes des klägers zu 1. und der klägerin zu 2. ohne weiteres plausibel, dass sie die besserung des gesundheitszustandes des vaters der klägerin zu 2. als besonderes zeichen der wirksamkeit ihres neuen glaubens ansehen. 37der hierdurch vermittelte persönliche eindruck des klägers zu 1. und der klägerin zu 2. wird nicht durch die bewertung ihres vortrages gegenüber dem bundesamt – auf den es im übrigen wegen der konversion der kläger nicht mehr ankommt –, wie er im streitgegenständlichen bescheid erfolgt ist, relativiert. die im bescheid angegebenen gründe finden jedenfalls in der niederschrift über die anhörung keine nachvollziehbare stütze, da der bildungsgrad des klägers zu 1. und der klägerin zu 2. in der bescheidbegründung völlig unzureichend gewichtet ist und sich die bescheidbegründung darüber hinaus ein wissen darüber anmaßt, welches verhalten von welchem taliban-angehörigen zu erwarten ist, ohne dass die konkreten quellen offengelegt werden, aus denen sich dieses erstaunliche wissen des bundesamtes ergibt. 38dass alle kläger regelmäßig an gottesdiensten und am übrigen gemeindeleben teilnehmen, wird durch die bescheinigung von pastor t. (christuskirche e1. , baptistengemeinde) vom 25. april 2014 bestätigt. 39die zu den gerichtsakten gereichten taubescheinigungen belegen die am 6. april 2014 erfolgte taufe des klägers zu 1. und der klägerin zu 2. mit der taufe haben sie den glaubenswechsel auch nach außen hin vollzogen. dass ihre gemeinsamen kinder noch nicht getauft sind, spricht weder gegen die glaubensentscheidung der eltern noch bedeutet dies, dass die kläger zu 3. bis 5. im vorliegenden verfahren als nicht zur christlichen glaubensgemeinschaft gehörig anzusehen sind. im baptistischen glaubensverständnis ist die taufe grundsätzlich folge einer bewussten umkehrentscheidung des täuflings selbst, so dass die aus anderen christlichen glaubensgemeinschaften bekannte säuglings- bzw. kindstaufe nicht befürwortet wird. 40vgl. dr. f.e. wieser, neutestamentliche taufe und baptistisches taufverständnis (kurzfassung), www.baptisten-muenchen.de/uploads/media/themen_02.pdf 41da die kläger zu 3. bis 5. regelmäßig an den gottesdiensten ihrer gemeinde teilnehmen und auch im christlichen glauben erzogen werden, besteht kein zweifel daran, dass auch sie aus der sicht der entsprechenden akteure in afghanistan (dazu sogleich) schon jetzt apostaten sind. 42bei dieser sachlage ist davon auszugehen, dass die kläger bei einer rückkehr nach afghanistan aufgrund ihres abfalls vom moslemischen glauben und der zuwendung zum christlichen glauben mit beachtlicher wahrscheinlichkeit befürchten müssen, schwerwiegenden ein- und übergriffen auf ihre körperliche unversehrtheit jedenfalls durch nichtstaatliche akteure ausgesetzt zu sein. die kläger können dabei auch nicht auf etwaigen internen schutz oder eine innerstaatliche schutzalternative verwiesen werden. dass die konversion vom islam zu einer christlichen kirche mit beachtlicher wahrscheinlichkeit in afghanistan zu politischer verfolgung führt, entspricht sowohl der bisherigen rechtsprechung der kammer, 43vgl. zuletzt urteil vom 9. september 2013 - 5a k 45/11.a –, sowie urteil vom 15. september 2005 - 5a k 7039/03.a - (unter hinweis u. a. auf lagebericht des auswärtigen amtes vom 3. november 2004; amnesty international, stellungnahme vom 28. juli 2003; danesch, gutachten an vg gießen vom 6. april 2004 und gutachten an vg braunschweig vom 13. mai 2004), 44als auch – nach wie vor – der verwaltungsgerichtlichen rechtsprechung bundesweit, 45vgl. ovg nrw, urteil vom 19. juni 2008 - 20 a 3886/05.a -, hessischer verwaltungsgerichtshof, urteile vom 18. september 2008 - 8 ue 858/06.a - und vom 24. juni 2010 - 8 a 290/09.a -, vg ansbach, urteil vom 23. januar 2014 – an 11 k 13.31105 -; vg lüneburg, urteil vom 29. dezember 2008 - 1 a 154/06 -, vg oldenburg, urteil vom 23. januar 2013 – 3 a 487/11 -, vg meiningen, urteile vom 16. september 2010 - 8 k 20101/09 me - und vom 24. märz 2011 - 8 k 20215/10 me -, vg trier, urteil vom 26. oktober 2011 - 5 k 493/11.tr -, vg des saarlandes, urteile vom 28. märz 2012 - 5 k 1037/10 und 5 k 181/11 -, vg würzburg, urteil vom 16. februar 2012 - w 2 k 11.30264 -, 24. september 2012 - w 2 k 11.30303 – und vom 25. februar 2014 – w 1 k 13.30164 -, vg magdeburg, urteile vom 16. juli 2012 - 5 a 72/11 md - und vom 12. oktober 2012 - 5 a 302/11 md -, vg schleswig-holstein, urteil vom 26. oktober 2012 - 12 a 194/10 -, vg minden, urteil vom 14. november 2012 - 3 k 2791/11.a -, jeweils zitiert nach juris. 46die kammer hält auch und gerade angesichts der aktuellen erkenntnisquellen zur situation der zum christlichen glauben konvertierten moslems, 47vgl. u. a. lageberichte des auswärtigen amtes vom 31. märz 2014, s. 11, vom 4. juni 2013, s. 11 und vom 10. januar 2012, s. 16 ff.; bericht des bundesamtes für migration und flüchtlinge zur „lage der religionsgemeinschaften in ausgewählten islamischen ländern“, august 2011, s. 7 ff.; unhcr-richtline zur feststellung des internationalen schutzbedarfs afghanischer asylsuchender vom 24. märz 2011, s. 6 der zusammenfassenden übersetzung; schweizerische flüchtlingshilfe, afghanistan update vom 3. september 2012, 23. august 2011 und 11. august 2009; amnesty international, ai-report 2011 afghanistan vom 10. märz 2011 bzw. 12. mai 2011 sowie ai-report 2012 afghanistan vom 23. mai 2012; internationale gesellschaft für menschenrechte, „situation christlicher konvertiten in afghanistan vom 27. februar 2008, zitiert nach vg würzburg, urteil vom 24. september 2012 - w 2 k 11.30303 -, 48an dieser rechtsprechung fest. 49nach alledem ist der klage mit dem hauptantrag auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft stattzugeben. auf die hilfsanträge kommt es nicht mehr entscheidungserheblich an. 50die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1 vwgo. gerichtskosten werden nach § 83 b asylvfg nicht erhoben. 51die vorläufige vollstreckbarkeit der kostenentscheidung beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 der zivilprozessordnung (zpo).
Klaeger*in
1
173,516
4 O 343/11
2014-07-10T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. 1Tatbestand: 2Die Klägerin war Justizvollzugsbeamtin des beklagten Landes und in dieser Eigenschaft bis zum 10.03.2003 in der Justizvollzugsanstalt H im offenen Vollzug eingesetzt. Sie befand sich bis zu diesem Zeitpunkt im statusrechtlichen Amt A 7 und hatte einen monatlichen Bruttoverdienst inklusive Stellenzulagen von 2.114,19 €. Ferner erhielt sie ein Weihnachtsgeld von 1.853,38 € sowie monatlich 6,65 € vermögenswirksame Leistungen. 3Ab dem 11.03.2003 war die Klägerin durchgängig krankgeschrieben bis sie sich am 01.02.2004 vorzeitig zur Ruhe setzte. In der Folgezeit erhielt sie Ruhegehaltsbezüge. 4Die Klägerin forderte das beklagte Land im Jahre 2011 zum Ausgleich des ihr entstandenen Schadens sowie zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes auf. Das beklagte Land hat dies mit Schreiben vom 18.07.2011 abgelehnt. 5Mit einem zur Gerichtsakte gereichten Schreiben vom 03.09.2012 hat die Klägerin den sie behandelnden Arzt – Dr. N – von der Schweigepflicht gegenüber dem Gericht entbunden. 6Die Klägerin behauptet, in der Justizvollzugsanstalt H durch ihre Vorgesetzte, der Leiterin des offenen Vollzugs Frau L, „gemobbt“ worden zu sein. Es habe ein systematisches Schikanieren der Klägerin stattgefunden. 7Am 21.09.1999 sei eine Dienstbesprechung angesetzt gewesen bei der die Bediensteten des offenen Vollzuges anwesend sein sollten. Im offenen Vollzug sei es üblich gewesen, dass ein Bediensteter im offenen Vollzug „die Stellung halte“. Nachdem die Klägerin Frau L darum gebeten habe, dieses Mal im offenen Vollzug bleiben zu dürfen, sei die Klägerin vor allen anderen Bediensteten verpflichtet worden, an der Dienstbesprechung teilzunehmen und zudem das Protokoll zu führen. Dem Wunsch der Klägerin sei aus unsachlichen Gründen nicht entsprochen worden. 8Am 07.06.2000 habe es – was zwischen den Parteien unstreitig ist – während des Dienstes der Klägerin eine laute Auseinandersetzung zweier Gefangener gegeben. Da die Klägerin die Streitenden jedoch habe besänftigen können, habe es für sie keinen Anlass gegeben, eine entsprechende Meldung zu schreiben. Am Folgetag hätten sich zwei Gefangene bei der Leiterin des offenen Vollzuges beschwert, die Klägerin sei bei einer körperlichen Auseinandersetzung nicht eingeschritten. Eine solche habe jedoch nicht stattgefunden. Es habe sich lediglich um eine verbale Auseinandersetzung gehandelt. Frau L habe die Klägerin daraufhin eigenmächtig aus dem Dienst genommen. Hierüber sei sie lediglich durch eine Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter informiert worden. Auf telefonische Nachfrage, habe ihr ein Kollege mitgeteilt, Frau L habe ihn angewiesen, die Klägerin nicht ins Haus zu lassen. Er habe zudem erklärt, sie habe „Hausverbot“. 9Am 09.06.2000 habe Frau L der Leiterin „Abteilung Vollzug“ – Frau G – über die Klägerin berichtet. Diese sei daraufhin zu einem Gespräch aufgefordert worden. Die Klägerin behauptet, Frau L habe der Vorgesetzten geschildert, sie sei bei einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen zwei Gefangenen nicht eingeschritten, ohne zuvor eine Stellungnahme der Klägerin hierzu eingeholt zu haben. 10Frau G habe im Anschluss an dieses Gespräch entschieden, dass die Klägerin für zwei Monate ihren Dienst im geschlossenen Vollzug verrichten müsse. 11Während dieser zwei Monate sei die Klägerin daraufhin fast täglich an anderer Stelle eingesetzt worden. Ihr sei zudem mitgeteilt worden, dass während dieser Zeit täglich beobachtet würde, was sie tun und wie sie sich geben würde. Ihr sei gesagt worden, Frau L habe negative Dinge über ihre Persönlichkeit berichtet und sich beleidigend über sie geäußert. Auf diese Weise habe man herausfinden wollen, ob die Aussagen der Leiterin des offenen Vollzuges zutreffend sein. 12Des Weiteren behauptet die Klägerin, nachdem sie in den offenen Vollzug zurückgekehrt sei, habe sich herausgestellt, dass zwischenzeitlich eine neue Kollegin ihre Stelle im offenen Vollzug übernehmen sollte. Frau L habe sie offensichtlich diffamiert, um ihre Stelle anderweitig besetzen zu können. 13Ferner habe Frau L versucht, sie in einen leer stehenden Gebäudeteil „abzuschieben“. Die Klägerin habe zunächst ein neues Büro in einem neuen, noch nicht bezogenen Gebäudeteil beziehen sollen. Schließlich habe sie dann doch ein Büro in dem Gebäude bekommen, indem sie auch zuvor eingesetzt gewesen sei. Dies sei auf die Bemühungen einer Kollegin zurückzuführen gewesen. 14Sie sei zudem angewiesen worden, sämtliche Gespräche, die sie mit Gefangenen führe, Frau L mitzuteilen. Dies sei diskriminierend, da ein Grund für eine derartige Überwachung nicht vorgelegen habe. Wenn es dazu gekommen sei, dass sie auf Nachfrage gegenüber Frau L lediglich allgemein habe mitteilen können, es hätte sich um belanglose Gespräche gehandelt, habe Frau L wiederum begonnen, sie zu schikanieren. Insbesondere sei diese laufend in das Büro der Klägerin gekommen, wenn Gefangene sich zu Gesprächen dort befunden hätten. 15Es sei ferner so gewesen, dass sie am Büro der Frau L habe vorbeigehen müssen, um zur Toilette zu gelangen. Diese habe dann gefragt, wo die Klägerin hingehe und warum dies „so lange“ dauere. 16Wenn die Klägerin sich einen Kaffee aus einem anderen Büro habe holen und dort nur einen Augenblick habe verweilen wollen, habe Frau L sie umgehend wieder in ihr Büro zurückgeschickt. Sie habe weder Fragen stellen noch sich an Gesprächen beteiligen dürfen. 17Bei gemeinsamen Treffen des gesamten Personals zum Dienstantritt, habe Frau L sie keines Blickes gewürdigt. Sobald sie im Rahmen der Dienstübergabe Bemerkungen gemacht habe, sei sie von dieser zurechtgewiesen worden, sich nicht an Gesprächen zu beteiligen. Ihre Äußerungen seien teils gänzlich ignoriert worden. 18Die Klägerin behauptet, es sei einmal so gewesen, dass eine Gefangene geflüchtet sei. Nachdem zwei Bedienstete die Gefangene außerhalb der Gefängnismauern gefasst hätten, seien sie und Frau L hinzugekommen. Die Entflohene sei von vier Bediensteten gefesselt worden. Anschließend habe sie die Gefangene allein hinüber zur Schleuse bringen müssen obgleich man sich noch außerhalb der Gefängnismauern befunden habe. Es sei sachwidrig gewesen, ihr diese Tätigkeit allein aufzuerlegen, da immer noch eine nicht unerhebliche Gefahr eines erneuten Fluchtversuches bestanden habe. Frau L habe dies offensichtlich in Kauf genommen, um die Klägerin anschließend dafür verantwortlich machen zu können. 19In der darauf folgenden Zeit sei sie durch Frau L komplett mit Missachtung gestraft worden. Sie sei morgens nicht begrüßt worden und man habe nur mit ihr gesprochen, wenn sich dies nicht habe vermeiden lassen. 20Am 13.12.2000 habe sie eine Stellungnahme für eine Konferenz zu einer Gefangenen geschrieben. Diese habe sie der Frau L im Vorfeld vorgelesen. Frau L habe daraufhin geäußert, die Stellungnahme sei gutgeschrieben und könne auf der Konferenz so vorgetragen werden, es bedürfe keiner Veränderung. Nachdem die Klägerin die Stellungnahme unverändert in der Konferenz vorgetragen hätte, sei die Direktorin mit dieser ganz und gar nicht einverstanden gewesen. Die Klägerin behauptet, sie habe daher Hilfe suchend zu Frau L hinüber gesehen, welche sie jedoch in keiner Weise unterstützt habe. Es sei daher davon auszugehen, dass sie zuvor bewusst falsch beraten worden sei in dem Ansinnen, sie würde einen schlechten Eindruck machen. 21In der Folgezeit sei es dann immer wieder zu Spitzfindigkeiten seitens der Frau L gekommen. So sei es beispielsweise vorgekommen, dass sie aus einer Krankheit zurückgekommen sei und sofort Wochendienste habe übernehmen müssen, obgleich dies absolut unüblich gewesen sei. Frau L habe unter anderem auch einen Wochenenddienst für sie verfügt, obwohl hierfür eigentlich ein anderer Kollege vorgesehen gewesen sei. 22Im August 2002 habe sie sich dann – was zwischen den Parteien unstreitig ist – auf eine ausgeschriebene Beförderungsstelle beworben. Da sie im offenen Vollzug in dem Bereich „Freies Beschäftigungsverhältnis“ eingesetzt worden sei, habe sie auch gewollt, dass dies in ihrer Beurteilung aufgeführt werde. Dies sei jedoch nicht geschehen, obgleich die Klägerin diesen Umstand gegenüber Frau L bemängelt habe. Diese habe ihr gesagt, wenn sie das Zeugnis nicht akzeptiere, werde sie dafür sorgen, dass man ihr so lange auf die Finger schaue, bis man einen Fehler finde. 23Die Klägerin behauptet des Weiteren, am 10.03.2003 habe sie sich krank melden müssen und aus diesem Grund auf ihrer Dienststelle angerufen. Sie habe dort mitgeteilt, dass sie ihren Dienst nicht antreten könne. Eine Kollegin habe ihr gesagt, sie solle sich gefälligst in der Hauptgeschäftszeit melden. Frau L habe sie angewiesen, ihr dies mitzuteilen. 24Im Mai des gleichen Jahres habe sie dann eine Aufforderung zu einem Personalgespräch erhalten, dass von drei diensthöheren Vorgesetzten mit ihr geführt worden sei. Dies sei äußerst ungewöhnlich, da Personalgespräche im Normalfall nur von einem Vorgesetzten geführt würden. 25All dies zeige, dass sie – insbesondere von Frau L – in systematischer Art und Weise schikaniert und diffamiert worden sei. Es sei eine Ungleichbehandlung gegenüber allen anderen Bediensteten aus dem offenen Vollzug erfolgt. Das Mobbing durch ihre Vorgesetzte habe bis zum 10.03.2003 durchgängig angedauert. Sie habe sich aus diesem Grund an den Personalrat gewandt und sich über ihre Vorgesetzte beschwert. 26Die Klägerin behauptet, aufgrund der geschilderten Mobbinghandlungen habe sie eine Depression entwickelt. Diese habe schließlich zu ihrer Dienstunfähigkeit und in der Folge zur vorzeitigen Zurruhesetzung am 01.02.2004 geführt. Sie habe sich seit dem März 2003 in psychologisch/psychiatrischer Behandlung befunden. Gespräche hätten in einem Rhythmus von ca. sechs Wochen stattgefunden. Vor dem Mobbing-Geschehen habe sie sich zu keinem Zeitpunkt in einer solchen Behandlung befunden. 27Die Depression äußere sich durch völlige Antriebslosigkeit, Herzrasen, Zittern, Schwindel, schwarz werden vor den Augen und erheblichen Schlaf- und Konzentrationsstörungen. In therapeutischen Sitzungen habe sie regelmäßig Heulanfälle bekommen. Sie habe unter Angstzuständen und Panikattacken gelitten. Aufgrund dieser sei sie nicht fähig gewesen, sich unter Menschen zugegeben. In solchen Situationen sei es dann sofort zu Herzrasen und Schweißausbrüchen gekommen. Des Weiteren habe sie im streitgegenständlichen Zeitraum auch unter Wahnvorstellungen gelitten. Sie habe im Raum Fliegen gesehen, die tatsächlich nicht dort waren. Sie könne darüber hinaus aufgrund von Muskelverspannungen in Rücken und Gesäß nur in gebückter Haltung gehen, nicht lange stehen und nur verschränkt sitzen. 28Infolge der Erkrankung sei sie etwa im Jahr 2004 zu ihrer Mutter gezogen. Sie sei nicht mehr der Lage gewesen, ihren eigenen Haushalt zu führen und sich selbst zu versorgen. Im September 2005 sei die Depression schließlich so stark gewesen, dass die Klägerin selbst ihre Therapie nicht mehr aufrechterhalten konnte. Sie habe ihren Therapeuten nicht mehr aufsuchen können. Dieser Zustand habe bis Februar 2009 angedauert. 29Zur Geltendmachung ihrer Ansprüche sei sie aufgrund der Depression zunächst nicht in der Lage gewesen. Sie habe versucht, das Geschehene zu verdrängen, um damit fertig werden zu können. Sie sei unfähig gewesen, sich mit dem Mobbing-Geschehen auseinanderzusetzen. Sie habe dieses nicht gegenüber anderen Menschen offenbaren können. Hierzu sei sie erst in der Lage gewesen, nachdem sie zu Beginn des Jahres 2009 hinsichtlich ihrer Erkrankung teilweise erfolgreich behandelt worden sei. In der Folge habe sie dann am 17.03.2009 erstmalig einen Antrag an das Landesjustizministerium NRW gestellt. 30Sie behauptet ferner, sie hätte einen Gehaltsschaden in Höhe von 74.344,09 € erlitten. 31Hinsichtlich der Berechnung desselbigen wir auf die Aufstellung auf Bl. 11 – 16 d. A. Bezug genommen. 32Die Klägerin ist der Ansicht, dass angesichts massiver psychischer Folgen des Mobbings sowie gravierender beruflicher Konsequenzen ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 € angemessen sei. 33Sie beantragt, 341. das beklagte Land zu verurteilen, an sie Schadensersatz in Höhe von 74.344,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 26.07.2011 zu zahlen, 352. das beklagte Land weiter zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 26.07.2011 zu zahlen und 363. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche künftigen Schäden zu ersetzen, die aus deren vorzeitiger Zurruhesetzung zum 01.02.2004 resultieren. 37Das beklagte Land beantragt, 38die Klage abzuweisen. 39Es rügt zunächst eine Verjährung bzw. eine Verwirkung der geltend gemachten Ansprüche. 40Darüber hinaus habe ein Mobbing der Klägerin zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. 41Hinsichtlich der Geschehnisse am 07.06.2000 behauptet das beklagte Land, die Klägerin sei dazu verpflichtet gewesen, eine entsprechende Meldung über den Vorfall zwischen den Gefangenen zu schreiben. Dies sei der Klägerin auch bekannt gewesen. Es sei dienstwidrig gewesen, eine Meldung zu unterlassen. 42Dass die Klägerin nach diesem Vorfall zunächst nicht mehr im Nachtdienst eingesetzt worden sei, sei zu ihrem eigenen Wohle sowie im Interesse der Justizvollzugsanstalt erfolgt. Unmittelbar nach dem Vorfall seien Gerüchte entstanden, die Klägerin habe mit den Gefangenen eine Vereinbarung getroffen, über den Vorfall keine Meldung zu schreiben. Da ein solches Vorgehen disziplinarrechtlich relevant und zu verfolgen gewesen wäre, habe Frau L es für sachgerecht erachtet, die Klägerin zunächst bis zur Aufklärung der Angelegenheit nicht mehr im Nachtdienst einzusetzen. 43Das beklagte Land behauptet ferner, die Klägerin habe ein Büro in einem noch nicht bezogenen Gebäudeteil erhalten sollen. Hintergrund dieser Maßnahmen sei gewesen, dass einzelne Bürozimmer bestimmten Personen hätten zugewiesen werden müssen. Dabei habe sich jedoch später eine Änderung ergeben. 44Das beklagte Land behauptet weiter, es sei üblich, dass Bediensteten der Justizvollzugsanstalt H, welche nach Krankheit ihren Dienst wieder aufnehmen, in verstärktem Maße zu bevorstehenden Wochenenddiensten herangezogen würden. Dies geschehe um die vorherige Mehrbelastung der übrigen Bediensteten auszugleichen. 45Des Weiteren habe sich die Klägerin während ihres aktiven Dienstes zu keiner Zeit über ihre Vorgesetzte Frau L beklagt oder gar offiziell Beschwerde gegen diese erhoben. 46Die Geschehnisse um einen Fluchtversuch einer Gefangenen, den geäußerten Wunsch an einer Besprechung nicht teilnehmen zu müssen sowie das Auftreten einer Depression der Klägerin bestreitet das beklagte Land mit Nichtwissen. Des Weiteren bestreitet es mit Nichtwissen, dass die Klägerin nicht in der Lage gewesen sei, ihren eigenen Haushalt zu führen und sich selbst zu versorgen sowie dass diese ihre Therapie nicht mehr aufrechterhalten konnte. 47Es behauptet, die Klägerin habe neben einer belastenden Arbeitssituation weitere persönliche Probleme gehabt. Der streitgegenständliche Sachverhalt sei für eine Erkrankung der Klägerin nicht kausal gewesen. 48Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr. med. A, das dieser in der Verhandlung vom 10.07.2014 mündlich erläutert und hierzu ergänzend Stellung genommen hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen vom 21.10.2013 sowie das Sitzungsprotokoll vom 10.07.2014 (Bl. 310 - 313 d.A.) Bezug genommen. 49Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen. 50Entscheidungsgründe: 51Die Klage ist unbegründet. 52I. 53Die Klägerin hat gegen das beklagte Land keinen durchsetzbaren Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art 34 GG. 54Ein etwaiger Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist gemäß § 214 Abs. 1 BGB nicht durchsetzbar. Der Anspruch ist mit Ablauf des 31.12.2006 verjährt. 55Beginn der Verjährungsfrist war am 01.01.2004 (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Ein Anspruch der Klägerin wäre bereits im Jahre 2003 entstanden. Die Klägerin hat insoweit vorgetragen, Mobbinghandlungen gegen sie hätten bis zu ihrem letzten Arbeitstag am 10.03.2003 durchgängig angedauert. 56Hinsichtlich eines Mobbings auch in der Folgezeit hat die Klägerin nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Sie hat insoweit nur auf ein im Mai 2013 geführtes Personalgespräch mit drei diensthöheren Vorgesetzten verwiesen. Hierin allein kann jedoch keine Mobbinghandlung zu Lasten der Klägerin gesehen werden. 57Eine Hemmung der Verjährung gemäß § 206 BGB ist nicht eingetreten. Die Klägerin war innerhalb der letzten sechs Monate vor Ablauf der Verjährungsfrist nicht durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert. 58Höhere Gewalt wird in der Rechtsprechung zwar auch bei unvorhersehbar eintretender schwerer Krankheit bejaht, wenn der Krankheitszustand ein Handeln unmöglich macht. Erforderlich ist jedoch, dass die Besorgung der eigenen Angelegenheiten schlechthin unmöglich ist (Grothe in Münchner Kommentar, 6. Auflage, § 206 BGB Rn. 6 m.w.N.). Ausnahmsweise soll dies auch bei einem psychischen Ausnahmezustand angenommen werden können, der es unmöglich macht, sich für oder gegen die Durchsetzung eines Anspruchs zu entscheiden (Henrich in Beck’scher Online-Kommentar, Stand 1.5.2012, § 206 BGB Rn. 4). Nur wenn festgestellt werden kann, dass ein solcher Ausnahmezustand infolge psychischer Not- bzw. Zwangslage vorlag, tritt eine Hemmung der Verjährung für die Dauer dieses Zustandes ein (OLG Karlsruhe, Beschl. vom 12.6.2001, Az.: 7 W 17/01 m.w.N.). 59Die Klage wurde am 17.11.2011 anhängig gemacht. Es steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen A, das dieser in der Sitzung vom 10.07.2014 mündlich erläutert hat, fest, dass die Klägerin trotz einer vorliegenden depressiven Verstimmung in dem danach maßgeblichen Zeitraum von Mitte 2006 bis zum 17.11.2008 in der Lage war, einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zu beauftragen. 60Der Sachverständige führt auf Seite 45 seines Gutachtens vom 21.10.2013 aus, es könne nicht der Schluss gezogen werden, dass die Klägerin über die gesamte Dauer vollständig in jeder Handlung beeinträchtigt gewesen sei. Auf Seite 46 heißt es weiter, es könne nicht festgestellt werden, dass bei der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum ein psychischer Ausnahmezustand vorgelegen habe, der es unmöglich gemacht hätte, einen Amtshaftungsanspruch aufgrund von Mobbing in die Wege zu leiten. Aus der Schilderung des Nervenarztes könne nicht abgeleitet werden, dass der Ausprägungsgrad der Gesundheitsstörung so groß war, dass nicht eine andere Person mit der Wahrnehmung rechtlicher Interessen hätte beauftragt werden können (vgl. Seite 47 des Gutachtens). 61Der Sachverständige versicherte im Rahmen seiner mündlichen Erläuterungen glaubhaft, es müsse ein extrem schweres Krankheitsbild gegeben sein um von einer Handlungsunfähigkeit ausgehen zu können. Es sei jedoch aus den vorliegenden Unterlagen sowie der durchgeführten Untersuchung der Klägerin nicht ersichtlich, dass ein solcher medizinischer Befund vorgelegen habe. Ein derart schweres Krankheitsbild habe er nicht feststellen können. Er habe weder Bewusstseinsstörungen, noch paranoide Gedanken oder Zwangsdenken erkennen können. Eine andauernde Persönlichkeitsveränderung als Folge einer posttraumatischen Belastungssituation habe sich nicht ergeben. 62Der Sachverständig blieb bei dieser Einschätzung auch im Hinblick auf den weiteren klägerischen Vortrag in Bezug auf Wahnvorstellungen, innerer Unruhe und Schweißausbrüchen. Wenn die Klägerin erkläre, Fliegen gesehen zu haben, obgleich diese nicht vorhanden waren, müsse dem kein pathologischer Charakter beizumessen sein. Diese Wahnvorstellungen könnten vielmehr ebenso auf organischen Ursachen beruhen. Der Sachverständige führte nachvollziehbar aus, optische Halluzinationen gehörten nicht zu den typischen Merkmalen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Dies passe aus medizinischer Sicht nicht zusammen. 63Unruhe und Schweißausbrüche seien hingegen Symptome, die im Rahmen einer depressiven Stimmung regelmäßig auftauchen. Der Schluss auf eine Handlungsunfähigkeit der Klägerin im Zeitraum von Mitte 2006 bis November 2008 lasse sich hieraus aber nicht ziehen. 64Eine Vernehmung des Zeugen Dr. N war nicht angezeigt. Zwar handelt es sich bei diesem um den Therapeuten der Klägerin. Jedoch hat Dr. N diese in dem Zeitraum September 2005 bis Februar 2009 nicht behandelt. Er kann daher als Zeuge über den Zustand der Klägerin in dieser Zeit keine weitergehenden Angaben machen. 65Da ein Anspruch der Klägerin somit nicht mehr durchsetzbar ist, kam es auf das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung sowie eine Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Schadenspositionen nicht mehr an. 66II. 67Mangels Vorliegens eines durchsetzbaren Schadensersatzanspruches besteht auch kein Anspruch auf Feststellung einer Einstandspflicht des beklagten Landes hinsichtlich künftiger Schäden. 68III. 69Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 und 2 ZPO
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages. 1
2die klägerin war justizvollzugsbeamtin des beklagten landes und in dieser eigenschaft bis zum 10.03.2003 in der justizvollzugsanstalt h im offenen vollzug eingesetzt. sie befand sich bis zu diesem zeitpunkt im statusrechtlichen amt a 7 und hatte einen monatlichen bruttoverdienst inklusive stellenzulagen von 2.114,19 €. ferner erhielt sie ein weihnachtsgeld von 1.853,38 € sowie monatlich 6,65 € vermögenswirksame leistungen. 3ab dem 11.03.2003 war die klägerin durchgängig krankgeschrieben bis sie sich am 01.02.2004 vorzeitig zur ruhe setzte. in der folgezeit erhielt sie ruhegehaltsbezüge. 4die klägerin forderte das beklagte land im jahre 2011 zum ausgleich des ihr entstandenen schadens sowie zur zahlung eines angemessenen schmerzensgeldes auf. das beklagte land hat dies mit schreiben vom 18.07.2011 abgelehnt. 5mit einem zur gerichtsakte gereichten schreiben vom 03.09.2012 hat die klägerin den sie behandelnden arzt – dr. n – von der schweigepflicht gegenüber dem gericht entbunden. 6die klägerin behauptet, in der justizvollzugsanstalt h durch ihre vorgesetzte, der leiterin des offenen vollzugs frau l, „gemobbt“ worden zu sein. es habe ein systematisches schikanieren der klägerin stattgefunden. 7am 21.09.1999 sei eine dienstbesprechung angesetzt gewesen bei der die bediensteten des offenen vollzuges anwesend sein sollten. im offenen vollzug sei es üblich gewesen, dass ein bediensteter im offenen vollzug „die stellung halte“. nachdem die klägerin frau l darum gebeten habe, dieses mal im offenen vollzug bleiben zu dürfen, sei die klägerin vor allen anderen bediensteten verpflichtet worden, an der dienstbesprechung teilzunehmen und zudem das protokoll zu führen. dem wunsch der klägerin sei aus unsachlichen gründen nicht entsprochen worden. 8am 07.06.2000 habe es – was zwischen den parteien unstreitig ist – während des dienstes der klägerin eine laute auseinandersetzung zweier gefangener gegeben. da die klägerin die streitenden jedoch habe besänftigen können, habe es für sie keinen anlass gegeben, eine entsprechende meldung zu schreiben. am folgetag hätten sich zwei gefangene bei der leiterin des offenen vollzuges beschwert, die klägerin sei bei einer körperlichen auseinandersetzung nicht eingeschritten. eine solche habe jedoch nicht stattgefunden. es habe sich lediglich um eine verbale auseinandersetzung gehandelt. frau l habe die klägerin daraufhin eigenmächtig aus dem dienst genommen. hierüber sei sie lediglich durch eine nachricht auf ihrem anrufbeantworter informiert worden. auf telefonische nachfrage, habe ihr ein kollege mitgeteilt, frau l habe ihn angewiesen, die klägerin nicht ins haus zu lassen. er habe zudem erklärt, sie habe „hausverbot“. 9am 09.06.2000 habe frau l der leiterin „abteilung vollzug“ – frau g – über die klägerin berichtet. diese sei daraufhin zu einem gespräch aufgefordert worden. die klägerin behauptet, frau l habe der vorgesetzten geschildert, sie sei bei einer körperlichen auseinandersetzung zwischen zwei gefangenen nicht eingeschritten, ohne zuvor eine stellungnahme der klägerin hierzu eingeholt zu haben. 10frau g habe im anschluss an dieses gespräch entschieden, dass die klägerin für zwei monate ihren dienst im geschlossenen vollzug verrichten müsse. 11während dieser zwei monate sei die klägerin daraufhin fast täglich an anderer stelle eingesetzt worden. ihr sei zudem mitgeteilt worden, dass während dieser zeit täglich beobachtet würde, was sie tun und wie sie sich geben würde. ihr sei gesagt worden, frau l habe negative dinge über ihre persönlichkeit berichtet und sich beleidigend über sie geäußert. auf diese weise habe man herausfinden wollen, ob die aussagen der leiterin des offenen vollzuges zutreffend sein. 12des weiteren behauptet die klägerin, nachdem sie in den offenen vollzug zurückgekehrt sei, habe sich herausgestellt, dass zwischenzeitlich eine neue kollegin ihre stelle im offenen vollzug übernehmen sollte. frau l habe sie offensichtlich diffamiert, um ihre stelle anderweitig besetzen zu können. 13ferner habe frau l versucht, sie in einen leer stehenden gebäudeteil „abzuschieben“. die klägerin habe zunächst ein neues büro in einem neuen, noch nicht bezogenen gebäudeteil beziehen sollen. schließlich habe sie dann doch ein büro in dem gebäude bekommen, indem sie auch zuvor eingesetzt gewesen sei. dies sei auf die bemühungen einer kollegin zurückzuführen gewesen. 14sie sei zudem angewiesen worden, sämtliche gespräche, die sie mit gefangenen führe, frau l mitzuteilen. dies sei diskriminierend, da ein grund für eine derartige überwachung nicht vorgelegen habe. wenn es dazu gekommen sei, dass sie auf nachfrage gegenüber frau l lediglich allgemein habe mitteilen können, es hätte sich um belanglose gespräche gehandelt, habe frau l wiederum begonnen, sie zu schikanieren. insbesondere sei diese laufend in das büro der klägerin gekommen, wenn gefangene sich zu gesprächen dort befunden hätten. 15es sei ferner so gewesen, dass sie am büro der frau l habe vorbeigehen müssen, um zur toilette zu gelangen. diese habe dann gefragt, wo die klägerin hingehe und warum dies „so lange“ dauere. 16wenn die klägerin sich einen kaffee aus einem anderen büro habe holen und dort nur einen augenblick habe verweilen wollen, habe frau l sie umgehend wieder in ihr büro zurückgeschickt. sie habe weder fragen stellen noch sich an gesprächen beteiligen dürfen. 17bei gemeinsamen treffen des gesamten personals zum dienstantritt, habe frau l sie keines blickes gewürdigt. sobald sie im rahmen der dienstübergabe bemerkungen gemacht habe, sei sie von dieser zurechtgewiesen worden, sich nicht an gesprächen zu beteiligen. ihre äußerungen seien teils gänzlich ignoriert worden. 18die klägerin behauptet, es sei einmal so gewesen, dass eine gefangene geflüchtet sei. nachdem zwei bedienstete die gefangene außerhalb der gefängnismauern gefasst hätten, seien sie und frau l hinzugekommen. die entflohene sei von vier bediensteten gefesselt worden. anschließend habe sie die gefangene allein hinüber zur schleuse bringen müssen obgleich man sich noch außerhalb der gefängnismauern befunden habe. es sei sachwidrig gewesen, ihr diese tätigkeit allein aufzuerlegen, da immer noch eine nicht unerhebliche gefahr eines erneuten fluchtversuches bestanden habe. frau l habe dies offensichtlich in kauf genommen, um die klägerin anschließend dafür verantwortlich machen zu können. 19in der darauf folgenden zeit sei sie durch frau l komplett mit missachtung gestraft worden. sie sei morgens nicht begrüßt worden und man habe nur mit ihr gesprochen, wenn sich dies nicht habe vermeiden lassen. 20am 13.12.2000 habe sie eine stellungnahme für eine konferenz zu einer gefangenen geschrieben. diese habe sie der frau l im vorfeld vorgelesen. frau l habe daraufhin geäußert, die stellungnahme sei gutgeschrieben und könne auf der konferenz so vorgetragen werden, es bedürfe keiner veränderung. nachdem die klägerin die stellungnahme unverändert in der konferenz vorgetragen hätte, sei die direktorin mit dieser ganz und gar nicht einverstanden gewesen. die klägerin behauptet, sie habe daher hilfe suchend zu frau l hinüber gesehen, welche sie jedoch in keiner weise unterstützt habe. es sei daher davon auszugehen, dass sie zuvor bewusst falsch beraten worden sei in dem ansinnen, sie würde einen schlechten eindruck machen. 21in der folgezeit sei es dann immer wieder zu spitzfindigkeiten seitens der frau l gekommen. so sei es beispielsweise vorgekommen, dass sie aus einer krankheit zurückgekommen sei und sofort wochendienste habe übernehmen müssen, obgleich dies absolut unüblich gewesen sei. frau l habe unter anderem auch einen wochenenddienst für sie verfügt, obwohl hierfür eigentlich ein anderer kollege vorgesehen gewesen sei. 22im august 2002 habe sie sich dann – was zwischen den parteien unstreitig ist – auf eine ausgeschriebene beförderungsstelle beworben. da sie im offenen vollzug in dem bereich „freies beschäftigungsverhältnis“ eingesetzt worden sei, habe sie auch gewollt, dass dies in ihrer beurteilung aufgeführt werde. dies sei jedoch nicht geschehen, obgleich die klägerin diesen umstand gegenüber frau l bemängelt habe. diese habe ihr gesagt, wenn sie das zeugnis nicht akzeptiere, werde sie dafür sorgen, dass man ihr so lange auf die finger schaue, bis man einen fehler finde. 23die klägerin behauptet des weiteren, am 10.03.2003 habe sie sich krank melden müssen und aus diesem grund auf ihrer dienststelle angerufen. sie habe dort mitgeteilt, dass sie ihren dienst nicht antreten könne. eine kollegin habe ihr gesagt, sie solle sich gefälligst in der hauptgeschäftszeit melden. frau l habe sie angewiesen, ihr dies mitzuteilen. 24im mai des gleichen jahres habe sie dann eine aufforderung zu einem personalgespräch erhalten, dass von drei diensthöheren vorgesetzten mit ihr geführt worden sei. dies sei äußerst ungewöhnlich, da personalgespräche im normalfall nur von einem vorgesetzten geführt würden. 25all dies zeige, dass sie – insbesondere von frau l – in systematischer art und weise schikaniert und diffamiert worden sei. es sei eine ungleichbehandlung gegenüber allen anderen bediensteten aus dem offenen vollzug erfolgt. das mobbing durch ihre vorgesetzte habe bis zum 10.03.2003 durchgängig angedauert. sie habe sich aus diesem grund an den personalrat gewandt und sich über ihre vorgesetzte beschwert. 26die klägerin behauptet, aufgrund der geschilderten mobbinghandlungen habe sie eine depression entwickelt. diese habe schließlich zu ihrer dienstunfähigkeit und in der folge zur vorzeitigen zurruhesetzung am 01.02.2004 geführt. sie habe sich seit dem märz 2003 in psychologisch/psychiatrischer behandlung befunden. gespräche hätten in einem rhythmus von ca. sechs wochen stattgefunden. vor dem mobbing-geschehen habe sie sich zu keinem zeitpunkt in einer solchen behandlung befunden. 27die depression äußere sich durch völlige antriebslosigkeit, herzrasen, zittern, schwindel, schwarz werden vor den augen und erheblichen schlaf- und konzentrationsstörungen. in therapeutischen sitzungen habe sie regelmäßig heulanfälle bekommen. sie habe unter angstzuständen und panikattacken gelitten. aufgrund dieser sei sie nicht fähig gewesen, sich unter menschen zugegeben. in solchen situationen sei es dann sofort zu herzrasen und schweißausbrüchen gekommen. des weiteren habe sie im streitgegenständlichen zeitraum auch unter wahnvorstellungen gelitten. sie habe im raum fliegen gesehen, die tatsächlich nicht dort waren. sie könne darüber hinaus aufgrund von muskelverspannungen in rücken und gesäß nur in gebückter haltung gehen, nicht lange stehen und nur verschränkt sitzen. 28infolge der erkrankung sei sie etwa im jahr 2004 zu ihrer mutter gezogen. sie sei nicht mehr der lage gewesen, ihren eigenen haushalt zu führen und sich selbst zu versorgen. im september 2005 sei die depression schließlich so stark gewesen, dass die klägerin selbst ihre therapie nicht mehr aufrechterhalten konnte. sie habe ihren therapeuten nicht mehr aufsuchen können. dieser zustand habe bis februar 2009 angedauert. 29zur geltendmachung ihrer ansprüche sei sie aufgrund der depression zunächst nicht in der lage gewesen. sie habe versucht, das geschehene zu verdrängen, um damit fertig werden zu können. sie sei unfähig gewesen, sich mit dem mobbing-geschehen auseinanderzusetzen. sie habe dieses nicht gegenüber anderen menschen offenbaren können. hierzu sei sie erst in der lage gewesen, nachdem sie zu beginn des jahres 2009 hinsichtlich ihrer erkrankung teilweise erfolgreich behandelt worden sei. in der folge habe sie dann am 17.03.2009 erstmalig einen antrag an das landesjustizministerium nrw gestellt. 30sie behauptet ferner, sie hätte einen gehaltsschaden in höhe von 74.344,09 € erlitten. 31hinsichtlich der berechnung desselbigen wir auf die aufstellung auf bl. 11 – 16 d. a. bezug genommen. 32die klägerin ist der ansicht, dass angesichts massiver psychischer folgen des mobbings sowie gravierender beruflicher konsequenzen ein schmerzensgeld in höhe von 5.000,00 € angemessen sei. 33sie beantragt, 341. das beklagte land zu verurteilen, an sie schadensersatz in höhe von 74.344,09 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz hieraus seit dem 26.07.2011 zu zahlen, 352. das beklagte land weiter zu verurteilen, an sie ein angemessenes schmerzensgeld nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz hieraus seit dem 26.07.2011 zu zahlen und 363. festzustellen, dass das beklagte land verpflichtet ist, der klägerin sämtliche künftigen schäden zu ersetzen, die aus deren vorzeitiger zurruhesetzung zum 01.02.2004 resultieren. 37das beklagte land beantragt, 38die klage abzuweisen. 39es rügt zunächst eine verjährung bzw. eine verwirkung der geltend gemachten ansprüche. 40darüber hinaus habe ein mobbing der klägerin zu keinem zeitpunkt stattgefunden. 41hinsichtlich der geschehnisse am 07.06.2000 behauptet das beklagte land, die klägerin sei dazu verpflichtet gewesen, eine entsprechende meldung über den vorfall zwischen den gefangenen zu schreiben. dies sei der klägerin auch bekannt gewesen. es sei dienstwidrig gewesen, eine meldung zu unterlassen. 42dass die klägerin nach diesem vorfall zunächst nicht mehr im nachtdienst eingesetzt worden sei, sei zu ihrem eigenen wohle sowie im interesse der justizvollzugsanstalt erfolgt. unmittelbar nach dem vorfall seien gerüchte entstanden, die klägerin habe mit den gefangenen eine vereinbarung getroffen, über den vorfall keine meldung zu schreiben. da ein solches vorgehen disziplinarrechtlich relevant und zu verfolgen gewesen wäre, habe frau l es für sachgerecht erachtet, die klägerin zunächst bis zur aufklärung der angelegenheit nicht mehr im nachtdienst einzusetzen. 43das beklagte land behauptet ferner, die klägerin habe ein büro in einem noch nicht bezogenen gebäudeteil erhalten sollen. hintergrund dieser maßnahmen sei gewesen, dass einzelne bürozimmer bestimmten personen hätten zugewiesen werden müssen. dabei habe sich jedoch später eine änderung ergeben. 44das beklagte land behauptet weiter, es sei üblich, dass bediensteten der justizvollzugsanstalt h, welche nach krankheit ihren dienst wieder aufnehmen, in verstärktem maße zu bevorstehenden wochenenddiensten herangezogen würden. dies geschehe um die vorherige mehrbelastung der übrigen bediensteten auszugleichen. 45des weiteren habe sich die klägerin während ihres aktiven dienstes zu keiner zeit über ihre vorgesetzte frau l beklagt oder gar offiziell beschwerde gegen diese erhoben. 46die geschehnisse um einen fluchtversuch einer gefangenen, den geäußerten wunsch an einer besprechung nicht teilnehmen zu müssen sowie das auftreten einer depression der klägerin bestreitet das beklagte land mit nichtwissen. des weiteren bestreitet es mit nichtwissen, dass die klägerin nicht in der lage gewesen sei, ihren eigenen haushalt zu führen und sich selbst zu versorgen sowie dass diese ihre therapie nicht mehr aufrechterhalten konnte. 47es behauptet, die klägerin habe neben einer belastenden arbeitssituation weitere persönliche probleme gehabt. der streitgegenständliche sachverhalt sei für eine erkrankung der klägerin nicht kausal gewesen. 48das gericht hat beweis erhoben durch die einholung eines schriftlichen gutachtens des sachverständigen dr. med. a, das dieser in der verhandlung vom 10.07.2014 mündlich erläutert und hierzu ergänzend stellung genommen hat. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das gutachten des sachverständigen vom 21.10.2013 sowie das sitzungsprotokoll vom 10.07.2014 (bl. 310 - 313 d.a.) bezug genommen. 49wegen der weiteren einzelheiten wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze nebst anlagen, die gegenstand der mündlichen verhandlung waren, bezug genommen. 50
51die klage ist unbegründet. 52i. 53die klägerin hat gegen das beklagte land keinen durchsetzbaren anspruch auf zahlung von schmerzensgeld und schadensersatz aus § 839 abs. 1 bgb i.v.m. art 34 gg. 54ein etwaiger anspruch der klägerin gegen die beklagte ist gemäß § 214 abs. 1 bgb nicht durchsetzbar. der anspruch ist mit ablauf des 31.12.2006 verjährt. 55beginn der verjährungsfrist war am 01.01.2004 (§ 199 abs. 1 nr. 1 bgb). ein anspruch der klägerin wäre bereits im jahre 2003 entstanden. die klägerin hat insoweit vorgetragen, mobbinghandlungen gegen sie hätten bis zu ihrem letzten arbeitstag am 10.03.2003 durchgängig angedauert. 56hinsichtlich eines mobbings auch in der folgezeit hat die klägerin nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. sie hat insoweit nur auf ein im mai 2013 geführtes personalgespräch mit drei diensthöheren vorgesetzten verwiesen. hierin allein kann jedoch keine mobbinghandlung zu lasten der klägerin gesehen werden. 57eine hemmung der verjährung gemäß § 206 bgb ist nicht eingetreten. die klägerin war innerhalb der letzten sechs monate vor ablauf der verjährungsfrist nicht durch höhere gewalt an der rechtsverfolgung gehindert. 58höhere gewalt wird in der rechtsprechung zwar auch bei unvorhersehbar eintretender schwerer krankheit bejaht, wenn der krankheitszustand ein handeln unmöglich macht. erforderlich ist jedoch, dass die besorgung der eigenen angelegenheiten schlechthin unmöglich ist (grothe in münchner kommentar, 6. auflage, § 206 bgb rn. 6 m.w.n.). ausnahmsweise soll dies auch bei einem psychischen ausnahmezustand angenommen werden können, der es unmöglich macht, sich für oder gegen die durchsetzung eines anspruchs zu entscheiden (henrich in beck’scher online-kommentar, stand 1.5.2012, § 206 bgb rn. 4). nur wenn festgestellt werden kann, dass ein solcher ausnahmezustand infolge psychischer not- bzw. zwangslage vorlag, tritt eine hemmung der verjährung für die dauer dieses zustandes ein (olg karlsruhe, beschl. vom 12.6.2001, az.: 7 w 17/01 m.w.n.). 59die klage wurde am 17.11.2011 anhängig gemacht. es steht zur überzeugung des gerichts aufgrund des schriftlichen gutachtens des sachverständigen a, das dieser in der sitzung vom 10.07.2014 mündlich erläutert hat, fest, dass die klägerin trotz einer vorliegenden depressiven verstimmung in dem danach maßgeblichen zeitraum von mitte 2006 bis zum 17.11.2008 in der lage war, einen rechtsanwalt mit der wahrnehmung ihrer interessen zu beauftragen. 60der sachverständige führt auf seite 45 seines gutachtens vom 21.10.2013 aus, es könne nicht der schluss gezogen werden, dass die klägerin über die gesamte dauer vollständig in jeder handlung beeinträchtigt gewesen sei. auf seite 46 heißt es weiter, es könne nicht festgestellt werden, dass bei der klägerin im maßgeblichen zeitraum ein psychischer ausnahmezustand vorgelegen habe, der es unmöglich gemacht hätte, einen amtshaftungsanspruch aufgrund von mobbing in die wege zu leiten. aus der schilderung des nervenarztes könne nicht abgeleitet werden, dass der ausprägungsgrad der gesundheitsstörung so groß war, dass nicht eine andere person mit der wahrnehmung rechtlicher interessen hätte beauftragt werden können (vgl. seite 47 des gutachtens). 61der sachverständige versicherte im rahmen seiner mündlichen erläuterungen glaubhaft, es müsse ein extrem schweres krankheitsbild gegeben sein um von einer handlungsunfähigkeit ausgehen zu können. es sei jedoch aus den vorliegenden unterlagen sowie der durchgeführten untersuchung der klägerin nicht ersichtlich, dass ein solcher medizinischer befund vorgelegen habe. ein derart schweres krankheitsbild habe er nicht feststellen können. er habe weder bewusstseinsstörungen, noch paranoide gedanken oder zwangsdenken erkennen können. eine andauernde persönlichkeitsveränderung als folge einer posttraumatischen belastungssituation habe sich nicht ergeben. 62der sachverständig blieb bei dieser einschätzung auch im hinblick auf den weiteren klägerischen vortrag in bezug auf wahnvorstellungen, innerer unruhe und schweißausbrüchen. wenn die klägerin erkläre, fliegen gesehen zu haben, obgleich diese nicht vorhanden waren, müsse dem kein pathologischer charakter beizumessen sein. diese wahnvorstellungen könnten vielmehr ebenso auf organischen ursachen beruhen. der sachverständige führte nachvollziehbar aus, optische halluzinationen gehörten nicht zu den typischen merkmalen einer posttraumatischen belastungsstörung. dies passe aus medizinischer sicht nicht zusammen. 63unruhe und schweißausbrüche seien hingegen symptome, die im rahmen einer depressiven stimmung regelmäßig auftauchen. der schluss auf eine handlungsunfähigkeit der klägerin im zeitraum von mitte 2006 bis november 2008 lasse sich hieraus aber nicht ziehen. 64eine vernehmung des zeugen dr. n war nicht angezeigt. zwar handelt es sich bei diesem um den therapeuten der klägerin. jedoch hat dr. n diese in dem zeitraum september 2005 bis februar 2009 nicht behandelt. er kann daher als zeuge über den zustand der klägerin in dieser zeit keine weitergehenden angaben machen. 65da ein anspruch der klägerin somit nicht mehr durchsetzbar ist, kam es auf das vorliegen einer amtspflichtverletzung sowie eine erstattungsfähigkeit der geltend gemachten schadenspositionen nicht mehr an. 66ii. 67mangels vorliegens eines durchsetzbaren schadensersatzanspruches besteht auch kein anspruch auf feststellung einer einstandspflicht des beklagten landes hinsichtlich künftiger schäden. 68iii. 69die kostenentscheidung folgt aus § 91 abs. 1 s. 1 zpo; die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit aus § 709 s. 1 und 2 zpo
Verklagte*r
0
168,797
S 44 R 1421/13
2015-01-13T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten darüber, ob und in welcher Höhe der Klägerin nach § 63 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – die Kosten für Bevollmächtigte im erfolgreich abgeschlossenen Vorverfahren zu erstatten sind. 3Die Klägerin ist Mitglied im Q S1 Deutschland e.V., der kooperatives Mitglied im Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV) ist. Der DBSV wiederum ist Gesellschafter der Rechtsberatungsgesellschaft der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfeorganisationen (DBSV, DVBS und Q S1 Deutschland e.V.), s2cn gemeinnützige GmbH (s2cn gGmbH). 4Am 26.01.2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form eines behindertengerechten Bildschirmarbeitsplatzes mit entsprechender Computerschulung (vgl. Angebot des Büros für Barrierefreie Bildung). Mit Bescheid vom 30.01.2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht erheblich gefährdet oder gemindert sei, weil sie in der Lage sei, eine Beschäftigung als Masseurin und Bademeisterin weiterhin auszuüben. Die persönlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben würden somit nicht vorliegen. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 06.02.2012 Widerspruch. Sie teilte mit, dass ihre Tätigkeit als Physiotherapeutin therapeutische Arbeit, Beratung, Schulungen, Dokumentationen und das Begleiten von Arbeitskreisen im Bereich Ergonomie umfasse. Ab Mitte des Jahres würden die Dokumentationspflichten erweitert und es werde keine Tageslichtprojektoren mehr geben. Sie brauche daher Kenntnisse im PowerPoint. Wegen ihrer starken Sehbehinderung könne sie diese Arbeiten aber nicht in einer angemessenen Zeit erledigen. Ein Bildschirmarbeitsplatz mit Vergrößerungssoftware und entsprechender Schulung würde ihren Arbeitsplatz langfristig sichern und sie hätte die Chance, ihre Arbeitszeit zu erweitern. Mit Schreiben vom 12.03.2012 teilte die Beklagte ihr mit, dass zur Entscheidung über den Widerspruch eine Stellungnahme zu bestimmten – im Schreiben genannten – Fragen erforderlich sei. Daraufhin meldete sich für die Klägerin der Geschäftsführer der s2cn gGmbH (im Folgenden Klägerbevollmächtigter genannt) und teilte unter Vorlage einer Vollmacht mit, dass durch ihn die rechtlichen Interessen der Klägerin vertreten würden. Er teilte u.a. mit, dass der von der Klägerin beantragte Laptop für die Ausübung ihrer Tätigkeit zwingend erforderlich sei. Mit Bescheid vom 25.04.2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin daraufhin Hilfsmittel am Arbeitsplatz als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, gewährte jedoch nicht die Kosten für die beantragte Schulung im Umgang mit der Hilfsmittelausstattung. Hiergegen erhob die Klägerin durch den Klägerbevollmächtigten "Teilwiderspruch". Sie teilte mit, dass sie bisher nicht mit einer derartigen Arbeitsplatzausstattung habe arbeiten können, so dass ihr der Umgang mit den technischen Hilfen nahezu vollständig fremd sei. Mit Bescheid vom 19.06.2012 gewährte die Beklagte der Klägerin auch die Kosten für die Einweisung am Arbeitsplatz. Auch teilte sie mit, dass die der Klägerin durch das Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen auf Antrag in vollem Umfang erstattet würden. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten sei erforderlich gewesen. 5Der Klägerbevollmächtigte teilte daraufhin mit Schreiben vom 10.07.2012 mit, dass sich der Widerspruch durch die vollständige Abhilfe erledigt habe und übersandte eine Kostenrechnung über einen Betrag von 252,52 EUR mit der Bitte um Ausgleich. Dabei legte er die folgenden Einzelpositionen zugrunde: 61. Geschäftsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten (Nr. 2400 VV RVG; 90 % von 240,00 EUR) 7216,00 EUR 2. Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 EUR 3. Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) 16,52 EUR 8Gesamtsumme 252,52 EUR 9Mit Schreiben vom 01.11.2012 bat die Beklagte den Klägerbevollmächtigten um die Mitteilung, in welchem Verein der s2cn gGmbH die Klägerin Mitglied sei und seit wann diese Mitgliedschaft bestehe. Daraufhin teilte der Klägerbevollmächtigte mit, dass die Klägerin seit dem 01.09.2005 Mitglied bei der Q S1 Deutschland e.V. sei. Seinem Schreiben fügte er die Satzung der Q S1 Deutschland e.V. bei, aus der folgt, dass es sich bei der Q S1 Deutschland e.V. um eine Selbsthilfeorganisation von an Netzhautdegeneration erkrankten Personen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland handelt. 10Die Beklagte wies mit Schreiben vom 08.02.2013 darauf hin, dass sie weder dem Gesellschaftsvertrag der s2cn gGmbH vom 05.06.2009 noch dem Handelsregisterauszug vom 30.10.2009 oder der s2cn gGmbH Nutzungssatzung vom 13.09.2010 entnehmen könne, dass die Q S1 Deutschland e.V. zu den Gesellschaftern der s2cn gGmbH gehöre. Auch enthalte die Satzung der Q S1 Deutschland e.V. vom 07.10.2006 keinen Hinweis darauf, dass die Rechtsvertretung der Mitglieder in sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten zu den Aufgaben des Vereins gehöre. Es werde daher um die Mitteilung gebeten, nach welcher Rechtsgrundlage die Forderung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geltend gemacht werde. 11Der Klägerbevollmächtigte führte mit Schreiben vom 19.02.2013 aus, dass die Q S1 Deutschland e.V. kooperatives Mitglied bei der Deutschen Blindenstudienanstalt e.V. (DBSV), bei der es sich um einen Gesellschafter der s2cn gGmbH handele, sei. Beim DBSV handele es sich um einen sogenannten "Verband der Verbände", d.h. einem Dachverband bei dem keine natürliche Person, sondern nur juristische Personen wie Landesblindenverbände, selbständige Ortsverbände oder andere Selbsthilfeorganisationen und Einrichtungen Mitglieder werden könnten. Darüber hinaus folge aus § 2 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 6 der Satzung der Q S1 Deuschland e.V., dass die Rechtsberatung durch die s2cn gGmbH von dem satzungsmäßigen Zweck der Q S1 Deutschland e.V. erfasst sei. 12Mit Bescheid vom 01.03.2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die geltend gemachten Kosten für die Vertretung im Widerspruchsverfahren durch die s2cn gGmbH nicht erstattungsfähig seien. Zur Begründung führte sie aus, dass die Kosten der Arbeit eines Verbandsvertreters, der nicht nach einer gesetzlichen Gebührenordnung abrechnen könne, im Widerspruchsverfahren zwar grundsätzlich als notwendige Aufwendung erstattungsfähig seien. Voraussetzung sei allerdings, dass die Forderung, mit welcher die Kostenerstattung für einen Verbandsvertreter gegenüber dem Widerspruchsführer geltend gemacht würde, rechtswirksam sei. Die Rechtswirksamkeit sei insbesondere an § 7 Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz – RDG) zu messen. Nach dem Gesellschaftsvertrag der s2cn gGmbH könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Gesellschaft ausschließlich zur Ausübung der rechtsdienstleistenden Aufgaben der Gesellschafter gegründet worden sei. Nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages sei nämlich Zweck der Gesellschaft die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen für behinderten Menschen, deren Fähigkeiten nach § 2 Abs. 2 gefördert und stabilisiert werden sollten. Der Gesetzgeber habe aber in der Gesetzesbegründung zu § 7 RDG zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine zum Zweck der Auslagerung der rechtsberatenden Tätigkeit gegründeten Gesellschaft handeln müsse, die naturgemäß und regelmäßig ausschließlich rechtsdienstleistende Aufgaben habe. Auch sei es nach dem Gesellschaftsvertrag der s2cn gGmbH, insbesondere nach § 2 Abs. 2, nicht ausgeschlossen, dass die Gesellschaft auch Rechtsdienstleistungen für Personen erbringe, die nicht Mitglied in einem Verband der Gesellschafter sei. Damit sei die s2cn gGmbH keine Gesellschaft, die nach § 7 RDG rechtmäßig Rechtsdienstleistungen erbringen dürfe. Des Weiteren sei die Klägerin Mitglied in der Q S1 Deutschland e.V., die dem DBSV als kooperatives Mitglied angehöre. Der DBSV sei wiederum Gesellschafter der s2cn gGmbH. Der Satzung der Q S1 Deutschland e.V. könne aber nicht entnommen werden, dass die Rechtsvertretung ihrer Mitglieder in sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten zu den Aufgaben des Vereins gehöre. Damit sei die Auslagerung einer nicht vorhandenen Aufgabe in eine eigenständige Gesellschaft nicht möglich. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass eine rechtmäßige Forderung der s2cn gGmbH der Klägerin gegenüber bestehe, so dass die geltend gemachten Kosten nicht erstattungsfähig seien. 13Hiergegen erhob die Klägerin vertreten durch den Klägerbevollmächtigten Widerspruch. Zur Begründung verwies sie auf den Beschluss des Sozialgerichts Trier vom 25.09.2012, Az.: S 5 KR 179/11. 14Mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wiederholte sie ihre bisherigen Ausführungen. Ergänzend teilte sie mit, dass dem Beschluss des Sozialgerichts Trier vom 25.09.2012 (a.a.O.) nicht gefolgt werden könne, da darin keine Auseinandersetzung mit dem Gesellschaftsvertrag und dem RDG erfolgt sei. 15Die Klägerin hat am 13.08.2013 Klage erhoben. 16Sie trägt vor, dass – entgegen der Ansicht der Beklagten – ausschließlich auf die Satzung des DBSV e.V. und nicht auf die des Q S1 Deutschland e.V. abzustellen sei. Gesellschafter der s2cn gGmbH sei nämlich nur der DBSV e.V. und nicht der Q S1 Deutschland e.V. Wenn in § 2 Abs. 1 der Zweck der Gesellschaft mit der Beschäftigung behinderter Menschen benannt werde, dann sei dies maßgeblich dem Wunsch des zuständigen Finanzamtes geschuldet, für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit auf das Wie der Leistungserbringung abzustellen. In § 2 Abs. 2 Nr. 2b der Satzung des DBSV e.V. werde ausgeführt, dass zu den Aufgaben des Verbandes die Rechtsberatung und -vertretung in behinderungsspezifischen Angelegenheiten gehöre. Mithin zähle zu den Aufgaben des DBSV e.V. auch die Rechtsberatung und –vertretung in sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten. Der Gegenstand der Tätigkeit der s2cn gGmbH ergebe sich zum einen aus § 2 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages, wo es heiße: "( ...) insbesondere durch die außergerichtliche Vertretung der Mitglieder der Gesellschafter und deren Untergliederungen gegenüber Behörden und sonstigen Dritten sowie bei den Gerichten der Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit in Angelegenheiten im Zusammenhang mit deren Behinderung und im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen." und zum anderen aus der Nutzungssatzung. Wenn die Beschreibung der Tätigkeit durch ein "insbesondere" eingeleitet werde, dann sei diese Formulierung der Tatsache geschuldet, dass die s2cn gGmbH auch Dienstleistungen gegenüber den Gesellschafterverbänden und deren Untergliederungen in Form von z.B. Rechtsgutachten erbringe. Generell würden aber nur die ca. 35.000 Mitglieder der Gesellschafterorganisationen beraten und vertreten. Die in § 2 Abs. 1 der Nutzungssatzung gewählte Formulierung lasse keine Ausnahme zu, so dass eine Vertretung von Nichtmitgliedern ausgeschlossen sei. Ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 S. 1 RDG durch die Konkretisierung der Tätigkeit in Gestalt einer Nutzungssatzung zum Gesellschaftsvertrag liege nicht vor. Aus der Nutzungssatzung würde sich unmissverständlich ergeben, dass durch die Beauftragung der s2cn gGmbH Kosten in Anlehnung an das RVG entstehen würden. Die von der s2cn gGmbH erhobene Forderung sei damit rechtswirksam. 17Die Klägerin beantragt, 18den Bescheid vom 01.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Aufwendungen für ihren Bevollmächtigten im Vorverfahren in Höhe von 252,52 EUR zu erstatten. 19Die Beklagte beantragt, 20die Klage abzuweisen. 21Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und verweist zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 17.07.2013. Ergänzend führt sie aus, dass sie die s2cn gGmbH nicht für eine juristische Person i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 2 RDG halte, da der Gesellschaftszweck der s2cn gGmbH nicht die Erbringung von Rechtsdienstleistungen, die von ihren Gesellschaftern ausgelagert worden seien, sei. Vielmehr sei nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages Zweck der Gesellschaft die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen für behinderte Menschen, deren Fähigkeiten nach § 2 Abs. 1 gefördert und stabilisiert werden sollten. Die s2cn gGmbH sei damit nicht eigens für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen für die Mitglieder ihrer Gesellschaftsverbände gegründet worden und erbringe nicht ausschließlich Rechtsdienstleistungen. Die Tätigkeit der s2cn gGmbH sei daher nicht mehr von § 7 Abs. 1 S. 2 RDG gedeckt. Darüber hinaus gehe aus der Satzung des Q S1 Deutschland e.V. nicht hervor, dass der Verein seine Mitglieder in sozialrechtlichen Angelegenheiten rechtlich vertrete. Dementsprechend enthalte sie auch keine Regelung über eine Kostenbeteiligung der Mitglieder. Nach § 7 Abs. 1 RDG seien nur Rechtsdienstleistungen erlaubt, die berufliche oder andere zur Wahrnehmung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen und deren Zusammenschlüsse im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereiches für ihre Mitglieder erbringen würden. Diese Voraussetzungen würden von dem Q S1 Deutschland e.V. aber nicht erfüllt und könnten daher auch nicht von der s2cn gGmbH erfüllt werden. Schließlich sei aber auch die Höhe der geltend gemachten Gebühr zu beanstanden, da bei der Geltendmachung von Gebühren in Höhe von 90 % der Gebühren mangels eines ausreichenden Abstandes zu den Rechtsanwaltsgebühren nach dem RVG eine Gewinnerzielungsabsicht unterstellt werden könne. Eine solche sei aber im Rahmen von § 7 RDG unzulässig. 22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese lagen dem Gericht vor und waren Gegenstand der Beratung. 23Entscheidungsgründe: 24Das Gericht war nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) berechtigt, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ausdrücklich zugestimmt. 25Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 26Der Bescheid vom 01.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten nach § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Nachdem die Beklagte bereits im Bescheid vom 19.06.2012 bestandskräftig verfügt hat, dass der Klägerin die ihr zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen erstattet werden und dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten erforderlich war, hatte die Kammer nur zu entscheiden, ob der Klägerin – entsprechend ihrem Begehren – ein Kostenerstattungsanspruch zusteht (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 09.12.2010, Az.: B 13 R 63/09 R). Die Klägerin hat aber keinen Anspruch auf Festsetzung ihrer Kosten für das Widerspruchsverfahren gegen die Beklagte. 27Maßgebliche Rechtsgrundlage für einen Aufwendungserstattungsanspruch der Klägerin ist § 63 SGB X. Gemäß § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X sind Kosten der Arbeit eines Bevollmächtigten, der nicht aufgrund einer gesetzlichen Gebührenordnung abrechnen kann, dann erstattungsfähig, wenn sie als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Aufwendungen anzusehen sind (BSG, Urteile vom 29.03.2007, Az.: B 9a SB 3/05 R und B 9a SB 6/05 R). Hierzu hat das BSG mit seinen Urteilen vom 29.03.2007 (a.a.O.) klargestellt, dass danach grundsätzlich Aufwendungen, die durch die Inanspruchnahme der zulässigen Rechtsberatung oder Vertretung durch einen Bevollmächtigten, der nicht wie z.B. ein Rechtsanwalt nach einer (gesetzlichen) Gebührenordnung abrechnen kann, entstehen, grundsätzlich auch geltend gemacht werden können. Dieses Verständnis der gesetzlichen Regelung ergibt sich im Wesentlichen aus der Anwendung der durch Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gebotenen Gleichbehandlung der Widerspruchsführer, die sich durch einen Bevollmächtigten, der nach einer gesetzlichen Gebührenordnung abrechnen kann, vertreten lassen und andererseits denjenigen, die sich durch einen Sozialverband bzw. dessen Rechtsschutz GmbH vertreten lassen. Beide, sowohl Rechtsanwälte als auch die Verbände durch ihre in ihrem alleinigen wirtschaftlichen Eigentum stehenden juristischen Personen sind befugt, für die Verbandsmitglieder gegen Entgelt Dienstleistungen insbesondere in sozialrechtlichen Angelegenheiten zu erbringen. Ein Ausschluss der durch einen Verband vertretenen Widerspruchsführer von einer Kostenerstattung wäre nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. 28Zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen dürfen nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG Rechtsdienstleistungen für ihre Mitglieder erbringen. Die Rechtsdienstleistungen können durch eine im alleinigen wirtschaftlichen Eigentum der Vereinigungen stehende juristische Person erbracht werden. Diese Vertretung durch Verbände und durch von diesen gegründete juristische Personen kommt nach der gesetzgeberischen Wertung sowohl im SGG als auch im SGB X einer Vertretung durch Rechtsanwälte gleich: Beide sind vertretungsbefugt vor den Sozial- und Landessozialgerichten sowie postulationsfähig vor dem Revisionsgericht (§ 73 Abs. 2, 4 SGG) und beide sind befugt, im Verwaltungsverfahren als Bevollmächtigte und Beistände aufzutreten (§ 13 Abs. 5 und 6 SGB X). Die genannten Bevollmächtigten dürfen dem Grunde nach Kosten für ihre Tätigkeit erheben; insbesondere betrifft § 7 RDG auch entgeltliche Tätigkeiten. Nach alledem gibt es zwischen Rechtsanwälten und Verbandsvertretern als (mögliche) Bevollmächtigte im Widerspruchsverfahren keine Unterschiede, die eine gänzlich abweichende Behandlung bei der Kostenerstattung nach § 63 SGB X hinreichend begründen könnten (Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 27.03.2014, Az.: L 7 R 1940/12 m.w.N.). Zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz muss § 63 SGB X daher eine Grundlage für eine Kostenerstattung bei Verbandsvertretung entnommen werden. Es entfällt lediglich die Privilegierung, dass die Höhe der Kosten wie bei einer gesetzlichen Gebührenordnung als notwendig gilt. 29Voraussetzung für eine Kostenerstattung ist die Rechtswirksamkeit der Forderung der s2cn gGmbH gegen die Klägerin in Höhe von 252,52 EUR. Einen entsprechenden entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag hat die Klägerin am 14.03.2012 geschlossen. Wenn auch offenbar ein schriftlicher Vertrag nicht vorliegt, kam eine entsprechende Vereinbarung zumindest konkludent zustande. Nach Erhebung des Widerspruches hatte die Klägerin der s2cn gGmbH und im Einzelnen den bei ihr beschäftigten Juristen am 14.03.2012 eine Vollmacht erteilt und sich im Widerspruchsverfahren von dieser Gesellschaft vertreten lassen. Diese hat ihrerseits die Vertretung auch tatsächlich durchgeführt. Unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung kommt diesem Verhalten der Erklärungswert zu, dass eine entsprechende entgeltliche Rechtsdienstleistung vereinbart wurde. Ein zumindest konkludenter Geschäftsbesorgungsvertrag liegt somit vor. 30Zur Überzeugung der Kammer liegt aber ein Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 3, 7 RDG vor, der gem. § 134 Bürgerliches Gesetzbuches (BGB) die Nichtigkeit der Kostenverpflichtung der Klägerin zu Folge hat (vgl. LSG Baden-Württemberg a.a.O., Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 06.05.1993, Az.: V ZB 9/92 – zum RBerG). Nach § 3 RDG ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen – wie hier der Führung eines Widerspruchsverfahrens – nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt ist. Erlaubt sind nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG Rechtsdienstleistungen, die berufliche oder andere zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen und deren Zusammenschlüsse, im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereichs für ihre Mitglieder oder für die Mitglieder der ihnen angehörenden Vereinigungen oder Einrichtungen erbringen, soweit sie gegenüber der Erfüllung ihrer übrigen satzungsmäßigen Aufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung sind. Die Rechtsdienstleistungen können durch eine im alleinigen wirtschaftlichen Eigentum der in § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG genannten Vereinigungen oder Zusammenschlüsse stehende juristische Person erbracht werden (§ 7 Abs. 1 S. 2 RDG). 31Es ist schon fraglich, ob der satzungsmäßige Aufgabenbereich des Verbandes, dessen Mitglied die Klägerin ist, die Rechtsberatung erfasst (vgl. hierzu Sozialgericht Stuttgart, Beschluss vom 26.05.2014, Az.: S 4 SG 4007/13 E – zur Mitgliedschaft im Blinden- und Sehbehindertenverband – BSVW). Die Klägerin ist Mitglied im Q S1 Deutschland e.V., der kooperatives Mitglied im DBSV ist. Der DBSV wiederum ist Gesellschafter der s2cn gGmbH. Aus der Satzung der Q S1 Deutschland e.V. ergibt sich in § 2 Abs. 1, dass der Verein eine Selbsthilfeorganisation von an Netzhautdegeneration erkrankten Personen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ist. Nach § 3 der Satzung sind die Ziele des Vereins auf die unmittelbare und ausschließliche Erfüllung gemeinnütziger Aufgaben im Sinne des Abschnitts "Steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung gerichtet. Nach § 2 Abs. 2 der Satzung sind die Zwecke des Vereins 1. die Förderung der Forschung auf dem Gebiet der Netzhautdegenerationen mit dem Ziel, diese Erkrankungen einer Therapie zugänglich zu machen, 2. die Information, Beratung und praktische Hilfeleistung für die von Netzhautdegeneration betroffenen Personen und für ihre Angehörigen, 3. die Aufklärung der Öffentlichkeit über Netzhautdegenerationen und deren Auswirkungen sowie 3. die Einflussnahme auf staatliche und private Institutionen, gesellschaftliche Gruppen und Einzelpersonen mit dem Ziel einer wirksamen und umfassenden Unterstützung der Belange der Betroffenen und der Forschung. Die Vereinsziele sollen nach § 2 Abs. 3 insbesondere erreicht werden durch 1. die Anregung und Unterstützung von Forschung auf dem Gebiet der Netzhautdegenerationen sowie Beteiligung an Forschungsprojekten, 2. regelmäßige Zusammenkünfte und Veranstaltungen, 3. die Förderung des Erfahrungsaustausches zwischen den Betroffenen, 4. die Förderung der Entwicklung technischer Hilfen, 5. die Herausgabe von Informations- und Dokumentationsmaterial über Netzhautdegenerationen, 6. die Beratung der Mitglieder in Fragen der Berufswahl, der Ausbildung sowie der beruflichen und sozialen Rehabilitation, 7. die Pflege von Kontakten und Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Organisationen, Institutionen und Persönlichkeiten aus den Bereichen der Medizin und Wissenschaft, des Behindertenwesens, des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft sowie 8. der Errichtung und Unterstützung von Stiftungen für Betroffene von Netzhautdegenerationen. Rechtsberatung und Rechtsvertretung sind in der Satzung nicht explizit vorgesehen. 32Selbst wenn man auf die Regelungen in der Satzung des Dachverbandes DBSV abstellen würde, in dessen Satzung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Nr. 2 bestimmt ist, dass der Verband seine Aufgaben insbesondere durch die Rechtsberatung, Rechtsvertretung und Verbandsklagen in behinderungsspezifischen Angelegenheiten erfüllt, ergibt sich kein anderes Ergebnis. Denn das BSG hat in seinen Urteilen vom 29.03.2007 (a.a.O.), denen sich die Kammer nach eingehender Prüfung anschließt, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass, sofern Kosten erhoben werden, der Anspruch auf Rechtsdienstleistungen und die damit korrelierende Kostenerhebung in einer satzungsrechtlichen Regelung wurzeln muss. Ein bloßer Geschäftsbesorgungsvertrag reicht insoweit nicht aus. Aus der satzungsrechtlichen Grundlage muss dabei für Vereinsmitglieder wie auch Dritte klar und deutlich erkennbar sein, unter welchen Voraussetzungen sowie in welcher Höhe die Forderung entsteht und ob das Vereinsmitglied sie ggf. in dieser Höhe endgültig tragen muss (BSG a.a.O.). Weder die Satzung des Q S1 Deutschland e.V. noch des DBSV beinhalten eine Regelung, aus der sich ergibt, dass die s2cn gGmbH beauftragt wird. Auch ergibt sich aus den Satzungen nicht, welche Kosten anfallen. Ebenso wie die gesetzliche Gebührenordnungen eine Grundlage dafür bilden, dass die Entstehung und Höhe einer Kostenforderung nachvollzogen werden kann und damit gleichzeitig die Notwendigkeit der Kosten nachgewiesen ist, müssen aber auch die satzungsrechtlichen Regelungen eine Gewähr für eine solche Nachvollziehbarkeit und Notwendigkeit bieten (BSG a.a.O.). 33Eine solche satzungsrechtliche Regelung hat die s2cn gGmbH mit Ihrer Nutzungssatzung unbekannten Datums (Bl. 52 der Gerichtsakte), in der die Konditionen, unter denen Rechtsdienstleistungen von der s2cn gGmbH in Anspruch genommen werden können, zwar geschaffen, doch ist der Formulierung des BSG zu entnehmen, dass die vorbenannten Regelungen "für Vereinsmitglieder" klar und deutlich erkennbar sein müssen. Die Klägerin ist Mitglied im Q S1 Deutschland e.V. Weder in dessen Satzung noch in der Satzung des DBSV ist jedoch erwähnt, dass die Rechtsvertretung für die (Vereins-) Mitglieder durch die s2cn gGmbH durchgeführt wird und hierdurch Kosten entstehen. Durch die explizite Herausstellung, dass die Regelungen "für Vereinsmitglieder" klar und deutlich erkennbar sein müssen, lässt sich nur folgern, dass die Vereinssatzung des Vereins gemeint ist, in welchem die Klägerin Mitglied ist. Diese Anforderungen sind jedoch vorliegend nicht erfüllt. 34Darüber hinaus ist Zweck der s2cn gGmbH gemäß § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen für behinderte Menschen, deren sonstige Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund von Behinderung auf besondere Schwierigkeiten stößt. Wie § 2 Abs. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages sodann erkennen lässt, ist die Rechtsberatung lediglich zum einen ein Mittel, um die beschäftigten Menschen mit Behinderungen zu fördern und ihre Fähigkeiten zu stabilisieren und zum anderen, um den Geschäftsbetrieb zu finanzieren. Das Wort insbesondere in § 2 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages zeigt zudem, dass die Rechtsberatung nur eines der Mittel zur Sicherstellung der rechtsberatungsfremden Gesellschaftszwecke ist. Auf welchen Motiven die Entscheidung der Gesellschaftsgründer beruhten, der Gesellschaft diesen statt einen anderen Zweck aufzuerlegen, beispielsweise der vorgetragene Wunsch des zuständigen Finanzamtes, kann für die hiesige Beurteilung nicht von Bedeutung sein, da schon aus Gründen der Rechtssicherheit allein der Gesellschaftsvertrag maßgeblich ist. 35Ob und ggf. in welcher Form die Klägerin daneben eine ergänzende Mandatsvereinbarung unterzeichnet hat, was vorliegend nicht erkennbar ist, kann daneben dahinstehen. Denn in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) ist zu fordern, dass die Klägerin vor einer Mandatierung über die vorgenannten Regelungen vollständig im Bilde ist. Eine ergänzende Mandatsvereinbarung ersetzt aber nicht die notwendige satzungsrechtliche Grundlage des Vereins, in dem die Klägerin Mitglied ist. 36Damit war die Klage mit der sich aus § 193 SGG ergebenden Kostenfolge abzuweisen. 37Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG nicht zulässig, da der Wert der Beschwer einen Betrag von 750,00 EUR nicht überschreitet. Auch war die Berufung nicht zuzulassen, da Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
die klage wird abgewiesen. außergerichtliche kosten sind nicht zu erstatten. 1
2die beteiligten streiten darüber, ob und in welcher höhe der klägerin nach § 63 sozialgesetzbuch, zehntes buch (sgb x) – sozialverwaltungsverfahren und sozialdatenschutz – die kosten für bevollmächtigte im erfolgreich abgeschlossenen vorverfahren zu erstatten sind. 3die klägerin ist mitglied im q s1 deutschland e.v., der kooperatives mitglied im deutschen blinden- und sehbehindertenverband e.v. (dbsv) ist. der dbsv wiederum ist gesellschafter der rechtsberatungsgesellschaft der blinden- und sehbehindertenselbsthilfeorganisationen (dbsv, dvbs und q s1 deutschland e.v.), s2cn gemeinnützige gmbh (s2cn ggmbh). 4am 26.01.2012 beantragte die klägerin bei der beklagten die gewährung von leistungen zur teilhabe am arbeitsleben in form eines behindertengerechten bildschirmarbeitsplatzes mit entsprechender computerschulung (vgl. angebot des büros für barrierefreie bildung). mit bescheid vom 30.01.2012 lehnte die beklagte den antrag ab. zur begründung führte sie aus, dass die erwerbsfähigkeit der klägerin nicht erheblich gefährdet oder gemindert sei, weil sie in der lage sei, eine beschäftigung als masseurin und bademeisterin weiterhin auszuüben. die persönlichen voraussetzungen für die bewilligung von leistungen zur teilhabe am arbeitsleben würden somit nicht vorliegen. hiergegen erhob die klägerin mit schreiben vom 06.02.2012 widerspruch. sie teilte mit, dass ihre tätigkeit als physiotherapeutin therapeutische arbeit, beratung, schulungen, dokumentationen und das begleiten von arbeitskreisen im bereich ergonomie umfasse. ab mitte des jahres würden die dokumentationspflichten erweitert und es werde keine tageslichtprojektoren mehr geben. sie brauche daher kenntnisse im powerpoint. wegen ihrer starken sehbehinderung könne sie diese arbeiten aber nicht in einer angemessenen zeit erledigen. ein bildschirmarbeitsplatz mit vergrößerungssoftware und entsprechender schulung würde ihren arbeitsplatz langfristig sichern und sie hätte die chance, ihre arbeitszeit zu erweitern. mit schreiben vom 12.03.2012 teilte die beklagte ihr mit, dass zur entscheidung über den widerspruch eine stellungnahme zu bestimmten – im schreiben genannten – fragen erforderlich sei. daraufhin meldete sich für die klägerin der geschäftsführer der s2cn ggmbh (im folgenden klägerbevollmächtigter genannt) und teilte unter vorlage einer vollmacht mit, dass durch ihn die rechtlichen interessen der klägerin vertreten würden. er teilte u.a. mit, dass der von der klägerin beantragte laptop für die ausübung ihrer tätigkeit zwingend erforderlich sei. mit bescheid vom 25.04.2012 bewilligte die beklagte der klägerin daraufhin hilfsmittel am arbeitsplatz als leistung zur teilhabe am arbeitsleben, gewährte jedoch nicht die kosten für die beantragte schulung im umgang mit der hilfsmittelausstattung. hiergegen erhob die klägerin durch den klägerbevollmächtigten "teilwiderspruch". sie teilte mit, dass sie bisher nicht mit einer derartigen arbeitsplatzausstattung habe arbeiten können, so dass ihr der umgang mit den technischen hilfen nahezu vollständig fremd sei. mit bescheid vom 19.06.2012 gewährte die beklagte der klägerin auch die kosten für die einweisung am arbeitsplatz. auch teilte sie mit, dass die der klägerin durch das widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen aufwendungen auf antrag in vollem umfang erstattet würden. die zuziehung eines bevollmächtigten sei erforderlich gewesen. 5der klägerbevollmächtigte teilte daraufhin mit schreiben vom 10.07.2012 mit, dass sich der widerspruch durch die vollständige abhilfe erledigt habe und übersandte eine kostenrechnung über einen betrag von 252,52 eur mit der bitte um ausgleich. dabei legte er die folgenden einzelpositionen zugrunde: 61. geschäftsgebühr in sozialrechtlichen angelegenheiten (nr. 2400 vv rvg; 90 % von 240,00 eur) 7216,00 eur 2. auslagenpauschale (nr. 7002 vv rvg) 20,00 eur 3. umsatzsteuer (nr. 7008 vv rvg) 16,52 eur 8gesamtsumme 252,52 eur 9mit schreiben vom 01.11.2012 bat die beklagte den klägerbevollmächtigten um die mitteilung, in welchem verein der s2cn ggmbh die klägerin mitglied sei und seit wann diese mitgliedschaft bestehe. daraufhin teilte der klägerbevollmächtigte mit, dass die klägerin seit dem 01.09.2005 mitglied bei der q s1 deutschland e.v. sei. seinem schreiben fügte er die satzung der q s1 deutschland e.v. bei, aus der folgt, dass es sich bei der q s1 deutschland e.v. um eine selbsthilfeorganisation von an netzhautdegeneration erkrankten personen im gebiet der bundesrepublik deutschland handelt. 10die beklagte wies mit schreiben vom 08.02.2013 darauf hin, dass sie weder dem gesellschaftsvertrag der s2cn ggmbh vom 05.06.2009 noch dem handelsregisterauszug vom 30.10.2009 oder der s2cn ggmbh nutzungssatzung vom 13.09.2010 entnehmen könne, dass die q s1 deutschland e.v. zu den gesellschaftern der s2cn ggmbh gehöre. auch enthalte die satzung der q s1 deutschland e.v. vom 07.10.2006 keinen hinweis darauf, dass die rechtsvertretung der mitglieder in sozialversicherungsrechtlichen angelegenheiten zu den aufgaben des vereins gehöre. es werde daher um die mitteilung gebeten, nach welcher rechtsgrundlage die forderung nach dem rechtsanwaltsvergütungsgesetz (rvg) geltend gemacht werde. 11der klägerbevollmächtigte führte mit schreiben vom 19.02.2013 aus, dass die q s1 deutschland e.v. kooperatives mitglied bei der deutschen blindenstudienanstalt e.v. (dbsv), bei der es sich um einen gesellschafter der s2cn ggmbh handele, sei. beim dbsv handele es sich um einen sogenannten "verband der verbände", d.h. einem dachverband bei dem keine natürliche person, sondern nur juristische personen wie landesblindenverbände, selbständige ortsverbände oder andere selbsthilfeorganisationen und einrichtungen mitglieder werden könnten. darüber hinaus folge aus § 2 abs. 2 nr. 2, abs. 3 nr. 6 der satzung der q s1 deuschland e.v., dass die rechtsberatung durch die s2cn ggmbh von dem satzungsmäßigen zweck der q s1 deutschland e.v. erfasst sei. 12mit bescheid vom 01.03.2013 teilte die beklagte der klägerin mit, dass die geltend gemachten kosten für die vertretung im widerspruchsverfahren durch die s2cn ggmbh nicht erstattungsfähig seien. zur begründung führte sie aus, dass die kosten der arbeit eines verbandsvertreters, der nicht nach einer gesetzlichen gebührenordnung abrechnen könne, im widerspruchsverfahren zwar grundsätzlich als notwendige aufwendung erstattungsfähig seien. voraussetzung sei allerdings, dass die forderung, mit welcher die kostenerstattung für einen verbandsvertreter gegenüber dem widerspruchsführer geltend gemacht würde, rechtswirksam sei. die rechtswirksamkeit sei insbesondere an § 7 gesetz über außergerichtliche rechtsdienstleistungen (rechtsdienstleistungsgesetz – rdg) zu messen. nach dem gesellschaftsvertrag der s2cn ggmbh könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass die gesellschaft ausschließlich zur ausübung der rechtsdienstleistenden aufgaben der gesellschafter gegründet worden sei. nach § 2 abs. 1 des gesellschaftsvertrages sei nämlich zweck der gesellschaft die schaffung von dauerarbeitsplätzen für behinderten menschen, deren fähigkeiten nach § 2 abs. 2 gefördert und stabilisiert werden sollten. der gesetzgeber habe aber in der gesetzesbegründung zu § 7 rdg zum ausdruck gebracht, dass es sich um eine zum zweck der auslagerung der rechtsberatenden tätigkeit gegründeten gesellschaft handeln müsse, die naturgemäß und regelmäßig ausschließlich rechtsdienstleistende aufgaben habe. auch sei es nach dem gesellschaftsvertrag der s2cn ggmbh, insbesondere nach § 2 abs. 2, nicht ausgeschlossen, dass die gesellschaft auch rechtsdienstleistungen für personen erbringe, die nicht mitglied in einem verband der gesellschafter sei. damit sei die s2cn ggmbh keine gesellschaft, die nach § 7 rdg rechtmäßig rechtsdienstleistungen erbringen dürfe. des weiteren sei die klägerin mitglied in der q s1 deutschland e.v., die dem dbsv als kooperatives mitglied angehöre. der dbsv sei wiederum gesellschafter der s2cn ggmbh. der satzung der q s1 deutschland e.v. könne aber nicht entnommen werden, dass die rechtsvertretung ihrer mitglieder in sozialversicherungsrechtlichen angelegenheiten zu den aufgaben des vereins gehöre. damit sei die auslagerung einer nicht vorhandenen aufgabe in eine eigenständige gesellschaft nicht möglich. es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass eine rechtmäßige forderung der s2cn ggmbh der klägerin gegenüber bestehe, so dass die geltend gemachten kosten nicht erstattungsfähig seien. 13hiergegen erhob die klägerin vertreten durch den klägerbevollmächtigten widerspruch. zur begründung verwies sie auf den beschluss des sozialgerichts trier vom 25.09.2012, az.: s 5 kr 179/11. 14mit widerspruchsbescheid vom 17.07.2013 wies die beklagte den widerspruch als unbegründet zurück. zur begründung wiederholte sie ihre bisherigen ausführungen. ergänzend teilte sie mit, dass dem beschluss des sozialgerichts trier vom 25.09.2012 (a.a.o.) nicht gefolgt werden könne, da darin keine auseinandersetzung mit dem gesellschaftsvertrag und dem rdg erfolgt sei. 15die klägerin hat am 13.08.2013 klage erhoben. 16sie trägt vor, dass – entgegen der ansicht der beklagten – ausschließlich auf die satzung des dbsv e.v. und nicht auf die des q s1 deutschland e.v. abzustellen sei. gesellschafter der s2cn ggmbh sei nämlich nur der dbsv e.v. und nicht der q s1 deutschland e.v. wenn in § 2 abs. 1 der zweck der gesellschaft mit der beschäftigung behinderter menschen benannt werde, dann sei dies maßgeblich dem wunsch des zuständigen finanzamtes geschuldet, für die anerkennung der gemeinnützigkeit auf das wie der leistungserbringung abzustellen. in § 2 abs. 2 nr. 2b der satzung des dbsv e.v. werde ausgeführt, dass zu den aufgaben des verbandes die rechtsberatung und -vertretung in behinderungsspezifischen angelegenheiten gehöre. mithin zähle zu den aufgaben des dbsv e.v. auch die rechtsberatung und –vertretung in sozialversicherungsrechtlichen angelegenheiten. der gegenstand der tätigkeit der s2cn ggmbh ergebe sich zum einen aus § 2 abs. 2 des gesellschaftsvertrages, wo es heiße: "( ...) insbesondere durch die außergerichtliche vertretung der mitglieder der gesellschafter und deren untergliederungen gegenüber behörden und sonstigen dritten sowie bei den gerichten der sozial- und verwaltungsgerichtsbarkeit in angelegenheiten im zusammenhang mit deren behinderung und im rahmen der gesetzlichen bestimmungen." und zum anderen aus der nutzungssatzung. wenn die beschreibung der tätigkeit durch ein "insbesondere" eingeleitet werde, dann sei diese formulierung der tatsache geschuldet, dass die s2cn ggmbh auch dienstleistungen gegenüber den gesellschafterverbänden und deren untergliederungen in form von z.b. rechtsgutachten erbringe. generell würden aber nur die ca. 35.000 mitglieder der gesellschafterorganisationen beraten und vertreten. die in § 2 abs. 1 der nutzungssatzung gewählte formulierung lasse keine ausnahme zu, so dass eine vertretung von nichtmitgliedern ausgeschlossen sei. ein verstoß gegen § 7 abs. 1 s. 1 rdg durch die konkretisierung der tätigkeit in gestalt einer nutzungssatzung zum gesellschaftsvertrag liege nicht vor. aus der nutzungssatzung würde sich unmissverständlich ergeben, dass durch die beauftragung der s2cn ggmbh kosten in anlehnung an das rvg entstehen würden. die von der s2cn ggmbh erhobene forderung sei damit rechtswirksam. 17die klägerin beantragt, 18den bescheid vom 01.03.2013 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 17.07.2013 aufzuheben und die beklagte zu verurteilen, ihr die aufwendungen für ihren bevollmächtigten im vorverfahren in höhe von 252,52 eur zu erstatten. 19die beklagte beantragt, 20die klage abzuweisen. 21sie hält die angefochtenen bescheide für rechtmäßig und verweist zur begründung auf die ausführungen im widerspruchsbescheid vom 17.07.2013. ergänzend führt sie aus, dass sie die s2cn ggmbh nicht für eine juristische person i.s.d. § 7 abs. 1 s. 2 rdg halte, da der gesellschaftszweck der s2cn ggmbh nicht die erbringung von rechtsdienstleistungen, die von ihren gesellschaftern ausgelagert worden seien, sei. vielmehr sei nach § 2 abs. 1 des gesellschaftsvertrages zweck der gesellschaft die schaffung von dauerarbeitsplätzen für behinderte menschen, deren fähigkeiten nach § 2 abs. 1 gefördert und stabilisiert werden sollten. die s2cn ggmbh sei damit nicht eigens für die erbringung von rechtsdienstleistungen für die mitglieder ihrer gesellschaftsverbände gegründet worden und erbringe nicht ausschließlich rechtsdienstleistungen. die tätigkeit der s2cn ggmbh sei daher nicht mehr von § 7 abs. 1 s. 2 rdg gedeckt. darüber hinaus gehe aus der satzung des q s1 deutschland e.v. nicht hervor, dass der verein seine mitglieder in sozialrechtlichen angelegenheiten rechtlich vertrete. dementsprechend enthalte sie auch keine regelung über eine kostenbeteiligung der mitglieder. nach § 7 abs. 1 rdg seien nur rechtsdienstleistungen erlaubt, die berufliche oder andere zur wahrnehmung gemeinschaftlicher interessen gegründete vereinigungen und deren zusammenschlüsse im rahmen ihres satzungsmäßigen aufgabenbereiches für ihre mitglieder erbringen würden. diese voraussetzungen würden von dem q s1 deutschland e.v. aber nicht erfüllt und könnten daher auch nicht von der s2cn ggmbh erfüllt werden. schließlich sei aber auch die höhe der geltend gemachten gebühr zu beanstanden, da bei der geltendmachung von gebühren in höhe von 90 % der gebühren mangels eines ausreichenden abstandes zu den rechtsanwaltsgebühren nach dem rvg eine gewinnerzielungsabsicht unterstellt werden könne. eine solche sei aber im rahmen von § 7 rdg unzulässig. 22wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den übrigen inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. diese lagen dem gericht vor und waren gegenstand der beratung. 23
24das gericht war nach § 124 abs. 2 sozialgerichtsgesetz (sgg) berechtigt, ohne mündliche verhandlung zu entscheiden. die beteiligten haben einer entscheidung ohne mündliche verhandlung ausdrücklich zugestimmt. 25die klage ist zulässig, aber unbegründet. 26der bescheid vom 01.03.2013 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 17.07.2013 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten nach § 54 abs. 2 s. 1 sgg. nachdem die beklagte bereits im bescheid vom 19.06.2012 bestandskräftig verfügt hat, dass der klägerin die ihr zur zweckentsprechenden rechtsverfolgung notwendigen aufwendungen erstattet werden und dass die hinzuziehung eines bevollmächtigten erforderlich war, hatte die kammer nur zu entscheiden, ob der klägerin – entsprechend ihrem begehren – ein kostenerstattungsanspruch zusteht (vgl. bundessozialgericht (bsg), urteil vom 09.12.2010, az.: b 13 r 63/09 r). die klägerin hat aber keinen anspruch auf festsetzung ihrer kosten für das widerspruchsverfahren gegen die beklagte. 27maßgebliche rechtsgrundlage für einen aufwendungserstattungsanspruch der klägerin ist § 63 sgb x. gemäß § 63 abs. 1 s. 1 sgb x sind kosten der arbeit eines bevollmächtigten, der nicht aufgrund einer gesetzlichen gebührenordnung abrechnen kann, dann erstattungsfähig, wenn sie als zur zweckentsprechenden rechtsverfolgung notwendige aufwendungen anzusehen sind (bsg, urteile vom 29.03.2007, az.: b 9a sb 3/05 r und b 9a sb 6/05 r). hierzu hat das bsg mit seinen urteilen vom 29.03.2007 (a.a.o.) klargestellt, dass danach grundsätzlich aufwendungen, die durch die inanspruchnahme der zulässigen rechtsberatung oder vertretung durch einen bevollmächtigten, der nicht wie z.b. ein rechtsanwalt nach einer (gesetzlichen) gebührenordnung abrechnen kann, entstehen, grundsätzlich auch geltend gemacht werden können. dieses verständnis der gesetzlichen regelung ergibt sich im wesentlichen aus der anwendung der durch art. 3 abs. 1 grundgesetz (gg) gebotenen gleichbehandlung der widerspruchsführer, die sich durch einen bevollmächtigten, der nach einer gesetzlichen gebührenordnung abrechnen kann, vertreten lassen und andererseits denjenigen, die sich durch einen sozialverband bzw. dessen rechtsschutz gmbh vertreten lassen. beide, sowohl rechtsanwälte als auch die verbände durch ihre in ihrem alleinigen wirtschaftlichen eigentum stehenden juristischen personen sind befugt, für die verbandsmitglieder gegen entgelt dienstleistungen insbesondere in sozialrechtlichen angelegenheiten zu erbringen. ein ausschluss der durch einen verband vertretenen widerspruchsführer von einer kostenerstattung wäre nicht mit art. 3 abs. 1 gg vereinbar. 28zur wahrung gemeinschaftlicher interessen gegründete vereinigungen dürfen nach maßgabe des § 7 abs. 1 satz 1 nr. 1 rdg rechtsdienstleistungen für ihre mitglieder erbringen. die rechtsdienstleistungen können durch eine im alleinigen wirtschaftlichen eigentum der vereinigungen stehende juristische person erbracht werden. diese vertretung durch verbände und durch von diesen gegründete juristische personen kommt nach der gesetzgeberischen wertung sowohl im sgg als auch im sgb x einer vertretung durch rechtsanwälte gleich: beide sind vertretungsbefugt vor den sozial- und landessozialgerichten sowie postulationsfähig vor dem revisionsgericht (§ 73 abs. 2, 4 sgg) und beide sind befugt, im verwaltungsverfahren als bevollmächtigte und beistände aufzutreten (§ 13 abs. 5 und 6 sgb x). die genannten bevollmächtigten dürfen dem grunde nach kosten für ihre tätigkeit erheben; insbesondere betrifft § 7 rdg auch entgeltliche tätigkeiten. nach alledem gibt es zwischen rechtsanwälten und verbandsvertretern als (mögliche) bevollmächtigte im widerspruchsverfahren keine unterschiede, die eine gänzlich abweichende behandlung bei der kostenerstattung nach § 63 sgb x hinreichend begründen könnten (landessozialgericht (lsg) baden-württemberg, urteil vom 27.03.2014, az.: l 7 r 1940/12 m.w.n.). zur vermeidung eines verstoßes gegen den gleichheitssatz muss § 63 sgb x daher eine grundlage für eine kostenerstattung bei verbandsvertretung entnommen werden. es entfällt lediglich die privilegierung, dass die höhe der kosten wie bei einer gesetzlichen gebührenordnung als notwendig gilt. 29voraussetzung für eine kostenerstattung ist die rechtswirksamkeit der forderung der s2cn ggmbh gegen die klägerin in höhe von 252,52 eur. einen entsprechenden entgeltlichen geschäftsbesorgungsvertrag hat die klägerin am 14.03.2012 geschlossen. wenn auch offenbar ein schriftlicher vertrag nicht vorliegt, kam eine entsprechende vereinbarung zumindest konkludent zustande. nach erhebung des widerspruches hatte die klägerin der s2cn ggmbh und im einzelnen den bei ihr beschäftigten juristen am 14.03.2012 eine vollmacht erteilt und sich im widerspruchsverfahren von dieser gesellschaft vertreten lassen. diese hat ihrerseits die vertretung auch tatsächlich durchgeführt. unter berücksichtigung der verkehrsauffassung kommt diesem verhalten der erklärungswert zu, dass eine entsprechende entgeltliche rechtsdienstleistung vereinbart wurde. ein zumindest konkludenter geschäftsbesorgungsvertrag liegt somit vor. 30zur überzeugung der kammer liegt aber ein verstoß gegen die vorschriften der §§ 3, 7 rdg vor, der gem. § 134 bürgerliches gesetzbuches (bgb) die nichtigkeit der kostenverpflichtung der klägerin zu folge hat (vgl. lsg baden-württemberg a.a.o., bundesgerichtshof (bgh), beschluss vom 06.05.1993, az.: v zb 9/92 – zum rberg). nach § 3 rdg ist die selbständige erbringung außergerichtlicher rechtsdienstleistungen – wie hier der führung eines widerspruchsverfahrens – nur in dem umfang zulässig, in dem sie durch dieses gesetz oder durch oder aufgrund anderer gesetze erlaubt ist. erlaubt sind nach § 7 abs. 1 s. 1 nr. 1 rdg rechtsdienstleistungen, die berufliche oder andere zur wahrung gemeinschaftlicher interessen gegründete vereinigungen und deren zusammenschlüsse, im rahmen ihres satzungsmäßigen aufgabenbereichs für ihre mitglieder oder für die mitglieder der ihnen angehörenden vereinigungen oder einrichtungen erbringen, soweit sie gegenüber der erfüllung ihrer übrigen satzungsmäßigen aufgaben nicht von übergeordneter bedeutung sind. die rechtsdienstleistungen können durch eine im alleinigen wirtschaftlichen eigentum der in § 7 abs. 1 s. 1 nr. 1 rdg genannten vereinigungen oder zusammenschlüsse stehende juristische person erbracht werden (§ 7 abs. 1 s. 2 rdg). 31es ist schon fraglich, ob der satzungsmäßige aufgabenbereich des verbandes, dessen mitglied die klägerin ist, die rechtsberatung erfasst (vgl. hierzu sozialgericht stuttgart, beschluss vom 26.05.2014, az.: s 4 sg 4007/13 e – zur mitgliedschaft im blinden- und sehbehindertenverband – bsvw). die klägerin ist mitglied im q s1 deutschland e.v., der kooperatives mitglied im dbsv ist. der dbsv wiederum ist gesellschafter der s2cn ggmbh. aus der satzung der q s1 deutschland e.v. ergibt sich in § 2 abs. 1, dass der verein eine selbsthilfeorganisation von an netzhautdegeneration erkrankten personen im gebiet der bundesrepublik deutschland ist. nach § 3 der satzung sind die ziele des vereins auf die unmittelbare und ausschließliche erfüllung gemeinnütziger aufgaben im sinne des abschnitts "steuerbegünstigte zwecke" der abgabenordnung gerichtet. nach § 2 abs. 2 der satzung sind die zwecke des vereins 1. die förderung der forschung auf dem gebiet der netzhautdegenerationen mit dem ziel, diese erkrankungen einer therapie zugänglich zu machen, 2. die information, beratung und praktische hilfeleistung für die von netzhautdegeneration betroffenen personen und für ihre angehörigen, 3. die aufklärung der öffentlichkeit über netzhautdegenerationen und deren auswirkungen sowie 3. die einflussnahme auf staatliche und private institutionen, gesellschaftliche gruppen und einzelpersonen mit dem ziel einer wirksamen und umfassenden unterstützung der belange der betroffenen und der forschung. die vereinsziele sollen nach § 2 abs. 3 insbesondere erreicht werden durch 1. die anregung und unterstützung von forschung auf dem gebiet der netzhautdegenerationen sowie beteiligung an forschungsprojekten, 2. regelmäßige zusammenkünfte und veranstaltungen, 3. die förderung des erfahrungsaustausches zwischen den betroffenen, 4. die förderung der entwicklung technischer hilfen, 5. die herausgabe von informations- und dokumentationsmaterial über netzhautdegenerationen, 6. die beratung der mitglieder in fragen der berufswahl, der ausbildung sowie der beruflichen und sozialen rehabilitation, 7. die pflege von kontakten und zusammenarbeit mit nationalen und internationalen organisationen, institutionen und persönlichkeiten aus den bereichen der medizin und wissenschaft, des behindertenwesens, des öffentlichen lebens und der wirtschaft sowie 8. der errichtung und unterstützung von stiftungen für betroffene von netzhautdegenerationen. rechtsberatung und rechtsvertretung sind in der satzung nicht explizit vorgesehen. 32selbst wenn man auf die regelungen in der satzung des dachverbandes dbsv abstellen würde, in dessen satzung in § 2 abs. 2 nr. 2 nr. 2 bestimmt ist, dass der verband seine aufgaben insbesondere durch die rechtsberatung, rechtsvertretung und verbandsklagen in behinderungsspezifischen angelegenheiten erfüllt, ergibt sich kein anderes ergebnis. denn das bsg hat in seinen urteilen vom 29.03.2007 (a.a.o.), denen sich die kammer nach eingehender prüfung anschließt, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass, sofern kosten erhoben werden, der anspruch auf rechtsdienstleistungen und die damit korrelierende kostenerhebung in einer satzungsrechtlichen regelung wurzeln muss. ein bloßer geschäftsbesorgungsvertrag reicht insoweit nicht aus. aus der satzungsrechtlichen grundlage muss dabei für vereinsmitglieder wie auch dritte klar und deutlich erkennbar sein, unter welchen voraussetzungen sowie in welcher höhe die forderung entsteht und ob das vereinsmitglied sie ggf. in dieser höhe endgültig tragen muss (bsg a.a.o.). weder die satzung des q s1 deutschland e.v. noch des dbsv beinhalten eine regelung, aus der sich ergibt, dass die s2cn ggmbh beauftragt wird. auch ergibt sich aus den satzungen nicht, welche kosten anfallen. ebenso wie die gesetzliche gebührenordnungen eine grundlage dafür bilden, dass die entstehung und höhe einer kostenforderung nachvollzogen werden kann und damit gleichzeitig die notwendigkeit der kosten nachgewiesen ist, müssen aber auch die satzungsrechtlichen regelungen eine gewähr für eine solche nachvollziehbarkeit und notwendigkeit bieten (bsg a.a.o.). 33eine solche satzungsrechtliche regelung hat die s2cn ggmbh mit ihrer nutzungssatzung unbekannten datums (bl. 52 der gerichtsakte), in der die konditionen, unter denen rechtsdienstleistungen von der s2cn ggmbh in anspruch genommen werden können, zwar geschaffen, doch ist der formulierung des bsg zu entnehmen, dass die vorbenannten regelungen "für vereinsmitglieder" klar und deutlich erkennbar sein müssen. die klägerin ist mitglied im q s1 deutschland e.v. weder in dessen satzung noch in der satzung des dbsv ist jedoch erwähnt, dass die rechtsvertretung für die (vereins-) mitglieder durch die s2cn ggmbh durchgeführt wird und hierdurch kosten entstehen. durch die explizite herausstellung, dass die regelungen "für vereinsmitglieder" klar und deutlich erkennbar sein müssen, lässt sich nur folgern, dass die vereinssatzung des vereins gemeint ist, in welchem die klägerin mitglied ist. diese anforderungen sind jedoch vorliegend nicht erfüllt. 34darüber hinaus ist zweck der s2cn ggmbh gemäß § 2 abs. 1 des gesellschaftsvertrages die schaffung von dauerarbeitsplätzen für behinderte menschen, deren sonstige beschäftigung auf dem allgemeinen arbeitsmarkt aufgrund von behinderung auf besondere schwierigkeiten stößt. wie § 2 abs. 2 und 3 des gesellschaftsvertrages sodann erkennen lässt, ist die rechtsberatung lediglich zum einen ein mittel, um die beschäftigten menschen mit behinderungen zu fördern und ihre fähigkeiten zu stabilisieren und zum anderen, um den geschäftsbetrieb zu finanzieren. das wort insbesondere in § 2 abs. 2 des gesellschaftsvertrages zeigt zudem, dass die rechtsberatung nur eines der mittel zur sicherstellung der rechtsberatungsfremden gesellschaftszwecke ist. auf welchen motiven die entscheidung der gesellschaftsgründer beruhten, der gesellschaft diesen statt einen anderen zweck aufzuerlegen, beispielsweise der vorgetragene wunsch des zuständigen finanzamtes, kann für die hiesige beurteilung nicht von bedeutung sein, da schon aus gründen der rechtssicherheit allein der gesellschaftsvertrag maßgeblich ist. 35ob und ggf. in welcher form die klägerin daneben eine ergänzende mandatsvereinbarung unterzeichnet hat, was vorliegend nicht erkennbar ist, kann daneben dahinstehen. denn in übereinstimmung mit der rechtsprechung des bsg (a.a.o.) ist zu fordern, dass die klägerin vor einer mandatierung über die vorgenannten regelungen vollständig im bilde ist. eine ergänzende mandatsvereinbarung ersetzt aber nicht die notwendige satzungsrechtliche grundlage des vereins, in dem die klägerin mitglied ist. 36damit war die klage mit der sich aus § 193 sgg ergebenden kostenfolge abzuweisen. 37die berufung ist nach § 144 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgg nicht zulässig, da der wert der beschwer einen betrag von 750,00 eur nicht überschreitet. auch war die berufung nicht zuzulassen, da gründe für die zulassung der berufung nach § 144 abs. 2 sgg nicht vorliegen.
Verklagte*r
0
179,674
8 K 1515/12
2014-04-23T00:00:00
Urteil
Tenor Soweit der Kläger die Klage in der mündlichen Verhandlung teilweise zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung der Ordnungsverfügung vom 12. April 2012 verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38 a AufenthG für die Zeit ab dem 1. Juli 2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu zwei Dritteln und die Beklagte zu einem Drittel. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Der am geborene Kläger ist ghanaischer Staatsangehöriger. Mit seiner Klage begehrt er die Verpflichtung der Beklagten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38 a des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) zum Zweck der Erwerbstätigkeit zu erteilen. 3Der Kläger ist seit dem 14. Juni 2006 mit der ghanaischen Staatsangehörigen O. T. verheiratet und hat mit seiner Ehefrau drei Kinder, die am geborenen Zwillinge B. Z. B. und O1. Z. B. , die mit der Mutter am 8. August 2009 eingereist sind, sowie den am in Deutschland geborenen T. Z. B. . 4Er selbst reiste schon am 2. Februar 2009 ohne Visum für einen langfristigen Aufenthalt erstmals in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte bei der Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Er legte dazu eine spanische Aufenthaltserlaubnis "permiso de residencia", gültig bis zum 21. November 2011 vor, die in der Rubrik Bemerkungen (arbeitsrechtliche Aspekte oder Erteilungsgrund) den Zusatz enthielt; "unbefristet, Arbeiten erlaubt." ("permanente, autoriza a trabajar"). 5Nachdem die Beklagte bemängelte, dass es sich bei der vorgelegten spanischen Aufenthaltserlaubnis nicht um eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt EU handele, legte der Kläger mit Rechtsanwaltsschreiben vom 10. August 2011 einen Beschluss des Ausländeramtes der Zentralregierung Malaga vom 3. Juli 2011 vor, wonach ihm auf seinen Widerspruch gegen die zunächst ablehnende Entscheidung vom 25. Januar 2011 die langfristige Aufenthaltsberechtigung - EU gewährt wurde. Er müsse innerhalb einer Frist von einem Monat gerechnet ab Zustellung des Beschlusses den Ausländerausweis beantragen. Der Kläger sei am 29. August 2010 nach Spanien ausgereist und am 18. August 2011 erstmals wieder nach Deutschland eingereist. Mit Schreiben vom 22. August 2011 legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Ausweis mit der spanischen Daueraufenthaltserlaubnis "Residente Larga Duracion - CE" vor. Die Echtheit dieses Ausweises wurde auf Befragen der Beklagten durch die spanische Kontaktstelle bestätigt. 6Der Kläger beantragte die Erteilung einer Arbeitsgenehmigung für die Tätigkeit als Fischarbeiter bei der Firma G. B1. e. K. mit einem vorgesehenen Bruttoverdienst von 1.300,- € monatlich. Laut Stellenbeschreibung des Arbeitgebers handelt es sich um eine Tätigkeit ohne erforderliche Qualifikation (ungelernt). Die Bundesagentur für Arbeit erteilte am 21. September 2011 die Zustimmung zur Aufnahme dieser Tätigkeit nach § 39 AufenthG in Verbindung mit § 18 Abs. 3 AufenthG für den Zustimmungszeitraum 21. September 2011 - 20. September 2012. 7Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 14. November 2011 beantragte der Kläger zusätzlich die Genehmigung zur Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung bei der Firma B2. F. J. F1. GmbH. Er vertrat die Ansicht, dass für die Aufnahme der weiteren Beschäftigung eine zusätzliche Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit nicht erforderlich sei. Bislang habe der Kläger die Arbeitsstellen mangels Aufenthaltsgenehmigung nicht antreten können, obwohl er mit seinem spanischen Daueraufenthaltsrecht einem EU - Bürger gleichzustellen sei. 8Die Beklagte hörte den Kläger zur beabsichtigten Versagung der Aufenthaltserlaubnis an und führte aus, der Lebensunterhalt sei nicht sichergestellt, weil das Einkommen als Fischarbeiter nicht ausreiche und zur Aufnahme einer zusätzlichen geringfügigen Beschäftigung keine Genehmigung vorliege. 9Am 17. Januar 2012 erteilte die Bundesagentur für Arbeit ihre Zustimmung auch zur Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung bei der Firma B2. F. J. - F1. GmbH nach § 39 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit § 18 Abs. 3 AufenthG für den Zustimmungszeitraum 17. Januar 2012 bis 16. Januar 2013. Dem lag eine Stellenbeschreibung zugrunde, wonach es sich um eine ungelernte Arbeit handelte. 10Mit Schreiben vom 16. Februar 2012 hörte die Beklagte den Kläger erneut zur beabsichtigten Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis an. Nach ihren Berechnungen könne der Kläger immer noch nicht den erforderlichen Lebensunterhalt für sich und seine Familie sicherstellen. Außerdem könne für die von ihm beabsichtigten Beschäftigungen keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Nach § 17 der Beschäftigungsverordnung (BeschV) könne die Bundesagentur für Arbeit der Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zweck der Beschäftigung, die keine qualifizierte Berufsausbildung voraussetze, nur nach den Vorschriften dieses Abschnitts zustimmen. Die vom Kläger genannten Beschäftigungen gehörten nicht zu den in §§ 18 ff - 24 BeschV aufgeführten zulässigen Beschäftigungstatbeständen. Da die Bundesagentur für Arbeit keine Zustimmung hätte erteilen dürfen, lägen auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38 a AufenthG nicht vor. Mangels Anspruchs auf eine Aufenthaltserlaubnis könne auch nicht nach § 5 Abs. 2 AufenthG vom Visumserfordernis abgesehen werden. 11Hierzu teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dass der Kläger nach dem neuen Entwurf des Arbeitsvertrags mit der Firma G. B1. e. K. nun einen höheren Lohnanspruch in Höhe von 1277,20 € netto habe, so dass der Lebensunterhalt zusammen mit dem Einkommen aus der Beschäftigung bei der Firma B2. F. J. F1. GmbH in Höhe von 390,- € monatlich gesichert sei. Zu seinen Gunsten sei ein unschädlicher Kindergeldanspruch in Höhe von 558,- € zu berücksichtigen. Die Summe von 2.225,20 € abzüglich der Freibeträge übersteige den Bedarf in Höhe von 1801,- € bestehend aus den derzeitigen Regelsätzen zuzüglich Wohnkosten in Höhe von 500,- € monatlich um 114,- €. Die von der Bundesagentur für Arbeit erteilte Zustimmung zur Aufnahme der Beschäftigungen sei für die Beklagte bindend. 12Die Beklagte lehnte den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit Ordnungsverfügung vom 12. April 2012 ab und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Spanien innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Verfügung an. Auch unter Berücksichtigung der mitgeteilten Einkommensverhältnisse des Klägers sei der Lebensunterhalt für ihn und seine Familie nicht gesichert, es sei ein Fehlbetrag in Höhe von 151,93 € errechnet worden. Unabhängig hiervon entsprächen die vom Kläger beabsichtigten Tätigkeiten nicht den Voraussetzungen zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38 a AufenthG. Zwar verweise § 38 a Abs. 3 AufenthG zunächst nur auf § 18 Abs. 2 AufenthG. Danach könne einem Ausländer ein Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 AufenthG zugestimmt habe oder durch Rechtsverordnung nach § 42 AufenthG oder zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt sei, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig sei. Danach könnte man schlussfolgern, dass die arbeitsmarktpolitischen Beschränkungen des § 18 Abs. 3 AufenthG in Verbindung mit den Vorschriften der Beschäftigungsverordnung hier keine Anwendung fänden. Dies sei aber durch die Verweisung in § 38 a AufenthG auf § 39 AufenthG (insgesamt) dennoch der Fall, durch den die Regelungen, nach denen die Bundesagentur für Arbeit überhaupt eine Zustimmung erteilen könne, anwendbar würden. Nach § 39 Abs. 1 AufenthG könne ein Aufenthaltstitel, der einem Ausländer die Ausübung der Beschäftigung erlaube, nur mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erteilt werden, soweit durch Rechtsverordnung nicht etwas anderes bestimmt sei. Die Rechtsverordnung, auf die § 39 Abs. 1 AufenthG abstelle, sei die Beschäftigungsverordnung. Nach § 17 BeschV könne die Zustimmung zu Beschäftigungen, die keine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzten, nur nach den Vorschriften dieses Abschnitts erteilt werden. In §§ 18 - 24 BeschV seien einzelne Beschäftigungstatbestände erfasst, zu denen eine Zustimmung erteilt werden könne. Hierzu gehörten die vom Kläger angestrebten (unqualifizierten) Beschäftigungen nicht. Dass es sich um unqualifizierte Beschäftigungen handele, ergebe sich entgegen der Auffassung des Klägers aus den vorgelegten Stellenbeschreibungen. Diese Entscheidung verletzte nicht das Recht des Klägers auf Beachtung von Art. 8 EMRK. Er sei nach drei Jahren und zwei Monaten noch nicht so sehr in Deutschland integriert, dass ihm eine Rückkehr nach Spanien unzumutbar sei. Auch humanitäre Gründe für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG oder § 25 Abs. 5 AufenthG seien nicht erkennbar. Die Ordnungsverfügung wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18. April 2012 zugestellt. 13Der Kläger hat am 15. Mai 2012 Klage erhoben und einen einstweiligen Rechtsschutzantrag gestellt. Er wiederholt und vertieft seine vorherigen Ausführungen. Insbesondere ist er der Ansicht, dass mit der Zuweisung der Entscheidungskompetenz an die Bundesagentur für Arbeit über die Einordnung einer Beschäftigung als zulässig- und genehmigungsfähig der Entscheidungsspielraum der Beklagten eingeschränkt werde. 14Mit Blick auf das Klage- und einstweilige Rechtsschutzverfahren ist dem Kläger im Juni 2012 eine Duldung mit Beschäftigungserlaubnis erteilt worden. Zuvor hatte die Bundesagentur für Arbeit der Aufnahme der Beschäftigungen bei der Firma B2. F. J. F1. GmbH und G. B1. e. K. erneut für den Zeitraum der Duldung vom 31. Mai 2012 bis 24. November 2012 zugestimmt. Dementsprechend hat der Kläger im Juni 2012 die Beschäftigung bei beiden Arbeitgebern aufgenommen. 15Mit Beschluss vom 18. April 2013 hat die Kammer den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und den einstweiligen Rechtsschutzantrag des Klägers - 8 L 237/12 - abgelehnt. Die Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein - Westfalen vom 29. Mai 2013 - 17 B 524/14 - bestätigt worden. 16Am 26. Juli 2013 hat der Kläger einen neuen einstweiligen Rechtschutzantrag gestellt, über den noch nicht entschieden worden ist. 17Er tritt den Ausführungen in den o.g. Beschlüssen des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein - Westfalen entgegen und führt aus, dass der Lebensunterhalt der Familie (nunmehr) hinreichend gesichert sei. Hierzu legt er diverse Lohnabrechnungen seiner zwei Arbeitsverhältnisse vor. Im Juli 2013 habe er über ein Nettoeinkommen von 1.429, 00 € verfügt, zusätzlich sei Kindergeld in Höhe von 558,- €, anzusetzen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei der Kläger auch seit Juni 2012 durchgehend bei der Firma B2. F. J. F1. GmbH beschäftigt. Dies ergebe sich aus der Arbeitgeberbescheinigung vom 22. November 2013. Unabhängig davon habe nunmehr auch die Ehefrau die Genehmigung zur Aufnahme einer Beschäftigung erhalten und erziele ein monatliches Nettogehalt in Höhe von ca. 300,- € jedenfalls ab Juni/Juli 2013. Ausweislich des neuen Mietvertrags über eine 68 qm große Wohnung in der Hauptstraße 28 in F2. zahle er seit dem 16. Juni 2012 insgesamt 500,- € Wohnkosten monatlich für die Familie. Ferner sei bei der Berechnung zu seinen Gunsten auch ein bei Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis zu gewährender Kinderzuschlag nach § 6 a des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) in Höhe von 385,- € zu berücksichtigen. Dass ihm dieser bislang nicht ausgezahlt worden sei, liege allein daran, dass ihm bislang keine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden sei, weswegen § 1 Abs. 3 BKGG die Gewährung des Kinderzuschlags ausschließe. 18Dies führe bei einem (damaligen) Bedarf von 1819,- € (gebildet aus der Summe der Regelsätze für die Familie in Höhe von 2 x 337,- + 3 x 219,- € zuzüglich 500,- € Wohnkosten laut Mietvertrag vom 16. Juni 2012) bei Abzug des Freibetrags in Höhe von 330,- € zu einer Überschreitung von 223,- €. Zu einer noch höheren Überschreitung gelange man bei Ansatz der höheren Einkommensbeträge für November und Dezember 2013. 19Der Kläger hat mit Blick auf diese Veränderungen mit Schriftsatz vom 11. Juli 2013, bei Gericht eingegangen am 16. Juli 2013, einen erneuten Prozesskostenhilfeantrag gestellt. Die Kammer hat mit Beschluss vom 5. März 2014 Prozesskostenhilfe ab Antragstellung bewilligt. 20Zum Beleg seiner Ausreise nach Spanien am 29. August 2010 legt er eine Bordkarte der Firma Ryanair vor; zum Nachweis der Wiedereinreise nach Deutschland am 18. August 2011 einen boarding - Abschnitt der Firma air Berlin. Außerdem überreicht er noch eine Mitgliedskarte der B3. S. . 21Er beantragt, 22die Beklagte unter Aufhebung der Ordnungsverfügung vom 12. April 2012 zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38 a AufenthG beginnend ab dem 1. Juli 2013 zu erteilen. 23hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung der Ordnungsverfügung vom 12. April 2012 zu verpflichten, über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38 a AufenthG ab dem 1. Juli 2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. 24Die Beklagte beantragt, 25die Klage abzuweisen. 26Zur Begründung wiederholt und vertieft sie die Ausführungen aus der angefochtenen Ordnungsverfügung. Sie legt verschiedene Berechnungen vor, aus denen sich auf der Basis der vom Kläger vorgelegten Unterlagen seine fehlende Lebensunterhaltssicherung ergebe. 27Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge auch der zugehörigen einstweiligen Rechtsschutzverfahren des Klägers verwiesen. 28Entscheidungsgründe: 29Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf den nach Klageerhebung liegenden Zeitraum ab dem 1. Juli 2013 beschränkt hat, sieht die Kammer darin eine teilweise Klagerücknahme, die vor Stellung (beider) Anträge der Beteiligten erfolgt ist. Insoweit wird das Klageverfahren aufgrund der Klagerücknahme eingestellt. 30Im Übrigen ist die zulässige Klage mit dem Hauptantrag unbegründet, hat aber mit dem Hilfsantrag Erfolg. Als Anspruchsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aufgrund einer ihm erteilten spanischen Daueraufenthaltsberechtigung kommt allein § 38 a AufenthG in Betracht. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38 a AufenthG erfüllt der Kläger nicht. Nach § 38 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG hat ein Ausländer, der in einem anderen Mitgliedstaat die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, zwar einen (gebundenen) Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, wenn er sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten will. Dies gilt aber nur, wenn er die grundsätzlich auch für Fälle des § 38 a AufenthG geltenden allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen erfüllt. Bei dem Kläger fehlt es an der nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG grundsätzlich erforderlichen Einreise mit einem Visum zum langfristigen Aufenthalt. Der Kläger ist auch im August 2011 wie schon zuvor im Februar 2009 ohne ein Visum zum langfristigen Aufenthalt eingereist. Er ist auch nicht nach § 4 AufenthG in Verbindung mit dem Recht der Europäischen Union vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels für einen langfristigen Aufenthalt befreit, s. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumspflicht befreit sind (EG - Visa - VO). Danach müssen Staatsangehörige der Drittländer, die wie Ghana in der Liste im Anhang I aufgeführt sind, bei Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein. Sonstige Ausnahmen, insbesondere nach Art. 4 EG - Visa VO sind nicht erkennbar. 31Der Kläger erfüllt auch nicht die Voraussetzungen des § 39 Aufenthaltsverordnung (AufenthV), die ihn zur Einholung eines Aufenthaltstitels vom Bundesgebiet aus berechtigen würden. In Betracht kommt hier allein § 39 Nr. 6 AufenthV. Danach kann der Ausländer einen Aufenthaltstitel erst im Bundesgebiet einholen, wenn er einen von einem anderen Schengen - Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besitzt und auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind. § 41 Abs. 3 AufenthG findet Anwendung, d. h. ein erforderlicher Aufenthaltstitel ist innerhalb von drei Monaten nach Einreise zu beantragen. Nach Art. 21 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können Drittausländer, d. h. Staatsangehörige von Nicht - EU - Staaten wie der Kläger, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sich aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reiseausweises bis zu drei Monaten in einem Zeitraum von sechs Monaten im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen, sofern sie die allgemeinen Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste des betroffenen Mitgliedsstaates stehen. Der Kläger war zum Zeitpunkt der (erneuten) Einreise am 18. August 2011 im Besitz der spanischen Aufenthaltserlaubnis (permiso de Residencia), die ihm entweder bereits am 3. Juli 2011 mit Beschluss der Zentralregierung Malaga oder mit der anschließenden Ausfertigung seiner Aufenthaltserlaubnis mit dem Zusatz "Residente Larga Duracion - CE" erteilt worden war. Diese spanische Aufenthaltserlaubnis beinhaltete auch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt - EU, die ihm einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38 a AufenthG geben könnte. Eine Daueraufenthaltserlaubnis im Sinne des § 38 a AufenthG liegt nur vor, wenn der Aufenthaltstitel in einer der Amtssprachen der Europäischen Union ausdrücklich als solcher gekennzeichnet ist, in Spanisch muss der Begriff "Residente de larga Duracion - CE" vorkommen, s. Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2003/109/EG des Rats vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen - Daueraufenthaltsrichtlinie (DARL). Beim Besitz eines entsprechenden Aufenthaltstitels kann - wie hier - vermutet werden, dass die Rechtsstellung nicht entzogen wurde, 32vgl. Welte in : Jakober /Welte, aktuelles Ausländerrecht, Stand Februar 2008, § 38 a Rdnr. 4 ff. 33Allerdings setzt § 39 Nr. 6 AufenthV weiter voraus, dass sowohl innerhalb der Geltungsdauer der ausländischen Aufenthaltserlaubnis als auch innerhalb eines Zeitraums des danach erlaubten Aufenthalts im Inland, also drei Monate innerhalb eines Zeitraums vom 180 Tagen nach Art. 21 Abs. 1 SDÜ, § 15 AufenthG, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erfüllt werden. Der Ausländer muss also im Zeitpunkt des Eintritts der letzten Anspruchsvoraussetzung für die Erteilung der von ihm begehrten Aufenthaltserlaubnis noch über die Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet auf Grund des von einem anderen Schengen- Staat ausgestellten Aufenthaltstitels verfügen. Die Frist verlängert sich nicht durch rechtzeitige Antragstellung in entsprechender Anwendung des § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, da selbst bei einer eintretenden Fiktionswirkung des erlaubten Aufenthalts diese nicht den nach Art. 39 Nr. 6 AufenthV erforderlichen gemeinschaftsrechtlichen Aufenthaltsstatus vermittelt. Diese Auslegung des § 39 Nr. 6 AufenthV folgt schon aus dem Wortlaut des § 39 Nr. 6 AufenthV, der darauf abstellt, dass der Ausländer einen von einem anderen Schengen - Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besitzt und aufgrund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis erfüllt sind. Damit wird an einen Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis angeknüpft, der sich unmittelbar an den rechtmäßigen Aufenthalt anschließt. Dann soll der Ausländer nicht allein aufgrund der formalen Voraussetzung des fehlenden Visumsverfahrens wieder ausreisen müssen. Die Ausnahmevorschrift will dagegen nicht bezwecken, dass Ausländer, die sich einmal rechtmäßig aufgrund eines Schengen - Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufgehalten haben, sich noch auf diesen rechtmäßigen Aufenthalt berufen dürfen, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in keinem zeitlichen Zusammenhang mehr zu dem rechtmäßigen Aufenthalt stehen, 34vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Januar 2011 - 18 B 1662/10 -, zitiert nach juris, Hessischer VGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 - 6 B 1170/13 - InfAuslR 2013, 424 m.w.N. 35Hier hat der Kläger jedenfalls innerhalb des Dreimonatszeitraums nach Einreise die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht erfüllt. Damit waren auch die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38 a AufenthG innerhalb der Dreimonatsfrist nicht gegeben. Drei Monate nach Einreise am 18. August 2011, also bis zum 18. November 2011, hat der Kläger wegen der fehlenden Aufenthaltserlaubnis noch nicht gearbeitet. Zugestimmt hatte die Bundesagentur für Arbeit lediglich der Aufnahme einer Beschäftigung bei der Firma G. B1. mit einem damaligen Bruttolohnanspruch von 1.300,- €, netto etwa 1.040,- €. Unabhängig davon, ob das in Aussicht gestellte Einkommen aus diesem Beschäftigungsverhältnis zur Lebensunterhaltssicherung ausgereicht hätte, sieht die Kammer jedenfalls allein in der Vorlage eine Arbeitsvertrags keine hinreichende Grundlage für die gesicherte Prognose der eigenständigen Deckung des Lebensunterhalts. Auch dann, wenn man einem Ausländer bei der Beurteilung der Prognose der Lebensunterhaltssicherung nicht unbegrenzt die Bearbeitungsdauer von Anträgen auf Zustimmung zur Arbeitsaufnahme und auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis anlasten möchte, muss doch nach Überzeugung der Kammer jedenfalls mehr als allein die Vorlage eines Arbeitsvertrags vorhanden sein, um die gesicherte Prognose der eigenständigen Lebensunterhaltssicherung zu rechtfertigen. Die Erfahrung zeigt, dass viele Arbeitsverträge nachher doch nicht oder jedenfalls nicht langfristig durchgeführt werden, entweder aufgrund einer Kündigung in der Probezeit oder weil zum Beispiel wegen zwischenzeitlicher Veränderung der Verhältnisse eine Arbeitsaufnahme nie realisiert wird. So sind auch die Einkünfte aus der später aufgenommenen geringfügigen Beschäftigung bei der Firma B2. F. J. F1. GmbH in sehr unterschiedlicher Höhe geflossen, aus jüngerer Zeit hat der Kläger gar keine Lohnabrechnungen mehr vorgelegt. Mit Blick auf die im Mai 2012 erhobene Klage und das einstweilige Rechtsschutzverfahren wurde dem Kläger erst im Juni 2012 eine Duldung mit Beschäftigungserlaubnis erteilt, die zur Arbeitsaufnahme im Juni 2012 und damit außerhalb des Dreimonatszeitraums nach Art. 21 SDÜ führte. 36Darüber hinaus reicht das zu erwartende Nettoeinkommen des Klägers in Höhe von 1040,- € aus einer Beschäftigung bei der Firma G. B1. e. K. zur Deckung des Lebensunterhalts für sich und seine Familie auch nicht aus. Hiervon sind nach § 11 b Abs. 2 des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II) 100,- € als Werbungskostenpauschale für die mit der Berufstätigkeit verbundenen Aufwendungen abzuziehen. Geringere Kosten hat der Kläger nicht dargelegt, so dass 940,- € als Einkommen berücksichtigungsfähig sind. Weitere Nebentätigkeiten des Klägers und seiner Ehefrau sind noch nicht von der Bundesagentur für Arbeit genehmigt und damit nicht berücksichtigungsfähig. Die Genehmigung zur Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung bei der Firma B2. F. J. F1. GmbH wurde vom Kläger erst mit Rechtsanwaltsschreiben vom 14. November 2011, also kurz vor Ablauf der Dreimonatsfrist beantragt und von der Bundesagentur für Arbeit erst am 17. Januar 2012 erteilt. Die Genehmigung für die später aufgenommene geringfügige Beschäftigung der Ehefrau war noch nicht beantragt, lediglich der Antrag auf Aufnahme einer später nicht genehmigten geringfügigen Beschäftigung der Ehefrau war - ebenfalls nach Ablauf der Dreimonatsfrist - nach Abschluss eines Arbeitsvertrags im Dezember 2011 gestellt worden. Zu dem berücksichtigungsfähigen Einkommen von 940,- € ist zwar das Kindergeld in Höhe von 558,- € nach § 62 Abs. 1 Nr.1, Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 32 Abs. 1 Nr. 1, § 66 Abs. 1 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) als nach § 2 Abs. 3 AufenthG unschädliche öffentliche Leistung hinzuzurechnen, weil hierauf bei Erteilung der Aufenthaltserlaubnis an den Kläger ein Anspruch besteht. Nicht in Betracht kommt allerdings die Aufstockung des Einkommens durch den ebenfalls als unschädliche öffentliche Leistung in § 2 Abs. 3 AufenthG genannten Kinderzuschlag nach § 6 a des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG). Denn hierauf besteht nicht automatisch bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den Kläger ein Anspruch. Ein Anspruch auf Kinderzuschlag setzt nach § 6 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BKGG voraus, dass durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 des SGB II vermieden wird. Das ist nicht der Fall, wenn die Familie des Klägers mangels (automatischer) Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Fall der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den Kläger weiterhin höchstens leistungsberechtigt nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) wäre, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 4-6 AsylbLG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II. Die Kinder des Klägers haben nach § 32 Abs. 1 AufenthG lediglich einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, wenn auch die zusammen mit dem Kläger personensorgeberechtigte Mutter einen solchen Anspruch hat. Diese hat bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den Kläger nach § 38 a AufenthG aber nicht auch automatisch einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 e oder f AufenthG. Ein Anspruch nach § 38 a Abs. 1 Nr. 3 f AufenthG scheitert hier daran, dass die eheliche Lebensgemeinschaft zwar schon in dem Land bestanden hat, in dem der Kläger die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben hat, aber nicht zu dem Zeitpunkt als er sie bekommen/ innehatte. Im Juli 2011 hielt sich seine Ehefrau mit den Kindern in Deutschland auf. Privilegiert wird nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 f AufenthG nur der Nachzug aus dem Mitgliedstaat, in dem der stammberechtigte Ehegatte seine Rechtsstellung als langfristig Aufenthaltsberechtigter erhalten hat. Der Ehegatte muss unmittelbar aus diesem Mitgliedstaat den Nachzug anstreben, 37vgl. Marx in GK - AufenthG, Stand Februar 2008, § 30 Rdnr. 214. 38Nach den in der Ausländerakte enthaltenen Informationen war die Ehefrau im 8. August 2009 eingereist, seither war die Ehefrau in Deutschland aufhältig. Die spanische Daueraufenthaltserlaubnis wurde dem Kläger erst am 3. Juli 2011 erteilt. 39Ein weiterer möglicher Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 e AufenthG scheitert deshalb, weil sie ebenfalls ohne das erforderliche Visum für einen langfristigen Aufenthalt eingereist ist und bei ihr auch die Ausnahmevorschrift des § 39 Nr. 3 und Nr. 6 AufenthV nicht erfüllt ist. Sie wäre nicht nach § 39 Nr. 6 AufenthV von der vorherigen Visumseinholung befreit, weil nicht erkennbar ist, dass sie zum Zeitpunkt der möglichen Erteilung der Aufenthaltserlaubnis an den Kläger noch im Besitz eines von einem anderen Schengenstaats ausgestellten Aufenthaltstitels war, der sie noch zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigte, s.o. Ihre spanische Aufenthaltserlaubnis berechtigte sie nach Art. 21 SDÜ nur zu einem Aufenthalt in Deutschland von bis zu drei Monaten nach Einreise im August 2009. Allerdings legte sie im Dezember 2012 eine spanische Aufenthaltserlaubnis, gültig bis 21. November 2016 vor, da sie zum Zweck der Verlängerung (kurzzeitig) nach Spanien gereist sei. Möglicherweise handelt es sich jetzt auch um eine spanische Daueraufenthaltserlaubnis. Allerdings ist nicht erkennbar, dass sie zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen des Art. 21 SDÜ für einen wenigstens kurzzeitig rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland erfüllte. Es ist nicht klar, dass sie sich maximal 90 Tage in 180 Tagen in Deutschland aufgehalten hat, bevor sie eine Aufenthaltserlaubnis beantragte bzw. Anspruch darauf haben konnte. Vielmehr legen die regelmäßig vorgelegten Lohnbescheinigungen einen durchgehenden Aufenthalt in Deutschland nahe. 40Auch die Voraussetzungen des § 39 Nr. 3 AufenthV für die nachträgliche Einholung der Aufenthaltserlaubnis vom Bundesgebiet aus erfüllt die Ehefrau nicht. Weder ist sie als ghanaische Staatsangehörige Staatsangehörige eines im Anhang II der EG - Visa - VO Nr. 530/2001 aufgeführten Staates noch besaß sie ein Schengen - Visum für kurzfristige Aufenthalte. Selbst wenn man dem einen kurzfristigen rechtmäßigen Aufenthalt aufgrund eine spanischen Aufenthaltstitels nach Art. 21 SDÜ gleichstellen wollte, so wäre während der Dreimonatsdauer des rechtmäßigen Aufenthalts nicht die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gegeben, weil schon die spanische Daueraufenthaltsberechtigung an ihren Mann erst viel später erteilt worden ist. 41Der danach höchstens berücksichtigungsfähige Einkommensbetrag von monatlich 1.498,- € unterschreitet den sozialhilferechtlichen Bedarf der Familie von 1.768,- €. Dieser setzt sich zusammen aus Wohnkosten in Höhe von damals 467,- € laut Mietvertrag vom 10. Dezember 2009 und den sozialhilferechtlichen Regelsätzen nach § 20 SGB II in Verbindung mit §§ 28, 28 a des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Verbindung mit der Anlage zu § 28 SGB XII. Diese betragen im August 2011 für die Eheleute 2 x 328,- € (Regelbedarfsstufe 2) monatlich zuzüglich 3 x 215,‑ € (Regelbedarfsstufe 6) monatlich für die drei Kinder, insgesamt 1.301,- Regelsatzbedarf. Der Gesamtbedarf beträgt somit im August 2011 für die ganze Familie 1.768,-- €.) 42Die Kammer geht demnach davon aus, dass in den Fällen des § 38 a AufenthG bei Nichteinreise mit einem Visum zum langfristigen Aufenthalt und ohne Erfüllung der Voraussetzungen der hier allein in Betracht kommenden Ausnahmevorschrift des § 39 Nr. 6 AufenthV für Fälle des § 38 a AufenthG allenfalls ein Anspruch auf ermessensfehlerfreies Absehen vom Visumserfordernis nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG bestehen kann. Sie folgt nicht der Ansicht, die davon ausgeht, dass die Regelungen zum Visumsverfahren generell nicht anwendbar sind, 43vgl. so wohl Müller in: Hofmann/Hoffmann, Kommentar zum Ausländerrecht, 1. Auflage 2008, § 38 a Rdnr.15, § 5 Rdnr 30. 44Diese Ansicht könnte dazu führen, auch die Vorschrift des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG über das Absehensermessen nicht anzuwenden. Teilweise wird für Fälle des § 38 a AufenthG mit Blick auf die in § 39 Nr. 6 AufenthV vorgesehene Möglichkeit, den Aufenthaltstitel von Deutschland aus einzuholen, vertreten, dass die Anwendung der Regelungen des Visumsverfahrens nicht erforderlich sei. Die Daueraufenthaltsrichtlinie regele das Recht, sich länger als drei Monate in einem anderen Mitgliedstaat aufzuhalten und setze dabei stillschweigend die mit der Zuerkennung verbundene Berechtigung zu einem visumsfreien Aufenthalt von bis zu drei Monaten voraus, 45vgl. so. Marx: in GK - AufenthG, Stand Mai 2013, § 38 a Rdnr. 17-18; Welte in: Jakober/ Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Stand Oktober 2008, § 38 a Rdnr. 17ff; Dienelt: in Renner, Kommentar zum Ausländerrecht, 9. Auflage 2011, § 38 a Rdnr. 17-19 jedenfalls für Drittstaatsangehörige, die wie der Kläger das Daueraufenthaltsrecht in einem Mitgliedstaat erworben haben, auf den Art. 21 SDÜ anwendbar ist; Hessischer VGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 - 6 B 1170/13-, InfAuslR 2013, 424. 46Diese Ansicht durchdenkt überwiegend nicht die Folgen für den hier vorliegenden Fall der Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 39 Nr. 6 AufenthV. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof scheint dagegen für einen solchen Fall davon auszugehen, dass bei Versäumung der Dreimonatsfrist das Daueraufenthaltsrecht als Grundlage für eine inländische Aufenthaltserlaubnis ganz erlischt. In seiner Entscheidung geht er ohne nähere Begründung mit Blick auf die Vorschriften des § 39 Nr. 6, § 41 Abs. 3 AufenthV und die Regelung in Art. 15 Abs. 1 DARL davon aus, dass die Berechtigung, aufgrund eines Daueraufenthaltsrechts in einem anderen Mitgliedstaat in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis zu erlangen, erlischt, wenn der Ausländer nicht unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Monaten nach Einreise den inländischen Aufenthaltstitel beantragt. Nach Art. 15 Abs. 1 DARL sei der langfristig Aufenthaltsberechtigte verpflichtet, die notwendige Aufenthaltserlaubnis unverzüglich nach der Einreise im Bundesgebiet einzuholen. Dies entspreche der Regelung in § 81 Abs. 2 Satz 1 AufenthG und deshalb fände § 39 Nr. 6 AufenthV Anwendung, 47vgl. Beschluss des Hess. VGH im einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren vom 30. Juli 2013 - 6 B 1170/13 -, InfAuslR 2013, 424 insbesondere Rdnr. 8 und 15, 16 des Abdrucks bei juris. 48Dann entsteht jedoch das nach Auffassung der Kammer unhaltbare Ergebnis, dass die Personen, die aufgrund eines EU- Daueraufenthaltsrechts eigentlich eine verbesserte Rechtsposition haben, die weitgehend derjenigen der EU - Bürger angenähert werden soll, vgl. Art. 1, Art. 4 Abs. 1 DARL und die Erwägungsgründe 2 und 18 sowie 19 der DARL, im Bereich des Visumsverfahrens schlechter gestellt werden als andere Ausländer. Letztere haben für den Fall, dass sie die Voraussetzungen nach § 39 Nr. 6 AufenthV nicht fristgerecht erfüllen, immer noch einen Anspruch nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Absehen vom Visumsverfahren. Es ist auch nicht zu erkennen, wieso das ausländische Daueraufenthaltsrecht, das durch die Versäumung der Dreimonatsfrist des § 39 Nr. 6 AufenthV noch nicht als solches erlischt, nicht mehr Grundlage für die Erteilung einer inländischen Aufenthaltserlaubnis sein kann wie der Hessische Verwaltungsgerichtshof meint. 49Für die Anwendung des Visumsverfahrens einschließlich der Absehensvorschriften des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG spricht dagegen, dass das Visumsverfahren zu den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen gehört. Diese gelten grundsätzlich für jede Aufenthaltserlaubnis, soweit nicht ausnahmsweise die Anwendung durch eine Spezialregelung ausgeschlossen ist. Eine solche Ausnahmevorschrift findet sich in § 38 a Satz 2 AufenthG für § 8 AufenthG, aber gerade nicht für § 5 Abs. 2 AufenthG. Nur durch die Anwendung des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG lassen sich nach Auffassung der Kammer auch die Fälle, die nicht problemlos die Ausnahmevorschriften des § 39 AufenthV erfüllen, innerhalb der allgemeinen Systematik des deutschen Ausländerrechts lösen, 50vgl. so wohl auch Hailbronner, Kommentar zum Ausländerrecht, Stand Februar 2008 § 38 a Rdnr. 7. 51Ein Teil der Gegenauffassung, die annimmt, dass generell die Vorschriften des Visumsverfahrens nicht anwendbar sind, geht allerdings anders als der Hessische Verwaltungsgerichtshof ohne nähere Begründung dann auch von der Nichtgeltung der Begrenzungen des § 39 Nr. 6 AufenthV aus. Danach könnte die visumsfreie Einreise dem Kläger möglicherweise gar nicht entgegengehalten werden, 52vgl. so allein wohl Müller in: Hofmann/Hoffmann, Kommentar zum Ausländerrecht, 1. Auflage 2008, § 38 a Rdnr.15, § 5 Rdnr 30. 53Zur Begründung wird ausgeführt, dass die in Art. 15 DARL vorgesehene Option ein Visumsverfahren einzuführen und das mit der Richtlinie verfolgte Ziel der weitgehenden Annäherung an die Rechtsstellung von freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern, gegen eine allgemeine Visumspflicht spreche. Zudem bestimme Art. 14 Abs. 1 DARL, dass der Aufenthaltstitel spätestens drei Monate nach der Einreise zu beantragen sei. Dies spreche dafür, dass kein Visumsverfahren durchzuführen sei. 54Dagegen ist nach Auffassung der Kammer einzuwenden, dass kein Grund dafür ersichtlich ist, § 39 Nr. 6 AufenthV als geltendes Recht auf Fälle des § 38 a AufenthG nicht anzuwenden. Mit den Regelungen des Art. 21 SDÜ und des § 39 Nr. 6, 41 AufenthV, die in ihrer derzeit geltenden Fassung nach Erlass der Daueraufenthaltsrichtlinie am 22. Oktober 2005 in Kraft getreten sind, sowie den allgemeinen Regelungen zu Visumsverfahren hat der deutsche Gesetzgeber auch die Daueraufenthaltsrichtlinie und die Verfahrensregelungen des Art. 15 DARL in deutsches Recht umgesetzt. Die Kammer kann keinen Grund dafür erkennen, dass der Gesetzgeber dabei den Umsetzungsspielraum der Richtlinie überschritten hätte und § 39 Nr. 6 AufenthV wegen Verstoß gegen den Regelungsgehalt der Richtlinie nicht anzuwenden sein könnte. Vielmehr ergibt sich aus Art. 15, 16 DARL gerade, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den in einem anderen Mitgliedstaat daueraufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (und seine Familienangehörigen) versagt werden darf, wenn dieser nicht innerhalb von drei Monaten nach Einreise in den zweiten Mitgliedstaat einen Aufenthaltstitel bei den Behörden dieses Mitgliedsstaats beantragt. Weiter können die Mitgliedstaaten vom Weiterwanderenden verlangen, dass dieser bestimmte Nachweise wie zum Beispiel die Lebensunterhaltssicherung als Voraussetzung für die Weiterwanderung erbringt. 55Ist somit ein Anspruch des Klägers auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis wegen Nichteinreise mit dem erforderlichen Visum für einen langfristigen Aufenthalt und Nichterfüllung der Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 39 Nr. 6 AufenthV ausgeschlossen, steht dem Kläger nach Auffassung der Kammer aber der mit dem Hilfsantrag verfolgte Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein Absehen vom Visumsverfahren nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG zu. Zwar ist nicht zu erkennen, dass dem Kläger die vorübergehende Rückreise nach Spanien zur Nachholung des Visumsverfahrens nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt 2 AufenthG unzumutbar sein könnte. Er hat jedoch einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Absehen vom Visumsverfahren nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, weil er die (sonstigen) Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 38 a AufenthG erfüllt, vgl. § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG. Ein diesbezügliches Ermessen hat die Beklagte bislang noch nicht ausgeübt. 56Insbesondere liegen die Voraussetzungen des § 38 a Abs. 3 AufenthG zur Ausübung der vom Kläger beabsichtigten unselbständigen Erwerbstätigkeit für den von ihm beantragten Zeitraum ab dem 1. Juli 2013 vor. 57Nach § 38 a Abs. 3 Satz 1 AufenthG in der seit dem 6. September 2013 geltenden Fassung (n.F.) berechtigt die Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, wenn die Bundesagentur für Arbeit (BA) der Ausübung der Beschäftigung nach § 39 Abs. 2 AufenthG zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung nach § 42 oder durch zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist. Dies entspricht im Wesentlichen den in § 18 Abs. 2 AufenthG genannten Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer Beschäftigung. Allerdings bezieht sich § 38 a Abs. 3 Satz 1 AufenthG n. F. ausdrücklich nur auf § 39 Abs. 2 AufenthG und anders als in § 18 Abs. 2 AufenthG wird nicht die gesamte Vorschrift des § 39 AufenthG in Bezug genommen. 58Demgegenüber verweist § 38 a Abs. 3 Satz 1 AufenthG a.F. in der bis zum 5. September 2013 geltenden Fassung auf die Vorschrift des § 18 Abs. 2 AufenthG, der auf § 39 AufenthG (insgesamt) Bezug nimmt. Zu der alten Fassung, die für die hier ab 1. Juli 2013 beantragte Erteilung der Aufenthaltserlaubnis anfangs noch gilt, besteht Streit, ob in dem Verfahren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38 a AufenthG, soweit die Aufnahme einer Beschäftigung im Raum steht, die keine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzt, die Bundesagentur für Arbeit zu beteiligen ist und eine individuelle Arbeitsmarktprüfung durchzuführen hat mit der Möglichkeit auch insoweit gemäß § 38 a Abs. 3 AufenthG in Verbindung mit §§ 18 Abs. 2, § 39 Abs. 2 AufenthG die Aufnahme der Beschäftigung zu erlauben. Bei den vom Kläger ausgeübten Beschäftigungen handelt es sich jeweils ausweislich der Stellenbeschreibungen, die der Genehmigung der Tätigkeiten durch die Bundesagentur für Arbeit zugrundelag, um ungelernte Tätigkeiten. 59Teilweise wird vertreten, dass über §§ 38 a Abs. 3, § 18 Abs. 2 AufenthG a.F. durch die Verweisung auf § 39 AufenthG die Vorschriften der Beschäftigungsverordnung vollständig zur Anwendung kommen mit der Folge, dass der Bundesagentur für Arbeit eine Zustimmung nur mit den Einschränkungen nach den Vorschriften der Beschäftigungsverordnung möglich ist, 60vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 3 B 2830/09 - , NVwZ-RR 2010, 288; bereits in Frage gestellt im Beschluss vom 13. Januar 2012 - 3 B 2325/11 -, zitiert nach juris; VGH Baden - Württemberg, Beschluss vom 18. März 2008 - 11 S 378/07-, AuAS 2008, 122. 61Nach der ab dem 1. Juli 2013 geltenden Neufassung der Beschäftigungsverordnung hätte eine Erlaubnis zu einer unqualifizierten Tätigkeit als Fischarbeiter - wie auch schon nach der inhaltlich abweichenden Fassung der Beschäftigungsverordnung in der zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung geltenden Fassung - nicht erteilt werden können. Für solche Tätigkeiten sieht die Beschäftigungsverordnung auch in der seit dem 1. Juli 2013 geltenden Neufassung (BeschV n.F.) nur in besonderen, hier nicht einschlägigen Fällen, wie vorübergehenden Beschäftigungen (§§ 10ff BeschV n.F.) z. B. als Saisonarbeitnehmer (§ 15 a BeschV n.F.) oder bei besonderen, hier nicht einschlägigen Berufsgruppen wie Sportler, Schauspieler oder Künstler (§§ 22 ff BeschV n.F.) die Möglichkeit der Erteilung einer Zustimmung oder die Zustimmungsfreiheit vor. Auch in einer zwischenstaatlichen Vereinbarung in Verbindung mit § 26 BeschV n.F. finden sich keine Bestimmungen zur Zulässigkeit der vom Kläger ausgeübten unqualifizierten Beschäftigungen. 62Zur Begründung für den von ihnen vertretenen uneingeschränkten Rückgriff auf die Begrenzungen der Beschäftigungsverordnung führen die Vertreter dieser Ansicht aus, dass in § 38 a Abs. 3 AufenthG zwar nicht auf § 18 Abs. 3 AufenthG verwiesen werde, aber auf § 18 Abs. 2 AufenthG. Dadurch wiederum, dass § 18 Abs. 2 AufenthG den § 39 AufenthG insgesamt in Bezug nehme, würden die gesamten Regelungen der Beschäftigungsverordnung anwendbar. Dies wiederspreche auch nicht den Regeln der Daueraufenthaltsrichtlinie. Die in Art. 14 Abs. 3 DARL vorgesehene Arbeitsmarktprüfung könne auch durch eine antizipierte abstrakte Arbeitsmarktprüfung wie sie die Vorschriften der Beschäftigungsverordnung enthielten, erfolgen, 63vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 3 B 2830/09 - , NVwZ-RR 2010, 288; bereits in Frage gestellt im Beschluss vom 13. Januar 2012 - 3 B 2325/11 -, zitiert nach juris; VGH Baden - Württemberg, Beschluss vom 18. März 2008 - 11 S 378/07-, AuAS 2008, 122. 64Demgegenüber ist die Kammer sowohl für das bis zum 5. September 2013 als auch für das danach und derzeit geltende Recht der Auffassung, dass Drittstaatsangehörigen, die im Besitz einer langfristigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen EU - Mitgliedsstaats sind, nach Durchführung einer Arbeitsmarktprüfung nach § 39 Abs. 2 AufenthG durch die Bundesagentur für Arbeit die Aufnahme jeder Art von Beschäftigung erlaubt werden kann. 65Sie schließt sich für das bis zum 5. September 2013 geltende alte Recht der Auffassung an, dass die Gegenansicht gegen die Daueraufenthaltsrichtlinie verstößt, weil so unabhängig von einer individuellen Arbeitsmarktprüfung bestimmten Berufsgruppen generell der Zugang zur Weiterwanderung versperrt wird. Dies geht über die in Art. 14 Abs. 3, Art. 21 Abs. 2 DARL vorgesehene Einschränkungsmöglichkeit durch eine Arbeitsmarktprüfung hinaus. 66Vgl. so auch: Marx in GK - AufenthG, Stand Mai 2013 § 38 a Rdnr. 55; Dienelt in Renner, Kommentar zum Ausländerrecht, 9. Auflage 2011 § 38 a Rdnr. 37; Hailbronner, Kommentar zum Ausländerrecht, Stand Februar 2013, § 38 a Rdnr. 28a, 29; Müller in: Hofmann/ Hoffmann, Kommentar zum Ausländerrecht, § 38 a Rdnr. 25. 67Allein eine individuelle Arbeitsmarktprüfung entspricht dem Zweck der Richtlinie, die allgemeinen Bedingungen zu regeln, die einem langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen ermöglichen, weiterzuwandern, um eine selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit wahrzunehmen. 68Von dieser Rechtsauffassung gehen auch die Bundesagentur für Arbeit und das Bundesinnenministerium aus, 69vgl. Durchführungsanweisungen zum AufenthG zu § 38 a Nr. 1.38a.310; allgemeine Verwaltungsvorschriften des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009 (GMBl 2009, 877) Nr. 38a3.1. zu den Fällen des Art. 14 Abs. 2 a DARL, offen VGH Kassel, Beschluss vom 13. Januar 2012 - 3 B 2325/11-, AuAS 2012, 86. 70Erst Recht gilt dies für das ab dem 6. September 2013 geltende neue Recht, §§ 38 a Abs. 3, 39 AufenthG n.F. Es spricht nach Auffassung der Kammer alles dafür, dass der Gesetzgeber mit der Änderung des § 38 a Abs. 3 AufenthG im "Gesetz zur Verbesserung der Rechte von international Schutzberechtigten und Arbeitnehmer" (BGBl I 2013, S. 3484) unionsrechtlichen Bedenken gegen die bisherige Regelung Rechnung tragen wollte und klarstellen wollte, dass Drittstaatsangehörigen, die im Besitz einer langfristigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen EU - Mitgliedsstaats sind, die Aufnahme jeder Art von Beschäftigung erlaubt werden kann. So ist in Nr. 19 der Begründung zum Gesetzentwurf, 71BT Drucks. 17/ 13022 S. 22, 72ausdrücklich ausgeführt, das die Klarstellung geboten sei, nachdem mehrere Gerichte die Rechtsauffassung vertreten hätten, dass auch bei diesem Personenkreis die Zulassung zu weniger qualifizierten Beschäftigungen auf Grund der bisherigen Verweisung auf die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 AufenthG auf die Beschäftigungen beschränkt ist, für die sie nach der Beschäftigungsverordnung als neu einreisende Arbeitnehmer aus Drittstaaten als Arbeitnehmer zugelassen werden könnten, 73vgl. Hailbronner, in Hailbronner, Kommentar zum Ausländerrecht, Stand September 2013, Anm. zur Beschäftigungsverordnung Rdnr. 10. 74Danach ist die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung der vom Kläger (weiterhin) beabsichtigten Erwerbstätigkeiten als Fischarbeiter bei der Firma G. B1. e. K. und der Firma B2. F. J. F1. GmbH zulässig. Die Bundesagentur für Arbeit hat der Aufnahme dieser Tätigkeiten nach wiederholt durchgeführten Arbeitsmarktprüfungen nach § 39 Abs. 2 AufenthG einmal im September 2011 (G. B1. e. K) bzw. im Januar 2012 (B2. F. J. F1. GmbH) jeweils für ein Jahr sowie im Mai 2012 jeweils für ein halbes Jahr zugestimmt, weil keine bevorrechtigten Arbeitnehmer zur Verfügung stünden. Aufgrund der vorsorglich von der Kammer eingeholten Auskunft hat sie nach erneuter Prüfung unter dem 7. April 2014 ausgeführt, dass aktuell (weiterhin) eine Zustimmung bei unveränderten Beschäftigungsbedingungen für beide Beschäftigungsverhältnisse erteilt werden könne, weil die Stellen aktuell nicht durch bevorrechtigte Arbeitnehmer besetzt werden könnten. Danach ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für eine Zustimmung zur Beschäftigungsaufnahme nicht nur derzeit weiterhin vorliegen, sondern auch in der Vergangenheit unverändert und somit auch für die hier maßgebliche Zeit ab dem 1. Juli 2013 vorgelegen haben. Offen bleiben kann daher, ob im Rahmen der von der Bundesagentur für Arbeit durchzuführenden Arbeitsmarktprüfung eine nachrangige Berücksichtigung von Drittstaatsangehörigen, die wie der Kläger mit einem Daueraufenthaltsrecht eines anderen Mitgliedstaats einreisen, überhaupt rechtmäßig, weil richtlinienkonform ist, 75vgl. dazu: Marx in GK- AufenthG, Stand Mai 2103, § 38 a Rdnr. 54, 57ff. 76Lediglich ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass die Aufenthaltserlaubnis nach § 38 a AufenthG nach § 38 a Abs. 4 AufenthG nur für höchstens zwölf Monate mit einer Nebenbestimmung nach § 39 Abs. 4 AufenthG versehen werden darf. Der in § 38 a Abs. 4 Satz 1 AufenthG bestimmte Zeitraum beginnt nach § 38 a Abs. 4 Satz 2 AufenthG mit der erstmaligen Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 38 a Abs. 1 AufenthG. Nach Ablauf dieses Zeitraums berechtigt die Aufenthaltserlaubnis auch ohne erneute Vorrangprüfung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. 77Auch die sonstigen allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 AufenthG sind erfüllt. Der Kläger ist im Besitz eines gültigen Nationalpasses, § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG, seine Identität ist geklärt, § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, Ausweisungsgründe sind nicht ersichtlich, § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG und insbesondere ist auch der Lebensunterhalt für ihn und seine Familie nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG gesichert. Die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung, die nach § 5 Abs. 1 Nr.1 AufenthG auch für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38 a AufenthG erforderlich ist, ist für die hier maßgebliche Zeit ab dem 1. Juli 2013 erfüllt. Bei dem von dem Kläger angestrebten Daueraufenthalt darf insoweit nicht nur auf den Zeitpunkt der Beantragung oder Erteilung der Aufenthaltserlaubnis abgestellt werden, sondern es ist eine langfristige positive Prognose der Sicherung des Lebensunterhalts ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel erforderlich. Diese Prognose setzt eine Einschätzung dazu voraus, ob der Ausländer auch in Zukunft den Lebensunterhalt dauerhaft ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel erbringen kann. 78Der Lebensunterhalt ist nach § 2 Abs. 3 AufenthG gesichert, wenn der Ausländer ihn einschließlich des ausreichenden Krankenversicherungsschutzes für sich und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen ohne Inanspruchnahme schädlicher öffentlicher Mittel sichern kann. Der Krankenversicherungsschutz ist hier ausweislich der Mitgliedsbescheinigung der B3. S. durch versicherungspflichtige Arbeitnehmereigenschaft gegeben. Im Übrigen erfordert die Prognose der Lebensunterhaltssicherung einen Vergleich des voraussichtlichen Unterhaltsbedarfs mit den nachhaltig zur Verfügung stehenden Mitteln. Dabei richten sich sowohl die Ermittlung des zur Verfügung stehenden Einkommens als auch der Unterhaltsbedarf bei erwerbsfähigen Ausländern und ihren Familienangehörigen seit dem 1. Januar 2005 grundsätzlich nach den entsprechenden Bestimmungen des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuchs - Grundsicherung für Arbeitssuchende - SGB II, 79vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 2008 - 1 C 32.07 -, BVerwGE 131, 370. 80Das Einkommen des Klägers und der mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehefrau einschließlich der nach § 2 Abs. 3 AufenthG ausdrücklich als unschädlich benannten Kindergeldbeträge übersteigt jedenfalls für die beantragte Zeit ab Juli 2013 den sozialhilferechtlichen Bedarf des Klägers und seiner Familie. 81Der sozialhilferechtliche Bedarf setzt sich zusammen aus den Wohnkosten der Familie in Höhe von 500,- € monatlich und den sozialhilferechtlichen Regelsätzen nach § 20 des SGB II in Verbindung mit §§ 28, 28 a SGB XII in Verbindung mit der Anlage zu § 28 SGB XII. Diese betragen im Jahr 2013 für die Eheleute jeweils 345,‑ € (Regelbedarfsstufe 2) monatlich zuzüglich 2x 255,- € (Regelbedarfsstufe 5) monatlich für die am 10. Juli 2013 sechs Jahre alten Zwillinge zuzüglich 1x 224,-€ (Regelbedarfsstufe 6) für das 2009 geborene dritte Kind, insgesamt 1.424,- Regelsatzbedarf. Der Gesamtbedarf beträgt somit ab Juli 2013 für die ganze Familie 1.924,- €. 82Für 2014 beträgt der an den sozialhilferechtlichen Regelsätzen zu messende Lebensunterhaltsbedarf für die Eheleute jeweils 353,- € (Regelbedarfsstufe 2) zuzüglich 2 x 261,- € (Regelbedarfsstufe 5) für die Zwillinge und 1 x 229,- € (Regelbedarfsstufe 6) für das dritte Kind, insgesamt 1457,- €. Der Gesamtbedarf beträgt somit in 2014: 1957,- €. 83Dieser wird durch das hinreichend sicher zu erwartende Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau überschritten. Bei der Bewertung hat die Kammer das Einkommen des Klägers aus der geringfügigen Beschäftigung bei der Firma B2. F. J. F1. GmbH außer Betracht gelassen, da es ihr nicht hinreichend zuverlässig erschien. So sind vom Kläger jedenfalls seit Juli 2013 mit Ausnahme des Monats Oktober 2013 keine (eindeutigen) Lohnbescheinigungen über Lohnzahlungen an ihn mehr vorgelegt worden. Die für Juli und August 2013 vorgelegten Lohnabrechnungen weisen einen Nettoverdienst von 0,- € , aber einen Auszahlungsbetrag von 400,- € aus. Eine später vorgelegte weitere Lohnabrechnung führt für August 2013 ohne nähere Erklärung dann den Auszahlungsbetrag von 400,- € auf. Für September, November und Dezember 2013 wurden keinerlei Lohnabrechnungen vorgelegt, ebenso wenig für das Jahr 2014. Nachdem in der Lohnabrechnung des Klägers für Mai 2013 ein Austritt zum 30. Mai aufgeführt war, ist er ausweislich der vorgelegten Arbeitgeberbescheinigung vom 22. November 2013 nunmehr zu einem Nettolohn von 400,- € monatlich angeblich 50 Stunden pro Woche neben seiner Vollzeitbeschäftigung bei der Firma G. B1. e. K. beschäftigt. Diese Unklarheiten hat der Kläger nicht durch Vorlage weiterer nachvollziehbarer Bescheinigungen bereinigen können. 84Demgegenüber beträgt sein Nettoeinkommen aus der Beschäftigung bei der Firma G. B1. e. K. ausweislich der durchgehend vorgelegten Lohnabrechnungen seit Juli 2013 mindestens 1.429,- €, seit Januar 2014 durchgehend 1.435,52 €. Auch schon zuvor war das Arbeitsverhältnis ausweislich der vorgelegten Lohnabrechnungen "stabil". Seine Ehefrau erhielt aus einer geringfügigen Beschäftigung in einer Arztpraxis, zu deren Aufnahme ihr von der Bundesagentur für Arbeit und der Beklagten die Erlaubnis erteilt worden war, seit diesem Zeitraum durchgehend 266,- € monatlich. Im November und beim Kläger auch im Dezember 2013 waren darüber hinaus Einkommensspitzen aufgrund von Überstunden und Sondergratifikationen zu verzeichnen. 85Rechnet man hiervon die Werbungkostenpauschale zur Deckung der mit der Erwerbstätigkeit verbundenen Ausgaben nach § 11 b Abs. 2 Satz 1 SGB II in Höhe von jeweils 100,- € für den Kläger und seine Frau ab, beträgt das Einkommen 2013 mindestens 1.495,- €, in 2014 mindestens 1501,52 € monatlich. Geringere Werbungskosten sind vom Kläger und seiner Ehefrau nicht dargelegt worden. 86Die Kammer ist der Überzeugung, dass im europarechtlich durch die Daueraufenthaltsrichtlinie geprägten Bereich der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38 a AufenthG - genau wie im Anwendungsbereich der Familienzusammenführungsrichtlinie - die Absetzbeträge vom Einkommen nach § 11 b Abs. 3 AufenthG zugunsten des Klägers außer Betracht zu lassen sind. Zwar ist der Anwendungsbereich der Familienzusammenführungsrichtlinie nicht eröffnet, weil der Kläger als erstmalig eine Aufenthaltserlaubnis Begehrender noch nicht Zusammenführender im Sinne der Art. 1, Art. 2 Buchstabe c der Richtlinie 2003/ 86 /EG des Rats vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (Familienzusammenführungsrichtlinie- FZFRL) sein kann. Die Kammer ist aber der Überzeugung, dass der zur Sicherung des Lebensunterhalts erforderliche Betrag hier in gleicher Weise zu berechnen ist wie im Anwendungsbereich der Familienzusammenführungsrichtlinie, 87vgl. so auch: Marx in: GK - AufenthG, Stand Mai 2013, § 38 a Rdnr. 22; Müller in: Hofmann/ Hoffmann, Kommentar zum Ausländerrecht, 1. Auflage 2008, § 38 a Rdnr. 10; anders wohl Hailbronner, Kommentar zum Ausländerrecht, Stand Februar 2014, § 38 a Rdnr. 15; Jakober/ Welte , Aktuelles Ausländerrecht, Stand Juni 2010, § 38 a Rdnr. 22, 22c. 88Der EuGH hatte im Urteil vom 4. März 2010, 89vgl. - C 578/08 - Chakroun -, InfAuslR 2010, 221, übernommen für diesen Bereich vom BVerwG, Urteil vom 16. November 2010 - 1 C 20.09 -, BVerwGE 138, 135, 90ausgeführt, dass im Anwendungsbereich der Familienzusammenführungsrichtlinie nur der allgemeine Bedarf als Richtschnur für die Frage der Sicherung des Lebensunterhalts genommen werden dürfe. Der Begriff der Sozialhilfeleistungen im Art. 7 Abs. 1 Buchstabe c FZFRL beziehe sich als autonomer Begriff des Unionsrechts nur auf Unterstützungsleistungen, die einen Mangel an ausreichenden festen und regelmäßigen Einkünften ausgleichen, nicht aber auf eine Hilfe, die es erlauben würde, außergewöhnliche oder unvorhergesehene Bedürfnisse zu befriedigen. Dies wirkt sich zugunsten des die Aufenthaltserlaubnis begehrenden Ausländers dadurch aus, dass der Einkommensbedarf nicht erhöht wird durch die Hinzurechnung einer Erwerbstätigenbedarfspauschale nach § 11 b Abs. 3, Abs. 1 Nr. 6 SGB II und dadurch, dass (abweichend von § 11 b Abs. 2 SGB II) gegenüber der Werbungskostenpauschale der Nachweis geringerer Werbungskosten möglich ist, 91vgl. BVerwG, Urteile vom 29. November 2012 - 10 C 4.12 -, BVerwGE 145, 153 und vom 16. November 2010 - 1 C 20.09 -, NVwZ 2011, 825; anders im Urteil vom 16. November 2010, - 1 C 21/09 -, BVerwGE 138, 148 betreffend eine Niederlassungserlaubnis, bei der keine unionsrechtlichen Vorgaben zu beachten sind. 92Für die Übertragung dieses Maßstabs auch auf den Anwendungsbereich der Daueraufenthaltsrichtlinie spricht, dass die Formulierung in Art. 15 DARL betreffend die Nachweise zur Sicherung des Lebensunterhalts fast identisch mit der Formulierung in Art. 7 Abs. 1 c RL 2003/86 EG ist. Danach können die Mitgliedstaaten insbesondere Nachweise für das Vorhandensein fester und regelmäßiger Einkünfte, die ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats für sich und ihre Familienangehörigen ausreichen, verlangen. Allerdings eröffnet Art. 15 Abs. 2 a Satz 2 DARL die Möglichkeit, für jede der in Art. 14 Abs. 2 genannten Kategorien des Aufenthalts (Erwerbstätigkeit, Studium… ) zu differenzieren. Diese Differenzierung wird mit den Absetzbeträgen des § 11 b Abs. 3 SGB II aber gerade nicht aufgegriffen. 93Zu dem danach monatlich als gesichert anzusetzenden Einkommen in Höhe von 1.495,- € für 2013 und in Höhe von 1.501,52 € für 2014 ist das Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr.1, Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 32 Abs. 1 Nr. 1, § 66 Abs. 1 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) in Höhe von 558,- € für drei Kinder hinzuzurechnen. Das Kindergeld wird in § 2 Abs. 3 AufenthG ausdrücklich als unschädliche öffentliche Leistung genannt. Bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit steht dem Kläger nach § 63 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG für seine Kinder auch ein solcher Anspruch auf Kindergeld zu. Der bisherige Grund für die Ablehnung der Bewilligung von Kindergeld - die fehlende Aufenthaltserlaubnis - wäre dann entfallen. 94Offen bleiben kann, ob dem Kläger darüber hinaus noch ein Anspruch auf den Kinderzuschlag nach § 6 a des Bundeskindergeldgesetzes zusteht. Denn der nach dem oben Gesagten unabhängig davon errechnete monatlich sicher zur Verfügung stehende Betrag von 2.053,- € für 2013 und 2.059,52 € für 2014 übersteigt den oben errechneten sozialhilferechtlichen Bedarf der Familie von 1.924,- € monatlich in 2103 und von 1.957,- € monatlich in 2014. 95Bei der nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vorzunehmenden Ermessensentscheidung über ein Absehen vom Visumsverfahren bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 38 a AufenthG wird die Beklagte insbesondere die Dauer des bisherigen Aufenthalts des Klägers und seiner Familie und die Einreise auch der Ehefrau und der Kinder ohne das nach § 5 Abs. 2 AufenthG erforderliche Visum berücksichtigen können. 96Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung. 97Die Berufung wird gemäß § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.
soweit der kläger die klage in der mündlichen verhandlung teilweise zurückgenommen hat, wird das verfahren eingestellt. die beklagte wird unter teilweiser aufhebung der ordnungsverfügung vom 12. april 2012 verpflichtet, über den antrag des klägers auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis nach § 38 a aufenthg für die zeit ab dem 1. juli 2013 unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu entscheiden. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der kläger zu zwei dritteln und die beklagte zu einem drittel. der jeweilige vollstreckungsschuldner kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger zuvor sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die berufung wird zugelassen. 1
2der am geborene kläger ist ghanaischer staatsangehöriger. mit seiner klage begehrt er die verpflichtung der beklagten, ihm eine aufenthaltserlaubnis nach § 38 a des aufenthaltsgesetzes (aufenthg) zum zweck der erwerbstätigkeit zu erteilen. 3der kläger ist seit dem 14. juni 2006 mit der ghanaischen staatsangehörigen o. t. verheiratet und hat mit seiner ehefrau drei kinder, die am geborenen zwillinge b. z. b. und o1. z. b. , die mit der mutter am 8. august 2009 eingereist sind, sowie den am in deutschland geborenen t. z. b. . 4er selbst reiste schon am 2. februar 2009 ohne visum für einen langfristigen aufenthalt erstmals in die bundesrepublik deutschland ein und stellte bei der beklagten einen antrag auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis. er legte dazu eine spanische aufenthaltserlaubnis "permiso de residencia", gültig bis zum 21. november 2011 vor, die in der rubrik bemerkungen (arbeitsrechtliche aspekte oder erteilungsgrund) den zusatz enthielt; "unbefristet, arbeiten erlaubt." ("permanente, autoriza a trabajar"). 5nachdem die beklagte bemängelte, dass es sich bei der vorgelegten spanischen aufenthaltserlaubnis nicht um eine erlaubnis zum daueraufenthalt eu handele, legte der kläger mit rechtsanwaltsschreiben vom 10. august 2011 einen beschluss des ausländeramtes der zentralregierung malaga vom 3. juli 2011 vor, wonach ihm auf seinen widerspruch gegen die zunächst ablehnende entscheidung vom 25. januar 2011 die langfristige aufenthaltsberechtigung - eu gewährt wurde. er müsse innerhalb einer frist von einem monat gerechnet ab zustellung des beschlusses den ausländerausweis beantragen. der kläger sei am 29. august 2010 nach spanien ausgereist und am 18. august 2011 erstmals wieder nach deutschland eingereist. mit schreiben vom 22. august 2011 legte der prozessbevollmächtigte des klägers den ausweis mit der spanischen daueraufenthaltserlaubnis "residente larga duracion - ce" vor. die echtheit dieses ausweises wurde auf befragen der beklagten durch die spanische kontaktstelle bestätigt. 6der kläger beantragte die erteilung einer arbeitsgenehmigung für die tätigkeit als fischarbeiter bei der firma g. b1. e. k. mit einem vorgesehenen bruttoverdienst von 1.300,- € monatlich. laut stellenbeschreibung des arbeitgebers handelt es sich um eine tätigkeit ohne erforderliche qualifikation (ungelernt). die bundesagentur für arbeit erteilte am 21. september 2011 die zustimmung zur aufnahme dieser tätigkeit nach § 39 aufenthg in verbindung mit § 18 abs. 3 aufenthg für den zustimmungszeitraum 21. september 2011 - 20. september 2012. 7mit rechtsanwaltsschreiben vom 14. november 2011 beantragte der kläger zusätzlich die genehmigung zur aufnahme einer geringfügigen beschäftigung bei der firma b2. f. j. f1. gmbh. er vertrat die ansicht, dass für die aufnahme der weiteren beschäftigung eine zusätzliche zustimmung der bundesagentur für arbeit nicht erforderlich sei. bislang habe der kläger die arbeitsstellen mangels aufenthaltsgenehmigung nicht antreten können, obwohl er mit seinem spanischen daueraufenthaltsrecht einem eu - bürger gleichzustellen sei. 8die beklagte hörte den kläger zur beabsichtigten versagung der aufenthaltserlaubnis an und führte aus, der lebensunterhalt sei nicht sichergestellt, weil das einkommen als fischarbeiter nicht ausreiche und zur aufnahme einer zusätzlichen geringfügigen beschäftigung keine genehmigung vorliege. 9am 17. januar 2012 erteilte die bundesagentur für arbeit ihre zustimmung auch zur aufnahme der geringfügigen beschäftigung bei der firma b2. f. j. - f1. gmbh nach § 39 abs. 1 aufenthg in verbindung mit § 18 abs. 3 aufenthg für den zustimmungszeitraum 17. januar 2012 bis 16. januar 2013. dem lag eine stellenbeschreibung zugrunde, wonach es sich um eine ungelernte arbeit handelte. 10mit schreiben vom 16. februar 2012 hörte die beklagte den kläger erneut zur beabsichtigten ablehnung der aufenthaltserlaubnis an. nach ihren berechnungen könne der kläger immer noch nicht den erforderlichen lebensunterhalt für sich und seine familie sicherstellen. außerdem könne für die von ihm beabsichtigten beschäftigungen keine aufenthaltserlaubnis erteilt werden. nach § 17 der beschäftigungsverordnung (beschv) könne die bundesagentur für arbeit der erteilung eines aufenthaltstitels zum zweck der beschäftigung, die keine qualifizierte berufsausbildung voraussetze, nur nach den vorschriften dieses abschnitts zustimmen. die vom kläger genannten beschäftigungen gehörten nicht zu den in §§ 18 ff - 24 beschv aufgeführten zulässigen beschäftigungstatbeständen. da die bundesagentur für arbeit keine zustimmung hätte erteilen dürfen, lägen auch die voraussetzungen für die erteilung einer aufenthaltserlaubnis nach § 38 a aufenthg nicht vor. mangels anspruchs auf eine aufenthaltserlaubnis könne auch nicht nach § 5 abs. 2 aufenthg vom visumserfordernis abgesehen werden. 11hierzu teilte der prozessbevollmächtigte des klägers mit, dass der kläger nach dem neuen entwurf des arbeitsvertrags mit der firma g. b1. e. k. nun einen höheren lohnanspruch in höhe von 1277,20 € netto habe, so dass der lebensunterhalt zusammen mit dem einkommen aus der beschäftigung bei der firma b2. f. j. f1. gmbh in höhe von 390,- € monatlich gesichert sei. zu seinen gunsten sei ein unschädlicher kindergeldanspruch in höhe von 558,- € zu berücksichtigen. die summe von 2.225,20 € abzüglich der freibeträge übersteige den bedarf in höhe von 1801,- € bestehend aus den derzeitigen regelsätzen zuzüglich wohnkosten in höhe von 500,- € monatlich um 114,- €. die von der bundesagentur für arbeit erteilte zustimmung zur aufnahme der beschäftigungen sei für die beklagte bindend. 12die beklagte lehnte den antrag auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis mit ordnungsverfügung vom 12. april 2012 ab und drohte dem kläger die abschiebung nach spanien innerhalb von drei monaten nach zustellung der verfügung an. auch unter berücksichtigung der mitgeteilten einkommensverhältnisse des klägers sei der lebensunterhalt für ihn und seine familie nicht gesichert, es sei ein fehlbetrag in höhe von 151,93 € errechnet worden. unabhängig hiervon entsprächen die vom kläger beabsichtigten tätigkeiten nicht den voraussetzungen zur erlangung einer aufenthaltserlaubnis nach § 38 a aufenthg. zwar verweise § 38 a abs. 3 aufenthg zunächst nur auf § 18 abs. 2 aufenthg. danach könne einem ausländer ein aufenthaltstitel zur ausübung einer beschäftigung erteilt werden, wenn die bundesagentur für arbeit nach § 39 aufenthg zugestimmt habe oder durch rechtsverordnung nach § 42 aufenthg oder zwischenstaatliche vereinbarung bestimmt sei, dass die ausübung der beschäftigung ohne zustimmung der bundesagentur für arbeit zulässig sei. danach könnte man schlussfolgern, dass die arbeitsmarktpolitischen beschränkungen des § 18 abs. 3 aufenthg in verbindung mit den vorschriften der beschäftigungsverordnung hier keine anwendung fänden. dies sei aber durch die verweisung in § 38 a aufenthg auf § 39 aufenthg (insgesamt) dennoch der fall, durch den die regelungen, nach denen die bundesagentur für arbeit überhaupt eine zustimmung erteilen könne, anwendbar würden. nach § 39 abs. 1 aufenthg könne ein aufenthaltstitel, der einem ausländer die ausübung der beschäftigung erlaube, nur mit zustimmung der bundesagentur für arbeit erteilt werden, soweit durch rechtsverordnung nicht etwas anderes bestimmt sei. die rechtsverordnung, auf die § 39 abs. 1 aufenthg abstelle, sei die beschäftigungsverordnung. nach § 17 beschv könne die zustimmung zu beschäftigungen, die keine qualifizierte berufsausbildung voraussetzten, nur nach den vorschriften dieses abschnitts erteilt werden. in §§ 18 - 24 beschv seien einzelne beschäftigungstatbestände erfasst, zu denen eine zustimmung erteilt werden könne. hierzu gehörten die vom kläger angestrebten (unqualifizierten) beschäftigungen nicht. dass es sich um unqualifizierte beschäftigungen handele, ergebe sich entgegen der auffassung des klägers aus den vorgelegten stellenbeschreibungen. diese entscheidung verletzte nicht das recht des klägers auf beachtung von art. 8 emrk. er sei nach drei jahren und zwei monaten noch nicht so sehr in deutschland integriert, dass ihm eine rückkehr nach spanien unzumutbar sei. auch humanitäre gründe für die erteilung einer aufenthaltserlaubnis nach § 25 abs. 4 satz 2 aufenthg oder § 25 abs. 5 aufenthg seien nicht erkennbar. die ordnungsverfügung wurde dem prozessbevollmächtigten des klägers am 18. april 2012 zugestellt. 13der kläger hat am 15. mai 2012 klage erhoben und einen einstweiligen rechtsschutzantrag gestellt. er wiederholt und vertieft seine vorherigen ausführungen. insbesondere ist er der ansicht, dass mit der zuweisung der entscheidungskompetenz an die bundesagentur für arbeit über die einordnung einer beschäftigung als zulässig- und genehmigungsfähig der entscheidungsspielraum der beklagten eingeschränkt werde. 14mit blick auf das klage- und einstweilige rechtsschutzverfahren ist dem kläger im juni 2012 eine duldung mit beschäftigungserlaubnis erteilt worden. zuvor hatte die bundesagentur für arbeit der aufnahme der beschäftigungen bei der firma b2. f. j. f1. gmbh und g. b1. e. k. erneut für den zeitraum der duldung vom 31. mai 2012 bis 24. november 2012 zugestimmt. dementsprechend hat der kläger im juni 2012 die beschäftigung bei beiden arbeitgebern aufgenommen. 15mit beschluss vom 18. april 2013 hat die kammer den antrag des klägers auf bewilligung von prozesskostenhilfe und den einstweiligen rechtsschutzantrag des klägers - 8 l 237/12 - abgelehnt. die entscheidung im einstweiligen rechtsschutzverfahren ist mit beschluss des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein - westfalen vom 29. mai 2013 - 17 b 524/14 - bestätigt worden. 16am 26. juli 2013 hat der kläger einen neuen einstweiligen rechtschutzantrag gestellt, über den noch nicht entschieden worden ist. 17er tritt den ausführungen in den o.g. beschlüssen des verwaltungsgerichts und des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein - westfalen entgegen und führt aus, dass der lebensunterhalt der familie (nunmehr) hinreichend gesichert sei. hierzu legt er diverse lohnabrechnungen seiner zwei arbeitsverhältnisse vor. im juli 2013 habe er über ein nettoeinkommen von 1.429, 00 € verfügt, zusätzlich sei kindergeld in höhe von 558,- €, anzusetzen. entgegen der auffassung der beklagten sei der kläger auch seit juni 2012 durchgehend bei der firma b2. f. j. f1. gmbh beschäftigt. dies ergebe sich aus der arbeitgeberbescheinigung vom 22. november 2013. unabhängig davon habe nunmehr auch die ehefrau die genehmigung zur aufnahme einer beschäftigung erhalten und erziele ein monatliches nettogehalt in höhe von ca. 300,- € jedenfalls ab juni/juli 2013. ausweislich des neuen mietvertrags über eine 68 qm große wohnung in der hauptstraße 28 in f2. zahle er seit dem 16. juni 2012 insgesamt 500,- € wohnkosten monatlich für die familie. ferner sei bei der berechnung zu seinen gunsten auch ein bei erteilung der beantragten aufenthaltserlaubnis zu gewährender kinderzuschlag nach § 6 a des bundeskindergeldgesetzes (bkgg) in höhe von 385,- € zu berücksichtigen. dass ihm dieser bislang nicht ausgezahlt worden sei, liege allein daran, dass ihm bislang keine aufenthaltserlaubnis erteilt worden sei, weswegen § 1 abs. 3 bkgg die gewährung des kinderzuschlags ausschließe. 18dies führe bei einem (damaligen) bedarf von 1819,- € (gebildet aus der summe der regelsätze für die familie in höhe von 2 x 337,- + 3 x 219,- € zuzüglich 500,- € wohnkosten laut mietvertrag vom 16. juni 2012) bei abzug des freibetrags in höhe von 330,- € zu einer überschreitung von 223,- €. zu einer noch höheren überschreitung gelange man bei ansatz der höheren einkommensbeträge für november und dezember 2013. 19der kläger hat mit blick auf diese veränderungen mit schriftsatz vom 11. juli 2013, bei gericht eingegangen am 16. juli 2013, einen erneuten prozesskostenhilfeantrag gestellt. die kammer hat mit beschluss vom 5. märz 2014 prozesskostenhilfe ab antragstellung bewilligt. 20zum beleg seiner ausreise nach spanien am 29. august 2010 legt er eine bordkarte der firma ryanair vor; zum nachweis der wiedereinreise nach deutschland am 18. august 2011 einen boarding - abschnitt der firma air berlin. außerdem überreicht er noch eine mitgliedskarte der b3. s. . 21er beantragt, 22die beklagte unter aufhebung der ordnungsverfügung vom 12. april 2012 zu verpflichten, ihm eine aufenthaltserlaubnis nach § 38 a aufenthg beginnend ab dem 1. juli 2013 zu erteilen. 23hilfsweise die beklagte unter aufhebung der ordnungsverfügung vom 12. april 2012 zu verpflichten, über die erteilung einer aufenthaltserlaubnis nach § 38 a aufenthg ab dem 1. juli 2013 unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts zu entscheiden. 24die beklagte beantragt, 25die klage abzuweisen. 26zur begründung wiederholt und vertieft sie die ausführungen aus der angefochtenen ordnungsverfügung. sie legt verschiedene berechnungen vor, aus denen sich auf der basis der vom kläger vorgelegten unterlagen seine fehlende lebensunterhaltssicherung ergebe. 27zu den weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakten und die beigezogenen verwaltungsvorgänge auch der zugehörigen einstweiligen rechtsschutzverfahren des klägers verwiesen. 28
29soweit der kläger in der mündlichen verhandlung seinen antrag auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis auf den nach klageerhebung liegenden zeitraum ab dem 1. juli 2013 beschränkt hat, sieht die kammer darin eine teilweise klagerücknahme, die vor stellung (beider) anträge der beteiligten erfolgt ist. insoweit wird das klageverfahren aufgrund der klagerücknahme eingestellt. 30im übrigen ist die zulässige klage mit dem hauptantrag unbegründet, hat aber mit dem hilfsantrag erfolg. als anspruchsgrundlage für den vom kläger geltend gemachten anspruch auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis aufgrund einer ihm erteilten spanischen daueraufenthaltsberechtigung kommt allein § 38 a aufenthg in betracht. die voraussetzungen für die zuerkennung des mit dem hauptantrag verfolgten anspruchs auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis nach § 38 a aufenthg erfüllt der kläger nicht. nach § 38 a abs. 1 satz 1 aufenthg hat ein ausländer, der in einem anderen mitgliedstaat die rechtsstellung eines langfristig aufenthaltsberechtigten innehat, zwar einen (gebundenen) anspruch auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis, wenn er sich länger als drei monate im bundesgebiet aufhalten will. dies gilt aber nur, wenn er die grundsätzlich auch für fälle des § 38 a aufenthg geltenden allgemeinen erteilungsvoraussetzungen erfüllt. bei dem kläger fehlt es an der nach § 5 abs. 2 satz 1 nr. 1 aufenthg grundsätzlich erforderlichen einreise mit einem visum zum langfristigen aufenthalt. der kläger ist auch im august 2011 wie schon zuvor im februar 2009 ohne ein visum zum langfristigen aufenthalt eingereist. er ist auch nicht nach § 4 aufenthg in verbindung mit dem recht der europäischen union vom erfordernis eines aufenthaltstitels für einen langfristigen aufenthalt befreit, s. art. 1 abs. 1 der verordnung nr. 539/2001 des rates vom 15. märz 2001 zur aufstellung der liste der drittländer, deren staatsangehörige beim überschreiten der außengrenzen im besitz eines visums sein müssen, sowie der liste der drittländer, deren staatsangehörige von dieser visumspflicht befreit sind (eg - visa - vo). danach müssen staatsangehörige der drittländer, die wie ghana in der liste im anhang i aufgeführt sind, bei überschreiten der außengrenzen der mitgliedstaaten im besitz eines visums sein. sonstige ausnahmen, insbesondere nach art. 4 eg - visa vo sind nicht erkennbar. 31der kläger erfüllt auch nicht die voraussetzungen des § 39 aufenthaltsverordnung (aufenthv), die ihn zur einholung eines aufenthaltstitels vom bundesgebiet aus berechtigen würden. in betracht kommt hier allein § 39 nr. 6 aufenthv. danach kann der ausländer einen aufenthaltstitel erst im bundesgebiet einholen, wenn er einen von einem anderen schengen - staat ausgestellten aufenthaltstitel besitzt und auf grund dieses aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im bundesgebiet aufzuhalten, sofern die voraussetzungen eines anspruchs auf erteilung erfüllt sind. § 41 abs. 3 aufenthg findet anwendung, d. h. ein erforderlicher aufenthaltstitel ist innerhalb von drei monaten nach einreise zu beantragen. nach art. 21 des schengener durchführungsübereinkommens (sdü) können drittausländer, d. h. staatsangehörige von nicht - eu - staaten wie der kläger, die inhaber eines gültigen, von einem der mitgliedstaaten ausgestellten aufenthaltstitels sind, sich aufgrund dieses dokuments und eines gültigen reiseausweises bis zu drei monaten in einem zeitraum von sechs monaten im hoheitsgebiet der anderen mitgliedstaaten bewegen, sofern sie die allgemeinen einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen ausschreibungsliste des betroffenen mitgliedsstaates stehen. der kläger war zum zeitpunkt der (erneuten) einreise am 18. august 2011 im besitz der spanischen aufenthaltserlaubnis (permiso de residencia), die ihm entweder bereits am 3. juli 2011 mit beschluss der zentralregierung malaga oder mit der anschließenden ausfertigung seiner aufenthaltserlaubnis mit dem zusatz "residente larga duracion - ce" erteilt worden war. diese spanische aufenthaltserlaubnis beinhaltete auch eine erlaubnis zum daueraufenthalt - eu, die ihm einen anspruch auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis nach § 38 a aufenthg geben könnte. eine daueraufenthaltserlaubnis im sinne des § 38 a aufenthg liegt nur vor, wenn der aufenthaltstitel in einer der amtssprachen der europäischen union ausdrücklich als solcher gekennzeichnet ist, in spanisch muss der begriff "residente de larga duracion - ce" vorkommen, s. art. 8 abs. 3 der richtlinie 2003/109/eg des rats vom 25. november 2003 betreffend die rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten drittstaatsangehörigen - daueraufenthaltsrichtlinie (darl). beim besitz eines entsprechenden aufenthaltstitels kann - wie hier - vermutet werden, dass die rechtsstellung nicht entzogen wurde, 32vgl. welte in : jakober /welte, aktuelles ausländerrecht, stand februar 2008, § 38 a rdnr. 4 ff. 33allerdings setzt § 39 nr. 6 aufenthv weiter voraus, dass sowohl innerhalb der geltungsdauer der ausländischen aufenthaltserlaubnis als auch innerhalb eines zeitraums des danach erlaubten aufenthalts im inland, also drei monate innerhalb eines zeitraums vom 180 tagen nach art. 21 abs. 1 sdü, § 15 aufenthg, die voraussetzungen für die erteilung einer aufenthaltserlaubnis erfüllt werden. der ausländer muss also im zeitpunkt des eintritts der letzten anspruchsvoraussetzung für die erteilung der von ihm begehrten aufenthaltserlaubnis noch über die berechtigung zum aufenthalt im bundesgebiet auf grund des von einem anderen schengen- staat ausgestellten aufenthaltstitels verfügen. die frist verlängert sich nicht durch rechtzeitige antragstellung in entsprechender anwendung des § 81 abs. 3 satz 1 aufenthg, da selbst bei einer eintretenden fiktionswirkung des erlaubten aufenthalts diese nicht den nach art. 39 nr. 6 aufenthv erforderlichen gemeinschaftsrechtlichen aufenthaltsstatus vermittelt. diese auslegung des § 39 nr. 6 aufenthv folgt schon aus dem wortlaut des § 39 nr. 6 aufenthv, der darauf abstellt, dass der ausländer einen von einem anderen schengen - staat ausgestellten aufenthaltstitel besitzt und aufgrund dieses aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im bundesgebiet aufzuhalten, sofern die voraussetzungen eines anspruchs auf erteilung der aufenthaltserlaubnis erfüllt sind. damit wird an einen anspruch auf erteilung der aufenthaltserlaubnis angeknüpft, der sich unmittelbar an den rechtmäßigen aufenthalt anschließt. dann soll der ausländer nicht allein aufgrund der formalen voraussetzung des fehlenden visumsverfahrens wieder ausreisen müssen. die ausnahmevorschrift will dagegen nicht bezwecken, dass ausländer, die sich einmal rechtmäßig aufgrund eines schengen - aufenthaltstitels im bundesgebiet aufgehalten haben, sich noch auf diesen rechtmäßigen aufenthalt berufen dürfen, wenn die voraussetzungen eines anspruchs auf erteilung eines aufenthaltstitels in keinem zeitlichen zusammenhang mehr zu dem rechtmäßigen aufenthalt stehen, 34vgl. ovg nrw, beschluss vom 6. januar 2011 - 18 b 1662/10 -, zitiert nach juris, hessischer vgh, beschluss vom 30. juli 2013 - 6 b 1170/13 - infauslr 2013, 424 m.w.n. 35hier hat der kläger jedenfalls innerhalb des dreimonatszeitraums nach einreise die allgemeine erteilungsvoraussetzung der lebensunterhaltssicherung nach § 5 abs. 1 nr. 1 aufenthg nicht erfüllt. damit waren auch die voraussetzungen eines anspruchs auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis nach § 38 a aufenthg innerhalb der dreimonatsfrist nicht gegeben. drei monate nach einreise am 18. august 2011, also bis zum 18. november 2011, hat der kläger wegen der fehlenden aufenthaltserlaubnis noch nicht gearbeitet. zugestimmt hatte die bundesagentur für arbeit lediglich der aufnahme einer beschäftigung bei der firma g. b1. mit einem damaligen bruttolohnanspruch von 1.300,- €, netto etwa 1.040,- €. unabhängig davon, ob das in aussicht gestellte einkommen aus diesem beschäftigungsverhältnis zur lebensunterhaltssicherung ausgereicht hätte, sieht die kammer jedenfalls allein in der vorlage eine arbeitsvertrags keine hinreichende grundlage für die gesicherte prognose der eigenständigen deckung des lebensunterhalts. auch dann, wenn man einem ausländer bei der beurteilung der prognose der lebensunterhaltssicherung nicht unbegrenzt die bearbeitungsdauer von anträgen auf zustimmung zur arbeitsaufnahme und auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis anlasten möchte, muss doch nach überzeugung der kammer jedenfalls mehr als allein die vorlage eines arbeitsvertrags vorhanden sein, um die gesicherte prognose der eigenständigen lebensunterhaltssicherung zu rechtfertigen. die erfahrung zeigt, dass viele arbeitsverträge nachher doch nicht oder jedenfalls nicht langfristig durchgeführt werden, entweder aufgrund einer kündigung in der probezeit oder weil zum beispiel wegen zwischenzeitlicher veränderung der verhältnisse eine arbeitsaufnahme nie realisiert wird. so sind auch die einkünfte aus der später aufgenommenen geringfügigen beschäftigung bei der firma b2. f. j. f1. gmbh in sehr unterschiedlicher höhe geflossen, aus jüngerer zeit hat der kläger gar keine lohnabrechnungen mehr vorgelegt. mit blick auf die im mai 2012 erhobene klage und das einstweilige rechtsschutzverfahren wurde dem kläger erst im juni 2012 eine duldung mit beschäftigungserlaubnis erteilt, die zur arbeitsaufnahme im juni 2012 und damit außerhalb des dreimonatszeitraums nach art. 21 sdü führte. 36darüber hinaus reicht das zu erwartende nettoeinkommen des klägers in höhe von 1040,- € aus einer beschäftigung bei der firma g. b1. e. k. zur deckung des lebensunterhalts für sich und seine familie auch nicht aus. hiervon sind nach § 11 b abs. 2 des zweiten buchs sozialgesetzbuch (sgb ii) 100,- € als werbungskostenpauschale für die mit der berufstätigkeit verbundenen aufwendungen abzuziehen. geringere kosten hat der kläger nicht dargelegt, so dass 940,- € als einkommen berücksichtigungsfähig sind. weitere nebentätigkeiten des klägers und seiner ehefrau sind noch nicht von der bundesagentur für arbeit genehmigt und damit nicht berücksichtigungsfähig. die genehmigung zur aufnahme der geringfügigen beschäftigung bei der firma b2. f. j. f1. gmbh wurde vom kläger erst mit rechtsanwaltsschreiben vom 14. november 2011, also kurz vor ablauf der dreimonatsfrist beantragt und von der bundesagentur für arbeit erst am 17. januar 2012 erteilt. die genehmigung für die später aufgenommene geringfügige beschäftigung der ehefrau war noch nicht beantragt, lediglich der antrag auf aufnahme einer später nicht genehmigten geringfügigen beschäftigung der ehefrau war - ebenfalls nach ablauf der dreimonatsfrist - nach abschluss eines arbeitsvertrags im dezember 2011 gestellt worden. zu dem berücksichtigungsfähigen einkommen von 940,- € ist zwar das kindergeld in höhe von 558,- € nach § 62 abs. 1 nr.1, abs. 2 nr. 2, § 63 abs. 1 satz 1 nr. 1, § 32 abs. 1 nr. 1, § 66 abs. 1 des einkommenssteuergesetzes (estg) als nach § 2 abs. 3 aufenthg unschädliche öffentliche leistung hinzuzurechnen, weil hierauf bei erteilung der aufenthaltserlaubnis an den kläger ein anspruch besteht. nicht in betracht kommt allerdings die aufstockung des einkommens durch den ebenfalls als unschädliche öffentliche leistung in § 2 abs. 3 aufenthg genannten kinderzuschlag nach § 6 a des bundeskindergeldgesetzes (bkgg). denn hierauf besteht nicht automatisch bei erteilung einer aufenthaltserlaubnis an den kläger ein anspruch. ein anspruch auf kinderzuschlag setzt nach § 6 a abs. 1 satz 1 nr. 4 bkgg voraus, dass durch den kinderzuschlag hilfebedürftigkeit nach § 9 des sgb ii vermieden wird. das ist nicht der fall, wenn die familie des klägers mangels (automatischer) erteilung einer aufenthaltserlaubnis im fall der erteilung einer aufenthaltserlaubnis an den kläger weiterhin höchstens leistungsberechtigt nach dem asylbewerberleistungsgesetz (asylblg) wäre, vgl. § 1 abs. 1 nr. 4-6 asylblg in verbindung mit § 7 abs. 1 satz 2 nr. 3 sgb ii. die kinder des klägers haben nach § 32 abs. 1 aufenthg lediglich einen anspruch auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis, wenn auch die zusammen mit dem kläger personensorgeberechtigte mutter einen solchen anspruch hat. diese hat bei erteilung einer aufenthaltserlaubnis an den kläger nach § 38 a aufenthg aber nicht auch automatisch einen anspruch auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis nach § 30 abs. 1 satz 1 nr. 3 e oder f aufenthg. ein anspruch nach § 38 a abs. 1 nr. 3 f aufenthg scheitert hier daran, dass die eheliche lebensgemeinschaft zwar schon in dem land bestanden hat, in dem der kläger die rechtsstellung eines langfristig aufenthaltsberechtigten erworben hat, aber nicht zu dem zeitpunkt als er sie bekommen/ innehatte. im juli 2011 hielt sich seine ehefrau mit den kindern in deutschland auf. privilegiert wird nach § 30 abs. 1 satz 1 nr. 3 f aufenthg nur der nachzug aus dem mitgliedstaat, in dem der stammberechtigte ehegatte seine rechtsstellung als langfristig aufenthaltsberechtigter erhalten hat. der ehegatte muss unmittelbar aus diesem mitgliedstaat den nachzug anstreben, 37vgl. marx in gk - aufenthg, stand februar 2008, § 30 rdnr. 214. 38nach den in der ausländerakte enthaltenen informationen war die ehefrau im 8. august 2009 eingereist, seither war die ehefrau in deutschland aufhältig. die spanische daueraufenthaltserlaubnis wurde dem kläger erst am 3. juli 2011 erteilt. 39ein weiterer möglicher anspruch auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis nach § 30 abs. 1 nr. 3 e aufenthg scheitert deshalb, weil sie ebenfalls ohne das erforderliche visum für einen langfristigen aufenthalt eingereist ist und bei ihr auch die ausnahmevorschrift des § 39 nr. 3 und nr. 6 aufenthv nicht erfüllt ist. sie wäre nicht nach § 39 nr. 6 aufenthv von der vorherigen visumseinholung befreit, weil nicht erkennbar ist, dass sie zum zeitpunkt der möglichen erteilung der aufenthaltserlaubnis an den kläger noch im besitz eines von einem anderen schengenstaats ausgestellten aufenthaltstitels war, der sie noch zum aufenthalt im bundesgebiet berechtigte, s.o. ihre spanische aufenthaltserlaubnis berechtigte sie nach art. 21 sdü nur zu einem aufenthalt in deutschland von bis zu drei monaten nach einreise im august 2009. allerdings legte sie im dezember 2012 eine spanische aufenthaltserlaubnis, gültig bis 21. november 2016 vor, da sie zum zweck der verlängerung (kurzzeitig) nach spanien gereist sei. möglicherweise handelt es sich jetzt auch um eine spanische daueraufenthaltserlaubnis. allerdings ist nicht erkennbar, dass sie zu diesem zeitpunkt die voraussetzungen des art. 21 sdü für einen wenigstens kurzzeitig rechtmäßigen aufenthalt in deutschland erfüllte. es ist nicht klar, dass sie sich maximal 90 tage in 180 tagen in deutschland aufgehalten hat, bevor sie eine aufenthaltserlaubnis beantragte bzw. anspruch darauf haben konnte. vielmehr legen die regelmäßig vorgelegten lohnbescheinigungen einen durchgehenden aufenthalt in deutschland nahe. 40auch die voraussetzungen des § 39 nr. 3 aufenthv für die nachträgliche einholung der aufenthaltserlaubnis vom bundesgebiet aus erfüllt die ehefrau nicht. weder ist sie als ghanaische staatsangehörige staatsangehörige eines im anhang ii der eg - visa - vo nr. 530/2001 aufgeführten staates noch besaß sie ein schengen - visum für kurzfristige aufenthalte. selbst wenn man dem einen kurzfristigen rechtmäßigen aufenthalt aufgrund eine spanischen aufenthaltstitels nach art. 21 sdü gleichstellen wollte, so wäre während der dreimonatsdauer des rechtmäßigen aufenthalts nicht die voraussetzungen für einen anspruch auf erteilung der aufenthaltserlaubnis gegeben, weil schon die spanische daueraufenthaltsberechtigung an ihren mann erst viel später erteilt worden ist. 41der danach höchstens berücksichtigungsfähige einkommensbetrag von monatlich 1.498,- € unterschreitet den sozialhilferechtlichen bedarf der familie von 1.768,- €. dieser setzt sich zusammen aus wohnkosten in höhe von damals 467,- € laut mietvertrag vom 10. dezember 2009 und den sozialhilferechtlichen regelsätzen nach § 20 sgb ii in verbindung mit §§ 28, 28 a des zwölften buchs sozialgesetzbuch (sgb xii) in verbindung mit der anlage zu § 28 sgb xii. diese betragen im august 2011 für die eheleute 2 x 328,- € (regelbedarfsstufe 2) monatlich zuzüglich 3 x 215,‑ € (regelbedarfsstufe 6) monatlich für die drei kinder, insgesamt 1.301,- regelsatzbedarf. der gesamtbedarf beträgt somit im august 2011 für die ganze familie 1.768,-- €.) 42die kammer geht demnach davon aus, dass in den fällen des § 38 a aufenthg bei nichteinreise mit einem visum zum langfristigen aufenthalt und ohne erfüllung der voraussetzungen der hier allein in betracht kommenden ausnahmevorschrift des § 39 nr. 6 aufenthv für fälle des § 38 a aufenthg allenfalls ein anspruch auf ermessensfehlerfreies absehen vom visumserfordernis nach § 5 abs. 2 satz 2 aufenthg bestehen kann. sie folgt nicht der ansicht, die davon ausgeht, dass die regelungen zum visumsverfahren generell nicht anwendbar sind, 43vgl. so wohl müller in: hofmann/hoffmann, kommentar zum ausländerrecht, 1. auflage 2008, § 38 a rdnr.15, § 5 rdnr 30. 44diese ansicht könnte dazu führen, auch die vorschrift des § 5 abs. 2 satz 2 aufenthg über das absehensermessen nicht anzuwenden. teilweise wird für fälle des § 38 a aufenthg mit blick auf die in § 39 nr. 6 aufenthv vorgesehene möglichkeit, den aufenthaltstitel von deutschland aus einzuholen, vertreten, dass die anwendung der regelungen des visumsverfahrens nicht erforderlich sei. die daueraufenthaltsrichtlinie regele das recht, sich länger als drei monate in einem anderen mitgliedstaat aufzuhalten und setze dabei stillschweigend die mit der zuerkennung verbundene berechtigung zu einem visumsfreien aufenthalt von bis zu drei monaten voraus, 45vgl. so. marx: in gk - aufenthg, stand mai 2013, § 38 a rdnr. 17-18; welte in: jakober/ welte, aktuelles ausländerrecht, stand oktober 2008, § 38 a rdnr. 17ff; dienelt: in renner, kommentar zum ausländerrecht, 9. auflage 2011, § 38 a rdnr. 17-19 jedenfalls für drittstaatsangehörige, die wie der kläger das daueraufenthaltsrecht in einem mitgliedstaat erworben haben, auf den art. 21 sdü anwendbar ist; hessischer vgh, beschluss vom 30. juli 2013 - 6 b 1170/13-, infauslr 2013, 424. 46diese ansicht durchdenkt überwiegend nicht die folgen für den hier vorliegenden fall der nichterfüllung der voraussetzungen des § 39 nr. 6 aufenthv. der hessische verwaltungsgerichtshof scheint dagegen für einen solchen fall davon auszugehen, dass bei versäumung der dreimonatsfrist das daueraufenthaltsrecht als grundlage für eine inländische aufenthaltserlaubnis ganz erlischt. in seiner entscheidung geht er ohne nähere begründung mit blick auf die vorschriften des § 39 nr. 6, § 41 abs. 3 aufenthv und die regelung in art. 15 abs. 1 darl davon aus, dass die berechtigung, aufgrund eines daueraufenthaltsrechts in einem anderen mitgliedstaat in deutschland eine aufenthaltserlaubnis zu erlangen, erlischt, wenn der ausländer nicht unverzüglich, spätestens innerhalb von drei monaten nach einreise den inländischen aufenthaltstitel beantragt. nach art. 15 abs. 1 darl sei der langfristig aufenthaltsberechtigte verpflichtet, die notwendige aufenthaltserlaubnis unverzüglich nach der einreise im bundesgebiet einzuholen. dies entspreche der regelung in § 81 abs. 2 satz 1 aufenthg und deshalb fände § 39 nr. 6 aufenthv anwendung, 47vgl. beschluss des hess. vgh im einem einstweiligen rechtsschutzverfahren vom 30. juli 2013 - 6 b 1170/13 -, infauslr 2013, 424 insbesondere rdnr. 8 und 15, 16 des abdrucks bei juris. 48dann entsteht jedoch das nach auffassung der kammer unhaltbare ergebnis, dass die personen, die aufgrund eines eu- daueraufenthaltsrechts eigentlich eine verbesserte rechtsposition haben, die weitgehend derjenigen der eu - bürger angenähert werden soll, vgl. art. 1, art. 4 abs. 1 darl und die erwägungsgründe 2 und 18 sowie 19 der darl, im bereich des visumsverfahrens schlechter gestellt werden als andere ausländer. letztere haben für den fall, dass sie die voraussetzungen nach § 39 nr. 6 aufenthv nicht fristgerecht erfüllen, immer noch einen anspruch nach § 5 abs. 2 satz 2 aufenthg auf ermessensfehlerfreie entscheidung über das absehen vom visumsverfahren. es ist auch nicht zu erkennen, wieso das ausländische daueraufenthaltsrecht, das durch die versäumung der dreimonatsfrist des § 39 nr. 6 aufenthv noch nicht als solches erlischt, nicht mehr grundlage für die erteilung einer inländischen aufenthaltserlaubnis sein kann wie der hessische verwaltungsgerichtshof meint. 49für die anwendung des visumsverfahrens einschließlich der absehensvorschriften des § 5 abs. 2 satz 2 aufenthg spricht dagegen, dass das visumsverfahren zu den allgemeinen erteilungsvoraussetzungen gehört. diese gelten grundsätzlich für jede aufenthaltserlaubnis, soweit nicht ausnahmsweise die anwendung durch eine spezialregelung ausgeschlossen ist. eine solche ausnahmevorschrift findet sich in § 38 a satz 2 aufenthg für § 8 aufenthg, aber gerade nicht für § 5 abs. 2 aufenthg. nur durch die anwendung des § 5 abs. 2 satz 2 aufenthg lassen sich nach auffassung der kammer auch die fälle, die nicht problemlos die ausnahmevorschriften des § 39 aufenthv erfüllen, innerhalb der allgemeinen systematik des deutschen ausländerrechts lösen, 50vgl. so wohl auch hailbronner, kommentar zum ausländerrecht, stand februar 2008 § 38 a rdnr. 7. 51ein teil der gegenauffassung, die annimmt, dass generell die vorschriften des visumsverfahrens nicht anwendbar sind, geht allerdings anders als der hessische verwaltungsgerichtshof ohne nähere begründung dann auch von der nichtgeltung der begrenzungen des § 39 nr. 6 aufenthv aus. danach könnte die visumsfreie einreise dem kläger möglicherweise gar nicht entgegengehalten werden, 52vgl. so allein wohl müller in: hofmann/hoffmann, kommentar zum ausländerrecht, 1. auflage 2008, § 38 a rdnr.15, § 5 rdnr 30. 53zur begründung wird ausgeführt, dass die in art. 15 darl vorgesehene option ein visumsverfahren einzuführen und das mit der richtlinie verfolgte ziel der weitgehenden annäherung an die rechtsstellung von freizügigkeitsberechtigten unionsbürgern, gegen eine allgemeine visumspflicht spreche. zudem bestimme art. 14 abs. 1 darl, dass der aufenthaltstitel spätestens drei monate nach der einreise zu beantragen sei. dies spreche dafür, dass kein visumsverfahren durchzuführen sei. 54dagegen ist nach auffassung der kammer einzuwenden, dass kein grund dafür ersichtlich ist, § 39 nr. 6 aufenthv als geltendes recht auf fälle des § 38 a aufenthg nicht anzuwenden. mit den regelungen des art. 21 sdü und des § 39 nr. 6, 41 aufenthv, die in ihrer derzeit geltenden fassung nach erlass der daueraufenthaltsrichtlinie am 22. oktober 2005 in kraft getreten sind, sowie den allgemeinen regelungen zu visumsverfahren hat der deutsche gesetzgeber auch die daueraufenthaltsrichtlinie und die verfahrensregelungen des art. 15 darl in deutsches recht umgesetzt. die kammer kann keinen grund dafür erkennen, dass der gesetzgeber dabei den umsetzungsspielraum der richtlinie überschritten hätte und § 39 nr. 6 aufenthv wegen verstoß gegen den regelungsgehalt der richtlinie nicht anzuwenden sein könnte. vielmehr ergibt sich aus art. 15, 16 darl gerade, dass die erteilung einer aufenthaltserlaubnis an den in einem anderen mitgliedstaat daueraufenthaltsberechtigten drittstaatsangehörigen (und seine familienangehörigen) versagt werden darf, wenn dieser nicht innerhalb von drei monaten nach einreise in den zweiten mitgliedstaat einen aufenthaltstitel bei den behörden dieses mitgliedsstaats beantragt. weiter können die mitgliedstaaten vom weiterwanderenden verlangen, dass dieser bestimmte nachweise wie zum beispiel die lebensunterhaltssicherung als voraussetzung für die weiterwanderung erbringt. 55ist somit ein anspruch des klägers auf erteilung der aufenthaltserlaubnis wegen nichteinreise mit dem erforderlichen visum für einen langfristigen aufenthalt und nichterfüllung der voraussetzungen der ausnahmevorschrift des § 39 nr. 6 aufenthv ausgeschlossen, steht dem kläger nach auffassung der kammer aber der mit dem hilfsantrag verfolgte anspruch auf ermessensfehlerfreie entscheidung über ein absehen vom visumsverfahren nach § 5 abs. 2 satz 2 aufenthg zu. zwar ist nicht zu erkennen, dass dem kläger die vorübergehende rückreise nach spanien zur nachholung des visumsverfahrens nach § 5 abs. 2 satz 2 alt 2 aufenthg unzumutbar sein könnte. er hat jedoch einen anspruch auf ermessensfehlerfreie entscheidung über das absehen vom visumsverfahren nach § 5 abs. 2 satz 2 aufenthg, weil er die (sonstigen) voraussetzungen eines anspruchs auf erteilung eines aufenthaltstitels nach § 38 a aufenthg erfüllt, vgl. § 5 abs. 2 satz 2 alt. 1 aufenthg. ein diesbezügliches ermessen hat die beklagte bislang noch nicht ausgeübt. 56insbesondere liegen die voraussetzungen des § 38 a abs. 3 aufenthg zur ausübung der vom kläger beabsichtigten unselbständigen erwerbstätigkeit für den von ihm beantragten zeitraum ab dem 1. juli 2013 vor. 57nach § 38 a abs. 3 satz 1 aufenthg in der seit dem 6. september 2013 geltenden fassung (n.f.) berechtigt die aufenthaltserlaubnis zur ausübung einer erwerbstätigkeit, wenn die bundesagentur für arbeit (ba) der ausübung der beschäftigung nach § 39 abs. 2 aufenthg zugestimmt hat oder durch rechtsverordnung nach § 42 oder durch zwischenstaatliche vereinbarung bestimmt ist, dass die ausübung der beschäftigung ohne zustimmung der bundesagentur für arbeit zulässig ist. dies entspricht im wesentlichen den in § 18 abs. 2 aufenthg genannten voraussetzungen für die erteilung eines aufenthaltstitels zur ausübung einer beschäftigung. allerdings bezieht sich § 38 a abs. 3 satz 1 aufenthg n. f. ausdrücklich nur auf § 39 abs. 2 aufenthg und anders als in § 18 abs. 2 aufenthg wird nicht die gesamte vorschrift des § 39 aufenthg in bezug genommen. 58demgegenüber verweist § 38 a abs. 3 satz 1 aufenthg a.f. in der bis zum 5. september 2013 geltenden fassung auf die vorschrift des § 18 abs. 2 aufenthg, der auf § 39 aufenthg (insgesamt) bezug nimmt. zu der alten fassung, die für die hier ab 1. juli 2013 beantragte erteilung der aufenthaltserlaubnis anfangs noch gilt, besteht streit, ob in dem verfahren auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis nach § 38 a aufenthg, soweit die aufnahme einer beschäftigung im raum steht, die keine qualifizierte berufsausbildung voraussetzt, die bundesagentur für arbeit zu beteiligen ist und eine individuelle arbeitsmarktprüfung durchzuführen hat mit der möglichkeit auch insoweit gemäß § 38 a abs. 3 aufenthg in verbindung mit §§ 18 abs. 2, § 39 abs. 2 aufenthg die aufnahme der beschäftigung zu erlauben. bei den vom kläger ausgeübten beschäftigungen handelt es sich jeweils ausweislich der stellenbeschreibungen, die der genehmigung der tätigkeiten durch die bundesagentur für arbeit zugrundelag, um ungelernte tätigkeiten. 59teilweise wird vertreten, dass über §§ 38 a abs. 3, § 18 abs. 2 aufenthg a.f. durch die verweisung auf § 39 aufenthg die vorschriften der beschäftigungsverordnung vollständig zur anwendung kommen mit der folge, dass der bundesagentur für arbeit eine zustimmung nur mit den einschränkungen nach den vorschriften der beschäftigungsverordnung möglich ist, 60vgl. hess. vgh, beschluss vom 8. dezember 2009 - 3 b 2830/09 - , nvwz-rr 2010, 288; bereits in frage gestellt im beschluss vom 13. januar 2012 - 3 b 2325/11 -, zitiert nach juris; vgh baden - württemberg, beschluss vom 18. märz 2008 - 11 s 378/07-, auas 2008, 122. 61nach der ab dem 1. juli 2013 geltenden neufassung der beschäftigungsverordnung hätte eine erlaubnis zu einer unqualifizierten tätigkeit als fischarbeiter - wie auch schon nach der inhaltlich abweichenden fassung der beschäftigungsverordnung in der zum zeitpunkt des erlasses der ordnungsverfügung geltenden fassung - nicht erteilt werden können. für solche tätigkeiten sieht die beschäftigungsverordnung auch in der seit dem 1. juli 2013 geltenden neufassung (beschv n.f.) nur in besonderen, hier nicht einschlägigen fällen, wie vorübergehenden beschäftigungen (§§ 10ff beschv n.f.) z. b. als saisonarbeitnehmer (§ 15 a beschv n.f.) oder bei besonderen, hier nicht einschlägigen berufsgruppen wie sportler, schauspieler oder künstler (§§ 22 ff beschv n.f.) die möglichkeit der erteilung einer zustimmung oder die zustimmungsfreiheit vor. auch in einer zwischenstaatlichen vereinbarung in verbindung mit § 26 beschv n.f. finden sich keine bestimmungen zur zulässigkeit der vom kläger ausgeübten unqualifizierten beschäftigungen. 62zur begründung für den von ihnen vertretenen uneingeschränkten rückgriff auf die begrenzungen der beschäftigungsverordnung führen die vertreter dieser ansicht aus, dass in § 38 a abs. 3 aufenthg zwar nicht auf § 18 abs. 3 aufenthg verwiesen werde, aber auf § 18 abs. 2 aufenthg. dadurch wiederum, dass § 18 abs. 2 aufenthg den § 39 aufenthg insgesamt in bezug nehme, würden die gesamten regelungen der beschäftigungsverordnung anwendbar. dies wiederspreche auch nicht den regeln der daueraufenthaltsrichtlinie. die in art. 14 abs. 3 darl vorgesehene arbeitsmarktprüfung könne auch durch eine antizipierte abstrakte arbeitsmarktprüfung wie sie die vorschriften der beschäftigungsverordnung enthielten, erfolgen, 63vgl. hess. vgh, beschluss vom 8. dezember 2009 - 3 b 2830/09 - , nvwz-rr 2010, 288; bereits in frage gestellt im beschluss vom 13. januar 2012 - 3 b 2325/11 -, zitiert nach juris; vgh baden - württemberg, beschluss vom 18. märz 2008 - 11 s 378/07-, auas 2008, 122. 64demgegenüber ist die kammer sowohl für das bis zum 5. september 2013 als auch für das danach und derzeit geltende recht der auffassung, dass drittstaatsangehörigen, die im besitz einer langfristigen aufenthaltsberechtigung eines anderen eu - mitgliedsstaats sind, nach durchführung einer arbeitsmarktprüfung nach § 39 abs. 2 aufenthg durch die bundesagentur für arbeit die aufnahme jeder art von beschäftigung erlaubt werden kann. 65sie schließt sich für das bis zum 5. september 2013 geltende alte recht der auffassung an, dass die gegenansicht gegen die daueraufenthaltsrichtlinie verstößt, weil so unabhängig von einer individuellen arbeitsmarktprüfung bestimmten berufsgruppen generell der zugang zur weiterwanderung versperrt wird. dies geht über die in art. 14 abs. 3, art. 21 abs. 2 darl vorgesehene einschränkungsmöglichkeit durch eine arbeitsmarktprüfung hinaus. 66vgl. so auch: marx in gk - aufenthg, stand mai 2013 § 38 a rdnr. 55; dienelt in renner, kommentar zum ausländerrecht, 9. auflage 2011 § 38 a rdnr. 37; hailbronner, kommentar zum ausländerrecht, stand februar 2013, § 38 a rdnr. 28a, 29; müller in: hofmann/ hoffmann, kommentar zum ausländerrecht, § 38 a rdnr. 25. 67allein eine individuelle arbeitsmarktprüfung entspricht dem zweck der richtlinie, die allgemeinen bedingungen zu regeln, die einem langfristig aufenthaltsberechtigten drittstaatsangehörigen ermöglichen, weiterzuwandern, um eine selbständige oder unselbständige erwerbstätigkeit wahrzunehmen. 68von dieser rechtsauffassung gehen auch die bundesagentur für arbeit und das bundesinnenministerium aus, 69vgl. durchführungsanweisungen zum aufenthg zu § 38 a nr. 1.38a.310; allgemeine verwaltungsvorschriften des bundesministeriums des innern zum aufenthaltsgesetz vom 26. oktober 2009 (gmbl 2009, 877) nr. 38a3.1. zu den fällen des art. 14 abs. 2 a darl, offen vgh kassel, beschluss vom 13. januar 2012 - 3 b 2325/11-, auas 2012, 86. 70erst recht gilt dies für das ab dem 6. september 2013 geltende neue recht, §§ 38 a abs. 3, 39 aufenthg n.f. es spricht nach auffassung der kammer alles dafür, dass der gesetzgeber mit der änderung des § 38 a abs. 3 aufenthg im "gesetz zur verbesserung der rechte von international schutzberechtigten und arbeitnehmer" (bgbl i 2013, s. 3484) unionsrechtlichen bedenken gegen die bisherige regelung rechnung tragen wollte und klarstellen wollte, dass drittstaatsangehörigen, die im besitz einer langfristigen aufenthaltsberechtigung eines anderen eu - mitgliedsstaats sind, die aufnahme jeder art von beschäftigung erlaubt werden kann. so ist in nr. 19 der begründung zum gesetzentwurf, 71bt drucks. 17/ 13022 s. 22, 72ausdrücklich ausgeführt, das die klarstellung geboten sei, nachdem mehrere gerichte die rechtsauffassung vertreten hätten, dass auch bei diesem personenkreis die zulassung zu weniger qualifizierten beschäftigungen auf grund der bisherigen verweisung auf die voraussetzungen des § 18 abs. 2 aufenthg auf die beschäftigungen beschränkt ist, für die sie nach der beschäftigungsverordnung als neu einreisende arbeitnehmer aus drittstaaten als arbeitnehmer zugelassen werden könnten, 73vgl. hailbronner, in hailbronner, kommentar zum ausländerrecht, stand september 2013, anm. zur beschäftigungsverordnung rdnr. 10. 74danach ist die erteilung der aufenthaltserlaubnis zur ausübung der vom kläger (weiterhin) beabsichtigten erwerbstätigkeiten als fischarbeiter bei der firma g. b1. e. k. und der firma b2. f. j. f1. gmbh zulässig. die bundesagentur für arbeit hat der aufnahme dieser tätigkeiten nach wiederholt durchgeführten arbeitsmarktprüfungen nach § 39 abs. 2 aufenthg einmal im september 2011 (g. b1. e. k) bzw. im januar 2012 (b2. f. j. f1. gmbh) jeweils für ein jahr sowie im mai 2012 jeweils für ein halbes jahr zugestimmt, weil keine bevorrechtigten arbeitnehmer zur verfügung stünden. aufgrund der vorsorglich von der kammer eingeholten auskunft hat sie nach erneuter prüfung unter dem 7. april 2014 ausgeführt, dass aktuell (weiterhin) eine zustimmung bei unveränderten beschäftigungsbedingungen für beide beschäftigungsverhältnisse erteilt werden könne, weil die stellen aktuell nicht durch bevorrechtigte arbeitnehmer besetzt werden könnten. danach ist davon auszugehen, dass die voraussetzungen für eine zustimmung zur beschäftigungsaufnahme nicht nur derzeit weiterhin vorliegen, sondern auch in der vergangenheit unverändert und somit auch für die hier maßgebliche zeit ab dem 1. juli 2013 vorgelegen haben. offen bleiben kann daher, ob im rahmen der von der bundesagentur für arbeit durchzuführenden arbeitsmarktprüfung eine nachrangige berücksichtigung von drittstaatsangehörigen, die wie der kläger mit einem daueraufenthaltsrecht eines anderen mitgliedstaats einreisen, überhaupt rechtmäßig, weil richtlinienkonform ist, 75vgl. dazu: marx in gk- aufenthg, stand mai 2103, § 38 a rdnr. 54, 57ff. 76lediglich ergänzend weist die kammer darauf hin, dass die aufenthaltserlaubnis nach § 38 a aufenthg nach § 38 a abs. 4 aufenthg nur für höchstens zwölf monate mit einer nebenbestimmung nach § 39 abs. 4 aufenthg versehen werden darf. der in § 38 a abs. 4 satz 1 aufenthg bestimmte zeitraum beginnt nach § 38 a abs. 4 satz 2 aufenthg mit der erstmaligen erteilung der aufenthaltserlaubnis nach § 38 a abs. 1 aufenthg. nach ablauf dieses zeitraums berechtigt die aufenthaltserlaubnis auch ohne erneute vorrangprüfung zur ausübung einer erwerbstätigkeit. 77auch die sonstigen allgemeinen erteilungsvoraussetzungen nach § 5 aufenthg sind erfüllt. der kläger ist im besitz eines gültigen nationalpasses, § 5 abs. 1 nr. 4 aufenthg, seine identität ist geklärt, § 5 abs. 1 nr. 2 aufenthg, ausweisungsgründe sind nicht ersichtlich, § 5 abs. 1 nr. 2 aufenthg und insbesondere ist auch der lebensunterhalt für ihn und seine familie nach § 5 abs. 1 satz 1 nr. 1 aufenthg gesichert. die allgemeine erteilungsvoraussetzung der lebensunterhaltssicherung, die nach § 5 abs. 1 nr.1 aufenthg auch für eine aufenthaltserlaubnis nach § 38 a aufenthg erforderlich ist, ist für die hier maßgebliche zeit ab dem 1. juli 2013 erfüllt. bei dem von dem kläger angestrebten daueraufenthalt darf insoweit nicht nur auf den zeitpunkt der beantragung oder erteilung der aufenthaltserlaubnis abgestellt werden, sondern es ist eine langfristige positive prognose der sicherung des lebensunterhalts ohne inanspruchnahme öffentlicher mittel erforderlich. diese prognose setzt eine einschätzung dazu voraus, ob der ausländer auch in zukunft den lebensunterhalt dauerhaft ohne inanspruchnahme öffentlicher mittel erbringen kann. 78der lebensunterhalt ist nach § 2 abs. 3 aufenthg gesichert, wenn der ausländer ihn einschließlich des ausreichenden krankenversicherungsschutzes für sich und die mit ihm in bedarfsgemeinschaft lebenden personen ohne inanspruchnahme schädlicher öffentlicher mittel sichern kann. der krankenversicherungsschutz ist hier ausweislich der mitgliedsbescheinigung der b3. s. durch versicherungspflichtige arbeitnehmereigenschaft gegeben. im übrigen erfordert die prognose der lebensunterhaltssicherung einen vergleich des voraussichtlichen unterhaltsbedarfs mit den nachhaltig zur verfügung stehenden mitteln. dabei richten sich sowohl die ermittlung des zur verfügung stehenden einkommens als auch der unterhaltsbedarf bei erwerbsfähigen ausländern und ihren familienangehörigen seit dem 1. januar 2005 grundsätzlich nach den entsprechenden bestimmungen des zweiten buchs sozialgesetzbuchs - grundsicherung für arbeitssuchende - sgb ii, 79vgl. bverwg, urteil vom 26. august 2008 - 1 c 32.07 -, bverwge 131, 370. 80das einkommen des klägers und der mit ihm in bedarfsgemeinschaft lebenden ehefrau einschließlich der nach § 2 abs. 3 aufenthg ausdrücklich als unschädlich benannten kindergeldbeträge übersteigt jedenfalls für die beantragte zeit ab juli 2013 den sozialhilferechtlichen bedarf des klägers und seiner familie. 81der sozialhilferechtliche bedarf setzt sich zusammen aus den wohnkosten der familie in höhe von 500,- € monatlich und den sozialhilferechtlichen regelsätzen nach § 20 des sgb ii in verbindung mit §§ 28, 28 a sgb xii in verbindung mit der anlage zu § 28 sgb xii. diese betragen im jahr 2013 für die eheleute jeweils 345,‑ € (regelbedarfsstufe 2) monatlich zuzüglich 2x 255,- € (regelbedarfsstufe 5) monatlich für die am 10. juli 2013 sechs jahre alten zwillinge zuzüglich 1x 224,-€ (regelbedarfsstufe 6) für das 2009 geborene dritte kind, insgesamt 1.424,- regelsatzbedarf. der gesamtbedarf beträgt somit ab juli 2013 für die ganze familie 1.924,- €. 82für 2014 beträgt der an den sozialhilferechtlichen regelsätzen zu messende lebensunterhaltsbedarf für die eheleute jeweils 353,- € (regelbedarfsstufe 2) zuzüglich 2 x 261,- € (regelbedarfsstufe 5) für die zwillinge und 1 x 229,- € (regelbedarfsstufe 6) für das dritte kind, insgesamt 1457,- €. der gesamtbedarf beträgt somit in 2014: 1957,- €. 83dieser wird durch das hinreichend sicher zu erwartende einkommen des klägers und seiner ehefrau überschritten. bei der bewertung hat die kammer das einkommen des klägers aus der geringfügigen beschäftigung bei der firma b2. f. j. f1. gmbh außer betracht gelassen, da es ihr nicht hinreichend zuverlässig erschien. so sind vom kläger jedenfalls seit juli 2013 mit ausnahme des monats oktober 2013 keine (eindeutigen) lohnbescheinigungen über lohnzahlungen an ihn mehr vorgelegt worden. die für juli und august 2013 vorgelegten lohnabrechnungen weisen einen nettoverdienst von 0,- € , aber einen auszahlungsbetrag von 400,- € aus. eine später vorgelegte weitere lohnabrechnung führt für august 2013 ohne nähere erklärung dann den auszahlungsbetrag von 400,- € auf. für september, november und dezember 2013 wurden keinerlei lohnabrechnungen vorgelegt, ebenso wenig für das jahr 2014. nachdem in der lohnabrechnung des klägers für mai 2013 ein austritt zum 30. mai aufgeführt war, ist er ausweislich der vorgelegten arbeitgeberbescheinigung vom 22. november 2013 nunmehr zu einem nettolohn von 400,- € monatlich angeblich 50 stunden pro woche neben seiner vollzeitbeschäftigung bei der firma g. b1. e. k. beschäftigt. diese unklarheiten hat der kläger nicht durch vorlage weiterer nachvollziehbarer bescheinigungen bereinigen können. 84demgegenüber beträgt sein nettoeinkommen aus der beschäftigung bei der firma g. b1. e. k. ausweislich der durchgehend vorgelegten lohnabrechnungen seit juli 2013 mindestens 1.429,- €, seit januar 2014 durchgehend 1.435,52 €. auch schon zuvor war das arbeitsverhältnis ausweislich der vorgelegten lohnabrechnungen "stabil". seine ehefrau erhielt aus einer geringfügigen beschäftigung in einer arztpraxis, zu deren aufnahme ihr von der bundesagentur für arbeit und der beklagten die erlaubnis erteilt worden war, seit diesem zeitraum durchgehend 266,- € monatlich. im november und beim kläger auch im dezember 2013 waren darüber hinaus einkommensspitzen aufgrund von überstunden und sondergratifikationen zu verzeichnen. 85rechnet man hiervon die werbungkostenpauschale zur deckung der mit der erwerbstätigkeit verbundenen ausgaben nach § 11 b abs. 2 satz 1 sgb ii in höhe von jeweils 100,- € für den kläger und seine frau ab, beträgt das einkommen 2013 mindestens 1.495,- €, in 2014 mindestens 1501,52 € monatlich. geringere werbungskosten sind vom kläger und seiner ehefrau nicht dargelegt worden. 86die kammer ist der überzeugung, dass im europarechtlich durch die daueraufenthaltsrichtlinie geprägten bereich der erteilung einer aufenthaltserlaubnis nach § 38 a aufenthg - genau wie im anwendungsbereich der familienzusammenführungsrichtlinie - die absetzbeträge vom einkommen nach § 11 b abs. 3 aufenthg zugunsten des klägers außer betracht zu lassen sind. zwar ist der anwendungsbereich der familienzusammenführungsrichtlinie nicht eröffnet, weil der kläger als erstmalig eine aufenthaltserlaubnis begehrender noch nicht zusammenführender im sinne der art. 1, art. 2 buchstabe c der richtlinie 2003/ 86 /eg des rats vom 22. september 2003 betreffend das recht auf familienzusammenführung (familienzusammenführungsrichtlinie- fzfrl) sein kann. die kammer ist aber der überzeugung, dass der zur sicherung des lebensunterhalts erforderliche betrag hier in gleicher weise zu berechnen ist wie im anwendungsbereich der familienzusammenführungsrichtlinie, 87vgl. so auch: marx in: gk - aufenthg, stand mai 2013, § 38 a rdnr. 22; müller in: hofmann/ hoffmann, kommentar zum ausländerrecht, 1. auflage 2008, § 38 a rdnr. 10; anders wohl hailbronner, kommentar zum ausländerrecht, stand februar 2014, § 38 a rdnr. 15; jakober/ welte , aktuelles ausländerrecht, stand juni 2010, § 38 a rdnr. 22, 22c. 88der eugh hatte im urteil vom 4. märz 2010, 89vgl. - c 578/08 - chakroun -, infauslr 2010, 221, übernommen für diesen bereich vom bverwg, urteil vom 16. november 2010 - 1 c 20.09 -, bverwge 138, 135, 90ausgeführt, dass im anwendungsbereich der familienzusammenführungsrichtlinie nur der allgemeine bedarf als richtschnur für die frage der sicherung des lebensunterhalts genommen werden dürfe. der begriff der sozialhilfeleistungen im art. 7 abs. 1 buchstabe c fzfrl beziehe sich als autonomer begriff des unionsrechts nur auf unterstützungsleistungen, die einen mangel an ausreichenden festen und regelmäßigen einkünften ausgleichen, nicht aber auf eine hilfe, die es erlauben würde, außergewöhnliche oder unvorhergesehene bedürfnisse zu befriedigen. dies wirkt sich zugunsten des die aufenthaltserlaubnis begehrenden ausländers dadurch aus, dass der einkommensbedarf nicht erhöht wird durch die hinzurechnung einer erwerbstätigenbedarfspauschale nach § 11 b abs. 3, abs. 1 nr. 6 sgb ii und dadurch, dass (abweichend von § 11 b abs. 2 sgb ii) gegenüber der werbungskostenpauschale der nachweis geringerer werbungskosten möglich ist, 91vgl. bverwg, urteile vom 29. november 2012 - 10 c 4.12 -, bverwge 145, 153 und vom 16. november 2010 - 1 c 20.09 -, nvwz 2011, 825; anders im urteil vom 16. november 2010, - 1 c 21/09 -, bverwge 138, 148 betreffend eine niederlassungserlaubnis, bei der keine unionsrechtlichen vorgaben zu beachten sind. 92für die übertragung dieses maßstabs auch auf den anwendungsbereich der daueraufenthaltsrichtlinie spricht, dass die formulierung in art. 15 darl betreffend die nachweise zur sicherung des lebensunterhalts fast identisch mit der formulierung in art. 7 abs. 1 c rl 2003/86 eg ist. danach können die mitgliedstaaten insbesondere nachweise für das vorhandensein fester und regelmäßiger einkünfte, die ohne inanspruchnahme von sozialhilfeleistungen des betreffenden mitgliedstaats für sich und ihre familienangehörigen ausreichen, verlangen. allerdings eröffnet art. 15 abs. 2 a satz 2 darl die möglichkeit, für jede der in art. 14 abs. 2 genannten kategorien des aufenthalts (erwerbstätigkeit, studium… ) zu differenzieren. diese differenzierung wird mit den absetzbeträgen des § 11 b abs. 3 sgb ii aber gerade nicht aufgegriffen. 93zu dem danach monatlich als gesichert anzusetzenden einkommen in höhe von 1.495,- € für 2013 und in höhe von 1.501,52 € für 2014 ist das kindergeld nach § 62 abs. 1 nr.1, abs. 2 nr. 2, § 63 abs. 1 satz 1 nr. 1, § 32 abs. 1 nr. 1, § 66 abs. 1 des einkommenssteuergesetzes (estg) in höhe von 558,- € für drei kinder hinzuzurechnen. das kindergeld wird in § 2 abs. 3 aufenthg ausdrücklich als unschädliche öffentliche leistung genannt. bei erteilung einer aufenthaltserlaubnis zum zweck der erwerbstätigkeit steht dem kläger nach § 63 abs. 1 nr. 1, abs. 2 nr. 2 estg für seine kinder auch ein solcher anspruch auf kindergeld zu. der bisherige grund für die ablehnung der bewilligung von kindergeld - die fehlende aufenthaltserlaubnis - wäre dann entfallen. 94offen bleiben kann, ob dem kläger darüber hinaus noch ein anspruch auf den kinderzuschlag nach § 6 a des bundeskindergeldgesetzes zusteht. denn der nach dem oben gesagten unabhängig davon errechnete monatlich sicher zur verfügung stehende betrag von 2.053,- € für 2013 und 2.059,52 € für 2014 übersteigt den oben errechneten sozialhilferechtlichen bedarf der familie von 1.924,- € monatlich in 2103 und von 1.957,- € monatlich in 2014. 95bei der nach § 5 abs. 2 satz 2 aufenthg vorzunehmenden ermessensentscheidung über ein absehen vom visumsverfahren bei der erteilung der aufenthaltserlaubnis nach § 38 a aufenthg wird die beklagte insbesondere die dauer des bisherigen aufenthalts des klägers und seiner familie und die einreise auch der ehefrau und der kinder ohne das nach § 5 abs. 2 aufenthg erforderliche visum berücksichtigen können. 96die kostenentscheidung beruht auf § 155 abs. 1 satz 2, abs. 2 vwgo, die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit der kostenentscheidung auf § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 der zivilprozessordnung. 97die berufung wird gemäß § 124 abs. 1, abs. 2 nr. 3 vwgo zugelassen.
Klaeger*in
1
346,624
3 O 67/19
2022-08-18T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt von den Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 00.00.0000 in H. 3Der Wagen des Klägers – so sein Vortrag, ein B mit dem amtlichen Kennzeichen …, war im Bereich der L-Straße/M-Straße gegen 01:00 Uhr an dem oben genannten Tag auf einem Parkplatz abgestellt. Die Parkbuchten verlaufen rechtwinklig zur Straße. Der Zeuge C befand sich als Fahrer in diesem Wagen. Der Beklagte zu 1) befuhr mit seinem Wagen, einem W mit dem amtlichen Kennzeichen …, der bei der Beklagten zu 2) versichert ist, die M-Straße in südlicher Richtung und bog nach rechts in die L-Straße ein, um dort auf dem Parkplatz zu parken. Sodann geriet er seitlich in die rechte Flanke des klägerischen Fahrzeugs. 4Die Polizei verwarnte den Beklagten zu 1). Dieser räumte vor Ort das Geschehen ein. Gegenüber der Beklagten zu 2) gab er im Rahmen der Schadensanzeige an, dass er die Kontrolle über seinen Wagen verloren habe und deshalb in das andere Auto gefahren sei. 5Der Kläger ließ den Schaden an seinem Fahrzeug begutachten. Der Sachverständige ermittelte Nettoreparaturkosten in Höhe von 9.719,31 €, einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von 6.800,00 € sowie einen Restwert in Höhe von 1.000,00 € (brutto). Für die Wiederbeschaffungsdauer setzte der Gutachter 12 Kalendertage an bei einem Nutzungsausfall in Höhe von 74,00 €/Tag. Für die Begutachtung stellte er dem Kläger einen Betrag in Höhe von 949,62 € in Rechnung. Den Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten trat der Kläger am selben Tag an den Gutachter ab. 6Der Kläger veräußerte das Fahrzeug für 1.200,00 €. Er forderte die Beklagte zu 2) mit Fristsetzung bis zum 31.01.2019 erfolglos zur Regulierung auf. 7Der Kläger behauptet, dass er den Wagen am 15.09.2018 bei dem Zeugen L1 aus M1 zu einem Preis von 3.800 € erworben habe. Er habe sich von seiner Sozialhilfe über einen Zeitraum von zweieinhalb bis drei Jahren einen Betrag in Höhe von 4.500,00 € bis 4.800,00 € zusammengespart und hiervon den Kaufpreis in bar bezahlt. Der Wagen sei ihm an diesem Tag übergeben worden. Seinen alten Wagen habe er wegen des bestehenden Wasserverlusts und des dadurch bedingten Temperaturanstieges verkaufen wollen. Im Rahmen der mündlichen Anhörung vom 25.03.2021 behauptet er zunächst, dass ihm bezüglich des hier in Rede stehenden Wagens der Verkäufer mitgeteilt habe, dass der Wagen mangelbehaftet sei und Wasser verliere verbunden mit einem Temperaturanstieg – er den Wagen aber trotzdem so gekauft habe. In der erneuten mündlichen Anhörung vom 22.06.2021 behauptet er hingegen, dass ihn der Verkäufer zwar über die Reparaturbedürftigkeit des Wagens in formiert habe – nicht hingegen über den Wasserverlust gesprochen habe. 8Der Kläger beantragt, 9die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 6.726,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.02.2019 zu zahlen; 10die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihn von den Kosten des Gutachtens des B1, I-Straße …, … H1, vom 22.10.2018 über den Betrag von 949,62 €, Gutachten-Nr. … freizustellen 11die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten von 729,23 € freizustellen. 12Die Beklagten beantragen, 13die Klage abzuweisen. 14Die Beklagte zu 2) behauptet, der Unfall sei manipuliert. Hierfür spreche, dass die Haftungsfrage vermeintlich klar und eindeutig sei. Auch das sofortige Einräumen des Unfallgeschehens durch den Beklagten zu 1) gegenüber den Polizeibeamten spreche dafür. Überdies soll sich der Unfall zur Nachtzeit ereignet haben, einer Zeit, zu der üblicherweise nicht mit unbeteiligten Zeugen zu rechnen sei. Die Angaben des Beklagte zu 1) gegenüber der Beklagten zu 2), zu diesem Zeitpunkt einen Freund besuchen zu wollen, seien nicht überzeugend. Die Unfallschilderung als solche erfolge nur in groben Zügen, was ebenfalls für eine Manipulation spreche. Für eine Manipulation spreche zudem, dass der Wagen ins Ausland verkauft worden und damit eine Begutachtung unmöglich sei. Auf Seiten des Beklagten zu 1) sei auch ein „typisches“ Fahrzeug zum Einsatz gekommen mit einer Laufleistung von 256.000 km, welches nur 7 Wochen vor dem Unfallereignis bei der Beklagten zu 2) bei einer Selbstbeteiligung in Höhe von 300 € vollkaskoversichert worden sei. 15Das Gericht hat die Parteien persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen L1 und C sowie Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der persönlichen Anhörung, der Beweisaufnahme sowie des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 25.03. und 22.06.2021 sowie auf das Gutachten vom 14.03.2022 verwiesen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Klage ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. 18Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 6.726,00 € gem. §§ 7, 18 StVG i.V.m. § 115 VVG, § 1 PflVG. 19Dabei scheitert der Anspruch nicht bereits an der von der Beklagten zu 2) bestrittenen Eigentümerstellung des Klägers bezüglich des geschädigten Pkw. Nach der persönlichen Anhörung des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 25.03.2021 sowie der Vernehmung des Zeugen L1 – ebenfalls am 25.03.2021 – ist das Gericht überzeugt davon, dass der Kläger an diesem Tag Eigentümer des Wagens geworden ist. Sowohl der Kläger als auch der Zeuge L1 haben im Wesentlichen übereinstimmend angegeben, dass der Kläger den Wagen bezahlt und sie zu diesem Zwecke gemeinsam nach H1 mit dem streitgegenständlichen Wagen gefahren sind. Soweit der Sohn des Klägers, der Zeuge C, an den Verhandlungen beteiligt gewesen ist und etwa Unterlagen ausgefüllt hat, hat der Kläger dies plausibel mit seiner fehlenden Kenntnis der deutschen (Schrift-)Sprache erklärt. 20Hingegen ist das Gericht unter Berücksichtigung der Angaben der Parteien im Rahmen der persönlichen Anhörung sowie der durchgeführten Beweisaufnahme in der Gesamtschau davon überzeugt, dass es sich bei dem in Rede stehenden Unfallereignis um einen „manipulierten Unfall“ handelt und somit keine Ersatzpflicht besteht. Für die Behauptung, dass sich der Unfall wie vorgetragen ereignet hat, trägt der Kläger die Beweislast. Bestehen Zweifel am Ablauf des behaupteten Geschehens, geht dies zu seinen Lasten (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 22.01.2016 – Az. 26 U 164/15 m.w.N.). Diesen Beweis ist dem Kläger nicht erbracht. 21Nach ständiger Rechtsprechung kann eine einverständliche Herbeiführung eines Unfalls aufgrund von Indizien festgestellt werden, die im Wege einer Gesamtschau zu überprüfen sind. Dabei geht es nicht um eine mathematisch genaue Sicherheit, es reicht vielmehr aus, wenn die vorliegenden Indizien in ihrer Gesamtschau nach der Lebenserfahrung den Schluss zulassen, dass der Unfall auf einer Verabredung beruht und der Geschädigte mit der Beschädigung seines Fahrzeugs einverstanden war. Dabei genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, d.h. ein für einen vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Menschen so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit, dass er Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie mathematisch lückenlos auszuschließen. Demnach ist eine Häufung der für eine Manipulation sprechenden Beweisanzeichen und Indizien geeignet, die Überzeugung des Gerichts zu begründen, ein gestellter Unfall liege vor (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 2007, 603 m.w.N.; OLG Hamm Urt. v. 22.03.2000 - 13 U 144/99, VersR 2001, 1127). 22Indizien, die für ein manipuliertes Unfallereignis sprechen, sind u.a., dass sich der Unfall in einer Verkehrssituation ereignet, bei der im Nachhinein kein Streit über die Haftungsfrage aufkommt – mithin eine klare Haftungslage zu Lasten des Schädigers besteht (vgl. KG Berlin, Beschl. v. 09.03.2011 – Az. 22 U 10/11). Ebenso kann das sofortige Einräumen des Unfallgeschehens und somit der Schadensverursachung ein Indiz für eine Manipulation darstellen (vgl. OLG Köln in R+S 2010, 192-194). Zudem spricht für ein manipuliertes Unfallereignis, wenn sich der Unfall zu einer Zeit ereignet, in der typischerweise nicht mit unbeteiligten Zeugen zu rechnen bzw. anderweitiger Verkehr zu erwarten ist (OLG Köln Urt. v. 22.06.2017 – Az. 8 U 19/16). Darüber hinaus ist eine grobe Schilderung des Unfalls ein Indiz dafür, dass sich der Unfall nicht in der vorgetragenen Weise abgespielt hat (vgl. OLG Hamm Beschl. v. 24.06.2016 – Az. 9 U 28/16). Schließlich ist ein gewichtiges Indiz für eine Unfallmanipulation, wenn sich die Schäden am Unfallfahrzeug technisch nicht mit den von den Parteien vorgetragenen verschiedenen Unfallversionen in Einklang bringen lassen (vgl. OLG Hamm aaO.). 23Insbesondere aufgrund der Angaben des Klägers zum Fahrzeugerwerb sowie Schilderung des Beklagten zu 1) hinsichtlich des Unfalls und des Ergebnisses der Begutachtung durch die Sachverständige ist das Gericht von der Manipulation des streitgegenständlichen Unfallereignisses überzeugt. 24Das Gericht ist nach der Anhörung des Klägers überzeugt davon, dass dieser den Wagen ausschließlich für den hier in Rede stehenden Unfall erworben hat. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung hat er den konkreten Fahrzeugerwerb nicht plausibel erläutern können. So hat er bei seiner persönlichen Anhörung am 21.03.2021 angegeben, dass er sich einen neuen Wagen habe kaufen wollen, weil sein altes Fahrzeug unter einem Wasserverlust leide, was zu einem Temperaturanstieg führe – mithin schädlich für das Fahrzeug ist. Der Verkäufer, der Zeuge L1, habe ihn während des Verkaufsgesprächs für den hiesigen Wagen darauf hingewiesen, dass dieser dasselbe Problem aufweise – nämlich Wasserverlust und dadurch bedingter Temperaturanstieg. Er – der Kläger – habe das Fahrzeug aber so gekauft. Aus Sicht des Gerichts und nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist es absolut nicht nachvollziehbar, einen neuen Wagen zu erwerben mit demselben Problem wie der alte, wenn man diesen – den alten – doch gerade deshalb verkaufen will – so der Kläger im Rahmen seiner Anhörung. 25Bei seiner erneuten Anhörung am 22.06.2021 hat der Kläger hingegen vorgetragen, dass ihn der Zeuge L1 doch nicht über den Wasserverlust aufgeklärt habe – jedoch über die Reparaturbedürftigkeit des Wagens. Auch diese Angaben des Klägers, die in eindeutigem und nicht näher begründetem Widerspruch zu seiner Darstellung bei dem ersten Verhandlungstermin stehen, sind aus Sicht des Gerichts nicht plausibel, um einen anderen Grund des Fahrzeugerwerbs zu erklären als die Verwendung für den hiesigen Unfall. In dem Verhandlungstermin vom 21.03.2021 hat der Kläger dargestellt, dass er sich einen Betrag in Höhe von 4.500,00 – 4.800,00 € über einen Zeitraum von zweieinhalb bis drei Jahren von seiner Sozialhilfe angespart und hiervon den Kaufpreis in Höhe von 3.800,00 € gezahlt haben will. Selbst wenn der Zeuge L1 den Kläger nicht über den Wasserverlust haben sollte, was dieser bei seiner Vernehmung sowohl hinsichtlich dieses Defekts als auch der weiteren Mängel bekundet hat, ist der Erwerb dieses Fahrzeugs unter Berücksichtigung der finanziellen Situation des Klägers nicht nachvollziehbar. Unterstellt, dass der alte Wagen lediglich an Wasserverlust gelitten hat, macht es wirtschaftlich überhaupt keinen Sinn, einen neuen Wagen mit erheblichen reparaturbedürftigen Mängel zu erwerben, deren Behebung in finanzieller Hinsicht überhaupt nicht realisierbar ist unter Zugrundlegung des Sozialhilfebezugs des Klägers. Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass der Zeuge L1 auch ein erhebliches Eigeninteresse daran hat, eine Aufklärung des Klägers über vorliegende Mängel zu bekunden, um einer etwaigen Sachmängelhaftung zu entgehen. Es kann jedoch dahinstehen, ob der Zeuge L1 den Kläger umfassend aufgeklärt hat. Denn jedenfalls nach seinem eigenen Vortrag hat er ihn entweder über den Wasserverlust des Wagens aufgeklärt oder die Reparaturbedürftigkeit des Wagens, was zu keiner als der vom Gericht oben dargestellten Schlussfolgerung als Grund für den Fahrzeug führt. 26Weiteres Indiz für eine vorliegende Unfallmanipulation ist, dass sich der Unfall zur Nachtzeit ereignet hat – mithin keine anderen Zeugen vorhanden waren. Zudem ist der Beklagte zu 1) nach dem von dem Kläger vorgetragen Unfallhergang allein für diesen verantwortlich und trägt somit zu 100 % des entstandenen Schaden. Der Beklagte zu 1) hat das Unfallgeschehen vor Ort gegenüber der Polizei auch eingeräumt, was ebenfalls für die Manipulation spricht. Hinzu kommt, dass der Kläger den Wagen erst kurz vor dem Unfall angeschafft und der Beklagte zu 1) seinen Wagen erst kurze Zeit vor dem Unfallereignis bei der Beklagten zu 2) vollkaskoversichert hat. 27Schließlich ist das Gericht aufgrund des Gutachtens der Sachverständigen davon überzeugt, dass sich der Unfall nicht in der vorgetragenen Weise abgespielt hat – insbesondere der Beklagte zu 1) unrichtige Angaben zu dem Unfallhergang gemacht hat. Während dieser im Rahmen der Schadensmeldung gegenüber der Beklagten zu 2) angegeben, dass er die Kontrolle über seinen Wagen verloren habe, hat er bei seiner persönlichen Anhörung in der Verhandlung am 22.06.2021 hingegen behauptet, dass er sich mit einem Freund auf diesem Parkplatz verabredet und versucht habe, einzuparken. Das sich bereits auf dem Parkplatz befindlich Fahrzeug habe sich dann bewegt – er noch gebremst. Im weiteren Verlauf der Anhörung hat er angegeben, nicht mehr genau sagen zu können, ob sich der Wagen bewegt hat oder nicht. Abgesehen davon, dass der Beklagte zu 1) mit keinem Wort einen irgendwie gearteten Kontrollverlust über sein Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt dargestellt hat, hat die Sachverständige überzeugend und nachvollziehbar in ihrem Gutachten dargelegt, dass die durch das Unfallereignis an dem klägerischen Wagen entstandenen Schäden nicht mit dem von dem Beklagten zu 1) beschriebenen Einparkvorgang in Einklang zu bringen sind. Im Rahmen eines Einparkvorgangs seien – so die Sachverständige überzeugend – Schäden zu beobachten aufgrund eines Anstoß mit einer für das Einparken üblichen Geschwindigkeit von etwa 5 km/h. Die von ihr anhand der einzig zur Verfügung stehenden Fotos festgestellten und in sämtlichen Bereichen kompatiblen Schäden mit dem vorgetragenen Unfallereignis lassen jedoch einen Rückschluss auf eine Kollisionsgeschwindigkeit von etwa 20 km/h schließen, was nicht mit einem Einparkvorgang in Einklang zu bringen sei. 28Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aufgrund der Alternativbetrachtungen der Sachverständigen am Ende des Gutachtens unter Zugrundlegung des ursprünglich von dem Beklagten zu 1) gegenüber der Beklagten zu 2) vorgetragenen Kontrollverlustes. Abgesehen davon, dass der Beklagte zu 1) bereits bei der Schadensmeldung keinerlei konkrete Angaben über die Art des Kontrollverlust gemacht hat, wäre bei einem „bloßen“ Verlust der Kontrolle über das Lenkrad ebenfalls von eine dem Einparken typischen Geschwindigkeit in Höhe von 5 km/h auszugehen, die die Sachverständige hier gerade nicht festgestellt hat. Bezüglich der zweiten von der Sachverständigen angenommenen Variante zur Begründung der hohen Kollisionsgeschwindigkeit – nämlich der Verwechselung von Gas- und Bremspedal – fehlt es zum einen an einem entsprechenden Vortrag des Beklagten zu 1). Zum anderen hat er bei der persönlichen Anhörung ausdrücklich dargestellt, dass er noch „gebremst“ habe und somit gerade keine Verwechselung der beiden Pedale stattgefunden hat. Schließlich hat der Beklagte zu 1) auch nicht plausibel erklären können, aus welchem Grund er auf diesem Parkplatz gewesen ist. Wenngleich er angegeben hat, eine Freund besuchen und sich verabschieden zu wollen, folgt das Gericht diesen Angaben nicht. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung hat er dargestellt, dass er diesen Freund noch aus Kroatien kenne - beide gemeinsam zur Schule gegangen seien, und der Freund mangels Erwerbsaussicht wieder zurück nach Kroatien gehe und sich vorher von ihm verabschieden wolle. Zum einen ist es nicht nachvollziehbar, dass der Beklagte zu 1) abgesehen von dem Namen des nunmehr in Kroatien lebenden Freundes keinerlei Angaben zu dessen Adresse oder dem Standort der Wohnung machen konnte - er wisse es nicht. Wenn aber beide - den Beklagten zu 1) und den Freund - offenbar eine langjährige Freundschaft/ Bekanntschaft verbindet, ist es absolut nicht nachvollziehbar, warum der Beklagte zu 1) keine Kenntnis von der Adresse oder mindestens der Lage der Wohnung hat. Zum anderen hat der Beklagte zu 1) auch die Zeit des Treffens nicht nachvollziehbar darstellen können. Im Rahmen seiner Anhörung hat er angegeben, dass dieser Freund ihn abends gegen 08:00 Uhr angerufen habe und sich von ihm verabschieden wolle. Ein weiteres Mal habe der Freund etwa eine Stunde später angerufen. Er sei dann etwa um 10:30 Uhr (abends) losgefahren und benötige für die Strecke etwa eine halbe Stunde. Einen Grund dafür, warum er bereits um gegen 23:00 Uhr in der Gegend der späteren Unfallstelle gewesen sein muss - seine Angaben unterstellt, sich der Unfall unstreitig jedoch gegen 01:00 Uhr ereignet hat, hat er nicht erklären können und lässt aus Sicht des Gerichts nur den Schluss zu, dass der beklagte zu 1) gerade nicht verabredet gewesen und ausschließlich zur Herbeiführung des Unfalls zu der oben genannten Örtlichkeit gefahren ist. 29Die Entscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 30Der Streitwert wird auf bis 8.000,00 € festgesetzt.
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung durch die beklagten durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagten vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leisten. 1
2der kläger begehrt von den beklagten schadensersatz aus einem verkehrsunfall vom 00.00.0000 in h. 3der wagen des klägers – so sein vortrag, ein b mit dem amtlichen kennzeichen …, war im bereich der l-straße/m-straße gegen 01:00 uhr an dem oben genannten tag auf einem parkplatz abgestellt. die parkbuchten verlaufen rechtwinklig zur straße. der zeuge c befand sich als fahrer in diesem wagen. der beklagte zu 1) befuhr mit seinem wagen, einem w mit dem amtlichen kennzeichen …, der bei der beklagten zu 2) versichert ist, die m-straße in südlicher richtung und bog nach rechts in die l-straße ein, um dort auf dem parkplatz zu parken. sodann geriet er seitlich in die rechte flanke des klägerischen fahrzeugs. 4die polizei verwarnte den beklagten zu 1). dieser räumte vor ort das geschehen ein. gegenüber der beklagten zu 2) gab er im rahmen der schadensanzeige an, dass er die kontrolle über seinen wagen verloren habe und deshalb in das andere auto gefahren sei. 5der kläger ließ den schaden an seinem fahrzeug begutachten. der sachverständige ermittelte nettoreparaturkosten in höhe von 9.719,31 €, einen wiederbeschaffungswert in höhe von 6.800,00 € sowie einen restwert in höhe von 1.000,00 € (brutto). für die wiederbeschaffungsdauer setzte der gutachter 12 kalendertage an bei einem nutzungsausfall in höhe von 74,00 €/tag. für die begutachtung stellte er dem kläger einen betrag in höhe von 949,62 € in rechnung. den anspruch auf erstattung der sachverständigenkosten trat der kläger am selben tag an den gutachter ab. 6der kläger veräußerte das fahrzeug für 1.200,00 €. er forderte die beklagte zu 2) mit fristsetzung bis zum 31.01.2019 erfolglos zur regulierung auf. 7der kläger behauptet, dass er den wagen am 15.09.2018 bei dem zeugen l1 aus m1 zu einem preis von 3.800 € erworben habe. er habe sich von seiner sozialhilfe über einen zeitraum von zweieinhalb bis drei jahren einen betrag in höhe von 4.500,00 € bis 4.800,00 € zusammengespart und hiervon den kaufpreis in bar bezahlt. der wagen sei ihm an diesem tag übergeben worden. seinen alten wagen habe er wegen des bestehenden wasserverlusts und des dadurch bedingten temperaturanstieges verkaufen wollen. im rahmen der mündlichen anhörung vom 25.03.2021 behauptet er zunächst, dass ihm bezüglich des hier in rede stehenden wagens der verkäufer mitgeteilt habe, dass der wagen mangelbehaftet sei und wasser verliere verbunden mit einem temperaturanstieg – er den wagen aber trotzdem so gekauft habe. in der erneuten mündlichen anhörung vom 22.06.2021 behauptet er hingegen, dass ihn der verkäufer zwar über die reparaturbedürftigkeit des wagens in formiert habe – nicht hingegen über den wasserverlust gesprochen habe. 8der kläger beantragt, 9die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 6.726,00 € nebst 5 % zinsen über dem basiszinssatz der ezb seit dem 01.02.2019 zu zahlen; 10die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, ihn von den kosten des gutachtens des b1, i-straße …, … h1, vom 22.10.2018 über den betrag von 949,62 €, gutachten-nr. … freizustellen 11die beklagten werden als gesamtschuldner verurteilt, den kläger von vorgerichtlichen rechtsverfolgungskosten von 729,23 € freizustellen. 12die beklagten beantragen, 13die klage abzuweisen. 14die beklagte zu 2) behauptet, der unfall sei manipuliert. hierfür spreche, dass die haftungsfrage vermeintlich klar und eindeutig sei. auch das sofortige einräumen des unfallgeschehens durch den beklagten zu 1) gegenüber den polizeibeamten spreche dafür. überdies soll sich der unfall zur nachtzeit ereignet haben, einer zeit, zu der üblicherweise nicht mit unbeteiligten zeugen zu rechnen sei. die angaben des beklagte zu 1) gegenüber der beklagten zu 2), zu diesem zeitpunkt einen freund besuchen zu wollen, seien nicht überzeugend. die unfallschilderung als solche erfolge nur in groben zügen, was ebenfalls für eine manipulation spreche. für eine manipulation spreche zudem, dass der wagen ins ausland verkauft worden und damit eine begutachtung unmöglich sei. auf seiten des beklagten zu 1) sei auch ein „typisches“ fahrzeug zum einsatz gekommen mit einer laufleistung von 256.000 km, welches nur 7 wochen vor dem unfallereignis bei der beklagten zu 2) bei einer selbstbeteiligung in höhe von 300 € vollkaskoversichert worden sei. 15das gericht hat die parteien persönlich angehört und beweis erhoben durch vernehmung der zeugen l1 und c sowie einholung eines sachverständigengutachtens. wegen des ergebnisses der persönlichen anhörung, der beweisaufnahme sowie des weiteren sach- und streitstandes wird auf die protokolle der mündlichen verhandlung vom 25.03. und 22.06.2021 sowie auf das gutachten vom 14.03.2022 verwiesen. 16
17die klage ist zulässig, hat jedoch in der sache keinen erfolg. 18der kläger hat gegen die beklagten keinen anspruch auf schadensersatz in höhe von 6.726,00 € gem. §§ 7, 18 stvg i.v.m. § 115 vvg, § 1 pflvg. 19dabei scheitert der anspruch nicht bereits an der von der beklagten zu 2) bestrittenen eigentümerstellung des klägers bezüglich des geschädigten pkw. nach der persönlichen anhörung des klägers im rahmen der mündlichen verhandlung am 25.03.2021 sowie der vernehmung des zeugen l1 – ebenfalls am 25.03.2021 – ist das gericht überzeugt davon, dass der kläger an diesem tag eigentümer des wagens geworden ist. sowohl der kläger als auch der zeuge l1 haben im wesentlichen übereinstimmend angegeben, dass der kläger den wagen bezahlt und sie zu diesem zwecke gemeinsam nach h1 mit dem streitgegenständlichen wagen gefahren sind. soweit der sohn des klägers, der zeuge c, an den verhandlungen beteiligt gewesen ist und etwa unterlagen ausgefüllt hat, hat der kläger dies plausibel mit seiner fehlenden kenntnis der deutschen (schrift-)sprache erklärt. 20hingegen ist das gericht unter berücksichtigung der angaben der parteien im rahmen der persönlichen anhörung sowie der durchgeführten beweisaufnahme in der gesamtschau davon überzeugt, dass es sich bei dem in rede stehenden unfallereignis um einen „manipulierten unfall“ handelt und somit keine ersatzpflicht besteht. für die behauptung, dass sich der unfall wie vorgetragen ereignet hat, trägt der kläger die beweislast. bestehen zweifel am ablauf des behaupteten geschehens, geht dies zu seinen lasten (vgl. olg hamm, beschl. v. 22.01.2016 – az. 26 u 164/15 m.w.n.). diesen beweis ist dem kläger nicht erbracht. 21nach ständiger rechtsprechung kann eine einverständliche herbeiführung eines unfalls aufgrund von indizien festgestellt werden, die im wege einer gesamtschau zu überprüfen sind. dabei geht es nicht um eine mathematisch genaue sicherheit, es reicht vielmehr aus, wenn die vorliegenden indizien in ihrer gesamtschau nach der lebenserfahrung den schluss zulassen, dass der unfall auf einer verabredung beruht und der geschädigte mit der beschädigung seines fahrzeugs einverstanden war. dabei genügt ein für das praktische leben brauchbarer grad von gewissheit, d.h. ein für einen vernünftigen, die lebensverhältnisse klar überschauenden menschen so hoher grad von wahrscheinlichkeit, dass er zweifeln schweigen gebietet, ohne sie mathematisch lückenlos auszuschließen. demnach ist eine häufung der für eine manipulation sprechenden beweisanzeichen und indizien geeignet, die überzeugung des gerichts zu begründen, ein gestellter unfall liege vor (vgl. olg frankfurt njw-rr 2007, 603 m.w.n.; olg hamm urt. v. 22.03.2000 - 13 u 144/99, versr 2001, 1127). 22indizien, die für ein manipuliertes unfallereignis sprechen, sind u.a., dass sich der unfall in einer verkehrssituation ereignet, bei der im nachhinein kein streit über die haftungsfrage aufkommt – mithin eine klare haftungslage zu lasten des schädigers besteht (vgl. kg berlin, beschl. v. 09.03.2011 – az. 22 u 10/11). ebenso kann das sofortige einräumen des unfallgeschehens und somit der schadensverursachung ein indiz für eine manipulation darstellen (vgl. olg köln in r+s 2010, 192-194). zudem spricht für ein manipuliertes unfallereignis, wenn sich der unfall zu einer zeit ereignet, in der typischerweise nicht mit unbeteiligten zeugen zu rechnen bzw. anderweitiger verkehr zu erwarten ist (olg köln urt. v. 22.06.2017 – az. 8 u 19/16). darüber hinaus ist eine grobe schilderung des unfalls ein indiz dafür, dass sich der unfall nicht in der vorgetragenen weise abgespielt hat (vgl. olg hamm beschl. v. 24.06.2016 – az. 9 u 28/16). schließlich ist ein gewichtiges indiz für eine unfallmanipulation, wenn sich die schäden am unfallfahrzeug technisch nicht mit den von den parteien vorgetragenen verschiedenen unfallversionen in einklang bringen lassen (vgl. olg hamm aao.). 23insbesondere aufgrund der angaben des klägers zum fahrzeugerwerb sowie schilderung des beklagten zu 1) hinsichtlich des unfalls und des ergebnisses der begutachtung durch die sachverständige ist das gericht von der manipulation des streitgegenständlichen unfallereignisses überzeugt. 24das gericht ist nach der anhörung des klägers überzeugt davon, dass dieser den wagen ausschließlich für den hier in rede stehenden unfall erworben hat. im rahmen seiner persönlichen anhörung hat er den konkreten fahrzeugerwerb nicht plausibel erläutern können. so hat er bei seiner persönlichen anhörung am 21.03.2021 angegeben, dass er sich einen neuen wagen habe kaufen wollen, weil sein altes fahrzeug unter einem wasserverlust leide, was zu einem temperaturanstieg führe – mithin schädlich für das fahrzeug ist. der verkäufer, der zeuge l1, habe ihn während des verkaufsgesprächs für den hiesigen wagen darauf hingewiesen, dass dieser dasselbe problem aufweise – nämlich wasserverlust und dadurch bedingter temperaturanstieg. er – der kläger – habe das fahrzeug aber so gekauft. aus sicht des gerichts und nach der allgemeinen lebenserfahrung ist es absolut nicht nachvollziehbar, einen neuen wagen zu erwerben mit demselben problem wie der alte, wenn man diesen – den alten – doch gerade deshalb verkaufen will – so der kläger im rahmen seiner anhörung. 25bei seiner erneuten anhörung am 22.06.2021 hat der kläger hingegen vorgetragen, dass ihn der zeuge l1 doch nicht über den wasserverlust aufgeklärt habe – jedoch über die reparaturbedürftigkeit des wagens. auch diese angaben des klägers, die in eindeutigem und nicht näher begründetem widerspruch zu seiner darstellung bei dem ersten verhandlungstermin stehen, sind aus sicht des gerichts nicht plausibel, um einen anderen grund des fahrzeugerwerbs zu erklären als die verwendung für den hiesigen unfall. in dem verhandlungstermin vom 21.03.2021 hat der kläger dargestellt, dass er sich einen betrag in höhe von 4.500,00 – 4.800,00 € über einen zeitraum von zweieinhalb bis drei jahren von seiner sozialhilfe angespart und hiervon den kaufpreis in höhe von 3.800,00 € gezahlt haben will. selbst wenn der zeuge l1 den kläger nicht über den wasserverlust haben sollte, was dieser bei seiner vernehmung sowohl hinsichtlich dieses defekts als auch der weiteren mängel bekundet hat, ist der erwerb dieses fahrzeugs unter berücksichtigung der finanziellen situation des klägers nicht nachvollziehbar. unterstellt, dass der alte wagen lediglich an wasserverlust gelitten hat, macht es wirtschaftlich überhaupt keinen sinn, einen neuen wagen mit erheblichen reparaturbedürftigen mängel zu erwerben, deren behebung in finanzieller hinsicht überhaupt nicht realisierbar ist unter zugrundlegung des sozialhilfebezugs des klägers. das gericht verkennt hierbei nicht, dass der zeuge l1 auch ein erhebliches eigeninteresse daran hat, eine aufklärung des klägers über vorliegende mängel zu bekunden, um einer etwaigen sachmängelhaftung zu entgehen. es kann jedoch dahinstehen, ob der zeuge l1 den kläger umfassend aufgeklärt hat. denn jedenfalls nach seinem eigenen vortrag hat er ihn entweder über den wasserverlust des wagens aufgeklärt oder die reparaturbedürftigkeit des wagens, was zu keiner als der vom gericht oben dargestellten schlussfolgerung als grund für den fahrzeug führt. 26weiteres indiz für eine vorliegende unfallmanipulation ist, dass sich der unfall zur nachtzeit ereignet hat – mithin keine anderen zeugen vorhanden waren. zudem ist der beklagte zu 1) nach dem von dem kläger vorgetragen unfallhergang allein für diesen verantwortlich und trägt somit zu 100 % des entstandenen schaden. der beklagte zu 1) hat das unfallgeschehen vor ort gegenüber der polizei auch eingeräumt, was ebenfalls für die manipulation spricht. hinzu kommt, dass der kläger den wagen erst kurz vor dem unfall angeschafft und der beklagte zu 1) seinen wagen erst kurze zeit vor dem unfallereignis bei der beklagten zu 2) vollkaskoversichert hat. 27schließlich ist das gericht aufgrund des gutachtens der sachverständigen davon überzeugt, dass sich der unfall nicht in der vorgetragenen weise abgespielt hat – insbesondere der beklagte zu 1) unrichtige angaben zu dem unfallhergang gemacht hat. während dieser im rahmen der schadensmeldung gegenüber der beklagten zu 2) angegeben, dass er die kontrolle über seinen wagen verloren habe, hat er bei seiner persönlichen anhörung in der verhandlung am 22.06.2021 hingegen behauptet, dass er sich mit einem freund auf diesem parkplatz verabredet und versucht habe, einzuparken. das sich bereits auf dem parkplatz befindlich fahrzeug habe sich dann bewegt – er noch gebremst. im weiteren verlauf der anhörung hat er angegeben, nicht mehr genau sagen zu können, ob sich der wagen bewegt hat oder nicht. abgesehen davon, dass der beklagte zu 1) mit keinem wort einen irgendwie gearteten kontrollverlust über sein fahrzeug zu diesem zeitpunkt dargestellt hat, hat die sachverständige überzeugend und nachvollziehbar in ihrem gutachten dargelegt, dass die durch das unfallereignis an dem klägerischen wagen entstandenen schäden nicht mit dem von dem beklagten zu 1) beschriebenen einparkvorgang in einklang zu bringen sind. im rahmen eines einparkvorgangs seien – so die sachverständige überzeugend – schäden zu beobachten aufgrund eines anstoß mit einer für das einparken üblichen geschwindigkeit von etwa 5 km/h. die von ihr anhand der einzig zur verfügung stehenden fotos festgestellten und in sämtlichen bereichen kompatiblen schäden mit dem vorgetragenen unfallereignis lassen jedoch einen rückschluss auf eine kollisionsgeschwindigkeit von etwa 20 km/h schließen, was nicht mit einem einparkvorgang in einklang zu bringen sei. 28eine andere beurteilung ergibt sich auch nicht aufgrund der alternativbetrachtungen der sachverständigen am ende des gutachtens unter zugrundlegung des ursprünglich von dem beklagten zu 1) gegenüber der beklagten zu 2) vorgetragenen kontrollverlustes. abgesehen davon, dass der beklagte zu 1) bereits bei der schadensmeldung keinerlei konkrete angaben über die art des kontrollverlust gemacht hat, wäre bei einem „bloßen“ verlust der kontrolle über das lenkrad ebenfalls von eine dem einparken typischen geschwindigkeit in höhe von 5 km/h auszugehen, die die sachverständige hier gerade nicht festgestellt hat. bezüglich der zweiten von der sachverständigen angenommenen variante zur begründung der hohen kollisionsgeschwindigkeit – nämlich der verwechselung von gas- und bremspedal – fehlt es zum einen an einem entsprechenden vortrag des beklagten zu 1). zum anderen hat er bei der persönlichen anhörung ausdrücklich dargestellt, dass er noch „gebremst“ habe und somit gerade keine verwechselung der beiden pedale stattgefunden hat. schließlich hat der beklagte zu 1) auch nicht plausibel erklären können, aus welchem grund er auf diesem parkplatz gewesen ist. wenngleich er angegeben hat, eine freund besuchen und sich verabschieden zu wollen, folgt das gericht diesen angaben nicht. im rahmen seiner persönlichen anhörung hat er dargestellt, dass er diesen freund noch aus kroatien kenne - beide gemeinsam zur schule gegangen seien, und der freund mangels erwerbsaussicht wieder zurück nach kroatien gehe und sich vorher von ihm verabschieden wolle. zum einen ist es nicht nachvollziehbar, dass der beklagte zu 1) abgesehen von dem namen des nunmehr in kroatien lebenden freundes keinerlei angaben zu dessen adresse oder dem standort der wohnung machen konnte - er wisse es nicht. wenn aber beide - den beklagten zu 1) und den freund - offenbar eine langjährige freundschaft/ bekanntschaft verbindet, ist es absolut nicht nachvollziehbar, warum der beklagte zu 1) keine kenntnis von der adresse oder mindestens der lage der wohnung hat. zum anderen hat der beklagte zu 1) auch die zeit des treffens nicht nachvollziehbar darstellen können. im rahmen seiner anhörung hat er angegeben, dass dieser freund ihn abends gegen 08:00 uhr angerufen habe und sich von ihm verabschieden wolle. ein weiteres mal habe der freund etwa eine stunde später angerufen. er sei dann etwa um 10:30 uhr (abends) losgefahren und benötige für die strecke etwa eine halbe stunde. einen grund dafür, warum er bereits um gegen 23:00 uhr in der gegend der späteren unfallstelle gewesen sein muss - seine angaben unterstellt, sich der unfall unstreitig jedoch gegen 01:00 uhr ereignet hat, hat er nicht erklären können und lässt aus sicht des gerichts nur den schluss zu, dass der beklagte zu 1) gerade nicht verabredet gewesen und ausschließlich zur herbeiführung des unfalls zu der oben genannten örtlichkeit gefahren ist. 29die entscheidungen über die kosten und die vorläufige vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 91 abs. 1, 708 nr. 11, 711 zpo. 30der streitwert wird auf bis 8.000,00 € festgesetzt.
Verklagte*r
0
172,195
10 K 103/13
2014-08-06T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2 Es folgt der berufliche Werdegang des Klägers. 3In der Zeit vom 26. September 2011 bis zum 31. Januar 2012 nahm der Kläger am Auslandseinsatz der Bundeswehr im Rahmen der internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo (KFOR) teil. Am 24. Oktober 2011 fuhr er mit einem der BwFuhrparkService GmbH gehörenden Fahrzeug vom Typ Mercedes Sprinter– amtliches Kennzeichen Y-…. – zur Feldkommandantur im Feldlager Q. (Kosovo), um dort einen Schlüssel abzuholen. Der Kläger hielt auf dem Platz vor dem Kommandanturgebäude an und ließ seinen Beifahrer, Oberfeldwebel T. , aus dem Fahrzeug steigen. Der Kläger setzte sodann, ohne zuvor einen Einweiser beauftragt zu haben, mit dem Fahrzeug zurück, um es in eine hinter ihm liegende Parkbucht zu manövrieren. Dabei stieß er mit einem zwischenzeitlich hinter seinem Fahrzeug abgestellten Pritschenwagen mit dem amtlichen Kennzeichen Y-….. zusammen. Nach den Feststellungen der Beklagten entstand durch den Zusammenstoß an dem vom Kläger geführten Fahrzeug ein Schaden in Höhe von 1.343,80 €. An dem anderen Fahrzeug wurde kein Schaden festgestellt. 4Mit Ablauf des 31. März 2012 endete das Dienstverhältnis des Klägers als Soldat auf Zeit. 5Nach vorheriger Anhörung forderte das Bundesamt für Wehrverwaltung den Kläger mit Bescheid vom 18. September 2012 auf, an die Beklagte binnen Monatsfrist einen Betrag von 1.343,80 € zu zahlen. Hierzu sei er gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 SG verpflichtet, weil er im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 24. Oktober 2011 grob fahrlässig die ihm obliegenden Pflichten verletzt habe. Er habe vor dem Zurücksetzen seines Fahrzeugs keinen Einweiser eingeteilt, obwohl er hierzu gemäß Nr. 308 der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 43/2 verpflichtet gewesen sei, weil die unmittelbare Sicht nach hinten durch die Bauart des geführten Mercedes Sprinter beschränkt gewesen sei. Soweit der Kläger bei seiner Vernehmung nach dem Unfall angegeben habe, er habe vor dem Zurücksetzen in den rechten Außenspiegel geschaut, könne ihn dies nicht entlasten. Der bloße Blick in den rechten Außenspiegel sei vorliegend nicht ausreichend gewesen. Im Übrigen hätte der Kläger das hinter ihm abgestellte Fahrzeug bei einem Blick in den rechten Außenspiegel ohne weiteres bemerken müssen. Die danach gegebene Pflichtverletzung sei auch als grob fahrlässig zu bewerten. Es habe auf der Hand gelegen, dass vor der Durchführung des geplanten Fahrmanövers ein Einweiser einzuteilen gewesen sei, weil mit dem Rückwärtsfahren generell ein höheres Unfallrisiko verbunden sei und vorliegend zudem – aufgrund der Bauart des Fahrzeugs – die Sicht nach hinten beschränkt gewesen sei. Ein durchschnittlicher Soldat in der Lage des Klägers hätte daher einen Einweiser eingeteilt, zumindest aber vor dem Zurücksetzen beide Außenspiegel genutzt. Der Kläger habe das Fahrzeug dagegen blindlings zurückgesetzt, was unter den gegebenen Umständen unentschuldbar sei. Sollte er nicht in der Lage sein, den geforderten Betrag in einer Summe zu zahlen, könne er unter Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Ratenzahlung beantragen. 6Gegen den Bescheid vom 28. September 2012 erhob der Kläger am 28. September 2012 Beschwerde, die das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr mit Beschwerdebescheid vom 8. Januar 2013 im Wesentlichen mit den bereits im Ausgangsbescheid angestellten Erwägungen als unbegründet zurückwies. 7Am 11. Januar 2013 hat der Kläger Klage erhoben: Die Forderung der Beklagten sei unberechtigt. Ihm könne allenfalls leichte Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Der Fahrzeugführer, der hinter ihm – dem Kläger – vorschriftswidrig geparkt habe, sei der eigentliche Unfallverursacher. Mithin hätte dieser Fahrzeugführer in Anspruch genommen werden müssen, was jedoch unterblieben sei. Zudem sei die geltend gemachte Schadenshöhe nicht nachgewiesen. Die sich in den Akten befindliche Reparaturrechnung über 1.343,80 € sei unsubstanziiert und weise Arbeiten aus, die nicht mit dem Unfall in Zusammenhang stehen könnten. Es müsse daher bestritten werden, dass ein Schaden in der von der Beklagten geltend gemachten Höhe entstanden sei. Es sei davon auszugehen, dass Vorschäden vorhanden gewesen seien, die bei der hier in Rede stehenden Reparatur mit ausgebessert worden seien. Die Beklagte sei nicht mehr in der Lage nachzuweisen, welcher Schaden aus welchem Unfall resultiere, so dass sie nach der einschlägigen Rechtsprechung leer ausgehen müsse. 8Schriftsätzlich beantragt der Kläger sinngemäß, 9den Bescheid des Bundesamtes für Wehrverwaltung vom 18. September 2012 in der Gestalt des Beschwerdebescheides des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr vom 9. Januar 2013 aufzuheben. 10Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 11 die Klage abzuweisen. 12Sie bezieht sich auf die angefochtenen Bescheide und macht ergänzend hierzu geltend: Der Vortrag des Klägers, die Schadenshöhe sei nicht nachgewiesen, sei unzutreffend. Laut Meldung über den Unfall vom 24. Oktober 2011 seien die hintere rechte Heckklappe und das rechte Rücklicht des vom Kläger geführten Fahrzeugs beschädigt worden. Die Reparaturkostenrechnung über 1.343,80 € weise die Behebung eben dieser Schäden aus. Die Behauptung, es seien Vorschäden vorhanden, entbehre jeder Grundlage. Die von der besagten Rechnung erfassten Arbeiten hätten allein der Beseitigung des Unfallschadens gedient. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass auf dem Platz vor der Feldlagerkommandantur in Q. , auf dem sich der Unfall ereignet habe, keine Einschränkungen hinsichtlich des Parkens gegolten hätten. Es treffe mithin auch nicht zu, dass das Fahrzeug, gegen das der Kläger beim Rückwärtsfahren gestoßen sei, vorschriftswidrig abgestellt worden sei. 13Mit Beschluss vom 28. Juli 2013 hat die Kammer das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Abs. 1 VwGO). 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die über den Kläger geführte Personalakte sowie den von der Beklagten übermittelten Verwaltungsvorgang (jeweils ein Heft) Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16A. Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung. 17B. Die als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. 18Der Bescheid des Bundesamtes für Wehrverwaltung vom 18. September 2012 in der Gestalt des Beschwerdebescheides des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr vom 9. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 19Der Bescheid findet seine rechtliche Grundlage in § 24 Abs. 1 Satz 1 SG. Danach hat ein Soldat, der vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihm obliegenden Pflichten verletzt, dem Dienstherrn, dessen Aufgabe er wahrgenommen hat, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Dieser Anspruch kann – wie hier – durch Leistungsbescheid geltend gemacht werden, und zwar auch noch dann, wenn das Dienstverhältnis bereits beendet ist. 20Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. März 1999 – 2 C 15.98 –, ZBR 1999, 278 = NJW 1999, 3727. 21Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 1 SG, unter denen ein (ehemaliger) Soldat auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann, sind im Falle des Klägers erfüllt: 22I. Der Kläger war im Unfallzeitpunkt als Soldat auf Zeit für seinen Dienstherrn tätig. Dadurch, dass er am 24. Oktober 2011 beim Zurücksetzen des von ihm geführten Mercedes Sprinter mit einem anderen Bundeswehrfahrzeug zusammengestoßen ist, ist dem Dienstherrn ein Schaden in Höhe von 1.343,80 € entstanden. Auch in dem hier interessierenden soldatenrechtlichen Zusammenhang gilt der Schadensbegriff des § 249 BGB. Schaden ist damit derjenige Unterschied, der zwischen der Vermögenslage des geschädigten Dienstherrn infolge der schuldhaften Pflichtverletzung des Soldaten und der Vermögenslage, wie sie sich ohne dieses Ereignis darstellen würde, besteht. 23Vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Februar 2000 – 2 A 4.99 –, Buchholz 236.1 § 24 SG Nr. 18, und vom 11. März 1999 – 2 C 15.98 –, a.a.O. 24Dass die Beklagte ausgehend hiervon den im streitgegenständlichen Bescheid ausgewiesenen Schaden fehlerhaft berechnet hätte, ist nicht erkennbar. Soweit der Kläger im vorliegenden Klageverfahren sinngemäß geltend machen lässt, die Reparaturrechnung über 1.343,80 € sei unsubstanziiert und weise Arbeiten aus, die nicht mit dem Unfall in Zusammenhang stehen könnten, weshalb davon auszugehen sei, dass Vorschäden vorhanden gewesen seien, kann er hiermit nicht durchdringen. Zwar trifft es zu, dass bei einem Verkehrsunfall, bei dem es an einem Kraftfahrzeug in einem unfallvorgeschädigten Bereich zu einem neuen Schaden kommt, der Verkehrsunfallgeschädigte den Vorschaden und dessen Reparatur im Rahmen der Geltendmachung des neuen Schadens konkret und im Einzelnen darzulegen hat. Denn bei einem Verkehrsunfall bezieht sich der Schadensersatzanspruch des Geschädigten nur auf den Ersatz derjenigen Kosten, die zur Wiederherstellung des vor dem erneuten Verkehrsunfall bestehenden Zustands notwendig und erforderlich sind. Selbst kompatible Schäden, d.h. solchen Schäden, die an sich durch den neuen Verkehrsunfall entstanden sein können, kann ein Verkehrsunfallgeschädigter nicht ersetzt verlangen, solange es möglich ist, das diese Schäden bereits durch den früheren Verkehrsunfall und die seinerzeitigen Vorschäden verursacht worden sind. 25Vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 28. März 2001 – 14 U 87/00 –, MDR 2001, 1111; OLG Hamm, Urteil vom 18. April 1994 – 6 U 116/93 –, NZV 1994, 483. 26Dies gilt jedoch nur dann, wenn hinreichend geklärt ist, dass tatsächlich ein Vorschaden in dem betreffenden Fahrzeugbereich gegeben ist. Eine ohne jede Substanziierung abgegebene Erklärung, das Fahrzeug weise Vorschäden auf, stellt dagegen keinen beachtlichen Einwand gegen die Höhe der als Schadensersatz geltend gemachten Reparaturkosten dar. 27Vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 29. März 2007 – 12 U 171/06 –, juris (Rdnr. 8). 28Vorliegend ist eine relevante Vorbeschädigung des am 24. Oktober 2011 vom Kläger geführten Fahrzeugs nicht feststellbar. Entsprechendes ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers vor allem nicht aus der Reparaturrechnung vom 26. November 2011. Die Beklagte verweist insoweit zu Recht darauf, dass eine Kongruenz zwischen dem im Anschluss an das Unfallgeschehen vom 24. Oktober 2011 festgestellten Schadensbild und den in der Reparaturrechnung vom 26. November 2011 ausgewiesenen Arbeiten besteht. 29Im Einzelnen: 30In einem durch den zuständigen Kompaniechef, Hauptmann N. , gefertigten Bericht vom 25. Oktober 2011 heißt es zum Unfallhergang (Beiakte I, Blatt 55): 31„Am 24.10.2011 um ca. 0845 Uhr fuhr StGefr S. als Kraftfahrer eines Mercedes Benz Sprinter mit Ladefläche und dem OFw T. als seinem Beifahrer auf den Parkplatz vor das Gebäude der Feldlagerkommandantur im Feldlager Q. . Zweck der Fahrt war das Abholen eines Schlüssels von der im Gebäude befindlichen Kommandantur. In der Folge entschieden die beiden Soldaten nach der Abholung des Schlüssels vor Ort noch eine Zigarettenpause einzulegen. Dazu wollte StGefr S. sein Fahrzeug in die neben dem Kommandanturgebäude befindlichen Parkbuchten einparken. OFw T. war bereits aus dem Fahrzeug ausgestiegen, als S. den Rückwärtsgang einlegte und zurücksetzte. Unmittelbar nachdem T. und S. vor dem Gebäude der Kommandantur zum Stehen gekommen waren, muss ein Fahrzeug der EinWVSt KFOR ebenfalls auf den Parkplatz gefahren sein. Dieses Fahrzeug wurde direkt hinter S1. Fahrzeug geparkt und weder von ihm noch von T. bemerkt. In der Folge des Zurücksetzens kollidierte S. zwangsläufig mit der hinter ihm stehenden Pritsche.“ 32Der im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall angehörte Kläger und sein als Zeuge vernommener Beifahrer, Oberfeldwebel T. , haben den Unfallhergang im Wesentlichen übereinstimmend mit dem vorstehend zitierten Bericht geschildert (Beiakte I, Blätter 52 ff.). Ausgehend hiervon hat das erkennende Gericht keinen Zweifel daran, dass der Kläger den in Rede stehenden Unfall beim Zurücksetzen des von ihm geführten Bundeswehrfahrzeugs verursacht hat und die in der Akte dokumentierten Fahrzeugschäden auf diesen Unfall zurückzuführen sind. Im Einzelnen weisen die entsprechenden Unterlagen, vor allem die über den Unfall gefertigte Fotodokumentation, nicht unerhebliche Schäden an der rechten Seite des Fahrzeughecks aus. Auf den zeitnah nach dem Unfallereignis aufgenommenen Bildern 7 bis 9 (Beiakte I, Blatt 23 bis 25) ist deutlich eine Beschädigung im Bereich der rechten Laderaumtür, und zwar auf der Höhe des rechten Rücklichts, zu sehen, deren Entstehung durch den geschilderten Unfall ohne weiteres plausibel ist, zumal der Kläger selbst in seiner Anhörung am 24. Oktober 2011 bekundet hat, mit der hinteren rechten Seite des von ihm geführten Fahrzeugs auf den dahinter abgestellten Pritschenwagen getroffen zu sein (Beiakte I, Blatt 54). Dafür, dass das Fahrzeug bereits vorher in dem betreffenden Bereich beschädigt gewesen wäre, findet sich kein Anhaltspunkt in den über die Untersuchung des Unfalls gefertigten Berichten, Vernehmungsprotokollen und sonstigen Unterlagen. Auch der Kläger selbst hat in seiner Vernehmung vom 24. Oktober 2011 keinen Hinweis auf eine etwaige Vorbeschädigung geliefert. Die Reparaturrechnung der Mercedes Benz AG vom 26. November 2011 weist zudem allein Positionen aus, die einen deutlichen Zusammenhang zu den aus den Unfallunterlagen ersichtlichen Schäden im Bereich der rechten hinteren Laderaumtür des Fahrzeugs aufweisen. In der Rechnung sind einzig solche Arbeiten und die Verwendung solcher Ersatzteile dokumentiert, welche den unmittelbar durch den Unfall betroffenen Fahrzeugbereich, insbesondere die rechte Hecktür und die daneben angebrachte Schlussleuchte, betreffen (vgl. Beiakte I, Blatt 1b). Die Rechnung ist bei alledem – entgegen der Auffassung des Klägers – hinreichend substanziiert und weist die angefallenen Arbeitsschritte nachvollziehbar aus. Anhaltspunkte dafür, dass bei der Reparatur des Fahrzeugs auch Vorschäden, die nicht auf dem Unfall vom 24. Oktober 2011 beruhten, behoben worden wären, vermag das Gericht nicht einmal im Ansatz zu erkennen. Soweit der Kläger erstmals im Klageverfahren vortragen lässt, die Rechnung vom 26. November 2011 betreffe auch Arbeiten, die nicht mit dem Unfall im Zusammenhang stehen könnten, ist dies nicht nachvollziehbar, zumal der Kläger keine einzige Rechnungsposition benennt, die auf eine Vorbeschädigung hindeuten könnte. Die Aussage des Klägers, es liege ein Vorschaden vor, kann daher nur als Erklärung „ins Blaue hinein“ gewertet werden, die keine Pflicht des Gerichts auslöst, dem betreffenden Einwand weiter nachzugehen und diesbezüglich weitere Ermittlungen anzustellen. 33Auch im Übrigen bestehen im Hinblick auf den von der Beklagten geltend gemachten Schaden keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Solche folgen insbesondere nicht daraus, dass nicht die Beklagte selbst, sondern die BwFuhrpark GmbH Eigentümerin des beschädigten Fahrzeugs gewesen ist und in deren Auftrag auch die in der Rechnung vom 26. November 2011 ausgewiesene Reparatur erfolgt ist. Denn die BwFuhrpark GmbH hat der Beklagten unter dem 12. Dezember 2011 die vollen Reparaturkosten von 1.343,80 € in Rechnung gestellt (Beiakte I, Blatt 61), die von der Beklagten am 28. Juni 2012 beglichen worden sind (Beiakte I, Blatt 59), so dass ihr infolge des Unfalls ein Schaden in entsprechender Höhe entstanden ist. 34Vgl. zu entsprechenden Fallkonstellationen VG Minden, Urteil vom 25. März 2008 – 10 K 1365/07 –, juris (Rdnr. 49) -, 35Darüber hinaus handelt es sich bei dem Rechnungsbetrag von 1343,80 € um einen Netto-Betrag, der lediglich die angefallenen Reparaturkosten, nicht aber die möglicherweise angefallene Mehrwertsteuer enthält, so dass es hier keiner Entscheidung bedarf, ob die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art berechtigt ist, dem nach § 24 SG haftenden (ehemaligen) Soldaten die Zahlung der Reparaturkosten einschließlich der Mehrwertsteuer abzuverlangen. 36Vgl. zur dieser Problematik VG Minden, Urteil vom 25. März 2008– 10 K 1365/07 –, juris (Rdnr. 47), und VG Hannover, Urteil vom 29. Januar 2008 – 13 A 8415/06 –, juris (Rdnr. 48). 37II. Der entstandene Schaden in Höhe von 1.343,80 € beruht zudem auf einem pflichtwidrigen Verhalten des Klägers. Indem er den Unfall vom 24. Oktober 2011 herbeigeführt hat und dem Dienstherrn dadurch die genannten Kosten entstanden sind, hat der Kläger seine aus § 7 SG folgende Pflicht, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen, verletzt. Zu dieser Pflicht gehört es, zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Bundeswehr als militärischem Verband beizutragen und alles zu unterlassen, was ihren durch die Verfassung festgelegten Aufgabenbereich schwächen könnte. Der Pflicht, den Dienst nach besten Kräften zur erfüllen, laufen deshalb alle Handlungen zuwider, die im weitesten Sinne das Vermögen des Dienstherrn schädigen oder gefährden. 38Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. März 1999 – 2 C 15.98 –, a.a.O. 39Ein solches vermögensschädigendes Verhalten liegt hier vor. Der Kläger hat den in Rede stehenden Unfall vom 24. Oktober 2011 dadurch verursacht, dass er den ihm dienstlich anvertrauten Mercedes Sprinter zurückgesetzt hat, ohne hierbei die bei einer Rückwärtsfahrt gebotenen Vorkehrungen zu treffen. Die ZDv 43/2 bestimmt hierzu in ihrer Nr. 308: 40„Beim Rückwärtsfahren und Zurücksetzen von [Dienstfahrzeugen] haben Beifahrer bzw. Beifahrerinnen oder andere Hilfspersonen auf Anordnung des Fahrers bzw. der Fahrerin die Aufgaben des Einweisers bzw. der Einweiserin oder des Sicherungspostens wahrzunahmen und den Fahrer bzw. die Fahrerin zu unterstützen. Diese Anordnung ist dann zu treffen, wenn die unmittelbare Sicht nach hinten durch die Bauart oder durch die Beladung des [Dienstfahrzeugs] oder durch andere Umstände versperrt oder erschwert ist. In diesen Fällen reicht die Beobachtung der Fahrbahn nach hinten allein über den Innenspiegel und die Außenspiegel (Rückspiegel) nicht aus. 41Die Fahrer bzw. Fahrerinnen von [Dienstfahrzeugen] legen fest, ob der Beifahrer oder die Beifahrerin oder eine andere Hilfsperson als Einweiser bzw. Einweiserin oder Sicherungsposten tätig werden soll und erteilen einen klaren Auftrag.“ 42Gemessen hieran ist das Verhalten des Klägers als pflichtwidrig zu bewerten. Das ihm anvertraute Fahrzeug verfügt nicht über eine durchsichtige Heckscheibe. Vielmehr sind die im Heck des Fahrzeugs angebrachten Türen – wie etwa auf Bild 4 der über den Unfall gefertigten Fotodokumentation (Beiakte I, Blatt 20) erkennbar ist – durchgehend weiß lackiert, so dass bauartbedingt die unmittelbare Sicht nach hinten versperrt ist. Vor dem geplanten Zurücksetzen des Fahrzeugs zum Zweck des Einparkens in eine dafür vorgesehene Park- oder Haltebucht hätte der Kläger mithin nach Nr. 308 der ZDv 43/2 einen Einweiser heranziehen und ihm einen klaren Auftrag erteilen müssen. Als Einweiser wäre insbesondere der Beifahrer, Oberfeldwebel T. , in Betracht gekommen. Hätte der Kläger den Beifahrer entsprechend den in der zentralen Dienstanweisung formulierten Pflichten vor der Rückwärtsfahrt als Einweiser herangezogen, so wäre der Zusammenstoß mit dem hinter dem Fahrzeug des Klägers abgestellten Pritschenwagen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden. Der herangezogene Einweiser hätte den zwischenzeitlich auf dem Gelände vor der Feldkommandantur abgestellten Pritschenwagen aller Voraussicht nach bemerkt und den Kläger auf das Hindernis aufmerksam gemacht. Ein Blick in den Rückspiegel, den der Kläger vorgenommen haben will (vgl. Beiakte I, Blatt 54), genügt nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der in Nr. 308 der ZDv 43/2 enthaltenen Dienstvorschrift nicht, um die Rückwärtsfahrt bei einer – auch hier gegebenen – bauartbedingten Sichtversperrung abzusichern. Nach alledem beruht der eingetretene Schaden auf einem pflichtwidrigen Verhalten des Klägers 43- ebenso in ähnlich gelagerten Fällen: OVG NRW, Urteil vom 5. Februar 1986 – 1 A 851/84 – RiA 1986, 185; VG München, Urteil vom 14. April 2014– M 21 K 12.4452 –, juris (Rdnrn. 31 ff.); VG Würzburg, Urteil vom 4. Dezember 2012 – W 1 K 12.330 –, juris (Rdnr. 18 ff.); VG Stuttgart, Urteil vom 28. August 2002 – 17 K 397/02 –, juris (Rdnrn. 17 ff.) -. 44III. Des Weiteren geschah die die Pflichtverletzung des Klägers, durch die es zu dem Unfall vom 24. Oktober 2011 gekommen ist, grob fahrlässig. 45Grob fahrlässig handelt nach allgemeinen – auch die Anwendung des § 24 Abs. 1 SG bestimmenden – Grundsätzen, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt. Ein solcher Fall ist anzunehmen, wenn der Handelnde nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem – nicht erst nachträglich, sondern schon im Augenblick der Sorgfaltspflichtverletzung – hätte einleuchten müssen, wenn er nur die einfachsten und naheliegendsten Überlegungen angestellt hätte. 46Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 22. November 2006 – 2 B 47.06 –, juris (Rdnr. 4), und OVG NRW, Urteil vom 24. Mai 2006 – 1 A 5105/04 –, juris (Rdnr. 45). 47Im Gegensatz zum rein objektiven Maßstab bei einfacher Fahrlässigkeit sind bei grober Fahrlässigkeit auch subjektive Umstände zu berücksichtigen. Es kommt also nicht nur darauf an, was von einem durchschnittlichen Anforderungen entsprechenden Angehörigen des jeweiligen Verkehrskreises in der jeweiligen Situation erwartet werden konnte, ob also die Gefahr erkennbar und der Erfolg vorhersehbar und vermeidbar war, sondern auch darauf, ob der Schädigende nach seinen individuellen Fähigkeiten die objektiv gebotene Sorgfalt erkennen und erbringen konnte. 48Vgl. etwa VG Minden, Urteil vom 25. März 2008 – 10 K 1365/07 –, juris (Rdnr. 23). 49Gemessen an diesen Grundsätzen muss sich der Kläger im vorliegenden Fall eine grob fahrlässige Pflichtverletzung vorhalten lassen. Im Straßenverkehr liegt nämlich regelmäßig grobe Fahrlässigkeit vor, wenn Sicherheitsregeln vernachlässigt werden, deren Einhaltung für die Vermeidung von Unfällen besonders wichtig ist und deren Beobachtung vom Verkehrsteilnehmer besondere Aufmerksamkeit erfordert. Zu diesen Sicherheitsregeln gehört gerade auch die Verpflichtung eines Fahrzeugführers, sich beim Rückwärtsfahren so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist und sich erforderlichenfalls einweisen zu lassen. Die Einhaltung dieser Verpflichtung ist für die Vermeidung von Unfällen besonders wichtig und muss wegen der mit dem Rückwärtsfahren verbundenen erhöhten Gefahren besonders sorgfältig beobachtet werden. Diese Pflicht ist für den allgemeinen Straßenverkehr in § 9 Abs. 5 StVO, der im KFOR-Einsatzgebiet allerdings nicht unmittelbar gilt, geregelt und wird für den hier interessierenden militärischen Bereich durch die ZDv 43/2, Nr. 308 konkretisiert. Die Nichtbeachtung der darin enthaltenen Bestimmungen ist in der Regel grob fahrlässig. 50Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Februar 1986 – 1 A 851/84 – a.a.O.; VG München, Urteil vom 14. April 2014 – M 21 K 12.4452 –, juris (Rdnr. 34); VG Würzburg, Urteil vom 4. Dezember 2012 – W 1 K 12.330 –, juris (Rdnr. 22); VG Stuttgart, Urteil vom 28. August 2002 – 17 K 397/02 –, juris (Rdnr. 19). 51So liegt der Fall auch hier. Der Kläger hatte die ZDv 43/2 als für Bundeswehrsoldaten geltende Verwaltungsvorschrift zu kennen und auch mit Blick auf § 7 SG zwingend zu beachten, um einen möglichen Schaden von der Beklagten abzuwenden. Es musste ihm ohne weiteres klar sein, dass die Sicht nach hinten aufgrund der Bauart des von ihm geführten Mercedes Sprinter erheblich erschwert war und er mithin einen Einweiser, der mit Oberfeldwebel T. als Beifahrer auch tatsächlich zur Verfügung stand, einzuteilen hatte. Zwar hatte Oberfeldwebel T. das Fahrzeug bereits verlassen, als der Kläger das Fahrzeug zurücksetzte. Es wäre dem Kläger aber ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, vor dem Rückwärtsfahren die Rückkehr seines Beifahrers aus dem Kommandanturgebäude, aus dem (lediglich) ein Schlüssel abzuholen war, abzuwarten. Es kann den Kläger bei alledem auch nicht entlasten, dass der Pritschenwagen, mit dem er beim Rückwärtsfahren kollidiert ist, erst kurz vor dem in Rede stehenden Fahrmanöver auf dem Platz vor der Feldkommandantur abgestellt worden war und somit kurz vor der Unfallfahrt aus der Sicht des Klägers noch „alles in Ordnung“ gewesen sein mag. Im Gegenteil zeigt gerade der vorliegende Fall, dass der atypische Verkehrsvorgang des Rückwärtsfahrens größte Umsicht erfordert und bei erschwerten Sichtverhältnissen, wie sie im Falle eines Mercedes Sprinter bauartbedingt gegeben sind, grundsätzlich die Einteilung eines Einweisers geboten ist, um auf diese Weise gerade auch unvorhergesehenen Umständen – z.B. dem kurzfristigen Abstellen eines Fahrzeugs, dem plötzlichen Auftauchen von Personen oder der Entstehung sonstiger Hindernisse in dem rückwärts zu durchquerenden Bereich – Rechnung tragen zu können. Der Kläger kann demgegenüber nicht mit seinem Einwand durchdringen, der Pritschenwagen, mit dem er zusammengestoßen sei, sei vorschriftwidrig abgestellt worden. Dies gilt schon deshalb, weil es entgegen der Annahme des Klägers keine Anhaltspunkte für ein vorschriftwidriges Verhalten des Fahrers des Pritschenwagens gibt. Auf den über den Unfallort gefertigten Fotos und Skizzen ist zwar – so etwa auf Foto Nr. 8 (Beiakte I, Blatt 24) – erkennbar, dass auf dem mit Kies ausgestreuten Platz vor der Feldkommandantur durch entsprechende Beschilderung einzelne Parkplätze ausgewiesen sind. Zugleich ist aber nicht ersichtlich, dass auf dem weiträumigen Platz im Übrigen Restriktionen in Bezug auf das Halten oder Parken gelten würden. Vor allem ist auf den über die Unfallstelle gefertigten Bildern (vgl. vor allem die Fotos Nr. 1 bis 4; Beiakte I, Blätter 17 ff.) keine Beschilderung, die auf Park- und/oder Halteverbote hindeuten würde, zu erkennen. Im Einklang hiermit hat die Beklagte dem Gericht durch Schriftsatz vom 1. Juli 2014 mitgeteilt, dass auf dem Platz vor der Feldkommandantur in Q. keinerlei Einschränkungen hinsichtlich des Parkens gelten. Der erneut vollkommen unsubstanziierten Behauptung des Klägers, der Pritschenwagen sei vorschriftswidrig abgestellt gewesen, kann daher nicht gefolgt werden. 52Es kann den Kläger darüber hinaus nicht entlasten, dass er sich – soweit aus den beigezogenen Akten ersichtlich – während seines Dienstes bei der Bundeswehr bis zum 24. Oktober 2011 als zuverlässiger Fahrer gezeigt hatte. Auch wenn es sich bei seinem Verhalten am Unfalltag um eine spontane Fehlreaktion gehandelt haben mag, schließt dies für sich genommen eine grobe Fahrlässigkeit nicht aus. Dies ist bei einem sog. Augenblicksversagen nur dann der Fall, wenn besondere entlastende Umstände vorhanden sind. Solche Umstände können im Einzelfall auch in subjektiven Besonderheiten liegen, die den Grund des momentanen Versagens erkennen und in einem milderen Licht erscheinen lassen. Als entlastende Umstände in diesem Sinne kommen grundsätzlich z.B. Arbeitsüberlastung und dienstliche Überforderung, erheblich geminderte Einsichtsfähigkeit des Handelnden, Eilbedürftigkeit des Handelns in einer Gefahrenlage, Erforderlichkeit einer Reaktion in Zeitnot und mitwirkende Organisationsmängel in Betracht. 53Vgl. dazu etwa VG Freiburg, Urteil vom 11. Oktober 2001 – 3 K 1659/99 –,juris (Rdnr. 20), und VG Minden, Urteil vom 25. März 2008 – 10 K 1365/07 –, juris (Rdnrn. 30 ff.). 54Dass entsprechende Bedingungen hier zum Unfallzeitpunkt gegeben gewesen wären, kann das erkennende Gericht jedoch nicht feststellen. Namentlich ist nicht ersichtlich, dass der Kläger sich beim Zurücksetzen des Fahrzeugs einer Zeitnot ausgesetzt gesehen hätte, die so erheblich gewesen wäre, dass die Zuziehung eines Einweisers unterbleiben musste, oder dass der Kläger aufgrund sonstiger Umstände derart unter Druck gestanden hätte, dass es ihm weder möglich noch zumutbar gewesen wäre, in der konkreten Situation selbst die naheliegendsten Überlegungen anzustellen und für eine ausreichende Absicherung der Rückwärtsfahrt zu sorgen. Im Gegenteil spricht der Umstand, dass der Kläger und Oberfeldwebel T. nach der Abholung des Schlüssels in der Feldkommandantur noch eine Zigarettenpause einlegen wollten und deshalb das Fahrzeug in einer der vorhandenen Parkbuchten abgestellt werden sollte, deutlich dafür, dass in der konkreten Situation kein nennenswerter Zeitdruck bestand. 55Die sich aus § 24 Abs. 1 Satz 1 SG ergebenden Voraussetzungen für eine Haftung des Klägers sind damit erfüllt. 56IV. Gesichtspunkte, welche die Beklagte gleichwohl hätten veranlassen müssen, von ihrer Schadensersatzforderung abzusehen oder diese zu mindern, sind nicht erkennbar. Dies war insbesondere nicht unter Fürsorgegesichtspunkten geboten. Die Vorschrift des § 24 SG über die (begrenzte) Haftung des Soldaten gegenüber seinem Dienstherrn stellt – gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht – eine abschließende Regelung dar. In ihr ist bereits eine ausgewogene Risikoverteilung enthalten, die für den Soldaten sogar deutlich günstiger ist als die des bürgerlichen Rechts oder die nach den arbeitsrechtlichen Grundsätzen der „gefahrgeneigten Arbeit“, da der Soldat gemäß § 24 SG in den die große Mehrheit bildenden Fällen einfacher und mittlerer Fahrlässigkeit nicht nur teilweise, sondern vollständig von der Schadensersatzpflicht befreit ist. Diese Risikoverteilung kann nicht aufgrund anderer soldatenrechtlicher Bestimmungen – z.B. die Regelung über die Fürsorgepflicht (§ 31 SG) – im Ergebnis wieder umgestoßen werden. Aus diesem Grund ist z.B. keine aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn folgende Pflicht, den Soldaten von der im Gesetz vorgesehenen Haftung durch Abschluss einer Versicherung zu seinen Gunsten letztlich freizustellen oder dessen Haftung in anderer Weise auf einen Bruchteil des Gesamtschadens zu beschränken, anzuerkennen. 57Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. September 1964 – 2 C 147.61 –, Buchholz 232 § 78 BBG Nr. 5, und vom 3. Februar 1972 – 6 C 22.68 –, Buchholz 232 § 78 Nr. 18. 58Lediglich in Einzelfällen können es das beiderseitige Treueverhältnis und die Fürsorgepflicht angemessen erscheinen lassen, den Ersatzanspruch nach Maßgabe des Haushaltsrechts nur im begrenztem Umfang durchzusetzen. Unter welchen Voraussetzungen dies angezeigt ist, richtet sich allein nach den Umständen des einzelnen Falles. 59Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 1981 – 2 B 4.80 –, DÖD 1981, 159. 60Entsprechende Umstände, die es angezeigt erscheinen ließen, den Kläger ganz oder teilweise von der Haftung freizustellen, sind nicht erkennbar. Insbesondere ist die Schadenshöhe mit 1.343,80 € zwar – gerade auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass er sich nach Beendigung seiner Dienstzeit bei der Bundeswehr eine neue berufliche Existenz aufbauen muss – durchaus nicht unerheblich, andererseits aber auch nicht derart hoch, dass es angesichts der Gesamtumstände unangemessen oder unbillig erschiene, den Kläger auf den vollen Betrag in Anspruch zu nehmen. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte dem Kläger die Möglichkeit in Aussicht gestellt hat, den Betrag in Raten zurückzuzahlen, wenn er dies unter Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beantragt. 61C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2 es folgt der berufliche werdegang des klägers. 3in der zeit vom 26. september 2011 bis zum 31. januar 2012 nahm der kläger am auslandseinsatz der bundeswehr im rahmen der internationalen sicherheitspräsenz im kosovo (kfor) teil. am 24. oktober 2011 fuhr er mit einem der bwfuhrparkservice gmbh gehörenden fahrzeug vom typ mercedes sprinter– amtliches kennzeichen y-…. – zur feldkommandantur im feldlager q. (kosovo), um dort einen schlüssel abzuholen. der kläger hielt auf dem platz vor dem kommandanturgebäude an und ließ seinen beifahrer, oberfeldwebel t. , aus dem fahrzeug steigen. der kläger setzte sodann, ohne zuvor einen einweiser beauftragt zu haben, mit dem fahrzeug zurück, um es in eine hinter ihm liegende parkbucht zu manövrieren. dabei stieß er mit einem zwischenzeitlich hinter seinem fahrzeug abgestellten pritschenwagen mit dem amtlichen kennzeichen y-….. zusammen. nach den feststellungen der beklagten entstand durch den zusammenstoß an dem vom kläger geführten fahrzeug ein schaden in höhe von 1.343,80 €. an dem anderen fahrzeug wurde kein schaden festgestellt. 4mit ablauf des 31. märz 2012 endete das dienstverhältnis des klägers als soldat auf zeit. 5nach vorheriger anhörung forderte das bundesamt für wehrverwaltung den kläger mit bescheid vom 18. september 2012 auf, an die beklagte binnen monatsfrist einen betrag von 1.343,80 € zu zahlen. hierzu sei er gemäß § 24 abs. 1 satz 1 sg verpflichtet, weil er im zusammenhang mit dem vorfall vom 24. oktober 2011 grob fahrlässig die ihm obliegenden pflichten verletzt habe. er habe vor dem zurücksetzen seines fahrzeugs keinen einweiser eingeteilt, obwohl er hierzu gemäß nr. 308 der zentralen dienstvorschrift (zdv) 43/2 verpflichtet gewesen sei, weil die unmittelbare sicht nach hinten durch die bauart des geführten mercedes sprinter beschränkt gewesen sei. soweit der kläger bei seiner vernehmung nach dem unfall angegeben habe, er habe vor dem zurücksetzen in den rechten außenspiegel geschaut, könne ihn dies nicht entlasten. der bloße blick in den rechten außenspiegel sei vorliegend nicht ausreichend gewesen. im übrigen hätte der kläger das hinter ihm abgestellte fahrzeug bei einem blick in den rechten außenspiegel ohne weiteres bemerken müssen. die danach gegebene pflichtverletzung sei auch als grob fahrlässig zu bewerten. es habe auf der hand gelegen, dass vor der durchführung des geplanten fahrmanövers ein einweiser einzuteilen gewesen sei, weil mit dem rückwärtsfahren generell ein höheres unfallrisiko verbunden sei und vorliegend zudem – aufgrund der bauart des fahrzeugs – die sicht nach hinten beschränkt gewesen sei. ein durchschnittlicher soldat in der lage des klägers hätte daher einen einweiser eingeteilt, zumindest aber vor dem zurücksetzen beide außenspiegel genutzt. der kläger habe das fahrzeug dagegen blindlings zurückgesetzt, was unter den gegebenen umständen unentschuldbar sei. sollte er nicht in der lage sein, den geforderten betrag in einer summe zu zahlen, könne er unter darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen verhältnisse ratenzahlung beantragen. 6gegen den bescheid vom 28. september 2012 erhob der kläger am 28. september 2012 beschwerde, die das bundesamt für infrastruktur, umweltschutz und dienstleistungen der bundeswehr mit beschwerdebescheid vom 8. januar 2013 im wesentlichen mit den bereits im ausgangsbescheid angestellten erwägungen als unbegründet zurückwies. 7am 11. januar 2013 hat der kläger klage erhoben: die forderung der beklagten sei unberechtigt. ihm könne allenfalls leichte fahrlässigkeit vorgeworfen werden. der fahrzeugführer, der hinter ihm – dem kläger – vorschriftswidrig geparkt habe, sei der eigentliche unfallverursacher. mithin hätte dieser fahrzeugführer in anspruch genommen werden müssen, was jedoch unterblieben sei. zudem sei die geltend gemachte schadenshöhe nicht nachgewiesen. die sich in den akten befindliche reparaturrechnung über 1.343,80 € sei unsubstanziiert und weise arbeiten aus, die nicht mit dem unfall in zusammenhang stehen könnten. es müsse daher bestritten werden, dass ein schaden in der von der beklagten geltend gemachten höhe entstanden sei. es sei davon auszugehen, dass vorschäden vorhanden gewesen seien, die bei der hier in rede stehenden reparatur mit ausgebessert worden seien. die beklagte sei nicht mehr in der lage nachzuweisen, welcher schaden aus welchem unfall resultiere, so dass sie nach der einschlägigen rechtsprechung leer ausgehen müsse. 8schriftsätzlich beantragt der kläger sinngemäß, 9den bescheid des bundesamtes für wehrverwaltung vom 18. september 2012 in der gestalt des beschwerdebescheides des bundesamtes für infrastruktur, umweltschutz und dienstleistungen der bundeswehr vom 9. januar 2013 aufzuheben. 10die beklagte beantragt schriftsätzlich, 11 die klage abzuweisen. 12sie bezieht sich auf die angefochtenen bescheide und macht ergänzend hierzu geltend: der vortrag des klägers, die schadenshöhe sei nicht nachgewiesen, sei unzutreffend. laut meldung über den unfall vom 24. oktober 2011 seien die hintere rechte heckklappe und das rechte rücklicht des vom kläger geführten fahrzeugs beschädigt worden. die reparaturkostenrechnung über 1.343,80 € weise die behebung eben dieser schäden aus. die behauptung, es seien vorschäden vorhanden, entbehre jeder grundlage. die von der besagten rechnung erfassten arbeiten hätten allein der beseitigung des unfallschadens gedient. ferner sei darauf hinzuweisen, dass auf dem platz vor der feldlagerkommandantur in q. , auf dem sich der unfall ereignet habe, keine einschränkungen hinsichtlich des parkens gegolten hätten. es treffe mithin auch nicht zu, dass das fahrzeug, gegen das der kläger beim rückwärtsfahren gestoßen sei, vorschriftswidrig abgestellt worden sei. 13mit beschluss vom 28. juli 2013 hat die kammer das verfahren dem berichterstatter als einzelrichter zur entscheidung übertragen (§ 6 abs. 1 vwgo). 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte, die über den kläger geführte personalakte sowie den von der beklagten übermittelten verwaltungsvorgang (jeweils ein heft) bezug genommen. 15
16a. mit einverständnis der beteiligten entscheidet das gericht gemäß § 101 abs. 2 vwgo ohne mündliche verhandlung. 17b. die als anfechtungsklage (§ 42 abs. 1 vwgo) statthafte und auch im übrigen zulässige klage ist unbegründet. 18der bescheid des bundesamtes für wehrverwaltung vom 18. september 2012 in der gestalt des beschwerdebescheides des bundesamtes für infrastruktur, umweltschutz und dienstleistungen der bundeswehr vom 9. januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 19der bescheid findet seine rechtliche grundlage in § 24 abs. 1 satz 1 sg. danach hat ein soldat, der vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihm obliegenden pflichten verletzt, dem dienstherrn, dessen aufgabe er wahrgenommen hat, den daraus entstehenden schaden zu ersetzen. dieser anspruch kann – wie hier – durch leistungsbescheid geltend gemacht werden, und zwar auch noch dann, wenn das dienstverhältnis bereits beendet ist. 20vgl. bverwg, urteil vom 11. märz 1999 – 2 c 15.98 –, zbr 1999, 278 = njw 1999, 3727. 21die voraussetzungen des § 24 abs. 1 satz 1 sg, unter denen ein (ehemaliger) soldat auf schadensersatz in anspruch genommen werden kann, sind im falle des klägers erfüllt: 22i. der kläger war im unfallzeitpunkt als soldat auf zeit für seinen dienstherrn tätig. dadurch, dass er am 24. oktober 2011 beim zurücksetzen des von ihm geführten mercedes sprinter mit einem anderen bundeswehrfahrzeug zusammengestoßen ist, ist dem dienstherrn ein schaden in höhe von 1.343,80 € entstanden. auch in dem hier interessierenden soldatenrechtlichen zusammenhang gilt der schadensbegriff des § 249 bgb. schaden ist damit derjenige unterschied, der zwischen der vermögenslage des geschädigten dienstherrn infolge der schuldhaften pflichtverletzung des soldaten und der vermögenslage, wie sie sich ohne dieses ereignis darstellen würde, besteht. 23vgl. bverwg, urteile vom 10. februar 2000 – 2 a 4.99 –, buchholz 236.1 § 24 sg nr. 18, und vom 11. märz 1999 – 2 c 15.98 –, a.a.o. 24dass die beklagte ausgehend hiervon den im streitgegenständlichen bescheid ausgewiesenen schaden fehlerhaft berechnet hätte, ist nicht erkennbar. soweit der kläger im vorliegenden klageverfahren sinngemäß geltend machen lässt, die reparaturrechnung über 1.343,80 € sei unsubstanziiert und weise arbeiten aus, die nicht mit dem unfall in zusammenhang stehen könnten, weshalb davon auszugehen sei, dass vorschäden vorhanden gewesen seien, kann er hiermit nicht durchdringen. zwar trifft es zu, dass bei einem verkehrsunfall, bei dem es an einem kraftfahrzeug in einem unfallvorgeschädigten bereich zu einem neuen schaden kommt, der verkehrsunfallgeschädigte den vorschaden und dessen reparatur im rahmen der geltendmachung des neuen schadens konkret und im einzelnen darzulegen hat. denn bei einem verkehrsunfall bezieht sich der schadensersatzanspruch des geschädigten nur auf den ersatz derjenigen kosten, die zur wiederherstellung des vor dem erneuten verkehrsunfall bestehenden zustands notwendig und erforderlich sind. selbst kompatible schäden, d.h. solchen schäden, die an sich durch den neuen verkehrsunfall entstanden sein können, kann ein verkehrsunfallgeschädigter nicht ersetzt verlangen, solange es möglich ist, das diese schäden bereits durch den früheren verkehrsunfall und die seinerzeitigen vorschäden verursacht worden sind. 25vgl. olg hamburg, urteil vom 28. märz 2001 – 14 u 87/00 –, mdr 2001, 1111; olg hamm, urteil vom 18. april 1994 – 6 u 116/93 –, nzv 1994, 483. 26dies gilt jedoch nur dann, wenn hinreichend geklärt ist, dass tatsächlich ein vorschaden in dem betreffenden fahrzeugbereich gegeben ist. eine ohne jede substanziierung abgegebene erklärung, das fahrzeug weise vorschäden auf, stellt dagegen keinen beachtlichen einwand gegen die höhe der als schadensersatz geltend gemachten reparaturkosten dar. 27vgl. brandenburgisches olg, urteil vom 29. märz 2007 – 12 u 171/06 –, juris (rdnr. 8). 28vorliegend ist eine relevante vorbeschädigung des am 24. oktober 2011 vom kläger geführten fahrzeugs nicht feststellbar. entsprechendes ergibt sich entgegen der auffassung des klägers vor allem nicht aus der reparaturrechnung vom 26. november 2011. die beklagte verweist insoweit zu recht darauf, dass eine kongruenz zwischen dem im anschluss an das unfallgeschehen vom 24. oktober 2011 festgestellten schadensbild und den in der reparaturrechnung vom 26. november 2011 ausgewiesenen arbeiten besteht. 29im einzelnen: 30in einem durch den zuständigen kompaniechef, hauptmann n. , gefertigten bericht vom 25. oktober 2011 heißt es zum unfallhergang (beiakte i, blatt 55): 31„am 24.10.2011 um ca. 0845 uhr fuhr stgefr s. als kraftfahrer eines mercedes benz sprinter mit ladefläche und dem ofw t. als seinem beifahrer auf den parkplatz vor das gebäude der feldlagerkommandantur im feldlager q. . zweck der fahrt war das abholen eines schlüssels von der im gebäude befindlichen kommandantur. in der folge entschieden die beiden soldaten nach der abholung des schlüssels vor ort noch eine zigarettenpause einzulegen. dazu wollte stgefr s. sein fahrzeug in die neben dem kommandanturgebäude befindlichen parkbuchten einparken. ofw t. war bereits aus dem fahrzeug ausgestiegen, als s. den rückwärtsgang einlegte und zurücksetzte. unmittelbar nachdem t. und s. vor dem gebäude der kommandantur zum stehen gekommen waren, muss ein fahrzeug der einwvst kfor ebenfalls auf den parkplatz gefahren sein. dieses fahrzeug wurde direkt hinter s1. fahrzeug geparkt und weder von ihm noch von t. bemerkt. in der folge des zurücksetzens kollidierte s. zwangsläufig mit der hinter ihm stehenden pritsche.“ 32der im engen zeitlichen zusammenhang mit dem unfall angehörte kläger und sein als zeuge vernommener beifahrer, oberfeldwebel t. , haben den unfallhergang im wesentlichen übereinstimmend mit dem vorstehend zitierten bericht geschildert (beiakte i, blätter 52 ff.). ausgehend hiervon hat das erkennende gericht keinen zweifel daran, dass der kläger den in rede stehenden unfall beim zurücksetzen des von ihm geführten bundeswehrfahrzeugs verursacht hat und die in der akte dokumentierten fahrzeugschäden auf diesen unfall zurückzuführen sind. im einzelnen weisen die entsprechenden unterlagen, vor allem die über den unfall gefertigte fotodokumentation, nicht unerhebliche schäden an der rechten seite des fahrzeughecks aus. auf den zeitnah nach dem unfallereignis aufgenommenen bildern 7 bis 9 (beiakte i, blatt 23 bis 25) ist deutlich eine beschädigung im bereich der rechten laderaumtür, und zwar auf der höhe des rechten rücklichts, zu sehen, deren entstehung durch den geschilderten unfall ohne weiteres plausibel ist, zumal der kläger selbst in seiner anhörung am 24. oktober 2011 bekundet hat, mit der hinteren rechten seite des von ihm geführten fahrzeugs auf den dahinter abgestellten pritschenwagen getroffen zu sein (beiakte i, blatt 54). dafür, dass das fahrzeug bereits vorher in dem betreffenden bereich beschädigt gewesen wäre, findet sich kein anhaltspunkt in den über die untersuchung des unfalls gefertigten berichten, vernehmungsprotokollen und sonstigen unterlagen. auch der kläger selbst hat in seiner vernehmung vom 24. oktober 2011 keinen hinweis auf eine etwaige vorbeschädigung geliefert. die reparaturrechnung der mercedes benz ag vom 26. november 2011 weist zudem allein positionen aus, die einen deutlichen zusammenhang zu den aus den unfallunterlagen ersichtlichen schäden im bereich der rechten hinteren laderaumtür des fahrzeugs aufweisen. in der rechnung sind einzig solche arbeiten und die verwendung solcher ersatzteile dokumentiert, welche den unmittelbar durch den unfall betroffenen fahrzeugbereich, insbesondere die rechte hecktür und die daneben angebrachte schlussleuchte, betreffen (vgl. beiakte i, blatt 1b). die rechnung ist bei alledem – entgegen der auffassung des klägers – hinreichend substanziiert und weist die angefallenen arbeitsschritte nachvollziehbar aus. anhaltspunkte dafür, dass bei der reparatur des fahrzeugs auch vorschäden, die nicht auf dem unfall vom 24. oktober 2011 beruhten, behoben worden wären, vermag das gericht nicht einmal im ansatz zu erkennen. soweit der kläger erstmals im klageverfahren vortragen lässt, die rechnung vom 26. november 2011 betreffe auch arbeiten, die nicht mit dem unfall im zusammenhang stehen könnten, ist dies nicht nachvollziehbar, zumal der kläger keine einzige rechnungsposition benennt, die auf eine vorbeschädigung hindeuten könnte. die aussage des klägers, es liege ein vorschaden vor, kann daher nur als erklärung „ins blaue hinein“ gewertet werden, die keine pflicht des gerichts auslöst, dem betreffenden einwand weiter nachzugehen und diesbezüglich weitere ermittlungen anzustellen. 33auch im übrigen bestehen im hinblick auf den von der beklagten geltend gemachten schaden keine durchgreifenden rechtlichen bedenken. solche folgen insbesondere nicht daraus, dass nicht die beklagte selbst, sondern die bwfuhrpark gmbh eigentümerin des beschädigten fahrzeugs gewesen ist und in deren auftrag auch die in der rechnung vom 26. november 2011 ausgewiesene reparatur erfolgt ist. denn die bwfuhrpark gmbh hat der beklagten unter dem 12. dezember 2011 die vollen reparaturkosten von 1.343,80 € in rechnung gestellt (beiakte i, blatt 61), die von der beklagten am 28. juni 2012 beglichen worden sind (beiakte i, blatt 59), so dass ihr infolge des unfalls ein schaden in entsprechender höhe entstanden ist. 34vgl. zu entsprechenden fallkonstellationen vg minden, urteil vom 25. märz 2008 – 10 k 1365/07 –, juris (rdnr. 49) -, 35darüber hinaus handelt es sich bei dem rechnungsbetrag von 1343,80 € um einen netto-betrag, der lediglich die angefallenen reparaturkosten, nicht aber die möglicherweise angefallene mehrwertsteuer enthält, so dass es hier keiner entscheidung bedarf, ob die beklagte in fällen der vorliegenden art berechtigt ist, dem nach § 24 sg haftenden (ehemaligen) soldaten die zahlung der reparaturkosten einschließlich der mehrwertsteuer abzuverlangen. 36vgl. zur dieser problematik vg minden, urteil vom 25. märz 2008– 10 k 1365/07 –, juris (rdnr. 47), und vg hannover, urteil vom 29. januar 2008 – 13 a 8415/06 –, juris (rdnr. 48). 37ii. der entstandene schaden in höhe von 1.343,80 € beruht zudem auf einem pflichtwidrigen verhalten des klägers. indem er den unfall vom 24. oktober 2011 herbeigeführt hat und dem dienstherrn dadurch die genannten kosten entstanden sind, hat der kläger seine aus § 7 sg folgende pflicht, der bundesrepublik deutschland treu zu dienen, verletzt. zu dieser pflicht gehört es, zur erhaltung der funktionsfähigkeit der bundeswehr als militärischem verband beizutragen und alles zu unterlassen, was ihren durch die verfassung festgelegten aufgabenbereich schwächen könnte. der pflicht, den dienst nach besten kräften zur erfüllen, laufen deshalb alle handlungen zuwider, die im weitesten sinne das vermögen des dienstherrn schädigen oder gefährden. 38vgl. bverwg, urteil vom 11. märz 1999 – 2 c 15.98 –, a.a.o. 39ein solches vermögensschädigendes verhalten liegt hier vor. der kläger hat den in rede stehenden unfall vom 24. oktober 2011 dadurch verursacht, dass er den ihm dienstlich anvertrauten mercedes sprinter zurückgesetzt hat, ohne hierbei die bei einer rückwärtsfahrt gebotenen vorkehrungen zu treffen. die zdv 43/2 bestimmt hierzu in ihrer nr. 308: 40„beim rückwärtsfahren und zurücksetzen von [dienstfahrzeugen] haben beifahrer bzw. beifahrerinnen oder andere hilfspersonen auf anordnung des fahrers bzw. der fahrerin die aufgaben des einweisers bzw. der einweiserin oder des sicherungspostens wahrzunahmen und den fahrer bzw. die fahrerin zu unterstützen. diese anordnung ist dann zu treffen, wenn die unmittelbare sicht nach hinten durch die bauart oder durch die beladung des [dienstfahrzeugs] oder durch andere umstände versperrt oder erschwert ist. in diesen fällen reicht die beobachtung der fahrbahn nach hinten allein über den innenspiegel und die außenspiegel (rückspiegel) nicht aus. 41die fahrer bzw. fahrerinnen von [dienstfahrzeugen] legen fest, ob der beifahrer oder die beifahrerin oder eine andere hilfsperson als einweiser bzw. einweiserin oder sicherungsposten tätig werden soll und erteilen einen klaren auftrag.“ 42gemessen hieran ist das verhalten des klägers als pflichtwidrig zu bewerten. das ihm anvertraute fahrzeug verfügt nicht über eine durchsichtige heckscheibe. vielmehr sind die im heck des fahrzeugs angebrachten türen – wie etwa auf bild 4 der über den unfall gefertigten fotodokumentation (beiakte i, blatt 20) erkennbar ist – durchgehend weiß lackiert, so dass bauartbedingt die unmittelbare sicht nach hinten versperrt ist. vor dem geplanten zurücksetzen des fahrzeugs zum zweck des einparkens in eine dafür vorgesehene park- oder haltebucht hätte der kläger mithin nach nr. 308 der zdv 43/2 einen einweiser heranziehen und ihm einen klaren auftrag erteilen müssen. als einweiser wäre insbesondere der beifahrer, oberfeldwebel t. , in betracht gekommen. hätte der kläger den beifahrer entsprechend den in der zentralen dienstanweisung formulierten pflichten vor der rückwärtsfahrt als einweiser herangezogen, so wäre der zusammenstoß mit dem hinter dem fahrzeug des klägers abgestellten pritschenwagen mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit vermieden worden. der herangezogene einweiser hätte den zwischenzeitlich auf dem gelände vor der feldkommandantur abgestellten pritschenwagen aller voraussicht nach bemerkt und den kläger auf das hindernis aufmerksam gemacht. ein blick in den rückspiegel, den der kläger vorgenommen haben will (vgl. beiakte i, blatt 54), genügt nach dem insoweit eindeutigen wortlaut der in nr. 308 der zdv 43/2 enthaltenen dienstvorschrift nicht, um die rückwärtsfahrt bei einer – auch hier gegebenen – bauartbedingten sichtversperrung abzusichern. nach alledem beruht der eingetretene schaden auf einem pflichtwidrigen verhalten des klägers 43- ebenso in ähnlich gelagerten fällen: ovg nrw, urteil vom 5. februar 1986 – 1 a 851/84 – ria 1986, 185; vg münchen, urteil vom 14. april 2014– m 21 k 12.4452 –, juris (rdnrn. 31 ff.); vg würzburg, urteil vom 4. dezember 2012 – w 1 k 12.330 –, juris (rdnr. 18 ff.); vg stuttgart, urteil vom 28. august 2002 – 17 k 397/02 –, juris (rdnrn. 17 ff.) -. 44iii. des weiteren geschah die die pflichtverletzung des klägers, durch die es zu dem unfall vom 24. oktober 2011 gekommen ist, grob fahrlässig. 45grob fahrlässig handelt nach allgemeinen – auch die anwendung des § 24 abs. 1 sg bestimmenden – grundsätzen, wer die im verkehr erforderliche sorgfalt in besonders schwerem maße verletzt. ein solcher fall ist anzunehmen, wenn der handelnde nicht beachtet, was im gegebenen fall jedem – nicht erst nachträglich, sondern schon im augenblick der sorgfaltspflichtverletzung – hätte einleuchten müssen, wenn er nur die einfachsten und naheliegendsten überlegungen angestellt hätte. 46vgl. etwa bverwg, beschluss vom 22. november 2006 – 2 b 47.06 –, juris (rdnr. 4), und ovg nrw, urteil vom 24. mai 2006 – 1 a 5105/04 –, juris (rdnr. 45). 47im gegensatz zum rein objektiven maßstab bei einfacher fahrlässigkeit sind bei grober fahrlässigkeit auch subjektive umstände zu berücksichtigen. es kommt also nicht nur darauf an, was von einem durchschnittlichen anforderungen entsprechenden angehörigen des jeweiligen verkehrskreises in der jeweiligen situation erwartet werden konnte, ob also die gefahr erkennbar und der erfolg vorhersehbar und vermeidbar war, sondern auch darauf, ob der schädigende nach seinen individuellen fähigkeiten die objektiv gebotene sorgfalt erkennen und erbringen konnte. 48vgl. etwa vg minden, urteil vom 25. märz 2008 – 10 k 1365/07 –, juris (rdnr. 23). 49gemessen an diesen grundsätzen muss sich der kläger im vorliegenden fall eine grob fahrlässige pflichtverletzung vorhalten lassen. im straßenverkehr liegt nämlich regelmäßig grobe fahrlässigkeit vor, wenn sicherheitsregeln vernachlässigt werden, deren einhaltung für die vermeidung von unfällen besonders wichtig ist und deren beobachtung vom verkehrsteilnehmer besondere aufmerksamkeit erfordert. zu diesen sicherheitsregeln gehört gerade auch die verpflichtung eines fahrzeugführers, sich beim rückwärtsfahren so zu verhalten, dass eine gefährdung anderer verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist und sich erforderlichenfalls einweisen zu lassen. die einhaltung dieser verpflichtung ist für die vermeidung von unfällen besonders wichtig und muss wegen der mit dem rückwärtsfahren verbundenen erhöhten gefahren besonders sorgfältig beobachtet werden. diese pflicht ist für den allgemeinen straßenverkehr in § 9 abs. 5 stvo, der im kfor-einsatzgebiet allerdings nicht unmittelbar gilt, geregelt und wird für den hier interessierenden militärischen bereich durch die zdv 43/2, nr. 308 konkretisiert. die nichtbeachtung der darin enthaltenen bestimmungen ist in der regel grob fahrlässig. 50vgl. ovg nrw, urteil vom 5. februar 1986 – 1 a 851/84 – a.a.o.; vg münchen, urteil vom 14. april 2014 – m 21 k 12.4452 –, juris (rdnr. 34); vg würzburg, urteil vom 4. dezember 2012 – w 1 k 12.330 –, juris (rdnr. 22); vg stuttgart, urteil vom 28. august 2002 – 17 k 397/02 –, juris (rdnr. 19). 51so liegt der fall auch hier. der kläger hatte die zdv 43/2 als für bundeswehrsoldaten geltende verwaltungsvorschrift zu kennen und auch mit blick auf § 7 sg zwingend zu beachten, um einen möglichen schaden von der beklagten abzuwenden. es musste ihm ohne weiteres klar sein, dass die sicht nach hinten aufgrund der bauart des von ihm geführten mercedes sprinter erheblich erschwert war und er mithin einen einweiser, der mit oberfeldwebel t. als beifahrer auch tatsächlich zur verfügung stand, einzuteilen hatte. zwar hatte oberfeldwebel t. das fahrzeug bereits verlassen, als der kläger das fahrzeug zurücksetzte. es wäre dem kläger aber ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, vor dem rückwärtsfahren die rückkehr seines beifahrers aus dem kommandanturgebäude, aus dem (lediglich) ein schlüssel abzuholen war, abzuwarten. es kann den kläger bei alledem auch nicht entlasten, dass der pritschenwagen, mit dem er beim rückwärtsfahren kollidiert ist, erst kurz vor dem in rede stehenden fahrmanöver auf dem platz vor der feldkommandantur abgestellt worden war und somit kurz vor der unfallfahrt aus der sicht des klägers noch „alles in ordnung“ gewesen sein mag. im gegenteil zeigt gerade der vorliegende fall, dass der atypische verkehrsvorgang des rückwärtsfahrens größte umsicht erfordert und bei erschwerten sichtverhältnissen, wie sie im falle eines mercedes sprinter bauartbedingt gegeben sind, grundsätzlich die einteilung eines einweisers geboten ist, um auf diese weise gerade auch unvorhergesehenen umständen – z.b. dem kurzfristigen abstellen eines fahrzeugs, dem plötzlichen auftauchen von personen oder der entstehung sonstiger hindernisse in dem rückwärts zu durchquerenden bereich – rechnung tragen zu können. der kläger kann demgegenüber nicht mit seinem einwand durchdringen, der pritschenwagen, mit dem er zusammengestoßen sei, sei vorschriftwidrig abgestellt worden. dies gilt schon deshalb, weil es entgegen der annahme des klägers keine anhaltspunkte für ein vorschriftwidriges verhalten des fahrers des pritschenwagens gibt. auf den über den unfallort gefertigten fotos und skizzen ist zwar – so etwa auf foto nr. 8 (beiakte i, blatt 24) – erkennbar, dass auf dem mit kies ausgestreuten platz vor der feldkommandantur durch entsprechende beschilderung einzelne parkplätze ausgewiesen sind. zugleich ist aber nicht ersichtlich, dass auf dem weiträumigen platz im übrigen restriktionen in bezug auf das halten oder parken gelten würden. vor allem ist auf den über die unfallstelle gefertigten bildern (vgl. vor allem die fotos nr. 1 bis 4; beiakte i, blätter 17 ff.) keine beschilderung, die auf park- und/oder halteverbote hindeuten würde, zu erkennen. im einklang hiermit hat die beklagte dem gericht durch schriftsatz vom 1. juli 2014 mitgeteilt, dass auf dem platz vor der feldkommandantur in q. keinerlei einschränkungen hinsichtlich des parkens gelten. der erneut vollkommen unsubstanziierten behauptung des klägers, der pritschenwagen sei vorschriftswidrig abgestellt gewesen, kann daher nicht gefolgt werden. 52es kann den kläger darüber hinaus nicht entlasten, dass er sich – soweit aus den beigezogenen akten ersichtlich – während seines dienstes bei der bundeswehr bis zum 24. oktober 2011 als zuverlässiger fahrer gezeigt hatte. auch wenn es sich bei seinem verhalten am unfalltag um eine spontane fehlreaktion gehandelt haben mag, schließt dies für sich genommen eine grobe fahrlässigkeit nicht aus. dies ist bei einem sog. augenblicksversagen nur dann der fall, wenn besondere entlastende umstände vorhanden sind. solche umstände können im einzelfall auch in subjektiven besonderheiten liegen, die den grund des momentanen versagens erkennen und in einem milderen licht erscheinen lassen. als entlastende umstände in diesem sinne kommen grundsätzlich z.b. arbeitsüberlastung und dienstliche überforderung, erheblich geminderte einsichtsfähigkeit des handelnden, eilbedürftigkeit des handelns in einer gefahrenlage, erforderlichkeit einer reaktion in zeitnot und mitwirkende organisationsmängel in betracht. 53vgl. dazu etwa vg freiburg, urteil vom 11. oktober 2001 – 3 k 1659/99 –,juris (rdnr. 20), und vg minden, urteil vom 25. märz 2008 – 10 k 1365/07 –, juris (rdnrn. 30 ff.). 54dass entsprechende bedingungen hier zum unfallzeitpunkt gegeben gewesen wären, kann das erkennende gericht jedoch nicht feststellen. namentlich ist nicht ersichtlich, dass der kläger sich beim zurücksetzen des fahrzeugs einer zeitnot ausgesetzt gesehen hätte, die so erheblich gewesen wäre, dass die zuziehung eines einweisers unterbleiben musste, oder dass der kläger aufgrund sonstiger umstände derart unter druck gestanden hätte, dass es ihm weder möglich noch zumutbar gewesen wäre, in der konkreten situation selbst die naheliegendsten überlegungen anzustellen und für eine ausreichende absicherung der rückwärtsfahrt zu sorgen. im gegenteil spricht der umstand, dass der kläger und oberfeldwebel t. nach der abholung des schlüssels in der feldkommandantur noch eine zigarettenpause einlegen wollten und deshalb das fahrzeug in einer der vorhandenen parkbuchten abgestellt werden sollte, deutlich dafür, dass in der konkreten situation kein nennenswerter zeitdruck bestand. 55die sich aus § 24 abs. 1 satz 1 sg ergebenden voraussetzungen für eine haftung des klägers sind damit erfüllt. 56iv. gesichtspunkte, welche die beklagte gleichwohl hätten veranlassen müssen, von ihrer schadensersatzforderung abzusehen oder diese zu mindern, sind nicht erkennbar. dies war insbesondere nicht unter fürsorgegesichtspunkten geboten. die vorschrift des § 24 sg über die (begrenzte) haftung des soldaten gegenüber seinem dienstherrn stellt – gerade auch unter dem gesichtspunkt der fürsorgepflicht – eine abschließende regelung dar. in ihr ist bereits eine ausgewogene risikoverteilung enthalten, die für den soldaten sogar deutlich günstiger ist als die des bürgerlichen rechts oder die nach den arbeitsrechtlichen grundsätzen der „gefahrgeneigten arbeit“, da der soldat gemäß § 24 sg in den die große mehrheit bildenden fällen einfacher und mittlerer fahrlässigkeit nicht nur teilweise, sondern vollständig von der schadensersatzpflicht befreit ist. diese risikoverteilung kann nicht aufgrund anderer soldatenrechtlicher bestimmungen – z.b. die regelung über die fürsorgepflicht (§ 31 sg) – im ergebnis wieder umgestoßen werden. aus diesem grund ist z.b. keine aus der fürsorgepflicht des dienstherrn folgende pflicht, den soldaten von der im gesetz vorgesehenen haftung durch abschluss einer versicherung zu seinen gunsten letztlich freizustellen oder dessen haftung in anderer weise auf einen bruchteil des gesamtschadens zu beschränken, anzuerkennen. 57vgl. bverwg, urteile vom 17. september 1964 – 2 c 147.61 –, buchholz 232 § 78 bbg nr. 5, und vom 3. februar 1972 – 6 c 22.68 –, buchholz 232 § 78 nr. 18. 58lediglich in einzelfällen können es das beiderseitige treueverhältnis und die fürsorgepflicht angemessen erscheinen lassen, den ersatzanspruch nach maßgabe des haushaltsrechts nur im begrenztem umfang durchzusetzen. unter welchen voraussetzungen dies angezeigt ist, richtet sich allein nach den umständen des einzelnen falles. 59vgl. bverwg, beschluss vom 18. februar 1981 – 2 b 4.80 –, död 1981, 159. 60entsprechende umstände, die es angezeigt erscheinen ließen, den kläger ganz oder teilweise von der haftung freizustellen, sind nicht erkennbar. insbesondere ist die schadenshöhe mit 1.343,80 € zwar – gerade auch unter berücksichtigung des umstands, dass er sich nach beendigung seiner dienstzeit bei der bundeswehr eine neue berufliche existenz aufbauen muss – durchaus nicht unerheblich, andererseits aber auch nicht derart hoch, dass es angesichts der gesamtumstände unangemessen oder unbillig erschiene, den kläger auf den vollen betrag in anspruch zu nehmen. dies gilt umso mehr, als die beklagte dem kläger die möglichkeit in aussicht gestellt hat, den betrag in raten zurückzuzahlen, wenn er dies unter darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen verhältnisse beantragt. 61c. die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. die weiteren nebenentscheidungen folgen aus § 167 vwgo i.v.m. den §§ 708 nr. 11 und 711 zpo.
Verklagte*r
0
328,931
8 K 2249/18
2020-06-02T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die klagende Gesellschaft betreibt unter der Anschrift B.-------straße, B1, ein Pflegeheim. Sie ist eine Tochtergesellschaft einer Unternehmensgruppe mit Sitz unter der im Rubrum genannten Anschrift, die nach ihrer Internetseite mit mehr als 1.000 Mitarbeitern Pflegeeinrichtungen an über zehn Standorten, u.a. in H. , F. und T. , betreibt. Die Klägerin wird bei dem Beklagten mit einem Beitragskonto unter der Teilnehmernummer geführt. 3Die Klägerin meldete unter dem 21. November 2014 zum Februar 2009 eine Betriebsstätte mit 64 Beschäftigten bei dem Beklagten an. Der Beklagte ordnete die Klägerin mit Schreiben vom 15. Juli 2015 Staffel 4 der Betriebsstätten zu und forderte mit Schreiben vom 1. August 2015 zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen i.H.v. 2952,30 € für den Zeitraum Januar 2013 - September 2015 auf. 4Mit Schreiben vom 26. Oktober 2015 machte die Klägerin geltend, als vollstationäre Pflegeeinrichtung nicht mehr als einen Beitrag entrichten zu müssen. Diesen habe sie am 13. August 2015 überwiesen. Die Klägerin leistete zum 20. August 2015 eine Zahlung i.H.v. 590,46 €, am 14. Dezember 2015 ging bei dem Beklagten eine weitere Zahlung i.H.v. 52,50 € ein. 5Der Beklagte bat die Klägerin mit Schreiben vom 11. November 2015 um Übersendung eines aktuellen Bescheids des zuständigen Finanzamtes zur Anerkennung als gemeinnützige Einrichtung. Die Klägerin übersandte mit Schreiben vom 10. Dezember 2015 eine Bescheinigung des Finanzamts H1. vom 3. Dezember 2015. Nach dieser unterliegt die Klägerin als vermögensverwaltende Gesellschaft nicht der Gewerbesteuer. 6Mit Schreiben vom 2. Juni 2016 teilte der Beklagte mit, dass die von der Klägerin eingesandte Bescheinigung nicht anerkannt werden könne. Erforderlich sei vielmehr ein Nachweis der Steuervergünstigung nach §§ 51-68 der Abgabenordnung (AO). Sobald eine aktuelle Kopie des Freistellungsbescheides zur Körperschaftssteuer vorliege, werde eine erneute Prüfung vorgenommen. Einen entsprechenden Nachweis legte die Klägerin in der Folgezeit nicht vor. 7Mit Bescheid vom 3. Juni 2016, Postauslieferungsdatum 13. Juni 2016, setzte der Beklagte rückständige Rundfunkbeiträge gegen die Klägerin für den Zeitraum Januar 2013 bis September 2015 in Höhe von 2.309,34 € zuzüglich eines Säumniszuschlags in Höhe von 23,09 € fest. Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid am 1. Juli 2016 Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Sie begründete den Widerspruch im Wesentlichen damit, dass sie als mit öffentlich-rechtlichen Versorgungsverträgen zugelassene Pflegeeinrichtung, die nicht der Gewerbesteuer unterfalle, nur einen ermäßigten Rundfunkbeitrag zu zahlen habe. Zudem hätten sich die Intendantinnen von ARD, ZDF und Deutschlandradio darauf verständigt, dass Pflegeheimbewohner ab 2013 keinen Rundfunkbeitrag zahlen müssten. 8Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2018, zugestellt am 18. Mai 2018, zurück. 9Mit zweitem - nicht streitgegenständlichem - Festsetzungsbescheid vom 1. Juli 2016 setze der Beklagte rückständige Rundfunkbeiträge gegen die Klägerin für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2015 in Höhe von 262,50 € zuzüglich eines Säumniszuschlags in Höhe von 8,-- € fest. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin keinen Widerspruch ein. 10Die Klägerin hat am 18. Juni 2018 Klage erhoben. Sie begründet diese im Wesentlichen mit den im Verwaltungsverfahren vorgetragen Argumenten und trägt ergänzend noch vor, dass der in § 5 Abs. 3 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (RBStV) verwendete Begriff der gemeinnützigen Einrichtungen nicht näher definiert sei. Hierbei sei § 3 Nr. 20 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) und § 4 Nr. 16 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) das gesetzgeberische Ziel einer steuerrechtlichen Privilegierung von Einrichtungen, die sich um pflegebedürftige Personen kümmerten und damit einen sozialen Zweck verfolgten, zu entnehmen. Es sei nicht ersichtlich, wieso nicht für die Frage der Gemeinnützigkeit auch auf diese Regelungen, deren Voraussetzungen sie erfülle, abzustellen sei. Es komme über § 5 Abs. 3 Nr. 3 RBStV zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung zwischen privaten und öffentlich-rechtlich organisierten Einrichtungen der Wohlfahrtspflege. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die von ihr vorgelegte Bescheinigung über die Befreiung von der Gewerbesteuersteuer nach der Vorgängerregelung in § 5 des Rundfunk-gebührenstaatsvertrags (RGebStV) ausgereicht habe. Der Gesetzgeber habe die bisherigen Befreiungstatbestände einfach fortführen wollen. Es sei hier § 14 Abs. 8 Satz 2 RBStV einschlägig. 11Die Klägerin beantragt, 12den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 3. Juni 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Mai 2018 aufzuheben. 13Der Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Er verweist auf seinen Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, dass der Gesetzgeber zum Nachweis der Gemeinnützigkeit explizit auf die AO abgestellt habe. Dass die Klägerin nicht der Gewerbesteuer unterliege, treffe keine Aussage über die Gemeinnützigkeit. Die Unterscheidung zwischen gewerblich bzw. mit Gewinnerzielungsabsicht agierenden auf der einen und gemeinnützig tätigen Einrichtungen auf der anderen Seite sei sachlich gerechtfertigt, weil nur Letztere im Interesse des Gemeinwohls (selbstlos) tätig seien. § 14 Abs. 8 Satz 2 RBStV sei nicht einschlägig, weil die Klägerin nicht von der Rundfunkgebührenpflicht befreit gewesen sei. 16Das Verfahren ist mit Beschluss der Kammer vom 7. April 2020 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden. 17Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung mit Schriftsätzen vom 9. April und 12. Mai 2020 erklärt. 18Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. 19Entscheidungsgründe: 20Der Einzelrichter kann im Einverständnis der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, vgl. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichts-ordnung (VwGO). Die Klägerin hat auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 9. April 2020, der Beklagte mit Schriftsatz vom 12. Mai 2020 verzichtet. 21Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. 22Der Bescheid des Beklagten vom 3. Juni 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Mai 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO. 23Die Erhebung von Rundfunkbeiträgen erfolgt seit dem 1. Januar 2013 aufgrund des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags vom 17. Dezember 2010 in der Fassung von Art. 1 des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 13. Dezember 2011 (GV NRW S. 675). Der streitgegenständliche Bescheid konnte auf die danach maßgeblichen Regelungen gestützt werden, da der RBStV mit höherrangigem Recht vereinbar ist und die formellen und materiellen Voraussetzungen der maßgeblichen Vorschriften des RBStV erfüllt sind. 24Der Erhebung des Rundfunkbeitrags stehen verfassungsrechtliche Bedenken nicht entgegen. Insbesondere stellt der Rundfunkbeitrag keine Steuer dar, sondern ist eine rundfunkspezifische nichtsteuerliche Abgabe, die in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für das Rundfunkrecht fällt. Die Erhebung des Betriebsstättenbeitrags ist ebenfalls mit höherrangigem Recht vereinbar. Auch Inhabern von Betriebsstätten und betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen wird durch das Rundfunkangebot ein Vorteil zuteil, der ihre Inanspruchnahme mit Rundfunkbeiträgen rechtfertigt. Die Möglichkeit der Mediennutzung weist einen betrieblichen Bezug auf, der dem unternehmerischen Wirken zu Erwerbszwecken zugutekommt. Die Beitragsschuldner können sich aus dem Rundfunkangebot Informationen für den Betrieb beschaffen sowie das Rundfunkangebot zur Information oder Unterhaltung ihrer Beschäftigten und ihrer Kundschaft nutzen. Diese andere Vorteilslage rechtfertigt die gesonderte Inanspruchnahme von Betriebsstätteninhabern und Inhabern betrieblich genutzter Kraftfahrzeuge neben der Beitragspflicht im privaten Bereich. Das Gericht verweist insofern auf die ausführliche Begründung der obergerichtlichen Rechtsprechung, der nichts hinzuzufügen ist. 25Vgl. jeweils ausführlich und m.w.N. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u.a -, juris, Rn. 48 ff. und 113 ff; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 49.15 -, juris, Rn. 24 ff; BVerwG, Urteil vom 27. September 2017 - 6 C 34/16 -, juris, Rn. 15 ff; Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. März 2015 - 2 A 2311/14 -, juris. 26Hiernach scheidet auch eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von gemeinnützigen und sonstigen - nicht privilegierten - Betriebsstätten aus. Mit der rundfunkbeitragsrechtlichen Privilegierung gemeinnütziger Einrichtungen hat der Gesetzgeber nicht die Grenzen seines Gestaltungsspielraums, der durch die verfassungsrechtlichen Bindungen des Gesetzgebers bei der Erhebung von Vorzugslasten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Belastungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) begrenzt wird, überschritten. 27Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2017 - 6 C 34/16 -, juris, Rn. 23 ff. 28Befreiungen oder Ermäßigungen aus sozialen oder anderen "vorteilsfremden" Gründen, die einzelnen Gruppen von Abgabepflichtigen gewährt werden, ziehen tendenziell eine höhere Belastung der übrigen, nicht begünstigten Abgabepflichtigen nach sich, wenn die zu deckenden Kosten vollständig umgelegt werden. Wird der Finanzbedarf nicht vollständig auf die Abgabepflichtigen umgelegt, bestehen unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit jedenfalls dann keine Bedenken, wenn die Ermäßigung der Beitragspflicht für gemeinnützige Einrichtungen der Altenhilfe durch hinreichend gewichtige sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Wird der Finanzbedarf vollständig auf die Abgabepflichtigen umgelegt, steht dieser Umstand einer begrenzten Öffnung des Verteilungsmaßstabs von Vorzugslasten für "vorteilsfremde" Zwecke, insbesondere soziale Belange, nicht entgegen. Mit Blick auf das Rechtfertigungserfordernis gilt jedoch, dass eine solche Öffnung umso eher zulässig ist, je gewichtiger der vorteilsfremde Zweck ist und je geringer sich seine Berücksichtigung auf die Umverteilung der Belastungen auswirkt. Danach ist die Privilegierung gemeinnütziger Einrichtungen nicht zu beanstanden. 29Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2017 - 6 C 34/16 -, juris, Rn. 34. 30Wie bereits die einschlägigen Regelungen über die Gemeinnützigkeit in §§ 52 ff AO erkennen lassen, stellt die Förderung der Gemeinnützigkeit der Einrichtungen für den Gesetzgeber ein wichtiges Anliegen dar. Der Gesetzgeber trägt mit der Förderung der Gemeinnützigkeit von Einrichtungen dem Sozialstaatsprinzip Rechnung. Diese Erwägung rechtfertigt die unterschiedliche Behandlung gemeinnütziger Einrichtungen gegenüber sonstigen, nicht privilegierten Betriebsstätten. 31Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2017 - 6 C 34/16 -, juris, Rn. 33, 35. 32Ein Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit ist durch die Erhebung des Rundfunkbeitrags und die Privilegierung gemeinnütziger Einrichtungen der Altenhilfe ebenfalls nicht gegeben. Weder die Rundfunkbeitragspflicht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RBStV mit ihrer Anknüpfung an das Innehaben einer Betriebsstätte noch die Privilegierung nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 RBStV mit ihrer Anknüpfung an die Gemeinnützigkeit weisen einen unmittelbaren Bezug zur beruflichen Tätigkeit auf, weil die Betriebsstätteninhaber nicht zu einem bestimmten beruflichen Verhalten bewegt werden. 33Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2017 - 6 C 34/16 -, juris, Rn. 36 f. 34Es liegen auch die formellen und materiellen Voraussetzungen zum Erlass des angegriffenen Festsetzungsbescheids nach dem RBStV vor. 35Rechtgrundlage für den Erlass des Beitragsbescheids als Festsetzungsbescheid ist § 10 Abs. 5 RBStV. Nach dieser Vorschrift werden rückständige Rundfunkbeiträge durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt. 36Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere war der Beklagte zum Erlass des Festsetzungsbescheides zuständig. 37Der Bescheid ist darüber hinaus materiell rechtmäßig. 38Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RBStV ist im nicht privaten Bereich für jede Betriebsstätte von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag nach Maßgabe der in Satz 2 festgelegten Staffelung zu entrichten. Danach bemisst sich die Höhe des zu leistenden Rundfunkbeitrags nach der Zahl der neben dem Inhaber Beschäftigten und beträgt bis zu 180 Beiträge. Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 RBStV gilt Abs. 1 für gemeinnützige Einrichtungen der Altenhilfe mit der Maßgabe, dass höchstens ein Drittel des Rundfunkbeitrags zu entrichten ist. Der Rundfunkbeitrag ist monatlich geschuldet. Er ist in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten (§ 7 Abs. 3 RBStV). Rückständige Beiträge werden durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt (§ 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV). 39Die Voraussetzungen für die Festsetzung der Rundfunkbeiträge durch den angefochtenen Bescheid liegen vor. Die Klägerin war im maßgebenden Zeitraum als Inhaberin der in dem Bescheid aufgeführten Betriebsstätte B.-------straße, B1., Beitragsschuldnerin (§ 5 Abs. 1 Satz 1 RBStV). Aufgrund der Beschäftigtenzahl in dieser Betriebsstätte schuldete sie nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 RBStV monatlich fünf Rundfunkbeiträge. Die festgesetzten Beiträge waren rückständig (§ 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV). 40Die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen einer gemeinnützigen Einrichtung der Altenhilfe, sodass § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 RBStV bei ihr nicht zur Anwendung kommen kann. Diese Vorschrift setzt voraus, dass die Einrichtung der Altenhilfe gemeinnützig im Sinne der AO ist, wofür eine entsprechende steuerrechtliche Anerkennung vorliegen muss. Dies folgt aus der eindeutigen Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 3 RBStV, wonach die Gemeinnützigkeit im Sinne der Abgabenordnung der zuständigen Landesrundfunkanstalt auf Verlangen nachzuweisen ist. 41Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2017 - 6 C 34/16 -, juris, Rn. 13. 42Auf § 3 Nr. 20 GewStG und § 4 Nr. 16 UStG kommt es dagegen nach dem klaren Gesetzeswortlaut in § 5 Abs. 3 Satz 3 RBStV nicht an. Insofern ist es für die Erhebung des Rundfunkbeitrags unerheblich, ob gemeinnützige und gewerbliche Einrichtungen steuerrechtlich unter bestimmten Voraussetzungen gleichbehandelt werden oder nicht. 43Vgl. nur Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (VGH), Urteil vom 18. April 2016 - 7 BV 15.960 -, juris, Rn. 30. 44Die Klägerin besitzt nicht die steuerrechtliche Anerkennung als gemeinnützig nach § 52 AO. Die von ihr vorgelegte Befreiung von der Gewerbesteuer ist ohne Bedeutung für die Rundfunkbeitragspflicht. Insoweit hat sich die Rechtslage im Zuge der Ablösung der Rundfunkgebühr durch den Rundfunkbeitrag geändert (vgl. § 5 Abs. 7 Nr. 4, Abs. 8 Satz 4 RGebStV). 45Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2017 - 6 C 34/16 -, juris, Rn. 13. 46Ausgehend von der Änderung der gesetzlichen Lage kommt auch eine analoge Anwendung des § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 RBStV auf die Klägerin nicht in Betracht. Hierfür fehlt es bereits an der Voraussetzung einer planwidrigen Regelungslücke. Während der Vorgängerbefreiungstatbestand in § 5 Abs. 8 RGebStV deutlich zwischen gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienenden Einrichtungen in § 5 Abs. 8 Satz 2 RGebStV und von der Gewerbesteuer nach § 3 Nr. 20 GewStG befreiten Einrichtungen in § 5 Abs. 8 Satz 4 RGebStV differenzierte, sind nach dem klaren Wortlaut von § 5 Abs. 3 Satz 1 RBStV nur noch gemeinnützige Einrichtungen privilegiert. § 5 Abs. 3 Satz 3 RBStV verlangt ausdrücklich den Nachweis der Gemeinnützigkeit im Sinne der AO. Indem der Gesetzgeber die Terminologie aus dem Vorgängerbefreiungstatbestand beibehält, jedoch auf gemeinnützige Einrichtungen beschränkt, ist ein redaktionelles Versehen ausgeschlossen. 47Vgl. Verwaltungsgericht (VG) Ansbach, Urteil vom 18. Februar 2016 - AN 6 K 14.01387 -, juris, Rn. 42 unter Verweis auf VG München, Urteil vom 13. Februar 2015 - M 6a K 14.3745 -, juris, Rn. 87 und 88 sowie VG Braunschweig, Urteil vom 12. Februar 2015 - 4 A 186/14 -, juris, Rn. 31. 48Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf § 14 Abs. 8 Satz 2 RBStV berufen. Nach dieser Vorschrift gilt für Betriebsstätten der Nachweis der Gemeinnützigkeit nach § 5 Abs. 3 Satz 3 RBStV als erbracht, soweit Einrichtungen nach § 5 Abs. 3 RBStV bei Inkrafttreten des Staatsvertrages nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages von der Rundfunkgebührenpflicht nach § 5 Abs. 7 RGebStV befreit waren. 49Die darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat bereits nicht nachgewiesen, dass sie nach § 5 Abs. 7 des RGebStV von der Rundfunkgebührenpflicht befreit war. 50Nach dieser Vorschrift wurden Befreiungen von der Rundfunkgebührenpflicht auf Antrag für bestimmte Rundfunkempfangsgeräte gewährt. 51Die Klägerin hat mit ihrer Klagebegründung lediglich behauptet, von der Rundfunkgebührenpflicht nach § 5 Abs. 7 RGebStV befreit gewesen zu sein, was der Beklagte unter Hinweis auf in der Vergangenheit geleistete Zahlungen der Unternehmensgruppe bestritten hat. Für einen Antrag der Klägerin auf Befreiung nach § 5 Abs. 7 RGebStV kann dem Verwaltungsvorgang nichts entnommen werden, vielmehr meldete die Klägerin die Betriebsstätte B.-------straße neu unter dem 21. November 2014 bei dem Beklagten an. 52Es kommt dagegen nicht darauf, ob die Klägerin - ohne einen Antrag gestellt zu haben - ggf. für die in der Vergangenheit liegende Zeiträume zu befreien war. Der Wortlaut des § 14 Abs. 8 Satz 2 RBStV stellt darauf ab, ob Einrichtungen befreit waren (und nicht ob sie zu befreien gewesen wären). 53Unabhängig davon kann sich die Klägerin auch deshalb nicht mit Erfolg auf § 14 Abs. 8 Satz 2 RBStV berufen, weil der Vorschrift der von der Klägerin beigemessene weite Regelungsgehalt, welcher auf eine Erweiterung der von § 5 Abs. 3 RBStV privilegierten Betriebsstätten über gemeinnützige Einrichtungen i.S.d § 5 Abs. 3 RBStV hinaus abzielt, nicht entnommen werden kann. Bei § 14 Abs. 8 Satz 2 RBStV handelt es sich um eine eng auszulegende Übergangsbestimmung, die ausnahmsweise den Nachweis der Gemeinnützigkeit - und nicht mehr - entfallen lässt. Auf die Vorschrift kann sich die Klägerin nach ihrem klaren Wortlaut bereits deshalb nicht berufen, weil es sich bei ihr nicht um eine Einrichtung „nach § 5 Abs. 3“ handelt. Bei dem ohne Gesetzesbezeichnung genannten § 5 Abs. 3 kann es sich nur um § 5 Abs. 3 RBStV handeln, weil die Vorschriften des RGebStV innerhalb des § 14 Abs. 8 RBStV ausdrücklich als solche bezeichnet werden. Die Vorschrift ist bei systematischer Betrachtung zudem im Zusammenhang mit § 14 Abs. 8 Satz 1 RBStV zu lesen. Hiernach endet eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nach § 5 Abs. 7 des RGebStV zum 31. Dezember 2012. Bereits von Satz 1 des § 14 Abs. 8 RBStV wäre - so denn eine solche Befreiung nach § 5 Abs. 7 RGebStV bestanden hätte - auch die von der Klägerin reklamierte Befreiung unter Verweis auf § 3 Nr. 20 GewStG erfasst, vgl. § 5 Abs. 7 Nr. 4, Abs. 8 Satz 4 RGebStV. Bei teleologischer Auslegung verfolgt § 14 Abs. 8 Satz 2 RBStV im Zusammenhang hiermit den Zweck, für bereits nach der alten Rechtslage unter dem RGebStV als gemeinnützig anerkannte Einrichtungen eine Beweiserleichterung einzuführen. Die Vorschrift dient der Verwaltungsvereinfachung; den bereits als gemeinnützig unter dem RGebStV anerkannten Einrichtungen soll es erspart bleiben, den Nachweis der Gemeinnützigkeit beim Beklagten - durch Vorlage eines entsprechenden Bescheides nach §§ 51 bis 68 AO - nochmals erbringen zu müssen. 54Vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 12. Februar 2015 - 4 A 186/16 -, juris, Rn. 30 f; VG Ansbach, Urteil vom 18. Februar 2016 - AN 6 K 14.01387 -, juris, Rn. 40; ebenfalls für Beweiserleichterung Gall/Göhmann/Herb/Siekmann, in: Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 4. Auflage 2018, § 14 RBStV Rn. 47. 55Dieser mit § 14 Abs. 8 Satz 2 RBStV verfolgte Zweck wird im Fall der Klägerin, die in der Vergangenheit nie einen entsprechenden Nachweis erbracht hat, nicht erfüllt. Sie fällt nicht unter die Regelung in § 14 Abs. 8 Satz 2 RBStV. 56Eine Ermäßigung bzw. gar Befreiung für die Klägerin als Betreiberin des Pflegeheims ergibt sich schließlich auch nicht aus dem im Verwaltungsverfahren angebrachten Hinweis, dass sich die Intendanten von ARD, ZDF und Deutschlandradio darauf verständigt hätten, dass Pflegeheimbewohner ab 2013 keinen Rundfunkbeitrag entrichten müssten. Dies betrifft nicht die Beitragspflicht der Klägerin im nicht privaten Bereich, sondern bezieht sich auf eine Befreiung dieser Personen von der Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich, vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 3 RBStV. 57Die Höhe des Rundfunkbeitrags von monatlich 17,98 € ergab sich für den von dem streitgegenständlich Bescheid erfassten Zeitraum bis einschließlich März 2015 aus § 8 des Rundfunkfinanzierungstaatsvertrages - RFinStV - in der Fassung des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 13. Dezember 2011 (GV. NRW. 2011 S. 675); ab 1. April 2015 ergibt sich die Höhe des monatlich zu entrichtenden Betrags von 17,50 € aus § 8 RFinStV in der Fassung des 16. Rundfunkänderungsstaats-vertrags vom 18. Dezember 2014 (GV. NRW. 2015 S. 72). Die Klägerin ist nach dem oben Gesagten gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 RBStV zur Zahlung von 5 Rundfunkbeiträgen für ihre der Staffel 4 unterfallende Betriebsstätte B.-------straße verpflichtet. 58Die Pflicht zur Zahlung des Säumniszuschlages in Höhe von 23,09 € folgt aus § 11 Abs. 1 Satz 1 der Satzung des Westdeutschen Rundfunks Köln über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge (Beitragssatzung) vom 10. Dezember 2012 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV, da die Klägerin die schließlich festgesetzten Rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet hatte. Bei dem festgesetzten Betrag von 23,09 € handelt es sich um ein Prozent der rückständigen Rundfunkbeiträge, vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 Beitrags-satzung i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV. 59Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung. 60Rechtsmittelbelehrung: 61Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Aachen (Adalbertsteinweg 92 im Justizzentrum, 52070 Aachen oder Postfach 10 10 51, 52010 Aachen) schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑ und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung ‑ ERVV ‑) die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 62Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 63Die Berufung ist nur zuzulassen, 641. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 652. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 663. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 674. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 685. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 69Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 63 09, 48033 Münster) schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 70Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 71Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Bevollmächtigten (durch einen Rechtsanwalt oder einer der in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen sowie diesen gleichgestellten Personen) vertreten lassen. Dies gilt bereits für die Einleitung des Rechtsmittelverfahrens beim Verwaltungsgericht. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe von § 67 Abs. 4 Satz 3 und 7 VwGO zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. 72Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der elektronischen Einreichung bedarf es keiner Abschriften.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die klagende gesellschaft betreibt unter der anschrift b.-------straße, b1, ein pflegeheim. sie ist eine tochtergesellschaft einer unternehmensgruppe mit sitz unter der im rubrum genannten anschrift, die nach ihrer internetseite mit mehr als 1.000 mitarbeitern pflegeeinrichtungen an über zehn standorten, u.a. in h. , f. und t. , betreibt. die klägerin wird bei dem beklagten mit einem beitragskonto unter der teilnehmernummer geführt. 3die klägerin meldete unter dem 21. november 2014 zum februar 2009 eine betriebsstätte mit 64 beschäftigten bei dem beklagten an. der beklagte ordnete die klägerin mit schreiben vom 15. juli 2015 staffel 4 der betriebsstätten zu und forderte mit schreiben vom 1. august 2015 zur zahlung von rundfunkbeiträgen i.h.v. 2952,30 € für den zeitraum januar 2013 - september 2015 auf. 4mit schreiben vom 26. oktober 2015 machte die klägerin geltend, als vollstationäre pflegeeinrichtung nicht mehr als einen beitrag entrichten zu müssen. diesen habe sie am 13. august 2015 überwiesen. die klägerin leistete zum 20. august 2015 eine zahlung i.h.v. 590,46 €, am 14. dezember 2015 ging bei dem beklagten eine weitere zahlung i.h.v. 52,50 € ein. 5der beklagte bat die klägerin mit schreiben vom 11. november 2015 um übersendung eines aktuellen bescheids des zuständigen finanzamtes zur anerkennung als gemeinnützige einrichtung. die klägerin übersandte mit schreiben vom 10. dezember 2015 eine bescheinigung des finanzamts h1. vom 3. dezember 2015. nach dieser unterliegt die klägerin als vermögensverwaltende gesellschaft nicht der gewerbesteuer. 6mit schreiben vom 2. juni 2016 teilte der beklagte mit, dass die von der klägerin eingesandte bescheinigung nicht anerkannt werden könne. erforderlich sei vielmehr ein nachweis der steuervergünstigung nach §§ 51-68 der abgabenordnung (ao). sobald eine aktuelle kopie des freistellungsbescheides zur körperschaftssteuer vorliege, werde eine erneute prüfung vorgenommen. einen entsprechenden nachweis legte die klägerin in der folgezeit nicht vor. 7mit bescheid vom 3. juni 2016, postauslieferungsdatum 13. juni 2016, setzte der beklagte rückständige rundfunkbeiträge gegen die klägerin für den zeitraum januar 2013 bis september 2015 in höhe von 2.309,34 € zuzüglich eines säumniszuschlags in höhe von 23,09 € fest. die klägerin legte gegen diesen bescheid am 1. juli 2016 widerspruch ein und beantragte die aussetzung der vollziehung. sie begründete den widerspruch im wesentlichen damit, dass sie als mit öffentlich-rechtlichen versorgungsverträgen zugelassene pflegeeinrichtung, die nicht der gewerbesteuer unterfalle, nur einen ermäßigten rundfunkbeitrag zu zahlen habe. zudem hätten sich die intendantinnen von ard, zdf und deutschlandradio darauf verständigt, dass pflegeheimbewohner ab 2013 keinen rundfunkbeitrag zahlen müssten. 8der beklagte wies den widerspruch mit widerspruchsbescheid vom 15. mai 2018, zugestellt am 18. mai 2018, zurück. 9mit zweitem - nicht streitgegenständlichem - festsetzungsbescheid vom 1. juli 2016 setze der beklagte rückständige rundfunkbeiträge gegen die klägerin für den zeitraum oktober bis dezember 2015 in höhe von 262,50 € zuzüglich eines säumniszuschlags in höhe von 8,-- € fest. gegen diesen bescheid legte die klägerin keinen widerspruch ein. 10die klägerin hat am 18. juni 2018 klage erhoben. sie begründet diese im wesentlichen mit den im verwaltungsverfahren vorgetragen argumenten und trägt ergänzend noch vor, dass der in § 5 abs. 3 des rundfunkbeitragsstaatsvertrags (rbstv) verwendete begriff der gemeinnützigen einrichtungen nicht näher definiert sei. hierbei sei § 3 nr. 20 des gewerbesteuergesetzes (gewstg) und § 4 nr. 16 des umsatzsteuergesetzes (ustg) das gesetzgeberische ziel einer steuerrechtlichen privilegierung von einrichtungen, die sich um pflegebedürftige personen kümmerten und damit einen sozialen zweck verfolgten, zu entnehmen. es sei nicht ersichtlich, wieso nicht für die frage der gemeinnützigkeit auch auf diese regelungen, deren voraussetzungen sie erfülle, abzustellen sei. es komme über § 5 abs. 3 nr. 3 rbstv zu einer verfassungswidrigen ungleichbehandlung zwischen privaten und öffentlich-rechtlich organisierten einrichtungen der wohlfahrtspflege. zudem sei zu berücksichtigen, dass die von ihr vorgelegte bescheinigung über die befreiung von der gewerbesteuersteuer nach der vorgängerregelung in § 5 des rundfunk-gebührenstaatsvertrags (rgebstv) ausgereicht habe. der gesetzgeber habe die bisherigen befreiungstatbestände einfach fortführen wollen. es sei hier § 14 abs. 8 satz 2 rbstv einschlägig. 11die klägerin beantragt, 12den festsetzungsbescheid des beklagten vom 3. juni 2016 in gestalt des widerspruchsbescheids vom 15. mai 2018 aufzuheben. 13der beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen. 15er verweist auf seinen widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, dass der gesetzgeber zum nachweis der gemeinnützigkeit explizit auf die ao abgestellt habe. dass die klägerin nicht der gewerbesteuer unterliege, treffe keine aussage über die gemeinnützigkeit. die unterscheidung zwischen gewerblich bzw. mit gewinnerzielungsabsicht agierenden auf der einen und gemeinnützig tätigen einrichtungen auf der anderen seite sei sachlich gerechtfertigt, weil nur letztere im interesse des gemeinwohls (selbstlos) tätig seien. § 14 abs. 8 satz 2 rbstv sei nicht einschlägig, weil die klägerin nicht von der rundfunkgebührenpflicht befreit gewesen sei. 16das verfahren ist mit beschluss der kammer vom 7. april 2020 auf den berichterstatter als einzelrichter zur entscheidung übertragen worden. 17die beteiligten haben ihr einverständnis mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung mit schriftsätzen vom 9. april und 12. mai 2020 erklärt. 18hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte und die beigezogenen verwaltungsvorgänge verwiesen. 19
20der einzelrichter kann im einverständnis der beteiligten ohne durchführung einer mündlichen verhandlung entscheiden, vgl. § 101 abs. 2 der verwaltungsgerichts-ordnung (vwgo). die klägerin hat auf die durchführung einer mündlichen verhandlung mit schriftsatz ihres prozessbevollmächtigten vom 9. april 2020, der beklagte mit schriftsatz vom 12. mai 2020 verzichtet. 21die klage hat keinen erfolg. sie ist zulässig, aber unbegründet. 22der bescheid des beklagten vom 3. juni 2016 in gestalt des widerspruchsbescheids vom 15. mai 2018 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 vwgo. 23die erhebung von rundfunkbeiträgen erfolgt seit dem 1. januar 2013 aufgrund des rundfunkbeitragsstaatsvertrags vom 17. dezember 2010 in der fassung von art. 1 des 15. rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 13. dezember 2011 (gv nrw s. 675). der streitgegenständliche bescheid konnte auf die danach maßgeblichen regelungen gestützt werden, da der rbstv mit höherrangigem recht vereinbar ist und die formellen und materiellen voraussetzungen der maßgeblichen vorschriften des rbstv erfüllt sind. 24der erhebung des rundfunkbeitrags stehen verfassungsrechtliche bedenken nicht entgegen. insbesondere stellt der rundfunkbeitrag keine steuer dar, sondern ist eine rundfunkspezifische nichtsteuerliche abgabe, die in die gesetzgebungszuständigkeit der länder für das rundfunkrecht fällt. die erhebung des betriebsstättenbeitrags ist ebenfalls mit höherrangigem recht vereinbar. auch inhabern von betriebsstätten und betrieblich genutzten kraftfahrzeugen wird durch das rundfunkangebot ein vorteil zuteil, der ihre inanspruchnahme mit rundfunkbeiträgen rechtfertigt. die möglichkeit der mediennutzung weist einen betrieblichen bezug auf, der dem unternehmerischen wirken zu erwerbszwecken zugutekommt. die beitragsschuldner können sich aus dem rundfunkangebot informationen für den betrieb beschaffen sowie das rundfunkangebot zur information oder unterhaltung ihrer beschäftigten und ihrer kundschaft nutzen. diese andere vorteilslage rechtfertigt die gesonderte inanspruchnahme von betriebsstätteninhabern und inhabern betrieblich genutzter kraftfahrzeuge neben der beitragspflicht im privaten bereich. das gericht verweist insofern auf die ausführliche begründung der obergerichtlichen rechtsprechung, der nichts hinzuzufügen ist. 25vgl. jeweils ausführlich und m.w.n. bundesverfassungsgericht (bverfg), urteil vom 18. juli 2018 - 1 bvr 1675/16 u.a -, juris, rn. 48 ff. und 113 ff; bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 18. märz 2016 - 6 c 49.15 -, juris, rn. 24 ff; bverwg, urteil vom 27. september 2017 - 6 c 34/16 -, juris, rn. 15 ff; oberverwaltungsgericht (ovg) für das land nordrhein-westfalen, urteil vom 12. märz 2015 - 2 a 2311/14 -, juris. 26hiernach scheidet auch eine verfassungswidrige ungleichbehandlung von gemeinnützigen und sonstigen - nicht privilegierten - betriebsstätten aus. mit der rundfunkbeitragsrechtlichen privilegierung gemeinnütziger einrichtungen hat der gesetzgeber nicht die grenzen seines gestaltungsspielraums, der durch die verfassungsrechtlichen bindungen des gesetzgebers bei der erhebung von vorzugslasten durch den grundsatz der verhältnismäßigkeit und der belastungsgleichheit nach art. 3 abs. 1 des grundgesetzes (gg) begrenzt wird, überschritten. 27vgl. bverwg, urteil vom 27. september 2017 - 6 c 34/16 -, juris, rn. 23 ff. 28befreiungen oder ermäßigungen aus sozialen oder anderen "vorteilsfremden" gründen, die einzelnen gruppen von abgabepflichtigen gewährt werden, ziehen tendenziell eine höhere belastung der übrigen, nicht begünstigten abgabepflichtigen nach sich, wenn die zu deckenden kosten vollständig umgelegt werden. wird der finanzbedarf nicht vollständig auf die abgabepflichtigen umgelegt, bestehen unter dem gesichtspunkt der abgabengerechtigkeit jedenfalls dann keine bedenken, wenn die ermäßigung der beitragspflicht für gemeinnützige einrichtungen der altenhilfe durch hinreichend gewichtige sachliche gründe gerechtfertigt ist. wird der finanzbedarf vollständig auf die abgabepflichtigen umgelegt, steht dieser umstand einer begrenzten öffnung des verteilungsmaßstabs von vorzugslasten für "vorteilsfremde" zwecke, insbesondere soziale belange, nicht entgegen. mit blick auf das rechtfertigungserfordernis gilt jedoch, dass eine solche öffnung umso eher zulässig ist, je gewichtiger der vorteilsfremde zweck ist und je geringer sich seine berücksichtigung auf die umverteilung der belastungen auswirkt. danach ist die privilegierung gemeinnütziger einrichtungen nicht zu beanstanden. 29vgl. bverwg, urteil vom 27. september 2017 - 6 c 34/16 -, juris, rn. 34. 30wie bereits die einschlägigen regelungen über die gemeinnützigkeit in §§ 52 ff ao erkennen lassen, stellt die förderung der gemeinnützigkeit der einrichtungen für den gesetzgeber ein wichtiges anliegen dar. der gesetzgeber trägt mit der förderung der gemeinnützigkeit von einrichtungen dem sozialstaatsprinzip rechnung. diese erwägung rechtfertigt die unterschiedliche behandlung gemeinnütziger einrichtungen gegenüber sonstigen, nicht privilegierten betriebsstätten. 31vgl. bverwg, urteil vom 27. september 2017 - 6 c 34/16 -, juris, rn. 33, 35. 32ein eingriff in die von art. 12 abs. 1 gg verfassungsrechtlich geschützte berufsfreiheit ist durch die erhebung des rundfunkbeitrags und die privilegierung gemeinnütziger einrichtungen der altenhilfe ebenfalls nicht gegeben. weder die rundfunkbeitragspflicht nach § 5 abs. 1 satz 1 rbstv mit ihrer anknüpfung an das innehaben einer betriebsstätte noch die privilegierung nach § 5 abs. 3 satz 1 nr. 3 rbstv mit ihrer anknüpfung an die gemeinnützigkeit weisen einen unmittelbaren bezug zur beruflichen tätigkeit auf, weil die betriebsstätteninhaber nicht zu einem bestimmten beruflichen verhalten bewegt werden. 33vgl. bverwg, urteil vom 27. september 2017 - 6 c 34/16 -, juris, rn. 36 f. 34es liegen auch die formellen und materiellen voraussetzungen zum erlass des angegriffenen festsetzungsbescheids nach dem rbstv vor. 35rechtgrundlage für den erlass des beitragsbescheids als festsetzungsbescheid ist § 10 abs. 5 rbstv. nach dieser vorschrift werden rückständige rundfunkbeiträge durch die zuständige landesrundfunkanstalt festgesetzt. 36der bescheid ist formell rechtmäßig. insbesondere war der beklagte zum erlass des festsetzungsbescheides zuständig. 37der bescheid ist darüber hinaus materiell rechtmäßig. 38nach § 5 abs. 1 satz 1 rbstv ist im nicht privaten bereich für jede betriebsstätte von deren inhaber (beitragsschuldner) ein rundfunkbeitrag nach maßgabe der in satz 2 festgelegten staffelung zu entrichten. danach bemisst sich die höhe des zu leistenden rundfunkbeitrags nach der zahl der neben dem inhaber beschäftigten und beträgt bis zu 180 beiträge. nach § 5 abs. 3 satz 1 nr. 3 rbstv gilt abs. 1 für gemeinnützige einrichtungen der altenhilfe mit der maßgabe, dass höchstens ein drittel des rundfunkbeitrags zu entrichten ist. der rundfunkbeitrag ist monatlich geschuldet. er ist in der mitte eines dreimonatszeitraums für jeweils drei monate zu leisten (§ 7 abs. 3 rbstv). rückständige beiträge werden durch die zuständige landesrundfunkanstalt festgesetzt (§ 10 abs. 5 satz 1 rbstv). 39die voraussetzungen für die festsetzung der rundfunkbeiträge durch den angefochtenen bescheid liegen vor. die klägerin war im maßgebenden zeitraum als inhaberin der in dem bescheid aufgeführten betriebsstätte b.-------straße, b1., beitragsschuldnerin (§ 5 abs. 1 satz 1 rbstv). aufgrund der beschäftigtenzahl in dieser betriebsstätte schuldete sie nach § 5 abs. 1 satz 2 nr. 4 rbstv monatlich fünf rundfunkbeiträge. die festgesetzten beiträge waren rückständig (§ 10 abs. 5 satz 1 rbstv). 40die klägerin erfüllt nicht die voraussetzungen einer gemeinnützigen einrichtung der altenhilfe, sodass § 5 abs. 3 satz 1 nr. 3 rbstv bei ihr nicht zur anwendung kommen kann. diese vorschrift setzt voraus, dass die einrichtung der altenhilfe gemeinnützig im sinne der ao ist, wofür eine entsprechende steuerrechtliche anerkennung vorliegen muss. dies folgt aus der eindeutigen regelung in § 5 abs. 3 satz 3 rbstv, wonach die gemeinnützigkeit im sinne der abgabenordnung der zuständigen landesrundfunkanstalt auf verlangen nachzuweisen ist. 41vgl. bverwg, urteil vom 27. september 2017 - 6 c 34/16 -, juris, rn. 13. 42auf § 3 nr. 20 gewstg und § 4 nr. 16 ustg kommt es dagegen nach dem klaren gesetzeswortlaut in § 5 abs. 3 satz 3 rbstv nicht an. insofern ist es für die erhebung des rundfunkbeitrags unerheblich, ob gemeinnützige und gewerbliche einrichtungen steuerrechtlich unter bestimmten voraussetzungen gleichbehandelt werden oder nicht. 43vgl. nur bayerischer verwaltungsgerichtshof (vgh), urteil vom 18. april 2016 - 7 bv 15.960 -, juris, rn. 30. 44die klägerin besitzt nicht die steuerrechtliche anerkennung als gemeinnützig nach § 52 ao. die von ihr vorgelegte befreiung von der gewerbesteuer ist ohne bedeutung für die rundfunkbeitragspflicht. insoweit hat sich die rechtslage im zuge der ablösung der rundfunkgebühr durch den rundfunkbeitrag geändert (vgl. § 5 abs. 7 nr. 4, abs. 8 satz 4 rgebstv). 45vgl. bverwg, urteil vom 27. september 2017 - 6 c 34/16 -, juris, rn. 13. 46ausgehend von der änderung der gesetzlichen lage kommt auch eine analoge anwendung des § 5 abs. 3 satz 1 nr. 3 rbstv auf die klägerin nicht in betracht. hierfür fehlt es bereits an der voraussetzung einer planwidrigen regelungslücke. während der vorgängerbefreiungstatbestand in § 5 abs. 8 rgebstv deutlich zwischen gemeinnützigen oder mildtätigen zwecken dienenden einrichtungen in § 5 abs. 8 satz 2 rgebstv und von der gewerbesteuer nach § 3 nr. 20 gewstg befreiten einrichtungen in § 5 abs. 8 satz 4 rgebstv differenzierte, sind nach dem klaren wortlaut von § 5 abs. 3 satz 1 rbstv nur noch gemeinnützige einrichtungen privilegiert. § 5 abs. 3 satz 3 rbstv verlangt ausdrücklich den nachweis der gemeinnützigkeit im sinne der ao. indem der gesetzgeber die terminologie aus dem vorgängerbefreiungstatbestand beibehält, jedoch auf gemeinnützige einrichtungen beschränkt, ist ein redaktionelles versehen ausgeschlossen. 47vgl. verwaltungsgericht (vg) ansbach, urteil vom 18. februar 2016 - an 6 k 14.01387 -, juris, rn. 42 unter verweis auf vg münchen, urteil vom 13. februar 2015 - m 6a k 14.3745 -, juris, rn. 87 und 88 sowie vg braunschweig, urteil vom 12. februar 2015 - 4 a 186/14 -, juris, rn. 31. 48die klägerin kann sich auch nicht mit erfolg auf § 14 abs. 8 satz 2 rbstv berufen. nach dieser vorschrift gilt für betriebsstätten der nachweis der gemeinnützigkeit nach § 5 abs. 3 satz 3 rbstv als erbracht, soweit einrichtungen nach § 5 abs. 3 rbstv bei inkrafttreten des staatsvertrages nach art. 7 abs. 2 satz 1 des 15. rundfunkänderungsstaatsvertrages von der rundfunkgebührenpflicht nach § 5 abs. 7 rgebstv befreit waren. 49die darlegungs- und beweispflichtige klägerin hat bereits nicht nachgewiesen, dass sie nach § 5 abs. 7 des rgebstv von der rundfunkgebührenpflicht befreit war. 50nach dieser vorschrift wurden befreiungen von der rundfunkgebührenpflicht auf antrag für bestimmte rundfunkempfangsgeräte gewährt. 51die klägerin hat mit ihrer klagebegründung lediglich behauptet, von der rundfunkgebührenpflicht nach § 5 abs. 7 rgebstv befreit gewesen zu sein, was der beklagte unter hinweis auf in der vergangenheit geleistete zahlungen der unternehmensgruppe bestritten hat. für einen antrag der klägerin auf befreiung nach § 5 abs. 7 rgebstv kann dem verwaltungsvorgang nichts entnommen werden, vielmehr meldete die klägerin die betriebsstätte b.-------straße neu unter dem 21. november 2014 bei dem beklagten an. 52es kommt dagegen nicht darauf, ob die klägerin - ohne einen antrag gestellt zu haben - ggf. für die in der vergangenheit liegende zeiträume zu befreien war. der wortlaut des § 14 abs. 8 satz 2 rbstv stellt darauf ab, ob einrichtungen befreit waren (und nicht ob sie zu befreien gewesen wären). 53unabhängig davon kann sich die klägerin auch deshalb nicht mit erfolg auf § 14 abs. 8 satz 2 rbstv berufen, weil der vorschrift der von der klägerin beigemessene weite regelungsgehalt, welcher auf eine erweiterung der von § 5 abs. 3 rbstv privilegierten betriebsstätten über gemeinnützige einrichtungen i.s.d § 5 abs. 3 rbstv hinaus abzielt, nicht entnommen werden kann. bei § 14 abs. 8 satz 2 rbstv handelt es sich um eine eng auszulegende übergangsbestimmung, die ausnahmsweise den nachweis der gemeinnützigkeit - und nicht mehr - entfallen lässt. auf die vorschrift kann sich die klägerin nach ihrem klaren wortlaut bereits deshalb nicht berufen, weil es sich bei ihr nicht um eine einrichtung „nach § 5 abs. 3“ handelt. bei dem ohne gesetzesbezeichnung genannten § 5 abs. 3 kann es sich nur um § 5 abs. 3 rbstv handeln, weil die vorschriften des rgebstv innerhalb des § 14 abs. 8 rbstv ausdrücklich als solche bezeichnet werden. die vorschrift ist bei systematischer betrachtung zudem im zusammenhang mit § 14 abs. 8 satz 1 rbstv zu lesen. hiernach endet eine befreiung von der rundfunkgebührenpflicht nach § 5 abs. 7 des rgebstv zum 31. dezember 2012. bereits von satz 1 des § 14 abs. 8 rbstv wäre - so denn eine solche befreiung nach § 5 abs. 7 rgebstv bestanden hätte - auch die von der klägerin reklamierte befreiung unter verweis auf § 3 nr. 20 gewstg erfasst, vgl. § 5 abs. 7 nr. 4, abs. 8 satz 4 rgebstv. bei teleologischer auslegung verfolgt § 14 abs. 8 satz 2 rbstv im zusammenhang hiermit den zweck, für bereits nach der alten rechtslage unter dem rgebstv als gemeinnützig anerkannte einrichtungen eine beweiserleichterung einzuführen. die vorschrift dient der verwaltungsvereinfachung; den bereits als gemeinnützig unter dem rgebstv anerkannten einrichtungen soll es erspart bleiben, den nachweis der gemeinnützigkeit beim beklagten - durch vorlage eines entsprechenden bescheides nach §§ 51 bis 68 ao - nochmals erbringen zu müssen. 54vgl. vg braunschweig, urteil vom 12. februar 2015 - 4 a 186/16 -, juris, rn. 30 f; vg ansbach, urteil vom 18. februar 2016 - an 6 k 14.01387 -, juris, rn. 40; ebenfalls für beweiserleichterung gall/göhmann/herb/siekmann, in: beck'scher kommentar zum rundfunkrecht, 4. auflage 2018, § 14 rbstv rn. 47. 55dieser mit § 14 abs. 8 satz 2 rbstv verfolgte zweck wird im fall der klägerin, die in der vergangenheit nie einen entsprechenden nachweis erbracht hat, nicht erfüllt. sie fällt nicht unter die regelung in § 14 abs. 8 satz 2 rbstv. 56eine ermäßigung bzw. gar befreiung für die klägerin als betreiberin des pflegeheims ergibt sich schließlich auch nicht aus dem im verwaltungsverfahren angebrachten hinweis, dass sich die intendanten von ard, zdf und deutschlandradio darauf verständigt hätten, dass pflegeheimbewohner ab 2013 keinen rundfunkbeitrag entrichten müssten. dies betrifft nicht die beitragspflicht der klägerin im nicht privaten bereich, sondern bezieht sich auf eine befreiung dieser personen von der rundfunkbeitragspflicht im privaten bereich, vgl. § 3 abs. 2 nr. 3 rbstv. 57die höhe des rundfunkbeitrags von monatlich 17,98 € ergab sich für den von dem streitgegenständlich bescheid erfassten zeitraum bis einschließlich märz 2015 aus § 8 des rundfunkfinanzierungstaatsvertrages - rfinstv - in der fassung des 15. rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 13. dezember 2011 (gv. nrw. 2011 s. 675); ab 1. april 2015 ergibt sich die höhe des monatlich zu entrichtenden betrags von 17,50 € aus § 8 rfinstv in der fassung des 16. rundfunkänderungsstaats-vertrags vom 18. dezember 2014 (gv. nrw. 2015 s. 72). die klägerin ist nach dem oben gesagten gemäß § 5 abs. 1 nr. 4 rbstv zur zahlung von 5 rundfunkbeiträgen für ihre der staffel 4 unterfallende betriebsstätte b.-------straße verpflichtet. 58die pflicht zur zahlung des säumniszuschlages in höhe von 23,09 € folgt aus § 11 abs. 1 satz 1 der satzung des westdeutschen rundfunks köln über das verfahren zur leistung der rundfunkbeiträge (beitragssatzung) vom 10. dezember 2012 i.v.m. § 9 abs. 2 satz 1 nr. 5 rbstv, da die klägerin die schließlich festgesetzten rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer frist von vier wochen nach fälligkeit in voller höhe entrichtet hatte. bei dem festgesetzten betrag von 23,09 € handelt es sich um ein prozent der rückständigen rundfunkbeiträge, vgl. § 11 abs. 1 satz 1 beitrags-satzung i.v.m. § 9 abs. 2 satz 1 nr. 5 rbstv. 59die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 2, abs. 1 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung. 60rechtsmittelbelehrung: 61gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht aachen (adalbertsteinweg 92 im justizzentrum, 52070 aachen oder postfach 10 10 51, 52010 aachen) schriftlich oder in elektronischer form nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung ‑ vwgo ‑ und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung ‑ ervv ‑) die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 62innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 63die berufung ist nur zuzulassen, 641. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 652. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 663. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 674. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 685. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 69die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 63 09, 48033 münster) schriftlich oder in elektronischer form nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 70über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 71im berufungs- und berufungszulassungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen bevollmächtigten (durch einen rechtsanwalt oder einer der in § 67 absatz 2 satz 1 und satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen sowie diesen gleichgestellten personen) vertreten lassen. dies gilt bereits für die einleitung des rechtsmittelverfahrens beim verwaltungsgericht. behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse können sich durch eigene beschäftigte mit befähigung zum richteramt oder durch beschäftigte mit befähigung zum richteramt anderer behörden oder juristischer personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse vertreten lassen. ein beteiligter, der nach maßgabe von § 67 abs. 4 satz 3 und 7 vwgo zur vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. 72die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der elektronischen einreichung bedarf es keiner abschriften.
Verklagte*r
0
170,886
8 O 13/14
2014-09-12T00:00:00
Urteil
Tenor Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 32.850,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.11.2013 Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges des Herstellers Ford, Typ Seven Plus, Fahrzeugident-Nr.: xxx nebst einem Satz Schlüsseln und Fahrzeugbrief sowie weitere 1.474,89 € zu zahlen. Es wird festgestellt, dass der Beklagte sich mit der Rücknahme der vorbezeichneten Gegenstände in Annahmeverzug befindet. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 1.314,71 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.1.2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um Rückabwicklungsansprüche nach einem PKW-Kauf. 3Am 09.03.2013 schlossen die Parteien einen schriftlichen Kaufvertrag über ein Fahrzeug der Marke Ford, Typ Seven Plus zum Preis vom 33.000,00 €. 4Der schriftliche Kaufvertrag enthält u.a. folgenden Gewährleistungsausschluss: 5„Das Kraftfahrzeug wird unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft.“ 6Unter „I. Angaben des Verkäufers: Der Verkäufer garantiert:“ ist unter I.3 u. a. aufgeführt: 7„Das KFZ wurde kmpl. restauriert/neu aufgebaut. Seit Fertigstellung und Inbetriebnahme im Jahr 2006 hat das KFZ erst 700 km Laufleistung zurückgelegt. Durch lange Standzeit können evtl. Standschäden entstanden sein. Aufgrund des kmpl. Neuaufbaus und der geringen Laufleistung sind evtl. noch Nach-/Einstellarbeiten und Überprüfungen am Fahrzeug erforderlich. Der Verkauf erfolgt deshalb unter Ausschluss jeglicher Garantie/Gewährleistung/Haftung zum Sonderpreis weit unter Gutachtenwert.“ 8Der Kläger erhielt während der Kaufvertragsverhandlungen eine „Bewertungsurkunde“ eines Ingenieurbüros Dipl.-Ing. V. M., die für das streitgegenständliche Fahrzeug mit Datum 18.07.2008 einen „Zeitwert inkl. MWST. 58.000,00 €“ angibt. In der beim Vertragsabschluss übergebenen „Zulassungsbescheinigung Teil I“ ist das sogenannte „H-Kennzeichen“ am Ende des amtlichen Kennzeichens aufgeführt und die Fahrzeugbezeichnung „Oldtimer“ enthalten. 9Dem Kaufvertrag waren eine Anzeige des Beklagten auf seiner Internetseite, E-Mail-Verkehr zwischen den Parteien und Verhandlungen unmittelbar vor Abschluss des Kaufvertrages vorausgegangen. 10Im Internet war neben zahlreichen Details unter „Technische Eckdaten“ an zweiter Stelle von oben das Baujahr 1962 (mit H-Zulassung) genannt. 11In dem zwischen den Parteien geführten E-Mail-Verkehr heißt es in einer E-Mail des Beklagten unter anderem (Blatt 74 d.A.): 12„Durch das Baujahr 1962 hat der Wagen selbstverständlich auch bereits eine H-Zulassung (193,00 € Steuern/Jahr) und TÜV ebenfalls bis November 2013. 13Hier noch einmal ein paar Eckdaten zum Wagen, die auch auf meiner Homepage stehen 14- Super Seven Plus (mit H-Zulassung und TÜV bis November 2013).“ 15Nach Kaufvertragsabschluss stellte sich heraus, dass die vom Kläger angefragte ADAC-Versicherung nicht bereit war, das Fahrzeug zu Oldtimer-Bedingungen zu versichern. Der Kläger erhielt daraufhin vom Beklagten eine Kopie des Gutachtens für Oldtimer-Fahrzeuge nach § 21c StVZO des TÜV Nord vom 31.5.2003. 16Der Kläger hat eine gutachtliche Stellungnahme des Sachverständigen O. E. zur Frage eingeholt, ob das Fahrzeug die an ein Oldtimer-Fahrzeug gestellten Anforderungen erfüllt. Der Sachverständige E. kam in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 19.09.2013 (Ablichtung Blatt 14 ff. der Akten) zu dem Ergebnis, dass dies in mehrfacher Hinsicht nicht der Fall ist. Nach seinen Feststellungen entsprach das Fahrzeug weder dem Anforderungskatalog des § 21c StVZO a. F. noch dem des § 23 StVZO. Eine H-Zulassung hätte nicht erteilt werden dürfen. Zum Zeitpunkt der Begutachtung durch den Sachverständigen E. wies das Fahrzeug einen abgelesenen km-Stand von 859 km auf. 17Die Kosten des vorgenannten Sachverständigengutachtens in Höhe von 1.314,71 € macht der Kläger mit der Klage geltend. 18Während der Besitzzeit beim Kläger entstand an dem Fahrzeug ein Kaskoschaden, den der Kläger nach seiner Darstellung fachgerecht reparieren ließ (vgl. dazu die Rechnung vom 19.09.2013 über 278,00 €, Blatt 134 der Akten). 19Der Kläger forderte den Beklagten zunächst mit anwaltlichem Schreiben vom 29.10.2013 unter Fristsetzung bis zum 22.11.2013 auf, die vom Sachverständigen E. festgestellten Mängel zu beseitigen. Nachdem der Beklagte jegliche Ansprüche des Klägers mit anwaltlichen Schreiben vom 12.11.2013 hatte zurückweisen lassen, erklärte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 10.01.2014 den Rücktritt vom Kaufvertrag. 20Für vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltsgebühren macht der Kläger auf der Grundlage eines Gegenstandswertes bis zu 35.000,00 € einen Betrag in Höhe von 1.474,89 € geltend. 21Der Kläger behauptet, er habe den Beklagten bereits bei den Vertragsverhandlungen am 09.03.2013 ausdrücklich nach der Oldtimer-Eigenschaft des Fahrzeugs und einer entsprechenden Zulassung gefragt. Der Beklagte habe dies bejaht. 22Derr Kläger behauptet weiter, das streitgegenständliche Fahrzeug weise keine Oldtimer-Eigenschaft auf und könne daher auch keine H-Zulassung erhalten. 23Der Kläger vertritt die Auffassung, dass der Beklagte ihm die Eigenschaft als Oldtimer zugesichert habe. 24Der Kläger beantragt, 25261. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 33.000,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.11.2013 Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges des Herstellers Ford, Typ Seven Plus, Fahrzeugident-Nr.: BB42JR35177 nebst einem Satz Schlüsseln und Fahrzeugbrief sowie weitere 1.474,89 € zu zahlen; 272. festzustellen, dass sich der Beklagte seit dem 12.11.2013 in Annahmeverzug befindet; 283. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.314,71 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 29Der Beklagte beantragt, 30 die Klage abzuweisen. 31Er behauptet unter Darlegung im Einzelnen, dass das Gutachten des Sachverständigen E. in wesentlichen Teilen unzutreffend sei. Er behauptet weiter, dass der Kläger bei dem Besichtigungstermin vor Abschluss des Kaufvertrages zu keinem Zeitpunkt nach der konkreten H-Zulassung gefragt habe. Das Thema der H-Zulassung habe keinerlei Rolle bei dem Verkaufsgespräch gespielt. Es sei auch zu keinem Zeitpunkt nach einem Gutachten gefragt worden. Erklärungen des Beklagten über das Gutachten, das zur H-Zulassung erstellt wurde, seien nicht abgegeben worden. 32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien wird auf den Inhalt der von ihnen eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 22.08.2014 Bezug genommen. 33Das Gericht hat Beweis erhoben auf der Grundlage der in der Sitzungsniederschrift vom 22.08.2014 enthaltenen Beweisfrage durch Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen S.. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift verwiesen. 34Die Klage ist am 20.01.2014 zugestellt worden. 35Entscheidungsgründe: 36Die zulässige Klage ist ganz überwiegend begründet. 37I. 38Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten unter Anrechnung der durch den Gebrauch gezogenen Nutzungen einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises für den Ford Seven Plus in Höhe von 32.850,00 € Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs nebst Schlüsseln und Fahrzeugbrief nach §§ 346 Abs. 1, 323 Abs. 1, 433, 434 Abs. 1 437 Nr. 2 BGB. 39Das streitgegenständliche Fahrzeug weist einen Sachmangel auf, da es nicht die Voraussetzungen für die Zulassung als Oldtimer gemäß § 23 StVZO, § 2 Nr. 22 Fahrzeugzulassungsverordnung erfüllt. Die Parteien haben die Erfüllung dieser Voraussetzung als Beschaffenheit des Fahrzeugs vereinbart. Der im Kaufvertrag enthaltene Gewährleistungsausschluss steht dem Rückabwicklungsanspruch des Klägers nicht entgegen. 40Im Einzelnen: 411. 42Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zunächst zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der streitgegenständliche Ford Typ Seven Plus nicht die Voraussetzungen für die Zulassung als Oldtimer erfüllt. Der gerichtlich bestellte Sachverständige S., der dem Gericht aus zahlreichen Verfahren als zuverlässig und sachkundig bekannt ist, hat die gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen E. nachvollziehbar bestätigt. Daraus ergibt sich, dass allenfalls einzelne kleinere Teile von Ford verbaut worden sind und dass es auf keinen Fall ein zeitgenössischer Ford englischer Bauart von 1962 ist. Der eingebaute V8-Motor und die Fertigungstechnik, die deutlich besser als 1962 ist, verhindern die Einordnung des Fahrzeugs als kraftfahrzeugtechnisches Kulturgut.Einwendungen gegen die vom Sachverständigen S. getroffenen Feststellungen sind nicht erhoben worden. 432. 44Nach dem Ergebnis der Verhandlung ist das Gericht bei einer Gesamtschau sämtlicher Vertragsumstände weiter davon überzeugt, dass die Parteien die Beschaffenheit des Fahrzeugs als „echter“ Oldtimer vereinbart haben. Das Gericht ist zudem davon überzeugt, dass der Beklagte wusste, dass das Fahrzeug die objektiven Voraussetzungen für eine Zulassung als Oldtimer nicht hatte und diese in dem zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses vorhandenen Zustand auch nicht erlangen konnte. Er hat dem Kläger dieses „überlegene Wissen“ auf dessen Nachfragen nicht offenbart, sondern durch seine Antworten die beim Kläger vorhandene Unsicherheit ausgeräumt, um ihn zum Kaufvertragsabschluss zu bewegen. 45a. 46Die Kenntnis des Beklagten davon, dass das von ihm verkaufte Fahrzeug die Voraussetzungen für die Zulassung als Oldtimer nicht erfüllt, folgt zum einen daraus, dass der Beklagte sich in der „Szene“ auskennt. Seine Angaben im Verhandlungstermin belegen demgegenüber, dass er sich „dumm stellen“ wollte. Seine Angabe, er könne die Frage nicht beantworten, ob das streitgegenständliche Fahrzeug die Eigenschaften für einen Oldtimer erfüllt, weil er kein Diplom-Ingenieur und kein Gutachter sei und seine Angabe, er könne die Frage nicht beantworten, ob das Fahrzeug die Voraussetzungen erfülle, um eine H-Zulassung zu bekommen, sind ausweichend und angesichts der aus dem Inhalt der von dem Beklagten verfassten E-Mails ersichtlichen Kenntnisse unglaubhaft. Dies gilt auch für die weitere Antwort des Beklagten, es gäbe „da Fragenkataloge, die die Gutachter dann abarbeiten“, das wisse er im Einzelnen nicht. Auch die Frage, ob das Fahrzeug 30 Jahre alt war, hat der Beklagte mit der Antwort „gemäß den Fahrzeugdokumenten ja“ ausweichend und nach Überzeugung des Gerichts unzutreffend beantwortet. Aus der vom Beklagten selbst verfassten Beschreibung des Fahrzeugs und seiner Kenntnisse über den Zusammenbau des Fahrzeugs war dem Beklagten ohne Zweifel bekannt, dass allenfalls einzelne Teile des Fahrzeugs 30 Jahre alt sein konnten.Die zunächst vom Beklagten nicht abgegebene Antwort auf die Frage, was ein Seven Plus sei, bestätigt ebenfalls, dass der Beklagte seine tatsächlichen Kenntnisse nicht offenbart hat. Die sodann gegebene Antwort, es handele sich um eine „Typenbezeichnung“ entspricht erkennbar nicht dem Wissensstand des Beklagten. Denn der Beklagte hat in seiner am 25.02.2013 versandten E-Mail detaillierte Angaben zu dem Seven Plus und den Herstellern dieses Fahrzeugs gemacht. Seine im Termin gemachte Angabe, er wisse nicht, dass der Ford Seven Plus im Jahre 1992 entwickelt sei, ist auf der Grundlage der von ihm selbst verfassten E-Mail erkennbar falsch. Bei der Gesamtschau aller Umstände, insbesondere im Hinblick auf den zwischen den Parteien geführten E-Mailverkehr und der Angaben des Beklagten im Verhandlungstermin von 22.08.2014, besteht für das Gericht kein Zweifel daran, dass der Beklagte wusste, dass das streitgegenständliche Fahrzeug die objektiven Voraussetzungen für das Erteilen einer H-Zulassung nicht erfüllt. 47b. 48Durch sein Verhalten hat der Beklagte allerdings gegenüber dem Kläger den Eindruck vermittelt, dass die Voraussetzungen für einen „echten“ Oldtimer vorliegen.Der Beklagten hat zunächst in seiner Internetbeschreibung auf das Baujahr 1962 und die H-Zulassung hingewiesen. Er hat diesen Hinweis in seiner an den Kläger gerichteten E-Mail dahin bekräftigt, dass das Fahrzeug „durch das Baujahr 1962… selbstverständlich auch bereits eine H-Zulassung“ hat. Damit wurde bei einem Käufer der Eindruck erweckt, dass der Beklagte in seiner Beschreibung davon ausging, ein Fahrzeug anzubieten, dass die Voraussetzungen für eine H-Zulassung im Sinne von § 23 StVZO erfüllt. Der Umstand, dass die Beschreibung nicht bei Vertragsschluss, sondern bereits vorher abgegeben wurde, hindert die Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung nicht. Vorfelderklärungen außerhalb des Vertrages, zum Beispiel auf Websites, wirken grundsätzlich beim Vertragsschluss fort, sofern der Verkäufer nicht davon abrückt (vgl. zum Beispiel OLG Hamm, Urteil vom 24.04.2012, 28 U 197/09). Ein Abrücken von den zuvor gegebenen Beschreibungen liegt im Streitfall nicht vor. Im Gegenteil: Die H-Zulassung des Fahrzeugs ergab sich sowohl aus dem bei Kaufvertragsabschluss vorliegenden Wertgutachten als auch der Zulassungsbescheinigung Teil I. Die Zulassungsbescheinigung Teil I bezeichnet das Fahrzeug sogar als „Oldtimer“.c. 49Die Anhörung der Parteien im Verhandlungstermin vom 22.08.2014 hat ergeben, dass der Beklagte beim Kläger möglicherweise aufkommende Zweifel nach der Oldtimereigenschaft des Fahrzeugs dahin ausgeräumt hat, dass der Kläger von der Oldtimereigenschaft ausgehen konnte und auch ausging.Zunächst ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass die Angaben des Beklagten im Verhandlungstermin im Widerspruch zum schriftsätzlichen Vortrag stehen. Dort hat der Beklagte behauptet, dass zu keinem Zeitpunkt im Rahmen der Besichtigung vor dem Kaufvertragsabschluss nach einer H-Zulassung gefragt oder nach dem Gutachten gefragt worden sei. Daraus folge, dass auch Erklärungen des Beklagten über das Gutachten, dass zur H-Zulassung erstellt wurde, nicht abgegeben wurden.Dieser Vortrag ist nach der Darstellung im Verhandlungstermin vom 22.08.2014 falsch. Denn auch nach Darstellung des Beklagten ist über eine H-Zulassung und über das Gutachten gesprochen worden. Der Beklagte hat Fragen des Klägers zur Oldtimer-Zulassung dahin beantwortet, dass er davon ausgehe, „dass das okay ist“ und „dass es aber gut hätte sein können“ und die Bauteile „auch aus diesem Baujahr stammen könnten“. Der Beklagte hat damit im Rahmen seiner Anhörung letztlich die Darstellung des Klägers bestätigt, dass es dem Kläger bei dem Verkaufsgespräch darum ging, ob der Zustand des Fahrzeugs den Voraussetzungen für eine Oldtimer-Zulassung entsprach. Der Beklagte konnte an den Nachfragen des Klägers erkennen und hat auch erkannt, dass die Oldtimer-Eigenschaft für den Kläger entscheidende Bedeutung für den Vertragsabschluss hatte. Er hätte ihm daher offenbaren müssen, dass das Fahrzeug die Voraussetzungen für einen Oldtimer nicht erfüllte und in diesem Zustand auch nicht erfüllen konnte. Der Beklagte hatte vor dem Abfassen der schriftsätzlichen Darstellung offenbar auch erkannt, dass seine Angaben während der Verkaufsverhandlungen seine Position im Rechtsstreit verschlechtern können. Anders ist es nicht zu erklären, dass er zu diesem Punkt offensichtlich und erkennbar falsch hat vortragen lassen. Mit einem „Missverständnis“ bei der Weitergabe und Aufnahme von Informationen zwischen Partei und Anwalt ist der von der Darstellung des Beklagten im Termin abweichende schriftsätzliche Vortrag nicht zu erklären.d. 50Nach alledem haben die Parteien somit eine Beschaffenheitsvereinbarung dahin getroffen, dass das Fahrzeug die Voraussetzungen für die Zulassung als Oldtimer tatsächlich erfüllt. Der Beklagte hat den Kläger zudem über das Vorliegen einer „echten“ Oldtimer-Eigenschaft arglistig getäuscht. 51Der im Kaufvertrag enthaltene Gewährleistungsausschluss steht dem Rückabwicklungsanspruch des Klägers nicht entgegen. 52Soweit es die Beschaffenheitsvereinbarung betrifft, kann eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung der Kombination von Beschaffenheitsvereinbarung und Gewährleistungsausschluss nur dahin vorgenommen werden, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit gelten soll (vgl. dazu BGH, Urteil vom 29.11.2006, VIII ZR 92/06). Soweit es die arglistige Täuschung betrifft, gilt § 444 BGB. 53e. 54Der Kläger muss sich bei der Rückabwicklung gemäß §§ 346 Abs. 1, 100 BGB die durch die Nutzung des Fahrzeuges erlangten Gebrauchsvorteile anrechnen lassen. Derartige Gebrauchsvorteile liegen hier nur in ganz geringem Umfang vor. Der Kläger ist nach eigenen Angaben zwischen 70 und 80 km mit dem Fahrzeug gefahren. Die im Kaufvertrag enthaltene Laufleistung von 700 km weist eine Differenz von 159 km zum abgelesenen km-Stand zur Zeit der Erstellung des Gutachtens E. auf. Daraus ergibt sich, dass es Gebrauchsvorteile für den Kläger nur in ganz geringem Umfang gegeben hat. Das Gericht schätzt diese Gebrauchsvorteile unter Berücksichtigung des Kaufpreises gemäß § 287 ZPO auf einen Betrag von 150,00 €. 55f. 56Ein Abzug von der Klageforderung wegen des vom Kläger während seiner Besitzzeit erlittenen (kleinen) Unfallschadens ist nicht vorzunehmen. Der Kläger hat das Unfallereignis im Einzelnen geschildert. Die vom Beklagten zuvor schriftsätzlich erhobenen Bedenken sind damit ausgeräumt. Soweit der Beklagte dem Vortrag des Klägers, das Fahrzeug sei fachgerecht repariert worden, entgegensetzt, dass das Fahrzeug nicht mehr „original aus den Händen Adermann“ sei und es sich um ein Unfallfahrzeug mit einer sich daraus ergebenden Wertminderung handele, ist dies unerheblich. Der Beklagte legt zum Einen nicht dar, in welcher Höhe eine Wertminderung eingetreten sein soll. Er legt auch nicht im Einzelnen dar, warum sich eine Wertminderung deshalb ergeben soll, weil das Fahrzeug nicht mehr „original aus den Händen Adermann“ ist. Unabhängig davon ist nicht nachvollziehbar, warum bei einem ohnehin aus zahlreichen Einzelteilen zusammen gebauten Fahrzeug die fachgerechte Reparatur eines relativ geringen Schadens überhaupt zu einer Wertminderung führen kann. 57g. 58Der Zinsanspruch des Klägers ist gemäß §§ 280, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB begründet.Eine Mahnung war entbehrlich, da der Beklagte mit Schreiben vom 12.11.2013 jegliche Ansprüche des Klägers zurückgewiesen hat.II. 59Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet, §§ 256, 756 ZPO.Der Beklagte hat den berechtigten Anspruch des Klägers zurückgewiesen und befindet sich deshalb in Annahmeverzug. 60III. 61Die vom Kläger vorprozessual aufgewandten Sachverständigenkosten in Höhe von 1.474,89 € sind gemäß §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB begründet. Der Kläger konnte nicht zuverlässig beurteilen, ob das streitgegenständliche Fahrzeug die Voraussetzungen für einen Oldtimer erfüllt. Das Einholen des Sachverständigengutachtens war erforderlich, da der Beklagte den Rückabwicklungsanspruch des Klägers zu Unrecht zurückgewiesen hat. Der gerichtlich bestellte Sachverständige S. hat in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen E. bestätigt, dass das streitgegenständliche Fahrzeug die Voraussetzungen für eine Oldtimer-Eigenschaft nicht erfüllt. 62Der Zinsanspruch ist gemäß § 291 BGB begründet. 63IV. 64Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren ist gemäß §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB begründet. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Durchsetzung des Anspruchs des Klägers erforderlich und zweckmäßig.Der Betrag in Höhe von 1.474,89 € ist auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von bis zu 35.000,00 € und dem Ansatz einer 1,3-Geschäftsgebühr zutreffend berechnet. 65V. 66Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
der beklagte wird verurteilt, an den kläger 32.850,00 € zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 12.11.2013 zug-um-zug gegen rückgabe des fahrzeuges des herstellers ford, typ seven plus, fahrzeugident-nr.: xxx nebst einem satz schlüsseln und fahrzeugbrief sowie weitere 1.474,89 € zu zahlen. es wird festgestellt, dass der beklagte sich mit der rücknahme der vorbezeichneten gegenstände in annahmeverzug befindet. der beklagte wird weiter verurteilt, an den kläger 1.314,71 € zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 21.1.2014 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die beklagte hat die kosten des rechtsstreits zu tragen. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die parteien streiten um rückabwicklungsansprüche nach einem pkw-kauf. 3am 09.03.2013 schlossen die parteien einen schriftlichen kaufvertrag über ein fahrzeug der marke ford, typ seven plus zum preis vom 33.000,00 €. 4der schriftliche kaufvertrag enthält u.a. folgenden gewährleistungsausschluss: 5„das kraftfahrzeug wird unter ausschluss der sachmängelhaftung verkauft.“ 6unter „i. angaben des verkäufers: der verkäufer garantiert:“ ist unter i.3 u. a. aufgeführt: 7„das kfz wurde kmpl. restauriert/neu aufgebaut. seit fertigstellung und inbetriebnahme im jahr 2006 hat das kfz erst 700 km laufleistung zurückgelegt. durch lange standzeit können evtl. standschäden entstanden sein. aufgrund des kmpl. neuaufbaus und der geringen laufleistung sind evtl. noch nach-/einstellarbeiten und überprüfungen am fahrzeug erforderlich. der verkauf erfolgt deshalb unter ausschluss jeglicher garantie/gewährleistung/haftung zum sonderpreis weit unter gutachtenwert.“ 8der kläger erhielt während der kaufvertragsverhandlungen eine „bewertungsurkunde“ eines ingenieurbüros dipl.-ing. v. m., die für das streitgegenständliche fahrzeug mit datum 18.07.2008 einen „zeitwert inkl. mwst. 58.000,00 €“ angibt. in der beim vertragsabschluss übergebenen „zulassungsbescheinigung teil i“ ist das sogenannte „h-kennzeichen“ am ende des amtlichen kennzeichens aufgeführt und die fahrzeugbezeichnung „oldtimer“ enthalten. 9dem kaufvertrag waren eine anzeige des beklagten auf seiner internetseite, e-mail-verkehr zwischen den parteien und verhandlungen unmittelbar vor abschluss des kaufvertrages vorausgegangen. 10im internet war neben zahlreichen details unter „technische eckdaten“ an zweiter stelle von oben das baujahr 1962 (mit h-zulassung) genannt. 11in dem zwischen den parteien geführten e-mail-verkehr heißt es in einer e-mail des beklagten unter anderem (blatt 74 d.a.): 12„durch das baujahr 1962 hat der wagen selbstverständlich auch bereits eine h-zulassung (193,00 € steuern/jahr) und tüv ebenfalls bis november 2013. 13hier noch einmal ein paar eckdaten zum wagen, die auch auf meiner homepage stehen 14- super seven plus (mit h-zulassung und tüv bis november 2013).“ 15nach kaufvertragsabschluss stellte sich heraus, dass die vom kläger angefragte adac-versicherung nicht bereit war, das fahrzeug zu oldtimer-bedingungen zu versichern. der kläger erhielt daraufhin vom beklagten eine kopie des gutachtens für oldtimer-fahrzeuge nach § 21c stvzo des tüv nord vom 31.5.2003. 16der kläger hat eine gutachtliche stellungnahme des sachverständigen o. e. zur frage eingeholt, ob das fahrzeug die an ein oldtimer-fahrzeug gestellten anforderungen erfüllt. der sachverständige e. kam in seiner gutachtlichen stellungnahme vom 19.09.2013 (ablichtung blatt 14 ff. der akten) zu dem ergebnis, dass dies in mehrfacher hinsicht nicht der fall ist. nach seinen feststellungen entsprach das fahrzeug weder dem anforderungskatalog des § 21c stvzo a. f. noch dem des § 23 stvzo. eine h-zulassung hätte nicht erteilt werden dürfen. zum zeitpunkt der begutachtung durch den sachverständigen e. wies das fahrzeug einen abgelesenen km-stand von 859 km auf. 17die kosten des vorgenannten sachverständigengutachtens in höhe von 1.314,71 € macht der kläger mit der klage geltend. 18während der besitzzeit beim kläger entstand an dem fahrzeug ein kaskoschaden, den der kläger nach seiner darstellung fachgerecht reparieren ließ (vgl. dazu die rechnung vom 19.09.2013 über 278,00 €, blatt 134 der akten). 19der kläger forderte den beklagten zunächst mit anwaltlichem schreiben vom 29.10.2013 unter fristsetzung bis zum 22.11.2013 auf, die vom sachverständigen e. festgestellten mängel zu beseitigen. nachdem der beklagte jegliche ansprüche des klägers mit anwaltlichen schreiben vom 12.11.2013 hatte zurückweisen lassen, erklärte der kläger mit anwaltlichem schreiben vom 10.01.2014 den rücktritt vom kaufvertrag. 20für vorgerichtlich entstandene rechtsanwaltsgebühren macht der kläger auf der grundlage eines gegenstandswertes bis zu 35.000,00 € einen betrag in höhe von 1.474,89 € geltend. 21der kläger behauptet, er habe den beklagten bereits bei den vertragsverhandlungen am 09.03.2013 ausdrücklich nach der oldtimer-eigenschaft des fahrzeugs und einer entsprechenden zulassung gefragt. der beklagte habe dies bejaht. 22derr kläger behauptet weiter, das streitgegenständliche fahrzeug weise keine oldtimer-eigenschaft auf und könne daher auch keine h-zulassung erhalten. 23der kläger vertritt die auffassung, dass der beklagte ihm die eigenschaft als oldtimer zugesichert habe. 24der kläger beantragt, 25261. den beklagten zu verurteilen, an ihn 33.000,00 € zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 12.11.2013 zug-um-zug gegen rückgabe des fahrzeuges des herstellers ford, typ seven plus, fahrzeugident-nr.: bb42jr35177 nebst einem satz schlüsseln und fahrzeugbrief sowie weitere 1.474,89 € zu zahlen; 272. festzustellen, dass sich der beklagte seit dem 12.11.2013 in annahmeverzug befindet; 283. den beklagten zu verurteilen, an den kläger 1.314,71 € zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 29der beklagte beantragt, 30 die klage abzuweisen. 31er behauptet unter darlegung im einzelnen, dass das gutachten des sachverständigen e. in wesentlichen teilen unzutreffend sei. er behauptet weiter, dass der kläger bei dem besichtigungstermin vor abschluss des kaufvertrages zu keinem zeitpunkt nach der konkreten h-zulassung gefragt habe. das thema der h-zulassung habe keinerlei rolle bei dem verkaufsgespräch gespielt. es sei auch zu keinem zeitpunkt nach einem gutachten gefragt worden. erklärungen des beklagten über das gutachten, das zur h-zulassung erstellt wurde, seien nicht abgegeben worden. 32wegen der weiteren einzelheiten des sachvortrages der parteien wird auf den inhalt der von ihnen eingereichten schriftsätze nebst anlagen sowie auf den inhalt der sitzungsniederschrift vom 22.08.2014 bezug genommen. 33das gericht hat beweis erhoben auf der grundlage der in der sitzungsniederschrift vom 22.08.2014 enthaltenen beweisfrage durch einholung eines mündlichen sachverständigengutachtens des sachverständigen s.. für das ergebnis der beweisaufnahme wird auf den inhalt der sitzungsniederschrift verwiesen. 34die klage ist am 20.01.2014 zugestellt worden. 35
36die zulässige klage ist ganz überwiegend begründet. 37i. 38der kläger hat gegenüber dem beklagten unter anrechnung der durch den gebrauch gezogenen nutzungen einen anspruch auf rückzahlung des kaufpreises für den ford seven plus in höhe von 32.850,00 € zug-um-zug gegen rückgabe des fahrzeugs nebst schlüsseln und fahrzeugbrief nach §§ 346 abs. 1, 323 abs. 1, 433, 434 abs. 1 437 nr. 2 bgb. 39das streitgegenständliche fahrzeug weist einen sachmangel auf, da es nicht die voraussetzungen für die zulassung als oldtimer gemäß § 23 stvzo, § 2 nr. 22 fahrzeugzulassungsverordnung erfüllt. die parteien haben die erfüllung dieser voraussetzung als beschaffenheit des fahrzeugs vereinbart. der im kaufvertrag enthaltene gewährleistungsausschluss steht dem rückabwicklungsanspruch des klägers nicht entgegen. 40im einzelnen: 411. 42nach dem ergebnis der beweisaufnahme steht zunächst zur überzeugung des gerichts fest, dass der streitgegenständliche ford typ seven plus nicht die voraussetzungen für die zulassung als oldtimer erfüllt. der gerichtlich bestellte sachverständige s., der dem gericht aus zahlreichen verfahren als zuverlässig und sachkundig bekannt ist, hat die gutachterlichen feststellungen des sachverständigen e. nachvollziehbar bestätigt. daraus ergibt sich, dass allenfalls einzelne kleinere teile von ford verbaut worden sind und dass es auf keinen fall ein zeitgenössischer ford englischer bauart von 1962 ist. der eingebaute v8-motor und die fertigungstechnik, die deutlich besser als 1962 ist, verhindern die einordnung des fahrzeugs als kraftfahrzeugtechnisches kulturgut.einwendungen gegen die vom sachverständigen s. getroffenen feststellungen sind nicht erhoben worden. 432. 44nach dem ergebnis der verhandlung ist das gericht bei einer gesamtschau sämtlicher vertragsumstände weiter davon überzeugt, dass die parteien die beschaffenheit des fahrzeugs als „echter“ oldtimer vereinbart haben. das gericht ist zudem davon überzeugt, dass der beklagte wusste, dass das fahrzeug die objektiven voraussetzungen für eine zulassung als oldtimer nicht hatte und diese in dem zum zeitpunkt des kaufvertragsabschlusses vorhandenen zustand auch nicht erlangen konnte. er hat dem kläger dieses „überlegene wissen“ auf dessen nachfragen nicht offenbart, sondern durch seine antworten die beim kläger vorhandene unsicherheit ausgeräumt, um ihn zum kaufvertragsabschluss zu bewegen. 45a. 46die kenntnis des beklagten davon, dass das von ihm verkaufte fahrzeug die voraussetzungen für die zulassung als oldtimer nicht erfüllt, folgt zum einen daraus, dass der beklagte sich in der „szene“ auskennt. seine angaben im verhandlungstermin belegen demgegenüber, dass er sich „dumm stellen“ wollte. seine angabe, er könne die frage nicht beantworten, ob das streitgegenständliche fahrzeug die eigenschaften für einen oldtimer erfüllt, weil er kein diplom-ingenieur und kein gutachter sei und seine angabe, er könne die frage nicht beantworten, ob das fahrzeug die voraussetzungen erfülle, um eine h-zulassung zu bekommen, sind ausweichend und angesichts der aus dem inhalt der von dem beklagten verfassten e-mails ersichtlichen kenntnisse unglaubhaft. dies gilt auch für die weitere antwort des beklagten, es gäbe „da fragenkataloge, die die gutachter dann abarbeiten“, das wisse er im einzelnen nicht. auch die frage, ob das fahrzeug 30 jahre alt war, hat der beklagte mit der antwort „gemäß den fahrzeugdokumenten ja“ ausweichend und nach überzeugung des gerichts unzutreffend beantwortet. aus der vom beklagten selbst verfassten beschreibung des fahrzeugs und seiner kenntnisse über den zusammenbau des fahrzeugs war dem beklagten ohne zweifel bekannt, dass allenfalls einzelne teile des fahrzeugs 30 jahre alt sein konnten.die zunächst vom beklagten nicht abgegebene antwort auf die frage, was ein seven plus sei, bestätigt ebenfalls, dass der beklagte seine tatsächlichen kenntnisse nicht offenbart hat. die sodann gegebene antwort, es handele sich um eine „typenbezeichnung“ entspricht erkennbar nicht dem wissensstand des beklagten. denn der beklagte hat in seiner am 25.02.2013 versandten e-mail detaillierte angaben zu dem seven plus und den herstellern dieses fahrzeugs gemacht. seine im termin gemachte angabe, er wisse nicht, dass der ford seven plus im jahre 1992 entwickelt sei, ist auf der grundlage der von ihm selbst verfassten e-mail erkennbar falsch. bei der gesamtschau aller umstände, insbesondere im hinblick auf den zwischen den parteien geführten e-mailverkehr und der angaben des beklagten im verhandlungstermin von 22.08.2014, besteht für das gericht kein zweifel daran, dass der beklagte wusste, dass das streitgegenständliche fahrzeug die objektiven voraussetzungen für das erteilen einer h-zulassung nicht erfüllt. 47b. 48durch sein verhalten hat der beklagte allerdings gegenüber dem kläger den eindruck vermittelt, dass die voraussetzungen für einen „echten“ oldtimer vorliegen.der beklagten hat zunächst in seiner internetbeschreibung auf das baujahr 1962 und die h-zulassung hingewiesen. er hat diesen hinweis in seiner an den kläger gerichteten e-mail dahin bekräftigt, dass das fahrzeug „durch das baujahr 1962… selbstverständlich auch bereits eine h-zulassung“ hat. damit wurde bei einem käufer der eindruck erweckt, dass der beklagte in seiner beschreibung davon ausging, ein fahrzeug anzubieten, dass die voraussetzungen für eine h-zulassung im sinne von § 23 stvzo erfüllt. der umstand, dass die beschreibung nicht bei vertragsschluss, sondern bereits vorher abgegeben wurde, hindert die annahme einer beschaffenheitsvereinbarung nicht. vorfelderklärungen außerhalb des vertrages, zum beispiel auf websites, wirken grundsätzlich beim vertragsschluss fort, sofern der verkäufer nicht davon abrückt (vgl. zum beispiel olg hamm, urteil vom 24.04.2012, 28 u 197/09). ein abrücken von den zuvor gegebenen beschreibungen liegt im streitfall nicht vor. im gegenteil: die h-zulassung des fahrzeugs ergab sich sowohl aus dem bei kaufvertragsabschluss vorliegenden wertgutachten als auch der zulassungsbescheinigung teil i. die zulassungsbescheinigung teil i bezeichnet das fahrzeug sogar als „oldtimer“.c. 49die anhörung der parteien im verhandlungstermin vom 22.08.2014 hat ergeben, dass der beklagte beim kläger möglicherweise aufkommende zweifel nach der oldtimereigenschaft des fahrzeugs dahin ausgeräumt hat, dass der kläger von der oldtimereigenschaft ausgehen konnte und auch ausging.zunächst ist in diesem zusammenhang festzuhalten, dass die angaben des beklagten im verhandlungstermin im widerspruch zum schriftsätzlichen vortrag stehen. dort hat der beklagte behauptet, dass zu keinem zeitpunkt im rahmen der besichtigung vor dem kaufvertragsabschluss nach einer h-zulassung gefragt oder nach dem gutachten gefragt worden sei. daraus folge, dass auch erklärungen des beklagten über das gutachten, dass zur h-zulassung erstellt wurde, nicht abgegeben wurden.dieser vortrag ist nach der darstellung im verhandlungstermin vom 22.08.2014 falsch. denn auch nach darstellung des beklagten ist über eine h-zulassung und über das gutachten gesprochen worden. der beklagte hat fragen des klägers zur oldtimer-zulassung dahin beantwortet, dass er davon ausgehe, „dass das okay ist“ und „dass es aber gut hätte sein können“ und die bauteile „auch aus diesem baujahr stammen könnten“. der beklagte hat damit im rahmen seiner anhörung letztlich die darstellung des klägers bestätigt, dass es dem kläger bei dem verkaufsgespräch darum ging, ob der zustand des fahrzeugs den voraussetzungen für eine oldtimer-zulassung entsprach. der beklagte konnte an den nachfragen des klägers erkennen und hat auch erkannt, dass die oldtimer-eigenschaft für den kläger entscheidende bedeutung für den vertragsabschluss hatte. er hätte ihm daher offenbaren müssen, dass das fahrzeug die voraussetzungen für einen oldtimer nicht erfüllte und in diesem zustand auch nicht erfüllen konnte. der beklagte hatte vor dem abfassen der schriftsätzlichen darstellung offenbar auch erkannt, dass seine angaben während der verkaufsverhandlungen seine position im rechtsstreit verschlechtern können. anders ist es nicht zu erklären, dass er zu diesem punkt offensichtlich und erkennbar falsch hat vortragen lassen. mit einem „missverständnis“ bei der weitergabe und aufnahme von informationen zwischen partei und anwalt ist der von der darstellung des beklagten im termin abweichende schriftsätzliche vortrag nicht zu erklären.d. 50nach alledem haben die parteien somit eine beschaffenheitsvereinbarung dahin getroffen, dass das fahrzeug die voraussetzungen für die zulassung als oldtimer tatsächlich erfüllt. der beklagte hat den kläger zudem über das vorliegen einer „echten“ oldtimer-eigenschaft arglistig getäuscht. 51der im kaufvertrag enthaltene gewährleistungsausschluss steht dem rückabwicklungsanspruch des klägers nicht entgegen. 52soweit es die beschaffenheitsvereinbarung betrifft, kann eine nach beiden seiten interessengerechte auslegung der kombination von beschaffenheitsvereinbarung und gewährleistungsausschluss nur dahin vorgenommen werden, dass der haftungsausschluss nicht für das fehlen der vereinbarten beschaffenheit gelten soll (vgl. dazu bgh, urteil vom 29.11.2006, viii zr 92/06). soweit es die arglistige täuschung betrifft, gilt § 444 bgb. 53e. 54der kläger muss sich bei der rückabwicklung gemäß §§ 346 abs. 1, 100 bgb die durch die nutzung des fahrzeuges erlangten gebrauchsvorteile anrechnen lassen. derartige gebrauchsvorteile liegen hier nur in ganz geringem umfang vor. der kläger ist nach eigenen angaben zwischen 70 und 80 km mit dem fahrzeug gefahren. die im kaufvertrag enthaltene laufleistung von 700 km weist eine differenz von 159 km zum abgelesenen km-stand zur zeit der erstellung des gutachtens e. auf. daraus ergibt sich, dass es gebrauchsvorteile für den kläger nur in ganz geringem umfang gegeben hat. das gericht schätzt diese gebrauchsvorteile unter berücksichtigung des kaufpreises gemäß § 287 zpo auf einen betrag von 150,00 €. 55f. 56ein abzug von der klageforderung wegen des vom kläger während seiner besitzzeit erlittenen (kleinen) unfallschadens ist nicht vorzunehmen. der kläger hat das unfallereignis im einzelnen geschildert. die vom beklagten zuvor schriftsätzlich erhobenen bedenken sind damit ausgeräumt. soweit der beklagte dem vortrag des klägers, das fahrzeug sei fachgerecht repariert worden, entgegensetzt, dass das fahrzeug nicht mehr „original aus den händen adermann“ sei und es sich um ein unfallfahrzeug mit einer sich daraus ergebenden wertminderung handele, ist dies unerheblich. der beklagte legt zum einen nicht dar, in welcher höhe eine wertminderung eingetreten sein soll. er legt auch nicht im einzelnen dar, warum sich eine wertminderung deshalb ergeben soll, weil das fahrzeug nicht mehr „original aus den händen adermann“ ist. unabhängig davon ist nicht nachvollziehbar, warum bei einem ohnehin aus zahlreichen einzelteilen zusammen gebauten fahrzeug die fachgerechte reparatur eines relativ geringen schadens überhaupt zu einer wertminderung führen kann. 57g. 58der zinsanspruch des klägers ist gemäß §§ 280, 286 abs. 2 nr. 3 bgb begründet.eine mahnung war entbehrlich, da der beklagte mit schreiben vom 12.11.2013 jegliche ansprüche des klägers zurückgewiesen hat.ii. 59der feststellungsantrag ist zulässig und begründet, §§ 256, 756 zpo.der beklagte hat den berechtigten anspruch des klägers zurückgewiesen und befindet sich deshalb in annahmeverzug. 60iii. 61die vom kläger vorprozessual aufgewandten sachverständigenkosten in höhe von 1.474,89 € sind gemäß §§ 280 abs. 1, 823 abs. 2 bgb, § 263 stgb begründet. der kläger konnte nicht zuverlässig beurteilen, ob das streitgegenständliche fahrzeug die voraussetzungen für einen oldtimer erfüllt. das einholen des sachverständigengutachtens war erforderlich, da der beklagte den rückabwicklungsanspruch des klägers zu unrecht zurückgewiesen hat. der gerichtlich bestellte sachverständige s. hat in übereinstimmung mit dem sachverständigen e. bestätigt, dass das streitgegenständliche fahrzeug die voraussetzungen für eine oldtimer-eigenschaft nicht erfüllt. 62der zinsanspruch ist gemäß § 291 bgb begründet. 63iv. 64der anspruch auf erstattung der vorgerichtlich entstandenen rechtsanwaltsgebühren ist gemäß §§ 280 abs. 1, 823 abs. 2 bgb in verbindung mit § 263 stgb begründet. die hinzuziehung eines rechtsanwaltes war für die durchsetzung des anspruchs des klägers erforderlich und zweckmäßig.der betrag in höhe von 1.474,89 € ist auf der grundlage eines gegenstandswertes von bis zu 35.000,00 € und dem ansatz einer 1,3-geschäftsgebühr zutreffend berechnet. 65v. 66die kostenentscheidung folgt aus § 92 abs. 2 nr. 1 zpo, die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 709 zpo.
Klaeger*in
1
186,567
12 K 5403/11
2013-12-10T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid des Beklagten vom 2. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2011 wird aufgehoben.Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist als Unternehmen des S. -X. T. ordentliches Mitglied des Gesamtverbandes Steinkohle e.V. (früher: H. des E. T. ). Die Unternehmen des S. -X1. T. leisten auf tarifvertraglicher Grundlage Hausbrandleistungen und Energiebeihilfen für ihre pensionierten Mitarbeiter. Der Beklagte ist gemäß § 14 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung – BetrAVG – der Träger der Insolvenzsicherung für Versorgungszusagen der Arbeitgeber nach dem BetrAVG.3Mit Schreiben vom 23. Mai 1977 wandte sich der H. des E. T. an den Beklagten und thematisierte unter Bezugnahme auf eine vorangegangene Besprechung die Frage der Beitragszahlung zur Insolvenzsicherung für Hausbrandleistungen. In dem Schreiben wurde unter ausführlicher Begründung der dortigen Rechtsauffassung, dass keine Beitragspflicht bestehe, abschließend formuliert: „Wir würden es begrüßen, wenn Sie zunächst einmal zu den von uns vorstehend aufgeführten Fragen Stellung nehmen könnten. … Abschließend möchten wir noch einmal betonen, dass es unser Ziel ist, mit Ihnen zu einer einvernehmlichen Klärung zu gelangen.“4In Beantwortung dieses Schreibens führte der Beklagte mit Schreiben vom 10. Juni 1977 einführend aus: „Nach Prüfung der Angelegenheit sehen wir uns zur Zeit noch nicht in der Lage, eine verbindliche Entscheidung zu fällen.“ Sodann wurde um nähere Angaben zu einzelnen Fragen gebeten.5Mit an den H. des E. T. gerichtetem Schreiben vom 24. August 1977 führte der Beklagte aus: „Wir sind mit Ihnen der Auffassung, dass nach der gegenwärtigen Regelung der hier in Rede stehenden Leistungen nach dem Manteltarifvertrag für die Arbeiter des S1. . -X2. . T. und der einheitlichen Auffassung der Finanzverwaltung zu diesen Leistungen die Hausbrandleistungen an pensionierte Arbeitnehmer keine Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 1 Abs. 1 BetrAVG darstellen. ... Unsere heutige Entscheidung ist ausdrücklich auf den jetzigen Stand nach den manteltarifvertraglichen und steuerlichen Regelungen beschränkt. ... Wir dürfen Sie höflich bitten, uns umgehend über eine Änderung der tarifvertraglichen Regelungen zu unterrichten.“ Abschließend heißt es im Post-Skriptum des Schreibens: „Wir dürfen Sie höflich bitten, die Mitglieder ihres Verbandes von dem Inhalt unseres heutigen Schreibens zu unterrichten. ... Um allen Missverständnissen vorzubeugen, vermerken wir noch, dass unsere heutige Stellungnahme sich nicht auf kostenlose Kohlendeputate und deren Abgeltung bezieht.“6In der Folgezeit kam es zu weiterem, diese Frage betreffendem Schriftwechsel zwischen dem Beklagten und dem H. des deutschen T. . Dabei führte Letzterer mit an den Beklagten gerichtetem Schreiben vom 13. März 1978 u.a. aus, seines Erachtens sei „auch weiterhin von Ihrer Stellungnahme vom 24. August 1978 auszugehen.“7Der Beklagte führte mit an den H. des E. T. adressiertem Schreiben vom 14. Dezember 1978 aus: „Wir kommen auf die zwischen uns bereits geführte Korrespondenz in vorbezeichneter Angelegenheit zurück und nehmen insbesondere Bezug auf unser Schreiben vom 24. August 1977 und auf Ihr Schreiben vom 13. März 1978. Wir haben die Problematik in unserem Haus erneut erörtert und grundsätzlich das Ergebnis, das wir Ihnen mit unserem vorerwähnten Schreiben mitteilten, bestätigt gefunden; zur ergänzenden Begründung möchten wir jedoch noch folgendes anzuführen: ...“8Mit Schreiben vom 19. November 1981 erklärte der Beklagte u.a., die Barabgeltung für das Kohlebezugsrecht sei betriebliche Altersversorgung. Ferner hieß es in dem Schreiben: „Für die Natural-Leistungen gilt weiterhin die Entscheidung, sie nicht in die Beitragsbemessungsgrundlagen einzurechnen.“9Mit Schreiben vom 15. März 1982 führte der H. des E. T. aus, in einer Besprechung vom 12. März 1982 habe der Beklagte akzeptiert, dass die Barabgeltungen ebenso wie die Deputatkohlenbezüge nicht der Insolvenzsicherungspflicht unterlägen. Das Schreiben des Beklagten vom 19. November 1981 sei somit gegenstandslos geworden.10Mit an den Beklagten gerichtetem Schreiben vom 24. März 1982 bemerkte der H. des E. T. : „Vereinbarungsgemäß fassen wir das Ergebnis der Besprechung vom 12. März 1982 im Hause des E. C. -J. Vereins in L. , an dem von Ihrer Seite die Herren F. und O. teilgenommen haben, wie folgt zusammen: Der in den Tarifverträgen des deutschen T. festgelegte Anspruch der ehemaligen Arbeiter und Tarifangestellten auf Gewährung von Hausbrandkohlen ist keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des BetrAVG. Die hierfür bisher als maßgebend angesehenen Erwägungen, wie sie in den Ausführungen Ihres Schreibens vom 14. Dezember 1978 dargelegt wurden, gelten weiterhin.“11Mit an den H. des deutschen T. gerichtetem Schreiben vom 7. April 1982 führte der Beklagte aus: „Wir danken Ihnen für die zusammenfassende Darstellung der in unserem Gespräch vom 12. März 1982 erörterten Problematik. Das Ergebnis ist zutreffend wiedergegeben. Wir stellen anheim, Ihre Mitglieder entsprechend zu informieren; ggf. leiten Sie uns ein Exemplar Ihrer Mitteilung zu.“12Aus Anlass einer Antwort der Landesregierung Nordrhein-Westfalen auf die Kleine Anfrage 335 des Abgeordneten S2. Q. „Kosten der Deputate bei Auslaufen des Bergbaus“ (LTDrs NRW 14/989) griff der Beklagte die Thematik wieder auf und bat in einem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 25. September 2006 um Auskunft, wie die Hausbrandleistungen in den bisherigen jährlichen Meldungen der Beitragsbemessungsgrundlagen berücksichtigt worden seien. In einem diesbezüglichen Telefonvermerk des Beklagten vom 4. Oktober 2006 ist festgehalten, ein Herr T1. von der Klägerin habe hierzu einen Gesprächstermin vereinbart und zur Sache vorab mitgeteilt, die Klägerin verhalte sich entsprechend des „Gentleman-Agreement“, das in der Zeit von 1975-1982 getroffen worden sei.13Mit an den Beklagten gerichtetem Schreiben vom 6. Oktober 2006 führte die Klägerin unter Bezugnahme auf ein am Vortag geführtes Gespräch aus, die rechtlichen Voraussetzungen hätten sich seit der Besprechung vom 12. März 1982 nicht geändert. Der Beklagte habe mit Schreiben vom 7. April 1982 die zusammenfassende Darstellung des Gesprächsergebnisses ausdrücklich bestätigt. Es werde daher davon ausgegangen, dass es sich bei den Deputaten nicht um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung handele und somit keine Beiträge an den Beklagten zu entrichten seien.14In Beantwortung dieses Schreibens äußerte sich der Beklagte unter dem 17. November 2006 gegenüber der Klägerin wie folgt: „Da sich die rechtlichen Voraussetzungen, die im Jahre 1982 zu der Vereinbarung zwischen dem H. des E. T. und dem PSVaG geführt haben, nicht – auch nicht durch den aktuellen Manteltarifvertrag – geändert haben, halten wir an der seinerzeit getroffenen Einigung fest. Demnach fallen Ihre Kohledeputate nicht unter den Begriff der betrieblichen Altersversorgung und damit nicht unter die gesetzliche Melde- und Beitragspflicht zur Insolvenzsicherung.“15Mit Urteilen vom 16. März 2010 – 3 AZR 594/09 u.a. –, BAGE 133, 289 ff. (juris) entschied das Bundesarbeitsgericht in einem auf Bewilligung von Leistungen der Insolvenzsicherung für Hausbrandleistungen gerichteten Verfahren, den Beklagten treffe eine diesbezügliche Einstandspflicht.16Im Anschluss an eine Besprechung vertrat der H. T2. e.V. mit an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 10. Dezember 2010 die Auffassung, Hausbrandleistungen und Energiebeihilfen im Steinkohlenbergbau seien erstmals für die Beitragsbemessungsgrundlage für das Jahr 2010 zu berücksichtigen. Der Beklagte habe in der Vergangenheit mehrfach zugesichert, keine Beitragsbescheide aufgrund von Hausbrandleistungen zu erlassen. Die Schreiben des Beklagten, insbesondere jene vom 24. August 1977 an den H. des E. T. und vom 17. November 2006 an die Klägerin, gingen über eine unverbindliche Auskunft hinaus. Vielmehr handele es sich um Zusicherungen, keine Beiträge auf Hausbrandleistungen zu erheben. Die Aussage, dass Deputate nicht der Beitragspflicht unterlägen, schließe die Aussage mit ein, dass kein entsprechender Beitragsbescheid erlassen werde. Die Zusicherungen entfalteten Bindungswirkung bis zu den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts. Zwar stehe nunmehr ihre Rechtswidrigkeit fest, eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit komme aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch nicht in Betracht.17Mit Bescheid vom 2. März 2011 erwiderte der Beklagte, entgegen der Ansicht der Klägerin müsse eine Beitragserhebung auf Hausbrandleistungen und Energiebeihilfen nicht nur für Zeiträume ab 2010, sondern auch für die Jahre 2004 bis 2009 erfolgen. Einer rückwirkenden Beitragserhebung stünden seine Schreiben vom 24. August 1977, 14. Dezember 1978, 7. April 1982 und vom 17. November 2006 nicht entgegen. Diese Schreiben stellten keine Zusicherungen im Sinne des § 38 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes – VwVfG – dar. Keinem dieser Schreiben sei eine klare, eindeutige und verbindliche Aussage, zukünftig keine Insolvenzsicherungsbeiträge hinsichtlich der Hausbrandleistungen zu erheben, zu entnehmen. Soweit in diesen Schreiben gleichwohl eine Zusicherung einer Nichterhebung von Beiträgen für Hausbrandleistungen liegen sollte, erklärte der Beklagte „hilfsweise und vorsorglich“ die Rücknahme dieser Zusicherungen. Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16. März 2010 stehe fest, dass eine derartige Zusicherung rechtswidrig gewesen sei. Die Rücknahme dürfe auch mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgen, da der Begünstigte auf den Bestand der Zusicherung nicht habe vertrauen dürfen und ein eventuell dennoch bestandenes Vertrauen nicht schutzwürdig sei. Es fehle an einer positiven Betätigung des Vertrauens. Jedenfalls aber überwiege das öffentliche Interesse des Beklagten und der hinter ihm stehenden Solidargemeinschaft an der Herstellung eines gesetzmäßigen Zustands gegenüber dem privaten Vertrauen, da die Insolvenzsicherungsbeiträge regelmäßig nur einen sehr geringen, im einstelligen Promillebereich liegenden Bruchteil der eigentlichen Pensionslasten ausmachten.18Gegen die Rücknahme der Zusicherung für vergangene Zeiträume legte die Klägerin am 30. März 2011 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, es sei erkennbar das Bestreben des Gesamtverbands des E. T. gewesen, nicht lediglich eine abstrakte Klärung des rechtlichen Charakters der Deputate herbeizuführen, sondern eine rechtssichere Aussage über den künftigen Erlass von Beitragsbescheiden zu erlangen. Der Beklagte habe ausgeführt, bei einer Änderung der rechtlichen Verhältnisse sei in jedem Fall eine neue Prüfung im Hinblick auf die Beitrags- und Insolvenzsicherungspflicht der hier in Rede stehenden Leistungen notwendig. Angesichts seiner Bindung an den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung habe er damit zugleich zugesichert, bei unveränderter Rechtslage keine Beitragsbescheide zu erlassen. Aus den Beitragsbescheiden für zurückliegende Jahre folge ein schutzwürdiges Vertrauen. Zudem fehle es an einer Ermessensausübung, insbesondere an Erwägungen, weshalb die Beitragsgerechtigkeit tatsächlich berührt sei.19Mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte unter Wiederholung wesentlicher Erwägungen des Ausgangsbescheids ergänzend aus, es sei nichts ersichtlich, das ein schutzwürdiges Vertrauen zu begründen vermöge. So sei nicht vorgetragen, wie die Klägerin ihr Vertrauen ins Werk gesetzt habe, indem sie im Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts Vermögensdispositionen getroffen habe. Zudem sei es angesichts der vergleichsweise geringen Beitragshöhe möglich und zumutbar, etwaige Vermögensdispositionen rückgängig zu machen. Jedenfalls sei ein etwaiges Vertrauen angesichts des aus der rückwirkenden Einstandspflicht des Beklagten folgenden öffentlichen Interesses an einer rückwirkenden Beitragserhebung nicht schutzwürdig. Dem Gebot der Beitragsgerechtigkeit könne nur durch eine rückwirkende Rücknahme der Zusicherung entsprochen werden, da anderenfalls die Solidargemeinschaft für die Insolvenzsicherungsleistungen einstehen müsse, während die Klägerin beitragsfrei bleibe.20Am 22. Dezember 2011 hat die Klägerin Klage erhoben.21Sie trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Widerspruchsbegründung ergänzend vor, die Schreiben des Beklagten vom 24. August 1977, 14. Dezember 1978, 7. April 1982 und vom 17. November 2006 seien Zusicherungen im Sinne des § 38 Abs. 1 VwVfG. Mit dem Wort „Entscheidung“ habe der Beklagte ausdrücklich seinen Willen zu einer rechtsverbindlichen Äußerung zum Ausdruck gebracht, während er sich in seinem vorangegangenen Schreiben vom 10. Juni 1977 zu einer solchen Entscheidung noch nicht in der Lage gesehen habe. Dies liege in der Konsequenz des Schreibens des Gesamtverbands des E. T. vom 23. Mai 1977, mit dem dieser ausdrücklich eine solche verbindliche Entscheidung erbeten habe. Auch die folgende Formulierung, mit der der Beklagte seine Entscheidung ausdrücklich an den seinerzeitigen Stand nach den manteltarifvertraglichen und steuerlichen Regelungen gebunden und sich bei einer Änderung der rechtlichen Verhältnisse ab dem 1. Januar 1978 eine neue Prüfung vorbehalten habe, ergebe nur dann einen Sinn, wenn er selbst von einer Verbindlichkeit seiner Entscheidung ausgegangen sei. Dies werde auch durch die Nähe dieser Formulierungen zum Regelungsgehalt des § 38 Abs. 3 VwVfG belegt. Die notwendige Verknüpfung zur Beitragserhebung liege in der abschließenden Bitte, die Mitglieder zu informieren. Die in dem Schreiben enthaltenen rechtlichen Ausführungen stellten lediglich die Begründung der Zusicherung dar. Da der H. des E. T. die Interessen seiner Mitglieder vertreten habe, somit offenkundig auch für diese aufgetreten sei und der Beklagte ihn mit dem Schreiben vom 24. August 1977 ausdrücklich um Unterrichtung der Verbandsmitglieder gebeten habe, sei auch sie - die Klägerin - nach der Vorstellung des Beklagten Adressatin dieses Schreibens gewesen. Die folgenden Schreiben des Beklagten vom 14. Dezember 1978, vom 7. April 1982 und vom 17. November 2006 hätten ihren Bezugs- und Ausgangspunkt im Schreiben vom 24. August 1977. Sie enthielten zwar keine erneute Zusicherung, sondern vielmehr das Prüfergebnis, dass weiterhin entsprechend der Zusicherung vom 24. August 1977 verfahren werde. Dass der Beklagte in seinem Schreiben vom 19. November 1981 ausdrücklich auf seine bestehende „Entscheidung“ vom 24. August 1977 verwiesen habe, sei dadurch zu erklären, dass er ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 11. August 1981 als Grund verstanden habe, der eine erneute Überprüfung der Beitrags- und Insolvenzsicherungspflicht von Hausbrandleistungen gerechtfertigt habe. Im Schreiben vom 17. November 2006 habe der Beklagte zwar das Wort „Einigung“ gewählt, aber deutlich gemacht, dass er die verbindlichen Entscheidungen der Vergangenheit unangetastet lassen wollte. Mit ihrer - der Klägerin ‑ Wahl als Adressatin habe er zugleich zum Ausdruck gebracht, dass diese verbindliche Entscheidung auch für die Vergangenheit ihr gegenüber Geltung beansprucht habe. Die Bindungswirkung der Zusicherungen sei nicht durch die Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 16. März 2010 entfallen, da diese lediglich eine Änderung der Rechtsprechung, nicht aber der Rechtslage begründeten. Die Zusicherungen seien „als rechtmäßig zu betrachten“, da Streitigkeiten über Grund und Höhe der Beitragspflicht gemäß § 10 Abs. 1 BetrAVG öffentlich-rechtlicher Natur seien, während sich das Bundesarbeitsgericht in seinen Urteilen vom 16. März 2010 zu einer arbeitsrechtlichen Frage geäußert habe. Ein zur Aufhebung einer rechtmäßigen Zusicherung berechtigender Tatbestand sei nicht gegeben. Das gesamte Verhalten des Gesamtverbandes T2. e.V. und seiner Mitglieder von der Information zum Inhalt der Schreiben über die Entscheidung, keine Rückstellungen zu bilden und Überlegungen über eine Umgestaltung der tarifvertraglichen Regelungen zwecks Vermeidung der Beitragspflicht zu unterlassen bis hin zu den jährlichen Selbstveranlagungen, stelle eine aktive Betätigung des Vertrauens dar, das daher schutzwürdig sei. Zudem widerspreche eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit auch den Grundsätzen der Finanzierungssystematik des § 10 Abs. 2 BetrAVG. Die Ermessensausübung berücksichtige die wechselseitigen Interessenlagen nicht hinreichend.22Die Klägerin beantragt,23den Bescheid des Beklagten vom 2. März 2011 in der Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 28. November 2011 aufzuheben.24Der Beklagte beantragt,25die Klage abzuweisen.26Er trägt unter Wiederholung und Vertiefung der Begründungen der angefochtenen Bescheide ergänzend vor, eine Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten scheide bereits deshalb aus, weil – er - der Beklagte keine Zusicherung abgegeben habe. Wesentlich für die Einstufung der Schreiben sei, dass deren Wortlaut keinen Hinweis auf einen Rechtsbindungswillen hinsichtlich einer künftigen Beitragserhebung gebe. Dass der H. des E. T. das Schreiben des Beklagten vom 19. November 1981 in seinem Schreiben vom 15. März 1982 als gegenstandslos bezeichnet habe, stehe der Annahme entgegen, dass er dieses als ihn begünstigende Zusicherung verstanden haben könnte. Die öffentlich-rechtlich geregelte Beitragspflicht einzelner Versorgungszusagen habe sich sowohl aufgrund des Zusammenhangs zwischen seiner - des Beklagten - Beitragserhebung und seinen Leistungspflichten als auch wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Rechtsprechung an der diesbezüglichen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zu orientieren, deren Änderung demgemäß die Rechtswidrigkeit der Zusicherungen bedinge. Dieser Zusammenhang sei zu Recht auch bei der Ermessensausübung berücksichtigt worden. Eine etwaige Nichtvornahme von Rückstellungen oder sonstigen Vorkehrungen sei keine positive Betätigung eines etwaigen Vertrauens in den Bestand der Zusicherungen, die aber erforderlich sei, um dessen Schutzwürdigkeit zu begründen.27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den des vorgelegten Verwaltungsvorgangs ergänzend Bezug genommen.28Entscheidungsgründe:29Die erfolgreiche Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – zulässig.30Gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO kann durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt werden. Zwar stellen – wie nachstehend darzulegen sein wird – der Bescheid des Beklagten vom 2. März 2011 und dessen Widerspruchsbescheid vom 28. November 2011 keine Verwaltungsakte im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG dar. Der Beklagte hat jedoch gezielt den Rechtsschein des Vorliegens eines Verwaltungsaktes in der Form eines Rücknahmebescheides erweckt, indem er die streitgegenständlichen Schreiben auf die Rechtsgrundlage des § 48 Abs. 1 VwVfG gestützt und jeweils mit Rechtsbehelfsbelehrungen versehen hat. Bei dieser Sachlage gebietet nicht zuletzt Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG, den von diesen rechtswidrigen Verfügungen ausgehenden Rechtsschein zu beseitigen. Die Klägerin als Empfängerin der nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt gesetzeswidrigen Willensäußerung des Beklagten darf infolge dieser Gesetzwidrigkeit nicht benachteiligt werden.31Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1987 – 8 C 21/86 –, BVerwGE 78, 3 ff. (juris Rz. 9); LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. September 2011 – L 23 SO 147/11/B –, Sozialrecht aktuell 2011, 229 ff. (juris Rz. 90); SächsOVG, Beschluss vom 17. Dezember 2010 – 2 B 260/10 –, DÖD 2011, 131 ff. (juris Rz. 17).32Die Klage ist auch begründet.33Das aus Art. 19 Abs. 4 GG folgende Erfordernis der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes erfordert, den von dem Bescheid des Beklagten vom 2. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2011 rechtswidrig ausgehenden Rechtsschein einer rechtswirksamen Rücknahme von Zusicherungen zu beseitigen. Dieses Ergebnis kann im Entscheidungssatz nur dadurch erzielt werden, dass die – von dem Beklagten so bezeichneten – „Bescheide“ aufgehoben werden.34LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O. (juris Rz. 90); SächsOVG, a.a.O. (juris Rz. 17).35Der Beklagte zieht als Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen „Bescheide“ ausdrücklich § 48 Abs. 1 bis 4 VwVfG heran. Nach § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Vorschrift findet gemäß § 38 Abs. 2 VwVfG auch auf die Rücknahme von Zusicherungen Anwendung.36Im vorliegenden Fall ist die Erklärung der Rücknahme von Zusicherungen jedoch gegenstandslos, weil es an einer der Rücknahme zugänglichen Zusicherung im Sinne des § 38 Abs. 1 S. 1 VwVfG fehlt. Eine Zusicherung im Sinne dieser Norm ist eine von der zuständigen Behörde in schriftlicher Form erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen.37Bei einer Zusicherung muss es sich um die verbindliche Erklärung der Verwaltung handeln, dass sie unter den angegebenen Voraussetzungen einen bestimmten Verwaltungsakt erlassen oder nicht erlassen werden. Die Erklärung muss auf einen hinreichend bestimmten künftigen Verwaltungsakt bezogen sein und den Rechtsbindungswillen der Behörde, den bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen, unzweifelhaft zum Ausdruck bringen. Der Inhalt des Verwaltungsakts, der künftig erlassen bzw. unterlassen werden soll, muss bereits in der Zusicherung bestimmt sein. Allgemeine Ankündigungen, Auskünfte, Erklärungen, Hinweise zu Rechtsfragen, die für das künftige Verhalten der Behörde von Bedeutung sind oder sein können oder auch hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts sind keine Zusicherungen. Ob eine behördliche Erklärung mit dem für eine Zusicherung erforderlichen Bindungswillen abgegeben wurde, ist durch Auslegung nach der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Regel des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB – zu ermitteln. Maßgebend ist danach der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei Würdigung des objektiven Erklärungswerts und der weiteren Begleitumstände, insbesondere des Zwecks der Erklärung, verstehen durfte.38Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 1996 – 2 C 39/95 ‑, BVerwGE 102, 81 ff. (juris Rz. 25) und Beschluss vom 10. November 2006 – 9 B 17/06 – (juris Rz. 1); OVG NRW, Beschluss vom 7. August 2009 – 13 A 2362/08 – (juris Rz. 7); Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 38, Rz. 7 u. 9; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 38, Rz. 12 ff., 21 ff.; Henneke in: Knack/Henneke, VwVfG, 9. Aufl., § 38, Rz. 5 ff.; Liebetanz in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 38, Rz. 8 ff.39Nach diesem Maßstab kommt eine zu Gunsten der Klägerin abgegebene Zusicherung des Inhalts, dass der Beklagte zukünftig keine Beiträge zur Insolvenzsicherung für Hausbrandleistungen von der Klägerin erheben werde, in Bezug auf die Schreiben vom 24. August 1977, 14. Dezember 1978 und vom 7. April 1982 schon deshalb nicht in Betracht, weil eine solche Erklärung jedenfalls nicht gegenüber der Klägerin abgegeben worden ist. Diese Schreiben waren nicht an die Klägerin gerichtet, sondern an den H. des E. T. . Die Wirkung einer gegenüber der Klägerin abgegebenen rechtsverbindlichen Erklärung kann auch nicht über eine Vertretung vermittelt werden. Hierfür fehlt es bereits an der erforderlichen Vertretungsbefugnis. Denn der H. des deutschen T. vertritt die Klägerin als eines seiner ordentlichen Mitglieder lediglich als Arbeitgebervereinigung und Tarifpartei mit rechtsgeschäftlicher Wirkung; im übrigen nimmt er die satzungsgemäße Aufgabe wahr, die allgemeinen Belange seiner Mitglieder zu fördern. Dementsprechend enthalten die Schreiben vom 24. August 1977, 14. Dezember 1978 und vom 7. April 1982 auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte in dem Bewusstsein und mit dem Willen gehandelt hätte, rechtsverbindliche Erklärungen nicht – lediglich – gegenüber dem H. des deutschen T. abzugeben, sondern auch gegenüber der Klägerin. Die am Ende des Schreibens vom 24. August 1977 ausgesprochene allgemeine Bitte, die Mitglieder entsprechend von dem Inhalt des Schreibens zu informieren, spricht gerade gegen ein Bewusstsein des Beklagten, wonach er durch das Schreiben bereits eine Erklärung unmittelbar gegenüber den Mitgliedern abgegeben zu haben. In diesem Fall hätte es keiner gesonderten Bitte um deren Information bedurft.40Des Weiteren kann bei Würdigung des objektiven Erklärungsgehalts und der Begleitumstände der in Rede stehenden Schreiben unter Anlegung des Empfängerhorizonts nicht festgestellt werden, dass der Beklagte unzweifelhaft mit dem erforderlichen Willen gehandelt hat, eine bindende Erklärung des Inhalts abzugeben, künftig keine Beiträge zur Insolvenzsicherung auf Hausbrandleistungen festzusetzen. Dies folgt zunächst aus dem Wortlaut der Schreiben, der sich – worauf es hier entscheidend ankommt – in keinem Fall ausdrücklich zum Erlass bzw. Nichterlass von Beitragsbescheiden verhielt. Hieran vermag auch die – von der Klägerin in den Blick gerückte – am Schluss des Schreibens erfolgte Bitte um entsprechende Information der Mitglieder nichts zu ändern, weil alle hieran anknüpfenden Überlegungen der Klägerin nicht bewirken können, dass der Inhalt eines künftigen Verwaltungsakts bereits in der Zusicherung geregelt wäre. Zudem kann dem Wortlaut der streitgegenständlichen Schreiben auch der für eine Zusicherung erforderliche, unzweifelhafte Rechtsbindungswille nicht entnommen werden. Zwar weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass das Schreiben vom 24. August 1977 im vierten Absatz die Formulierung „Unsere heutige Entscheidung“ enthält. Diese vermag den Rechtsbindungswillen jedoch nicht zu belegen, weil sie nicht isoliert steht, sondern der hiervon ausgehende Anschein eines verbindlichen Charakters durch den weiteren Text des Schreibens relativiert wird. Dies insbesondere durch die Formulierung im Post-Skriptum, in dem das Schreiben als „Unsere heutige Stellungnahme“ bezeichnet wird. Diese Formulierung lässt aus der Perspektive eines objektiven Empfängers nicht die Feststellung zu, dass der Absender unzweifelhaft mit Rechtsbindungswillen gehandelt hat. Das sich bereits aus seiner Stellung im Verfahren ergebende Interesse des Gesamtverbands des E. T. an einer verbindlichen Klärung zugunsten seiner Mitglieder ändert hieran nichts, weil es im Wortlaut des Schreibens vom 24. August 1977 keinen Niederschlag gefunden hat. Hinzu kommt, anders als von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung dargestellt, dass der H. des E. T. in seinem Schreiben vom 23. Mai 1977 nicht das Interesse an einer einseitigen Entscheidung zum Ausdruck gebracht hatte, sondern das Interesse an einer einvernehmlichen Einigung. Eine Zusicherung stellt demgegenüber eine einseitige Entscheidung dar.41Die beschriebene Auslegung wird auch dadurch bestätigt, dass der Beklagte mit seinem Schreiben vom 19. November 1981 ausgeführt hat, die Entscheidung, Natural-Leistungen nicht in die Beitragsbemessungsgrundlagen einzurechnen, gelte weiterhin. Hätte der Beklagte mit seinem Schreiben vom 24. August 1977 nach eigenem Verständnis eine Zusicherung im Sinne des §§ 38 Abs. 1 VwVfG erteilt, hätte es keiner Festlegung bedurft, dass diese Entscheidung weiterhin gelten sollte. Für die Auffassung der Klägerin, der Beklagte habe offenbar eine wenige Tage zuvor ergangene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Anlass für eine erneute Überprüfung seiner – nach Auffassung der Klägerin gegebenen – Zusicherung genommen, fehlt es an jeglichem konkreten Anhaltspunkt im Wortlaut des Schreibens oder in den Begleitumständen.42Gegen einen Rechtsbindungswillen des Beklagten spricht weiter, dass dieser ebenso wie der H. des deutschen T. aufgrund der seinerzeit einvernehmlich geteilten Rechtsauffassung nicht von einem Bedürfnis für eine rechtsverbindliche Zusicherung zur Frage der Beitragserhebung ausgehen konnte.43Vgl. zu einer solchen Wertung HessVGH, Beschluss vom 20. August 1999 – 8 TG 3140/98 – (juris Rz. 51).44Hiermit korrespondiert, dass der H. des E. T. als Empfänger des Schreibens dieses – ungeachtet seines Interesses an einer verbindlichen Klärung zu Gunsten seiner Mitglieder – zunächst und über einen Zeitraum mehrerer Jahrzehnte ebenfalls nicht erkennbar als Zusicherung im Sinne des § 38 Abs. 1 VwVfG interpretiert hatte. So hatte er es in seinem hierauf Bezug nehmenden Schreiben vom 13. März 1978 selbst als „Stellungnahme“ bezeichnet und mit Schreiben vom 24. März 1982 das Ergebnis einer Besprechung vom 12. März 1982, in dem die Frage der Beitragspflicht der Hausbrandleistungen erörtert worden war, zusammengefasst, ohne die Frage einer Zusicherung anzusprechen. Ferner hat er das Schreiben des Beklagten vom 19. November 1981 mit seinem Schreiben vom 15. März 1982 als gegenstandslos bezeichnet hat. Diese Äußerungen schließen die Annahme, der H. des deutschen T. habe die Schreiben vom 24. August 1977 und vom 19. November 1981 seinerzeit als rechtsverbindliche Zusicherungen einer Nichterhebung von Beiträgen im Sinne des § 38 Abs. 1 VwVfG verstanden, aus.45Die Schreiben vom 14. Dezember 1978, 7. April 1982 und vom 17. November 2006 stellen schon deshalb keine eigenständigen Zusicherungen im Sinne des § 38 Abs. 1 VwVfG dar, weil ihr Wortlaut weder einen Anhaltspunkt für eine verbindliche Entscheidung noch für einen auf eine solche Entscheidung gerichteten Rechtsbindungswillen des Beklagten bietet. Der von der Klägerin in den Blick genommene inhaltliche Zusammenhang dieser Schreiben mit dem Schreiben des Beklagten vom 24. August 1977 genügt den dargelegten Anforderungen an eine Zusicherung nicht.46Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung – ZPO –.
der bescheid des beklagten vom 2. märz 2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 28. november 2011 wird aufgehoben.der beklagte trägt die kosten des verfahrens.das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die klägerin ist als unternehmen des s. -x. t. ordentliches mitglied des gesamtverbandes steinkohle e.v. (früher: h. des e. t. ). die unternehmen des s. -x1. t. leisten auf tarifvertraglicher grundlage hausbrandleistungen und energiebeihilfen für ihre pensionierten mitarbeiter. der beklagte ist gemäß § 14 abs. 1 des gesetzes zur verbesserung der betrieblichen altersversorgung – betravg – der träger der insolvenzsicherung für versorgungszusagen der arbeitgeber nach dem betravg.3mit schreiben vom 23. mai 1977 wandte sich der h. des e. t. an den beklagten und thematisierte unter bezugnahme auf eine vorangegangene besprechung die frage der beitragszahlung zur insolvenzsicherung für hausbrandleistungen. in dem schreiben wurde unter ausführlicher begründung der dortigen rechtsauffassung, dass keine beitragspflicht bestehe, abschließend formuliert: „wir würden es begrüßen, wenn sie zunächst einmal zu den von uns vorstehend aufgeführten fragen stellung nehmen könnten. … abschließend möchten wir noch einmal betonen, dass es unser ziel ist, mit ihnen zu einer einvernehmlichen klärung zu gelangen.“4in beantwortung dieses schreibens führte der beklagte mit schreiben vom 10. juni 1977 einführend aus: „nach prüfung der angelegenheit sehen wir uns zur zeit noch nicht in der lage, eine verbindliche entscheidung zu fällen.“ sodann wurde um nähere angaben zu einzelnen fragen gebeten.5mit an den h. des e. t. gerichtetem schreiben vom 24. august 1977 führte der beklagte aus: „wir sind mit ihnen der auffassung, dass nach der gegenwärtigen regelung der hier in rede stehenden leistungen nach dem manteltarifvertrag für die arbeiter des s1. . -x2. . t. und der einheitlichen auffassung der finanzverwaltung zu diesen leistungen die hausbrandleistungen an pensionierte arbeitnehmer keine leistungen der betrieblichen altersversorgung im sinne von § 1 abs. 1 betravg darstellen. ... unsere heutige entscheidung ist ausdrücklich auf den jetzigen stand nach den manteltarifvertraglichen und steuerlichen regelungen beschränkt. ... wir dürfen sie höflich bitten, uns umgehend über eine änderung der tarifvertraglichen regelungen zu unterrichten.“ abschließend heißt es im post-skriptum des schreibens: „wir dürfen sie höflich bitten, die mitglieder ihres verbandes von dem inhalt unseres heutigen schreibens zu unterrichten. ... um allen missverständnissen vorzubeugen, vermerken wir noch, dass unsere heutige stellungnahme sich nicht auf kostenlose kohlendeputate und deren abgeltung bezieht.“6in der folgezeit kam es zu weiterem, diese frage betreffendem schriftwechsel zwischen dem beklagten und dem h. des deutschen t. . dabei führte letzterer mit an den beklagten gerichtetem schreiben vom 13. märz 1978 u.a. aus, seines erachtens sei „auch weiterhin von ihrer stellungnahme vom 24. august 1978 auszugehen.“7der beklagte führte mit an den h. des e. t. adressiertem schreiben vom 14. dezember 1978 aus: „wir kommen auf die zwischen uns bereits geführte korrespondenz in vorbezeichneter angelegenheit zurück und nehmen insbesondere bezug auf unser schreiben vom 24. august 1977 und auf ihr schreiben vom 13. märz 1978. wir haben die problematik in unserem haus erneut erörtert und grundsätzlich das ergebnis, das wir ihnen mit unserem vorerwähnten schreiben mitteilten, bestätigt gefunden; zur ergänzenden begründung möchten wir jedoch noch folgendes anzuführen: ...“8mit schreiben vom 19. november 1981 erklärte der beklagte u.a., die barabgeltung für das kohlebezugsrecht sei betriebliche altersversorgung. ferner hieß es in dem schreiben: „für die natural-leistungen gilt weiterhin die entscheidung, sie nicht in die beitragsbemessungsgrundlagen einzurechnen.“9mit schreiben vom 15. märz 1982 führte der h. des e. t. aus, in einer besprechung vom 12. märz 1982 habe der beklagte akzeptiert, dass die barabgeltungen ebenso wie die deputatkohlenbezüge nicht der insolvenzsicherungspflicht unterlägen. das schreiben des beklagten vom 19. november 1981 sei somit gegenstandslos geworden.10mit an den beklagten gerichtetem schreiben vom 24. märz 1982 bemerkte der h. des e. t. : „vereinbarungsgemäß fassen wir das ergebnis der besprechung vom 12. märz 1982 im hause des e. c. -j. vereins in l. , an dem von ihrer seite die herren f. und o. teilgenommen haben, wie folgt zusammen: der in den tarifverträgen des deutschen t. festgelegte anspruch der ehemaligen arbeiter und tarifangestellten auf gewährung von hausbrandkohlen ist keine leistung der betrieblichen altersversorgung im sinne des betravg. die hierfür bisher als maßgebend angesehenen erwägungen, wie sie in den ausführungen ihres schreibens vom 14. dezember 1978 dargelegt wurden, gelten weiterhin.“11mit an den h. des deutschen t. gerichtetem schreiben vom 7. april 1982 führte der beklagte aus: „wir danken ihnen für die zusammenfassende darstellung der in unserem gespräch vom 12. märz 1982 erörterten problematik. das ergebnis ist zutreffend wiedergegeben. wir stellen anheim, ihre mitglieder entsprechend zu informieren; ggf. leiten sie uns ein exemplar ihrer mitteilung zu.“12aus anlass einer antwort der landesregierung nordrhein-westfalen auf die kleine anfrage 335 des abgeordneten s2. q. „kosten der deputate bei auslaufen des bergbaus“ (ltdrs nrw 14/989) griff der beklagte die thematik wieder auf und bat in einem an die klägerin gerichteten schreiben vom 25. september 2006 um auskunft, wie die hausbrandleistungen in den bisherigen jährlichen meldungen der beitragsbemessungsgrundlagen berücksichtigt worden seien. in einem diesbezüglichen telefonvermerk des beklagten vom 4. oktober 2006 ist festgehalten, ein herr t1. von der klägerin habe hierzu einen gesprächstermin vereinbart und zur sache vorab mitgeteilt, die klägerin verhalte sich entsprechend des „gentleman-agreement“, das in der zeit von 1975-1982 getroffen worden sei.13mit an den beklagten gerichtetem schreiben vom 6. oktober 2006 führte die klägerin unter bezugnahme auf ein am vortag geführtes gespräch aus, die rechtlichen voraussetzungen hätten sich seit der besprechung vom 12. märz 1982 nicht geändert. der beklagte habe mit schreiben vom 7. april 1982 die zusammenfassende darstellung des gesprächsergebnisses ausdrücklich bestätigt. es werde daher davon ausgegangen, dass es sich bei den deputaten nicht um leistungen der betrieblichen altersversorgung handele und somit keine beiträge an den beklagten zu entrichten seien.14in beantwortung dieses schreibens äußerte sich der beklagte unter dem 17. november 2006 gegenüber der klägerin wie folgt: „da sich die rechtlichen voraussetzungen, die im jahre 1982 zu der vereinbarung zwischen dem h. des e. t. und dem psvag geführt haben, nicht – auch nicht durch den aktuellen manteltarifvertrag – geändert haben, halten wir an der seinerzeit getroffenen einigung fest. demnach fallen ihre kohledeputate nicht unter den begriff der betrieblichen altersversorgung und damit nicht unter die gesetzliche melde- und beitragspflicht zur insolvenzsicherung.“15mit urteilen vom 16. märz 2010 – 3 azr 594/09 u.a. –, bage 133, 289 ff. (juris) entschied das bundesarbeitsgericht in einem auf bewilligung von leistungen der insolvenzsicherung für hausbrandleistungen gerichteten verfahren, den beklagten treffe eine diesbezügliche einstandspflicht.16im anschluss an eine besprechung vertrat der h. t2. e.v. mit an den beklagten gerichteten schreiben vom 10. dezember 2010 die auffassung, hausbrandleistungen und energiebeihilfen im steinkohlenbergbau seien erstmals für die beitragsbemessungsgrundlage für das jahr 2010 zu berücksichtigen. der beklagte habe in der vergangenheit mehrfach zugesichert, keine beitragsbescheide aufgrund von hausbrandleistungen zu erlassen. die schreiben des beklagten, insbesondere jene vom 24. august 1977 an den h. des e. t. und vom 17. november 2006 an die klägerin, gingen über eine unverbindliche auskunft hinaus. vielmehr handele es sich um zusicherungen, keine beiträge auf hausbrandleistungen zu erheben. die aussage, dass deputate nicht der beitragspflicht unterlägen, schließe die aussage mit ein, dass kein entsprechender beitragsbescheid erlassen werde. die zusicherungen entfalteten bindungswirkung bis zu den entscheidungen des bundesarbeitsgerichts. zwar stehe nunmehr ihre rechtswidrigkeit fest, eine rücknahme mit wirkung für die vergangenheit komme aus gründen des vertrauensschutzes jedoch nicht in betracht.17mit bescheid vom 2. märz 2011 erwiderte der beklagte, entgegen der ansicht der klägerin müsse eine beitragserhebung auf hausbrandleistungen und energiebeihilfen nicht nur für zeiträume ab 2010, sondern auch für die jahre 2004 bis 2009 erfolgen. einer rückwirkenden beitragserhebung stünden seine schreiben vom 24. august 1977, 14. dezember 1978, 7. april 1982 und vom 17. november 2006 nicht entgegen. diese schreiben stellten keine zusicherungen im sinne des § 38 abs. 1 des verwaltungsverfahrensgesetzes – vwvfg – dar. keinem dieser schreiben sei eine klare, eindeutige und verbindliche aussage, zukünftig keine insolvenzsicherungsbeiträge hinsichtlich der hausbrandleistungen zu erheben, zu entnehmen. soweit in diesen schreiben gleichwohl eine zusicherung einer nichterhebung von beiträgen für hausbrandleistungen liegen sollte, erklärte der beklagte „hilfsweise und vorsorglich“ die rücknahme dieser zusicherungen. nach dem urteil des bundesarbeitsgerichts vom 16. märz 2010 stehe fest, dass eine derartige zusicherung rechtswidrig gewesen sei. die rücknahme dürfe auch mit wirkung für die vergangenheit erfolgen, da der begünstigte auf den bestand der zusicherung nicht habe vertrauen dürfen und ein eventuell dennoch bestandenes vertrauen nicht schutzwürdig sei. es fehle an einer positiven betätigung des vertrauens. jedenfalls aber überwiege das öffentliche interesse des beklagten und der hinter ihm stehenden solidargemeinschaft an der herstellung eines gesetzmäßigen zustands gegenüber dem privaten vertrauen, da die insolvenzsicherungsbeiträge regelmäßig nur einen sehr geringen, im einstelligen promillebereich liegenden bruchteil der eigentlichen pensionslasten ausmachten.18gegen die rücknahme der zusicherung für vergangene zeiträume legte die klägerin am 30. märz 2011 widerspruch ein. zur begründung führte sie unter anderem aus, es sei erkennbar das bestreben des gesamtverbands des e. t. gewesen, nicht lediglich eine abstrakte klärung des rechtlichen charakters der deputate herbeizuführen, sondern eine rechtssichere aussage über den künftigen erlass von beitragsbescheiden zu erlangen. der beklagte habe ausgeführt, bei einer änderung der rechtlichen verhältnisse sei in jedem fall eine neue prüfung im hinblick auf die beitrags- und insolvenzsicherungspflicht der hier in rede stehenden leistungen notwendig. angesichts seiner bindung an den grundsatz der gesetzmäßigkeit der verwaltung habe er damit zugleich zugesichert, bei unveränderter rechtslage keine beitragsbescheide zu erlassen. aus den beitragsbescheiden für zurückliegende jahre folge ein schutzwürdiges vertrauen. zudem fehle es an einer ermessensausübung, insbesondere an erwägungen, weshalb die beitragsgerechtigkeit tatsächlich berührt sei.19mit widerspruchsbescheid vom 28. november 2011 wies der beklagte den widerspruch zurück und führte unter wiederholung wesentlicher erwägungen des ausgangsbescheids ergänzend aus, es sei nichts ersichtlich, das ein schutzwürdiges vertrauen zu begründen vermöge. so sei nicht vorgetragen, wie die klägerin ihr vertrauen ins werk gesetzt habe, indem sie im vertrauen auf den bestand des verwaltungsakts vermögensdispositionen getroffen habe. zudem sei es angesichts der vergleichsweise geringen beitragshöhe möglich und zumutbar, etwaige vermögensdispositionen rückgängig zu machen. jedenfalls sei ein etwaiges vertrauen angesichts des aus der rückwirkenden einstandspflicht des beklagten folgenden öffentlichen interesses an einer rückwirkenden beitragserhebung nicht schutzwürdig. dem gebot der beitragsgerechtigkeit könne nur durch eine rückwirkende rücknahme der zusicherung entsprochen werden, da anderenfalls die solidargemeinschaft für die insolvenzsicherungsleistungen einstehen müsse, während die klägerin beitragsfrei bleibe.20am 22. dezember 2011 hat die klägerin klage erhoben.21sie trägt unter wiederholung und vertiefung ihrer widerspruchsbegründung ergänzend vor, die schreiben des beklagten vom 24. august 1977, 14. dezember 1978, 7. april 1982 und vom 17. november 2006 seien zusicherungen im sinne des § 38 abs. 1 vwvfg. mit dem wort „entscheidung“ habe der beklagte ausdrücklich seinen willen zu einer rechtsverbindlichen äußerung zum ausdruck gebracht, während er sich in seinem vorangegangenen schreiben vom 10. juni 1977 zu einer solchen entscheidung noch nicht in der lage gesehen habe. dies liege in der konsequenz des schreibens des gesamtverbands des e. t. vom 23. mai 1977, mit dem dieser ausdrücklich eine solche verbindliche entscheidung erbeten habe. auch die folgende formulierung, mit der der beklagte seine entscheidung ausdrücklich an den seinerzeitigen stand nach den manteltarifvertraglichen und steuerlichen regelungen gebunden und sich bei einer änderung der rechtlichen verhältnisse ab dem 1. januar 1978 eine neue prüfung vorbehalten habe, ergebe nur dann einen sinn, wenn er selbst von einer verbindlichkeit seiner entscheidung ausgegangen sei. dies werde auch durch die nähe dieser formulierungen zum regelungsgehalt des § 38 abs. 3 vwvfg belegt. die notwendige verknüpfung zur beitragserhebung liege in der abschließenden bitte, die mitglieder zu informieren. die in dem schreiben enthaltenen rechtlichen ausführungen stellten lediglich die begründung der zusicherung dar. da der h. des e. t. die interessen seiner mitglieder vertreten habe, somit offenkundig auch für diese aufgetreten sei und der beklagte ihn mit dem schreiben vom 24. august 1977 ausdrücklich um unterrichtung der verbandsmitglieder gebeten habe, sei auch sie - die klägerin - nach der vorstellung des beklagten adressatin dieses schreibens gewesen. die folgenden schreiben des beklagten vom 14. dezember 1978, vom 7. april 1982 und vom 17. november 2006 hätten ihren bezugs- und ausgangspunkt im schreiben vom 24. august 1977. sie enthielten zwar keine erneute zusicherung, sondern vielmehr das prüfergebnis, dass weiterhin entsprechend der zusicherung vom 24. august 1977 verfahren werde. dass der beklagte in seinem schreiben vom 19. november 1981 ausdrücklich auf seine bestehende „entscheidung“ vom 24. august 1977 verwiesen habe, sei dadurch zu erklären, dass er ein urteil des bundesarbeitsgerichts vom 11. august 1981 als grund verstanden habe, der eine erneute überprüfung der beitrags- und insolvenzsicherungspflicht von hausbrandleistungen gerechtfertigt habe. im schreiben vom 17. november 2006 habe der beklagte zwar das wort „einigung“ gewählt, aber deutlich gemacht, dass er die verbindlichen entscheidungen der vergangenheit unangetastet lassen wollte. mit ihrer - der klägerin ‑ wahl als adressatin habe er zugleich zum ausdruck gebracht, dass diese verbindliche entscheidung auch für die vergangenheit ihr gegenüber geltung beansprucht habe. die bindungswirkung der zusicherungen sei nicht durch die urteile des bundesarbeitsgerichts vom 16. märz 2010 entfallen, da diese lediglich eine änderung der rechtsprechung, nicht aber der rechtslage begründeten. die zusicherungen seien „als rechtmäßig zu betrachten“, da streitigkeiten über grund und höhe der beitragspflicht gemäß § 10 abs. 1 betravg öffentlich-rechtlicher natur seien, während sich das bundesarbeitsgericht in seinen urteilen vom 16. märz 2010 zu einer arbeitsrechtlichen frage geäußert habe. ein zur aufhebung einer rechtmäßigen zusicherung berechtigender tatbestand sei nicht gegeben. das gesamte verhalten des gesamtverbandes t2. e.v. und seiner mitglieder von der information zum inhalt der schreiben über die entscheidung, keine rückstellungen zu bilden und überlegungen über eine umgestaltung der tarifvertraglichen regelungen zwecks vermeidung der beitragspflicht zu unterlassen bis hin zu den jährlichen selbstveranlagungen, stelle eine aktive betätigung des vertrauens dar, das daher schutzwürdig sei. zudem widerspreche eine rücknahme mit wirkung für die vergangenheit auch den grundsätzen der finanzierungssystematik des § 10 abs. 2 betravg. die ermessensausübung berücksichtige die wechselseitigen interessenlagen nicht hinreichend.22die klägerin beantragt,23den bescheid des beklagten vom 2. märz 2011 in der gestalt dessen widerspruchsbescheids vom 28. november 2011 aufzuheben.24der beklagte beantragt,25die klage abzuweisen.26er trägt unter wiederholung und vertiefung der begründungen der angefochtenen bescheide ergänzend vor, eine verletzung der klägerin in eigenen rechten scheide bereits deshalb aus, weil – er - der beklagte keine zusicherung abgegeben habe. wesentlich für die einstufung der schreiben sei, dass deren wortlaut keinen hinweis auf einen rechtsbindungswillen hinsichtlich einer künftigen beitragserhebung gebe. dass der h. des e. t. das schreiben des beklagten vom 19. november 1981 in seinem schreiben vom 15. märz 1982 als gegenstandslos bezeichnet habe, stehe der annahme entgegen, dass er dieses als ihn begünstigende zusicherung verstanden haben könnte. die öffentlich-rechtlich geregelte beitragspflicht einzelner versorgungszusagen habe sich sowohl aufgrund des zusammenhangs zwischen seiner - des beklagten - beitragserhebung und seinen leistungspflichten als auch wegen des grundsatzes der einheitlichkeit der rechtsprechung an der diesbezüglichen arbeitsgerichtlichen rechtsprechung zu orientieren, deren änderung demgemäß die rechtswidrigkeit der zusicherungen bedinge. dieser zusammenhang sei zu recht auch bei der ermessensausübung berücksichtigt worden. eine etwaige nichtvornahme von rückstellungen oder sonstigen vorkehrungen sei keine positive betätigung eines etwaigen vertrauens in den bestand der zusicherungen, die aber erforderlich sei, um dessen schutzwürdigkeit zu begründen.27wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und den des vorgelegten verwaltungsvorgangs ergänzend bezug genommen.28
29die erfolgreiche klage ist als anfechtungsklage gemäß § 42 abs. 1 alt. 1 der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – zulässig.30gemäß § 42 abs. 1 alt. 1 vwgo kann durch klage die aufhebung eines verwaltungsakts begehrt werden. zwar stellen – wie nachstehend darzulegen sein wird – der bescheid des beklagten vom 2. märz 2011 und dessen widerspruchsbescheid vom 28. november 2011 keine verwaltungsakte im sinne des § 35 s. 1 vwvfg dar. der beklagte hat jedoch gezielt den rechtsschein des vorliegens eines verwaltungsaktes in der form eines rücknahmebescheides erweckt, indem er die streitgegenständlichen schreiben auf die rechtsgrundlage des § 48 abs. 1 vwvfg gestützt und jeweils mit rechtsbehelfsbelehrungen versehen hat. bei dieser sachlage gebietet nicht zuletzt art. 19 abs. 4 s. 1 gg, den von diesen rechtswidrigen verfügungen ausgehenden rechtsschein zu beseitigen. die klägerin als empfängerin der nach ihrem objektiven erklärungsinhalt gesetzeswidrigen willensäußerung des beklagten darf infolge dieser gesetzwidrigkeit nicht benachteiligt werden.31vgl. bverwg, urteil vom 26. juni 1987 – 8 c 21/86 –, bverwge 78, 3 ff. (juris rz. 9); lsg berlin-brandenburg, beschluss vom 2. september 2011 – l 23 so 147/11/b –, sozialrecht aktuell 2011, 229 ff. (juris rz. 90); sächsovg, beschluss vom 17. dezember 2010 – 2 b 260/10 –, död 2011, 131 ff. (juris rz. 17).32die klage ist auch begründet.33das aus art. 19 abs. 4 gg folgende erfordernis der gewährleistung effektiven rechtsschutzes erfordert, den von dem bescheid des beklagten vom 2. märz 2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 28. november 2011 rechtswidrig ausgehenden rechtsschein einer rechtswirksamen rücknahme von zusicherungen zu beseitigen. dieses ergebnis kann im entscheidungssatz nur dadurch erzielt werden, dass die – von dem beklagten so bezeichneten – „bescheide“ aufgehoben werden.34lsg berlin-brandenburg, a.a.o. (juris rz. 90); sächsovg, a.a.o. (juris rz. 17).35der beklagte zieht als rechtsgrundlage der streitgegenständlichen „bescheide“ ausdrücklich § 48 abs. 1 bis 4 vwvfg heran. nach § 48 abs. 1 s. 1 vwvfg kann ein rechtswidriger verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit wirkung für die zukunft oder für die vergangenheit zurückgenommen werden. die vorschrift findet gemäß § 38 abs. 2 vwvfg auch auf die rücknahme von zusicherungen anwendung.36im vorliegenden fall ist die erklärung der rücknahme von zusicherungen jedoch gegenstandslos, weil es an einer der rücknahme zugänglichen zusicherung im sinne des § 38 abs. 1 s. 1 vwvfg fehlt. eine zusicherung im sinne dieser norm ist eine von der zuständigen behörde in schriftlicher form erteilte zusage, einen bestimmten verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen.37bei einer zusicherung muss es sich um die verbindliche erklärung der verwaltung handeln, dass sie unter den angegebenen voraussetzungen einen bestimmten verwaltungsakt erlassen oder nicht erlassen werden. die erklärung muss auf einen hinreichend bestimmten künftigen verwaltungsakt bezogen sein und den rechtsbindungswillen der behörde, den bestimmten verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen, unzweifelhaft zum ausdruck bringen. der inhalt des verwaltungsakts, der künftig erlassen bzw. unterlassen werden soll, muss bereits in der zusicherung bestimmt sein. allgemeine ankündigungen, auskünfte, erklärungen, hinweise zu rechtsfragen, die für das künftige verhalten der behörde von bedeutung sind oder sein können oder auch hinsichtlich der rechtlichen beurteilung eines bestimmten sachverhalts sind keine zusicherungen. ob eine behördliche erklärung mit dem für eine zusicherung erforderlichen bindungswillen abgegeben wurde, ist durch auslegung nach der im öffentlichen recht entsprechend anwendbaren regel des § 133 des bürgerlichen gesetzbuches – bgb – zu ermitteln. maßgebend ist danach der erklärte wille, wie ihn der empfänger bei würdigung des objektiven erklärungswerts und der weiteren begleitumstände, insbesondere des zwecks der erklärung, verstehen durfte.38vgl. bverwg, urteil vom 26. september 1996 – 2 c 39/95 ‑, bverwge 102, 81 ff. (juris rz. 25) und beschluss vom 10. november 2006 – 9 b 17/06 – (juris rz. 1); ovg nrw, beschluss vom 7. august 2009 – 13 a 2362/08 – (juris rz. 7); kopp/ramsauer, vwvfg, 14. aufl., § 38, rz. 7 u. 9; stelkens in: stelkens/bonk/sachs, vwvfg, 7. aufl., § 38, rz. 12 ff., 21 ff.; henneke in: knack/henneke, vwvfg, 9. aufl., § 38, rz. 5 ff.; liebetanz in: obermayer, vwvfg, 3. aufl., § 38, rz. 8 ff.39nach diesem maßstab kommt eine zu gunsten der klägerin abgegebene zusicherung des inhalts, dass der beklagte zukünftig keine beiträge zur insolvenzsicherung für hausbrandleistungen von der klägerin erheben werde, in bezug auf die schreiben vom 24. august 1977, 14. dezember 1978 und vom 7. april 1982 schon deshalb nicht in betracht, weil eine solche erklärung jedenfalls nicht gegenüber der klägerin abgegeben worden ist. diese schreiben waren nicht an die klägerin gerichtet, sondern an den h. des e. t. . die wirkung einer gegenüber der klägerin abgegebenen rechtsverbindlichen erklärung kann auch nicht über eine vertretung vermittelt werden. hierfür fehlt es bereits an der erforderlichen vertretungsbefugnis. denn der h. des deutschen t. vertritt die klägerin als eines seiner ordentlichen mitglieder lediglich als arbeitgebervereinigung und tarifpartei mit rechtsgeschäftlicher wirkung; im übrigen nimmt er die satzungsgemäße aufgabe wahr, die allgemeinen belange seiner mitglieder zu fördern. dementsprechend enthalten die schreiben vom 24. august 1977, 14. dezember 1978 und vom 7. april 1982 auch keinen anhaltspunkt dafür, dass der beklagte in dem bewusstsein und mit dem willen gehandelt hätte, rechtsverbindliche erklärungen nicht – lediglich – gegenüber dem h. des deutschen t. abzugeben, sondern auch gegenüber der klägerin. die am ende des schreibens vom 24. august 1977 ausgesprochene allgemeine bitte, die mitglieder entsprechend von dem inhalt des schreibens zu informieren, spricht gerade gegen ein bewusstsein des beklagten, wonach er durch das schreiben bereits eine erklärung unmittelbar gegenüber den mitgliedern abgegeben zu haben. in diesem fall hätte es keiner gesonderten bitte um deren information bedurft.40des weiteren kann bei würdigung des objektiven erklärungsgehalts und der begleitumstände der in rede stehenden schreiben unter anlegung des empfängerhorizonts nicht festgestellt werden, dass der beklagte unzweifelhaft mit dem erforderlichen willen gehandelt hat, eine bindende erklärung des inhalts abzugeben, künftig keine beiträge zur insolvenzsicherung auf hausbrandleistungen festzusetzen. dies folgt zunächst aus dem wortlaut der schreiben, der sich – worauf es hier entscheidend ankommt – in keinem fall ausdrücklich zum erlass bzw. nichterlass von beitragsbescheiden verhielt. hieran vermag auch die – von der klägerin in den blick gerückte – am schluss des schreibens erfolgte bitte um entsprechende information der mitglieder nichts zu ändern, weil alle hieran anknüpfenden überlegungen der klägerin nicht bewirken können, dass der inhalt eines künftigen verwaltungsakts bereits in der zusicherung geregelt wäre. zudem kann dem wortlaut der streitgegenständlichen schreiben auch der für eine zusicherung erforderliche, unzweifelhafte rechtsbindungswille nicht entnommen werden. zwar weist die klägerin zu recht darauf hin, dass das schreiben vom 24. august 1977 im vierten absatz die formulierung „unsere heutige entscheidung“ enthält. diese vermag den rechtsbindungswillen jedoch nicht zu belegen, weil sie nicht isoliert steht, sondern der hiervon ausgehende anschein eines verbindlichen charakters durch den weiteren text des schreibens relativiert wird. dies insbesondere durch die formulierung im post-skriptum, in dem das schreiben als „unsere heutige stellungnahme“ bezeichnet wird. diese formulierung lässt aus der perspektive eines objektiven empfängers nicht die feststellung zu, dass der absender unzweifelhaft mit rechtsbindungswillen gehandelt hat. das sich bereits aus seiner stellung im verfahren ergebende interesse des gesamtverbands des e. t. an einer verbindlichen klärung zugunsten seiner mitglieder ändert hieran nichts, weil es im wortlaut des schreibens vom 24. august 1977 keinen niederschlag gefunden hat. hinzu kommt, anders als von der klägerin in der mündlichen verhandlung dargestellt, dass der h. des e. t. in seinem schreiben vom 23. mai 1977 nicht das interesse an einer einseitigen entscheidung zum ausdruck gebracht hatte, sondern das interesse an einer einvernehmlichen einigung. eine zusicherung stellt demgegenüber eine einseitige entscheidung dar.41die beschriebene auslegung wird auch dadurch bestätigt, dass der beklagte mit seinem schreiben vom 19. november 1981 ausgeführt hat, die entscheidung, natural-leistungen nicht in die beitragsbemessungsgrundlagen einzurechnen, gelte weiterhin. hätte der beklagte mit seinem schreiben vom 24. august 1977 nach eigenem verständnis eine zusicherung im sinne des §§ 38 abs. 1 vwvfg erteilt, hätte es keiner festlegung bedurft, dass diese entscheidung weiterhin gelten sollte. für die auffassung der klägerin, der beklagte habe offenbar eine wenige tage zuvor ergangene entscheidung des bundesarbeitsgerichts zum anlass für eine erneute überprüfung seiner – nach auffassung der klägerin gegebenen – zusicherung genommen, fehlt es an jeglichem konkreten anhaltspunkt im wortlaut des schreibens oder in den begleitumständen.42gegen einen rechtsbindungswillen des beklagten spricht weiter, dass dieser ebenso wie der h. des deutschen t. aufgrund der seinerzeit einvernehmlich geteilten rechtsauffassung nicht von einem bedürfnis für eine rechtsverbindliche zusicherung zur frage der beitragserhebung ausgehen konnte.43vgl. zu einer solchen wertung hessvgh, beschluss vom 20. august 1999 – 8 tg 3140/98 – (juris rz. 51).44hiermit korrespondiert, dass der h. des e. t. als empfänger des schreibens dieses – ungeachtet seines interesses an einer verbindlichen klärung zu gunsten seiner mitglieder – zunächst und über einen zeitraum mehrerer jahrzehnte ebenfalls nicht erkennbar als zusicherung im sinne des § 38 abs. 1 vwvfg interpretiert hatte. so hatte er es in seinem hierauf bezug nehmenden schreiben vom 13. märz 1978 selbst als „stellungnahme“ bezeichnet und mit schreiben vom 24. märz 1982 das ergebnis einer besprechung vom 12. märz 1982, in dem die frage der beitragspflicht der hausbrandleistungen erörtert worden war, zusammengefasst, ohne die frage einer zusicherung anzusprechen. ferner hat er das schreiben des beklagten vom 19. november 1981 mit seinem schreiben vom 15. märz 1982 als gegenstandslos bezeichnet hat. diese äußerungen schließen die annahme, der h. des deutschen t. habe die schreiben vom 24. august 1977 und vom 19. november 1981 seinerzeit als rechtsverbindliche zusicherungen einer nichterhebung von beiträgen im sinne des § 38 abs. 1 vwvfg verstanden, aus.45die schreiben vom 14. dezember 1978, 7. april 1982 und vom 17. november 2006 stellen schon deshalb keine eigenständigen zusicherungen im sinne des § 38 abs. 1 vwvfg dar, weil ihr wortlaut weder einen anhaltspunkt für eine verbindliche entscheidung noch für einen auf eine solche entscheidung gerichteten rechtsbindungswillen des beklagten bietet. der von der klägerin in den blick genommene inhaltliche zusammenhang dieser schreiben mit dem schreiben des beklagten vom 24. august 1977 genügt den dargelegten anforderungen an eine zusicherung nicht.46die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo, diejenige über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zivilprozessordnung – zpo –.
Klaeger*in
1
182,153
13 K 2979/13
2014-03-18T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid des Beklagten vom 7. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2013 wird aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des aus dem Urteil jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Zustimmung des Beklagten zu der von der Beigeladenen am 7. September 2011 ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung des Klägers mit sozialer Auslauffrist. 3Der am 0. Juni 1958 geborene Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50. Ausweislich des Feststellungsbescheides des Versorgungsamtes E. vom 26. Juli 2007, mit dem für den Kläger rückwirkend zum 18. April 2007 zunächst ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt wurde, beruht die Feststellung der Schwerbehinderung auf folgenden Beeinträchtigungen: 41. Bluthochdruck, Kreislaufregulationsstörungen, koronare Herzerkrankung, Bypass-OP2. Chronisch-degeneratives WS-Syndrom, Bandscheibenschäden3. Depressionen, Angststörung. 5Die Erhöhung auf einen Grad der Schwerbehinderung von 50 erfolgte mit weiterem Festsetzungsbescheid der Stadt E. vom 25. November 2009 – wiederum rückwirkend zum 18. April 2007 –, nachdem die Stadt E. in einem vom Kläger mit dem Ziel der Erhöhung des Grades der Schwerbehinderung durchgeführten sozialgerichtlichen Klageverfahren vor dem Sozialgericht E. am 29. Oktober 2009 ein entsprechendes Anerkenntnis erklärt hatte. 6Der Kläger war seit dem 1. September 1975 bei der Beigeladenen beschäftigt und zuletzt als Sachbearbeiter Einnahmesicherung im Kundenservicezentrum E. tätig. Der Kläger war aufgrund des geltenden Basistarifvertrags in Verbindung mit dem Funktionsgruppenvertrag der Tätigkeiten für die Unternehmen der E1. AG nicht mehr ordentlich kündbar. 7Zwischen dem Kläger und der Beigeladenen kam es in den letzten Jahren schon mehrfach zu Rechtsstreitigkeiten, die aber bisher nicht zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt haben. 8Mit Schreiben vom 22. August 2011 beantragte die Beigeladene wegen eines Vorfalls am 16. August 2011 die Zustimmung des Beklagten zu einer außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung des Klägers, hilfsweise zur außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 31. März 2012. Den Zustimmungsantrag hatten der stellvertretende Personalleiter Herr H. sowie die Personalreferentin Frau L. handschriftlich mit dem Zusatz „i.V.“ unterzeichnet. Zur Begründung führte die Beigeladene im Wesentlichen aus: Am 16. August 2011 um 14.39 Uhr habe der Kläger die dem Antrag beigefügte E-Mail an den E1. -Medienmonitor mit dem Thema „Unternehmenskultur zum neuen Miteinander“ geschickt. In dieser Mail habe er Beleidigungen bezüglich seines Arbeitgebers, vor allem aber massive Beleidigungen gegenüber dem ehemaligen Personalleiter, dem Personalreferenten sowie ehemaligen Führungskräften geäußert. So habe er den Personalleiter und den Personalreferenten als „Drahtzieher“ bezeichnet, „denen man das verkommene Handwerk legen müsse“. Über eine Führungskraft, Herrn T. , habe er geschrieben, „dieser Mann hat völlig grundlos und überzogen gegen meine Person die Polizei gerufen. Aus meiner Sicht kann dieser Mann nur verhaltensgestört sein“. Das Schreiben der Beigeladenen zitierte noch weitere Textstellen aus der fraglichen E-Mail. Dem Betriebsrat des Kundenservicezentrums habe der Kläger in dieser Mail Untätigkeit vorgeworfen. Diese Mail habe der Kläger außerdem an den Konzernbetriebsrat, an den Gesamtbetriebsrat und den europäischen Betriebsrat weitergeleitet und mithin seine beleidigenden Äußerungen öffentlich gemacht. Die Äußerungen seien völlig inakzeptabel. Der Kläger habe mit seinem Verhalten das notwendige Vertrauen zum Arbeitgeber massiv beeinträchtigt bzw. zerstört. Die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei damit unwiederbringlich zerstört. Dieses Verhalten stelle einen wichtigen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar. Die Weiterbeschäftigung nach einem derartigen Vorfall sei unzumutbar. Auch sei es am 16. Mai 2011 bereits zu einem ähnlichen Störfall gekommen, als der Kläger seinen ehemaligen Vorgesetzten, Herrn F. , im Eingangsbereich des Kundenservicezentrums bedroht habe. Auch sei es in jüngerer Zeit mit den derzeitigen Teamkollegen des Klägers immer wieder zu Problemen gekommen. So hätten sich verschiedene Mitarbeiter bei der Leiterin der Organisationseinheit über das unkollegiale Verhalten des Klägers, das ein konstruktives Zusammenarbeiten schwierig bis unmöglich mache, beschwert. Der Kläger weigere sich, Kontakt mit Kollegen aufzubauen, auch wenn dies für die ordnungsgemäße Aufgabenerledigung erforderlich sei. Er weigere sich, das Büro von Kollegen zu betreten bzw. mit den Kollegen zu reden und stelle zunehmend eine zeitliche und psychische Belastung für sein Umfeld dar. Der Kläger halte es nicht für nötig, Kollegen zu grüßen, noch sich von ihnen zu verabschieden und schalte zum Feierabend das Licht aus, selbst wenn noch Kollegen im Büro säßen und arbeiteten. Auch nach umfassender Abwägung sei eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar. Eine E-Mail mit derartigen Beleidigungen vieler Mitarbeiter der Beigeladenen sei trotz der langen Beschäftigungszeit des Klägers nicht hinnehmbar. Der Betriebsrat des Kundenservicezentrums sowie die Schwerbehindertenvertrauensperson würden zeitgleich zur beabsichtigten Kündigung angehört. Der Betriebsrat werde den Sachverhalt in seiner Sitzung am 23. August 2011 behandeln. 9Im Zeitpunkt des Antrags auf Erteilung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung beschäftigte die Beigeladene 1.125 Arbeitnehmer, davon 104 Schwerbehinderte. 10Mit Schreiben vom 24. August 2011 gab der Beklagte dem Kläger, der Schwerbehindertenvertretung und dem Betriebsrat der Beigeladenen Gelegenheit, bis zum 5. September 2011 schriftlich zu dem Zustimmungsantrag Stellung zu nehmen und informierte mit Schreiben vom selben Tag auch die Fürsorgestelle der Stadt E. über den Zustimmungsantrag. 11Der Betriebsrat der Beigeladenen und der Schwerbehindertenvertreter erklärten nach Anhörung des Klägers gegenüber dem Beklagten ihre Zustimmung zu der beabsichtigten Kündigung. Der Kläger sei in dem Gespräch, wie schon in vielen vorangegangen Gesprächen mit dem Betriebsrat und der Schwerbehindertenvertrauensperson, vollkommen uneinsichtig und sich keiner Schuld bewusst gewesen. Allgemein gültige Regeln des betrieblichen Lebens interessierten ihn nicht. Er halte ausschließlich seine Sichtweise für die richtige. Durch das dauerhaft destruktive und von Anfeindungen gegenüber seinen Kollegen und Führungskräften geprägte Verhalten des Klägers sei das Arbeitsklima derart belastet, dass ein normales Miteinander nicht mehr möglich sei. Es seien daher auch die Belange seiner Kolleginnen und Kollegen angemessen zu berücksichtigen. 12Der Kläger beantragte in seiner Stellungnahme vom 26. August 2011, die Zustimmung zu versagen. Er sei seit einigen Jahren erheblichem Druck ausgesetzt. Seine Erkrankung und die vielfachen arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen belasteten ihn sehr. Er habe im Intranet der Beigeladenen die Berichterstattung zur Unternehmenskultur verfolgt und die Artikel „Auf dem Weg zu einem anderen Miteinander“ und „Den kulturellen Wandel vor Ort gestalten“ gelesen. Der Aufforderung am Ende der Artikel, Beiträge zu liefern, sei er nachgekommen und habe seine Sicht der Dinge geschildert und eine Diskrepanz zwischen dem Anspruch des Konzerns und den tatsächlichen Verhältnissen vor Ort festgestellt. Die von der Beigeladenen gerügte Wortwahl sei nach seinem Dafürhalten im Rahmen der freien Meinungsäußerung zulässig und stelle keine Beleidigung dar. Soweit die Beigeladene behaupte, er habe am 16. Mai 2011 Herrn F. bedroht, so sei dies unwahr. Der Sachverhalt sei erfunden. Eine solche Begebenheit habe es nicht gegeben. Auch habe es nicht immer wieder Probleme mit Teamkollegen gegeben. Der Vortrag sei zudem auch unsubstantiiert, so dass er sich gegen die erhobenen Vorwürfe nicht verteidigen könne. Selbstverständlich schalte er nicht abends das Licht aus, wenn noch Kollegen in dem Büro säßen. 13Mit Bescheid vom 7. September 2011 stellte der Beklagte fest, dass die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist nach § 91 Absatz 3 Satz 2 SGB IX als erteilt gelte. Mit gesondertem – hier nicht streitgegenständlichen – Bescheid gleichen Datums stellte der Beklagte den Fiktionseintritt auch hinsichtlich des Antrags auf Zustimmung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung fest. 14Die Beigeladene sprach unter dem 7. September 2011 sowohl die außerordentliche fristlose als auch hilfsweise die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 31. März 2012 aus. Der Kläger erhob hiergegen Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht E. . 15Mit Schreiben vom 23. September 2011 legte er Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten vom 7. September 2011 ein, den er mit Schreiben vom 30. August 2012 begründete. Die von der Beigeladenen vorgetragenen vermeintlichen Kündigungsgründe beträfen den Verhaltensbereich. Er sei aufgrund seiner langjährigen Krankheit und der schwierigen Anpassungssituation am Arbeitsplatz in seiner Fähigkeit zur Steuerung seines Verhaltens krankheitsbedingt beeinträchtigt. Es liege bei ihm ein psychische Wesensänderung im Zusammenhang mit der Krankheit und den Anpassungsschwierigkeiten am Arbeitsplatz vor. Die vermeintlichen Verhaltensauffälligkeiten, mit der die Beigeladene einen Verhaltensverstoß begründen wolle, seien Teil seiner Krankheit. Die unterbliebenen Ermittlungen der Beklagten im Rahmen des Zustimmungsverfahrens seien nachzuholen. Dabei werde sich ergeben, dass ein Zusammenhang zwischen seiner Behinderung und den vermeintlichen Kündigungsgründen bestehe. Ihm sei zudem der Beistand des Schwerbehindertenvertreters im Betrieb der Beigeladenen versagt worden. Auch sei ihm nach seiner lange währenden Krankheit kein Wiedereingliederungsverfahren ermöglicht worden und er sei nach seiner Rückkehr mit neuen Aufgaben betraut worden, die ihn planmäßig überfordert hätten. 16Mit Urteil vom 23. Juli 2012, das nach Abweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Dezember 2012 rechtskräftig geworden ist, stellte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf fest, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Beigeladenen vom 7. September 2011 nicht außerordentlich fristlos gekündigt wurde, sondern mit einer Auslauffrist zum 31. März 2012 geendet hat. 17Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2013 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die Fiktion der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Voraussetzungen des § 91 Absatz 4 SGB IX nicht vorlägen. Ein mittelbarer Zusammenhang zwischen dem vorgetragenen Kündigungsgrund und der anerkannten Schwerbehinderung des Klägers könne nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Liege ein solcher Zusammenhang vor, habe er nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Er habe die Interessen des Klägers und der Beigeladenen gegeneinander abzuwägen. Einerseits sei die gesteigerte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem schwerbehinderten Menschen in Betracht zu ziehen. Andererseits müsse das Integrationsamt bei seiner Entscheidung bestrebt sein, möglichst viel von der Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers in Bezug auf seine im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis bestehenden berechtigen Interessen zu erhalten. Dagegen sei es nicht Aufgabe des Integrationsamtes, die soziale Rechtfertigung der Kündigung zu prüfen. Zugunsten des Klägers seien sein Alter, die lange Beschäftigungszeit seit dem 1. September 1975 und seine schlechte Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigt worden. Dennoch gelange er zu der Überzeugung, dass der Beigeladenen die Zustimmung zur Kündigung nicht verwehrt werden dürfe. Nach seiner Auffassung liege ein Fehlverhalten des Klägers vor. Bei dem vorgeworfenen Fehlverhalten, der Kläger solle Vorgesetzte und Kollegen beleidigt haben, was nach Form und Inhalt erhebliche Ehrverletzungen für die Betroffenen bedeute, handele es sich um einen schwerwiegenden Vorwurf, der Grund für eine außerordentliche Kündigung sein könne. Erschwerend komme hinzu, dass der Kläger diese Äußerungen nicht nur innerhalb des Betriebs getätigt habe, sondern sich mit seiner Mail bewusst an mehrere Adressaten gewandt habe, von denen sich einige außerhalb des Betriebs befunden hätten. Er habe dadurch seine Äußerungen öffentlich getan. Zwar bestreite der Kläger das ihm vorgeworfene Verhalten und gebe an, dass er lediglich seine Meinung geäußert habe und seine Wortwahl im Rahmen der freien Meinungsäußerung für zulässig halte. Diese Ansicht teile er – der Beklagte - aber nicht. Vorgesetzte als „Drahtzieher“, denen man das „verkommene Handwerk legen müsste“ oder als „verhaltensgestört“ zu bezeichnen, stelle aus seiner Sicht eine Beleidigung dar. Nach seiner Auffassung bedürfe es auch keiner vorherigen Abmahnung, um außerordentlich zu kündigen. Im vorliegenden Fall handele es sich bei dem vorgeworfenen Verhalten um ein Fehlverhalten im Vertrauensbereich. Hier sei eine Abmahnung entbehrlich, da es sich um einen schweren Verstoß handele, bei dem der Kläger von vorneherein nicht mit einer Billigung rechnen könne. Im Übrigen seien die Stellungnahmen des Betriebsrats und der Schwerbehindertenvertretung berücksichtigt worden, in welchen diese der Kündigung ausdrücklich zugestimmt hätten. Aus diesen Stellungnahmen ergäben sich keine Gesichtspunkte für eine abweichende Entscheidung. Weiterhin werte er, dass die Beigeladene die gesetzliche Pflichtquote zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen erfülle. Bei Abwägung der vorstehend genannten Belange gelange er zu der Überzeugung, dass die angefochtene Entscheidung vom 7. September 2011 zu Recht ergangen sei. Dem Interesse der Beigeladenen an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei im Ergebnis das größere Gewicht beizumessen. 18Der Kläger hat am 8. März 2013 die vorliegende Klage erhoben. 19Zu deren Begründung wiederholt und vertieft er seine Ausführungen im Verwaltungsverfahren. Der Widerspruchsausschuss des Beklagten habe zwar zutreffend angenommen, dass die von der Beigeladenen behaupteten, zu ihrem Kündigungsentschluss führenden, verhaltensbedingten Gründe im Zusammenhang mit seiner Erkrankung stünden. Die vom Widerspruchsausschuss vorgenommene Ermessensentscheidung sei aber fehlerhaft. Es fehle bereits an einer vollständigen Aufklärung des Sachverhalts. Denn bereits die zur vollständigen Aufklärung des Sachverhalts und der Krankheit und der Ursache der Äußerung notwendigen Feststellungen seien nicht getroffen worden. Der Beklagte hätte sich mit dem Ursachenzusammenhang zwischen dem vermeintlichen Fehlverhalten und seiner Erkrankung befassen müssen. Dabei wäre zu Tage getreten, dass er aufgrund seiner Erkrankung insbesondere aufgrund der fehlenden Wiedereingliederung nach langer Krankheit und der daraus resultierenden Überforderung nicht in der Lage gewesen sei, sein Verhalten zu steuern. Die von ihm geübte Abwehrhaltung und sein Ruf nach Abhilfe durch vermeintlich neutrale übergeordnete Stellen habe zu einer unangemessenen Ausdrucksweise in der zur Kündigung führenden Mail geführt, die nicht vorwerfbar sei. Seine Erkrankung und die mit der Erkrankung zusammenhängende Belastungssituation am Arbeitsplatz habe zu einer dauerhaften Persönlichkeitsstörung geführt. Die von ihm aufgezeigten Ursachen seines Verhaltens und auch das Bestreiten der Äußerungen hätten in jedem Fall eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes erforderlich gemacht. Der Beklagte berücksichtige aber auch nicht seine besondere Situation und werte seine Äußerungen gerade nicht vor dem Hintergrund seiner Erkrankung, obwohl er – der Beklagte - zuvor selbst festgestellt habe, dass ein Zusammenhang bestehe. Die Ausführungen im Widerspruchsbescheid stellten letztlich eine mögliche – im Ergebnis unzutreffende – arbeitsrechtliche Wertung des Geschehens dar. Dagegen seien seine Interessen oder zu seinen Gunsten sprechende Umstände nicht berücksichtigt worden. Schließlich sei die Erteilung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist im Verfahren zur Erteilung der Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung rechtswidrig. Die Anwendung von § 91 Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 SGB IX benachteilige die ordentlich unkündbaren schwerbehinderten Arbeitnehmer, ohne dass dafür ein sachlicher Grund ersichtlich sei. Dies habe zuletzt auch das Landesarbeitsgericht Köln in seinem Beschluss vom 31. Oktober 2012 – 3 Sa 1062/11- festgestellt. Schließlich wahre der Zustimmungsantrag der Beigeladenen schon nicht die Schriftform i.S.v. § 126 BGB, da er nicht vom Vorstand der Aktiengesellschaft unterschrieben sei. 20Der Kläger beantragt, 21den Bescheid des Beklagten vom 7. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2013 aufzuheben. 22Der Beklagte beantragt, 23die Klage abzuweisen. 24Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus: Der Hinweis des Klägers, er habe von seinem Ermessen keinen Gebrauch gemacht, gehe fehl. Er sei davon ausgegangen, dass ein mittelbarer Zusammenhang zwischen Behinderung und vorgetragenem Kündigungsgrund nicht ausgeschlossen werden könne. Daher sei er nicht durch die Sollvorschrift des § 91 Absatz 4 SGB IX in seinem Ermessen eingeschränkt gewesen. Die Entscheidung sei vielmehr nach freiem, pflichtgemäßen Ermessen erfolgt. Durch das ihm vorgeworfene Verhalten habe der Kläger sich i.S.v. §§ 611, 241 Abs. 2 BGB vertragswidrig verhalten. Der Betrieb sei ein Organismus, an dessen Funktionieren ohne vermeidbare, eigenmächtige Störungen seitens einzelner Arbeitnehmer nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch weitere Beteiligte insbesondere die Vorgesetzten des betreffenden Arbeitnehmers und die übrigen Arbeitnehmer, berechtigterweise interessiert seien (Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 10.06.1997 – 6 Sa 309/97-). In diesem Rahmen habe der Arbeitgeber darauf zu achten, dass die Ehre seiner Arbeitnehmer nicht durch Angriffe eines einzelnen Arbeitnehmers beeinträchtigt werde. Mögliche Meinungsverschiedenheiten müssten sachlich und in angemessener Form ausgetragen werden. Gegen die entsprechende Verhaltenspflicht habe der Kläger in schuldhaft-pflichtwidriger Weise verstoßen. Selbst wenn ein direkter Zusammenhang zwischen den vorgeworfenen Kündigungsgründen und der Schwerbehinderung angenommen worden wäre, hätte dies zu keinem anderen Ergebnis geführt. 25Die Beteiligten haben im Erörterungstermin am 17. Februar 2014 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und diesen Verzicht mit Schriftsätzen vom 11. März 2014 nochmals bestätigt. 26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen. 27Entscheidungsgründe: 28Die Einzelrichterin ist für die Entscheidung zuständig, nachdem ihr der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 5. März 2014 gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur Entscheidung übertragen worden ist. 29Die Entscheidung konnte gemäß § 101 Absatz 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung ergehen, nachdem die Beteiligten im Erörterungstermin am 17. Februar 2014 sowie nach der Einzelrichterübertragung mit Schriftsätzen vom 11. März 2014 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben. 30Die zulässige Klage ist begründet. 31Der Bescheid des Beklagten vom 7. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO. 32Rechtsgrundlage für eine Zustimmung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers sind die §§ 85 ff. SGB IX. Nach § 85 SGB IX bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Dies gilt gemäß § 91 Absatz 1 SGB IX auch im Fall der außerordentlichen Kündigung. 33Für den Kläger wurde mit Feststellungsbescheid der Stadt E. vom 25. November 2009 rückwirkend ab dem 18. April 2007 ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt. Er ist daher schwerbehindert im Sinne des § 2 Absatz 2 SGB IX und unterfällt dem besonderen schwerbehindertenrechtlichen Kündigungsschutz. 34Die Zustimmungsentscheidung des Beklagten ist zwar entgegen der Auffassung des Klägers formell rechtmäßig, insbesondere verfahrensfehlerfrei ergangen (I.). Sie ist aber in materieller Hinsicht rechtsfehlerhaft (II.). 35I. Der Entscheidung des Beklagten liegt zunächst ein ordnungsgemäßer Antrag der Beigeladenen auf Erteilung der Zustimmung zugrunde. Nach § 87 Absatz 1 Satz 1 SGB IX hat der Arbeitgeber die Zustimmung zur Kündigung schriftlich bei dem für den Sitz des Betriebs zuständigen Integrationsamt zu beantragen. Die Beigeladene hat mit Schreiben vom 22. August 2011 die Zustimmung bei dem für sie zuständigen Integrationsamt des Beklagten beantragt. Das Schreiben wahrt entgegen der Auffassung des Klägers auch die Schriftform im Sinne von § 61 Satz 2 SGB X i.V.m. § 126 BGB. Danach muss der Zustimmungsantrag vom Arbeitgeber eigenhändig unterzeichnet sein. Handelt es sich bei dem Arbeitgeber - wie vorliegend - nicht um eine natürliche Person, wird das Schriftformerfordernis durch die eigenhändige Unterschrift einer vertretungsberechtigten Person erfüllt. Den Antrag vom 22. August 2011 hat – neben der Personalreferentin - der stellvertretende Personalleiter der Beigeladenen unterzeichnet. Die durch den Arbeitgeber mit der Funktion des Personalleiters betraute Person ist in Personalangelegenheiten aber regelmäßig rechtsgeschäftlich zur Vertretung des Arbeitgebers bevollmächtigt, 36vgl. Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 14. April 2011 – 6 AZR 727/09, juris, Urteil vom 29. Oktober 1992 – 2 AZ 469/92- und vom 30. Mai 1972 – 2 AZR 298/71-, juris und BAG 24, 273; Trenk-Hinterberger in: Lachwitz, Schellhorn, Welti, HK-SGB IX, 3. Auflage 2010, § 87 Rn 12. 37Nichts anderes gilt, wenn nicht der Personalleiter selbst, sondern die mit der Stellvertretung des Personalleiters betraute Person in Wahrnehmung der Stellvertreterfunktion tätig wird. Der stellvertretende Personalleiter der Beigeladenen hat den Zustimmungsantrag eigenhändig und mit dem ausdrücklichen Zusatz „i.V.“ in Vertretung der Beigeladenen unterzeichnet. Dass er dessen ungeachtet im Innenverhältnis tatsächlich nicht über die erforderliche Vertretungsvollmacht zum Ausspruch von Kündigungen und zur Stellung von hierzu erforderlichen Zustimmungsanträgen beim Integrationsamt verfügt hat, hat der Kläger mit dem bloßen Hinweis auf die gesetzliche Vertretungsbefugnis des Vorstands nicht nachvollziehbar dargelegt. Die gesetzliche Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des Vorstandes der Beigeladenen, einer Aktiengesellschaft, nach §§ 77, 78 AktienG steht der Erteilung rechtsgeschäftlicher Vollmachten an weitere Personen nicht entgegen, vgl. §§ 48 ff., 54 HGB. Sonstige Anhaltspunkte für das Fehlen der Vertretungsbefugnis des stellvertretenden Personalleiters sind für das Gericht - die Beigeladene beschäftigt mehr als 1.000 Mitarbeiter und hat damit einen erheblichen, vom Vorstand selbst regelmäßig nicht zu bewältigenden Entscheidungsbedarf in Personalangelegenheiten - nicht ersichtlich. 38Die Beigeladene hat die Zustimmung auch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist gemäß § 91 Absatz 2 SGB IX beantragt. Das im Zustimmungsantrag als kündigungsauslösend bezeichnete Verhalten des Klägers, die Versendung der fraglichen E-Mail, erfolgte am 16. August 2011. Der Zustimmungsantrag ging bereits am 23. August 2011 und mithin innerhalb der Zwei-Wochen-Frist beim Beklagten ein. Soweit im Zustimmungsantrag auch noch auf einen angeblichen Vorfall vom 16. Mai 2011 bzw. weitere Probleme des Klägers mit seinen Teamkollegen „in jüngerer Zeit“ verwiesen wird, kann offen bleiben, ob die Beigeladene diese Gründe überhaupt als eigenständige Kündigungsgründe aufgeführt hat. Dies führt schon deshalb nicht zur Rechtswidrigkeit der Zustimmungsentscheidung, weil der Zustimmungsantrag insoweit jedenfalls verspätet gestellt worden ist und der Beklagte - ausweislich der Begründung des Widerspruchsbescheides - seine Entscheidung auch nicht auf diese weiteren Gründe, sondern nur auf die Versendung der fraglichen E-Mail vom 16. August 2011 gestützt hat. 39Der Beklagte hat mit Schreiben vom 24. August 2011 die gemäß § 87 Absatz 2 SGB IX erforderlichen Stellungnahmen des Klägers, des Betriebsrates und der Schwerbehindertenvertretung der Beigeladenen eingeholt. 40Dass der Beklagte – auch im Widerspruchsverfahren - keine mündliche Verhandlung durchgeführt hat, begründet entgegen der Auffassung des Klägers keinen Verfahrensfehler, da die mündliche Verhandlung nach § 88 Absatz 1 SGB IX keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Entscheidung des Integrationsamtes ist, 41vgl. Trenk-Hinterberger in: Lachwitz, Schellhorn, Welti, HK-SGB IX, 3. Auflage 2010, § 88 Rn 33; Knittel, SGB IX, 6. Auflage 2012, § 88 Rn 6. 42Gleiches gilt, soweit der Beklagte – soweit ersichtlich – seiner Verpflichtung nach § 87 Absatz 4 SGB IX, in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung der Beteiligten hinzuwirken, nicht nachgekommen ist, da insoweit keine Verfahrensrechte der Beteiligten verletzt werden und die Regelungen der §§ 85 ff. SGB IX an das Unterlassen eines solchen Einigungsversuchs keine Rechtsfolgen anknüpfen, 43vgl. Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 9. März 2004 – 5 K 3302/02-, juris; Trenk-Hinterberger in: Lachwitz, Schellhorn, Welti, HK-SGB IX, 3. Auflage 2010, § 87 Rn 33. 44II. Die angegriffene Entscheidung des Beklagten ist aber materiell rechtswidrig. 45Das bei der Erteilung der Zustimmung zur Kündigung nach § 85 SGB IX bestehende Ermessen ist fehlerhaft ausgeübt worden. 46Bei der Ausübung des besonderen Kündigungsschutzes trifft das Integrationsamt, soweit – wie hier – nicht die besonderen Voraussetzungen des § 89 SGB IX vorliegen, seine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen. 47Dies gilt grundsätzlich auch im Fall einer außerordentlichen Kündigung, wenn die Voraussetzungen des § 91 Absatz 4 SGB IX nicht vorliegen. 48Gemäß § 91 Absatz 4 SGB IX soll das Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung erteilen, wenn die Kündigung aus Gründen erfolgt, die nicht im Zusammenhang mit der Behinderung stehen. Die Entscheidung, ob der Kündigungsgrund im Zusammenhang mit der Behinderung steht, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf der Grundlage des vom Arbeitgeber angegebenen, nur im arbeitsgerichtlichen Verfahren zu überprüfenden Kündigungsgrundes zu treffen. Besteht danach kein Zusammenhang zwischen dem Kündigungsgrund und der Behinderung, ist das freie Ermessen nach § 85 SGB IX durch § 91 Absatz 4 SGB IX dahingehend eingeschränkt, dass das Integrationsamt im Regelfall die Zustimmung zu erteilen hat und nur bei Vorliegen von Umständen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden darf, 49vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 20. April 2009 – 12 A 2431/08 -, juris Rn 12 ff. m.w.N. 50Im vorliegenden Fall hat der Widerspruchsausschuss beim Integrationsamt des Beklagten einen Zusammenhang zwischen dem der Kündigung zugrunde liegenden Verhalten des Klägers vom 16. August 2011 und seiner Behinderung angenommen. Im Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2013 heißt es hierzu, dass ein mittelbarer Zusammenhang zwischen dem vorgetragenen Kündigungsgrund und der anerkannten Schwerbehinderung des Klägers nicht ausgeschlossen werden könne. Im Erörterungstermin am 17. Februar 2014 hat der Beklagte hierzu ergänzend erläutert, dass er seine Einschätzung auf die beim Kläger vorliegende Funktionsbeeinträchtigung „Depressionen“ stütze, die auch der Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft zugrunde liege. Der Wirkungszusammenhang zwischen psychischen Erkrankungen und dem Verhalten einer erkrankten Person sei so komplex, dass nach der Erfahrung des Beklagten zugunsten des Schwerbehinderten zumindest von einem mittelbaren Zusammenhang ausgegangen werden müsse, wenn – wie vorliegend – die Kündigung gerade auf verhaltensbedingte Gründe gestützt werde. 51Das Bestehen eines Zusammenhangs im Sinne von § 91 Absatz 4 SGB IX zwischen der Schwerbehinderung des Klägers und dem Kündigungsgrund ist von den Beteiligten einschließlich der Beigeladenen auch im weiteren Verfahren nicht in Frage gestellt worden. 52Für das Bestehen des von den Beteiligten angenommenen Zusammenhangs spricht aber auch nachdrücklich, dass es nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten im Erörterungstermin erstmals nach der Bypass-Operation des Klägers im Jahr 2007 zu Verhaltensauffälligkeiten und Problemen am Arbeitsplatz kam. Gerade die gesundheitlichen Schwierigkeiten des Klägers nach der Bypass-Operation waren aber ihrerseits auch Grundlage der Feststellung des für das Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft maßgeblichen Grades der Schwerbehinderung von 50 ab dem 18. April 2007. Ausweislich des vom Kläger vorgelegten Protokolls des Erörterungstermins vor dem Sozialgericht E. am 29. Oktober 2009 beruhte das von der Fürsorgestelle ausgesprochene Anerkenntnis ausgehend vom Gegenstand der Erörterung im Wesentlichen auf der durch die Bypass-Operation verschlechterten physischen, vor allem aber psychischen Situation des Klägers. Denn der Kläger schilderte im Erörterungstermin, dass er mit der einschneidenden Veränderung in seinem Leben durch die Bypass-Operation, insbesondere der hieraus folgenden Beeinträchtigung seiner körperlichen Leistungsfähigkeit und der Angst vor einem weiteren Herzinfarkt nicht zurechtkomme und sich seither nicht mehr als vollwertiger Mensch fühle. Auch fühle er sich am Arbeitsplatz seither gemobbt und bedroht. Er sei wegen seiner psychischen Situation seit mehr als einem Jahr krankgeschrieben. Die kündigungsauslösende Mail vom 16. August 2011, mit der der Kläger im Wesentlichen die aus seiner Sicht über Jahre als ungerechtfertigt und überzogen empfundenen Reaktionen seiner Vorgesetzten auf seine krankheitsbedingten Leistungsbeeinträchtigungen und die arbeitsrechtlichen Konsequenzen der Beigeladenen sowie die aus seiner Sicht fehlende Unterstützung durch den Betriebsrat moniert, lässt sich – gerade auch mit ihrer problematischen Wortwahl – vor diesem Hintergrund zwanglos aus den beim Kläger festgestellten, insbesondere psychischen Funktionsbeeinträchtigungen erklären und steht nicht nur in einem entfernten Zusammenhang zu diesen Erkrankungen, 53vgl. zu diesem Maßstab OVG NRW, Urteil vom 27. Juni 2011 – 12 A 705/10 -, juris, Rn 25 ff., Urteil vom 28. Januar 2013 – 12 A 1635/10-, juris, Rn 58 ff.; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 12. Juli 2012 – 5 C 16/11 -, juris, Rn 27. 54Da der Beklagte daher in seinem Ermessen nicht durch § 91 Absatz 4 SGB IX beschränkt ist, kann vorliegend dahingestellt bleiben, inwiefern die Regelung bei einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist eines – wie vorliegend – tariflich ordentlich nicht (mehr) kündbaren Arbeitnehmers Anwendung finden kann, 55vgl. für die Anwendbarkeit: Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 10. Juni 2013 – 13 K 6670/12 - , juris Rn 62 ff.; Oberverwaltungsgericht für das Land Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. Juni 2011 - 3 L 246/09, juris Rn 30 f.; Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 12. Mai 2005 – 2 AZR 159/04 -, juris, Rn 19 f.; a.A. Düwell in: Dau/Düwell/Joussen, Sozialgesetzbuch IX, 4. Auflage 2014, § 91 Rn 11. 56Greift die Ermessensbindung nach § 91 Absatz 4 SGB IX nicht, ist dementsprechend über die Erteilung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist im Rahmen der allgemeinen, nicht gebundenen Ermessensentscheidung nach § 85 SGB IX zu befinden. 57Die dem Integrationsamt in diesen Fällen überantwortete Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen überprüft das Gericht gemäß § 114 VwGO allein daraufhin, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde. Insbesondere hat die Behörde alle den Streitfall kennzeichnenden widerstreitenden Interessen einzustellen, die Gesichtspunkte angemessen zu gewichten und gegeneinander abzuwägen und sich dabei ausschließlich an sachlichen Erwägungen zu orientieren, 58vgl. zu diesem Maßstab etwa Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 4. Mai 2012 – 13 K 6422/11 – juris, Rn 44 ff., m.w.N, Urteil vom 27. September 2011 - 19 K 2234/11 -, n.v. 59Bei der Entscheidung nach § 85 SGB IX ist das Interesse des Arbeitgebers an der Erhaltung seiner Gestaltungsmöglichkeiten gegen das Interesse des schwerbehinderten Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes abzuwägen. Entscheidend für die Berücksichtigung abwägungserheblicher Umstände sind ihr Bezug zur Behinderung und ihre an der Zweckrichtung des behindertenrechtlichen Sonderkündigungsschutzes gemessene Bedeutung. 60Sinn und Zweck der Schwerbehindertenschutzvorschriften als Fürsorgevorschriften bestehen vor allem darin, Nachteile eines schwerbehinderten Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugleichen. Die Vorschriften über den Sonderkündigungsschutz sollen den schwerbehinderten Menschen vor den besonderen Gefahren, denen er wegen seiner Behinderung auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt ist, bewahren und sicherstellen, dass er gegenüber nicht schwerbehinderten Menschen nicht ins Hintertreffen gerät. 61Dabei gewinnt der Schwerbehindertenschutz an Gewicht, wenn die Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf Gründe gestützt wird, die in der Behinderung selbst ihre Ursache haben. In diesem Fall sind an die im Rahmen der interessenabwägenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigende Zumutbarkeitsgrenze für den Arbeitgeber besonders hohe Anforderungen zu stellen, um auch den im Schwerbehindertenrecht zum Ausdruck gekommenen Schutzgedanken der Rehabilitation verwirklichen zu können, 62vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1995 - 5 C 24/93 -, BVerwGE 99, 336 (339) m.w.N.; dem folgend etwa OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2009 - 12 A 2431/08 -, juris, Rn 21. 63So kann der Arbeitgeber in Ausnahmefällen sogar verpflichtet sein, den schwerbehinderten Arbeitnehmer "durchzuschleppen", während andererseits die im Interesse der Schwerbehindertenfürsorge gebotene Sicherung des Arbeitsplatzes auf jeden Fall dort ihre Grenze findet, wo eine Weiterbeschäftigung des Schwerbehinderten allen Gesetzen wirtschaftlicher Vernunft widersprechen, insbesondere dem Arbeitgeber einseitig die Lohnzahlungspflicht auferlegt würde, 64vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1995 – 5 C 24/93-, a.a.O. 65In einem Fall, in dem – wie hier – die Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf Gründe gestützt wird, die in der Behinderung selbst ihre Ursache haben, reicht daher nicht jeder als Kündigungsgrund geltend gemachte Umstand aus, um die Zumutbarkeitsgrenze für den Arbeitgeber, an die in einem derartigen Fall besonders hohe Anforderungen zu stellen sind, zu überschreiten. Vielmehr bedingen die auf der einen Seite zu Lasten des Arbeitgebers bestehenden besonders hohen Anforderungen an dessen Zumutbarkeitsgrenze, dass auf der anderen Seite der Kündigungsgrund nach Art und Umfang besonderes Gewicht haben muss, um im Rahmen der Ermessensabwägung die besonders hohen Anforderungen an die für den Arbeitgeber geltende besonders hohe Zumutbarkeitsgrenze signifikant überschreiten zu können, 66vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Mai 2009 - 12 A 472/09 -, juris, Rn 19, und vom 20. April 2009 - 12 A 2431/08 -, juris, Rn 25. 67Die danach an die Schwere des Kündigungsgrundes zu stellenden besonders hohen Anforderungen sind umso mehr von zentraler Bedeutung, wenn sie nicht nur als Grund für eine ordentliche Kündigung, sondern zum Anlass für eine – hier allein in Betracht kommende – außerordentliche Kündigung genommen werden und zugunsten des Schwerbehinderten weitere abwägungsrelevante Umstände – wie vorliegend die im Widerspruchsbescheid berücksichtigte besonders lange Betriebszugehörigkeit des Klägers und seine unter Berücksichtigung von Alter und der Schwerbehinderung sehr schwere Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt – streiten, 68vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Mai 2009 - 12 A 472/09 -, juris, Rn 21, und vom 20. April 2009 - 12 A 2431/08 -, juris, Rn 27. 69Soweit danach ein behinderungsbedingter Umstand materiell-rechtlich für die gebotene Interessenabwägung Bedeutung hat, unterliegt er der Aufklärungspflicht. Das Integrationsamt ist dabei nicht der Pflicht enthoben, sich von der Richtigkeit der für seine Entscheidung wesentlichen Behauptungen eine eigene Überzeugung zu verschaffen; gründet es seine Entscheidung auf unrichtige Behauptungen, dann begeht es einen Ermessensfehler. Die Aufklärungspflicht wird verletzt, wenn das Integrationsamt (oder der zuständige Widerspruchsausschuss) sich damit begnügt, das Vorbringen des Arbeitgebers, soweit es in der Interessenabwägung zu berücksichtigen ist, nur auf Schlüssigkeit zu prüfen, 70vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Mai 2009 – 12 A 472/09 -, juris, Rn 22, m.w.N. 71Grundsätzlich nicht zu prüfen hat das Integrationsamt in diesem Zusammenhang allerdings die arbeitsrechtliche bzw. kündigungsschutzrechtliche Wirksamkeit der Kündigung, 72vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1995 - 5 C 24.93 -, a.a.O., S. 340; OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2009 - 12 A 2431/08 -, juris, Rn 30. 73Nur wenn die beabsichtigte Kündigung arbeitsrechtlich evident unzulässig ist, darf das Integrationsamt dies bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigen, da es an einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung zum Nachteil des Schwerbehinderten nicht mitwirken soll, 74vgl. Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. Juni 2011 - 3 L 246/09 -, juris, Rn 32; Verwaltungsgericht Ansbach, Urteil vom 6. Oktober 2011 - AN 14 K 11.01275 -, juris, Rn 33. 75Nach diesen Maßstäben erweist sich die von dem Beklagten getroffene Ermessensentscheidung als rechtsfehlerhaft. 76Die Zustimmungsentscheidung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2013 erweist sich zunächst als ermessensfehlerhaft, weil die Ermessensentscheidung auf einem unzureichend ermittelten und damit unvollständigen Sachverhalt beruht und dieses Aufklärungsdefizit auch gerade den kündigungsrelevanten Sachverhalt betrifft. Insoweit bleibt der Beklagte zugleich deutlich hinter seiner – rechtlich zutreffend - aufgestellten eigenen Anforderung im Widerspruchsbescheid (vgl. Seite 6 Absatz 3) zurück, „seine Entscheidung nach einer umfassenden Aufklärung des Sachverhalts“ zu treffen. 77Dies gilt zunächst für die Ermittlung des dem Kündigungsgrund zugrunde liegenden historischen Sachverhalts. 78Ungeachtet des im Antrag der Beigeladenen vom 22. August 2011 enthaltenen Hinweises („Diese E-Mail haben wir diesem Schreiben beigefügt.“) ist die streitgegenständliche E-Mail vom 16. August 2011 weder in dem dem Gericht vorliegenden Verwaltungsvorgang des Beklagten, noch in dem die außerordentliche fristlose Kündigung betreffenden Verwaltungsvorgang des Parallelverfahrens 13 K 2927/13 enthalten. Die Vertreterin des Beklagten konnte im Erörterungstermin am 17. Februar 2014 auch nicht nachvollziehbar darlegen, dass die fragliche E-Mail jedenfalls der für die Sitzung des Widerspruchsausschusses erstellten Vorlage vom 5. Februar 2013 tatsächlich beigefügt war. Sie verwies hierzu im Erörterungstermin lediglich darauf, dass der Widerspruchsausschuss alle Unterlagen erhalten habe, die auch das Gericht bekommen habe. Hierzu gehörte die streitgegenständliche E-Mail aber gerade nicht. Auch der erstmals im Erörterungstermin von der Vertreterin des Beklagten vorgelegte Ausdruck der E-Mail stammt ersichtlich nicht aus dem Verwaltungsvorgang, sondern wurde dem Beklagten nach eigenen Angaben auf seine Anforderung am 11. Februar 2014 unmittelbar von der Beigeladenen übermittelt. Lag dem Widerspruchsausschuss bei seiner Entscheidung aber die kündigungsauslösende Mail nicht im vollen Wortlaut vor, konnte er sich keine vollständige eigene Überzeugung von dem zur Kündigung führenden Verhalten des Klägers bilden. Der Widerspruchsausschuss hat sich stattdessen mit dem Vorbringen der Beigeladenen begnügt und nur dieses seiner eigenen Würdigung im Widerspruchsbescheid (vgl. S. 7) zugrunde gelegt. Er hat damit nach oben dargelegten Maßstäben seine Aufklärungspflicht verletzt, 79vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Mai 2009 – 12 A 472/09 -, juris, Rn 22 m.w.N. 80Die Berücksichtigung und Auswertung der vollständigen kündigungsauslösenden E-Mail war vorliegend auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung am 6. Februar 2013 das arbeitsgerichtliche Kündigungsschutzverfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen war und die Äußerungen des Klägers in seiner Mail vom 16. August 2011 arbeitsrechtlich rechtskräftig als - die außerordentliche Kündigung rechtfertigende - grobe Beleidigungen des Arbeitgebers und seiner Vertreter bewertet waren. Offen bleiben kann, ob dies schon daraus folgt, dass der Beklagte die arbeitsrechtliche bzw. kündigungsschutzrechtliche Wirksamkeit der Kündigung nach oben dargelegten Grundsätzen ohnehin nicht zu prüfen hat, es mithin für seine Entscheidung auch nicht auf das Ergebnis des vorher abgeschlossenen arbeitsgerichtlichen Verfahrens ankommt. Jedenfalls beschränkte sich der maßgebliche Sachverhalt im vorliegenden Zustimmungsverfahren nicht allein auf die vom Beklagten und arbeitsgerichtlich als Beleidigung gewerteten Textstellen der E-Mail vom 16. August 2011. 81In einem Fall, in dem – wie vorliegend – die Kündigung auf ein konkretes Fehlverhalten gestützt wird, das nach den oben dargestellten Grundsätzen im Rahmen der Ermessensbetätigung zu gewichten ist, ist es erforderlich, nicht nur das Fehlverhalten selbst, sondern auch die für die Bewertung der Schwere des Fehlverhaltens unerlässlichen Begleitumstände einschließlich etwaiger Verantwortungsanteile des Arbeitgebers oder von Kollegen zu ermitteln, 82vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 20. April 2009 – 12 A 2431/08-, juris, Rn 32, m.w.N., und vom 12. Februar 2009 – 12 A 3108/08 -, juris, Rn 9 m.w.N. 83Erst der vollständige Wortlaut und die Gestaltung der Mail lassen aber den Gesamtkontext erkennen, in dem die - im Zustimmungsantrag der Beigeladenen nur auszugweise zitierten – problematischen Formulierungen stehen und ermöglichen nur in ihrer Gesamtschau eine Einordnung und Gewichtung des Verhaltens des Klägers. Zudem ist es dem Beklagten nur unter Berücksichtigung des vollständigen Inhalts der E-Mail möglich, den für die erforderliche Gewichtung der Schwere des Fehlverhaltens des Klägers im Rahmen der Abwägungsentscheidung relevanten weiteren Fragen nachzugehen, ob der Kläger eventuell (auch) durch äußere Einflüsse in seinem Arbeitsumfeld zum Verfassen seiner kündigungsauslösenden E-Mail und der konkreten Wortwahl mitveranlasst worden ist. Dem nachzugehen bestand auch Anlass. Denn schon aus der nur auszugweisen Wiedergabe der E-Mail im Zustimmungsantrag der Beigeladenen vom 22. August 2011 war erkennbar, dass sich die Äußerungen des Klägers auf konkrete Vorfälle und Konflikte mit Vorgesetzten bezogen, deren tatsächliche Umstände bei der Bewertung der Äußerungen des Klägers nicht von vorneherein gänzlich außer Betracht bleiben konnten, sondern gegebenenfalls weiterer Aufklärung und Bewertung bedurft hätten. 84Ein weiteres Aufklärungsdefizit ergibt sich im Hinblick auf die psychischen und körperlichen Funktionsbeeinträchtigungen, die der Schwerbehinderung des Klägers zugrunde liegen. 85Wird die Kündigung – wie vorliegend - auf ein Fehlverhalten gestützt, das nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten seine Ursache jedenfalls auch in der Behinderung selbst hat, und das im Rahmen der Ermessensbetätigung daher gerade im Hinblick auf die nach obigen Grundsätzen hohen Anforderungen an die Schwere der Pflichtverletzung einerseits und die Zumutbarkeitsgrenze des Arbeitgebers andererseits zu gewichten ist, muss der Beklagte, um eine sachgerechte Gewichtung des Fehlverhaltens vornehmen zu können, den Zusammenhang zwischen der Behinderung und dem konkreten Fehlverhalten näher aufklären. Dem Verwaltungsvorgang ist aber nicht ansatzweise zu entnehmen, dass der Beklagte, obwohl er selbst von einem Zusammenhang zwischen der Behinderung des Klägers und dem vorgeworfenen Verhalten i.S.v § 91 Absatz 4 SGB IX ausgeht, in dem immerhin knapp eineinhalb Jahre dauernden Widerspruchsverfahren eigene Ermittlungen vorgenommen hat, um die Schwere der beim Kläger festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen, insbesondere der „Depressionen“ und „Angststörung“, einerseits und ihre konkreten Auswirkungen auf die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Klägers andererseits näher aufzuklären. Hierzu bestand aber insbesondere deshalb Anlass, weil der Kläger im Rahmen des Widerspruchsverfahrens vorgetragen hat, dass er aufgrund seiner langjährigen Krankheit und der schwierigen Anpassungssituation am Arbeitsplatz in seiner Fähigkeit zur Steuerung seines Verhaltens krankheitsbedingt beeinträchtigt und eine Wesensveränderung bei ihm eingetreten sei. Ausweislich des Verwaltungsvorgangs lagen dem Widerspruchsausschuss im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung aber ausschließlich die beiden Festsetzungsbescheide über die Anerkennung eines Grades der Schwerbehinderung von 40 bzw. 50 vom 26. Juni 2007 sowie 25. November 2009 vor. Weitere Ermittlungen hat der Beklagte – auch nach eigenen Angaben im Erörterungstermin – nicht durchgeführt. Insbesondere hat er weder den Kläger zur Vorlage ärztlicher Unterlagen aufgefordert, noch die Unterlagen des Versorgungsamtes, die der Feststellung der Schwerbehinderung zugrunde lagen, beigezogen. Gerade die dem Beklagten bekannte, erst aufgrund eines Anerkenntnisses im sozialgerichtlichen Verfahren rückwirkend zum 18. April 2007 erfolgte Erhöhung des Grades der Schwerbehinderung von 40 auf 50 hätte aber eine Beiziehung der Akten des Versorgungsamtes bzw. der Fürsorgestelle nahegelegt. 86Schließlich hat der Kläger im Widerspruchsverfahren angeführt, dass ihm nach seiner lange währenden Krankheit kein Wiedereingliederungsverfahren ermöglicht worden sei und er nach seiner Rückkehr mit neuen Aufgaben betraut und hierbei planmäßig überfordert worden sei. Auch dieser – im Falle des Zutreffens - für die Bewertung der Schwere seines Fehlverhaltens maßgebliche Umstand hätte der weiteren Aufklärung bedurft und Feststellungen dazu geboten, ob der Beigeladene die ihm nach § 84 Absatz 1 SGB IX obliegenden Maßnahmen zur Vermeidung einer Kündigung ergriffen hat und mit welchem Ergebnis. 87Unabhängig von diesen Defiziten der Sachverhaltsaufklärung erweist sich die von dem Beklagten getroffene Entscheidung aber auch deshalb als ermessensfehlerhaft, weil er in dem Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2013 maßgeblich auf die arbeitsrechtliche Zulässigkeit der beabsichtigten Kündigung abgestellt hat, obwohl diese Frage für die ihm überantwortete Interessenabwägung nach den oben dargelegten Maßgaben gerade keine maßgebliche Rolle spielen darf. Damit hat der Beklagte seine Entscheidung insoweit auf ein sachwidriges, weil von seinem Prüfauftrag nicht umfasstes Kriterium gestützt. 88In seinem Widerspruchsbescheid hat der Beklagte die Zustimmungsentscheidung darauf gestützt, dass die Äußerungen des Klägers über seine Vorgesetzten nach seiner Auffassung eine Beleidigung darstellten. Es liege ein Fehlverhalten des Klägers im Vertrauensbereich vor, das Grund für eine außerordentliche Kündigung sein könne, dies insbesondere, weil der Kläger seine Äußerungen nicht nur innerhalb des Betriebs getätigt, sondern diese auch öffentlich gemacht habe. Es sei auch keine vorherige Abmahnung erforderlich, weil es sich um einen schweren Verstoß handele, bei dem der Kläger von vorneherein nicht mit einer Billigung seines Verhaltens rechnen könne. 89Mit diesen Erwägungen hat der Beklagte aber seiner Entscheidung ausschließlich solche Kriterien zugrunde gelegt, die für die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zur außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung maßgeblich sind, 90vgl. BAG, Urteile vom 18. September 2008 – 2 AZR 827/06 -, juris, Rn 33 f., m.w.N., und vom 15. November 2001 – 2 AZR 605/00 -, juris Rn 17. 91Hiervon ist der Beklagte auch im gerichtlichen Verfahren nicht abgerückt, sondern hat zur Verdeutlichung seiner im Widerspruchsbescheid getroffenen Einschätzung nochmals ergänzend und vertiefend vorgetragen, dass der Kläger durch sein Verhalten seine arbeitsvertraglichen (Neben-)Pflichten aus § 611 i.V.m. § 241 Absatz 2 BGB verletzt habe. Unter Verweis auf ein arbeitsgerichtliches Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz führte der Beklagte weiter aus, dass der Arbeitgeber darauf zu achten habe, dass die Ehre seiner Arbeitnehmer nicht durch Angriffe einzelner Arbeitnehmer beeinträchtigt werde. Mögliche Meinungsverschiedenheiten seien sachlich und in angemessener Form auszutragen. Gegen die entsprechende arbeitsvertragliche Verhaltenspflicht habe der Kläger in schuldhaft-pflichtwidriger Weise verstoßen und nicht nur den Betriebsfrieden sondern auch das notwendige Vertrauensverhältnis zu seinem Arbeitgeber zerstört. Damit hat der Beklagte weiterhin ausschließlich arbeitsrechtlich argumentiert. 92Die Frage des Vorliegens eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 BGB unterliegt jedoch nach den oben genannten Grundsätzen nicht seiner Entscheidungskompetenz und ist damit – abgesehen von dem hier nicht einschlägigen Fall der Frage nach der offensichtlichen arbeitsrechtlichen Unzulässigkeit der beabsichtigten Kündigung 93vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1992 – 5 C 39/90 -, juris, Rn 30 m.w.N. - 94für die dem Beklagten überantwortete Ermessensentscheidung gerade ohne Belang. 95Insbesondere stellt die arbeitsrechtliche Zulässigkeit der beabsichtigten Kündigung keine Rechtfertigung für die in Rede stehende Zustimmung dar, sondern wird die Kündigung erst durch die Zustimmung ermöglicht. Ob sie nach den insoweit maßgeblichen arbeitsrechtlichen Kriterien zulässig ist, obliegt allein den insoweit zur Entscheidung berufenen – und vom Kläger auch tatsächlich angerufenen - Arbeitsgerichten. 96Schließlich erweist sich die von dem Beklagten getroffene Entscheidung aber auch deshalb als ermessensfehlerhaft, weil er die oben genannten Anforderungen an die Zumutbarkeitsgrenze für den Arbeitgeber nicht berücksichtigt hat. 97In seinem Widerspruchsbescheid finden sich keine über die Frage der arbeitsrechtlichen Zulässigkeit der Kündigung hinausgehenden Erwägungen. Obwohl der Beklagte selbst ausgeführt hat, dass ein Zusammenhang zwischen dem Kündigungsgrund und der anerkannten Behinderung des Klägers nicht gänzlich ausgeschlossen werden könne, und im Erörterungstermin nochmals ausdrücklich erläutert hat, dass man gerade in das freie Ermessen nach § 85 SGB IX „hineingewollt habe“, hat er in den Ermessenserwägungen gerade nicht - auch nicht ansatzweise – angesprochen, wie dieser Zusammenhang der Behinderung im Hinblick auf das dem Kläger konkret vorgeworfene Fehlverhalten zu gewichten ist. Dabei handelt es sich jedoch – gerade vor dem Hintergrund des angenommenen Zusammenhangs zwischen Behinderung und Kündigungsgrund - um einen sich von der Sache her aufdrängenden zentralen und daher in die Abwägung einzustellenden Gesichtspunkt, dessen Nichtberücksichtigung bereits für sich genommen die Rechtswidrigkeit der Entscheidung zur Folge hat. 98Schließlich sind die genannten Ermessensfehler auch nicht deshalb unbeachtlich, weil die Weiterbeschäftigung des Klägers allen Grenzen wirtschaftlicher Vernunft widerspräche und deshalb die Zustimmung zu seiner Kündigung erteilt werden müsste. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beigeladenen einseitig die Lohnzahlungspflicht auferlegt würde und daher die Interessenabwägung zwingend zu ihren Gunsten ausgehen müsste. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger aufgrund seiner Schwerbehinderung die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbracht hat und auch nicht erbringen könnte. Soweit der Kläger nach dem 14. Dezember 2011 tatsächlich keine Arbeitsleistung erbracht hat, beruht dies allein auf der von der Beigeladenen nach seiner Rückkehr aus einer Krankschreibung ausgesprochenen Freistellung des Klägers von der Arbeitsverpflichtung bis zum Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens. 99Offen bleiben kann schließlich, ob der Beklagte zu Recht vom Eintritt der Zustimmungsfiktion nach § 91 Absatz 3 Satz 2 SGB IX ausgehen durfte. Denn der Ausgangsbescheid vom 7. September 2011, der den Eintritt der Fiktion nach § 91 Absatz 3 Satz 2 SGB IX bestätigt, wurde durch den Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2013 modifiziert und ist nur noch in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2013 erlangt hat, zur gerichtlichen Überprüfung gestellt. Der Beklagte hat aber, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, im Widerspruchsbescheid eine eigene – wenn auch rechtsfehlerhafte – Ermessensentscheidung über die Zustimmung zur Kündigung getroffen, die an die Stelle der zunächst festgestellten Zustimmungsfiktion nach § 91 Absatz 3 Satz 2 SGB IX getreten ist. Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass der Wortlaut des § 91 SGB IX keine Differenzierung zwischen verschiedenen Arten der außerordentlichen Kündigung vornimmt, so dass entgegen der Auffassung des Klägers schon danach auch die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist ohne weiteres in den Anwendungsbereich der Norm fallen dürfte. Soweit in der Literatur teilweise die Anwendbarkeit von § 91 Absatz 3 SBG IX auf solche Fälle als ungerechtfertigte Benachteiligung ordentlich unkündbarer schwerbehinderter Arbeitnehmer bemängelt wird, hat sich dem bisher die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung nicht angeschlossen. 100vgl. für die Anwendbarkeit von § 91 SGB IX: Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 10. Juni 2013 – 13 K 6670/12 -, juris, Rn 68; Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 7. Februar 2011 – 11 K 2352/10 – juris, m.w.N. 101In der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung hat ausschließlich das Landesarbeitsgericht Köln die Anwendbarkeit des § 91 Absatz 3 Satz 2 SGB IX abgelehnt, 102vgl. Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 31. Oktober 2012 – 3 Sa 1062/11-, juris. 103Diese vom Kläger angeführte Entscheidung begegnet aber schon deshalb Bedenken, weil sie außer Betracht lässt, dass dem schwerbehinderten Arbeitnehmer gegen den Bescheid des Integrationsamtes, der den Eintritt der Zustimmungsfiktion nach § 91 Absatz 3 Satz 2 SGB IX bestätigt, noch der Rechtsbehelf des Widerspruchs zusteht. Der schwerbehinderte Arbeitnehmer hat es – sofern ein seine Schutzbedürftigkeit begründender Zusammenhang zwischen Kündigungsgrund und seiner Behinderung besteht – gerade in der Hand, eine „normale“ materiell-rechtliche Ermessensentscheidung nach §§ 85, 87 SGB IX über die Zustimmung zu erreichen; eine relevante Benachteiligung dürfte sich allein aus der Notwendigkeit, gegen die Feststellung der Zustimmungsfiktion Widerspruch zu erheben, nicht ergeben. 104Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO, § 188 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene keine eigenen Anträge gestellt und sich mithin keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, war sie gemäß § 154 Absatz 3 VwGO weder neben dem Beklagten an den Kosten des Verfahrens zu beteiligen, noch steht ihr ein Kostenerstattungsanspruch zu, § 162 Absatz 3 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 ZPO.
der bescheid des beklagten vom 7. september 2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 6. februar 2013 wird aufgehoben. der beklagte trägt die kosten des gerichtskostenfreien verfahrens, mit ausnahme der außergerichtlichen kosten der beigeladenen, die diese selbst trägt. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der beklagte darf die vollstreckung des klägers durch sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 prozent des aus dem urteil jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1
2die beteiligten streiten um die rechtmäßigkeit der zustimmung des beklagten zu der von der beigeladenen am 7. september 2011 ausgesprochenen außerordentlichen kündigung des klägers mit sozialer auslauffrist. 3der am 0. juni 1958 geborene kläger ist schwerbehindert mit einem grad der behinderung von 50. ausweislich des feststellungsbescheides des versorgungsamtes e. vom 26. juli 2007, mit dem für den kläger rückwirkend zum 18. april 2007 zunächst ein grad der behinderung von 40 festgestellt wurde, beruht die feststellung der schwerbehinderung auf folgenden beeinträchtigungen: 41. bluthochdruck, kreislaufregulationsstörungen, koronare herzerkrankung, bypass-op2. chronisch-degeneratives ws-syndrom, bandscheibenschäden3. depressionen, angststörung. 5die erhöhung auf einen grad der schwerbehinderung von 50 erfolgte mit weiterem festsetzungsbescheid der stadt e. vom 25. november 2009 – wiederum rückwirkend zum 18. april 2007 –, nachdem die stadt e. in einem vom kläger mit dem ziel der erhöhung des grades der schwerbehinderung durchgeführten sozialgerichtlichen klageverfahren vor dem sozialgericht e. am 29. oktober 2009 ein entsprechendes anerkenntnis erklärt hatte. 6der kläger war seit dem 1. september 1975 bei der beigeladenen beschäftigt und zuletzt als sachbearbeiter einnahmesicherung im kundenservicezentrum e. tätig. der kläger war aufgrund des geltenden basistarifvertrags in verbindung mit dem funktionsgruppenvertrag der tätigkeiten für die unternehmen der e1. ag nicht mehr ordentlich kündbar. 7zwischen dem kläger und der beigeladenen kam es in den letzten jahren schon mehrfach zu rechtsstreitigkeiten, die aber bisher nicht zu einer beendigung des arbeitsverhältnisses geführt haben. 8mit schreiben vom 22. august 2011 beantragte die beigeladene wegen eines vorfalls am 16. august 2011 die zustimmung des beklagten zu einer außerordentlichen verhaltensbedingten kündigung des klägers, hilfsweise zur außerordentlichen verhaltensbedingten kündigung mit sozialer auslauffrist zum 31. märz 2012. den zustimmungsantrag hatten der stellvertretende personalleiter herr h. sowie die personalreferentin frau l. handschriftlich mit dem zusatz „i.v.“ unterzeichnet. zur begründung führte die beigeladene im wesentlichen aus: am 16. august 2011 um 14.39 uhr habe der kläger die dem antrag beigefügte e-mail an den e1. -medienmonitor mit dem thema „unternehmenskultur zum neuen miteinander“ geschickt. in dieser mail habe er beleidigungen bezüglich seines arbeitgebers, vor allem aber massive beleidigungen gegenüber dem ehemaligen personalleiter, dem personalreferenten sowie ehemaligen führungskräften geäußert. so habe er den personalleiter und den personalreferenten als „drahtzieher“ bezeichnet, „denen man das verkommene handwerk legen müsse“. über eine führungskraft, herrn t. , habe er geschrieben, „dieser mann hat völlig grundlos und überzogen gegen meine person die polizei gerufen. aus meiner sicht kann dieser mann nur verhaltensgestört sein“. das schreiben der beigeladenen zitierte noch weitere textstellen aus der fraglichen e-mail. dem betriebsrat des kundenservicezentrums habe der kläger in dieser mail untätigkeit vorgeworfen. diese mail habe der kläger außerdem an den konzernbetriebsrat, an den gesamtbetriebsrat und den europäischen betriebsrat weitergeleitet und mithin seine beleidigenden äußerungen öffentlich gemacht. die äußerungen seien völlig inakzeptabel. der kläger habe mit seinem verhalten das notwendige vertrauen zum arbeitgeber massiv beeinträchtigt bzw. zerstört. die basis für eine vertrauensvolle zusammenarbeit sei damit unwiederbringlich zerstört. dieses verhalten stelle einen wichtigen grund für die beendigung des arbeitsverhältnisses dar. die weiterbeschäftigung nach einem derartigen vorfall sei unzumutbar. auch sei es am 16. mai 2011 bereits zu einem ähnlichen störfall gekommen, als der kläger seinen ehemaligen vorgesetzten, herrn f. , im eingangsbereich des kundenservicezentrums bedroht habe. auch sei es in jüngerer zeit mit den derzeitigen teamkollegen des klägers immer wieder zu problemen gekommen. so hätten sich verschiedene mitarbeiter bei der leiterin der organisationseinheit über das unkollegiale verhalten des klägers, das ein konstruktives zusammenarbeiten schwierig bis unmöglich mache, beschwert. der kläger weigere sich, kontakt mit kollegen aufzubauen, auch wenn dies für die ordnungsgemäße aufgabenerledigung erforderlich sei. er weigere sich, das büro von kollegen zu betreten bzw. mit den kollegen zu reden und stelle zunehmend eine zeitliche und psychische belastung für sein umfeld dar. der kläger halte es nicht für nötig, kollegen zu grüßen, noch sich von ihnen zu verabschieden und schalte zum feierabend das licht aus, selbst wenn noch kollegen im büro säßen und arbeiteten. auch nach umfassender abwägung sei eine fortsetzung des arbeitsverhältnisses nicht zumutbar. eine e-mail mit derartigen beleidigungen vieler mitarbeiter der beigeladenen sei trotz der langen beschäftigungszeit des klägers nicht hinnehmbar. der betriebsrat des kundenservicezentrums sowie die schwerbehindertenvertrauensperson würden zeitgleich zur beabsichtigten kündigung angehört. der betriebsrat werde den sachverhalt in seiner sitzung am 23. august 2011 behandeln. 9im zeitpunkt des antrags auf erteilung der zustimmung zur außerordentlichen kündigung beschäftigte die beigeladene 1.125 arbeitnehmer, davon 104 schwerbehinderte. 10mit schreiben vom 24. august 2011 gab der beklagte dem kläger, der schwerbehindertenvertretung und dem betriebsrat der beigeladenen gelegenheit, bis zum 5. september 2011 schriftlich zu dem zustimmungsantrag stellung zu nehmen und informierte mit schreiben vom selben tag auch die fürsorgestelle der stadt e. über den zustimmungsantrag. 11der betriebsrat der beigeladenen und der schwerbehindertenvertreter erklärten nach anhörung des klägers gegenüber dem beklagten ihre zustimmung zu der beabsichtigten kündigung. der kläger sei in dem gespräch, wie schon in vielen vorangegangen gesprächen mit dem betriebsrat und der schwerbehindertenvertrauensperson, vollkommen uneinsichtig und sich keiner schuld bewusst gewesen. allgemein gültige regeln des betrieblichen lebens interessierten ihn nicht. er halte ausschließlich seine sichtweise für die richtige. durch das dauerhaft destruktive und von anfeindungen gegenüber seinen kollegen und führungskräften geprägte verhalten des klägers sei das arbeitsklima derart belastet, dass ein normales miteinander nicht mehr möglich sei. es seien daher auch die belange seiner kolleginnen und kollegen angemessen zu berücksichtigen. 12der kläger beantragte in seiner stellungnahme vom 26. august 2011, die zustimmung zu versagen. er sei seit einigen jahren erheblichem druck ausgesetzt. seine erkrankung und die vielfachen arbeitsgerichtlichen auseinandersetzungen belasteten ihn sehr. er habe im intranet der beigeladenen die berichterstattung zur unternehmenskultur verfolgt und die artikel „auf dem weg zu einem anderen miteinander“ und „den kulturellen wandel vor ort gestalten“ gelesen. der aufforderung am ende der artikel, beiträge zu liefern, sei er nachgekommen und habe seine sicht der dinge geschildert und eine diskrepanz zwischen dem anspruch des konzerns und den tatsächlichen verhältnissen vor ort festgestellt. die von der beigeladenen gerügte wortwahl sei nach seinem dafürhalten im rahmen der freien meinungsäußerung zulässig und stelle keine beleidigung dar. soweit die beigeladene behaupte, er habe am 16. mai 2011 herrn f. bedroht, so sei dies unwahr. der sachverhalt sei erfunden. eine solche begebenheit habe es nicht gegeben. auch habe es nicht immer wieder probleme mit teamkollegen gegeben. der vortrag sei zudem auch unsubstantiiert, so dass er sich gegen die erhobenen vorwürfe nicht verteidigen könne. selbstverständlich schalte er nicht abends das licht aus, wenn noch kollegen in dem büro säßen. 13mit bescheid vom 7. september 2011 stellte der beklagte fest, dass die zustimmung zur außerordentlichen kündigung mit sozialer auslauffrist nach § 91 absatz 3 satz 2 sgb ix als erteilt gelte. mit gesondertem – hier nicht streitgegenständlichen – bescheid gleichen datums stellte der beklagte den fiktionseintritt auch hinsichtlich des antrags auf zustimmung zur außerordentlichen fristlosen kündigung fest. 14die beigeladene sprach unter dem 7. september 2011 sowohl die außerordentliche fristlose als auch hilfsweise die außerordentliche kündigung mit sozialer auslauffrist zum 31. märz 2012 aus. der kläger erhob hiergegen kündigungsschutzklage vor dem arbeitsgericht e. . 15mit schreiben vom 23. september 2011 legte er widerspruch gegen den bescheid des beklagten vom 7. september 2011 ein, den er mit schreiben vom 30. august 2012 begründete. die von der beigeladenen vorgetragenen vermeintlichen kündigungsgründe beträfen den verhaltensbereich. er sei aufgrund seiner langjährigen krankheit und der schwierigen anpassungssituation am arbeitsplatz in seiner fähigkeit zur steuerung seines verhaltens krankheitsbedingt beeinträchtigt. es liege bei ihm ein psychische wesensänderung im zusammenhang mit der krankheit und den anpassungsschwierigkeiten am arbeitsplatz vor. die vermeintlichen verhaltensauffälligkeiten, mit der die beigeladene einen verhaltensverstoß begründen wolle, seien teil seiner krankheit. die unterbliebenen ermittlungen der beklagten im rahmen des zustimmungsverfahrens seien nachzuholen. dabei werde sich ergeben, dass ein zusammenhang zwischen seiner behinderung und den vermeintlichen kündigungsgründen bestehe. ihm sei zudem der beistand des schwerbehindertenvertreters im betrieb der beigeladenen versagt worden. auch sei ihm nach seiner lange währenden krankheit kein wiedereingliederungsverfahren ermöglicht worden und er sei nach seiner rückkehr mit neuen aufgaben betraut worden, die ihn planmäßig überfordert hätten. 16mit urteil vom 23. juli 2012, das nach abweisung der nichtzulassungsbeschwerde durch beschluss des bundesarbeitsgerichts vom 20. dezember 2012 rechtskräftig geworden ist, stellte das landesarbeitsgericht düsseldorf fest, dass das arbeitsverhältnis des klägers durch die kündigung der beigeladenen vom 7. september 2011 nicht außerordentlich fristlos gekündigt wurde, sondern mit einer auslauffrist zum 31. märz 2012 geendet hat. 17mit widerspruchsbescheid vom 6. februar 2013 wies der beklagte den widerspruch des klägers gegen die fiktion der zustimmung zur außerordentlichen kündigung mit sozialer auslauffrist als unbegründet zurück. zur begründung führte er aus, dass die voraussetzungen des § 91 absatz 4 sgb ix nicht vorlägen. ein mittelbarer zusammenhang zwischen dem vorgetragenen kündigungsgrund und der anerkannten schwerbehinderung des klägers könne nicht gänzlich ausgeschlossen werden. liege ein solcher zusammenhang vor, habe er nach pflichtgemäßem ermessen zu entscheiden. er habe die interessen des klägers und der beigeladenen gegeneinander abzuwägen. einerseits sei die gesteigerte fürsorgepflicht des arbeitgebers gegenüber dem schwerbehinderten menschen in betracht zu ziehen. andererseits müsse das integrationsamt bei seiner entscheidung bestrebt sein, möglichst viel von der gestaltungsfreiheit des arbeitgebers in bezug auf seine im zusammenhang mit dem arbeitsverhältnis bestehenden berechtigen interessen zu erhalten. dagegen sei es nicht aufgabe des integrationsamtes, die soziale rechtfertigung der kündigung zu prüfen. zugunsten des klägers seien sein alter, die lange beschäftigungszeit seit dem 1. september 1975 und seine schlechte vermittelbarkeit auf dem arbeitsmarkt berücksichtigt worden. dennoch gelange er zu der überzeugung, dass der beigeladenen die zustimmung zur kündigung nicht verwehrt werden dürfe. nach seiner auffassung liege ein fehlverhalten des klägers vor. bei dem vorgeworfenen fehlverhalten, der kläger solle vorgesetzte und kollegen beleidigt haben, was nach form und inhalt erhebliche ehrverletzungen für die betroffenen bedeute, handele es sich um einen schwerwiegenden vorwurf, der grund für eine außerordentliche kündigung sein könne. erschwerend komme hinzu, dass der kläger diese äußerungen nicht nur innerhalb des betriebs getätigt habe, sondern sich mit seiner mail bewusst an mehrere adressaten gewandt habe, von denen sich einige außerhalb des betriebs befunden hätten. er habe dadurch seine äußerungen öffentlich getan. zwar bestreite der kläger das ihm vorgeworfene verhalten und gebe an, dass er lediglich seine meinung geäußert habe und seine wortwahl im rahmen der freien meinungsäußerung für zulässig halte. diese ansicht teile er – der beklagte - aber nicht. vorgesetzte als „drahtzieher“, denen man das „verkommene handwerk legen müsste“ oder als „verhaltensgestört“ zu bezeichnen, stelle aus seiner sicht eine beleidigung dar. nach seiner auffassung bedürfe es auch keiner vorherigen abmahnung, um außerordentlich zu kündigen. im vorliegenden fall handele es sich bei dem vorgeworfenen verhalten um ein fehlverhalten im vertrauensbereich. hier sei eine abmahnung entbehrlich, da es sich um einen schweren verstoß handele, bei dem der kläger von vorneherein nicht mit einer billigung rechnen könne. im übrigen seien die stellungnahmen des betriebsrats und der schwerbehindertenvertretung berücksichtigt worden, in welchen diese der kündigung ausdrücklich zugestimmt hätten. aus diesen stellungnahmen ergäben sich keine gesichtspunkte für eine abweichende entscheidung. weiterhin werte er, dass die beigeladene die gesetzliche pflichtquote zur beschäftigung von schwerbehinderten menschen erfülle. bei abwägung der vorstehend genannten belange gelange er zu der überzeugung, dass die angefochtene entscheidung vom 7. september 2011 zu recht ergangen sei. dem interesse der beigeladenen an der beendigung des arbeitsverhältnisses sei im ergebnis das größere gewicht beizumessen. 18der kläger hat am 8. märz 2013 die vorliegende klage erhoben. 19zu deren begründung wiederholt und vertieft er seine ausführungen im verwaltungsverfahren. der widerspruchsausschuss des beklagten habe zwar zutreffend angenommen, dass die von der beigeladenen behaupteten, zu ihrem kündigungsentschluss führenden, verhaltensbedingten gründe im zusammenhang mit seiner erkrankung stünden. die vom widerspruchsausschuss vorgenommene ermessensentscheidung sei aber fehlerhaft. es fehle bereits an einer vollständigen aufklärung des sachverhalts. denn bereits die zur vollständigen aufklärung des sachverhalts und der krankheit und der ursache der äußerung notwendigen feststellungen seien nicht getroffen worden. der beklagte hätte sich mit dem ursachenzusammenhang zwischen dem vermeintlichen fehlverhalten und seiner erkrankung befassen müssen. dabei wäre zu tage getreten, dass er aufgrund seiner erkrankung insbesondere aufgrund der fehlenden wiedereingliederung nach langer krankheit und der daraus resultierenden überforderung nicht in der lage gewesen sei, sein verhalten zu steuern. die von ihm geübte abwehrhaltung und sein ruf nach abhilfe durch vermeintlich neutrale übergeordnete stellen habe zu einer unangemessenen ausdrucksweise in der zur kündigung führenden mail geführt, die nicht vorwerfbar sei. seine erkrankung und die mit der erkrankung zusammenhängende belastungssituation am arbeitsplatz habe zu einer dauerhaften persönlichkeitsstörung geführt. die von ihm aufgezeigten ursachen seines verhaltens und auch das bestreiten der äußerungen hätten in jedem fall eine weitere aufklärung des sachverhaltes erforderlich gemacht. der beklagte berücksichtige aber auch nicht seine besondere situation und werte seine äußerungen gerade nicht vor dem hintergrund seiner erkrankung, obwohl er – der beklagte - zuvor selbst festgestellt habe, dass ein zusammenhang bestehe. die ausführungen im widerspruchsbescheid stellten letztlich eine mögliche – im ergebnis unzutreffende – arbeitsrechtliche wertung des geschehens dar. dagegen seien seine interessen oder zu seinen gunsten sprechende umstände nicht berücksichtigt worden. schließlich sei die erteilung der zustimmung zur außerordentlichen kündigung mit sozialer auslauffrist im verfahren zur erteilung der zustimmung zu einer außerordentlichen kündigung rechtswidrig. die anwendung von § 91 absatz 3 satz 2 und absatz 4 sgb ix benachteilige die ordentlich unkündbaren schwerbehinderten arbeitnehmer, ohne dass dafür ein sachlicher grund ersichtlich sei. dies habe zuletzt auch das landesarbeitsgericht köln in seinem beschluss vom 31. oktober 2012 – 3 sa 1062/11- festgestellt. schließlich wahre der zustimmungsantrag der beigeladenen schon nicht die schriftform i.s.v. § 126 bgb, da er nicht vom vorstand der aktiengesellschaft unterschrieben sei. 20der kläger beantragt, 21den bescheid des beklagten vom 7. september 2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 6. februar 2013 aufzuheben. 22der beklagte beantragt, 23die klage abzuweisen. 24zur begründung verweist er auf die ausführungen im widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus: der hinweis des klägers, er habe von seinem ermessen keinen gebrauch gemacht, gehe fehl. er sei davon ausgegangen, dass ein mittelbarer zusammenhang zwischen behinderung und vorgetragenem kündigungsgrund nicht ausgeschlossen werden könne. daher sei er nicht durch die sollvorschrift des § 91 absatz 4 sgb ix in seinem ermessen eingeschränkt gewesen. die entscheidung sei vielmehr nach freiem, pflichtgemäßen ermessen erfolgt. durch das ihm vorgeworfene verhalten habe der kläger sich i.s.v. §§ 611, 241 abs. 2 bgb vertragswidrig verhalten. der betrieb sei ein organismus, an dessen funktionieren ohne vermeidbare, eigenmächtige störungen seitens einzelner arbeitnehmer nicht nur der arbeitgeber, sondern auch weitere beteiligte insbesondere die vorgesetzten des betreffenden arbeitnehmers und die übrigen arbeitnehmer, berechtigterweise interessiert seien (urteil des lag rheinland-pfalz vom 10.06.1997 – 6 sa 309/97-). in diesem rahmen habe der arbeitgeber darauf zu achten, dass die ehre seiner arbeitnehmer nicht durch angriffe eines einzelnen arbeitnehmers beeinträchtigt werde. mögliche meinungsverschiedenheiten müssten sachlich und in angemessener form ausgetragen werden. gegen die entsprechende verhaltenspflicht habe der kläger in schuldhaft-pflichtwidriger weise verstoßen. selbst wenn ein direkter zusammenhang zwischen den vorgeworfenen kündigungsgründen und der schwerbehinderung angenommen worden wäre, hätte dies zu keinem anderen ergebnis geführt. 25die beteiligten haben im erörterungstermin am 17. februar 2014 auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet und diesen verzicht mit schriftsätzen vom 11. märz 2014 nochmals bestätigt. 26wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs des beklagten bezug genommen. 27
28die einzelrichterin ist für die entscheidung zuständig, nachdem ihr der rechtsstreit durch beschluss der kammer vom 5. märz 2014 gemäß § 6 absatz 1 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) zur entscheidung übertragen worden ist. 29die entscheidung konnte gemäß § 101 absatz 2 vwgo ohne mündliche verhandlung ergehen, nachdem die beteiligten im erörterungstermin am 17. februar 2014 sowie nach der einzelrichterübertragung mit schriftsätzen vom 11. märz 2014 auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet haben. 30die zulässige klage ist begründet. 31der bescheid des beklagten vom 7. september 2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 6. februar 2013 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten, § 113 absatz 1 satz 1 vwgo. 32rechtsgrundlage für eine zustimmung zur kündigung des arbeitsverhältnisses des klägers sind die §§ 85 ff. sgb ix. nach § 85 sgb ix bedarf die kündigung des arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten menschen durch den arbeitgeber der vorherigen zustimmung des integrationsamtes. dies gilt gemäß § 91 absatz 1 sgb ix auch im fall der außerordentlichen kündigung. 33für den kläger wurde mit feststellungsbescheid der stadt e. vom 25. november 2009 rückwirkend ab dem 18. april 2007 ein grad der behinderung von 50 festgestellt. er ist daher schwerbehindert im sinne des § 2 absatz 2 sgb ix und unterfällt dem besonderen schwerbehindertenrechtlichen kündigungsschutz. 34die zustimmungsentscheidung des beklagten ist zwar entgegen der auffassung des klägers formell rechtmäßig, insbesondere verfahrensfehlerfrei ergangen (i.). sie ist aber in materieller hinsicht rechtsfehlerhaft (ii.). 35i. der entscheidung des beklagten liegt zunächst ein ordnungsgemäßer antrag der beigeladenen auf erteilung der zustimmung zugrunde. nach § 87 absatz 1 satz 1 sgb ix hat der arbeitgeber die zustimmung zur kündigung schriftlich bei dem für den sitz des betriebs zuständigen integrationsamt zu beantragen. die beigeladene hat mit schreiben vom 22. august 2011 die zustimmung bei dem für sie zuständigen integrationsamt des beklagten beantragt. das schreiben wahrt entgegen der auffassung des klägers auch die schriftform im sinne von § 61 satz 2 sgb x i.v.m. § 126 bgb. danach muss der zustimmungsantrag vom arbeitgeber eigenhändig unterzeichnet sein. handelt es sich bei dem arbeitgeber - wie vorliegend - nicht um eine natürliche person, wird das schriftformerfordernis durch die eigenhändige unterschrift einer vertretungsberechtigten person erfüllt. den antrag vom 22. august 2011 hat – neben der personalreferentin - der stellvertretende personalleiter der beigeladenen unterzeichnet. die durch den arbeitgeber mit der funktion des personalleiters betraute person ist in personalangelegenheiten aber regelmäßig rechtsgeschäftlich zur vertretung des arbeitgebers bevollmächtigt, 36vgl. bundesarbeitsgericht (bag), urteil vom 14. april 2011 – 6 azr 727/09, juris, urteil vom 29. oktober 1992 – 2 az 469/92- und vom 30. mai 1972 – 2 azr 298/71-, juris und bag 24, 273; trenk-hinterberger in: lachwitz, schellhorn, welti, hk-sgb ix, 3. auflage 2010, § 87 rn 12. 37nichts anderes gilt, wenn nicht der personalleiter selbst, sondern die mit der stellvertretung des personalleiters betraute person in wahrnehmung der stellvertreterfunktion tätig wird. der stellvertretende personalleiter der beigeladenen hat den zustimmungsantrag eigenhändig und mit dem ausdrücklichen zusatz „i.v.“ in vertretung der beigeladenen unterzeichnet. dass er dessen ungeachtet im innenverhältnis tatsächlich nicht über die erforderliche vertretungsvollmacht zum ausspruch von kündigungen und zur stellung von hierzu erforderlichen zustimmungsanträgen beim integrationsamt verfügt hat, hat der kläger mit dem bloßen hinweis auf die gesetzliche vertretungsbefugnis des vorstands nicht nachvollziehbar dargelegt. die gesetzliche geschäftsführungs- und vertretungsbefugnis des vorstandes der beigeladenen, einer aktiengesellschaft, nach §§ 77, 78 aktieng steht der erteilung rechtsgeschäftlicher vollmachten an weitere personen nicht entgegen, vgl. §§ 48 ff., 54 hgb. sonstige anhaltspunkte für das fehlen der vertretungsbefugnis des stellvertretenden personalleiters sind für das gericht - die beigeladene beschäftigt mehr als 1.000 mitarbeiter und hat damit einen erheblichen, vom vorstand selbst regelmäßig nicht zu bewältigenden entscheidungsbedarf in personalangelegenheiten - nicht ersichtlich. 38die beigeladene hat die zustimmung auch innerhalb der zwei-wochen-frist gemäß § 91 absatz 2 sgb ix beantragt. das im zustimmungsantrag als kündigungsauslösend bezeichnete verhalten des klägers, die versendung der fraglichen e-mail, erfolgte am 16. august 2011. der zustimmungsantrag ging bereits am 23. august 2011 und mithin innerhalb der zwei-wochen-frist beim beklagten ein. soweit im zustimmungsantrag auch noch auf einen angeblichen vorfall vom 16. mai 2011 bzw. weitere probleme des klägers mit seinen teamkollegen „in jüngerer zeit“ verwiesen wird, kann offen bleiben, ob die beigeladene diese gründe überhaupt als eigenständige kündigungsgründe aufgeführt hat. dies führt schon deshalb nicht zur rechtswidrigkeit der zustimmungsentscheidung, weil der zustimmungsantrag insoweit jedenfalls verspätet gestellt worden ist und der beklagte - ausweislich der begründung des widerspruchsbescheides - seine entscheidung auch nicht auf diese weiteren gründe, sondern nur auf die versendung der fraglichen e-mail vom 16. august 2011 gestützt hat. 39der beklagte hat mit schreiben vom 24. august 2011 die gemäß § 87 absatz 2 sgb ix erforderlichen stellungnahmen des klägers, des betriebsrates und der schwerbehindertenvertretung der beigeladenen eingeholt. 40dass der beklagte – auch im widerspruchsverfahren - keine mündliche verhandlung durchgeführt hat, begründet entgegen der auffassung des klägers keinen verfahrensfehler, da die mündliche verhandlung nach § 88 absatz 1 sgb ix keine wirksamkeitsvoraussetzung der entscheidung des integrationsamtes ist, 41vgl. trenk-hinterberger in: lachwitz, schellhorn, welti, hk-sgb ix, 3. auflage 2010, § 88 rn 33; knittel, sgb ix, 6. auflage 2012, § 88 rn 6. 42gleiches gilt, soweit der beklagte – soweit ersichtlich – seiner verpflichtung nach § 87 absatz 4 sgb ix, in jeder lage des verfahrens auf eine gütliche einigung der beteiligten hinzuwirken, nicht nachgekommen ist, da insoweit keine verfahrensrechte der beteiligten verletzt werden und die regelungen der §§ 85 ff. sgb ix an das unterlassen eines solchen einigungsversuchs keine rechtsfolgen anknüpfen, 43vgl. verwaltungsgericht karlsruhe, urteil vom 9. märz 2004 – 5 k 3302/02-, juris; trenk-hinterberger in: lachwitz, schellhorn, welti, hk-sgb ix, 3. auflage 2010, § 87 rn 33. 44ii. die angegriffene entscheidung des beklagten ist aber materiell rechtswidrig. 45das bei der erteilung der zustimmung zur kündigung nach § 85 sgb ix bestehende ermessen ist fehlerhaft ausgeübt worden. 46bei der ausübung des besonderen kündigungsschutzes trifft das integrationsamt, soweit – wie hier – nicht die besonderen voraussetzungen des § 89 sgb ix vorliegen, seine entscheidung nach pflichtgemäßem ermessen. 47dies gilt grundsätzlich auch im fall einer außerordentlichen kündigung, wenn die voraussetzungen des § 91 absatz 4 sgb ix nicht vorliegen. 48gemäß § 91 absatz 4 sgb ix soll das integrationsamt die zustimmung zur außerordentlichen kündigung erteilen, wenn die kündigung aus gründen erfolgt, die nicht im zusammenhang mit der behinderung stehen. die entscheidung, ob der kündigungsgrund im zusammenhang mit der behinderung steht, ist nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts auf der grundlage des vom arbeitgeber angegebenen, nur im arbeitsgerichtlichen verfahren zu überprüfenden kündigungsgrundes zu treffen. besteht danach kein zusammenhang zwischen dem kündigungsgrund und der behinderung, ist das freie ermessen nach § 85 sgb ix durch § 91 absatz 4 sgb ix dahingehend eingeschränkt, dass das integrationsamt im regelfall die zustimmung zu erteilen hat und nur bei vorliegen von umständen, die den fall als atypisch erscheinen lassen, nach pflichtgemäßem ermessen entscheiden darf, 49vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 20. april 2009 – 12 a 2431/08 -, juris rn 12 ff. m.w.n. 50im vorliegenden fall hat der widerspruchsausschuss beim integrationsamt des beklagten einen zusammenhang zwischen dem der kündigung zugrunde liegenden verhalten des klägers vom 16. august 2011 und seiner behinderung angenommen. im widerspruchsbescheid vom 6. februar 2013 heißt es hierzu, dass ein mittelbarer zusammenhang zwischen dem vorgetragenen kündigungsgrund und der anerkannten schwerbehinderung des klägers nicht ausgeschlossen werden könne. im erörterungstermin am 17. februar 2014 hat der beklagte hierzu ergänzend erläutert, dass er seine einschätzung auf die beim kläger vorliegende funktionsbeeinträchtigung „depressionen“ stütze, die auch der zuerkennung der schwerbehinderteneigenschaft zugrunde liege. der wirkungszusammenhang zwischen psychischen erkrankungen und dem verhalten einer erkrankten person sei so komplex, dass nach der erfahrung des beklagten zugunsten des schwerbehinderten zumindest von einem mittelbaren zusammenhang ausgegangen werden müsse, wenn – wie vorliegend – die kündigung gerade auf verhaltensbedingte gründe gestützt werde. 51das bestehen eines zusammenhangs im sinne von § 91 absatz 4 sgb ix zwischen der schwerbehinderung des klägers und dem kündigungsgrund ist von den beteiligten einschließlich der beigeladenen auch im weiteren verfahren nicht in frage gestellt worden. 52für das bestehen des von den beteiligten angenommenen zusammenhangs spricht aber auch nachdrücklich, dass es nach den übereinstimmenden angaben der beteiligten im erörterungstermin erstmals nach der bypass-operation des klägers im jahr 2007 zu verhaltensauffälligkeiten und problemen am arbeitsplatz kam. gerade die gesundheitlichen schwierigkeiten des klägers nach der bypass-operation waren aber ihrerseits auch grundlage der feststellung des für das vorliegen der schwerbehinderteneigenschaft maßgeblichen grades der schwerbehinderung von 50 ab dem 18. april 2007. ausweislich des vom kläger vorgelegten protokolls des erörterungstermins vor dem sozialgericht e. am 29. oktober 2009 beruhte das von der fürsorgestelle ausgesprochene anerkenntnis ausgehend vom gegenstand der erörterung im wesentlichen auf der durch die bypass-operation verschlechterten physischen, vor allem aber psychischen situation des klägers. denn der kläger schilderte im erörterungstermin, dass er mit der einschneidenden veränderung in seinem leben durch die bypass-operation, insbesondere der hieraus folgenden beeinträchtigung seiner körperlichen leistungsfähigkeit und der angst vor einem weiteren herzinfarkt nicht zurechtkomme und sich seither nicht mehr als vollwertiger mensch fühle. auch fühle er sich am arbeitsplatz seither gemobbt und bedroht. er sei wegen seiner psychischen situation seit mehr als einem jahr krankgeschrieben. die kündigungsauslösende mail vom 16. august 2011, mit der der kläger im wesentlichen die aus seiner sicht über jahre als ungerechtfertigt und überzogen empfundenen reaktionen seiner vorgesetzten auf seine krankheitsbedingten leistungsbeeinträchtigungen und die arbeitsrechtlichen konsequenzen der beigeladenen sowie die aus seiner sicht fehlende unterstützung durch den betriebsrat moniert, lässt sich – gerade auch mit ihrer problematischen wortwahl – vor diesem hintergrund zwanglos aus den beim kläger festgestellten, insbesondere psychischen funktionsbeeinträchtigungen erklären und steht nicht nur in einem entfernten zusammenhang zu diesen erkrankungen, 53vgl. zu diesem maßstab ovg nrw, urteil vom 27. juni 2011 – 12 a 705/10 -, juris, rn 25 ff., urteil vom 28. januar 2013 – 12 a 1635/10-, juris, rn 58 ff.; bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 12. juli 2012 – 5 c 16/11 -, juris, rn 27. 54da der beklagte daher in seinem ermessen nicht durch § 91 absatz 4 sgb ix beschränkt ist, kann vorliegend dahingestellt bleiben, inwiefern die regelung bei einer außerordentlichen kündigung mit sozialer auslauffrist eines – wie vorliegend – tariflich ordentlich nicht (mehr) kündbaren arbeitnehmers anwendung finden kann, 55vgl. für die anwendbarkeit: verwaltungsgericht düsseldorf, urteil vom 10. juni 2013 – 13 k 6670/12 - , juris rn 62 ff.; oberverwaltungsgericht für das land sachsen-anhalt, urteil vom 22. juni 2011 - 3 l 246/09, juris rn 30 f.; bundesarbeitsgericht (bag), urteil vom 12. mai 2005 – 2 azr 159/04 -, juris, rn 19 f.; a.a. düwell in: dau/düwell/joussen, sozialgesetzbuch ix, 4. auflage 2014, § 91 rn 11. 56greift die ermessensbindung nach § 91 absatz 4 sgb ix nicht, ist dementsprechend über die erteilung der zustimmung zur außerordentlichen kündigung mit sozialer auslauffrist im rahmen der allgemeinen, nicht gebundenen ermessensentscheidung nach § 85 sgb ix zu befinden. 57die dem integrationsamt in diesen fällen überantwortete entscheidung nach pflichtgemäßem ermessen überprüft das gericht gemäß § 114 vwgo allein daraufhin, ob die gesetzlichen grenzen des ermessens überschritten sind oder ob von dem ermessen in einer dem zweck der ermächtigung nicht entsprechenden weise gebrauch gemacht wurde. insbesondere hat die behörde alle den streitfall kennzeichnenden widerstreitenden interessen einzustellen, die gesichtspunkte angemessen zu gewichten und gegeneinander abzuwägen und sich dabei ausschließlich an sachlichen erwägungen zu orientieren, 58vgl. zu diesem maßstab etwa verwaltungsgericht düsseldorf, urteil vom 4. mai 2012 – 13 k 6422/11 – juris, rn 44 ff., m.w.n, urteil vom 27. september 2011 - 19 k 2234/11 -, n.v. 59bei der entscheidung nach § 85 sgb ix ist das interesse des arbeitgebers an der erhaltung seiner gestaltungsmöglichkeiten gegen das interesse des schwerbehinderten arbeitnehmers an der erhaltung seines arbeitsplatzes abzuwägen. entscheidend für die berücksichtigung abwägungserheblicher umstände sind ihr bezug zur behinderung und ihre an der zweckrichtung des behindertenrechtlichen sonderkündigungsschutzes gemessene bedeutung. 60sinn und zweck der schwerbehindertenschutzvorschriften als fürsorgevorschriften bestehen vor allem darin, nachteile eines schwerbehinderten menschen auf dem allgemeinen arbeitsmarkt auszugleichen. die vorschriften über den sonderkündigungsschutz sollen den schwerbehinderten menschen vor den besonderen gefahren, denen er wegen seiner behinderung auf dem arbeitsmarkt ausgesetzt ist, bewahren und sicherstellen, dass er gegenüber nicht schwerbehinderten menschen nicht ins hintertreffen gerät. 61dabei gewinnt der schwerbehindertenschutz an gewicht, wenn die kündigung des arbeitsverhältnisses auf gründe gestützt wird, die in der behinderung selbst ihre ursache haben. in diesem fall sind an die im rahmen der interessenabwägenden ermessensentscheidung zu berücksichtigende zumutbarkeitsgrenze für den arbeitgeber besonders hohe anforderungen zu stellen, um auch den im schwerbehindertenrecht zum ausdruck gekommenen schutzgedanken der rehabilitation verwirklichen zu können, 62vgl. bverwg, urteil vom 19. oktober 1995 - 5 c 24/93 -, bverwge 99, 336 (339) m.w.n.; dem folgend etwa ovg nrw, beschluss vom 20. april 2009 - 12 a 2431/08 -, juris, rn 21. 63so kann der arbeitgeber in ausnahmefällen sogar verpflichtet sein, den schwerbehinderten arbeitnehmer "durchzuschleppen", während andererseits die im interesse der schwerbehindertenfürsorge gebotene sicherung des arbeitsplatzes auf jeden fall dort ihre grenze findet, wo eine weiterbeschäftigung des schwerbehinderten allen gesetzen wirtschaftlicher vernunft widersprechen, insbesondere dem arbeitgeber einseitig die lohnzahlungspflicht auferlegt würde, 64vgl. bverwg, urteil vom 19. oktober 1995 – 5 c 24/93-, a.a.o. 65in einem fall, in dem – wie hier – die kündigung des arbeitsverhältnisses auf gründe gestützt wird, die in der behinderung selbst ihre ursache haben, reicht daher nicht jeder als kündigungsgrund geltend gemachte umstand aus, um die zumutbarkeitsgrenze für den arbeitgeber, an die in einem derartigen fall besonders hohe anforderungen zu stellen sind, zu überschreiten. vielmehr bedingen die auf der einen seite zu lasten des arbeitgebers bestehenden besonders hohen anforderungen an dessen zumutbarkeitsgrenze, dass auf der anderen seite der kündigungsgrund nach art und umfang besonderes gewicht haben muss, um im rahmen der ermessensabwägung die besonders hohen anforderungen an die für den arbeitgeber geltende besonders hohe zumutbarkeitsgrenze signifikant überschreiten zu können, 66vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 25. mai 2009 - 12 a 472/09 -, juris, rn 19, und vom 20. april 2009 - 12 a 2431/08 -, juris, rn 25. 67die danach an die schwere des kündigungsgrundes zu stellenden besonders hohen anforderungen sind umso mehr von zentraler bedeutung, wenn sie nicht nur als grund für eine ordentliche kündigung, sondern zum anlass für eine – hier allein in betracht kommende – außerordentliche kündigung genommen werden und zugunsten des schwerbehinderten weitere abwägungsrelevante umstände – wie vorliegend die im widerspruchsbescheid berücksichtigte besonders lange betriebszugehörigkeit des klägers und seine unter berücksichtigung von alter und der schwerbehinderung sehr schwere vermittelbarkeit auf dem arbeitsmarkt – streiten, 68vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 25. mai 2009 - 12 a 472/09 -, juris, rn 21, und vom 20. april 2009 - 12 a 2431/08 -, juris, rn 27. 69soweit danach ein behinderungsbedingter umstand materiell-rechtlich für die gebotene interessenabwägung bedeutung hat, unterliegt er der aufklärungspflicht. das integrationsamt ist dabei nicht der pflicht enthoben, sich von der richtigkeit der für seine entscheidung wesentlichen behauptungen eine eigene überzeugung zu verschaffen; gründet es seine entscheidung auf unrichtige behauptungen, dann begeht es einen ermessensfehler. die aufklärungspflicht wird verletzt, wenn das integrationsamt (oder der zuständige widerspruchsausschuss) sich damit begnügt, das vorbringen des arbeitgebers, soweit es in der interessenabwägung zu berücksichtigen ist, nur auf schlüssigkeit zu prüfen, 70vgl. ovg nrw, beschluss vom 25. mai 2009 – 12 a 472/09 -, juris, rn 22, m.w.n. 71grundsätzlich nicht zu prüfen hat das integrationsamt in diesem zusammenhang allerdings die arbeitsrechtliche bzw. kündigungsschutzrechtliche wirksamkeit der kündigung, 72vgl. bverwg, urteil vom 19. oktober 1995 - 5 c 24.93 -, a.a.o., s. 340; ovg nrw, beschluss vom 20. april 2009 - 12 a 2431/08 -, juris, rn 30. 73nur wenn die beabsichtigte kündigung arbeitsrechtlich evident unzulässig ist, darf das integrationsamt dies bei seiner ermessensentscheidung berücksichtigen, da es an einer offensichtlich rechtswidrigen kündigung zum nachteil des schwerbehinderten nicht mitwirken soll, 74vgl. oberverwaltungsgericht des landes sachsen-anhalt, urteil vom 22. juni 2011 - 3 l 246/09 -, juris, rn 32; verwaltungsgericht ansbach, urteil vom 6. oktober 2011 - an 14 k 11.01275 -, juris, rn 33. 75nach diesen maßstäben erweist sich die von dem beklagten getroffene ermessensentscheidung als rechtsfehlerhaft. 76die zustimmungsentscheidung in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 6. februar 2013 erweist sich zunächst als ermessensfehlerhaft, weil die ermessensentscheidung auf einem unzureichend ermittelten und damit unvollständigen sachverhalt beruht und dieses aufklärungsdefizit auch gerade den kündigungsrelevanten sachverhalt betrifft. insoweit bleibt der beklagte zugleich deutlich hinter seiner – rechtlich zutreffend - aufgestellten eigenen anforderung im widerspruchsbescheid (vgl. seite 6 absatz 3) zurück, „seine entscheidung nach einer umfassenden aufklärung des sachverhalts“ zu treffen. 77dies gilt zunächst für die ermittlung des dem kündigungsgrund zugrunde liegenden historischen sachverhalts. 78ungeachtet des im antrag der beigeladenen vom 22. august 2011 enthaltenen hinweises („diese e-mail haben wir diesem schreiben beigefügt.“) ist die streitgegenständliche e-mail vom 16. august 2011 weder in dem dem gericht vorliegenden verwaltungsvorgang des beklagten, noch in dem die außerordentliche fristlose kündigung betreffenden verwaltungsvorgang des parallelverfahrens 13 k 2927/13 enthalten. die vertreterin des beklagten konnte im erörterungstermin am 17. februar 2014 auch nicht nachvollziehbar darlegen, dass die fragliche e-mail jedenfalls der für die sitzung des widerspruchsausschusses erstellten vorlage vom 5. februar 2013 tatsächlich beigefügt war. sie verwies hierzu im erörterungstermin lediglich darauf, dass der widerspruchsausschuss alle unterlagen erhalten habe, die auch das gericht bekommen habe. hierzu gehörte die streitgegenständliche e-mail aber gerade nicht. auch der erstmals im erörterungstermin von der vertreterin des beklagten vorgelegte ausdruck der e-mail stammt ersichtlich nicht aus dem verwaltungsvorgang, sondern wurde dem beklagten nach eigenen angaben auf seine anforderung am 11. februar 2014 unmittelbar von der beigeladenen übermittelt. lag dem widerspruchsausschuss bei seiner entscheidung aber die kündigungsauslösende mail nicht im vollen wortlaut vor, konnte er sich keine vollständige eigene überzeugung von dem zur kündigung führenden verhalten des klägers bilden. der widerspruchsausschuss hat sich stattdessen mit dem vorbringen der beigeladenen begnügt und nur dieses seiner eigenen würdigung im widerspruchsbescheid (vgl. s. 7) zugrunde gelegt. er hat damit nach oben dargelegten maßstäben seine aufklärungspflicht verletzt, 79vgl. ovg nrw, beschluss vom 25. mai 2009 – 12 a 472/09 -, juris, rn 22 m.w.n. 80die berücksichtigung und auswertung der vollständigen kündigungsauslösenden e-mail war vorliegend auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil zum zeitpunkt der widerspruchsentscheidung am 6. februar 2013 das arbeitsgerichtliche kündigungsschutzverfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen war und die äußerungen des klägers in seiner mail vom 16. august 2011 arbeitsrechtlich rechtskräftig als - die außerordentliche kündigung rechtfertigende - grobe beleidigungen des arbeitgebers und seiner vertreter bewertet waren. offen bleiben kann, ob dies schon daraus folgt, dass der beklagte die arbeitsrechtliche bzw. kündigungsschutzrechtliche wirksamkeit der kündigung nach oben dargelegten grundsätzen ohnehin nicht zu prüfen hat, es mithin für seine entscheidung auch nicht auf das ergebnis des vorher abgeschlossenen arbeitsgerichtlichen verfahrens ankommt. jedenfalls beschränkte sich der maßgebliche sachverhalt im vorliegenden zustimmungsverfahren nicht allein auf die vom beklagten und arbeitsgerichtlich als beleidigung gewerteten textstellen der e-mail vom 16. august 2011. 81in einem fall, in dem – wie vorliegend – die kündigung auf ein konkretes fehlverhalten gestützt wird, das nach den oben dargestellten grundsätzen im rahmen der ermessensbetätigung zu gewichten ist, ist es erforderlich, nicht nur das fehlverhalten selbst, sondern auch die für die bewertung der schwere des fehlverhaltens unerlässlichen begleitumstände einschließlich etwaiger verantwortungsanteile des arbeitgebers oder von kollegen zu ermitteln, 82vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 20. april 2009 – 12 a 2431/08-, juris, rn 32, m.w.n., und vom 12. februar 2009 – 12 a 3108/08 -, juris, rn 9 m.w.n. 83erst der vollständige wortlaut und die gestaltung der mail lassen aber den gesamtkontext erkennen, in dem die - im zustimmungsantrag der beigeladenen nur auszugweise zitierten – problematischen formulierungen stehen und ermöglichen nur in ihrer gesamtschau eine einordnung und gewichtung des verhaltens des klägers. zudem ist es dem beklagten nur unter berücksichtigung des vollständigen inhalts der e-mail möglich, den für die erforderliche gewichtung der schwere des fehlverhaltens des klägers im rahmen der abwägungsentscheidung relevanten weiteren fragen nachzugehen, ob der kläger eventuell (auch) durch äußere einflüsse in seinem arbeitsumfeld zum verfassen seiner kündigungsauslösenden e-mail und der konkreten wortwahl mitveranlasst worden ist. dem nachzugehen bestand auch anlass. denn schon aus der nur auszugweisen wiedergabe der e-mail im zustimmungsantrag der beigeladenen vom 22. august 2011 war erkennbar, dass sich die äußerungen des klägers auf konkrete vorfälle und konflikte mit vorgesetzten bezogen, deren tatsächliche umstände bei der bewertung der äußerungen des klägers nicht von vorneherein gänzlich außer betracht bleiben konnten, sondern gegebenenfalls weiterer aufklärung und bewertung bedurft hätten. 84ein weiteres aufklärungsdefizit ergibt sich im hinblick auf die psychischen und körperlichen funktionsbeeinträchtigungen, die der schwerbehinderung des klägers zugrunde liegen. 85wird die kündigung – wie vorliegend - auf ein fehlverhalten gestützt, das nach übereinstimmender auffassung der beteiligten seine ursache jedenfalls auch in der behinderung selbst hat, und das im rahmen der ermessensbetätigung daher gerade im hinblick auf die nach obigen grundsätzen hohen anforderungen an die schwere der pflichtverletzung einerseits und die zumutbarkeitsgrenze des arbeitgebers andererseits zu gewichten ist, muss der beklagte, um eine sachgerechte gewichtung des fehlverhaltens vornehmen zu können, den zusammenhang zwischen der behinderung und dem konkreten fehlverhalten näher aufklären. dem verwaltungsvorgang ist aber nicht ansatzweise zu entnehmen, dass der beklagte, obwohl er selbst von einem zusammenhang zwischen der behinderung des klägers und dem vorgeworfenen verhalten i.s.v § 91 absatz 4 sgb ix ausgeht, in dem immerhin knapp eineinhalb jahre dauernden widerspruchsverfahren eigene ermittlungen vorgenommen hat, um die schwere der beim kläger festgestellten funktionsbeeinträchtigungen, insbesondere der „depressionen“ und „angststörung“, einerseits und ihre konkreten auswirkungen auf die einsichts- und steuerungsfähigkeit des klägers andererseits näher aufzuklären. hierzu bestand aber insbesondere deshalb anlass, weil der kläger im rahmen des widerspruchsverfahrens vorgetragen hat, dass er aufgrund seiner langjährigen krankheit und der schwierigen anpassungssituation am arbeitsplatz in seiner fähigkeit zur steuerung seines verhaltens krankheitsbedingt beeinträchtigt und eine wesensveränderung bei ihm eingetreten sei. ausweislich des verwaltungsvorgangs lagen dem widerspruchsausschuss im zeitpunkt der widerspruchsentscheidung aber ausschließlich die beiden festsetzungsbescheide über die anerkennung eines grades der schwerbehinderung von 40 bzw. 50 vom 26. juni 2007 sowie 25. november 2009 vor. weitere ermittlungen hat der beklagte – auch nach eigenen angaben im erörterungstermin – nicht durchgeführt. insbesondere hat er weder den kläger zur vorlage ärztlicher unterlagen aufgefordert, noch die unterlagen des versorgungsamtes, die der feststellung der schwerbehinderung zugrunde lagen, beigezogen. gerade die dem beklagten bekannte, erst aufgrund eines anerkenntnisses im sozialgerichtlichen verfahren rückwirkend zum 18. april 2007 erfolgte erhöhung des grades der schwerbehinderung von 40 auf 50 hätte aber eine beiziehung der akten des versorgungsamtes bzw. der fürsorgestelle nahegelegt. 86schließlich hat der kläger im widerspruchsverfahren angeführt, dass ihm nach seiner lange währenden krankheit kein wiedereingliederungsverfahren ermöglicht worden sei und er nach seiner rückkehr mit neuen aufgaben betraut und hierbei planmäßig überfordert worden sei. auch dieser – im falle des zutreffens - für die bewertung der schwere seines fehlverhaltens maßgebliche umstand hätte der weiteren aufklärung bedurft und feststellungen dazu geboten, ob der beigeladene die ihm nach § 84 absatz 1 sgb ix obliegenden maßnahmen zur vermeidung einer kündigung ergriffen hat und mit welchem ergebnis. 87unabhängig von diesen defiziten der sachverhaltsaufklärung erweist sich die von dem beklagten getroffene entscheidung aber auch deshalb als ermessensfehlerhaft, weil er in dem widerspruchsbescheid vom 6. februar 2013 maßgeblich auf die arbeitsrechtliche zulässigkeit der beabsichtigten kündigung abgestellt hat, obwohl diese frage für die ihm überantwortete interessenabwägung nach den oben dargelegten maßgaben gerade keine maßgebliche rolle spielen darf. damit hat der beklagte seine entscheidung insoweit auf ein sachwidriges, weil von seinem prüfauftrag nicht umfasstes kriterium gestützt. 88in seinem widerspruchsbescheid hat der beklagte die zustimmungsentscheidung darauf gestützt, dass die äußerungen des klägers über seine vorgesetzten nach seiner auffassung eine beleidigung darstellten. es liege ein fehlverhalten des klägers im vertrauensbereich vor, das grund für eine außerordentliche kündigung sein könne, dies insbesondere, weil der kläger seine äußerungen nicht nur innerhalb des betriebs getätigt, sondern diese auch öffentlich gemacht habe. es sei auch keine vorherige abmahnung erforderlich, weil es sich um einen schweren verstoß handele, bei dem der kläger von vorneherein nicht mit einer billigung seines verhaltens rechnen könne. 89mit diesen erwägungen hat der beklagte aber seiner entscheidung ausschließlich solche kriterien zugrunde gelegt, die für die arbeitsgerichtliche rechtsprechung zur außerordentlichen verhaltensbedingten kündigung maßgeblich sind, 90vgl. bag, urteile vom 18. september 2008 – 2 azr 827/06 -, juris, rn 33 f., m.w.n., und vom 15. november 2001 – 2 azr 605/00 -, juris rn 17. 91hiervon ist der beklagte auch im gerichtlichen verfahren nicht abgerückt, sondern hat zur verdeutlichung seiner im widerspruchsbescheid getroffenen einschätzung nochmals ergänzend und vertiefend vorgetragen, dass der kläger durch sein verhalten seine arbeitsvertraglichen (neben-)pflichten aus § 611 i.v.m. § 241 absatz 2 bgb verletzt habe. unter verweis auf ein arbeitsgerichtliches urteil des landesarbeitsgerichts rheinland-pfalz führte der beklagte weiter aus, dass der arbeitgeber darauf zu achten habe, dass die ehre seiner arbeitnehmer nicht durch angriffe einzelner arbeitnehmer beeinträchtigt werde. mögliche meinungsverschiedenheiten seien sachlich und in angemessener form auszutragen. gegen die entsprechende arbeitsvertragliche verhaltenspflicht habe der kläger in schuldhaft-pflichtwidriger weise verstoßen und nicht nur den betriebsfrieden sondern auch das notwendige vertrauensverhältnis zu seinem arbeitgeber zerstört. damit hat der beklagte weiterhin ausschließlich arbeitsrechtlich argumentiert. 92die frage des vorliegens eines wichtigen grundes im sinne von § 626 bgb unterliegt jedoch nach den oben genannten grundsätzen nicht seiner entscheidungskompetenz und ist damit – abgesehen von dem hier nicht einschlägigen fall der frage nach der offensichtlichen arbeitsrechtlichen unzulässigkeit der beabsichtigten kündigung 93vgl. bverwg, urteil vom 2. juli 1992 – 5 c 39/90 -, juris, rn 30 m.w.n. - 94für die dem beklagten überantwortete ermessensentscheidung gerade ohne belang. 95insbesondere stellt die arbeitsrechtliche zulässigkeit der beabsichtigten kündigung keine rechtfertigung für die in rede stehende zustimmung dar, sondern wird die kündigung erst durch die zustimmung ermöglicht. ob sie nach den insoweit maßgeblichen arbeitsrechtlichen kriterien zulässig ist, obliegt allein den insoweit zur entscheidung berufenen – und vom kläger auch tatsächlich angerufenen - arbeitsgerichten. 96schließlich erweist sich die von dem beklagten getroffene entscheidung aber auch deshalb als ermessensfehlerhaft, weil er die oben genannten anforderungen an die zumutbarkeitsgrenze für den arbeitgeber nicht berücksichtigt hat. 97in seinem widerspruchsbescheid finden sich keine über die frage der arbeitsrechtlichen zulässigkeit der kündigung hinausgehenden erwägungen. obwohl der beklagte selbst ausgeführt hat, dass ein zusammenhang zwischen dem kündigungsgrund und der anerkannten behinderung des klägers nicht gänzlich ausgeschlossen werden könne, und im erörterungstermin nochmals ausdrücklich erläutert hat, dass man gerade in das freie ermessen nach § 85 sgb ix „hineingewollt habe“, hat er in den ermessenserwägungen gerade nicht - auch nicht ansatzweise – angesprochen, wie dieser zusammenhang der behinderung im hinblick auf das dem kläger konkret vorgeworfene fehlverhalten zu gewichten ist. dabei handelt es sich jedoch – gerade vor dem hintergrund des angenommenen zusammenhangs zwischen behinderung und kündigungsgrund - um einen sich von der sache her aufdrängenden zentralen und daher in die abwägung einzustellenden gesichtspunkt, dessen nichtberücksichtigung bereits für sich genommen die rechtswidrigkeit der entscheidung zur folge hat. 98schließlich sind die genannten ermessensfehler auch nicht deshalb unbeachtlich, weil die weiterbeschäftigung des klägers allen grenzen wirtschaftlicher vernunft widerspräche und deshalb die zustimmung zu seiner kündigung erteilt werden müsste. es kann nicht festgestellt werden, dass der beigeladenen einseitig die lohnzahlungspflicht auferlegt würde und daher die interessenabwägung zwingend zu ihren gunsten ausgehen müsste. denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der kläger aufgrund seiner schwerbehinderung die vertraglich geschuldete arbeitsleistung nicht erbracht hat und auch nicht erbringen könnte. soweit der kläger nach dem 14. dezember 2011 tatsächlich keine arbeitsleistung erbracht hat, beruht dies allein auf der von der beigeladenen nach seiner rückkehr aus einer krankschreibung ausgesprochenen freistellung des klägers von der arbeitsverpflichtung bis zum abschluss des arbeitsgerichtlichen verfahrens. 99offen bleiben kann schließlich, ob der beklagte zu recht vom eintritt der zustimmungsfiktion nach § 91 absatz 3 satz 2 sgb ix ausgehen durfte. denn der ausgangsbescheid vom 7. september 2011, der den eintritt der fiktion nach § 91 absatz 3 satz 2 sgb ix bestätigt, wurde durch den widerspruchsbescheid vom 6. februar 2013 modifiziert und ist nur noch in der gestalt, die er durch den widerspruchsbescheid vom 6. februar 2013 erlangt hat, zur gerichtlichen überprüfung gestellt. der beklagte hat aber, wie sich aus den vorstehenden ausführungen ergibt, im widerspruchsbescheid eine eigene – wenn auch rechtsfehlerhafte – ermessensentscheidung über die zustimmung zur kündigung getroffen, die an die stelle der zunächst festgestellten zustimmungsfiktion nach § 91 absatz 3 satz 2 sgb ix getreten ist. lediglich ergänzend sei angemerkt, dass der wortlaut des § 91 sgb ix keine differenzierung zwischen verschiedenen arten der außerordentlichen kündigung vornimmt, so dass entgegen der auffassung des klägers schon danach auch die außerordentliche kündigung mit sozialer auslauffrist ohne weiteres in den anwendungsbereich der norm fallen dürfte. soweit in der literatur teilweise die anwendbarkeit von § 91 absatz 3 sbg ix auf solche fälle als ungerechtfertigte benachteiligung ordentlich unkündbarer schwerbehinderter arbeitnehmer bemängelt wird, hat sich dem bisher die verwaltungsgerichtliche rechtsprechung nicht angeschlossen. 100vgl. für die anwendbarkeit von § 91 sgb ix: verwaltungsgericht düsseldorf, urteil vom 10. juni 2013 – 13 k 6670/12 -, juris, rn 68; verwaltungsgericht stuttgart, urteil vom 7. februar 2011 – 11 k 2352/10 – juris, m.w.n. 101in der arbeitsgerichtlichen rechtsprechung hat ausschließlich das landesarbeitsgericht köln die anwendbarkeit des § 91 absatz 3 satz 2 sgb ix abgelehnt, 102vgl. landesarbeitsgericht köln, urteil vom 31. oktober 2012 – 3 sa 1062/11-, juris. 103diese vom kläger angeführte entscheidung begegnet aber schon deshalb bedenken, weil sie außer betracht lässt, dass dem schwerbehinderten arbeitnehmer gegen den bescheid des integrationsamtes, der den eintritt der zustimmungsfiktion nach § 91 absatz 3 satz 2 sgb ix bestätigt, noch der rechtsbehelf des widerspruchs zusteht. der schwerbehinderte arbeitnehmer hat es – sofern ein seine schutzbedürftigkeit begründender zusammenhang zwischen kündigungsgrund und seiner behinderung besteht – gerade in der hand, eine „normale“ materiell-rechtliche ermessensentscheidung nach §§ 85, 87 sgb ix über die zustimmung zu erreichen; eine relevante benachteiligung dürfte sich allein aus der notwendigkeit, gegen die feststellung der zustimmungsfiktion widerspruch zu erheben, nicht ergeben. 104die kostenentscheidung beruht auf § 154 absatz 1 vwgo, § 188 satz 2 vwgo. da die beigeladene keine eigenen anträge gestellt und sich mithin keinem kostenrisiko ausgesetzt hat, war sie gemäß § 154 absatz 3 vwgo weder neben dem beklagten an den kosten des verfahrens zu beteiligen, noch steht ihr ein kostenerstattungsanspruch zu, § 162 absatz 3 vwgo. die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 709 s. 2, 711 zpo.
Klaeger*in
1
173,369
L 16 KR 208/13
2014-07-17T00:00:00
Urteil
Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.02.2013 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 11.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2011 verurteilt, der Klägerin Krankengeld vom 10.10.2011 bis 21.09.2012 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld (Krg) für die Zeit vom 10.10.2011 bis 21.09.2012. 3Die 1957 geborene Klägerin war zuletzt als Montagearbeiterin für Armaturen beschäftigt. Dabei hatte sie Montage- und Verpackungsarbeiten zu verrichten, wobei Belastungsspitzen bis 5 - 10 kg auftraten. Die Beschäftigung endete am 03.05.2011 mit Auslaufen des Zeitvertrages. 4Die Klägerin war seit dem 01.04.2011 wegen Schulter- und Wirbelsäulenbeschwerden arbeitsunfähig (au) erkrankt. Die Beklagte zahlte Krg ab dem 04.05.2011 im Rahmen des Auszahlscheinverfahrens. In dem Auszahlschein heißt es (adressiert an den Arzt): "Damit wir Krankengeld rechtzeitig überweisen können, bitten wir Sie, jeweils bis zum 20. des Monats die weitere Dauer der Arbeitsunfähigkeit auf diesem Auszahlschein zu bestätigen." Auf dem Auszahlschein ist allerdings Arbeitsunfähigkeit (AU) immer abschnittsweise ohne Orientierung an dem genannten Datum bescheinigt worden. Zahlungen der Beklagten erfolgten ohne förmliche Bescheidung, die Zahlbeträge wurde jeweils überwiesen, wobei im Überweisungstext der Zeitraum angegeben wurde, für den die Zahlung bestimmt war. Ausweislich der Zahlungsübersicht in der Verwaltungsakte erfolgten die Zahlungen für die Tage 04. und 05.05.2011 am 23.05.2011, für den Zeitraum 06.05. bis 31.05.2011 am 20.06.2011, für den Zeitraum vom 01.06. bis 24.06.2011 am 22.06.2011, für den Zeitraum vom 25.06. bis 30.06.2011 am 27.06.2011, für den Zeitraum vom 01.07. bis 31.07.2011 am 25.07.2011, für den Zeitraum vom 01.08.2011 bis 17.08.2011 am 26.08.2011. Für die Zeit vom 09.09. bis 30.09.2011 wurde das Krankengeld am 23.09.2011 gezahlt, die abschließende Zahlung erfolgte am 11.10.2011 für die Zeit vom 01. bis 09.10.2011. 5In einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 04.08.2011 wurde wegen belastungsabhängiger Schmerzen im rechten Schultergelenk und wegen einer lumbalen Schmerzsymptomatik eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit bejaht und AU auf Zeit festgestellt. Vom 18.08. bis 08.09.2011 befand sich die Klägerin in einer vom Rentenversicherungsträger bewilligten stationären Rehabilitationsmaßnahme. Die Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig. Im Entlassungsbericht vom 07.09.2011 wurde ausgeführt, die Klägerin habe während ihrer bisherigen Berufstätigkeit stets Arbeiten mit Beanspruchung der Arme, Hände und der Schulter verrichtet. Da Tätigkeiten mit diesem Anforderungsprofil künftig kaum mehr übernommen werden könnten, habe man sie wegen beruflicher Reha-Leistungen beraten. Aufgrund der gegenwärtigen Schulterbeschwerden liege das Leistungsvermögen unter 3 Stunden täglich. Dieses Leistungsvermögen könne sich entsprechend dem Verlauf der Schulterverkalkung innerhalb der nächsten Monate ändern. Zum Leistungsbild heißt es dann: Keine ausschließlich mittelschweren Arbeiten, kein Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten vom mehr als 6 bis 8 kg, keine Arbeiten mit längerer Armvorhalte mit Beanspruchung. Im Anschluss an die Rekonvaleszenzphase bestehe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ein Leistungsvermögen von mehr als 6 Stunden täglich. 6Der (damals) behandelnde Arzt für Allgemeinmedizin I bescheinigte auf dem Auszahlschein am 09.09.2011 AU bis 09.10.2011 (Sonntag). Die folgende Feststellung von AU erfolgte am 10.10. für die Zeit bis 05.11.2011. Die Beklagte stellte daraufhin mit Bescheid vom 11.10.2011 fest, dass ein Anspruch auf Krg nur für die Zeit bis 09.10.2011 bestehe. Die AU sei im Auszahlschein zuletzt bis 09.10.2011 befristet gewesen. Die Mitgliedschaft der Klägerin habe wegen Beendigung der Beschäftigung nur durch den Bezug von Krg weiterbestanden, d.h. die Mitgliedschaft bestehe nur bis zu dem Tag, bis zu dem der Arzt AU attestiert habe, hier der 09.10.2011. Da erst am 10.10.2011 erneut AU festgestellt worden sei, sei der Anspruch auf Krg erst am 11.10. entstanden, zu diesem Zeitpunkt habe keine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krg mehr vorgelegen. 7Die Klägerin brachte zunächst eine Bescheinigung des Arztes I vom 13.10.2011 bei, in der es heißt, aus terminlichen Gründen sei es nicht möglich gewesen, die Patientin am 07.10.2011 in die Sprechstunde zu bestellen. Deshalb habe sie sich am 10.10.2011 vorstellen sollen. Die Beklagte wies die Klägerin mündlich und sodann schriftlich am 04.11.2011 darauf hin, aus dem eingereichten Attest ergäben sich keine Auswirkungen auf den Bescheid vom 11.10.2011. Es bleibe bei dem Ende des Krg-Anspruchs bzw. der Mitgliedschaft. Die Klägerin habe entweder schon am 06.10.2011 die AU "fortschreiben" lassen oder am 07.10.2011 einen anderen Vertragsarzt aufsuchen müssen. Mit ihrem schriftlichen Widerspruch machte die Klägerin dann geltend, sie habe sich aus von ihr nicht zu beeinflussenden terminlichen Gründen nicht vor dem 09.10.2011 weiter krankschreiben lassen können. Die Forderung, einen Vertretungsarzt aufzusuchen, bedeute eine Übersteigerung ihrer Mitwirkungspflicht. Im Übrigen komme es darauf nicht an, weil die Beklagte es versäumt habe, sie über die Folgen des verspäteten Aufsuchens des Arztes aufzuklären (Hinweis auf die Senatsentscheidung vom 14.07.2011 - L 16 KR 73/10). Mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie verwies auf die ständige Rechtsprechung des BSG, wonach bei abschnittsweiser Gewährung von Krankengeld für jeden Bewilligungsabschnitt das Vorliegen der leistungsrechtlichen Voraussetzungen neu zu prüfen sei. Danach sei die Klägerin bei Entstehung des neuen Anspruchs am 11.10.2011 nicht mit Anspruch auf Krg versichert gewesen. Aus dem genannten Urteil des LSG NRW ergebe sich nichts anderes. Zum einen handele es sich nicht um ein höchstrichterliches Urteil, zum anderen sei der Sachverhalt anders gelagert gewesen, da dort eine AU-Feststellung am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses in Frage gestanden habe. 8Zur Begründung ihrer Klage, mit der die Klägerin unter Hinweis auf das noch nicht absehbare Ende der AU Krg über den 10.10.2011 hinaus begehrt hat, hat sie sich auf ihre Widerspruchsbegründung und das genannte Senatsurteil bezogen. Nach Ergehen der Entscheidung des BSG vom 10.05.2012 (B 1 KR 17/11 R) hat die Klägerin auf einen Hinweis des Sozialgerichts auf diese Entscheidung und die Möglichkeit, am 07.10.2011 einen Vertretungsarzt aufzusuchen, ausgeführt, der gerichtliche Hinweis gehe an der Realität vorbei. Es sei kaum möglich, derart kurzfristig einen Vertretungsarzt zu finden, der zum einen einen freien Termin habe und zum anderen angesichts der Unkenntnis des bisherigen Krankheitsverlaufes bereit sei, AU zu bescheinigen. Aufgrund der von ihr geschilderten 9"Notsituation" dürfe ihr der Versicherungsschutz nicht entzogen werden, zumal ihr die Sprechstundenhilfe die Auskunft gegeben habe, es genüge, wenn sie sich am 10.10.2011 vorstelle. 10Mit Urteil vom 20.02.2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei am 10.10.2011 nicht mehr mit Anspruch auf Krg versichert gewesen. Nach dem Ende ihres Beschäftigungsverhältnisses sei der Versicherungsschutz als Arbeitnehmerin gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) aufrechterhalten worden. Bei Feststellung der AU am 10.10.2011 habe die Klägerin weder Krg bezogen noch für diesen Tag einen Anspruch auf Krg gehabt. Entsprechend der zuvor erteilten AU-Bescheinigung habe ihr Krg-Anspruch am 09.10.2011 geendet. Bei befristeten AU-Feststellungen müssten die Voraussetzungen des Krg-Anspruchs für jeden Abschnitt neu festgestellt werden. Eine Nachholung der AU-Feststellung komme nicht in Betracht, denn es sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin durch außerhalb ihres Verantwortungsbereichs liegende Umstände an der rechtzeitigen Verlängerung der AU-Feststellung gehindert gewesen sei. Bloße Unkenntnis reiche nicht aus, Unkenntnis des behandelnden Arztes könne nur zu einem Schadensersatz gegen diesen führen. Im Übrigen hätte die Klägerin einen Vertretungsarzt, ggf. den kassenärztlichen Notdienst aufsuchen können, um fristgerecht die AU bescheinigen zu lassen. 11Gegen das ihr am 13.03.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 05.04.2013 Berufung eingelegt. Sie bezieht sich auf ihren bisherigen Vortrag und macht unter Hinweis auf ihre berufliche Tätigkeit und die damit verbundene Belastung geltend, im Entlassungsbericht der Rehabilitationsmaßnahme sei festgestellt worden, dass eine Besserung der Schulterbeschwerden in den "nächsten Monaten" zu erwarten sei. Dieser Zeitraum sei zum Zeitpunkt 09.10./10.10.2011 noch nicht abgelaufen gewesen. Somit liege auch für diesen Zeitpunkt die ärztliche Feststellung der AU vor. Nach dem Urteil des BSG vom 10.05.2012 (B 1 KR 20/11 R) könne auch eine einzige ärztliche Bescheinigung einen Anspruch auf Krankengeld für mehrere Zeitabschnitte begründen. Somit liege eine rechtzeitige ärztliche Feststellung der AU für die Zeit ab 10.10.2011 vor. 12Die Klägerin beantragt, 13das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.02.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2011 zu verurteilen, ihr Krankengeld vom 10.10.2011 bis 21.09.2012 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. 14Die Beklagte beantragt, 15die Berufung zurückzuweisen. 16Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist auf die Rechtsprechung des BSG sowie die Ausführungen des Sozialgerichts. Ausführungen zum Leistungsvermögen im Reha-Entlassungsbericht seien keine ärztliche Feststellung der AU im Sinne des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V. 17Im Berufungsverfahren ist eine schriftliche Auskunft des Arztes für Allgemeinmedizin I eingeholt worden. Er hat mitgeteilt, die Klägerin sei bereits am 05.10.2011 wegen einer anderen Erkrankung in der Praxis bei einem anderen Arzt der Gemeinschaftspraxis gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe sie keinen Auszahlschein dabeigehabt. Am 06.10.2011 habe sie nicht nach einem Termin gefragt, um den Auszahlschein auszufüllen. Am 07.10.2011 sei er nicht in der Praxis gewesen. Sodann führt er auf die entsprechende Frage aus: "Selbstverständlich ist uns die Rechtsprechung des BSG bekannt, dass bei befristeten AU-Bescheinigungen spätestens am letzten Tag des bescheinigten Zeitraums eine neue Feststellung der AU erfolgen muss. Das BSG regelt aber nicht, dass ich persönlich bei den Patienten vorbeikommen muss, dieser muss sich schon selber um seine Termine bemühen!" 18Nach den vorliegenden Auszahlscheinen ist AU vom 09.09.2011 bis zum 07.08.2012 bescheinigt worden. Vom 08.08. bis 21.09.2012 hat sich die Klägerin in stationärer Behandlung in einer Klinik für Psychosomatik befunden. 19Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist. 20Entscheidungsgründe: 21I. Die Berufung der Klägerin ist statthaft und auch sonst zulässig. 22II. Sie ist auch begründet. Der Bescheid vom 11.10.2011 ist rechtswidrig, denn der Klägerin steht Krg auch für die Zeit vom 10.10.2011 bis 21.09.2012 zu, so dass das Sozialgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen hat. 23Nach § 44 Abs. 1 1. Alt. SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn Krankheit sie au macht. Ob der Betreffende mit Anspruch auf Krg versichert ist, bestimmt sich nach seinem Status zum Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der AU (so jetzt BSGE 111, 18, Rn. 15; anders allerdings erneut BSG, Urteil vom 04.03.2014 - B 1 KR 17/13 R - Rn. 14, wo wieder die frühere Formulierung aufgegriffen wird, für den Umfang des Versicherungsschutzes sei auf den Tag abzustellen, der dem Tag der Feststellung der AU folge). Die Klägerin war 03.05.2011 aufgrund ihrer Beschäftigung als Montagearbeiterin mit Anspruch auf Krg versichert (§§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 44 SGB V). Ihre Mitgliedschaft endete aber nicht mit dem Wegfall der Beschäftigung gegen Entgelt, sondern blieb nach Maßgabe des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V durch den Bezug von Krg bzw. einen Anspruch auf Krg erhalten. Somit bestand die Mitgliedschaft aus der Beschäftigtenversicherung bis zum 09.10.2011 schon aufgrund der Gewährung von Krg fort. Sie bestand aber auch im Zeitraum vom 10.10.2011 bis 21.09.2012 fort, da der Klägerin aufgrund der am 01.04.2011 eingetretenen und festgestellten AU ein durchgehender mitgliedschaftserhaltender Krg-Anspruch zustand, der unabhängig vom Zeitpunkt weiterer ärztlicher AU-Feststellungen bestand. 24Allerdings geht das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass auch bei fortdauernder AU, "aber abschnittsweiser Krg-Bewilligung" in jedem Bewilligungszeitraum rechtlich selbstständige Ansprüche auf Krg bestehen. Das BSG verlangt "bei zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krg-Gewährung", dass die Voraussetzungen des Krg-Anspruchs, vor allem ein Mitgliedschaftsverhältnis mit Anspruch auf Krg, für jeden Bewilligungsabschnitt erneut festgestellt werden müssen, wobei § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V uneingeschränkt auch dann Anwendung finden soll, wenn es um die Folge-AU wegen derselben Krankheit geht (vgl. BSGE 94, 247; 95, 219; SozR 4-2500 § 44 Nr. 12; SozR 4-2500 § 46 Nr. 12; Urteil vom 26.07.2007 - B 1 KR 2/07 R = USK 2007-33; SozR 4-2500 § 44 Nr. 14; SozR 4-2500 § 192 Nr. 4; BSGE 111, 9; 111, 18; Urteil vom 04.03.2014 - B 1 KR 17/13 R). Das BSG nimmt somit eine Kette rechtlich selbstständiger Ansprüche an, die jeweils neu entstehen müssen. Da nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V ein Krg-Anspruch am Tag nach der ärztlichen Feststellung der AU entsteht, muss die weitere AU vor Ablauf des Krg-Bewilligungsabschnitts (und zwar spätestens am letzten Tag des Bewilligungszeitraums) erneut ärztlich festgestellt werden, damit eine nahtlose Reihe von Krg-Ansprüchen besteht, die für die Erhaltung der Mitgliedschaft erforderlich ist. Wegen der verzögerten Anspruchsentstehung erst am Tag nach der ärztlichen Feststellung der AU (anders allerdings bei Versicherten im Rahmen der Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA), § 47b Abs. 1 Satz 2 SGB V, s. dazu unten 2 f) führt eine "Lücke" in den AU-Feststellungen (in Wahrheit liegt allerdings insoweit keine Lücke vor, weil eine AU-Feststellung am Tag nach dem zuletzt bescheinigten Zeitraum nahtlos an die vorangegangene Feststellung anknüpft; lediglich wegen der Anwendung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V kommt es zu einer Lücke in den Krg-Anspruchszeiträumen) dazu, dass mit dem Ende des Krg-Anspruchs auch die über ihn aufrechterhaltene Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krg endet und anschließend allenfalls ein nachgehender Krg-Anspruch (§ 19 Abs. 2 SGB V) in Betracht kommt (s. dazu BSGE 111, 9 Rn. 30 ff.). 25Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung haben die Beklagte und das Sozialgericht angenommen, die Klägerin sei am 10.10.2011 bei der erneuten ärztlichen Feststellung der AU nicht mehr mit Anspruch auf Krg versichert gewesen, da ihre Mitgliedschaft mit dem Krg-Anspruch am 09.10.2011 geendet habe. Diese Annahme ist allerdings schon auf dem Boden der zitierten Rechtsprechung des BSG deshalb fragwürdig, weil dessen Argumentation immer auf das Ende des Krg-Bewilligungszeitraums abstellt. Da hier die Beklagte am 23.09.2011 Krg nur für den Zeitraum 09.09. - 30.09.2011 gezahlt hat, gab es keinen am 09.10.2011 ablaufenden Krg-Bewilligungsabschnitt, so dass die Forderung nach erneuter AU-Feststellung "vor Ablauf des letzten Bewilligungsabschnitts" ins Leere geht. 26Der Senat, der bisher ebenso wie andere Obergerichte (s. nur LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.11.2011 - L 9 KR 563/11; LSG Hamburg, Urteil vom 04.12.2012 - L 1 KR 25/11; LSG Hessen, Urteil vom 24.10.2013 - L 8 KR 114/12; LSG NRW, Urteil vom 19.12.2012 - L 11 KR 538/12; Urteil vom 11.04.2013 - L 5 KR 462/12) der genannten Rechtsprechung des BSG gefolgt ist (s. etwa Senat, Urteil vom 14.07.2011 - L 16 KR 73/10; Urteil vom 15.03.2012 - L 16 KR 146/11), hält nach Überprüfung hieran nicht fest und ist der Auffassung, dass es der ärztlichen Feststellung der AU als Voraussetzung der Entstehung des Krg-Anspruchs nur für den Beginn des Krg-Anspruchs bedarf und dieser - unabhängig von ärztlichen Feststellungen und Bescheinigungen - so lange fortbesteht, wie objektiv AU wegen derselben Krankheit vorliegt (ebenso SG Trier, Urteil vom 24.04.2013 - S 5 KR 77/12; SG Mainz, Urteil vom 24.09.2013 - S 17 KR 247/12; SG Speyer, Urteil vom 22.11.2013 - S 19 KR 600/11). Es ist demnach unerheblich, dass hier nach der AU-Bescheinigung bis 09.10.2011 die Folgebescheinigung erst am 10.10.2011 erfolgte. 271. Das BSG hat erstmals im Urteil vom 22.03.2005 (BSGE 94, 247) angenommen, dass bei abschnittsweiser Gewährung von Krg das Vorliegen der leistungsrechtlichen Voraussetzungen für jeden weiteren Bewilligungsabschnitt zu prüfen sei. Es hat dabei an frühere Rechtsprechung angeknüpft (nach dem Leitsatz zu 1) wird das Urteil unter anderem als Fortführung von BSGE 70, 31 bezeichnet), die allerdings nur den Inhalt von Krg-Bewilligungen betraf. Das BSG hatte insoweit entschieden, dass in einer Gewährung von Krg wegen AU auf der Grundlage einer befristeten AU-Bescheinigung vorbehaltlich einer abweichenden Bestimmung regelmäßig die Entscheidung der Kasse zu sehen sei, dass Krg für die Zeit der bescheinigten AU gewährt werde, so dass damit mit der Krg-Bewilligung auch über das - vorläufige - Ende der Krg-Bezugszeit entschieden werde (grundlegend BSG SozR 2200 § 182 Nr. 103; BSGE 70, 31). Rechtliche Bedeutung hat diese Aussage des BSG aber allein auf der verfahrensrechtlichen Ebene: Aufgrund der zeitlichen Begrenzung der Bewilligung kann die Kasse über die Weiterbewilligung von Krg ungeachtet der vorangegangenen Bewilligung ohne die Bindungen der §§ 45, 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) entscheiden. Sie kann also eigenständig prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des Krg-Anspruchs (weiter) vorliegen und dürfte ohne Rücksicht auf die vorangegangene Bewilligung eine Weitergewährung ablehnen, wenn etwa die AU unzutreffend beurteilt oder ein gesetzlicher Ausschlussgrund (s. § 50 Abs. 1 SGB V) nicht beachtet worden wäre. Ebenso liegt in der Ablehnung der Weitergewährung nicht der Entzug der Leistung, so dass § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht eingreift (s. Bayerisches LSG, NZS 2012, 341; Schleswig-Holsteinisches LSG, Breith. 2013, 657). In den genannten Entscheidungen wird dementsprechend auch nicht vom Ende des Krg-Anspruchs, sondern nur vom "Ende der Krg-Bezugszeit" gesprochen. 28Über diese Rechtsprechung geht das BSG im Urteil vom 22.03.2005 (und in den folgenden Entscheidungen) hinaus, wenn es ausführt, dass auch nach vorangegangener Krg-Gewährung "die rechtlichen Voraussetzungen des Krg-Anspruchs und damit ein neuer Leistungsfall" zu prüfen seien (juris Rn. 31). Es nimmt jetzt also an, dass mit Ablauf des bisher bewilligten Krg-Bezugs ein neuer Krg-Anspruch entstehen muss, so dass folgerichtig auch § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V zur Anwendung kommt (so ausdrücklich BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 12 Rn.16). 29Demgegenüber hatte das BSG im Urteil vom 26.11.1991 (BSGE 70, 31) noch betont, Entstehung und Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bestimmten sich nach dem Recht, das zur Zeit der Anspruchsentstehung gegolten habe, sofern nicht später entstandenes Recht etwas anderes bestimme (juris Rn. 14), so dass es in einem Fall, in dem ein (in der sechsten Blockfrist) im November 1988 wiederaufgelebter Krg-Anspruch für die Zeit ab Inkrafttreten des SGB V (01.01.1989) in Frage stand, ungeachtet einer abschnittsweisen Krg-Bewilligung entschieden hat, dass auf die weitere Dauer des wiederaufgelebten Krg-Anspruchs das alte Recht Anwendung finde (juris Rn. 16). Es war also ersichtlich der Ansicht, dass auch bei abschnittsweiser Krg-Bewilligung ein einheitlicher Leistungsanspruch vorliegt und nicht entsprechend den Bezugszeiträumen jeweils ein neuer selbstständiger Leistungsanspruch entsteht. Diese Sichtweise bestimmt auch noch das Urteil vom 08.02.2000 (BSGE 85, 271). Es beschäftigt sich nur mit der Frage, ob einem rückwirkend nach zwei Jahren erhobenen Anspruch auf Krg das Ruhen wegen der unterbliebenen Meldung (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) entgegenstehe. Das BSG hat zwar in der Entscheidung gefordert, dass die AU vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krg angezeigt werden müsse und dazu ausgeführt, auch wenn bei ununterbrochenem Leistungsbezug wegen der Befristung der bisherigen Krankschreibung über die Weitergewährung neu zu befinden sei, müsse der Versicherte die AU rechtzeitig vor Fristablauf feststellen lassen und seiner Krankenkasse melden, wenn er das Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden wolle (a.a.O. S. 275). Dass das BSG in diesem Zusammenhang aber nur das Ruhen des Anspruchs anspricht, zeigt, dass es offensichtlich die ärztliche Feststellung nicht als Entstehensvoraussetzung des weiteren Krg-Anspruchs angesehen hat, sondern (nur) als selbstverständliche Voraussetzung der Meldung (denn Ruhen kann nur ein entstandener Anspruch). 30Weshalb das BSG in dem Urteil vom 22.03.2005 hiervon abgerückt und - wie der Verweis auf BSGE 90, 72, 83, wo es um die erstmalige Entstehung des Krg-Anspruchs gegangen war, zeigt - jetzt annimmt, dass mit jedem Bewilligungszeitraum ein neuer Anspruch auf Krg entstehen muss, wird in der Entscheidung nicht näher begründet. Ohnehin ging es in der genannten Entscheidung auch nur um die Frage, ob bei einem während des Bezugs von Arbeitslosengeld (Alg) au gewordenen Versicherten die bei Beginn der AU geltenden Zumutbarkeitsbestimmungen des (damals geltenden) § 121 Drittes Buch Sozialgesetzbuch ((SGB III), jetzt § 140 Abs. 3 SGB III) maßgeblich für die Beurteilung der AU auch für die späteren Bewilligungsabschnitte sind. Insoweit hat das BSG sein Abrücken von dem Grundsatz, dass der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche nach dem zur Zeit der Anspruchsentstehung geltenden Recht zu beurteilen sei, u.a. damit begründet, es gehe hier nicht um eine Rechtsänderung, sondern um die Anwendung abgestufter Zumutbarkeitskriterien, die dem Anspruch auf Alg von vornherein innewohnten (juris Rn. 32). 31Im Urteil vom 08.11.2005 (BSGE 95, 219) hat das BSG diese Rechtsprechung nunmehr auch auf das Mitgliedschaftsverhältnis bezogen. Da es zu Lücken bei der ärztlichen Feststellung der AU gekommen sei, habe es an einer den Krg-Anspruch erhaltenden ärztlichen Feststellung durchgehender AU gefehlt, so dass die an die frühere Beschäftigung anknüpfende Mitgliedschaft mangels durchgehenden Krg-Anspruchs bei der späteren Geltendmachung des Krg-Anspruchs nicht mehr bestanden habe (a.a.O. Rn. 14). 322. Der Senat hält diese Rechtsprechung des BSG nicht für überzeugend. 33a) Es fehlt schon an einer nachvollziehbaren Begründung, weshalb das BSG abweichend von seiner früheren Auffassung jetzt annimmt, dass trotz durchgehender AU bei den in der Praxis üblichen zeitlich befristeten AU-Bescheinigungen und Krg-Bewilligungen jeweils rechtlich selbstständige Leistungsansprüche bestehen, auf die jeweils § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V Anwendung findet. Der Wortlaut der Vorschrift spricht nur von der Entstehung "des" Anspruchs auf Krg. Das Gesetz bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass dieser Anspruch nur für die Dauer des prognostizierten Zeitraums entsteht oder an dessen Ende erlischt und damit bei Fortbestehen der AU eine Kette von Krg-Ansprüchen besteht. Regelungen zum Ende bzw. dem Wegfall des Krg-Anspruchs trifft das Gesetz in § 50 Abs. 1 SGB V und § 51 Abs. 3 SGB V. Gerade mit Blick auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach Krg wegen derselben Krankheit von Beginn der AU für begrenzte Zeit gezahlt wird, liegt es näher, dass der durch die Feststellung der AU ausgelöste Krg-Anspruch so lange besteht, wie die durch dieselbe Krankheit verursachte AU objektiv vorliegt. 34Dagegen spricht auch nicht der Zweck der Vorschrift. Sie soll den Versicherten bewegen, rechtzeitig die AU durch einen Arzt feststellen zu lassen, um damit Missbrauch und Unsicherheiten wegen eines behaupteten früheren Eintritts von AU vorzubeugen (BSGE 95, 219 Rn.16). Die Erforderlichkeit einer ärztlichen Feststellung der AU geht auf eine Neufassung der Vorgängerregelung in § 182 Abs. 3 RVO zurück. Während davor der Nachweis der AU auch rückwirkend geführt werden konnte, hat dann der Gesetzgeber aus Gründen der Praktikabilität und zur Missbrauchsabwehr die Feststellung durch den Arzt für maßgeblich erklärt. Es ging also bei der Neuregelung (nur) darum, den Eintritt des Versicherungsfalls zuverlässig feststellen zu können und die Zuerkennung von Krg vor Aufsuchen eines Arztes auszuschließen (vgl. BSGE 24, 278, 279; Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung - SGB V, § 46 Rn. 21). Dieses Ziel ist erreicht, wenn man die erstmalige Gewährung von Krg von der ärztlichen Feststellung abhängig macht, weil damit das Vorliegen des Versicherungsfalls festgestellt ist und von der Kasse überprüft werden kann. Im Folgenden geht es nur noch um die Prüfung, ob dieser Versicherungsfall weiter vorliegt. Daher ist die Auffassung überzeugend, dass nach der Erstfeststellung der AU alle weiteren Krg-Ansprüche allein in Abhängigkeit vom tatsächlichen Fortbestehen des Versicherungsfalles entstehen und die weiteren AU-Feststellungen nur dem Nachweis des Fortbestehens der AU und nicht der Feststellung einer neuen AU dienen (Berchtold, Krankengeld, 2004, Rn. 527; Schmidt, a.a.O. § 44 Rn. 35a, § 46 Rn.32, § 49 Rn. 110a). 35b) Auch die Leistungsentscheidungen der Krankenkasse können nicht bewirken, dass ein entstandener Krg-Anspruch bei fortbestehender AU erlischt und neu entstehen muss. Dass bei zeitlich befristeten Krg-Bewilligungen schon das Ende des Bezugszeitraums festgelegt wird und dementsprechend eine neue Entscheidung für den Folgezeitraum zu ergehen hat, bedeutet nur, dass über die Folgezeit neu entschieden werden muss, ist aber unerheblich für die Frage, ob auch für die Folgeperiode der Krg-Anspruch neu entstehen muss. Wie oben gezeigt, hat die Rechtsprechung, wonach Krg nur für die Dauer des bescheinigten Zeitraums bewilligt wird, verfahrensrechtliche Bedeutung. Zwar müssen auch für den weiteren Krg-Bezug die gesetzlichen Voraussetzungen, namentlich fortbestehende AU vorliegen und es dürfen keine entgegenstehende Gründe wie die Anspruchserschöpfung (§ 48 Abs. 1 SGB V) oder ein gesetzlicher Ausschlusstatbestand (§ 50 Abs. 1 SGB V) eingreifen. Damit wird aber nur der Fortbestand des materiellen Krg-Anspruchs geprüft. Mit Recht ist daher in den Ausgangsentscheidungen des BSG nicht vom Ende des Krg-Anspruchs, sondern des Krg-Bezugsraums die Rede. 36Wenn demgegenüber das BSG jetzt meint, der Krg-Anspruch müsse für jeden Bewilligungsabschnitt neu entstehen und eigenständig geprüft werden, werden die Fragen des Ent- bzw. Bestehens des materiellen Krg-Anspruchs und dessen Zuerkennung durch die Kasse miteinander vermengt. Der materielle Krg-Anspruch besteht unabhängig von der Entscheidung der Kasse; ein zu Unrecht abgelehnter Anspruch geht, wie schon § 44 SGB X zeigt, nicht unter, sondern muss nur gegen die Kasse durchgesetzt werden. Im Übrigen geht das BSG auch selbst davon aus, dass die Entscheidung der Kasse nicht maßgeblich für das Bestehen des materiellen Krg-Anspruchs ist, wenn es annimmt, dass eine zeitlich nicht eingegrenzte ärztliche AU-Bescheinigung auch einen über den gegenwärtigen Krg-Bewilligungsabschnitt hinausreichenden Anspruch für weitere Bewilligungsabschnitte begründen kann (BSGE 111, 18 Rn. 18; BSG, Urteil vom 12.03.2013 - B 1 KR 7/12 R juris Rn. 15). Demnach besteht der materielle Krg-Anspruch unabhängig von der Verwaltungsentscheidung der Kasse. 37c) Wenn das BSG von zeitlich befristeten AU-Bescheinigungen und dementsprechender Krg-Bewilligung spricht und fordert, dass die weitere Feststellung der AU vor Ablauf des Krg-Bewilligungsabschnitts erfolgen müsse, liegt dem offenbar die Vorstellung zugrunde, dass Krg im Voraus für die Zeit der ärztlich prognostizierten Dauer der AU gewährt werde (s. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.11.2011 - L 9 KR 563/07 juris Rn. 39 ff., das unter Zitierung der Rechtsprechung des BSG meint, nach der "gesetzlichen Konzeption" könne ein Anspruch auf Krg nur für zukünftige, der Feststellung der AU folgende Zeiträume begründet werden, so dass es "grob fehlerhaft" sei, wenn eine Kasse für abgelaufene Zeiträume AU-Bescheinigungen verlange und nur für diese Zeiträume Krg zahle). 38Dem entspricht aber die sich auch in § 6 Abs. 2 Satz 2 der "Richtlinien des Gemeinsamen Bundesauschusses über die Beurteilung der AU und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 SGB V" ((AU-RL) i.d.F. vom 14.11.2013 (BAnz AT 27.01.2014 B4)) ausdrückende Praxis der Krankenkassen nicht. Nach Ablauf der Entgeltfortzahlung, während der der Krg-Anspruch ruht (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), erfolgt die Krg-Gewährung in der Praxis nach Kenntnis des Senats aus zahlreichen Verfahren verbreitet unter Verwendung von Auszahlscheinen. Dabei wird überwiegend das Krg nur bis zum Zeitpunkt der Ausstellung des Auszahlscheins gezahlt, auch wenn der Arzt darüber hinaus für eine Folgezeit AU bescheinigt hat. Andere Kassen - wie hier die Beklagte - zahlen das Krg auch über das Datum der Ausstellung hinausgehend bis zum Ende des Monats. In allen Fällen erfolgt aber immer die Gewährung von Krg rückwirkend für einen (zumindest weitgehend) bereits abgelaufenen Zeitraum. Wird sogar von der Krankenkasse Krg nachträglich nur bis zum Datum der Ausstellung der letzten AU-Bescheinigung gezahlt, gibt es nie einen Bewilligungsabschnitt, vor dessen Ablauf AU erneut festgestellt werden könnte. Dieser Praxis der Kassen entspricht § 6 Abs. 2 Satz 1 AU-RL, der vorsieht, dass die Bescheinigung für die Krg-Zahlung rückwirkend für einen nicht mehr als sieben Tage umfassenden Zeitraum (und nur für zwei Tage im Voraus) erfolgen soll, wobei Abs. 3 sogar davon ausgeht, dass rückwirkend AU auch dann bescheinigt werden darf, wenn der Versicherte mit triftigem Grund einen ärztlichen Behandlungstermin nicht wahrgenommen hat. Die Regelung geht also davon aus, dass es ausreicht, wenn rückblickend zuverlässig das objektive Bestehen von AU festgestellt werden kann. Auch wenn die AU-RL nicht einer gesetzlichen Regelung widersprechen oder sie modifizieren können, zeigen sie doch, dass die Praxis der Krg-Gewährung nicht (und noch nie) dem "Modell" des BSG einer Krg-Zahlung für einen der Bescheinigung nachfolgenden Zeitraum entspricht. Es ist somit festzustellen, dass die Krankenkassen zwar verbal die Rechtsprechung des BSG rezipieren, ihre Praxis der Krg-Zahlung aber einem anderen "Modell" folgt. Warum die Krankenkassen gleichwohl meinen, auf der Grundlage dieser Rechtsprechung Krg verweigern zu dürfen, wenn Versicherte zu einem späteren als dem im Auszahlschein angegebenen Datum den Arzt aufsuchen, um weiter AU bescheinigen zu lassen, bleibt offen. Sie können sich jedenfalls nicht darauf berufen, aufgrund ihrer befristeten Bewilligung habe der Krg-Anspruch mit dem Ende des Bewilligungszeitraums geendet, wenn sie ohnehin nicht für die voraussichtliche weitere Dauer der AU, sondern nur für den zurückliegenden Zeitraum Krg bewilligt haben (daher unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium der Krankenkasse die Berufung auf eine rückwirkende Feststellung von AU versagend, wenn bislang immer im Auszahlscheinverfahren Krg für rückwirkend bescheinigte AU-Zeiten gezahlt worden ist, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.04.2012 - L 11 KR 384/10, juris Rn. 38). 39d) In Wahrheit ist aber auch für das BSG die Krg-Bewilligung letztlich ohne rechtliche Bedeutung. Obwohl es immer die Formulierung von "zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krg-Gewährung" gebraucht bzw. die "Feststellung von AU vor Ablauf des Krg-Bewilligungsabschnitts" fordert, prüft es in den Entscheidungen nie, wann Bewilligungen erfolgt waren und welchen Inhalt diese hatten. Tatsächlich geht das BSG immer nur vom Inhalt der ärztlichen Bescheinigungen aus. Dies wird besonders deutlich in den Fällen, in denen überhaupt keine Krg-Bewilligung vorlag. So hatte in einem der am 26.06.2007 entschiedenen Fälle der Versicherte Entgeltfortzahlung auf der Grundlage einer entsprechend befristeten AU-Bescheinigung bis zum Ende der Beschäftigung am 31.05. erhalten. Die weitere ärztliche Feststellung der AU erfolgte dann am 01.06. Das BSG behauptet in der Entscheidung ohne weiteres, es gebe einen neuen Bewilligungsabschnitt ab dem 01.06., für den es dann an der Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft fehle (BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 12 Rn. 16), obwohl mit Sicherheit wegen der Entgeltfortzahlung keine Entscheidung über das Krg ergangen war und der noch während der Beschäftigung entstandene Krg-Anspruch lediglich wegen des Bezugs von Arbeitsentgelt geruht hatte (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Auch in dem dem Urteil vom 10.05.2012 (BSGE 111, 9) zugrunde liegenden Fall war keine Krg-Bewilligung erfolgt. Die Kasse hatte nämlich schon von Anfang an die Entstehung eines Krg-Anspruchs verneint, weil die AU erst am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt worden war, was die Kasse unter Hinweis auf ein Besprechungsergebnis der (früheren) Spitzenverbände der Krankenkassen (Besprechungsergebnis vom 07.05.2008, Die Leistungen 2008, 751) nicht für ausreichend gehalten hatte. Ebenso hatte in der Entscheidung vom 02.11.2007 die Krankenkasse aus Rechtsgründen von Anfang an die Zahlung von Krg abgelehnt - das BSG bejahte wohl grundsätzlich einen Krg-Anspruch, hielt aber bei der Prüfung dessen Dauer bei einer Lücke in den AU-Feststellungen den Verlust der Mitgliedschaft mit Krg-Anspruch für möglich (BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 14 Rn. 21). In allen diesen Fällen konnte es mangels Entscheidungen über das Krg auch keine Entscheidung der Kasse über das Ende des Anspruchs geben, so dass entgegen der Formel von "zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krg-Gewährung" allein der Inhalt der ärztlichen AU-Bescheinigungen über den Bestand des Krg-Anspruchs entscheiden sollte. Bezeichnenderweise verlangt das BSG in einem obiter dictum sogar bei einem Streit zwischen Kasse und Versichertem über das Bestehen von AU als Voraussetzung eines Krg-Anspruchs, dass der Versicherte sich bei befristeten AU-Bescheinigungen vor Fristablauf die AU erneut ärztlich bescheinigen lassen und der Kasse melden müsse, wenn er das Erlöschen oder das Ruhen des Anspruchs vermeiden wolle (BSGE 111, 18 Rn. 20), obwohl in dieser Zeit gerade keine "dementsprechenden" Krg-Bewilligungen erfolgen. Das behauptete Erlöschen des Krg-Anspruchs mit Ablauf des bescheinigten AU-Zeitraums konnte somit nicht durch eine das Ende des Krg-Anspruchs festlegende Entscheidung der Kasse über den Bezugszeitraum bewirkt worden sein. 40e) Wie dargelegt stellt somit das BSG allein auf den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung für den Bestand des Krg-Anspruchs ab. Bescheinigt der Arzt AU auf unbestimmte Zeit, bestünde demnach ein zeitlich nicht begrenzter Krg-Anspruch, während eine befristete Feststellung von AU dazu führen würde, dass auch nur ein entsprechend zeitlich begrenzter Anspruch auf Krg entsteht. Hierfür gibt aber weder der Wortlaut des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V etwas her, noch wäre diese Annahme mit der Bedeutung der ärztlichen Feststellung vereinbar. Die AU ist ein Rechtsbegriff, dessen Bestimmung jenseits der medizinischen Kompetenz des Arztes liegt (Tischler in BeckOK Sozialrecht SGB V, § 46 Rn.15). Der Arzt muss nur die medizinischen Anteile des AU-Begriffs feststellen, also Art und Schwere der Gesundheitsstörung und die damit verbundene Einschränkung des Leistungsvermögens. Demgegenüber obliegt die Entscheidung, ob der Versicherte damit au ist, weil er mit diesem Leistungsvermögen weder seine letzte noch eine ähnliche Tätigkeit verrichten kann, der Krankenkasse. Mit der Befristung trifft der Arzt nur eine prognostische Aussage, wie lange voraussichtlich die Einschränkung des Leistungsvermögens bestehen wird. Auch wenn er in der Bescheinigung eine Aussage über das Vorliegen von AU trifft, hat seine Bescheinigung nur die Bedeutung einer die Kasse nicht bindenden ärztlich-gutachterlichen Stellungnahme (BSGE 111, 18 Rn. 14; KassKomm/Brandts, § 46 SGB V Rn. 14). Dementsprechend hat das BSG in anderem Zusammenhang dezidiert ausgeführt, der Arzt habe nicht über das rechtliche Bestehen von Leistungsansprüchen - hier auf Krg - zu befinden oder gar hierüber Verwaltungsakte zu erlassen (BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 7 Rn. 28; BSGE 95, 219 Rn. 25). Mit dieser Aussage wäre unvereinbar, wenn die ärztliche Bescheinigung für die Dauer des entstandenen Anspruchs auf Krg maßgeblich wäre, weil damit faktisch der Arzt doch über den rechtlichen Bestand des Krg-Anspruchs "entscheiden" würde. Der Befristung einer ärztlichen Bescheinigung kann damit nicht die Bedeutung beigemessen werden, dass nur für den bescheinigten Zeitraum ein Krg-Anspruch entstanden ist. Damit fehlt es aber an einer tragfähigen Begründung für das Erlöschen des Krg-Anspruchs mit dem Ende des ärztlich bescheinigten AU-Zeitraums und die Notwendigkeit der Erfüllung aller leistungsrechtlichen Voraussetzungen einschließlich der ärztlichen Feststellung nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V für die Weiterbewilligung des Krg. 41f) Gegen die Auffassung des BSG ist auch einzuwenden, dass sie zu einer unterschiedlichen Behandlung von Versichertengruppen führt, die auch bei der Umsetzung der Rechtsprechung in der Praxis zu Verwirrungen führen kann. Für Versicherte in der KVdA gilt nämlich nicht § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V, sondern § 47b Abs. 1 Satz 2 SGB V, der ihnen einen Krg-Anspruch schon vom ersten Tag der AU an einräumt. Selbst wenn man entgegen dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, der nur auf das Bestehen von AU abstellt (daher einen Krg-Anspruch unabhängig von einer ärztlichen AU-Feststellung bejahend Just in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 47b Rn. 5; Joussen in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl., § 47b Rn. 2; Berchtold, Krankengeld, 2004, Rn. 888; Meyerhoff in jurisPK-SGB V, 2. Aufl., § 47b Rn. 35; Tischler in BeckOK-Sozialrecht, § 47b SGB V, Rn. 5; Krauskopf/Vay, Soz. Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 47b SGB V Rn. 7), mit dem BSG annimmt, "mit Rücksicht auf § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V" komme es auch bei § 47b Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht auf den wirklichen Beginn der AU, sondern deren ärztliche Feststellung an (BSGE 90, 72, 82; ebenso KassKomm/Brandts, § 47b SGB V, Rn. 13), entsteht der Krg-Anspruch bereits mit dem ersten Tag der AU-Feststellung. Bei Annahme rechtlich selbstständiger Einzelansprüche müsste die Vorschrift nach Ablauf der Leistungsfortzahlung (§ 146 SGB III) auch für die Folgeansprüche gelten, so dass bei befristeten AU-Bescheinigungen die Folgefeststellungen nicht schon am letzten Tag des bescheinigten Zeitraums erfolgen müssen, sondern eine Feststellung am folgenden Tag ausreichend wäre. Denn damit würde bereits für diesen Tag der (weitere) Anspruch auf Krg entstehen und somit eine nahtlose Reihe von Krg-Ansprüchen vorliegen, die zur Aufrechterhaltung der mit Krg-Anspruch verbundenen Mitgliedschaft in der KVdA ausreichen würde (so jetzt ausdrücklich BSGE 111, 9 Rn. 18 für die Beschäftigtenversicherung; soweit das BSG in einem Urteil vom 26.07.2007 (B 1 KR 2/07 R) gemeint hat, die Versicherung in der KVdA sei bei einem bis zum 14.08. bestehenden Krg-Anspruch am 15.08. bei der weiteren ärztlichen AU-Feststellung bereits beendet gewesen (juris Rn. 14), dürfte es entweder übersehen haben, dass unabhängig vom Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung an diesem Tag der Krg-Anspruch für den 15.08. entstanden war und dieser Anspruch sich damit nahtlos an den Krg-Bezug bis 14.08. anschloss oder es hat damals noch nicht eine nahtlose Kette von Krg-Ansprüchen für ausreichend gehalten). Es liegt auf der Hand, dass sowohl für Versicherte als auch Ärzte diese unterschiedlichen Voraussetzungen kaum verständlich sind und es damit zu Unsicherheiten hinsichtlich des Zeitpunkts eines Wiedervorstellungtermins kommen kann. 42Der Senat ist somit der Auffassung, dass lediglich für die erstmalige Entstehung des Krg-Anspruchs die ärztliche Feststellung der AU nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V erforderlich ist, während es bei durchgehender AU allein darauf ankommt, ob im gesamten Zeitraum objektiv AU bestanden hat. Aufgrund der vorliegenden AU-Bescheinigungen bestehen keine Zweifel, dass die Klägerin auch im Zeitraum vom 10.10.2011 bis 07.08.2012 durchgehend au war. Für die Zeit vom 08.08. bis 21.09.2012 steht ihr wegen der stationären Krankenhausbehandlung unabhängig vom Vorliegen von AU Krg zu (§ 44 Abs. 1 2. Alt. SGB V). Die Beklagte hat auch trotz ausdrücklicher Nachfrage des Senats weder das Vorliegen von AU bestritten noch sonst einem durchsetzbaren Krg-Anspruch entgegenstehende Gründe geltend gemacht, so dass weitere Ermittlungen des Senats nicht veranlasst waren. Die Beklagte war daher zur Gewährung von Krg für den Zeitraum vom 10.10.2011 bis 21.09.2012 zu verurteilen 433. a) Der Senat kann somit offen lassen, ob hier eine über den 09.10.2011 hinausreichende Feststellung der AU vorlag. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass im Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik aufgrund der akuten Schulterbeschwerden ein Leistungsvermögen von unter 3 Stunden täglich festgestellt worden ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten lag darin unabhängig von der weiter im Entlassungsbericht getroffenen Aussage, die Klägerin werde als arbeitsunfähig entlassen, die Feststellung der AU, da mit diesem Leistungsvermögen keine zur Bestreitung des Lebensunterhalts ausreichenden Arbeiten verrichtet werden können und bei einem Dauerzustand volle Erwerbsminderung vorliegt (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)). Fraglich könnte allenfalls sein, ob diese Leistungsbeurteilung auch noch für die Zeit nach dem 09.10.2011 gilt, denn im Entlassungsbericht wird davon ausgegangen, dass sich das Leistungsvermögen "innerhalb der nächsten Monate" bessern könne. Ob man aufgrund dieser Aussage mit der Klägerin davon ausgehen müsste, dass einen Monat nach der Entlassung noch keine wesentliche Besserung des Leistungsvermögens vorliegen konnte oder sie nicht als ausreichend konkret für eine AU-Feststellung über den 09.10.2011 hinaus ansieht, kann aber ebenso dahinstehen wie die Frage, ob durch die befristete AU-Bescheinigung des Arztes I die Prognose der Rehabilitationsklinik "überlagert" worden ist und seine Beurteilung somit allein maßgebend wäre. 44b) Ebenso braucht nicht entschieden werden, ob nicht deshalb die Nachholung der AU-Feststellung möglich wäre, weil der behandelnde Arzt in Kenntnis der Rechtsprechung des BSG AU bis zu einem Sonntag (9.10.2011) bescheinigt hat, so dass eine weitere AU-Feststellung an diesem Tag nicht möglich war (und der Arzt noch nicht einmal an dem davor liegenden Freitag in der Praxis anwesend war). Das BSG hat zwar im Urteil vom 04.03.2014 (B 1 KR 17/13 R) für eine vergleichbare Konstellation entschieden, dass die Nachholung der AU-Feststellung nicht möglich sein soll. Seine Ausführungen dazu können aber nicht überzeugen. 45Das BSG prüft insoweit im Rahmen eines Herstellungsanspruchs eine der Krankenkasse zuzurechnende Pflichtverletzung, die sie - unter Hinweis auf BSGE 111, 9 - verneint, weil die Krankenkassen nicht verpflichtet seien, die Versicherten über ihre Obliegenheiten zur Feststellung der AU aufzuklären. Bei dieser Argumentation bleibt aber die entscheidende Frage ausgeblendet, ob die rechtzeitige Feststellung der AU aus Gründen unterblieben ist, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse zuzurechnen sind. Insoweit will das BSG jedenfalls eine Fehlbeurteilung der AU durch einen Vertragsarzt der Krankenkasse zurechnen (siehe BSGE 95, 219 Rn. 24 f. bei einer übereinstimmenden Fehlbeurteilung von Arzt und MDK; früher schon BSGE 54, 62, 65 für eine Fehlbeurteilung durch einen Vertragsarzt). Es liegt daher nicht fern, dass in gleicher Weise die Handhabung der Ausstellung von AU-Bescheinigungen durch einen Vertragsarzt, die das Risiko in sich birgt, dass Folgebescheinigungen "zu spät" erfolgen, ein der Krankenkasse zuzurechnender Grund für die Versäumung der rechtzeitigen Feststellung der weiteren AU sein kann. Wenn der Arzt I die Rechtsprechung des BSG kennt, ist es unverständlich, warum er eine AU-Bescheinigung bis Sonntag ausstellt, einem Tag, an dem der Versicherte keine neue AU-Bescheinigung erlangen kann. Soweit das BSG in dem Urteil vom 04.03.2014 (a.a.O.) insoweit meint, ein Versicherter könne gegebenenfalls über den vertragsärztlichen Notdienst eine Folgebescheinigung erlangen (Rn. 20), erscheint dies fernliegend. Der Senat hält es für grundsätzlich verfehlt, Versicherte zwecks Erlangung einer AU-Bescheinigung an den vertragsärztlichen Notdienst zu verweisen. Dieser ist hierfür nicht eingerichtet, er dient der ambulanten Notfallbehandlung außerhalb der Sprechstundenzeiten und ist auf die Behebung einer akuten Notfallsituation durch Sofortmaßnahmen i.S. einer vorläufigen Versorgung gerichtet (Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung - SGB V, § 75 Rn. 12). Es liegt auf der Hand, dass die Erlangung einer AU-Bescheinigung außerhalb dieses Rahmens liegt. Gleichzeitig wird kaum ein Versicherter ohne entsprechenden Hinweis in Erwägung ziehen, dass er sich schon vor Ablauf des bescheinigten Zeitraums vorsorglich um eine Folgebescheinigung bemühen muss, zumal - wie bereits oben ausgeführt - eine AU-Feststellung am Montag nahtlos an die vorangegangene Bescheinigung anschließt (und dies bei einem arbeitslosen Versicherten sogar ausreichend für die Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes wäre, s. oben 2 f). 46Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, den Arzt für verpflichtet zu halten, entweder Bescheinigungen so auszustellen, dass eine zeitgerechte weitere AU-Feststellung sichergestellt ist oder aber den Patienten entsprechend rechtzeitig wieder einzubestellen. Dabei ist im vorliegenden Fall auch noch zu berücksichtigen, dass nach dem - für den Senat glaubhaften - Vortrag der Klägerin sie von der Sprechstundenhilfe die Auskunft erhalten hatte, eine Wiedervorstellung am Montag, dem 10.10.2011, sei ausreichend. Offenbar hatte der Arzt I sein Wissen nicht an seine Mitarbeiter weitergegeben und seine Praxisorganisation nicht so eingerichtet, dass eine Terminvergabe zur Erlangung rechtzeitiger neuer AU-Bescheinigungen gewährleistet war. 47Soweit das BSG in diesem Zusammenhang auf Schadensersatzansprüche gegen die Ärzte verweist (a.a.O. Rn. 20), erscheint dies dem Senat nicht zielführend. Unabhängig davon, dass für viele Patienten eine Klage gegen den behandelnden Arzt nicht in Betracht kommen wird, drängt sich die Frage auf, warum nicht eben jene Pflichtverletzung des Arztes, die zur Versäumung der AU-Feststellung geführt hat und einen Schadensersatzanspruch gegen den Arzt begründen soll, nicht auch im Rahmen der Organisation der gesetzlichen Krankenversicherung dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse zuzuweisen ist. Das BSG weist im Rahmen der Zurechnung einer Fehlbeurteilung der AU zu Recht darauf hin, insoweit müsse berücksichtigt werden, dass sich die Krankenkassen im Rahmen des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung zur Erfüllung der Ansprüche der Versicherten, zur Konkretisierung ihrer Behandlungsansprüche sowie zur Feststellung, ob die Voraussetzungen von AU erfüllt sind, zugelassener Leistungserbringer bedienen (BSGE 95, 219, Rn. 26). Das BSG hat auch im Zusammenhang mit der Meldung der AU der Kasse einen Fehler des Vertragsarztes zugerechnet und zur Begründung darauf hingewiesen, die Feststellung und Bescheinigung der AU durch einen Vertragsarzt seien Tätigkeiten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung, für die die Kassen eine Mitverantwortung trügen, so dass eine fehlerhafte Verfahrensweise des Arztes nicht dem Versicherten zugerechnet werden könne (BSG SozR 2200 § 216 Nr. 5). Vor diesem Hintergrund dürfte es daher näher liegen, bei einem fehlerhaften Handeln eines Vertragsarztes im Zusammenhang mit der Ausstellung von AU-Bescheinigungen die Nachholung der AU-Feststellung zuzulassen als den Versicherten auf einen Schadensersatzanspruch gegen den Arzt zu verweisen (ein der Kasse zuzurechnendes Fehlverhalten des Vertragsarztes in einem solchen Fall bejahend Mack in jurisPK-SGB V, 2. Aufl., § 19 Rn. 39). 48Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. 49Der Senat hat die Revision wegen Abweichung von der Rechtsprechung des BSG und wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) zugelassen.
auf die berufung der klägerin wird das urteil des sozialgerichts dortmund vom 20.02.2013 aufgehoben. die beklagte wird unter aufhebung des bescheides vom 11.10.2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 13.12.2011 verurteilt, der klägerin krankengeld vom 10.10.2011 bis 21.09.2012 nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen zu gewähren. die beklagte hat der klägerin die kosten beider rechtszüge zu erstatten. die revision wird zugelassen. 1
2die beteiligten streiten über die gewährung von krankengeld (krg) für die zeit vom 10.10.2011 bis 21.09.2012. 3die 1957 geborene klägerin war zuletzt als montagearbeiterin für armaturen beschäftigt. dabei hatte sie montage- und verpackungsarbeiten zu verrichten, wobei belastungsspitzen bis 5 - 10 kg auftraten. die beschäftigung endete am 03.05.2011 mit auslaufen des zeitvertrages. 4die klägerin war seit dem 01.04.2011 wegen schulter- und wirbelsäulenbeschwerden arbeitsunfähig (au) erkrankt. die beklagte zahlte krg ab dem 04.05.2011 im rahmen des auszahlscheinverfahrens. in dem auszahlschein heißt es (adressiert an den arzt): "damit wir krankengeld rechtzeitig überweisen können, bitten wir sie, jeweils bis zum 20. des monats die weitere dauer der arbeitsunfähigkeit auf diesem auszahlschein zu bestätigen." auf dem auszahlschein ist allerdings arbeitsunfähigkeit (au) immer abschnittsweise ohne orientierung an dem genannten datum bescheinigt worden. zahlungen der beklagten erfolgten ohne förmliche bescheidung, die zahlbeträge wurde jeweils überwiesen, wobei im überweisungstext der zeitraum angegeben wurde, für den die zahlung bestimmt war. ausweislich der zahlungsübersicht in der verwaltungsakte erfolgten die zahlungen für die tage 04. und 05.05.2011 am 23.05.2011, für den zeitraum 06.05. bis 31.05.2011 am 20.06.2011, für den zeitraum vom 01.06. bis 24.06.2011 am 22.06.2011, für den zeitraum vom 25.06. bis 30.06.2011 am 27.06.2011, für den zeitraum vom 01.07. bis 31.07.2011 am 25.07.2011, für den zeitraum vom 01.08.2011 bis 17.08.2011 am 26.08.2011. für die zeit vom 09.09. bis 30.09.2011 wurde das krankengeld am 23.09.2011 gezahlt, die abschließende zahlung erfolgte am 11.10.2011 für die zeit vom 01. bis 09.10.2011. 5in einem gutachten des medizinischen dienstes der krankenversicherung (mdk) vom 04.08.2011 wurde wegen belastungsabhängiger schmerzen im rechten schultergelenk und wegen einer lumbalen schmerzsymptomatik eine erhebliche gefährdung der erwerbsfähigkeit bejaht und au auf zeit festgestellt. vom 18.08. bis 08.09.2011 befand sich die klägerin in einer vom rentenversicherungsträger bewilligten stationären rehabilitationsmaßnahme. die entlassung erfolgte als arbeitsunfähig. im entlassungsbericht vom 07.09.2011 wurde ausgeführt, die klägerin habe während ihrer bisherigen berufstätigkeit stets arbeiten mit beanspruchung der arme, hände und der schulter verrichtet. da tätigkeiten mit diesem anforderungsprofil künftig kaum mehr übernommen werden könnten, habe man sie wegen beruflicher reha-leistungen beraten. aufgrund der gegenwärtigen schulterbeschwerden liege das leistungsvermögen unter 3 stunden täglich. dieses leistungsvermögen könne sich entsprechend dem verlauf der schulterverkalkung innerhalb der nächsten monate ändern. zum leistungsbild heißt es dann: keine ausschließlich mittelschweren arbeiten, kein heben, tragen oder bewegen von lasten vom mehr als 6 bis 8 kg, keine arbeiten mit längerer armvorhalte mit beanspruchung. im anschluss an die rekonvaleszenzphase bestehe auf dem allgemeinen arbeitsmarkt ein leistungsvermögen von mehr als 6 stunden täglich. 6der (damals) behandelnde arzt für allgemeinmedizin i bescheinigte auf dem auszahlschein am 09.09.2011 au bis 09.10.2011 (sonntag). die folgende feststellung von au erfolgte am 10.10. für die zeit bis 05.11.2011. die beklagte stellte daraufhin mit bescheid vom 11.10.2011 fest, dass ein anspruch auf krg nur für die zeit bis 09.10.2011 bestehe. die au sei im auszahlschein zuletzt bis 09.10.2011 befristet gewesen. die mitgliedschaft der klägerin habe wegen beendigung der beschäftigung nur durch den bezug von krg weiterbestanden, d.h. die mitgliedschaft bestehe nur bis zu dem tag, bis zu dem der arzt au attestiert habe, hier der 09.10.2011. da erst am 10.10.2011 erneut au festgestellt worden sei, sei der anspruch auf krg erst am 11.10. entstanden, zu diesem zeitpunkt habe keine mitgliedschaft mit anspruch auf krg mehr vorgelegen. 7die klägerin brachte zunächst eine bescheinigung des arztes i vom 13.10.2011 bei, in der es heißt, aus terminlichen gründen sei es nicht möglich gewesen, die patientin am 07.10.2011 in die sprechstunde zu bestellen. deshalb habe sie sich am 10.10.2011 vorstellen sollen. die beklagte wies die klägerin mündlich und sodann schriftlich am 04.11.2011 darauf hin, aus dem eingereichten attest ergäben sich keine auswirkungen auf den bescheid vom 11.10.2011. es bleibe bei dem ende des krg-anspruchs bzw. der mitgliedschaft. die klägerin habe entweder schon am 06.10.2011 die au "fortschreiben" lassen oder am 07.10.2011 einen anderen vertragsarzt aufsuchen müssen. mit ihrem schriftlichen widerspruch machte die klägerin dann geltend, sie habe sich aus von ihr nicht zu beeinflussenden terminlichen gründen nicht vor dem 09.10.2011 weiter krankschreiben lassen können. die forderung, einen vertretungsarzt aufzusuchen, bedeute eine übersteigerung ihrer mitwirkungspflicht. im übrigen komme es darauf nicht an, weil die beklagte es versäumt habe, sie über die folgen des verspäteten aufsuchens des arztes aufzuklären (hinweis auf die senatsentscheidung vom 14.07.2011 - l 16 kr 73/10). mit widerspruchsbescheid vom 13.12.2011 wies die beklagte den widerspruch zurück. sie verwies auf die ständige rechtsprechung des bsg, wonach bei abschnittsweiser gewährung von krankengeld für jeden bewilligungsabschnitt das vorliegen der leistungsrechtlichen voraussetzungen neu zu prüfen sei. danach sei die klägerin bei entstehung des neuen anspruchs am 11.10.2011 nicht mit anspruch auf krg versichert gewesen. aus dem genannten urteil des lsg nrw ergebe sich nichts anderes. zum einen handele es sich nicht um ein höchstrichterliches urteil, zum anderen sei der sachverhalt anders gelagert gewesen, da dort eine au-feststellung am letzten tag des beschäftigungsverhältnisses in frage gestanden habe. 8zur begründung ihrer klage, mit der die klägerin unter hinweis auf das noch nicht absehbare ende der au krg über den 10.10.2011 hinaus begehrt hat, hat sie sich auf ihre widerspruchsbegründung und das genannte senatsurteil bezogen. nach ergehen der entscheidung des bsg vom 10.05.2012 (b 1 kr 17/11 r) hat die klägerin auf einen hinweis des sozialgerichts auf diese entscheidung und die möglichkeit, am 07.10.2011 einen vertretungsarzt aufzusuchen, ausgeführt, der gerichtliche hinweis gehe an der realität vorbei. es sei kaum möglich, derart kurzfristig einen vertretungsarzt zu finden, der zum einen einen freien termin habe und zum anderen angesichts der unkenntnis des bisherigen krankheitsverlaufes bereit sei, au zu bescheinigen. aufgrund der von ihr geschilderten 9"notsituation" dürfe ihr der versicherungsschutz nicht entzogen werden, zumal ihr die sprechstundenhilfe die auskunft gegeben habe, es genüge, wenn sie sich am 10.10.2011 vorstelle. 10mit urteil vom 20.02.2013 hat das sozialgericht die klage abgewiesen. die klägerin sei am 10.10.2011 nicht mehr mit anspruch auf krg versichert gewesen. nach dem ende ihres beschäftigungsverhältnisses sei der versicherungsschutz als arbeitnehmerin gem. § 192 abs. 1 nr. 2 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v) aufrechterhalten worden. bei feststellung der au am 10.10.2011 habe die klägerin weder krg bezogen noch für diesen tag einen anspruch auf krg gehabt. entsprechend der zuvor erteilten au-bescheinigung habe ihr krg-anspruch am 09.10.2011 geendet. bei befristeten au-feststellungen müssten die voraussetzungen des krg-anspruchs für jeden abschnitt neu festgestellt werden. eine nachholung der au-feststellung komme nicht in betracht, denn es sei nicht ersichtlich, dass die klägerin durch außerhalb ihres verantwortungsbereichs liegende umstände an der rechtzeitigen verlängerung der au-feststellung gehindert gewesen sei. bloße unkenntnis reiche nicht aus, unkenntnis des behandelnden arztes könne nur zu einem schadensersatz gegen diesen führen. im übrigen hätte die klägerin einen vertretungsarzt, ggf. den kassenärztlichen notdienst aufsuchen können, um fristgerecht die au bescheinigen zu lassen. 11gegen das ihr am 13.03.2013 zugestellte urteil hat die klägerin am 05.04.2013 berufung eingelegt. sie bezieht sich auf ihren bisherigen vortrag und macht unter hinweis auf ihre berufliche tätigkeit und die damit verbundene belastung geltend, im entlassungsbericht der rehabilitationsmaßnahme sei festgestellt worden, dass eine besserung der schulterbeschwerden in den "nächsten monaten" zu erwarten sei. dieser zeitraum sei zum zeitpunkt 09.10./10.10.2011 noch nicht abgelaufen gewesen. somit liege auch für diesen zeitpunkt die ärztliche feststellung der au vor. nach dem urteil des bsg vom 10.05.2012 (b 1 kr 20/11 r) könne auch eine einzige ärztliche bescheinigung einen anspruch auf krankengeld für mehrere zeitabschnitte begründen. somit liege eine rechtzeitige ärztliche feststellung der au für die zeit ab 10.10.2011 vor. 12die klägerin beantragt, 13das urteil des sozialgerichts dortmund vom 20.02.2013 aufzuheben und die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 11.10.2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 13.12.2011 zu verurteilen, ihr krankengeld vom 10.10.2011 bis 21.09.2012 nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen zu gewähren. 14die beklagte beantragt, 15die berufung zurückzuweisen. 16sie hält die angefochtene entscheidung für zutreffend und verweist auf die rechtsprechung des bsg sowie die ausführungen des sozialgerichts. ausführungen zum leistungsvermögen im reha-entlassungsbericht seien keine ärztliche feststellung der au im sinne des § 46 satz 1 nr. 2 sgb v. 17im berufungsverfahren ist eine schriftliche auskunft des arztes für allgemeinmedizin i eingeholt worden. er hat mitgeteilt, die klägerin sei bereits am 05.10.2011 wegen einer anderen erkrankung in der praxis bei einem anderen arzt der gemeinschaftspraxis gewesen. zu diesem zeitpunkt habe sie keinen auszahlschein dabeigehabt. am 06.10.2011 habe sie nicht nach einem termin gefragt, um den auszahlschein auszufüllen. am 07.10.2011 sei er nicht in der praxis gewesen. sodann führt er auf die entsprechende frage aus: "selbstverständlich ist uns die rechtsprechung des bsg bekannt, dass bei befristeten au-bescheinigungen spätestens am letzten tag des bescheinigten zeitraums eine neue feststellung der au erfolgen muss. das bsg regelt aber nicht, dass ich persönlich bei den patienten vorbeikommen muss, dieser muss sich schon selber um seine termine bemühen!" 18nach den vorliegenden auszahlscheinen ist au vom 09.09.2011 bis zum 07.08.2012 bescheinigt worden. vom 08.08. bis 21.09.2012 hat sich die klägerin in stationärer behandlung in einer klinik für psychosomatik befunden. 19wegen weiterer einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der verwaltungsakte der beklagten verwiesen, der gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist. 20
21i. die berufung der klägerin ist statthaft und auch sonst zulässig. 22ii. sie ist auch begründet. der bescheid vom 11.10.2011 ist rechtswidrig, denn der klägerin steht krg auch für die zeit vom 10.10.2011 bis 21.09.2012 zu, so dass das sozialgericht die klage zu unrecht abgewiesen hat. 23nach § 44 abs. 1 1. alt. sgb v haben versicherte anspruch auf krg, wenn krankheit sie au macht. ob der betreffende mit anspruch auf krg versichert ist, bestimmt sich nach seinem status zum zeitpunkt der ärztlichen feststellung der au (so jetzt bsge 111, 18, rn. 15; anders allerdings erneut bsg, urteil vom 04.03.2014 - b 1 kr 17/13 r - rn. 14, wo wieder die frühere formulierung aufgegriffen wird, für den umfang des versicherungsschutzes sei auf den tag abzustellen, der dem tag der feststellung der au folge). die klägerin war 03.05.2011 aufgrund ihrer beschäftigung als montagearbeiterin mit anspruch auf krg versichert (§§ 5 abs. 1 nr. 1, 44 sgb v). ihre mitgliedschaft endete aber nicht mit dem wegfall der beschäftigung gegen entgelt, sondern blieb nach maßgabe des § 192 abs. 1 nr. 2 sgb v durch den bezug von krg bzw. einen anspruch auf krg erhalten. somit bestand die mitgliedschaft aus der beschäftigtenversicherung bis zum 09.10.2011 schon aufgrund der gewährung von krg fort. sie bestand aber auch im zeitraum vom 10.10.2011 bis 21.09.2012 fort, da der klägerin aufgrund der am 01.04.2011 eingetretenen und festgestellten au ein durchgehender mitgliedschaftserhaltender krg-anspruch zustand, der unabhängig vom zeitpunkt weiterer ärztlicher au-feststellungen bestand. 24allerdings geht das bsg in ständiger rechtsprechung davon aus, dass auch bei fortdauernder au, "aber abschnittsweiser krg-bewilligung" in jedem bewilligungszeitraum rechtlich selbstständige ansprüche auf krg bestehen. das bsg verlangt "bei zeitlich befristeter au-feststellung und dementsprechender krg-gewährung", dass die voraussetzungen des krg-anspruchs, vor allem ein mitgliedschaftsverhältnis mit anspruch auf krg, für jeden bewilligungsabschnitt erneut festgestellt werden müssen, wobei § 46 satz 1 nr. 2 sgb v uneingeschränkt auch dann anwendung finden soll, wenn es um die folge-au wegen derselben krankheit geht (vgl. bsge 94, 247; 95, 219; sozr 4-2500 § 44 nr. 12; sozr 4-2500 § 46 nr. 12; urteil vom 26.07.2007 - b 1 kr 2/07 r = usk 2007-33; sozr 4-2500 § 44 nr. 14; sozr 4-2500 § 192 nr. 4; bsge 111, 9; 111, 18; urteil vom 04.03.2014 - b 1 kr 17/13 r). das bsg nimmt somit eine kette rechtlich selbstständiger ansprüche an, die jeweils neu entstehen müssen. da nach § 46 satz 1 nr. 2 sgb v ein krg-anspruch am tag nach der ärztlichen feststellung der au entsteht, muss die weitere au vor ablauf des krg-bewilligungsabschnitts (und zwar spätestens am letzten tag des bewilligungszeitraums) erneut ärztlich festgestellt werden, damit eine nahtlose reihe von krg-ansprüchen besteht, die für die erhaltung der mitgliedschaft erforderlich ist. wegen der verzögerten anspruchsentstehung erst am tag nach der ärztlichen feststellung der au (anders allerdings bei versicherten im rahmen der krankenversicherung der arbeitslosen (kvda), § 47b abs. 1 satz 2 sgb v, s. dazu unten 2 f) führt eine "lücke" in den au-feststellungen (in wahrheit liegt allerdings insoweit keine lücke vor, weil eine au-feststellung am tag nach dem zuletzt bescheinigten zeitraum nahtlos an die vorangegangene feststellung anknüpft; lediglich wegen der anwendung des § 46 satz 1 nr. 2 sgb v kommt es zu einer lücke in den krg-anspruchszeiträumen) dazu, dass mit dem ende des krg-anspruchs auch die über ihn aufrechterhaltene mitgliedschaft mit anspruch auf krg endet und anschließend allenfalls ein nachgehender krg-anspruch (§ 19 abs. 2 sgb v) in betracht kommt (s. dazu bsge 111, 9 rn. 30 ff.). 25auf der grundlage dieser rechtsprechung haben die beklagte und das sozialgericht angenommen, die klägerin sei am 10.10.2011 bei der erneuten ärztlichen feststellung der au nicht mehr mit anspruch auf krg versichert gewesen, da ihre mitgliedschaft mit dem krg-anspruch am 09.10.2011 geendet habe. diese annahme ist allerdings schon auf dem boden der zitierten rechtsprechung des bsg deshalb fragwürdig, weil dessen argumentation immer auf das ende des krg-bewilligungszeitraums abstellt. da hier die beklagte am 23.09.2011 krg nur für den zeitraum 09.09. - 30.09.2011 gezahlt hat, gab es keinen am 09.10.2011 ablaufenden krg-bewilligungsabschnitt, so dass die forderung nach erneuter au-feststellung "vor ablauf des letzten bewilligungsabschnitts" ins leere geht. 26der senat, der bisher ebenso wie andere obergerichte (s. nur lsg berlin-brandenburg, urteil vom 23.11.2011 - l 9 kr 563/11; lsg hamburg, urteil vom 04.12.2012 - l 1 kr 25/11; lsg hessen, urteil vom 24.10.2013 - l 8 kr 114/12; lsg nrw, urteil vom 19.12.2012 - l 11 kr 538/12; urteil vom 11.04.2013 - l 5 kr 462/12) der genannten rechtsprechung des bsg gefolgt ist (s. etwa senat, urteil vom 14.07.2011 - l 16 kr 73/10; urteil vom 15.03.2012 - l 16 kr 146/11), hält nach überprüfung hieran nicht fest und ist der auffassung, dass es der ärztlichen feststellung der au als voraussetzung der entstehung des krg-anspruchs nur für den beginn des krg-anspruchs bedarf und dieser - unabhängig von ärztlichen feststellungen und bescheinigungen - so lange fortbesteht, wie objektiv au wegen derselben krankheit vorliegt (ebenso sg trier, urteil vom 24.04.2013 - s 5 kr 77/12; sg mainz, urteil vom 24.09.2013 - s 17 kr 247/12; sg speyer, urteil vom 22.11.2013 - s 19 kr 600/11). es ist demnach unerheblich, dass hier nach der au-bescheinigung bis 09.10.2011 die folgebescheinigung erst am 10.10.2011 erfolgte. 271. das bsg hat erstmals im urteil vom 22.03.2005 (bsge 94, 247) angenommen, dass bei abschnittsweiser gewährung von krg das vorliegen der leistungsrechtlichen voraussetzungen für jeden weiteren bewilligungsabschnitt zu prüfen sei. es hat dabei an frühere rechtsprechung angeknüpft (nach dem leitsatz zu 1) wird das urteil unter anderem als fortführung von bsge 70, 31 bezeichnet), die allerdings nur den inhalt von krg-bewilligungen betraf. das bsg hatte insoweit entschieden, dass in einer gewährung von krg wegen au auf der grundlage einer befristeten au-bescheinigung vorbehaltlich einer abweichenden bestimmung regelmäßig die entscheidung der kasse zu sehen sei, dass krg für die zeit der bescheinigten au gewährt werde, so dass damit mit der krg-bewilligung auch über das - vorläufige - ende der krg-bezugszeit entschieden werde (grundlegend bsg sozr 2200 § 182 nr. 103; bsge 70, 31). rechtliche bedeutung hat diese aussage des bsg aber allein auf der verfahrensrechtlichen ebene: aufgrund der zeitlichen begrenzung der bewilligung kann die kasse über die weiterbewilligung von krg ungeachtet der vorangegangenen bewilligung ohne die bindungen der §§ 45, 48 zehntes buch sozialgesetzbuch (sgb x) entscheiden. sie kann also eigenständig prüfen, ob die gesetzlichen voraussetzungen des krg-anspruchs (weiter) vorliegen und dürfte ohne rücksicht auf die vorangegangene bewilligung eine weitergewährung ablehnen, wenn etwa die au unzutreffend beurteilt oder ein gesetzlicher ausschlussgrund (s. § 50 abs. 1 sgb v) nicht beachtet worden wäre. ebenso liegt in der ablehnung der weitergewährung nicht der entzug der leistung, so dass § 86a abs. 2 nr. 3 sgg nicht eingreift (s. bayerisches lsg, nzs 2012, 341; schleswig-holsteinisches lsg, breith. 2013, 657). in den genannten entscheidungen wird dementsprechend auch nicht vom ende des krg-anspruchs, sondern nur vom "ende der krg-bezugszeit" gesprochen. 28über diese rechtsprechung geht das bsg im urteil vom 22.03.2005 (und in den folgenden entscheidungen) hinaus, wenn es ausführt, dass auch nach vorangegangener krg-gewährung "die rechtlichen voraussetzungen des krg-anspruchs und damit ein neuer leistungsfall" zu prüfen seien (juris rn. 31). es nimmt jetzt also an, dass mit ablauf des bisher bewilligten krg-bezugs ein neuer krg-anspruch entstehen muss, so dass folgerichtig auch § 46 satz 1 nr. 2 sgb v zur anwendung kommt (so ausdrücklich bsg sozr 4-2500 § 44 nr. 12 rn.16). 29demgegenüber hatte das bsg im urteil vom 26.11.1991 (bsge 70, 31) noch betont, entstehung und fortbestand sozialrechtlicher ansprüche bestimmten sich nach dem recht, das zur zeit der anspruchsentstehung gegolten habe, sofern nicht später entstandenes recht etwas anderes bestimme (juris rn. 14), so dass es in einem fall, in dem ein (in der sechsten blockfrist) im november 1988 wiederaufgelebter krg-anspruch für die zeit ab inkrafttreten des sgb v (01.01.1989) in frage stand, ungeachtet einer abschnittsweisen krg-bewilligung entschieden hat, dass auf die weitere dauer des wiederaufgelebten krg-anspruchs das alte recht anwendung finde (juris rn. 16). es war also ersichtlich der ansicht, dass auch bei abschnittsweiser krg-bewilligung ein einheitlicher leistungsanspruch vorliegt und nicht entsprechend den bezugszeiträumen jeweils ein neuer selbstständiger leistungsanspruch entsteht. diese sichtweise bestimmt auch noch das urteil vom 08.02.2000 (bsge 85, 271). es beschäftigt sich nur mit der frage, ob einem rückwirkend nach zwei jahren erhobenen anspruch auf krg das ruhen wegen der unterbliebenen meldung (§ 49 abs. 1 nr. 5 sgb v) entgegenstehe. das bsg hat zwar in der entscheidung gefordert, dass die au vor jeder erneuten inanspruchnahme des krg angezeigt werden müsse und dazu ausgeführt, auch wenn bei ununterbrochenem leistungsbezug wegen der befristung der bisherigen krankschreibung über die weitergewährung neu zu befinden sei, müsse der versicherte die au rechtzeitig vor fristablauf feststellen lassen und seiner krankenkasse melden, wenn er das ruhen des leistungsanspruchs vermeiden wolle (a.a.o. s. 275). dass das bsg in diesem zusammenhang aber nur das ruhen des anspruchs anspricht, zeigt, dass es offensichtlich die ärztliche feststellung nicht als entstehensvoraussetzung des weiteren krg-anspruchs angesehen hat, sondern (nur) als selbstverständliche voraussetzung der meldung (denn ruhen kann nur ein entstandener anspruch). 30weshalb das bsg in dem urteil vom 22.03.2005 hiervon abgerückt und - wie der verweis auf bsge 90, 72, 83, wo es um die erstmalige entstehung des krg-anspruchs gegangen war, zeigt - jetzt annimmt, dass mit jedem bewilligungszeitraum ein neuer anspruch auf krg entstehen muss, wird in der entscheidung nicht näher begründet. ohnehin ging es in der genannten entscheidung auch nur um die frage, ob bei einem während des bezugs von arbeitslosengeld (alg) au gewordenen versicherten die bei beginn der au geltenden zumutbarkeitsbestimmungen des (damals geltenden) § 121 drittes buch sozialgesetzbuch ((sgb iii), jetzt § 140 abs. 3 sgb iii) maßgeblich für die beurteilung der au auch für die späteren bewilligungsabschnitte sind. insoweit hat das bsg sein abrücken von dem grundsatz, dass der fortbestand sozialrechtlicher ansprüche nach dem zur zeit der anspruchsentstehung geltenden recht zu beurteilen sei, u.a. damit begründet, es gehe hier nicht um eine rechtsänderung, sondern um die anwendung abgestufter zumutbarkeitskriterien, die dem anspruch auf alg von vornherein innewohnten (juris rn. 32). 31im urteil vom 08.11.2005 (bsge 95, 219) hat das bsg diese rechtsprechung nunmehr auch auf das mitgliedschaftsverhältnis bezogen. da es zu lücken bei der ärztlichen feststellung der au gekommen sei, habe es an einer den krg-anspruch erhaltenden ärztlichen feststellung durchgehender au gefehlt, so dass die an die frühere beschäftigung anknüpfende mitgliedschaft mangels durchgehenden krg-anspruchs bei der späteren geltendmachung des krg-anspruchs nicht mehr bestanden habe (a.a.o. rn. 14). 322. der senat hält diese rechtsprechung des bsg nicht für überzeugend. 33a) es fehlt schon an einer nachvollziehbaren begründung, weshalb das bsg abweichend von seiner früheren auffassung jetzt annimmt, dass trotz durchgehender au bei den in der praxis üblichen zeitlich befristeten au-bescheinigungen und krg-bewilligungen jeweils rechtlich selbstständige leistungsansprüche bestehen, auf die jeweils § 46 satz 1 nr. 2 sgb v anwendung findet. der wortlaut der vorschrift spricht nur von der entstehung "des" anspruchs auf krg. das gesetz bietet keinen anhaltspunkt dafür, dass dieser anspruch nur für die dauer des prognostizierten zeitraums entsteht oder an dessen ende erlischt und damit bei fortbestehen der au eine kette von krg-ansprüchen besteht. regelungen zum ende bzw. dem wegfall des krg-anspruchs trifft das gesetz in § 50 abs. 1 sgb v und § 51 abs. 3 sgb v. gerade mit blick auf § 48 abs. 1 satz 1 sgb v, wonach krg wegen derselben krankheit von beginn der au für begrenzte zeit gezahlt wird, liegt es näher, dass der durch die feststellung der au ausgelöste krg-anspruch so lange besteht, wie die durch dieselbe krankheit verursachte au objektiv vorliegt. 34dagegen spricht auch nicht der zweck der vorschrift. sie soll den versicherten bewegen, rechtzeitig die au durch einen arzt feststellen zu lassen, um damit missbrauch und unsicherheiten wegen eines behaupteten früheren eintritts von au vorzubeugen (bsge 95, 219 rn.16). die erforderlichkeit einer ärztlichen feststellung der au geht auf eine neufassung der vorgängerregelung in § 182 abs. 3 rvo zurück. während davor der nachweis der au auch rückwirkend geführt werden konnte, hat dann der gesetzgeber aus gründen der praktikabilität und zur missbrauchsabwehr die feststellung durch den arzt für maßgeblich erklärt. es ging also bei der neuregelung (nur) darum, den eintritt des versicherungsfalls zuverlässig feststellen zu können und die zuerkennung von krg vor aufsuchen eines arztes auszuschließen (vgl. bsge 24, 278, 279; schmidt in peters, handbuch der krankenversicherung - sgb v, § 46 rn. 21). dieses ziel ist erreicht, wenn man die erstmalige gewährung von krg von der ärztlichen feststellung abhängig macht, weil damit das vorliegen des versicherungsfalls festgestellt ist und von der kasse überprüft werden kann. im folgenden geht es nur noch um die prüfung, ob dieser versicherungsfall weiter vorliegt. daher ist die auffassung überzeugend, dass nach der erstfeststellung der au alle weiteren krg-ansprüche allein in abhängigkeit vom tatsächlichen fortbestehen des versicherungsfalles entstehen und die weiteren au-feststellungen nur dem nachweis des fortbestehens der au und nicht der feststellung einer neuen au dienen (berchtold, krankengeld, 2004, rn. 527; schmidt, a.a.o. § 44 rn. 35a, § 46 rn.32, § 49 rn. 110a). 35b) auch die leistungsentscheidungen der krankenkasse können nicht bewirken, dass ein entstandener krg-anspruch bei fortbestehender au erlischt und neu entstehen muss. dass bei zeitlich befristeten krg-bewilligungen schon das ende des bezugszeitraums festgelegt wird und dementsprechend eine neue entscheidung für den folgezeitraum zu ergehen hat, bedeutet nur, dass über die folgezeit neu entschieden werden muss, ist aber unerheblich für die frage, ob auch für die folgeperiode der krg-anspruch neu entstehen muss. wie oben gezeigt, hat die rechtsprechung, wonach krg nur für die dauer des bescheinigten zeitraums bewilligt wird, verfahrensrechtliche bedeutung. zwar müssen auch für den weiteren krg-bezug die gesetzlichen voraussetzungen, namentlich fortbestehende au vorliegen und es dürfen keine entgegenstehende gründe wie die anspruchserschöpfung (§ 48 abs. 1 sgb v) oder ein gesetzlicher ausschlusstatbestand (§ 50 abs. 1 sgb v) eingreifen. damit wird aber nur der fortbestand des materiellen krg-anspruchs geprüft. mit recht ist daher in den ausgangsentscheidungen des bsg nicht vom ende des krg-anspruchs, sondern des krg-bezugsraums die rede. 36wenn demgegenüber das bsg jetzt meint, der krg-anspruch müsse für jeden bewilligungsabschnitt neu entstehen und eigenständig geprüft werden, werden die fragen des ent- bzw. bestehens des materiellen krg-anspruchs und dessen zuerkennung durch die kasse miteinander vermengt. der materielle krg-anspruch besteht unabhängig von der entscheidung der kasse; ein zu unrecht abgelehnter anspruch geht, wie schon § 44 sgb x zeigt, nicht unter, sondern muss nur gegen die kasse durchgesetzt werden. im übrigen geht das bsg auch selbst davon aus, dass die entscheidung der kasse nicht maßgeblich für das bestehen des materiellen krg-anspruchs ist, wenn es annimmt, dass eine zeitlich nicht eingegrenzte ärztliche au-bescheinigung auch einen über den gegenwärtigen krg-bewilligungsabschnitt hinausreichenden anspruch für weitere bewilligungsabschnitte begründen kann (bsge 111, 18 rn. 18; bsg, urteil vom 12.03.2013 - b 1 kr 7/12 r juris rn. 15). demnach besteht der materielle krg-anspruch unabhängig von der verwaltungsentscheidung der kasse. 37c) wenn das bsg von zeitlich befristeten au-bescheinigungen und dementsprechender krg-bewilligung spricht und fordert, dass die weitere feststellung der au vor ablauf des krg-bewilligungsabschnitts erfolgen müsse, liegt dem offenbar die vorstellung zugrunde, dass krg im voraus für die zeit der ärztlich prognostizierten dauer der au gewährt werde (s. auch lsg berlin-brandenburg, urteil vom 23.11.2011 - l 9 kr 563/07 juris rn. 39 ff., das unter zitierung der rechtsprechung des bsg meint, nach der "gesetzlichen konzeption" könne ein anspruch auf krg nur für zukünftige, der feststellung der au folgende zeiträume begründet werden, so dass es "grob fehlerhaft" sei, wenn eine kasse für abgelaufene zeiträume au-bescheinigungen verlange und nur für diese zeiträume krg zahle). 38dem entspricht aber die sich auch in § 6 abs. 2 satz 2 der "richtlinien des gemeinsamen bundesauschusses über die beurteilung der au und die maßnahmen zur stufenweisen wiedereingliederung nach § 92 abs. 1 s. 2 nr. 7 sgb v" ((au-rl) i.d.f. vom 14.11.2013 (banz at 27.01.2014 b4)) ausdrückende praxis der krankenkassen nicht. nach ablauf der entgeltfortzahlung, während der der krg-anspruch ruht (§ 49 abs. 1 nr. 1 sgb v), erfolgt die krg-gewährung in der praxis nach kenntnis des senats aus zahlreichen verfahren verbreitet unter verwendung von auszahlscheinen. dabei wird überwiegend das krg nur bis zum zeitpunkt der ausstellung des auszahlscheins gezahlt, auch wenn der arzt darüber hinaus für eine folgezeit au bescheinigt hat. andere kassen - wie hier die beklagte - zahlen das krg auch über das datum der ausstellung hinausgehend bis zum ende des monats. in allen fällen erfolgt aber immer die gewährung von krg rückwirkend für einen (zumindest weitgehend) bereits abgelaufenen zeitraum. wird sogar von der krankenkasse krg nachträglich nur bis zum datum der ausstellung der letzten au-bescheinigung gezahlt, gibt es nie einen bewilligungsabschnitt, vor dessen ablauf au erneut festgestellt werden könnte. dieser praxis der kassen entspricht § 6 abs. 2 satz 1 au-rl, der vorsieht, dass die bescheinigung für die krg-zahlung rückwirkend für einen nicht mehr als sieben tage umfassenden zeitraum (und nur für zwei tage im voraus) erfolgen soll, wobei abs. 3 sogar davon ausgeht, dass rückwirkend au auch dann bescheinigt werden darf, wenn der versicherte mit triftigem grund einen ärztlichen behandlungstermin nicht wahrgenommen hat. die regelung geht also davon aus, dass es ausreicht, wenn rückblickend zuverlässig das objektive bestehen von au festgestellt werden kann. auch wenn die au-rl nicht einer gesetzlichen regelung widersprechen oder sie modifizieren können, zeigen sie doch, dass die praxis der krg-gewährung nicht (und noch nie) dem "modell" des bsg einer krg-zahlung für einen der bescheinigung nachfolgenden zeitraum entspricht. es ist somit festzustellen, dass die krankenkassen zwar verbal die rechtsprechung des bsg rezipieren, ihre praxis der krg-zahlung aber einem anderen "modell" folgt. warum die krankenkassen gleichwohl meinen, auf der grundlage dieser rechtsprechung krg verweigern zu dürfen, wenn versicherte zu einem späteren als dem im auszahlschein angegebenen datum den arzt aufsuchen, um weiter au bescheinigen zu lassen, bleibt offen. sie können sich jedenfalls nicht darauf berufen, aufgrund ihrer befristeten bewilligung habe der krg-anspruch mit dem ende des bewilligungszeitraums geendet, wenn sie ohnehin nicht für die voraussichtliche weitere dauer der au, sondern nur für den zurückliegenden zeitraum krg bewilligt haben (daher unter dem gesichtspunkt des venire contra factum proprium der krankenkasse die berufung auf eine rückwirkende feststellung von au versagend, wenn bislang immer im auszahlscheinverfahren krg für rückwirkend bescheinigte au-zeiten gezahlt worden ist, lsg baden-württemberg, urteil vom 24.04.2012 - l 11 kr 384/10, juris rn. 38). 39d) in wahrheit ist aber auch für das bsg die krg-bewilligung letztlich ohne rechtliche bedeutung. obwohl es immer die formulierung von "zeitlich befristeter au-feststellung und dementsprechender krg-gewährung" gebraucht bzw. die "feststellung von au vor ablauf des krg-bewilligungsabschnitts" fordert, prüft es in den entscheidungen nie, wann bewilligungen erfolgt waren und welchen inhalt diese hatten. tatsächlich geht das bsg immer nur vom inhalt der ärztlichen bescheinigungen aus. dies wird besonders deutlich in den fällen, in denen überhaupt keine krg-bewilligung vorlag. so hatte in einem der am 26.06.2007 entschiedenen fälle der versicherte entgeltfortzahlung auf der grundlage einer entsprechend befristeten au-bescheinigung bis zum ende der beschäftigung am 31.05. erhalten. die weitere ärztliche feststellung der au erfolgte dann am 01.06. das bsg behauptet in der entscheidung ohne weiteres, es gebe einen neuen bewilligungsabschnitt ab dem 01.06., für den es dann an der aufrechterhaltung der mitgliedschaft fehle (bsg sozr 4-2500 § 44 nr. 12 rn. 16), obwohl mit sicherheit wegen der entgeltfortzahlung keine entscheidung über das krg ergangen war und der noch während der beschäftigung entstandene krg-anspruch lediglich wegen des bezugs von arbeitsentgelt geruht hatte (§ 49 abs. 1 nr. 1 sgb v). auch in dem dem urteil vom 10.05.2012 (bsge 111, 9) zugrunde liegenden fall war keine krg-bewilligung erfolgt. die kasse hatte nämlich schon von anfang an die entstehung eines krg-anspruchs verneint, weil die au erst am letzten tag des beschäftigungsverhältnisses festgestellt worden war, was die kasse unter hinweis auf ein besprechungsergebnis der (früheren) spitzenverbände der krankenkassen (besprechungsergebnis vom 07.05.2008, die leistungen 2008, 751) nicht für ausreichend gehalten hatte. ebenso hatte in der entscheidung vom 02.11.2007 die krankenkasse aus rechtsgründen von anfang an die zahlung von krg abgelehnt - das bsg bejahte wohl grundsätzlich einen krg-anspruch, hielt aber bei der prüfung dessen dauer bei einer lücke in den au-feststellungen den verlust der mitgliedschaft mit krg-anspruch für möglich (bsg sozr 4-2500 § 44 nr. 14 rn. 21). in allen diesen fällen konnte es mangels entscheidungen über das krg auch keine entscheidung der kasse über das ende des anspruchs geben, so dass entgegen der formel von "zeitlich befristeter au-feststellung und dementsprechender krg-gewährung" allein der inhalt der ärztlichen au-bescheinigungen über den bestand des krg-anspruchs entscheiden sollte. bezeichnenderweise verlangt das bsg in einem obiter dictum sogar bei einem streit zwischen kasse und versichertem über das bestehen von au als voraussetzung eines krg-anspruchs, dass der versicherte sich bei befristeten au-bescheinigungen vor fristablauf die au erneut ärztlich bescheinigen lassen und der kasse melden müsse, wenn er das erlöschen oder das ruhen des anspruchs vermeiden wolle (bsge 111, 18 rn. 20), obwohl in dieser zeit gerade keine "dementsprechenden" krg-bewilligungen erfolgen. das behauptete erlöschen des krg-anspruchs mit ablauf des bescheinigten au-zeitraums konnte somit nicht durch eine das ende des krg-anspruchs festlegende entscheidung der kasse über den bezugszeitraum bewirkt worden sein. 40e) wie dargelegt stellt somit das bsg allein auf den inhalt der ärztlichen bescheinigung für den bestand des krg-anspruchs ab. bescheinigt der arzt au auf unbestimmte zeit, bestünde demnach ein zeitlich nicht begrenzter krg-anspruch, während eine befristete feststellung von au dazu führen würde, dass auch nur ein entsprechend zeitlich begrenzter anspruch auf krg entsteht. hierfür gibt aber weder der wortlaut des § 46 satz 1 nr. 2 sgb v etwas her, noch wäre diese annahme mit der bedeutung der ärztlichen feststellung vereinbar. die au ist ein rechtsbegriff, dessen bestimmung jenseits der medizinischen kompetenz des arztes liegt (tischler in beckok sozialrecht sgb v, § 46 rn.15). der arzt muss nur die medizinischen anteile des au-begriffs feststellen, also art und schwere der gesundheitsstörung und die damit verbundene einschränkung des leistungsvermögens. demgegenüber obliegt die entscheidung, ob der versicherte damit au ist, weil er mit diesem leistungsvermögen weder seine letzte noch eine ähnliche tätigkeit verrichten kann, der krankenkasse. mit der befristung trifft der arzt nur eine prognostische aussage, wie lange voraussichtlich die einschränkung des leistungsvermögens bestehen wird. auch wenn er in der bescheinigung eine aussage über das vorliegen von au trifft, hat seine bescheinigung nur die bedeutung einer die kasse nicht bindenden ärztlich-gutachterlichen stellungnahme (bsge 111, 18 rn. 14; kasskomm/brandts, § 46 sgb v rn. 14). dementsprechend hat das bsg in anderem zusammenhang dezidiert ausgeführt, der arzt habe nicht über das rechtliche bestehen von leistungsansprüchen - hier auf krg - zu befinden oder gar hierüber verwaltungsakte zu erlassen (bsg sozr 4-2500 § 44 nr. 7 rn. 28; bsge 95, 219 rn. 25). mit dieser aussage wäre unvereinbar, wenn die ärztliche bescheinigung für die dauer des entstandenen anspruchs auf krg maßgeblich wäre, weil damit faktisch der arzt doch über den rechtlichen bestand des krg-anspruchs "entscheiden" würde. der befristung einer ärztlichen bescheinigung kann damit nicht die bedeutung beigemessen werden, dass nur für den bescheinigten zeitraum ein krg-anspruch entstanden ist. damit fehlt es aber an einer tragfähigen begründung für das erlöschen des krg-anspruchs mit dem ende des ärztlich bescheinigten au-zeitraums und die notwendigkeit der erfüllung aller leistungsrechtlichen voraussetzungen einschließlich der ärztlichen feststellung nach § 46 satz 1 nr. 2 sgb v für die weiterbewilligung des krg. 41f) gegen die auffassung des bsg ist auch einzuwenden, dass sie zu einer unterschiedlichen behandlung von versichertengruppen führt, die auch bei der umsetzung der rechtsprechung in der praxis zu verwirrungen führen kann. für versicherte in der kvda gilt nämlich nicht § 46 satz 1 nr. 2 sgb v, sondern § 47b abs. 1 satz 2 sgb v, der ihnen einen krg-anspruch schon vom ersten tag der au an einräumt. selbst wenn man entgegen dem eindeutigen wortlaut der vorschrift, der nur auf das bestehen von au abstellt (daher einen krg-anspruch unabhängig von einer ärztlichen au-feststellung bejahend just in eichenhofer/wenner, sgb v, § 47b rn. 5; joussen in becker/kingreen, sgb v, 4. aufl., § 47b rn. 2; berchtold, krankengeld, 2004, rn. 888; meyerhoff in jurispk-sgb v, 2. aufl., § 47b rn. 35; tischler in beckok-sozialrecht, § 47b sgb v, rn. 5; krauskopf/vay, soz. krankenversicherung, pflegeversicherung, § 47b sgb v rn. 7), mit dem bsg annimmt, "mit rücksicht auf § 46 satz 1 nr. 2 sgb v" komme es auch bei § 47b abs. 1 satz 2 sgb v nicht auf den wirklichen beginn der au, sondern deren ärztliche feststellung an (bsge 90, 72, 82; ebenso kasskomm/brandts, § 47b sgb v, rn. 13), entsteht der krg-anspruch bereits mit dem ersten tag der au-feststellung. bei annahme rechtlich selbstständiger einzelansprüche müsste die vorschrift nach ablauf der leistungsfortzahlung (§ 146 sgb iii) auch für die folgeansprüche gelten, so dass bei befristeten au-bescheinigungen die folgefeststellungen nicht schon am letzten tag des bescheinigten zeitraums erfolgen müssen, sondern eine feststellung am folgenden tag ausreichend wäre. denn damit würde bereits für diesen tag der (weitere) anspruch auf krg entstehen und somit eine nahtlose reihe von krg-ansprüchen vorliegen, die zur aufrechterhaltung der mit krg-anspruch verbundenen mitgliedschaft in der kvda ausreichen würde (so jetzt ausdrücklich bsge 111, 9 rn. 18 für die beschäftigtenversicherung; soweit das bsg in einem urteil vom 26.07.2007 (b 1 kr 2/07 r) gemeint hat, die versicherung in der kvda sei bei einem bis zum 14.08. bestehenden krg-anspruch am 15.08. bei der weiteren ärztlichen au-feststellung bereits beendet gewesen (juris rn. 14), dürfte es entweder übersehen haben, dass unabhängig vom zeitpunkt der ärztlichen feststellung an diesem tag der krg-anspruch für den 15.08. entstanden war und dieser anspruch sich damit nahtlos an den krg-bezug bis 14.08. anschloss oder es hat damals noch nicht eine nahtlose kette von krg-ansprüchen für ausreichend gehalten). es liegt auf der hand, dass sowohl für versicherte als auch ärzte diese unterschiedlichen voraussetzungen kaum verständlich sind und es damit zu unsicherheiten hinsichtlich des zeitpunkts eines wiedervorstellungtermins kommen kann. 42der senat ist somit der auffassung, dass lediglich für die erstmalige entstehung des krg-anspruchs die ärztliche feststellung der au nach § 46 satz 1 nr. 2 sgb v erforderlich ist, während es bei durchgehender au allein darauf ankommt, ob im gesamten zeitraum objektiv au bestanden hat. aufgrund der vorliegenden au-bescheinigungen bestehen keine zweifel, dass die klägerin auch im zeitraum vom 10.10.2011 bis 07.08.2012 durchgehend au war. für die zeit vom 08.08. bis 21.09.2012 steht ihr wegen der stationären krankenhausbehandlung unabhängig vom vorliegen von au krg zu (§ 44 abs. 1 2. alt. sgb v). die beklagte hat auch trotz ausdrücklicher nachfrage des senats weder das vorliegen von au bestritten noch sonst einem durchsetzbaren krg-anspruch entgegenstehende gründe geltend gemacht, so dass weitere ermittlungen des senats nicht veranlasst waren. die beklagte war daher zur gewährung von krg für den zeitraum vom 10.10.2011 bis 21.09.2012 zu verurteilen 433. a) der senat kann somit offen lassen, ob hier eine über den 09.10.2011 hinausreichende feststellung der au vorlag. die klägerin weist zu recht darauf hin, dass im entlassungsbericht der rehabilitationsklinik aufgrund der akuten schulterbeschwerden ein leistungsvermögen von unter 3 stunden täglich festgestellt worden ist. entgegen der ansicht der beklagten lag darin unabhängig von der weiter im entlassungsbericht getroffenen aussage, die klägerin werde als arbeitsunfähig entlassen, die feststellung der au, da mit diesem leistungsvermögen keine zur bestreitung des lebensunterhalts ausreichenden arbeiten verrichtet werden können und bei einem dauerzustand volle erwerbsminderung vorliegt (vgl. § 43 abs. 2 satz 2 sechstes buch sozialgesetzbuch (sgb vi)). fraglich könnte allenfalls sein, ob diese leistungsbeurteilung auch noch für die zeit nach dem 09.10.2011 gilt, denn im entlassungsbericht wird davon ausgegangen, dass sich das leistungsvermögen "innerhalb der nächsten monate" bessern könne. ob man aufgrund dieser aussage mit der klägerin davon ausgehen müsste, dass einen monat nach der entlassung noch keine wesentliche besserung des leistungsvermögens vorliegen konnte oder sie nicht als ausreichend konkret für eine au-feststellung über den 09.10.2011 hinaus ansieht, kann aber ebenso dahinstehen wie die frage, ob durch die befristete au-bescheinigung des arztes i die prognose der rehabilitationsklinik "überlagert" worden ist und seine beurteilung somit allein maßgebend wäre. 44b) ebenso braucht nicht entschieden werden, ob nicht deshalb die nachholung der au-feststellung möglich wäre, weil der behandelnde arzt in kenntnis der rechtsprechung des bsg au bis zu einem sonntag (9.10.2011) bescheinigt hat, so dass eine weitere au-feststellung an diesem tag nicht möglich war (und der arzt noch nicht einmal an dem davor liegenden freitag in der praxis anwesend war). das bsg hat zwar im urteil vom 04.03.2014 (b 1 kr 17/13 r) für eine vergleichbare konstellation entschieden, dass die nachholung der au-feststellung nicht möglich sein soll. seine ausführungen dazu können aber nicht überzeugen. 45das bsg prüft insoweit im rahmen eines herstellungsanspruchs eine der krankenkasse zuzurechnende pflichtverletzung, die sie - unter hinweis auf bsge 111, 9 - verneint, weil die krankenkassen nicht verpflichtet seien, die versicherten über ihre obliegenheiten zur feststellung der au aufzuklären. bei dieser argumentation bleibt aber die entscheidende frage ausgeblendet, ob die rechtzeitige feststellung der au aus gründen unterblieben ist, die dem verantwortungsbereich der krankenkasse zuzurechnen sind. insoweit will das bsg jedenfalls eine fehlbeurteilung der au durch einen vertragsarzt der krankenkasse zurechnen (siehe bsge 95, 219 rn. 24 f. bei einer übereinstimmenden fehlbeurteilung von arzt und mdk; früher schon bsge 54, 62, 65 für eine fehlbeurteilung durch einen vertragsarzt). es liegt daher nicht fern, dass in gleicher weise die handhabung der ausstellung von au-bescheinigungen durch einen vertragsarzt, die das risiko in sich birgt, dass folgebescheinigungen "zu spät" erfolgen, ein der krankenkasse zuzurechnender grund für die versäumung der rechtzeitigen feststellung der weiteren au sein kann. wenn der arzt i die rechtsprechung des bsg kennt, ist es unverständlich, warum er eine au-bescheinigung bis sonntag ausstellt, einem tag, an dem der versicherte keine neue au-bescheinigung erlangen kann. soweit das bsg in dem urteil vom 04.03.2014 (a.a.o.) insoweit meint, ein versicherter könne gegebenenfalls über den vertragsärztlichen notdienst eine folgebescheinigung erlangen (rn. 20), erscheint dies fernliegend. der senat hält es für grundsätzlich verfehlt, versicherte zwecks erlangung einer au-bescheinigung an den vertragsärztlichen notdienst zu verweisen. dieser ist hierfür nicht eingerichtet, er dient der ambulanten notfallbehandlung außerhalb der sprechstundenzeiten und ist auf die behebung einer akuten notfallsituation durch sofortmaßnahmen i.s. einer vorläufigen versorgung gerichtet (hencke in peters, handbuch der krankenversicherung - sgb v, § 75 rn. 12). es liegt auf der hand, dass die erlangung einer au-bescheinigung außerhalb dieses rahmens liegt. gleichzeitig wird kaum ein versicherter ohne entsprechenden hinweis in erwägung ziehen, dass er sich schon vor ablauf des bescheinigten zeitraums vorsorglich um eine folgebescheinigung bemühen muss, zumal - wie bereits oben ausgeführt - eine au-feststellung am montag nahtlos an die vorangegangene bescheinigung anschließt (und dies bei einem arbeitslosen versicherten sogar ausreichend für die aufrechterhaltung des versicherungsschutzes wäre, s. oben 2 f). 46vor diesem hintergrund liegt es nahe, den arzt für verpflichtet zu halten, entweder bescheinigungen so auszustellen, dass eine zeitgerechte weitere au-feststellung sichergestellt ist oder aber den patienten entsprechend rechtzeitig wieder einzubestellen. dabei ist im vorliegenden fall auch noch zu berücksichtigen, dass nach dem - für den senat glaubhaften - vortrag der klägerin sie von der sprechstundenhilfe die auskunft erhalten hatte, eine wiedervorstellung am montag, dem 10.10.2011, sei ausreichend. offenbar hatte der arzt i sein wissen nicht an seine mitarbeiter weitergegeben und seine praxisorganisation nicht so eingerichtet, dass eine terminvergabe zur erlangung rechtzeitiger neuer au-bescheinigungen gewährleistet war. 47soweit das bsg in diesem zusammenhang auf schadensersatzansprüche gegen die ärzte verweist (a.a.o. rn. 20), erscheint dies dem senat nicht zielführend. unabhängig davon, dass für viele patienten eine klage gegen den behandelnden arzt nicht in betracht kommen wird, drängt sich die frage auf, warum nicht eben jene pflichtverletzung des arztes, die zur versäumung der au-feststellung geführt hat und einen schadensersatzanspruch gegen den arzt begründen soll, nicht auch im rahmen der organisation der gesetzlichen krankenversicherung dem verantwortungsbereich der krankenkasse zuzuweisen ist. das bsg weist im rahmen der zurechnung einer fehlbeurteilung der au zu recht darauf hin, insoweit müsse berücksichtigt werden, dass sich die krankenkassen im rahmen des sachleistungssystems der gesetzlichen krankenversicherung zur erfüllung der ansprüche der versicherten, zur konkretisierung ihrer behandlungsansprüche sowie zur feststellung, ob die voraussetzungen von au erfüllt sind, zugelassener leistungserbringer bedienen (bsge 95, 219, rn. 26). das bsg hat auch im zusammenhang mit der meldung der au der kasse einen fehler des vertragsarztes zugerechnet und zur begründung darauf hingewiesen, die feststellung und bescheinigung der au durch einen vertragsarzt seien tätigkeiten im rahmen der vertragsärztlichen versorgung, für die die kassen eine mitverantwortung trügen, so dass eine fehlerhafte verfahrensweise des arztes nicht dem versicherten zugerechnet werden könne (bsg sozr 2200 § 216 nr. 5). vor diesem hintergrund dürfte es daher näher liegen, bei einem fehlerhaften handeln eines vertragsarztes im zusammenhang mit der ausstellung von au-bescheinigungen die nachholung der au-feststellung zuzulassen als den versicherten auf einen schadensersatzanspruch gegen den arzt zu verweisen (ein der kasse zuzurechnendes fehlverhalten des vertragsarztes in einem solchen fall bejahend mack in jurispk-sgb v, 2. aufl., § 19 rn. 39). 48die kostenentscheidung folgt aus § 193 sgg. 49der senat hat die revision wegen abweichung von der rechtsprechung des bsg und wegen grundsätzlicher bedeutung (§ 160 abs. 2 nr. 1 und 2 sgg) zugelassen.
Klaeger*in
1
172,141
220 C 39/14
2014-08-07T00:00:00
Urteil
Tenor Der Beklagte wird verurteilt, die in der O. Straße 1 gelegene Garage mit der Nummer Ia zu räumen und geräumt in vertragsgemäßem Zustand an die Klägerin herauszugeben. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung hinsichtlich der Räumung und Herausgabe der Garage durch Sicherheitsleistung in Höhe von 400,00 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Wegen der Kosten darf der Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Am 15.06.1997 mietete der Beklagte von Herrn K T eine Wohnung und eine Garage im Objekt O. Straße 1 in 51103 Köln an. An diesem Tag unterzeichneten Herr K T und der Beklagte zwei getrennte Mietvertragsurkunden, wobei Formulare des Kölner Haus- und Grundbesitzervereins für Wohnungsmietverträge verwendet wurden. Eine Urkunde bezog sich auf die Wohnung und eine auf die Garage. Als Beginn des Mietverhältnisses war jeweils der 01.07.1997 eingetragen. Die Klägerin trat als Erbin des zwischenzeitlich verstorbenen Herrn K T als Vermieterin in das Mietverhältnis bzw. die Mietverhältnisse ein. Mit Schreiben vom 06.09.2013 erklärte sie, vertreten durch ihren Sohn, dem Beklagten die Kündigung des Mietverhältnisses über die Garage zum 31.12.2013. 3Die Klägerin ist der Ansicht, über die Garage habe ein separates Mietverhältnis bestanden, das sie isoliert habe kündigen können. 4Die Klägerin beantragt, 5wie erkannt. 6Der Beklagte beantragt, 7die Klage abzuweisen. 8Der Beklagte ist der Ansicht, die Kündigung sei unwirksam, da kein separates Mietverhältnis über die Garage bestanden habe, sondern vielmehr ein einheitliches Mietverhältnis über Wohnung und Garage bestehe. 9Entscheidungsgründe: 10Die Klage ist begründet. 11Die Klägerin hat Anspruch gegen den Beklagten auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Garage aus § 546 Abs. 1 BGB. Das Mietverhältnis über die Garage ist durch die Kündigungserklärung vom 06.09.2013 beendet worden. Zwischen den Parteien hat ein separates Mietverhältnis über die Garage bestanden, das dementsprechend isoliert und ohne Berücksichtigung der für Wohnraummietverhältnisse geltenden Kündigungsvoraussetzungen gekündigt werden konnte. 12Ob bei der Vermietung einer Wohnung und einer Garage ein einheitliches oder zwei getrennte Mietverhältnisse vorliegen, ist durch Auslegung zu ermitteln. Bei getrennt abgeschlossenen Verträgen spricht eine tatsächliche Vermutung für die rechtliche Selbständigkeit der jeweiligen Vereinbarungen (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 12.10.2011 - VIII ZR 251/10, m.w.N., zitiert nach juris). Demnach spricht hier die Fertigung von zwei unterschiedlichen Vertragsurkunden für die Annahme zweier getrennter Mietverhältnisse. Soweit der Bundesgerichtshof in seinem oben zitierten Urteil des weiteren Folgendes ausgeführt hat: 13„Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat einen engen rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Wohnung und Garage, der es auch bei einer nachträglich angemieteten Garage im Regelfall rechtfertigt, eine Einbeziehung der Garage in den Wohnraummietvertrag anzunehmen, nur für den Fall bejaht, dass die Garage zu demselben Anwesen gehört, auf dem sich auch die Wohnung befindet (OLG Karlsruhe, aaO). Dem hat sich das Bayerische Oberste Landesgericht in seinem Rechtsentscheid vom 12. Dezember 1990 angeschlossen (BayObLGZ 1990, 239 ff.). Aus der Formel des Rechtsentscheids des Oberlandesgerichts Karlsruhe (aaO) ergibt sich hierzu, dass der im Gesetz nicht näher bestimmte Begriff "Anwesen" gleichzusetzen ist mit dem Hausgrundstück, auf dem die Wohnung und die Garage sich befinden (BayObLGZ aaO S. 333). Dementsprechend hat auch die Rechtsprechung der Mietgerichte wiederholt ein einheitliches Mietverhältnis über Wohnung und Garage dann bejaht, wenn sich beide Mietgegenstände auf demselben Grundstück befunden haben, aber dann verneint, wenn beide auf verschiedenen Grundstücken gelegen sind (BayObLGZ aaO mwN). Diesen rechtlichen Ansatz hält auch der Senat für zutreffend.“ (zitiert nach juris, dort Rn. 16), 14ergibt sich daraus vorliegend nichts anderes: 15Maßgeblich für die Ermittlung des Parteiwillens im Wege der Auslegung sind stets die Umstände des Einzelfalles, die sich vorliegend von den vom OLG Kalrsruhe, Bayerischen Obersten Landesgericht und vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen maßgeblich unterscheiden. Diese höchstrichterlichen und obergerichtlichen Entscheidungen befassten sich mit Sachverhalten, in denen die Mieter entweder zunächst eine Wohnung und später eine Garage von demselben Vermieter anmieteten, oder in denen ein schriftlicher Wohnungsmietvertrag und gleichzeitig oder später ein mündlicher Garagenmietvertrag geschlossen worden war. 16In diesen Fällen ergab sich aus den vertraglichen Vereinbarungen nicht ohne weiteres, ob die später oder mündlich getroffenen Vereinbarungen über die Garage lediglich den Wohnungsmietvertrag ergänzen sollten, oder ob separate Verträge geschlossen werden sollten. Mithin war zur Ermittlung des Parteiwillens auf weitere Kriterien, insbesondere das Näheverhältnis zwischen Wohnung und Garage, zurückzugreifen. Indessen lässt sich die hier vorgenommene gleichzeitige Fertigung von zwei schriftlichen Vertragsurkunden nur so verstehen, dass die Parteien zwei getrennte Vertragsverhältnisse begründen wollten. Ansonsten wäre dieses verhältnismäßig umständliche Vorgehen nicht nachvollziehbar, zumal das für die Wohnung verwendete Vertragsformular unter § 1 („Mietobjekt“) die Eintragung einer Garage vorsieht. Wäre der Abschluss eines einheitlichen Mietvertrages über Wohnung und Garage gewollt gewesen, so hätte nichts näher gelegen, als die Garage an dieser Stelle in die Vertragsurkunde über die Wohnung einzutragen. Darauf hat die Klägerin auch mit Schriftsatz vom 20.05.2014 hingewiesen, ohne dass zu diesem Aspekt weiterer Vortrag von Beklagtenseite erfolgt wäre. Da sich der Parteiwille schon aus dem Verhalten der Vertragsparteien bei Vertragsschluss eindeutig ergibt, ist ein Rückgriff auf weitere Kritierien, insbesondere die räumliche Nähe zwischen Wohnung und Garage, nicht angezeigt. 17Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 7, 711 ZPO. 18Streitwert: 702,00 Euro. 19Rechtsbehelfsbelehrung: 20Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 21a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 22b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 23Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 24Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen. 25Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 26Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 27Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
der beklagte wird verurteilt, die in der o. straße 1 gelegene garage mit der nummer ia zu räumen und geräumt in vertragsgemäßem zustand an die klägerin herauszugeben. die kosten des rechtsstreits trägt der beklagte. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. der beklagte darf die vollstreckung hinsichtlich der räumung und herausgabe der garage durch sicherheitsleistung in höhe von 400,00 euro abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. wegen der kosten darf der beklagte die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2am 15.06.1997 mietete der beklagte von herrn k t eine wohnung und eine garage im objekt o. straße 1 in 51103 köln an. an diesem tag unterzeichneten herr k t und der beklagte zwei getrennte mietvertragsurkunden, wobei formulare des kölner haus- und grundbesitzervereins für wohnungsmietverträge verwendet wurden. eine urkunde bezog sich auf die wohnung und eine auf die garage. als beginn des mietverhältnisses war jeweils der 01.07.1997 eingetragen. die klägerin trat als erbin des zwischenzeitlich verstorbenen herrn k t als vermieterin in das mietverhältnis bzw. die mietverhältnisse ein. mit schreiben vom 06.09.2013 erklärte sie, vertreten durch ihren sohn, dem beklagten die kündigung des mietverhältnisses über die garage zum 31.12.2013. 3die klägerin ist der ansicht, über die garage habe ein separates mietverhältnis bestanden, das sie isoliert habe kündigen können. 4die klägerin beantragt, 5wie erkannt. 6der beklagte beantragt, 7die klage abzuweisen. 8der beklagte ist der ansicht, die kündigung sei unwirksam, da kein separates mietverhältnis über die garage bestanden habe, sondern vielmehr ein einheitliches mietverhältnis über wohnung und garage bestehe. 9
10die klage ist begründet. 11die klägerin hat anspruch gegen den beklagten auf räumung und herausgabe der streitgegenständlichen garage aus § 546 abs. 1 bgb. das mietverhältnis über die garage ist durch die kündigungserklärung vom 06.09.2013 beendet worden. zwischen den parteien hat ein separates mietverhältnis über die garage bestanden, das dementsprechend isoliert und ohne berücksichtigung der für wohnraummietverhältnisse geltenden kündigungsvoraussetzungen gekündigt werden konnte. 12ob bei der vermietung einer wohnung und einer garage ein einheitliches oder zwei getrennte mietverhältnisse vorliegen, ist durch auslegung zu ermitteln. bei getrennt abgeschlossenen verträgen spricht eine tatsächliche vermutung für die rechtliche selbständigkeit der jeweiligen vereinbarungen (st. rspr., vgl. bgh, urt. v. 12.10.2011 - viii zr 251/10, m.w.n., zitiert nach juris). demnach spricht hier die fertigung von zwei unterschiedlichen vertragsurkunden für die annahme zweier getrennter mietverhältnisse. soweit der bundesgerichtshof in seinem oben zitierten urteil des weiteren folgendes ausgeführt hat: 13„das oberlandesgericht karlsruhe hat einen engen rechtlichen und wirtschaftlichen zusammenhang zwischen wohnung und garage, der es auch bei einer nachträglich angemieteten garage im regelfall rechtfertigt, eine einbeziehung der garage in den wohnraummietvertrag anzunehmen, nur für den fall bejaht, dass die garage zu demselben anwesen gehört, auf dem sich auch die wohnung befindet (olg karlsruhe, aao). dem hat sich das bayerische oberste landesgericht in seinem rechtsentscheid vom 12. dezember 1990 angeschlossen (bayoblgz 1990, 239 ff.). aus der formel des rechtsentscheids des oberlandesgerichts karlsruhe (aao) ergibt sich hierzu, dass der im gesetz nicht näher bestimmte begriff "anwesen" gleichzusetzen ist mit dem hausgrundstück, auf dem die wohnung und die garage sich befinden (bayoblgz aao s. 333). dementsprechend hat auch die rechtsprechung der mietgerichte wiederholt ein einheitliches mietverhältnis über wohnung und garage dann bejaht, wenn sich beide mietgegenstände auf demselben grundstück befunden haben, aber dann verneint, wenn beide auf verschiedenen grundstücken gelegen sind (bayoblgz aao mwn). diesen rechtlichen ansatz hält auch der senat für zutreffend.“ (zitiert nach juris, dort rn. 16), 14ergibt sich daraus vorliegend nichts anderes: 15maßgeblich für die ermittlung des parteiwillens im wege der auslegung sind stets die umstände des einzelfalles, die sich vorliegend von den vom olg kalrsruhe, bayerischen obersten landesgericht und vom bundesgerichtshof entschiedenen fällen maßgeblich unterscheiden. diese höchstrichterlichen und obergerichtlichen entscheidungen befassten sich mit sachverhalten, in denen die mieter entweder zunächst eine wohnung und später eine garage von demselben vermieter anmieteten, oder in denen ein schriftlicher wohnungsmietvertrag und gleichzeitig oder später ein mündlicher garagenmietvertrag geschlossen worden war. 16in diesen fällen ergab sich aus den vertraglichen vereinbarungen nicht ohne weiteres, ob die später oder mündlich getroffenen vereinbarungen über die garage lediglich den wohnungsmietvertrag ergänzen sollten, oder ob separate verträge geschlossen werden sollten. mithin war zur ermittlung des parteiwillens auf weitere kriterien, insbesondere das näheverhältnis zwischen wohnung und garage, zurückzugreifen. indessen lässt sich die hier vorgenommene gleichzeitige fertigung von zwei schriftlichen vertragsurkunden nur so verstehen, dass die parteien zwei getrennte vertragsverhältnisse begründen wollten. ansonsten wäre dieses verhältnismäßig umständliche vorgehen nicht nachvollziehbar, zumal das für die wohnung verwendete vertragsformular unter § 1 („mietobjekt“) die eintragung einer garage vorsieht. wäre der abschluss eines einheitlichen mietvertrages über wohnung und garage gewollt gewesen, so hätte nichts näher gelegen, als die garage an dieser stelle in die vertragsurkunde über die wohnung einzutragen. darauf hat die klägerin auch mit schriftsatz vom 20.05.2014 hingewiesen, ohne dass zu diesem aspekt weiterer vortrag von beklagtenseite erfolgt wäre. da sich der parteiwille schon aus dem verhalten der vertragsparteien bei vertragsschluss eindeutig ergibt, ist ein rückgriff auf weitere kritierien, insbesondere die räumliche nähe zwischen wohnung und garage, nicht angezeigt. 17die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 abs. 1, 708 nr. 7, 711 zpo. 18streitwert: 702,00 euro. 19rechtsbehelfsbelehrung: 20gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 21a) wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 22b) wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 23die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht köln, luxemburger str. 101, 50939 köln, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 24die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht köln zu begründen. 25die parteien müssen sich vor dem landgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 26mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 27gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das amtsgericht köln statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt oder das amtsgericht die beschwerde zugelassen hat. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem amtsgericht köln, luxemburger str. 101, 50939 köln, schriftlich in deutscher sprache oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden.
Klaeger*in
1
337,103
26 O 152/20
2021-04-12T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.184,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.07.2019 zu zahlen. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 5.336,26 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.07.2019 zu zahlen. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 2.312,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.07.2019 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 78% und die Beklagte 22%. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht die verzinsliche Rückzahlung der Beiträge nebst Nutzungen betreffend eine mit Wirkung zum 01.08.2000 abgeschlossene fondsgebundene Lebensversicherung (Nr. ####607 ###, im Folgenden: -607), eine mit Wirkung zum 01.12.1999 abgeschlossene fondsgebundene Lebensversicherung (Nr. ####040 ###, im Folgenden: -040) und eine mit Wirkung zum 01.10.2001 abgeschlossene fondsgebundene Lebensversicherung (Nr. ###609 ###, im Folgenden: -609) geltend. 3Die Verträge wurden zwischen den Versicherungsnehmern (den Zedenten) und der Beklagten im sog. Policenmodell abgeschlossen. Die Versicherungsscheine enthielten auf der zweiten Seite unmittelbar über der Unterschriftenzeile folgende gleich lautende, fettgedruckte Belehrung: 4Sie können dem Versicherungsvertrag ab Stellung des Antrags bis zum Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins einschließlich der Versicherungsbedingungen und der übrigen Verbraucherinformationen widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs. 5Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Versicherungsscheine (Bl. 68 ff., 78 ff., 85 ff. d.A.) verwiesen. 6Die Versicherungsnehmerin des Vertrags Nr. -607, Frau T , beantragte unter dem 25.06.2001 den Einschluss einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Die Beklagte nahm die Vertragsänderung vor und bestätigte dies mit Schreiben vom 01.02.2002 (Bl. 205 ff. d.A.). Zum 01.11.2018 erklärte die Versicherungsnehmerin die Kündigung des Vertrags (Bl. 227 d.A.). Daraufhin zahlte die Beklagte an sie einen Rückkaufswert in Höhe von 25.083,30 EUR aus (vgl. Bl. 228 d.A.). Unter dem 16.08.2018 erklärte die Versicherungsnehmerin den Widerspruch des Vertrags (Bl. 71 d.A.) und schloss mit der Klägerin einen Forderungskauf- und Abtretungsvertrag betreffend sämtlicher Rückabwicklungsansprüche. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Unterlagen Bezug genommen (Bl. 433 ff. d.A.). Insgesamt zahlte die Versicherungsnehmerin Beiträge in Höhe von 26.231,18 EUR. 7Der Versicherungsnehmer des Vertrags Nr. -040, Herr T1 , erklärte zum 01.12.2017 die Kündigung des Vertrags (Bl. 253 d.A.). Daraufhin zahlte die Beklagte an ihn einen Rückkaufswert in Höhe von 41.007,35 EUR aus (vgl. Bl. 254 d.A.). Unter dem 30.07.2018 erklärte der Versicherungsnehmer den Widerspruch des Vertrags (Bl. 80 d.A.) und schloss am selben Tag mit der Klägerin einen Forderungskauf- und Abtretungsvertrag betreffend sämtlicher Rückabwicklungsansprüche. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Unterlagen Bezug genommen (Bl. 409 ff. d.A.). Insgesamt zahlte der Versicherungsnehmer Beiträge in Höhe von 33.132,24 EUR. 8Die Versicherungsnehmerin des Vertrags Nr. -609, Frau L , beantragte unter dem 29.04.2010 (Bl. 285 d.A.) eine Teilstundung ihrer Beiträge. Die Beklagte nahm die gewünschte Vertragsänderung vor (vgl. Bl. 286 f. d.A.). Zum 01.10.2017 erklärte die Versicherungsnehmerin die Kündigung des Vertrags (Bl. 288 d.A.). Daraufhin zahlte die Beklagte an sie einen Betrag in Höhe von 10.411,74 EUR aus (vgl. Bl. 289 f.). Unter dem 27.02.2018 erklärte die Versicherungsnehmerin den Widerspruch des Vertrags (Bl. 89 d.A.) und schloss am selben Tag mit der Klägerin einen Forderungskauf- und Abtretungsvertrag betreffend sämtlicher Rückabwicklungsansprüche. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Unterlagen Bezug genommen (Bl. 421 ff. d.A.). Insgesamt zahlte die Versicherungsnehmerin Beiträge in Höhe von 22.006,92 EUR. 9Die Klägerin forderte die Beklagte unter Vorlage der jeweiligen Widerspruchserklärungen sowie der Abtretungsanzeigen mit Schreiben vom 28.06.2019 (Bl. 72 ff., 81 ff., 96 ff. d.A.) jeweils unter Fristsetzung bis zum 20.07.2019 zur Rückabwicklung der Verträge auf. Dem kam die Beklagte nicht nach. 10Die Klägerin ist unter näherer Darlegung im Einzelnen der Auffassung, es stehe ihr aus abgetretenem Recht ein Anspruch aus §§ 812, 818 BGB auf Rückzahlung der eingezahlten Prämien (abzüglich der Rückkaufswerte) nebst gezogener Nutzungen zu. Den Anspruch beziffert sie unter näherer Darlegung im Einzelnen zuletzt auf 12.230,75 EUR (Vertrag Nr. -607), auf 11.586,86 EUR (Vertrag Nr. -040) und auf 13.195,84 EUR (Vertrag Nr. -609). Die Widerspruchsbelehrungen seien mangels Unterrichtung über das Formerfordernis des Widerspruchs unwirksam gewesen. 11Ursprünglich hat die Klägerin in der Hauptsache beantragt, die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 101.607,00 EUR zu verurteilen. Mit Schriftsatz vom 07.09.2020 hat sie die Klage teilweise zurückgenommen und mit Schriftsatz vom 16.02.2021 erneut teilweise zurückgenommen und teilweise erweitert. 12Die Klägerin beantragt zuletzt, 131. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 12.230,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 12.07.2019 zu zahlen; 142. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 11.586,86 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 20.07.2019 zu zahlen; 153. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 13.195,84 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 20.07.2019 zu zahlen. 16Die Beklagte beantragt, 17die Klage abzuweisen. 18Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin, denn dieser fehle eine ausreichende Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 RDG. Es habe sich bei der Tätigkeit der Klägerin um eine Rechtsdienstleistung und nicht nur um eine Inkassotätigkeit nach § 2 Abs. 2 RDG gehandelt. Daher seien die Forderungskauf- und Abtretungsverträge nach § 134 BGB nichtig. Die Beklagte ist der Auffassung, dass das Widerspruchsrecht verwirkt sei. Die Geltendmachung sei im Hinblick auf den gewerblichen Ankauf der Ansprüche treuwidrig. Bezüglich des Vertrages Nr. -607 sei zudem insbesondere die Erweiterung um eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zu beachten, bezüglich des Vertrags Nr. -609 die beantragte (Teil-)Stundung. Die Beklagte ist unter näherer Darlegung im Einzelnen der Auffassung, die Klageforderung sei überhöht. Insbesondere habe sie keine Nutzungen aus Abschluss- und Verwaltungskosten gezogen. 19Entscheidungsgründe: 20Die zulässige Klage ist teilweise begründet. 21I. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Aufgrund des jeweiligen Forderungskauf- und Abtretungsvertrags mit den Versicherungsnehmern der Beklagten ist sie Inhaberin der Ansprüche geworden, die nach den Widersprüchen der Versicherungsnehmer im Zuge der Rückabwicklung gegen die Beklagte bestehen. 22Es liegen keine Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Abtretung vor, da die Verträge der Klägerin mit den Versicherungsnehmern nicht unter das RDG fallen. Die Klägerin hat die Rückabwicklungsansprüche der Versicherungsnehmer nämlich im Wege eines echten Forderungskaufs erworben. Für die Frage, ob es sich um einen Forderungskauf oder lediglich die Einziehung einer abgetretenen Forderung auf fremde Rechnung, also eine Inkassozession, handelt, ist ausschlaggebend, ob das wirtschaftliche Ergebnis der Einziehung dem Erwerber oder dem Abtretenden zukommen soll. Zu prüfen ist, ob die Forderung endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser insbesondere das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernimmt (vgl. BGH, Urteil v. 11.12.2013, IV ZR 46/13, juris Rn. 18). Das ist hier der Fall. Die Klägerin hat durch die Forderungskauf- und Abtretungsverträge die möglichen Bereicherungsansprüche der Versicherungsnehmer endgültig auf sich übertragen. Damit hat sie auch das Bonitätsrisiko übernommen. Denn sie hat sich im Gegenzug für die Abtretung zur Zahlung eines festen Kaufpreises an die Versicherungsnehmer verpflichtet und trägt somit allein das Risiko vergeblicher Aufwendungen, wie z.B. Prozesskosten, sowie das Ausfallrisiko (vgl. LG Köln, Urteil v. 30.10.2020, 12 O 15/20, juris Rn. 41). Daran ändert nichts, dass der Versicherungsnehmer gemäß § 5 des jeweiligen Vertrags für den Fall, dass es zu einem Betreibungserlös kommt, der höher ist als der von der Klägerin kalkulierte Anspruch, eine zusätzliche Beteiligung erhält. Denn diese Beteiligung stellt erkennbar nicht den wirtschaftlichen Zweck des Vertrages dar. Primär soll mit der Zahlung des Kaufpreises der von der Klägerin kalkulierte Bereicherungserlös abgegolten sein. Die wirtschaftliche Möglichkeit, dass ein Erlös erzielt wird, der den kalkulierten übersteigt und der Versicherungsnehmer eine zusätzliche Erlösbeteiligung erhält, stellt sich daneben als gering dar (vgl. LG Köln, Urteil v. 30.10.2020, 12 O 15/20, juris Rn. 41). 23Selbst wenn man die Tätigkeit der Klägerin nicht als echten Forderungskauf bewertete, wären die Forderungskauf- und Abtretungsverträge nicht nichtig gemäß § 134 BGB, § 2 RDG. Die Klägerin ist unstreitig im Besitz einer Erlaubnis i.S.v. § 10 Abs. 3 RDG. Eine weiterreichende Erlaubnis zur Vornahme von Rechtsdienstleistungen gemäß § 2 Abs. 1 RDG wäre nicht erforderlich. Denn zusammen mit dem Abschluss der Abtretungs- bzw. Forderungskaufverträge wurde seitens der Versicherungsnehmer der Widerspruch erklärt. Das bloße Eintreiben der Ansprüche aus Widerspruch stellt keine Rechtsdienstleistung in diesem Sinne dar. Eine Rechtsdienstleistung i.S.v. § 2 Abs. 1 RDG liegt nach den Maßstäben des BGH (Urteil vom 27.11.2019, VIII ZR 285/18) auch im Hinblick auf die Frage, inwieweit die Klägerin die Erfolgsaussichten der Klage und damit die Rechtslage geprüft hat, nicht vor. Denn unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Norm sowie der Entstehungsgeschichte überschreitet eine Prüfung der rechtlichen Erfolgsaussichten regelmäßig nicht die Grenzen einer Inkassoleistung i.S.v. § 2 Abs. 2 S.1 RDG (vgl. LG Köln, Urteil v. 24.08.2020, 26 O 353/19, juris Rn. 23; LG Köln, Urteil v. 30.10.2020, 12 O 15/20, juris Rn. 43). 24Auch eine Nichtigkeit der Forderungskauf- und Abtretungsverträge nach § 138 BGB ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist auch angesichts des nur gering bemessenen Kaufpreises kein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung (Wucher) anzunehmen, da die Klägerin das vollständige Risiko der Beitreibung der Forderung übernommen hat (vgl. LG Köln, Urteil v. 30.10.2020, 12 O 15/20, juris Rn. 44). 25II. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rückzahlung von 4.184.41 EUR in Bezug auf den Vertrag Nr. -607, von 5.336,26 EUR in Bezug auf den Vertrag Nr. -040 sowie von 2.312,53 EUR in Bezug auf den Vertrag -609 zu. Insoweit liegen die Voraussetzungen eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 BGB vor. Ein höherer Anspruch steht ihr unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. 261. Nach § 5a VVG a.F. gilt für den Fall, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10a VAG unterlassen hat, der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen als geschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht binnen bestimmter Frist widerspricht (sog. Policenmodell). 27Gemäß § 5a Absatz 1 und 2 VVG in der für die Verträge Nr. -607 und Nr. -404 maßgeblichen Fassung vom 21.07.1994 (gültig vom 29.7.1994 bis 31.7.2001) und in der für den Vertrag Nr. -609 maßgeblichen Fassung vom 13.07.2001 (gültig vom 01.08.2001 bis 07.12.2004) betrug die Widerspruchsfrist 14 Tage. Der Lauf dieser Frist beginnt gem. § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F., wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1, nämlich die Versicherungsbedingungen sowie die Verbraucherinformation nach § 10a VAG a.F., vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist. 28An einer solchen ordnungsgemäßen Belehrung fehlt es hier. Die Widerspruchsbelehrungen zu den streitgegenständlichen Versicherungsverträgen sind inhaltlich fehlerhaft, weil der zwingende Hinweis auf die Form der Widerspruchserklärung fehlt. Gemäß § 5a Abs. 1 VVG in der für die Verträge Nr. -607 und Nr. -404 maßgeblichen Fassung vom 21.07.1994 ist der Widerspruch schriftlich zu erheben, in Bezug auf den Vertrag Nr. -609 gilt nach der Fassung vom 13.07.2001 die Textform. Der Hinweis auf die Schrift- bzw. Textform ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil jeweils in Satz 2 der Widerspruchsbelehrungen von der „Absendung“ des Widerspruchs die Rede ist. Satz 2 bezieht sich lediglich auf den Fall, dass der Versicherungsnehmer den Widerspruch in dokumentierter Form erklären will, und erläutert nur, dass in diesem Fall die rechtzeitige Absendung zur Fristwahrung reicht. Dass ein mündlicher Widerspruch ausgeschlossen ist und in jedem Fall die Textform gewahrt werden muss, ergibt sich daraus nicht (vgl. BGH, Urteil v. 29.07.2015, IV ZR 384/14, juris Rn. 26; Urteil v. 19.11.2014, IV ZR 329/14, juris Rn. 11; OLG Köln, Urteil v. 12.06.2015, 20 U 25/15, juris Rn. 25). Dementsprechend lässt sich diesem Zusatz erst recht nicht entnehmen, dass es in Bezug auf die Verträge Nr. -607 und -404 sogar noch der traditionellen Schriftform bedarf (vgl. BGH, Urteil v. 21.12.2016, IV ZR 217/15, juris Rn. 11; Urteil v. 29.07.2015, IV ZR 112/14, juris Rn. 12). 292. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen auch nicht die Voraussetzungen der Verwirkung bzw. einer Treuwidrigkeit der Geltendmachung des Widerspruchsrechts (§ 242 BGB) vor. Die Beklagte hat durch das Übersenden der unwirksamen Widerspruchsbelehrung selbst die Situation herbeigeführt und kann daher grundsätzlich kein schützenswertes Vertrauen in Anspruch nehmen (vgl. BGH, Urteil v. 29.07.2015, IV ZR 384/14, juris Rn. 31; Urteil v. 07.05.2014, IV ZR 76/11, juris Rn. 39). Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine andere Bewertung zuließen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere geht die Kammer nicht davon aus, dass die Abtretung der Ansprüche an die Klägerin als „gewerbliche Forderungskäuferin“ das Vorgehen der Klägerin rechtsmissbräuchlich werden lässt (vgl. LG Köln, Urteil v. 24.08.2020, 26 O 353/19, juris Rn. 28). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Versicherungsnehmer nicht ihr Widerspruchsrecht, sondern nur die Rückabwicklungsansprüche abgetreten haben, die aus dem von ihnen selbst erklärten Widerspruch folgen. 30Auch die vorherigen Kündigungen der Verträge durch die Versicherungsnehmer stellen keinen ausreichenden Grund für die Annahme einer Treuwidrigkeit des Widerspruchs dar. Durch die Kündigung haben die Versicherungsnehmer zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht länger an den Verträgen festhalten möchten und damit gerade kein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten in ein unbedingtes Fortsetzen der Versicherungsverträge unabhängig von einem etwaigen Loslösungsrecht geschaffen (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 12.12.2017, 20 U 185/17, juris Rn. 4 m.w.N.). Ein solches schutzwürdiges Vertrauen konnte auch nicht dadurch entstehen, dass die Versicherungsnehmerin T bei Vertragsschluss einen Depotbeitrag von 12.000,00 DM zur Verfügung stellte, den die Beklagte als Beitragsvorauszahlung verbuchte (vgl. Bl. 201 d.A.). Auch die durch die Versicherungsnehmerin T nachträglich abgeschlossene Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung lässt keinen zwingenden Rückschluss darauf zu, dass die Versicherungsnehmerin an der Hauptversicherung unbedingt festhalten wollte, zumal sie die Erweiterung nur ein knappes Jahr nach Abschluss der Hauptversicherung beantragt hat. Das gleiche gilt in Bezug auf den Vertrag Nr. –609 für die durch die Versicherungsnehmerin L beantragte Teilstundung. Ebenso wenig wie eine Beitragsfreistellung (vgl. hierzu OLG Karlsruhe, Urteil v. 28.06.2019, 12 U 134/17, juris Rn. 77) drückt eine Teilstundung der Beiträge hinreichend deutlich aus, dass der Versicherungsnehmer unbedingt an dem Vertrag festhalten will. Die vorübergehende Teilstundung ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht mit der Situation vergleichbar, in der ein Versicherungsnehmer nach einer Kündigung oder einer Beitragsfreistellung den Vertrag wieder in Kraft setzen möchte und die Beitragszahlungen wieder aufnimmt (vgl. hierzu BGH, Beschluss v. 11.11.2015, IV ZR 117/15, juris Rn. 17; OLG Köln, Beschluss v. 16.08.2017, 20 U 149/17, juris Rn. 4; OLG Hamm, Beschluss v. 13.12.2019, 20 U 188/19, juris Rn. 11). Die Kündigung bzw. die Beitragsfreistellung sind grundsätzlich endgültig, weshalb der Versicherungsnehmer durch die Wideraufnahme der Beitragszahlungen rechtlich einen Neuabschluss seines Vertrages begehrt und damit klar zum Ausdruck bringt, dass er den Vertrag unbedingt fortsetzten möchte (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 16.08.2017, 20 U 149/17, juris Rn. 4; OLG Hamm, Beschluss v. 13.12.2019, 20 U 188/19, juris Rn. 11). Der Bitte um eine zeitlich begrenzte Teilstundung der Beiträge lässt sich demgegenüber keine zweifelsfreie, mit einem Neuabschluss vergleichbare Bestätigung des Vertrages als solchen entnehmen. 313. Der Höhe nach hat die Klägerin zunächst einen Anspruch Erstattung der von dem Versicherungsnehmer geleisteten Prämien abzüglich der Prämienanteile, die auf den Risikoschutz entfallen sind. Hierbei können die von der Beklagten kalkulierten Risikokosten zugrunde gelegt werden (vgl. BGH, Urteil v. 24.02.2016, IV ZR 126/15, juris Rn. 26; LG Köln, Urteil v. 30.10.2020, 12 O 15/20, juris Rn. 50). Herauszugeben ist zudem der Fondsgewinn. Unter Anrechnung des jeweils von der Beklagten ausgezahlten Rückkaufswertes und der auf eine etwaige Zusatzversicherung entfallenden Beträge ergeben sich für die Klägerin folgende Ansprüche, wobei die Kammer die substantiiert vorgetragenen Beträge der Beklagten, denen die Klägerin nicht entschieden entgegengetreten ist, zu Grunde legt: 32Vertrag -607 33Prämien: 26.231,18 EUR 34Fondsgewinn: 8.111,91 EUR 35abzüglich: 36Risikokosten: 1.237,14 EUR 37Auszahlung: 25.083,30 EUR 38Zusatzversicherung: 3.838,24 EUR 39Differenz: 4.184,41 EUR 40Vertrag -040 41Prämien: 33.132,24 EUR 42Fondsgewinn: 13.656,92 EUR 43abzüglich: 44Risikokosten: 445,55 EUR 45Auszahlung: 41.007,35 EUR 46Differenz: 5.336,26 EUR 47Vertrag -609 48Prämien: 22.006,92 EUR 49Fondsgewinn: 3.549,54 EUR 50abzüglich: 51Risikokosten: 116,99 EUR 52Auszahlung: 10.411,74 EUR 53Zusatzversicherung: 12.715,20 EUR 54Differenz: 2.312,53 EUR 55Weitergehende Ansprüche der Klägerin scheiden aus. Eine Nutzungsziehung aus Risikokosten und Abschlusskosten kommt unter keinem Gesichtspunkt in Betracht (vgl. BGH, Urteil v. 26.09.2018, IV ZR 304/15, juris Rn. 31; Urteil v. 29.04.2020, IV ZR 5/19, juris Rn. 14). Der zur Bestreitung von Verwaltungskosten verwendete Prämienanteil ist zur Berechnung von Nutzungszinsen nur heranzuziehen, soweit der Versicherer auf diese Weise den Einsatz sonstiger Finanzmittel erspart hat, die er zur Ziehung von Nutzungen verwenden konnte (vgl. BGH, Urteil v. 26.09.2018, IV ZR 304/15, juris Rn. 31). Die Klägerin hat bereits nicht dargelegt, dass diese Voraussetzungen vorliegen. In diesem Zusammenhang kann nicht auf die Nettoverzinsung der Kapitalanlagen des Versicherers abgehoben werden. Erforderlich wäre eine konkrete Darlegung der Klägerin, dass und inwieweit tatsächlich aus diesen Beitragsanteilen Erträge erzielt worden sind (vgl. BGH, Urteil v. 24.02.2016, IV ZR 512/14, juris Rn. 27 a.E.; OLG Köln, Urteil v. 28.10.2016, 20 U 30/16, juris Rn. 54; LG Köln, Urteil v. 30.10.2020, 12 O 15/20, juris Rn. 53). 56III. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB. Auch in Bezug auf den Vertrag Nr. -607 stehen der Klägerin Verzugszinsen erst ab dem 20.07.2019 zu, da die Klägerin die Beklagte auch insofern unter Fristsetzung bis zum 20.07.2019 zur Rückabwicklung des Vertrags aufforderte (vgl. Bl. 73 d.A.). 57IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2, 709 S. 1, 2 ZPO. 58Streitwert: 101.607,00 EUR 59Für eine Herabsetzung des Streitwerts nach bestimmten Verfahrensabschnitten besteht seit Abschaffung der sog. Urteilsgebühr im Kostenverzeichnis zum GKG und dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (KostRMoG) vom 5. Mai 2004 kein Raum mehr, nachdem Teilklagerücknahmen und Teilerledigungen nicht mehr zu einer Reduzierung der anfallenden Gerichtsgebühren führen können.
die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 4.184,41 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 20.07.2019 zu zahlen. die beklagte wird verurteilt, an die klägerin weitere 5.336,26 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 20.07.2019 zu zahlen. die beklagte wird verurteilt, an die klägerin weitere 2.312,53 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 20.07.2019 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. von den kosten des rechtsstreits tragen die klägerin 78% und die beklagte 22%. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrags vorläufig vollstreckbar. 1
2die klägerin macht gegen die beklagte aus abgetretenem recht die verzinsliche rückzahlung der beiträge nebst nutzungen betreffend eine mit wirkung zum 01.08.2000 abgeschlossene fondsgebundene lebensversicherung (nr. ####607 ###, im folgenden: -607), eine mit wirkung zum 01.12.1999 abgeschlossene fondsgebundene lebensversicherung (nr. ####040 ###, im folgenden: -040) und eine mit wirkung zum 01.10.2001 abgeschlossene fondsgebundene lebensversicherung (nr. ###609 ###, im folgenden: -609) geltend. 3die verträge wurden zwischen den versicherungsnehmern (den zedenten) und der beklagten im sog. policenmodell abgeschlossen. die versicherungsscheine enthielten auf der zweiten seite unmittelbar über der unterschriftenzeile folgende gleich lautende, fettgedruckte belehrung: 4sie können dem versicherungsvertrag ab stellung des antrags bis zum ablauf von 14 tagen nach zugang des versicherungsscheins einschließlich der versicherungsbedingungen und der übrigen verbraucherinformationen widersprechen. zur wahrung der frist genügt die rechtzeitige absendung des widerspruchs. 5hinsichtlich der weiteren einzelheiten wird auf die versicherungsscheine (bl. 68 ff., 78 ff., 85 ff. d.a.) verwiesen. 6die versicherungsnehmerin des vertrags nr. -607, frau t , beantragte unter dem 25.06.2001 den einschluss einer berufsunfähigkeits-zusatzversicherung. die beklagte nahm die vertragsänderung vor und bestätigte dies mit schreiben vom 01.02.2002 (bl. 205 ff. d.a.). zum 01.11.2018 erklärte die versicherungsnehmerin die kündigung des vertrags (bl. 227 d.a.). daraufhin zahlte die beklagte an sie einen rückkaufswert in höhe von 25.083,30 eur aus (vgl. bl. 228 d.a.). unter dem 16.08.2018 erklärte die versicherungsnehmerin den widerspruch des vertrags (bl. 71 d.a.) und schloss mit der klägerin einen forderungskauf- und abtretungsvertrag betreffend sämtlicher rückabwicklungsansprüche. hinsichtlich der einzelheiten wird auf die unterlagen bezug genommen (bl. 433 ff. d.a.). insgesamt zahlte die versicherungsnehmerin beiträge in höhe von 26.231,18 eur. 7der versicherungsnehmer des vertrags nr. -040, herr t1 , erklärte zum 01.12.2017 die kündigung des vertrags (bl. 253 d.a.). daraufhin zahlte die beklagte an ihn einen rückkaufswert in höhe von 41.007,35 eur aus (vgl. bl. 254 d.a.). unter dem 30.07.2018 erklärte der versicherungsnehmer den widerspruch des vertrags (bl. 80 d.a.) und schloss am selben tag mit der klägerin einen forderungskauf- und abtretungsvertrag betreffend sämtlicher rückabwicklungsansprüche. hinsichtlich der einzelheiten wird auf die unterlagen bezug genommen (bl. 409 ff. d.a.). insgesamt zahlte der versicherungsnehmer beiträge in höhe von 33.132,24 eur. 8die versicherungsnehmerin des vertrags nr. -609, frau l , beantragte unter dem 29.04.2010 (bl. 285 d.a.) eine teilstundung ihrer beiträge. die beklagte nahm die gewünschte vertragsänderung vor (vgl. bl. 286 f. d.a.). zum 01.10.2017 erklärte die versicherungsnehmerin die kündigung des vertrags (bl. 288 d.a.). daraufhin zahlte die beklagte an sie einen betrag in höhe von 10.411,74 eur aus (vgl. bl. 289 f.). unter dem 27.02.2018 erklärte die versicherungsnehmerin den widerspruch des vertrags (bl. 89 d.a.) und schloss am selben tag mit der klägerin einen forderungskauf- und abtretungsvertrag betreffend sämtlicher rückabwicklungsansprüche. hinsichtlich der einzelheiten wird auf die unterlagen bezug genommen (bl. 421 ff. d.a.). insgesamt zahlte die versicherungsnehmerin beiträge in höhe von 22.006,92 eur. 9die klägerin forderte die beklagte unter vorlage der jeweiligen widerspruchserklärungen sowie der abtretungsanzeigen mit schreiben vom 28.06.2019 (bl. 72 ff., 81 ff., 96 ff. d.a.) jeweils unter fristsetzung bis zum 20.07.2019 zur rückabwicklung der verträge auf. dem kam die beklagte nicht nach. 10die klägerin ist unter näherer darlegung im einzelnen der auffassung, es stehe ihr aus abgetretenem recht ein anspruch aus §§ 812, 818 bgb auf rückzahlung der eingezahlten prämien (abzüglich der rückkaufswerte) nebst gezogener nutzungen zu. den anspruch beziffert sie unter näherer darlegung im einzelnen zuletzt auf 12.230,75 eur (vertrag nr. -607), auf 11.586,86 eur (vertrag nr. -040) und auf 13.195,84 eur (vertrag nr. -609). die widerspruchsbelehrungen seien mangels unterrichtung über das formerfordernis des widerspruchs unwirksam gewesen. 11ursprünglich hat die klägerin in der hauptsache beantragt, die beklagte zur zahlung von insgesamt 101.607,00 eur zu verurteilen. mit schriftsatz vom 07.09.2020 hat sie die klage teilweise zurückgenommen und mit schriftsatz vom 16.02.2021 erneut teilweise zurückgenommen und teilweise erweitert. 12die klägerin beantragt zuletzt, 131. die beklagte zu verurteilen, an sie einen betrag in höhe von 12.230,75 eur nebst zinsen in höhe von 5 %-punkten über dem jeweiligen basiszinssatz der ezb seit dem 12.07.2019 zu zahlen; 142. die beklagte zu verurteilen, an sie einen betrag in höhe von 11.586,86 eur nebst zinsen in höhe von 5 %-punkten über dem jeweiligen basiszinssatz der ezb seit dem 20.07.2019 zu zahlen; 153. die beklagte zu verurteilen, an sie einen betrag in höhe von 13.195,84 eur nebst zinsen in höhe von 5 %-punkten über dem jeweiligen basiszinssatz der ezb seit dem 20.07.2019 zu zahlen. 16die beklagte beantragt, 17die klage abzuweisen. 18die beklagte bestreitet die aktivlegitimation der klägerin, denn dieser fehle eine ausreichende erlaubnis nach § 2 abs. 1 rdg. es habe sich bei der tätigkeit der klägerin um eine rechtsdienstleistung und nicht nur um eine inkassotätigkeit nach § 2 abs. 2 rdg gehandelt. daher seien die forderungskauf- und abtretungsverträge nach § 134 bgb nichtig. die beklagte ist der auffassung, dass das widerspruchsrecht verwirkt sei. die geltendmachung sei im hinblick auf den gewerblichen ankauf der ansprüche treuwidrig. bezüglich des vertrages nr. -607 sei zudem insbesondere die erweiterung um eine berufsunfähigkeits-zusatzversicherung zu beachten, bezüglich des vertrags nr. -609 die beantragte (teil-)stundung. die beklagte ist unter näherer darlegung im einzelnen der auffassung, die klageforderung sei überhöht. insbesondere habe sie keine nutzungen aus abschluss- und verwaltungskosten gezogen. 19
20die zulässige klage ist teilweise begründet. 21i. die klägerin ist aktivlegitimiert. aufgrund des jeweiligen forderungskauf- und abtretungsvertrags mit den versicherungsnehmern der beklagten ist sie inhaberin der ansprüche geworden, die nach den widersprüchen der versicherungsnehmer im zuge der rückabwicklung gegen die beklagte bestehen. 22es liegen keine anhaltspunkte für eine nichtigkeit der abtretung vor, da die verträge der klägerin mit den versicherungsnehmern nicht unter das rdg fallen. die klägerin hat die rückabwicklungsansprüche der versicherungsnehmer nämlich im wege eines echten forderungskaufs erworben. für die frage, ob es sich um einen forderungskauf oder lediglich die einziehung einer abgetretenen forderung auf fremde rechnung, also eine inkassozession, handelt, ist ausschlaggebend, ob das wirtschaftliche ergebnis der einziehung dem erwerber oder dem abtretenden zukommen soll. zu prüfen ist, ob die forderung endgültig auf den erwerber übertragen wird und dieser insbesondere das volle wirtschaftliche risiko der beitreibung der forderung übernimmt (vgl. bgh, urteil v. 11.12.2013, iv zr 46/13, juris rn. 18). das ist hier der fall. die klägerin hat durch die forderungskauf- und abtretungsverträge die möglichen bereicherungsansprüche der versicherungsnehmer endgültig auf sich übertragen. damit hat sie auch das bonitätsrisiko übernommen. denn sie hat sich im gegenzug für die abtretung zur zahlung eines festen kaufpreises an die versicherungsnehmer verpflichtet und trägt somit allein das risiko vergeblicher aufwendungen, wie z.b. prozesskosten, sowie das ausfallrisiko (vgl. lg köln, urteil v. 30.10.2020, 12 o 15/20, juris rn. 41). daran ändert nichts, dass der versicherungsnehmer gemäß § 5 des jeweiligen vertrags für den fall, dass es zu einem betreibungserlös kommt, der höher ist als der von der klägerin kalkulierte anspruch, eine zusätzliche beteiligung erhält. denn diese beteiligung stellt erkennbar nicht den wirtschaftlichen zweck des vertrages dar. primär soll mit der zahlung des kaufpreises der von der klägerin kalkulierte bereicherungserlös abgegolten sein. die wirtschaftliche möglichkeit, dass ein erlös erzielt wird, der den kalkulierten übersteigt und der versicherungsnehmer eine zusätzliche erlösbeteiligung erhält, stellt sich daneben als gering dar (vgl. lg köln, urteil v. 30.10.2020, 12 o 15/20, juris rn. 41). 23selbst wenn man die tätigkeit der klägerin nicht als echten forderungskauf bewertete, wären die forderungskauf- und abtretungsverträge nicht nichtig gemäß § 134 bgb, § 2 rdg. die klägerin ist unstreitig im besitz einer erlaubnis i.s.v. § 10 abs. 3 rdg. eine weiterreichende erlaubnis zur vornahme von rechtsdienstleistungen gemäß § 2 abs. 1 rdg wäre nicht erforderlich. denn zusammen mit dem abschluss der abtretungs- bzw. forderungskaufverträge wurde seitens der versicherungsnehmer der widerspruch erklärt. das bloße eintreiben der ansprüche aus widerspruch stellt keine rechtsdienstleistung in diesem sinne dar. eine rechtsdienstleistung i.s.v. § 2 abs. 1 rdg liegt nach den maßstäben des bgh (urteil vom 27.11.2019, viii zr 285/18) auch im hinblick auf die frage, inwieweit die klägerin die erfolgsaussichten der klage und damit die rechtslage geprüft hat, nicht vor. denn unter berücksichtigung von sinn und zweck der norm sowie der entstehungsgeschichte überschreitet eine prüfung der rechtlichen erfolgsaussichten regelmäßig nicht die grenzen einer inkassoleistung i.s.v. § 2 abs. 2 s.1 rdg (vgl. lg köln, urteil v. 24.08.2020, 26 o 353/19, juris rn. 23; lg köln, urteil v. 30.10.2020, 12 o 15/20, juris rn. 43). 24auch eine nichtigkeit der forderungskauf- und abtretungsverträge nach § 138 bgb ist nicht ersichtlich. insbesondere ist auch angesichts des nur gering bemessenen kaufpreises kein auffälliges missverhältnis von leistung und gegenleistung (wucher) anzunehmen, da die klägerin das vollständige risiko der beitreibung der forderung übernommen hat (vgl. lg köln, urteil v. 30.10.2020, 12 o 15/20, juris rn. 44). 25ii. der klägerin steht ein anspruch auf rückzahlung von 4.184.41 eur in bezug auf den vertrag nr. -607, von 5.336,26 eur in bezug auf den vertrag nr. -040 sowie von 2.312,53 eur in bezug auf den vertrag -609 zu. insoweit liegen die voraussetzungen eines bereicherungsrechtlichen anspruchs gemäß §§ 812 abs. 1 s. 1 alt. 1, 818 bgb vor. ein höherer anspruch steht ihr unter keinem rechtlichen gesichtspunkt zu. 261. nach § 5a vvg a.f. gilt für den fall, dass der versicherer dem versicherungsnehmer bei antragstellung die versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine verbraucherinformation nach § 10a vag unterlassen hat, der vertrag auf der grundlage des versicherungsscheins, der versicherungsbedingungen und der weiteren für den vertragsinhalt maßgeblichen verbraucherinformationen als geschlossen, wenn der versicherungsnehmer nicht binnen bestimmter frist widerspricht (sog. policenmodell). 27gemäß § 5a absatz 1 und 2 vvg in der für die verträge nr. -607 und nr. -404 maßgeblichen fassung vom 21.07.1994 (gültig vom 29.7.1994 bis 31.7.2001) und in der für den vertrag nr. -609 maßgeblichen fassung vom 13.07.2001 (gültig vom 01.08.2001 bis 07.12.2004) betrug die widerspruchsfrist 14 tage. der lauf dieser frist beginnt gem. § 5a abs. 2 satz 1 vvg a.f., wenn dem versicherungsnehmer der versicherungsschein und die unterlagen nach absatz 1, nämlich die versicherungsbedingungen sowie die verbraucherinformation nach § 10a vag a.f., vollständig vorliegen und der versicherungsnehmer bei aushändigung des versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher form über das widerspruchsrecht, den fristbeginn und die dauer belehrt worden ist. 28an einer solchen ordnungsgemäßen belehrung fehlt es hier. die widerspruchsbelehrungen zu den streitgegenständlichen versicherungsverträgen sind inhaltlich fehlerhaft, weil der zwingende hinweis auf die form der widerspruchserklärung fehlt. gemäß § 5a abs. 1 vvg in der für die verträge nr. -607 und nr. -404 maßgeblichen fassung vom 21.07.1994 ist der widerspruch schriftlich zu erheben, in bezug auf den vertrag nr. -609 gilt nach der fassung vom 13.07.2001 die textform. der hinweis auf die schrift- bzw. textform ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil jeweils in satz 2 der widerspruchsbelehrungen von der „absendung“ des widerspruchs die rede ist. satz 2 bezieht sich lediglich auf den fall, dass der versicherungsnehmer den widerspruch in dokumentierter form erklären will, und erläutert nur, dass in diesem fall die rechtzeitige absendung zur fristwahrung reicht. dass ein mündlicher widerspruch ausgeschlossen ist und in jedem fall die textform gewahrt werden muss, ergibt sich daraus nicht (vgl. bgh, urteil v. 29.07.2015, iv zr 384/14, juris rn. 26; urteil v. 19.11.2014, iv zr 329/14, juris rn. 11; olg köln, urteil v. 12.06.2015, 20 u 25/15, juris rn. 25). dementsprechend lässt sich diesem zusatz erst recht nicht entnehmen, dass es in bezug auf die verträge nr. -607 und -404 sogar noch der traditionellen schriftform bedarf (vgl. bgh, urteil v. 21.12.2016, iv zr 217/15, juris rn. 11; urteil v. 29.07.2015, iv zr 112/14, juris rn. 12). 292. entgegen der auffassung der beklagten liegen auch nicht die voraussetzungen der verwirkung bzw. einer treuwidrigkeit der geltendmachung des widerspruchsrechts (§ 242 bgb) vor. die beklagte hat durch das übersenden der unwirksamen widerspruchsbelehrung selbst die situation herbeigeführt und kann daher grundsätzlich kein schützenswertes vertrauen in anspruch nehmen (vgl. bgh, urteil v. 29.07.2015, iv zr 384/14, juris rn. 31; urteil v. 07.05.2014, iv zr 76/11, juris rn. 39). besondere umstände, die ausnahmsweise eine andere bewertung zuließen, sind nicht ersichtlich. insbesondere geht die kammer nicht davon aus, dass die abtretung der ansprüche an die klägerin als „gewerbliche forderungskäuferin“ das vorgehen der klägerin rechtsmissbräuchlich werden lässt (vgl. lg köln, urteil v. 24.08.2020, 26 o 353/19, juris rn. 28). in diesem zusammenhang ist zu beachten, dass die versicherungsnehmer nicht ihr widerspruchsrecht, sondern nur die rückabwicklungsansprüche abgetreten haben, die aus dem von ihnen selbst erklärten widerspruch folgen. 30auch die vorherigen kündigungen der verträge durch die versicherungsnehmer stellen keinen ausreichenden grund für die annahme einer treuwidrigkeit des widerspruchs dar. durch die kündigung haben die versicherungsnehmer zum ausdruck gebracht, dass sie nicht länger an den verträgen festhalten möchten und damit gerade kein schutzwürdiges vertrauen der beklagten in ein unbedingtes fortsetzen der versicherungsverträge unabhängig von einem etwaigen loslösungsrecht geschaffen (vgl. olg köln, beschluss v. 12.12.2017, 20 u 185/17, juris rn. 4 m.w.n.). ein solches schutzwürdiges vertrauen konnte auch nicht dadurch entstehen, dass die versicherungsnehmerin t bei vertragsschluss einen depotbeitrag von 12.000,00 dm zur verfügung stellte, den die beklagte als beitragsvorauszahlung verbuchte (vgl. bl. 201 d.a.). auch die durch die versicherungsnehmerin t nachträglich abgeschlossene berufsunfähigkeits-zusatzversicherung lässt keinen zwingenden rückschluss darauf zu, dass die versicherungsnehmerin an der hauptversicherung unbedingt festhalten wollte, zumal sie die erweiterung nur ein knappes jahr nach abschluss der hauptversicherung beantragt hat. das gleiche gilt in bezug auf den vertrag nr. –609 für die durch die versicherungsnehmerin l beantragte teilstundung. ebenso wenig wie eine beitragsfreistellung (vgl. hierzu olg karlsruhe, urteil v. 28.06.2019, 12 u 134/17, juris rn. 77) drückt eine teilstundung der beiträge hinreichend deutlich aus, dass der versicherungsnehmer unbedingt an dem vertrag festhalten will. die vorübergehende teilstundung ist entgegen der auffassung der beklagten auch nicht mit der situation vergleichbar, in der ein versicherungsnehmer nach einer kündigung oder einer beitragsfreistellung den vertrag wieder in kraft setzen möchte und die beitragszahlungen wieder aufnimmt (vgl. hierzu bgh, beschluss v. 11.11.2015, iv zr 117/15, juris rn. 17; olg köln, beschluss v. 16.08.2017, 20 u 149/17, juris rn. 4; olg hamm, beschluss v. 13.12.2019, 20 u 188/19, juris rn. 11). die kündigung bzw. die beitragsfreistellung sind grundsätzlich endgültig, weshalb der versicherungsnehmer durch die wideraufnahme der beitragszahlungen rechtlich einen neuabschluss seines vertrages begehrt und damit klar zum ausdruck bringt, dass er den vertrag unbedingt fortsetzten möchte (vgl. olg köln, beschluss v. 16.08.2017, 20 u 149/17, juris rn. 4; olg hamm, beschluss v. 13.12.2019, 20 u 188/19, juris rn. 11). der bitte um eine zeitlich begrenzte teilstundung der beiträge lässt sich demgegenüber keine zweifelsfreie, mit einem neuabschluss vergleichbare bestätigung des vertrages als solchen entnehmen. 313. der höhe nach hat die klägerin zunächst einen anspruch erstattung der von dem versicherungsnehmer geleisteten prämien abzüglich der prämienanteile, die auf den risikoschutz entfallen sind. hierbei können die von der beklagten kalkulierten risikokosten zugrunde gelegt werden (vgl. bgh, urteil v. 24.02.2016, iv zr 126/15, juris rn. 26; lg köln, urteil v. 30.10.2020, 12 o 15/20, juris rn. 50). herauszugeben ist zudem der fondsgewinn. unter anrechnung des jeweils von der beklagten ausgezahlten rückkaufswertes und der auf eine etwaige zusatzversicherung entfallenden beträge ergeben sich für die klägerin folgende ansprüche, wobei die kammer die substantiiert vorgetragenen beträge der beklagten, denen die klägerin nicht entschieden entgegengetreten ist, zu grunde legt: 32vertrag -607 33prämien: 26.231,18 eur 34fondsgewinn: 8.111,91 eur 35abzüglich: 36risikokosten: 1.237,14 eur 37auszahlung: 25.083,30 eur 38zusatzversicherung: 3.838,24 eur 39differenz: 4.184,41 eur 40vertrag -040 41prämien: 33.132,24 eur 42fondsgewinn: 13.656,92 eur 43abzüglich: 44risikokosten: 445,55 eur 45auszahlung: 41.007,35 eur 46differenz: 5.336,26 eur 47vertrag -609 48prämien: 22.006,92 eur 49fondsgewinn: 3.549,54 eur 50abzüglich: 51risikokosten: 116,99 eur 52auszahlung: 10.411,74 eur 53zusatzversicherung: 12.715,20 eur 54differenz: 2.312,53 eur 55weitergehende ansprüche der klägerin scheiden aus. eine nutzungsziehung aus risikokosten und abschlusskosten kommt unter keinem gesichtspunkt in betracht (vgl. bgh, urteil v. 26.09.2018, iv zr 304/15, juris rn. 31; urteil v. 29.04.2020, iv zr 5/19, juris rn. 14). der zur bestreitung von verwaltungskosten verwendete prämienanteil ist zur berechnung von nutzungszinsen nur heranzuziehen, soweit der versicherer auf diese weise den einsatz sonstiger finanzmittel erspart hat, die er zur ziehung von nutzungen verwenden konnte (vgl. bgh, urteil v. 26.09.2018, iv zr 304/15, juris rn. 31). die klägerin hat bereits nicht dargelegt, dass diese voraussetzungen vorliegen. in diesem zusammenhang kann nicht auf die nettoverzinsung der kapitalanlagen des versicherers abgehoben werden. erforderlich wäre eine konkrete darlegung der klägerin, dass und inwieweit tatsächlich aus diesen beitragsanteilen erträge erzielt worden sind (vgl. bgh, urteil v. 24.02.2016, iv zr 512/14, juris rn. 27 a.e.; olg köln, urteil v. 28.10.2016, 20 u 30/16, juris rn. 54; lg köln, urteil v. 30.10.2020, 12 o 15/20, juris rn. 53). 56iii. der zinsanspruch folgt aus §§ 288 abs. 1, 286 abs. 1 bgb. auch in bezug auf den vertrag nr. -607 stehen der klägerin verzugszinsen erst ab dem 20.07.2019 zu, da die klägerin die beklagte auch insofern unter fristsetzung bis zum 20.07.2019 zur rückabwicklung des vertrags aufforderte (vgl. bl. 73 d.a.). 57iv. die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 abs. 1, 269 abs. 3 s. 2, 709 s. 1, 2 zpo. 58streitwert: 101.607,00 eur 59für eine herabsetzung des streitwerts nach bestimmten verfahrensabschnitten besteht seit abschaffung der sog. urteilsgebühr im kostenverzeichnis zum gkg und dem inkrafttreten des gesetzes zur modernisierung des kostenrechts (kostrmog) vom 5. mai 2004 kein raum mehr, nachdem teilklagerücknahmen und teilerledigungen nicht mehr zu einer reduzierung der anfallenden gerichtsgebühren führen können.
Klaeger*in
1
173,134
6a K 2223/12.A
2014-07-29T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der Kläger. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 2. Oktober 1979 geborene Kläger ist armenischer Staats- und Volksangehöriger und armenisch-orthodoxen Glaubens. Nach eigenen Angaben verließ er am 6. Januar 2012 gemeinsam mit seiner Frau das Land über den Flughafen F. und flog direkt nach Deutschland. Am 12. Januar 2012 stellte der Kläger gemeinsam mit seiner Frau einen Asylantrag. 3Zur Begründung gab er im Rahmen seiner Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 20. März 2012 im Wesentlichen an, er sei von Kriminellen um Schutzgeld erpresst worden. Er habe in Armenien als Experte für Bodenschätze und Steinabbau gearbeitet und nebenbei ein eigenes Geschäft für Steinbearbeitung gehabt, das ganz gut gelaufen sei. Sie seien immer dann vorbeigekommen, wenn er Ware abgeliefert und Geld bekommen habe. Manchmal hätten sie die Hälfte, manchmal alles aus der Kasse genommen. Anfangs habe er gezahlt, die Zahlungen aber verweigert, nachdem er geheiratet habe. Er habe das nicht mehr gewollt und geglaubt, das seien alles leere Drohungen. Nach der Hochzeit sei er weiterhin bedroht worden, seine Frau ebenfalls. Einmal seien sie sogar zu seinem Haus gekommen und hätten die Fenster zerschlagen. Seine Frau sei darüber sehr erschrocken gewesen. Er habe einen der Kriminellen angezeigt. Der sei auch festgenommen worden. Fortan sei er bedroht worden, entweder seine Anzeige zurückzunehmen oder seine Familie werde vernichtet werden. Es seien vorbestrafte gefährliche Kriminelle gewesen. Nach dem Vorfall mit seiner Frau habe er sich erkundigt, was das für Leute seien und wo sie wohnten. Er habe sie dann auch bei der Polizei angezeigt, es sei aber nur einer festgenommen worden. Warum, wisse er nicht. Er habe sich nicht danach erkundigt. Nachdem sie seine Frau bedroht hätten, habe er ausreisen wollen. Er sei öfter daran erinnert worden, dass etwas passieren könne. Er befürchte, dass sie ihre Drohungen bei einer Rückkehr nach Armenien wahrmachen würden. Es sei ihm wirtschaftlich gut gegangen. Wären die Probleme nicht gewesen, wäre er nicht gezwungen gewesen, Armenien zu verlassen. 4Durch Bescheid vom 23. April 2012 (Az. 5528686-422) lehnte das Bundesamt die Anträge des Klägers und seiner Frau auf Anerkennung als Asylberechtigte als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1.) und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen (Ziffer 2.) und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 – 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 3.). Es forderte den Kläger und seine Ehefrau unter Androhung der Abschiebung nach Armenien auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen (Ziffer 4.). 5Der Kläger und seine Ehefrau haben am 30. April 2012 die vorliegende Klage erhoben und einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gestellt, den das Gericht mit Beschluss vom 16. Mai 2012 abgelehnt hat (6a L 573/12.A). Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und ausgeführt, es bestünden Zweifel an dem Offensichtlichkeitsausspruch. Aus den Festnahmen durch die Polizei könne nicht geschlossen werden, dass die örtliche Polizei ausreichende Schutzmaßnahmen getroffen habe. Auch nach den Festnahmen seien die Drohungen weitergegangen. Er habe den Verdacht, dass die Erpresser mit der örtlichen Polizei zusammenarbeiteten und lediglich ein Scheinverdächtiger festgenommen worden sei. Im Hinblick auf die tatsächliche Lage könne ein kollusives Zusammenwirken zwischen Polizei und Kriminellen angenommen werden. 6Mit Beschluss vom 18. Februar 2014 hat die Kammer das Verfahren der Ehefrau des Klägers abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 6a K 798/14.A fortgeführt. 7Der Kläger beantragt (schriftsätzlich sinngemäß), 8die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Ziffer 2. des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. April 2012 – 5528686-422 – zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, 9hilfsweise, die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Ziffern 3. und 4. des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. April 2012 – 5528686-422 – zu verpflichten, ihm subsidiären internationalen Schutz zuzuerkennen, 10weiter hilfsweise, die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der jeweiligen Ziffern 3. und 4. des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. April 2012 – 5528686-422 – zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Armeniens vorliegt. 11Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich), 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung beruft sie sich auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides. 14Mit Beschluss vom 7. Juli 2014 hat die Kammer den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Gerichtakte des zugehörigen Eilverfahrens 6a L 573/12.A sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten (Az.: 5528686-422) Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Die Entscheidung ergeht nach § 6 Abs. 1 VwGO durch die Einzelrichterin, da dieser der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 7. Juli 2014 zur Entscheidung übertragen worden ist. Das Gericht kann gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz des Ausbleibens der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen eines Fernbleibens von der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden sind. 17Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 23. April 2012 ist – soweit er vorliegend noch angegriffen wird (Ziffern 2. bis 4., soweit sie den Kläger betreffen) – rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat auf der Grundlage der gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylVfG) noch darauf, dass die Beklagte zu seinen Gunsten subsidiären internationalen Schutz oder Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG feststellt. Zur Begründung wird zunächst auf die Gründe des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes vom 23. April 2012 Bezug genommen, denen das Gericht folgt (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Darüber hinaus hat das Gericht bereits in seinem den Eilantrag des Klägers betreffenden Beschluss vom 16. Mai 2012 (6a L 573/12.A) und in seinem den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers betreffenden Beschluss vom 7. Juli 2014 ausgeführt: 18„Vorliegend bestehen unter Zugrundelegung der jetzigen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Bundesamt den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ablehnen durfte und damit zugleich auch keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG. 19Ein Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylVfG dann offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Die Beurteilung als offensichtlich unbegründet ist nur dann gerechtfertigt, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt. 20Vgl. dazu BVerfG, Beschlüsse vom 21. Juli 2000 – 2 BvR 1429/98 –, Juris, vom 8. März 1995 – 2 BvR 2148/94 –, DVBl. 1995, 846, und vom 28. April 1994 – 2 BvR 2709/93 –, DVBl. 1994, 921. 21Erweist sich der Asylantrag als nicht offensichtlich, sondern lediglich schlicht unbegründet, hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung anzuordnen. 22Vgl. Finkelnburg/Külpmann/Dombert, Vorl. Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl. 2008, Rdnr. 1262. 23Vorliegend drängte sich die Abweisung des Asylantrags auf. Insoweit wird zunächst auf die ausführliche Begründung des Bescheides des Bundesamtes Bezug genommen. Die Antragsteller sind den Ausführungen in dem Ablehnungsbescheid bisher auch nicht konkret entgegen getreten. Die Antragsteller haben insbesondere keine erlittenen politischen Verfolgungsmaßnahmen geltend gemacht. Die vom den Antragstellern behaupteten Ursachen ihrer Flucht haben keinen Bezug zu den von § 60 Abs. 1 AufenthG vorgesehenen Verfolgungsmerkmalen; es handelt sich um eine Verfolgung mit bloß kriminellem und nicht politischem Hintergrund. Die Antragsteller werden nach ihrem Vorbringen aufgrund ihrer guten wirtschaftlichen Situation erpresst und bedroht und nicht wegen ihrer politischen Situation. Abgesehen von den im angegriffenen Bescheid dargelegten und nachvollziehbaren Zweifeln an der Glaubhaftigkeit des Asylvorbringens hat das Bundesamt zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei den geschilderten Angriffen und Bedrohungen um allgemeine und kommerzielle Kriminalität handelt. Dass der armenische Staat nicht grundsätzlich gewillt und in der Lage ist, die Antragsteller vor den behaupteten Übergriffen zu schützen, ist nach Auskunftslage nicht erkennbar. Die Antragsteller selbst haben in ihrer Anhörung darauf hingewiesen, dass die Polizei einen Erpresser festgenommen habe. Soweit die Antragsteller in der Antragsbegründung darauf abstellen, dass die Polizei mit den Erpressern zusammen arbeiten würde und lediglich einen „Scheinerpresser“ festgenommen habe, ist dieser „Verdacht“ nicht näher begründet und konkretisiert. Anhaltspunkte für das behauptete „kollusive Zusammenwirken“ zwischen Polizei und Straftätern haben die Antragsteller nicht vorgebracht und sind auch sonst nicht ersichtlich. 24Die Rechtmäßigkeit des Bescheides begegnet auch keinen ernstlichen Zweifeln, soweit dort festgestellt wird, dass Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 2 bis 7 des AufenthG nicht bestehen. Auch diesbezüglich folgt das Gericht den zutreffenden Ausführungen und Feststellungen im angefochtenen Bescheid und nimmt hierauf zur Begründung Bezug. In Betracht kommt insoweit auf der Grundlage des Vortrags der Antragsteller Abschiebungsschutz auch nicht nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung abgesehen werden, wenn dort für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Für die Annahme einer (individuellen) konkreten Gefahr ist ein Mindestmaß an Substantiierung des Vorbringens unerlässlich, das hier unterschritten ist. Die Darstellung der Bedrohung durch die Erpresser bleibt vage und unsubstantiiert. Abgesehen von der pauschalen Behauptung des Antragstellers zu 2), dass er erpresst werde und seiner Frau und ihm Drohungen ausgesprochen worden seien, tragen die Antragsteller nichts zur einer konkreten Gefährdung vor. Eine erhebliche konkrete Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG – insbesondere auch durch das Nichterreichen staatlicher Hilfen in Armenien – lässt sich danach nicht feststellen.“ 25Nach nochmaliger Überprüfung unter Berücksichtigung des im vorliegenden Verfahren anzulegenden Prüfungsmaßstabs hält das Gericht weiter an den obigen Ausführungen fest. 26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 83b AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Zivilprozessordnung.
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der kläger. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der am 2. oktober 1979 geborene kläger ist armenischer staats- und volksangehöriger und armenisch-orthodoxen glaubens. nach eigenen angaben verließ er am 6. januar 2012 gemeinsam mit seiner frau das land über den flughafen f. und flog direkt nach deutschland. am 12. januar 2012 stellte der kläger gemeinsam mit seiner frau einen asylantrag. 3zur begründung gab er im rahmen seiner anhörung beim bundesamt für migration und flüchtlinge am 20. märz 2012 im wesentlichen an, er sei von kriminellen um schutzgeld erpresst worden. er habe in armenien als experte für bodenschätze und steinabbau gearbeitet und nebenbei ein eigenes geschäft für steinbearbeitung gehabt, das ganz gut gelaufen sei. sie seien immer dann vorbeigekommen, wenn er ware abgeliefert und geld bekommen habe. manchmal hätten sie die hälfte, manchmal alles aus der kasse genommen. anfangs habe er gezahlt, die zahlungen aber verweigert, nachdem er geheiratet habe. er habe das nicht mehr gewollt und geglaubt, das seien alles leere drohungen. nach der hochzeit sei er weiterhin bedroht worden, seine frau ebenfalls. einmal seien sie sogar zu seinem haus gekommen und hätten die fenster zerschlagen. seine frau sei darüber sehr erschrocken gewesen. er habe einen der kriminellen angezeigt. der sei auch festgenommen worden. fortan sei er bedroht worden, entweder seine anzeige zurückzunehmen oder seine familie werde vernichtet werden. es seien vorbestrafte gefährliche kriminelle gewesen. nach dem vorfall mit seiner frau habe er sich erkundigt, was das für leute seien und wo sie wohnten. er habe sie dann auch bei der polizei angezeigt, es sei aber nur einer festgenommen worden. warum, wisse er nicht. er habe sich nicht danach erkundigt. nachdem sie seine frau bedroht hätten, habe er ausreisen wollen. er sei öfter daran erinnert worden, dass etwas passieren könne. er befürchte, dass sie ihre drohungen bei einer rückkehr nach armenien wahrmachen würden. es sei ihm wirtschaftlich gut gegangen. wären die probleme nicht gewesen, wäre er nicht gezwungen gewesen, armenien zu verlassen. 4durch bescheid vom 23. april 2012 (az. 5528686-422) lehnte das bundesamt die anträge des klägers und seiner frau auf anerkennung als asylberechtigte als offensichtlich unbegründet ab (ziffer 1.) und stellte fest, dass die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen (ziffer 2.) und abschiebungsverbote nach § 60 abs. 2 – 7 aufenthaltsgesetz (aufenthg) nicht vorliegen (ziffer 3.). es forderte den kläger und seine ehefrau unter androhung der abschiebung nach armenien auf, die bundesrepublik deutschland innerhalb einer woche nach bekanntgabe des bescheides zu verlassen (ziffer 4.). 5der kläger und seine ehefrau haben am 30. april 2012 die vorliegende klage erhoben und einen antrag auf anordnung der aufschiebenden wirkung ihrer klage gestellt, den das gericht mit beschluss vom 16. mai 2012 abgelehnt hat (6a l 573/12.a). zur begründung seiner klage hat der kläger im wesentlichen sein vorbringen aus dem verwaltungsverfahren wiederholt und ausgeführt, es bestünden zweifel an dem offensichtlichkeitsausspruch. aus den festnahmen durch die polizei könne nicht geschlossen werden, dass die örtliche polizei ausreichende schutzmaßnahmen getroffen habe. auch nach den festnahmen seien die drohungen weitergegangen. er habe den verdacht, dass die erpresser mit der örtlichen polizei zusammenarbeiteten und lediglich ein scheinverdächtiger festgenommen worden sei. im hinblick auf die tatsächliche lage könne ein kollusives zusammenwirken zwischen polizei und kriminellen angenommen werden. 6mit beschluss vom 18. februar 2014 hat die kammer das verfahren der ehefrau des klägers abgetrennt und unter dem aktenzeichen 6a k 798/14.a fortgeführt. 7der kläger beantragt (schriftsätzlich sinngemäß), 8die beklagte unter teilweiser aufhebung der ziffer 2. des bescheids des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 23. april 2012 – 5528686-422 – zu verpflichten, ihm die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, 9hilfsweise, die beklagte unter teilweiser aufhebung der ziffern 3. und 4. des bescheids des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 23. april 2012 – 5528686-422 – zu verpflichten, ihm subsidiären internationalen schutz zuzuerkennen, 10weiter hilfsweise, die beklagte unter teilweiser aufhebung der jeweiligen ziffern 3. und 4. des bescheids des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 23. april 2012 – 5528686-422 – zu verpflichten, festzustellen, dass ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 oder nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg hinsichtlich armeniens vorliegt. 11die beklagte beantragt (schriftsätzlich), 12die klage abzuweisen. 13zur begründung beruft sie sich auf den inhalt des angefochtenen bescheides. 14mit beschluss vom 7. juli 2014 hat die kammer den antrag des klägers auf gewährung von prozesskostenhilfe abgelehnt. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der gerichtakte des zugehörigen eilverfahrens 6a l 573/12.a sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs der beklagten (az.: 5528686-422) bezug genommen. 15
16die entscheidung ergeht nach § 6 abs. 1 vwgo durch die einzelrichterin, da dieser der rechtsstreit durch beschluss der kammer vom 7. juli 2014 zur entscheidung übertragen worden ist. das gericht kann gemäß § 102 abs. 2 vwgo trotz des ausbleibens der beteiligten in der mündlichen verhandlung entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen und auf die folgen eines fernbleibens von der mündlichen verhandlung hingewiesen worden sind. 17die klage ist unbegründet. der bescheid des bundesamtes vom 23. april 2012 ist – soweit er vorliegend noch angegriffen wird (ziffern 2. bis 4., soweit sie den kläger betreffen) – rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 und abs. 5 satz 1 vwgo. der kläger hat auf der grundlage der gemäß § 77 abs. 1 asylvfg maßgeblichen sach- und rechtslage im zeitpunkt der mündlichen verhandlung weder einen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft (§ 3 asylvfg) noch darauf, dass die beklagte zu seinen gunsten subsidiären internationalen schutz oder abschiebungshindernisse nach § 60 abs. 5 oder abs. 7 satz 1 aufenthg feststellt. zur begründung wird zunächst auf die gründe des angegriffenen bescheides des bundesamtes vom 23. april 2012 bezug genommen, denen das gericht folgt (§ 77 abs. 2 asylvfg). darüber hinaus hat das gericht bereits in seinem den eilantrag des klägers betreffenden beschluss vom 16. mai 2012 (6a l 573/12.a) und in seinem den prozesskostenhilfeantrag des klägers betreffenden beschluss vom 7. juli 2014 ausgeführt: 18„vorliegend bestehen unter zugrundelegung der jetzigen sach- und rechtslage (§ 77 abs. 1 satz 1 asylvfg) keine ernstlichen zweifel daran, dass das bundesamt den asylantrag als offensichtlich unbegründet ablehnen durfte und damit zugleich auch keine erheblichen zweifel an der rechtmäßigkeit des angefochtenen verwaltungsaktes im sinne von § 36 abs. 4 satz 1 asylvfg. 19ein asylantrag ist gemäß § 30 abs. 1 asylvfg dann offensichtlich unbegründet, wenn die voraussetzungen für eine anerkennung als asylberechtigter und die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. die beurteilung als offensichtlich unbegründet ist nur dann gerechtfertigt, wenn im maßgeblichen zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung an der richtigkeit der tatsächlichen feststellungen vernünftigerweise kein zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen sachverhalt nach allgemein anerkannter rechtsauffassung die ablehnung des asylantrags geradezu aufdrängt. 20vgl. dazu bverfg, beschlüsse vom 21. juli 2000 – 2 bvr 1429/98 –, juris, vom 8. märz 1995 – 2 bvr 2148/94 –, dvbl. 1995, 846, und vom 28. april 1994 – 2 bvr 2709/93 –, dvbl. 1994, 921. 21erweist sich der asylantrag als nicht offensichtlich, sondern lediglich schlicht unbegründet, hat das verwaltungsgericht die aufschiebende wirkung anzuordnen. 22vgl. finkelnburg/külpmann/dombert, vorl. rechtsschutz im verwaltungsstreitverfahren, 5. aufl. 2008, rdnr. 1262. 23vorliegend drängte sich die abweisung des asylantrags auf. insoweit wird zunächst auf die ausführliche begründung des bescheides des bundesamtes bezug genommen. die antragsteller sind den ausführungen in dem ablehnungsbescheid bisher auch nicht konkret entgegen getreten. die antragsteller haben insbesondere keine erlittenen politischen verfolgungsmaßnahmen geltend gemacht. die vom den antragstellern behaupteten ursachen ihrer flucht haben keinen bezug zu den von § 60 abs. 1 aufenthg vorgesehenen verfolgungsmerkmalen; es handelt sich um eine verfolgung mit bloß kriminellem und nicht politischem hintergrund. die antragsteller werden nach ihrem vorbringen aufgrund ihrer guten wirtschaftlichen situation erpresst und bedroht und nicht wegen ihrer politischen situation. abgesehen von den im angegriffenen bescheid dargelegten und nachvollziehbaren zweifeln an der glaubhaftigkeit des asylvorbringens hat das bundesamt zu recht darauf hingewiesen, dass es sich bei den geschilderten angriffen und bedrohungen um allgemeine und kommerzielle kriminalität handelt. dass der armenische staat nicht grundsätzlich gewillt und in der lage ist, die antragsteller vor den behaupteten übergriffen zu schützen, ist nach auskunftslage nicht erkennbar. die antragsteller selbst haben in ihrer anhörung darauf hingewiesen, dass die polizei einen erpresser festgenommen habe. soweit die antragsteller in der antragsbegründung darauf abstellen, dass die polizei mit den erpressern zusammen arbeiten würde und lediglich einen „scheinerpresser“ festgenommen habe, ist dieser „verdacht“ nicht näher begründet und konkretisiert. anhaltspunkte für das behauptete „kollusive zusammenwirken“ zwischen polizei und straftätern haben die antragsteller nicht vorgebracht und sind auch sonst nicht ersichtlich. 24die rechtmäßigkeit des bescheides begegnet auch keinen ernstlichen zweifeln, soweit dort festgestellt wird, dass abschiebungsverbote im sinne des § 60 abs. 2 bis 7 des aufenthg nicht bestehen. auch diesbezüglich folgt das gericht den zutreffenden ausführungen und feststellungen im angefochtenen bescheid und nimmt hierauf zur begründung bezug. in betracht kommt insoweit auf der grundlage des vortrags der antragsteller abschiebungsschutz auch nicht nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg. danach soll von der abschiebung abgesehen werden, wenn dort für den ausländer eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. für die annahme einer (individuellen) konkreten gefahr ist ein mindestmaß an substantiierung des vorbringens unerlässlich, das hier unterschritten ist. die darstellung der bedrohung durch die erpresser bleibt vage und unsubstantiiert. abgesehen von der pauschalen behauptung des antragstellers zu 2), dass er erpresst werde und seiner frau und ihm drohungen ausgesprochen worden seien, tragen die antragsteller nichts zur einer konkreten gefährdung vor. eine erhebliche konkrete gefahr i.s.d. § 60 abs. 7 aufenthg – insbesondere auch durch das nichterreichen staatlicher hilfen in armenien – lässt sich danach nicht feststellen.“ 25nach nochmaliger überprüfung unter berücksichtigung des im vorliegenden verfahren anzulegenden prüfungsmaßstabs hält das gericht weiter an den obigen ausführungen fest. 26die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo in verbindung mit § 83b asylvfg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit der kosten ergibt sich aus § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 zivilprozessordnung.
Verklagte*r
0
122,819
32 C 250/15
2016-07-07T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.710,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.04.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Am 12.06.2013 rief ein Mitarbeiter der Beklagten die Klägerin an, wobei der Inhalt des Gesprächs zwischen den Parteien streitig ist. Am 13.06.2013 erhielt die Klägerin im Rahmen des Postidentverfahrens einen Spar- und Reservierungsplan der Beklagten, den die Klägerin bei Erhalt der Unterlagen von dem Briefträger unterzeichnete. Wegen der Einzelheiten der übersandten Unterlagen wird auf Bl. 11-12 GA Bezug genommen. 3Am 23.06.2013 unterzeichnete die Klägerin eine Einzugsermächtigung zu Gunsten der Beklagten. Aufgrund dieser Einzugsermächtigung zog die Beklagte 19 Monate lang monatlich 90,00 €, also insgesamt 1.710,00 €, von dem Konto der Klägerin ein. Durch Schreiben vom 19.03.2015 widerrief die Klägerin die Einzugsermächtigung. 4Durch Schreiben vom 08.04.2015 forderte der Verbraucherdienst e.V. die Beklagte im Namen der Klägerin zur Rückzahlung der gezahlten Beträge auf und erklärte die Anfechtung des Vertrags aufgrund arglistiger Täuschung sowie den Widerruf. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 13-15 GA Bezug genommen. 5Die Klägerin behauptet, in dem Telefonat am 12.06.2013 sei ihr angeboten worden, sich an erfolgversprechenden Wachstumsmärkten zu beteiligen. Dazu könne sie Aktien mit hohen Gewinnmargen erwerben, Unterlagen dazu könnten übersandt werden. Die Klägern sei überredet worden, sich die Unterlagen übersenden zu lassen. Es sei nicht klar gewesen, dass ein Vertrag mit der Beklagten geschlossen worden sein solle. 6Die Klägerin beantragt, 7die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein Betrag von 1.710 ,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 02.02.2015 zu zahlen. 8Die Beklagte beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Die Beklagte behauptet, die Klägerin sei aufgrund der bestehenden Kundenbeziehung als Kundin der zum Unternehmensverband gehörenden Firma E2 angerufen worden. Zu den Inhalt des Telefonats am 12.06.2013 trägt die Beklagte vor, der Zeuge H habe die Klägerin gefragt, ob sie Interesse an einem Spar- und Reservierungsplan bei der Beklagten habe. Sie könne Aktien für einen späteren Erwerb zu einem bereits jetzt festgelegten Preis reservieren. Nachdem die Klägerin mitgeteilt habe, dass sie an den Aktien der Beklagten interessiert sei, habe der Zeuge H ihr mitgeteilt, dass er die Reservierung von 4000 Stück Aktien der Beklagten von insgesamt 10.000 bestehenden und auf den Inhaber lautenden Stückaktien anbieten könne. Der Aktienwert der reservierten 4000 Aktien betrage bei einem garantierten Ausgabepreis pro Aktie 1,50 €, insgesamt 6.000,00 €, und die Ausübung des Bezugsrechts könne bis zum 15.07.2016 erfolgen. Damit der Betrag von 6.000,00 € nicht auf einmal von der Klägerin gezahlt werden müsse, könne diese bequem monatliche Reservierungsprämien i.H.v. 90 €, beginnend ab dem 15.07.2013 bis zum 15.07.2016, leisten und auf den gesamten Aktienwert drei Jahre ratierliche Ratenzahlungen erbringen, also in gewisser Weise ansparen. Sollte die Klägerin das Bezugsrecht bis zum 15.07.2016 ausüben wollen, müsse der Gesamtbetrag von 6.000,00 € unter Anrechnung der geleisteten monatlichen Reservierungsprämien von 90 € spätestens bis zu diesem Zeitpunkt gezahlt sein. Die monatlichen Raten könnten bequem durch die Klägerin erfolgen, in dem diese eine Lastschrift zur Abbuchung der monatlichen Beträge erteilen würde. Die Klägerin habe dem Zeugen H mitgeteilt, dass sie mit dem Abschluss des erläuterten Spar- und Reservierungsplans einverstanden sei. Daraufhin habe der Zeuge H der Klägerin mitgeteilt, dass er der Klägerin die Vertragsunterlagen, die den telefonisch vereinbarten Inhalt des Spar- und Reservierungsplans sowie Vertragsbedingungen, die insbesondere die Verbraucherinformation, die Widerrufserklärung sowie die Einzugsermächtigung erhalten würden, sofort per Post zusenden würde. Mit der Unterschrift der Klägerin würde diese ihr Einverständnis mit dem soeben abgeschlossenen Spar- und Reservierungsplan noch einmal schriftlich dokumentieren. Die Klägerin könne den Inhalt des geschlossenen Vertrags innerhalb der Widerrufsfrist in Ruhe prüfen und sich auch durch Freunde oder Bekannte beraten lassen. Nachdem die Klägerin dem Zeugen H gegenüber ihr Einverständnis mit dem vorbezeichneten Procedere erklärt habe und keine weiteren Fragen mehr an den H gestellt habe, sei das Telefonat nach 9:34 Minuten beendet worden. Im Rahmen des Telefonats habe der Zeuge H die Klägerin im Übrigen über die maßgeblichen Risiken und insbesondere auf das Risiko eines Totalverlustes hingewiesen. 11Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen H und informatorische Anhörung der Klägerin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der öffentlichen Verhandlung vom 02.06.2016 (Bl. 169-169 R) und wegen des Ergebnisses der Anhörung der Klägerin wird auf das Protokoll der Sitzung vom 28.04.2016 (Bl. 147-148 GA) Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen. 12Entscheidungsgründe: 13De Klägerin kann von der Beklagten die Rückzahlung der gezahlten Beträge aus § 812 I S. 1, 1. Alt. BGB verlangen. Die Beklagte hat die gezahlten Beträge ohne Rechtsgrund erhalten. Denn zwischen den Parteien ist kein wirksamer Vertrag in Form eines "Spar- und Reservierungsplans" geschlossen worden. Ein Vertrag kommt durch zwei übereinstimmende, mit Bezug auf einander abgegebene Willenserklärungen zu Stande, nämlich durch Angebot und Annahme. 141. 15Ein Vertrag ist nicht bereits im Rahmen des Telefonats am 12.06.2013 zustande gekommen. Das Gericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass sich die Parteien am Telefon nicht verbindlich über den Abschluss des Spar- und Reservierungsplans geeinigt haben. Die Klägerin hat glaubhaft bekundet, dass der Zeuge H sie gefragt habe, ob er etwas zuschicken solle. Dem habe die Klägerin zugestimmt. Sie habe dem Zeugen H gesagt, er könne er gerne einen Prospekt schicken. Daraufhin habe der Zeuge H gesagt, dass er das machen wolle. Auf die Frage, ob die Klägern Aktien haben wolle, habe sie geantwortet, dass sie das nicht wisse, dass sie sich doch erst mal informieren müsse. Die Aussage der Klägerin im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung war glaubhaft. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die Klägerin als Partei des Verfahrens ein Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits hat. Das Gericht hat aber keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Klägerin aufgrund ihres Eigeninteresses dazu hat verleiten lassen, die Unwahrheit zu sagen. Der Aussage der Klägerin steht die Aussage des Zeugen H letztlich nicht entgegen. Auch die Aussage des Zeugen H war glaubhaft. Der Zeuge H hatte allerdings keine konkrete Erinnerung an das Gespräch mit der Klägerin. Der Zeuge hat lediglich ausgesagt, wie die Telefonate in der Regel abliefen. So hat er bekundet, dass er in den Gesprächen darauf hingewiesen habe, dass Aktien ja ein großes Thema seien, was man in der kurzen Zeit gar nicht alles besprechen und prüfen könne. Deshalb habe er angeboten, Unterlagen zu übersenden, damit der Kunde Zeit habe, sich alles in Ruhe durchzulesen und möglicherweise sich auch von anderen beraten zu lassen. Auf die Möglichkeit des Widerrufs habe er hingewiesen. Auf Nachfrage des Beklagtenvertreters hat der Zeuge ausdrücklich bekundet, dass er die Unterlagen immer nur übersandt habe, wenn der Kunde damit einverstanden gewesen sei und wenn der Kunde gesagt habe, er solle dem Kunden doch Infos zuschicken. Dann habe er grundsätzlich darauf hingewiesen, dass es um einen vorgefertigten Vertrag gehe. Selbst wenn man davon ausgeht, dass das Gespräch mit der Klägerin, an das der Zeuge keine konkrete Erinnerung mehr hatte, so abgelaufen ist, wie die von dem Zeugen H typischerweise geführten Gespräche, ist ein Vertrag in dem Gespräch nicht zustande gekommen. Nach dem objektiven Empfängerhorizont sind die Erklärungen des Zeugen H dahingehend zu verstehen, dass er der Klägerin Unterlagen zuschicken wollte zur weiteren Information. So hat der Zeuge ausdrücklich erklärt, dass man in der kurzen Zeit gar nicht alles besprechen und prüfen könne. Dies spricht gegen ein verbindliches Angebot am Telefon, sondern vielmehr dafür, dass nach entsprechender Prüfung der Unterlagen gegebenenfalls ein Vertrag geschlossen werden kann. Auch der Hinweis, dass es um einen vorgefertigten Vertrag gehe, reicht nicht aus, um einen Vertragsschluss durch das Telefonat annehmen zu können. Dieser Hinweis ist nach dem objektiven Empfängerhorizont dahingehend auszulegen, dass ein Vertragsentwurf geschickt wird, den der Kunde dann prüfen und gegebenenfalls unterschrieben zurücksenden kann. Dass bereits am Telefon eine Einigung erzielt worden ist, ergibt sich aus dieser Aussage des Zeugen H nicht. 162. 17Ein Vertrag ist auch nicht zustande gekommen durch die Unterschrift der Beklagten bei Erhalt der Unterlagen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ging die Klägerin davon aus, dass ihr weitere Informationen zugeschickt wurden. Die Klägerin wurde nach ihrer Aussage im Rahmen der informatorischen Anhörung von dem Postboten aufgefordert, die Sendung zu unterschreiben. Sie sei auf dem Sprung gewesen und habe nach der Unterschrift die Sachen erst mal zur Seite gelegt. Nach dem im Rahmen der Beweisaufnahme festgestellten Inhalt des Telefonats, in dem der Zeuge H ausdrücklich angeboten hat, Unterlagen zu übersenden, damit die Klägerin Zeit habe, alles in Ruhe durchzulesen und sich von anderen beraten zu lassen, hat die Klägerin durch diese Unterschrift vor dem gründlichen Lesen der Unterlagen, nämlich noch in Anwesenheit des Briefträgers, nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht erklärt, dass sie einen verbindlichen Vertrag schließen möchte. Es ist ein - zumindest bislang – höchst ungewöhnlicher Vorgang, dass es, wenn ein Briefträger bei der Überreichung einer Sendung um eine Unterschrift bittet, um die Unterzeichnung eines Vertrags mit den Absender dieser Sendung geht und nicht nur – wie nach der Lebenserfahrung in den allermeisten Fällen - um die Bestätigung des Erhalts der Sendung. Wer dem Briefträger die Wohnungstür öffnet und bereits vor Erhalt einer Sendung zur Unterschrift aufgefordert wird, unterschreibt in der Regel in der Annahme, dies tun zu müssen, um die Sendung überhaupt ausgehändigt zu erhalten. (KG, Urteil vom 21.10.2011,5 U 93/11, zitiert nach Beck-online). Nach dem objektiven Empfängerhorizont war die Unterschrift der Klägerin daher dahingehend auszulegen, dass die Klägerin die Unterschrift geleistet hat, um die Sendung zu erhalten, nicht aber, um ein etwaiges Angebot der Kläger zu einem Spar- und Reservierungsplan anzunehmen. Nach der insoweit überzeugenden Rechtsprechung (KG, a. a. O.) wäre dies nur anders bei einer telefonischen Aufklärung, und zwar einer entsprechend deutlichen, unmissverständlichen und unüberhörbaren Klarstellung. Diesen Anforderungen wird das Telefonat zwischen der Klägerin und den Zeugen H allerdings nicht gerecht. Selbst wenn man unterstellt, dass der Zeuge H darauf hingewiesen hat, dass es sich bei den übersandten Unterlagen um einen "vorgefertigten Vertrag“ handelte, so lässt sich dieser Erklärung nicht entnehmen, dass der Vertrag bereits durch die Unterschrift, die noch in Anwesenheit des Briefträger zu leisten ist, zu Stande kommt, bevor der Vertrag von dem Empfänger in Ruhe gelesen werden kann. Wie bereits ausgeführt, ist diese Erklärung des Zeugen H vielmehr dahingehend zu verstehen, dass ein Vertragsentwurf oder ein von der Beklagten bereits unterzeichnetes verbindliches Angebot übersandt wird, dass die Klägerin nach entsprechender Prüfung gegebenenfalls unterzeichnen und zurücksenden kann. 18Im Ergebnis fehlte der Klägerin daher bei Leistung ihrer Unterschrift jegliches Erklärungsbewusstsein. Sie ging nach dem Telefonat mit dem Zeugen H davon aus, dass ihr weitere Informationen übersandt werden und leistete die Unterschrift nicht in dem Bewusstsein, die Annahme eines Angebots erklären. 193. 20Der Vertrag ist auch nicht durch konkludentes Verhalten der Parteien zustande gekommen. Als konkludentes Verhalten auf Seiten der Klägerin kommt allenfalls das Erteilen der Einzugsermächtigung in Betracht. Die Klägerin hat im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung bekundet, sie habe bei Erteilen der Einsatzermächtigung gedacht, dass sie das machen müsse. Die Klägerin ging offensichtlich davon aus, zur Erteilung der Einzugsermächtigung verpflichtet zu sein. Sie handelte daher ohne Rechtsbindungswillen, vielmehr ging sie irrtümlich davon aus, dass ein Vertrag längst zustande gekommen war. Die Erteilung der Einzugsermächtigung kann aber nicht als Annahme eines Angebots der Klägerin gewertet werden. Angesichts des Umstands, dass sich die Parteien, wie oben bereits ausführlich dargelegt, nicht im Rahmen des Telefonats verbindlich über den Abschluss eines Spar- und Regierungsplans geeinigt haben und ein Vertrag auch nicht durch die Unterschrift bei Erhalt der Sendung zustande gekommen ist, was die Beklagte wusste, ist die Beklagte auch nicht schutzwürdig. 214. 22Dem Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der geleisteten Beträge steht auch nicht § 814 BGB entgegen. Danach kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Hier ging die Klägerin gerade irrtümlich davon aus, dass sie zur Zahlung verpflichtet war. Die Klägerin zahlte also gerade nicht in Kenntnis ihrer Nichtschuld. 235. 24Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 BGB. Die Voraussetzungen für einen früheren Zinsbeginn wird nicht dargelegt. 256. 26Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 ZPO. 27Der Streitwert wird auf 1.710,00 EUR festgesetzt. 28Rechtsbehelfsbelehrung: 29A) B) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 301. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 312. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 32Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 33Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen. 34Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 35Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 1.710,00 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 16.04.2015 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die beklagte. das urteil ist gegen sicherheitsleistung i.h.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2am 12.06.2013 rief ein mitarbeiter der beklagten die klägerin an, wobei der inhalt des gesprächs zwischen den parteien streitig ist. am 13.06.2013 erhielt die klägerin im rahmen des postidentverfahrens einen spar- und reservierungsplan der beklagten, den die klägerin bei erhalt der unterlagen von dem briefträger unterzeichnete. wegen der einzelheiten der übersandten unterlagen wird auf bl. 11-12 ga bezug genommen. 3am 23.06.2013 unterzeichnete die klägerin eine einzugsermächtigung zu gunsten der beklagten. aufgrund dieser einzugsermächtigung zog die beklagte 19 monate lang monatlich 90,00 €, also insgesamt 1.710,00 €, von dem konto der klägerin ein. durch schreiben vom 19.03.2015 widerrief die klägerin die einzugsermächtigung. 4durch schreiben vom 08.04.2015 forderte der verbraucherdienst e.v. die beklagte im namen der klägerin zur rückzahlung der gezahlten beträge auf und erklärte die anfechtung des vertrags aufgrund arglistiger täuschung sowie den widerruf. wegen der weiteren einzelheiten des schreibens wird auf bl. 13-15 ga bezug genommen. 5die klägerin behauptet, in dem telefonat am 12.06.2013 sei ihr angeboten worden, sich an erfolgversprechenden wachstumsmärkten zu beteiligen. dazu könne sie aktien mit hohen gewinnmargen erwerben, unterlagen dazu könnten übersandt werden. die klägern sei überredet worden, sich die unterlagen übersenden zu lassen. es sei nicht klar gewesen, dass ein vertrag mit der beklagten geschlossen worden sein solle. 6die klägerin beantragt, 7die beklagte zu verurteilen, an die klägerin ein betrag von 1.710 ,00 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz der ezb seit dem 02.02.2015 zu zahlen. 8die beklagte beantragt, 9die klage abzuweisen. 10die beklagte behauptet, die klägerin sei aufgrund der bestehenden kundenbeziehung als kundin der zum unternehmensverband gehörenden firma e2 angerufen worden. zu den inhalt des telefonats am 12.06.2013 trägt die beklagte vor, der zeuge h habe die klägerin gefragt, ob sie interesse an einem spar- und reservierungsplan bei der beklagten habe. sie könne aktien für einen späteren erwerb zu einem bereits jetzt festgelegten preis reservieren. nachdem die klägerin mitgeteilt habe, dass sie an den aktien der beklagten interessiert sei, habe der zeuge h ihr mitgeteilt, dass er die reservierung von 4000 stück aktien der beklagten von insgesamt 10.000 bestehenden und auf den inhaber lautenden stückaktien anbieten könne. der aktienwert der reservierten 4000 aktien betrage bei einem garantierten ausgabepreis pro aktie 1,50 €, insgesamt 6.000,00 €, und die ausübung des bezugsrechts könne bis zum 15.07.2016 erfolgen. damit der betrag von 6.000,00 € nicht auf einmal von der klägerin gezahlt werden müsse, könne diese bequem monatliche reservierungsprämien i.h.v. 90 €, beginnend ab dem 15.07.2013 bis zum 15.07.2016, leisten und auf den gesamten aktienwert drei jahre ratierliche ratenzahlungen erbringen, also in gewisser weise ansparen. sollte die klägerin das bezugsrecht bis zum 15.07.2016 ausüben wollen, müsse der gesamtbetrag von 6.000,00 € unter anrechnung der geleisteten monatlichen reservierungsprämien von 90 € spätestens bis zu diesem zeitpunkt gezahlt sein. die monatlichen raten könnten bequem durch die klägerin erfolgen, in dem diese eine lastschrift zur abbuchung der monatlichen beträge erteilen würde. die klägerin habe dem zeugen h mitgeteilt, dass sie mit dem abschluss des erläuterten spar- und reservierungsplans einverstanden sei. daraufhin habe der zeuge h der klägerin mitgeteilt, dass er der klägerin die vertragsunterlagen, die den telefonisch vereinbarten inhalt des spar- und reservierungsplans sowie vertragsbedingungen, die insbesondere die verbraucherinformation, die widerrufserklärung sowie die einzugsermächtigung erhalten würden, sofort per post zusenden würde. mit der unterschrift der klägerin würde diese ihr einverständnis mit dem soeben abgeschlossenen spar- und reservierungsplan noch einmal schriftlich dokumentieren. die klägerin könne den inhalt des geschlossenen vertrags innerhalb der widerrufsfrist in ruhe prüfen und sich auch durch freunde oder bekannte beraten lassen. nachdem die klägerin dem zeugen h gegenüber ihr einverständnis mit dem vorbezeichneten procedere erklärt habe und keine weiteren fragen mehr an den h gestellt habe, sei das telefonat nach 9:34 minuten beendet worden. im rahmen des telefonats habe der zeuge h die klägerin im übrigen über die maßgeblichen risiken und insbesondere auf das risiko eines totalverlustes hingewiesen. 11das gericht hat beweis erhoben durch vernehmung des zeugen h und informatorische anhörung der klägerin. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das protokoll der öffentlichen verhandlung vom 02.06.2016 (bl. 169-169 r) und wegen des ergebnisses der anhörung der klägerin wird auf das protokoll der sitzung vom 28.04.2016 (bl. 147-148 ga) bezug genommen. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den akteninhalt verwiesen. 12
13de klägerin kann von der beklagten die rückzahlung der gezahlten beträge aus § 812 i s. 1, 1. alt. bgb verlangen. die beklagte hat die gezahlten beträge ohne rechtsgrund erhalten. denn zwischen den parteien ist kein wirksamer vertrag in form eines "spar- und reservierungsplans" geschlossen worden. ein vertrag kommt durch zwei übereinstimmende, mit bezug auf einander abgegebene willenserklärungen zu stande, nämlich durch angebot und annahme. 141. 15ein vertrag ist nicht bereits im rahmen des telefonats am 12.06.2013 zustande gekommen. das gericht ist nach dem ergebnis der beweisaufnahme davon überzeugt, dass sich die parteien am telefon nicht verbindlich über den abschluss des spar- und reservierungsplans geeinigt haben. die klägerin hat glaubhaft bekundet, dass der zeuge h sie gefragt habe, ob er etwas zuschicken solle. dem habe die klägerin zugestimmt. sie habe dem zeugen h gesagt, er könne er gerne einen prospekt schicken. daraufhin habe der zeuge h gesagt, dass er das machen wolle. auf die frage, ob die klägern aktien haben wolle, habe sie geantwortet, dass sie das nicht wisse, dass sie sich doch erst mal informieren müsse. die aussage der klägerin im rahmen ihrer informatorischen anhörung war glaubhaft. das gericht verkennt dabei nicht, dass die klägerin als partei des verfahrens ein eigeninteresse am ausgang des rechtsstreits hat. das gericht hat aber keine anhaltspunkte dafür, dass sich die klägerin aufgrund ihres eigeninteresses dazu hat verleiten lassen, die unwahrheit zu sagen. der aussage der klägerin steht die aussage des zeugen h letztlich nicht entgegen. auch die aussage des zeugen h war glaubhaft. der zeuge h hatte allerdings keine konkrete erinnerung an das gespräch mit der klägerin. der zeuge hat lediglich ausgesagt, wie die telefonate in der regel abliefen. so hat er bekundet, dass er in den gesprächen darauf hingewiesen habe, dass aktien ja ein großes thema seien, was man in der kurzen zeit gar nicht alles besprechen und prüfen könne. deshalb habe er angeboten, unterlagen zu übersenden, damit der kunde zeit habe, sich alles in ruhe durchzulesen und möglicherweise sich auch von anderen beraten zu lassen. auf die möglichkeit des widerrufs habe er hingewiesen. auf nachfrage des beklagtenvertreters hat der zeuge ausdrücklich bekundet, dass er die unterlagen immer nur übersandt habe, wenn der kunde damit einverstanden gewesen sei und wenn der kunde gesagt habe, er solle dem kunden doch infos zuschicken. dann habe er grundsätzlich darauf hingewiesen, dass es um einen vorgefertigten vertrag gehe. selbst wenn man davon ausgeht, dass das gespräch mit der klägerin, an das der zeuge keine konkrete erinnerung mehr hatte, so abgelaufen ist, wie die von dem zeugen h typischerweise geführten gespräche, ist ein vertrag in dem gespräch nicht zustande gekommen. nach dem objektiven empfängerhorizont sind die erklärungen des zeugen h dahingehend zu verstehen, dass er der klägerin unterlagen zuschicken wollte zur weiteren information. so hat der zeuge ausdrücklich erklärt, dass man in der kurzen zeit gar nicht alles besprechen und prüfen könne. dies spricht gegen ein verbindliches angebot am telefon, sondern vielmehr dafür, dass nach entsprechender prüfung der unterlagen gegebenenfalls ein vertrag geschlossen werden kann. auch der hinweis, dass es um einen vorgefertigten vertrag gehe, reicht nicht aus, um einen vertragsschluss durch das telefonat annehmen zu können. dieser hinweis ist nach dem objektiven empfängerhorizont dahingehend auszulegen, dass ein vertragsentwurf geschickt wird, den der kunde dann prüfen und gegebenenfalls unterschrieben zurücksenden kann. dass bereits am telefon eine einigung erzielt worden ist, ergibt sich aus dieser aussage des zeugen h nicht. 162. 17ein vertrag ist auch nicht zustande gekommen durch die unterschrift der beklagten bei erhalt der unterlagen. nach dem ergebnis der beweisaufnahme ging die klägerin davon aus, dass ihr weitere informationen zugeschickt wurden. die klägerin wurde nach ihrer aussage im rahmen der informatorischen anhörung von dem postboten aufgefordert, die sendung zu unterschreiben. sie sei auf dem sprung gewesen und habe nach der unterschrift die sachen erst mal zur seite gelegt. nach dem im rahmen der beweisaufnahme festgestellten inhalt des telefonats, in dem der zeuge h ausdrücklich angeboten hat, unterlagen zu übersenden, damit die klägerin zeit habe, alles in ruhe durchzulesen und sich von anderen beraten zu lassen, hat die klägerin durch diese unterschrift vor dem gründlichen lesen der unterlagen, nämlich noch in anwesenheit des briefträgers, nach dem objektiven empfängerhorizont nicht erklärt, dass sie einen verbindlichen vertrag schließen möchte. es ist ein - zumindest bislang – höchst ungewöhnlicher vorgang, dass es, wenn ein briefträger bei der überreichung einer sendung um eine unterschrift bittet, um die unterzeichnung eines vertrags mit den absender dieser sendung geht und nicht nur – wie nach der lebenserfahrung in den allermeisten fällen - um die bestätigung des erhalts der sendung. wer dem briefträger die wohnungstür öffnet und bereits vor erhalt einer sendung zur unterschrift aufgefordert wird, unterschreibt in der regel in der annahme, dies tun zu müssen, um die sendung überhaupt ausgehändigt zu erhalten. (kg, urteil vom 21.10.2011,5 u 93/11, zitiert nach beck-online). nach dem objektiven empfängerhorizont war die unterschrift der klägerin daher dahingehend auszulegen, dass die klägerin die unterschrift geleistet hat, um die sendung zu erhalten, nicht aber, um ein etwaiges angebot der kläger zu einem spar- und reservierungsplan anzunehmen. nach der insoweit überzeugenden rechtsprechung (kg, a. a. o.) wäre dies nur anders bei einer telefonischen aufklärung, und zwar einer entsprechend deutlichen, unmissverständlichen und unüberhörbaren klarstellung. diesen anforderungen wird das telefonat zwischen der klägerin und den zeugen h allerdings nicht gerecht. selbst wenn man unterstellt, dass der zeuge h darauf hingewiesen hat, dass es sich bei den übersandten unterlagen um einen "vorgefertigten vertrag“ handelte, so lässt sich dieser erklärung nicht entnehmen, dass der vertrag bereits durch die unterschrift, die noch in anwesenheit des briefträger zu leisten ist, zu stande kommt, bevor der vertrag von dem empfänger in ruhe gelesen werden kann. wie bereits ausgeführt, ist diese erklärung des zeugen h vielmehr dahingehend zu verstehen, dass ein vertragsentwurf oder ein von der beklagten bereits unterzeichnetes verbindliches angebot übersandt wird, dass die klägerin nach entsprechender prüfung gegebenenfalls unterzeichnen und zurücksenden kann. 18im ergebnis fehlte der klägerin daher bei leistung ihrer unterschrift jegliches erklärungsbewusstsein. sie ging nach dem telefonat mit dem zeugen h davon aus, dass ihr weitere informationen übersandt werden und leistete die unterschrift nicht in dem bewusstsein, die annahme eines angebots erklären. 193. 20der vertrag ist auch nicht durch konkludentes verhalten der parteien zustande gekommen. als konkludentes verhalten auf seiten der klägerin kommt allenfalls das erteilen der einzugsermächtigung in betracht. die klägerin hat im rahmen ihrer informatorischen anhörung bekundet, sie habe bei erteilen der einsatzermächtigung gedacht, dass sie das machen müsse. die klägerin ging offensichtlich davon aus, zur erteilung der einzugsermächtigung verpflichtet zu sein. sie handelte daher ohne rechtsbindungswillen, vielmehr ging sie irrtümlich davon aus, dass ein vertrag längst zustande gekommen war. die erteilung der einzugsermächtigung kann aber nicht als annahme eines angebots der klägerin gewertet werden. angesichts des umstands, dass sich die parteien, wie oben bereits ausführlich dargelegt, nicht im rahmen des telefonats verbindlich über den abschluss eines spar- und regierungsplans geeinigt haben und ein vertrag auch nicht durch die unterschrift bei erhalt der sendung zustande gekommen ist, was die beklagte wusste, ist die beklagte auch nicht schutzwürdig. 214. 22dem anspruch der klägerin auf rückzahlung der geleisteten beträge steht auch nicht § 814 bgb entgegen. danach kann das zum zwecke der erfüllung einer verbindlichkeit geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der leistende gewusst hat, dass er zur leistung nicht verpflichtet war. hier ging die klägerin gerade irrtümlich davon aus, dass sie zur zahlung verpflichtet war. die klägerin zahlte also gerade nicht in kenntnis ihrer nichtschuld. 235. 24der zinsanspruch folgt aus §§ 288 abs. 1, 286 bgb. die voraussetzungen für einen früheren zinsbeginn wird nicht dargelegt. 256. 26die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 abs. 2 nr. 1, 709 zpo. 27der streitwert wird auf 1.710,00 eur festgesetzt. 28rechtsbehelfsbelehrung: 29a) b) gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 301. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 312. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 32die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht düsseldorf, werdener straße 1, 40227 düsseldorf, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 33die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht düsseldorf zu begründen. 34die parteien müssen sich vor dem landgericht düsseldorf durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 35mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden.
Klaeger*in
1
172,168
7a K 664/14.A
2014-08-07T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Februar 2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Gerichtskosten werden nicht erhoben. 1Tatbestand: 2Der 1978 geborene Kläger meldete sich ‑ gemeinsam mit seiner Ehefrau und ihrer minderjährigen Tochter (9a K 1421/14.A und 7a K 665/14.A) ‑ am 21. März 2013 in E. als Asylbewerber. Er habe sich seit 2002 als Schweißer in Libyen aufgehalten, sei 2006 für drei Wochen nach Ghana gereist, wo er seine Ehefrau kennengelernt habe. Beide seien sie dann bis 2011 in Libyen gewesen und während der Kriegswirren dort im Juni 2011 nach Italien gereist. In Italien hätten sie humanitären Schutz genossen. Ende Februar 2013 hätten sie die Gemeindeunterkunft verlassen und sich selbst versorgen müssen. Er habe seine Ehefrau und Tochter bei Freunden aus Ghana untergebracht und selbst Arbeit gesucht. Das sei nicht gelungen, so dass sie nach Deutschland gereist seien. 3Eine Anfrage des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ‑ Bundesamt ‑ bei der EURODAC-Datenbank ergab, dass die Personalien des Klägers und seiner Familie am 29. Juni 2011 in Italien erfasst worden sind. 4Am 18. Dezember 2013 und am 30. Januar 2014 übersandte das Bundesamt dem Innenministerium Italiens Übernahmegesuche für den Kläger, dessen Ehefrau und die minderjährige Tochter, die bisher nicht beantwortet wurden. 5Mit Bescheid vom 5. Februar 2014 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Gleichlautende Bescheide ergingen an die Ehefrau nebst minderjähriger Tochter. 6Am 12. Februar 2014 hat der Kläger Klage erhoben und gleichzeitig um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Er beruft sich darauf, dass die Lebensbedingungen in Italien für die Familie unerträglich gewesen seien. Inzwischen sei am 20. Juni 2013 sein zweites Kind geboren. Der Kläger leidet ausweislich eines vorgelegten Attestes der Medizinischen Klinik Nord Klinikum E. gGmbH unter einer HIV-Infektion, die mit antiretroviralen Medikamenten behandelt wird. 7Der Kläger beantragt, 891. den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Februar 2014 aufzuheben, 102. die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, 113. die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungshindernisse gem. § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG vorliegen. 12Die Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Sie hält systemische Mängel im Flüchtlingsaufnahmeverfahren in Italien für nicht gegeben. 15Mit Beschluss vom 19. März 2014 hat die Kammer die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung nach Italien angeordnet (7a L 232/14.A). 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte, einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte Heft 1). 17Entscheidungsgründe: 18Die Klage, über die im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO -), ist mit dem Antrag zu 1. als Anfechtungsklage zulässig, im Übrigen ist sie unzulässig. 19Gegen die mit dem Bescheid allein getroffene Entscheidung nach §§ 27a, 34a des Asylverfahrensgesetzes ‑ AsylVfG ‑ ist die Anfechtungsklage zulässig, weil die isolierte Aufhebung der Entscheidungen zu Ziff. 1. und 2. des Bescheides zur gesetzlichen Verpflichtung des Bundesamtes führt, das Asylverfahren durchzuführen (vgl. §§ 31, 24 AsylVfG). Mit der Aufhebung des Bescheides vom 5. Februar 2014 ist das Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylgesuchs beseitigt. 20So auch: VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Februar 2014 ‑ 25 K 8830/13.A -, InfAuslR 2014, 159 ff; im Ergebnis auch: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 ‑ A 11 S 1721/13 -, juris, Rdnr. 18. 21Neben diesem Anfechtungsbegehren sind die weitergehenden Anträge mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Das Bundesamt hat bisher keine Sachentscheidung getroffen. Dem Kläger ginge eine Tatsacheninstanz mit umfassenden Verfahrensgarantien verloren, wenn das Gericht durch entscheiden würde, obgleich das Bundesamt bisher nur mit der vorrangigen Frage der Zuständigkeit des Mitgliedstaates befasst war. 22Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014, a.a.O.; VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Februar 2014, a.a.O. 23Die Klage ist mit dem Antrag zu 1. auch begründet. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Februar 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte von ihrem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines vom einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist ‑ Dublin II-VO ‑ Gebrauch macht und seinen Asylantrag inhaltlich prüft. Das Ermessen der Beklagten ist insoweit auf null reduziert. 24Die Zuständigkeit ist im vorliegenden Fall allein anhand der Regelungen der Dublin II-Verordnung und der dort genannten Kriterien zu entscheiden, weil der Asylantrag des Klägers in Deutschland vor dem Stichtag des 1. Januar 2014 gestellt worden ist (vgl. Art. 49 Abs. 2 der Dublin III-Verordnung (EZ) Nr. 607/2013 vom 26. Juni 2013). 25Die Beklagte ist zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gem. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO verpflichtet, weil Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien auch derzeit noch systemische Mängel aufweisen, die die Prognose rechtfertigen, dass der Asylbewerber dort mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird. 26Vgl. zum Maßstab zuletzt: BVerwG, Urteil vom 19. März 2014 ‑ 10 B 6/14 -, juris, Rdnr. 9 m.w.N. 27Zur Situation von Asylbewerbern und Flüchtlingen in Italien und zu den dortigen Aufnahmebedingungen hat die Kammer zuletzt in einem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ‑ Beschluss vom 4. Juni 2014, Az. 7a L 753/14.A ‑ unter Auswertung der vorliegenden Erkenntnisquellen Folgendes ausgeführt: 28„Gem. § 34 a Abs. 1 S. 1 und 2 des Asylverfahrensgesetzes - AsylVfG - ordnet das Bundesamt, wenn die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) erfolgen soll, die Abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Gegenüber dem Antragsteller ist die Abschiebung nach Italien, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und insofern in einen kraft verfassungsrechtlicher Bestimmung sicheren Drittstaat (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG); § 26a Abs. 2 AsylVfG), angeordnet worden. Darüber hinaus ergibt sich die Zuständigkeit Italiens aus § 27a AsylVfG i. V. m. Art. 5, 6 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 ‑ Dublin II-Verordnung -. Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Das ist hier grundsätzlich der Fall, weil der Antragsteller bereits am 4. Mai 2011 einen Asylantrag in Italien gestellt hat (vgl. Art. 10 Dublin II-VO). 29Aus Sicht der Kammer spricht allerdings Überwiegendes dafür, dass die Antragsgegnerin von ihrem Selbsteintrittsrecht aus Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung Gebrauch machen und das Asylbegehren in eigener Zuständigkeit prüfen muss. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedsstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist, und wird dadurch zum zuständigen Mitgliedsstaat im Sinne der Verordnung. 30Das hiernach dem Mitgliedsstaat grundsätzlich eingeräumte Ermessen dürfte voraussichtlich in Bezug auf die Rücküberstellung nach Italien derzeit auf null reduziert sein, weil dort gegenwärtig systemische Mängel des Asylverfahrens zu besorgen sind, denen der Antragsteller ausgesetzt sein wird. 31Die den Regeln des Selbsteintrittsrechts und der Dublin-II-VO zugrundeliegende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ‑ EUGrdRCH ‑, der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Genfer Flüchtlingskonvention steht, 32vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 -, NVwZ 2012, 417. 33trifft nach vorliegenden Erkenntnissen für Italien gegenwärtig wohl nicht zu. 34Dabei reicht allerdings nicht jede Verletzung von Verfahrens- oder materiellem Recht, um eine Selbsteintrittspflicht zu begründen. Ein Mitgliedstaat muss vielmehr die Überstellung eines Asylbewerbers an den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin-II-VO nur unterlassen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass das Asyl verfahren in diesem Mitgliedstaat systemische Mängel aufweist, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union implizieren. In diesem Fall ist die Überstellung auch nach nationalem Verfassungsrecht unzulässig, wenn - bezogen auf den Drittstaat bzw. auf den zuständigen Staat - Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. 35Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 ‑ 2 BvR 1938/93‑, juris. 36Ausgehend von diesen Maßstäben bestehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen in Italien an systemischen Mängeln leiden. Dementsprechend ist das Interesse des Antragstellers daran, Schutz entsprechend den im Europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbarten Mindeststandards zu erlangen, vorrangig gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse. 37Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass dem Antragsteller im Falle seiner Rücküberstellung nach Italien im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im zuvor dargestellten Sinne droht, er namentlich im Falle einer Überstellung nach Italien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S. der Art. 4 EUGrdRCH, Art. 3 EMRK zu befürchten hat. 38Dies zugrundegelegt, stellt sich die tatsächliche Situation von Schutzsuchenden in Italien nach der gegenwärtigen Erkenntnislage im Wesentlichen wie folgt dar: 39Im Sommer 2013 ist die Zahl der in Italien ankommenden (Boots-)Flüchtlinge ‑ erneut ‑ stark angestiegen. 40Vgl. z.B. Zahlenangaben und Vergleiche 2011-2013 bei: Zeit online vom 10. Oktober 2013 unter Hinweis auf Material UNHCR; tagesschau.de vom 20. August 2013. 41Die bis dahin schon bedenkliche Auslastung der Aufnahmekapazitäten hat sich verschlechtert. 42Nach dem jüngsten Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Oktober 2013, der auf einer Abklärungsreise nach Rom und Mailand, verschiedenen Interviews mit Vertretern von Nicht-Regierungs-Organisationen - NGO’s -, Behörden und Flüchtlingen sowie aktuellen Berichten über die Situation in Italien fußt, sind die Aufnahmekapazitäten der für alle Asylsuchenden vorgesehenen Erstaufnahmezentren CARA, in denen auch sog. Dublin-Rückkehrende im Falle ihrer Rücküberstellung nach Italien grds. - befristet - unterkommen können, ausgelastet. Das gilt auch für die bereitgestellten Plätze im sog. FER-Projekt (vom Europäischen Flüchtlingsrat finanzierte Unterkünfte), die an den Flughäfen Rom und Mailand angeboten werden. Die Anzahl der Plätze in diesen Projekten, die zeitlich beschränkt sind, ist ohnehin sehr gering. 43Schweizerische Flüchtlingshilfe ‑ SFH ‑, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013 , S. 5, 14 ff, 20. 44Auch das Zweitaufnahmesystem SPRAR, das auf einer Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und NGO‘s basiert, ist ausgelastet; noch im Juli 2013 wurde vom italienischen Innenministerium wegen Überfüllung der Erstaufnahmezentren um Aufstockung der Plätze gebeten. 45Vgl. SFH, a.a.O., S. 23, Fußnote 135 unter Bezugnahme auf eine e-Mail Auskunft von borderline-europe vom 7. August 2013. 46Eine erhebliche Verschlechterung der Aufnahmebedingungen und deutliche Überbelegungen in den Zentren beklagt auch der UNHCR in seinen Empfehlungen vom Juli 2013, 47UNHCR Recommendations on important Aspects of Refugee protection in Italy, Juli 2013, S. 9 ff. 48Die tatsächliche Überbelegung wird schließlich anhand des von der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Rom vom 21. November 2013 unter Bezugnahme auf Daten des italienischen Innenministeriums vom 8. November 2013 übersandten Zahlenmaterials, das bestimmte Aufnahmezentren abdeckt (CARA/CDA), deutlich: Danach war dort in verschiedenen Orten „ursprünglich“ eine Kapazität von insgesamt 6.180 Plätzen, sind „jetzt“ 7.516 Plätze „vorgesehen“, die tatsächlich mit 10.856 Schutzsuchenden belegt sein sollen, 49vgl. Wiedergabe der Information der Liaisonbeamtin in der Klageerwiderung der Antragsgegnerin im Verfahren 7a K 486/14.A. 50Die Frage, ob das vom italienischen Innenministerium übermittelte Zahlenmaterial belastbar ist, lässt die Kammer dabei offen. 51Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 11. September 2013 an das OVG NRW (dort zu d) ist verlässliches Datenmaterial nicht zu erlangen; dahingehend auch: UNHCR, a.a.O., z.B. S. 10, 13. 52Rücküberstellte haben nach Einschätzung einer italienischen Untersuchungskommission keine ausdrückliche Garantie für eine Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung. 53Vgl. Auskunft der italienischen Vereinigung für rechtliche Untersuchungen zur Situation von Einwanderern ‑ ASGI ‑ vom 20. November 2012 an das VG Darmstadt. 54Die anderslautende Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 11. September 2013 an das Oberverwaltungsgericht NRW (dort zu c) legt die Kammer im vorläufigen Rechtsschutzverfahren angesichts der wiedergegebenen Erkenntnisse vor Ort tätiger Organisationen, der unter b) dieser Auskunft des Auswärtigen Amtes angedeuteten Schwierigkeiten bei der Unterbringung unter Hinnahme auch Wochen fehlender Unterkunft und mit Rücksicht darauf, dass nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes kein belastbares Zahlenmaterial zu tatsächlichen Unterbringungsmöglichkeiten der Dublin-II-Rückkehrer von offizieller Seite zu erlangen ist (AA, Auskunft vom 11.09.2013, a.a.O., zu d)) nicht zugrunde. 55Aus der Schwierigkeit, dauerhaft eine angemessene und sichere Unterkunft zu erlangen, folgen insbesondere von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe beschriebene Probleme der (Dauer-)Obdachlosigkeit, Verwahrlosung und auch der (sexuellen) Ausbeutung für die Schutzsuchenden. 56SFH, a.a.O., z.B. S. 40, 45. 57Ein weiterer wesentlicher Mangel im System der Versorgung von Asylsuchenden ist darin zu sehen, dass der Mehrheit der Flüchtlinge - abgesehen von der Unterbringung in Erstaufnahmezentren - keine ausreichende Unterstützung und Hilfeleistungen zuteilwerden, die ein sozial würdiges Leben in einer für sie fremden Umgebung ermöglichen. Dazu gehört auch ein Mindestmaß an Integritätsbemühungen des Staates, um den Schutzsuchenden eine Teilnahme am Alltagsleben in Italien zu ermöglichen, wie etwa Sprachunterricht. Die vereinzelten Angebote decken den tatsächlichen Bedarf nicht annähernd ab. 58Vgl. UNHCR, a.a.O., S. 10, 12 f: “their self-reliance remains a concern after the end of the emergency reception plan. This is mainly because of the poor quality of reception services, … more broadly, because of the economic situation in Italy.”; SFH, a.a.O., S. 43 ff. 59Belastbare Auskünfte und Stellungnahmen aus jüngster Zeit, die die dargestellten allgemeinen Erkenntnisse erschüttern könnten, liegen bisher nicht vor. 60Die Kammer folgt der Einschätzung des UNHCR in den „Empfehlungen“, dass die Missstände insoweit auf fehlender strategischer und struktureller Planung und zuverlässiger Koordinationsmechanismen auf zentraler Ebene beruhen. Diese Bewertung wird von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe erneut im aktuellen Bericht geteilt. 61UNHCR, a.a.O., S. 10,13.; ebenso: SFH, a.a.O., S. 7. 62Die Kammer stuft diese Mängel insgesamt als systemisch ein, weil sie auf einem unzureichenden Aufnahmesystem und einem fehlendem materiellen und sozialen Sicherungsnetz beruhen, das der italienische Staat trotz ausreichender rechtlicher Rahmenbedingungen nicht bereitstellt. 63Ebenso: VG Gießen, Urteil vom 25. November 2013 ‑ 1 K 844/11.GI.A ‑ juris, insbes. Rdnr. 33 f m.w.N.; VG Frankfurt a.M., Urteil vom 9. Juli 2013 ‑ 7 K 560/11.F.A. ‑, juris Rdnr. 24 ff; VG Köln, Beschluss vom 7. Mai 2013 ‑ 20 L 613/13.A ‑ juris, VG Aachen, Beschluss vom 14. März 2013 ‑ 9 L 53/13.A, juris, VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 17. Mai 2013 ‑ 5a L 566/13.A -, juris. 64Am 4. Juni 2013 hat das italienische Innenministerium einen sog. EASO-Support-Plan beschlossen und mit dem Europäischen Asylunterstützungsbüro EASO einen Unterstützungsplan vereinbart. Dies verdeutlicht, dass der italienische Staat derzeit selbst davon ausgeht, den Mindestnormen der Gemeinschaft für die Aufnahme von Asylbewerbern nicht aus eigenen Kräften zu entsprechen. Dieser „Hilfsplan“ reicht bis Ende 2014. 65Vgl. EASO press-release 4.6.2013, EASO-Italy-Special-Support-Plan. 66Ob die Situation der Flüchtlinge sich dadurch nachhaltig bessert, bleibt abzuwarten. 67Die Unanwendbarkeit der Zuständigkeitsregelungen der Dublin-II-VO aus Gründen höherrangigen Rechts ist danach insgesamt im vorläufigen Rechtsschutz mit der Folge zu bejahen, dass eine Rücküberstellung nach Italien derzeit nicht erfolgen darf.“ 68An der Einschätzung, dass in Italien auch zum jetzigen Zeitpunkt noch systemische Mängel des Asylverfahrens bestehen, die dazu führen, dass Flüchtlinge einschließlich des Klägers überwiegend wahrscheinlich menschenrechtswidrigen Verhältnissen ausgesetzt werden, hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW zum jetzigen Zeitpunkt fest. Das Urteil des OVG NRW vom 7. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A ‑, das die Rücküberstellung nach Italien für zulässig erachtet, beruht auf der Erkenntnislage, die auch die Kammer zugrundegelegt hat. Der Auffassung des Senats, die sich aus der Erkenntnislage ergebende Situation in Italien lasse noch kein systemisches, die Grenze zur drohenden Grundrechtsverletzung nach Art. 4 EuGRCh überschreitendes Versagen des Staates erkennen, vermag die Kammer gegenwärtig nicht zu folgen. 69Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Zahl der in Italien aufzunehmenden Flüchtlinge im ersten Halbjahr 2014 weiter erheblich angestiegen ist und erst jüngst das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR dringend angemahnt hat, einen strukturierten Plan zur Aufnahme der Flüchtlinge in Italien zu entwickeln. Anlass für diese Mahnung war, dass in Italien im Juni 2014 ca. 400 Flüchtlinge auf zwei Parkplätzen vor Rom und Mailand ohne Versorgung hilflos ausgesetzt worden waren. 70Vgl. z.B. Spiegel online 10. Juni 2014 „Hunderte Bootsflüchtlinge auf Parkplätzen ausgesetzt“; N24 10. Juni 2014; Huffington Post 18. Juni 2014 „Italy’s Churches shelter Refugees despite overflowing migrant crises“; FR 15. Juni 2014 „Mehr als 1500 Bootsflüchtlinge in 24 Stunden“; vgl. allgemein auch: west-info.eu 15. Juli 2014 „The new Europe begins at Lampedusa“ by G. Terranova. 71Erkenntnisse darüber, dass Italien angesichts der gestiegenen Zahlen die ohnehin überfüllten Unterbringungskapazitäten entsprechend aufgestockt hätte und den weiteren dargestellten Mängeln im Aufnahmeverfahren wirksam begegnet wäre, liegen nicht vor. 72Wegen der Zurückweisung von Flüchtlingen ohne Möglichkeit der Antragstellung hat die Europäische Kommission zudem ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien eingeleitet. 73Vgl. Asylmagazin, hrsg. v. Informationsverbund Asyl und Migration 5/2014, S. 142. 74Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83 b AsylVfG nicht erhoben. Die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
der bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 5. februar 2014 wird aufgehoben. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des verfahrens tragen der kläger und die beklagte je zur hälfte. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. gerichtskosten werden nicht erhoben. 1
2der 1978 geborene kläger meldete sich ‑ gemeinsam mit seiner ehefrau und ihrer minderjährigen tochter (9a k 1421/14.a und 7a k 665/14.a) ‑ am 21. märz 2013 in e. als asylbewerber. er habe sich seit 2002 als schweißer in libyen aufgehalten, sei 2006 für drei wochen nach ghana gereist, wo er seine ehefrau kennengelernt habe. beide seien sie dann bis 2011 in libyen gewesen und während der kriegswirren dort im juni 2011 nach italien gereist. in italien hätten sie humanitären schutz genossen. ende februar 2013 hätten sie die gemeindeunterkunft verlassen und sich selbst versorgen müssen. er habe seine ehefrau und tochter bei freunden aus ghana untergebracht und selbst arbeit gesucht. das sei nicht gelungen, so dass sie nach deutschland gereist seien. 3eine anfrage des bundesamtes für migration und flüchtlinge ‑ bundesamt ‑ bei der eurodac-datenbank ergab, dass die personalien des klägers und seiner familie am 29. juni 2011 in italien erfasst worden sind. 4am 18. dezember 2013 und am 30. januar 2014 übersandte das bundesamt dem innenministerium italiens übernahmegesuche für den kläger, dessen ehefrau und die minderjährige tochter, die bisher nicht beantwortet wurden. 5mit bescheid vom 5. februar 2014 stellte das bundesamt fest, dass der asylantrag unzulässig sei und ordnete die abschiebung des klägers nach italien an. gleichlautende bescheide ergingen an die ehefrau nebst minderjähriger tochter. 6am 12. februar 2014 hat der kläger klage erhoben und gleichzeitig um gewährung vorläufigen rechtsschutzes nachgesucht. er beruft sich darauf, dass die lebensbedingungen in italien für die familie unerträglich gewesen seien. inzwischen sei am 20. juni 2013 sein zweites kind geboren. der kläger leidet ausweislich eines vorgelegten attestes der medizinischen klinik nord klinikum e. ggmbh unter einer hiv-infektion, die mit antiretroviralen medikamenten behandelt wird. 7der kläger beantragt, 891. den bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 5. februar 2014 aufzuheben, 102. die beklagte zu verpflichten, ihn als asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die voraussetzungen des § 60 abs. 1 aufenthg vorliegen, 113. die beklagte zu verpflichten festzustellen, dass abschiebungshindernisse gem. § 60 abs. 2 - 7 aufenthg vorliegen. 12die beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14sie hält systemische mängel im flüchtlingsaufnahmeverfahren in italien für nicht gegeben. 15mit beschluss vom 19. märz 2014 hat die kammer die aufschiebende wirkung der klage gegen die abschiebungsandrohung nach italien angeordnet (7a l 232/14.a). 16wegen der weiteren einzelheiten des vorbringens der beteiligten wird bezug genommen auf die gerichtsakte, einschließlich der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten (beiakte heft 1). 17
18die klage, über die im einverständnis der parteien ohne mündliche verhandlung entschieden werden kann (§ 101 abs. 2 der verwaltungsgerichtsordnung ‑ vwgo -), ist mit dem antrag zu 1. als anfechtungsklage zulässig, im übrigen ist sie unzulässig. 19gegen die mit dem bescheid allein getroffene entscheidung nach §§ 27a, 34a des asylverfahrensgesetzes ‑ asylvfg ‑ ist die anfechtungsklage zulässig, weil die isolierte aufhebung der entscheidungen zu ziff. 1. und 2. des bescheides zur gesetzlichen verpflichtung des bundesamtes führt, das asylverfahren durchzuführen (vgl. §§ 31, 24 asylvfg). mit der aufhebung des bescheides vom 5. februar 2014 ist das verfahrenshindernis für die inhaltliche prüfung des asylgesuchs beseitigt. 20so auch: vg düsseldorf, urteil vom 10. februar 2014 ‑ 25 k 8830/13.a -, infauslr 2014, 159 ff; im ergebnis auch: vgh baden-württemberg, urteil vom 16. april 2014 ‑ a 11 s 1721/13 -, juris, rdnr. 18. 21neben diesem anfechtungsbegehren sind die weitergehenden anträge mangels rechtsschutzbedürfnis unzulässig. das bundesamt hat bisher keine sachentscheidung getroffen. dem kläger ginge eine tatsacheninstanz mit umfassenden verfahrensgarantien verloren, wenn das gericht durch entscheiden würde, obgleich das bundesamt bisher nur mit der vorrangigen frage der zuständigkeit des mitgliedstaates befasst war. 22vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 16. april 2014, a.a.o.; vg düsseldorf, urteil vom 10. februar 2014, a.a.o. 23die klage ist mit dem antrag zu 1. auch begründet. der bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 5. februar 2014 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). der kläger hat einen anspruch darauf, dass die beklagte von ihrem selbsteintrittsrecht gemäß art. 3 abs. 2 satz 1 der verordnung (eg) nr. 343/2003 des rates vom 18. februar 2003 zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedstaates, der für die prüfung eines vom einem drittstaatsangehörigen in einem mitgliedstaat gestellten asylantrages zuständig ist ‑ dublin ii-vo ‑ gebrauch macht und seinen asylantrag inhaltlich prüft. das ermessen der beklagten ist insoweit auf null reduziert. 24die zuständigkeit ist im vorliegenden fall allein anhand der regelungen der dublin ii-verordnung und der dort genannten kriterien zu entscheiden, weil der asylantrag des klägers in deutschland vor dem stichtag des 1. januar 2014 gestellt worden ist (vgl. art. 49 abs. 2 der dublin iii-verordnung (ez) nr. 607/2013 vom 26. juni 2013). 25die beklagte ist zur ausübung des selbsteintrittsrechts gem. art. 3 abs. 2 satz 1 dublin ii-vo verpflichtet, weil asylverfahren und aufnahmebedingungen in italien auch derzeit noch systemische mängel aufweisen, die die prognose rechtfertigen, dass der asylbewerber dort mit beachtlicher, d.h. überwiegender wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung ausgesetzt sein wird. 26vgl. zum maßstab zuletzt: bverwg, urteil vom 19. märz 2014 ‑ 10 b 6/14 -, juris, rdnr. 9 m.w.n. 27zur situation von asylbewerbern und flüchtlingen in italien und zu den dortigen aufnahmebedingungen hat die kammer zuletzt in einem verfahren auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes ‑ beschluss vom 4. juni 2014, az. 7a l 753/14.a ‑ unter auswertung der vorliegenden erkenntnisquellen folgendes ausgeführt: 28„gem. § 34 a abs. 1 s. 1 und 2 des asylverfahrensgesetzes - asylvfg - ordnet das bundesamt, wenn die abschiebung in einen sicheren drittstaat (§ 26a asylvfg) oder in einen für die durchführung des asylverfahrens zuständigen staat (§ 27a asylvfg) erfolgen soll, die abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. gegenüber dem antragsteller ist die abschiebung nach italien, einem mitgliedstaat der europäischen union und insofern in einen kraft verfassungsrechtlicher bestimmung sicheren drittstaat (art. 16a abs. 2 satz 1 des grundgesetzes (gg); § 26a abs. 2 asylvfg), angeordnet worden. darüber hinaus ergibt sich die zuständigkeit italiens aus § 27a asylvfg i. v. m. art. 5, 6 der verordnung (eg) nr. 343/2003 ‑ dublin ii-verordnung -. nach § 27a asylvfg ist ein asylantrag unzulässig, wenn ein anderer staat auf grund von rechtsvorschriften der europäischen gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen vertrages für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist. das ist hier grundsätzlich der fall, weil der antragsteller bereits am 4. mai 2011 einen asylantrag in italien gestellt hat (vgl. art. 10 dublin ii-vo). 29aus sicht der kammer spricht allerdings überwiegendes dafür, dass die antragsgegnerin von ihrem selbsteintrittsrecht aus art. 3 abs. 2 dublin ii-verordnung gebrauch machen und das asylbegehren in eigener zuständigkeit prüfen muss. nach dieser vorschrift kann jeder mitgliedsstaat einen von einem drittstaatsangehörigen eingereichten asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser verordnung festgelegten kriterien nicht für die prüfung zuständig ist, und wird dadurch zum zuständigen mitgliedsstaat im sinne der verordnung. 30das hiernach dem mitgliedsstaat grundsätzlich eingeräumte ermessen dürfte voraussichtlich in bezug auf die rücküberstellung nach italien derzeit auf null reduziert sein, weil dort gegenwärtig systemische mängel des asylverfahrens zu besorgen sind, denen der antragsteller ausgesetzt sein wird. 31die den regeln des selbsteintrittsrechts und der dublin-ii-vo zugrundeliegende vermutung, dass die behandlung der asylbewerber in jedem einzelnen mitgliedstaat im einklang mit den erfordernissen der charta der grundrechte der europäischen union ‑ eugrdrch ‑, der europäischen konvention zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten und der genfer flüchtlingskonvention steht, 32vgl. eugh, urteil vom 21. dezember 2011 - c-411/10 -, nvwz 2012, 417. 33trifft nach vorliegenden erkenntnissen für italien gegenwärtig wohl nicht zu. 34dabei reicht allerdings nicht jede verletzung von verfahrens- oder materiellem recht, um eine selbsteintrittspflicht zu begründen. ein mitgliedstaat muss vielmehr die überstellung eines asylbewerbers an den zuständigen mitgliedstaat im sinne der dublin-ii-vo nur unterlassen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass das asyl verfahren in diesem mitgliedstaat systemische mängel aufweist, die eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung der an diesen mitgliedstaat überstellten asylbewerber im sinne von art. 4 der charta der grundrechte der europäischen union implizieren. in diesem fall ist die überstellung auch nach nationalem verfassungsrecht unzulässig, wenn - bezogen auf den drittstaat bzw. auf den zuständigen staat - abschiebungshindernisse durch umstände begründet werden, die ihrer eigenart nach nicht vorweg im rahmen des konzepts normativer vergewisserung von verfassung oder gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der grenzen liegen, die der durchführung eines solchen konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. 35vgl. bverfg, urteil vom 14. mai 1996 ‑ 2 bvr 1938/93‑, juris. 36ausgehend von diesen maßstäben bestehen zum gegenwärtigen zeitpunkt nach der im verfahren des einstweiligen rechtsschutzes allein möglichen summarischen prüfung hinreichende anhaltspunkte dafür, dass das asylverfahren und/oder die aufnahmebedingungen in italien an systemischen mängeln leiden. dementsprechend ist das interesse des antragstellers daran, schutz entsprechend den im europäischen gemeinschaftsrecht vereinbarten mindeststandards zu erlangen, vorrangig gegenüber dem öffentlichen vollzugsinteresse. 37nach den dem gericht vorliegenden erkenntnissen ist davon auszugehen, dass dem antragsteller im falle seiner rücküberstellung nach italien im maßgeblichen zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung im zuvor dargestellten sinne droht, er namentlich im falle einer überstellung nach italien eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung i.s. der art. 4 eugrdrch, art. 3 emrk zu befürchten hat. 38dies zugrundegelegt, stellt sich die tatsächliche situation von schutzsuchenden in italien nach der gegenwärtigen erkenntnislage im wesentlichen wie folgt dar: 39im sommer 2013 ist die zahl der in italien ankommenden (boots-)flüchtlinge ‑ erneut ‑ stark angestiegen. 40vgl. z.b. zahlenangaben und vergleiche 2011-2013 bei: zeit online vom 10. oktober 2013 unter hinweis auf material unhcr; tagesschau.de vom 20. august 2013. 41die bis dahin schon bedenkliche auslastung der aufnahmekapazitäten hat sich verschlechtert. 42nach dem jüngsten bericht der schweizerischen flüchtlingshilfe vom oktober 2013, der auf einer abklärungsreise nach rom und mailand, verschiedenen interviews mit vertretern von nicht-regierungs-organisationen - ngo’s -, behörden und flüchtlingen sowie aktuellen berichten über die situation in italien fußt, sind die aufnahmekapazitäten der für alle asylsuchenden vorgesehenen erstaufnahmezentren cara, in denen auch sog. dublin-rückkehrende im falle ihrer rücküberstellung nach italien grds. - befristet - unterkommen können, ausgelastet. das gilt auch für die bereitgestellten plätze im sog. fer-projekt (vom europäischen flüchtlingsrat finanzierte unterkünfte), die an den flughäfen rom und mailand angeboten werden. die anzahl der plätze in diesen projekten, die zeitlich beschränkt sind, ist ohnehin sehr gering. 43schweizerische flüchtlingshilfe ‑ sfh ‑, italien: aufnahmebedingungen, oktober 2013 , s. 5, 14 ff, 20. 44auch das zweitaufnahmesystem sprar, das auf einer zusammenarbeit zwischen gemeinden und ngo‘s basiert, ist ausgelastet; noch im juli 2013 wurde vom italienischen innenministerium wegen überfüllung der erstaufnahmezentren um aufstockung der plätze gebeten. 45vgl. sfh, a.a.o., s. 23, fußnote 135 unter bezugnahme auf eine e-mail auskunft von borderline-europe vom 7. august 2013. 46eine erhebliche verschlechterung der aufnahmebedingungen und deutliche überbelegungen in den zentren beklagt auch der unhcr in seinen empfehlungen vom juli 2013, 47unhcr recommendations on important aspects of refugee protection in italy, juli 2013, s. 9 ff. 48die tatsächliche überbelegung wird schließlich anhand des von der liaisonbeamtin des bundesamtes für migration und flüchtlinge in rom vom 21. november 2013 unter bezugnahme auf daten des italienischen innenministeriums vom 8. november 2013 übersandten zahlenmaterials, das bestimmte aufnahmezentren abdeckt (cara/cda), deutlich: danach war dort in verschiedenen orten „ursprünglich“ eine kapazität von insgesamt 6.180 plätzen, sind „jetzt“ 7.516 plätze „vorgesehen“, die tatsächlich mit 10.856 schutzsuchenden belegt sein sollen, 49vgl. wiedergabe der information der liaisonbeamtin in der klageerwiderung der antragsgegnerin im verfahren 7a k 486/14.a. 50die frage, ob das vom italienischen innenministerium übermittelte zahlenmaterial belastbar ist, lässt die kammer dabei offen. 51nach auskunft des auswärtigen amtes vom 11. september 2013 an das ovg nrw (dort zu d) ist verlässliches datenmaterial nicht zu erlangen; dahingehend auch: unhcr, a.a.o., z.b. s. 10, 13. 52rücküberstellte haben nach einschätzung einer italienischen untersuchungskommission keine ausdrückliche garantie für eine unterbringung in einer aufnahmeeinrichtung. 53vgl. auskunft der italienischen vereinigung für rechtliche untersuchungen zur situation von einwanderern ‑ asgi ‑ vom 20. november 2012 an das vg darmstadt. 54die anderslautende auskunft des auswärtigen amtes vom 11. september 2013 an das oberverwaltungsgericht nrw (dort zu c) legt die kammer im vorläufigen rechtsschutzverfahren angesichts der wiedergegebenen erkenntnisse vor ort tätiger organisationen, der unter b) dieser auskunft des auswärtigen amtes angedeuteten schwierigkeiten bei der unterbringung unter hinnahme auch wochen fehlender unterkunft und mit rücksicht darauf, dass nach einschätzung des auswärtigen amtes kein belastbares zahlenmaterial zu tatsächlichen unterbringungsmöglichkeiten der dublin-ii-rückkehrer von offizieller seite zu erlangen ist (aa, auskunft vom 11.09.2013, a.a.o., zu d)) nicht zugrunde. 55aus der schwierigkeit, dauerhaft eine angemessene und sichere unterkunft zu erlangen, folgen insbesondere von der schweizerischen flüchtlingshilfe beschriebene probleme der (dauer-)obdachlosigkeit, verwahrlosung und auch der (sexuellen) ausbeutung für die schutzsuchenden. 56sfh, a.a.o., z.b. s. 40, 45. 57ein weiterer wesentlicher mangel im system der versorgung von asylsuchenden ist darin zu sehen, dass der mehrheit der flüchtlinge - abgesehen von der unterbringung in erstaufnahmezentren - keine ausreichende unterstützung und hilfeleistungen zuteilwerden, die ein sozial würdiges leben in einer für sie fremden umgebung ermöglichen. dazu gehört auch ein mindestmaß an integritätsbemühungen des staates, um den schutzsuchenden eine teilnahme am alltagsleben in italien zu ermöglichen, wie etwa sprachunterricht. die vereinzelten angebote decken den tatsächlichen bedarf nicht annähernd ab. 58vgl. unhcr, a.a.o., s. 10, 12 f: “their self-reliance remains a concern after the end of the emergency reception plan. this is mainly because of the poor quality of reception services, … more broadly, because of the economic situation in italy.”; sfh, a.a.o., s. 43 ff. 59belastbare auskünfte und stellungnahmen aus jüngster zeit, die die dargestellten allgemeinen erkenntnisse erschüttern könnten, liegen bisher nicht vor. 60die kammer folgt der einschätzung des unhcr in den „empfehlungen“, dass die missstände insoweit auf fehlender strategischer und struktureller planung und zuverlässiger koordinationsmechanismen auf zentraler ebene beruhen. diese bewertung wird von der schweizerischen flüchtlingshilfe erneut im aktuellen bericht geteilt. 61unhcr, a.a.o., s. 10,13.; ebenso: sfh, a.a.o., s. 7. 62die kammer stuft diese mängel insgesamt als systemisch ein, weil sie auf einem unzureichenden aufnahmesystem und einem fehlendem materiellen und sozialen sicherungsnetz beruhen, das der italienische staat trotz ausreichender rechtlicher rahmenbedingungen nicht bereitstellt. 63ebenso: vg gießen, urteil vom 25. november 2013 ‑ 1 k 844/11.gi.a ‑ juris, insbes. rdnr. 33 f m.w.n.; vg frankfurt a.m., urteil vom 9. juli 2013 ‑ 7 k 560/11.f.a. ‑, juris rdnr. 24 ff; vg köln, beschluss vom 7. mai 2013 ‑ 20 l 613/13.a ‑ juris, vg aachen, beschluss vom 14. märz 2013 ‑ 9 l 53/13.a, juris, vg gelsenkirchen, beschluss vom 17. mai 2013 ‑ 5a l 566/13.a -, juris. 64am 4. juni 2013 hat das italienische innenministerium einen sog. easo-support-plan beschlossen und mit dem europäischen asylunterstützungsbüro easo einen unterstützungsplan vereinbart. dies verdeutlicht, dass der italienische staat derzeit selbst davon ausgeht, den mindestnormen der gemeinschaft für die aufnahme von asylbewerbern nicht aus eigenen kräften zu entsprechen. dieser „hilfsplan“ reicht bis ende 2014. 65vgl. easo press-release 4.6.2013, easo-italy-special-support-plan. 66ob die situation der flüchtlinge sich dadurch nachhaltig bessert, bleibt abzuwarten. 67die unanwendbarkeit der zuständigkeitsregelungen der dublin-ii-vo aus gründen höherrangigen rechts ist danach insgesamt im vorläufigen rechtsschutz mit der folge zu bejahen, dass eine rücküberstellung nach italien derzeit nicht erfolgen darf.“ 68an der einschätzung, dass in italien auch zum jetzigen zeitpunkt noch systemische mängel des asylverfahrens bestehen, die dazu führen, dass flüchtlinge einschließlich des klägers überwiegend wahrscheinlich menschenrechtswidrigen verhältnissen ausgesetzt werden, hält die kammer auch unter berücksichtigung der aktuellen rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts nrw zum jetzigen zeitpunkt fest. das urteil des ovg nrw vom 7. märz 2014 ‑ 1 a 21/12.a ‑, das die rücküberstellung nach italien für zulässig erachtet, beruht auf der erkenntnislage, die auch die kammer zugrundegelegt hat. der auffassung des senats, die sich aus der erkenntnislage ergebende situation in italien lasse noch kein systemisches, die grenze zur drohenden grundrechtsverletzung nach art. 4 eugrch überschreitendes versagen des staates erkennen, vermag die kammer gegenwärtig nicht zu folgen. 69dies gilt auch vor dem hintergrund, dass die zahl der in italien aufzunehmenden flüchtlinge im ersten halbjahr 2014 weiter erheblich angestiegen ist und erst jüngst das un-flüchtlingshilfswerk unhcr dringend angemahnt hat, einen strukturierten plan zur aufnahme der flüchtlinge in italien zu entwickeln. anlass für diese mahnung war, dass in italien im juni 2014 ca. 400 flüchtlinge auf zwei parkplätzen vor rom und mailand ohne versorgung hilflos ausgesetzt worden waren. 70vgl. z.b. spiegel online 10. juni 2014 „hunderte bootsflüchtlinge auf parkplätzen ausgesetzt“; n24 10. juni 2014; huffington post 18. juni 2014 „italy’s churches shelter refugees despite overflowing migrant crises“; fr 15. juni 2014 „mehr als 1500 bootsflüchtlinge in 24 stunden“; vgl. allgemein auch: west-info.eu 15. juli 2014 „the new europe begins at lampedusa“ by g. terranova. 71erkenntnisse darüber, dass italien angesichts der gestiegenen zahlen die ohnehin überfüllten unterbringungskapazitäten entsprechend aufgestockt hätte und den weiteren dargestellten mängeln im aufnahmeverfahren wirksam begegnet wäre, liegen nicht vor. 72wegen der zurückweisung von flüchtlingen ohne möglichkeit der antragstellung hat die europäische kommission zudem ein vertragsverletzungsverfahren gegen italien eingeleitet. 73vgl. asylmagazin, hrsg. v. informationsverbund asyl und migration 5/2014, s. 142. 74die kostenentscheidung folgt aus § 155 abs. 1 vwgo. gerichtskosten werden gem. § 83 b asylvfg nicht erhoben. die regelung über die vorläufige vollstreckbarkeit der kostenentscheidung beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung.
Klaeger*in
1
167,413
2 K 6586/14
2015-02-26T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 00.0.1950 geborene Kläger hat seit dem 31. August 2009 das Statusamt eines Studiendirektors - Fachleiter zur Koordinierung schulfachlicher Aufgaben (Besoldungsgruppe A 15 BBesO) - inne. Der Eintritt seines Ruhestandes wegen Erreichens der Altersgrenze steht mit Ablauf des 31. Juli 2015 bevor. 3Der Kläger wurde mit Wirkung vom 4. März 1983 zum Studienrat ernannt. Antragsgemäß beurlaubte der Regierungspräsident Düsseldorf ihn im Einvernehmen mit dem Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Bundesverwaltungsamt - Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (im Folgenden: ZfA) - am 19. Juni 1991 zur Dienstleistung an der Deutschen Schule in J. (Türkei) für die Zeit vom 1. August 1991 bis zum 14. August 1994. In der Folgezeit wurde die Beurlaubung des Klägers für den Auslandsschuldienst mehrfach verlängert. Am 25. März 1997 wurde der Kläger zum Oberstudienrat befördert. 4Nachdem der Kläger seine Tätigkeit an der Deutschen Schule in J. aufgegeben hatte, „beendete“ die Bezirksregierung seine Beurlaubung zum 9. August 1998 und wies ihn antragsgemäß zum 10. August 1998 dem U. -I. -Gymnasium in F. zur Dienstleistung zu. 5Am 21. Mai 2007 schloss der Kläger mit der ZfA einen Arbeitsvertrag, in dem er sich verpflichte, für die ZfA vom 20. August 2007 bis zum 19. August 2010 als Fachberater und Koordinator für Deutsch in B. (Türkei) seinen Dienst zu verrichten. Die Wirksamkeit des Vertrages stand unter der Bedingung, dass der Dienstherr des Klägers - das beklagte Land - ihn für die Dauer des Vertrages vom Dienst beurlaubt (§ 1 des Arbeitsvertrages). Daraufhin beurlaubte die Bezirksregierung Düsseldorf den Kläger unter dem 3. Juli 2007 für den vorgenannten Zeitraum. Der Kläger und die ZfA verlängerten ihren am 21. Mai 2007 geschlossenen Arbeitsvertrag am 12. Januar 2010 (bis zum 19. August 2013) und am 29. Oktober 2012 (bis zum 31. Juli 2015). Die Bezirksregierung verlängerte jeweils die Beurlaubung des Klägers für die vorgenannten Zeiträume (zuletzt mit Schreiben vom 8. November 2012). 6Am 3. Juli 2014 vereinbarten der Kläger und die ZfA eine Verlängerung ihres Arbeitsvertrages um ein weiteres Jahr (bis zum 31. Juli 2016), vorbehaltlich der weiteren Beurlaubung des Klägers durch das beklagte Land. Bereits mit Schreiben vom 25. Juni 2014 hatte der Kläger gegenüber der Bezirksregierung Düsseldorf die Verlängerung seiner Beurlaubung für den Auslandsschuldienst sowie das Hinausschieben seines Ruhestandseintritts jeweils um ein Jahr (bis zum 31. Juli 2016) beantragt. Weiter hat der Kläger ausgeführt: „Ich erkläre dazu hiermit ausdrücklich, falls das für Ihre Entscheidung von Belang sein sollte, dass die Hinausschiebung meines Eintritts in den Ruhestand um ein Jahr an die Ausübung meiner Funktion als Fachberater/Koordinator für Deutsch der ZfA gebunden sein soll“. 7Mit Erlass vom 29. Juli 2014 teilte das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: MSW NRW) der Bezirksregierung Düsseldorf mit, der Kläger sei bereits seit dem 20. August 2007 für die Wahrnehmung von Aufgaben im Auslandsschuldienst beurlaubt. Damit sei die Höchstbeurlaubungsdauer nach Ziffer 2.1.5 der „Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bundesminister des Auswärtigen und den Kultusministern der Länder in der Bundesrepublik Deutschland zum Einsatz von Lehrkräften im deutschen Auslandsschulwesen und zum Auslandsschulgesetz“ (im Folgenden: Verwaltungsvereinbarung) im August 2015 erschöpft. Aus auslandsschulfachlicher Sicht erscheine es nicht geboten, im vorliegenden Fall von den Vorgaben der Verwaltungsvereinbarung abzuweichen. 8Durch Bescheid vom 27. August 2014, zugestellt am 12. September 2014, lehnte die Bezirksregierung Düsseldorf den Antrag des Klägers ab und führte zur Begründung aus, dass aus den Gründen des Erlasses vom 29. Juli 2014 eine weitere Beurlaubung nicht ausgesprochen werde. 9Der Kläger hat am 7. Oktober 2014 Klage erhoben. 10Zu deren Begründung verweist er darauf, dass nach Ziffer 2.1.5 b) der Verwaltungsvereinbarung in besonderen Einzelfällen einer weiteren Verlängerung über acht Jahre hinaus durch den Bund-Länder-Ausschuss für schulische Arbeit im Ausland (BLASchA) nach Zustimmung des inländischen Dienstherrn zugestimmt werden könne. Voraussetzung hierfür sei, dass ein dringendes Interesse von Bund und Ländern vorliege und die Lehrkraft sich in ihrer gesamten dienstlichen Tätigkeit besonders bewährt habe und geeignete Ersatzbewerber trotz rechtzeitiger Anforderung durch die Auslandsschule von der ZfA nicht benannt werden könnten. In diesem Zusammenhang sei nach Auffassung des Klägers zu berücksichtigen, dass seine Anträge auf Weiterbeurlaubung 11und Hinausschieben des Ruhestandseintritts sowohl von der ZfA mit Schreiben vom 7. Juli 2014 als auch von der Leiterin des Kulturreferates der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in B. mit Schreiben 30. Mai 2014 befürwortet worden seien. Überdies habe er sich im besonderen Maße im Auslandsschuldienst bewährt. 12Der Kläger beantragt, 13das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung Düsseldorf vom 27. August 2014 zu verpflichten, ihn bis zum 31. Juli 2016 für den Auslandsschuldienst weiter zu beurlauben und seinen Eintritt in den Ruhestand bis zum 31. Juli 2016 hinauszuschieben. 14Der Beklagte beantragt sinngemäß, 15die Klage abzuweisen. 16Zur Begründung beruft er sich auf einen Erlass des MSW NRW vom 10. Februar 2015. Danach lägen die Voraussetzungen für eine weitere Verlängerung der Beurlaubung des Klägers für den Auslandsschuldienst nicht vor. Zum einen bestünde kein dringendes Interesse im Sinne der Ziffer 2.1.5 der Verwaltungsvereinbarung an einer weiteren Verlängerung der Vermittlung des Klägers in den Auslandsschuldienst. Zum anderen sei die Stelle des Klägers bereits ausgeschrieben und könne problemlos mit geeigneten Bewerbern nachbesetzt werden. 17Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge. 18Entscheidungsgründe: 19Im Einverständnis der Beteiligten kann die Kammer allein durch den Vorsitzenden (§ 87a Abs. 2 VwGO) und ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO). 20Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. 21Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Bezirksregierung Düsseldorf seinen Eintritt in den Ruhestand bis zum Ablauf des 31. Juli 2016 hinausschiebt und ihn bis zu diesem Datum weiter beurlaubt (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 22Dahingestellt bleiben kann, ob der unter dem 27. August 2014 ergangene Ablehnungsbescheid der Bezirksregierung Düsseldorf unter Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten ergangen ist (§§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 2 LGG). 23Ein etwaiger Verfahrensfehler wäre gemäß § 46 VwVfG NRW unbeachtlich, weil offensichtlich ist, dass er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hätte. Denn in materieller Hinsicht erfüllt der Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen des § 32 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW nicht. Nach dieser Vorschrift kann der Eintritt in den Ruhestand auf Antrag des Beamten um bis zu drei Jahre, jedoch nicht über das Ende des Monats, in dem das siebzigste Lebensjahr vollendet wird hinaus, hinausgeschoben werden, wenn dies im dienstlichen Interesse liegt. 24Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat zum Begriff des dienstlichen Interesses im Sinne des § 32 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW ausgeführt: 25 „Beim dienstlichen Interesse im Sinne des § 32 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW n. F. handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Vorliegen grundsätzlich der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Das dienstliche Interesse richtet sich nach dem gesetzlichen Auftrag der Behörde und den dort vorhandenen personalwirtschaftlichen und organisatorischen Möglichkeiten und bezeichnet das Interesse des Dienstherrn an einer sachgemäßen und reibungslosen Aufgabenerfüllung. Auch wenn der Dienstherr über das Vorliegen des dienstlichen Interesses ohne Beurteilungsspielraum befindet, ist der Begriff der dienstlichen Gründe maßgebend durch seine verwaltungspolitischen und -organisatorischen Entscheidungen vorgeprägt, die ihrerseits wiederum nur eingeschränkt gerichtlich nachprüfbar sind. Es ist in erster Linie Sache des Dienstherrn, in Ausübung seiner Personal- und Organisationsgewalt zur Umsetzung gesetzlicher und politischer Ziele die Aufgaben der Verwaltung festzulegen, ihre Prioritäten zu bestimmen, sie auf die einzelnen Organisationseinheiten zu verteilen und ihre Erfüllung durch bestmöglichen Einsatz von Personal sowie der zur Verfügung stehenden Sachmittel sicherzustellen. Bei den personalwirtschaftlichen Entscheidungen kommt dem Dienstherrn eine entsprechende Einschätzungsprärogative und Gestaltungsfreiheit zu mit der Folge, dass die gerichtliche Kontrolle dieser Entscheidungen auf die Prüfung beschränkt ist, ob die gesetzlichen Grenzen des Organisationsermessens überschritten sind oder von diesem in unsachlicher Weise Gebrauch gemacht worden ist. (…) 26 Ein dienstliches Interesse wird insbesondere dann vorliegen, wenn das Hinausschieben des Ruhestandseintritts nach der Einschätzung des Dienstherrn aus konkreten besonderen Gründen für eine sachgemäße und reibungslose Aufgabenerfüllung notwendig oder sinnvoll erscheint. Dies mag der Fall sein, wenn die Bearbeitung der dem betroffenen Beamten übertragenen (komplexen und schwierigen) Aufgaben gerade durch diesen auch noch zu einem nach seinem regulären Eintritt in den Ruhestand gelegenen Zeitpunkt geboten oder sinnvoll erscheint, etwa weil der Beamte Projekte (mit-)betreut, die erst nach der für ihn geltenden Regelaltersgrenze abgeschlossen werden können, weil die effektive Einarbeitung eines Nachfolgers erforderlich ist oder weil noch kein geeigneter Nachfolger zur Verfügung steht und die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben durch die Behörde ausnahmsweise einstweilen nur durch eine Weiterbeschäftigung des betroffenen Beamten sichergestellt werden kann. (…) 27Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 6 B 715/14 -, juris. 28Gemessen an diesen Grundsätzen, denen der Berichterstatter folgt, ist nichts dagegen zu erinnern, dass die Bezirksregierung Düsseldorf das Vorliegen eines dienstlichen Interesses im Streitfall verneint hat. Ausweislich des Erlasses des MSW NRW vom 10. Februar 2015 stehen für die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Fachberater/Koordinator im Auslandsschuldienst (B. , Türkei) geeignete Ersatzbewerber zur Verfügung. Der Berichterstatter hat keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln. 29Zu keiner anderen rechtlichen Bewertung führt der Einwand des Klägers, dass angesichts seiner langjährigen Erfahrungen im Auslandsschuldienst „ein gleichwertiger Ersatz ad hoc kaum denkbar erscheint“. Ausweislich des Evaluationsberichts vom 21. Juni 2013 kooperiere er eng mit den Auslandsschulen und genieße dort als Fachberater eine „hohe Wertschätzung“. In diesem Zusammenhang hat der Kläger weiter vorgetragen, dass er für die Entwicklung und Ausrichtung unter anderem des von ihm betreuten DSD (Deutsches Sprachdiplom) - Programms „gebraucht“ werde (Seite 10 des Schriftsatzes vom 17. November 2014). Darüber hinaus würde ein „neuer“ Fachberater etwa ein Jahr brauchen, „um sich in die Routinen, Abläufe, Besonderheiten eines Landes etc. einzuarbeiten“. 30Diese Gegebenheiten, aus denen der Kläger ein dienstliches Interesse für ein Hinausschieben seines Ruhestandseintritts herleitet, gehen letztlich nicht über das hinaus, was regelmäßig mit dem Ruhestandseintritt eines diensterfahreneren Beamten verbunden ist. Damit allein ist ein dienstliches Interesse im angeführten Sinn indes nicht dargetan. Denn das Ausscheiden eines erfahrenen Mitarbeiters wird in vielen Fällen zu einer nicht leicht zu schließenden Lücke, unter Umständen auch zu einem Einbruch in den Arbeitsergebnissen führen. Es ist jedoch Sache des Dienstherrn zu entscheiden, in welcher Weise dergleichen kompensiert oder auch hingenommen werden soll. 31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. April 2014 - 6 B 457/14 -, juris, Rn. 9. 32Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf im Einzelnen benannte „Präzedenzfälle“, bei denen der Beklagte den Ruhestandseintritt hinausgeschoben habe. Allein dieser Umstand vermag ein dienstliches Interesse für das Hinausschieben des Ruhestandseintritts des Klägers nicht zu begründen. Dies gilt bereits deshalb, weil die von dem Kläger in Bezug genommenen Beamten - soweit es Frau K. (Referatsleiterin im MSW NRW) und Herrn Dr. D. (Schulleiter im Auslandsschuldienst) anbelangt - andere dienstliche Tätigkeiten als der Kläger verrichten. Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf den Artikel „Aktiver Ruhestand“ (Begegnung 04 – 2014) darauf verweist, dass der Beklagte den Ruhestandseintritt von Herrn Dr. D. hinausgeschoben habe, ist neben dem Vorgesagten anzumerken, dass ausweislich des angeführten Beitrages die Deutsche Schule C. (DSB) „kurzfristig“ einen neuen „Schulleiter“ für die „vakante“ Stelle gesucht hat. Dass für diese Stelle – wie im Streitfall – geeignete Nachfolger zur Verfügung standen, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil ist der Ruhestandseintritt von Herrn Dr. D. zunächst um ein Jahr verlängert worden, „um die Schule (…) bestmöglich für seinen Nachfolger vorzubereiten“. 33Unabhängig davon hat die Bezirksregierung Düsseldorf ihren Ablehnungsbescheid vom 27. August 2014 zu Recht darauf gestützt, dass der Hinausschiebensantrag des Klägers als gegenstandslos anzusehen sei, „da dieser lediglich im Zusammenhang mit einer positiven Bescheidung der Verlängerung der Beurlaubung gestanden hätte“. Die Voraussetzungen für eine weitere Verlängerung der Beurlaubung seien indes nicht erfüllt. Dagegen ist nichts zu erinnern. In tatsächlicher Hinsicht hat der Antragsteller in seinem Antrag vom 25. Juni 2014 „ausdrücklich“ erklärt, „dass die Hinausschiebung [seines] Eintritts in den Ruhestand um ein Jahr an die Ausübung [seiner] Funktion als Fachberater/Koordinator für Deutsch der ZfA gebunden sein soll“, für die er die Verlängerung seiner bis zum 31. Juli 2015 befristeten Beurlaubung beantrage. 34In rechtlicher Hinsicht ist die Entscheidung der Bezirksregierung Düsseldorf, den auf eine Verlängerung der Beurlaubung bis zum 31. Juli 2016 gerichteten Antrag des Klägers abzulehnen, nicht zu beanstanden. Nach § 34 Abs. 3 Satz 1 FrUrlV NRW kann Lehrern an öffentlichen Schulen zur Wahrnehmung einer Tätigkeit im Auslandsschuldienst Urlaub ohne Besoldung bewilligt werden. Die Entscheidung trifft die obere Schulaufsichtsbehörde (§ 34 Abs. 3 Satz 2 FrUrlV NRW). 35Die Bezirksregierung Düsseldorf hat ihre Ermessensentscheidung, den Kläger nicht weiter für den Auslandsschuldienst zu beurlauben, darauf gestützt, dass nach Ziffer 2.1.5 b) Absatz 3 der Verwaltungsvereinbarung die Höchstdauer für die Vermittlung einer Auslandsdienstlehrkraft acht Jahre betrage. Diese Höchstdauer laufe im Streitfall im August 2015 ab. Die Voraussetzungen für eine hierüber hinausgehende Verlängerung der Beurlaubung des Klägers im Sinne der Ziffer 2.1.5 b) Absatz 4 der Verwaltungsvereinbarung lägen nicht vor. Diese Erwägungen begegnen vor dem Hintergrund der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle des ausgeübten Ermessens (§ 114 VwGO) keinen durchgreifenden Bedenken. Nach Ziffer 2.1.5 b) Absatz 4 der Verwaltungsvereinbarung kann (lediglich) in besonderen Einzelfällen einer weiteren Verlängerung über acht Jahre hinaus durch den Bund-Länder-Ausschuss für schulische Arbeit im Ausland (BLASchA) nach Zustimmung des inländischen Dienstherrn zugestimmt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass ein dringendes Interesse von Bund und Ländern vorliegt und die Lehrkraft sich in ihrer gesamten dienstlichen Tätigkeit besonders bewährt hat und geeignete Ersatzbewerber trotz rechtzeitiger Anforderung durch die Auslandsschule vom Bundesverwaltungsamt - ZfA - nicht benannt werden können. Die der Ermessensausübung zugrunde gelegte Verwaltungsvereinbarung ist nicht zu beanstanden. Rechtliche Bedenken trägt auch der Kläger insoweit nicht vor. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das MSW NRW, gestützt auf die vorgenannte Verwaltungsvereinbarung, mit Erlass zuletzt vom 10. Februar 2015 (Az.: 215-1.11.03-51921) der Bezirksregierung Düsseldorf aufgegeben hat, die Anträge des Klägers abzulehnen. Das MSW NRW kann als oberste Landesbehörde die Ermessensausübung durch Erlasse regeln, um eine gleichmäßige Ausübung des Ermessens sicher zu stellen. 36Vgl. VG München, Urteil vom 25. März 2014 - M 5 K 13.1129 -, juris, Rn. 20. 37Die Voraussetzungen der angeführten Verwaltungsvereinbarung sind im Streitfall nicht erfüllt. Denn nach den Angaben des beklagten Landes fehlt es jedenfalls nicht an geeigneten Ersatzbewerbern für den in Streit stehenden Dienstposten eines Fachberaters/Koordinators für das Fach Deutsch. Dahingestellt bleiben kann, ob es für die „Weiterbeurlaubung“ eines Fachberaters/Koordinators für das Fach Deutsch darauf ankommt, ob eine „rechtzeitige Aufforderung durch die Auslandsschule“ vorliegt oder ob dieses Kriterium lediglich für die Besetzung von Auslandsdienstlehrkräften zur Anwendung gelangt, die unterrichtlich tätig werden (vgl. Ziffer 2.1.2 Abs. 1 der Verwaltungsvereinbarung). Denn für die im Streitfall begehrte Weiterbeurlaubung wäre - unabhängig davon - jedenfalls erforderlich, dass es an geeigneten Ersatzbewerbern mangelt, was vorliegend nicht der Fall ist. 38Überdies hat das MSW ausgeführt, dass kein „dringendes Interesse“ an einer Verlängerung vorliege. Auch dies lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Zutreffend ist zwar, dass sowohl die ZfA des Bundesverwaltungsamtes mit Schreiben vom 7. Juli 2014 als auch die Leiterin des Kulturreferates der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in B. mit Schreiben 30. Mai 2014 die Anträge des Klägers befürwortet haben. Dies allein verhilft dem Klagebegehren indes nicht zum Erfolg, da jedenfalls das beklagte Land das für die weitere Vermittlung des Klägers in den Auslandsschuldienst erforderliche „dringende Interesse“ verneint hat. Auch der Umstand, dass nach den Angaben des Klägers im Schriftsatz vom 25. Februar 2015 Herr Dr. H. B1. für neun Jahre für den Auslandsschuldienst beurlaubt worden ist, hilft der Klage nicht zum Erfolg. Herr Dr. B1. ist Fachberater in T. . Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dort für diese Stelle „geeignete Ersatzbewerber“ im Sinne der Ziffer 2.1.5 b) der Verwaltungsvereinbarung zur Verfügung gestanden hätten und die „Weiterbeurlaubung“ gleichwohl erfolgt ist. 39Nach alledem ist die angegriffene Entscheidung der Bezirksregierung Düsseldorf im Ablehnungsbescheid vom 27. August 2014, die Beurlaubung des Klägers nicht weiter zu verlängern, rechtsfehlerfrei. Vor diesem Hintergrund geht der Antrag des Klägers, den Eintritt seines Ruhestandes bis zum 31. Juli 2016 hinauszuschieben, um sodann im Wege einer verlängerten Beurlaubung als Fachberater und Koordinator im Auslandsschuldienst weiter tätig zu werden, von vornherein ins Leere. 40Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 41Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 v.h. des aufgrund des urteils beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 v.h. des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der am 00.0.1950 geborene kläger hat seit dem 31. august 2009 das statusamt eines studiendirektors - fachleiter zur koordinierung schulfachlicher aufgaben (besoldungsgruppe a 15 bbeso) - inne. der eintritt seines ruhestandes wegen erreichens der altersgrenze steht mit ablauf des 31. juli 2015 bevor. 3der kläger wurde mit wirkung vom 4. märz 1983 zum studienrat ernannt. antragsgemäß beurlaubte der regierungspräsident düsseldorf ihn im einvernehmen mit dem kultusminister des landes nordrhein-westfalen und dem bundesverwaltungsamt - zentralstelle für das auslandsschulwesen (im folgenden: zfa) - am 19. juni 1991 zur dienstleistung an der deutschen schule in j. (türkei) für die zeit vom 1. august 1991 bis zum 14. august 1994. in der folgezeit wurde die beurlaubung des klägers für den auslandsschuldienst mehrfach verlängert. am 25. märz 1997 wurde der kläger zum oberstudienrat befördert. 4nachdem der kläger seine tätigkeit an der deutschen schule in j. aufgegeben hatte, „beendete“ die bezirksregierung seine beurlaubung zum 9. august 1998 und wies ihn antragsgemäß zum 10. august 1998 dem u. -i. -gymnasium in f. zur dienstleistung zu. 5am 21. mai 2007 schloss der kläger mit der zfa einen arbeitsvertrag, in dem er sich verpflichte, für die zfa vom 20. august 2007 bis zum 19. august 2010 als fachberater und koordinator für deutsch in b. (türkei) seinen dienst zu verrichten. die wirksamkeit des vertrages stand unter der bedingung, dass der dienstherr des klägers - das beklagte land - ihn für die dauer des vertrages vom dienst beurlaubt (§ 1 des arbeitsvertrages). daraufhin beurlaubte die bezirksregierung düsseldorf den kläger unter dem 3. juli 2007 für den vorgenannten zeitraum. der kläger und die zfa verlängerten ihren am 21. mai 2007 geschlossenen arbeitsvertrag am 12. januar 2010 (bis zum 19. august 2013) und am 29. oktober 2012 (bis zum 31. juli 2015). die bezirksregierung verlängerte jeweils die beurlaubung des klägers für die vorgenannten zeiträume (zuletzt mit schreiben vom 8. november 2012). 6am 3. juli 2014 vereinbarten der kläger und die zfa eine verlängerung ihres arbeitsvertrages um ein weiteres jahr (bis zum 31. juli 2016), vorbehaltlich der weiteren beurlaubung des klägers durch das beklagte land. bereits mit schreiben vom 25. juni 2014 hatte der kläger gegenüber der bezirksregierung düsseldorf die verlängerung seiner beurlaubung für den auslandsschuldienst sowie das hinausschieben seines ruhestandseintritts jeweils um ein jahr (bis zum 31. juli 2016) beantragt. weiter hat der kläger ausgeführt: „ich erkläre dazu hiermit ausdrücklich, falls das für ihre entscheidung von belang sein sollte, dass die hinausschiebung meines eintritts in den ruhestand um ein jahr an die ausübung meiner funktion als fachberater/koordinator für deutsch der zfa gebunden sein soll“. 7mit erlass vom 29. juli 2014 teilte das ministerium für schule und weiterbildung des landes nordrhein-westfalen (im folgenden: msw nrw) der bezirksregierung düsseldorf mit, der kläger sei bereits seit dem 20. august 2007 für die wahrnehmung von aufgaben im auslandsschuldienst beurlaubt. damit sei die höchstbeurlaubungsdauer nach ziffer 2.1.5 der „verwaltungsvereinbarung zwischen dem bundesminister des auswärtigen und den kultusministern der länder in der bundesrepublik deutschland zum einsatz von lehrkräften im deutschen auslandsschulwesen und zum auslandsschulgesetz“ (im folgenden: verwaltungsvereinbarung) im august 2015 erschöpft. aus auslandsschulfachlicher sicht erscheine es nicht geboten, im vorliegenden fall von den vorgaben der verwaltungsvereinbarung abzuweichen. 8durch bescheid vom 27. august 2014, zugestellt am 12. september 2014, lehnte die bezirksregierung düsseldorf den antrag des klägers ab und führte zur begründung aus, dass aus den gründen des erlasses vom 29. juli 2014 eine weitere beurlaubung nicht ausgesprochen werde. 9der kläger hat am 7. oktober 2014 klage erhoben. 10zu deren begründung verweist er darauf, dass nach ziffer 2.1.5 b) der verwaltungsvereinbarung in besonderen einzelfällen einer weiteren verlängerung über acht jahre hinaus durch den bund-länder-ausschuss für schulische arbeit im ausland (blascha) nach zustimmung des inländischen dienstherrn zugestimmt werden könne. voraussetzung hierfür sei, dass ein dringendes interesse von bund und ländern vorliege und die lehrkraft sich in ihrer gesamten dienstlichen tätigkeit besonders bewährt habe und geeignete ersatzbewerber trotz rechtzeitiger anforderung durch die auslandsschule von der zfa nicht benannt werden könnten. in diesem zusammenhang sei nach auffassung des klägers zu berücksichtigen, dass seine anträge auf weiterbeurlaubung 11und hinausschieben des ruhestandseintritts sowohl von der zfa mit schreiben vom 7. juli 2014 als auch von der leiterin des kulturreferates der botschaft der bundesrepublik deutschland in b. mit schreiben 30. mai 2014 befürwortet worden seien. überdies habe er sich im besonderen maße im auslandsschuldienst bewährt. 12der kläger beantragt, 13das beklagte land unter aufhebung des bescheides der bezirksregierung düsseldorf vom 27. august 2014 zu verpflichten, ihn bis zum 31. juli 2016 für den auslandsschuldienst weiter zu beurlauben und seinen eintritt in den ruhestand bis zum 31. juli 2016 hinauszuschieben. 14der beklagte beantragt sinngemäß, 15die klage abzuweisen. 16zur begründung beruft er sich auf einen erlass des msw nrw vom 10. februar 2015. danach lägen die voraussetzungen für eine weitere verlängerung der beurlaubung des klägers für den auslandsschuldienst nicht vor. zum einen bestünde kein dringendes interesse im sinne der ziffer 2.1.5 der verwaltungsvereinbarung an einer weiteren verlängerung der vermittlung des klägers in den auslandsschuldienst. zum anderen sei die stelle des klägers bereits ausgeschrieben und könne problemlos mit geeigneten bewerbern nachbesetzt werden. 17hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge. 18
19im einverständnis der beteiligten kann die kammer allein durch den vorsitzenden (§ 87a abs. 2 vwgo) und ohne durchführung einer mündlichen verhandlung entscheiden (§ 101 abs. 2 vwgo). 20die zulässige klage hat keinen erfolg. 21der kläger hat keinen anspruch darauf, dass die bezirksregierung düsseldorf seinen eintritt in den ruhestand bis zum ablauf des 31. juli 2016 hinausschiebt und ihn bis zu diesem datum weiter beurlaubt (vgl. § 113 abs. 5 satz 1 vwgo). 22dahingestellt bleiben kann, ob der unter dem 27. august 2014 ergangene ablehnungsbescheid der bezirksregierung düsseldorf unter beteiligung der gleichstellungsbeauftragten ergangen ist (§§ 17 abs. 1, 18 abs. 2 lgg). 23ein etwaiger verfahrensfehler wäre gemäß § 46 vwvfg nrw unbeachtlich, weil offensichtlich ist, dass er die entscheidung in der sache nicht beeinflusst hätte. denn in materieller hinsicht erfüllt der kläger die tatbestandsvoraussetzungen des § 32 abs. 1 satz 1 lbg nrw nicht. nach dieser vorschrift kann der eintritt in den ruhestand auf antrag des beamten um bis zu drei jahre, jedoch nicht über das ende des monats, in dem das siebzigste lebensjahr vollendet wird hinaus, hinausgeschoben werden, wenn dies im dienstlichen interesse liegt. 24das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen hat zum begriff des dienstlichen interesses im sinne des § 32 abs. 1 satz 1 lbg nrw ausgeführt: 25 „beim dienstlichen interesse im sinne des § 32 abs. 1 satz 1 lbg nrw n. f. handelt es sich um einen unbestimmten rechtsbegriff, dessen vorliegen grundsätzlich der uneingeschränkten gerichtlichen nachprüfung unterliegt. das dienstliche interesse richtet sich nach dem gesetzlichen auftrag der behörde und den dort vorhandenen personalwirtschaftlichen und organisatorischen möglichkeiten und bezeichnet das interesse des dienstherrn an einer sachgemäßen und reibungslosen aufgabenerfüllung. auch wenn der dienstherr über das vorliegen des dienstlichen interesses ohne beurteilungsspielraum befindet, ist der begriff der dienstlichen gründe maßgebend durch seine verwaltungspolitischen und -organisatorischen entscheidungen vorgeprägt, die ihrerseits wiederum nur eingeschränkt gerichtlich nachprüfbar sind. es ist in erster linie sache des dienstherrn, in ausübung seiner personal- und organisationsgewalt zur umsetzung gesetzlicher und politischer ziele die aufgaben der verwaltung festzulegen, ihre prioritäten zu bestimmen, sie auf die einzelnen organisationseinheiten zu verteilen und ihre erfüllung durch bestmöglichen einsatz von personal sowie der zur verfügung stehenden sachmittel sicherzustellen. bei den personalwirtschaftlichen entscheidungen kommt dem dienstherrn eine entsprechende einschätzungsprärogative und gestaltungsfreiheit zu mit der folge, dass die gerichtliche kontrolle dieser entscheidungen auf die prüfung beschränkt ist, ob die gesetzlichen grenzen des organisationsermessens überschritten sind oder von diesem in unsachlicher weise gebrauch gemacht worden ist. (…) 26 ein dienstliches interesse wird insbesondere dann vorliegen, wenn das hinausschieben des ruhestandseintritts nach der einschätzung des dienstherrn aus konkreten besonderen gründen für eine sachgemäße und reibungslose aufgabenerfüllung notwendig oder sinnvoll erscheint. dies mag der fall sein, wenn die bearbeitung der dem betroffenen beamten übertragenen (komplexen und schwierigen) aufgaben gerade durch diesen auch noch zu einem nach seinem regulären eintritt in den ruhestand gelegenen zeitpunkt geboten oder sinnvoll erscheint, etwa weil der beamte projekte (mit-)betreut, die erst nach der für ihn geltenden regelaltersgrenze abgeschlossen werden können, weil die effektive einarbeitung eines nachfolgers erforderlich ist oder weil noch kein geeigneter nachfolger zur verfügung steht und die wahrnehmung der gesetzlichen aufgaben durch die behörde ausnahmsweise einstweilen nur durch eine weiterbeschäftigung des betroffenen beamten sichergestellt werden kann. (…) 27vgl. ovg nrw, beschluss vom 23. juli 2014 - 6 b 715/14 -, juris. 28gemessen an diesen grundsätzen, denen der berichterstatter folgt, ist nichts dagegen zu erinnern, dass die bezirksregierung düsseldorf das vorliegen eines dienstlichen interesses im streitfall verneint hat. ausweislich des erlasses des msw nrw vom 10. februar 2015 stehen für die vom kläger ausgeübte tätigkeit als fachberater/koordinator im auslandsschuldienst (b. , türkei) geeignete ersatzbewerber zur verfügung. der berichterstatter hat keinen anlass, an diesen angaben zu zweifeln. 29zu keiner anderen rechtlichen bewertung führt der einwand des klägers, dass angesichts seiner langjährigen erfahrungen im auslandsschuldienst „ein gleichwertiger ersatz ad hoc kaum denkbar erscheint“. ausweislich des evaluationsberichts vom 21. juni 2013 kooperiere er eng mit den auslandsschulen und genieße dort als fachberater eine „hohe wertschätzung“. in diesem zusammenhang hat der kläger weiter vorgetragen, dass er für die entwicklung und ausrichtung unter anderem des von ihm betreuten dsd (deutsches sprachdiplom) - programms „gebraucht“ werde (seite 10 des schriftsatzes vom 17. november 2014). darüber hinaus würde ein „neuer“ fachberater etwa ein jahr brauchen, „um sich in die routinen, abläufe, besonderheiten eines landes etc. einzuarbeiten“. 30diese gegebenheiten, aus denen der kläger ein dienstliches interesse für ein hinausschieben seines ruhestandseintritts herleitet, gehen letztlich nicht über das hinaus, was regelmäßig mit dem ruhestandseintritt eines diensterfahreneren beamten verbunden ist. damit allein ist ein dienstliches interesse im angeführten sinn indes nicht dargetan. denn das ausscheiden eines erfahrenen mitarbeiters wird in vielen fällen zu einer nicht leicht zu schließenden lücke, unter umständen auch zu einem einbruch in den arbeitsergebnissen führen. es ist jedoch sache des dienstherrn zu entscheiden, in welcher weise dergleichen kompensiert oder auch hingenommen werden soll. 31vgl. ovg nrw, beschluss vom 29. april 2014 - 6 b 457/14 -, juris, rn. 9. 32ohne erfolg beruft sich der kläger auf im einzelnen benannte „präzedenzfälle“, bei denen der beklagte den ruhestandseintritt hinausgeschoben habe. allein dieser umstand vermag ein dienstliches interesse für das hinausschieben des ruhestandseintritts des klägers nicht zu begründen. dies gilt bereits deshalb, weil die von dem kläger in bezug genommenen beamten - soweit es frau k. (referatsleiterin im msw nrw) und herrn dr. d. (schulleiter im auslandsschuldienst) anbelangt - andere dienstliche tätigkeiten als der kläger verrichten. soweit der kläger unter bezugnahme auf den artikel „aktiver ruhestand“ (begegnung 04 – 2014) darauf verweist, dass der beklagte den ruhestandseintritt von herrn dr. d. hinausgeschoben habe, ist neben dem vorgesagten anzumerken, dass ausweislich des angeführten beitrages die deutsche schule c. (dsb) „kurzfristig“ einen neuen „schulleiter“ für die „vakante“ stelle gesucht hat. dass für diese stelle – wie im streitfall – geeignete nachfolger zur verfügung standen, ist nicht ersichtlich. im gegenteil ist der ruhestandseintritt von herrn dr. d. zunächst um ein jahr verlängert worden, „um die schule (…) bestmöglich für seinen nachfolger vorzubereiten“. 33unabhängig davon hat die bezirksregierung düsseldorf ihren ablehnungsbescheid vom 27. august 2014 zu recht darauf gestützt, dass der hinausschiebensantrag des klägers als gegenstandslos anzusehen sei, „da dieser lediglich im zusammenhang mit einer positiven bescheidung der verlängerung der beurlaubung gestanden hätte“. die voraussetzungen für eine weitere verlängerung der beurlaubung seien indes nicht erfüllt. dagegen ist nichts zu erinnern. in tatsächlicher hinsicht hat der antragsteller in seinem antrag vom 25. juni 2014 „ausdrücklich“ erklärt, „dass die hinausschiebung [seines] eintritts in den ruhestand um ein jahr an die ausübung [seiner] funktion als fachberater/koordinator für deutsch der zfa gebunden sein soll“, für die er die verlängerung seiner bis zum 31. juli 2015 befristeten beurlaubung beantrage. 34in rechtlicher hinsicht ist die entscheidung der bezirksregierung düsseldorf, den auf eine verlängerung der beurlaubung bis zum 31. juli 2016 gerichteten antrag des klägers abzulehnen, nicht zu beanstanden. nach § 34 abs. 3 satz 1 frurlv nrw kann lehrern an öffentlichen schulen zur wahrnehmung einer tätigkeit im auslandsschuldienst urlaub ohne besoldung bewilligt werden. die entscheidung trifft die obere schulaufsichtsbehörde (§ 34 abs. 3 satz 2 frurlv nrw). 35die bezirksregierung düsseldorf hat ihre ermessensentscheidung, den kläger nicht weiter für den auslandsschuldienst zu beurlauben, darauf gestützt, dass nach ziffer 2.1.5 b) absatz 3 der verwaltungsvereinbarung die höchstdauer für die vermittlung einer auslandsdienstlehrkraft acht jahre betrage. diese höchstdauer laufe im streitfall im august 2015 ab. die voraussetzungen für eine hierüber hinausgehende verlängerung der beurlaubung des klägers im sinne der ziffer 2.1.5 b) absatz 4 der verwaltungsvereinbarung lägen nicht vor. diese erwägungen begegnen vor dem hintergrund der eingeschränkten gerichtlichen kontrolle des ausgeübten ermessens (§ 114 vwgo) keinen durchgreifenden bedenken. nach ziffer 2.1.5 b) absatz 4 der verwaltungsvereinbarung kann (lediglich) in besonderen einzelfällen einer weiteren verlängerung über acht jahre hinaus durch den bund-länder-ausschuss für schulische arbeit im ausland (blascha) nach zustimmung des inländischen dienstherrn zugestimmt werden. voraussetzung hierfür ist, dass ein dringendes interesse von bund und ländern vorliegt und die lehrkraft sich in ihrer gesamten dienstlichen tätigkeit besonders bewährt hat und geeignete ersatzbewerber trotz rechtzeitiger anforderung durch die auslandsschule vom bundesverwaltungsamt - zfa - nicht benannt werden können. die der ermessensausübung zugrunde gelegte verwaltungsvereinbarung ist nicht zu beanstanden. rechtliche bedenken trägt auch der kläger insoweit nicht vor. es ist auch nicht zu beanstanden, dass das msw nrw, gestützt auf die vorgenannte verwaltungsvereinbarung, mit erlass zuletzt vom 10. februar 2015 (az.: 215-1.11.03-51921) der bezirksregierung düsseldorf aufgegeben hat, die anträge des klägers abzulehnen. das msw nrw kann als oberste landesbehörde die ermessensausübung durch erlasse regeln, um eine gleichmäßige ausübung des ermessens sicher zu stellen. 36vgl. vg münchen, urteil vom 25. märz 2014 - m 5 k 13.1129 -, juris, rn. 20. 37die voraussetzungen der angeführten verwaltungsvereinbarung sind im streitfall nicht erfüllt. denn nach den angaben des beklagten landes fehlt es jedenfalls nicht an geeigneten ersatzbewerbern für den in streit stehenden dienstposten eines fachberaters/koordinators für das fach deutsch. dahingestellt bleiben kann, ob es für die „weiterbeurlaubung“ eines fachberaters/koordinators für das fach deutsch darauf ankommt, ob eine „rechtzeitige aufforderung durch die auslandsschule“ vorliegt oder ob dieses kriterium lediglich für die besetzung von auslandsdienstlehrkräften zur anwendung gelangt, die unterrichtlich tätig werden (vgl. ziffer 2.1.2 abs. 1 der verwaltungsvereinbarung). denn für die im streitfall begehrte weiterbeurlaubung wäre - unabhängig davon - jedenfalls erforderlich, dass es an geeigneten ersatzbewerbern mangelt, was vorliegend nicht der fall ist. 38überdies hat das msw ausgeführt, dass kein „dringendes interesse“ an einer verlängerung vorliege. auch dies lässt rechtsfehler nicht erkennen. zutreffend ist zwar, dass sowohl die zfa des bundesverwaltungsamtes mit schreiben vom 7. juli 2014 als auch die leiterin des kulturreferates der botschaft der bundesrepublik deutschland in b. mit schreiben 30. mai 2014 die anträge des klägers befürwortet haben. dies allein verhilft dem klagebegehren indes nicht zum erfolg, da jedenfalls das beklagte land das für die weitere vermittlung des klägers in den auslandsschuldienst erforderliche „dringende interesse“ verneint hat. auch der umstand, dass nach den angaben des klägers im schriftsatz vom 25. februar 2015 herr dr. h. b1. für neun jahre für den auslandsschuldienst beurlaubt worden ist, hilft der klage nicht zum erfolg. herr dr. b1. ist fachberater in t. . es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dort für diese stelle „geeignete ersatzbewerber“ im sinne der ziffer 2.1.5 b) der verwaltungsvereinbarung zur verfügung gestanden hätten und die „weiterbeurlaubung“ gleichwohl erfolgt ist. 39nach alledem ist die angegriffene entscheidung der bezirksregierung düsseldorf im ablehnungsbescheid vom 27. august 2014, die beurlaubung des klägers nicht weiter zu verlängern, rechtsfehlerfrei. vor diesem hintergrund geht der antrag des klägers, den eintritt seines ruhestandes bis zum 31. juli 2016 hinauszuschieben, um sodann im wege einer verlängerten beurlaubung als fachberater und koordinator im auslandsschuldienst weiter tätig zu werden, von vornherein ins leere. 40die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 41die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 zpo.
Verklagte*r
0
190,287
8 K 5742/13
2013-08-15T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der am 0. Januar 1988 geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger yezidischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 29. September 2008 mit dem Zug in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 13. Oktober 2008 einen Asylantrag. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) stellte mit Bescheid vom 26. März 2009 fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen. Der Kläger erhielt am 3. April 2009 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und einen Reiseausweis für Flüchtlinge. Der Kläger sprach am 6. März 2012 bei der Ausländerbehörde der Beklagten vor und stellte einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und des Reiseausweises. Zu diesem Zeitpunkt war die Prüfung des Bundesamtes hinsichtlich des Widerrufs der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 73 Abs. 2a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) noch nicht abgeschlossen, weshalb die Aufenthaltserlaubnis verlängert und dem Kläger ein neuer Reiseausweis (gültig für alle Länder außer Irak) ausgestellt wurde. Die Bundespolizeiinspektion Flughafen Berlin-Tegel teilte der Ausländerbehörde der Beklagten am 21. Dezember 2012 mit, dass sie durch die niederländischen Behörden darüber informiert worden sei, dass der Kläger am 20. Dezember 2012 aus dem Irak kommend über den Flughafen Amsterdam in das Schengengebiet eingereist sei. Aus dem Reiseausweis sei ersichtlich, dass der Kläger am 7. Mai 2012 in den Irak eingereist und am 20. Dezember 2012 dort wieder ausgereist sei. 3Die Beklagte teilte dem Kläger am 15. Januar 2013 mit, dass der Reiseausweis nicht für Einreise und Aufenthalt im Heimatland gültig sei und geprüft werde, ob die Flüchtlingseigenschaft erloschen sei. Der Kläger nahm hierzu wie folgt Stellung: Er stamme aus dem Zentralirak und sei während seiner Reise nicht dorthin zurückgekehrt. Er habe sich ausschließlich im Gebiet der autonomen Zone im Nordirak aufgehalten. Er habe vom 7. Mai bis zum 20. Dezember 2012 in der Stadt Dohuk gewohnt. Er habe dort seine Ehefrau und das am 4. Mai 2012 geborene gemeinsame Kind besucht und während dieser Zeit in einer Bäckerei gearbeitet. 4Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 10. Juni 2013 fest, dass die Flüchtlingseigenschaft des Klägers gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1a AsylVfG erloschen sei und forderte den Kläger auf der Grundlage des § 72 Abs. 2 AsylVfG auf, den Anerkennungsbescheid des Bundesamtes über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vom 26. März 2009 sowie den Reiseausweis für Flüchtlinge unverzüglich abzugeben. Zur Begründung führte sie aus: Nach der erstgenannten Vorschrift erlösche die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wenn der Ausländer freiwillig in das Land, das er aus Furcht vor Verfolgung verlassen habe oder außerhalb dessen er sich aus Furcht vor Verfolgung befinde, zurückgekehrt sei und sich dort niedergelassen habe. Dies sei hier der Fall. Der Kläger habe sich im Zeitraum vom 7. Mai 2012 bis zum 20. Dezember 2012 im Irak aufgehalten. Er habe dort seinen Wohnsitz genommen und sei einer Beschäftigung in einer Bäckerei nachgegangen. Er habe dort mit seiner Familie den Lebensmittelpunkt gehabt. Es habe sich dabei nicht um einen Besuchsaufenthalt gehandelt. Die Wohnsitznahme bei der Familie und die Beschäftigungsaufnahme für die Dauer von insgesamt 228 Tagen ließen den Schluss zu, dass der Kläger sich dort niedergelassen habe. 5Der Kläger hat am 9. Juli 2013 die vorliegende Klage erhoben. Er trägt im wesentlichen vor: Er habe sich nicht freiwillig in dem Land, das er aus Furcht vor Verfolgung verlassen habe, niedergelassen. Er habe sich nicht im Zentralirak, sondern ausschließlich in dem kurdischen Autonomiegebiet im Nordirak aufgehalten. Er habe seine Ehefrau und die am 4. Mai 2012 geborene gemeinsame Tochter besucht. Seine Ehefrau habe er im Jahr 2007 in Sheikhan geheiratet. Er habe sich im Jahr 2011 einen Monat in Istanbul aufgehalten und dort seine Ehefrau getroffen. Er habe sich von März bis Juli 2013 erneut in der Türkei aufgehalten, dabei einen Monat mit seiner Ehefrau in Diyarbakir und dann zwei Monate alleine in Istanbul verbracht. Er habe dort nach einer Möglichkeit gesucht, seine Familie nach Deutschland zu bringen. Seine Frau bekomme Ende August 2013 ein zweites Kind. 6Der Kläger beantragt, 7den Bescheid vom 10. Juni 2013 aufzuheben und festzustellen, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht erloschen ist. 8Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid, 9die Klage abzuweisen. 10Sie führt ergänzend aus: In dem Reiseausweis für Flüchtlinge des Klägers befinde sich ein von türkischen Generalkonsulat in E ausgestelltes Transitvisum. Die Stempel ließen den Schluss zu, dass der Kläger am 14. März 2013 über Izmir in die Türkei und am 15. März 2013 über den Grenzübergang Habur Kara Sinir Kapisi in den Irak eingereist und am 5. Juli bzw. am 6. Juli 2013 auf demselben Weg wieder ausgereist sei. Dem korrespondiere der Einreisestempel in das Schengengebiet über den Flughafen Brüssel am 6. Juli 2013. 11Die Beklagte widerrief mit Ordnungsverfügung vom 17. Juli 2013 die dem Kläger am 6. März 2012 erteilte und bis zum 5. März 2015 gültige Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland. Des weiteren entzog sie dem Kläger den bis zum 5. März 2015 gültigen Reiseausweis für Flüchtlinge und gab ihm auf, den Reiseausweis innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung der Ordnungsverfügung zurückzugeben. Darüber hinaus forderte sie den Kläger auf, das Bundesgebiet innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung der Verfügung zu verlassen und drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung in den Irak oder einen anderen Staat, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei, an. Sofern bei oder nach der Vollziehbarkeit der Verfügung Abschiebungshindernisse bestehen sollten, werde der Kläger weiter geduldet. Schließlich ordnete sie die sofortige Vollziehung der Entziehung des Reiseausweises für Flüchtlinge an. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Gericht mit Urteil vom 15. August 2013 abgewiesen (8 K 5742/13). 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte, der Gerichtsakten 8 K 6250/13 und 8 L 1403/13 sowie des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14Das Gericht kann durch den Einzelrichter entscheiden, nachdem ihm der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 31. Juli 2013 zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 76 Abs. 1 AsylVfG). 15Die Klage ist zulässig. Sie ist zwar nicht gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des angefochtenen Bescheides erhoben worden. Da dem Bescheid aber keine § 58 Abs. 1 VwGO entsprechende Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, gilt die Frist von einem Jahr nach § 58 Abs. 2 VwGO. 16Die Klage ist aber nicht begründet. Der Bescheid vom 10. Juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 43 Abs. 1, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft des Klägers ist erloschen. Der Kläger muss die Abgabe des Anerkennungsbescheides des Bundesamtes und seines Reiseausweises für Flüchtlinge hinnehmen. 17Der Bescheid ist formell rechtmäßig. 18Die Ausländerbehörde der Beklagten ist zuständig für die Feststellung des Erlöschens der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Sie ist berechtigt, einen feststellenden Bescheid zu erlassen, auch wenn die Flüchtlingseigenschaft in den Fällen des § 72 Abs. 1 AsylVfG kraft Gesetzes erlischt. Es kann nämlich in tatsächlicher Hinsicht Zweifel geben, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, so dass für die Betroffenen ein Bedürfnis nach rechtsverbindlicher behördlicher Feststellung besteht. Die Zuständigkeit erstreckt sich auch auf das Herausgabeverlangen hinsichtlich des Anerkennungsbescheides des Bundesamtes und des Reiseausweises für Flüchtlinge nach § 72 Abs. 2 AsylVfG. 19Vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 2. Dezember 1991 - 9 C 126/90 -, juris Rn. 9; OVG Hamburg, Beschluss vom 10. November 2000 - 1 Bf 223/98 -, juris Rn. 21; VG Oldenburg, Urteil vom 19. Dezember 2011 – 11 A 2138/11 -, juris Rn. 18; Hailbronner, in: Kommentar zum Ausländerrecht, § 52 AufenthG, Rn. 25 und 30, § 72 AsylVfG, Rn. 25 und 28; Wolff, in: Hofmann/Hoffmann, Ausländerrecht, § 72 AsylVfG, Rn. 29; offen gelassen von OVG Niedersachsen, Beschluss vom 17. Oktober 2006 – 13 LA 262/06 -, juris Rn. 3 20Der Bescheid ist materiell rechtmäßig. 21Nach § 72 Abs. 1 Nr. 1a AsylVfG erlischt unter anderem die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wenn der Ausländer freiwillig in das Land, das er aus Furcht vor politischer Verfolgung verlassen hat, zurückgekehrt ist und sich dort niedergelassen hat. 22Der Kläger war unstreitig im Zeitraum vom 7. Mai 2012 bis zum 20. Dezember 2012 im Irak. Zwar hat er sich nach eigenem Vortrag nicht im Zentralirak, sondern nur in der Stadt Duhok in der Autonomen Region Kurdistan aufgehalten. Dies ist jedoch unerheblich, weil auch dieses Gebiet zum Irak gehört. 23Der Kläger hat sich dort auch niedergelassen. Eine Niederlassung im Heimatland erfordert eine Rückkehr auf längere Zeit. Der Aufenthalt muss jedoch nicht notwendig auf unbegrenzte Dauer gerichtet sein. Es reicht vielmehr aus, wenn der Ausländer im Land seiner Staatsangehörigkeit eine Art zweiten Wohnsitz unterhält. Auch dies würde regelmäßig belegen, dass der Betroffene sich nicht mehr gefährdet fühlt. Die Rückkehr muss nach ihrer Dauer, ihrem Anlass, der Art der Einreise sowie dem Ort des Aufenthaltes. Grund für die Annahme bieten, in ihr dokumentiere sich der Wegfall des Verfolgungsinteresses. Nicht ausreichend ist deshalb etwa eine Rückkehr in das Heimatland zur Erfüllung einer sittlichen Pflicht. Auch bloße sich nicht über längere Zeiträume erstreckende Besuchsaufenthalte im Heimatland stellen noch keine Niederlassung dar. 24Vgl. hierzu VG Oldenburg, Urteil vom 19. Dezember 2011 – 11 A 2138/11 -, juris Rn. 21; BVerwG, Urteil vom 2. Dezember 1991 - 9 C 126/90 -, juris Rn. 9 ff.; BVerwG, Urteil vom 19. September 2000 ‑ 9 C 12/00 - juris Rn. 19. 25Nach diesen Maßstäben hat sich der Kläger im Irak niedergelassen. Hierfür spricht bereits die Dauer des Aufenthaltes von etwa 7 ½ Monaten. Dies geht über einen reinen Besuchsaufenthalt deutlich hinaus. Der Kläger ist zudem mit seinem Reiseausweis für Flüchtlinge in den Irak eingereist, obwohl dieser nicht zu einer Einreise in den Irak berechtigt. Er hat auf Befragen in der mündlichen Verhandlung auch angegeben, dass ihn der kontrollierende Grenzbeamte darauf hingewiesen habe. Eine Furcht vor staatlicher Verfolgung besteht offensichtlich nicht. Der Kläger hat im Irak seine Ehefrau besucht, die kurz zuvor ihr erstes Kind geboren hat. Insofern sind die Gründe des Besuchs ohne weiteres nachvollziehbar. Der Kläger hat sich jedoch über die Zeit nach der Geburt hinaus mehrere Monate dort aufgehalten, für seine Familie eine kleine Wohnung angemietet und eine Arbeit aufgenommen. Dies spricht alles für eine Niederlassung. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, er sei nach mehreren Monaten der Beschäftigung in der Bäckerei gekündigt worden, weil der Arbeitgeber gemerkt habe, dass er - der Kläger - Yeside sei, weil er den im Islam vorgeschriebenen Gebeten nicht gefolgt sei, nimmt ihm das Gericht dies nicht ab. Es ist nicht vorstellbar, dass es einem muslimischen Arbeitgeber über Monate nicht aufgefallen sein soll, dass der Kläger nicht an den Gebeten teilnimmt. Soweit der Kläger vorträgt, er habe im Zentralirak nichtstaatliche Verfolgung zu befürchten, folgt das Gericht dem nicht. Dies gilt aus zwei Gründen: Der Kläger hat mit seinem Aufenthalt im Nordirak belegt, dass er dort ohne asyl- oder flüchtlingsschutzrelevante Gefahr leben kann. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung auf Befragen auch angegeben, dass seine (yezidische) Frau mit dem Kind in dem (yezidischen) Dorf Beban lebt. Es ist nicht erkennbar, weshalb es dem Kläger nicht zumutbar sein sollte, zu seiner Familie in das von Yeziden bewohnte Dorf zurückzukehren. 26Es kommt deshalb nicht mehr entscheidend darauf an, ob sich der Kläger im Zeitraum vom 15. März 2013 bis zum 5. Juli 2013 erneut fast vier Monate im Irak aufgehalten hat. Hierfür sprechen das in seinem Reiseausweis befindliche türkische Transitvisum sowie die Ein- und Ausreisestempel des türkisch-irakischen Grenzübergangs Habur Kara Sinir Kapisi. Der Kläger konnte diese Stempel in der mündlichen Verhandlung nicht erklären. Sein Vortrag, er habe sich nur in Diyarbakir mit seiner Ehefrau getroffen und danach einige Zeit in Istanbul verbracht, erscheint damit kaum glaubhaft. Dies muss aber nach den obigen Ausführungen nicht abschließend entschieden werden. 27Rechtliche Grundlage für die Aufforderung zur Abgabe des Anerkennungsbescheides des Bundesamtes sowie des Reiseausweises für Flüchtlinge ist § 72 Abs. 2 AsylVfG. Diese Aufforderung hat sich auch nicht insoweit erledigt, als der Kläger seinen Reiseausweis für Flüchtlinge bereits bei der Ausländerbehörde abgegeben hat. Die freiwillige Erfüllung einer durch Verwaltungsakt auferlegten Verpflichtung zur Vermeidung von Zwangsmaßnahmen führt grundsätzlich nicht zur Erledigung. 28Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1983 – 8 C 43/81 –, juris Rn. 18. 29Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. 30Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2der am 0. januar 1988 geborene kläger ist irakischer staatsangehöriger yezidischer volkszugehörigkeit. er reiste am 29. september 2008 mit dem zug in die bundesrepublik deutschland ein und stellte am 13. oktober 2008 einen asylantrag. das bundesamt für migration und flüchtlinge (nachfolgend: bundesamt) stellte mit bescheid vom 26. märz 2009 fest, dass die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft vorliegen. der kläger erhielt am 3. april 2009 eine aufenthaltserlaubnis nach § 25 abs. 2 aufenthaltsgesetz (aufenthg) und einen reiseausweis für flüchtlinge. der kläger sprach am 6. märz 2012 bei der ausländerbehörde der beklagten vor und stellte einen antrag auf verlängerung der aufenthaltserlaubnis und des reiseausweises. zu diesem zeitpunkt war die prüfung des bundesamtes hinsichtlich des widerrufs der zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach § 73 abs. 2a asylverfahrensgesetz (asylvfg) noch nicht abgeschlossen, weshalb die aufenthaltserlaubnis verlängert und dem kläger ein neuer reiseausweis (gültig für alle länder außer irak) ausgestellt wurde. die bundespolizeiinspektion flughafen berlin-tegel teilte der ausländerbehörde der beklagten am 21. dezember 2012 mit, dass sie durch die niederländischen behörden darüber informiert worden sei, dass der kläger am 20. dezember 2012 aus dem irak kommend über den flughafen amsterdam in das schengengebiet eingereist sei. aus dem reiseausweis sei ersichtlich, dass der kläger am 7. mai 2012 in den irak eingereist und am 20. dezember 2012 dort wieder ausgereist sei. 3die beklagte teilte dem kläger am 15. januar 2013 mit, dass der reiseausweis nicht für einreise und aufenthalt im heimatland gültig sei und geprüft werde, ob die flüchtlingseigenschaft erloschen sei. der kläger nahm hierzu wie folgt stellung: er stamme aus dem zentralirak und sei während seiner reise nicht dorthin zurückgekehrt. er habe sich ausschließlich im gebiet der autonomen zone im nordirak aufgehalten. er habe vom 7. mai bis zum 20. dezember 2012 in der stadt dohuk gewohnt. er habe dort seine ehefrau und das am 4. mai 2012 geborene gemeinsame kind besucht und während dieser zeit in einer bäckerei gearbeitet. 4die beklagte stellte mit bescheid vom 10. juni 2013 fest, dass die flüchtlingseigenschaft des klägers gemäß § 72 abs. 1 nr. 1a asylvfg erloschen sei und forderte den kläger auf der grundlage des § 72 abs. 2 asylvfg auf, den anerkennungsbescheid des bundesamtes über die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft vom 26. märz 2009 sowie den reiseausweis für flüchtlinge unverzüglich abzugeben. zur begründung führte sie aus: nach der erstgenannten vorschrift erlösche die anerkennung als asylberechtigter und die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft, wenn der ausländer freiwillig in das land, das er aus furcht vor verfolgung verlassen habe oder außerhalb dessen er sich aus furcht vor verfolgung befinde, zurückgekehrt sei und sich dort niedergelassen habe. dies sei hier der fall. der kläger habe sich im zeitraum vom 7. mai 2012 bis zum 20. dezember 2012 im irak aufgehalten. er habe dort seinen wohnsitz genommen und sei einer beschäftigung in einer bäckerei nachgegangen. er habe dort mit seiner familie den lebensmittelpunkt gehabt. es habe sich dabei nicht um einen besuchsaufenthalt gehandelt. die wohnsitznahme bei der familie und die beschäftigungsaufnahme für die dauer von insgesamt 228 tagen ließen den schluss zu, dass der kläger sich dort niedergelassen habe. 5der kläger hat am 9. juli 2013 die vorliegende klage erhoben. er trägt im wesentlichen vor: er habe sich nicht freiwillig in dem land, das er aus furcht vor verfolgung verlassen habe, niedergelassen. er habe sich nicht im zentralirak, sondern ausschließlich in dem kurdischen autonomiegebiet im nordirak aufgehalten. er habe seine ehefrau und die am 4. mai 2012 geborene gemeinsame tochter besucht. seine ehefrau habe er im jahr 2007 in sheikhan geheiratet. er habe sich im jahr 2011 einen monat in istanbul aufgehalten und dort seine ehefrau getroffen. er habe sich von märz bis juli 2013 erneut in der türkei aufgehalten, dabei einen monat mit seiner ehefrau in diyarbakir und dann zwei monate alleine in istanbul verbracht. er habe dort nach einer möglichkeit gesucht, seine familie nach deutschland zu bringen. seine frau bekomme ende august 2013 ein zweites kind. 6der kläger beantragt, 7den bescheid vom 10. juni 2013 aufzuheben und festzustellen, dass die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nicht erloschen ist. 8die beklagte beantragt unter bezugnahme auf den angefochtenen bescheid, 9die klage abzuweisen. 10sie führt ergänzend aus: in dem reiseausweis für flüchtlinge des klägers befinde sich ein von türkischen generalkonsulat in e ausgestelltes transitvisum. die stempel ließen den schluss zu, dass der kläger am 14. märz 2013 über izmir in die türkei und am 15. märz 2013 über den grenzübergang habur kara sinir kapisi in den irak eingereist und am 5. juli bzw. am 6. juli 2013 auf demselben weg wieder ausgereist sei. dem korrespondiere der einreisestempel in das schengengebiet über den flughafen brüssel am 6. juli 2013. 11die beklagte widerrief mit ordnungsverfügung vom 17. juli 2013 die dem kläger am 6. märz 2012 erteilte und bis zum 5. märz 2015 gültige aufenthaltserlaubnis für die bundesrepublik deutschland. des weiteren entzog sie dem kläger den bis zum 5. märz 2015 gültigen reiseausweis für flüchtlinge und gab ihm auf, den reiseausweis innerhalb von 14 tagen nach zustellung der ordnungsverfügung zurückzugeben. darüber hinaus forderte sie den kläger auf, das bundesgebiet innerhalb von 30 tagen nach zustellung der verfügung zu verlassen und drohte ihm für den fall der nicht fristgerechten ausreise die abschiebung in den irak oder einen anderen staat, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner rückübernahme verpflichtet sei, an. sofern bei oder nach der vollziehbarkeit der verfügung abschiebungshindernisse bestehen sollten, werde der kläger weiter geduldet. schließlich ordnete sie die sofortige vollziehung der entziehung des reiseausweises für flüchtlinge an. die hiergegen gerichtete klage hat das gericht mit urteil vom 15. august 2013 abgewiesen (8 k 5742/13). 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der streitakte, der gerichtsakten 8 k 6250/13 und 8 l 1403/13 sowie des beigezogenen verwaltungsvorganges der beklagten und des bundesamtes für migration und flüchtlinge bezug genommen. 13
14das gericht kann durch den einzelrichter entscheiden, nachdem ihm der rechtsstreit durch beschluss der kammer vom 31. juli 2013 zur entscheidung übertragen worden ist (§ 76 abs. 1 asylvfg). 15die klage ist zulässig. sie ist zwar nicht gemäß § 74 abs. 1 satz 1 asylvfg innerhalb von zwei wochen nach zustellung des angefochtenen bescheides erhoben worden. da dem bescheid aber keine § 58 abs. 1 vwgo entsprechende rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, gilt die frist von einem jahr nach § 58 abs. 2 vwgo. 16die klage ist aber nicht begründet. der bescheid vom 10. juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt den kläger daher nicht in seinen rechten (§ 43 abs. 1, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo). die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft des klägers ist erloschen. der kläger muss die abgabe des anerkennungsbescheides des bundesamtes und seines reiseausweises für flüchtlinge hinnehmen. 17der bescheid ist formell rechtmäßig. 18die ausländerbehörde der beklagten ist zuständig für die feststellung des erlöschens der zuerkennung der flüchtlingseigenschaft. sie ist berechtigt, einen feststellenden bescheid zu erlassen, auch wenn die flüchtlingseigenschaft in den fällen des § 72 abs. 1 asylvfg kraft gesetzes erlischt. es kann nämlich in tatsächlicher hinsicht zweifel geben, ob diese voraussetzungen erfüllt sind, so dass für die betroffenen ein bedürfnis nach rechtsverbindlicher behördlicher feststellung besteht. die zuständigkeit erstreckt sich auch auf das herausgabeverlangen hinsichtlich des anerkennungsbescheides des bundesamtes und des reiseausweises für flüchtlinge nach § 72 abs. 2 asylvfg. 19vgl. hierzu bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 2. dezember 1991 - 9 c 126/90 -, juris rn. 9; ovg hamburg, beschluss vom 10. november 2000 - 1 bf 223/98 -, juris rn. 21; vg oldenburg, urteil vom 19. dezember 2011 – 11 a 2138/11 -, juris rn. 18; hailbronner, in: kommentar zum ausländerrecht, § 52 aufenthg, rn. 25 und 30, § 72 asylvfg, rn. 25 und 28; wolff, in: hofmann/hoffmann, ausländerrecht, § 72 asylvfg, rn. 29; offen gelassen von ovg niedersachsen, beschluss vom 17. oktober 2006 – 13 la 262/06 -, juris rn. 3 20der bescheid ist materiell rechtmäßig. 21nach § 72 abs. 1 nr. 1a asylvfg erlischt unter anderem die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft, wenn der ausländer freiwillig in das land, das er aus furcht vor politischer verfolgung verlassen hat, zurückgekehrt ist und sich dort niedergelassen hat. 22der kläger war unstreitig im zeitraum vom 7. mai 2012 bis zum 20. dezember 2012 im irak. zwar hat er sich nach eigenem vortrag nicht im zentralirak, sondern nur in der stadt duhok in der autonomen region kurdistan aufgehalten. dies ist jedoch unerheblich, weil auch dieses gebiet zum irak gehört. 23der kläger hat sich dort auch niedergelassen. eine niederlassung im heimatland erfordert eine rückkehr auf längere zeit. der aufenthalt muss jedoch nicht notwendig auf unbegrenzte dauer gerichtet sein. es reicht vielmehr aus, wenn der ausländer im land seiner staatsangehörigkeit eine art zweiten wohnsitz unterhält. auch dies würde regelmäßig belegen, dass der betroffene sich nicht mehr gefährdet fühlt. die rückkehr muss nach ihrer dauer, ihrem anlass, der art der einreise sowie dem ort des aufenthaltes. grund für die annahme bieten, in ihr dokumentiere sich der wegfall des verfolgungsinteresses. nicht ausreichend ist deshalb etwa eine rückkehr in das heimatland zur erfüllung einer sittlichen pflicht. auch bloße sich nicht über längere zeiträume erstreckende besuchsaufenthalte im heimatland stellen noch keine niederlassung dar. 24vgl. hierzu vg oldenburg, urteil vom 19. dezember 2011 – 11 a 2138/11 -, juris rn. 21; bverwg, urteil vom 2. dezember 1991 - 9 c 126/90 -, juris rn. 9 ff.; bverwg, urteil vom 19. september 2000 ‑ 9 c 12/00 - juris rn. 19. 25nach diesen maßstäben hat sich der kläger im irak niedergelassen. hierfür spricht bereits die dauer des aufenthaltes von etwa 7 ½ monaten. dies geht über einen reinen besuchsaufenthalt deutlich hinaus. der kläger ist zudem mit seinem reiseausweis für flüchtlinge in den irak eingereist, obwohl dieser nicht zu einer einreise in den irak berechtigt. er hat auf befragen in der mündlichen verhandlung auch angegeben, dass ihn der kontrollierende grenzbeamte darauf hingewiesen habe. eine furcht vor staatlicher verfolgung besteht offensichtlich nicht. der kläger hat im irak seine ehefrau besucht, die kurz zuvor ihr erstes kind geboren hat. insofern sind die gründe des besuchs ohne weiteres nachvollziehbar. der kläger hat sich jedoch über die zeit nach der geburt hinaus mehrere monate dort aufgehalten, für seine familie eine kleine wohnung angemietet und eine arbeit aufgenommen. dies spricht alles für eine niederlassung. soweit der kläger in der mündlichen verhandlung angegeben hat, er sei nach mehreren monaten der beschäftigung in der bäckerei gekündigt worden, weil der arbeitgeber gemerkt habe, dass er - der kläger - yeside sei, weil er den im islam vorgeschriebenen gebeten nicht gefolgt sei, nimmt ihm das gericht dies nicht ab. es ist nicht vorstellbar, dass es einem muslimischen arbeitgeber über monate nicht aufgefallen sein soll, dass der kläger nicht an den gebeten teilnimmt. soweit der kläger vorträgt, er habe im zentralirak nichtstaatliche verfolgung zu befürchten, folgt das gericht dem nicht. dies gilt aus zwei gründen: der kläger hat mit seinem aufenthalt im nordirak belegt, dass er dort ohne asyl- oder flüchtlingsschutzrelevante gefahr leben kann. der kläger hat in der mündlichen verhandlung auf befragen auch angegeben, dass seine (yezidische) frau mit dem kind in dem (yezidischen) dorf beban lebt. es ist nicht erkennbar, weshalb es dem kläger nicht zumutbar sein sollte, zu seiner familie in das von yeziden bewohnte dorf zurückzukehren. 26es kommt deshalb nicht mehr entscheidend darauf an, ob sich der kläger im zeitraum vom 15. märz 2013 bis zum 5. juli 2013 erneut fast vier monate im irak aufgehalten hat. hierfür sprechen das in seinem reiseausweis befindliche türkische transitvisum sowie die ein- und ausreisestempel des türkisch-irakischen grenzübergangs habur kara sinir kapisi. der kläger konnte diese stempel in der mündlichen verhandlung nicht erklären. sein vortrag, er habe sich nur in diyarbakir mit seiner ehefrau getroffen und danach einige zeit in istanbul verbracht, erscheint damit kaum glaubhaft. dies muss aber nach den obigen ausführungen nicht abschließend entschieden werden. 27rechtliche grundlage für die aufforderung zur abgabe des anerkennungsbescheides des bundesamtes sowie des reiseausweises für flüchtlinge ist § 72 abs. 2 asylvfg. diese aufforderung hat sich auch nicht insoweit erledigt, als der kläger seinen reiseausweis für flüchtlinge bereits bei der ausländerbehörde abgegeben hat. die freiwillige erfüllung einer durch verwaltungsakt auferlegten verpflichtung zur vermeidung von zwangsmaßnahmen führt grundsätzlich nicht zur erledigung. 28vgl. bverwg, urteil vom 3. juni 1983 – 8 c 43/81 –, juris rn. 18. 29die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo, § 83b asylvfg. 30die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, § 711 zpo.
Verklagte*r
0
126,679
7 D 130/14.NE
2016-01-27T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bebauungsplan Nr. 60539/04 H. Straße in L. -F. /B. der Stadt L. ist unwirksam. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Antragstellerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Antragstellerin wendet sich gegen einen Bebauungsplan, der eine denkmalgeschützte Hofanlage mit umliegenden Grünflächen sowie angrenzende Wohnbebauung im L1. Ortsteil F. überplant. 3Die Antragstellerin ist u. a. Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung F. , Flur 13, Flurstück 727. Das Grundstück liegt im Gebiet des angegriffenen Bebau-ungsplans. Auf dem etwa 80x80 m großen Grundstück befindet sich eine Grünfläche mit altem Baumbestand. Diese Fläche wurde in der Vergangenheit als Schafweide bzw. Weidefläche für Schweine genutzt. Auf dem nördlich angren-zenden Flurstück 167 befindet sich der denkmalgeschützte X. , der gegenwärtig durch einen Garten- und Landschaftsbaubetrieb und zu Wohnzwecken genutzt wird. Nördlich des X1. befindet sich im Plangebiet Wohnbebauung, teils mit Einzelhandelsnutzungen in den Erdgeschossen. Das etwa 2 ha große Plangebiet liegt in L. -F. im Geviert der H. Straße im Westen, der G.-------straße im Norden, der X2.-----straße im Osten und der D.--------straße im Süden. In der Umgebung des Plangebiets überwiegen Wohnnutzungen, ferner gibt es einzelne landwirtschaftlich genutzte Flächen, zwei Kirchen, ein Feuerwehrgebäude, einen Kindergarten und einen noch nicht großflächigen Lebensmittelmarkt. Der Flächennutzungsplan enthält für das Plangebiet die Darstellung einer Wohnbaufläche. 4Der Bebauungsplan setzt u. a. folgendes fest: Im südlichen Teil wird eine etwa 80x80 m große private Grünfläche ausgewiesen. Nördlich davon wird eine Fläche von etwa 80x100 m, in der der X. liegt, als Dorfgebiet ausgewiesen. Im Dorfgebiet sind die nach § 5 Abs. 3 BauNVO vorgesehenen Ausnahmen nicht Bestandteil des Plans, ferner sind die nach § 5 Abs. 2 Nr. 9 BauNVO allgemein zulässigen Tankstellen ausgeschlossen; zudem werden Baugrenzen, Geschosszahlen, Dachformen und eine Grundflächenzahl von 0,4 festgesetzt, die im Wesentlichen den Baubestand festschreiben. In dem Dorfgebiet und dem Bereich der privaten Grünfläche werden zahlreiche, überwiegend straßennah stehende Bäume als zu erhaltende Bäume festgesetzt. Die nördlich angrenzende Bebauung auf einer Fläche von etwa 80x50 m Größe wird als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen. Im allgemeinen Wohngebiet sind die nach § 4 Abs. 3 BauNVO vorgesehenen Ausnahmen nicht Bestandteil des Plans. Die das Gebiet umgreifenden Straßen werden als öffentliche Verkehrsflächen ausgewiesen. Der Plan trifft eine textliche Festsetzung zum Schallschutz, nach der gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB passive Schallschutzmaßnahmen entsprechend den in der Planzeichnung dargestellten Lärmpegelbereichen an den Außenbauteilen von Aufenthaltsräumen nach DIN 4109 (Schallschutz im Hochbau/Ausgabe 1989) zu treffen und Schlaf- und Kinderzimmer mit fensterunabhängigen Schalldämmlüftern auszurüsten sind. Die Lärmpegelbereiche werden durch innerhalb des Gebiets verlaufende dünne blaue gestrichelte Linien abgegrenzt. Nach einer weiteren textlichen Festsetzung ist die Minderung der zu treffenden Schallschutzmaßnahmen im Einzelfall zulässig, wenn im Baugenehmigungsverfahren anhand einer schalltechnischen Untersuchung geringere Anforderungen an den Schallschutz nachgewiesen werden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Planfestsetzungen wird auf die Planurkunde verwiesen. 5Das Aufstellungsverfahren für den Bebauungsplan nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf: Der Stadtentwicklungsausschuss des Rats der Antragsgegnerin beschloss am 19.5.2011 die Aufstellung des Bebauungsplans. Am 14.11.2013 beschloss er weiterhin die Aufstellung im Verfahren gemäß § 13 BauGB ohne Durchführung einer Umweltprüfung und die öffentliche Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB. Nach entsprechender Bekanntmachung des Termins im Amtlichen Mitteilungsblatt der Stadt L. ‑ Amtsblatt - vom 8.1.2014 erfolgte die öffentliche Auslegung des Planentwurfs einschließlich der Begründung. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass der Plan im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB aufgestellt und von einer Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB abgesehen werde. Die Antragstellerin wandte mit Schreiben vom 27.1.2014 im Wesentlichen ein, die Festsetzung der privaten Grünfläche widerspreche der geplanten Ansiedlung eines Lebensmittelverbrauchermarkts, ferner widerspreche die Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung und der Baugrenzen ihren Interessen. Der Rat beschloss am 8.4.2014 den Bebauungsplan mit Begründung als Satzung. In der Begründung heißt es u. a.: Städtebauliches Ziel der Planung sei die Erhaltung des historischen Ortskerns von L. -F. mit seiner ortsbildprägenden Bau- und Freiflächenstruktur. Planungsrechtlich gelte im gesamten Gebiet aufgrund seiner Lage im unbeplanten Innenbereich § 34 BauGB, mit der Aufstellung des Plans werde die zulässige Nutzung in seinem Geltungsbereich eindeutig vorgegeben und im Vergleich zu § 34 BauGB reduziert. Ferner wurde ein Beschluss über die Auswertung der in der Offenlage eingegangenen Stellungnahmen gefasst. Die öffentliche Bekanntmachung des Bebauungsplans erfolgte im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 7.5.2014. 6Am 9.12.2014 hat die Antragstellerin den Normenkontrollantrag gestellt. 7Sie trägt zur Begründung unter anderem vor: Der Antrag sei zulässig. Sie sei als Grundstückseigentümerin insbesondere antragsbefugt. 8Der Antrag sei auch in der Sache begründet. Der Plan sei insgesamt unwirksam. 9Ein formeller Mangel liege in dem fehlerhaft durchgeführten Verfahren nach § 13 BauGB. Der planungsrechtliche Zulässigkeitsmaßstab werde wesentlich verändert, das habe die Antragsgegnerin auch erkannt, was sich aus der Beschlussvorlage zum Aufstellungs- und Offenlagebeschluss ergebe. Deshalb sei es nicht zulässig gewesen, von der Umweltprüfung, dem Umweltbericht und dem Hinweis auf verfügbare Umweltinformationen abzusehen. Die Planung sei städtebaulich nicht erforderlich. Für die Grünflächenfestsetzung fehle es an übergeordneten städtebaulichen Gesichtspunkten, weil in den westlich angrenzenden Bereichen bis zum G1. ausreichende Grünflächen im Ortsinneren des Ortsteils F. vorhanden seien. Daraus ergebe sich im Übrigen auch ein Abwägungsmangel. Die Festsetzung zu passiven Schallschutzmaßnahmen genüge nicht den Bestimmtheitsanforderungen, weil sich nicht eindeutig erkennen lasse, für welche Bereiche die Lärmpegelbereiche gälten. Materiell liege auch ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot i. S. d. § 1 Abs. 7 BauGB vor. Die Planung schaffe einen Immissionskonflikt zwischen der als Dorfgebiet festgesetzten Hofstelle des X1. und dem durch Festsetzung des allgemeinen Wohngebiets überplanten Bereich der nördlich angrenzenden Bebauung. Die erheblichen Straßenverkehrsimmissionen seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Die Orientierungswerte der DIN 18005 würden an den Wohngebäuden im Bereich X2.-----straße /G.-------straße um bis zu 14 dB(A) überschritten. Die Antragsgegnerin habe sich aber damit begnügt, Lärmpegelbereiche festzusetzen, die für sich gesehen keinen Beitrag zu einer Verbesserung der Verkehrslärmsituation leisteten. Ihr Interesse an einer Nutzung des südlichen Plangebiets durch Einzelhandel sei nicht hinreichend abgewogen worden. Mit Blick auf Art. 14 GG müsse aber ein gesteigertes Augenmerk auf die Eigentümerinteressen und deren Gewichtung gelegt werden, wenn - wie hier - ein konkreter Einzelhandelsansiedlungswunsch vorliege bzw. den Planungsanlass bilde. Die Antragsgegnerin habe dazu in der Planbegründung nur pauschale Ausführungen gemacht und erklärt, bauliche und wertsteigernde Nutzungsinteressen seitens des Grundbesitzers würden zugunsten der städtebaulichen Zielsetzung zurückgestellt. Entsprechende Rügen übermittelte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 6.5.2014 unmittelbar an die Antragsgegnerin. Ferner trägt die Antragstellerin ergänzend vor, die Dorfgebietsfestsetzung sei fehlerhaft, der überplante Bereich sei nicht als Dorfgebiet im Sinne der Rechtsprechung zu § 5 BauNVO zu werten, es sei auch nicht davon auszugehen, dass sich in diesem Bereich ein solches Gebiet als ländliches Mischgebiet mit den Nutzungsarten Landwirtschaft, Wohnen und Gewerbe entwickeln könne. 10Die Antragstellerin beantragt, 11den Bebauungsplan Nr. 60539/04 H. Straße in L. -F. /B. für unwirksam zu erklären. 12Die Antragsgegnerin beantragt, 13den Antrag abzulehnen. 14Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Der Bebauungsplan weise weder Verfahrens- noch Abwägungsfehler auf. Sie habe den Bebauungsplan im Verfahren gemäß § 13 BauGB erlassen können. Der sich aus der Eigenart der näheren Umgebung ergebende Zulässigkeitsmaßstab für die Errichtung baulicher Anlagen werde nicht wesentlich verändert. Aus Sicht des Gemeinschaftsrechts sei jede Veränderung wesentlich, die zu zusätzlichen erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt führe. Solche Auswirkungen seien bei der vorliegenden Bestandsüberplanung nicht ersichtlich. Unabhängig davon habe der Plan aber auch auf der Grundlage des § 13 a BauGB erlassen werden können. Die städtebauliche Erforderlichkeit sei gegeben. Es seien auch keine Abwägungsfehler gegeben. Eine Planung eines allgemeinen Wohngebiets neben einem Dorfgebiet sei nicht zu beanstanden. Ein Abwägungsfehler liege auch nicht mit Blick auf den Lärmschutz vor. Die Schwelle zur Gesundheitsgefahr von 70 dB (A) tags sei nicht überschritten, deshalb würden städtebauliche Missstände nicht verfestigt. Aktive Lärmschutzmaßnahmen seien nicht möglich gewesen, die Festsetzung von Lärmpegelbereichen sei ein taugliches Mittel, die Festsetzungen zum passiven Lärmschutz griffen bei Erneuerung oder Änderung des Altbestands. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte - auch zu dem eine Voranfrage für eine Einzelhandelsnutzung im südlichen Planbereich betreffenden Verfahren 7 A 590/12 - und der beigezogenen Planaufstellungsvorgänge, sowie der Originalurkunde des Bebauungsplans Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Der Normenkontrollantrag hat Erfolg. 18A. Der Antrag ist zulässig. 19Die Antragstellerin ist insbesondere gemäß § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. 20Antragsbefugt ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO jede natürliche Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt werden zu können. 21Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6.11.2013 - 7 D 16/12.NE -, juris. 22Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, weil eine Verletzung der Eigentümerrechte der Antragstellerin insbesondere durch die Festsetzung eines ihr gehörenden Grundstücks als private Grünfläche in Betracht kommt. 23Der Antrag ist auch fristgerecht gestellt worden. Die Antragstellerin hat den Normenkontrollantrag innerhalb eines Jahres nach der Bekanntmachung des Bebauungsplans gestellt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). 24Die Antragstellerin ist mit ihren Einwendungen nicht gemäß § 47 Abs. 2a VwGO präkludiert. Nach § 47 Abs. 2a VwGO ist der Antrag einer natürlichen Person, der einen Bebauungsplan zum Gegenstand hat, unzulässig, wenn die den Antrag stellende Person nur Einwendungen geltend macht, die sie im Rahmen der öffentlichen Auslegung (§ 3 Abs. 2 BauGB) nicht oder verspätet geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können, und wenn auf diese Rechtsfolge im Rahmen der Beteiligung hingewiesen worden ist. Die Antragstellerin hat während der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs rechtzeitig Einwendungen - u. a. wegen der Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten ihres Grundstücks durch die Festsetzung einer privaten Grünfläche - gegen den Bebauungsplan erhoben. Mit der Antragsschrift hat sie erneut solche Eingriffe in ihre Rechte geltend gemacht. § 47 Abs. 2a VwGO verlangt nur, dass der Antragsteller bei der Planaufstellung überhaupt rechtzeitig Einwendungen erhebt und jedenfalls eine dieser Einwendungen im Normenkontrollverfahren geltend macht. Er ist nicht gehindert, sich im Normenkontrollverfahren auch auf solche Einwendungen zu berufen, die er zuvor nicht geltend gemacht hat. 25Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.3.2010 - 4 CN 3.09 -, BRS 76 Nr. 66 = BauR 2010, 1051. 26B. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. 27Der Bebauungsplan ist insgesamt unwirksam. 28I. Er ist in beachtlicher Weise formell mangelhaft, weil es an einem auf einer Umweltprüfung beruhenden Umweltbericht im Sinne von § 2 a BauGB fehlt. 29Die Voraussetzungen für das hier nach § 13 Abs. 1 BauGB durchgeführte Verfahren lagen nicht vor (dazu 1.), deshalb ist eine erforderliche Umweltprüfung unterblieben und ein Umweltbericht der Satzungsbegründung nicht beigefügt worden (dazu 2.), dieser formelle Mangel ist nicht nach § 214 Abs. 1 BauGB unbeachtlich (dazu 3.), er ist auch nicht nachträglich nach § 215 BauGB unbeachtlich geworden (dazu 4.), eine Umdeutung in einen Plan nach § 13 a BauGB kommt hier nicht in Betracht (dazu 5.). 301. Die Voraussetzungen für die Aufstellung des Bebauungsplans im vereinfachten Verfahren nach § 13 Abs. 1 BauGB waren nicht gegeben. 31Nach § 13 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde auch für die erstmalige Aufstellung eines Bebauungsplans das vereinfachte Verfahren anwenden, wenn sich durch den Plan in einem Gebiet nach § 34 BauGB der sich aus der Eigenart der näheren Umgebung ergebende Zulässigkeitsmaßstab nicht wesentlich verändert und wenn die weiteren Voraussetzungen nach Nr. 1 und Nr. 2 erfüllt sind. Im vereinfachten Verfahren entfällt nach § 13 Abs. 3 BauGB die Pflicht zur Durchführung der Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB und der Umweltbericht nach § 2 a BauGB. Ferner eröffnet § 13 Abs. 2 Satz 1 BauGB die Möglichkeit, von einer frühzeitigen Beteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB und der Erörterung nach § 4 Abs. 1 BauGB abzusehen, zwischen der Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB und einer Beteiligung nur der betroffenen Öffentlichkeit zu wählen sowie anstelle der Beteiligung nach § 4 Abs. 2 BauGB nur den berührten Behörden und Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. 32Hier waren die Voraussetzungen für das vereinfachte Verfahren nicht erfüllt, weil eine Veränderung des Zulässigkeitsmaßstabs nach § 34 BauGB vorlag (dazu a), die auch wesentlich war (dazu b). 33a) Die Aufstellung des Plans betraf ein Gebiet nach § 34 BauGB (dazu aa) und führte zu einer Änderung des Zulässigkeitsmaßstabs (dazu bb). 34aa) Dass es sich bei dem Plangebiet einschließlich der südlichen Grünfläche um ein Gebiet nach § 34 BauGB handelt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. 35Dies entspricht auch der Auffassung des Senats, die auf dem Inhalt der Akten, insbesondere der vorliegenden Fotodokumentation und Luftbildaufnahmen und dem - dem Senat in der Beratung vermittelten - Eindruck des Berichterstatters beruht, der die Örtlichkeit im Verfahren 7 A 590/12 besichtigt hatte. In diesem Verfahren war die Antragsgegnerin beklagt und die einen Vorbescheid für eine Einzelhandelsnutzung im südlichen Plangebiet begehrende Klägerin durch den gleichen Prozessbevollmächtigten vertreten wie die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens. 36bb) Ferner führt der Plan - insbesondere im südlichen Teil des Gebiets - zu einer Veränderung des Zulässigkeitsmaßstabs. Dies ergibt sich schon aus den entsprechenden Ausführungen in der Planbegründung (vgl. Seite 1) und der Begründung des Aufstellungs- und Offenlagebeschlusses, wie die Antragstellerin näher dargelegt hat. Eine bis dahin mögliche Bebauung der südlichen Grünfläche wird durch den Plan generell ausgeschlossen. 37b) Diese Änderung des Zulässigkeitsmaßstabs ist auch wesentlich. 38Soweit der aus der vorhandenen Eigenart der näheren Umgebung abzuleitende Zulässigkeitsmaßstab für die Anwendbarkeit des vereinfachten Verfahrens gemäß § 13 Abs. 1 2. Variante BauGB nicht wesentlich verändert werden darf, heißt dies, dass es nicht wie für die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 34 BauGB auf ein Einfügen ankommt, vielmehr kann der Zulässigkeitsmaßstab durchaus überschritten werden. Was eine wesentliche Überschreitung des Zulässigkeitsmaßstabs ist, lässt sich, wie bei den Grundzügen der Planung, nur anhand des Einzelfalls konkretisieren. Maßgeblich ist letztlich, ob die Überschreitung des Zulässigkeitsrahmens Verschiebungen des durch die vorhandenen baulichen Nutzungen geprägten bodenrechtlichen Interessengeflechts auslösen würde. Da in einem Gebiet, dessen Nutzung bislang durch die Planersatzregelung des § 34 Abs. 1 BauGB gesteuert wurde, nicht an die Grundzüge einer Planung, sondern nur an den durch die vorhandene Bebauung geprägten Nutzungsrahmen angeknüpft werden kann, ist auf diesen zur Bestimmung der Geringfügigkeit bzw. Unwesentlichkeit der durch die erstmalige Aufstellung eines Bebauungsplans im vereinfachten Verfahren herbeizuführenden Veränderungen abzustellen. 39Vgl. etwa Spannowsky, in Berliner Kommentar zum BauGB, § 13 Rn. 23; Jaeger, in Spannowsky/Uechtritz, BauGB, Kommentar, 2. Aufl. 2014, § 13 Rn. 21. 40Gemessen daran unterliegt es keinem Zweifel, dass hier von einer wesentlichen Änderung des Zulässigkeitsmaßstabs auszugehen war. Durch die Festsetzung der Grünfläche im südlichen Plangebiet wurde die bis dahin gegebene grundsätzliche Bebaubarkeit eines erheblichen Teils der überplanten Fläche ausgeschlossen. 41Der Einwand der Antragsgegnerin, die Wesentlichkeit sei nur mit Blick auf zusätzliche erhebliche Umweltauswirkungen zu bestimmen, greift nicht durch. Wesentliche Veränderungen des Zulässigkeitsmaßstabs im Sinne von § 13 Abs. 1 BauGB liegen zwar mit Blick auf die Vorgaben des Unionsrechts gemäß der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27.6.2001 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 197/30) - Plan-UP-Richtline - grundsätzlich vor, wenn der Plan zu erheblichen Umweltauswirkungen führt. 42Vgl. Gierke, in: Brügelmann, Kommentar zum BauGB, § 13 Rn. 63, 64. 43Dies ist indes nicht in einem abschließenden Sinne zu verstehen. Das ergibt sich schon daraus, dass die unionsrechtlichen Voraussetzungen - insbesondere mit Blick auf Umweltprüfung und Umweltbericht - schon durch § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB gewährleistet werden, die mit zusätzlichen erheblichen Umweltauswirkungen verbundene Planungen im vereinfachten Verfahren ohne Umweltprüfung ausschließen. 44Vgl. Krautzberger, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 13 Rn. 18b (Bearb. August 2013). 45Gegen die Auffassung der Antragsgegnerin spricht ferner, dass bei (zutreffender) Anwendung des vereinfachten Verfahrens nicht nur die Erforderlichkeit der Umweltprüfung und des Umweltberichts entfällt, sondern auch die Beteiligung der Öffentlichkeit gegenüber den Anforderungen nach § 3 Abs. 2 BauGB eingeschränkt werden kann. Eine solche Beschränkung hat keinen Bezug zu der Frage, ob der Plan zu zusätzlichen erheblichen Umweltauswirkungen führt. Eine solche Beschränkung ist vielmehr nur dann gerechtfertigt, wenn auch mit Blick auf anderweitige Belange von einer nur unwesentlichen Veränderung des planungsrechtlichen Zulässigkeitsmaßstabs ausgegangen werden kann. 462. Infolge dieser fehlerhaften Verfahrenswahl greift § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht ein und ist die nach § 2 Abs. 4 BauGB erforderliche Umweltprüfung unterblieben sowie der nach § 2 a BauGB erforderliche Umweltbericht auf der Grundlage der Umweltprüfung nicht als Teil der Satzungsbegründung erstellt worden. 473. Dieser Fehler war nicht von vornherein nach der maßgeblichen Planerhaltungsvorschrift des § 214 BauGB unbeachtlich. 48a) Allerdings ist die fehlerhafte Wahl des vereinfachten Verfahrens als solche nicht als Fehler beachtlich. Nach § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des Baugesetzbuchs für die Rechtswirksamkeit der Satzungen nach dem Baugesetzbuch nur beachtlich, wenn ein in den Nummern 1-4 bezeichneter Fehler vorliegt und dieser Fehler nicht von einer der sogenannten internen Unbeachtlichkeitsklauseln erfasst wird. Der Katalog der beachtlichen Verfahrens- und Formvorschriften in den Nummern 1-4 ist abschließend. § 13 BauGB ist eine Verfahrensvorschrift im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB, ihre Verletzung wird nicht als beachtlich bezeichnet. 49Vgl. BVerwG, Urteil vom 4.8.2009 - 4 CN 4.08 -BRS 74 Nr. 34 = BauR 2009, 1862; OVG NRW, Urteil vom 19.5.2015 - 10 D 62/12.NE -, BauR 2015, 1612. 50b) Dies lässt aber die Beachtlichkeit weiterer Mängel - etwa das Fehlen der Umweltprüfung und des Umweltberichts - grundsätzlich unberührt. Führt eine zu Unrecht erfolgte Anwendung des vereinfachten Verfahrens zu weiteren Verfahrensfehlern, ist deren Beachtlichkeit ihrerseits nach § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu beurteilen. Dass sie auf eine Verletzung des § 13 BauGB zurückgehen, führt nur dann zu ihrer Unbeachtlichkeit, wenn das Gesetz dies - wie etwa in der internen Unbeachtlichkeitsklausel des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 BauGB geschehen - bestimmt. 51Vgl. BVerwG, Urteil vom 4.8.2009 - 4 CN 4.08 -, BRS 74 Nr. 34 = BauR 2009, 1862. 52c) Diese interne Unbeachtlichkeitsklausel ist hier zwar grundsätzlich anwendbar, es fehlt aber an der Voraussetzung, dass die Gemeinde im Sinne dieser Bestimmung „verkannt“ hat, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens nicht vorlagen. 53Die interne Unbeachtlichkeitsklausel nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB ist entsprechend anzuwenden, wenn die Gemeinde „verkannt“ hat, dass die Änderung oder Ergänzung eines Plans die Grundzüge der Planung berührt, und infolgedessen auch die Vorschriften über die Begründung der Bauleitpläne verletzt worden sind, dies gilt aber nur, wenn die Durchführung einer Umweltprüfung nicht gemeinschaftsrechtlich geboten war. 54Vgl. BVerwG, Urteil vom 4.8.2009 - 4 CN 4.08 -, BRS 74 Nr. 34 = BauR 2009, 1862. 55Dies gilt entsprechend, wenn es nicht um § 13 Abs. 1 Variante 1 BauGB (Änderung eines Plans ohne Berührung der Grundzüge der Planung) geht, sondern um die vorliegende Konstellation der erstmaligen Aufstellung eines Plans (§ 13 Abs. 1 Variante 2 BauGB). 56Eine entsprechende Anwendung der genannten internen Unbeachtlichkeitsklau-seln ist nur möglich, wenn die planende Gemeinde die Voraussetzungen „verkannt“ hat. Verkannt hat sie die Anforderungen des § 13 Abs. 1 BauGB, wenn sie die Voraussetzungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen fehlerhaft beurteilt; ein bewusster bzw. bösgläubiger Verstoß bleibt aber beachtlich. 57Vgl. BVerwG, Urteil vom 4.8.2009 - 4 CN 4.08 -, BRS 74 Nr. 34 = BauR 2009, 1862; sowie Uechtritz, in Uechtritz/Spannowsky, BauGB, 2. Aufl., § 214 Rn. 48 m. w. N. 58So liegt der Fall hier. Aus den von der Antragstellerin aufgezeigten Ausführungen in der Beschlussvorlage zum Aufstellungs- und Offenlagebeschluss ergibt sich, dass der Antragsgegnerin bewusst war, dass der Plan dazu führen würde, dass bislang nach § 34 BauGB zulässige bauliche Nutzungen des südlichen Plangebiets durch die Planung ausgeschlossen würden. Dies war zudem auch Anlass für die Planung, die an die ursprüngliche Voranfrage für eine Einzelhandelsansiedlung auf dem Grundstück der Antragstellerin anknüpfte. Für die Annahme einer „Bösgläubigkeit“ d. h. einer Verneinung eines „Verkennens“ im Sinne von 59§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB, ist es unter den vorliegenden Umständen nicht erforderlich, dass sich aus den Aufstellungsvorgängen ausdrücklich ergibt, dass der Antragsgegnerin bewusst war, dass sie das falsche Verfahren gewählt hatte. Es reicht aus, dass die maßgeblichen Tatsachen bekannt waren und sich bei anzunehmender Rechtskenntnis der planenden Gemeinde - wie hier - der Schluss aufdrängte, dass das Verfahren nach § 13 Abs. 1 BauGB nicht das richtige war. Dass es hier im Rechtssinne nicht um eine nur unwesentliche Änderung ging, lag auch für die Antragsgegnerin auf der Hand. Dass die Antragsgegnerin bei dieser Sachlage die einschränkenden Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 BauGB übersehen haben könnte, hält der Senat nicht für überzeugend. 604. Der Fehler ist auch nicht nachträglich gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 BauGB unbeachtlich geworden. Nach dieser Bestimmung werden beachtliche Verletzungen der in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-3 BauGB bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. 61Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Die Antragstellerin hat den in Rede stehenden Mangel noch rechtzeitig gerügt. Die Frist endete am 7.5.2015. An diesem Tag lag bei der Antragsgegnerin eine ordnungsgemäße Rüge vor, mit der insbesondere auch der oben aufgezeigte Verfahrensmangel mit zutreffender Stoßrichtung hinreichend geltend gemacht wurde. 625. Eine andere Beurteilung rechtfertigt auch nicht die Erwägung der Antragsgegnerin, der nach § 13 Abs. 1 BauGB erlassene Bebauungsplan könne im Wege der Umdeutung in einen Bebauungsplan der Innenentwicklung nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB aufrechterhalten werden. 63Dagegen spricht bereits, dass der hier streitige Plan nicht die verfahrensrechtlichen Anforderungen des § 13 a BauGB erfüllt. So fordert § 13 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB für den Fall des so genannten kleinen Bebauungsplans nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB ortsüblich bekannt zu machen, dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB aufgestellt werden soll. Diese Vorschrift sichert die Verfahrenstransparenz und trägt der Vorgabe des Art. 3 Abs. 7 der Plan-UP-Richtlinie Rechnung. 64Vgl. Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage, § 13 a Rn. 18. 65Eine solche Bekanntmachung ist hier nicht erfolgt. Dass dieser Verfahrensverstoß nach § 214 Abs. 2 a Nr. 2 BauGB für sich betrachtet unbeachtlich wäre, ändert nichts an dem Befund, dass die verfahrensrechtlichen Anforderungen des 66§ 13 a BauGB nicht erfüllt sind, sondern setzt dies vielmehr voraus. 67Ferner ist in Rechnung zu stellen, dass der Gesetzgeber für das beschleunigte Verfahren in § 13 a Abs. 2 Nr. 3 BauGB eine besondere Abwägungsdirektive normiert hat, indem er dem Plangeber vorgibt, im beschleunigten Verfahren einem Bedarf an Investitionen zur Erhaltung, Sicherung, und Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum oder zur Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben in der Abwägung in angemessener Weise Rechnung zu tragen. Diese Gesichtspunkte gehören zwar auch sonst zu den abwägungsrelevanten städtebaulichen Belangen. Sie werden aber durch die genannte Vorschrift im Hinblick auf die Zielrichtung des beschleunigten Verfahrens dem Plangeber in besonderer Weise vor Augen geführt. Das gesetzgeberische Ziel, den Abwägungsprozess auf diesem Weg im Hinblick auf das städtebauliche Ziel „Innenentwicklung“ besonders zu sichern, kann aber nur erreicht werden, wenn der Plangeber von vornherein erkennt, dass er im beschleunigten Verfahren tätig ist. Im Übrigen dürfte auch die Unterschiedlichkeit der jeweiligen Fehlerfolgenregelungen nach § 214 Abs. 1 BauGB bzw. § 214 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit der ergänzenden Regelung in § 214 Abs. 2 a BauGB gegen die von der Antragsgegnerin behauptete Umdeutungsmöglichkeit sprechen. 68Vgl. dazu auch BayVGH, Urteil vom 24.9.2015 - 9 N 12.2303 -, juris. 69II. Danach bedarf es keiner abschließenden Prüfung der weiteren Einwände der Antragstellerin gegen den Plan. Dies betrifft insbesondere die Frage, ob die Festsetzung des Dorfgebiets wirksam ist - eine land- oder forstwirtschaftliche Nutzung ist dort weder aktuell gegeben noch den Umständen nach absehbar - und ob hinsichtlich der Grünflächenfestsetzung die Eigentümerbelange hinreichend abgewogen worden sind. 70Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO und den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
der bebauungsplan nr. 60539/04 h. straße in l. -f. /b. der stadt l. ist unwirksam. die antragsgegnerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die antragsgegnerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die antragstellerin zuvor sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die antragstellerin wendet sich gegen einen bebauungsplan, der eine denkmalgeschützte hofanlage mit umliegenden grünflächen sowie angrenzende wohnbebauung im l1. ortsteil f. überplant. 3die antragstellerin ist u. a. eigentümerin des grundstücks gemarkung f. , flur 13, flurstück 727. das grundstück liegt im gebiet des angegriffenen bebau-ungsplans. auf dem etwa 80x80 m großen grundstück befindet sich eine grünfläche mit altem baumbestand. diese fläche wurde in der vergangenheit als schafweide bzw. weidefläche für schweine genutzt. auf dem nördlich angren-zenden flurstück 167 befindet sich der denkmalgeschützte x. , der gegenwärtig durch einen garten- und landschaftsbaubetrieb und zu wohnzwecken genutzt wird. nördlich des x1. befindet sich im plangebiet wohnbebauung, teils mit einzelhandelsnutzungen in den erdgeschossen. das etwa 2 ha große plangebiet liegt in l. -f. im geviert der h. straße im westen, der g.-------straße im norden, der x2.-----straße im osten und der d.--------straße im süden. in der umgebung des plangebiets überwiegen wohnnutzungen, ferner gibt es einzelne landwirtschaftlich genutzte flächen, zwei kirchen, ein feuerwehrgebäude, einen kindergarten und einen noch nicht großflächigen lebensmittelmarkt. der flächennutzungsplan enthält für das plangebiet die darstellung einer wohnbaufläche. 4der bebauungsplan setzt u. a. folgendes fest: im südlichen teil wird eine etwa 80x80 m große private grünfläche ausgewiesen. nördlich davon wird eine fläche von etwa 80x100 m, in der der x. liegt, als dorfgebiet ausgewiesen. im dorfgebiet sind die nach § 5 abs. 3 baunvo vorgesehenen ausnahmen nicht bestandteil des plans, ferner sind die nach § 5 abs. 2 nr. 9 baunvo allgemein zulässigen tankstellen ausgeschlossen; zudem werden baugrenzen, geschosszahlen, dachformen und eine grundflächenzahl von 0,4 festgesetzt, die im wesentlichen den baubestand festschreiben. in dem dorfgebiet und dem bereich der privaten grünfläche werden zahlreiche, überwiegend straßennah stehende bäume als zu erhaltende bäume festgesetzt. die nördlich angrenzende bebauung auf einer fläche von etwa 80x50 m größe wird als allgemeines wohngebiet ausgewiesen. im allgemeinen wohngebiet sind die nach § 4 abs. 3 baunvo vorgesehenen ausnahmen nicht bestandteil des plans. die das gebiet umgreifenden straßen werden als öffentliche verkehrsflächen ausgewiesen. der plan trifft eine textliche festsetzung zum schallschutz, nach der gemäß § 9 abs. 1 nr. 24 baugb passive schallschutzmaßnahmen entsprechend den in der planzeichnung dargestellten lärmpegelbereichen an den außenbauteilen von aufenthaltsräumen nach din 4109 (schallschutz im hochbau/ausgabe 1989) zu treffen und schlaf- und kinderzimmer mit fensterunabhängigen schalldämmlüftern auszurüsten sind. die lärmpegelbereiche werden durch innerhalb des gebiets verlaufende dünne blaue gestrichelte linien abgegrenzt. nach einer weiteren textlichen festsetzung ist die minderung der zu treffenden schallschutzmaßnahmen im einzelfall zulässig, wenn im baugenehmigungsverfahren anhand einer schalltechnischen untersuchung geringere anforderungen an den schallschutz nachgewiesen werden. wegen der weiteren einzelheiten der planfestsetzungen wird auf die planurkunde verwiesen. 5das aufstellungsverfahren für den bebauungsplan nahm im wesentlichen folgenden verlauf: der stadtentwicklungsausschuss des rats der antragsgegnerin beschloss am 19.5.2011 die aufstellung des bebauungsplans. am 14.11.2013 beschloss er weiterhin die aufstellung im verfahren gemäß § 13 baugb ohne durchführung einer umweltprüfung und die öffentliche auslegung gemäß § 3 abs. 2 baugb. nach entsprechender bekanntmachung des termins im amtlichen mitteilungsblatt der stadt l. ‑ amtsblatt - vom 8.1.2014 erfolgte die öffentliche auslegung des planentwurfs einschließlich der begründung. in der bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass der plan im vereinfachten verfahren nach § 13 baugb aufgestellt und von einer umweltprüfung nach § 2 abs. 4 baugb abgesehen werde. die antragstellerin wandte mit schreiben vom 27.1.2014 im wesentlichen ein, die festsetzung der privaten grünfläche widerspreche der geplanten ansiedlung eines lebensmittelverbrauchermarkts, ferner widerspreche die festsetzung des maßes der baulichen nutzung und der baugrenzen ihren interessen. der rat beschloss am 8.4.2014 den bebauungsplan mit begründung als satzung. in der begründung heißt es u. a.: städtebauliches ziel der planung sei die erhaltung des historischen ortskerns von l. -f. mit seiner ortsbildprägenden bau- und freiflächenstruktur. planungsrechtlich gelte im gesamten gebiet aufgrund seiner lage im unbeplanten innenbereich § 34 baugb, mit der aufstellung des plans werde die zulässige nutzung in seinem geltungsbereich eindeutig vorgegeben und im vergleich zu § 34 baugb reduziert. ferner wurde ein beschluss über die auswertung der in der offenlage eingegangenen stellungnahmen gefasst. die öffentliche bekanntmachung des bebauungsplans erfolgte im amtsblatt der antragsgegnerin vom 7.5.2014. 6am 9.12.2014 hat die antragstellerin den normenkontrollantrag gestellt. 7sie trägt zur begründung unter anderem vor: der antrag sei zulässig. sie sei als grundstückseigentümerin insbesondere antragsbefugt. 8der antrag sei auch in der sache begründet. der plan sei insgesamt unwirksam. 9ein formeller mangel liege in dem fehlerhaft durchgeführten verfahren nach § 13 baugb. der planungsrechtliche zulässigkeitsmaßstab werde wesentlich verändert, das habe die antragsgegnerin auch erkannt, was sich aus der beschlussvorlage zum aufstellungs- und offenlagebeschluss ergebe. deshalb sei es nicht zulässig gewesen, von der umweltprüfung, dem umweltbericht und dem hinweis auf verfügbare umweltinformationen abzusehen. die planung sei städtebaulich nicht erforderlich. für die grünflächenfestsetzung fehle es an übergeordneten städtebaulichen gesichtspunkten, weil in den westlich angrenzenden bereichen bis zum g1. ausreichende grünflächen im ortsinneren des ortsteils f. vorhanden seien. daraus ergebe sich im übrigen auch ein abwägungsmangel. die festsetzung zu passiven schallschutzmaßnahmen genüge nicht den bestimmtheitsanforderungen, weil sich nicht eindeutig erkennen lasse, für welche bereiche die lärmpegelbereiche gälten. materiell liege auch ein verstoß gegen das abwägungsgebot i. s. d. § 1 abs. 7 baugb vor. die planung schaffe einen immissionskonflikt zwischen der als dorfgebiet festgesetzten hofstelle des x1. und dem durch festsetzung des allgemeinen wohngebiets überplanten bereich der nördlich angrenzenden bebauung. die erheblichen straßenverkehrsimmissionen seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. die orientierungswerte der din 18005 würden an den wohngebäuden im bereich x2.-----straße /g.-------straße um bis zu 14 db(a) überschritten. die antragsgegnerin habe sich aber damit begnügt, lärmpegelbereiche festzusetzen, die für sich gesehen keinen beitrag zu einer verbesserung der verkehrslärmsituation leisteten. ihr interesse an einer nutzung des südlichen plangebiets durch einzelhandel sei nicht hinreichend abgewogen worden. mit blick auf art. 14 gg müsse aber ein gesteigertes augenmerk auf die eigentümerinteressen und deren gewichtung gelegt werden, wenn - wie hier - ein konkreter einzelhandelsansiedlungswunsch vorliege bzw. den planungsanlass bilde. die antragsgegnerin habe dazu in der planbegründung nur pauschale ausführungen gemacht und erklärt, bauliche und wertsteigernde nutzungsinteressen seitens des grundbesitzers würden zugunsten der städtebaulichen zielsetzung zurückgestellt. entsprechende rügen übermittelte die antragstellerin mit schriftsatz vom 6.5.2014 unmittelbar an die antragsgegnerin. ferner trägt die antragstellerin ergänzend vor, die dorfgebietsfestsetzung sei fehlerhaft, der überplante bereich sei nicht als dorfgebiet im sinne der rechtsprechung zu § 5 baunvo zu werten, es sei auch nicht davon auszugehen, dass sich in diesem bereich ein solches gebiet als ländliches mischgebiet mit den nutzungsarten landwirtschaft, wohnen und gewerbe entwickeln könne. 10die antragstellerin beantragt, 11den bebauungsplan nr. 60539/04 h. straße in l. -f. /b. für unwirksam zu erklären. 12die antragsgegnerin beantragt, 13den antrag abzulehnen. 14zur begründung führt sie im wesentlichen aus: der bebauungsplan weise weder verfahrens- noch abwägungsfehler auf. sie habe den bebauungsplan im verfahren gemäß § 13 baugb erlassen können. der sich aus der eigenart der näheren umgebung ergebende zulässigkeitsmaßstab für die errichtung baulicher anlagen werde nicht wesentlich verändert. aus sicht des gemeinschaftsrechts sei jede veränderung wesentlich, die zu zusätzlichen erheblichen auswirkungen auf die umwelt führe. solche auswirkungen seien bei der vorliegenden bestandsüberplanung nicht ersichtlich. unabhängig davon habe der plan aber auch auf der grundlage des § 13 a baugb erlassen werden können. die städtebauliche erforderlichkeit sei gegeben. es seien auch keine abwägungsfehler gegeben. eine planung eines allgemeinen wohngebiets neben einem dorfgebiet sei nicht zu beanstanden. ein abwägungsfehler liege auch nicht mit blick auf den lärmschutz vor. die schwelle zur gesundheitsgefahr von 70 db (a) tags sei nicht überschritten, deshalb würden städtebauliche missstände nicht verfestigt. aktive lärmschutzmaßnahmen seien nicht möglich gewesen, die festsetzung von lärmpegelbereichen sei ein taugliches mittel, die festsetzungen zum passiven lärmschutz griffen bei erneuerung oder änderung des altbestands. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte - auch zu dem eine voranfrage für eine einzelhandelsnutzung im südlichen planbereich betreffenden verfahren 7 a 590/12 - und der beigezogenen planaufstellungsvorgänge, sowie der originalurkunde des bebauungsplans bezug genommen. 16
17der normenkontrollantrag hat erfolg. 18a. der antrag ist zulässig. 19die antragstellerin ist insbesondere gemäß § 47 abs. 2 vwgo antragsbefugt. 20antragsbefugt ist nach § 47 abs. 2 satz 1 vwgo jede natürliche person, die geltend macht, durch die rechtsvorschrift oder deren anwendung in ihren rechten verletzt zu sein oder in absehbarer zeit verletzt werden zu können. 21vgl. ovg nrw, urteil vom 6.11.2013 - 7 d 16/12.ne -, juris. 22diese voraussetzung ist hier erfüllt, weil eine verletzung der eigentümerrechte der antragstellerin insbesondere durch die festsetzung eines ihr gehörenden grundstücks als private grünfläche in betracht kommt. 23der antrag ist auch fristgerecht gestellt worden. die antragstellerin hat den normenkontrollantrag innerhalb eines jahres nach der bekanntmachung des bebauungsplans gestellt (§ 47 abs. 2 satz 1 vwgo). 24die antragstellerin ist mit ihren einwendungen nicht gemäß § 47 abs. 2a vwgo präkludiert. nach § 47 abs. 2a vwgo ist der antrag einer natürlichen person, der einen bebauungsplan zum gegenstand hat, unzulässig, wenn die den antrag stellende person nur einwendungen geltend macht, die sie im rahmen der öffentlichen auslegung (§ 3 abs. 2 baugb) nicht oder verspätet geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können, und wenn auf diese rechtsfolge im rahmen der beteiligung hingewiesen worden ist. die antragstellerin hat während der öffentlichen auslegung des planentwurfs rechtzeitig einwendungen - u. a. wegen der beeinträchtigung der nutzungsmöglichkeiten ihres grundstücks durch die festsetzung einer privaten grünfläche - gegen den bebauungsplan erhoben. mit der antragsschrift hat sie erneut solche eingriffe in ihre rechte geltend gemacht. § 47 abs. 2a vwgo verlangt nur, dass der antragsteller bei der planaufstellung überhaupt rechtzeitig einwendungen erhebt und jedenfalls eine dieser einwendungen im normenkontrollverfahren geltend macht. er ist nicht gehindert, sich im normenkontrollverfahren auch auf solche einwendungen zu berufen, die er zuvor nicht geltend gemacht hat. 25vgl. bverwg, urteil vom 24.3.2010 - 4 cn 3.09 -, brs 76 nr. 66 = baur 2010, 1051. 26b. der normenkontrollantrag ist auch begründet. 27der bebauungsplan ist insgesamt unwirksam. 28i. er ist in beachtlicher weise formell mangelhaft, weil es an einem auf einer umweltprüfung beruhenden umweltbericht im sinne von § 2 a baugb fehlt. 29die voraussetzungen für das hier nach § 13 abs. 1 baugb durchgeführte verfahren lagen nicht vor (dazu 1.), deshalb ist eine erforderliche umweltprüfung unterblieben und ein umweltbericht der satzungsbegründung nicht beigefügt worden (dazu 2.), dieser formelle mangel ist nicht nach § 214 abs. 1 baugb unbeachtlich (dazu 3.), er ist auch nicht nachträglich nach § 215 baugb unbeachtlich geworden (dazu 4.), eine umdeutung in einen plan nach § 13 a baugb kommt hier nicht in betracht (dazu 5.). 301. die voraussetzungen für die aufstellung des bebauungsplans im vereinfachten verfahren nach § 13 abs. 1 baugb waren nicht gegeben. 31nach § 13 abs. 1 baugb kann die gemeinde auch für die erstmalige aufstellung eines bebauungsplans das vereinfachte verfahren anwenden, wenn sich durch den plan in einem gebiet nach § 34 baugb der sich aus der eigenart der näheren umgebung ergebende zulässigkeitsmaßstab nicht wesentlich verändert und wenn die weiteren voraussetzungen nach nr. 1 und nr. 2 erfüllt sind. im vereinfachten verfahren entfällt nach § 13 abs. 3 baugb die pflicht zur durchführung der umweltprüfung nach § 2 abs. 4 baugb und der umweltbericht nach § 2 a baugb. ferner eröffnet § 13 abs. 2 satz 1 baugb die möglichkeit, von einer frühzeitigen beteiligung nach § 3 abs. 1 baugb und der erörterung nach § 4 abs. 1 baugb abzusehen, zwischen der auslegung nach § 3 abs. 2 baugb und einer beteiligung nur der betroffenen öffentlichkeit zu wählen sowie anstelle der beteiligung nach § 4 abs. 2 baugb nur den berührten behörden und trägern öffentlicher belange gelegenheit zur stellungnahme zu geben. 32hier waren die voraussetzungen für das vereinfachte verfahren nicht erfüllt, weil eine veränderung des zulässigkeitsmaßstabs nach § 34 baugb vorlag (dazu a), die auch wesentlich war (dazu b). 33a) die aufstellung des plans betraf ein gebiet nach § 34 baugb (dazu aa) und führte zu einer änderung des zulässigkeitsmaßstabs (dazu bb). 34aa) dass es sich bei dem plangebiet einschließlich der südlichen grünfläche um ein gebiet nach § 34 baugb handelt, ist zwischen den beteiligten unstreitig. 35dies entspricht auch der auffassung des senats, die auf dem inhalt der akten, insbesondere der vorliegenden fotodokumentation und luftbildaufnahmen und dem - dem senat in der beratung vermittelten - eindruck des berichterstatters beruht, der die örtlichkeit im verfahren 7 a 590/12 besichtigt hatte. in diesem verfahren war die antragsgegnerin beklagt und die einen vorbescheid für eine einzelhandelsnutzung im südlichen plangebiet begehrende klägerin durch den gleichen prozessbevollmächtigten vertreten wie die antragstellerin des vorliegenden verfahrens. 36bb) ferner führt der plan - insbesondere im südlichen teil des gebiets - zu einer veränderung des zulässigkeitsmaßstabs. dies ergibt sich schon aus den entsprechenden ausführungen in der planbegründung (vgl. seite 1) und der begründung des aufstellungs- und offenlagebeschlusses, wie die antragstellerin näher dargelegt hat. eine bis dahin mögliche bebauung der südlichen grünfläche wird durch den plan generell ausgeschlossen. 37b) diese änderung des zulässigkeitsmaßstabs ist auch wesentlich. 38soweit der aus der vorhandenen eigenart der näheren umgebung abzuleitende zulässigkeitsmaßstab für die anwendbarkeit des vereinfachten verfahrens gemäß § 13 abs. 1 2. variante baugb nicht wesentlich verändert werden darf, heißt dies, dass es nicht wie für die zulässigkeit von vorhaben nach § 34 baugb auf ein einfügen ankommt, vielmehr kann der zulässigkeitsmaßstab durchaus überschritten werden. was eine wesentliche überschreitung des zulässigkeitsmaßstabs ist, lässt sich, wie bei den grundzügen der planung, nur anhand des einzelfalls konkretisieren. maßgeblich ist letztlich, ob die überschreitung des zulässigkeitsrahmens verschiebungen des durch die vorhandenen baulichen nutzungen geprägten bodenrechtlichen interessengeflechts auslösen würde. da in einem gebiet, dessen nutzung bislang durch die planersatzregelung des § 34 abs. 1 baugb gesteuert wurde, nicht an die grundzüge einer planung, sondern nur an den durch die vorhandene bebauung geprägten nutzungsrahmen angeknüpft werden kann, ist auf diesen zur bestimmung der geringfügigkeit bzw. unwesentlichkeit der durch die erstmalige aufstellung eines bebauungsplans im vereinfachten verfahren herbeizuführenden veränderungen abzustellen. 39vgl. etwa spannowsky, in berliner kommentar zum baugb, § 13 rn. 23; jaeger, in spannowsky/uechtritz, baugb, kommentar, 2. aufl. 2014, § 13 rn. 21. 40gemessen daran unterliegt es keinem zweifel, dass hier von einer wesentlichen änderung des zulässigkeitsmaßstabs auszugehen war. durch die festsetzung der grünfläche im südlichen plangebiet wurde die bis dahin gegebene grundsätzliche bebaubarkeit eines erheblichen teils der überplanten fläche ausgeschlossen. 41der einwand der antragsgegnerin, die wesentlichkeit sei nur mit blick auf zusätzliche erhebliche umweltauswirkungen zu bestimmen, greift nicht durch. wesentliche veränderungen des zulässigkeitsmaßstabs im sinne von § 13 abs. 1 baugb liegen zwar mit blick auf die vorgaben des unionsrechts gemäß der richtlinie 2001/42/eg des europäischen parlamentes und des rates vom 27.6.2001 (amtsblatt der europäischen gemeinschaften l 197/30) - plan-up-richtline - grundsätzlich vor, wenn der plan zu erheblichen umweltauswirkungen führt. 42vgl. gierke, in: brügelmann, kommentar zum baugb, § 13 rn. 63, 64. 43dies ist indes nicht in einem abschließenden sinne zu verstehen. das ergibt sich schon daraus, dass die unionsrechtlichen voraussetzungen - insbesondere mit blick auf umweltprüfung und umweltbericht - schon durch § 13 abs. 1 nr. 1 und 2 baugb gewährleistet werden, die mit zusätzlichen erheblichen umweltauswirkungen verbundene planungen im vereinfachten verfahren ohne umweltprüfung ausschließen. 44vgl. krautzberger, in ernst/zinkahn/bielenberg, baugb, § 13 rn. 18b (bearb. august 2013). 45gegen die auffassung der antragsgegnerin spricht ferner, dass bei (zutreffender) anwendung des vereinfachten verfahrens nicht nur die erforderlichkeit der umweltprüfung und des umweltberichts entfällt, sondern auch die beteiligung der öffentlichkeit gegenüber den anforderungen nach § 3 abs. 2 baugb eingeschränkt werden kann. eine solche beschränkung hat keinen bezug zu der frage, ob der plan zu zusätzlichen erheblichen umweltauswirkungen führt. eine solche beschränkung ist vielmehr nur dann gerechtfertigt, wenn auch mit blick auf anderweitige belange von einer nur unwesentlichen veränderung des planungsrechtlichen zulässigkeitsmaßstabs ausgegangen werden kann. 462. infolge dieser fehlerhaften verfahrenswahl greift § 13 abs. 3 satz 1 baugb nicht ein und ist die nach § 2 abs. 4 baugb erforderliche umweltprüfung unterblieben sowie der nach § 2 a baugb erforderliche umweltbericht auf der grundlage der umweltprüfung nicht als teil der satzungsbegründung erstellt worden. 473. dieser fehler war nicht von vornherein nach der maßgeblichen planerhaltungsvorschrift des § 214 baugb unbeachtlich. 48a) allerdings ist die fehlerhafte wahl des vereinfachten verfahrens als solche nicht als fehler beachtlich. nach § 214 abs. 1 satz 1 baugb ist eine verletzung von verfahrens- und formvorschriften des baugesetzbuchs für die rechtswirksamkeit der satzungen nach dem baugesetzbuch nur beachtlich, wenn ein in den nummern 1-4 bezeichneter fehler vorliegt und dieser fehler nicht von einer der sogenannten internen unbeachtlichkeitsklauseln erfasst wird. der katalog der beachtlichen verfahrens- und formvorschriften in den nummern 1-4 ist abschließend. § 13 baugb ist eine verfahrensvorschrift im sinne des § 214 abs. 1 satz 1 baugb, ihre verletzung wird nicht als beachtlich bezeichnet. 49vgl. bverwg, urteil vom 4.8.2009 - 4 cn 4.08 -brs 74 nr. 34 = baur 2009, 1862; ovg nrw, urteil vom 19.5.2015 - 10 d 62/12.ne -, baur 2015, 1612. 50b) dies lässt aber die beachtlichkeit weiterer mängel - etwa das fehlen der umweltprüfung und des umweltberichts - grundsätzlich unberührt. führt eine zu unrecht erfolgte anwendung des vereinfachten verfahrens zu weiteren verfahrensfehlern, ist deren beachtlichkeit ihrerseits nach § 214 abs. 1 satz 1 baugb zu beurteilen. dass sie auf eine verletzung des § 13 baugb zurückgehen, führt nur dann zu ihrer unbeachtlichkeit, wenn das gesetz dies - wie etwa in der internen unbeachtlichkeitsklausel des § 214 abs. 1 satz 1 nr. 2 halbsatz 2 baugb geschehen - bestimmt. 51vgl. bverwg, urteil vom 4.8.2009 - 4 cn 4.08 -, brs 74 nr. 34 = baur 2009, 1862. 52c) diese interne unbeachtlichkeitsklausel ist hier zwar grundsätzlich anwendbar, es fehlt aber an der voraussetzung, dass die gemeinde im sinne dieser bestimmung „verkannt“ hat, dass die voraussetzungen für die anwendung des vereinfachten verfahrens nicht vorlagen. 53die interne unbeachtlichkeitsklausel nach § 214 abs. 1 satz 1 nr. 2 baugb ist entsprechend anzuwenden, wenn die gemeinde „verkannt“ hat, dass die änderung oder ergänzung eines plans die grundzüge der planung berührt, und infolgedessen auch die vorschriften über die begründung der bauleitpläne verletzt worden sind, dies gilt aber nur, wenn die durchführung einer umweltprüfung nicht gemeinschaftsrechtlich geboten war. 54vgl. bverwg, urteil vom 4.8.2009 - 4 cn 4.08 -, brs 74 nr. 34 = baur 2009, 1862. 55dies gilt entsprechend, wenn es nicht um § 13 abs. 1 variante 1 baugb (änderung eines plans ohne berührung der grundzüge der planung) geht, sondern um die vorliegende konstellation der erstmaligen aufstellung eines plans (§ 13 abs. 1 variante 2 baugb). 56eine entsprechende anwendung der genannten internen unbeachtlichkeitsklau-seln ist nur möglich, wenn die planende gemeinde die voraussetzungen „verkannt“ hat. verkannt hat sie die anforderungen des § 13 abs. 1 baugb, wenn sie die voraussetzungen aus tatsächlichen oder rechtlichen gründen fehlerhaft beurteilt; ein bewusster bzw. bösgläubiger verstoß bleibt aber beachtlich. 57vgl. bverwg, urteil vom 4.8.2009 - 4 cn 4.08 -, brs 74 nr. 34 = baur 2009, 1862; sowie uechtritz, in uechtritz/spannowsky, baugb, 2. aufl., § 214 rn. 48 m. w. n. 58so liegt der fall hier. aus den von der antragstellerin aufgezeigten ausführungen in der beschlussvorlage zum aufstellungs- und offenlagebeschluss ergibt sich, dass der antragsgegnerin bewusst war, dass der plan dazu führen würde, dass bislang nach § 34 baugb zulässige bauliche nutzungen des südlichen plangebiets durch die planung ausgeschlossen würden. dies war zudem auch anlass für die planung, die an die ursprüngliche voranfrage für eine einzelhandelsansiedlung auf dem grundstück der antragstellerin anknüpfte. für die annahme einer „bösgläubigkeit“ d. h. einer verneinung eines „verkennens“ im sinne von 59§ 214 abs. 1 satz 1 nr. 2 baugb, ist es unter den vorliegenden umständen nicht erforderlich, dass sich aus den aufstellungsvorgängen ausdrücklich ergibt, dass der antragsgegnerin bewusst war, dass sie das falsche verfahren gewählt hatte. es reicht aus, dass die maßgeblichen tatsachen bekannt waren und sich bei anzunehmender rechtskenntnis der planenden gemeinde - wie hier - der schluss aufdrängte, dass das verfahren nach § 13 abs. 1 baugb nicht das richtige war. dass es hier im rechtssinne nicht um eine nur unwesentliche änderung ging, lag auch für die antragsgegnerin auf der hand. dass die antragsgegnerin bei dieser sachlage die einschränkenden voraussetzungen des § 13 abs. 1 baugb übersehen haben könnte, hält der senat nicht für überzeugend. 604. der fehler ist auch nicht nachträglich gemäß § 215 abs. 1 satz 1 nr.1 baugb unbeachtlich geworden. nach dieser bestimmung werden beachtliche verletzungen der in § 214 abs. 1 satz 1 nr. 1-3 baugb bezeichneten verfahrens- und formvorschriften unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines jahres seit bekanntmachung der satzung schriftlich gegenüber der gemeinde unter darlegung des die verletzung begründenden sachverhalts geltend gemacht worden sind. 61diese voraussetzung liegt hier nicht vor. die antragstellerin hat den in rede stehenden mangel noch rechtzeitig gerügt. die frist endete am 7.5.2015. an diesem tag lag bei der antragsgegnerin eine ordnungsgemäße rüge vor, mit der insbesondere auch der oben aufgezeigte verfahrensmangel mit zutreffender stoßrichtung hinreichend geltend gemacht wurde. 625. eine andere beurteilung rechtfertigt auch nicht die erwägung der antragsgegnerin, der nach § 13 abs. 1 baugb erlassene bebauungsplan könne im wege der umdeutung in einen bebauungsplan der innenentwicklung nach § 13 a abs. 1 satz 2 nr. 1 baugb aufrechterhalten werden. 63dagegen spricht bereits, dass der hier streitige plan nicht die verfahrensrechtlichen anforderungen des § 13 a baugb erfüllt. so fordert § 13 a abs. 3 satz 1 nr. 1 baugb für den fall des so genannten kleinen bebauungsplans nach § 13 a abs. 1 satz 2 nr. 1 baugb ortsüblich bekannt zu machen, dass der bebauungsplan im beschleunigten verfahren ohne durchführung einer umweltprüfung nach § 2 abs. 4 baugb aufgestellt werden soll. diese vorschrift sichert die verfahrenstransparenz und trägt der vorgabe des art. 3 abs. 7 der plan-up-richtlinie rechnung. 64vgl. battis, in battis/krautzberger/löhr, baugb, 12. auflage, § 13 a rn. 18. 65eine solche bekanntmachung ist hier nicht erfolgt. dass dieser verfahrensverstoß nach § 214 abs. 2 a nr. 2 baugb für sich betrachtet unbeachtlich wäre, ändert nichts an dem befund, dass die verfahrensrechtlichen anforderungen des 66§ 13 a baugb nicht erfüllt sind, sondern setzt dies vielmehr voraus. 67ferner ist in rechnung zu stellen, dass der gesetzgeber für das beschleunigte verfahren in § 13 a abs. 2 nr. 3 baugb eine besondere abwägungsdirektive normiert hat, indem er dem plangeber vorgibt, im beschleunigten verfahren einem bedarf an investitionen zur erhaltung, sicherung, und schaffung von arbeitsplätzen, zur versorgung der bevölkerung mit wohnraum oder zur verwirklichung von infrastrukturvorhaben in der abwägung in angemessener weise rechnung zu tragen. diese gesichtspunkte gehören zwar auch sonst zu den abwägungsrelevanten städtebaulichen belangen. sie werden aber durch die genannte vorschrift im hinblick auf die zielrichtung des beschleunigten verfahrens dem plangeber in besonderer weise vor augen geführt. das gesetzgeberische ziel, den abwägungsprozess auf diesem weg im hinblick auf das städtebauliche ziel „innenentwicklung“ besonders zu sichern, kann aber nur erreicht werden, wenn der plangeber von vornherein erkennt, dass er im beschleunigten verfahren tätig ist. im übrigen dürfte auch die unterschiedlichkeit der jeweiligen fehlerfolgenregelungen nach § 214 abs. 1 baugb bzw. § 214 abs. 1 baugb in verbindung mit der ergänzenden regelung in § 214 abs. 2 a baugb gegen die von der antragsgegnerin behauptete umdeutungsmöglichkeit sprechen. 68vgl. dazu auch bayvgh, urteil vom 24.9.2015 - 9 n 12.2303 -, juris. 69ii. danach bedarf es keiner abschließenden prüfung der weiteren einwände der antragstellerin gegen den plan. dies betrifft insbesondere die frage, ob die festsetzung des dorfgebiets wirksam ist - eine land- oder forstwirtschaftliche nutzung ist dort weder aktuell gegeben noch den umständen nach absehbar - und ob hinsichtlich der grünflächenfestsetzung die eigentümerbelange hinreichend abgewogen worden sind. 70die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo und den §§ 708 nr. 10, 711 zpo. die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen.
Klaeger*in
1
337,688
5 O 134/18
2021-04-22T00:00:00
Urteil
Tenor 1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger zur Insolvenzmasse einen Betrag in Höhe von USD 64.113,87 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. März 2018 zu zahlen. 2. Die Beklagte zu 3) wird ferner verurteilt, an den Kläger aus einem Betrag von USD 64.113,87 weitere Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Zeitraum zwischen dem 03. Juli 2015 und dem 04. April 2017 zu zahlen. 3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner. 4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn Dr. A. B. (im Folgenden: Schuldner). 3Mit der Klage nimmt er die Beklagten zu 1) und 2) auf Schadensersatz in Anspruch. Zu Grunde liegt der von ihnen vorgenommene Einzug einer Forderung des Schuldners auf ein schuldnerfremdes Konto. Die Beklagte zu 3) war Inhaberin des Kontos, auf das der Betrag einging; diese nimmt der Kläger aus Insolvenzanfechtung in Anspruch. 4Das Amtsgericht Bielefeld eröffnete am 03.07.2015 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Zu Grunde lagen Gläubigeranträge vom 23.01. und 05.06.2015 sowie ein Eigenantrag des Schuldners vom 31.03.2015. 5Der Schuldner erlangte in den 90er Jahren sowie zu Beginn des neuen Jahrtausends Bekanntheit durch diverse wirtschaftsleitende Funktionen. So war er von November 1998 bis Juli 2002 Vorstandsvorsitzender der D. AG und von Juni 2004 bis Mai 2005 Aufsichtsratsvorsitzender der N. AG (später: O. AG); von Mai 2005 bis Februar 2009 leitete er die N. AG als Vorstandsvorsitzender. 6Spätestens seit dem Jahr 2000 unterhielt der Schuldner geschäftliche Kontakte zu dem Bankhaus T.AG & Co.KGaA (im Folgenden T.), das ihm und seiner Ehefrau Darlehen im Millionenbereich gewährte. Diese dienten überwiegend der Finanzierung von Grundstücksgesellschaften, aber auch dem direkten Erwerb von Immobilien und weiteren Zwecken. 7Mit Schreiben vom 18.10.2011 forderte das Bankhaus T. den Schuldner und dessen Ehefrau auf, ausgelaufene Kredite in einer Gesamthöhe von 51.740.862,74 Euro (inklusive Zinsen) unverzüglich, spätestens bis zum 20.12.2011 zurückzuführen (Anlage TW2, Bl. 16 d.A.). Weitere, über mehrere Jahre geführte Korrespondenz zwischen dem Schuldner bzw. seinen Vertretern und der T. schloss sich an. Dabei erhob der Schuldner gegenüber dem Bankhaus T. Gegenforderungen, die sich ebenfalls im Millionenbereich bewegten. 8In den Rechtsbeziehungen zum T. sowie allgemein in Vermögensfragen beriet den Schuldner insbesondere der Beklagte zu 1). Dieser ist als Rechtsanwalt und namensgebender Seniorpartner der E. Rechtsanwälte Steuerberater Partnergesellschaft mbB (im Folgenden E.) in Berlin tätig. Er ist ferner Mitglied des Verwaltungsrats der Beklagten zu 3) mit Sitz in W. [Schweiz]. 9Unter dem 28.10.2011 hatte die I.GmbH (I.) Klage gegen den Schuldner erhoben. In diesem Verfahren wurde der Schuldner von dem Beklagten zu 1) vertreten. Das Verfahren wurde mit einem Vergleich vom 21.08.2012 beendet, in dem sich der Schuldner gegenüber der I. zu der Zahlung eines Betrages von EUR 934.000,00 verpflichtete (Anlage TW63, Bl. 2016 ff. d.A.). Die laut dem Vergleich angestrebte weitergehende Gesamtregelung kam nicht zustande. Nachdem der im Vergleich vereinbarte Vollstreckungsaufschub am 30.09.2013 abgelaufen war, leistete der Schuldner auch in der Folge bis zu der Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Zahlung auf den Vergleich. Die I. ließ der E. als Prozessbevollmächtigten des Schuldners am 29.11.2013 eine vollsteckbare Ausfertigung des Vergleichs zustellen. Der Beklagte zu 1) unterzeichnete das Empfangsbekenntnis hierüber am 02.12.2013. 10Die I. beantragte am 17.12.2013 auf der Grundlage des am 21.08.2012 geschlossenen gerichtlichen Vergleichs die Bestimmung eines Termins zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung des Schuldners zur Vermögensauskunft nach § 802c ZPO. 11Am 24.02.2014 erwirkte die I. gegen den Schuldner sodann einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Bielefeld (Anlage TW 68, Bl. 2026 ff. d.A.), welcher der DS 1 GbR sowie der DS 2 GbR, der DS 3 GbR und der DS 4 GbR als Drittschuldnerinnen zugestellt wurde. 12Die My. GbR i.L. (MY.) hatte ebenfalls am 28.10.2011 gegen den Schuldner Klage erhoben. Auch in diesem Rechtsstreit wurde der Schuldner durch die E. und den Beklagten zu 1) anwaltlich vertreten. Der Rechtsstreit endete ebenfalls am 21.08.2012 mit einem gerichtlichen Vergleich 13Der Schuldner verpflichtete sich darin gegenüber der MY. zu der Zahlung eines Betrages von EUR 1.566.000,00, den er jedoch bis zu der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht leistete. Auch in diesem Vergleich war ein Vollstreckungsaufschub bis 30.09.2013 vereinbart worden. Die MY. ließ der E. als Prozessbevollmächtigten des Schuldners am 29.11.2013 eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs zustellen. Der Beklagte zu 1) unterzeichnete auch das Empfangsbekenntnis hierüber am 02.12.2013. 14Die MY. erwirkte am 06.01.2014 gegen den Schuldner einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Bielefeld (Anlage TW 69, Bl. 2036 ff. d.A.), welcher neben der T. und der DS 1 GbR, der DS 2 GbR, der DS 3 GbR, der DS 4 GbR sowie den weiteren Grundstücksgesellschaften DS 5 GbR, DS 6 GbR, DS 7 GbR und DS 8 GbR als Drittschuldnerinnen zugestellt wurde. 15Der Unternehmer P. erwirkte gegen den Schuldner am 19.02.2014 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main, welcher der Commerzbank AG als Drittschuldnerin zugestellt wurde (Anlage TW60, Bl. 2004 ff. d.A.). Dem PfÜB lag eine Hauptforderung i.H.v. 6.970.000,00 Euro zu Grunde zzgl. Zinsen i.H.v. 288.292,76 Euro und Vollstreckungskosten i.H.v. 8.473,64 Euro. Herr P. erlangte aus dieser Pfändung am 03. und 04.04.2014 Drittschuldnerüberweisungen der Commerzbank AG in Höhe von 18.956,78 Euro, 866,56 Euro und 6.991,89 Euro. 16Unter dem 22.03.2014 schlossen der Schuldner und seine Ehefrau mit der Kx. GmbH einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der u.a. in § 1 vorsah, dass die Kx. GmbH die Lebenshaltungskosten des Schuldners und seiner Ehefrau bestreiten sollte. Der Vertrag (Bl. 863 ff. d.A.) wurde von dem Schuldner, der Ehefrau des Schuldners und Herrn Dr. C. als Geschäftsführer der Kx. GmbH unterzeichnet. Herr Dr. C. ist seinerseits auch für die Rechtsanwaltsgesellschaft der Beklagten zu 3) tätig. 17Unter dem 17.06.2014 schlossen sodann die Kx. GmbH und die Beklagte zu 3) einen Treuhandvertrag in deren Rahmen sich die Beklagte zu 3) als Treuhänderin verpflichtete, ein Konto für die Belange der Kx. GmbH einzurichten. Auf die Anlage B5, Bl. 923 ff. d.A. wird Bezug genommen. 18Unter dem 17.06.2014 schlossen der Schuldner und seine Ehefrau, die E. und eine weitere Rechtsanwaltsgesellschaft eine „Vereinbarung zur Honorarsicherung“. In der Vorbemerkung heißt es: 19„(1) Die Rechtsanwaltskanzleien vertreten, beraten und betreuen seit Jahren [den Schuldner] und [seine Ehefrau] in deren sämtlichen Rechtsangelegenheiten. Bedingt durch den Umstand, dass den Eheleuten B. infolge einer umfassenden Geltendmachung eines AGB-Bankenpfandrechts durch das Bankhaus [T.] seit längerem der Zugriff auf große Teile ihres Vermögens verwehrt ist, sind zwischenzeitlich erhebliche Honorarrückstände gegenüber den Rechtsanwaltskanzleien E. und […] aufgelaufen und werden, wie bereits derzeit absehbar, in naher Zukunft weitere Honoraransprüche der Rechtsanwaltskanzleien zur Entstehung gelangen, für welche diese Vorschussleistungen nach § 9 RVG beanspruchen können. 20(2) E. sowie […] haben insoweit in der Vergangenheit noch nicht beglichene anwaltliche Leistungen im Umfang von jeweils mehr als 2.000.000.-€ erbracht.“ 21Am 25.07.2014 gab der Schuldner eine Vermögensauskunft ab. Im Rahmen eines Gerichtstermins vor dem Landgericht Essen im August 2014 wurde bei dem Schuldner eine Uhr gepfändet. 22Am 27.07.2014 gab der Schuldner der Deutschen Presseagentur ein Interview. In diesem erklärte er: 23Frage: „Haben sie noch einen Überblick, wer wieviel Geld von Ihnen verlangt, und wieviel Sie umgekehrt fordern?" 24Schuldner: „Der Unternehmensberater P. verlangt von mir 7,5 Millionen Euro davon sind ca. 2 Millionen Euro durch Sicherheiten von mir abgesichert, mein früherer Vermögensverwalter I. 2,5 Millionen Euro, der O.-Insolvenzverwalter 3,4 Millionen Euro, gegen die aber noch Gegenforderungen von mir bestehen beziehungsweise die über die Managerversicherung abgedeckt sind, und die Bank T. ca. 70 Millionen Euro. Umgekehrt verlange ich über 200 Millionen Euro. Ich glaube, das ist eine noch immer überschaubare Relation." 25Frage: „Noch einmal direkt gefragt: Sind Sie pleite?“ 26Schuldner: „Ganz klare Antwort: Nein. Aber das Problem ist, dass ich an meine Liquidität nicht herankomme. Deshalb muss ich Wege finden, wie ich bestehende Forderungen bedienen kann. Dazu bin ich gerne bereit. Und an der Umsetzung arbeiten wir mit Hochdruck.“ 27Am 14.11.2014 verurteilte das Landgericht Essen den Schuldner wegen Untreue in 27 Fällen sowie wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und erließ Haftbefehl wegen Fluchtgefahr, der sogleich vollstreckt wurde. 28Am 11.12.2014, während der Haft, ermächtigte der Schuldner den Beklagten zu 1) sowie den Beklagten zu 2), seinen ältesten Sohn, per Generalvollmachten zur umfassenden Wahrnehmung seiner wirtschaftlichen und finanziellen Interessen (Anlage TW 3 Bl. 30 ff. d.A.). 29Unter Verwendung dieser Vollmachten vereinbarten die Beklagten zu 1) und 2) mit einem Darlehensnehmer des Schuldners, Herrn U. (Darlehensnehmer), am 19.12.2014 die vorzeitige Rückzahlung einer Darlehensschuld in Höhe von USD 64.113,87. Vereinbarungsgemäß überwies Herr U. den genannten Betrag auf ein Bankkonto bei der Credit Suisse AG, das die Zusatzbezeichnung „Kx. GmbH“ trug und dessen Kontoinhaberin die Beklagte zu 3) war. 30Der Kläger forderte die Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 9.3.2018 auf, den von Herrn U. überwiesenen Betrag in Höhe von 64.113,87 USD bis zum 29.03.2018 an ihn zu zahlen. Das Schreiben ging dem Beklagten zu 1) am 12.3.2018, dem Beklagten zu 2) am 16.3.2018 und der Beklagten zu 3) am 14.3.2018 zu. Die Beklagten wiesen das Zahlungsbegehren jeweils zurück. 31Der Kläger hat zunächst behauptet, die Rückzahlung des Darlehens durch Herrn U. auf das schuldnerfremde Konto der Beklagten zu 3) sei ohne Zustimmung des Schuldners erfolgt und habe seinem Willen und Interesse widersprochen. 32Er ist der Ansicht, durch die Vereinbarung mit Herrn U. hätten die Beklagten zu 1) und 2) den Tatbestand der Untreue (§ 266 StGB) verwirklicht. In diesem Zusammenhang bestreitet der Kläger die Behauptung der Beklagten, der Schuldner und seine Ehefrau hätten sämtliche Vermögensrechte aus privaten oder beruflichen Geschäftsbeziehungen an die Q. GmbH abgetreten und diese GmbH sowie später – ab 2011 – die Kx. GmbH hätten die Lebenshaltungskosten der Eheleute B. als Geschäftsbesorgerin übernommen. Der hierzu vorgelegte Geschäftsbesorgungsvertrag sei tatsächlich erst im Oktober 2014, im Zusammenhang mit einer Drittwiderspruchsklage vor dem Landgericht Bielefeld, geschlossen und auf den 12.5.2011 zurückdatiert worden; er sei als Scheingeschäft nichtig. 33Der Kläger entnimmt dem Vortrag der Beklagten die Behauptung, die Rückzahlung des Darlehens auf das Konto der Beklagten zu 3) sei mit ausdrücklicher Zustimmung des Schuldners erfolgt; diesen Vortrag macht er sich hilfsweise zu Eigen. Er ist der Ansicht, die Beklagten zu 1) und 2) hafteten in diesem Fall auf Grund der Beihilfe zu einem Bankrott, §§ 823 Abs. 2 BGB, 27, 283 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StGB. 34Der Kläger behauptet weiter, der Schuldner sei spätestens seit dem 20.12.2011 zahlungsunfähig gewesen; der Schuldner habe erhebliche fällige Verbindlichkeiten gegenüber dem Bankhaus T., Herrn P. (7,5 Mio. Euro), Herrn I. (2,5 Mio. Euro) sowie dem Insolvenzverwalter der O. AG (3,4 Mio. Euro) gehabt; auch lasse das Verhalten des Schuldners im Jahr 2014 – der Schuldner verließ (insoweit unstreitig) das Gerichtsgebäude am 25.07.2014 über ein rückwärtiges Fenster – auf eine Zahlungsunfähigkeit schließen. 35Der Kläger behauptet, die Beklagten hätten jeweils Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gehabt. 36Gegenüber der Beklagten zu 3) vertritt der Kläger die Ansicht, diese schulde die Rückzahlung des von Herrn U. gezahlten Betrages aus Gründen der Insolvenzanfechtung. Da ein Rechtsgrund für die Überweisung des Betrages auf ihr Konto nicht vorliege, sei sie Empfängerin einer unentgeltlichen Leistung im Sinne von § 134 InsO. Ferner habe die Beklagte zu 3) die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gekannt, auf Grund einer Wissensvermittlung durch den Beklagten zu 1), so dass die Zahlung auch gemäß § 133 InsO anfechtbar sei. 37Der Kläger beantragt, 38die Beklagten zu 1., zu 2. und zu 3. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger zur Insolvenzmasse einen Betrag in Höhe von USD 64.113,87 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. März 2018 zu zahlen; 39die Beklagte zu 3. ferner zu verurteilen, an den Kläger aus einem Betrag von USD 64.113,87 weitere Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Zeitraum zwischen dem 03. Juli 2015 und dem 04. April 2017 zu zahlen. 40Die Beklagten beantragen, 41 die Klage abzuweisen. 42Sie behaupten, die Zahlung der Klagesumme auf das Konto der Beklagten zu 3) sei jedenfalls mit dem mutmaßlichen Einverständnis des Schuldners erfolgt. Sie vertreten die Ansicht, dass das mutmaßliche Einverständnis die Erfüllung des Untreuetatbestandes nach § 266 StGB ausschließe. Im Übrigen hätten sie durch Abschluss der Vereinbarung mit Herrn U. keine – jedenfalls keine gravierende, für die Verwirklichung des § 266 StGB ausreichende – Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Schuldner verletzt. 43Sie behaupten, das Geld sei von Herrn U. auf ein Treuhandkonto der Kx. GmbH überwiesen worden; von diesem Konto seien die Lebenshaltungskosten und sonstigen Kosten des Schuldners und seiner Ehefrau getragen worden. 44In Anbetracht der genannten Umstände, insbesondere der Zahlung der Lebenshaltungskosten und weiterer Kosten auch des Schuldners von dem genannten Treuhandkonto, habe die Vereinbarung mit Herrn U. im Interesse des Schuldners gelegen; dieser sei damit mutmaßlich einverstanden gewesen. Auf Grund der Untersuchungshaft des Schuldners habe man seine ausdrückliche Zustimmung nicht rechtzeitig einholen können; die Vollmachten zu Gunsten der Beklagten zu 1) und 2) seien gerade mit Blick auf diese Situation ausgestellt worden. 45Die Beklagten bestreiten eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zum Zeitpunkt der Darlehensrückzahlung durch Herrn U.. Das Bankhaus T. habe die Rückzahlung der Darlehen von dem Schuldner nicht ernsthaft eingefordert. Es habe während der langdauernden Vergleichsverhandlungen Stundungsabreden und Stillhaltevereinbarungen gegeben. Der Schuldner habe seinerseits erhebliche Einwendungen und Gegenforderungen gegenüber dem Bankhaus T. gehabt. Auch habe das Bankhaus T. weiter zugelassen, dass der Schuldner Zahlungen aus Vermögensanlagen erhielt und Immobilien veräußerte, auf die das Bankhaus zum Zwecke der Befriedigung hätte Zugriff nehmen können. Auf eine von Seiten des Bankhauses mögliche Verwertung von Sicherheiten sei bewusst verzichtet worden. Auch eine Vermögensaufstellung des Schuldners aus Dezember 2013 lasse keine Zahlungsunfähigkeit erkennen. 46Jedenfalls hätten sie, die Beklagten, keine Kenntnis von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners gehabt. 47Auf Grund der Begleichung von Lebenshaltungskosten und sonstigen Kosten des Schuldners im zeitlichen Zusammenhang mit der Überweisung von Herrn U. sei auch kein Vermögensnachteil auf Seiten des Schuldners eingetreten. 48Zum Insolvenzanfechtungsanspruch behauptet die Beklagte zu 3), sie sei – in wirtschaftlicher Hinsicht – nicht Empfängerin der Darlehensrückzahlung, da es sich bei dem Konto mit der Bezeichnung Kx. GmbH um ein Treuhandkonto handele. Sie – die Beklagte zu 3) – habe als uneigennützige Treuhänderin gehandelt. 49Die Beklagten tragen weiter vor, die streitgegenständliche Forderung sei bereits Gegenstand eines Vergleichs, den der Kläger mit der Ehefrau des Schuldners geschlossen habe. Der Kläger habe Anfechtungsansprüche in Höhe von 4.080.000,- Euro gegen die Ehefrau des Schuldners geltend gemacht und sich mit ihr auf eine Vergleichszahlung in Höhe von 82.000,- Euro geeinigt. Es sei davon auszugehen, dass der im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Betrag Gegenstand der Einigung mit der Ehefrau des Schuldners gewesen sei. 50Im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und den Akteninhalt Bezug genommen. 51Entscheidungsgründe: 52Die Klage ist zulässig und in vollem Umfang begründet. 53I. 54Gegenüber der Beklagten zu 3) mit Sitz in der Schweiz ergibt sich die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Bielefeld aus Art. 3 Abs. 1 EuInsVO. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Art. 3 Abs. 1 EuInsVO dahin auszulegen, dass die Gerichte des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, für eine Insolvenzanfechtungsklage gegen einen Anfechtungsgegner zuständig sind, der seinen Wohnsitz nicht im Gebiet eines Mitgliedstaats hat (EuGH, Urteil vom 16.1.2014, Az. C-328/12; vgl. auch: BGH, Versäumnisurteil vom 27.3.2014, Az. IX ZR 2/12 – jeweils bei Juris). Örtlich zuständig ist in diesem Fall entsprechend § 19a ZPO, § 3 InsO, Art. 102 § 1 EGInsO das Gericht am Sitz des Insolvenzgerichts (vgl. BGH, a. a. O.), im vorliegenden Fall das Landgericht Bielefeld. 55Im Übrigen ist das Landgericht Bielefeld für die gegen die Beklagten zu 1) und 2) erhobenen Ansprüche nach § 32 ZPO örtlich zuständig. Der Kläger hat einen deliktischen Anspruch aus §§ 830 Abs. 1 S. 1, 823 Abs. 2 S. 1 BGB schlüssig vorgetragen. Der Erfolgsort der deliktischen Handlung liegt in Bielefeld, dem Wohnort des Klägers und Belegenheitsort des Vermögens des Schuldners zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung. Im Übrigen ist die Zuständigkeit des Landgericht Bielefelds von den Beklagten nicht gerügt worden, so dass jedenfalls von einer rügelosen Einlassung i.S.d. § 39 ZPO auszugehen ist. 56II. 571. 58Die im schriftlichen Vorverfahren umfassend vorgetragenen Argumente zu einer Haftung der Beklagten zu 1) und 2) nach § 266 StGB bedürfen im Ergebnis keiner Beantwortung, da gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) jedenfalls ein Anspruch des Klägers in der geltend gemachten Höhe aus §§ 830 Abs. 1 S. 1, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 283d Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 StGB besteht. 59Auf diesen – von den Parteien zunächst nicht berücksichtigten – rechtlichen Aspekt hat die Kammer mit Verfügung vom 22.01.2021 (Bl. 2098) gem. § 139 Abs. 2 ZPO hingewiesen. 60Die Beklagten können auch nicht mit dem - streitigen - Vortrag durchdringen, die streitgegenständliche Forderung sei bereits Gegenstand eines Vergleichs zwischen dem Schuldner und seiner Ehefrau gewesen. Das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten ist unsubstantiiert. Die Beklagten haben weder konkrete Umstände und Inhalte des Vergleichsschlusses vorgetragen, noch für ihre Behauptung Beweis angeboten. 612. 62Eine Haftung der Beklagten zu 1) und 2) setzt zunächst die Verletzung eines Schutzgesetzes i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB voraus. 63Soweit die Beklagtenseite in Zweifel gezogen hat, dass es sich bei § 283d StGB um ein Schutzgesetz handelt, tritt die Kammer dieser Auffassung nicht bei. 64Kennzeichen eines Schutzgesetzes i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB ist, dass es sich um eine Norm handelt, die (auch) dem Schutz von Individualinteressen, sei es einzelner Personen oder eines Personenkreises, zu dienen bestimmt ist (BGH NJW 2019, 3003; MüKo-BGB/Wagner, 8. Aufl., § 823 Rdnr. 562). 65Dies ist bei den Insolvenzstraftaten nach §§ 283 ff. StGB und insbesondere auch § 283d StGB der Fall (BeckOGK/Spindler, § 823 Rdnr. 574). Nach der Rechtsprechung des BGH schützt der Straftatbestand des § 283d StGB im Gleichlauf mit § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB die Befriedigungsinteressen der Gesamtheit der Gläubiger (BGH NJW 1989, 1167, siehe auch Schönke/Schröder-StGB 30. Aufl., § 283d Rdnr. 1). Für den Straftatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB hat der BGH die Schutzgesetzeigenschaft explizit bejaht (BGH NZI 2014, 1046). Aufgrund der gleichlaufenden Schutzrichtung der Normen gilt daher für § 283d StGB nichts anderes. 66Der vorliegend von dem Kläger geltend gemachte Anspruch ist gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) auch vom Schutzbereich des § 283d StGB erfasst. Der Insolvenzverwalter nimmt kraft seines Amtes die Interessen der Gläubiger wahr. Der geltend gemachte Anspruch steht hier in unmittelbarem Zusammenhang mit den Befriedigungsinteressen der Gläubigergesamtheit. 673. 68Zur Überzeugung der Kammer steht zudem fest, dass die Beklagten zu 1) und 2) jedenfalls bedingt vorsätzlich gegen § 283d Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 StGB verstoßen haben. 69a. Objektive Tatbestandsvoraussetzungen 70Die Beklagten zu 1) und 2) haben jeweils dadurch, dass sie unter Nutzung der ihnen erteilten Generalvollmacht die streitgegenständliche Darlehensrückzahlung auf das Konto der Beklagten zu 3) veranlasst haben, Vermögensbestandteile des Schuldners die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, jedenfalls zu dessen Gunsten beiseite geschafft. 71aa. 72Im Ergebnis ist vorliegend von einer mittäterschaftlichen Begehung i.S.d. § 25 Abs. 2 StGB und § 830 Abs. 1 S. 1 BGB auszugehen, da der Beklagte zu 1) ausweislich des unstreitigen E-Mail-Verkehrs zwischen dem Beklagten zu 2) und dem Darlehensnehmer die Auszahlung auf das Konto der Beklagten zu 3) anordnete und der Beklagte zu 2) diese Anordnung sodann unmittelbar an den Darlehensnehmer weitergab. 73bb. 74Bei der streitgegenständlichen Forderung handelte es sich auch um einen Vermögensbestandteil des Schuldners. Der Schuldner hatte dem Darlehensnehmer persönlich das streitgegenständliche Darlehen gewährt und auch ausgezahlt. Der hieraus entstandene Rückzahlungsanspruch ist – gleich nach welchem Recht er sich richtet – als Vermögensbestandteil zu qualifizieren. 75Der Rückzahlungsanspruch hätte im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch zur Insolvenzmasse gehört. 76cc. 77Mit der von den Beklagten zu 1) und 2) vorgenommenen Tathandlung haben diese den vorgenannten Vermögensbestandteil auch i.S.d. § 283d Abs. 1 StGB beiseitegeschafft. Ein Beiseiteschaffen im Sinne des § 283d Abs. 1 StGB liegt vor, wenn Vermögenswerte in eine veränderte rechtliche oder tatsächliche Lage verbracht werden, in der den Gläubigern der alsbaldige Zugriff unmöglich gemacht oder erschwert wird (MüKo-StGB, 3. Aufl., § 283 Rdnr. 13 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr. des BGH). 78Die Rückzahlung des streitgegenständlichen Darlehens auf ein schuldnerfremdes Konto führte dazu, dass dem Kläger und damit im Ergebnis auch den Gläubigern der Zugriff auf die streitgegenständliche Summe jedenfalls erheblich erschwert wurde. 79Sofern das Darlehen unmittelbar auf ein eigenes Konto des Schuldners, auf welches der Kläger nach § 80 InsO unmittelbar Zugriff erhalten hätte, zurückgezahlt worden wäre, wäre der streitgegenständliche Betrag unmittelbar zu Gunsten der Insolvenzmasse vereinnahmt worden. Durch die von den Beklagten zu 1) und 2) gewählte Auszahlungsweise war der Kläger indes gezwungen, zunächst außergerichtlich und sodann im Rahmen der hiesigen Klage an die Beklagte zu 3) heranzutreten, um eine Rückführung des Betrages zur Insolvenzmasse erreichen zu können. 80dd. 81Das Beiseiteschaffen erfolgte vorliegend auch – wenn nicht mit Einwilligung – jedenfalls zu Gunsten des Schuldners. Zwar hatte der Schuldner selbst keinen unmittelbaren Zugriff auf das Konto der Beklagten zu 3). Von Beklagtenseite ist jedoch selbst vorgetragen worden, dass von dem Konto der Beklagten zu 3) über die Kx. GmbH umfangreiche Ausgaben zur Erhaltung des Lebensstandards des Schuldners und seiner damaligen Ehefrau getätigt wurden. 82Dass die Zahlung dem Schuldner zu Gute kam, ist durch die vertragliche Ausgestaltung der Schuldverhältnisse zwischen dem Schuldner, der Kx. GmbH und der Beklagten zu 3) belegt. 83Ausweislich der Anlage B1 (Bl. 863 ff. d.A.) hatte die Kx. GmbH im Rahmen einer entgeltlichen Geschäftsbesorgung die privaten Vermögensbelange der Familie des Schuldners zu betreuen. Explizit sah dieser Vertrag in § 1 vor, dass u.a. auch die Lebenshaltungskosten der Familie des Schuldners durch monatliche Zahlungen der Kx. GmbH bestritten werden sollte. 84Zwischen der Kx. GmbH und der Beklagten zu 3) bestand wiederum ein unentgeltliches Vertragsverhältnis, in dessen Rahmen die Beklagte zu 3) für die Kx. GmbH als Treuhänderin ein Treuhandkonto einrichten sollte (siehe Anlage B5, Bl. 923 ff. d.A.). Die Zahlung des Klagebetrags auf das Konto der Beklagten zu 3) kam damit auch dem Schuldner zu Gute. 85ee. 86Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass der Schuldner zum Zeitpunkt der Rückzahlung des Darlehens seine Zahlungen i.S.d. § 283d Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 StGB eingestellt hatte. 87Zahlungseinstellung liegt – wie im insolvenzrechtlichen Kontext nach § 17 Abs. 2 S. 2 InsO – vor, wenn der Schuldner nach außen erkennbar aufgehört hat, aufgrund eines tatsächlichen oder angeblich dauernden Mangels an liquiden Mitteln gegenüber seinen Gläubigern seine fälligen Geldschulden zu begleichen (MüKo-StGB, 3. Aufl., § 283 Rdnr. 99; siehe zum insolvenzrechtlichen Hintergrund Uhlenbruck-InsO, 15. Aufl., § 17 Rdnr. 152 sowie BGH NZI 2017, 64). 88Nach der Rechtsprechung des BGH kann sich das Tatgericht im Strafprozess die Überzeugung vom Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 Abs. 2 InsO auch auf der Grundlage wirtschaftskriminalistischer Beweisanzeichen bilden, zu denen etwa das Ignorieren von Rechnungen oder Mahnungen sowie gescheiterte Vollstreckungsversuche gehören (BGH NStZ 2019, 83; siehe auch BGH NZI 2017, 64 zur Feststellung der Zahlungseinstellung anhand von Beweisanzeichen). Eine Abgrenzung ist insoweit von der strafrechtlich – und insolvenzrechtlich – nicht relevanten Zahlungsstockung vorzunehmen. 89Nach den Feststellungen der Kammer hatte der Schuldner danach seine Zahlungen jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Taschenpfändung im August 2014 eingestellt und auch nicht wieder aufgenommen. 90Das Bankhaus T. hatte bereits im Jahre 2011 Kredite fällig gestellt, die der Schuldner in der Folge nicht zurückzahlte. Sofern die Beklagten in diesem Zusammenhang eingewendet und behauptet haben, dass dem Schuldner seinerseits Gegenforderungen, die die Darlehen bei weitem überstiegen, zugestanden hätten, handelte es sich, eine Richtigkeit des Beklagtenvortrags unterstellt, nicht um liquide Mittel, die im Rahmen einer Gegenüberstellung zu berücksichtigen gewesen wären. 91Im Ergebnis greift auch die Behauptung der Beklagten, der Schuldner habe mit der T. umfangreiche Stillhaltevereinbarungen getroffen, nicht durch. 92Denn der Schuldner sah sich fälligen Forderungen ausgesetzt, die er auch auf Betreiben der jeweiligen Gläubiger nicht bediente. 93Unstreitig hatten die I. und MY. jeweils im Oktober 2011 Klagen gegen den Schuldner erhoben. Jeweils unter dem 21.08.2012 hatte der Schuldner sodann unter der Federführung des Beklagten zu 1) gerichtliche Vergleiche mit den vorgenannten Gläubigern geschlossen, mithin also zwei vollstreckungsfähige, rechtskräftige Titel in einem Volumen von insgesamt rd. 2,5 Mio. Euro gegen sich geschaffen. 94Eine Zahlung auf die hieraus fälligen Forderungen erfolgte von Seiten des Schuldners nicht, vielmehr begannen die Gläubiger Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. 95Auch der Unternehmer P. hatte gegen den Schuldner einen Titel bzgl. einer Hauptforderung i.H.v. 6,97 Mio. Euro erwirkt. Auch auf diese Forderung leistete der Schuldner nicht. Stattdessen war der vorgenannte Gläubiger gezwungen, ebenfalls Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzuleiten, die im Ergebnis aber nur zu einer geringfügigen Reduzierung der Forderung führten. 96Jedenfalls die vorgenannten Forderungen wurden von den Gläubigern im Sinne der Rechtsprechung des BGH ernsthaft eingefordert. An das ernsthafte Einfordern sind keine überspannten Anforderungen zu stellen. So sind rechtskräftig festgestellte Forderungen – wie die vorgenannten – bei der Beurteilung der Krisensituation per se zu berücksichtigen (BGH NStZ 2019, 83). Verschärfend kommt hinzu, dass die Gläubiger aus den rechtskräftig festgestellten Forderungen auch (erfolglos) gegen den Schuldner vorgingen. Dieses Vorgehen zog sich zudem über einen längeren Zeitraum hin und gipfelte in der Abgabe der Vermögensauskunft und Taschenpfändung im Sommer 2014, über die auch eingehend medial berichtet wurde. 97Nach außen erkennbar war damit in der Gesamtbeschau ein Verhalten des Schuldners, welches den Schluss einer bloßen Zahlungsstockung keineswegs rechtfertigte, sondern im Gegenteil nur auf eine Zahlungseinstellung schließen ließ. Auch medial hat der Schuldner im Rahmen von Interviews selbst verlauten lassen, dass „er nicht an sein Geld komme“. 98b. 99Die objektive Bedingung der Strafbarkeit nach § 283d Abs. 4 StGB liegt ebenfalls vor. Unstreitig ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners mit Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld vom 03.07.2015 eröffnet worden. 100c. Subjektiver Tatbestand 101Im Gegensatz zu den subjektiven Voraussetzungen des § 283d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB, der wenigstens dolus directus 2. Grades im Hinblick auf die drohende Zahlungsunfähigkeit erfordert, genügt zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes der Nr. 2 dolus eventualis (MüKo-StGB, 3. Aufl., § 283d Rdnr. 15). 102Dolus eventualis liegt nach der Rechtsprechung des BGH vor, wenn der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt, ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (statt vieler: BGH NStZ 2020, 217). In Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit darf der Täter nicht darauf vertrauen, dass der Erfolg nicht eintreten werde (BGH NStZ 2008, 392). Bei der Beurteilung sind die objektiven und subjektiven Umstände der Tat heranzuziehen und insgesamt zu würdigen. 103Nach diesen Maßgaben steht zur Überzeugung der Kammer ein vorsätzliches Handeln der Beklagten zu 1) und 2) fest. 104aa. bzgl. des Bekl. zu 1) 105Der Beklagte zu 1) war als Rechtsanwalt des Schuldners umfassend mit den geschäftlichen Vorgängen des Schuldners betraut. Er hatte den Schuldner bereits im Rahmen seiner sich zuspitzenden finanziellen Situation beraten. Insbesondere war der Beklagte zu 1) auch an dem Abschluss der Vergleiche mit I. und MY. als Prozessbevollmächtigter beteiligt. 106Im engen zeitlichen Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Rückzahlung des Darlehens hatte die Rechtsanwaltsgesellschaft des Beklagten zu 1) gemeinsam mit einer weiteren Rechtsanwaltsgesellschaft mit dem Schuldner zudem eine Honorarsicherungsvereinbarung getroffen. 107Der Inhalt der im Tatbestand des Urteils auszugsweise wiedergegebenen Vereinbarung belegt, dass der Schuldner der Kanzlei des Beklagten und einer weiteren Kanzlei nicht nur ausstehende Honorare von 4 Mio. Euro schuldete, sondern auch, dass die Kanzlei des Beklagten zu 1) die Notwendigkeit sah, in Zukunft entstehende Honoraransprüche abzusichern. 108Aufgrund der vorgenannten objektiven Tatsachen besteht für die Kammer kein Zweifel daran, dass der Beklagte zu 1), auch aufgrund seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt, durch die Rückzahlung des Darlehens auf das Konto der Beklagten zu 3) die Möglichkeit der Verwirklichung des § 283d Abs. 1 Nr. 2 StGB als möglich und nicht ganz fernliegend erkannt hatte. Auch war dem Beklagten zu 1) vor diesem Hintergrund klar, dass die Rückzahlung des streitgegenständlichen Darlehens auf das von ihm selbst benannte Konto der Beklagten zu 3) dazu führen würde, dass der Darlehensbetrag im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners den Gläubigern zu Gunsten des Schuldners entzogen bzw. der Zugriff erschwert werden würde. Dem Beklagten zu 1) waren aufgrund seiner langjährigen beratenden Tätigkeit für den Schuldner auch die vorgenannten Umstände bekannt, die auf eine Zahlungseinstellung des Schuldners schließen ließen. 109bb. bzgl. des Bekl. zu 2) 110Auch hinsichtlich des Beklagten zu 2) lässt sich ein bedingter Vorsatz zur Überzeugung der Kammer feststellen. 111Bereits nach den unstreitig zu Grunde zu legenden Tatsachen ist es fernliegend, dass der Beklagte zu 2) eine Zahlungseinstellung auf Seiten des Schuldners nicht wenigstens billigend in Kauf genommen haben will. Es ist lebensfremd anzunehmen, dass sich der Beklagte zu 2) ohne nähere Prüfung eine Generalvollmacht für alle Belange des Schuldners einräumen ließ und dass bei seinem Besuch seines Vaters – des Schuldners – in der Haft die finanzielle Situation überhaupt kein Gesprächsthema gewesen sein soll. Auch dass der Beklagte zu 2) ausweislich des E-Mailverkehrs mit dem Darlehensnehmer sich zunächst von dem Beklagten zu 1) instruieren ließ, wohin das streitgegenständliche Darlehen zurückgezahlt werden soll und er diese Informationen völlig unkritisch übernahm, geht über Vertrauen auf das Ausbleiben eines tatbestandlichen Erfolges hinaus, auch wenn der Beklagte zu 2) nicht jedes Detail der finanziellen Situation seines Vaters gekannt haben will. 112Auch die Äußerungen des Beklagten zu 2) im Rahmen der persönlichen Anhörung im Termin vom 22.04.2021 sind Beleg für das Vorliegen eines bedingten Vorsatzes auf Seiten des Beklagten zu 2). 113Der Beklagte zu 2) hat erklärt, dass er jedenfalls aus der Presseberichterstattung über die wirtschaftliche Lage seines Vaters im Jahr 2014 informiert worden sei. Insbesondere war ihm nach eigenen Angaben bekannt, dass sein Vater eine Vermögensauskunft abgeben musste. 114Auf der anderen Seite sei von Seiten der Berater des Schuldners mitgeteilt worden, dass Schadensersatzansprüche gegen die Bank in zwei- bis dreistelliger Millionenhöhe geltend gemacht würden. Es sei eine gewisse Erfolgsaussicht suggeriert worden, so dass der Schluss auf eine wirtschaftliche Krise nicht nahegelegen habe. 115Der Beklagte zu 2) hat weiter ausgeführt, dass er zwar gewusst habe, dass sein Vater auch Konten bei der Commerzbank gehabt habe. Dies sei die Hausbank der Familie gewesen. Kontonummern seien ihm nicht bekannt gewesen. Er habe gewusst, dass das Konto der Beklagten zu 3) auch dazu benutzt worden sei, Ausgaben für die Familie zu begleichen. Er habe deswegen auch nicht in Frage gestellt, dass es sich um einen zulässigen Vorgang gehandelt habe, das Geld auf dieses Konto überweisen zu lassen. 116Er habe auch nicht nachgefragt, weshalb das streitgegenständliche Konto zu benutzen sei, als der Beklagte zu 1) ihm dieses mitgeteilt habe. Er habe auch nicht daran gedacht, die Bank zu kontaktieren, um nachzufragen, auf welches Konto das Geld fließen könnte. Es habe auch kein Anlass bestanden, seine Mutter zu fragen, auf welches Konto der Darlehensbetrag überwiesen werden sollte. Auch seine Mutter habe mit den geschäftlichen Vorgängen des Schuldners nichts zu tun gehabt. Geschäftliche Belange des Schuldners und familiäre seien immer getrennt worden. 117Bei der Gesamtwürdigung kann zu Gunsten des Beklagten zu 2) zu Grunde gelegt werden, dass er offenbar recht plötzlich und ohne zuvor in die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners im Einzelnen eingearbeitet gewesen zu sein, finanzielle Belange des Schuldners wahrnehmen musste. Andererseits ist jedoch nur wenig glaubhaft, dass dem Beklagten zu 2), der sich beruflich im Bereich der Unternehmensberatung betätigt, die finanzielle Lage des Schuldners vollständig verborgen geblieben sein soll und er sich quasi blindlings auf etwaige Beschwichtigungen des Schuldners und des Beklagten zu 1), dass „alles in Ordnung sei und nur mit harten Bandagen gekämpft werde“, verlassen hat. Hinzu kommt, dass dem Beklagten zu 2) nach eigenen Angaben auch die unmittelbaren Umstände der Inhaftierung des Schuldners bekannt waren und ihm auch Details der gegen den Schuldner erhobenen Forderungen bekannt waren. Nicht nachvollziehbar ist auch der wiederholte Verweis des Beklagten zu 2) auf die angeblich strenge Trennung privater und geschäftlicher Belange. Auf der einen Seite ordnet der Beklagte zu 2) die Darlehensrückzahlung dem geschäftlichen Bereich des Schuldners zu und will aber gleichzeitig nicht in Frage gestellt haben, dass die Rückzahlung auf ein Konto erfolgen sollte, welches nach seiner Kenntnis privaten Belangen, nämlich der Begleichung von Lebenshaltungskosten der Familie, diente. 118Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Beklagte zu 2) es jedenfalls als möglich und nicht ganz fernliegend erkannt hatte, dass die Rückzahlung des Darlehens auf ein nicht unmittelbar dem Schuldner zugehöriges Konto erfolgte und der überwiesene Geldbetrag zu Gunsten des Schuldners und zu Lasten der Gläubiger beiseite geschafft wurde. 1194. 120Vorliegend sind keine Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgründe erkennbar. Insbesondere ist auch nicht dargetan, dass sich die Beklagten zu 1) und 2) in rechtlich erheblicher Weise über die wirtschaftliche Situation des Schuldners in einem Irrtum befunden hätten. 1215. 122Der Verstoß gegen das Schutzgesetz hat nach § 823 Abs. 2 BGB zur Folge, dass die Beklagten zu 1) und 2) dem Kläger zum Ersatz des hieraus entstandenen Schadens verpflichtet sind. Durch die Handlungen der Beklagten zu 1) und 2) ist der Insolvenzmasse ein Betrag in Höhe der Klageforderung entzogen worden. Sie ist daher dem Kläger zurückzugewähren. Die Beklagten zu 1) und 2) haften dabei als Gesamtschuldner gegenüber dem Kläger, § 830 Abs. 1 S. 1 BGB. 123III. 124Die Beklagte zu 3) haftet dem Kläger auf den geltend gemachten Schadensersatzbetrag aus §§ 129, 133, 143 InsO a.F. 1251. 126Da das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners mit Beschluss vom 03.07.2015 eröffnet wurde, sind vorliegend nach Art. 103j EGInsO die Anfechtungsnormen in der bis zum 04.04.2017 gültigen Fassung anzuwenden. 1272. 128Die im Prozess aufgeworfene Streitfrage, ob die Beklagte zu 3) als gänzlich uneigennützige Treuhänderin als Empfängerin einer unentgeltlichen Leistung nach § 134 InsO haftet, bedarf keiner abschließenden Beantwortung, da jedenfalls die Voraussetzungen einer Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO gegeben sind und die Beklagte zu 3) nach § 143 InsO verpflichtet ist, die vereinnahmte Darlehensrückzahlung zur Insolvenzmasse zurückzuführen. 129Die Beklagte kann sich hierbei insbesondere auch nicht auf Entreicherung berufen. 1303. 131Gem. §§ 129 I, 133 I InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, welche die Insolvenzgläubiger benachteiligt, wenn der Schuldner sie in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat und der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. 132a. 133Die auf Anweisung der Beklagten zu 1) und 2) erfolgte Überweisung auf das Konto der Beklagten zu 3) bewirkte infolge des damit verbundenen Vermögensabflusses eine objektive Gläubigerbenachteiligung i.S.d. § 129 I InsO. 134Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, sich somit die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (st. Rspr., siehe nur BGH NJW 2012, 1959). Durch die Überweisung an die Beklagte zu 3) haben die Beklagten zu 1) und 2) zum Nachteil der Gläubiger des Schuldners finanzielle Mittel in Höhe der Klageforderung entäußert, ohne hierfür eine gleichwertige Gegenleistung zu erhalten (siehe schon oben Ziff. II.3.a.). Gläubiger des Schuldners hätten das Treuhandguthaben nicht wie dessen Bankguthaben auf Grund eines Vollstreckungstitels gegen den Schuldner pfänden können, so dass ein Zugriffshindernis entstanden ist (BGH NJW 2012, 1959 Rn. 12). 135b. 136Der streitgegenständlichen Vermögensverschiebung liegt auch eine Rechtshandlung des Schuldners zu Grunde, da dieser im Rahmen der den Beklagten zu 1) und 2) erteilten Generalvollmacht von diesen vertreten wurde. Unter einer Rechtshandlung ist jede bewusste Willensbetätigung zu verstehen, die eine rechtliche Wirkung auslöst (vgl. BGH NJW-RR 2010, 118). Deshalb sind nach § 133 Abs. 1 InsO auch mitwirkende Rechtshandlungen des Schuldners anfechtbar (vgl. MüKo-InsO, § 133 Rn. 8). Die von den Beklagten zu 1) und 2) unmittelbar veranlasste Auszahlungshandlung ist dem Schuldner gem. § 164 BGB zuzurechnen und im Übrigen ist auch die Erteilung der Vollmacht als solche als mitwirkende Rechtshandlung des Schuldners zu qualifizieren. 137c. 138Nach den Feststellungen der Kammer liegen sowohl ein Benachteiligungsvorsatz des Schuldners als auch eine entsprechende Kenntnis der Beklagten zu 3) vor. 139aa. 140Für die Beurteilung des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners kommt es gemäß § 166 Abs. 1 BGB auf das Wissen und Wollen seiner Vertreter, der Beklagten zu 1) und 2), an (vgl. BGH NJW 1984, 1953). 141Der Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge – sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils – erkannt und gebilligt hat (BGH NJW 2015, 3503). Im Hinblick auf die Erfüllung des Tatbestandes des § 283d Abs. 1 Nr. 2 1. Var. StGB bei den Beklagten zu 1) und 2) ist bei Gesamtwürdigung der zu Grunde zu legenden Umstände von einem zurechenbaren Gläubigerbenachteiligungsvorsatz auf Seiten des Schuldners auszugehen (s.o. Ziff. II.3.). 142bb. 143Gleichermaßen hatte die Beklagte zu 3) Kenntnis von dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners. 144Da der Beklagte zu 1), als Vertreter des Schuldners (§ 166 Abs. 1 BGB, s.o.), mit Benachteiligungsvorsatz handelte, kannte auch die Beklagte zu 3) diesen Vorsatz, da der Beklagten zu 3) das Wissen des Beklagten zu 1) als Mitglied des Verwaltungsrats, d.h. dem obersten Exekutivorgan, dem die Führung der Geschäfte einer Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht obliegt (§ 716a Abs. 1 Ziff. 1 Obligationenrecht), zugerechnet wird. 145d. 146Nach § 143 Abs. 1 InsO hat die Beklagte zu 3) die vereinnahmte Darlehensrückzahlung zur Insolvenzmasse zurückzugewähren. 147Es kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob die Beklagte zu 3) die vereinnahmte Darlehensrückzahlung als uneigennützige Treuhänderin entgegengenommen hat, sie den Klagebetrag an die Kx. GmbH weitergeleitet hat oder der Klagebetrag für die Lebenshaltungskosten des Schuldners verbraucht worden ist. Dies entlastet die Beklagte zu 3) jeweils nicht. 148aa. 149Ist der Anfechtungsgegner nicht in der Lage, der ihn nach § 143 Abs. 1 S. 1 InsO treffenden Verpflichtung nachzukommen, hat er nach § 143 Abs. 1 S. 2 InsO, §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292 Abs. 1, 989 BGB Wertersatz zu leisten. Gemäß § 143 Abs. 1 S. 2 InsO gilt der Mangel des rechtlichen Grundes als von Anfang an bekannt, so dass die Beklagte zu 3) als Anfechtungsgegnerin wie ein bösgläubiger Bereicherungsschuldner der verschärften Haftung des § 819 Abs. 1 BGB unterworfen und so zu behandeln ist, als wäre der Rückgewähranspruch gegen sie im Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Handlung (§ 140 InsO) rechtshängig geworden (BGH NJW 2012, 1959 Rn. 31). 150bb. 151Die Beklagte zu 3) kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, aus der Entgegennahme der Gelder des Schuldners und einer etwaigen Weiterleitung als uneigennützige Treuhänderin keinen eigenen Vorteil gezogen zu haben. 152Nach der Rechtsprechung des BGH gelten die zum uneigennützigen Treuhänder als Anfechtungsgegner entwickelten Rechtsgrundsätze unabhängig davon, ob dieser die auf ihn vom Schuldner übertragenen Vermögensgegenstände weisungsgemäß an einen Dritten weitergeleitet hat oder ob er dabei behilflich war, sie auf andere Weise, etwa durch eine verdeckte Rückführung an den Schuldner, beiseite zu schaffen (BGH NJW 2015, 3503). Diese rechtliche Bewertung ist mit Rücksicht auf den Zweck der Insolvenzanfechtung, im Interesse der Wiederherstellung des Schuldnervermögens bestimmte, als ungerechtfertigt angesehene Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen, allein sachgerecht (BGH a.a.O.). Versagte der Wertersatzanspruch gegen einen uneigennützigen Treuhänder, könnte der Schuldner durch Einsatz einer solchen Person sein Vermögen verheimlichen und beiseiteschaffen, indem er es zunächst auf einen Treuhänder überträgt und sich sodann unter möglichst undurchsichtigen und unkontrollierbaren Umständen wieder zurückgewähren lässt. Er hätte damit die Möglichkeit, die der Gläubigergleichbehandlung verpflichtete Insolvenzanfechtung auf einfachstem Wege zu unterlaufen (BGH NJW 2012, 1959). Es wäre ein widersinniges Ergebnis, wenn eine als Treuhänder eingesetzte Person ihm vor Verfahrenseröffnung von dem Schuldner zwecks Vereitelung eines Zugriffs vorübergehend übertragene Vermögenswerte vor oder nach Verfahrenseröffnung ohne Anfechtungsrisiko heimlich zurückgewähren könnte (vgl. BGH NJW 1994, 726). Damit würden sogar Fälle eines kollusiven Zusammenwirkens von Schuldner und Treuhänder allgemein der Anfechtung entzogen (BGH NJW 2015, 3503). 153Die Zwischenschaltung der Beklagten zu 3) als uneigennützige Treuhänderin der Kx. GmbH diente vorliegend als Vehikel, um Zahlungen an die Kx. GmbH einzunehmen, die wiederum später zur Erhaltung des Lebensstandards der Familie des Schuldners aufgewendet wurden. Die gegenüber der Beklagten zu 3) vorgenommene Rückzahlung des Darlehens ist anfechtbar und von der Beklagten zu 3) zurückzugewähren, da die Abwicklung über die Beklagte zu 3) allein dazu diente, eine etwaige Rückforderung zur Insolvenzmasse unter Hinweis auf die Uneigennützigkeit der Treuhandschaft der Beklagten zu 3) zurückweisen zu können. Dem so formulierten Versuch der Beklagten zu 3), eine eigene Haftung zu vermeiden, hat der BGH zu Recht im Sinne des Gläubigerschutzes eine Absage erteilt. 154Der Kläger muss sich insoweit auch nicht – wie die Beklagten meinen – allein auf eine etwaige Anfechtung gegenüber der Kx. GmbH verweisen lassen. 155cc. 156Die streitgegenständliche Klageforderung ist damit auch von der Beklagten zu 3) nach § 143 Abs. 1 InsO zur Insolvenzmasse zurückzugewähren. 157IV. 1581. 159Ein Anspruch auf die mit dem Klageantrag zu Ziff. 1 geltend gemachten Zinsen ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB. Der Kläger hatte die Beklagten außergerichtlich erfolglos mit Frist bis zum 29.03.2018 zur Zahlung aufgefordert. 1602. 161Hinsichtlich der mit dem Klageantrag zu Ziff. 2 geltend gemachten Zinsen ergibt sich der Anspruch aus § 143 Abs. 1 S. 2 InsO i. V. mit § 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291 S. 2, 288 Abs. 1 S. 2 BGB i. V. mit Art 103j Abs. 1 EGInsO (BGH, Urteil vom 1.2.2007, Az. IX ZR 96/04, NJW-RR 2007, 557 [558]). Gemäß § 103j Abs. 2 S. 2 EGInsO endet diese Verzinsung am 04.04.2017. 162V. 163Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1, 2 ZPO. 164VI. 165Der Streitwert wird auf 54.500,19 EUR festgesetzt. Er orientiert sich an dem Referenzkurs der EZB am 16.07.2018 (Eingang der Klage; 1 USD = 0,85 EUR; vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 13.07.2016, 6 U 152/11, BeckRS 2016, 15565).
1. die beklagten werden als gesamtschuldner verurteilt, an den kläger zur insolvenzmasse einen betrag in höhe von usd 64.113,87 nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 30. märz 2018 zu zahlen. 2. die beklagte zu 3) wird ferner verurteilt, an den kläger aus einem betrag von usd 64.113,87 weitere zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz für den zeitraum zwischen dem 03. juli 2015 und dem 04. april 2017 zu zahlen. 3. die kosten des rechtsstreits tragen die beklagten als gesamtschuldner. 4. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2der kläger ist insolvenzverwalter über das vermögen des herrn dr. a. b. (im folgenden: schuldner). 3mit der klage nimmt er die beklagten zu 1) und 2) auf schadensersatz in anspruch. zu grunde liegt der von ihnen vorgenommene einzug einer forderung des schuldners auf ein schuldnerfremdes konto. die beklagte zu 3) war inhaberin des kontos, auf das der betrag einging; diese nimmt der kläger aus insolvenzanfechtung in anspruch. 4das amtsgericht bielefeld eröffnete am 03.07.2015 das insolvenzverfahren über das vermögen des schuldners und bestellte den kläger zum insolvenzverwalter. zu grunde lagen gläubigeranträge vom 23.01. und 05.06.2015 sowie ein eigenantrag des schuldners vom 31.03.2015. 5der schuldner erlangte in den 90er jahren sowie zu beginn des neuen jahrtausends bekanntheit durch diverse wirtschaftsleitende funktionen. so war er von november 1998 bis juli 2002 vorstandsvorsitzender der d. ag und von juni 2004 bis mai 2005 aufsichtsratsvorsitzender der n. ag (später: o. ag); von mai 2005 bis februar 2009 leitete er die n. ag als vorstandsvorsitzender. 6spätestens seit dem jahr 2000 unterhielt der schuldner geschäftliche kontakte zu dem bankhaus t.ag & co.kgaa (im folgenden t.), das ihm und seiner ehefrau darlehen im millionenbereich gewährte. diese dienten überwiegend der finanzierung von grundstücksgesellschaften, aber auch dem direkten erwerb von immobilien und weiteren zwecken. 7mit schreiben vom 18.10.2011 forderte das bankhaus t. den schuldner und dessen ehefrau auf, ausgelaufene kredite in einer gesamthöhe von 51.740.862,74 euro (inklusive zinsen) unverzüglich, spätestens bis zum 20.12.2011 zurückzuführen (anlage tw2, bl. 16 d.a.). weitere, über mehrere jahre geführte korrespondenz zwischen dem schuldner bzw. seinen vertretern und der t. schloss sich an. dabei erhob der schuldner gegenüber dem bankhaus t. gegenforderungen, die sich ebenfalls im millionenbereich bewegten. 8in den rechtsbeziehungen zum t. sowie allgemein in vermögensfragen beriet den schuldner insbesondere der beklagte zu 1). dieser ist als rechtsanwalt und namensgebender seniorpartner der e. rechtsanwälte steuerberater partnergesellschaft mbb (im folgenden e.) in berlin tätig. er ist ferner mitglied des verwaltungsrats der beklagten zu 3) mit sitz in w. [schweiz]. 9unter dem 28.10.2011 hatte die i.gmbh (i.) klage gegen den schuldner erhoben. in diesem verfahren wurde der schuldner von dem beklagten zu 1) vertreten. das verfahren wurde mit einem vergleich vom 21.08.2012 beendet, in dem sich der schuldner gegenüber der i. zu der zahlung eines betrages von eur 934.000,00 verpflichtete (anlage tw63, bl. 2016 ff. d.a.). die laut dem vergleich angestrebte weitergehende gesamtregelung kam nicht zustande. nachdem der im vergleich vereinbarte vollstreckungsaufschub am 30.09.2013 abgelaufen war, leistete der schuldner auch in der folge bis zu der eröffnung des insolvenzverfahrens keine zahlung auf den vergleich. die i. ließ der e. als prozessbevollmächtigten des schuldners am 29.11.2013 eine vollsteckbare ausfertigung des vergleichs zustellen. der beklagte zu 1) unterzeichnete das empfangsbekenntnis hierüber am 02.12.2013. 10die i. beantragte am 17.12.2013 auf der grundlage des am 21.08.2012 geschlossenen gerichtlichen vergleichs die bestimmung eines termins zur abgabe einer eidesstattlichen versicherung des schuldners zur vermögensauskunft nach § 802c zpo. 11am 24.02.2014 erwirkte die i. gegen den schuldner sodann einen pfändungs- und überweisungsbeschluss des amtsgerichts bielefeld (anlage tw 68, bl. 2026 ff. d.a.), welcher der ds 1 gbr sowie der ds 2 gbr, der ds 3 gbr und der ds 4 gbr als drittschuldnerinnen zugestellt wurde. 12die my. gbr i.l. (my.) hatte ebenfalls am 28.10.2011 gegen den schuldner klage erhoben. auch in diesem rechtsstreit wurde der schuldner durch die e. und den beklagten zu 1) anwaltlich vertreten. der rechtsstreit endete ebenfalls am 21.08.2012 mit einem gerichtlichen vergleich 13der schuldner verpflichtete sich darin gegenüber der my. zu der zahlung eines betrages von eur 1.566.000,00, den er jedoch bis zu der eröffnung des insolvenzverfahrens nicht leistete. auch in diesem vergleich war ein vollstreckungsaufschub bis 30.09.2013 vereinbart worden. die my. ließ der e. als prozessbevollmächtigten des schuldners am 29.11.2013 eine vollstreckbare ausfertigung des vergleichs zustellen. der beklagte zu 1) unterzeichnete auch das empfangsbekenntnis hierüber am 02.12.2013. 14die my. erwirkte am 06.01.2014 gegen den schuldner einen pfändungs- und überweisungsbeschluss des amtsgerichts bielefeld (anlage tw 69, bl. 2036 ff. d.a.), welcher neben der t. und der ds 1 gbr, der ds 2 gbr, der ds 3 gbr, der ds 4 gbr sowie den weiteren grundstücksgesellschaften ds 5 gbr, ds 6 gbr, ds 7 gbr und ds 8 gbr als drittschuldnerinnen zugestellt wurde. 15der unternehmer p. erwirkte gegen den schuldner am 19.02.2014 einen pfändungs- und überweisungsbeschluss des amtsgerichts frankfurt am main, welcher der commerzbank ag als drittschuldnerin zugestellt wurde (anlage tw60, bl. 2004 ff. d.a.). dem pfüb lag eine hauptforderung i.h.v. 6.970.000,00 euro zu grunde zzgl. zinsen i.h.v. 288.292,76 euro und vollstreckungskosten i.h.v. 8.473,64 euro. herr p. erlangte aus dieser pfändung am 03. und 04.04.2014 drittschuldnerüberweisungen der commerzbank ag in höhe von 18.956,78 euro, 866,56 euro und 6.991,89 euro. 16unter dem 22.03.2014 schlossen der schuldner und seine ehefrau mit der kx. gmbh einen geschäftsbesorgungsvertrag, der u.a. in § 1 vorsah, dass die kx. gmbh die lebenshaltungskosten des schuldners und seiner ehefrau bestreiten sollte. der vertrag (bl. 863 ff. d.a.) wurde von dem schuldner, der ehefrau des schuldners und herrn dr. c. als geschäftsführer der kx. gmbh unterzeichnet. herr dr. c. ist seinerseits auch für die rechtsanwaltsgesellschaft der beklagten zu 3) tätig. 17unter dem 17.06.2014 schlossen sodann die kx. gmbh und die beklagte zu 3) einen treuhandvertrag in deren rahmen sich die beklagte zu 3) als treuhänderin verpflichtete, ein konto für die belange der kx. gmbh einzurichten. auf die anlage b5, bl. 923 ff. d.a. wird bezug genommen. 18unter dem 17.06.2014 schlossen der schuldner und seine ehefrau, die e. und eine weitere rechtsanwaltsgesellschaft eine „vereinbarung zur honorarsicherung“. in der vorbemerkung heißt es: 19„(1) die rechtsanwaltskanzleien vertreten, beraten und betreuen seit jahren [den schuldner] und [seine ehefrau] in deren sämtlichen rechtsangelegenheiten. bedingt durch den umstand, dass den eheleuten b. infolge einer umfassenden geltendmachung eines agb-bankenpfandrechts durch das bankhaus [t.] seit längerem der zugriff auf große teile ihres vermögens verwehrt ist, sind zwischenzeitlich erhebliche honorarrückstände gegenüber den rechtsanwaltskanzleien e. und […] aufgelaufen und werden, wie bereits derzeit absehbar, in naher zukunft weitere honoraransprüche der rechtsanwaltskanzleien zur entstehung gelangen, für welche diese vorschussleistungen nach § 9 rvg beanspruchen können. 20(2) e. sowie […] haben insoweit in der vergangenheit noch nicht beglichene anwaltliche leistungen im umfang von jeweils mehr als 2.000.000.-€ erbracht.“ 21am 25.07.2014 gab der schuldner eine vermögensauskunft ab. im rahmen eines gerichtstermins vor dem landgericht essen im august 2014 wurde bei dem schuldner eine uhr gepfändet. 22am 27.07.2014 gab der schuldner der deutschen presseagentur ein interview. in diesem erklärte er: 23frage: „haben sie noch einen überblick, wer wieviel geld von ihnen verlangt, und wieviel sie umgekehrt fordern?" 24schuldner: „der unternehmensberater p. verlangt von mir 7,5 millionen euro davon sind ca. 2 millionen euro durch sicherheiten von mir abgesichert, mein früherer vermögensverwalter i. 2,5 millionen euro, der o.-insolvenzverwalter 3,4 millionen euro, gegen die aber noch gegenforderungen von mir bestehen beziehungsweise die über die managerversicherung abgedeckt sind, und die bank t. ca. 70 millionen euro. umgekehrt verlange ich über 200 millionen euro. ich glaube, das ist eine noch immer überschaubare relation." 25frage: „noch einmal direkt gefragt: sind sie pleite?“ 26schuldner: „ganz klare antwort: nein. aber das problem ist, dass ich an meine liquidität nicht herankomme. deshalb muss ich wege finden, wie ich bestehende forderungen bedienen kann. dazu bin ich gerne bereit. und an der umsetzung arbeiten wir mit hochdruck.“ 27am 14.11.2014 verurteilte das landgericht essen den schuldner wegen untreue in 27 fällen sowie wegen steuerhinterziehung in drei fällen zu einer gesamtfreiheitsstrafe von drei jahren und erließ haftbefehl wegen fluchtgefahr, der sogleich vollstreckt wurde. 28am 11.12.2014, während der haft, ermächtigte der schuldner den beklagten zu 1) sowie den beklagten zu 2), seinen ältesten sohn, per generalvollmachten zur umfassenden wahrnehmung seiner wirtschaftlichen und finanziellen interessen (anlage tw 3 bl. 30 ff. d.a.). 29unter verwendung dieser vollmachten vereinbarten die beklagten zu 1) und 2) mit einem darlehensnehmer des schuldners, herrn u. (darlehensnehmer), am 19.12.2014 die vorzeitige rückzahlung einer darlehensschuld in höhe von usd 64.113,87. vereinbarungsgemäß überwies herr u. den genannten betrag auf ein bankkonto bei der credit suisse ag, das die zusatzbezeichnung „kx. gmbh“ trug und dessen kontoinhaberin die beklagte zu 3) war. 30der kläger forderte die beklagten mit anwaltlichem schreiben vom 9.3.2018 auf, den von herrn u. überwiesenen betrag in höhe von 64.113,87 usd bis zum 29.03.2018 an ihn zu zahlen. das schreiben ging dem beklagten zu 1) am 12.3.2018, dem beklagten zu 2) am 16.3.2018 und der beklagten zu 3) am 14.3.2018 zu. die beklagten wiesen das zahlungsbegehren jeweils zurück. 31der kläger hat zunächst behauptet, die rückzahlung des darlehens durch herrn u. auf das schuldnerfremde konto der beklagten zu 3) sei ohne zustimmung des schuldners erfolgt und habe seinem willen und interesse widersprochen. 32er ist der ansicht, durch die vereinbarung mit herrn u. hätten die beklagten zu 1) und 2) den tatbestand der untreue (§ 266 stgb) verwirklicht. in diesem zusammenhang bestreitet der kläger die behauptung der beklagten, der schuldner und seine ehefrau hätten sämtliche vermögensrechte aus privaten oder beruflichen geschäftsbeziehungen an die q. gmbh abgetreten und diese gmbh sowie später – ab 2011 – die kx. gmbh hätten die lebenshaltungskosten der eheleute b. als geschäftsbesorgerin übernommen. der hierzu vorgelegte geschäftsbesorgungsvertrag sei tatsächlich erst im oktober 2014, im zusammenhang mit einer drittwiderspruchsklage vor dem landgericht bielefeld, geschlossen und auf den 12.5.2011 zurückdatiert worden; er sei als scheingeschäft nichtig. 33der kläger entnimmt dem vortrag der beklagten die behauptung, die rückzahlung des darlehens auf das konto der beklagten zu 3) sei mit ausdrücklicher zustimmung des schuldners erfolgt; diesen vortrag macht er sich hilfsweise zu eigen. er ist der ansicht, die beklagten zu 1) und 2) hafteten in diesem fall auf grund der beihilfe zu einem bankrott, §§ 823 abs. 2 bgb, 27, 283 abs. 1 nr. 1 alt. 1 stgb. 34der kläger behauptet weiter, der schuldner sei spätestens seit dem 20.12.2011 zahlungsunfähig gewesen; der schuldner habe erhebliche fällige verbindlichkeiten gegenüber dem bankhaus t., herrn p. (7,5 mio. euro), herrn i. (2,5 mio. euro) sowie dem insolvenzverwalter der o. ag (3,4 mio. euro) gehabt; auch lasse das verhalten des schuldners im jahr 2014 – der schuldner verließ (insoweit unstreitig) das gerichtsgebäude am 25.07.2014 über ein rückwärtiges fenster – auf eine zahlungsunfähigkeit schließen. 35der kläger behauptet, die beklagten hätten jeweils kenntnis von der zahlungsunfähigkeit des schuldners gehabt. 36gegenüber der beklagten zu 3) vertritt der kläger die ansicht, diese schulde die rückzahlung des von herrn u. gezahlten betrages aus gründen der insolvenzanfechtung. da ein rechtsgrund für die überweisung des betrages auf ihr konto nicht vorliege, sei sie empfängerin einer unentgeltlichen leistung im sinne von § 134 inso. ferner habe die beklagte zu 3) die zahlungsunfähigkeit des schuldners gekannt, auf grund einer wissensvermittlung durch den beklagten zu 1), so dass die zahlung auch gemäß § 133 inso anfechtbar sei. 37der kläger beantragt, 38die beklagten zu 1., zu 2. und zu 3. als gesamtschuldner zu verurteilen, an den kläger zur insolvenzmasse einen betrag in höhe von usd 64.113,87 nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 30. märz 2018 zu zahlen; 39die beklagte zu 3. ferner zu verurteilen, an den kläger aus einem betrag von usd 64.113,87 weitere zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz für den zeitraum zwischen dem 03. juli 2015 und dem 04. april 2017 zu zahlen. 40die beklagten beantragen, 41 die klage abzuweisen. 42sie behaupten, die zahlung der klagesumme auf das konto der beklagten zu 3) sei jedenfalls mit dem mutmaßlichen einverständnis des schuldners erfolgt. sie vertreten die ansicht, dass das mutmaßliche einverständnis die erfüllung des untreuetatbestandes nach § 266 stgb ausschließe. im übrigen hätten sie durch abschluss der vereinbarung mit herrn u. keine – jedenfalls keine gravierende, für die verwirklichung des § 266 stgb ausreichende – vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem schuldner verletzt. 43sie behaupten, das geld sei von herrn u. auf ein treuhandkonto der kx. gmbh überwiesen worden; von diesem konto seien die lebenshaltungskosten und sonstigen kosten des schuldners und seiner ehefrau getragen worden. 44in anbetracht der genannten umstände, insbesondere der zahlung der lebenshaltungskosten und weiterer kosten auch des schuldners von dem genannten treuhandkonto, habe die vereinbarung mit herrn u. im interesse des schuldners gelegen; dieser sei damit mutmaßlich einverstanden gewesen. auf grund der untersuchungshaft des schuldners habe man seine ausdrückliche zustimmung nicht rechtzeitig einholen können; die vollmachten zu gunsten der beklagten zu 1) und 2) seien gerade mit blick auf diese situation ausgestellt worden. 45die beklagten bestreiten eine (drohende) zahlungsunfähigkeit des schuldners zum zeitpunkt der darlehensrückzahlung durch herrn u.. das bankhaus t. habe die rückzahlung der darlehen von dem schuldner nicht ernsthaft eingefordert. es habe während der langdauernden vergleichsverhandlungen stundungsabreden und stillhaltevereinbarungen gegeben. der schuldner habe seinerseits erhebliche einwendungen und gegenforderungen gegenüber dem bankhaus t. gehabt. auch habe das bankhaus t. weiter zugelassen, dass der schuldner zahlungen aus vermögensanlagen erhielt und immobilien veräußerte, auf die das bankhaus zum zwecke der befriedigung hätte zugriff nehmen können. auf eine von seiten des bankhauses mögliche verwertung von sicherheiten sei bewusst verzichtet worden. auch eine vermögensaufstellung des schuldners aus dezember 2013 lasse keine zahlungsunfähigkeit erkennen. 46jedenfalls hätten sie, die beklagten, keine kenntnis von einem benachteiligungsvorsatz des schuldners gehabt. 47auf grund der begleichung von lebenshaltungskosten und sonstigen kosten des schuldners im zeitlichen zusammenhang mit der überweisung von herrn u. sei auch kein vermögensnachteil auf seiten des schuldners eingetreten. 48zum insolvenzanfechtungsanspruch behauptet die beklagte zu 3), sie sei – in wirtschaftlicher hinsicht – nicht empfängerin der darlehensrückzahlung, da es sich bei dem konto mit der bezeichnung kx. gmbh um ein treuhandkonto handele. sie – die beklagte zu 3) – habe als uneigennützige treuhänderin gehandelt. 49die beklagten tragen weiter vor, die streitgegenständliche forderung sei bereits gegenstand eines vergleichs, den der kläger mit der ehefrau des schuldners geschlossen habe. der kläger habe anfechtungsansprüche in höhe von 4.080.000,- euro gegen die ehefrau des schuldners geltend gemacht und sich mit ihr auf eine vergleichszahlung in höhe von 82.000,- euro geeinigt. es sei davon auszugehen, dass der im vorliegenden verfahren streitgegenständliche betrag gegenstand der einigung mit der ehefrau des schuldners gewesen sei. 50im übrigen wird auf die wechselseitigen schriftsätze und den akteninhalt bezug genommen. 51
52die klage ist zulässig und in vollem umfang begründet. 53i. 54gegenüber der beklagten zu 3) mit sitz in der schweiz ergibt sich die internationale zuständigkeit des landgerichts bielefeld aus art. 3 abs. 1 euinsvo. nach der rechtsprechung des eugh ist art. 3 abs. 1 euinsvo dahin auszulegen, dass die gerichte des mitgliedstaats, in dessen gebiet ein insolvenzverfahren eröffnet worden ist, für eine insolvenzanfechtungsklage gegen einen anfechtungsgegner zuständig sind, der seinen wohnsitz nicht im gebiet eines mitgliedstaats hat (eugh, urteil vom 16.1.2014, az. c-328/12; vgl. auch: bgh, versäumnisurteil vom 27.3.2014, az. ix zr 2/12 – jeweils bei juris). örtlich zuständig ist in diesem fall entsprechend § 19a zpo, § 3 inso, art. 102 § 1 eginso das gericht am sitz des insolvenzgerichts (vgl. bgh, a. a. o.), im vorliegenden fall das landgericht bielefeld. 55im übrigen ist das landgericht bielefeld für die gegen die beklagten zu 1) und 2) erhobenen ansprüche nach § 32 zpo örtlich zuständig. der kläger hat einen deliktischen anspruch aus §§ 830 abs. 1 s. 1, 823 abs. 2 s. 1 bgb schlüssig vorgetragen. der erfolgsort der deliktischen handlung liegt in bielefeld, dem wohnort des klägers und belegenheitsort des vermögens des schuldners zum zeitpunkt der schädigenden handlung. im übrigen ist die zuständigkeit des landgericht bielefelds von den beklagten nicht gerügt worden, so dass jedenfalls von einer rügelosen einlassung i.s.d. § 39 zpo auszugehen ist. 56ii. 571. 58die im schriftlichen vorverfahren umfassend vorgetragenen argumente zu einer haftung der beklagten zu 1) und 2) nach § 266 stgb bedürfen im ergebnis keiner beantwortung, da gegenüber den beklagten zu 1) und 2) jedenfalls ein anspruch des klägers in der geltend gemachten höhe aus §§ 830 abs. 1 s. 1, 823 abs. 2 bgb i.v.m. § 283d abs. 1 nr. 2 var. 1 stgb besteht. 59auf diesen – von den parteien zunächst nicht berücksichtigten – rechtlichen aspekt hat die kammer mit verfügung vom 22.01.2021 (bl. 2098) gem. § 139 abs. 2 zpo hingewiesen. 60die beklagten können auch nicht mit dem - streitigen - vortrag durchdringen, die streitgegenständliche forderung sei bereits gegenstand eines vergleichs zwischen dem schuldner und seiner ehefrau gewesen. das diesbezügliche vorbringen der beklagten ist unsubstantiiert. die beklagten haben weder konkrete umstände und inhalte des vergleichsschlusses vorgetragen, noch für ihre behauptung beweis angeboten. 612. 62eine haftung der beklagten zu 1) und 2) setzt zunächst die verletzung eines schutzgesetzes i.s.d. § 823 abs. 2 bgb voraus. 63soweit die beklagtenseite in zweifel gezogen hat, dass es sich bei § 283d stgb um ein schutzgesetz handelt, tritt die kammer dieser auffassung nicht bei. 64kennzeichen eines schutzgesetzes i.s.d. § 823 abs. 2 bgb ist, dass es sich um eine norm handelt, die (auch) dem schutz von individualinteressen, sei es einzelner personen oder eines personenkreises, zu dienen bestimmt ist (bgh njw 2019, 3003; müko-bgb/wagner, 8. aufl., § 823 rdnr. 562). 65dies ist bei den insolvenzstraftaten nach §§ 283 ff. stgb und insbesondere auch § 283d stgb der fall (beckogk/spindler, § 823 rdnr. 574). nach der rechtsprechung des bgh schützt der straftatbestand des § 283d stgb im gleichlauf mit § 283 abs. 1 nr. 1 stgb die befriedigungsinteressen der gesamtheit der gläubiger (bgh njw 1989, 1167, siehe auch schönke/schröder-stgb 30. aufl., § 283d rdnr. 1). für den straftatbestand des § 283 abs. 1 nr. 1 stgb hat der bgh die schutzgesetzeigenschaft explizit bejaht (bgh nzi 2014, 1046). aufgrund der gleichlaufenden schutzrichtung der normen gilt daher für § 283d stgb nichts anderes. 66der vorliegend von dem kläger geltend gemachte anspruch ist gegenüber den beklagten zu 1) und 2) auch vom schutzbereich des § 283d stgb erfasst. der insolvenzverwalter nimmt kraft seines amtes die interessen der gläubiger wahr. der geltend gemachte anspruch steht hier in unmittelbarem zusammenhang mit den befriedigungsinteressen der gläubigergesamtheit. 673. 68zur überzeugung der kammer steht zudem fest, dass die beklagten zu 1) und 2) jedenfalls bedingt vorsätzlich gegen § 283d abs. 1 nr. 2 var. 1 stgb verstoßen haben. 69a. objektive tatbestandsvoraussetzungen 70die beklagten zu 1) und 2) haben jeweils dadurch, dass sie unter nutzung der ihnen erteilten generalvollmacht die streitgegenständliche darlehensrückzahlung auf das konto der beklagten zu 3) veranlasst haben, vermögensbestandteile des schuldners die im falle der eröffnung des insolvenzverfahrens zur insolvenzmasse gehören, jedenfalls zu dessen gunsten beiseite geschafft. 71aa. 72im ergebnis ist vorliegend von einer mittäterschaftlichen begehung i.s.d. § 25 abs. 2 stgb und § 830 abs. 1 s. 1 bgb auszugehen, da der beklagte zu 1) ausweislich des unstreitigen e-mail-verkehrs zwischen dem beklagten zu 2) und dem darlehensnehmer die auszahlung auf das konto der beklagten zu 3) anordnete und der beklagte zu 2) diese anordnung sodann unmittelbar an den darlehensnehmer weitergab. 73bb. 74bei der streitgegenständlichen forderung handelte es sich auch um einen vermögensbestandteil des schuldners. der schuldner hatte dem darlehensnehmer persönlich das streitgegenständliche darlehen gewährt und auch ausgezahlt. der hieraus entstandene rückzahlungsanspruch ist – gleich nach welchem recht er sich richtet – als vermögensbestandteil zu qualifizieren. 75der rückzahlungsanspruch hätte im fall der eröffnung des insolvenzverfahrens auch zur insolvenzmasse gehört. 76cc. 77mit der von den beklagten zu 1) und 2) vorgenommenen tathandlung haben diese den vorgenannten vermögensbestandteil auch i.s.d. § 283d abs. 1 stgb beiseitegeschafft. ein beiseiteschaffen im sinne des § 283d abs. 1 stgb liegt vor, wenn vermögenswerte in eine veränderte rechtliche oder tatsächliche lage verbracht werden, in der den gläubigern der alsbaldige zugriff unmöglich gemacht oder erschwert wird (müko-stgb, 3. aufl., § 283 rdnr. 13 mit zahlreichen nachweisen aus der rspr. des bgh). 78die rückzahlung des streitgegenständlichen darlehens auf ein schuldnerfremdes konto führte dazu, dass dem kläger und damit im ergebnis auch den gläubigern der zugriff auf die streitgegenständliche summe jedenfalls erheblich erschwert wurde. 79sofern das darlehen unmittelbar auf ein eigenes konto des schuldners, auf welches der kläger nach § 80 inso unmittelbar zugriff erhalten hätte, zurückgezahlt worden wäre, wäre der streitgegenständliche betrag unmittelbar zu gunsten der insolvenzmasse vereinnahmt worden. durch die von den beklagten zu 1) und 2) gewählte auszahlungsweise war der kläger indes gezwungen, zunächst außergerichtlich und sodann im rahmen der hiesigen klage an die beklagte zu 3) heranzutreten, um eine rückführung des betrages zur insolvenzmasse erreichen zu können. 80dd. 81das beiseiteschaffen erfolgte vorliegend auch – wenn nicht mit einwilligung – jedenfalls zu gunsten des schuldners. zwar hatte der schuldner selbst keinen unmittelbaren zugriff auf das konto der beklagten zu 3). von beklagtenseite ist jedoch selbst vorgetragen worden, dass von dem konto der beklagten zu 3) über die kx. gmbh umfangreiche ausgaben zur erhaltung des lebensstandards des schuldners und seiner damaligen ehefrau getätigt wurden. 82dass die zahlung dem schuldner zu gute kam, ist durch die vertragliche ausgestaltung der schuldverhältnisse zwischen dem schuldner, der kx. gmbh und der beklagten zu 3) belegt. 83ausweislich der anlage b1 (bl. 863 ff. d.a.) hatte die kx. gmbh im rahmen einer entgeltlichen geschäftsbesorgung die privaten vermögensbelange der familie des schuldners zu betreuen. explizit sah dieser vertrag in § 1 vor, dass u.a. auch die lebenshaltungskosten der familie des schuldners durch monatliche zahlungen der kx. gmbh bestritten werden sollte. 84zwischen der kx. gmbh und der beklagten zu 3) bestand wiederum ein unentgeltliches vertragsverhältnis, in dessen rahmen die beklagte zu 3) für die kx. gmbh als treuhänderin ein treuhandkonto einrichten sollte (siehe anlage b5, bl. 923 ff. d.a.). die zahlung des klagebetrags auf das konto der beklagten zu 3) kam damit auch dem schuldner zu gute. 85ee. 86zur überzeugung der kammer steht fest, dass der schuldner zum zeitpunkt der rückzahlung des darlehens seine zahlungen i.s.d. § 283d abs. 1 nr. 2 var. 1 stgb eingestellt hatte. 87zahlungseinstellung liegt – wie im insolvenzrechtlichen kontext nach § 17 abs. 2 s. 2 inso – vor, wenn der schuldner nach außen erkennbar aufgehört hat, aufgrund eines tatsächlichen oder angeblich dauernden mangels an liquiden mitteln gegenüber seinen gläubigern seine fälligen geldschulden zu begleichen (müko-stgb, 3. aufl., § 283 rdnr. 99; siehe zum insolvenzrechtlichen hintergrund uhlenbruck-inso, 15. aufl., § 17 rdnr. 152 sowie bgh nzi 2017, 64). 88nach der rechtsprechung des bgh kann sich das tatgericht im strafprozess die überzeugung vom vorliegen der zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 abs. 2 inso auch auf der grundlage wirtschaftskriminalistischer beweisanzeichen bilden, zu denen etwa das ignorieren von rechnungen oder mahnungen sowie gescheiterte vollstreckungsversuche gehören (bgh nstz 2019, 83; siehe auch bgh nzi 2017, 64 zur feststellung der zahlungseinstellung anhand von beweisanzeichen). eine abgrenzung ist insoweit von der strafrechtlich – und insolvenzrechtlich – nicht relevanten zahlungsstockung vorzunehmen. 89nach den feststellungen der kammer hatte der schuldner danach seine zahlungen jedenfalls bis zum zeitpunkt der taschenpfändung im august 2014 eingestellt und auch nicht wieder aufgenommen. 90das bankhaus t. hatte bereits im jahre 2011 kredite fällig gestellt, die der schuldner in der folge nicht zurückzahlte. sofern die beklagten in diesem zusammenhang eingewendet und behauptet haben, dass dem schuldner seinerseits gegenforderungen, die die darlehen bei weitem überstiegen, zugestanden hätten, handelte es sich, eine richtigkeit des beklagtenvortrags unterstellt, nicht um liquide mittel, die im rahmen einer gegenüberstellung zu berücksichtigen gewesen wären. 91im ergebnis greift auch die behauptung der beklagten, der schuldner habe mit der t. umfangreiche stillhaltevereinbarungen getroffen, nicht durch. 92denn der schuldner sah sich fälligen forderungen ausgesetzt, die er auch auf betreiben der jeweiligen gläubiger nicht bediente. 93unstreitig hatten die i. und my. jeweils im oktober 2011 klagen gegen den schuldner erhoben. jeweils unter dem 21.08.2012 hatte der schuldner sodann unter der federführung des beklagten zu 1) gerichtliche vergleiche mit den vorgenannten gläubigern geschlossen, mithin also zwei vollstreckungsfähige, rechtskräftige titel in einem volumen von insgesamt rd. 2,5 mio. euro gegen sich geschaffen. 94eine zahlung auf die hieraus fälligen forderungen erfolgte von seiten des schuldners nicht, vielmehr begannen die gläubiger vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. 95auch der unternehmer p. hatte gegen den schuldner einen titel bzgl. einer hauptforderung i.h.v. 6,97 mio. euro erwirkt. auch auf diese forderung leistete der schuldner nicht. stattdessen war der vorgenannte gläubiger gezwungen, ebenfalls zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzuleiten, die im ergebnis aber nur zu einer geringfügigen reduzierung der forderung führten. 96jedenfalls die vorgenannten forderungen wurden von den gläubigern im sinne der rechtsprechung des bgh ernsthaft eingefordert. an das ernsthafte einfordern sind keine überspannten anforderungen zu stellen. so sind rechtskräftig festgestellte forderungen – wie die vorgenannten – bei der beurteilung der krisensituation per se zu berücksichtigen (bgh nstz 2019, 83). verschärfend kommt hinzu, dass die gläubiger aus den rechtskräftig festgestellten forderungen auch (erfolglos) gegen den schuldner vorgingen. dieses vorgehen zog sich zudem über einen längeren zeitraum hin und gipfelte in der abgabe der vermögensauskunft und taschenpfändung im sommer 2014, über die auch eingehend medial berichtet wurde. 97nach außen erkennbar war damit in der gesamtbeschau ein verhalten des schuldners, welches den schluss einer bloßen zahlungsstockung keineswegs rechtfertigte, sondern im gegenteil nur auf eine zahlungseinstellung schließen ließ. auch medial hat der schuldner im rahmen von interviews selbst verlauten lassen, dass „er nicht an sein geld komme“. 98b. 99die objektive bedingung der strafbarkeit nach § 283d abs. 4 stgb liegt ebenfalls vor. unstreitig ist das insolvenzverfahren über das vermögen des schuldners mit beschluss des amtsgerichts bielefeld vom 03.07.2015 eröffnet worden. 100c. subjektiver tatbestand 101im gegensatz zu den subjektiven voraussetzungen des § 283d abs. 1 s. 1 nr. 1 stgb, der wenigstens dolus directus 2. grades im hinblick auf die drohende zahlungsunfähigkeit erfordert, genügt zur verwirklichung des subjektiven tatbestandes der nr. 2 dolus eventualis (müko-stgb, 3. aufl., § 283d rdnr. 15). 102dolus eventualis liegt nach der rechtsprechung des bgh vor, wenn der täter den eintritt des tatbestandlichen erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt, ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstrebten zieles willen zumindest mit der tatbestandsverwirklichung abfindet, mag ihm der erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (statt vieler: bgh nstz 2020, 217). in abgrenzung zur bewussten fahrlässigkeit darf der täter nicht darauf vertrauen, dass der erfolg nicht eintreten werde (bgh nstz 2008, 392). bei der beurteilung sind die objektiven und subjektiven umstände der tat heranzuziehen und insgesamt zu würdigen. 103nach diesen maßgaben steht zur überzeugung der kammer ein vorsätzliches handeln der beklagten zu 1) und 2) fest. 104aa. bzgl. des bekl. zu 1) 105der beklagte zu 1) war als rechtsanwalt des schuldners umfassend mit den geschäftlichen vorgängen des schuldners betraut. er hatte den schuldner bereits im rahmen seiner sich zuspitzenden finanziellen situation beraten. insbesondere war der beklagte zu 1) auch an dem abschluss der vergleiche mit i. und my. als prozessbevollmächtigter beteiligt. 106im engen zeitlichen zusammenhang mit der streitgegenständlichen rückzahlung des darlehens hatte die rechtsanwaltsgesellschaft des beklagten zu 1) gemeinsam mit einer weiteren rechtsanwaltsgesellschaft mit dem schuldner zudem eine honorarsicherungsvereinbarung getroffen. 107der inhalt der im tatbestand des urteils auszugsweise wiedergegebenen vereinbarung belegt, dass der schuldner der kanzlei des beklagten und einer weiteren kanzlei nicht nur ausstehende honorare von 4 mio. euro schuldete, sondern auch, dass die kanzlei des beklagten zu 1) die notwendigkeit sah, in zukunft entstehende honoraransprüche abzusichern. 108aufgrund der vorgenannten objektiven tatsachen besteht für die kammer kein zweifel daran, dass der beklagte zu 1), auch aufgrund seiner tätigkeit als rechtsanwalt, durch die rückzahlung des darlehens auf das konto der beklagten zu 3) die möglichkeit der verwirklichung des § 283d abs. 1 nr. 2 stgb als möglich und nicht ganz fernliegend erkannt hatte. auch war dem beklagten zu 1) vor diesem hintergrund klar, dass die rückzahlung des streitgegenständlichen darlehens auf das von ihm selbst benannte konto der beklagten zu 3) dazu führen würde, dass der darlehensbetrag im falle der eröffnung eines insolvenzverfahrens über das vermögen des schuldners den gläubigern zu gunsten des schuldners entzogen bzw. der zugriff erschwert werden würde. dem beklagten zu 1) waren aufgrund seiner langjährigen beratenden tätigkeit für den schuldner auch die vorgenannten umstände bekannt, die auf eine zahlungseinstellung des schuldners schließen ließen. 109bb. bzgl. des bekl. zu 2) 110auch hinsichtlich des beklagten zu 2) lässt sich ein bedingter vorsatz zur überzeugung der kammer feststellen. 111bereits nach den unstreitig zu grunde zu legenden tatsachen ist es fernliegend, dass der beklagte zu 2) eine zahlungseinstellung auf seiten des schuldners nicht wenigstens billigend in kauf genommen haben will. es ist lebensfremd anzunehmen, dass sich der beklagte zu 2) ohne nähere prüfung eine generalvollmacht für alle belange des schuldners einräumen ließ und dass bei seinem besuch seines vaters – des schuldners – in der haft die finanzielle situation überhaupt kein gesprächsthema gewesen sein soll. auch dass der beklagte zu 2) ausweislich des e-mailverkehrs mit dem darlehensnehmer sich zunächst von dem beklagten zu 1) instruieren ließ, wohin das streitgegenständliche darlehen zurückgezahlt werden soll und er diese informationen völlig unkritisch übernahm, geht über vertrauen auf das ausbleiben eines tatbestandlichen erfolges hinaus, auch wenn der beklagte zu 2) nicht jedes detail der finanziellen situation seines vaters gekannt haben will. 112auch die äußerungen des beklagten zu 2) im rahmen der persönlichen anhörung im termin vom 22.04.2021 sind beleg für das vorliegen eines bedingten vorsatzes auf seiten des beklagten zu 2). 113der beklagte zu 2) hat erklärt, dass er jedenfalls aus der presseberichterstattung über die wirtschaftliche lage seines vaters im jahr 2014 informiert worden sei. insbesondere war ihm nach eigenen angaben bekannt, dass sein vater eine vermögensauskunft abgeben musste. 114auf der anderen seite sei von seiten der berater des schuldners mitgeteilt worden, dass schadensersatzansprüche gegen die bank in zwei- bis dreistelliger millionenhöhe geltend gemacht würden. es sei eine gewisse erfolgsaussicht suggeriert worden, so dass der schluss auf eine wirtschaftliche krise nicht nahegelegen habe. 115der beklagte zu 2) hat weiter ausgeführt, dass er zwar gewusst habe, dass sein vater auch konten bei der commerzbank gehabt habe. dies sei die hausbank der familie gewesen. kontonummern seien ihm nicht bekannt gewesen. er habe gewusst, dass das konto der beklagten zu 3) auch dazu benutzt worden sei, ausgaben für die familie zu begleichen. er habe deswegen auch nicht in frage gestellt, dass es sich um einen zulässigen vorgang gehandelt habe, das geld auf dieses konto überweisen zu lassen. 116er habe auch nicht nachgefragt, weshalb das streitgegenständliche konto zu benutzen sei, als der beklagte zu 1) ihm dieses mitgeteilt habe. er habe auch nicht daran gedacht, die bank zu kontaktieren, um nachzufragen, auf welches konto das geld fließen könnte. es habe auch kein anlass bestanden, seine mutter zu fragen, auf welches konto der darlehensbetrag überwiesen werden sollte. auch seine mutter habe mit den geschäftlichen vorgängen des schuldners nichts zu tun gehabt. geschäftliche belange des schuldners und familiäre seien immer getrennt worden. 117bei der gesamtwürdigung kann zu gunsten des beklagten zu 2) zu grunde gelegt werden, dass er offenbar recht plötzlich und ohne zuvor in die wirtschaftlichen verhältnisse des schuldners im einzelnen eingearbeitet gewesen zu sein, finanzielle belange des schuldners wahrnehmen musste. andererseits ist jedoch nur wenig glaubhaft, dass dem beklagten zu 2), der sich beruflich im bereich der unternehmensberatung betätigt, die finanzielle lage des schuldners vollständig verborgen geblieben sein soll und er sich quasi blindlings auf etwaige beschwichtigungen des schuldners und des beklagten zu 1), dass „alles in ordnung sei und nur mit harten bandagen gekämpft werde“, verlassen hat. hinzu kommt, dass dem beklagten zu 2) nach eigenen angaben auch die unmittelbaren umstände der inhaftierung des schuldners bekannt waren und ihm auch details der gegen den schuldner erhobenen forderungen bekannt waren. nicht nachvollziehbar ist auch der wiederholte verweis des beklagten zu 2) auf die angeblich strenge trennung privater und geschäftlicher belange. auf der einen seite ordnet der beklagte zu 2) die darlehensrückzahlung dem geschäftlichen bereich des schuldners zu und will aber gleichzeitig nicht in frage gestellt haben, dass die rückzahlung auf ein konto erfolgen sollte, welches nach seiner kenntnis privaten belangen, nämlich der begleichung von lebenshaltungskosten der familie, diente. 118vor diesem hintergrund ist davon auszugehen, dass der beklagte zu 2) es jedenfalls als möglich und nicht ganz fernliegend erkannt hatte, dass die rückzahlung des darlehens auf ein nicht unmittelbar dem schuldner zugehöriges konto erfolgte und der überwiesene geldbetrag zu gunsten des schuldners und zu lasten der gläubiger beiseite geschafft wurde. 1194. 120vorliegend sind keine rechtfertigungs- oder schuldausschließungsgründe erkennbar. insbesondere ist auch nicht dargetan, dass sich die beklagten zu 1) und 2) in rechtlich erheblicher weise über die wirtschaftliche situation des schuldners in einem irrtum befunden hätten. 1215. 122der verstoß gegen das schutzgesetz hat nach § 823 abs. 2 bgb zur folge, dass die beklagten zu 1) und 2) dem kläger zum ersatz des hieraus entstandenen schadens verpflichtet sind. durch die handlungen der beklagten zu 1) und 2) ist der insolvenzmasse ein betrag in höhe der klageforderung entzogen worden. sie ist daher dem kläger zurückzugewähren. die beklagten zu 1) und 2) haften dabei als gesamtschuldner gegenüber dem kläger, § 830 abs. 1 s. 1 bgb. 123iii. 124die beklagte zu 3) haftet dem kläger auf den geltend gemachten schadensersatzbetrag aus §§ 129, 133, 143 inso a.f. 1251. 126da das insolvenzverfahren über das vermögen des schuldners mit beschluss vom 03.07.2015 eröffnet wurde, sind vorliegend nach art. 103j eginso die anfechtungsnormen in der bis zum 04.04.2017 gültigen fassung anzuwenden. 1272. 128die im prozess aufgeworfene streitfrage, ob die beklagte zu 3) als gänzlich uneigennützige treuhänderin als empfängerin einer unentgeltlichen leistung nach § 134 inso haftet, bedarf keiner abschließenden beantwortung, da jedenfalls die voraussetzungen einer vorsatzanfechtung nach § 133 inso gegeben sind und die beklagte zu 3) nach § 143 inso verpflichtet ist, die vereinnahmte darlehensrückzahlung zur insolvenzmasse zurückzuführen. 129die beklagte kann sich hierbei insbesondere auch nicht auf entreicherung berufen. 1303. 131gem. §§ 129 i, 133 i inso ist eine rechtshandlung anfechtbar, welche die insolvenzgläubiger benachteiligt, wenn der schuldner sie in den letzten zehn jahren vor dem antrag auf eröffnung des insolvenzverfahrens oder nach diesem antrag mit dem vorsatz, seine gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat und der andere teil zur zeit der handlung den vorsatz des schuldners kannte. 132a. 133die auf anweisung der beklagten zu 1) und 2) erfolgte überweisung auf das konto der beklagten zu 3) bewirkte infolge des damit verbundenen vermögensabflusses eine objektive gläubigerbenachteiligung i.s.d. § 129 i inso. 134eine gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die rechtshandlung entweder die schuldenmasse vermehrt oder die aktivmasse verkürzt und dadurch den zugriff auf das vermögen des schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, sich somit die befriedigungsmöglichkeiten der insolvenzgläubiger ohne die handlung bei wirtschaftlicher betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (st. rspr., siehe nur bgh njw 2012, 1959). durch die überweisung an die beklagte zu 3) haben die beklagten zu 1) und 2) zum nachteil der gläubiger des schuldners finanzielle mittel in höhe der klageforderung entäußert, ohne hierfür eine gleichwertige gegenleistung zu erhalten (siehe schon oben ziff. ii.3.a.). gläubiger des schuldners hätten das treuhandguthaben nicht wie dessen bankguthaben auf grund eines vollstreckungstitels gegen den schuldner pfänden können, so dass ein zugriffshindernis entstanden ist (bgh njw 2012, 1959 rn. 12). 135b. 136der streitgegenständlichen vermögensverschiebung liegt auch eine rechtshandlung des schuldners zu grunde, da dieser im rahmen der den beklagten zu 1) und 2) erteilten generalvollmacht von diesen vertreten wurde. unter einer rechtshandlung ist jede bewusste willensbetätigung zu verstehen, die eine rechtliche wirkung auslöst (vgl. bgh njw-rr 2010, 118). deshalb sind nach § 133 abs. 1 inso auch mitwirkende rechtshandlungen des schuldners anfechtbar (vgl. müko-inso, § 133 rn. 8). die von den beklagten zu 1) und 2) unmittelbar veranlasste auszahlungshandlung ist dem schuldner gem. § 164 bgb zuzurechnen und im übrigen ist auch die erteilung der vollmacht als solche als mitwirkende rechtshandlung des schuldners zu qualifizieren. 137c. 138nach den feststellungen der kammer liegen sowohl ein benachteiligungsvorsatz des schuldners als auch eine entsprechende kenntnis der beklagten zu 3) vor. 139aa. 140für die beurteilung des benachteiligungsvorsatzes des schuldners kommt es gemäß § 166 abs. 1 bgb auf das wissen und wollen seiner vertreter, der beklagten zu 1) und 2), an (vgl. bgh njw 1984, 1953). 141der benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der schuldner bei vornahme der rechtshandlung (§ 140 inso) die benachteiligung der gläubiger im allgemeinen als erfolg seiner rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche folge – sei es auch als unvermeidliche nebenfolge eines an sich erstrebten anderen vorteils – erkannt und gebilligt hat (bgh njw 2015, 3503). im hinblick auf die erfüllung des tatbestandes des § 283d abs. 1 nr. 2 1. var. stgb bei den beklagten zu 1) und 2) ist bei gesamtwürdigung der zu grunde zu legenden umstände von einem zurechenbaren gläubigerbenachteiligungsvorsatz auf seiten des schuldners auszugehen (s.o. ziff. ii.3.). 142bb. 143gleichermaßen hatte die beklagte zu 3) kenntnis von dem gläubigerbenachteiligungsvorsatz des schuldners. 144da der beklagte zu 1), als vertreter des schuldners (§ 166 abs. 1 bgb, s.o.), mit benachteiligungsvorsatz handelte, kannte auch die beklagte zu 3) diesen vorsatz, da der beklagten zu 3) das wissen des beklagten zu 1) als mitglied des verwaltungsrats, d.h. dem obersten exekutivorgan, dem die führung der geschäfte einer aktiengesellschaft nach schweizer recht obliegt (§ 716a abs. 1 ziff. 1 obligationenrecht), zugerechnet wird. 145d. 146nach § 143 abs. 1 inso hat die beklagte zu 3) die vereinnahmte darlehensrückzahlung zur insolvenzmasse zurückzugewähren. 147es kann im ergebnis dahingestellt bleiben, ob die beklagte zu 3) die vereinnahmte darlehensrückzahlung als uneigennützige treuhänderin entgegengenommen hat, sie den klagebetrag an die kx. gmbh weitergeleitet hat oder der klagebetrag für die lebenshaltungskosten des schuldners verbraucht worden ist. dies entlastet die beklagte zu 3) jeweils nicht. 148aa. 149ist der anfechtungsgegner nicht in der lage, der ihn nach § 143 abs. 1 s. 1 inso treffenden verpflichtung nachzukommen, hat er nach § 143 abs. 1 s. 2 inso, §§ 819 abs. 1, 818 abs. 4, 292 abs. 1, 989 bgb wertersatz zu leisten. gemäß § 143 abs. 1 s. 2 inso gilt der mangel des rechtlichen grundes als von anfang an bekannt, so dass die beklagte zu 3) als anfechtungsgegnerin wie ein bösgläubiger bereicherungsschuldner der verschärften haftung des § 819 abs. 1 bgb unterworfen und so zu behandeln ist, als wäre der rückgewähranspruch gegen sie im zeitpunkt der vornahme der angefochtenen handlung (§ 140 inso) rechtshängig geworden (bgh njw 2012, 1959 rn. 31). 150bb. 151die beklagte zu 3) kann sich nicht mit erfolg darauf berufen, aus der entgegennahme der gelder des schuldners und einer etwaigen weiterleitung als uneigennützige treuhänderin keinen eigenen vorteil gezogen zu haben. 152nach der rechtsprechung des bgh gelten die zum uneigennützigen treuhänder als anfechtungsgegner entwickelten rechtsgrundsätze unabhängig davon, ob dieser die auf ihn vom schuldner übertragenen vermögensgegenstände weisungsgemäß an einen dritten weitergeleitet hat oder ob er dabei behilflich war, sie auf andere weise, etwa durch eine verdeckte rückführung an den schuldner, beiseite zu schaffen (bgh njw 2015, 3503). diese rechtliche bewertung ist mit rücksicht auf den zweck der insolvenzanfechtung, im interesse der wiederherstellung des schuldnervermögens bestimmte, als ungerechtfertigt angesehene vermögensverschiebungen rückgängig zu machen, allein sachgerecht (bgh a.a.o.). versagte der wertersatzanspruch gegen einen uneigennützigen treuhänder, könnte der schuldner durch einsatz einer solchen person sein vermögen verheimlichen und beiseiteschaffen, indem er es zunächst auf einen treuhänder überträgt und sich sodann unter möglichst undurchsichtigen und unkontrollierbaren umständen wieder zurückgewähren lässt. er hätte damit die möglichkeit, die der gläubigergleichbehandlung verpflichtete insolvenzanfechtung auf einfachstem wege zu unterlaufen (bgh njw 2012, 1959). es wäre ein widersinniges ergebnis, wenn eine als treuhänder eingesetzte person ihm vor verfahrenseröffnung von dem schuldner zwecks vereitelung eines zugriffs vorübergehend übertragene vermögenswerte vor oder nach verfahrenseröffnung ohne anfechtungsrisiko heimlich zurückgewähren könnte (vgl. bgh njw 1994, 726). damit würden sogar fälle eines kollusiven zusammenwirkens von schuldner und treuhänder allgemein der anfechtung entzogen (bgh njw 2015, 3503). 153die zwischenschaltung der beklagten zu 3) als uneigennützige treuhänderin der kx. gmbh diente vorliegend als vehikel, um zahlungen an die kx. gmbh einzunehmen, die wiederum später zur erhaltung des lebensstandards der familie des schuldners aufgewendet wurden. die gegenüber der beklagten zu 3) vorgenommene rückzahlung des darlehens ist anfechtbar und von der beklagten zu 3) zurückzugewähren, da die abwicklung über die beklagte zu 3) allein dazu diente, eine etwaige rückforderung zur insolvenzmasse unter hinweis auf die uneigennützigkeit der treuhandschaft der beklagten zu 3) zurückweisen zu können. dem so formulierten versuch der beklagten zu 3), eine eigene haftung zu vermeiden, hat der bgh zu recht im sinne des gläubigerschutzes eine absage erteilt. 154der kläger muss sich insoweit auch nicht – wie die beklagten meinen – allein auf eine etwaige anfechtung gegenüber der kx. gmbh verweisen lassen. 155cc. 156die streitgegenständliche klageforderung ist damit auch von der beklagten zu 3) nach § 143 abs. 1 inso zur insolvenzmasse zurückzugewähren. 157iv. 1581. 159ein anspruch auf die mit dem klageantrag zu ziff. 1 geltend gemachten zinsen ergibt sich aus §§ 280 abs. 1, 2, 286 bgb. der kläger hatte die beklagten außergerichtlich erfolglos mit frist bis zum 29.03.2018 zur zahlung aufgefordert. 1602. 161hinsichtlich der mit dem klageantrag zu ziff. 2 geltend gemachten zinsen ergibt sich der anspruch aus § 143 abs. 1 s. 2 inso i. v. mit § 819 abs. 1, 818 abs. 4, 291 s. 2, 288 abs. 1 s. 2 bgb i. v. mit art 103j abs. 1 eginso (bgh, urteil vom 1.2.2007, az. ix zr 96/04, njw-rr 2007, 557 [558]). gemäß § 103j abs. 2 s. 2 eginso endet diese verzinsung am 04.04.2017. 162v. 163die kostenentscheidung beruht auf § 91 zpo, die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit auf § 709 s. 1, 2 zpo. 164vi. 165der streitwert wird auf 54.500,19 eur festgesetzt. er orientiert sich an dem referenzkurs der ezb am 16.07.2018 (eingang der klage; 1 usd = 0,85 eur; vgl. olg hamburg, urt. v. 13.07.2016, 6 u 152/11, beckrs 2016, 15565).
Klaeger*in
1
183,815
1 K 1813/11
2014-02-20T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand:2Die Klägerin wendet sich gegen ihre Umsetzung vom Dienstposten der Personaldezernentin zum Dienstposten der Leitung der Stabsstelle Integration Team on Human Resources, Gender and Diversity Management (IGaD).3Nach dem Studium der Politikwissenschaft und der Absolvierung des höheren Verwaltungsdienstes war die am 00.00.0000 geborene Klägerin ab 1994 im Dienst des Landes NRW tätig, zuletzt als Oberregierungsrätin in der Schulabteilung der Bezirksregierung Köln. Zum 1. April 2007 wurde sie auf Grund ihrer erfolgreichen Bewerbung von der Bezirksregierung Köln mit dem Ziel der Versetzung zu der Beklagten abgeordnet. Sie übernahm dort die Leitung des Dezernats 8.0 - Personal. Mit Wirkung zum 1. Juli 2007 wurde sie zu der Beklagten versetzt. Nach Ableistung der laufbahnmäßigen Probezeit wurde sie zum 1. Januar 2008 zur Verwaltungsdirektorin (A15 BBesO) befördert.4Am 9. August 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie auf den Dienstposten der Leitung des IGaD umgesetzt werden solle und erbat ihre Zustimmung. Die Klägerin verweigerte diese mit Schreiben vom 9. September 2011. Sie verzichtete auf die Beteiligung des Personalrates. Die Gleichstellungsbeauftragte erhob keine Bedenken gegen die Umsetzung.5Durch Verfügung vom 27. September 2011 setzte die Beklagte die Klägerin auf den Dienstposten der Leitung des IGaD mit Wirkung zum 1. November 2011 um. Der Verfügung war eine Aufgabenbeschreibung des IGaD beigelegt:6„7- Zuständig für die Gender und Diversity Policy der RWTH [...]8- Erarbeitung und kontinuierliche Weiterentwicklung, Anpassung und Verbesserung des Gender- und Diversity-Konzeptes für die Hochschule.9- Entwicklung von (Geschäfts-) Prozessen für diese Handlungsfehler mit den jeweils beteiligten Einrichtungen der RWTH10- Beratung der Fakultäten und Einrichtungen der RWTH hinsichtlich deren Programme zu Gender und Diversity11- Vorbereitung entsprechender Empfehlungen für die Hochschulleitung, wobei Aspekte wie Work Life Balance ebenso zu berücksichtigen sind wie die Personal- und Entwicklungskonzepte der Hochschule12- Evaluation und Analyse der Programme zur Verbesserung des vorhandenen Gender und Diversity Bewusstseins in den Bereichen Forschung, Lehre und Verwaltung13- Erarbeitung von Konzepten zur Steigerung des Frauenanteils bei Professuren und Post-doc-Stellen14- Unterstützung des Aufbaus von Wiedereinstiegsarbeitsplätzen sowie der Etablierung einer proaktiven Rekrutierungsstrategie für Hochqualifizierte im Rahmen des Exzellenzkonzepts RWTH 2020 – Meeting Global Challenges“15Am 14. Oktober 2011 fertigte der Kanzler der Beklagten einen Vermerk über die Bewertung des Dienstpostens der Leitung des IGaD. Danach habe das IGaD eine strategisch wichtige Bedeutung für die Beklagte, da die Erfolge in dem Bereich Gender und Diversity eine zentrale Rolle für die Einwerbung von Forschungsmitteln besäßen. Die Leitung müsse über umfassende Kenntnisse der Strukturen der RWTH ebenso verfügen wie über herausragende kommunikative Fähigkeiten. Umfangreiche Kenntnisse im Personalrecht und möglichst langjährige Führungserfahrung seien erforderlich. Obwohl die wahrgenommene Personalverantwortung im Vergleich zu großen Dezernaten der zentralen Hochschulverwaltung gering sei, seien die fachlichen Anforderungen und die mit der Stelle verbundene Bewertung vergleichbar mit den Dezernaten, die ebenfalls geringe Personalverantwortung hätten, aber inhaltlich entsprechend anspruchsvolle Tätigkeiten ausübten. Auch der Vergleich zur Stelle des Datenschutzbeauftragten der RWTH, die mit E15 TV-L bewertet sei, rechtfertige eine Bewertung der Stelle der Leitung des IGaD mit E15 TV-L bzw. A15 BBesO.16Die der Umsetzungsverfügung beigelegte Aufgabenbeschreibung wurde vom Rektorat in der Rektoratssitzung der Beklagten vom 15. November 2011 unter dem Tagesordnungspunkt 6 „Änderungen in der ZHV-Organisation“ beschlossen. Nach dem Sitzungsprotokoll sollte dadurch dokumentiert werden, dass nach der Umsetzung der Klägerin das IGaD nicht mehr rein wissenschaftlich, sondern administrativ ausgerichtet sei. Das Rektorat fasste zusätzlich den Beschluss, der Prorektorin für Personal und wissenschaftlichen Nachwuchs, Frau Professorin L. , die fachliche Zuständigkeit für das IGaD mit entsprechender Berichtspflicht gegenüber dem Rektorat zu übertragen. Davon unbenommen sollte die Zuständigkeit des Kanzlers für alle dienstrechtlichen Angelegenheiten der IGaD-Leitung und nichtwissenschaftlichen Beschäftigten bleiben, da dieser gem. § 33 HG NRW Dienstvorgesetzter aller nichtwissenschaftlicher Mitarbeiter sei.17Am 12. Oktober 2011 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass ihr neuer Dienstposten nicht amtsangemessen sei. Sie werde weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht ausreichend beschäftigt. Die Aufgabe des IGaD sei wissenschaftlich geprägt und damit für sie laufbahnfremd. Die Beklagte habe nicht schon vor der Umsetzung langfristig geplant, das IGaD administrativ auszurichten. Das IGaD besitze keine durch Geschäftsordnung zugewiesene Aufgaben und Entscheidungskompetenzen. Dem IGaD zugewiesene Aufgaben würden häufig schon durch andere Stellen der Universität, z.B. die Gleichstellungsbeauftragte, wahrgenommen. Die Auslagerung von zentralen Verwaltungsaufgaben in eine andere Hochschuleinheit als der Zentralen Hochschulverwaltung sei mit dem Hochschulorganisationsrecht, insbesondere § 25 HG NRW, nicht vereinbar. Die Umsetzung sei zudem eine verdeckte Disziplinarmaßnahme. Hintergrund sei eine Meinungsverschiedenheit zwischen ihr und dem Kanzler über die Gewährung von Überstundenpauschalen für freigestellte Personalratsmitglieder. Durch die Umsetzung zum IGaD verfolge der Kanzler das Ziel, sie wegen dieser Auseinandersetzung zum Verlassen der RWTH zu zwingen.18Die Klägerin beantragt,19die Beklagte unter Aufhebung ihrer Umsetzungsverfügung vom 27. September 2011 zu verurteilen, sie auf ihren bisherigen Dienstposten als Personaldezernentin rückumzusetzen,20hilfsweise,21die Beklagte zu verurteilen, sie amtsangemessen zu beschäftigen.22Die Beklagte beantragt,23die Klage abzuweisen.24Sie ist der Ansicht, dass die Beschäftigung der Klägerin auf dem Dienstposten der Leitung des IGaD amtsangemessen sei. Der Posten sei laufbahnrechtlich zutreffend mit A15 BBesO/E15 TV-L bewertet. Das IGaD sei ursprünglich eingerichtet worden, um allen Beteiligten in der Hochschule zu verdeutlichen, dass das Rektorat dem Thema Gender and Diversity - nicht zuletzt wegen der Exellenzinitiative - eine hohe Bedeutung beimesse. Die Stabsstelle sei ursprünglich wissenschaftlich ausgerichtet gewesen. Das Rektorat habe aber dann die administrative Neuausrichtung des IGaD beschlossen, weshalb der der Klägerin übertragene Dienstposten auch nicht laufbahnfremd sei. Eine geschäftsordnungsmäßige Zuweisung von Aufgaben sei wegen der Querschnittsfunktion des IGaD nicht erforderlich. Ihre Umsetzung sei keine verdeckte Disziplinarmaßnahme. Ihre Zusammenarbeit mit Rektor und Kanzler sei zwar nicht immer ganz spannungsfrei gewesen, weil die von ihr erarbeiteten Lösungsvorschläge in Personalangelegenheiten nicht immer die Zustimmung des Kanzlers gefunden haben. Die Umsetzungsentscheidung habe aber keinen Strafcharakter.25Die Klägerin hat ihr Begehren mit einem Antrag im vorläufigen Rechtsschutz verfolgt, den die Kammer durch Beschluss vom 6. Dezember 2011 – 1 L 417/11 – abgelehnt hat. Die gegen die Entscheidung erhobene Beschwerde hat das OVG NRW durch Beschluss vom 24. April 2012 – 6 B 1575/11 – zurückgewiesen.26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge und der Gerichtsakte des Verfahrens gleichen Rubrums 1 L 417/11 Bezug genommen.27Entscheidungsgründe:28Die als allgemeine Leistungsklage zulässige Klage hat weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Die Umsetzung der Klägerin durch die Verfügung des Kanzlers der Beklagten vom 27. September 2011 ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO analog.29Die Klägerin kann nicht beanspruchen, auf den Dienstposten der Personaldezernentin rückumgesetzt zu werden. Sie kann auch nicht erfolgreich einen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung geltend machen, da sie auf dem Dienstposten der Leiterin des IGaD bereits ihrem statusrechtlichen Amt einer Verwaltungsdirektorin (A15 BBesO) amtsangemessen beschäftigt wird.30Die Umsetzung eines Beamten ist die das statusrechtliche und das funktionelle Amt im abstrakten Sinn unberührt lassende Zuweisung eines anderen Dienstpostens (funktionelles Amt im konkreten Sinn) innerhalb der Behörde. Sie ist kein Verwaltungsakt, sondern zu der Vielzahl der im Einzelnen nicht normativ erfassten Maßnahmen zu rechnen, die zur Erhaltung und Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung unerlässlich sind. Sie gehört ihrem objektiven Sinngehalt nach zu den Anordnungen, die die dienstliche Verrichtung eines Beamten betreffen und sich in ihren Auswirkungen auf die organisatorische Einheit beschränken, der der Beamte angehört.31Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980 - 2 C 30/78 -, BVerwGE 60, 144 = juris, Rn. 16, ständige Rechtsprechung.32Rechtsschutz gegen eine rechtwidrige Umsetzung kann ein Beamter nur in der Weise beanspruchen, dass der ihn belastende Fehler, mit welchem die Umsetzung behaftet ist, ausgeräumt wird. So kann der Entzug des bisherigen Dienstpostens fehlerhaft sein und deshalb einen Anspruch auf Rückübertragung dieses Dienstpostens auslösen, ohne dass es auf die Rechtmäßigkeit der Umsetzung im Übrigen ankäme. Zum anderen kann die Entbindung von den bisherigen Dienstaufgaben zwar rechtsfehlerfrei sein, die Übertragung des neuen Dienstpostens aber schützenswerte Rechte des Beamten, insbesondere seinen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung, verletzen. Ist lediglich die Zuweisung der neuen, nicht amtsangemessenen Aufgaben an den Beamten rechtswidrig, beschränkt sich sein Anspruch auf eine neue ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen dienstlichen Einsatz.33Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. November 1998 - 2 B 91/98 -, juris, Rn. 5; VG Münster, Urteil vom 12. November 2010 - 4 K 1359/07 -, juris, Rn. 17, jeweils m.w.N.34Gemessen an diesen Anforderungen steht der Klägerin weder ein Anspruch auf Rückumsetzung auf den Posten der Leiterin des Dezernates 8.0 (Personal) noch auf amtsangemessene Beschäftigung auf einem anderem Dienstposten zu.35Die Umsetzung der Klägerin ist formell rechtmäßig.36Der Personalrat musste nicht an der Umsetzung beteiligt werden. Nach § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG hat der Personalrat mitzubestimmen in Personalangelegenheiten bei einer Umsetzung innerhalb der Dienststelle für eine Dauer von mehr als drei Monaten. Gemäß § 72 Abs. 1 Satz 2 LPVG gilt dies für die in § 11 Abs. 2 b) LPVG bezeichneten Beschäftigten aber nur, wenn sie es beantragen. In § 11 Abs. 2 b) LPVG werden als Beschäftigte die bezeichnet, die zu selbständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten der Dienststelle befugt sind. Die Klägerin war als Personaldezernentin zu solchen Entscheidungen befugt. Sie hat auf die Beteiligung des Personalrats verzichtet.37Die Gleichstellungsbeauftragte wurde ordnungsgemäß beteiligt, vgl. § 17 Abs. 1 Halbsatz 1 LGG NRW.38Die Umsetzung ist auch materiell rechtmäßig.39Nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte hat der Beamte keinen Anspruch auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen konkret-funktionellen Amts (Dienstpostens). Er muss vielmehr eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereichs durch Umsetzung oder andere organisatorische Maßnahmen nach Maßgabe seines Amts im statusrechtlichen Sinne hinnehmen.40Vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Mai 1980 – 2 C 30/78 -, a.a.O., juris, Rn. 23, und vom 28. November 1991 – 2 C 41/89 -, BVerwGE 89, 199 = juris, Rn. 19.41Dies gilt auch im Hinblick auf die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG.42Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 30. Januar 2008 – 2 BvR 754/07 -, NVwZ 2008, 547 = juris, Rn. 13 ff.43Der Dienstherr kann aus jedem sachlichen Grund den Aufgabenbereich des Beamten verändern, solange diesem ein amtsangemessener Aufgabenbereich verbleibt. Besonderheiten des bisherigen Aufgabenbereichs des dem Beamten übertragenen Amts, wie beispielsweise der Vorgesetztenfunktion, Beförderungsmöglichkeiten oder einem etwaigen gesellschaftlichen Ansehen, kommt keine das Ermessen des Dienstherrn bei der Änderung des Aufgabenbereichs einschränkende Wirkung zu.44Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 1991 – 2 C 41/89 -, a.a.O., juris, Rn. 19.45Das für den amtsangemessenen Aufgabenbereich maßgebliche statusrechtliche Amt wird durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe, durch das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe und durch die dem Beamten verliehene Amtsbezeichnung gekennzeichnet. In abstrakter Weise wird dadurch seine Wertigkeit in Relation zu anderen Ämtern zum Ausdruck gebracht.46Vgl. BVerwG, Urteile vom 29. April 1982 – 2 C 41/80 -, BVerwGE 65, 270 = juris, Rn. 13; vom 24. Januar 1991 – 2 C 16/88 -, BVerwGE 87, 310 = juris, Rn. 24; und vom 3. März 2005 – 2 C 11.04, BVerwGE 123, 107 = juris, Rn. 26, m.w.N.47Der Anspruch des Beamten auf eine amtsangemessene Beschäftigung verbietet es jedoch, ihm dauerhaft einen Dienstposten zu übertragen, der nicht dem statusrechtlichen Amt entspricht. Die für die amtsgemäße Besoldung gemäß § 18 BBesG notwendige Zusammenschau von Amt im statusrechtlichen und im funktionellen Sinne steht einer dauernden Trennung von Amt und Funktion grundsätzlich entgegen.48Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2006 – 2 C 26/06 -, a.a.O., juris, Rn. 11, m.w.N.49Gemessen an diesen Anforderungen wird die Klägerin auf dem Dienstposten der Leitung des IGaD amtsangemessen beschäftigt.50Die Beklagte hat den Dienstposten zutreffend mit A15 BBesO bewertet; dies entspricht dem statusrechtlichen Amt der Klägerin. Die rechtliche Bewertung von Dienstposten, d.h. ihre Zuordnung zu statusrechtlichen Ämtern einer bestimmten Besoldungsgruppe, erfolgt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Besoldungs- und des Haushaltsrechts durch den Dienstherrn gemäß dessen organisatorischer Gestaltungsfreiheit. Eine andere rechtliche Beurteilung käme allenfalls dann in Betracht, wenn sich die Bewertung eines Dienstpostens als Missbrauch der organisatorischen Gestaltungsfreiheit des Dienstherrn und damit als Manipulation zum Nachteil des Beamten darstellen würde, d.h. wenn sich der Dienstherr bei der Bewertung des Dienstpostens nicht von sachbezogenen Erwägungen hätte leiten lassen, sondern solche Erwägungen nur vorgeschoben hätte, um den Beamten auf einem Dienstposten zu verwenden, dem er in Wahrheit selbst nicht eine dem statusrechtlichen Amt entsprechende Bedeutung beimisst.51Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 1991 – 2 C 7/89 -, a.a,O., juris, Rn. 19 f., m.w.N.; VG Münster, Urteil vom 12. November 2010 – 4 K 1359/07 -, juris, Rn. 34.52Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte bei der Bewertung des Dienstpostens nicht willkürlich gehandelt. Die Besoldungsgruppe A15 BBesO ist die zweithöchste Stufe der A-Besoldung. Ein Beamter, der Inhaber eines nach A15 BBesO besoldeten statusrechtlichen Amtes ist, hat deshalb Anspruch darauf, einen in der Verwaltungshierachie entsprechend bedeutenden Dienstposten zu bekleiden. Dies ist bei dem Dienstposten der Leitung des IGaD der Fall. Das IGaD ist in der Verwaltungshierachie der Beklagten hoch angesiedelt, da es als Stabsstelle unmittelbar dem Rektorat unterstellt ist. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass das Thema Gender and Diversity für die RWTH auf Grund der Exellenzinitiative und zur Einwerbung von Forschungsgeldern einen besonderen Stellenwert hat.53Die Bewertung des Dienstpostens mit A15 BBesO ist auch nicht wegen der gegenüber dem vorherigen Dienstposten der Klägerin geringeren Personalverantwortung rechtlich zu bestanden. Auf ihrem neuen Dienstposten übt die Klägerin ebenfalls eine leitende Funktion aus und besitzt gegenüber ihren Mitarbeitern die Vorgesetztenfunktion. Dass sich die Personalverantwortung quantitativ verringert hat, mindert die Wertigkeit des Dienstpostens im Hinblick auf die beschriebene Bedeutung des IGaD im Ergebnis nicht. Für das statusrechtliche Amt der Klägerin ist es nicht zwingend typisch, Personalverantwortung in großem Maße auszuüben. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass auch andere Dienstposten, die z.T. eine noch geringere Personalverantwortung haben (z.B. der Datenschutzbeauftragte), nach A15 BBesO bewertet werden.54Entgegen der Ansicht der Klägerin bestehen auch keine Zweifel gegenüber einem amtsangemessenen Aufgabenbereich im Hinblick auf den Umfang der wahrzunehmenden Aufgaben. Nicht nur die Bedeutung, sondern auch der Umfang der wahrzunehmenden Tätigkeiten muss amtsangemessen sein. Einem Beamten ist es nicht zumutbar, große Zeiträume seiner regelmäßigen Dienstzeit beschäftigungslos zuzubringen. Es ist mit dem Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung nicht vereinbar, wenn der Beamte sich über weite Strecken seines Dienstes selbst überlegen muss, was er während seiner Dienstzeit sinnvoll tun kann. Anders ist es nur, wenn die Aufgabenstellung hinreichende Ansatzpunkte bietet, die nicht durch täglichen Arbeitsanfall gefüllten Freiräume durch Entwicklung eigener Initiativen im Sinne einer amtsangemessenen Beschäftigung zu füllen.55Vgl. VG Köln, Urteil vom 16. März 2006 – 15 K 6401/04 –, juris, Rn. 33.56Vorliegend ist nicht davon auszugehen, dass dem Dienstposten der Klägerin quantitativ zu wenige Aufgaben zugewiesen wurden. Die zahlreichen Aufgaben des IGaD ergeben sich aus der von der Beklagten vorgelegten Aufgabenbeschreibung. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung bestand eine wesentliche Aufgabe der Klägerin darin, die Änderung des IGaD von einer wissenschaftlichen zu einer administrativen Ausrichtung zu verwirklichen. Schon dies alleine ist eine umfangreiche Aufgabe. Die von der Klägerin auf ihrem Dienstposten geforderte Tätigkeit ist zudem konzeptioneller Natur; sie muss in hohem Maß eigene Initiativen entwickeln. Dass der Klägerin ihre Tätigkeit nicht minutiös vorgeschrieben wurde, belegt nicht den von ihr erhobenen Vorwurf der unterwertigen Beschäftigung, sondern erhöht vielmehr die Wertigkeit des ihr zugewiesenen Dienstpostens. Die Klägerin kann sich deshalb nicht darauf berufen, dass dem IGaD Aufgaben nicht geschäftsordnungsmäßig zugewiesen wurden.57Dass das IGaD für die Beklagte eine hohe Bedeutung hat, wird auch aus den Erklärungen in der mündlichen Verhandlung deutlich. So hat die Beklagte zu Protokoll erklärt, dass der Klägerin entsprechend der üblichen Praxis gegenüber den Dezernenten im Regelfall vorab eine Tagesordnung der Rektoratssitzungen übergeben werden soll. Zusätzlich will die Beklagte gegenüber dem Senat anregen, dass Vertreter der Stabsstelle zu Sitzungen des Satzungsausschusses hinzugebeten werden.58Der Dienstposten ist auch nicht deshalb als unterwertig anzusehen, weil viele Tätigkeiten des IGaD für andere Hochschulakteure ausgeführt werden und die von dem IGaD vorgeschlagenen Maßnahmen nicht immer von diesen berücksichtigt werden. Dies liegt vielmehr in der Natur der Querschnittsfunktion, die die Beklagte im Rahmen ihrer organisatorischen Gestaltungsfreiheit dem IGaD zugemessen hat. Eine Querschnittsfunktion und die damit gebotene Zuarbeit für andere Stellen der Hochschule kann aber nicht als grundsätzlich minderwertig angesehen werden. Vielmehr sprechen gerade die Einbettung in die Organisation der Behörde, die damit gebotene Kommunikation und der Abgleich zwischen den beteiligten Einheiten und Hierarchieebenen für eine besondere Wertigkeit der Tätigkeit.59Vgl. VG Würzburg, Urteil vom 27. Januar 2009 – W 1 K 08.1809 -, juris, Rn. 36.60Wegen der Querschnittsfunktion des IGaD bleibt der Klägerin auch der Einwand verwehrt, dass die Aufgabenbereiche des IGaD sich z.T. mit anderen Stellen (z.B. der Gleichstellungsbeauftragten) überschneiden.61Die Aufgaben der Klägerin auf dem Dienstposten der Leitung des IGaD sind für sie auch nicht laufbahnfremd.62Die Zuweisung laufbahnfremder Aufgaben in einem nicht nur unerheblichen Umfang stellt bei fehlendem Einverständnis des Betroffenen einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in das Amt im statusrechtlichen Sinne dar. Denn das statusrechtliche Amt wird nicht nur durch das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe und die dem Beamten verliehene Amtsbezeichnung gekennzeichnet, sondern auch durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe. Wird einem Beamten ein Aufgabenbereich übertragen, der seinem abstrakt-funktionellen und seinem statusrechtlichen Amt - insbesondere hinsichtlich der Laufbahnzugehörigkeit - nicht entspricht, so wird deshalb seine amtsangemessene Beschäftigung berührt.63Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Februar 2012 – 1 A 2217/10 -, juris, Rn. 5 m.w.N.64Entgegen der Ansicht der Klägerin übt sie auf ihrem Dienstposten keine wissenschaftliche, sondern eine administrative Tätigkeit aus. Dies entspricht der Laufbahn des nichttechnischen Dienstes, der die Klägerin in ihrem Amt als Verwaltungsdirektorin angehört.65Wissenschaft ist ein grundsätzlich von Fremdbestimmung freier Bereich autonomer Verantwortung. Den Kernbereich wissenschaftlicher Betätigung stellen die auf wissenschaftlicher Eigengesetzlichkeit beruhenden Prozesse, Verhaltensweisen und Entscheidungen bei der Suche nach Erkenntnissen, ihrer Deutung und Weitergabe dar.66Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juli 2010 – 1 BvR 748/06 -, BVerfGE 127, 87 = juris, Rn. 90 m.w.N.67Die Beklagte hat dargelegt, dass das IGaD als Stabsstelle das Thema Gender and Diversity als Querschnittsaufgabe wahrnimmt. Im Hinblick darauf, dass an dem IGaD mehrere Wissenschaftler angestellt sind und das IGaD sich an Forschungsprojekten beteiligt, dürfte entgegen der Ansicht der Beklagten allerdings davon auszugehen sein, dass das IGaD keine rein administrative Funktion besitzt. Auch wenn nach dem Vortrag der Beklagten das Thema Gender and Diversity primär von den dafür eingerichteten Professuren erforscht werden soll, ist zumindest ein Teil der Tätigkeit des IGaD auf die Gewinnung neuer Erkenntnisse mittels wissenschaftlicher (insbesondere sozialwissenschaftlicher) Methoden gerichtet.68Die zumindest teilweise wissenschaftliche Ausrichtung des IGaD führt indes nicht dazu, auch den Posten der Leitung des IGaD als wissenschaftliche Tätigkeit anzusehen. Vor dem Hintergrund der Aufgabenbeschreibung des IGaD hat der Dienstposten der Klägerin gerade die Funktion, gegenüber anderen Hochschulakteuren eine informierende, beratende, unterstützende und kontrollierende Funktion des IGaD sicherzustellen bzw. zu entwickeln. Dafür soll die Klägerin auf bereits vorhandenes Wissen zum Thema Gender and Diversity zurückgreifen bzw. ggf. die Forschungsexpertise ihrer Mitarbeiter in Anspruch nehmen. Dies ist gerade typisch für eine administrative und nicht für eine wissenschaftliche Aufgabe.69Auch die hochschulorganisationsrechtliche Entscheidung, das IGaD als Stabsstelle des Rektorats einzurichten, rechtfertigt nicht die Annahme einer nicht amtsangemessenen Beschäftigung der Klägerin. Das Gericht kann offen lassen, ob ein Verstoß gegen hochschulorganisationsrechtliche Vorschriften überhaupt grundsätzlich geeignet ist, Rechte der Klägerin zu verletzen. Denn die Einrichtung der Stabsstelle ist unter hochschulorganisationsrechtlichen Gesichtspunkten unbedenklich.70Vorgaben für die innere Struktur der Hochschule ergeben sich zum Einen aus der Wissenschaftsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleistet dem Wissenschaftler einen gegen Eingriffe des Staates geschützten Freiraum, der vor allem die auf wissenschaftlicher Eigengesetzlichkeit beruhenden Prozesse, Verhaltensweisen und Entscheidungen bei dem Auffinden von Erkenntnissen, ihrer Deutung und Weitergabe umfasst. Die Vorschrift ist zugleich eine das Verhältnis der Wissenschaft zum Staat regelnde wertentscheidende Grundsatznorm. Danach hat der Staat im Bereich des mit öffentlichen Mitteln eingerichteten und unterhaltenen Wissenschaftsbetriebs durch geeignete organisatorische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass das Grundrecht der freien wissenschaftlichen Betätigung soweit unangetastet bleibt, wie das unter Berücksichtigung der anderen legitimen Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen und der Grundrechte der verschiedenen Beteiligten möglich ist. Dem einzelnen Grundrechtsträger erwächst aus der Wertentscheidung des Art. 5 Abs. 3 GG ein Recht auf solche staatlichen Maßnahmen auch organisatorischer Art, die zum Schutz seines grundrechtlich gesicherten Freiheitsraums unerlässlich sind, weil sie ihm freie wissenschaftliche Betätigung überhaupt erst ermöglichen. Die Hochschulorganisation muss wissenschaftsadäquat sein.71Vgl. BVerfG, Urteil vom 29. Mai 1973 - 1 BvR 424/71, 1 BvR 325/72, BVerfGE 35, 79; Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, 2009, S. 358 ff. m.w.N.72Im Hinblick auf diese Vorgaben ist die Einrichtung der Stabsstelle unbedenklich. Das IGaD hat eine primär administrative Funktion. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Betätigung der Wissenschaftsfreiheit im IGaD behindert wird. Die Klägerin selbst kann sich als mit Verwaltungsaufgaben betraute Beamtin für ihre Tätigkeit nicht auf Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG berufen.73Auch nach den einfach gesetzlichen Vorgaben des HG NRW ist die Einrichtung der Stabsstelle rechtmäßig. Insbesondere verstößt die unmittelbare Anbindung an das Rektorat entgegen der Ansicht der Klägerin nicht gegen § 25 HG NRW. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 HG NRW sorgt die Hochschulverwaltung für die Erfüllung der Aufgaben der Hochschule in Planung, Verwaltung und Rechtsangelegenheiten. Gemäß Satz 3 der Vorschrift werden auch die Verwaltungsangelegenheiten der Organe und Gremien der Hochschule ausschließlich durch die Hochschulverwaltung wahrgenommen. Satz 4 der Vorschrift bestimmt, dass die Hochschulverwaltung insbesondere die Mitglieder des Präsidiums bzw. des Rektorats sowie die Dekaninnen und Dekane bei ihren Aufgaben unterstützt. Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 HG NRW leitet der Kanzler als Mitglied des Rektorats die Hochschulverwaltung.74Ein Verstoß gegen diese Vorgaben ist durch die Einrichtung des IGaD als Stabsstelle des Rektorats nicht ersichtlich. Es steht im organisatorischen Ermessen der Beklagten, die Aufgaben des IGaD einem Dezernat der zentralen Hochschulverwaltung zuzuweisen oder eine eigene Verwaltungseinheit zu schaffen, die an das Rektorat angebunden ist. Das IGaD unterstützt das Rektorat im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 4 HG NRW bei der Erfüllung seiner Aufgaben. Es liegt auch kein Verstoß gegen § 25 Abs. 2 Satz 1 HG NRW vor, da nach der Rektoratsentscheidung vom 15. November 2011 die Zuständigkeit des Kanzlers für alle dienstrechtlichen Angelegenheiten für das IGaD unberührt blieb, dieser also seine Leitungsfunktion behielt.75Die Umsetzung ist auch nicht aus anderen Gründen rechtswidrig. Sie ist insbesondere nicht ermessensfehlerhaft.76Die Ermessenserwägungen des Dienstherrn hinsichtlich einer Umsetzung werden im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Allgemeinen nur daraufhin überprüft, ob sie durch Ermessensmissbrauch maßgebend geprägt sind.77Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980 – 2 C 30/78 -, a.a.O, juris, Rn. 24, und Beschluss vom 8. Februar 2007 - 2 VR 1/07 -, juris, Rn. 3 f.78Die Prüfung bleibt grundsätzlich darauf beschränkt, ob die Gründe des Dienstherrn seiner tatsächlichen Einschätzung entsprachen und nicht nur vorgeschoben sind, um eine in Wahrheit allein oder maßgebend auf anderen Beweggründen beruhende Entscheidung zu rechtfertigen, oder ob sie aus anderen Gründen willkürlich sind.79Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 1991 – 2 C 41/89 -, a.a.O., juris, Rn. 21, m.w.N.80Im Hinblick auf diese Anforderungen hat die Beklagte ihr Ermessen bei der Umsetzung pflichtgemäß ausgeübt.81Entgegen der Ansicht der Klägerin erfolgte ihre Umsetzung nicht nur wegen einer Meinungsverschiedenheit mit dem Kanzler über die rechtliche Zulässigkeit der Gewährung von Überstundenpauschalen an freigestellte Personalratsmitglieder.82Die Beklagte hat angeben, dass sie für die Leitung des IGaD einen mit administrativen Aufgaben vertrauten Beamten benötigt, der Kenntnisse über die Struktur der RWTH hat und Erfahrungen im Personalrecht besitzt. Die Klägerin sei für den Dienstposten besonders geeignet, da sie schon als Personaldezernentin eng mit dem IGaD zusammengearbeitet habe. Dafür, dass diese Begründung nur vorgeschoben ist und der Kanzler die Klägerin durch die Umsetzung disziplinieren wollte, ist nichts ersichtlich.83Überdies ist die Umsetzung gerade auch zur Behebung des – auch von der Beklagten eingeräumten – gestörten Vertrauensverhältnisses der Klägerin zum Kanzler gerechtfertigt. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Rechtssatz aufgestellt, dass eine Störung der reibungslosen Zusammenarbeit innerhalb des öffentlichen Dienstes durch innere Spannung und durch Trübung des Vertrauensverhältnisses regelmäßig als Beeinträchtigung des täglichen Dienstbetriebes zu werten sei, für deren Abstellung der Dienstherr zu sorgen habe. Wenn dafür nach Lage des Falles die Versetzung oder Umsetzung eines der Streitbeteiligten geboten erscheine, so sei ein dienstliches Bedürfnis für die Versetzung bzw. Umsetzung grundsätzlich bereits auf Grund der objektiven Beteiligung an dem Spannungsverhältnis zu bejahen, also von der Verschuldensfrage unabhängig. Unabhängig von der Eintrübung des Vertrauensverhältnisses kann das Spannungsverhältnis auch darauf basieren, dass die Beteiligten ein unterschiedliches - wenn auch jeweils rechtmäßiges - Verständnis von Verwaltung haben.84Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. November 2004 – 2 B 72/04 -, Buchholz 235 § 9 BDO Nr. 41, juris, Rn. 13, 17.85Etwas anderes kann nur gelten, wenn offensichtlich ist, dass die Spannungslage durch Umsetzung eines bestimmten (anderen) Bediensteten ohne weiteres lösbar sein würde oder andere Beteiligte komplottähnlich gegen die Umgesetzte intrigiert haben. Dies ist vorliegend offensichtlich nicht der Fall.86Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen.die klägerin trägt die kosten des verfahrens.das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die klägerin wendet sich gegen ihre umsetzung vom dienstposten der personaldezernentin zum dienstposten der leitung der stabsstelle integration team on human resources, gender and diversity management (igad).3nach dem studium der politikwissenschaft und der absolvierung des höheren verwaltungsdienstes war die am 00.00.0000 geborene klägerin ab 1994 im dienst des landes nrw tätig, zuletzt als oberregierungsrätin in der schulabteilung der bezirksregierung köln. zum 1. april 2007 wurde sie auf grund ihrer erfolgreichen bewerbung von der bezirksregierung köln mit dem ziel der versetzung zu der beklagten abgeordnet. sie übernahm dort die leitung des dezernats 8.0 - personal. mit wirkung zum 1. juli 2007 wurde sie zu der beklagten versetzt. nach ableistung der laufbahnmäßigen probezeit wurde sie zum 1. januar 2008 zur verwaltungsdirektorin (a15 bbeso) befördert.4am 9. august 2011 teilte die beklagte der klägerin mit, dass sie auf den dienstposten der leitung des igad umgesetzt werden solle und erbat ihre zustimmung. die klägerin verweigerte diese mit schreiben vom 9. september 2011. sie verzichtete auf die beteiligung des personalrates. die gleichstellungsbeauftragte erhob keine bedenken gegen die umsetzung.5durch verfügung vom 27. september 2011 setzte die beklagte die klägerin auf den dienstposten der leitung des igad mit wirkung zum 1. november 2011 um. der verfügung war eine aufgabenbeschreibung des igad beigelegt:6„7- zuständig für die gender und diversity policy der rwth [...]8- erarbeitung und kontinuierliche weiterentwicklung, anpassung und verbesserung des gender- und diversity-konzeptes für die hochschule.9- entwicklung von (geschäfts-) prozessen für diese handlungsfehler mit den jeweils beteiligten einrichtungen der rwth10- beratung der fakultäten und einrichtungen der rwth hinsichtlich deren programme zu gender und diversity11- vorbereitung entsprechender empfehlungen für die hochschulleitung, wobei aspekte wie work life balance ebenso zu berücksichtigen sind wie die personal- und entwicklungskonzepte der hochschule12- evaluation und analyse der programme zur verbesserung des vorhandenen gender und diversity bewusstseins in den bereichen forschung, lehre und verwaltung13- erarbeitung von konzepten zur steigerung des frauenanteils bei professuren und post-doc-stellen14- unterstützung des aufbaus von wiedereinstiegsarbeitsplätzen sowie der etablierung einer proaktiven rekrutierungsstrategie für hochqualifizierte im rahmen des exzellenzkonzepts rwth 2020 – meeting global challenges“15am 14. oktober 2011 fertigte der kanzler der beklagten einen vermerk über die bewertung des dienstpostens der leitung des igad. danach habe das igad eine strategisch wichtige bedeutung für die beklagte, da die erfolge in dem bereich gender und diversity eine zentrale rolle für die einwerbung von forschungsmitteln besäßen. die leitung müsse über umfassende kenntnisse der strukturen der rwth ebenso verfügen wie über herausragende kommunikative fähigkeiten. umfangreiche kenntnisse im personalrecht und möglichst langjährige führungserfahrung seien erforderlich. obwohl die wahrgenommene personalverantwortung im vergleich zu großen dezernaten der zentralen hochschulverwaltung gering sei, seien die fachlichen anforderungen und die mit der stelle verbundene bewertung vergleichbar mit den dezernaten, die ebenfalls geringe personalverantwortung hätten, aber inhaltlich entsprechend anspruchsvolle tätigkeiten ausübten. auch der vergleich zur stelle des datenschutzbeauftragten der rwth, die mit e15 tv-l bewertet sei, rechtfertige eine bewertung der stelle der leitung des igad mit e15 tv-l bzw. a15 bbeso.16die der umsetzungsverfügung beigelegte aufgabenbeschreibung wurde vom rektorat in der rektoratssitzung der beklagten vom 15. november 2011 unter dem tagesordnungspunkt 6 „änderungen in der zhv-organisation“ beschlossen. nach dem sitzungsprotokoll sollte dadurch dokumentiert werden, dass nach der umsetzung der klägerin das igad nicht mehr rein wissenschaftlich, sondern administrativ ausgerichtet sei. das rektorat fasste zusätzlich den beschluss, der prorektorin für personal und wissenschaftlichen nachwuchs, frau professorin l. , die fachliche zuständigkeit für das igad mit entsprechender berichtspflicht gegenüber dem rektorat zu übertragen. davon unbenommen sollte die zuständigkeit des kanzlers für alle dienstrechtlichen angelegenheiten der igad-leitung und nichtwissenschaftlichen beschäftigten bleiben, da dieser gem. § 33 hg nrw dienstvorgesetzter aller nichtwissenschaftlicher mitarbeiter sei.17am 12. oktober 2011 hat die klägerin klage erhoben. sie ist der ansicht, dass ihr neuer dienstposten nicht amtsangemessen sei. sie werde weder in quantitativer noch in qualitativer hinsicht ausreichend beschäftigt. die aufgabe des igad sei wissenschaftlich geprägt und damit für sie laufbahnfremd. die beklagte habe nicht schon vor der umsetzung langfristig geplant, das igad administrativ auszurichten. das igad besitze keine durch geschäftsordnung zugewiesene aufgaben und entscheidungskompetenzen. dem igad zugewiesene aufgaben würden häufig schon durch andere stellen der universität, z.b. die gleichstellungsbeauftragte, wahrgenommen. die auslagerung von zentralen verwaltungsaufgaben in eine andere hochschuleinheit als der zentralen hochschulverwaltung sei mit dem hochschulorganisationsrecht, insbesondere § 25 hg nrw, nicht vereinbar. die umsetzung sei zudem eine verdeckte disziplinarmaßnahme. hintergrund sei eine meinungsverschiedenheit zwischen ihr und dem kanzler über die gewährung von überstundenpauschalen für freigestellte personalratsmitglieder. durch die umsetzung zum igad verfolge der kanzler das ziel, sie wegen dieser auseinandersetzung zum verlassen der rwth zu zwingen.18die klägerin beantragt,19die beklagte unter aufhebung ihrer umsetzungsverfügung vom 27. september 2011 zu verurteilen, sie auf ihren bisherigen dienstposten als personaldezernentin rückumzusetzen,20hilfsweise,21die beklagte zu verurteilen, sie amtsangemessen zu beschäftigen.22die beklagte beantragt,23die klage abzuweisen.24sie ist der ansicht, dass die beschäftigung der klägerin auf dem dienstposten der leitung des igad amtsangemessen sei. der posten sei laufbahnrechtlich zutreffend mit a15 bbeso/e15 tv-l bewertet. das igad sei ursprünglich eingerichtet worden, um allen beteiligten in der hochschule zu verdeutlichen, dass das rektorat dem thema gender and diversity - nicht zuletzt wegen der exellenzinitiative - eine hohe bedeutung beimesse. die stabsstelle sei ursprünglich wissenschaftlich ausgerichtet gewesen. das rektorat habe aber dann die administrative neuausrichtung des igad beschlossen, weshalb der der klägerin übertragene dienstposten auch nicht laufbahnfremd sei. eine geschäftsordnungsmäßige zuweisung von aufgaben sei wegen der querschnittsfunktion des igad nicht erforderlich. ihre umsetzung sei keine verdeckte disziplinarmaßnahme. ihre zusammenarbeit mit rektor und kanzler sei zwar nicht immer ganz spannungsfrei gewesen, weil die von ihr erarbeiteten lösungsvorschläge in personalangelegenheiten nicht immer die zustimmung des kanzlers gefunden haben. die umsetzungsentscheidung habe aber keinen strafcharakter.25die klägerin hat ihr begehren mit einem antrag im vorläufigen rechtsschutz verfolgt, den die kammer durch beschluss vom 6. dezember 2011 – 1 l 417/11 – abgelehnt hat. die gegen die entscheidung erhobene beschwerde hat das ovg nrw durch beschluss vom 24. april 2012 – 6 b 1575/11 – zurückgewiesen.26wegen der weiteren einzelheiten des sach-und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte, der von der beklagten vorgelegten verwaltungsvorgänge und der gerichtsakte des verfahrens gleichen rubrums 1 l 417/11 bezug genommen.27
28die als allgemeine leistungsklage zulässige klage hat weder mit dem haupt- noch mit dem hilfsantrag erfolg. die umsetzung der klägerin durch die verfügung des kanzlers der beklagten vom 27. september 2011 ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 vwgo analog.29die klägerin kann nicht beanspruchen, auf den dienstposten der personaldezernentin rückumgesetzt zu werden. sie kann auch nicht erfolgreich einen anspruch auf amtsangemessene beschäftigung geltend machen, da sie auf dem dienstposten der leiterin des igad bereits ihrem statusrechtlichen amt einer verwaltungsdirektorin (a15 bbeso) amtsangemessen beschäftigt wird.30die umsetzung eines beamten ist die das statusrechtliche und das funktionelle amt im abstrakten sinn unberührt lassende zuweisung eines anderen dienstpostens (funktionelles amt im konkreten sinn) innerhalb der behörde. sie ist kein verwaltungsakt, sondern zu der vielzahl der im einzelnen nicht normativ erfassten maßnahmen zu rechnen, die zur erhaltung und gewährleistung der funktionsfähigkeit der öffentlichen verwaltung unerlässlich sind. sie gehört ihrem objektiven sinngehalt nach zu den anordnungen, die die dienstliche verrichtung eines beamten betreffen und sich in ihren auswirkungen auf die organisatorische einheit beschränken, der der beamte angehört.31vgl. bverwg, urteil vom 22. mai 1980 - 2 c 30/78 -, bverwge 60, 144 = juris, rn. 16, ständige rechtsprechung.32rechtsschutz gegen eine rechtwidrige umsetzung kann ein beamter nur in der weise beanspruchen, dass der ihn belastende fehler, mit welchem die umsetzung behaftet ist, ausgeräumt wird. so kann der entzug des bisherigen dienstpostens fehlerhaft sein und deshalb einen anspruch auf rückübertragung dieses dienstpostens auslösen, ohne dass es auf die rechtmäßigkeit der umsetzung im übrigen ankäme. zum anderen kann die entbindung von den bisherigen dienstaufgaben zwar rechtsfehlerfrei sein, die übertragung des neuen dienstpostens aber schützenswerte rechte des beamten, insbesondere seinen anspruch auf amtsangemessene beschäftigung, verletzen. ist lediglich die zuweisung der neuen, nicht amtsangemessenen aufgaben an den beamten rechtswidrig, beschränkt sich sein anspruch auf eine neue ermessensfehlerfreie entscheidung über seinen dienstlichen einsatz.33vgl. bverwg, beschluss vom 10. november 1998 - 2 b 91/98 -, juris, rn. 5; vg münster, urteil vom 12. november 2010 - 4 k 1359/07 -, juris, rn. 17, jeweils m.w.n.34gemessen an diesen anforderungen steht der klägerin weder ein anspruch auf rückumsetzung auf den posten der leiterin des dezernates 8.0 (personal) noch auf amtsangemessene beschäftigung auf einem anderem dienstposten zu.35die umsetzung der klägerin ist formell rechtmäßig.36der personalrat musste nicht an der umsetzung beteiligt werden. nach § 72 abs. 1 nr. 5 lpvg hat der personalrat mitzubestimmen in personalangelegenheiten bei einer umsetzung innerhalb der dienststelle für eine dauer von mehr als drei monaten. gemäß § 72 abs. 1 satz 2 lpvg gilt dies für die in § 11 abs. 2 b) lpvg bezeichneten beschäftigten aber nur, wenn sie es beantragen. in § 11 abs. 2 b) lpvg werden als beschäftigte die bezeichnet, die zu selbständigen entscheidungen in personalangelegenheiten der dienststelle befugt sind. die klägerin war als personaldezernentin zu solchen entscheidungen befugt. sie hat auf die beteiligung des personalrats verzichtet.37die gleichstellungsbeauftragte wurde ordnungsgemäß beteiligt, vgl. § 17 abs. 1 halbsatz 1 lgg nrw.38die umsetzung ist auch materiell rechtmäßig.39nach der ständigen rechtsprechung der verwaltungsgerichte hat der beamte keinen anspruch auf unveränderte und ungeschmälerte ausübung des ihm übertragenen konkret-funktionellen amts (dienstpostens). er muss vielmehr eine änderung seines dienstlichen aufgabenbereichs durch umsetzung oder andere organisatorische maßnahmen nach maßgabe seines amts im statusrechtlichen sinne hinnehmen.40vgl. bverwg, urteile vom 22. mai 1980 – 2 c 30/78 -, a.a.o., juris, rn. 23, und vom 28. november 1991 – 2 c 41/89 -, bverwge 89, 199 = juris, rn. 19.41dies gilt auch im hinblick auf die hergebrachten grundsätze des berufsbeamtentums gemäß art. 33 abs. 5 gg.42vgl. bverfg, nichtannahmebeschluss vom 30. januar 2008 – 2 bvr 754/07 -, nvwz 2008, 547 = juris, rn. 13 ff.43der dienstherr kann aus jedem sachlichen grund den aufgabenbereich des beamten verändern, solange diesem ein amtsangemessener aufgabenbereich verbleibt. besonderheiten des bisherigen aufgabenbereichs des dem beamten übertragenen amts, wie beispielsweise der vorgesetztenfunktion, beförderungsmöglichkeiten oder einem etwaigen gesellschaftlichen ansehen, kommt keine das ermessen des dienstherrn bei der änderung des aufgabenbereichs einschränkende wirkung zu.44vgl. bverwg, urteil vom 28. november 1991 – 2 c 41/89 -, a.a.o., juris, rn. 19.45das für den amtsangemessenen aufgabenbereich maßgebliche statusrechtliche amt wird durch die zugehörigkeit zu einer laufbahn und laufbahngruppe, durch das endgrundgehalt der besoldungsgruppe und durch die dem beamten verliehene amtsbezeichnung gekennzeichnet. in abstrakter weise wird dadurch seine wertigkeit in relation zu anderen ämtern zum ausdruck gebracht.46vgl. bverwg, urteile vom 29. april 1982 – 2 c 41/80 -, bverwge 65, 270 = juris, rn. 13; vom 24. januar 1991 – 2 c 16/88 -, bverwge 87, 310 = juris, rn. 24; und vom 3. märz 2005 – 2 c 11.04, bverwge 123, 107 = juris, rn. 26, m.w.n.47der anspruch des beamten auf eine amtsangemessene beschäftigung verbietet es jedoch, ihm dauerhaft einen dienstposten zu übertragen, der nicht dem statusrechtlichen amt entspricht. die für die amtsgemäße besoldung gemäß § 18 bbesg notwendige zusammenschau von amt im statusrechtlichen und im funktionellen sinne steht einer dauernden trennung von amt und funktion grundsätzlich entgegen.48vgl. bverwg, urteil vom 22. juni 2006 – 2 c 26/06 -, a.a.o., juris, rn. 11, m.w.n.49gemessen an diesen anforderungen wird die klägerin auf dem dienstposten der leitung des igad amtsangemessen beschäftigt.50die beklagte hat den dienstposten zutreffend mit a15 bbeso bewertet; dies entspricht dem statusrechtlichen amt der klägerin. die rechtliche bewertung von dienstposten, d.h. ihre zuordnung zu statusrechtlichen ämtern einer bestimmten besoldungsgruppe, erfolgt im rahmen der gesetzlichen vorgaben des besoldungs- und des haushaltsrechts durch den dienstherrn gemäß dessen organisatorischer gestaltungsfreiheit. eine andere rechtliche beurteilung käme allenfalls dann in betracht, wenn sich die bewertung eines dienstpostens als missbrauch der organisatorischen gestaltungsfreiheit des dienstherrn und damit als manipulation zum nachteil des beamten darstellen würde, d.h. wenn sich der dienstherr bei der bewertung des dienstpostens nicht von sachbezogenen erwägungen hätte leiten lassen, sondern solche erwägungen nur vorgeschoben hätte, um den beamten auf einem dienstposten zu verwenden, dem er in wahrheit selbst nicht eine dem statusrechtlichen amt entsprechende bedeutung beimisst.51vgl. bverwg, urteil vom 28. november 1991 – 2 c 7/89 -, a.a,o., juris, rn. 19 f., m.w.n.; vg münster, urteil vom 12. november 2010 – 4 k 1359/07 -, juris, rn. 34.52nach diesen maßstäben hat die beklagte bei der bewertung des dienstpostens nicht willkürlich gehandelt. die besoldungsgruppe a15 bbeso ist die zweithöchste stufe der a-besoldung. ein beamter, der inhaber eines nach a15 bbeso besoldeten statusrechtlichen amtes ist, hat deshalb anspruch darauf, einen in der verwaltungshierachie entsprechend bedeutenden dienstposten zu bekleiden. dies ist bei dem dienstposten der leitung des igad der fall. das igad ist in der verwaltungshierachie der beklagten hoch angesiedelt, da es als stabsstelle unmittelbar dem rektorat unterstellt ist. die beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass das thema gender and diversity für die rwth auf grund der exellenzinitiative und zur einwerbung von forschungsgeldern einen besonderen stellenwert hat.53die bewertung des dienstpostens mit a15 bbeso ist auch nicht wegen der gegenüber dem vorherigen dienstposten der klägerin geringeren personalverantwortung rechtlich zu bestanden. auf ihrem neuen dienstposten übt die klägerin ebenfalls eine leitende funktion aus und besitzt gegenüber ihren mitarbeitern die vorgesetztenfunktion. dass sich die personalverantwortung quantitativ verringert hat, mindert die wertigkeit des dienstpostens im hinblick auf die beschriebene bedeutung des igad im ergebnis nicht. für das statusrechtliche amt der klägerin ist es nicht zwingend typisch, personalverantwortung in großem maße auszuüben. die beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass auch andere dienstposten, die z.t. eine noch geringere personalverantwortung haben (z.b. der datenschutzbeauftragte), nach a15 bbeso bewertet werden.54entgegen der ansicht der klägerin bestehen auch keine zweifel gegenüber einem amtsangemessenen aufgabenbereich im hinblick auf den umfang der wahrzunehmenden aufgaben. nicht nur die bedeutung, sondern auch der umfang der wahrzunehmenden tätigkeiten muss amtsangemessen sein. einem beamten ist es nicht zumutbar, große zeiträume seiner regelmäßigen dienstzeit beschäftigungslos zuzubringen. es ist mit dem anspruch auf amtsangemessene beschäftigung nicht vereinbar, wenn der beamte sich über weite strecken seines dienstes selbst überlegen muss, was er während seiner dienstzeit sinnvoll tun kann. anders ist es nur, wenn die aufgabenstellung hinreichende ansatzpunkte bietet, die nicht durch täglichen arbeitsanfall gefüllten freiräume durch entwicklung eigener initiativen im sinne einer amtsangemessenen beschäftigung zu füllen.55vgl. vg köln, urteil vom 16. märz 2006 – 15 k 6401/04 –, juris, rn. 33.56vorliegend ist nicht davon auszugehen, dass dem dienstposten der klägerin quantitativ zu wenige aufgaben zugewiesen wurden. die zahlreichen aufgaben des igad ergeben sich aus der von der beklagten vorgelegten aufgabenbeschreibung. zum zeitpunkt der klageerhebung bestand eine wesentliche aufgabe der klägerin darin, die änderung des igad von einer wissenschaftlichen zu einer administrativen ausrichtung zu verwirklichen. schon dies alleine ist eine umfangreiche aufgabe. die von der klägerin auf ihrem dienstposten geforderte tätigkeit ist zudem konzeptioneller natur; sie muss in hohem maß eigene initiativen entwickeln. dass der klägerin ihre tätigkeit nicht minutiös vorgeschrieben wurde, belegt nicht den von ihr erhobenen vorwurf der unterwertigen beschäftigung, sondern erhöht vielmehr die wertigkeit des ihr zugewiesenen dienstpostens. die klägerin kann sich deshalb nicht darauf berufen, dass dem igad aufgaben nicht geschäftsordnungsmäßig zugewiesen wurden.57dass das igad für die beklagte eine hohe bedeutung hat, wird auch aus den erklärungen in der mündlichen verhandlung deutlich. so hat die beklagte zu protokoll erklärt, dass der klägerin entsprechend der üblichen praxis gegenüber den dezernenten im regelfall vorab eine tagesordnung der rektoratssitzungen übergeben werden soll. zusätzlich will die beklagte gegenüber dem senat anregen, dass vertreter der stabsstelle zu sitzungen des satzungsausschusses hinzugebeten werden.58der dienstposten ist auch nicht deshalb als unterwertig anzusehen, weil viele tätigkeiten des igad für andere hochschulakteure ausgeführt werden und die von dem igad vorgeschlagenen maßnahmen nicht immer von diesen berücksichtigt werden. dies liegt vielmehr in der natur der querschnittsfunktion, die die beklagte im rahmen ihrer organisatorischen gestaltungsfreiheit dem igad zugemessen hat. eine querschnittsfunktion und die damit gebotene zuarbeit für andere stellen der hochschule kann aber nicht als grundsätzlich minderwertig angesehen werden. vielmehr sprechen gerade die einbettung in die organisation der behörde, die damit gebotene kommunikation und der abgleich zwischen den beteiligten einheiten und hierarchieebenen für eine besondere wertigkeit der tätigkeit.59vgl. vg würzburg, urteil vom 27. januar 2009 – w 1 k 08.1809 -, juris, rn. 36.60wegen der querschnittsfunktion des igad bleibt der klägerin auch der einwand verwehrt, dass die aufgabenbereiche des igad sich z.t. mit anderen stellen (z.b. der gleichstellungsbeauftragten) überschneiden.61die aufgaben der klägerin auf dem dienstposten der leitung des igad sind für sie auch nicht laufbahnfremd.62die zuweisung laufbahnfremder aufgaben in einem nicht nur unerheblichen umfang stellt bei fehlendem einverständnis des betroffenen einen rechtfertigungsbedürftigen eingriff in das amt im statusrechtlichen sinne dar. denn das statusrechtliche amt wird nicht nur durch das endgrundgehalt der besoldungsgruppe und die dem beamten verliehene amtsbezeichnung gekennzeichnet, sondern auch durch die zugehörigkeit zu einer laufbahn und laufbahngruppe. wird einem beamten ein aufgabenbereich übertragen, der seinem abstrakt-funktionellen und seinem statusrechtlichen amt - insbesondere hinsichtlich der laufbahnzugehörigkeit - nicht entspricht, so wird deshalb seine amtsangemessene beschäftigung berührt.63vgl. ovg nrw, beschluss vom 16. februar 2012 – 1 a 2217/10 -, juris, rn. 5 m.w.n.64entgegen der ansicht der klägerin übt sie auf ihrem dienstposten keine wissenschaftliche, sondern eine administrative tätigkeit aus. dies entspricht der laufbahn des nichttechnischen dienstes, der die klägerin in ihrem amt als verwaltungsdirektorin angehört.65wissenschaft ist ein grundsätzlich von fremdbestimmung freier bereich autonomer verantwortung. den kernbereich wissenschaftlicher betätigung stellen die auf wissenschaftlicher eigengesetzlichkeit beruhenden prozesse, verhaltensweisen und entscheidungen bei der suche nach erkenntnissen, ihrer deutung und weitergabe dar.66vgl. bverfg, beschluss vom 20. juli 2010 – 1 bvr 748/06 -, bverfge 127, 87 = juris, rn. 90 m.w.n.67die beklagte hat dargelegt, dass das igad als stabsstelle das thema gender and diversity als querschnittsaufgabe wahrnimmt. im hinblick darauf, dass an dem igad mehrere wissenschaftler angestellt sind und das igad sich an forschungsprojekten beteiligt, dürfte entgegen der ansicht der beklagten allerdings davon auszugehen sein, dass das igad keine rein administrative funktion besitzt. auch wenn nach dem vortrag der beklagten das thema gender and diversity primär von den dafür eingerichteten professuren erforscht werden soll, ist zumindest ein teil der tätigkeit des igad auf die gewinnung neuer erkenntnisse mittels wissenschaftlicher (insbesondere sozialwissenschaftlicher) methoden gerichtet.68die zumindest teilweise wissenschaftliche ausrichtung des igad führt indes nicht dazu, auch den posten der leitung des igad als wissenschaftliche tätigkeit anzusehen. vor dem hintergrund der aufgabenbeschreibung des igad hat der dienstposten der klägerin gerade die funktion, gegenüber anderen hochschulakteuren eine informierende, beratende, unterstützende und kontrollierende funktion des igad sicherzustellen bzw. zu entwickeln. dafür soll die klägerin auf bereits vorhandenes wissen zum thema gender and diversity zurückgreifen bzw. ggf. die forschungsexpertise ihrer mitarbeiter in anspruch nehmen. dies ist gerade typisch für eine administrative und nicht für eine wissenschaftliche aufgabe.69auch die hochschulorganisationsrechtliche entscheidung, das igad als stabsstelle des rektorats einzurichten, rechtfertigt nicht die annahme einer nicht amtsangemessenen beschäftigung der klägerin. das gericht kann offen lassen, ob ein verstoß gegen hochschulorganisationsrechtliche vorschriften überhaupt grundsätzlich geeignet ist, rechte der klägerin zu verletzen. denn die einrichtung der stabsstelle ist unter hochschulorganisationsrechtlichen gesichtspunkten unbedenklich.70vorgaben für die innere struktur der hochschule ergeben sich zum einen aus der wissenschaftsfreiheit gemäß art. 5 abs. 3 gg. art. 5 abs. 3 satz 1 gg gewährleistet dem wissenschaftler einen gegen eingriffe des staates geschützten freiraum, der vor allem die auf wissenschaftlicher eigengesetzlichkeit beruhenden prozesse, verhaltensweisen und entscheidungen bei dem auffinden von erkenntnissen, ihrer deutung und weitergabe umfasst. die vorschrift ist zugleich eine das verhältnis der wissenschaft zum staat regelnde wertentscheidende grundsatznorm. danach hat der staat im bereich des mit öffentlichen mitteln eingerichteten und unterhaltenen wissenschaftsbetriebs durch geeignete organisatorische maßnahmen dafür zu sorgen, dass das grundrecht der freien wissenschaftlichen betätigung soweit unangetastet bleibt, wie das unter berücksichtigung der anderen legitimen aufgaben der wissenschaftseinrichtungen und der grundrechte der verschiedenen beteiligten möglich ist. dem einzelnen grundrechtsträger erwächst aus der wertentscheidung des art. 5 abs. 3 gg ein recht auf solche staatlichen maßnahmen auch organisatorischer art, die zum schutz seines grundrechtlich gesicherten freiheitsraums unerlässlich sind, weil sie ihm freie wissenschaftliche betätigung überhaupt erst ermöglichen. die hochschulorganisation muss wissenschaftsadäquat sein.71vgl. bverfg, urteil vom 29. mai 1973 - 1 bvr 424/71, 1 bvr 325/72, bverfge 35, 79; gärditz, hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche systembildung, 2009, s. 358 ff. m.w.n.72im hinblick auf diese vorgaben ist die einrichtung der stabsstelle unbedenklich. das igad hat eine primär administrative funktion. es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die betätigung der wissenschaftsfreiheit im igad behindert wird. die klägerin selbst kann sich als mit verwaltungsaufgaben betraute beamtin für ihre tätigkeit nicht auf art. 5 abs. 3 satz 1 gg berufen.73auch nach den einfach gesetzlichen vorgaben des hg nrw ist die einrichtung der stabsstelle rechtmäßig. insbesondere verstößt die unmittelbare anbindung an das rektorat entgegen der ansicht der klägerin nicht gegen § 25 hg nrw. nach § 25 abs. 1 satz 1 hg nrw sorgt die hochschulverwaltung für die erfüllung der aufgaben der hochschule in planung, verwaltung und rechtsangelegenheiten. gemäß satz 3 der vorschrift werden auch die verwaltungsangelegenheiten der organe und gremien der hochschule ausschließlich durch die hochschulverwaltung wahrgenommen. satz 4 der vorschrift bestimmt, dass die hochschulverwaltung insbesondere die mitglieder des präsidiums bzw. des rektorats sowie die dekaninnen und dekane bei ihren aufgaben unterstützt. nach § 25 abs. 2 satz 1 hg nrw leitet der kanzler als mitglied des rektorats die hochschulverwaltung.74ein verstoß gegen diese vorgaben ist durch die einrichtung des igad als stabsstelle des rektorats nicht ersichtlich. es steht im organisatorischen ermessen der beklagten, die aufgaben des igad einem dezernat der zentralen hochschulverwaltung zuzuweisen oder eine eigene verwaltungseinheit zu schaffen, die an das rektorat angebunden ist. das igad unterstützt das rektorat im sinne des § 25 abs. 1 satz 4 hg nrw bei der erfüllung seiner aufgaben. es liegt auch kein verstoß gegen § 25 abs. 2 satz 1 hg nrw vor, da nach der rektoratsentscheidung vom 15. november 2011 die zuständigkeit des kanzlers für alle dienstrechtlichen angelegenheiten für das igad unberührt blieb, dieser also seine leitungsfunktion behielt.75die umsetzung ist auch nicht aus anderen gründen rechtswidrig. sie ist insbesondere nicht ermessensfehlerhaft.76die ermessenserwägungen des dienstherrn hinsichtlich einer umsetzung werden im verwaltungsgerichtlichen verfahren im allgemeinen nur daraufhin überprüft, ob sie durch ermessensmissbrauch maßgebend geprägt sind.77vgl. bverwg, urteil vom 22. mai 1980 – 2 c 30/78 -, a.a.o, juris, rn. 24, und beschluss vom 8. februar 2007 - 2 vr 1/07 -, juris, rn. 3 f.78die prüfung bleibt grundsätzlich darauf beschränkt, ob die gründe des dienstherrn seiner tatsächlichen einschätzung entsprachen und nicht nur vorgeschoben sind, um eine in wahrheit allein oder maßgebend auf anderen beweggründen beruhende entscheidung zu rechtfertigen, oder ob sie aus anderen gründen willkürlich sind.79vgl. bverwg, urteil vom 28. november 1991 – 2 c 41/89 -, a.a.o., juris, rn. 21, m.w.n.80im hinblick auf diese anforderungen hat die beklagte ihr ermessen bei der umsetzung pflichtgemäß ausgeübt.81entgegen der ansicht der klägerin erfolgte ihre umsetzung nicht nur wegen einer meinungsverschiedenheit mit dem kanzler über die rechtliche zulässigkeit der gewährung von überstundenpauschalen an freigestellte personalratsmitglieder.82die beklagte hat angeben, dass sie für die leitung des igad einen mit administrativen aufgaben vertrauten beamten benötigt, der kenntnisse über die struktur der rwth hat und erfahrungen im personalrecht besitzt. die klägerin sei für den dienstposten besonders geeignet, da sie schon als personaldezernentin eng mit dem igad zusammengearbeitet habe. dafür, dass diese begründung nur vorgeschoben ist und der kanzler die klägerin durch die umsetzung disziplinieren wollte, ist nichts ersichtlich.83überdies ist die umsetzung gerade auch zur behebung des – auch von der beklagten eingeräumten – gestörten vertrauensverhältnisses der klägerin zum kanzler gerechtfertigt. das bundesverwaltungsgericht hat den rechtssatz aufgestellt, dass eine störung der reibungslosen zusammenarbeit innerhalb des öffentlichen dienstes durch innere spannung und durch trübung des vertrauensverhältnisses regelmäßig als beeinträchtigung des täglichen dienstbetriebes zu werten sei, für deren abstellung der dienstherr zu sorgen habe. wenn dafür nach lage des falles die versetzung oder umsetzung eines der streitbeteiligten geboten erscheine, so sei ein dienstliches bedürfnis für die versetzung bzw. umsetzung grundsätzlich bereits auf grund der objektiven beteiligung an dem spannungsverhältnis zu bejahen, also von der verschuldensfrage unabhängig. unabhängig von der eintrübung des vertrauensverhältnisses kann das spannungsverhältnis auch darauf basieren, dass die beteiligten ein unterschiedliches - wenn auch jeweils rechtmäßiges - verständnis von verwaltung haben.84vgl. bverwg, beschluss vom 26. november 2004 – 2 b 72/04 -, buchholz 235 § 9 bdo nr. 41, juris, rn. 13, 17.85etwas anderes kann nur gelten, wenn offensichtlich ist, dass die spannungslage durch umsetzung eines bestimmten (anderen) bediensteten ohne weiteres lösbar sein würde oder andere beteiligte komplottähnlich gegen die umgesetzte intrigiert haben. dies ist vorliegend offensichtlich nicht der fall.86die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 2, abs. 1 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo.
Verklagte*r
0
172,000
14 K 1685/14
2014-08-14T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin wendet sich gegen eine Fahrtenbuchauflage. 3Die Klägerin ist Halterin des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX 000. Mit diesem Fahrzeug wurde am 00.0.2013 um 09:07 Uhr innerhalb geschlossener Ortschaften in S. , C. C1. , G. I 00 in Fahrtrichtung X. die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 28 km/h (nach Toleranzabzug) überschritten. 4Unter dem 05.09.2013 übersandte die Bußgeldstelle der Stadt S. der Klägerin einen Zeugenfragebogen nebst Radarfoto mit der Aufforderung, die Personalien des unbekannten Fahrzeugführers zu benennen. Eine Reaktion der Klägerin auf den Zeugenfragebogen erfolgte nicht. Daraufhin richtete die Bußgeldstelle der Stadt S. am 26.09.2013 ein Ermittlungsersuchen an die Stadt F. mit der Bitte, den Fahrzeugführer anhand des beigefügten Radarfotos zu ermitteln. Das Ermittlungsersuchen wurde von der Stadt F. an den Beklagten weitergeleitet. Unter dem 16.10.2013 ersuchte die Bußgeldstelle der Stadt S. die Stadt F. um Übersendung des Lichtbildes eines etwaigen Lebensgefährten der Klägerin aus dem Personalausweisregister. Die Stadt F. teilte daraufhin mit, dass unter der Anschrift der Klägerin ein Herr Q. T. gemeldet sei, sie jedoch über kein Lichtbild dieser Person verfüge. Unter dem 23.10.2013 ersuchte die Bußgeldstelle der Stadt S. die Ausländerbehörde des Beklagten um Übermittlung eines etwaig vorhandenen Lichtbildes des Herrn Q. T. . Die Ausländerbehörde teilte unter dem 30.10.2013 mit, dass ein Passbild in den Ausländerakten nicht vorhanden sei. Mit Schreiben vom 11.11.2013 teilte der Beklagte der Stadt S. auf das Ermittlungsersuchen vom 26.09.2013 hin mit, man habe am 31.10.2013 und 06.11.2013 die Wohnanschrift der Klägerin aufgesucht, dort jedoch niemanden angetroffen. Am 31.10.2013 habe man eine schriftliche Aufforderung mit der Bitte hinterlassen, sich telefonisch zu melden oder am 05.11.2013 persönlich beim Beklagten vorstellig zu werden. Eine am 06.11.2013 angetroffene Nachbarin habe keine Auskünfte erteilen wollen. Eine Reaktion der Klägerin erfolgte nicht. Das gegen die Klägerin geführte Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde sodann am 15.11.2013 durch die Bußgeldstelle der Stadt S. eingestellt, da der verantwortliche Fahrzeugführer nicht ermittelt werden konnte. 5Mit Schreiben vom 22.11.2013 hörte der Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Auferlegung eines Fahrtenbuches an. Daraufhin teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 06.12.2013 mit, die Klägerin habe die Schreiben vom 05.09.2013 und 31.10.2013 erhalten. Auf das Schreiben vom 31.10.2013 habe sie mit einfachem Brief reagiert und Herrn S1. L. als verantwortlichen Fahrzeugführer benannt. Einen Nachweis über die Versendung des Briefes könne sie indes nicht führen. Der Beklagte teilte unter dem 12.12.2013 mit, dass ein entsprechendes Schreiben zu keinem Zeitpunkt bei ihm eingegangen sei. 6Mit Ordnungsverfügung vom 06.02.2014, mittels Postzustellungsurkunde zugestellt am 12.02.2014, verpflichtete der Beklagte die Klägerin, für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX 000 für den Zeitraum vom 24.02.2014 bis zum 23.11.2014 ein Fahrtenbuch zu führen und ordnete zugleich die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, mit dem Fahrzeug der Klägerin sei ein schwerer Verkehrsverstoß begangen worden. Der begangene Geschwindigkeitsverstoß wäre bei rechtzeitiger Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers mit drei Punkten im Verkehrszentralregister geahndet worden. Der Fahrer des Fahrzeugs habe indes nicht festgestellt werden können. Auf den Zeugenfragebogen vom 05.09.2013 und das vom Außendienst am 31.10.2013 hinterlassene Schreiben habe die Klägerin nicht reagiert. Weder bei der Bußgeldstelle der Stadt S. noch bei dem Außendienst des Beklagten sei ein Schreiben eingegangen, mit welchem die Klägerin – wie von ihr behauptet – den Fahrzeugführer benannt habe. 7Die Klägerin hat am 10.03.2014 Klage erhoben. 8Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, sie habe den Zeugenfragebogen vom 05.09.2013 und das Aufforderungsschreiben vom 31.10.2013 erhalten. Auf das Schreiben vom 31.10.2013 hin habe sie mittels einfachen Briefes Herrn S1. L. als Fahrer benannt. Über die Versendung des Briefes könne sie keinen Nachweis führen. Aus ihrer Sicht habe sie alles Erforderliche getan, um den Fahrer zu benennen und eine Fahrtenbuchauflage zu vermeiden. Als Nichtjuristin sei ihr nicht bekannt gewesen, dass sie einen Nachweis darüber führen müsse, dass sie den verantwortlichen Fahrzeugführer tatsächlich benannt habe. Es sei weder unwahrscheinlich noch widerspreche es der Lebenswirklichkeit, dass Briefe gelegentlich verloren gingen. 9Die Klägerin beantragt sinngemäß, 10die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 06.02.2014 aufzuheben. 11Der Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, die Ordnungsverfügung sei rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31a StVZO seien erfüllt. Eine Feststellung des Fahrzeugführers sei nicht möglich gewesen, weil die Klägerin auf den übersandten Zeugenfragebogen und das Aufforderungsschreiben des Außendienstes nicht reagiert habe. Es liege auch kein Ermittlungsdefizit der Stadt S. vor, denn diese habe Kopien von Ausweisfotos möglicher Fahrzeugführer angefordert und den Beklagten um Durchführung von Außendienstermittlungen ersucht. Sämtliche Maßnahmen seien erfolglos geblieben. Die Behauptung der Klägerin, den Fahrzeugführer benannt zu haben, sei unglaubhaft, da weder bei der Stadt S. noch beim Beklagten ein Posteingang zu verzeichnen gewesen sei. Zudem sei es unwahrscheinlich, dass Briefe auf dem Postweg verloren gingen. Insoweit habe die Klägerin den Beweis zu führen, dass sie den Fahrer des Tatfahrzeuges rechtzeitig benannt habe. Angesichts des festgestellten Verkehrsverstoßes falle es in die Sphäre der Klägerin, den Behörden in geeigneter Weise Hilfe bei der Ermittlung des Fahrzeugführers zu leisten. Hierzu habe sie sicherzustellen, dass entsprechende Informationen tatsächlich und rechtzeitig den zuständigen Verkehrsbehörden zugehen. Notfalls habe sie sich Gewissheit über den Zugang zu verschaffen, was sie indes vorliegend unterlassen habe. 14Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 09.07.2014 mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Klage, über die der Berichterstatter als Einzelrichter und mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, bleibt ohne Erfolg. 18Die zulässige Klage ist unbegründet. 19Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 06.02.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 20Die Fahrtenbuchauflage findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 31a Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Hiernach kann die zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. 21Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt. 22Ein Verkehrsverstoß im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist gegeben. 23Die Klägerin ist Halterin des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX 000. Mit diesem Fahrzeug wurde am 00.0.2013 um 09:07 Uhr innerhalb geschlossener Ortschaften in S. , C. C1. , G. I 00 in Fahrtrichtung X. die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 28 km/h (nach Toleranzabzug) überschritten und damit ein Verkehrsverstoß im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO begangen. Bei diesem Geschwindigkeitsverstoß handelt es sich um eine Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß § 24 Straßenverkehrsgesetz (StVG), § 41 Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) i.V.m. Zeichen 274 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO, § 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, die gemäß lfd. Nr. 11.3.5 der Tabelle 1 lit. c) des Anhangs zu Ziffer 11 der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) im Regelfall mit einem Bußgeld von 100,00 Euro bedroht ist. Die mit dem Fahrzeug der Klägerin begangene Verkehrszuwiderhandlung wäre demnach bei rechtzeitiger Ermittlung des Fahrzeugführers innerhalb der dreimonatigen Verjährungsfrist (vgl. § 26 Abs. 3 StVG i.V.m. §§ 31 ff. OWiG) gemäß § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG i.V.m. Ziffer 5.4 der Anlage 13 zu § 40 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) in den hier maßgeblichen, bis zum 30.04.2014 geltenden Fassungen mit drei Punkten in das Verkehrszentralregister einzutragen gewesen. 24Der Beklagte ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Feststellung des Fahrzeugführers nach der vorgenannten Verkehrszuwiderhandlung gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht möglich war. 25Von einer Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist auszugehen, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Zu den angemessenen Maßnahmen gehört grundsätzlich auch, dass der Halter möglichst umgehend – im Regelfall innerhalb von zwei Wochen – von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann. Eine verspätete Anhörung schließt eine Fahrtenbuchauflage allerdings dann nicht aus, wenn feststeht, dass die Verzögerung für die unterbliebene Ermittlung des Täters nicht ursächlich gewesen ist. 26Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.10.1978 – VII C 77.74 –, Rn. 15 ff., juris; BVerwG, Beschluss vom 25.06.1987 – 7 B 139.87 –, Rn. 2 f., juris; BVerwG, Beschluss vom 23.12.1996 – 11 B 84.96 –, Rn. 3, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.11.2013 – 8 A 632/13 –, Rn. 5 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.06.2011 – 8 B 520/11 –, Rn. 3 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.03.2007 – 8 B 2746/06 –, Rn. 9, juris. 27Dies gilt namentlich für die Fälle, in denen nach den gegebenen Umständen erkennbar ist, dass auch eine frühere Ermittlung nicht zu einem Ermittlungserfolg geführt hätte, weil der Kraftfahrzeughalter ohnehin nicht bereit war, an der erforderlichen Aufklärung mitzuwirken. Insoweit ist es grundsätzlich Sache des Halters, Angaben zu der Person zu machen, die im fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug geführt hat. Dabei obliegt es dem Halter insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten Radarfoto erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert. Lehnt der Halter die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben. 28Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.1982 – 7 C 3.80 –, Rn. 7, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.06.2011 – 8 B 520/11 –, Rn. 6 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.03.2007 – 8 B 2746/06 –, Rn. 11, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.11.2005 – 8 A 280/05 –, Rn. 25 ff., juris. 29Die Bußgeldbehörde kann demgemäß ihre weitere Ermittlungstätigkeit an den Erklärungen des Fahrzeughalters ausrichten und darf insbesondere dann, wenn der Halter keine (weiterführenden) Angaben macht und der Behörde auch sonst keine konkreten Ermittlungsansätze vorliegen, auf zeitraubende und kaum Erfolg versprechende weitere Aufklärungsmaßnahmen verzichten. 30Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2014 – 8 B 591/14 – m.w.N. 31An einer hinreichenden Mitwirkung fehlt es bereits dann, wenn der Fahrzeughalter – wie hier – den Anhörungsbogen bzw. Zeugenfragebogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet bzw. weitere Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer nicht macht. 32Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.08.2013 – 8 B 837/13 –; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.11.2004 – 12 ME 413/04 –, Rn. 5, juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 04.12.2003 – 12 LA 442/03 –, Rn. 4, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2006 ‑ 8 A 3429/04 –, Rn. 11 f., juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 04.03.2013 – 14 K 2369/12 –, Rn. 37 ff., juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.05.2012 – 6 K 8411/10 –, Rn. 39, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 25.03.2013 – 14 L 356/13 –, Rn. 12 f., juris. 33Dies gilt unabhängig davon, ob der zu Grunde liegende Verkehrsverstoß fotografisch dokumentiert ist oder nicht. 34Vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.11.2004 – 12 ME 413/04 –, Rn. 6, juris. 35Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze war die Feststellung des Fahrzeugführers im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich. Ein für das negative Ermittlungsergebnis ursächliches Ermittlungsdefizit liegt nicht vor. 36Die Zweiwochenfrist für die Benachrichtigung des Fahrzeughalters, die nur regelmäßig gilt und kein formales Tatbestandsmerkmal des § 31a StVZO darstellt, 37vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.03.1995 – 25 A 2798/93 –, Rn. 16, juris, 38ist vorliegend zwar nicht exakt eingehalten worden. Der Anhörungsbogen zur Zeugenbefragung ist der Klägerin unter dem 05.09.2013 und damit etwas mehr als drei Wochen nach dem Verkehrsverstoß übersandt worden. Diese Verzögerung ist im Ergebnis jedoch ohne Bedeutung, denn die Nichtermittelbarkeit des verantwortlichen Fahrzeugführers ergibt sich vorliegend allein aus der verweigerten Mitwirkung der Klägerin an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes. 39Die Klägerin ist durch den Zeugenfragebogen der Stadt S. vom 05.09.2013 und das Aufforderungsschreiben des Beklagten vom 31.10.2013 über den mit ihrem Kraftfahrzeug begangenen Verkehrsverstoß in Kenntnis gesetzt worden. Dass sie die genannten Schriftstücke erhalten hat, ergibt sich unzweifelhaft aus ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren. Wie sie selbst einräumt, hat sie auf den Zeugenfragebogen vom 05.09.2013 nicht reagiert. Dass die Klägerin – wie sie behauptet – nach Erhalt der schriftlichen Aufforderung vom 31.10.2013 mittels einfachen Briefes als Fahrzeugführer Herrn S1. L. benannt haben will, kann anhand der beigezogenen Verwaltungsvorgänge nicht belegt werden. Denn hiernach wurde innerhalb der maßgeblichen dreimonatigen Verjährungsfrist (vgl. § 26 Abs. 3 StVG i.V.m. §§ 31 ff. OWiG) weder der Zeugenfragebogen (nachweislich) zurückgesendet, noch der verantwortliche Fahrzeugführer auf andere Weise benannt. Die materielle Beweislast hinsichtlich des Zugangs der, nach Angaben der Klägerin mittels einfachen Briefes übermittelten Benennung des Fahrzeugführers, liegt bei der Klägerin. Sofern der Beklagte – wie vorliegend – den Zugang eines entsprechenden Schriftstückes bestreitet, ein Zugangsnachweis nicht vorliegt und sich ein entsprechendes Schriftstück auch nicht in den Verwaltungsvorgängen befindet, geht dies allein zu Lasten der Klägerin. Angesichts des festgestellten Verkehrsverstoßes mit ihrem Kraftfahrzeug fiel es nämlich in ihre Sphäre, den Behörden in geeigneter und effektiver Weise Hilfe bei der Ermittlung des Fahrzeugführers zu leisten. Hierzu gehört auch die Gewährleistung, dass Informationen tatsächlich und rechtzeitig den Verkehrsbehörden zugehen. Notfalls hätte sich die Klägerin insoweit Gewissheit über den Zugang verschaffen müssen. Dies hat sie jedoch offensichtlich unterlassen. 40Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 22.07.2014 – 14 L 1523/14 –; VG München, Beschluss vom 11.07.2012 – 23 S 12.1516 –, Rn. 26, juris; VG Freiburg, Beschluss vom 22.12.2008 – 1 K 1580/08 –, Rn. 8, juris. 41Im Übrigen ist weder vorgetragen noch ansatzweise ersichtlich, dass ein von der Klägerin möglicherweise abgesandtes Schreiben im Herrschaftsbereich des Beklagten oder der Stadt S. verloren gegangen ist. Soweit die Klägerin zum Zwecke des Nachweises der Absendung eines entsprechenden Briefes Beweis durch Parteivernehmung anbietet, ist darauf hinzuweisen, dass die Vorschriften der §§ 445 bis 449 Zivilprozessordnung (ZPO) über die Parteivernehmung gemäß § 98 VwGO im Verwaltungsprozess keine Anwendung finden. Hinzu kommt, dass selbst eine mögliche informatorische Anhörung der Klägerin zu der Frage, ob sie ein entsprechendes Schreiben tatsächlich abgesendet hat, jedenfalls nicht geeignet ist, den Zugang eines derartigen Schreibens bei der Behörde sowie den Inhalt des Schreibens zu beweisen. 42Vgl. VG München, Beschluss vom 11.07.2012 – 23 S 12.1516 –, Rn. 26, juris. 43Kann damit der Zugang eines entsprechenden Schreibens beim Beklagten bzw. der Stadt S. innerhalb der dreimonatigen Verjährungsfrist nicht festgestellt werden, ist ohne weiteres davon auszugehen, dass die Klägerin an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes nicht mitwirken wollte. Sie wäre jedoch im Rahmen der Ermittlungen nicht nur gehalten gewesen, einen ihr bekannten oder aufgrund des Radarfotos erkannten Täter zu benennen. Es oblag ihr auch, Angaben dazu zu machen, von welcher Person ihr Fahrzeug am Tattag benutzt wurde bzw. welcher Personenkreis befugt war ihr Fahrzeug im Tatzeitpunkt zu benutzen. Ferner war sie gehalten, die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der zur Nutzung des Fahrzeugs Berechtigen zu fördern und den Täterkreis gegenüber der Ordnungswidrigkeitenbehörde einzugrenzen. Diesen Mitwirkungsobliegenheiten ist die Klägerin ersichtlich nicht nachgekommen. 44Mit der unterlassenen Rücksendung des Zeugenfragebogens und den unterbliebenen Angaben zum (potentiellen) Fahrzeugführer hat die Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass sie bei der Aufklärung des Verkehrsverstoßes nicht mitwirken will, obwohl es ihr möglich und zumutbar war. Die zuständige Ordnungswidrigkeitenbehörde der Stadt S. durfte demgemäß bereits aus dem Schweigen der Klägerin zulässigerweise auf ihre fehlende Mitwirkungsbereitschaft schließen. 45Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.08.2013 – 8 B 837/13 –; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.11.2004 – 12 ME 413/04 –, Rn. 5, juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 04.12.2003 – 12 LA 442/03 –, Rn. 4, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss 09.05.2006 – 8 A 3429/04 –, Rn. 11 f., juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 04.03.2013 – 14 K 2369/12 –, Rn. 37 ff., juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.05.2012 – 6 K 8411/10 –, Rn. 39, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 25.03.2013 – 14 L 356/13 –, Rn. 12 f., juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 25.06.2013 – 14 L 996/13 –. 46Aus welchen Gründen der Halter keine Angaben zur Sache macht, ist dabei unerheblich. Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO setzt vor allem nicht voraus, dass der Halter seine Mitwirkungsobliegenheiten schuldhaft nicht erfüllt hat oder die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers sonst zu vertreten hat. 47Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.10.2013 – 8 A 562/13 –, Rn. 12 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.11.2013 – 8 B 1129/13 –, Rn. 12 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.11.2013 – 8 A 1668/13 –, Rn. 14 ff., juris 48Gleichfalls nicht entscheidend ist, dass die Klägerin eine Mitwirkung nicht ausdrücklich verweigert hat. Entscheidend ist allein, dass sie auch nach Kenntnisnahme vom Verkehrsverstoß bis zum Eintritt der Verfolgungsverjährung nicht zureichend an der Aufklärung mitgewirkt hat. 49Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2014 – 8 B 591/14 –. 50Das die Ordnungswidrigkeitenbehörde der Stadt S. gleichwohl noch „überobligatorische“ Ermittlungsmaßnahmen in Form eines an den Beklagten gerichteten Fahrerermittlungsersuchens und der Anforderung des Passbildes eines potentiellen Lebensgefährten der Klägerin ergriffen hat, obwohl sie hierzu angesichts der vorbeschriebenen Mitwirkungsverweigerung nicht mehr verpflichtet war, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn ob die Behörde etwaige „überobligatorische“ Ermittlungsmaßnahmen, zu denen sie nicht verpflichtet wäre, ergriffen hat, ist für eine Anfechtungsklage gegen eine Fahrtenbuchauflage regelmäßig nicht entscheidungserheblich. 51Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.11.2013 – 8 A 1668/13 –, Rn. 29, juris. 52Der Beklagte hat zudem in fehlerfreier Weise von seinem Ermessen Gebrauch gemacht. Es ist nicht ersichtlich, dass die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde, § 114 Satz 1 VwGO. Die Straßenverkehrsbehörde handelt regelmäßig ermessensfehlerfrei, wenn sie – wie vorliegend – für die Frage der Verhältnismäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage auf die Einstufung der Schwere des zugrunde liegenden Verkehrsverstoßes durch das im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung jeweils geltende Punktesystem in der Anlage 13 zu § 40 FeV zurückgreift. Dabei ist die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage schon bei erstmaliger Begehung eines mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoßes gerechtfertigt, ohne dass es auf besondere Umstände des Einzelfalles, namentlich die Gefährlichkeit des Verkehrsverstoßes, ankommt. 53Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.04.1999 – 8 A 699/97 –, Rn. 21 ff., juris, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 09.09.1999 – 3 B 94.99 –, Rn. 2, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.08.2013 – 8 B 836/13 –; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2014 – 8 B 591/14 –. 54Demgemäß liegt die für die Fahrtenbuchauflage gewählte Dauer von 9 Monaten bei einem Verkehrsverstoß, der gemäß Ziffer 5.4 der Anlage 13 zu § 40 FeV in der bis zum 30.04.2014 geltenden Fassung mit 3 Punkten im Verkehrszentralregister einzutragen gewesen wäre, ohne Weiteres innerhalb der ermessensfehlerfrei wählbaren zeitlichen Länge und begegnet im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit keinen rechtlichen Bedenken. 55Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.03.2007 – 8 B 2746/06 –, Rn. 22, juris: Fahrtenbuchauflage für die Dauer von 12 Monaten bei mit drei Punkten bewertetem Verkehrsverstoß verhältnismäßig. 56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 57Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt die klägerin. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils beizutreibenden betrages abwenden, soweit nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die klägerin wendet sich gegen eine fahrtenbuchauflage. 3die klägerin ist halterin des kraftfahrzeuges mit dem amtlichen kennzeichen xx-xx 000. mit diesem fahrzeug wurde am 00.0.2013 um 09:07 uhr innerhalb geschlossener ortschaften in s. , c. c1. , g. i 00 in fahrtrichtung x. die zulässige höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 28 km/h (nach toleranzabzug) überschritten. 4unter dem 05.09.2013 übersandte die bußgeldstelle der stadt s. der klägerin einen zeugenfragebogen nebst radarfoto mit der aufforderung, die personalien des unbekannten fahrzeugführers zu benennen. eine reaktion der klägerin auf den zeugenfragebogen erfolgte nicht. daraufhin richtete die bußgeldstelle der stadt s. am 26.09.2013 ein ermittlungsersuchen an die stadt f. mit der bitte, den fahrzeugführer anhand des beigefügten radarfotos zu ermitteln. das ermittlungsersuchen wurde von der stadt f. an den beklagten weitergeleitet. unter dem 16.10.2013 ersuchte die bußgeldstelle der stadt s. die stadt f. um übersendung des lichtbildes eines etwaigen lebensgefährten der klägerin aus dem personalausweisregister. die stadt f. teilte daraufhin mit, dass unter der anschrift der klägerin ein herr q. t. gemeldet sei, sie jedoch über kein lichtbild dieser person verfüge. unter dem 23.10.2013 ersuchte die bußgeldstelle der stadt s. die ausländerbehörde des beklagten um übermittlung eines etwaig vorhandenen lichtbildes des herrn q. t. . die ausländerbehörde teilte unter dem 30.10.2013 mit, dass ein passbild in den ausländerakten nicht vorhanden sei. mit schreiben vom 11.11.2013 teilte der beklagte der stadt s. auf das ermittlungsersuchen vom 26.09.2013 hin mit, man habe am 31.10.2013 und 06.11.2013 die wohnanschrift der klägerin aufgesucht, dort jedoch niemanden angetroffen. am 31.10.2013 habe man eine schriftliche aufforderung mit der bitte hinterlassen, sich telefonisch zu melden oder am 05.11.2013 persönlich beim beklagten vorstellig zu werden. eine am 06.11.2013 angetroffene nachbarin habe keine auskünfte erteilen wollen. eine reaktion der klägerin erfolgte nicht. das gegen die klägerin geführte ordnungswidrigkeitenverfahren wurde sodann am 15.11.2013 durch die bußgeldstelle der stadt s. eingestellt, da der verantwortliche fahrzeugführer nicht ermittelt werden konnte. 5mit schreiben vom 22.11.2013 hörte der beklagte die klägerin zur beabsichtigten auferlegung eines fahrtenbuches an. daraufhin teilte der prozessbevollmächtigte der klägerin mit schriftsatz vom 06.12.2013 mit, die klägerin habe die schreiben vom 05.09.2013 und 31.10.2013 erhalten. auf das schreiben vom 31.10.2013 habe sie mit einfachem brief reagiert und herrn s1. l. als verantwortlichen fahrzeugführer benannt. einen nachweis über die versendung des briefes könne sie indes nicht führen. der beklagte teilte unter dem 12.12.2013 mit, dass ein entsprechendes schreiben zu keinem zeitpunkt bei ihm eingegangen sei. 6mit ordnungsverfügung vom 06.02.2014, mittels postzustellungsurkunde zugestellt am 12.02.2014, verpflichtete der beklagte die klägerin, für das fahrzeug mit dem amtlichen kennzeichen xx-xx 000 für den zeitraum vom 24.02.2014 bis zum 23.11.2014 ein fahrtenbuch zu führen und ordnete zugleich die sofortige vollziehung der verfügung an. zur begründung führte er im wesentlichen aus, mit dem fahrzeug der klägerin sei ein schwerer verkehrsverstoß begangen worden. der begangene geschwindigkeitsverstoß wäre bei rechtzeitiger ermittlung des verantwortlichen fahrzeugführers mit drei punkten im verkehrszentralregister geahndet worden. der fahrer des fahrzeugs habe indes nicht festgestellt werden können. auf den zeugenfragebogen vom 05.09.2013 und das vom außendienst am 31.10.2013 hinterlassene schreiben habe die klägerin nicht reagiert. weder bei der bußgeldstelle der stadt s. noch bei dem außendienst des beklagten sei ein schreiben eingegangen, mit welchem die klägerin – wie von ihr behauptet – den fahrzeugführer benannt habe. 7die klägerin hat am 10.03.2014 klage erhoben. 8zur begründung führt sie im wesentlichen aus, sie habe den zeugenfragebogen vom 05.09.2013 und das aufforderungsschreiben vom 31.10.2013 erhalten. auf das schreiben vom 31.10.2013 hin habe sie mittels einfachen briefes herrn s1. l. als fahrer benannt. über die versendung des briefes könne sie keinen nachweis führen. aus ihrer sicht habe sie alles erforderliche getan, um den fahrer zu benennen und eine fahrtenbuchauflage zu vermeiden. als nichtjuristin sei ihr nicht bekannt gewesen, dass sie einen nachweis darüber führen müsse, dass sie den verantwortlichen fahrzeugführer tatsächlich benannt habe. es sei weder unwahrscheinlich noch widerspreche es der lebenswirklichkeit, dass briefe gelegentlich verloren gingen. 9die klägerin beantragt sinngemäß, 10die ordnungsverfügung des beklagten vom 06.02.2014 aufzuheben. 11der beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung führt er im wesentlichen aus, die ordnungsverfügung sei rechtmäßig. die tatbestandlichen voraussetzungen des § 31a stvzo seien erfüllt. eine feststellung des fahrzeugführers sei nicht möglich gewesen, weil die klägerin auf den übersandten zeugenfragebogen und das aufforderungsschreiben des außendienstes nicht reagiert habe. es liege auch kein ermittlungsdefizit der stadt s. vor, denn diese habe kopien von ausweisfotos möglicher fahrzeugführer angefordert und den beklagten um durchführung von außendienstermittlungen ersucht. sämtliche maßnahmen seien erfolglos geblieben. die behauptung der klägerin, den fahrzeugführer benannt zu haben, sei unglaubhaft, da weder bei der stadt s. noch beim beklagten ein posteingang zu verzeichnen gewesen sei. zudem sei es unwahrscheinlich, dass briefe auf dem postweg verloren gingen. insoweit habe die klägerin den beweis zu führen, dass sie den fahrer des tatfahrzeuges rechtzeitig benannt habe. angesichts des festgestellten verkehrsverstoßes falle es in die sphäre der klägerin, den behörden in geeigneter weise hilfe bei der ermittlung des fahrzeugführers zu leisten. hierzu habe sie sicherzustellen, dass entsprechende informationen tatsächlich und rechtzeitig den zuständigen verkehrsbehörden zugehen. notfalls habe sie sich gewissheit über den zugang zu verschaffen, was sie indes vorliegend unterlassen habe. 14die beteiligten haben sich mit schriftsätzen vom 09.07.2014 mit einer entscheidung des gerichts ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 16
17die klage, über die der berichterstatter als einzelrichter und mit einverständnis der beteiligten gemäß § 101 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung entscheiden kann, bleibt ohne erfolg. 18die zulässige klage ist unbegründet. 19die ordnungsverfügung des beklagten vom 06.02.2014 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 20die fahrtenbuchauflage findet ihre ermächtigungsgrundlage in § 31a abs. 1 satz 1 straßenverkehrs-zulassungs-ordnung (stvzo). hiernach kann die zuständige behörde gegenüber einem fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende fahrzeuge die führung eines fahrtenbuchs anordnen, wenn die feststellung eines fahrzeugführers nach einer zuwiderhandlung gegen verkehrsvorschriften nicht möglich war. 21die tatbestandlichen voraussetzungen der ermächtigungsgrundlage sind erfüllt. 22ein verkehrsverstoß im sinne von § 31a abs. 1 satz 1 stvzo ist gegeben. 23die klägerin ist halterin des kraftfahrzeuges mit dem amtlichen kennzeichen xx-xx 000. mit diesem fahrzeug wurde am 00.0.2013 um 09:07 uhr innerhalb geschlossener ortschaften in s. , c. c1. , g. i 00 in fahrtrichtung x. die zulässige höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 28 km/h (nach toleranzabzug) überschritten und damit ein verkehrsverstoß im sinne von § 31a abs. 1 satz 1 stvzo begangen. bei diesem geschwindigkeitsverstoß handelt es sich um eine verkehrsordnungswidrigkeit gemäß § 24 straßenverkehrsgesetz (stvg), § 41 abs. 1 straßenverkehrs-ordnung (stvo) i.v.m. zeichen 274 der anlage 2 zu § 41 abs. 1 stvo, § 49 abs. 3 nr. 4 stvo, die gemäß lfd. nr. 11.3.5 der tabelle 1 lit. c) des anhangs zu ziffer 11 der anlage zu § 1 abs. 1 der bußgeldkatalog-verordnung (bkatv) im regelfall mit einem bußgeld von 100,00 euro bedroht ist. die mit dem fahrzeug der klägerin begangene verkehrszuwiderhandlung wäre demnach bei rechtzeitiger ermittlung des fahrzeugführers innerhalb der dreimonatigen verjährungsfrist (vgl. § 26 abs. 3 stvg i.v.m. §§ 31 ff. owig) gemäß § 28 abs. 3 nr. 3 stvg i.v.m. ziffer 5.4 der anlage 13 zu § 40 fahrerlaubnis-verordnung (fev) in den hier maßgeblichen, bis zum 30.04.2014 geltenden fassungen mit drei punkten in das verkehrszentralregister einzutragen gewesen. 24der beklagte ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die feststellung des fahrzeugführers nach der vorgenannten verkehrszuwiderhandlung gemäß § 31a abs. 1 satz 1 stvzo nicht möglich war. 25von einer unmöglichkeit der feststellung des fahrzeugführers im sinne von § 31a abs. 1 satz 1 stvzo ist auszugehen, wenn die behörde nach den umständen des einzelfalles nicht in der lage war, den täter einer zuwiderhandlung gegen verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren maßnahmen getroffen hat. zu den angemessenen maßnahmen gehört grundsätzlich auch, dass der halter möglichst umgehend – im regelfall innerhalb von zwei wochen – von dem mit seinem fahrzeug begangenen verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die frage, wer zur tatzeit sein fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der täter entlastungsgründe vorbringen kann. eine verspätete anhörung schließt eine fahrtenbuchauflage allerdings dann nicht aus, wenn feststeht, dass die verzögerung für die unterbliebene ermittlung des täters nicht ursächlich gewesen ist. 26vgl. bverwg, urteil vom 13.10.1978 – vii c 77.74 –, rn. 15 ff., juris; bverwg, beschluss vom 25.06.1987 – 7 b 139.87 –, rn. 2 f., juris; bverwg, beschluss vom 23.12.1996 – 11 b 84.96 –, rn. 3, juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 13.11.2013 – 8 a 632/13 –, rn. 5 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 09.06.2011 – 8 b 520/11 –, rn. 3 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 15.03.2007 – 8 b 2746/06 –, rn. 9, juris. 27dies gilt namentlich für die fälle, in denen nach den gegebenen umständen erkennbar ist, dass auch eine frühere ermittlung nicht zu einem ermittlungserfolg geführt hätte, weil der kraftfahrzeughalter ohnehin nicht bereit war, an der erforderlichen aufklärung mitzuwirken. insoweit ist es grundsätzlich sache des halters, angaben zu der person zu machen, die im fraglichen zeitpunkt sein fahrzeug geführt hat. dabei obliegt es dem halter insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten radarfoto erkannten fahrer benennt oder zumindest den möglichen täterkreis eingrenzt und die täterfeststellung durch nachfragen im kreis der nutzungsberechtigten fördert. lehnt der halter die mitwirkung an der aufklärung des verkehrsverstoßes ab, ist es der behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum aussicht auf erfolg bietende ermittlungen zu betreiben. 28vgl. bverwg, urteil vom 17.12.1982 – 7 c 3.80 –, rn. 7, juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 09.06.2011 – 8 b 520/11 –, rn. 6 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 15.03.2007 – 8 b 2746/06 –, rn. 11, juris; ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 30.11.2005 – 8 a 280/05 –, rn. 25 ff., juris. 29die bußgeldbehörde kann demgemäß ihre weitere ermittlungstätigkeit an den erklärungen des fahrzeughalters ausrichten und darf insbesondere dann, wenn der halter keine (weiterführenden) angaben macht und der behörde auch sonst keine konkreten ermittlungsansätze vorliegen, auf zeitraubende und kaum erfolg versprechende weitere aufklärungsmaßnahmen verzichten. 30vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 09.07.2014 – 8 b 591/14 – m.w.n. 31an einer hinreichenden mitwirkung fehlt es bereits dann, wenn der fahrzeughalter – wie hier – den anhörungsbogen bzw. zeugenfragebogen der ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet bzw. weitere angaben zum personenkreis der fahrzeugbenutzer nicht macht. 32vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 23.08.2013 – 8 b 837/13 –; ovg niedersachsen, beschluss vom 02.11.2004 – 12 me 413/04 –, rn. 5, juris; ovg niedersachsen, beschluss vom 04.12.2003 – 12 la 442/03 –, rn. 4, juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 09.05.2006 ‑ 8 a 3429/04 –, rn. 11 f., juris; vg gelsenkirchen, urteil vom 04.03.2013 – 14 k 2369/12 –, rn. 37 ff., juris; vg düsseldorf, urteil vom 24.05.2012 – 6 k 8411/10 –, rn. 39, juris; vg düsseldorf, beschluss vom 25.03.2013 – 14 l 356/13 –, rn. 12 f., juris. 33dies gilt unabhängig davon, ob der zu grunde liegende verkehrsverstoß fotografisch dokumentiert ist oder nicht. 34vgl. ovg niedersachsen, beschluss vom 02.11.2004 – 12 me 413/04 –, rn. 6, juris. 35nach maßgabe der vorgenannten grundsätze war die feststellung des fahrzeugführers im sinne von § 31a abs. 1 satz 1 stvzo unmöglich. ein für das negative ermittlungsergebnis ursächliches ermittlungsdefizit liegt nicht vor. 36die zweiwochenfrist für die benachrichtigung des fahrzeughalters, die nur regelmäßig gilt und kein formales tatbestandsmerkmal des § 31a stvzo darstellt, 37vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 31.03.1995 – 25 a 2798/93 –, rn. 16, juris, 38ist vorliegend zwar nicht exakt eingehalten worden. der anhörungsbogen zur zeugenbefragung ist der klägerin unter dem 05.09.2013 und damit etwas mehr als drei wochen nach dem verkehrsverstoß übersandt worden. diese verzögerung ist im ergebnis jedoch ohne bedeutung, denn die nichtermittelbarkeit des verantwortlichen fahrzeugführers ergibt sich vorliegend allein aus der verweigerten mitwirkung der klägerin an der aufklärung des verkehrsverstoßes. 39die klägerin ist durch den zeugenfragebogen der stadt s. vom 05.09.2013 und das aufforderungsschreiben des beklagten vom 31.10.2013 über den mit ihrem kraftfahrzeug begangenen verkehrsverstoß in kenntnis gesetzt worden. dass sie die genannten schriftstücke erhalten hat, ergibt sich unzweifelhaft aus ihrem vorbringen im verwaltungsverfahren und im gerichtlichen verfahren. wie sie selbst einräumt, hat sie auf den zeugenfragebogen vom 05.09.2013 nicht reagiert. dass die klägerin – wie sie behauptet – nach erhalt der schriftlichen aufforderung vom 31.10.2013 mittels einfachen briefes als fahrzeugführer herrn s1. l. benannt haben will, kann anhand der beigezogenen verwaltungsvorgänge nicht belegt werden. denn hiernach wurde innerhalb der maßgeblichen dreimonatigen verjährungsfrist (vgl. § 26 abs. 3 stvg i.v.m. §§ 31 ff. owig) weder der zeugenfragebogen (nachweislich) zurückgesendet, noch der verantwortliche fahrzeugführer auf andere weise benannt. die materielle beweislast hinsichtlich des zugangs der, nach angaben der klägerin mittels einfachen briefes übermittelten benennung des fahrzeugführers, liegt bei der klägerin. sofern der beklagte – wie vorliegend – den zugang eines entsprechenden schriftstückes bestreitet, ein zugangsnachweis nicht vorliegt und sich ein entsprechendes schriftstück auch nicht in den verwaltungsvorgängen befindet, geht dies allein zu lasten der klägerin. angesichts des festgestellten verkehrsverstoßes mit ihrem kraftfahrzeug fiel es nämlich in ihre sphäre, den behörden in geeigneter und effektiver weise hilfe bei der ermittlung des fahrzeugführers zu leisten. hierzu gehört auch die gewährleistung, dass informationen tatsächlich und rechtzeitig den verkehrsbehörden zugehen. notfalls hätte sich die klägerin insoweit gewissheit über den zugang verschaffen müssen. dies hat sie jedoch offensichtlich unterlassen. 40vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 22.07.2014 – 14 l 1523/14 –; vg münchen, beschluss vom 11.07.2012 – 23 s 12.1516 –, rn. 26, juris; vg freiburg, beschluss vom 22.12.2008 – 1 k 1580/08 –, rn. 8, juris. 41im übrigen ist weder vorgetragen noch ansatzweise ersichtlich, dass ein von der klägerin möglicherweise abgesandtes schreiben im herrschaftsbereich des beklagten oder der stadt s. verloren gegangen ist. soweit die klägerin zum zwecke des nachweises der absendung eines entsprechenden briefes beweis durch parteivernehmung anbietet, ist darauf hinzuweisen, dass die vorschriften der §§ 445 bis 449 zivilprozessordnung (zpo) über die parteivernehmung gemäß § 98 vwgo im verwaltungsprozess keine anwendung finden. hinzu kommt, dass selbst eine mögliche informatorische anhörung der klägerin zu der frage, ob sie ein entsprechendes schreiben tatsächlich abgesendet hat, jedenfalls nicht geeignet ist, den zugang eines derartigen schreibens bei der behörde sowie den inhalt des schreibens zu beweisen. 42vgl. vg münchen, beschluss vom 11.07.2012 – 23 s 12.1516 –, rn. 26, juris. 43kann damit der zugang eines entsprechenden schreibens beim beklagten bzw. der stadt s. innerhalb der dreimonatigen verjährungsfrist nicht festgestellt werden, ist ohne weiteres davon auszugehen, dass die klägerin an der aufklärung des verkehrsverstoßes nicht mitwirken wollte. sie wäre jedoch im rahmen der ermittlungen nicht nur gehalten gewesen, einen ihr bekannten oder aufgrund des radarfotos erkannten täter zu benennen. es oblag ihr auch, angaben dazu zu machen, von welcher person ihr fahrzeug am tattag benutzt wurde bzw. welcher personenkreis befugt war ihr fahrzeug im tatzeitpunkt zu benutzen. ferner war sie gehalten, die täterfeststellung durch nachfragen im kreis der zur nutzung des fahrzeugs berechtigen zu fördern und den täterkreis gegenüber der ordnungswidrigkeitenbehörde einzugrenzen. diesen mitwirkungsobliegenheiten ist die klägerin ersichtlich nicht nachgekommen. 44mit der unterlassenen rücksendung des zeugenfragebogens und den unterbliebenen angaben zum (potentiellen) fahrzeugführer hat die klägerin zum ausdruck gebracht, dass sie bei der aufklärung des verkehrsverstoßes nicht mitwirken will, obwohl es ihr möglich und zumutbar war. die zuständige ordnungswidrigkeitenbehörde der stadt s. durfte demgemäß bereits aus dem schweigen der klägerin zulässigerweise auf ihre fehlende mitwirkungsbereitschaft schließen. 45vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 23.08.2013 – 8 b 837/13 –; ovg niedersachsen, beschluss vom 02.11.2004 – 12 me 413/04 –, rn. 5, juris; ovg niedersachsen, beschluss vom 04.12.2003 – 12 la 442/03 –, rn. 4, juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss 09.05.2006 – 8 a 3429/04 –, rn. 11 f., juris; vg gelsenkirchen, urteil vom 04.03.2013 – 14 k 2369/12 –, rn. 37 ff., juris; vg düsseldorf, urteil vom 24.05.2012 – 6 k 8411/10 –, rn. 39, juris; vg düsseldorf, beschluss vom 25.03.2013 – 14 l 356/13 –, rn. 12 f., juris; vg düsseldorf, beschluss vom 25.06.2013 – 14 l 996/13 –. 46aus welchen gründen der halter keine angaben zur sache macht, ist dabei unerheblich. die anordnung einer fahrtenbuchauflage nach § 31a abs. 1 satz 1 stvzo setzt vor allem nicht voraus, dass der halter seine mitwirkungsobliegenheiten schuldhaft nicht erfüllt hat oder die unmöglichkeit der feststellung des fahrzeugführers sonst zu vertreten hat. 47vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 28.10.2013 – 8 a 562/13 –, rn. 12 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 11.11.2013 – 8 b 1129/13 –, rn. 12 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 14.11.2013 – 8 a 1668/13 –, rn. 14 ff., juris 48gleichfalls nicht entscheidend ist, dass die klägerin eine mitwirkung nicht ausdrücklich verweigert hat. entscheidend ist allein, dass sie auch nach kenntnisnahme vom verkehrsverstoß bis zum eintritt der verfolgungsverjährung nicht zureichend an der aufklärung mitgewirkt hat. 49vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 09.07.2014 – 8 b 591/14 –. 50das die ordnungswidrigkeitenbehörde der stadt s. gleichwohl noch „überobligatorische“ ermittlungsmaßnahmen in form eines an den beklagten gerichteten fahrerermittlungsersuchens und der anforderung des passbildes eines potentiellen lebensgefährten der klägerin ergriffen hat, obwohl sie hierzu angesichts der vorbeschriebenen mitwirkungsverweigerung nicht mehr verpflichtet war, führt zu keinem anderen ergebnis. denn ob die behörde etwaige „überobligatorische“ ermittlungsmaßnahmen, zu denen sie nicht verpflichtet wäre, ergriffen hat, ist für eine anfechtungsklage gegen eine fahrtenbuchauflage regelmäßig nicht entscheidungserheblich. 51vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 14.11.2013 – 8 a 1668/13 –, rn. 29, juris. 52der beklagte hat zudem in fehlerfreier weise von seinem ermessen gebrauch gemacht. es ist nicht ersichtlich, dass die gesetzlichen grenzen des ermessens überschritten wurden oder von dem ermessen in einer dem zweck der ermächtigung nicht entsprechenden weise gebrauch gemacht wurde, § 114 satz 1 vwgo. die straßenverkehrsbehörde handelt regelmäßig ermessensfehlerfrei, wenn sie – wie vorliegend – für die frage der verhältnismäßigkeit einer fahrtenbuchauflage auf die einstufung der schwere des zugrunde liegenden verkehrsverstoßes durch das im zeitpunkt des erlasses der ordnungsverfügung jeweils geltende punktesystem in der anlage 13 zu § 40 fev zurückgreift. dabei ist die anordnung einer fahrtenbuchauflage schon bei erstmaliger begehung eines mit einem punkt bewerteten verkehrsverstoßes gerechtfertigt, ohne dass es auf besondere umstände des einzelfalles, namentlich die gefährlichkeit des verkehrsverstoßes, ankommt. 53vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 29.04.1999 – 8 a 699/97 –, rn. 21 ff., juris, bestätigt durch bverwg, beschluss vom 09.09.1999 – 3 b 94.99 –, rn. 2, juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 21.08.2013 – 8 b 836/13 –; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 09.07.2014 – 8 b 591/14 –. 54demgemäß liegt die für die fahrtenbuchauflage gewählte dauer von 9 monaten bei einem verkehrsverstoß, der gemäß ziffer 5.4 der anlage 13 zu § 40 fev in der bis zum 30.04.2014 geltenden fassung mit 3 punkten im verkehrszentralregister einzutragen gewesen wäre, ohne weiteres innerhalb der ermessensfehlerfrei wählbaren zeitlichen länge und begegnet im hinblick auf die verhältnismäßigkeit keinen rechtlichen bedenken. 55vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 15.03.2007 – 8 b 2746/06 –, rn. 22, juris: fahrtenbuchauflage für die dauer von 12 monaten bei mit drei punkten bewertetem verkehrsverstoß verhältnismäßig. 56die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 57die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, § 711 zpo.
Verklagte*r
0
143,395
15 K 4003/12
2015-11-17T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Am °°. K. °°°° fand in den Räumen der T4. . C. Gemeinde, B.-------straße °° in E. -E1. um 19 Uhr die Veranstaltung “Bürgerdialog E1. “ statt. Ein von der Beklagten vorgelegtes Einladungsschreiben zu dieser Veranstaltung wies den Oberbürgermeister der Beklagten, Herrn V. T. , im Briefkopf auf und ist von diesem unterzeichnet. Ferner war das Wappen der Beklagten auf der Einladung abgebildet. Ausweislich dieser Einladung, die sich insbesondere an Bewohner und Akteure im Stadtteil E1. richtete und unter anderem den „Rechtsextremismus“ als Themenschwerpunkt nannte, sollten im Rahmen der Veranstaltung Zukunftsperspektiven des Stadtteils in den Blick genommen werden, Erfahrungen und Ideen für die Entwicklung von E1. sowie für die Steigerung der Attraktivität und Lebensqualität ausgetauscht werden. Darüber hinaus wies das Schreiben den folgenden Passus auf: „Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.“. 3Auf der Internetseite der Stadt E. (www.E2. .de) fand sich unter dem°°. K. °°°° ein Verweis auf die genannte Veranstaltung, in dem es unter anderem hieß: „Bewohnerinnen, Bewohner und Akteure im Stadtteil E1. sind vom Oberbürgermeister V. T. zu einem Bürgerdialog E1. am °°. K. ab 19 Uhr in den Räumen der T4. . C. Gemeinde (…) eingeladen worden.“. Ein Hinweis auf den Vorbehalt, gegenüber bestimmten Personen vom Hausrecht Gebrauch zu machen, fand sich hier nicht. 4Der Kläger, der in E. -E1. wohnt, begab sich am Veranstaltungstag in Begleitung weiterer Personen in den Veranstaltungsraum. Kurz vor Beginn der Veranstaltung ging Herr T1. , Bereichsleiter des Amtes des Oberbürgermeisters und des Rates bei der Beklagten, in Begleitung zweier Polizisten auf den bereits im Veranstaltungssaal sitzenden Kläger zu, der sodann aufgefordert wurde, die Veranstaltung zu verlassen. Der Kläger erwiderte, die Veranstaltung sei öffentlich und jeder, der nicht als grober Störer auftrete, dürfe teilnehmen. Zudem sei er ein Bürger E3. . Daraufhin erklärte einer der Polizisten, er habe andere Informationen. Der Kläger könne im Nachhinein Klage erheben, solle nunmehr aber den Saal verlassen. Unter Protest kam der Kläger dem nach. Daraufhin wurde bei der Polizei eine Protestkundgebung beantragt, deren Durchführung mit dem Kläger als Hauptredner sodann auf dem Bürgersteig vor dem Versammlungsgebäude erfolgte. 5Unter dem °°. K. °°°° erstattete Herr T1. gegen den Kläger Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs (Staatsanwaltschaft E. , Az.: °°° °° °°°/°°). Das Strafverfahren wurde mangels rechtzeitig gestellten Strafantrags gemäß § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt. 6Mit Schreiben vom °°. K1. °°°° forderte die Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte vergeblich auf, die Rechtswidrigkeit des Saalverweises anzuerkennen. Andernfalls werde Klage erhoben. 7Am °. T2. °°°° hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. 8Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die Erteilung des Hausverbots ihm gegenüber sei rechtswidrig gewesen. Er sei im Vorfeld bereits nicht angehört worden. Zudem habe er die Veranstaltung weder gestört noch provoziert. Von ihm sei keine Gefahr ausgegangen. Vielmehr habe er friedlich an der Veranstaltung teilnehmen und zuhören wollen. Dass er rechtsextrem eingestellt sei, mache ihn nicht zu einem Störer. Auch sei er nicht gewaltbereit und kein Intensivtäter. Er sei lediglich wegen eines einzigen Deliktes verurteilt worden. Das Hausverbot verletze ihn in seinen Grundrechten auf Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 des Grundgesetzes (GG) und auf Gleichbehandlung gemäß Art. 3 GG. Eine Verletzung von Art. 3 GG sei gegeben, da sein Ausschluss von einer öffentlichen Veranstaltung allein erfolgt sei, um ihn zu diskriminieren. Dass sein Ausschluss willkürlich gewesen sei, ergebe sich auch daraus, dass man weitere anwesende vorbestrafte Personen nicht von der Ver-sammlung ausgeschlossen habe. Die dem Internet entnommene Einladung zum „Bürgerdialog E1. “ habe insbesondere keine Ausschlussklausel betreffend rechtsgerichtete Personen enthalten. Eine solche Beschränkung sei ohnehin verfassungswidrig. Der Öffentlichkeit der Veranstaltung stehe auch nicht entgegen, dass diese in kirchlichen Räumen stattgefunden habe. Die hier maßgebliche Frage, wer Veranstalter gewesen sei, müsse anhand objektiver Kriterien beantwortet werden. Insofern sei zunächst zu berücksichtigen, dass der Oberbürgermeister in seiner Eigenschaft als Amtsperson und Vertreter der Beklagten zum „Bürgerdialog E1. “ eingeladen habe und somit Veranstalter gewesen sei. Auf der Einladung– unabhängig auf welche Fassung man abstelle – sei das Stadtwappen und somit gewissermaßen das amtliche Gütesiegel der Beklagten abgebildet. Auch das Thema der Veranstaltung sei öffentlicher Art gewesen. Hausrechtsinhaberin sei im vor-liegenden Zusammenhang nicht die T4. . C. Gemeinde, sondern die Beklagte gewesen. Insofern dürfe nicht darauf abgestellt werden, wer allgemein das Haus-recht in der T4. . C. Gemeinde ausübe oder ausgeübt habe. Denn im vorliegen-den Fall gehe es nicht um ein allgemein und zeitlich unbegrenzt ausgesprochenes Hausverbot für die Kirchengemeinde und ihre Räumlichkeiten. Es gehe vielmehr um den punktuell und zeitlich begrenzt ausgesprochenen Hinauswurf des Klägers aus der betroffenen Veranstaltung. Das Hausverbot sei auch nicht von einem Mitglied der Kirchengemeinde ausgesprochen worden, sondern von dem bei der Beklagten beschäftigten Herrn T1. . Dieser habe nicht im eigenen Namen gehandelt, sondern als Versammlungsleiter und damit im Auftrag der Beklagten als Veranstalterin. Veranstalter sei auch nicht der „Runde Tisch für Toleranz und Verständigung in E1. “, ein Zusammenschluss verschiedener E4. Organisationen, Vereine und Einzelpersonen gegen Neonazis, gewesen, mit dem die Veranstaltung nach den Angaben der Beklagten abgestimmt worden sei. Die Kirchengemeinde sei lediglich Tagungsort der Veranstaltung gewesen. 9Der Kläger beantragt, 10gegenüber der Beklagten festzustellen, „dass der Hinauswurf des Klägers am °°. K. °°°° um etwa 19 Uhr in der B1. . °° in °°°°° E. “ rechtswidrig war. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, die betroffene Veranstaltung habe nicht in einer öffentlichen Einrichtung stattgefunden, sondern in den Räumlichkeiten einer Kirchengemeinde. Der Kläger könne sich in diesem Rahmen nicht auf Grundrechte berufen. Bei der in Rede stehenden Veranstaltung habe der Oberbürgermeister nicht als Behörde mit Bürgern in Kontakt treten wollen, sondern als natürliche Person. Es habe sich nicht um eine Veranstaltung der Beklagten gehandelt. Hausrechtsinhaber sei der Pastor der Kirchengemeinde T4. . C. E1. gewesen. Dieser habe Herrn T1. entsprechend dem Wunsch der Kirchengemeinde aufgetragen, das Hausrecht auszuüben. Die Ausübung des Hausrechts durch Herrn T1. sei dementsprechend durch die Gemeinde T4. . C. E1. als Hausrechtsinhaberin gebunden gewesen. Der Kläger sei des Saales verwiesen worden, da er zum Veranstaltungszeitpunkt als gewaltbereiter Rechtsextremist und Kopf der Vereinigung „O. X. E. “ bekannt gewesen sei. Bei ihm handele es sich um einen bekannten rechtsradikalen Intensivtäter, der zum Zwecke der Provokation erschienen sei. Es sei dem Veranstalter nicht zumutbar gewesen, auf den Beginn einer Störung und eine gewalttätige Auseinandersetzung seitens des Klägers zu warten. Herr T1. habe das ihm übertragene Hausrecht der Kirche im Vorfeld durchsetzen dürfen. Dass rechtsextreme Personen bei der Veranstaltung nicht erwünscht gewesen seien, sei bereits aus der schriftlichen Einladung zur Veranstaltung hervorgegangen. Bei der vom Kläger in Bezug genommenen „Einladung“ aus dem Internet handele es sich nicht um eine Einladung, sondern um eine Wissensmitteilung. In dieser werde auf eine an anderer Stelle ausgesprochene Einladung verwiesen, die gegenüber dem Leser des Internettextes gerade nicht ausgesprochen worden sei. 14Unter dem °°. N. °°°° hat die Kammer die Beklagte um die Vorlage einer schriftlichen Stellungnahme von Herrn D. D1. , dem Pastor der Kirchengemeinde T4. . C. E1. , zu der Frage gebeten, wer bei der betroffenen Veranstaltung das Hausrecht innegehabt und ausgeübt habe. Unter dem °°. N. °°°° hat Herr D1. dem Gericht mitgeteilt, er sei zum damaligen Zeitpunkt der Pfarradministrator der Pfarrei T4. . C. E1. und der Vorsitzende des Kirchenvorstandes gewesen. Die Einladung zum Bürgerdialog sei zwar durch den Oberbürgermeister erfolgt, unter anderem seien die Themen aber zuvor beim „E4. Runden Tisch für Toleranz und Verständigung“ abgesprochen worden. Auf einer der Sitzungen im Vorfeld des Bürgerdialogs sei diskutiert worden, welche Themen behandelt werden sollten und an welchem Ort die Veranstaltung stattfinden sollte. Die Kirchengemeinde T3. . C. E1. habe sich bereit erklärt, als Gastgeber zu fungieren. Dass Rechtsextremen kein Zugang in das Gemeindehaus gewährt werde, sei dabei Voraussetzung gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei mit den Mitgliedern des „Runden Tisches“ bereits abgesprochen gewesen, dass bei öffentlichen Veranstaltungen die Ausschlussklausel angewandt werde und Rechtsextreme des Hauses verwiesen würden. Für die Veranstaltung habe er – Herr D1. – das Hausrecht mündlich auf Herrn T1. übertragen. 15Unter dem °°. N. °°°° hat Herr T1. dem Gericht mitgeteilt, die Veranstaltung sei in enger Abstimmung mit dem „Runden Tisch“ durchgeführt worden und insofern keine amtliche Veranstaltung gewesen. Das Hausrecht sei durch ihn ausgeübt worden. Die Gemeinde sei jedoch nur unter der Bedingung Gastgeber gewesen, dass Rechtsextremen kein Zugang zu der Veranstaltung gewährt würde. 16Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Strafakten der Staatsanwaltschaft E. °°° K2. °°°°/°° ° und °°° K2. °°°/°° (°°°) A, der beigezogenen Akte des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) ° ° °°/°° sowie der beigezogenen Akte des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen ° ° °°/°° Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 19Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig. Das angegriffene und für die Dauer der Veranstaltung „Bürgerdialog E1. “ befristete Hausverbot hat sich bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt. 20Auch das für die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Hausverbots ist gegeben. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ist bei der Vergangenheit angehörenden Rechtsverhältnissen grundsätzlich nur anzuerkennen, wenn das Rechtsverhältnis über seine Beendigung hinaus anhaltende Wirkung in der Gegenwart äußert. 21Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. September 1997– 15 A 2770/94 –, NWVBl. 1998,149. 22Es liegt insbesondere dann vor, wenn ein Rehabilitationsinteresse gegeben ist. 23Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 25. August 1993 – 6 C 7/93 –, NVwZ-RR 1994, 234. 24Der Kläger hat ein berechtigtes Feststellungsinteresse in Form eines solchen Rehabilitationsinteresses. Letzteres setzt voraus, dass von dem erledigten Verwaltungsakt eine anhaltende Diskriminierung ausgeht, die über ein rein ideelles Interesse an der gerichtlichen Klärung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns hinausgeht. 25Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 1980 – 7 C 18/79 –, BVerwGE 61,164. 26Das Rehabilitationsinteresse des Klägers folgt daraus, dass die Verweigerung der Teilnahme an der in Rede stehenden Veranstaltung für diesen eine diskriminierende Wirkung entfaltet, da dieser wie ein potenzieller Störer behandelt und ausgeschlossen wurde. 27Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des ihm gegenüber im Rahmen der Veranstaltung „Bürgerdialog E1. “ ausgesprochenen Hausverbots. 28Als Grundlage für das dem Kläger erteilte Hausverbot kommt allein das Hausrecht in Betracht. Dass die Beklagte innerhalb eines ihr zuzuordnenden Herrschaftsbereichs über ein solches verfügt, ohne dass es hierfür einer besonderen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedarf, ist gewohnheitsrechtlich anerkannt. Ein Hausrecht, das ein notwendiger Annex zu der dem Hausrechtsinhaber zustehenden Sachbefugnis ist, beinhaltet grundsätzlich auch die Befugnis, in einem räumlich abgetrennten Herrschaftsbereich über den Zutritt und das Verweilen von Personen zu bestimmen, um vor Störungen durch Unberechtigte zu schützen. 29Vgl. OVG NRW Urteil vom 14. Oktober 1988– 15 A 188/86 –, NWVBl. 1989, 91, und vom 26. April 1990 – 15 A 460/88 –, NWVBl. 1990, 344. 30Am °°. K. °°°° fand die Veranstaltung jedoch nicht in einem Verwaltungsgebäude oder einem sonstigen öffentlichen Gebäude der Beklagten statt, sondern in den Räumen der T3. . C. Gemeinde E1. und damit in Räumlichkeiten der Kirche. Da das Hausrecht und die damit verbundene Befugnis ein Hausverbot auszusprechen in der Regel demjenigen zusteht, dem die betroffenen Räumlichkeiten gehören, war Inhaber des Hausrechts in den vorliegenden Räumlichkeiten grundsätzlich die Kirchengemeinde T3. . C. und somit Herr D1. in seiner Funktion als Pfarradministrator und Vorsitzender des Kirchenvorstandes. 31Für den Zeitraum der Veranstaltung „Bürgerdialog E1. “ hatte die Kirchengemeinde T3. . C. das Hausrecht jedoch auf Herrn T1. und somit auf die Beklagte übertragen. Herr T1. war zum damaligen Zeitpunkt als Bereichsleiter des Amtes des Oberbürgermeisters und des Rates bei der Beklagten beschäftigt. Dass diese Übertragung auf Herrn T1. erfolgt ist, ergibt sich aus der schriftlichen Stellungnahme, die Herr D1. unter dem °°. N. °°°° gegenüber dem Gericht abgegeben hat. In dieser hat er ausgeführt, er habe die Ausübung des Hausrechts für die Dauer der Veranstaltung von sich als damaliger Pfarradministrator und Vorsitzender des Kirchenvorstandes mündlich auf Herrn T1. übertragen. Anlass an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln, besteht nicht. Insbesondere hat der Kläger diese in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten. 32Allerdings erfolgte die Übertragung des Hausrechts von der Kirchengemeinde auf Herrn T1. nicht uneingeschränkt, sondern lediglich mit der Maßgabe, dass rechtsextremen Personen während der Veranstaltung von vornherein kein Zugang zu den gemeindlichen Räumlichkeiten gewährt werden sollte bzw. sie des Hauses verwiesen werden sollten. Diese Vorgabe hat die Kirchengemeinde bereits im Vorfeld der Veranstaltung gemacht. So hat Herr D1. dem Gericht in seinem Schreiben vom °°. N. °°°° mitgeteilt, als sich die Kirchengemeinde T3. . C. im Vorfeld der Veranstaltung bereit erklärt habe, als Gastgeber für den „E4. Bürgerdialog“ zu fungieren, sei Voraussetzung hierfür gewesen, dass Rechts-extremen kein Zugang in das Gemeindehaus gewährt werde. Es sei bereits zu diesem Zeitpunkt abgesprochen gewesen, dass Rechtsextreme des Hauses verwiesen würden und insofern eine Ausschlussklausel hinsichtlich solcher Teilnehmer bestehe. Diese Angaben hat Herr T1. gegenüber dem Gericht mit Schreiben vom °°. N. °°°° bestätigt und ausgeführt, die Gemeinde sei nur unter der Bedingung Gastgeber gewesen, dass Rechtsextremen kein Zugang zur Veranstaltung gewährt würde. Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass eine solche Abrede vor der Veranstaltung getroffen wurde. Auch diesen Umstand hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten. 33Als Eigentümerin der betroffenen Räumlichkeiten war die Kirchengemeinde T3. . C. im Zusammenhang mit der Übertragung ihres Hausrechts auch berechtigt, die genannte Maßgabe aufzustellen und bestimmte Personengruppen von der Teilnahme an einer Veranstaltung in ihren Räumlichkeiten auszuschließen. Die Kirchengemeinde ist befugt selbst zu entscheiden, wem sie Zutritt zu ihren Räumlichkeiten gewährt. Überlässt sie die Räumlichkeiten zur Durchführung einer Veranstaltung Dritten – hier der Beklagten –, geht hiermit die Befugnis einher, Vorgaben hinsichtlich des zugelassenen Personenkreises zu machen. 34Durch die Aufforderung gegenüber dem Kläger, den Veranstaltungssaal zu verlassen, hat Herr T1. – unterstützt durch zwei Polizisten – das ihm übertragene Hausrecht entsprechend der Maßgabe der Kirchengemeinde ausgeübt. Der Kläger ist – auch nach eigenen Angaben – „rechtsextrem eingestellt“ und fiel somit unter den seitens der Kirchengemeinde ausgeschlossenen Personenkreis. Anknüpfend an die rechtsextreme Einstellung des Klägers wurde diesem das Hausverbot erteilt, so dass Herr T1. lediglich die ausdrückliche Vorgabe der Kirchengemeinde, Rechtsextreme von der Veranstaltung auszuschließen, umgesetzt hat. Insoweit verfügte weder er noch die Beklagte über eine eigene Entscheidungsbefugnis. 35Lagen die Voraussetzungen für die Erteilung des Hausverbotes danach bereits mit Blick auf die Bindung an die Vorgabe der Kirchengemeinde hinsichtlich des Teilnehmerkreises vor, kann dahinstehen, ob tatsächlich eine Störung der Veranstaltung durch den Kläger zu erwarten war. Ebenso kommt es angesichts der vorstehenden Ausführungen nicht darauf an, ob Veranstalterin des „Bürgerdialogs E1. “ die Beklagte oder die Kirchengemeinde T3. . C. E1. war. 36Die Entscheidung, gegenüber dem Kläger ein Hausverbot für die Dauer der Veranstaltung auszusprechen, ist auch ermessensfehlerfrei. Grundsätzlich handelt es sich bei der Ausübung des gewohnheitsrechtlichen Hausrechts nicht um eine gebundene, gesetzlich verbindlich vorgeschriebene Entscheidung, sondern diese steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Hausrechtsinhabers. Da eine Überlassung der gemeindlichen Räumlichkeiten vorliegend aber nur unter der verbindlichen Maßgabe erfolgt war, dass rechtsextremen Personen kein Zutritt gewährt werden sollte, war eine andere Entscheidung als die Erteilung des Hausverbots gegenüber dem Kläger nicht zulässig. Insoweit lag eine „Ermessensreduzierung auf Null“ vor. 37Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 38Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. die kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in derselben höhe leistet. 1
2am °°. k. °°°° fand in den räumen der t4. . c. gemeinde, b.-------straße °° in e. -e1. um 19 uhr die veranstaltung “bürgerdialog e1. “ statt. ein von der beklagten vorgelegtes einladungsschreiben zu dieser veranstaltung wies den oberbürgermeister der beklagten, herrn v. t. , im briefkopf auf und ist von diesem unterzeichnet. ferner war das wappen der beklagten auf der einladung abgebildet. ausweislich dieser einladung, die sich insbesondere an bewohner und akteure im stadtteil e1. richtete und unter anderem den „rechtsextremismus“ als themenschwerpunkt nannte, sollten im rahmen der veranstaltung zukunftsperspektiven des stadtteils in den blick genommen werden, erfahrungen und ideen für die entwicklung von e1. sowie für die steigerung der attraktivität und lebensqualität ausgetauscht werden. darüber hinaus wies das schreiben den folgenden passus auf: „die veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem hausrecht gebrauch zu machen und personen, die rechtsextremen parteien oder organisationen angehören, der rechtsextremen szene zuzuordnen sind oder bereits in der vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende äußerungen in erscheinung getreten sind, den zutritt zur veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.“. 3auf der internetseite der stadt e. (www.e2. .de) fand sich unter dem°°. k. °°°° ein verweis auf die genannte veranstaltung, in dem es unter anderem hieß: „bewohnerinnen, bewohner und akteure im stadtteil e1. sind vom oberbürgermeister v. t. zu einem bürgerdialog e1. am °°. k. ab 19 uhr in den räumen der t4. . c. gemeinde (…) eingeladen worden.“. ein hinweis auf den vorbehalt, gegenüber bestimmten personen vom hausrecht gebrauch zu machen, fand sich hier nicht. 4der kläger, der in e. -e1. wohnt, begab sich am veranstaltungstag in begleitung weiterer personen in den veranstaltungsraum. kurz vor beginn der veranstaltung ging herr t1. , bereichsleiter des amtes des oberbürgermeisters und des rates bei der beklagten, in begleitung zweier polizisten auf den bereits im veranstaltungssaal sitzenden kläger zu, der sodann aufgefordert wurde, die veranstaltung zu verlassen. der kläger erwiderte, die veranstaltung sei öffentlich und jeder, der nicht als grober störer auftrete, dürfe teilnehmen. zudem sei er ein bürger e3. . daraufhin erklärte einer der polizisten, er habe andere informationen. der kläger könne im nachhinein klage erheben, solle nunmehr aber den saal verlassen. unter protest kam der kläger dem nach. daraufhin wurde bei der polizei eine protestkundgebung beantragt, deren durchführung mit dem kläger als hauptredner sodann auf dem bürgersteig vor dem versammlungsgebäude erfolgte. 5unter dem °°. k. °°°° erstattete herr t1. gegen den kläger strafanzeige wegen hausfriedensbruchs (staatsanwaltschaft e. , az.: °°° °° °°°/°°). das strafverfahren wurde mangels rechtzeitig gestellten strafantrags gemäß § 170 abs. 2 der strafprozessordnung (stpo) eingestellt. 6mit schreiben vom °°. k1. °°°° forderte die prozessbevollmächtigte des klägers die beklagte vergeblich auf, die rechtswidrigkeit des saalverweises anzuerkennen. andernfalls werde klage erhoben. 7am °. t2. °°°° hat der kläger die vorliegende klage erhoben. 8zur begründung trägt er im wesentlichen vor, die erteilung des hausverbots ihm gegenüber sei rechtswidrig gewesen. er sei im vorfeld bereits nicht angehört worden. zudem habe er die veranstaltung weder gestört noch provoziert. von ihm sei keine gefahr ausgegangen. vielmehr habe er friedlich an der veranstaltung teilnehmen und zuhören wollen. dass er rechtsextrem eingestellt sei, mache ihn nicht zu einem störer. auch sei er nicht gewaltbereit und kein intensivtäter. er sei lediglich wegen eines einzigen deliktes verurteilt worden. das hausverbot verletze ihn in seinen grundrechten auf meinungsfreiheit gemäß art. 5 des grundgesetzes (gg) und auf gleichbehandlung gemäß art. 3 gg. eine verletzung von art. 3 gg sei gegeben, da sein ausschluss von einer öffentlichen veranstaltung allein erfolgt sei, um ihn zu diskriminieren. dass sein ausschluss willkürlich gewesen sei, ergebe sich auch daraus, dass man weitere anwesende vorbestrafte personen nicht von der ver-sammlung ausgeschlossen habe. die dem internet entnommene einladung zum „bürgerdialog e1. “ habe insbesondere keine ausschlussklausel betreffend rechtsgerichtete personen enthalten. eine solche beschränkung sei ohnehin verfassungswidrig. der öffentlichkeit der veranstaltung stehe auch nicht entgegen, dass diese in kirchlichen räumen stattgefunden habe. die hier maßgebliche frage, wer veranstalter gewesen sei, müsse anhand objektiver kriterien beantwortet werden. insofern sei zunächst zu berücksichtigen, dass der oberbürgermeister in seiner eigenschaft als amtsperson und vertreter der beklagten zum „bürgerdialog e1. “ eingeladen habe und somit veranstalter gewesen sei. auf der einladung– unabhängig auf welche fassung man abstelle – sei das stadtwappen und somit gewissermaßen das amtliche gütesiegel der beklagten abgebildet. auch das thema der veranstaltung sei öffentlicher art gewesen. hausrechtsinhaberin sei im vor-liegenden zusammenhang nicht die t4. . c. gemeinde, sondern die beklagte gewesen. insofern dürfe nicht darauf abgestellt werden, wer allgemein das haus-recht in der t4. . c. gemeinde ausübe oder ausgeübt habe. denn im vorliegen-den fall gehe es nicht um ein allgemein und zeitlich unbegrenzt ausgesprochenes hausverbot für die kirchengemeinde und ihre räumlichkeiten. es gehe vielmehr um den punktuell und zeitlich begrenzt ausgesprochenen hinauswurf des klägers aus der betroffenen veranstaltung. das hausverbot sei auch nicht von einem mitglied der kirchengemeinde ausgesprochen worden, sondern von dem bei der beklagten beschäftigten herrn t1. . dieser habe nicht im eigenen namen gehandelt, sondern als versammlungsleiter und damit im auftrag der beklagten als veranstalterin. veranstalter sei auch nicht der „runde tisch für toleranz und verständigung in e1. “, ein zusammenschluss verschiedener e4. organisationen, vereine und einzelpersonen gegen neonazis, gewesen, mit dem die veranstaltung nach den angaben der beklagten abgestimmt worden sei. die kirchengemeinde sei lediglich tagungsort der veranstaltung gewesen. 9der kläger beantragt, 10gegenüber der beklagten festzustellen, „dass der hinauswurf des klägers am °°. k. °°°° um etwa 19 uhr in der b1. . °° in °°°°° e. “ rechtswidrig war. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung trägt sie im wesentlichen vor, die betroffene veranstaltung habe nicht in einer öffentlichen einrichtung stattgefunden, sondern in den räumlichkeiten einer kirchengemeinde. der kläger könne sich in diesem rahmen nicht auf grundrechte berufen. bei der in rede stehenden veranstaltung habe der oberbürgermeister nicht als behörde mit bürgern in kontakt treten wollen, sondern als natürliche person. es habe sich nicht um eine veranstaltung der beklagten gehandelt. hausrechtsinhaber sei der pastor der kirchengemeinde t4. . c. e1. gewesen. dieser habe herrn t1. entsprechend dem wunsch der kirchengemeinde aufgetragen, das hausrecht auszuüben. die ausübung des hausrechts durch herrn t1. sei dementsprechend durch die gemeinde t4. . c. e1. als hausrechtsinhaberin gebunden gewesen. der kläger sei des saales verwiesen worden, da er zum veranstaltungszeitpunkt als gewaltbereiter rechtsextremist und kopf der vereinigung „o. x. e. “ bekannt gewesen sei. bei ihm handele es sich um einen bekannten rechtsradikalen intensivtäter, der zum zwecke der provokation erschienen sei. es sei dem veranstalter nicht zumutbar gewesen, auf den beginn einer störung und eine gewalttätige auseinandersetzung seitens des klägers zu warten. herr t1. habe das ihm übertragene hausrecht der kirche im vorfeld durchsetzen dürfen. dass rechtsextreme personen bei der veranstaltung nicht erwünscht gewesen seien, sei bereits aus der schriftlichen einladung zur veranstaltung hervorgegangen. bei der vom kläger in bezug genommenen „einladung“ aus dem internet handele es sich nicht um eine einladung, sondern um eine wissensmitteilung. in dieser werde auf eine an anderer stelle ausgesprochene einladung verwiesen, die gegenüber dem leser des internettextes gerade nicht ausgesprochen worden sei. 14unter dem °°. n. °°°° hat die kammer die beklagte um die vorlage einer schriftlichen stellungnahme von herrn d. d1. , dem pastor der kirchengemeinde t4. . c. e1. , zu der frage gebeten, wer bei der betroffenen veranstaltung das hausrecht innegehabt und ausgeübt habe. unter dem °°. n. °°°° hat herr d1. dem gericht mitgeteilt, er sei zum damaligen zeitpunkt der pfarradministrator der pfarrei t4. . c. e1. und der vorsitzende des kirchenvorstandes gewesen. die einladung zum bürgerdialog sei zwar durch den oberbürgermeister erfolgt, unter anderem seien die themen aber zuvor beim „e4. runden tisch für toleranz und verständigung“ abgesprochen worden. auf einer der sitzungen im vorfeld des bürgerdialogs sei diskutiert worden, welche themen behandelt werden sollten und an welchem ort die veranstaltung stattfinden sollte. die kirchengemeinde t3. . c. e1. habe sich bereit erklärt, als gastgeber zu fungieren. dass rechtsextremen kein zugang in das gemeindehaus gewährt werde, sei dabei voraussetzung gewesen. zu diesem zeitpunkt sei mit den mitgliedern des „runden tisches“ bereits abgesprochen gewesen, dass bei öffentlichen veranstaltungen die ausschlussklausel angewandt werde und rechtsextreme des hauses verwiesen würden. für die veranstaltung habe er – herr d1. – das hausrecht mündlich auf herrn t1. übertragen. 15unter dem °°. n. °°°° hat herr t1. dem gericht mitgeteilt, die veranstaltung sei in enger abstimmung mit dem „runden tisch“ durchgeführt worden und insofern keine amtliche veranstaltung gewesen. das hausrecht sei durch ihn ausgeübt worden. die gemeinde sei jedoch nur unter der bedingung gastgeber gewesen, dass rechtsextremen kein zugang zu der veranstaltung gewährt würde. 16hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte, der beigezogenen strafakten der staatsanwaltschaft e. °°° k2. °°°°/°° ° und °°° k2. °°°/°° (°°°) a, der beigezogenen akte des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw) ° ° °°/°° sowie der beigezogenen akte des verwaltungsgerichts gelsenkirchen ° ° °°/°° bezug genommen. 17
18die klage ist zulässig, aber unbegründet. 19die klage ist als fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 abs. 1 satz 4 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) zulässig. das angegriffene und für die dauer der veranstaltung „bürgerdialog e1. “ befristete hausverbot hat sich bereits vor klageerhebung durch zeitablauf erledigt. 20auch das für die zulässigkeit einer fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche berechtigte interesse an der feststellung der rechtswidrigkeit des hausverbots ist gegeben. ein berechtigtes feststellungsinteresse ist bei der vergangenheit angehörenden rechtsverhältnissen grundsätzlich nur anzuerkennen, wenn das rechtsverhältnis über seine beendigung hinaus anhaltende wirkung in der gegenwart äußert. 21vgl. ovg nrw, urteil vom 2. september 1997– 15 a 2770/94 –, nwvbl. 1998,149. 22es liegt insbesondere dann vor, wenn ein rehabilitationsinteresse gegeben ist. 23vgl. bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 25. august 1993 – 6 c 7/93 –, nvwz-rr 1994, 234. 24der kläger hat ein berechtigtes feststellungsinteresse in form eines solchen rehabilitationsinteresses. letzteres setzt voraus, dass von dem erledigten verwaltungsakt eine anhaltende diskriminierung ausgeht, die über ein rein ideelles interesse an der gerichtlichen klärung der rechtmäßigkeit oder rechtswidrigkeit des verwaltungshandelns hinausgeht. 25vgl. bverwg, urteil vom 21. november 1980 – 7 c 18/79 –, bverwge 61,164. 26das rehabilitationsinteresse des klägers folgt daraus, dass die verweigerung der teilnahme an der in rede stehenden veranstaltung für diesen eine diskriminierende wirkung entfaltet, da dieser wie ein potenzieller störer behandelt und ausgeschlossen wurde. 27die klage ist jedoch nicht begründet. der kläger hat gegenüber der beklagten keinen anspruch auf die feststellung der rechtswidrigkeit des ihm gegenüber im rahmen der veranstaltung „bürgerdialog e1. “ ausgesprochenen hausverbots. 28als grundlage für das dem kläger erteilte hausverbot kommt allein das hausrecht in betracht. dass die beklagte innerhalb eines ihr zuzuordnenden herrschaftsbereichs über ein solches verfügt, ohne dass es hierfür einer besonderen gesetzlichen ermächtigungsgrundlage bedarf, ist gewohnheitsrechtlich anerkannt. ein hausrecht, das ein notwendiger annex zu der dem hausrechtsinhaber zustehenden sachbefugnis ist, beinhaltet grundsätzlich auch die befugnis, in einem räumlich abgetrennten herrschaftsbereich über den zutritt und das verweilen von personen zu bestimmen, um vor störungen durch unberechtigte zu schützen. 29vgl. ovg nrw urteil vom 14. oktober 1988– 15 a 188/86 –, nwvbl. 1989, 91, und vom 26. april 1990 – 15 a 460/88 –, nwvbl. 1990, 344. 30am °°. k. °°°° fand die veranstaltung jedoch nicht in einem verwaltungsgebäude oder einem sonstigen öffentlichen gebäude der beklagten statt, sondern in den räumen der t3. . c. gemeinde e1. und damit in räumlichkeiten der kirche. da das hausrecht und die damit verbundene befugnis ein hausverbot auszusprechen in der regel demjenigen zusteht, dem die betroffenen räumlichkeiten gehören, war inhaber des hausrechts in den vorliegenden räumlichkeiten grundsätzlich die kirchengemeinde t3. . c. und somit herr d1. in seiner funktion als pfarradministrator und vorsitzender des kirchenvorstandes. 31für den zeitraum der veranstaltung „bürgerdialog e1. “ hatte die kirchengemeinde t3. . c. das hausrecht jedoch auf herrn t1. und somit auf die beklagte übertragen. herr t1. war zum damaligen zeitpunkt als bereichsleiter des amtes des oberbürgermeisters und des rates bei der beklagten beschäftigt. dass diese übertragung auf herrn t1. erfolgt ist, ergibt sich aus der schriftlichen stellungnahme, die herr d1. unter dem °°. n. °°°° gegenüber dem gericht abgegeben hat. in dieser hat er ausgeführt, er habe die ausübung des hausrechts für die dauer der veranstaltung von sich als damaliger pfarradministrator und vorsitzender des kirchenvorstandes mündlich auf herrn t1. übertragen. anlass an der richtigkeit dieser angaben zu zweifeln, besteht nicht. insbesondere hat der kläger diese in der mündlichen verhandlung nicht bestritten. 32allerdings erfolgte die übertragung des hausrechts von der kirchengemeinde auf herrn t1. nicht uneingeschränkt, sondern lediglich mit der maßgabe, dass rechtsextremen personen während der veranstaltung von vornherein kein zugang zu den gemeindlichen räumlichkeiten gewährt werden sollte bzw. sie des hauses verwiesen werden sollten. diese vorgabe hat die kirchengemeinde bereits im vorfeld der veranstaltung gemacht. so hat herr d1. dem gericht in seinem schreiben vom °°. n. °°°° mitgeteilt, als sich die kirchengemeinde t3. . c. im vorfeld der veranstaltung bereit erklärt habe, als gastgeber für den „e4. bürgerdialog“ zu fungieren, sei voraussetzung hierfür gewesen, dass rechts-extremen kein zugang in das gemeindehaus gewährt werde. es sei bereits zu diesem zeitpunkt abgesprochen gewesen, dass rechtsextreme des hauses verwiesen würden und insofern eine ausschlussklausel hinsichtlich solcher teilnehmer bestehe. diese angaben hat herr t1. gegenüber dem gericht mit schreiben vom °°. n. °°°° bestätigt und ausgeführt, die gemeinde sei nur unter der bedingung gastgeber gewesen, dass rechtsextremen kein zugang zur veranstaltung gewährt würde. die kammer hat keine zweifel daran, dass eine solche abrede vor der veranstaltung getroffen wurde. auch diesen umstand hat der kläger in der mündlichen verhandlung nicht bestritten. 33als eigentümerin der betroffenen räumlichkeiten war die kirchengemeinde t3. . c. im zusammenhang mit der übertragung ihres hausrechts auch berechtigt, die genannte maßgabe aufzustellen und bestimmte personengruppen von der teilnahme an einer veranstaltung in ihren räumlichkeiten auszuschließen. die kirchengemeinde ist befugt selbst zu entscheiden, wem sie zutritt zu ihren räumlichkeiten gewährt. überlässt sie die räumlichkeiten zur durchführung einer veranstaltung dritten – hier der beklagten –, geht hiermit die befugnis einher, vorgaben hinsichtlich des zugelassenen personenkreises zu machen. 34durch die aufforderung gegenüber dem kläger, den veranstaltungssaal zu verlassen, hat herr t1. – unterstützt durch zwei polizisten – das ihm übertragene hausrecht entsprechend der maßgabe der kirchengemeinde ausgeübt. der kläger ist – auch nach eigenen angaben – „rechtsextrem eingestellt“ und fiel somit unter den seitens der kirchengemeinde ausgeschlossenen personenkreis. anknüpfend an die rechtsextreme einstellung des klägers wurde diesem das hausverbot erteilt, so dass herr t1. lediglich die ausdrückliche vorgabe der kirchengemeinde, rechtsextreme von der veranstaltung auszuschließen, umgesetzt hat. insoweit verfügte weder er noch die beklagte über eine eigene entscheidungsbefugnis. 35lagen die voraussetzungen für die erteilung des hausverbotes danach bereits mit blick auf die bindung an die vorgabe der kirchengemeinde hinsichtlich des teilnehmerkreises vor, kann dahinstehen, ob tatsächlich eine störung der veranstaltung durch den kläger zu erwarten war. ebenso kommt es angesichts der vorstehenden ausführungen nicht darauf an, ob veranstalterin des „bürgerdialogs e1. “ die beklagte oder die kirchengemeinde t3. . c. e1. war. 36die entscheidung, gegenüber dem kläger ein hausverbot für die dauer der veranstaltung auszusprechen, ist auch ermessensfehlerfrei. grundsätzlich handelt es sich bei der ausübung des gewohnheitsrechtlichen hausrechts nicht um eine gebundene, gesetzlich verbindlich vorgeschriebene entscheidung, sondern diese steht grundsätzlich im pflichtgemäßen ermessen des hausrechtsinhabers. da eine überlassung der gemeindlichen räumlichkeiten vorliegend aber nur unter der verbindlichen maßgabe erfolgt war, dass rechtsextremen personen kein zutritt gewährt werden sollte, war eine andere entscheidung als die erteilung des hausverbots gegenüber dem kläger nicht zulässig. insoweit lag eine „ermessensreduzierung auf null“ vor. 37die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 38die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11 und 711 der zivilprozessordnung (zpo).
Verklagte*r
0
171,014
7 O 93/14
2014-09-09T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt Zahlung von Werklohn im Zusammenhang mit der Durchführung von Arbeiten der Gewerke Wärmeverbunddämmung und Trockenbau. 3Unter dem 27.04.2013 beauftragte der Beklagte die Klägerin – unter Beteiligung der Architektin des Beklagten, Frau C, - mit der Durchführung von Trockenbau-, Dämm- und Außenputzarbeiten an einem, in seinem Eigentum stehenden, Einfamilienhaus im S-Weg in Aachen. Grundlage des Auftrags sollten gemäß Ziffer 1.) des Bauvertrages unter dem 16.04.2013 bezüglich des Gewerks „Trockenbau“ und unter dem 22.04.2013 bezüglich der Gewerke „Außenputz und Wärmedämmverbundsystem“ abgegebene Angebote der Klägerin mit den zugehörigen „Zusätzlichen und Besonderen Vertragsbedingungen“ sein. Diese Angebotsschreiben enthielten eine Auflistung von Leistungspositionen unter Aufführung von Mengen und Einheitspreisen. Bezüglich der im Einzelnen aufgeführten Leistungen wird auf die Angebotsschreiben vom 16.04.2013 und 22.04 2013 (Blatt 73 ff. der Akte) verwiesen. 4Weitere Vertragsgrundlagen sollten nach Ziffer 2.) des Bauvertrages die Zusammenfassung einer telefonischen Vertragsverhandlung vom 27.04.2013 sowie nach Ziffer 4.) des Bauvertrages die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) in der gültigen Fassung sein. Die Auftragssumme wurde unter Berücksichtigung eines Skonto in Höhe von 2% sowie eines Nachlasses in Höhe von 5 % mit 57.535,80 € brutto aufgeführt. Im Hinblick auf den weiteren Inhalt des Bauvertrages wird auf Blatt 7 der Beiakte Bezug genommen. 5Während der Ausführung der Arbeiten kam es zu Differenzen zwischen den Parteien bezüglich des Vorliegens von Mängeln an den Leistungen der Klägerin und des zeitlichen Ablaufs der Arbeiten. Seitens des Beklagten wurde der Sachverständige D hinzugezogen, der gemeinsam mit den Parteien im August 2013 zwei Ortstermine zwecks Begutachtung etwaiger Mängel durchführte und im November 2013 ein diesbezügliches Sachverständigengutachten erstattete. 6Nachdem der Beklagte die Klägerin mit E-Mails vom 27.08.2013 und 02.09.2013 unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufgefordert hatte, erklärte er mit E-Mail vom 09.09.2013 gegenüber der Klägerin, deren weitere Tätigkeit aufgrund der mangelhaften Ausführung und einer Bauzeitverzögerung abzulehnen und bat um Zusendung einer prüffähigen Rechnung über die bereits erbrachten Leistungen (vgl. Bl. 8 der Akte). 7Unter dem 30.09.2013 leitete die Klägerin ein, vor dem Landgericht Aachen unter dem Aktenzeichen 7 O 279/13 geführtes, einstweiliges Verfügungsverfahren gegen den Beklagten ein und beantragte die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung einer Sicherungshypothek im Zusammenhang mit einer behaupteten offenen Forderung aus einer Abschlagsrechnung vom 01.07.2013. 8Das im Anschluss an den Erlass der Verfügung durch das Gericht durchgeführte Widerspruchsverfahren endete mit einem gerichtlich protokollierten Vergleich der Parteien vom 06.12.2013, in dem sich der Beklagte unter Ziffer 1.) bis zum 20.12.2013 zur Stellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft über 20.000,00 € verpflichtete; im Gegenzug verpflichtete sich die Klägerin nach Ziffer 2.) des Vergleichs unter anderem, bis zum 28.02.2014 eine Werklohnklage beim Landgericht Aachen anhängig zu machen. Zudem erklärten die Parteien unter Ziffer 5.) des Vergleichs, die Mängel mit einem Sachverständigen erörtern zu wollen. Es wird diesbezüglich auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung des Gerichts vom 06.12.2013 (Blatt 128 ff. der Beiakte) verwiesen. 9Der von den Parteien zum Zweck der im Vergleich vorgesehen Mängelbegutachtung beauftragte Sachverständige Zingel wurde im Folgenden nicht tätig. 10Unter dem 12.03.2014 stellte die Klägerin dem Beklagten eine Rechnung über die ausgeführten Arbeiten und bezifferte den zu zahlenden Restbetrag unter Berücksichtigung zweier Abschlagszahlungen mit 27.654,96 €. 11Auf der Rechnung wurde unter Ziffer 001 die Position „Pauschalsumme lt. Beauftragung vom 27.04.2013“ über einen Gesamtpreis von 48.882,35 € netto und unter Ziffer 0002 die Position „Ausgeführte Arbeiten Zusatzvereinbarung bzw. Rechnung vom 11.07.2013“ über einen Betrag in Höhe von 3.000,00 € netto aufgeführt. Die Positionen 004 bis 009 der Rechnung listeten die, mit der Positionsnummer aus dem Angebot vom 22.04.2013 bezeichneten, abzuziehenden Positionen auf. Unter Position 011 wurde ein Betrag in Höhe von 500,00 € mit der Bezeichnung „Abzüglich nicht ausgeführte Restarbeiten: wie Dübelarbeiten, Platten/Gehrungen sowie Entkoppelung der Decke per Kellerschnitt“ abgezogen. Es wird im Übrigen auf den Inhalt des Rechnungsschreiben (Blatt 32 der Akte) verwiesen. 12Eine Zahlung des Beklagten auf die Rechnung erfolgte bislang nicht. 13Gegenüber der Rechnungsforderung erklärt der Beklagte eine Aufrechnung in Höhe von 8.816,83 € im Zusammenhang mit, ihm von der Firma D in Rechnung gestellten, Arbeiten im Hinblick auf den Trockenbau sowie in Höhe von 11.590,69 € im Zusammenhang mit, von weitere Drittfirmen in Rechnung gestellten, Arbeiten am Wärmedämmverbundsystem und am Außenputz. Hinsichtlich noch vorhandener Mängel macht er ein Zurückbehaltungsrecht geltend. 14Die Klägerin ist der Ansicht, die Leistungen seien korrekt abgerechnet worden. Insbesondere sei der ihr zustehende, volle Vergütungsanspruch auf der Grundlage der, anlässlich eines Termins der Parteien getroffenen, Feststellungen um die ersparten Aufwendungen gekürzt worden. Der Abzug von 500,00 € sei großzügig bemessen worden. 15Die Klägerin beantragt, 161.) den Beklagten zu verurteilen, an sie 27.654,96 € zu zahlen nebst 5 % Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 23.57,40 € seit 20.07.2013, bezüglich der restlichen Forderung seit 25.03.2014, Zug um Zug gegen Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft vom 16.12.2013 Sparkasse Aachen über 20.000,00 €, 172.) die Kosten des Rechtsstreits zu tragen einschließlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zum Aktenzeichen 7 O 270/13 LG Aachen, 183.) sie von Kosten und in Höhe der Kosten der außergerichtlichen Tätigkeit ihrer Bevollmächtigten in Höhe von 1.085,04 € nebst 5 % Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit freizustellen. 19Der Beklagte beantragt, 20 die Klage abzuweisen. 21Der Beklagte behauptet, die Leistung der Klägerin habe – vor Durchführung der Arbeiten der Drittfirmen - die von dem Sachverständigen D in seinem Gutachten aufgeführten Mängel aufgewiesen; teilweise fehlten Leistungen. Der in der Rechnung dafür abgezogene Betrag von 500,00 € sei unzureichend. Zur Mangelbeseitigung und Restfertigstellung habe der Beklagte die in den Rechnungen der Drittfirmen aufgeführten und den Aufrechnungsbeträgen zugrunde liegenden Arbeiten ausführen lassen müssen. Ein weiterer Mängelbeseitigungsaufwand sei noch zu erwarten. Er ist der Ansicht, die Klägerin habe ihre Leistung nicht ordnungsgemäß nach den Grundsätzen des gekündigten Pauschalvertrages abgerechnet. 22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die von den Prozessbevollmächtigten der Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.07.2014 Bezug genommen. 23Entscheidungsgründe: 24Die Klage ist derzeit unbegründet. 25I. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 27.654,96 € gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 der wirksam in den Vertrag einbezogenen VOB/B zu. 26Die Klägerin ist ihrer Pflicht zur Erstellung einer prüfbaren Abrechnung unter Berücksichtigung der wirksam durch den Beklagten erklärten freien Kündigung des Werkvertrages nicht nachgekommen. 271. Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B kann der Auftraggeber bis zur Vollendung der Leistung jederzeit den Vertrag kündigen. Von diesem Kündigungsrecht hat der Beklagte durch Mitteilung an die Klägerin, diese solle nicht mehr auf der Baustelle tätig werden, mit E-Mail vom 09.09.2013 wirksam Gebrauch gemacht. Insbesondere bestehen keine Bedenken bezüglich der Einhaltung des Schriftformerfordernisses aus § 8 Abs. 5 VOB/B, da unter diese gewillkürte Schriftform im Sinne des § 127 BGB bei fehlendem entgegenstehendem Parteiwillen auch die telekommunikative Übermittlung zu fassen ist (vgl. Althaus, in: Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Auflage 2013, § 8 Abs. 5, Rn. 3). 282. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B steht dem Auftragnehmer im Fall der Kündigung die vereinbarte Vergütung zu; er muss sich jedoch das anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Kosten erspart. 29a. Nach Kündigung des Werkvertrages hat der Werkunternehmer nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich eine gesonderte Berechnung der Vergütungsanteile für erbrachte und nicht erbrachte Leistungen vorzunehmen; die Abgrenzung muss den Auftraggeber in die Lage versetzen, sich sachgerecht zu verteidigen (vgl. BGH, Urteil vom 02.05.2002 – VII ZR 325/00, juris, Rn. 11 ff.) Dem steht nicht entgegen, dass der Auftragnehmer Anspruch auf die gesamte vereinbarte Vergütung hat abzüglich dessen, was er infolge der Vertragsbeendigung an Kosten erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Abrechnung nach der vereinbarten Vergütung unter Abzug der Ersparnisse kann sich nämlich nur auf den noch nicht vollendeten Teil seiner Leistung beziehen (vgl. nur BGH, Urteil vom 04.07.1996 – VII ZR 227/93, juris, Rn. 27 m.w.N.). 30b. Besondere Anforderungen werden dabei an die Abrechnung eines Bauvertrages gestellt, dem, wie im vorliegenden Fall, eine Pauschalpreisabrede zugrunde liegt. 31Auch bei einem Pauschalpreisvertrag muss nach einer Kündigung die Vergütung für die erbrachten Leistungen aus dem Vertragspreis abgeleitet werden. Die Höhe der Vergütung setzt sich allein nach dem Verhältnis des Wertes der erbrachten Teilleistungen zum Wert der nach dem Pauschalvertrag geschuldeten Gesamtleistung zusammen. Es ist wie folgt zu verfahren: 32Zunächst sind die erbrachten Leistungen zu erfassen; hierbei ist jede Abrechnungsweise zulässig, die den Auftraggeber in die Lage versetzt, die erbrachten Leistungen nachzuvollziehen. 33In einem zweiten Schritt ist das Bau-Ist, das möglicherweise gewerksspezifisch erhoben wurde, finanziell bezogen auf die Gesamtpauschale zu bewerten (vgl. Joussen/Vygen, in: Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 18. Auflage, 2013, Teil B, § 8 Abs. 1 VOB/B, Rn. 41, 44). 34Da Grundlage des Vertrags vom 27.04.2013 nach Ziffer 1.) die Angebote der Klägerin vom 16.04.2013 und 22.04.2013 darstellen sollten und diese jeweils unter Angabe von Einheitspreisen ausgestaltet worden sind, ist der vorliegende Vertrag als Detailpauschalvereinbarung einzuordnen. 35Liegt dem Pauschalpreisvertrag ein solches Einheitspreisangebot zugrunde, kann die Abgrenzung der erbrachten und nicht erbrachten Teile durch die Leistungspositionen erfolgen. Der Auftragnehmer rechnet nach den angebotenen Einheitspreisen ab und muss eventuelle Preisnachlässe bei der Pauschalierung beachten (vgl. vgl. BGH, Urteil vom 20.04.2000 – VII ZR 458/97, juris, Rn. 45 ff.; BGH, Urteil vom 04.07.1996 – VII ZR 227/03, juris, Rn. 27 ff.). 36Diesen Anforderungen an eine schlüssige Darlegung genügt das durch die Klägerin unter dem 12.03.2014 erstellte Rechnungsschreiben nicht. 37Zwar führt die Rechnung unter Position 004 bis 009 Abzugspositionen auf, die sich der Positionsnummer nach in den Leistungsverzeichnissen der Einheitspreisangebote vom 16.04.2013 und 22.04.2013 wiederfinden. Eine solche Bezugnahme auf das Leistungsverzeichnis ist für eine schlüssige Abgrenzung der erbrachten und nicht erbrachten Leistungen grundsätzlich zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.1999 – VII ZR 91/98, juris, Rn. 11 ff.). 38Allerdings wird der geltend gemachten offene Werklohnforderung die ursprünglich vereinbarten Pauschalsumme – aufgelistet unter Position 001 der Rechnung – zugrunde gelegt. Eine Bewertung dieser Pauschalsumme bezogen auf die tatsächlich erbrachten Leistungen – das „Bau- Ist“ – wird nicht vorgenommen. Die notwendige Ermittlung der erbrachten in Abgrenzung zu den nicht erbrachten Leistungen kann nicht unter Heranziehung der Leistungsverzeichnisse aus den Angeboten ermittelt werden, da insbesondere im Hinblick auf das Leistungsverzeichnis aus dem Angebot für die Außenputz- und Wärmedämmverbundleistungen Leistungen als „Alternativleistungen“ bezeichnet werden (vergleiche Seite 2 f. des Angebots vom 22.04.2013), die laut Angebotshinweis erst nach Freigabe und Absprache mit der Bauleitung durchgeführt werden sollten. 39Durch den im Rechnungsschreiben unter Position 0001 erfolgten Verweis auf die Pauschalsumme laut Beauftragung wird nicht deutlich, welche Leistungen bis zum Zeitpunkt der Kündigung erbracht wurden und in welchem Verhältnis der Wert dieser Leistungen zu der Gesamtpauschale steht. Durch bloße Streichung der nicht ausgeführten Positionen ist ein Rückschluss auf die ausgeführten Leistungen angesichts des Vorgenannten nicht möglich. Dies war für das Gericht auch unter Einbeziehung des klägerischen Vortrags nicht zu ermitteln. 40Eine Ermittlung der nicht erbrachten Leistungen scheitert nicht zuletzt daran, dass angesichts der unter Nummer 011 der Rechnung aufgeführten Position „abzüglich nicht ausgeführte Restarbeiten […]“ nicht ersichtlich wird, welche Leistungen, neben den unter Positionen 004 bis 009 gelisteten Abzugspositionen, zu den nicht erbrachten Leistungen zu zählen ist. Eine für den Auftraggeber nachvollziehbare Konkretisierung ist auch unter Heranziehung des Leistungsverzeichnisses nicht möglich. Die Berechnung des Wertes dieser Restarbeiten bezogen auf die Gesamtpauschalsumme nach den dargelegten Grundsätzen ist ebenfalls nicht erfolgt. Eine nachvollziehbare Darstellung der Berechnung der, für diese nicht ausgeführten Restarbeiten abgezogenen, Gesamtsumme in Höhe von 500,00 € fehlt. Die zur Fertigstellung der Leistung noch erforderlichen Arbeiten sind zudem zwischen den Parteien nicht unstreitig. 41Auch angesichts der Rüge des Beklagten in der Klageerwiderung, notwendig sei eine Abrechnung nach den Grundsätzen des gekündigten Pauschalpreisvertrages, hat die Klägerin weder eine prüfbare Rechnung vorgelegt noch entsprechend den oben dargestellten Grundsätzen vorgetragen. Die Problematik der Abrechnung wurde im Termin vom 29.07.2014 vor der Kammer erörtert. 42II. Da die Kostentragung im Hinblick auf das Verfahren LG Aachen 7 O 270/13 gemäß Ziffer 4.) des Vergleichs der Parteien vom 06.12.2013 dem Werklohnklageverfahren folgen soll, besteht – da die Klage derzeit unbegründet ist – auch ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Tragung der Kosten des Verfahrens LG Aachen 7 O 270/13 nicht. 43III. Da die Klage in der Hauptsache keinen Erfolg hat, hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Freistellung von den Forderung ihres Prozessbevollmächtigten im Hinblick auf außergerichtliche Tätigkeit gemäß §§ 280 Abs. 1, 2 286 BGB. 44IV. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 S. 1, 2 ZPO. 45V. Streitwert: 27.654,96 € 46T als Einzelrichterin
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin. das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags. 1
2die klägerin begehrt zahlung von werklohn im zusammenhang mit der durchführung von arbeiten der gewerke wärmeverbunddämmung und trockenbau. 3unter dem 27.04.2013 beauftragte der beklagte die klägerin – unter beteiligung der architektin des beklagten, frau c, - mit der durchführung von trockenbau-, dämm- und außenputzarbeiten an einem, in seinem eigentum stehenden, einfamilienhaus im s-weg in aachen. grundlage des auftrags sollten gemäß ziffer 1.) des bauvertrages unter dem 16.04.2013 bezüglich des gewerks „trockenbau“ und unter dem 22.04.2013 bezüglich der gewerke „außenputz und wärmedämmverbundsystem“ abgegebene angebote der klägerin mit den zugehörigen „zusätzlichen und besonderen vertragsbedingungen“ sein. diese angebotsschreiben enthielten eine auflistung von leistungspositionen unter aufführung von mengen und einheitspreisen. bezüglich der im einzelnen aufgeführten leistungen wird auf die angebotsschreiben vom 16.04.2013 und 22.04 2013 (blatt 73 ff. der akte) verwiesen. 4weitere vertragsgrundlagen sollten nach ziffer 2.) des bauvertrages die zusammenfassung einer telefonischen vertragsverhandlung vom 27.04.2013 sowie nach ziffer 4.) des bauvertrages die verdingungsordnung für bauleistungen (vob) in der gültigen fassung sein. die auftragssumme wurde unter berücksichtigung eines skonto in höhe von 2% sowie eines nachlasses in höhe von 5 % mit 57.535,80 € brutto aufgeführt. im hinblick auf den weiteren inhalt des bauvertrages wird auf blatt 7 der beiakte bezug genommen. 5während der ausführung der arbeiten kam es zu differenzen zwischen den parteien bezüglich des vorliegens von mängeln an den leistungen der klägerin und des zeitlichen ablaufs der arbeiten. seitens des beklagten wurde der sachverständige d hinzugezogen, der gemeinsam mit den parteien im august 2013 zwei ortstermine zwecks begutachtung etwaiger mängel durchführte und im november 2013 ein diesbezügliches sachverständigengutachten erstattete. 6nachdem der beklagte die klägerin mit e-mails vom 27.08.2013 und 02.09.2013 unter fristsetzung zur mängelbeseitigung aufgefordert hatte, erklärte er mit e-mail vom 09.09.2013 gegenüber der klägerin, deren weitere tätigkeit aufgrund der mangelhaften ausführung und einer bauzeitverzögerung abzulehnen und bat um zusendung einer prüffähigen rechnung über die bereits erbrachten leistungen (vgl. bl. 8 der akte). 7unter dem 30.09.2013 leitete die klägerin ein, vor dem landgericht aachen unter dem aktenzeichen 7 o 279/13 geführtes, einstweiliges verfügungsverfahren gegen den beklagten ein und beantragte die eintragung einer vormerkung zur sicherung des anspruchs auf einräumung einer sicherungshypothek im zusammenhang mit einer behaupteten offenen forderung aus einer abschlagsrechnung vom 01.07.2013. 8das im anschluss an den erlass der verfügung durch das gericht durchgeführte widerspruchsverfahren endete mit einem gerichtlich protokollierten vergleich der parteien vom 06.12.2013, in dem sich der beklagte unter ziffer 1.) bis zum 20.12.2013 zur stellung einer selbstschuldnerischen bürgschaft über 20.000,00 € verpflichtete; im gegenzug verpflichtete sich die klägerin nach ziffer 2.) des vergleichs unter anderem, bis zum 28.02.2014 eine werklohnklage beim landgericht aachen anhängig zu machen. zudem erklärten die parteien unter ziffer 5.) des vergleichs, die mängel mit einem sachverständigen erörtern zu wollen. es wird diesbezüglich auf das protokoll der mündlichen verhandlung des gerichts vom 06.12.2013 (blatt 128 ff. der beiakte) verwiesen. 9der von den parteien zum zweck der im vergleich vorgesehen mängelbegutachtung beauftragte sachverständige zingel wurde im folgenden nicht tätig. 10unter dem 12.03.2014 stellte die klägerin dem beklagten eine rechnung über die ausgeführten arbeiten und bezifferte den zu zahlenden restbetrag unter berücksichtigung zweier abschlagszahlungen mit 27.654,96 €. 11auf der rechnung wurde unter ziffer 001 die position „pauschalsumme lt. beauftragung vom 27.04.2013“ über einen gesamtpreis von 48.882,35 € netto und unter ziffer 0002 die position „ausgeführte arbeiten zusatzvereinbarung bzw. rechnung vom 11.07.2013“ über einen betrag in höhe von 3.000,00 € netto aufgeführt. die positionen 004 bis 009 der rechnung listeten die, mit der positionsnummer aus dem angebot vom 22.04.2013 bezeichneten, abzuziehenden positionen auf. unter position 011 wurde ein betrag in höhe von 500,00 € mit der bezeichnung „abzüglich nicht ausgeführte restarbeiten: wie dübelarbeiten, platten/gehrungen sowie entkoppelung der decke per kellerschnitt“ abgezogen. es wird im übrigen auf den inhalt des rechnungsschreiben (blatt 32 der akte) verwiesen. 12eine zahlung des beklagten auf die rechnung erfolgte bislang nicht. 13gegenüber der rechnungsforderung erklärt der beklagte eine aufrechnung in höhe von 8.816,83 € im zusammenhang mit, ihm von der firma d in rechnung gestellten, arbeiten im hinblick auf den trockenbau sowie in höhe von 11.590,69 € im zusammenhang mit, von weitere drittfirmen in rechnung gestellten, arbeiten am wärmedämmverbundsystem und am außenputz. hinsichtlich noch vorhandener mängel macht er ein zurückbehaltungsrecht geltend. 14die klägerin ist der ansicht, die leistungen seien korrekt abgerechnet worden. insbesondere sei der ihr zustehende, volle vergütungsanspruch auf der grundlage der, anlässlich eines termins der parteien getroffenen, feststellungen um die ersparten aufwendungen gekürzt worden. der abzug von 500,00 € sei großzügig bemessen worden. 15die klägerin beantragt, 161.) den beklagten zu verurteilen, an sie 27.654,96 € zu zahlen nebst 5 % punkten zinsen über dem basiszinssatz aus 23.57,40 € seit 20.07.2013, bezüglich der restlichen forderung seit 25.03.2014, zug um zug gegen rückgabe der vertragserfüllungsbürgschaft vom 16.12.2013 sparkasse aachen über 20.000,00 €, 172.) die kosten des rechtsstreits zu tragen einschließlich der kosten des selbständigen beweisverfahrens zum aktenzeichen 7 o 270/13 lg aachen, 183.) sie von kosten und in höhe der kosten der außergerichtlichen tätigkeit ihrer bevollmächtigten in höhe von 1.085,04 € nebst 5 % punkten zinsen über dem basiszinssatz ab rechtshängigkeit freizustellen. 19der beklagte beantragt, 20 die klage abzuweisen. 21der beklagte behauptet, die leistung der klägerin habe – vor durchführung der arbeiten der drittfirmen - die von dem sachverständigen d in seinem gutachten aufgeführten mängel aufgewiesen; teilweise fehlten leistungen. der in der rechnung dafür abgezogene betrag von 500,00 € sei unzureichend. zur mangelbeseitigung und restfertigstellung habe der beklagte die in den rechnungen der drittfirmen aufgeführten und den aufrechnungsbeträgen zugrunde liegenden arbeiten ausführen lassen müssen. ein weiterer mängelbeseitigungsaufwand sei noch zu erwarten. er ist der ansicht, die klägerin habe ihre leistung nicht ordnungsgemäß nach den grundsätzen des gekündigten pauschalvertrages abgerechnet. 22wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf die von den prozessbevollmächtigten der parteien zur gerichtsakte gereichten schriftsätze nebst anlagen sowie das protokoll der mündlichen verhandlung vom 29.07.2014 bezug genommen. 23
24die klage ist derzeit unbegründet. 25i. der klägerin steht kein anspruch auf zahlung in höhe von 27.654,96 € gemäß § 8 abs. 1 nr. 2 der wirksam in den vertrag einbezogenen vob/b zu. 26die klägerin ist ihrer pflicht zur erstellung einer prüfbaren abrechnung unter berücksichtigung der wirksam durch den beklagten erklärten freien kündigung des werkvertrages nicht nachgekommen. 271. gemäß § 8 abs. 1 nr. 1 vob/b kann der auftraggeber bis zur vollendung der leistung jederzeit den vertrag kündigen. von diesem kündigungsrecht hat der beklagte durch mitteilung an die klägerin, diese solle nicht mehr auf der baustelle tätig werden, mit e-mail vom 09.09.2013 wirksam gebrauch gemacht. insbesondere bestehen keine bedenken bezüglich der einhaltung des schriftformerfordernisses aus § 8 abs. 5 vob/b, da unter diese gewillkürte schriftform im sinne des § 127 bgb bei fehlendem entgegenstehendem parteiwillen auch die telekommunikative übermittlung zu fassen ist (vgl. althaus, in: beck’scher vob-kommentar, teil b, 3. auflage 2013, § 8 abs. 5, rn. 3). 282. nach § 8 abs. 1 nr. 2 vob/b steht dem auftragnehmer im fall der kündigung die vereinbarte vergütung zu; er muss sich jedoch das anrechnen lassen, was er infolge der aufhebung des vertrages an kosten erspart. 29a. nach kündigung des werkvertrages hat der werkunternehmer nach ständiger rechtsprechung des bundesgerichtshofs grundsätzlich eine gesonderte berechnung der vergütungsanteile für erbrachte und nicht erbrachte leistungen vorzunehmen; die abgrenzung muss den auftraggeber in die lage versetzen, sich sachgerecht zu verteidigen (vgl. bgh, urteil vom 02.05.2002 – vii zr 325/00, juris, rn. 11 ff.) dem steht nicht entgegen, dass der auftragnehmer anspruch auf die gesamte vereinbarte vergütung hat abzüglich dessen, was er infolge der vertragsbeendigung an kosten erspart oder durch anderweitige verwendung seiner arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. die abrechnung nach der vereinbarten vergütung unter abzug der ersparnisse kann sich nämlich nur auf den noch nicht vollendeten teil seiner leistung beziehen (vgl. nur bgh, urteil vom 04.07.1996 – vii zr 227/93, juris, rn. 27 m.w.n.). 30b. besondere anforderungen werden dabei an die abrechnung eines bauvertrages gestellt, dem, wie im vorliegenden fall, eine pauschalpreisabrede zugrunde liegt. 31auch bei einem pauschalpreisvertrag muss nach einer kündigung die vergütung für die erbrachten leistungen aus dem vertragspreis abgeleitet werden. die höhe der vergütung setzt sich allein nach dem verhältnis des wertes der erbrachten teilleistungen zum wert der nach dem pauschalvertrag geschuldeten gesamtleistung zusammen. es ist wie folgt zu verfahren: 32zunächst sind die erbrachten leistungen zu erfassen; hierbei ist jede abrechnungsweise zulässig, die den auftraggeber in die lage versetzt, die erbrachten leistungen nachzuvollziehen. 33in einem zweiten schritt ist das bau-ist, das möglicherweise gewerksspezifisch erhoben wurde, finanziell bezogen auf die gesamtpauschale zu bewerten (vgl. joussen/vygen, in: ingenstau/korbion, vob-kommentar, 18. auflage, 2013, teil b, § 8 abs. 1 vob/b, rn. 41, 44). 34da grundlage des vertrags vom 27.04.2013 nach ziffer 1.) die angebote der klägerin vom 16.04.2013 und 22.04.2013 darstellen sollten und diese jeweils unter angabe von einheitspreisen ausgestaltet worden sind, ist der vorliegende vertrag als detailpauschalvereinbarung einzuordnen. 35liegt dem pauschalpreisvertrag ein solches einheitspreisangebot zugrunde, kann die abgrenzung der erbrachten und nicht erbrachten teile durch die leistungspositionen erfolgen. der auftragnehmer rechnet nach den angebotenen einheitspreisen ab und muss eventuelle preisnachlässe bei der pauschalierung beachten (vgl. vgl. bgh, urteil vom 20.04.2000 – vii zr 458/97, juris, rn. 45 ff.; bgh, urteil vom 04.07.1996 – vii zr 227/03, juris, rn. 27 ff.). 36diesen anforderungen an eine schlüssige darlegung genügt das durch die klägerin unter dem 12.03.2014 erstellte rechnungsschreiben nicht. 37zwar führt die rechnung unter position 004 bis 009 abzugspositionen auf, die sich der positionsnummer nach in den leistungsverzeichnissen der einheitspreisangebote vom 16.04.2013 und 22.04.2013 wiederfinden. eine solche bezugnahme auf das leistungsverzeichnis ist für eine schlüssige abgrenzung der erbrachten und nicht erbrachten leistungen grundsätzlich zulässig (vgl. bgh, urteil vom 11.02.1999 – vii zr 91/98, juris, rn. 11 ff.). 38allerdings wird der geltend gemachten offene werklohnforderung die ursprünglich vereinbarten pauschalsumme – aufgelistet unter position 001 der rechnung – zugrunde gelegt. eine bewertung dieser pauschalsumme bezogen auf die tatsächlich erbrachten leistungen – das „bau- ist“ – wird nicht vorgenommen. die notwendige ermittlung der erbrachten in abgrenzung zu den nicht erbrachten leistungen kann nicht unter heranziehung der leistungsverzeichnisse aus den angeboten ermittelt werden, da insbesondere im hinblick auf das leistungsverzeichnis aus dem angebot für die außenputz- und wärmedämmverbundleistungen leistungen als „alternativleistungen“ bezeichnet werden (vergleiche seite 2 f. des angebots vom 22.04.2013), die laut angebotshinweis erst nach freigabe und absprache mit der bauleitung durchgeführt werden sollten. 39durch den im rechnungsschreiben unter position 0001 erfolgten verweis auf die pauschalsumme laut beauftragung wird nicht deutlich, welche leistungen bis zum zeitpunkt der kündigung erbracht wurden und in welchem verhältnis der wert dieser leistungen zu der gesamtpauschale steht. durch bloße streichung der nicht ausgeführten positionen ist ein rückschluss auf die ausgeführten leistungen angesichts des vorgenannten nicht möglich. dies war für das gericht auch unter einbeziehung des klägerischen vortrags nicht zu ermitteln. 40eine ermittlung der nicht erbrachten leistungen scheitert nicht zuletzt daran, dass angesichts der unter nummer 011 der rechnung aufgeführten position „abzüglich nicht ausgeführte restarbeiten […]“ nicht ersichtlich wird, welche leistungen, neben den unter positionen 004 bis 009 gelisteten abzugspositionen, zu den nicht erbrachten leistungen zu zählen ist. eine für den auftraggeber nachvollziehbare konkretisierung ist auch unter heranziehung des leistungsverzeichnisses nicht möglich. die berechnung des wertes dieser restarbeiten bezogen auf die gesamtpauschalsumme nach den dargelegten grundsätzen ist ebenfalls nicht erfolgt. eine nachvollziehbare darstellung der berechnung der, für diese nicht ausgeführten restarbeiten abgezogenen, gesamtsumme in höhe von 500,00 € fehlt. die zur fertigstellung der leistung noch erforderlichen arbeiten sind zudem zwischen den parteien nicht unstreitig. 41auch angesichts der rüge des beklagten in der klageerwiderung, notwendig sei eine abrechnung nach den grundsätzen des gekündigten pauschalpreisvertrages, hat die klägerin weder eine prüfbare rechnung vorgelegt noch entsprechend den oben dargestellten grundsätzen vorgetragen. die problematik der abrechnung wurde im termin vom 29.07.2014 vor der kammer erörtert. 42ii. da die kostentragung im hinblick auf das verfahren lg aachen 7 o 270/13 gemäß ziffer 4.) des vergleichs der parteien vom 06.12.2013 dem werklohnklageverfahren folgen soll, besteht – da die klage derzeit unbegründet ist – auch ein anspruch der klägerin gegen den beklagten auf tragung der kosten des verfahrens lg aachen 7 o 270/13 nicht. 43iii. da die klage in der hauptsache keinen erfolg hat, hat die klägerin keinen anspruch auf die freistellung von den forderung ihres prozessbevollmächtigten im hinblick auf außergerichtliche tätigkeit gemäß §§ 280 abs. 1, 2 286 bgb. 44iv. die nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 abs. 1 s. 1, 709 s. 1, 2 zpo. 45v. streitwert: 27.654,96 € 46t als einzelrichterin
Verklagte*r
0
333,635
14 A 2258/18.A
2020-11-26T00:00:00
Urteil
Tenor Das angegriffene Urteil wird geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die 1953 geborene Klägerin, eine syrische Staatsangehörige arabischer Volks- und sunnitischer Religionszugehörigkeit, verließ 2015 Syrien, reiste im selben Jahr über den Libanon, die Türkei und Griechenland mit dem Flugzeug nach Deutschland ein und beantragte am 27.1.2016 Asyl. Ihr 1987 verstorbener Ehemann war als palästinensischer Flüchtling bei dem UNRWA (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East) registriert. Vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden Bundesamt) machte sie zu ihren Ausreisegründen geltend: Sie habe Angst vor den Bombardierungen in Syrien. Seit dem Tod ihres Mannes sei es sehr schwer gewesen, die Kinder zu erziehen. Sie sei sehr krank und müsse Medikamente nehmen, die sie sich nicht mehr leisten könne. Mit Bescheid vom 9.5.2017 gewährte das Bundesamt der Klägerin subsidiären Schutz, lehnte aber unter Nr. 2 den weitergehenden Asylantrag ab. 3Die Klägerin hat gegen die Verweigerung der Flüchtlingsanerkennung rechtzeitig Klage erhoben. 4Die Klägerin hat beantragt, 5die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 9.5.2017 zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. 6Die Beklagte hat beantragt, 7die Klage abzuweisen. 8Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene und rechtzeitig begründete Berufung der Beklagten. 9Die Beklagte trägt vor: Nach zutreffender Rechtsprechung des erkennenden Senats drohe unverfolgt ausgereisten Syrern keine politische Verfolgung allein wegen illegaler Ausreise, eines Asylantrags und des Aufenthalts im europäischen Ausland. Die Klägerin sei keine Palästinenserin und habe auch keinen Unterstützungsanspruch gegen das UNRWA. Soweit sie gesundheitliche Probleme geltend mache, sei dies für den Anspruch auf Flüchtlingsanerkennung irrelevant. 10Die Beklagte beantragt, 11das angegriffene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen. 12Die Klägerin beantragt, 13die Berufung zurückzuweisen. 14Sie trägt vor: Sie leide an verschiedenen Krankheiten. Bis zum Tod ihres Mannes habe sie soziale Hilfe von dem UNRWA erhalten. Danach sei diese Hilfe eingestellt und den Kindern gewährt worden. Sie selbst sei keine Palästinenserin. Bis etwa fünf Monate vor der Ausreise habe sie im Camp Jarmuk gelebt, das von Palästinensern bewohnt werde. Das Haus sei dann im Krieg zerstört worden, weshalb sie mit ihrer Tochter nach Rok El Din gezogen sei. Sie habe somit faktisch unter dem Schutz des UNRWA gestanden. Sie habe keine Möglichkeit mehr, in das Camp zurückzukehren, da ihr wohl das UNRWA den Schutz verweigern würde. Es müsse auch bezweifelt werden, ob das UNRWA überhaupt noch in der Lage sei, Schutz zu bieten. Auch wegen ihrer Erkrankungen könnten weder das UNRWA noch das syrische Gesundheitswesen einen ausreichenden Schutz zur Verfügung stellen. Da somit das UNRWA bis kurz vor der Ausreise Schutz gewährt habe, der dann weggefallen sei, habe sie Anspruch auf Flüchtlingsanerkennung unabhängig davon, ob sie selbst Palästinenserin sei oder Anspruch auf Schutz des UNRWA habe. 15Der Senat hat eine amtliche Auskunft des Auswärtigen Amtes eingeholt. Auf die Auskunft vom 7.5.2020 (GA 91) und auf den Beweisbeschluss vom 15.1.2019 (GA 65) wird Bezug genommen. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Unterlagen Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 101 Abs. 2, 125 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑). 19Die zulässige Berufung ist begründet. Die zulässige Klage ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Die Ablehnung der Zuerkennung im angegriffenen Bescheid ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. 20Nach § 3 Abs. 1 des Asylgesetzes - AsylG - ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Ablommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention, GFK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Verfolgungsgründen) außerhalb des Landes (Herkunftslands) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. 21Die Klägerin ist nicht von der Anwendung dieser Vorschrift nach § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG ausgeschlossen. Danach ist ein Ausländer nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D GFK genießt. Diese Ausschlussklausel bezweckt in Umsetzung von Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2011/95/EU und des Art. 1 Buchst. D Satz 1 GFK, diejenigen Personen, denen bereits durch die Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge ein besonderer Flüchtlingsstatus eingeräumt wurde, von der Anwendung des allgemeinen Flüchtlingsrechts auszunehmen, also national von der Anwendung des § 3 Abs. 1 AsylG, so wie sie unionsrechtlich von der Anerkennung als Flüchtling nach Art. 2 Buchst d der Richtlinie 2011/95/EU und völkerrechtlich von der Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention ausgenommen sind. Palästina-Flüchtlinge genießen einen solchen speziellen Flüchtlingsschutz, für die das UNRWA Schutz und Beistand gewährt. 22Vgl. EuGH, Urteil vom 25.7.2018 ‑ C-585/16 ‑, juris, Rn. 84 f.; Urteil vom 19.12.2012 ‑ C-364/11 -, juris, Rn. 48; Urteil vom 17.6.2010 ‑ C-31/09 ‑, juris, Rn. 44; BVerwG, Urteil vom 14.5.2019 ‑ 1 C 5.18 ‑, juris, Rn. 20; Urteil vom 25.4.2019 ‑ 1 C 28.18 ‑, juris, Rn. 18; Urteil vom 4.6.1991 ‑ 1 C 42.88 ‑, juris, Rn. 24. 23Der Ausschluss des allgemeinen Flüchtlingsrechts für solche besonderen Flüchtlinge, die anderweitigen Schutz oder Beistand der Vereinten Nationen als durch den UNHCR erhalten, und damit der Verweis auf diese Unterstützung statt des allgemeinen Flüchtlingsrechts ist nur gerechtfertigt, wenn diesen Flüchtlingen der Schutz oder Beistand auch noch gewährt wird. Daher regelt § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG in Übereinstimmung mit Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU und Art. 1 Buchst. D Satz 2 GFK, dass der genannte Ausschluss nicht eingreift, wenn ein solcher Schutz oder Beistand nicht länger gewährt wird, ohne dass die Lage der Betroffenen endgültig geklärt worden ist. Dann sollen diese Personen, deren besonderer Flüchtlingsstatus ja bereits feststeht, "ipso facto" (Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU und Art. 1 Buchst. D Satz 2 GFK) den Flüchtlingsschutz der Richtlinie bzw. der Flüchtlingskonvention genießen, also durch die Tatsache des Wegfalls des Schutzes oder Beistands selbst und somit unabhängig von der Feststellung einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung im Einzelfall. 24EuGH, Urteil vom 25.7.2018 ‑ C-585/16 ‑, juris, Rn. 86; BVerwG, Urteil vom 14.5.2019 ‑ 1 C 5.18 ‑, juris, Rn. 26. 25Wie sich aus dem Zusammenspiel der Vorschriften, die eine Einheit bilden, ergibt, setzt eine ipso-facto-Anerkennung die Erfüllung beider Vorschriften voraus, nämlich erstens dass der Betroffene den Schutz oder Beistand der UNRWA genießt (weil er zum durch das UNRWA durch Schutz und Beistand unterstützen Personenkreis gehört) und zweitens dass dieser Schutz oder Beistand aus irgendeinem Grund nicht länger gewährt wird. 26BVerwG, Urteil vom 14.5.2019 ‑ 1 C 5.18 ‑, juris, Rn. 14 f. 27Gehört jemand nicht zum durch Schutz oder Beistand unterstützten Personenkreis, ist die Anwendung des allgemeinen Flüchtlingsrechts von vorneherein nicht ausgeschlossen und der Betroffene muss, um als Flüchtling anerkannt zu werden, die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG erfüllen, also flüchtlingsrechtlich relevant verfolgt werden. Nur wenn jemand zum durch Schutz oder Beistand unterstützten Personenkreis gehört, dieser Schutz oder Beistand aber aus irgendeinem Grund nicht länger gewährt wird, ist der Betroffene als ipso-facto-Flüchtling anzuerkennen. 28Hier erfüllt die Klägerin nicht die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG, sie gehört nicht zum durch Schutz oder Beistand des UNRWA unterstützten Personenkreis. Dabei lässt es der Senat offen, ob allein die Tatsache, Schutz oder Beistand von dem UNRWA gewährt zu bekommen, bereits ausreicht, um zu dem von § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG erfassten Personenkreis zu gehören. Dem Wortlaut nach ist das der Fall. Der Sinn und Zweck der Ursprungsvorschrift des Art. 1 Buchst. D Satz 1 GFK war aber nicht, jedermann, der irgendwie in den Genuss von Schutz und Beistand der Vereinten Nationen gekommen ist, den allgemeinen Flüchtlingsschutz zu versagen, sondern Palästinenser in ihrer Eigenschaft als "Palästinaflüchtlinge" auf den besonderen Schutz der Vereinten Nationen statt den der Genfer Flüchtlingskonvention zu verweisen. 29EuGH, Urteil vom 25.7.2018 ‑ C-585/16 ‑, juris, Rn. 84. 30Im Laufe der Zeit hat das UNRWA jedoch seinen Aufgabenkreis weit über die ursprüngliche Zuständigkeit ausgedehnt. So gewährt es nicht nur den eigentlichen Palästinaflüchtlingen Schutz und Beistand, nämlich den zwischen dem 1.6.1946 und dem 15.5.1948 in Palästina ansässigen Personen, die Heim und Lebensunterhalt im Gefolge des 1. israelisch-arabischen Krieges 1948/49 verloren haben, und den Kindern männlicher Palästinaflüchtlinge (Kategorie III.A.1. der Consolidated Eligibility and Registration Instructions ‑ CERI ‑), sondern auch späteren Palästinaflüchtlingen, nämlich solchen, die im Gefolge des 3. israelisch-arabischen (Sechstage-)Krieges 1967 oder späterer Kriege geflüchtet sind (Kategorie III.B. Unterpunkt 1 CERI). Unterstützt werden weiter neben Gruppen, die heute allenfalls für deren Kinder noch relevant sind (Kategorien III.A.2.1 bis 2.3 CERI), die Ehemänner weiblicher Palästinaflüchtlinge und deren Kinder (Kategorie III.A.2.4 CERI, die Ehefrauen männlicher Palästinaflüchtlinge (Kategorie III.A.2.5 CERI) sowie nach islamischem Recht durch Palästinaflüchtlinge unterstützte Pflegekinder (Kategorie III.A.2.6 CERI), im Einzelfall vom Generalkommissar des UNRWA aus humanitären oder sonst mandatsbezogenen Gründen bestimmte Personen oder Personengruppen (Kategorie III.B. Unterpunkt 2 CERI), durch Notprogramme für die besetzten Palästinagebiete begünstigte Personen (Kategorie III.B. Unterpunkt 3 CERI), durch das Kleinkredit- und Kleinunternehmensprogramm der UNRWA unterstützte Personen (Kategorie III.B. Unterpunkt 4 CERI), UNRWA-Mitarbeiter und deren Familien (Kategorie III.B. Unterpunkt 5 CERI) sowie Personen, die in Flüchtlingscamps und ‑kommunen leben (Kategorie III.B. Unterpunkt 6 CERI). Durch diese Ausweitungen des Schutzes und des Beistands auf weitere Personengruppen jenseits der Palästinaflüchtlinge ist auch die Klägerin, die weder Palästinenserin noch ‑ bis zu ihrer Ausreise aus Syrien ‑ Flüchtling, sondern nur eine in Damaskus geborene syrische Staatsangehörige und Ehefrau eines Palästinaflüchtlings war, in den Genuss von Schutz und Beistand der UNRWA gekommen. Daher spricht vieles dafür, dass nach Sinn und Zweck des Art. 1 Buchst. D Satz 1 GFK § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG den Wortlaut einschränkend dahin auszulegen ist, dass nur Personen erfasst sind, die als Palästinaflüchtlinge Schutz oder Beistand der UNRWA genießen. Dann ist die Klägerin schon deshalb nicht vom allgemeinen Asylrecht ausgeschlossen und für die Anwendung des § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG kein Raum. 31Das kann jedoch hier dahinstehen. Unabdingbar ist für § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG jedenfalls, dass das UNRWA einem Betroffenen Schutz oder Beistand gewährt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat dies dahin konkretisiert, dass Personen von Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2011/95/EU erfasst sind, die den UNRWA-Beistand "kurz vor Einreichung eines Asylantrags in einem Mitgliedstaat tatsächlich in Anspruch genommen haben", dann aber nicht mehr gewährt bekommen haben. 32EuGH, Urteil vom 19.12.2012 ‑ C-364/11 -, juris, Rn. 52. 33Das ist bei der Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag seit dem Tod ihres Mannes 1987 nicht mehr der Fall. Die Klägerin zählt seitdem nicht mehr zum begünstigten Personenkreis, wie das Auswärtige Amt mit seiner Stellungnahme vom 7.5.2020 bestätigt hat. Sie mag darüber hinaus bis knapp fünf Monate vor der Ausreise im Flüchtlingscamp Jarmuk gewohnt haben. Das stellt aber keinen Schutz oder Beistand im Sinne § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG dar. Selbst wenn sie in dieser Zeit UNRWA‑Dienstleistungen genossen haben sollte (sanitäre Einrichtungen, Umweltgesundheitsmaßnahmen, vgl. Kategorie III.B. Unterpunkt 6 CERI für Bewohner von Flüchtlingscamps) und dies als Schutz oder Beistand im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG anzusehen wäre, wäre dies mit ihrem Auszug aus dem Camp nach Zerstörung des Wohnhauses und dem Umzug nach Rok El Din etwa fünf Monate vor der Ausreise aus Syrien beendet gewesen, die Klägerin wäre damit aus dem Kreis der unterstützungsberechtigten Personen herausgefallen. Die Klägerin genoss somit kurz vor ihrem Asylantrag keinen Schutz oder Beistand des UNRWA mehr. Damit ist § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG nicht einschlägig und allgemeines Flüchtlingsrecht anzuwenden. 34Gemäß § 3a Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG gelten Handlungen als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 AsylG kann als eine solche Verfolgung insbesondere die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt gelten. Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, sind u.a. gemäß § 3c Nr. 1 und 2 AsylG der Staat und Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen. 35Zwischen den genannten Verfolgungsgründen und den genannten Verfolgungshandlungen muss eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG), wobei es unerheblich ist, ob der Ausländer tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylG). Erforderlich ist ein gezielter Eingriff, wobei die Zielgerichtetheit sich nicht nur auf die durch die Handlung bewirkte Rechtsgutsverletzung selbst bezieht, sondern auch auf die Verfolgungsgründe, an die die Handlung anknüpfen muss. Maßgebend ist im Sinne einer objektiven Gerichtetheit die Zielrichtung, die der Maßnahme unter den jeweiligen Umständen ihrem Charakter nach zukommt. 36Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.1.2009 ‑ 10 C 52.07 ‑, BVerwGE 133, 55, Rn. 22, 24. 37Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d. h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. 38Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.2.2013 ‑ 10 C 23.12 ‑, BVerwGE 146, 67, Rn. 19. 39Beim Flüchtlingsschutz gilt für die Verfolgungsprognose ein einheitlicher Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Dieser in dem Tatbestandsmerkmal "... aus der begründeten Furcht vor Verfolgung ..." des Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 (ABl. L 337/9) enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung des Art. 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) auf die tatsächliche Gefahr abstellt ("real risk"); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. 40Vgl. BVerwG, Urteil vom 1.3.2012 ‑ 10 C 7.11 ‑, Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG, Nr. 43, Rn. 12, zur Vorgängerrichtlinie. 41Das gilt unabhängig von der Frage, ob der Ausländer vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. Die Privilegierung des Vorverfolgten erfolgt durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU, nicht durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Nach dieser Vorschrift besteht eine tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Verfolgungshandlungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgungshandlungen entkräften. 42Vgl. BVerwG, Urteil vom 1.6.2011 ‑ 10 C 25.10 ‑, BVerwGE 140, 22, Rn. 21 f. 43Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab erfordert die Prüfung, ob bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine "qualifizierende" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. 44Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.2.2013 ‑ 10 C 23.12 ‑, BVerwGE 146, 67, Rn. 32. 45Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Furcht der Klägerin vor politischer Verfolgung unbegründet. 46Die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer solchen Verfolgung kann nicht festgestellt werden. In Betracht kommt eine Verfolgung durch den syrischen Staat, da eine ‑ hypothetische ‑ Abschiebung alleine über eine Flugverbindung denkbar ist. Insoweit kommt hier ernsthaft nur Damaskus in Betracht. 47Vgl. Auswärtiges Amt, Stellungnahme vom 12.10.2016 gegenüber dem Verwaltungsgericht Trier, Az. 313-516.00 SYR, zu den beiden allein geöffneten Flughäfen Damaskus und dem im Kurdengebiet gelegenen Qamishly. Daneben soll auch noch der unter Kontrolle des syrischen Regimes stehende Flughafen Latakia für internationale Flüge offen stehen, vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft der SFH-Länderanalyse vom 21.3.2017, Syrien: Rückkehr, S. 6. 48Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aus den vor dem Bundesamt geschilderten Umständen. Aus ihnen ergibt sich allein, dass sie aus Furcht vor den Kriegseinwirkungen und mangelhafter Krankheitsversorgung das Land verlassen hat. Das begründet keine beachtliche Wahrscheinlichkeit flüchtlingsrechtlich relevanter Verfolgung. 49Der Senat hat die tatsächliche Situation in Syrien dahin bewertet, dass aus dem Ausland rückkehrenden syrischen Asylbewerbern, auch wenn sie Syrien illegal verlassen haben, keine politische Verfolgung droht wegen einer zugeschriebenen regimefeindlichen Gesinnung. 50Vgl. zu den Gründen im Einzelnen OVG NRW, Urteile vom 21.2.2017 ‑ 14 A 2316/16.A ‑, NRWE, Rn. 30 ff. und juris, Rn. 28 ff., vom 4.5.2017 ‑ 14 A 2023/16.A ‑, NRWE, Rn. 32 ff. und juris, Rn. 30 ff., vom 7.2.2018 ‑ 14 A 2390/16.A ‑, NRWE, Rn. 36 ff. und juris, Rn. 34 ff., und vom 18.4.2019 ‑ 14 A 2608/18.A ‑, NRWE, Rn. 43 ff. und juris, Rn. 41 ff., und vom 13.3.2020 ‑ 14 A 2778/17.A ‑, NRWE, Rn. 35 ff. und juris, Rn. 33 ff. 51Daran hält der Senat fest. 52Politische Verfolgung aus diesen Gründen verneinend ebenso Schl.-H. OVG, Urteile vom 23.11.2016 ‑ 3 LB 17/16 ‑, juris, Rn. 37 ff., und vom 17.8.2018 ‑ 2 LB 30/18 ‑, juris, Rn. 35 ff. und 104; OVG Rh.‑Pf., Urteil vom 16.12.2016 ‑ 1 A 10922/16 ‑, juris, Rn. 55 ff.; OVG Saarl., Urteil vom 17.10.2017 ‑ 2 A 365/17 ‑, juris, Rn. 22 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 27.6.2017 - 2 LB 91/17 -, juris, Rn. 43 ff., und Beschluss vom 5.12.2018 ‑ 2 LB 570/18 ‑, juris, Rn. 28 ff.; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 22.11.2017 ‑ 3 B 12/17 ‑, juris, Rn. 27 ff., Hamb. OVG, Urteil vom 11.1.2018 ‑ 1 Bf 81/17.A ‑, juris, Rn. 62 ff.; OVG Bremen, Urteil vom 24.1.2018 ‑ 2 LB 194/17 ‑, juris, Rn. 39 ff.; Sächs. OVG, Urteil vom 7.2.2018 ‑ 5 A 1245/17.A ‑, juris, Rn. 21 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.10.2018 ‑ A 3 S 791/18 ‑, juris, Rn. 18 ff.; Thür. OVG, Urteil vom 15.6.2018 ‑ 3 KO 155/18 ‑, juris, Rn. 60 ff.; Bay. VGH, Urteil vom 22.6.2018 ‑ 21 B 18.30852 ‑, juris, Rn. 22 ff., insbes. 35; Hess. VGH, Urteil vom 26.7.2018, ‑ 3 A 403/18.A ‑, juris, Rn. 13. 53Das angegriffene Urteil und das klägerische Vorbringen geben keine Veranlassung zu einer veränderten Bewertung. Neuere Erkenntnisse, die darauf schließen lassen, dass die Situation von Rückkehrern aus Europa anders zu beurteilen wäre, liegen nicht vor. 54Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10 sowie 711 der Zivilprozessordnung. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Die hier allein ‑ erneut ‑ entschiedene Frage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist die Tatsachenfrage, ob eine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG für nach Syrien rückkehrende Asylbewerber wegen der Asylantragstellung hier besteht. Das unterliegt nicht der Beurteilung des Revisionsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO). 55Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 24.4.2017 ‑ 1 B 22.17 ‑, juris. 56Soweit die Auslegung des § 3 Abs. 3 AsylG in Rede steht, stellt sich keine klärungsbedürftige Frage, da die Klägerin eindeutig von der Regelung nicht erfasst wird, denn sie genoss keinen Schutz oder Beistand der UNRWA kurz vor Einreichung des Asylantrags.
das angegriffene urteil wird geändert. die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens beider rechtszüge, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die 1953 geborene klägerin, eine syrische staatsangehörige arabischer volks- und sunnitischer religionszugehörigkeit, verließ 2015 syrien, reiste im selben jahr über den libanon, die türkei und griechenland mit dem flugzeug nach deutschland ein und beantragte am 27.1.2016 asyl. ihr 1987 verstorbener ehemann war als palästinensischer flüchtling bei dem unrwa (united nations relief and works agency for palestine refugees in the near east) registriert. vor dem bundesamt für migration und flüchtlinge (im folgenden bundesamt) machte sie zu ihren ausreisegründen geltend: sie habe angst vor den bombardierungen in syrien. seit dem tod ihres mannes sei es sehr schwer gewesen, die kinder zu erziehen. sie sei sehr krank und müsse medikamente nehmen, die sie sich nicht mehr leisten könne. mit bescheid vom 9.5.2017 gewährte das bundesamt der klägerin subsidiären schutz, lehnte aber unter nr. 2 den weitergehenden asylantrag ab. 3die klägerin hat gegen die verweigerung der flüchtlingsanerkennung rechtzeitig klage erhoben. 4die klägerin hat beantragt, 5die beklagte unter teilweiser aufhebung des bescheides vom 9.5.2017 zu verpflichten, der klägerin die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. 6die beklagte hat beantragt, 7die klage abzuweisen. 8mit dem angegriffenen urteil hat das verwaltungsgericht die beklagte verpflichtet, der klägerin die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. dagegen richtet sich die vom senat zugelassene und rechtzeitig begründete berufung der beklagten. 9die beklagte trägt vor: nach zutreffender rechtsprechung des erkennenden senats drohe unverfolgt ausgereisten syrern keine politische verfolgung allein wegen illegaler ausreise, eines asylantrags und des aufenthalts im europäischen ausland. die klägerin sei keine palästinenserin und habe auch keinen unterstützungsanspruch gegen das unrwa. soweit sie gesundheitliche probleme geltend mache, sei dies für den anspruch auf flüchtlingsanerkennung irrelevant. 10die beklagte beantragt, 11das angegriffene urteil zu ändern und die klage abzuweisen. 12die klägerin beantragt, 13die berufung zurückzuweisen. 14sie trägt vor: sie leide an verschiedenen krankheiten. bis zum tod ihres mannes habe sie soziale hilfe von dem unrwa erhalten. danach sei diese hilfe eingestellt und den kindern gewährt worden. sie selbst sei keine palästinenserin. bis etwa fünf monate vor der ausreise habe sie im camp jarmuk gelebt, das von palästinensern bewohnt werde. das haus sei dann im krieg zerstört worden, weshalb sie mit ihrer tochter nach rok el din gezogen sei. sie habe somit faktisch unter dem schutz des unrwa gestanden. sie habe keine möglichkeit mehr, in das camp zurückzukehren, da ihr wohl das unrwa den schutz verweigern würde. es müsse auch bezweifelt werden, ob das unrwa überhaupt noch in der lage sei, schutz zu bieten. auch wegen ihrer erkrankungen könnten weder das unrwa noch das syrische gesundheitswesen einen ausreichenden schutz zur verfügung stellen. da somit das unrwa bis kurz vor der ausreise schutz gewährt habe, der dann weggefallen sei, habe sie anspruch auf flüchtlingsanerkennung unabhängig davon, ob sie selbst palästinenserin sei oder anspruch auf schutz des unrwa habe. 15der senat hat eine amtliche auskunft des auswärtigen amtes eingeholt. auf die auskunft vom 7.5.2020 (ga 91) und auf den beweisbeschluss vom 15.1.2019 (ga 65) wird bezug genommen. 16wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts und des vorbringens der beteiligten im übrigen wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen unterlagen bezug genommen. 17
18im einverständnis der beteiligten entscheidet der senat ohne mündliche verhandlung (§§ 101 abs. 2, 125 abs. 1 der verwaltungsgerichtsordnung ‑ vwgo ‑). 19die zulässige berufung ist begründet. die zulässige klage ist unbegründet. das verwaltungsgericht hat die beklagte zu unrecht verpflichtet, der klägerin die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. die ablehnung der zuerkennung im angegriffenen bescheid ist rechtmäßig (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). die klägerin hat keinen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft. 20nach § 3 abs. 1 des asylgesetzes - asylg - ist ein ausländer flüchtling im sinne des ablommens über die rechtsstellung der flüchtlinge (genfer flüchtlingskonvention, gfk), wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe (verfolgungsgründen) außerhalb des landes (herkunftslands) befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will. 21die klägerin ist nicht von der anwendung dieser vorschrift nach § 3 abs. 3 satz 1 asylg ausgeschlossen. danach ist ein ausländer nicht flüchtling nach absatz 1, wenn er den schutz oder beistand einer organisation oder einer einrichtung der vereinten nationen mit ausnahme des hohen kommissars der vereinten nationen für flüchtlinge nach artikel 1 abschnitt d gfk genießt. diese ausschlussklausel bezweckt in umsetzung von art. 12 abs. 1 buchst. a satz 1 der richtlinie 2011/95/eu und des art. 1 buchst. d satz 1 gfk, diejenigen personen, denen bereits durch die vereinten nationen mit ausnahme des hohen kommissars der vereinten nationen für flüchtlinge ein besonderer flüchtlingsstatus eingeräumt wurde, von der anwendung des allgemeinen flüchtlingsrechts auszunehmen, also national von der anwendung des § 3 abs. 1 asylg, so wie sie unionsrechtlich von der anerkennung als flüchtling nach art. 2 buchst d der richtlinie 2011/95/eu und völkerrechtlich von der anwendung der genfer flüchtlingskonvention ausgenommen sind. palästina-flüchtlinge genießen einen solchen speziellen flüchtlingsschutz, für die das unrwa schutz und beistand gewährt. 22vgl. eugh, urteil vom 25.7.2018 ‑ c-585/16 ‑, juris, rn. 84 f.; urteil vom 19.12.2012 ‑ c-364/11 -, juris, rn. 48; urteil vom 17.6.2010 ‑ c-31/09 ‑, juris, rn. 44; bverwg, urteil vom 14.5.2019 ‑ 1 c 5.18 ‑, juris, rn. 20; urteil vom 25.4.2019 ‑ 1 c 28.18 ‑, juris, rn. 18; urteil vom 4.6.1991 ‑ 1 c 42.88 ‑, juris, rn. 24. 23der ausschluss des allgemeinen flüchtlingsrechts für solche besonderen flüchtlinge, die anderweitigen schutz oder beistand der vereinten nationen als durch den unhcr erhalten, und damit der verweis auf diese unterstützung statt des allgemeinen flüchtlingsrechts ist nur gerechtfertigt, wenn diesen flüchtlingen der schutz oder beistand auch noch gewährt wird. daher regelt § 3 abs. 3 satz 2 asylg in übereinstimmung mit art. 12 abs. 1 buchst. a satz 2 der richtlinie 2011/95/eu und art. 1 buchst. d satz 2 gfk, dass der genannte ausschluss nicht eingreift, wenn ein solcher schutz oder beistand nicht länger gewährt wird, ohne dass die lage der betroffenen endgültig geklärt worden ist. dann sollen diese personen, deren besonderer flüchtlingsstatus ja bereits feststeht, "ipso facto" (art. 12 abs. 1 buchst. a satz 2 der richtlinie 2011/95/eu und art. 1 buchst. d satz 2 gfk) den flüchtlingsschutz der richtlinie bzw. der flüchtlingskonvention genießen, also durch die tatsache des wegfalls des schutzes oder beistands selbst und somit unabhängig von der feststellung einer flüchtlingsrechtlich relevanten verfolgung im einzelfall. 24eugh, urteil vom 25.7.2018 ‑ c-585/16 ‑, juris, rn. 86; bverwg, urteil vom 14.5.2019 ‑ 1 c 5.18 ‑, juris, rn. 26. 25wie sich aus dem zusammenspiel der vorschriften, die eine einheit bilden, ergibt, setzt eine ipso-facto-anerkennung die erfüllung beider vorschriften voraus, nämlich erstens dass der betroffene den schutz oder beistand der unrwa genießt (weil er zum durch das unrwa durch schutz und beistand unterstützen personenkreis gehört) und zweitens dass dieser schutz oder beistand aus irgendeinem grund nicht länger gewährt wird. 26bverwg, urteil vom 14.5.2019 ‑ 1 c 5.18 ‑, juris, rn. 14 f. 27gehört jemand nicht zum durch schutz oder beistand unterstützten personenkreis, ist die anwendung des allgemeinen flüchtlingsrechts von vorneherein nicht ausgeschlossen und der betroffene muss, um als flüchtling anerkannt zu werden, die voraussetzungen des § 3 abs. 1 asylg erfüllen, also flüchtlingsrechtlich relevant verfolgt werden. nur wenn jemand zum durch schutz oder beistand unterstützten personenkreis gehört, dieser schutz oder beistand aber aus irgendeinem grund nicht länger gewährt wird, ist der betroffene als ipso-facto-flüchtling anzuerkennen. 28hier erfüllt die klägerin nicht die voraussetzungen des § 3 abs. 3 satz 1 asylg, sie gehört nicht zum durch schutz oder beistand des unrwa unterstützten personenkreis. dabei lässt es der senat offen, ob allein die tatsache, schutz oder beistand von dem unrwa gewährt zu bekommen, bereits ausreicht, um zu dem von § 3 abs. 3 satz 1 asylg erfassten personenkreis zu gehören. dem wortlaut nach ist das der fall. der sinn und zweck der ursprungsvorschrift des art. 1 buchst. d satz 1 gfk war aber nicht, jedermann, der irgendwie in den genuss von schutz und beistand der vereinten nationen gekommen ist, den allgemeinen flüchtlingsschutz zu versagen, sondern palästinenser in ihrer eigenschaft als "palästinaflüchtlinge" auf den besonderen schutz der vereinten nationen statt den der genfer flüchtlingskonvention zu verweisen. 29eugh, urteil vom 25.7.2018 ‑ c-585/16 ‑, juris, rn. 84. 30im laufe der zeit hat das unrwa jedoch seinen aufgabenkreis weit über die ursprüngliche zuständigkeit ausgedehnt. so gewährt es nicht nur den eigentlichen palästinaflüchtlingen schutz und beistand, nämlich den zwischen dem 1.6.1946 und dem 15.5.1948 in palästina ansässigen personen, die heim und lebensunterhalt im gefolge des 1. israelisch-arabischen krieges 1948/49 verloren haben, und den kindern männlicher palästinaflüchtlinge (kategorie iii.a.1. der consolidated eligibility and registration instructions ‑ ceri ‑), sondern auch späteren palästinaflüchtlingen, nämlich solchen, die im gefolge des 3. israelisch-arabischen (sechstage-)krieges 1967 oder späterer kriege geflüchtet sind (kategorie iii.b. unterpunkt 1 ceri). unterstützt werden weiter neben gruppen, die heute allenfalls für deren kinder noch relevant sind (kategorien iii.a.2.1 bis 2.3 ceri), die ehemänner weiblicher palästinaflüchtlinge und deren kinder (kategorie iii.a.2.4 ceri, die ehefrauen männlicher palästinaflüchtlinge (kategorie iii.a.2.5 ceri) sowie nach islamischem recht durch palästinaflüchtlinge unterstützte pflegekinder (kategorie iii.a.2.6 ceri), im einzelfall vom generalkommissar des unrwa aus humanitären oder sonst mandatsbezogenen gründen bestimmte personen oder personengruppen (kategorie iii.b. unterpunkt 2 ceri), durch notprogramme für die besetzten palästinagebiete begünstigte personen (kategorie iii.b. unterpunkt 3 ceri), durch das kleinkredit- und kleinunternehmensprogramm der unrwa unterstützte personen (kategorie iii.b. unterpunkt 4 ceri), unrwa-mitarbeiter und deren familien (kategorie iii.b. unterpunkt 5 ceri) sowie personen, die in flüchtlingscamps und ‑kommunen leben (kategorie iii.b. unterpunkt 6 ceri). durch diese ausweitungen des schutzes und des beistands auf weitere personengruppen jenseits der palästinaflüchtlinge ist auch die klägerin, die weder palästinenserin noch ‑ bis zu ihrer ausreise aus syrien ‑ flüchtling, sondern nur eine in damaskus geborene syrische staatsangehörige und ehefrau eines palästinaflüchtlings war, in den genuss von schutz und beistand der unrwa gekommen. daher spricht vieles dafür, dass nach sinn und zweck des art. 1 buchst. d satz 1 gfk § 3 abs. 3 satz 1 asylg den wortlaut einschränkend dahin auszulegen ist, dass nur personen erfasst sind, die als palästinaflüchtlinge schutz oder beistand der unrwa genießen. dann ist die klägerin schon deshalb nicht vom allgemeinen asylrecht ausgeschlossen und für die anwendung des § 3 abs. 3 satz 2 asylg kein raum. 31das kann jedoch hier dahinstehen. unabdingbar ist für § 3 abs. 3 satz 1 asylg jedenfalls, dass das unrwa einem betroffenen schutz oder beistand gewährt. der gerichtshof der europäischen union hat dies dahin konkretisiert, dass personen von art. 12 abs. 1 buchst. a satz 1 der richtlinie 2011/95/eu erfasst sind, die den unrwa-beistand "kurz vor einreichung eines asylantrags in einem mitgliedstaat tatsächlich in anspruch genommen haben", dann aber nicht mehr gewährt bekommen haben. 32eugh, urteil vom 19.12.2012 ‑ c-364/11 -, juris, rn. 52. 33das ist bei der klägerin nach ihrem eigenen vortrag seit dem tod ihres mannes 1987 nicht mehr der fall. die klägerin zählt seitdem nicht mehr zum begünstigten personenkreis, wie das auswärtige amt mit seiner stellungnahme vom 7.5.2020 bestätigt hat. sie mag darüber hinaus bis knapp fünf monate vor der ausreise im flüchtlingscamp jarmuk gewohnt haben. das stellt aber keinen schutz oder beistand im sinne § 3 abs. 3 satz 1 asylg dar. selbst wenn sie in dieser zeit unrwa‑dienstleistungen genossen haben sollte (sanitäre einrichtungen, umweltgesundheitsmaßnahmen, vgl. kategorie iii.b. unterpunkt 6 ceri für bewohner von flüchtlingscamps) und dies als schutz oder beistand im sinne des § 3 abs. 3 satz 1 asylg anzusehen wäre, wäre dies mit ihrem auszug aus dem camp nach zerstörung des wohnhauses und dem umzug nach rok el din etwa fünf monate vor der ausreise aus syrien beendet gewesen, die klägerin wäre damit aus dem kreis der unterstützungsberechtigten personen herausgefallen. die klägerin genoss somit kurz vor ihrem asylantrag keinen schutz oder beistand des unrwa mehr. damit ist § 3 abs. 3 satz 1 asylg nicht einschlägig und allgemeines flüchtlingsrecht anzuwenden. 34gemäß § 3a abs. 1 nr. 1 und 2 asylg gelten handlungen als verfolgung im sinne des § 3 abs. 1 asylg, die auf grund ihrer art oder wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende verletzung der grundlegenden menschenrechte darstellen (nr. 1), oder die in einer kumulierung unterschiedlicher maßnahmen bestehen, die so gravierend ist, dass eine person davon in ähnlicher wie der in nr. 1 beschriebenen weise betroffen ist (nr. 2). nach § 3a abs. 2 nr. 1 asylg kann als eine solche verfolgung insbesondere die anwendung physischer oder psychischer gewalt gelten. akteure, von denen verfolgung ausgehen kann, sind u.a. gemäß § 3c nr. 1 und 2 asylg der staat und parteien oder organisationen, die den staat oder einen wesentlichen teil des staatsgebiets beherrschen. 35zwischen den genannten verfolgungsgründen und den genannten verfolgungshandlungen muss eine verknüpfung bestehen (§ 3a abs. 3 asylg), wobei es unerheblich ist, ob der ausländer tatsächlich die merkmale der rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen merkmale aufweist, die zur verfolgung führen, sofern ihm diese merkmale von seinem verfolger zugeschrieben werden (§ 3b abs. 2 asylg). erforderlich ist ein gezielter eingriff, wobei die zielgerichtetheit sich nicht nur auf die durch die handlung bewirkte rechtsgutsverletzung selbst bezieht, sondern auch auf die verfolgungsgründe, an die die handlung anknüpfen muss. maßgebend ist im sinne einer objektiven gerichtetheit die zielrichtung, die der maßnahme unter den jeweiligen umständen ihrem charakter nach zukommt. 36vgl. bverwg, urteil vom 19.1.2009 ‑ 10 c 52.07 ‑, bverwge 133, 55, rn. 22, 24. 37die furcht vor verfolgung ist begründet, wenn dem ausländer die vorgenannten gefahren aufgrund der in seinem herkunftsland gegebenen umstände in anbetracht seiner individuellen lage tatsächlich, d. h. mit beachtlicher wahrscheinlichkeit drohen. 38vgl. bverwg, urteil vom 20.2.2013 ‑ 10 c 23.12 ‑, bverwge 146, 67, rn. 19. 39beim flüchtlingsschutz gilt für die verfolgungsprognose ein einheitlicher wahrscheinlichkeitsmaßstab. dieser in dem tatbestandsmerkmal "... aus der begründeten furcht vor verfolgung ..." des art. 2 buchst. d der richtlinie 2011/95/eu des europäischen parlaments und des rates vom 13.12.2011 (abl. l 337/9) enthaltene wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte (egmr), der bei der prüfung des art. 3 der konvention zum schutz der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk) auf die tatsächliche gefahr abstellt ("real risk"); das entspricht dem maßstab der beachtlichen wahrscheinlichkeit. 40vgl. bverwg, urteil vom 1.3.2012 ‑ 10 c 7.11 ‑, buchholz 402.25 § 73 asylvfg, nr. 43, rn. 12, zur vorgängerrichtlinie. 41das gilt unabhängig von der frage, ob der ausländer vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. die privilegierung des vorverfolgten erfolgt durch die beweiserleichterung des art. 4 abs. 4 der richtlinie 2011/95/eu, nicht durch einen herabgestuften wahrscheinlichkeitsmaßstab. nach dieser vorschrift besteht eine tatsächliche vermutung, dass sich frühere verfolgungshandlungen bei einer rückkehr in das herkunftsland wiederholen werden. diese vermutung kann aber widerlegt werden. hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige gründe die wiederholungsträchtigkeit solcher verfolgungshandlungen entkräften. 42vgl. bverwg, urteil vom 1.6.2011 ‑ 10 c 25.10 ‑, bverwge 140, 22, rn. 21 f. 43der wahrscheinlichkeitsmaßstab erfordert die prüfung, ob bei einer zusammenfassenden würdigung des zur prüfung gestellten lebenssachverhalts die für eine verfolgung sprechenden umstände ein größeres gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden tatsachen überwiegen. dabei ist eine "qualifizierende" betrachtungsweise im sinne einer gewichtung und abwägung aller festgestellten umstände und ihrer bedeutung anzulegen. es kommt darauf an, ob in anbetracht dieser umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen menschen in der lage des betroffenen furcht vor verfolgung hervorgerufen werden kann. 44vgl. bverwg, urteil vom 20.2.2013 ‑ 10 c 23.12 ‑, bverwge 146, 67, rn. 32. 45ausgehend von diesen maßstäben ist die furcht der klägerin vor politischer verfolgung unbegründet. 46die beachtliche wahrscheinlichkeit einer solchen verfolgung kann nicht festgestellt werden. in betracht kommt eine verfolgung durch den syrischen staat, da eine ‑ hypothetische ‑ abschiebung alleine über eine flugverbindung denkbar ist. insoweit kommt hier ernsthaft nur damaskus in betracht. 47vgl. auswärtiges amt, stellungnahme vom 12.10.2016 gegenüber dem verwaltungsgericht trier, az. 313-516.00 syr, zu den beiden allein geöffneten flughäfen damaskus und dem im kurdengebiet gelegenen qamishly. daneben soll auch noch der unter kontrolle des syrischen regimes stehende flughafen latakia für internationale flüge offen stehen, vgl. schweizerische flüchtlingshilfe, auskunft der sfh-länderanalyse vom 21.3.2017, syrien: rückkehr, s. 6. 48die klägerin hat keinen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft aus den vor dem bundesamt geschilderten umständen. aus ihnen ergibt sich allein, dass sie aus furcht vor den kriegseinwirkungen und mangelhafter krankheitsversorgung das land verlassen hat. das begründet keine beachtliche wahrscheinlichkeit flüchtlingsrechtlich relevanter verfolgung. 49der senat hat die tatsächliche situation in syrien dahin bewertet, dass aus dem ausland rückkehrenden syrischen asylbewerbern, auch wenn sie syrien illegal verlassen haben, keine politische verfolgung droht wegen einer zugeschriebenen regimefeindlichen gesinnung. 50vgl. zu den gründen im einzelnen ovg nrw, urteile vom 21.2.2017 ‑ 14 a 2316/16.a ‑, nrwe, rn. 30 ff. und juris, rn. 28 ff., vom 4.5.2017 ‑ 14 a 2023/16.a ‑, nrwe, rn. 32 ff. und juris, rn. 30 ff., vom 7.2.2018 ‑ 14 a 2390/16.a ‑, nrwe, rn. 36 ff. und juris, rn. 34 ff., und vom 18.4.2019 ‑ 14 a 2608/18.a ‑, nrwe, rn. 43 ff. und juris, rn. 41 ff., und vom 13.3.2020 ‑ 14 a 2778/17.a ‑, nrwe, rn. 35 ff. und juris, rn. 33 ff. 51daran hält der senat fest. 52politische verfolgung aus diesen gründen verneinend ebenso schl.-h. ovg, urteile vom 23.11.2016 ‑ 3 lb 17/16 ‑, juris, rn. 37 ff., und vom 17.8.2018 ‑ 2 lb 30/18 ‑, juris, rn. 35 ff. und 104; ovg rh.‑pf., urteil vom 16.12.2016 ‑ 1 a 10922/16 ‑, juris, rn. 55 ff.; ovg saarl., urteil vom 17.10.2017 ‑ 2 a 365/17 ‑, juris, rn. 22 ff.; nds. ovg, urteil vom 27.6.2017 - 2 lb 91/17 -, juris, rn. 43 ff., und beschluss vom 5.12.2018 ‑ 2 lb 570/18 ‑, juris, rn. 28 ff.; ovg berlin-bbg., urteil vom 22.11.2017 ‑ 3 b 12/17 ‑, juris, rn. 27 ff., hamb. ovg, urteil vom 11.1.2018 ‑ 1 bf 81/17.a ‑, juris, rn. 62 ff.; ovg bremen, urteil vom 24.1.2018 ‑ 2 lb 194/17 ‑, juris, rn. 39 ff.; sächs. ovg, urteil vom 7.2.2018 ‑ 5 a 1245/17.a ‑, juris, rn. 21 ff.; vgh bad.-württ., urteil vom 23.10.2018 ‑ a 3 s 791/18 ‑, juris, rn. 18 ff.; thür. ovg, urteil vom 15.6.2018 ‑ 3 ko 155/18 ‑, juris, rn. 60 ff.; bay. vgh, urteil vom 22.6.2018 ‑ 21 b 18.30852 ‑, juris, rn. 22 ff., insbes. 35; hess. vgh, urteil vom 26.7.2018, ‑ 3 a 403/18.a ‑, juris, rn. 13. 53das angegriffene urteil und das klägerische vorbringen geben keine veranlassung zu einer veränderten bewertung. neuere erkenntnisse, die darauf schließen lassen, dass die situation von rückkehrern aus europa anders zu beurteilen wäre, liegen nicht vor. 54die kostenentscheidung beruht auf §§ 154 abs. 1 vwgo i. v. m. 83b asylg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo in verbindung mit den §§ 708 nr. 10 sowie 711 der zivilprozessordnung. die revision ist nicht zuzulassen, da die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen. die hier allein ‑ erneut ‑ entschiedene frage von grundsätzlicher bedeutung (§ 132 abs. 2 nr. 1 vwgo) ist die tatsachenfrage, ob eine beachtliche wahrscheinlichkeit einer verfolgung im sinne des § 3 abs. 1 asylg für nach syrien rückkehrende asylbewerber wegen der asylantragstellung hier besteht. das unterliegt nicht der beurteilung des revisionsgerichts (§ 137 abs. 2 vwgo). 55vgl. dazu bverwg, beschluss vom 24.4.2017 ‑ 1 b 22.17 ‑, juris. 56soweit die auslegung des § 3 abs. 3 asylg in rede steht, stellt sich keine klärungsbedürftige frage, da die klägerin eindeutig von der regelung nicht erfasst wird, denn sie genoss keinen schutz oder beistand der unrwa kurz vor einreichung des asylantrags.
Verklagte*r
0
120,988
6 K 746/16
2016-10-05T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsschuldner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Mit Bescheid vom 24. März 2014 wurde die Klägerin zum Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung zugelassen. 3Den schriftlichen Prüfungsteil bestand die Klägerin im ersten Versuch (April 2014) nicht. Dies wurde von der Beklagten mit bestandskräftigem Bescheid vom 9. Mai 2014 festgestellt. 4Den mündlich-praktischen Teil bestand die Klägerin am 3./4. Juni 2014 mit der Note „ausreichend“. 5Im Oktober 2014 fand der 1. Wiederholungsversuch im schriftlichen Teil statt. Auch diesen bestand die Kläger nicht, was von der Beklagten mit bestandskräftigem Bescheid vom 10. November 2014 festgestellt wurde. 6Der 2. Wiederholungsversuch fand im April 2015 statt. Die Klägerin beantwortete lediglich 48,7 % der gestellten Prüfungsfragen richtig und unterschritt damit die durchschnittliche Prüfungsleistung um 29,1 %. Darauf stellte der Beklagte mit Bescheid vom 11. Mai 2015 das endgültige Nichtbestehen des Zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung fest. 7Hiergegen legte die Klägerin am 2. Juni 2015 Widerspruch ein. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens beantragte die Klägerin bei dem Beklagten Akteneinsicht hinsichtlich der beim Beigeladenen zur Erstellung und Auswahl der konkreten Prüfungsfragen geführten Verwaltungsvorgänge. Zudem wurde um Stellungnahme betreffend die Besetzung der medizinischen Sachverständigenkommission und die Auswahl/Erstellung der konkreten Prüfungsfragen gebeten. Die Richtigkeit einzelner Prüfungsfragen wurde - und wird - von der Klägerin nicht angegriffen. 8Die Beklagte kam dem Begehren der Klägerin nicht nach und verwies darauf, die Berufung der Sachverständigen durch die Beigeladene sei mit der Bestellung von Prüfern für einen konkreten Prüfungstermin nicht vergleichbar. Es obliege ausschließlich der Beigeladenen, die Multiple Choice (MC) - Fragen zu generieren und hierfür Sachverständige zu bestellen. 9Mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2016 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. 10Bereits am 7. April 2016 hatte die Klägerin Klage erhoben. Sie wiederholt den Antrag auf Akteneinsicht und die Fragestellungen aus dem Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor: 11Es bestehe ein Anspruch auf Mitteilung der Personen, die die Fragen für die konkrete Prüfung ausgewählt und erstellt hätten. Nur so könne die notwendige Qualifikation der Prüfer festgestellt werden. Die Beigeladene benenne aber nach wie vor nicht die konkreten Personen bzw. Prüfer, sondern belasse es bei einer allgemeinen Darstellung des Verfahrens ohne Bezug zu der konkreten, hier streitigen schriftlichen Prüfung. Dieses Verhalten lasse nur den Schluss zu, dass die Beigeladene nicht in der Lage sei, die Personen konkret zu benennen, welche die Fragen für die Prüfung vom April 2015 erstellt bzw. ausgewählt hätten. Der Klägerin gehe es nur um die Überprüfung der Einhaltung der zur Erstellung bzw. Auswahl der Prüfungsfragen aufgestellten Regeln. Solange eine solche Überprüfung mangels Mitwirkung der Beklagten- bzw. Beigeladenenseite nicht möglich sei, sei von einem fehlerhaften Prüfungsverfahren auszugehen. 12Nach Vorlage des Protokolls über die Sitzung der Kontroll-Kommission am 20. Mai 2014 sowie der Bestellungsurkunden für die an dieser Sitzung teilnehmenden Sachverständigen trägt die Klägerin ergänzend vor, eine ordnungsgemäße Bestellung der Sachverständigen sei nach wie vor nicht nachgewiesen. Zudem hätten unzulässigerweise Mitarbeiter des beigeladenen Instituts an der Sitzung der Kontroll-Kommission teilgenommen. 13Die Klägerin beantragt, 14den Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2015 über das endgültige Nichtbestehen des Zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung und deren Widerspruchsbescheid vom 11. April 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie zu einem weiteren Wiederholungsversuch im schriftlichen Prüfungsteil des Zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung zuzulassen. 15Der Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Die von der Klägerin begehrten Auskünfte seien nicht der Prüfungsakte zu entnehmen, so dass insoweit auf die Ausführungen der Beigeladenen verwiesen werde. Im Übrigen handele es sich bei der Erstellung und Auswahl der Prüfungsfragen um eine interne Tätigkeit des beigeladenen Instituts. Dies sei nicht mit einer Prüfertätigkeit vergleichbar. 18Der Beigeladene beantragt, 19die Klage abzuweisen. 20Der Beigeladene stellt im Einzelnen das Verfahren zur Erstellung und Auswahl der Prüfungsfragen in einer sog. Fragenrevisions- und einer Kontroll-Kommission dar. In der Fragenrevisionskommission arbeite man mit ca. 80 Hochschullehrern als Sachverständige zusammen. Diese würden Prüfungsfragen im MC-Format bzw. Fallstudien mit anschließenden Prüfungsfragen einreichen. Bei einem einstimmigen positiven Votum der Sitzungskommission würden diese in den Fragenpool des Fachbereichs Medizin aufgenommen. Einsatz in einer Prüfung finde eine Aufgabe erst dann, wenn die Lösung der Aufgabe mit verschiedenen Lehrbüchern nachvollzogen werden könne. Vor Einsatz eines Examens werde dieses dann noch einer sog. Kontroll-Kommission vorgelegt. Dieses Gremium bestehe aktuell aus ca. 40 Sachverständigen. Die Examenserstellung erfolge insgesamt ausschließlich mit berufenen Sachverständigen. Einen Autor bzw. einen Verfasser einer Prüfungsfrage gebe es nicht, da die Prüfungsfragen in Gremien bearbeitet, modifiziert und sodann in den Fragenpool aufgenommen würden. Die Bezugsgröße für eine Prüfungsfrage sei daher nicht eine konkrete Person, sondern es seien immer die beiden vorgenannten Gremien. 21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die von der Beklagten beigezogene Verwaltungsakte und die von dem Beigeladenen vorgelegten Unterlagen verwiesen. 22Entscheidungsgründe: 23Die zulässige Klage ist nicht begründet. 24Der Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2015 über das endgültige Nichtbestehen des Zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung und deren Widerspruchsbescheid vom 11. April 2016 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 25Die Bewertung des 2. Wiederholungsversuchs der Klägerin im schriftlichen Prüfungsteil des Zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung im April 2015 mit der Note „nicht ausreichend“ (5) ist nicht zu beanstanden, so dass auch die Feststellung des endgültigen Nichtbestehens nach § 21 Abs. 2 der Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO 2002) zu Recht erfolgt ist. 26Eine materielle Fehlerhaftigkeit einzelner Fragen aus den zu bearbeitenden Multiple Choice - Fragebögen ist von Klägerseite weder vorgetragen noch sonst erkennbar. 27Das beim beigeladenen Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen durchgeführte Verfahren zur Erstellung und Auswahl der Prüfungsfragen für den schriftlichen Prüfungsteil ist verfahrensfehlerfrei erfolgt, so dass dahingestellt bleiben kann, ob sich ein Prüfungskandidat insoweit überhaupt auf einen etwaigen Verfahrensfehler berufen kann. 28Nach § 14 Abs. 3 Satz 2 ÄApprO 2002 sollen sich die nach Landesrecht zuständigen Stellen bei der Festlegung der Prüfungsaufgaben nach Maßgabe einer Vereinbarung der Länder einer Einrichtung bedienen, die die Aufgabe hat, Prüfungsaufgaben für Prüfungen im Rahmen der ärztlichen Ausbildung sowie eine Übersicht von Gegenständen, auf die sich die schriftlichen Prüfungen beziehen können, herzustellen. Bei der vorgenannten Vereinbarung handelt es sich um das Abkommen der Bundesländer über die Errichtung und Finanzierung des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) vom 14. Oktober 1970 (im Folgenden: Abkommen). 29Nach Art. 8 Abs. 2 des Abkommens werden die unter fachlicher Verantwortung des Instituts ausgewählten oder erstellten Prüfungsfragen eines jeden Prüfungstermins rechtzeitig vor der jeweiligen Prüfung von Sachverständigen auf Einhaltung der rechtlichen Anforderungen hin kontrolliert (Kontroll-Kommission). Zudem bedient sich das Institut zur Erstellung der Prüfungsaufgaben verschiedener Sachverständigen-Kommissionen. 30Die Einzelheiten regelt dann wiederum die gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 und Art. 8 Abs. 3 des Abkommens erlassene Richtlinie für die Kommissionen und Beiräte beim IMPP (im Folgenden: Richtlinie). Dort ist in § 6 Abs. 1 („Einrichtung und Aufgaben von Kontroll-Kommissionen“) geregelt, dass die nach § 5 Abs. 3 (von den Sachverständigen-Kommissionen) verabschiedeten und unter fachlicher Verantwortung des IMPP für einen bestimmten Prüfungstermin ausgewählten Prüfungsfragen/Fallstudien mit den dazugehörigen Antwortmöglichkeiten und Prüfungsaufgaben zur freien Bearbeitung gemäß Art. 8 Abs. 2 des Abkommens rechtzeitig vor dem Prüfungstermin von Sachverständigen auf Einhaltung der rechtlichen Anforderungen hin zu kontrollieren sind. 31Nach den vorgenannten Regelungen - und den Erläuterungen der Beigeladenenseite zur Arbeit der Kontroll-Kommission in der mündlichen Verhandlung - entscheidet letztlich die Kontroll-Kommission darüber, ob die zuvor durch die Sachverständigen-Kommissionen erarbeiteten und ausgewählten Prüfungsfragen tatsächlich Gegenstand eines konkreten Prüfungstermins oder ggfs. umformuliert bzw. eliminiert werden. Sie trägt die Letztverantwortung dafür, dass die Aufgaben insbesondere den Anforderungen des § 14 Abs. 2 ÄApprO 2002 entsprechen, also auf die für den Arzt allgemein erforderlichen Kenntnisse abgestellt sind und zuverlässige Prüfungsergebnisse ermöglichen. Damit nimmt die Kontroll-Kommission aber eine typische Prüfertätigkeit wahr. Dem steht nicht entgegen, dass die Leistungsbewertung bei herkömmlichen schriftlichen Prüfungen nach Anfertigung der Prüfungsarbeit erfolgt und auch ein Prüfer die Leistungsbewertung vornehmen kann, der die Prüfungsaufgabe nicht erarbeitet hat. Die Besonderheit des Antwort-Wahl-Verfahrens liegt nämlich gerade darin, dass nach Abschluss der Prüfung nur noch eine rein computergestützte, rechnerische Auswertung zur Feststellung der Zahl der richtigen Antworten erfolgt, die keinen Raum für eine wertende Beurteilung der Prüfungsleistung lässt. Bei dieser Prüfungsart ist die eigentliche Prüfertätigkeit vorverlagert; sie besteht in der Auswahl des Prüfungsstoffes, der Ausarbeitung der Fragen und der Festlegung von Antwortmöglichkeiten. Prüfer ist hier derjenige, der die Antwort-Wahl-Aufgaben letztverantwortlich festlegt. 32Vgl. Sächs. OVG, Beschluss vom 10. Oktober 2002 - 4 BS 328/02 -, NVwZ-RR 2003, 853-855, juris Rn. 8. 33Die vorgenannten Ausführungen zur Prüfertätigkeit der Kontroll-Kommission sind nach Auffassung der Kammer aber nicht auf die Sachverständigen-Kommissionen zu übertragen. Diese erarbeiten und verabschieden zwar im Vorfeld der Entscheidung der Kontroll-Kommission die Prüfungsfragen. Dies erfolgt allerdings unter der fachlichen Verantwortung des IMPP (vgl. Art. 8 Abs. 2 des Abkommens sowie §§ 5 und 6 der Richtlinie). Zudem verbleibt die Letztentscheidung über die Zulassung von Prüfungsfragen zu einem konkreten Prüfungstermin (allein) bei der Kontroll-Kommission. Damit legt aber auch nur die Kontroll-Kommission - vergleichbar einem Prüfer - abschließend den Prüfungsstoff fest. Demgegenüber übernehmen die Sachverständigen-Kommissionen für das IMPP die für die Kontroll-Kommission letztlich unverbindliche Erstellung und Auswahl der Prüfungsfragen, was nach der klaren Regelung zur Letztverantwortlichkeit der Kontroll-Kommission in Art. 8 Abs. 2 des Abkommens noch nicht der eigentlichen Prüfertätigkeit zugeordnet werden kann. 34Ob vor diesem Hintergrund ein Prüfungskandidat einen verfahrensrechtlichen Anspruch darauf hat, dass das in §§ 6 und 7 der Richtlinie geregelte Verfahren zur Besetzung und Tätigkeit der Kontroll-Kommission eingehalten wird, kann hier dahingestellt bleiben, weil jedenfalls keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Entscheidung der Kontroll-Kommission zu den Prüfungsaufgaben für April 2015 vorliegen. 35Das beigeladene IMPP hat in der mündlichen Verhandlung insbesondere durch Vorlage der Bestellungsurkunden (Anlagen zur Niederschrift) für die „externen Teilnehmer“ der Sitzung der Kontroll-Kommission am 20. Mai 2014 dargelegt, dass es sich um nach § 7 der Richtlinie berufene Mitglieder der Kontroll-Kommission handelte. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Auswahl und Bestellung dieser Personen nicht den Anforderungen des § 7 Abs. 1 der Richtlinie entsprach, also nicht aufgrund eines Vorschlags einer der dort genannten Institutionen erfolgte, liegen nicht vor. Im Übrigen dürfte es sich bei der Bestellung durch das Institut als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. Art. 1 Abs. 1 des Abkommens) um einen Verwaltungsakt handeln. Da die Bestellungen vorliegend sämtlich im Jahr 2009 erfolgt sind, steht deren Bestandskraft außer Zweifel. 36Soweit die Klägerin geltend macht, die lt. Protokoll erfolgte Teilnahme von Mitarbeitern des IMPP an der Sitzung der Kontroll-Kommission führe zur Fehlerhaftigkeit der Entscheidung der Kommission, kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr ist in § 12 Abs. 2 der Richtlinie ausdrücklich geregelt, dass an den Sitzungen der Kommissionen (weitere) Mitarbeiter des IMPP teilnehmen können. Dadurch ergibt sich auch nicht zwangsläufig, dass diese Mitarbeiter an der (abschließenden), den berufenen Mitgliedern der Kontroll-Kommission vorbehaltenen Entscheidung mitwirken. Das beigeladene IMPP hat hierzu nämlich in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar ausgeführt, die IMPP-Mitarbeiter würden lediglich zum einen die Sitzung der Kontroll-Kommission protokollieren und stünden zum andern für Fragen der Kommissionsmitglieder - etwa zur Genese einzelner Prüfungsfragen - zur Verfügung, an der abschließenden Auswahl der Fragen würden sie aber nicht mitwirken. Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben hat das Gericht nicht. 37Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. 38Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen kosten des beigeladenen. das urteil ist hinsichtlich der kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsschuldner vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrags leistet. 1
2mit bescheid vom 24. märz 2014 wurde die klägerin zum zweiten abschnitt der ärztlichen prüfung zugelassen. 3den schriftlichen prüfungsteil bestand die klägerin im ersten versuch (april 2014) nicht. dies wurde von der beklagten mit bestandskräftigem bescheid vom 9. mai 2014 festgestellt. 4den mündlich-praktischen teil bestand die klägerin am 3./4. juni 2014 mit der note „ausreichend“. 5im oktober 2014 fand der 1. wiederholungsversuch im schriftlichen teil statt. auch diesen bestand die kläger nicht, was von der beklagten mit bestandskräftigem bescheid vom 10. november 2014 festgestellt wurde. 6der 2. wiederholungsversuch fand im april 2015 statt. die klägerin beantwortete lediglich 48,7 % der gestellten prüfungsfragen richtig und unterschritt damit die durchschnittliche prüfungsleistung um 29,1 %. darauf stellte der beklagte mit bescheid vom 11. mai 2015 das endgültige nichtbestehen des zweiten abschnitts der ärztlichen prüfung fest. 7hiergegen legte die klägerin am 2. juni 2015 widerspruch ein. im rahmen des widerspruchsverfahrens beantragte die klägerin bei dem beklagten akteneinsicht hinsichtlich der beim beigeladenen zur erstellung und auswahl der konkreten prüfungsfragen geführten verwaltungsvorgänge. zudem wurde um stellungnahme betreffend die besetzung der medizinischen sachverständigenkommission und die auswahl/erstellung der konkreten prüfungsfragen gebeten. die richtigkeit einzelner prüfungsfragen wurde - und wird - von der klägerin nicht angegriffen. 8die beklagte kam dem begehren der klägerin nicht nach und verwies darauf, die berufung der sachverständigen durch die beigeladene sei mit der bestellung von prüfern für einen konkreten prüfungstermin nicht vergleichbar. es obliege ausschließlich der beigeladenen, die multiple choice (mc) - fragen zu generieren und hierfür sachverständige zu bestellen. 9mit widerspruchsbescheid vom 11. april 2016 wies die beklagte den widerspruch der klägerin zurück. 10bereits am 7. april 2016 hatte die klägerin klage erhoben. sie wiederholt den antrag auf akteneinsicht und die fragestellungen aus dem widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor: 11es bestehe ein anspruch auf mitteilung der personen, die die fragen für die konkrete prüfung ausgewählt und erstellt hätten. nur so könne die notwendige qualifikation der prüfer festgestellt werden. die beigeladene benenne aber nach wie vor nicht die konkreten personen bzw. prüfer, sondern belasse es bei einer allgemeinen darstellung des verfahrens ohne bezug zu der konkreten, hier streitigen schriftlichen prüfung. dieses verhalten lasse nur den schluss zu, dass die beigeladene nicht in der lage sei, die personen konkret zu benennen, welche die fragen für die prüfung vom april 2015 erstellt bzw. ausgewählt hätten. der klägerin gehe es nur um die überprüfung der einhaltung der zur erstellung bzw. auswahl der prüfungsfragen aufgestellten regeln. solange eine solche überprüfung mangels mitwirkung der beklagten- bzw. beigeladenenseite nicht möglich sei, sei von einem fehlerhaften prüfungsverfahren auszugehen. 12nach vorlage des protokolls über die sitzung der kontroll-kommission am 20. mai 2014 sowie der bestellungsurkunden für die an dieser sitzung teilnehmenden sachverständigen trägt die klägerin ergänzend vor, eine ordnungsgemäße bestellung der sachverständigen sei nach wie vor nicht nachgewiesen. zudem hätten unzulässigerweise mitarbeiter des beigeladenen instituts an der sitzung der kontroll-kommission teilgenommen. 13die klägerin beantragt, 14den bescheid der beklagten vom 11. mai 2015 über das endgültige nichtbestehen des zweiten abschnitts der ärztlichen prüfung und deren widerspruchsbescheid vom 11. april 2016 aufzuheben und die beklagte zu verpflichten, sie zu einem weiteren wiederholungsversuch im schriftlichen prüfungsteil des zweiten abschnitts der ärztlichen prüfung zuzulassen. 15der beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17die von der klägerin begehrten auskünfte seien nicht der prüfungsakte zu entnehmen, so dass insoweit auf die ausführungen der beigeladenen verwiesen werde. im übrigen handele es sich bei der erstellung und auswahl der prüfungsfragen um eine interne tätigkeit des beigeladenen instituts. dies sei nicht mit einer prüfertätigkeit vergleichbar. 18der beigeladene beantragt, 19die klage abzuweisen. 20der beigeladene stellt im einzelnen das verfahren zur erstellung und auswahl der prüfungsfragen in einer sog. fragenrevisions- und einer kontroll-kommission dar. in der fragenrevisionskommission arbeite man mit ca. 80 hochschullehrern als sachverständige zusammen. diese würden prüfungsfragen im mc-format bzw. fallstudien mit anschließenden prüfungsfragen einreichen. bei einem einstimmigen positiven votum der sitzungskommission würden diese in den fragenpool des fachbereichs medizin aufgenommen. einsatz in einer prüfung finde eine aufgabe erst dann, wenn die lösung der aufgabe mit verschiedenen lehrbüchern nachvollzogen werden könne. vor einsatz eines examens werde dieses dann noch einer sog. kontroll-kommission vorgelegt. dieses gremium bestehe aktuell aus ca. 40 sachverständigen. die examenserstellung erfolge insgesamt ausschließlich mit berufenen sachverständigen. einen autor bzw. einen verfasser einer prüfungsfrage gebe es nicht, da die prüfungsfragen in gremien bearbeitet, modifiziert und sodann in den fragenpool aufgenommen würden. die bezugsgröße für eine prüfungsfrage sei daher nicht eine konkrete person, sondern es seien immer die beiden vorgenannten gremien. 21wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie auf die von der beklagten beigezogene verwaltungsakte und die von dem beigeladenen vorgelegten unterlagen verwiesen. 22
23die zulässige klage ist nicht begründet. 24der bescheid der beklagten vom 11. mai 2015 über das endgültige nichtbestehen des zweiten abschnitts der ärztlichen prüfung und deren widerspruchsbescheid vom 11. april 2016 sind rechtmäßig und verletzen die klägerin nicht in ihren rechten (vgl. § 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 25die bewertung des 2. wiederholungsversuchs der klägerin im schriftlichen prüfungsteil des zweiten abschnitts der ärztlichen prüfung im april 2015 mit der note „nicht ausreichend“ (5) ist nicht zu beanstanden, so dass auch die feststellung des endgültigen nichtbestehens nach § 21 abs. 2 der approbationsordnung für ärzte (äappro 2002) zu recht erfolgt ist. 26eine materielle fehlerhaftigkeit einzelner fragen aus den zu bearbeitenden multiple choice - fragebögen ist von klägerseite weder vorgetragen noch sonst erkennbar. 27das beim beigeladenen institut für medizinische und pharmazeutische prüfungsfragen durchgeführte verfahren zur erstellung und auswahl der prüfungsfragen für den schriftlichen prüfungsteil ist verfahrensfehlerfrei erfolgt, so dass dahingestellt bleiben kann, ob sich ein prüfungskandidat insoweit überhaupt auf einen etwaigen verfahrensfehler berufen kann. 28nach § 14 abs. 3 satz 2 äappro 2002 sollen sich die nach landesrecht zuständigen stellen bei der festlegung der prüfungsaufgaben nach maßgabe einer vereinbarung der länder einer einrichtung bedienen, die die aufgabe hat, prüfungsaufgaben für prüfungen im rahmen der ärztlichen ausbildung sowie eine übersicht von gegenständen, auf die sich die schriftlichen prüfungen beziehen können, herzustellen. bei der vorgenannten vereinbarung handelt es sich um das abkommen der bundesländer über die errichtung und finanzierung des instituts für medizinische und pharmazeutische prüfungsfragen (impp) vom 14. oktober 1970 (im folgenden: abkommen). 29nach art. 8 abs. 2 des abkommens werden die unter fachlicher verantwortung des instituts ausgewählten oder erstellten prüfungsfragen eines jeden prüfungstermins rechtzeitig vor der jeweiligen prüfung von sachverständigen auf einhaltung der rechtlichen anforderungen hin kontrolliert (kontroll-kommission). zudem bedient sich das institut zur erstellung der prüfungsaufgaben verschiedener sachverständigen-kommissionen. 30die einzelheiten regelt dann wiederum die gemäß art. 6 abs. 1 satz 3 nr. 6 und art. 8 abs. 3 des abkommens erlassene richtlinie für die kommissionen und beiräte beim impp (im folgenden: richtlinie). dort ist in § 6 abs. 1 („einrichtung und aufgaben von kontroll-kommissionen“) geregelt, dass die nach § 5 abs. 3 (von den sachverständigen-kommissionen) verabschiedeten und unter fachlicher verantwortung des impp für einen bestimmten prüfungstermin ausgewählten prüfungsfragen/fallstudien mit den dazugehörigen antwortmöglichkeiten und prüfungsaufgaben zur freien bearbeitung gemäß art. 8 abs. 2 des abkommens rechtzeitig vor dem prüfungstermin von sachverständigen auf einhaltung der rechtlichen anforderungen hin zu kontrollieren sind. 31nach den vorgenannten regelungen - und den erläuterungen der beigeladenenseite zur arbeit der kontroll-kommission in der mündlichen verhandlung - entscheidet letztlich die kontroll-kommission darüber, ob die zuvor durch die sachverständigen-kommissionen erarbeiteten und ausgewählten prüfungsfragen tatsächlich gegenstand eines konkreten prüfungstermins oder ggfs. umformuliert bzw. eliminiert werden. sie trägt die letztverantwortung dafür, dass die aufgaben insbesondere den anforderungen des § 14 abs. 2 äappro 2002 entsprechen, also auf die für den arzt allgemein erforderlichen kenntnisse abgestellt sind und zuverlässige prüfungsergebnisse ermöglichen. damit nimmt die kontroll-kommission aber eine typische prüfertätigkeit wahr. dem steht nicht entgegen, dass die leistungsbewertung bei herkömmlichen schriftlichen prüfungen nach anfertigung der prüfungsarbeit erfolgt und auch ein prüfer die leistungsbewertung vornehmen kann, der die prüfungsaufgabe nicht erarbeitet hat. die besonderheit des antwort-wahl-verfahrens liegt nämlich gerade darin, dass nach abschluss der prüfung nur noch eine rein computergestützte, rechnerische auswertung zur feststellung der zahl der richtigen antworten erfolgt, die keinen raum für eine wertende beurteilung der prüfungsleistung lässt. bei dieser prüfungsart ist die eigentliche prüfertätigkeit vorverlagert; sie besteht in der auswahl des prüfungsstoffes, der ausarbeitung der fragen und der festlegung von antwortmöglichkeiten. prüfer ist hier derjenige, der die antwort-wahl-aufgaben letztverantwortlich festlegt. 32vgl. sächs. ovg, beschluss vom 10. oktober 2002 - 4 bs 328/02 -, nvwz-rr 2003, 853-855, juris rn. 8. 33die vorgenannten ausführungen zur prüfertätigkeit der kontroll-kommission sind nach auffassung der kammer aber nicht auf die sachverständigen-kommissionen zu übertragen. diese erarbeiten und verabschieden zwar im vorfeld der entscheidung der kontroll-kommission die prüfungsfragen. dies erfolgt allerdings unter der fachlichen verantwortung des impp (vgl. art. 8 abs. 2 des abkommens sowie §§ 5 und 6 der richtlinie). zudem verbleibt die letztentscheidung über die zulassung von prüfungsfragen zu einem konkreten prüfungstermin (allein) bei der kontroll-kommission. damit legt aber auch nur die kontroll-kommission - vergleichbar einem prüfer - abschließend den prüfungsstoff fest. demgegenüber übernehmen die sachverständigen-kommissionen für das impp die für die kontroll-kommission letztlich unverbindliche erstellung und auswahl der prüfungsfragen, was nach der klaren regelung zur letztverantwortlichkeit der kontroll-kommission in art. 8 abs. 2 des abkommens noch nicht der eigentlichen prüfertätigkeit zugeordnet werden kann. 34ob vor diesem hintergrund ein prüfungskandidat einen verfahrensrechtlichen anspruch darauf hat, dass das in §§ 6 und 7 der richtlinie geregelte verfahren zur besetzung und tätigkeit der kontroll-kommission eingehalten wird, kann hier dahingestellt bleiben, weil jedenfalls keine anhaltspunkte für eine fehlerhafte entscheidung der kontroll-kommission zu den prüfungsaufgaben für april 2015 vorliegen. 35das beigeladene impp hat in der mündlichen verhandlung insbesondere durch vorlage der bestellungsurkunden (anlagen zur niederschrift) für die „externen teilnehmer“ der sitzung der kontroll-kommission am 20. mai 2014 dargelegt, dass es sich um nach § 7 der richtlinie berufene mitglieder der kontroll-kommission handelte. konkrete anhaltspunkte dafür, dass die auswahl und bestellung dieser personen nicht den anforderungen des § 7 abs. 1 der richtlinie entsprach, also nicht aufgrund eines vorschlags einer der dort genannten institutionen erfolgte, liegen nicht vor. im übrigen dürfte es sich bei der bestellung durch das institut als rechtsfähige anstalt des öffentlichen rechts (vgl. art. 1 abs. 1 des abkommens) um einen verwaltungsakt handeln. da die bestellungen vorliegend sämtlich im jahr 2009 erfolgt sind, steht deren bestandskraft außer zweifel. 36soweit die klägerin geltend macht, die lt. protokoll erfolgte teilnahme von mitarbeitern des impp an der sitzung der kontroll-kommission führe zur fehlerhaftigkeit der entscheidung der kommission, kann dem nicht gefolgt werden. vielmehr ist in § 12 abs. 2 der richtlinie ausdrücklich geregelt, dass an den sitzungen der kommissionen (weitere) mitarbeiter des impp teilnehmen können. dadurch ergibt sich auch nicht zwangsläufig, dass diese mitarbeiter an der (abschließenden), den berufenen mitgliedern der kontroll-kommission vorbehaltenen entscheidung mitwirken. das beigeladene impp hat hierzu nämlich in der mündlichen verhandlung nachvollziehbar ausgeführt, die impp-mitarbeiter würden lediglich zum einen die sitzung der kontroll-kommission protokollieren und stünden zum andern für fragen der kommissionsmitglieder - etwa zur genese einzelner prüfungsfragen - zur verfügung, an der abschließenden auswahl der fragen würden sie aber nicht mitwirken. zweifel an der richtigkeit dieser angaben hat das gericht nicht. 37die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1, 162 abs. 3 vwgo. 38die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 der zivilprozessordnung.
Verklagte*r
0
325,536
2 Ca 1522/18
2019-12-17T00:00:00
Urteil
Tenor 1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 01.01.2017 nach der EG 9 b TVöD-VKA zu vergüten. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 60 % und die Beklagte zu 40 %. 4. Streitwert: 16.555,68 € 12 Ca 1522/18 Verkündet am 17.12.2019 M. Regierungsbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Arbeitsgericht Solingen Im Namen des Volkes Urteil In dem Rechtsstreit 2Kläger 3Prozessbevollmächtigte 4Rechtsanwälte 5gegen 6Beklagte 7Prozessbevollmächtigte 8hat die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Solingen 9auf die mündliche Verhandlung vom 17.12.2019 10durch die Richterin am Arbeitsgericht S. als Vorsitzende 11und den ehrenamtlichen Richter X. 12und die ehrenamtliche Richterin L. 13für Recht erkannt: 14151. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 01.01.2017 nach der EG 9 b TVöD-VKA zu vergüten. 16172. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 18193. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 60 % und die Beklagte zu 40 %. 20214. Streitwert: 16.555,68 € 22Tatbestand: 23Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers als Lebensmittelkontrolleur der beklagten Stadt. 24Der am 18.05.1967 geborene Kläger ist seit dem 26.11.1990 bei der Beklagten beschäftigt. Der Kläger ist Meister im Fleischerhandwerk und zudem ausgebildeter Lebensmittelkontrolleur. Im Jahre 2004 legte er erfolgreich die Prüfung des 1. Angestelltenlehrgangs ab. 25Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages vom 09.01.1992 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestellten-Tarifvertrag BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung. 26Zu Zeiten der Geltung des BAT war der Kläger zuletzt in die Vergütungsgruppe V b BAT eingruppiert. Mit der Überleitung in den TVöD wurde der Kläger in die Entgeltgruppe 9 übergeleitet. 27Mit Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung des TVöD zum 01.01.2017 wurde der Kläger sodann in die Entgeltgruppe E 9 a übergeleitet. Bereits im November 2016 hatte der Kläger eine Höhegruppierung in die Entgeltgruppe E 9 c beantragt. Mit Schreiben vom 27.07.2018 wurde dem Kläger sodann endlich mitgeteilt, dass der Antrag auf Höhergruppierung abgelehnt werde. 28Die Lebensmittelkontrolle ist bei der Beklagten dem Fachbereich Recht und Ordnung zugeordnet. Leiter des Fachbereichs ist Herr Dr. S., Fachvorgesetzte der ehemals 5 bei der Beklagten beschäftigten Lebensmittelkontrolleure ist Frau Dr. C., die mit 50 % ihrer Stelle der Lebensmittelkontrolle, mit den übrigen 50 % dem Veterinäramt zugeordnet ist. Die Aufgaben der Lebensmittelkontrolleure werden innerhalb eines Teams abgearbeitet und vorbehaltlich der Rahmenvorgaben durch die Vorgesetzte innerhalb des Teams selbstständig verteilt. Jeder Lebensmittelkontrolleur ist für einen festen Bezirk zuständig, in welchem sich 200 bis 300 zu überwachende Betriebe befinden. Alle drei Jahren werden diese Bezirke zwischen den Lebensmittelkontrolleuren gewechselt, Änderungen ergeben sich außerdem im Vertretungsfall. Der Einsatz erfolgt im Außen- sowie im Innendienst. Dabei sind die jeweiligen Kontrolleure im Innendienst mit Verwaltungstätigkeiten, Statistiken, Stellungnahmen etc. sowie im Außendienst überwiegend mit der Überwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln, Tabak etc. beschäftigt. Im Außendienst werden Kontrollen der jeweiligen Betriebe und bei Verstößen gegen gesetzliche Vorgaben Maßnahmen eingeleitet, Auflagen erteilt bis hin zur Schließung des gesamten Betriebes. 29Der Kläger behauptet, die Außendiensttätigkeit nehme etwa 70 % in Anspruch. Zum überwiegenden Teil, nämlich mit ca. 85 %, sei er mit der Überwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln, Lebensmittel-Zusatzstoffen, kosmetischen Mitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzes sowie mit Tabakerzeugnissen befasst. Die Überwachung erfolge durch Betriebskontrollen, sensorische Prüfungen der Lebensmittel, physikalische sowie chemische Prüfungen, Entnahme von Proben, Risikobewertungen sowie Entgegennahme von Beschwerde- und Erkrankungsproben. Im Übrigen erfolge die Überwachung bei Verstößen der einzuhaltenden Bestimmungen durch Maßnahmen der Gefahrenabwehr in ganz unterschiedlicher Ausprägung. Diesbezüglich wird auf Blatt 5 der Akte verwiesen. Der Kläger behauptet, etwa 10 % bis 15 % der Außerdiensttätigkeit bestehe aus Beratungstätigkeiten. 30Der Kläger meint, er sei aufgrund seiner überwiegenden Tätigkeiten in die Entgeltgruppe 9 c TVöD-VKA einzugruppieren, zumindest aber in die Entgeltgruppe 9 b. Denn seine Tätigkeit erfordere gründliche und umfassende Fachkenntnisse sowie selbstständige Leistungen und sei des Weiteren auch besonders verantwortungsvoll. Wegen der Einzelheiten wird diesbezüglich auf Blatt 17 der Klageschrift verwiesen. Zusammenfassend trägt der Kläger hierzu vor, dass das Handeln eines Lebensmittelkontrolleurs für große Teile der Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppen zum einen ganz erhebliche gesundheitliche Gefahren zur Folge haben könne. Auf der anderen Seite ein fehlerhaftes Handeln aber auch dazu führen könne, dass die Existenz von Betrieben gefährdet oder gar vernichtet werden. Es sei daher jeweils im Einzelfall bei jedem Betrieb und jeder Anlage eine gewissenhafte und präzise Abwägung zwischen den devergierenden Interessen durchzuführen, worin sich gerade die besondere Verantwortung des Lebensmittelkontrolleurs zeige. Der Kläger hat außerdem im ergänzenden Schriftsatz vom 01.04.2019 behauptet, er müsse seine Fachkenntnisse, um seine Tätigkeit als Lebensmittelkontrolleur überhaupt ordnungsgemäß ausführen zu können, ständig erweitern und aktualisieren. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sich die Anforderungen und Aufgaben der Lebensmittelüberwachung fortlaufend änderten und auch erweiterten. Die globale Rohware – und Zutatenbeschaffung, die freie Verkehrsfähigkeit im Binnenmarkt mit erhöhten Anforderungen an die Kennzeichnung und die Zunahme der industriell geprägten Lebensmittelproduktion und Konzentration von Produktionsstandorten führe dazu, dass er sein Fachwissen ständig erweitern müsse. Um beispielsweise gezielten Lebensmittelbetrug aufdecken zu können, der auch aufgrund zunehmenden Online-Handels wachse, müsse er sein Fachwissen auch im Hinblick auf neue Produktionsmethoden und Technologien stets aktualisieren. Schließlich müsse er bei der Überwachungstätigkeit auch komplexe rechtliche Zusammenhänge erkennen. Dabei übernehme er nicht allein wichtige Gerichtsentscheidungen, sondern verwerte diese durchaus in eigener Gedankenarbeit. Einschlägige Urteile müssten Vorort jeweils nicht nur präsent, sondern auch dem jeweiligen vorgefundenen Sachverhalt angepasst bewertet werden. Er müsse insoweit die Rechtsprechung jeweils verinnerlicht haben und bei beispielsweise devergierenden Urteilen unter Vergleich der Rechtsprechung Vorort entscheiden, welcher Rechtsauffassung er sich anschließe. Darüber hinaus habe er ständig unbestimmte Rechtsbegriffe selbstständig auszulegen und entsprechend anhand hunderter von Verordnungen und sonstigen Vorschriften zu subsumieren. Im Einzelnen wird diesbezüglich auf 122 bis 128 der Akte verwiesen. 31Schließlich betonnt der Kläger im o.g. Schriftsatz noch einmal seine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit. 32Der Kläger hat daher beantragt, 33festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn seit dem 01.01.2017 nach der Entgeltgruppe 9 c TVöD-VKA zu vergüten; 34hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn seit dem 01.01.2017 nach der Entgeltgruppe 9 b TVöD-VKA zu vergüten. 35Die Beklagte hat beantragt, 36 die Klage abzuweisen. 37Die Beklagte hält die Klage bereits für unschlüssig. Sie hat eingeräumt, dass die vom Kläger vorgenommene Tätigkeitsbeschreibung im Wesentlichen zutreffend sei, allerdings bestreitet sie, dass Maßnahmen der „Gefahrenabwehr“ anfallen würden. Die beklagte Stadt ist der Ansicht, bei der von einem Lebensmittelkontrolleur auszuübenden Tätigkeit seien gründliche, umfassende Fachkenntnisse nicht notwendig. Insbesondere bestreitet sie, dass rechtliche Zusammenhänge bzw. Gerichtsurteile in eigener Gedankenarbeit durch den jeweiligen Lebensmittelkontrolleur erfasst bzw. bewertet werden müssen. Im Hinblick auf die – unstreitig vorliegende – Vielzahl der Vorschriften, deren Kenntnisse benötigt und die von den Lebensmittelkontrolleuren jeweils angewendet werden müssen, meint die Beklagte, diese wirkten sich allenfalls auf die Breite der Fachkenntnisse, nicht jedoch auf deren Tiefe aus. Darüber hinaus meint sie, dass ein besonders verantwortungsvolles Vorgehen im Sinne der Entgeltgruppe 9 c auf gar keinen Fall gegeben sei. Schließlich habe das LAG Hamm bereits im Jahre 2004 entschieden, dass die Tatsache, dass es sich bei Lebensmittelkontrollen um Tätigkeiten handelt, die im Bereich der Volksgesundheit angesiedelt sind, für die Annahme einer besonderen Verantwortung nicht ausreiche. Sofern dem Lebensmittelkontrolleur keine über das normale Maß hinausgehende Verantwortung übertragen werde und ihm nicht mehr abverlangt werde, als seine Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig auszuführen, könne nicht von einer besonderen Verantwortung ausgegangen werden. Der Lebensmittelkontrolleur unterscheide sich insoweit nicht von einem Baukontrolleur oder einem Schwimmmeister, der ebenso durchaus in sicherheitsrelevanten Bereichen tätig werde und aufgrund seiner Kenntnisse entsprechende Feststellungen zu treffen und auch Maßnahmen einzuleiten habe. Die Abwägungsvorgänge, die der Kläger jeweils durchzuführen habe, seien bereits diejenigen, die überhaupt zur Eingruppierung in die EG 9 a führten. Schließlich weist die Beklagte darauf hin, dass die Auswirkungen ggfls. fehlerhaften Verhaltens nicht relevant für die jeweiligen Eingruppierung seien können. Der Kläger trage nun mal die Verantwortung für die von ihm getroffenen Entscheidungen, habe aber keine besondere Verantwortung im tarifrechtlichen Sinne auszuüben. Dies sei allenfalls der Fall, wenn er beispielsweise Aufsicht über ein oder mehrere unterstellte Lebensmittelkontrolleure hätte. Eine besondere Verantwortung einer Tätigkeit könne nun mal nur mit den Umständen begründet werden, die nicht schon zur Begründung der Merkmale einer niedrigeren Entgeltgruppe herangezogen worden und damit verbraucht seien. Die Verantwortung für die getroffenen Entscheidungen Vorort trage aber bereits ein Lebensmittelkontrolleur, der in die EG 9 a eingruppiert sei, so dass dadurch keine beträchtliche Heraushebung der verantwortungsvollen Tätigkeit im Rahmen der EG 9 c begründet werden könne. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Erfüllung der eigenen Aufgaben obliege schließlich jedem Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, daraus könne bei Weitem keine besondere Verantwortung im Tarifsinne abgeleitet werden. 38Alle Entscheidungen der Lebensmittelkontrolleure Vorort könnten nachträglich außerdem von der Fachvorgesetzten und anderen Dienstvorgesetzten geändert oder zurückgenommen werden. Hierzu sei es bislang jedoch noch nicht gekommen. Dass die Entscheidungen der Lebensmittelkontrolleure, so auch die des Klägers, bislang kein einziges Mal von der Fach- oder anderen Dienstvorgesetzten geändert oder zurückgenommen worden sind, sondern es sich immer um die in der Sache letzte und somit einzige Entscheidung gehandelt hatte, ist zwischen den Parteien allerdings unstreitig geblieben. 39Schließlich hat die Beklagte die Tätigkeitsbeschreibung für das Team Lebensmittelüberwachung zur Akte gereicht (Bl. 226 – 229 d. Akte). Auf den Inhalt der Tätigkeitsbeschreibung, insbesondere auf die in Prozenten angegebenen Zeitanteile der jeweiligen Tätigkeiten wird Bezug genommen. 40Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird insgesamt auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen. 41Entscheidungsgründe: 42Die Klage zulässig und mit dem Hilfsantrag begründet. 43I. 441. Die Klageanträge sind zulässig, der Kläger kann, da sich die Parteien über die richtige Eingruppierung uneinig sind, seine Rechte mittels der Feststellungsklage geltend machen. (Hamacher, Antragslexikon Arbeitsrecht, Seite 91.) 452. Der Kläger ist zutreffender Weise in die Entgeltgruppe E 9 b TVöD-VKA einzugruppieren. Gemäß § 12 Abs. 2 TVöD-VKA richtet sich die Eingruppierung nach den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppe, die den auszuübenden Tätigkeiten entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht dann den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen einer oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen. In diesem Zusammenhang ist auf die von der Beklagten zur Akte gereichte Tätigkeitsbeschreibung hinzuweisen. Dort findet sich in Zeitanteilen gemessen zunächst ein 45 prozentiger Anteil an „Betriebskontrollen“, ein 15 prozentiger Anteil „Probenahme“, 5 Prozent „sonstige Aufgaben in der Lebensmittelüberwachung“ sowie 15 Prozent „sonstige Aufgaben“, nämlich die Bearbeitung von Lärmbeschwerden mit Lärmpegelmessung bei Gaststätten und Großveranstaltungen. 46In die Entgeltgruppe 9 b sind Beschäftigte einzugruppieren, deren Tätigkeit gründliche und umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird unter selbstständiger Leistung eine Gedankenarbeit verstanden, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich der einzuschlagenden Wege, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert (BAG 10.12.1997, 4 AZR 221/96). Kennzeichnend für selbstständige Leistungen im tariflichen Sinne kann nach der Rechtsprechung des BAG ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses sein (BAG, 14.08.1985, 4 AZR 21/84). Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in der Entgeltgruppe 9 a geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite. Gründliche, umfassende Fachkenntnisse erfordern ein Fachwissen, das sich nicht auf Tatbestände und deren Zusammenhänge beschränkt, sondern als Grundlage für analysierende, zur Entscheidung auch von Zweifelsfällen notwendiger Denkvorgänge dient. Dies ist z.B. der Fall, wenn über die nähere Kenntnis der erforderlichen Bestimmungen hinaus rechtliche Zusammenhänge erkannt oder wichtige gerichtliche Entscheidungen nicht nur übernommen, sondern in eigener Gedankenarbeit verwertet werden müssen, wobei Fachkenntnisse nicht ausschließlich Rechtskenntnisse seien müssen (BAG 05.07.2017, 4 AZR 866/15). 47Entgegen der von der beklagten Stadt geäußerten Ansicht, ist der Kläger (zumindest) in die Entgeltgruppe 9 b des o.g. Tarifvertrages einzugruppieren, weil die Tätigkeit eines Lebensmittelkontrolleurs bei der beklagten Stadt gründliche und umfassende Kenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert. Auch nach Auffassung der Beklagten sind für die Tätigkeit eines Lebensmittelkontrolleurs gründliche und vielseitige Fachkenntnisse von Nöten. Entgegen der Auffassung der Stadt liegt allerdings auch eine Steigerung der Tiefe und Breite nach durch die dem Kläger auch zugewiesenen Aufgaben vor. Gründliche Fachkenntnisse erfordern einen Grad der Vertiefung, der nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften, Tarifbestimmungen usw. eines Aufgabenkreises umfasst, wobei Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichen Ausmaß und nicht nur oberflächlicher verlangt werden (BAG 21.03.2012, 4 AZR 279/10). Zwischen den Parteien ist unstreitig geblieben, dass der Kläger eine nahezu unüberschaubare Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen sowie „Leitsätzen“ und DIN-Normen zu kennen, zu beachten und im Einzelfall anzuwenden hat. 48In diesem Zusammenhang wird auf die Auflistung im Schriftsatz vom 01.04.2019, Seite 11 (Bl. 122 d. Akte) hingewiesen. 49So sind für die effektive Tätigkeit des Klägers Kenntnisse erforderlich auf den Gebieten des Lebensmittelrechts, des Gaststättenrechts, der Gewerbeordnung, des Fleisch- und Geflügelfleischhygienerechts, des Handelsklassen, Preisangaben- und Eichrechts sowie Warenkunde einschließlich der Technologie und des Umgangs mit Lebensmitteln, der Lebensmittel- und Betriebshygiene, der Umwelthygiene einschließlich der Abfallbeseitigung, der Ernährungslehre, einschließlich ihrer biologischen Grundlagen, der Mikrobiologie und Parasitologie, der Desinfektion, der Sterilisation und Schädlingsbekämpfung sowie der betrieblichen Eigenkontrollsysteme etc., etc. Hieran zeigt sich ein ganz erhebliches Spektrum, welches der Kläger nicht nur oberflächlich zu beachten, sondern intensiv zu verinnerlichen hat und insoweit je nach sich ihm bietenden Sachverhalt der gesamten Breite nach gedanklich auf die Situation Vorort bei beispielsweise Betriebskontrollen anzuwenden hat. Der Kläger muss in der jeweiligen Situation in der Lage sein, zweifelsfrei unter Beachtung des Wortlauts eines Gesetzes, einer Verordnung oder Leitlinie etc. die vorliegende Situation rechtmäßig zu beurteilen und ermessensfehlerfreie Entscheidungen zu treffen. Der Kläger benötigt für seine Aufgabe ein Fachwissen, das sich nicht auf Tatbestände und deren Zusammenhänge beschränkt, sondern als Grundlage für analysierende zur Entscheidung auch von Zweifelsfällen notwendiger Denkvorgänge dient. Dies ist insbesondere der Fall, wenn über nähere Kenntnis der erforderlichen Bestimmungen hinaus rechtliche Zusammenhänge erkannt oder wichtige gerichtliche Entscheidungen nicht nur übernommen, sondern in eigener Gedankenarbeit verwertet werden müssen (BAG, 05.07.2017, 4 AZR 486/15). 50Die Arbeitsvorgänge, die der Kläger laut der Tätigkeitsbeschreibung überwiegend auszuführen hat, bestehen aus Betriebskontrollen, Probennahmen und sonstigen Aufgaben in der Lebensmittelüberwachung, hier insbesondere auch in der Beratung von Gewerbetreibenden über lebensmittelrechtliche Vorschriften und die Umsetzung im Betrieb (baulich, konzeptionell) sowie die Beratung von Verbrauchern über lebensmittelrechtliche Vorschriften etc.. Aus der Tätigkeitsbeschreibung ergibt sich des Weiteren, dass der Kläger die Betriebe, in denen Proben entnommen werden, selbstständig und eigenverantwortlich auswählt. Das gleiche gilt für die Auswahl der eigentlichen Betriebskontrollen, die Wahl der Maßnahmen bei Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften sowie das Festlegen der Überwachungsintervalle der zu überwachenden Betriebe. Der Kläger benötigt hierzu ein Fachwissen, welches sich nicht auf Tatbestände und deren Zusammenhänge beschränkt, sondern als Grundlage für analysierende, zur Entscheidung auch von Zweifelsfällen notwendiger Denkvorgänge dient. Genau das macht ein Lebensmittelkontrolleur. 51Der Kläger trifft selbstständig und eigenverantwortlich zahlreiche Entscheidungen, angefangen von der Auswahl der zu überwachenden Betriebe, der Frequenz sowie der inhaltlichen Bearbeitung bis hin zu der noch Vorort zu treffenden Grundsatzentscheidung, wie mit ggfls. festgestellten Verstößen gegen Rechtsvorschriften beispielsweise zum Erhalt der Gesundheit der Kunden, Konsumenten, Anwohner etc. zu verfahren ist. Um an dieser Stelle die Erörterungen aus den mündlichen Verhandlungen aufzugreifen, ist der Kläger Vorort aufgrund eigenständiger Entscheidung nicht nur in der Lage, sondern ausweislich seiner Tätigkeitsbeschreibung auch aufgerufen, unter Berücksichtigung einer außerordentlichen Vielzahl von Rechtsvorschriften Gefährdungslagen richtig und rechtskonform einzuschätzen, entsprechende Auflagen oder Hinweise zu erteilen und schließlich im äußersten Falle unter Eingriff in grundgesetzlich geschützte Positionen ganze Betriebsstätten von jetzt auf gleich zumindest vorläufig stillzulegen, wobei sich dies in einer Bandbreite von Imbissbuden über Kaffeehäuser bis hin zu Großhändlern wie der „Metro“ zieht. Für die Kammer stand daher fest, dass gründliche und umfassende Fachkenntnisse im Sinne der Entgeltgruppe 9 b hierfür vorliegen (müssen). Es war somit dem Hilfsantrag stattzugeben. 523. Hinsichtlich des Hauptantrages, nämlich der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 c, war die Klage hingegen abzuweisen. In diese Entgeltgruppe sind Beschäftigte einzugruppieren, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 9 b heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist. Dabei kommt es darauf an, ob und in welchem Ausmaß der Angestellte für seine auszuübende Tätigkeit die Verantwortung trägt und welche Auswirkungen ggfls. fehlerhaftes Handeln im Aufgabenbereich auf die ideellen oder materiellen Belange des Arbeitsgebers sowie auf die Lebensverhältnisse Dritter hat. Dabei ist Mitverantwortung ausreichend, die Unterstellung eines Beschäftigten steht der herausgehobenen Verantwortung grundsätzlich nicht entgegen (LAG Niedersachen, 08.03.1995, 4 Sa 2370/94). Ohne Zweifel hat ein Lebensmittelkontrolleur eine im allgemeinen Sinne betrachtet enorm verantwortungsvolle Aufgabe. Seine Entscheidungen Vorort ggfls. Betriebe zum Schutze der Allgemeinheit zu schließen, greifen dramatisch in Grundrechte auf Eigentum bzw. den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein. Auf der anderen Seite entscheidet ein Lebensmittelkontrolleur, sollte er fehlerhafter Weise eine Betriebsstätte geöffnet halten, obwohl letztlich durch Schädlingsbefall oder Ähnliches, die Gesundheit der Gäste, Kunden, Anwohner etc. gefährdet ist, über mögliche Gesundheitsbeeinträchtigungen erheblicher Teile der Bevölkerung. „Besonders verantwortungsvoll“ im Tarifsinne ist jedoch nicht bereits dann gegeben, wenn ein fehlerhaftes Verhalten erhebliche Auswirkungen auf Dritte hat oder haben kann. Unstreitig hat der Kläger keine Letztverantwortung für die von ihm vorgenommenen Entscheidungen. Die Vorgesetzte, Frau Dr. C. ist es, die letztlich über die getroffenen Maßnahmen der Lebensmittelkontrolleure „wacht“ und diese ggfls. ändern bzw. rückgängig machen kann. Auch wenn – wie sich in der mündlichen Verhandlung herausgestellt hat – die Vorgesetzte des Klägers von dieser Befugnis bislang noch nicht ein einziges Mal Gebrauch gemacht hat, so ist dies dennoch zu berücksichtigen. Die vom Kläger dargelegte Eigenverantwortlichkeit für die von ihm Vorort zu treffenden Entscheidungen allein führten nicht dazu, dass er eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit im Tarifsinne ausüben würde. Die reine Ausführungsverantwortung für eine Tätigkeit reich nicht aus, um eine gewichtige Heraushebung aus der Normalverantwortung für die ordnungsgemäße Tätigkeitsausübung zu begründen, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat. Unter der tariflichen Anforderung der „Verantwortung“ ist – so ebenfalls zutreffend die Beklagte - die Verpflichtung des Beschäftigten zu verstehen, dafür einstehen zu müssen, dass in dem ihm übertragenden Dienst – oder auch Arbeitsbereich die dort zu erledigenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich vorschriftsmäßig ausgeführt werden. Eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit kann dem gegenüber nur gegeben sein, wenn sich die tariflich geforderte Verantwortung auch auf andere Mitarbeiter oder dritte Personen oder auf technische Zusammenhänge erstreckt. Es müsste sich insoweit die Verantwortung in gewichtiger, beträchtlicher Weise aus derjenigen der EG 9 b herausheben. Letztlich ist unstreitig geblieben, dass die endgültige Entscheidungsbefugnis auch über bereits getroffene Maßnahmen und deren Rückgängigmachung aber bei der Vorgesetzten liegt. 53III. 54Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 92 ZPO anteilig im Verhältnis der Obsiegens bzw. Unterliegens zu verteilen. 55IV. 56Der Streitwert war gemäß § 61 Satz 1 ArbGG im Urteil festzusetzen, wobei von dem 36-fachen der Differenzvergütung zwischen der Entgeltgruppe 9 a und der Entgeltgruppe 9 c, nämlich von 459,88 EUR monatlich ausgegangen wurde. RECHTSMITTELBELEHRUNG 57Gegen dieses Urteil kann von jeder Partei Berufung eingelegt werden. 58Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim 59Landesarbeitsgericht Düsseldorf 60Ludwig-Erhard-Allee 21 6140227 Düsseldorf 62Fax: 0211 7770-2199 63eingegangen sein. 64Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.justiz.de. 65Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung. 66Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen: 67681. Rechtsanwälte, 692. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, 703. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet. 71Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten. 72* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden. 73S.
1. es wird festgestellt, dass die beklagte verpflichtet ist, den kläger seit dem 01.01.2017 nach der eg 9 b tvöd-vka zu vergüten. 2. im übrigen wird die klage abgewiesen. 3. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger zu 60 % und die beklagte zu 40 %. 4. streitwert: 16.555,68 € 12 ca 1522/18 verkündet am 17.12.2019 m. regierungsbeschäftigte als urkundsbeamtin der geschäftsstelle arbeitsgericht solingen im namen des volkes urteil in dem rechtsstreit 2kläger 3prozessbevollmächtigte 4rechtsanwälte 5gegen 6beklagte 7prozessbevollmächtigte 8hat die 2. kammer des arbeitsgerichts solingen 9auf die mündliche verhandlung vom 17.12.2019 10durch die richterin am arbeitsgericht s. als vorsitzende 11und den ehrenamtlichen richter x. 12und die ehrenamtliche richterin l. 13für recht erkannt: 14151. es wird festgestellt, dass die beklagte verpflichtet ist, den kläger seit dem 01.01.2017 nach der eg 9 b tvöd-vka zu vergüten. 16172. im übrigen wird die klage abgewiesen. 18193. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger zu 60 % und die beklagte zu 40 %. 20214. streitwert: 16.555,68 € 22
23die parteien streiten über die zutreffende eingruppierung des klägers als lebensmittelkontrolleur der beklagten stadt. 24der am 18.05.1967 geborene kläger ist seit dem 26.11.1990 bei der beklagten beschäftigt. der kläger ist meister im fleischerhandwerk und zudem ausgebildeter lebensmittelkontrolleur. im jahre 2004 legte er erfolgreich die prüfung des 1. angestelltenlehrgangs ab. 25gemäß § 2 des arbeitsvertrages vom 09.01.1992 bestimmt sich das arbeitsverhältnis nach dem bundes-angestellten-tarifvertrag bat und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden tarifverträgen in der für den bereich der vereinigung der kommunalen arbeitgeberverbände (vka) jeweils geltenden fassung. außerdem finden die für den arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen tarifverträge anwendung. 26zu zeiten der geltung des bat war der kläger zuletzt in die vergütungsgruppe v b bat eingruppiert. mit der überleitung in den tvöd wurde der kläger in die entgeltgruppe 9 übergeleitet. 27mit inkrafttreten der neuen entgeltordnung des tvöd zum 01.01.2017 wurde der kläger sodann in die entgeltgruppe e 9 a übergeleitet. bereits im november 2016 hatte der kläger eine höhegruppierung in die entgeltgruppe e 9 c beantragt. mit schreiben vom 27.07.2018 wurde dem kläger sodann endlich mitgeteilt, dass der antrag auf höhergruppierung abgelehnt werde. 28die lebensmittelkontrolle ist bei der beklagten dem fachbereich recht und ordnung zugeordnet. leiter des fachbereichs ist herr dr. s., fachvorgesetzte der ehemals 5 bei der beklagten beschäftigten lebensmittelkontrolleure ist frau dr. c., die mit 50 % ihrer stelle der lebensmittelkontrolle, mit den übrigen 50 % dem veterinäramt zugeordnet ist. die aufgaben der lebensmittelkontrolleure werden innerhalb eines teams abgearbeitet und vorbehaltlich der rahmenvorgaben durch die vorgesetzte innerhalb des teams selbstständig verteilt. jeder lebensmittelkontrolleur ist für einen festen bezirk zuständig, in welchem sich 200 bis 300 zu überwachende betriebe befinden. alle drei jahren werden diese bezirke zwischen den lebensmittelkontrolleuren gewechselt, änderungen ergeben sich außerdem im vertretungsfall. der einsatz erfolgt im außen- sowie im innendienst. dabei sind die jeweiligen kontrolleure im innendienst mit verwaltungstätigkeiten, statistiken, stellungnahmen etc. sowie im außendienst überwiegend mit der überwachung des verkehrs mit lebensmitteln, tabak etc. beschäftigt. im außendienst werden kontrollen der jeweiligen betriebe und bei verstößen gegen gesetzliche vorgaben maßnahmen eingeleitet, auflagen erteilt bis hin zur schließung des gesamten betriebes. 29der kläger behauptet, die außendiensttätigkeit nehme etwa 70 % in anspruch. zum überwiegenden teil, nämlich mit ca. 85 %, sei er mit der überwachung des verkehrs mit lebensmitteln, lebensmittel-zusatzstoffen, kosmetischen mitteln und bedarfsgegenständen im sinne des lebensmittel- und futtermittelgesetzes sowie mit tabakerzeugnissen befasst. die überwachung erfolge durch betriebskontrollen, sensorische prüfungen der lebensmittel, physikalische sowie chemische prüfungen, entnahme von proben, risikobewertungen sowie entgegennahme von beschwerde- und erkrankungsproben. im übrigen erfolge die überwachung bei verstößen der einzuhaltenden bestimmungen durch maßnahmen der gefahrenabwehr in ganz unterschiedlicher ausprägung. diesbezüglich wird auf blatt 5 der akte verwiesen. der kläger behauptet, etwa 10 % bis 15 % der außerdiensttätigkeit bestehe aus beratungstätigkeiten. 30der kläger meint, er sei aufgrund seiner überwiegenden tätigkeiten in die entgeltgruppe 9 c tvöd-vka einzugruppieren, zumindest aber in die entgeltgruppe 9 b. denn seine tätigkeit erfordere gründliche und umfassende fachkenntnisse sowie selbstständige leistungen und sei des weiteren auch besonders verantwortungsvoll. wegen der einzelheiten wird diesbezüglich auf blatt 17 der klageschrift verwiesen. zusammenfassend trägt der kläger hierzu vor, dass das handeln eines lebensmittelkontrolleurs für große teile der bevölkerung oder bevölkerungsgruppen zum einen ganz erhebliche gesundheitliche gefahren zur folge haben könne. auf der anderen seite ein fehlerhaftes handeln aber auch dazu führen könne, dass die existenz von betrieben gefährdet oder gar vernichtet werden. es sei daher jeweils im einzelfall bei jedem betrieb und jeder anlage eine gewissenhafte und präzise abwägung zwischen den devergierenden interessen durchzuführen, worin sich gerade die besondere verantwortung des lebensmittelkontrolleurs zeige. der kläger hat außerdem im ergänzenden schriftsatz vom 01.04.2019 behauptet, er müsse seine fachkenntnisse, um seine tätigkeit als lebensmittelkontrolleur überhaupt ordnungsgemäß ausführen zu können, ständig erweitern und aktualisieren. dabei sei zu berücksichtigen, dass sich die anforderungen und aufgaben der lebensmittelüberwachung fortlaufend änderten und auch erweiterten. die globale rohware – und zutatenbeschaffung, die freie verkehrsfähigkeit im binnenmarkt mit erhöhten anforderungen an die kennzeichnung und die zunahme der industriell geprägten lebensmittelproduktion und konzentration von produktionsstandorten führe dazu, dass er sein fachwissen ständig erweitern müsse. um beispielsweise gezielten lebensmittelbetrug aufdecken zu können, der auch aufgrund zunehmenden online-handels wachse, müsse er sein fachwissen auch im hinblick auf neue produktionsmethoden und technologien stets aktualisieren. schließlich müsse er bei der überwachungstätigkeit auch komplexe rechtliche zusammenhänge erkennen. dabei übernehme er nicht allein wichtige gerichtsentscheidungen, sondern verwerte diese durchaus in eigener gedankenarbeit. einschlägige urteile müssten vorort jeweils nicht nur präsent, sondern auch dem jeweiligen vorgefundenen sachverhalt angepasst bewertet werden. er müsse insoweit die rechtsprechung jeweils verinnerlicht haben und bei beispielsweise devergierenden urteilen unter vergleich der rechtsprechung vorort entscheiden, welcher rechtsauffassung er sich anschließe. darüber hinaus habe er ständig unbestimmte rechtsbegriffe selbstständig auszulegen und entsprechend anhand hunderter von verordnungen und sonstigen vorschriften zu subsumieren. im einzelnen wird diesbezüglich auf 122 bis 128 der akte verwiesen. 31schließlich betonnt der kläger im o.g. schriftsatz noch einmal seine besonders verantwortungsvolle tätigkeit. 32der kläger hat daher beantragt, 33festzustellen, dass die beklagte verpflichtet ist, ihn seit dem 01.01.2017 nach der entgeltgruppe 9 c tvöd-vka zu vergüten; 34hilfsweise festzustellen, dass die beklagte verpflichtet ist, ihn seit dem 01.01.2017 nach der entgeltgruppe 9 b tvöd-vka zu vergüten. 35die beklagte hat beantragt, 36 die klage abzuweisen. 37die beklagte hält die klage bereits für unschlüssig. sie hat eingeräumt, dass die vom kläger vorgenommene tätigkeitsbeschreibung im wesentlichen zutreffend sei, allerdings bestreitet sie, dass maßnahmen der „gefahrenabwehr“ anfallen würden. die beklagte stadt ist der ansicht, bei der von einem lebensmittelkontrolleur auszuübenden tätigkeit seien gründliche, umfassende fachkenntnisse nicht notwendig. insbesondere bestreitet sie, dass rechtliche zusammenhänge bzw. gerichtsurteile in eigener gedankenarbeit durch den jeweiligen lebensmittelkontrolleur erfasst bzw. bewertet werden müssen. im hinblick auf die – unstreitig vorliegende – vielzahl der vorschriften, deren kenntnisse benötigt und die von den lebensmittelkontrolleuren jeweils angewendet werden müssen, meint die beklagte, diese wirkten sich allenfalls auf die breite der fachkenntnisse, nicht jedoch auf deren tiefe aus. darüber hinaus meint sie, dass ein besonders verantwortungsvolles vorgehen im sinne der entgeltgruppe 9 c auf gar keinen fall gegeben sei. schließlich habe das lag hamm bereits im jahre 2004 entschieden, dass die tatsache, dass es sich bei lebensmittelkontrollen um tätigkeiten handelt, die im bereich der volksgesundheit angesiedelt sind, für die annahme einer besonderen verantwortung nicht ausreiche. sofern dem lebensmittelkontrolleur keine über das normale maß hinausgehende verantwortung übertragen werde und ihm nicht mehr abverlangt werde, als seine aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig auszuführen, könne nicht von einer besonderen verantwortung ausgegangen werden. der lebensmittelkontrolleur unterscheide sich insoweit nicht von einem baukontrolleur oder einem schwimmmeister, der ebenso durchaus in sicherheitsrelevanten bereichen tätig werde und aufgrund seiner kenntnisse entsprechende feststellungen zu treffen und auch maßnahmen einzuleiten habe. die abwägungsvorgänge, die der kläger jeweils durchzuführen habe, seien bereits diejenigen, die überhaupt zur eingruppierung in die eg 9 a führten. schließlich weist die beklagte darauf hin, dass die auswirkungen ggfls. fehlerhaften verhaltens nicht relevant für die jeweiligen eingruppierung seien können. der kläger trage nun mal die verantwortung für die von ihm getroffenen entscheidungen, habe aber keine besondere verantwortung im tarifrechtlichen sinne auszuüben. dies sei allenfalls der fall, wenn er beispielsweise aufsicht über ein oder mehrere unterstellte lebensmittelkontrolleure hätte. eine besondere verantwortung einer tätigkeit könne nun mal nur mit den umständen begründet werden, die nicht schon zur begründung der merkmale einer niedrigeren entgeltgruppe herangezogen worden und damit verbraucht seien. die verantwortung für die getroffenen entscheidungen vorort trage aber bereits ein lebensmittelkontrolleur, der in die eg 9 a eingruppiert sei, so dass dadurch keine beträchtliche heraushebung der verantwortungsvollen tätigkeit im rahmen der eg 9 c begründet werden könne. die verantwortung für die ordnungsgemäße erfüllung der eigenen aufgaben obliege schließlich jedem mitarbeiter im öffentlichen dienst, daraus könne bei weitem keine besondere verantwortung im tarifsinne abgeleitet werden. 38alle entscheidungen der lebensmittelkontrolleure vorort könnten nachträglich außerdem von der fachvorgesetzten und anderen dienstvorgesetzten geändert oder zurückgenommen werden. hierzu sei es bislang jedoch noch nicht gekommen. dass die entscheidungen der lebensmittelkontrolleure, so auch die des klägers, bislang kein einziges mal von der fach- oder anderen dienstvorgesetzten geändert oder zurückgenommen worden sind, sondern es sich immer um die in der sache letzte und somit einzige entscheidung gehandelt hatte, ist zwischen den parteien allerdings unstreitig geblieben. 39schließlich hat die beklagte die tätigkeitsbeschreibung für das team lebensmittelüberwachung zur akte gereicht (bl. 226 – 229 d. akte). auf den inhalt der tätigkeitsbeschreibung, insbesondere auf die in prozenten angegebenen zeitanteile der jeweiligen tätigkeiten wird bezug genommen. 40wegen des weiteren sach- und streitstandes wird insgesamt auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen sowie auf die sitzungsniederschriften bezug genommen. 41
42die klage zulässig und mit dem hilfsantrag begründet. 43i. 441. die klageanträge sind zulässig, der kläger kann, da sich die parteien über die richtige eingruppierung uneinig sind, seine rechte mittels der feststellungsklage geltend machen. (hamacher, antragslexikon arbeitsrecht, seite 91.) 452. der kläger ist zutreffender weise in die entgeltgruppe e 9 b tvöd-vka einzugruppieren. gemäß § 12 abs. 2 tvöd-vka richtet sich die eingruppierung nach den tätigkeitsmerkmalen der entgeltgruppe, die den auszuübenden tätigkeiten entspricht. die gesamte auszuübende tätigkeit entspricht dann den tätigkeitsmerkmalen einer entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur hälfte arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die anforderungen einer oder mehrerer tätigkeitsmerkmale dieser entgeltgruppe erfüllen. kann die erfüllung einer anforderung in der regel erst bei der betrachtung mehrerer arbeitsvorgänge festgestellt werden sind diese arbeitsvorgänge für die feststellung, ob diese anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen. in diesem zusammenhang ist auf die von der beklagten zur akte gereichte tätigkeitsbeschreibung hinzuweisen. dort findet sich in zeitanteilen gemessen zunächst ein 45 prozentiger anteil an „betriebskontrollen“, ein 15 prozentiger anteil „probenahme“, 5 prozent „sonstige aufgaben in der lebensmittelüberwachung“ sowie 15 prozent „sonstige aufgaben“, nämlich die bearbeitung von lärmbeschwerden mit lärmpegelmessung bei gaststätten und großveranstaltungen. 46in die entgeltgruppe 9 b sind beschäftigte einzugruppieren, deren tätigkeit gründliche und umfassende fachkenntnisse und selbstständige leistungen erfordert. nach der rechtsprechung des bundesarbeitsgerichts wird unter selbstständiger leistung eine gedankenarbeit verstanden, die im rahmen der für die vergütungsgruppe vorausgesetzten fachkenntnisse hinsichtlich der einzuschlagenden wege, insbesondere hinsichtlich des zu findenden ergebnisses eine eigene beurteilung und eine eigene entschließung erfordert (bag 10.12.1997, 4 azr 221/96). kennzeichnend für selbstständige leistungen im tariflichen sinne kann nach der rechtsprechung des bag ein wie auch immer gearteter ermessens-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsspielraum bei der erarbeitung eines arbeitsergebnisses sein (bag, 14.08.1985, 4 azr 21/84). gründliche, umfassende fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in der entgeltgruppe 9 a geforderten gründlichen und vielseitigen fachkenntnissen eine steigerung der tiefe und der breite. gründliche, umfassende fachkenntnisse erfordern ein fachwissen, das sich nicht auf tatbestände und deren zusammenhänge beschränkt, sondern als grundlage für analysierende, zur entscheidung auch von zweifelsfällen notwendiger denkvorgänge dient. dies ist z.b. der fall, wenn über die nähere kenntnis der erforderlichen bestimmungen hinaus rechtliche zusammenhänge erkannt oder wichtige gerichtliche entscheidungen nicht nur übernommen, sondern in eigener gedankenarbeit verwertet werden müssen, wobei fachkenntnisse nicht ausschließlich rechtskenntnisse seien müssen (bag 05.07.2017, 4 azr 866/15). 47entgegen der von der beklagten stadt geäußerten ansicht, ist der kläger (zumindest) in die entgeltgruppe 9 b des o.g. tarifvertrages einzugruppieren, weil die tätigkeit eines lebensmittelkontrolleurs bei der beklagten stadt gründliche und umfassende kenntnisse und selbstständige leistungen erfordert. auch nach auffassung der beklagten sind für die tätigkeit eines lebensmittelkontrolleurs gründliche und vielseitige fachkenntnisse von nöten. entgegen der auffassung der stadt liegt allerdings auch eine steigerung der tiefe und breite nach durch die dem kläger auch zugewiesenen aufgaben vor. gründliche fachkenntnisse erfordern einen grad der vertiefung, der nähere kenntnisse von gesetzen, verwaltungsvorschriften, tarifbestimmungen usw. eines aufgabenkreises umfasst, wobei fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichen ausmaß und nicht nur oberflächlicher verlangt werden (bag 21.03.2012, 4 azr 279/10). zwischen den parteien ist unstreitig geblieben, dass der kläger eine nahezu unüberschaubare vielzahl von gesetzen, verordnungen sowie „leitsätzen“ und din-normen zu kennen, zu beachten und im einzelfall anzuwenden hat. 48in diesem zusammenhang wird auf die auflistung im schriftsatz vom 01.04.2019, seite 11 (bl. 122 d. akte) hingewiesen. 49so sind für die effektive tätigkeit des klägers kenntnisse erforderlich auf den gebieten des lebensmittelrechts, des gaststättenrechts, der gewerbeordnung, des fleisch- und geflügelfleischhygienerechts, des handelsklassen, preisangaben- und eichrechts sowie warenkunde einschließlich der technologie und des umgangs mit lebensmitteln, der lebensmittel- und betriebshygiene, der umwelthygiene einschließlich der abfallbeseitigung, der ernährungslehre, einschließlich ihrer biologischen grundlagen, der mikrobiologie und parasitologie, der desinfektion, der sterilisation und schädlingsbekämpfung sowie der betrieblichen eigenkontrollsysteme etc., etc. hieran zeigt sich ein ganz erhebliches spektrum, welches der kläger nicht nur oberflächlich zu beachten, sondern intensiv zu verinnerlichen hat und insoweit je nach sich ihm bietenden sachverhalt der gesamten breite nach gedanklich auf die situation vorort bei beispielsweise betriebskontrollen anzuwenden hat. der kläger muss in der jeweiligen situation in der lage sein, zweifelsfrei unter beachtung des wortlauts eines gesetzes, einer verordnung oder leitlinie etc. die vorliegende situation rechtmäßig zu beurteilen und ermessensfehlerfreie entscheidungen zu treffen. der kläger benötigt für seine aufgabe ein fachwissen, das sich nicht auf tatbestände und deren zusammenhänge beschränkt, sondern als grundlage für analysierende zur entscheidung auch von zweifelsfällen notwendiger denkvorgänge dient. dies ist insbesondere der fall, wenn über nähere kenntnis der erforderlichen bestimmungen hinaus rechtliche zusammenhänge erkannt oder wichtige gerichtliche entscheidungen nicht nur übernommen, sondern in eigener gedankenarbeit verwertet werden müssen (bag, 05.07.2017, 4 azr 486/15). 50die arbeitsvorgänge, die der kläger laut der tätigkeitsbeschreibung überwiegend auszuführen hat, bestehen aus betriebskontrollen, probennahmen und sonstigen aufgaben in der lebensmittelüberwachung, hier insbesondere auch in der beratung von gewerbetreibenden über lebensmittelrechtliche vorschriften und die umsetzung im betrieb (baulich, konzeptionell) sowie die beratung von verbrauchern über lebensmittelrechtliche vorschriften etc.. aus der tätigkeitsbeschreibung ergibt sich des weiteren, dass der kläger die betriebe, in denen proben entnommen werden, selbstständig und eigenverantwortlich auswählt. das gleiche gilt für die auswahl der eigentlichen betriebskontrollen, die wahl der maßnahmen bei verstößen gegen lebensmittelrechtliche vorschriften sowie das festlegen der überwachungsintervalle der zu überwachenden betriebe. der kläger benötigt hierzu ein fachwissen, welches sich nicht auf tatbestände und deren zusammenhänge beschränkt, sondern als grundlage für analysierende, zur entscheidung auch von zweifelsfällen notwendiger denkvorgänge dient. genau das macht ein lebensmittelkontrolleur. 51der kläger trifft selbstständig und eigenverantwortlich zahlreiche entscheidungen, angefangen von der auswahl der zu überwachenden betriebe, der frequenz sowie der inhaltlichen bearbeitung bis hin zu der noch vorort zu treffenden grundsatzentscheidung, wie mit ggfls. festgestellten verstößen gegen rechtsvorschriften beispielsweise zum erhalt der gesundheit der kunden, konsumenten, anwohner etc. zu verfahren ist. um an dieser stelle die erörterungen aus den mündlichen verhandlungen aufzugreifen, ist der kläger vorort aufgrund eigenständiger entscheidung nicht nur in der lage, sondern ausweislich seiner tätigkeitsbeschreibung auch aufgerufen, unter berücksichtigung einer außerordentlichen vielzahl von rechtsvorschriften gefährdungslagen richtig und rechtskonform einzuschätzen, entsprechende auflagen oder hinweise zu erteilen und schließlich im äußersten falle unter eingriff in grundgesetzlich geschützte positionen ganze betriebsstätten von jetzt auf gleich zumindest vorläufig stillzulegen, wobei sich dies in einer bandbreite von imbissbuden über kaffeehäuser bis hin zu großhändlern wie der „metro“ zieht. für die kammer stand daher fest, dass gründliche und umfassende fachkenntnisse im sinne der entgeltgruppe 9 b hierfür vorliegen (müssen). es war somit dem hilfsantrag stattzugeben. 523. hinsichtlich des hauptantrages, nämlich der eingruppierung in die entgeltgruppe 9 c, war die klage hingegen abzuweisen. in diese entgeltgruppe sind beschäftigte einzugruppieren, deren tätigkeit sich dadurch aus der entgeltgruppe 9 b heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist. dabei kommt es darauf an, ob und in welchem ausmaß der angestellte für seine auszuübende tätigkeit die verantwortung trägt und welche auswirkungen ggfls. fehlerhaftes handeln im aufgabenbereich auf die ideellen oder materiellen belange des arbeitsgebers sowie auf die lebensverhältnisse dritter hat. dabei ist mitverantwortung ausreichend, die unterstellung eines beschäftigten steht der herausgehobenen verantwortung grundsätzlich nicht entgegen (lag niedersachen, 08.03.1995, 4 sa 2370/94). ohne zweifel hat ein lebensmittelkontrolleur eine im allgemeinen sinne betrachtet enorm verantwortungsvolle aufgabe. seine entscheidungen vorort ggfls. betriebe zum schutze der allgemeinheit zu schließen, greifen dramatisch in grundrechte auf eigentum bzw. den eingerichteten und ausgeübten gewerbebetrieb ein. auf der anderen seite entscheidet ein lebensmittelkontrolleur, sollte er fehlerhafter weise eine betriebsstätte geöffnet halten, obwohl letztlich durch schädlingsbefall oder ähnliches, die gesundheit der gäste, kunden, anwohner etc. gefährdet ist, über mögliche gesundheitsbeeinträchtigungen erheblicher teile der bevölkerung. „besonders verantwortungsvoll“ im tarifsinne ist jedoch nicht bereits dann gegeben, wenn ein fehlerhaftes verhalten erhebliche auswirkungen auf dritte hat oder haben kann. unstreitig hat der kläger keine letztverantwortung für die von ihm vorgenommenen entscheidungen. die vorgesetzte, frau dr. c. ist es, die letztlich über die getroffenen maßnahmen der lebensmittelkontrolleure „wacht“ und diese ggfls. ändern bzw. rückgängig machen kann. auch wenn – wie sich in der mündlichen verhandlung herausgestellt hat – die vorgesetzte des klägers von dieser befugnis bislang noch nicht ein einziges mal gebrauch gemacht hat, so ist dies dennoch zu berücksichtigen. die vom kläger dargelegte eigenverantwortlichkeit für die von ihm vorort zu treffenden entscheidungen allein führten nicht dazu, dass er eine besonders verantwortungsvolle tätigkeit im tarifsinne ausüben würde. die reine ausführungsverantwortung für eine tätigkeit reich nicht aus, um eine gewichtige heraushebung aus der normalverantwortung für die ordnungsgemäße tätigkeitsausübung zu begründen, worauf die beklagte zu recht hingewiesen hat. unter der tariflichen anforderung der „verantwortung“ ist – so ebenfalls zutreffend die beklagte - die verpflichtung des beschäftigten zu verstehen, dafür einstehen zu müssen, dass in dem ihm übertragenden dienst – oder auch arbeitsbereich die dort zu erledigenden aufgaben sachgerecht, pünktlich vorschriftsmäßig ausgeführt werden. eine besonders verantwortungsvolle tätigkeit kann dem gegenüber nur gegeben sein, wenn sich die tariflich geforderte verantwortung auch auf andere mitarbeiter oder dritte personen oder auf technische zusammenhänge erstreckt. es müsste sich insoweit die verantwortung in gewichtiger, beträchtlicher weise aus derjenigen der eg 9 b herausheben. letztlich ist unstreitig geblieben, dass die endgültige entscheidungsbefugnis auch über bereits getroffene maßnahmen und deren rückgängigmachung aber bei der vorgesetzten liegt. 53iii. 54die kosten des rechtsstreits waren gemäß § 46 abs. 2 arbgg i.v.m. § 92 zpo anteilig im verhältnis der obsiegens bzw. unterliegens zu verteilen. 55iv. 56der streitwert war gemäß § 61 satz 1 arbgg im urteil festzusetzen, wobei von dem 36-fachen der differenzvergütung zwischen der entgeltgruppe 9 a und der entgeltgruppe 9 c, nämlich von 459,88 eur monatlich ausgegangen wurde. rechtsmittelbelehrung 57gegen dieses urteil kann von jeder partei berufung eingelegt werden. 58die berufung muss innerhalb einer notfrist* von einem monat schriftlich oder in elektronischer form beim 59landesarbeitsgericht düsseldorf 60ludwig-erhard-allee 21 6140227 düsseldorf 62fax: 0211 7770-2199 63eingegangen sein. 64die elektronische form wird durch ein elektronisches dokument gewahrt. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 46c arbgg nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (ervv) v. 24. november 2017 in der jeweils geltenden fassung eingereicht werden. nähere hinweise zum elektronischen rechtsverkehr finden sie auf der internetseite www.justiz.de. 65die notfrist beginnt mit der zustellung des in vollständiger form abgefassten urteils, spätestens mit ablauf von fünf monaten nach dessen verkündung. 66die berufungsschrift muss von einem bevollmächtigten unterzeichnet sein. als bevollmächtigte sind nur zugelassen: 67681. rechtsanwälte, 692. gewerkschaften und vereinigungen von arbeitgebern sowie zusammenschlüsse solcher verbände für ihre mitglieder oder für andere verbände oder zusammenschlüsse mit vergleichbarer ausrichtung und deren mitglieder, 703. juristische personen, deren anteile sämtlich im wirtschaftlichen eigentum einer der in nr. 2 bezeichneten organisationen stehen, wenn die juristische person ausschließlich die rechtsberatung und prozessvertretung dieser organisation und ihrer mitglieder oder anderer verbände oder zusammenschlüsse mit vergleichbarer ausrichtung und deren mitglieder entsprechend deren satzung durchführt, und wenn die organisation für die tätigkeit der bevollmächtigten haftet. 71eine partei, die als bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten. 72* eine notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden. 73s.
Klaeger*in
1
179,258
2 K 1541/11
2014-05-09T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Ordnungsverfügung bezüglich der Haltung von Farmnerzen. 3Der Kläger betreibt in S. , X. 7, eine Pelztierfarm mit ca. 1000 Nerzen zzgl. Jungtieren (Stand 2011). Mit Bescheid vom 30.05.2005 wurde dem Kläger gem. § 11 Abs. 1 Nr. 3 des Tierschutzgesetzes - TierSchG - die Erlaubnis erteilt, Nerze zu halten und zu züchten. Die Erlaubnis ist mit Nebenbestimmungen verbunden und mit einem Auflagen- und Widerrufsvorbehalt versehen. 4Mit Schreiben vom 07.04.2011 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass zum 11.12.2011 die nächste Übergangsfrist nach der Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung für Pelztiere ablaufe und ab diesem Zeitpunkt für jedes ausgewachsene Tier und für jedes Jungtier nach dem Absetzen eine Grundfläche von mindestens 1 qm, mindestens jedoch eine Gesamtgrundfläche von 3 qm pro Käfig zur Verfügung stehen müsse. Gleichzeitig bat der Beklagte den Kläger bis zum 20.04.2011 mitzuteilen, wie er die Anforderungen in seinem Betrieb bis zum 11.12.2011 umsetzen und ob er den Betrieb zum 12.12.2011 einstellen wolle. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers teilten daraufhin dem Beklagten durch Schreiben vom 18.05.2011 mit, dass der Kläger die ab dem 12.12.2011 geltenden Anforderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung nicht für verfassungskonform halte und darum bitte, vor Klärung der Rechtslage von ordnungsbehördlichen Maßnahmen abzusehen. 5Mit Ordnungsverfügung vom 10.06.2011 ordnete der Beklagte an, dass die Haltungseinrichtungen der Nerzhaltung des Klägers im Falle einer Fortführung der Nerzhaltung über den 11.12.2011 hinaus den Anforderungen der Absätze 2 bis 9 des § 33 der Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung zu entsprechen hätten. Dazu sei die Haltungseinrichtung für Nerze so zu erweitern, dass diese zusätzlich zu den Innenflächen eines Nestkastens für jedes ausgewachsene Tier und für jedes Jungtier nach dem Absetzen eine Grundfläche von mindestens 1 qm, mindestens jedoch eine Grundfläche von 3 qm aufweisen. Für den Fall, dass der Kläger dieser Anordnung bis zum 11.12.2011 nicht nachkomme und ab dem 12.12.2011 weiterhin Nerze in der bestehenden Haltungseinrichtung halte, drohte der Beklagte dem Kläger ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- € an. 6Zur Begründung führte er aus, der Kläger erfülle zwar aktuell die Anforderungen an das Halten von Pelztieren, die in Abschnitt 6 der Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung festgelegt seien. Durch die 3. Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung vom 30.11.2006 seien die Anforderungen an die Pelztierhaltung erheblich angehoben worden. Für bestehende Betriebe seien mehrere Übergangsfristen in die Verordnung aufgenommen worden. Ab dem 12.12.2011 gälten danach auch für den Betrieb des Klägers die in der Ordnungsverfügung beschriebenen Anforderungen. Da der Kläger nicht bereit sei, die Haltung seiner Pelztiere entsprechend den aktuell geltenden Zeitvorgaben zu ändern, sei aus Gründen des vorbeugenden Tierschutzes die Anordnung zu treffen gewesen. Ohne diese Anordnung werde ab dem 12.12.2011 ein rechtswidriger Zustand in der Haltung der Pelztiere bestehen. 7Gegen diese Ordnungsverfügung hat der Kläger am 07.07.2011 Klage erhoben. 8Zur Begründung der Klage bringt der Kläger im Wesentlichen vor, dass er durch den Betrieb seiner Nerzfarm weder aktuell gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen verstoße noch ein solcher Verstoß in absehbarer Zeit erkennbar sei. Soweit sich der Beklagte diesbezüglich auf die geänderten Regelungen der Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung stütze, seien diese mit der Verordnungsermächtigung des Tierschutzgesetzes nicht vereinbar. Darüber hinaus verstießen die Bestimmungen gegen das Grundgesetz sowie gegen Vorschriften des Europäischen Gemeinschaftsrechts. 9Die Ermächtigung des § 2 a des Tierschutzgesetzes ermögliche dem Verordnungsgeber die Einzelheiten der Intensivtierhaltung zu regeln, nicht jedoch deren grundsätzliche Zulässigkeit in Frage zu stellen. Die Ermächtigung reiche nur so weit, wie dies zum Schutz der Tiere erforderlich sei. Ihre Grenze finde das Ausmaß der Verordnungsermächtigung damit im verfassungsrechtlichen Übermaßverbot. Der Verordnungsgeber habe durch den Inhalt der streitgegenständlichen Verordnungsregelungen seine Ermächtigung überschritten. Auch wenn eine zulässige Haltung von Nerzen theoretisch noch möglich sei, führe das Tierschutzrecht in diesem Fall faktisch zu einem Haltungsverbot. Die verordnete Form der Tierhaltung sei bei Beachtung der neuen Regelungen nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Dies gelte sowohl in Hinsicht auf die Vergrößerung der Gehegegrundflächen als auch erst recht hinsichtlich der später vorgesehenen Ausstattung der Haltungseinrichtung mit einem Schwimmbecken. Die insgesamt zu erwartenden Kostensteigerungen würden eine kostendeckende Vermarktung der erzeugten Pelze nicht mehr möglich machen. Der Verordnungsgeber habe das Ausmaß der ihm erteilten Ermächtigung bereits deshalb überschritten, weil sämtliche der fraglichen Regelungen aufgrund ihrer Ungeeignetheit nicht als erforderlich anzusehen seien. Darüber hinaus seien sie schon deshalb nicht erforderlich, weil sie unverhältnismäßig seien. Ein so erreichtes Verbot der Tierhaltung könne nicht im Verordnungswege ergehen. Es sei dem Gesetzgeber vorbehalten. Die in Frage kommenden Regelungen verstießen somit gegen den Gesetzesvorbehalt. Darüber hinaus habe der Verordnungsgeber sein Verordnungsermessen insgesamt nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Es sei weder der Sachverhalt vollständig ermittelt noch alle danach zu berücksichtigenden Belange umfassend abgewogen worden. Die Annahmen des Verordnungsgebers über die Grundbedürfnisse von Farmnerzen beruhten auf offenkundig unzutreffenden Annahmen. 10Zugleich liege aus den genannten Gründen ein unzulässiger Eingriff in den Schutzbereich mehrerer Grundrechte des Klägers vor. Betroffen sei zunächst das Grundrecht der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelungen machten eine wirtschaftlich sinnvolle Ausübung des Berufes des Nerzzüchters künftig unmöglich und stellten somit eine objektive Berufswahlregelung dar. Betroffen sei außerdem die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Befugnis, Nerze zur gewerbsmäßigen Pelzgewinnung zu halten, sei Bestandteil des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Zudem beträfen die Regelungen das Grundrecht des Klägers aus Art. 3 Abs. 1 GG, weil er als inländischer Nerzhalter gegenüber Nerzhaltern im EU-Ausland benachteiligt werde. Die Verordnung bewirke mithin eine Inländerdiskriminierung, die in der Regel gegen den Gleichheitssatz verstoße. Vorsorglich sei darauf hinzuweisen, dass die getroffenen Regelungen auch gegen das Europäische Gemeinschaftsrecht verstoßen dürften. Die durch sie bewirkte Verschärfung der Haltungsanforderungen sei zum einen als unzulässige Einfuhrbeschränkung für lebende Nerze und zum anderen auch als unzulässige Ausfuhrbeschränkung für Nerzpelze zu werten. 11Der Kläger beantragt, 12die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 10.06.2011 aufzuheben. 13Der Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Er trägt vor, durch die Ordnungsverfügung des Beklagten solle sichergestellt werden, dass die Haltungsbedingungen in der Nerzfarm des Klägers den Anforderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung entsprächen. Der Kläger erfülle in seiner Nerzfarm die geltenden Voraussetzungen der Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung nicht. Die Verordnung stehe mit höherrangigem Recht in Einklang, sie sei sowohl formell als auch materiell gesetzeskonform. 16Die Verordnung sei inhaltlich von der Verordnungsermächtigung des § 2 a Abs. 1 TierSchG gedeckt. Danach sei der Verordnungsgeber berechtigt, die Anforderungen an die Haltung von Tieren näher zu bestimmen. Die Verordnung enthalte insbesondere kein faktisches Verbot der Nerzhaltung, sondern setze die grundsätzliche Zulässigkeit der Käfighaltung von Nerzen voraus. Unter dieser Voraussetzung habe der Verordnungsgeber lediglich die Haltungsbedingungen näher ausgestaltet. Gemessen an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Hennenhaltungsverordnung entspreche die dritte Änderungsverordnung zur Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung in Zweck und Ausmaß der durch den Gesetzgeber erteilten Ermächtigung. Der Verordnungsgeber sei sich der faktischen Wirkungen seiner Regelungen durchaus bewusst gewesen, habe diese allerdings nicht als Mittel eingesetzt, um eine Nerztierhaltung in Deutschland zu unterbinden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Pelztierhalter offenbar die Übergangsfrist von über 5 Jahren nicht genutzt hätten. Die Regelungen seien auch erforderlich gewesen, weil es darum gegangen sei, die offensichtlich tierschutzwidrige Art der Haltung von Nerzen in Nerzfarmen in Deutschland zu unterbinden. Die Notwendigkeit der angeordneten Maßnahmen werde durch neuere und neueste Untersuchungen bestätigt. Dabei genüge es, die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse auszuwerten und der Entscheidung zugrunde zu legen. Dies habe der Verordnungsgeber getan. Auch aus den vom Kläger dargestellten Umständen ergebe sich kein Ermittlungsdefizit. 17Auch die Auffassung des Klägers, die dritte Änderungsverordnung zur Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung verstoße gegen Grundrechte, sei unrichtig. Die dort normierten Haltungsbedingungen beträfen nicht das „Ob“ der Berufsausübung sondern das „Wie“ der beruflichen Betätigung. Als Berufsausübungsregelung seien die Vorschriften verhältnismäßig, d. h. geeignet, erforderlich und angemessen. Zu berücksichtigen sei dabei, dass der Tierschutz wegen seiner verfassungsrechtlichen Verankerung in Art. 20 a GG ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut darstelle. Die Interessen der Züchter seien so weit wie möglich berücksichtigt worden, insbesondere durch langjährige, gestaffelte Übergangsregelungen. Diese ermöglichten es, sich auf die neuen Haltungsbedingungen einzustellen und den Betrieb unter Berücksichtigung dieser Bedingungen weiterzuführen. Eine unzulässige Inländerdiskriminierung und damit ein Verstoß gegen Art. 3 GG liege nicht vor. Die Haltungsanforderungen müsse jeder Betreiber einer Nerzfarm in der Bundesrepublik Deutschland beachten. Ein Verstoß gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht liege schon deshalb nicht vor, weil weder die Einfuhr lebender Nerze in die Bundesrepublik Deutschland noch die Ausfuhr von Nerzpelzen aus der Bundesrepublik Deutschland behindert sei. 18Auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten übereinstimmend verzichtet. Ebenso haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter erklärt. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere auf die Klagebegründung mit Schriftsatz vom 25.08.2011 sowie auf die Klageerwiderung mit Schriftsatz vom 11.01.2012, sowie auf den Inhalt der vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge. 20Entscheidungsgründe: 21Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 22Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 10.06.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). 23Die angefochtene Ordnungsverfügung findet in § 16a Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 1 des Tierschutzgesetzes - TierSchG - ihre Rechtsgrundlage. Gem. § 16a Satz 1 TierSchG trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere gem. § 16a Satz 2 Nr. 1 TierSchG im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erforderlichen Maßnahmen anordnen. Konkretisiert werden die allgemeinen Haltungsanforderungen nach § 2 TierSchG durch die Vorgaben der Verordnung zum Schutze landwirtschaftlicher Nutztiere und andere zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung (Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung - TierSchNutztV -). 24Gem. § 33 Abs. 1 TierSchNutztV dürfen Pelztiere nur in Haltungseinrichtungen gehalten werden, die den Anforderungen der Absätze 2 bis 9 entsprechen. Gem. § 33 Abs. 5 müssen die Haltungseinrichtungen zusätzlich zu den Innenflächen eines Nestkastens für jedes ausgewachsene Tier und jedes Jungtier nach dem Absetzen eine Grundfläche von mindestens 1 m², mindestens jedoch eine Grundfläche von 3 m² aufweisen (Abs. 5 Nr. 1). Gem. § 38 Abs. 18 TierSchNutztV dürfen Pelztiere abweichend von diesen Vorschriften nur noch bis zum 11.12.2011 gehalten werden. Diesen Vorgaben genügen die von dem Kläger verwendeten Haltungseinrichtungen unstreitig nicht. 25Nach Auffassung des Gerichts steht § 33 Abs. 5 Nr. 1 TierSchNutztV mit höher rangingem Recht in Einklang. Die Vorschrift hält sich im Rahmen der gesetzlichen Verordnungsermächtigung, ist formell und materiell verfassungsgemäß und verstößt auch nicht gegen europäisches Recht. 26Die Vorschrift beruht auf der Verordnungsermächtigung in § 2a Abs. 1 Nrn. 1 und 2 TierSchG. Diese Vorschrift ermächtigt das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, die Anforderungen an die Haltung von Tieren nach § 2 TierSchG näher zu bestimmen und dabei insbesondere Vorschriften über Anforderungen hinsichtlich der Bewegungsmöglichkeit oder der Gemeinschaftsbedürfnisse der Tiere sowie u.a. an Räume, Käfige, andere Behältnisse und sonstige Einrichtungen zur Unterbringung von Tieren zu erlassen. Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Verordnungsermächtigung, die eine hinreichende Bestimmung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung enthält, bestehen nicht. 27Vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 06.07.1999 - 2 BvF 3/90 -, in: juris. 28Die Vorschrift des § 33 Abs. 5 Nr. 1 TierSchNutztV konkretisiert die allgemeinen Haltungsanforderungen. Insbesondere enthält sie keine Entscheidung über das „Ob“ der gewerblichen Käfighaltung von Nerzen. Vielmehr setzt sie die grundsätzliche Zulässigkeit dieser Form der Tierhaltung voraus. Sie bestimmt lediglich, unter welchen näheren Voraussetzungen eine gewerbliche Käfighaltung betrieben werden darf. Da der parlamentarische Gesetzgeber insoweit die grundsätzliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Massentierhaltung getroffen hat, ist der Parlamentsvorbehalt, der aus dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip folgt, gewahrt. 29So BVerfG, Urteil vom 06.07.1999, a.a.O. 30Zur Frage der Beurteilung, ob die Verordnung auf der Grundlage des § 2a Abs. 1 TierSchG verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, schließt sich das Gericht den Ausführungen des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts (Urteil vom 29.08.2012 - 1 A 31/12 -, veröffentlicht in juris) an: 31„Da die Bestimmtheit von § 2a Abs. 1 TierSchG verfassungsrechtlich unbedenklich ist, ist der Verordnungsgeber per se befugt, Anforderungen an die Haltung von Nerzen zu normieren, die nicht ein ausdrückliches Verbot der Nerzhaltung beinhalten. Ob diese aufgrund ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen zu einer unverhältnismäßigen Einschränkung der Berufsausübung oder gar zu einem faktischen Berufsverbot führen, ist auf der Ebene der Verhältnismäßigkeit zu erörtern. Der Gesetzgeber hat dies mit der Regelung in § 2a Abs. 1 TierSchG zugelassen. 32Ferner gilt, dass Verschärfungen in den Anforderungen an Betreiberpflichten, rühren sie aus Tierschutz-, Umwelt-, oder Naturschutzgesichtspunkten her, naturgemäß in der Regel wirtschaftliche Folgen für die Betroffenen zeitigen, die, wie auch hier geltend gemacht, durchaus existentielle Bedeutung haben können. Wenn solche grundsätzlich zulässigen, aus gesetzlichen Vorgaben gebotenen Regelungen zu Einzelheiten der jeweilig zu stellenden Anforderungen durch den Verordnungsgeber nicht mehr geregelt werden dürften, weil dies für einzelne oder viele Betreiber zur wirtschaftlichen Unrentabilität führt, wären solche dynamischen Betreiberpflichten, ob im Immissionsschutz oder auch Tierschutz oder sonstigen Gebieten, durch den Verordnungsgeber nicht regelbar.“ 33Nach Auffassung des Gerichts entspricht § 33 Abs. 5 Nr. 1 TierSchutzNutztV auch den Voraussetzungen der Verordnungsermächtigung insoweit, als Anforderungen an die Haltung von Tieren nur dann näher bestimmt werden dürfen, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist. Mit dieser Voraussetzung wird nicht lediglich ein tierschutzrechtliches Minimalprogramm festgesetzt. Ebenso wenig bestimmt das Gesetz eine konkrete Obergrenze für die Verwirklichung tierschützender Grundsätze. Innerhalb des Regelungsermessens des Verordnungsgebers ist vielmehr jede tierschutzrechtliche Normierung zulässig, durch welche die Grundrechte der Tierhalter nicht unverhältnismäßig eingeschränkt werden. 34So BVerfG, Urteil vom 06.07.1999 - 2 BvF 3/90 - a.a.O. 35Der Verordnungsgeber verfügt wie der Gesetzgeber über einen Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum, der nur in begrenztem Umfang gerichtlich überprüft werden kann. 36Nach Auffassung des Gerichts bestehen hier auch keine durchgreifenden Zweifel an der Eignung der verschärften Haltungsbedingungen zur Förderung der Ziele des Tierschutzes. Die Regelung dient dazu, die Haltungsbedingungen für Pelztiere zu verbessern. Zwar macht der Kläger geltend, dass es in der Wissenschaft unterschiedliche Auffassungen darüber gebe, inwieweit ein größeres Platzangebot das Wohlbefinden der Nerze - insbesondere der domestizierten Farmnerze - verbessere, dies schränkt jedoch den Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers grundsätzlich nicht ein. 37Vgl. dazu auch Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 29.08.2012 - 1 A 31/12 -, a.a.O. m. w. N. 38Zur Frage der Eignung führen das Verwaltungsgericht Münster (Urteil vom 09.03.2012 - 1 K 1596/11 - in: juris) ebenso wie auch das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht im oben angegebenen Urteil aus: 39„Der Verordnungsgeber ist weder verpflichtet, auf die Regelung eines Lebensbereichs zu verzichten, so lange insoweit in der Wissenschaft noch Kontroversen bestehen bzw. einzelne Fragen noch nicht erschöpfend geklärt sind. Noch muss er in derartigen Fällen entsprechende Forschungen in Auftrag geben, bis sämtliche wissenschaftliche Streitfragen ausgeräumt sind. Anderenfalls müsste er ‑ bzw. der Gesetzgeber - auch in vielen anderen Sachbereichen, nicht nur auf dem Gebiet des Tierschutzrechts, untätig bleiben. Dass einzelne Fragen noch ungeklärt oder umstritten sind, stellt in der Wissenschaft keinen atypischen Ausnahmefall dar. Wissenschaftliche Kontroversen sind - gerade im naturwissenschaftlichen Bereich - vielmehr etwas Alltägliches. In derartigen Situationen genügt der Verordnungsgeber seiner Ermittlungspflicht, wenn er die verschiedenen wissenschaftlichen Positionen zur Kenntnis nimmt, auswertet und sich einer vertretbaren Auffassung anschließt, die keine Außenseiterposition darstellt. 40Damit (der Existenz verschiedener wissenschaftlicher Aussagen) wird nur ausgesagt, dass für das Wohlbefinden der Tiere verschiedene Faktoren - u.a. die zur Verfügung stehende Grundfläche - von Bedeutung sind, wodurch die grundsätzliche Eignung der Bestimmung nicht in Frage gestellt wird. Dass eine Vergrößerung der Mindestgrundfläche geeignet ist, das Wohlbefinden der Nerze zu fördern, gilt unabhängig von der wissenschaftlichen Kontroverse darüber, ob und in welchem Grade Nerze als domestiziert anzusehen sind. … 41Selbst wenn das erkennende Gericht zu Gunsten der Klägerin unterstellt, dass die Domestikation inzwischen abgeschlossen sein sollte, führt dies nicht dazu, § 33 Abs. 5 Nr. 1 TierSchNutztV die Eignung zur Förderung des Tierschutzes abzusprechen.“ 42Das Gericht schließt sich diesen Ausführungen in vollem Umfang an. 43Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ist des Weiteren auch nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber seinen Beurteilungsspielraum im Übrigen überschritten hätte. Das gilt sowohl für die Festlegung der konkreten Mindestfläche für die Käfige zur Haltung von Nerzen als auch für die Frage, ob die Einschätzung des Verordnungsgebers, die Entwicklung eines Marktes für „Pelze aus tiergerechter Haltung“ sei möglich, zutrifft. Es reicht insofern aus, dass der Verordnungsgeber auf Basis der ihm zur Zeit des Erlasses der Verordnung zur Verfügung stehenden Tatsachen eine Prognose stellt, die nicht unvertretbar ist. 44So Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, a.a.O. m.w.N. 45Auch nach Auffassung des Gerichts verstößt die maßgebliche Vorschrift des § 33 Abs. 5 Nr. 1 TierSchNutztV nicht gegen Grundrechte. Es ist weder ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - noch gegen Art. 14 Abs. 1 GG, noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG ersichtlich. 46Die Verpflichtung des Klägers zur Anpassung der Größen seiner Haltungseinrichtungen ist eine verhältnismäßige Beschränkung der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Betreiber von Nerzfarmen ihre Berufsausübung einstellen werden - was inzwischen in den meisten Fällen auch so eingetroffen ist -, jedoch genügt § 33 Abs. 5 Nr. 1 TierSchNutztV auch unter Berücksichtigung der Intensität dieses Eingriffs verfassungsrechtlichen Anforderungen. Die Vorschrift dient der Verwirklichung eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes, denn die Verfassung selbst verpflichtet den Gesetzgeber durch Art. 20a GG geeignete Vorschriften mit dem Ziel des Tierschutzes zu erlassen, und sie hält sich in den Grenzen des aus dem Rechtsstaatsprinzip fließenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Die hohen wirtschaftlichen Belastungen für die Betreiber der Nerzfarmen müssen nach insoweit vertretbarer Einschätzung des Gesetzgebers hinter den Belangen des Tierschutzes zurückstehen, zumal die mit der Neuregelung der TierSchNutztV verbundenen wirtschaftlichen Belastungen - jedenfalls zum Teil - durch die vorgesehenen Übergangsregelungen abgemildert werden. Auch insofern ist die Einschätzung des Verordnungsgebers, es gebe kein gleich geeignetes Mittel zum beabsichtigten Schutz der gehaltenen Nerze, das die Rechte der Pelztierhalter weniger beeinträchtige, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und liegt im Bereich seines Beurteilungsspielraums. 47Das Gericht teilt die Auffassung des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts, dass insofern auch die Zielrichtung eines ethisch begründeten Tierschutzes zu berücksichtigen ist. Da diese konkrete Form der Massentierhaltung nur zur Herstellung eines überwiegend als Luxusgut betrachteten Erzeugnisses dient, ist sie aus ethischer Sicht abweichend von anderen Formen der Massentierhaltung, die etwa der Ernährung dienen, zu bewerten. 48Art. 14 Abs. 1 GG kommt als Prüfungsmaßstab nicht in Betracht, da Art. 14 Abs. 1 GG das Erworbene und die Ergebnisse geleisteter Arbeit umfasst, Art. 12 Abs. 1 GG dagegen den Erwerb und die Betätigung selbst. Auch eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch eine etwaige unzulässige Inländerdiskriminierung kommt nicht in Betracht, da die hier fragliche Vorschrift nicht zu einer Besserstellung von EU-Ausländern gegenüber Inländern führt. Sie findet vielmehr auf alle Betreiber von Nerzfarmen in der Bundesrepublik Deutschland Anwendung. Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen verweist das Gericht auch insoweit auf die Ausführungen der den Beteiligten bekannten Urteile des VG Münster vom 09.03.2012 sowie des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 29.08.2012. Das Gericht schließt sich insofern in vollem Umfang diesen Ausführungen an, auch soweit sie die Vereinbarkeit der Vorschrift des § 33 TierSchNutztV mit dem maßgeblichen Europäischen Recht bejahen. 49Der Beklagte hat nach alledem auch sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Der Beklagte durfte mit der angefochtenen Ordnungsverfügung verlangen, dass der Kläger die Nerze im Einklang mit dem derzeitig geltenden Recht hält. 50Die Androhung des Zwangsgeldes findet seine Rechtsgrundlage in §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes NRW. 51Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 2 VwGO i.V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 52Die Berufung war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. die berufung wird zugelassen. 1
2die beteiligten streiten über die rechtmäßigkeit einer ordnungsverfügung bezüglich der haltung von farmnerzen. 3der kläger betreibt in s. , x. 7, eine pelztierfarm mit ca. 1000 nerzen zzgl. jungtieren (stand 2011). mit bescheid vom 30.05.2005 wurde dem kläger gem. § 11 abs. 1 nr. 3 des tierschutzgesetzes - tierschg - die erlaubnis erteilt, nerze zu halten und zu züchten. die erlaubnis ist mit nebenbestimmungen verbunden und mit einem auflagen- und widerrufsvorbehalt versehen. 4mit schreiben vom 07.04.2011 teilte der beklagte dem kläger mit, dass zum 11.12.2011 die nächste übergangsfrist nach der tierschutz-nutztierhaltungs-verordnung für pelztiere ablaufe und ab diesem zeitpunkt für jedes ausgewachsene tier und für jedes jungtier nach dem absetzen eine grundfläche von mindestens 1 qm, mindestens jedoch eine gesamtgrundfläche von 3 qm pro käfig zur verfügung stehen müsse. gleichzeitig bat der beklagte den kläger bis zum 20.04.2011 mitzuteilen, wie er die anforderungen in seinem betrieb bis zum 11.12.2011 umsetzen und ob er den betrieb zum 12.12.2011 einstellen wolle. die prozessbevollmächtigten des klägers teilten daraufhin dem beklagten durch schreiben vom 18.05.2011 mit, dass der kläger die ab dem 12.12.2011 geltenden anforderungen der tierschutz-nutztierhaltungs-verordnung nicht für verfassungskonform halte und darum bitte, vor klärung der rechtslage von ordnungsbehördlichen maßnahmen abzusehen. 5mit ordnungsverfügung vom 10.06.2011 ordnete der beklagte an, dass die haltungseinrichtungen der nerzhaltung des klägers im falle einer fortführung der nerzhaltung über den 11.12.2011 hinaus den anforderungen der absätze 2 bis 9 des § 33 der tierschutz-nutztierhaltungs-verordnung zu entsprechen hätten. dazu sei die haltungseinrichtung für nerze so zu erweitern, dass diese zusätzlich zu den innenflächen eines nestkastens für jedes ausgewachsene tier und für jedes jungtier nach dem absetzen eine grundfläche von mindestens 1 qm, mindestens jedoch eine grundfläche von 3 qm aufweisen. für den fall, dass der kläger dieser anordnung bis zum 11.12.2011 nicht nachkomme und ab dem 12.12.2011 weiterhin nerze in der bestehenden haltungseinrichtung halte, drohte der beklagte dem kläger ein zwangsgeld in höhe von 10.000,-- € an. 6zur begründung führte er aus, der kläger erfülle zwar aktuell die anforderungen an das halten von pelztieren, die in abschnitt 6 der tierschutz-nutztierhaltungs-verordnung festgelegt seien. durch die 3. verordnung zur änderung der tierschutz-nutztierhaltungs-verordnung vom 30.11.2006 seien die anforderungen an die pelztierhaltung erheblich angehoben worden. für bestehende betriebe seien mehrere übergangsfristen in die verordnung aufgenommen worden. ab dem 12.12.2011 gälten danach auch für den betrieb des klägers die in der ordnungsverfügung beschriebenen anforderungen. da der kläger nicht bereit sei, die haltung seiner pelztiere entsprechend den aktuell geltenden zeitvorgaben zu ändern, sei aus gründen des vorbeugenden tierschutzes die anordnung zu treffen gewesen. ohne diese anordnung werde ab dem 12.12.2011 ein rechtswidriger zustand in der haltung der pelztiere bestehen. 7gegen diese ordnungsverfügung hat der kläger am 07.07.2011 klage erhoben. 8zur begründung der klage bringt der kläger im wesentlichen vor, dass er durch den betrieb seiner nerzfarm weder aktuell gegen tierschutzrechtliche bestimmungen verstoße noch ein solcher verstoß in absehbarer zeit erkennbar sei. soweit sich der beklagte diesbezüglich auf die geänderten regelungen der tierschutz-nutztierhaltungs-verordnung stütze, seien diese mit der verordnungsermächtigung des tierschutzgesetzes nicht vereinbar. darüber hinaus verstießen die bestimmungen gegen das grundgesetz sowie gegen vorschriften des europäischen gemeinschaftsrechts. 9die ermächtigung des § 2 a des tierschutzgesetzes ermögliche dem verordnungsgeber die einzelheiten der intensivtierhaltung zu regeln, nicht jedoch deren grundsätzliche zulässigkeit in frage zu stellen. die ermächtigung reiche nur so weit, wie dies zum schutz der tiere erforderlich sei. ihre grenze finde das ausmaß der verordnungsermächtigung damit im verfassungsrechtlichen übermaßverbot. der verordnungsgeber habe durch den inhalt der streitgegenständlichen verordnungsregelungen seine ermächtigung überschritten. auch wenn eine zulässige haltung von nerzen theoretisch noch möglich sei, führe das tierschutzrecht in diesem fall faktisch zu einem haltungsverbot. die verordnete form der tierhaltung sei bei beachtung der neuen regelungen nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. dies gelte sowohl in hinsicht auf die vergrößerung der gehegegrundflächen als auch erst recht hinsichtlich der später vorgesehenen ausstattung der haltungseinrichtung mit einem schwimmbecken. die insgesamt zu erwartenden kostensteigerungen würden eine kostendeckende vermarktung der erzeugten pelze nicht mehr möglich machen. der verordnungsgeber habe das ausmaß der ihm erteilten ermächtigung bereits deshalb überschritten, weil sämtliche der fraglichen regelungen aufgrund ihrer ungeeignetheit nicht als erforderlich anzusehen seien. darüber hinaus seien sie schon deshalb nicht erforderlich, weil sie unverhältnismäßig seien. ein so erreichtes verbot der tierhaltung könne nicht im verordnungswege ergehen. es sei dem gesetzgeber vorbehalten. die in frage kommenden regelungen verstießen somit gegen den gesetzesvorbehalt. darüber hinaus habe der verordnungsgeber sein verordnungsermessen insgesamt nicht ordnungsgemäß ausgeübt. es sei weder der sachverhalt vollständig ermittelt noch alle danach zu berücksichtigenden belange umfassend abgewogen worden. die annahmen des verordnungsgebers über die grundbedürfnisse von farmnerzen beruhten auf offenkundig unzutreffenden annahmen. 10zugleich liege aus den genannten gründen ein unzulässiger eingriff in den schutzbereich mehrerer grundrechte des klägers vor. betroffen sei zunächst das grundrecht der berufsfreiheit gem. art. 12 abs. 1 gg. die regelungen machten eine wirtschaftlich sinnvolle ausübung des berufes des nerzzüchters künftig unmöglich und stellten somit eine objektive berufswahlregelung dar. betroffen sei außerdem die eigentumsgarantie des art. 14 abs. 1 gg. die befugnis, nerze zur gewerbsmäßigen pelzgewinnung zu halten, sei bestandteil des rechts am eingerichteten und ausgeübten gewerbebetrieb. zudem beträfen die regelungen das grundrecht des klägers aus art. 3 abs. 1 gg, weil er als inländischer nerzhalter gegenüber nerzhaltern im eu-ausland benachteiligt werde. die verordnung bewirke mithin eine inländerdiskriminierung, die in der regel gegen den gleichheitssatz verstoße. vorsorglich sei darauf hinzuweisen, dass die getroffenen regelungen auch gegen das europäische gemeinschaftsrecht verstoßen dürften. die durch sie bewirkte verschärfung der haltungsanforderungen sei zum einen als unzulässige einfuhrbeschränkung für lebende nerze und zum anderen auch als unzulässige ausfuhrbeschränkung für nerzpelze zu werten. 11der kläger beantragt, 12die ordnungsverfügung des beklagten vom 10.06.2011 aufzuheben. 13der beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen. 15er trägt vor, durch die ordnungsverfügung des beklagten solle sichergestellt werden, dass die haltungsbedingungen in der nerzfarm des klägers den anforderungen der tierschutz-nutztierhaltungs-verordnung entsprächen. der kläger erfülle in seiner nerzfarm die geltenden voraussetzungen der tierschutz-nutztierhaltungs-verordnung nicht. die verordnung stehe mit höherrangigem recht in einklang, sie sei sowohl formell als auch materiell gesetzeskonform. 16die verordnung sei inhaltlich von der verordnungsermächtigung des § 2 a abs. 1 tierschg gedeckt. danach sei der verordnungsgeber berechtigt, die anforderungen an die haltung von tieren näher zu bestimmen. die verordnung enthalte insbesondere kein faktisches verbot der nerzhaltung, sondern setze die grundsätzliche zulässigkeit der käfighaltung von nerzen voraus. unter dieser voraussetzung habe der verordnungsgeber lediglich die haltungsbedingungen näher ausgestaltet. gemessen an der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts zur hennenhaltungsverordnung entspreche die dritte änderungsverordnung zur tierschutz-nutztierhaltungs-verordnung in zweck und ausmaß der durch den gesetzgeber erteilten ermächtigung. der verordnungsgeber sei sich der faktischen wirkungen seiner regelungen durchaus bewusst gewesen, habe diese allerdings nicht als mittel eingesetzt, um eine nerztierhaltung in deutschland zu unterbinden. dabei sei zu berücksichtigen, dass die pelztierhalter offenbar die übergangsfrist von über 5 jahren nicht genutzt hätten. die regelungen seien auch erforderlich gewesen, weil es darum gegangen sei, die offensichtlich tierschutzwidrige art der haltung von nerzen in nerzfarmen in deutschland zu unterbinden. die notwendigkeit der angeordneten maßnahmen werde durch neuere und neueste untersuchungen bestätigt. dabei genüge es, die vorhandenen wissenschaftlichen erkenntnisse auszuwerten und der entscheidung zugrunde zu legen. dies habe der verordnungsgeber getan. auch aus den vom kläger dargestellten umständen ergebe sich kein ermittlungsdefizit. 17auch die auffassung des klägers, die dritte änderungsverordnung zur tierschutz-nutztierhaltungs-verordnung verstoße gegen grundrechte, sei unrichtig. die dort normierten haltungsbedingungen beträfen nicht das „ob“ der berufsausübung sondern das „wie“ der beruflichen betätigung. als berufsausübungsregelung seien die vorschriften verhältnismäßig, d. h. geeignet, erforderlich und angemessen. zu berücksichtigen sei dabei, dass der tierschutz wegen seiner verfassungsrechtlichen verankerung in art. 20 a gg ein überragend wichtiges gemeinschaftsgut darstelle. die interessen der züchter seien so weit wie möglich berücksichtigt worden, insbesondere durch langjährige, gestaffelte übergangsregelungen. diese ermöglichten es, sich auf die neuen haltungsbedingungen einzustellen und den betrieb unter berücksichtigung dieser bedingungen weiterzuführen. eine unzulässige inländerdiskriminierung und damit ein verstoß gegen art. 3 gg liege nicht vor. die haltungsanforderungen müsse jeder betreiber einer nerzfarm in der bundesrepublik deutschland beachten. ein verstoß gegen europäisches gemeinschaftsrecht liege schon deshalb nicht vor, weil weder die einfuhr lebender nerze in die bundesrepublik deutschland noch die ausfuhr von nerzpelzen aus der bundesrepublik deutschland behindert sei. 18auf durchführung einer mündlichen verhandlung haben die beteiligten übereinstimmend verzichtet. ebenso haben die beteiligten ihr einverständnis mit einer entscheidung durch den berichterstatter als einzelrichter erklärt. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte, insbesondere auf die klagebegründung mit schriftsatz vom 25.08.2011 sowie auf die klageerwiderung mit schriftsatz vom 11.01.2012, sowie auf den inhalt der vom beklagten vorgelegten verwaltungsvorgänge. 20
21die klage ist zulässig, aber unbegründet. 22die ordnungsverfügung des beklagten vom 10.06.2011 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung - vwgo -). 23die angefochtene ordnungsverfügung findet in § 16a satz 1 i.v.m. satz 2 nr. 1 des tierschutzgesetzes - tierschg - ihre rechtsgrundlage. gem. § 16a satz 1 tierschg trifft die zuständige behörde die zur beseitigung festgestellter verstöße und die zur verhütung künftiger verstöße notwendigen anordnungen. sie kann insbesondere gem. § 16a satz 2 nr. 1 tierschg im einzelfall die zur erfüllung der anforderungen des § 2 tierschg erforderlichen maßnahmen anordnen. konkretisiert werden die allgemeinen haltungsanforderungen nach § 2 tierschg durch die vorgaben der verordnung zum schutze landwirtschaftlicher nutztiere und andere zur erzeugung tierischer produkte gehaltener tiere bei ihrer haltung (tierschutz-nutztierhaltungsverordnung - tierschnutztv -). 24gem. § 33 abs. 1 tierschnutztv dürfen pelztiere nur in haltungseinrichtungen gehalten werden, die den anforderungen der absätze 2 bis 9 entsprechen. gem. § 33 abs. 5 müssen die haltungseinrichtungen zusätzlich zu den innenflächen eines nestkastens für jedes ausgewachsene tier und jedes jungtier nach dem absetzen eine grundfläche von mindestens 1 m², mindestens jedoch eine grundfläche von 3 m² aufweisen (abs. 5 nr. 1). gem. § 38 abs. 18 tierschnutztv dürfen pelztiere abweichend von diesen vorschriften nur noch bis zum 11.12.2011 gehalten werden. diesen vorgaben genügen die von dem kläger verwendeten haltungseinrichtungen unstreitig nicht. 25nach auffassung des gerichts steht § 33 abs. 5 nr. 1 tierschnutztv mit höher rangingem recht in einklang. die vorschrift hält sich im rahmen der gesetzlichen verordnungsermächtigung, ist formell und materiell verfassungsgemäß und verstößt auch nicht gegen europäisches recht. 26die vorschrift beruht auf der verordnungsermächtigung in § 2a abs. 1 nrn. 1 und 2 tierschg. diese vorschrift ermächtigt das bundesministerium für ernährung, landwirtschaft und verbraucherschutz durch rechtsverordnung mit zustimmung des bundesrates, soweit es zum schutz der tiere erforderlich ist, die anforderungen an die haltung von tieren nach § 2 tierschg näher zu bestimmen und dabei insbesondere vorschriften über anforderungen hinsichtlich der bewegungsmöglichkeit oder der gemeinschaftsbedürfnisse der tiere sowie u.a. an räume, käfige, andere behältnisse und sonstige einrichtungen zur unterbringung von tieren zu erlassen. grundsätzliche verfassungsrechtliche bedenken gegen die verordnungsermächtigung, die eine hinreichende bestimmung von inhalt, zweck und ausmaß der erteilten ermächtigung enthält, bestehen nicht. 27vgl. dazu bverfg, urteil vom 06.07.1999 - 2 bvf 3/90 -, in: juris. 28die vorschrift des § 33 abs. 5 nr. 1 tierschnutztv konkretisiert die allgemeinen haltungsanforderungen. insbesondere enthält sie keine entscheidung über das „ob“ der gewerblichen käfighaltung von nerzen. vielmehr setzt sie die grundsätzliche zulässigkeit dieser form der tierhaltung voraus. sie bestimmt lediglich, unter welchen näheren voraussetzungen eine gewerbliche käfighaltung betrieben werden darf. da der parlamentarische gesetzgeber insoweit die grundsätzliche entscheidung über die zulässigkeit der massentierhaltung getroffen hat, ist der parlamentsvorbehalt, der aus dem rechtsstaats- und demokratieprinzip folgt, gewahrt. 29so bverfg, urteil vom 06.07.1999, a.a.o. 30zur frage der beurteilung, ob die verordnung auf der grundlage des § 2a abs. 1 tierschg verfassungsrechtlichen anforderungen genügt, schließt sich das gericht den ausführungen des schleswig-holsteinischen verwaltungsgerichts (urteil vom 29.08.2012 - 1 a 31/12 -, veröffentlicht in juris) an: 31„da die bestimmtheit von § 2a abs. 1 tierschg verfassungsrechtlich unbedenklich ist, ist der verordnungsgeber per se befugt, anforderungen an die haltung von nerzen zu normieren, die nicht ein ausdrückliches verbot der nerzhaltung beinhalten. ob diese aufgrund ihrer wirtschaftlichen auswirkungen zu einer unverhältnismäßigen einschränkung der berufsausübung oder gar zu einem faktischen berufsverbot führen, ist auf der ebene der verhältnismäßigkeit zu erörtern. der gesetzgeber hat dies mit der regelung in § 2a abs. 1 tierschg zugelassen. 32ferner gilt, dass verschärfungen in den anforderungen an betreiberpflichten, rühren sie aus tierschutz-, umwelt-, oder naturschutzgesichtspunkten her, naturgemäß in der regel wirtschaftliche folgen für die betroffenen zeitigen, die, wie auch hier geltend gemacht, durchaus existentielle bedeutung haben können. wenn solche grundsätzlich zulässigen, aus gesetzlichen vorgaben gebotenen regelungen zu einzelheiten der jeweilig zu stellenden anforderungen durch den verordnungsgeber nicht mehr geregelt werden dürften, weil dies für einzelne oder viele betreiber zur wirtschaftlichen unrentabilität führt, wären solche dynamischen betreiberpflichten, ob im immissionsschutz oder auch tierschutz oder sonstigen gebieten, durch den verordnungsgeber nicht regelbar.“ 33nach auffassung des gerichts entspricht § 33 abs. 5 nr. 1 tierschutznutztv auch den voraussetzungen der verordnungsermächtigung insoweit, als anforderungen an die haltung von tieren nur dann näher bestimmt werden dürfen, soweit es zum schutz der tiere erforderlich ist. mit dieser voraussetzung wird nicht lediglich ein tierschutzrechtliches minimalprogramm festgesetzt. ebenso wenig bestimmt das gesetz eine konkrete obergrenze für die verwirklichung tierschützender grundsätze. innerhalb des regelungsermessens des verordnungsgebers ist vielmehr jede tierschutzrechtliche normierung zulässig, durch welche die grundrechte der tierhalter nicht unverhältnismäßig eingeschränkt werden. 34so bverfg, urteil vom 06.07.1999 - 2 bvf 3/90 - a.a.o. 35der verordnungsgeber verfügt wie der gesetzgeber über einen beurteilungs- und gestaltungsspielraum, der nur in begrenztem umfang gerichtlich überprüft werden kann. 36nach auffassung des gerichts bestehen hier auch keine durchgreifenden zweifel an der eignung der verschärften haltungsbedingungen zur förderung der ziele des tierschutzes. die regelung dient dazu, die haltungsbedingungen für pelztiere zu verbessern. zwar macht der kläger geltend, dass es in der wissenschaft unterschiedliche auffassungen darüber gebe, inwieweit ein größeres platzangebot das wohlbefinden der nerze - insbesondere der domestizierten farmnerze - verbessere, dies schränkt jedoch den einschätzungsspielraum des gesetzgebers grundsätzlich nicht ein. 37vgl. dazu auch schleswig-holsteinisches verwaltungsgericht, urteil vom 29.08.2012 - 1 a 31/12 -, a.a.o. m. w. n. 38zur frage der eignung führen das verwaltungsgericht münster (urteil vom 09.03.2012 - 1 k 1596/11 - in: juris) ebenso wie auch das schleswig-holsteinische verwaltungsgericht im oben angegebenen urteil aus: 39„der verordnungsgeber ist weder verpflichtet, auf die regelung eines lebensbereichs zu verzichten, so lange insoweit in der wissenschaft noch kontroversen bestehen bzw. einzelne fragen noch nicht erschöpfend geklärt sind. noch muss er in derartigen fällen entsprechende forschungen in auftrag geben, bis sämtliche wissenschaftliche streitfragen ausgeräumt sind. anderenfalls müsste er ‑ bzw. der gesetzgeber - auch in vielen anderen sachbereichen, nicht nur auf dem gebiet des tierschutzrechts, untätig bleiben. dass einzelne fragen noch ungeklärt oder umstritten sind, stellt in der wissenschaft keinen atypischen ausnahmefall dar. wissenschaftliche kontroversen sind - gerade im naturwissenschaftlichen bereich - vielmehr etwas alltägliches. in derartigen situationen genügt der verordnungsgeber seiner ermittlungspflicht, wenn er die verschiedenen wissenschaftlichen positionen zur kenntnis nimmt, auswertet und sich einer vertretbaren auffassung anschließt, die keine außenseiterposition darstellt. 40damit (der existenz verschiedener wissenschaftlicher aussagen) wird nur ausgesagt, dass für das wohlbefinden der tiere verschiedene faktoren - u.a. die zur verfügung stehende grundfläche - von bedeutung sind, wodurch die grundsätzliche eignung der bestimmung nicht in frage gestellt wird. dass eine vergrößerung der mindestgrundfläche geeignet ist, das wohlbefinden der nerze zu fördern, gilt unabhängig von der wissenschaftlichen kontroverse darüber, ob und in welchem grade nerze als domestiziert anzusehen sind. … 41selbst wenn das erkennende gericht zu gunsten der klägerin unterstellt, dass die domestikation inzwischen abgeschlossen sein sollte, führt dies nicht dazu, § 33 abs. 5 nr. 1 tierschnutztv die eignung zur förderung des tierschutzes abzusprechen.“ 42das gericht schließt sich diesen ausführungen in vollem umfang an. 43unter berücksichtigung der vorstehenden ausführungen ist des weiteren auch nicht ersichtlich, dass der verordnungsgeber seinen beurteilungsspielraum im übrigen überschritten hätte. das gilt sowohl für die festlegung der konkreten mindestfläche für die käfige zur haltung von nerzen als auch für die frage, ob die einschätzung des verordnungsgebers, die entwicklung eines marktes für „pelze aus tiergerechter haltung“ sei möglich, zutrifft. es reicht insofern aus, dass der verordnungsgeber auf basis der ihm zur zeit des erlasses der verordnung zur verfügung stehenden tatsachen eine prognose stellt, die nicht unvertretbar ist. 44so schleswig-holsteinisches verwaltungsgericht, a.a.o. m.w.n. 45auch nach auffassung des gerichts verstößt die maßgebliche vorschrift des § 33 abs. 5 nr. 1 tierschnutztv nicht gegen grundrechte. es ist weder ein verstoß gegen art. 12 abs. 1 des grundgesetzes - gg - noch gegen art. 14 abs. 1 gg, noch gegen art. 3 abs. 1 gg ersichtlich. 46die verpflichtung des klägers zur anpassung der größen seiner haltungseinrichtungen ist eine verhältnismäßige beschränkung der berufsfreiheit aus art. 12 abs. 1 gg. zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass die betreiber von nerzfarmen ihre berufsausübung einstellen werden - was inzwischen in den meisten fällen auch so eingetroffen ist -, jedoch genügt § 33 abs. 5 nr. 1 tierschnutztv auch unter berücksichtigung der intensität dieses eingriffs verfassungsrechtlichen anforderungen. die vorschrift dient der verwirklichung eines besonders wichtigen gemeinschaftsgutes, denn die verfassung selbst verpflichtet den gesetzgeber durch art. 20a gg geeignete vorschriften mit dem ziel des tierschutzes zu erlassen, und sie hält sich in den grenzen des aus dem rechtsstaatsprinzip fließenden grundsatzes der verhältnismäßigkeit. die hohen wirtschaftlichen belastungen für die betreiber der nerzfarmen müssen nach insoweit vertretbarer einschätzung des gesetzgebers hinter den belangen des tierschutzes zurückstehen, zumal die mit der neuregelung der tierschnutztv verbundenen wirtschaftlichen belastungen - jedenfalls zum teil - durch die vorgesehenen übergangsregelungen abgemildert werden. auch insofern ist die einschätzung des verordnungsgebers, es gebe kein gleich geeignetes mittel zum beabsichtigten schutz der gehaltenen nerze, das die rechte der pelztierhalter weniger beeinträchtige, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und liegt im bereich seines beurteilungsspielraums. 47das gericht teilt die auffassung des schleswig-holsteinischen verwaltungsgerichts, dass insofern auch die zielrichtung eines ethisch begründeten tierschutzes zu berücksichtigen ist. da diese konkrete form der massentierhaltung nur zur herstellung eines überwiegend als luxusgut betrachteten erzeugnisses dient, ist sie aus ethischer sicht abweichend von anderen formen der massentierhaltung, die etwa der ernährung dienen, zu bewerten. 48art. 14 abs. 1 gg kommt als prüfungsmaßstab nicht in betracht, da art. 14 abs. 1 gg das erworbene und die ergebnisse geleisteter arbeit umfasst, art. 12 abs. 1 gg dagegen den erwerb und die betätigung selbst. auch eine verletzung von art. 3 abs. 1 gg durch eine etwaige unzulässige inländerdiskriminierung kommt nicht in betracht, da die hier fragliche vorschrift nicht zu einer besserstellung von eu-ausländern gegenüber inländern führt. sie findet vielmehr auf alle betreiber von nerzfarmen in der bundesrepublik deutschland anwendung. zur vermeidung überflüssiger wiederholungen verweist das gericht auch insoweit auf die ausführungen der den beteiligten bekannten urteile des vg münster vom 09.03.2012 sowie des schleswig-holsteinischen verwaltungsgerichts vom 29.08.2012. das gericht schließt sich insofern in vollem umfang diesen ausführungen an, auch soweit sie die vereinbarkeit der vorschrift des § 33 tierschnutztv mit dem maßgeblichen europäischen recht bejahen. 49der beklagte hat nach alledem auch sein ermessen fehlerfrei ausgeübt. der beklagte durfte mit der angefochtenen ordnungsverfügung verlangen, dass der kläger die nerze im einklang mit dem derzeitig geltenden recht hält. 50die androhung des zwangsgeldes findet seine rechtsgrundlage in §§ 55 abs. 1, 57 abs. 1 nr. 2, 60, 63 des verwaltungsvollstreckungsgesetzes nrw. 51die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo, die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 abs. 2 vwgo i.v. m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 52die berufung war wegen der grundsätzlichen bedeutung der rechtssache zuzulassen.
Verklagte*r
0
168,494
10 O 61/14
2015-01-23T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1 2Tatbestand: 3Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der O H4 & Co. KG, einem geschlossenen Schifffsfonds (im Folgenden MS O1). 4Die Beklagte zu 1) ist Herausgeberin des Prospekts und Gründungskommanditistin der Fondsgesellschaft. Die Beklagte zu 2) ist ebenfalls Gründungskommanditistin der Fondsgesellschaft. Die Beklagten zu 1) und 2) haben eine Platzierungsgarantie abgegeben, die die Vorfinanzierung des Anlegerkapitals ermöglichte. 5Der Beklagte zu 3) hatte die GEBAB-Gruppe im Jahr 1985 gegründet. Er ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1) sowie der H2 mbH und der H mbH. Er ist außerdem Gesellschafter der H H4 & Co. KG und der H mbH. 6Der Prospekt zu der Beteiligung an der MS O1 wurde am 20. Juli 2006 erstellt. 7Der Kläger beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 11. Mai 2007 (Anlage K 2) in Höhe von € 100.000,00 zuzüglich Agio in Höhe von € 2.000,00 an der MS O1. Er wurde als Kommanditist in das Handelsregister eingetragen. Der Beteiligung vorausgegangen war eine Beratung durch Herrn L2. 8Daneben beteiligte sich der Kläger unter anderem an der geschlossenen Schiffsbeteiligung B1 und B mbH & Co. KG. 9Aus der Beteiligung an der MS O1 erhielt der Kläger Ausschüttungen in Höhe von € 15.000,00. 10Ab dem Jahr 2009 entwickelte sich der streitgegenständliche Fonds negativ. In einem an alle Anleger übersandten Bericht des Beirates für das Geschäftsjahr 2008 heißt es unter dem Punkt „Ausblick 2009“ unter anderem: 11„Der Chartervertrag endet im Sept./Okt. 2009. 12Eine Anschlusscharter ist bei derzeitiger Marktsituation nicht realistisch. Die Geschäftsführung und Beirat sind der Meinung, die vorhandene Liquidität für evtl. Aufliegezeiten zu verwenden. 13Mit der finanzierenden Bank werden Gespräche über eine Tilgungsaussetzung geführt, um für eine evtl. Aufliegezeit Liquidität zu erhalten.“ 14Mit Schreiben vom 30. März 2010 teilte die Fondsgesellschaft den Anlegern mit, dass ein Betriebsfortführungskonzept zur Sicherung des Fortbestandes der Gesellschaft notwendig sei. Unter anderem heißt es in dem Schreiben im Fettdruck: 15„Der Bestand der Gesellschaft ist jedoch trotz der aktuell geschlossenen Charter akut bedroht.“ 16Es wurde sodann ein Betriebsfortführungskonzept entwickelt, welches insbesondere die Bereitstellung weiterer Gesellschaftermittel vorsah. Das Konzept wurde den Anlegern mit Schreiben vom 24. August 2010 vorgestellt. In dem Schreiben heißt es unter anderem im Fettdruck: 17„Dies bedeutet, dass die Gesellschaft ohne entsprechende Finanzierungshilfen im Herbst des Jahres 2010 zahlungsunfähig wäre.“ 18Die Anleger beschlossen das Betriebsfortführungskonzept mit einer Mehrheit von 99,7 %. Der Kläger beteiligte sich selbst nicht an dem Betriebsfortführungskonzept. 19Im Geschäftsjahr 2012 kam es zu einer weiteren dramatischen Verschlechterung der Marktlage und die Einnahmen deckten nicht mehr die Kosten des Schiffsbetriebs. Verhandlungen mit der finanzierenden Bank über ein Erhaltungskonzept scheiterten. 20Am 23. Mai 2013 stellte die Fondsgesellschaft Insolvenzantrag bei dem Amtsgericht Nordenham. Das Insolvenzverfahren wurde mit Beschluss vom 25. Juni 2013 (6 IN 36/13) eröffnet. 21Der Kläger trägt vor: 22Der Emissionsprospekt sei in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig und irreführend. Dafür seien die Beklagten zu 1), 2) und 3) verantwortlich. Er macht folgende Prospektfehler geltend: 23a) 24Die Darstellung des Chartermarktes sei grob fehlerhaft und stelle die Lage des Schiffsmarktes zum Zeitpunkt der Prospekterstellung im Jahr 2006 äußerst verharmlosend, inhaltlich falsch und in wesentlichen Punkten unvollständig dar. So werde den Kapitalanlegern der Eindruck eines stabilen und wachstumsorientierten Marktes vermittelt, während dieser tatsächlich extremen Schwankungen unterworfen sei und einem sogenannten „Schweinezyklus“ unterliege. Unter Berücksichtigung des „Schweinezyklus“ sei auch erkennbar gewesen, dass angesichts der Hochphase, in der sich der Markt im Jahr 2006 befunden habe sowie der bereits sichtbaren Anzeichen einer „Blasenbildung“ eine Reduzierung der Charterpreise bevorgestanden habe. Wenn den Berechnungen im Prospekt ein anhand der Werte der letzten Jahre ermittelter durchschnittlicher Charterpreis zugrunde gelegt werde, würden diese branchenbekannten Marktgegebenheiten wider besseres Wissen ignoriert. Die wirtschaftliche Krise der Fondsgesellschaft ab dem Jahr 2009 sei darauf zurückzuführen, dass sich das durch den „Schweinezyklus“ verursachte Risiko realisiert habe und nicht – wie es die Beklagten darzustellen versuchten – auf die Folgen der Finanzkrise. 25b) 26Der Prospekt täusche den Anleger über die konkrete Renditemöglichkeit. Die jährlich zu erzielende Rendite werde an keiner Stelle genannt. Es würden nur die zu erwartenden Ausschüttungen benannt und auf diese Weise bei dem Anleger der unzutreffende Eindruck erweckt, er könne mit einer Rendite von zunächst 7 % p. a. bis später 19 % p. a. rechnen. Tatsächlich würde die Beteiligung selbst bei prognosegemäßem Verlauf lediglich eine durchschnittliche Rendite von 3,74 % p. a. erwirtschaften, was zu den damit verbundenen Risiken in keinem Verhältnis stehe. 27c) 28In dem Prospekt werde unzutreffenderweise der Eindruck der Wirtschaftlichkeit erweckt, während es sich mit Blick auf die tatsächliche Renditeerwartung um eine äußerst unwirtschaftliche Anlage handele, die dem Anleger keine marktgerechte Gegenleistung biete. Dies sei anhand anerkannter betriebswirtschaftlicher Methoden nachweisbar. Wesentlicher Grund der Unwirtschaftlichkeit sei, dass die „Initiatoren und Gründer“ bei prognosegemäßem Verlauf insgesamt 50,42 % der Zeichnungssumme hätten vereinnahmen sollen. 29d) 30Die Prognoserechnung verstoße gegen anerkannte Erfordernisse und sei aus ex ante-Sicht weder vertretbar noch berücksichtige sie die gegebenen Verhältnisse und die sich abzeichnenden Risiken. So gehe sie von einer konstanten Charterrate aus und lasse die Zyklizität des Chartermarktes („Schweinezyklus“) außer Betracht. 31e) 32Über das Risiko der Schiffsveräußerung am Ende der geplanten Laufzeit werde nicht ausreichend aufgeklärt. Dieser Verkauf, von dem ein erheblicher Teil – 40,67 % – des für die Anleger prognostizierten Gewinns abhänge, sei von dem erheblichen Schwankungen („Schweinezyklus“) unterliegenden Markt für Gebrauchtschiffe abhängig, worüber nicht ausreichend aufgeklärt werde. Auch bringe der Prospekt nicht klar zum Ausdruck, dass eine erhebliche Abhängigkeit des Veräußerungserlöses von dem zu diesem Zeitpunkt geltenden EUR-USD-Wechselkurs bestehe und dieser ebenfalls starken Schwankungen unterliege. 33f) 34Der Prospekt kläre nicht hinreichend über die mit der Tonnagebesteuerung verbundenen Risiken auf. Hierbei wäre insbesondere aufklärungsbedürftig gewesen, dass die Steuerbelastung bei dieser fiktiven Art der Besteuerung unabhängig davon sei, ob die Beteiligung einen Gewinn erwirtschafte und deshalb auch bei Verlusten anfalle. 35g) 36Notwendig wäre eine Aufklärung über die Möglichkeit einer Haftung analog §§ 30, 31 GmbHG gewesen. Die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30, 31 GmbHG seien nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die H4 & Co. KG analog anzuwenden. Dies habe zur Folge, dass die Kommanditisten in den Fällen des § 30 Abs. 1 GmbHG verpflichtet seien, erhaltene Zahlungen zurückzuzahlen, wenn deren Auszahlung zu einem Verstoß gegen das gesetzliche Kapitalerhaltungsgebot bei der Komplementär-H4 geführt habe. Gegenüber der Haftung des Kommanditisten nach den §§ 171, 172 Abs. 4 HGB sei diese Haftung weitergehend, da sie betragsmäßig nicht auf das Wiederauffüllen der Hafteinlage beschränkt sei, sondern sich auf eine Wiederherstellung des Nettoaktivvermögens der Komplementär-H4 in seinen Stand vor der die Unterbilanz begründenden Auszahlung richte. Verschärft werde die Haftung noch durch § 31 Abs. 3 GmbHG, der eine Solidarhaftung aller Gesellschafter bei Ausfall des unmittelbaren Zahlungsempfängers begründe. 37h) 38Zu beanstanden sei ferner die Darstellung der prognostizierten Kostenentwicklung. Wesentliche Kostenpositionen würden deutlich zu niedrig angesetzt. Dies gelte insbesondere für die Verbrauchskosten des Schiffes wie Treibstoff, Schmierstoffe u. ä., die unter dem Punkt „Energiekosten“ zusammengefasst würden. Soweit im Rahmen der Prognoserechnung mit einem jährlichen Anstieg von 3 % gerechnet werde, sei diese Annahme nicht durch empirische Daten belegt. Tatsächlich hätten sich die Energiekosten insbesondere in den letzten Jahren vor Prospekterstellung signifikant erhöht. 39i) 40Über das Währungsrisiko kläre der Prospekt unzureichend auf. Es fänden sich nur Hinweise zu dem Währungsrisiko im Allgemeinen, nicht aber zu den damit verbundenen Auswirkungen auf die Liquidität, die Ausschüttungen und die Rendite der Kapitalanlage. Der Anleger wäre darüber aufzuklären gewesen, dass Währungen zum Teil erheblichen Schwankungen unterliegen. 41j) 42Über die mit dem Einsatz von Fremdkapital verbundenen Risiken, insbesondere über die sogenannte „Loan-to-value“ bzw. „105 %-Klausel“, werde nicht in ausreichender Form aufgeklärt. 43k) 44Die im Prospekt enthaltene Aufklärung über die Möglichkeit des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB seien unzureichend. 45l) 46Auf die eingeschränkte Fungibilität der Beteiligung sowie auf die gemäß § 160 HGB fortbestehende Haftung des Kommanditisten für die Dauer von fünf Jahren nach Veräußerung seines Beteiligungsanteils werde nicht in ausreichender Form aufgeklärt. 47m) 48Über die für den Anleger bestehenden Auslandsrisiken werde nicht aufgeklärt. Dies betreffe einerseits die Gefahr, dass andere Staaten die Haftungsbegrenzung einer Kommanditgesellschaft nicht anerkennen. Andererseits bestünden politische Risiken wie beispielsweise Bürgerkriege oder Piratenangriffe, die in dem Prospekt nicht erläutert würden. 49n) 50Der Prospekt kläre nicht in hinreichender Form über das Risiko des Totalverlustes auf. Zwar fänden sich hierzu Ausführungen, diese würden aber durch die Gesamtdarstellung relativiert. Die Hinweise würden nicht als Warnung genutzt, sondern dazu, als Kontrast zu wirken und die Sicherheit und Chancen der Vermögensanlage hervorzuheben. Es werde nicht deutlich, dass der Anleger sein gesamtes eingesetztes Vermögen und darüber hinaus auch sein sonstiges Vermögen verlieren könne. 51o) 52Schließlich enthalte der Prospekt nicht die laut IdW S4 erforderlichen Angaben eines Verkaufsprospekts für einen Schiffsfonds, rühme sich aber mit dessen Beachtung. Entgegen dem IdW S4-Standard seien nämlich wesentliche Vertragswerke dem Prospekt nicht beigefügt gewesen. 53In Kenntnis der Prospektfehler hätte er die Beteiligung nicht erworben und die Geldbeträge mit einer Rendite in Höhe von 4 % p. a. anlegen können. 54Ihm stünden gegen die Beklagten Ansprüche aus Prospekthaftung im weiteren Sinne sowie aus Delikt zu. Letztere bestünden, weil der Prospekt vorsätzlich falsche Angaben enthalte. 55Der Kläger beantragt, 561.die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn einen Schadensersatz in Höhe von € 87.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu leisten, Zug um Zug gegen Abtretung seiner Kommanditbeteiligung an der O H4 & Co. KG mit einer Beteiligungshöhe ohne Agio von € 100.000,00; 572. 58festzustellen, dass sich die Beklagten mit der Entgegennahme der von ihm gehaltenen Kommanditbeteiligung an der O H4 & Co. KG mit einer Beteiligungshöhe ohne Agio von € 100.000,00 in Annahmeverzug befinden; 593. 60die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn entgangenen Gewinn in Höhe von 4 % p. a. aus einem Betrag in Höhe von € 102.000,00 für den Zeitraum vom 11. Mai 2007 bis zum 31. Dezember 2007 sowie entgangenen Gewinn in Höhe von 4 % p. a. aus einem Betrag in Höhe von € 95.000,00 für den Zeitraum vom 31. Dezember 2007 bis zum 31. Dezember 2008 sowie entgangenen Gewinn in Höhe von 4 % p. a. aus einem Betrag in Höhe von € 87.000,00 für den Zeitraum vom 31. Dezember 2008 bis Rechtshängigkeit nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen; 614. 62die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihn von sämtlichen Regressansprüchen Dritter wegen einer Haftungsinanspruchnahme gemäß § 172 Abs. 4 HGB aus der Beteiligung an der O H4 & Co. KG in Höhe von € 15.000,00 freizustellen; 635. 64festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihn von sämtlichen für ihn nicht bezifferbaren Regressansprüchen Dritter wegen einer Haftungsinanspruchnahme gemäß §§ 30, 31 GmbHG analog aus der Beteiligung an der O H4 & Co. KG freizustellen; 656. 66festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihn von sämtlichen für ihn derzeit nicht beziffer- oder benennbaren Nachteilen, insbesondere etwaigen Steuernachteilen, aus der Beteiligung an der O H4 & Co. KG freizustellen; 677. 68die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von € 3.600,94 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 69Die Beklagten beantragen, 70 die Klage abzuweisen. 71Sie tragen vor, dass der Prospekt keine Fehler aufweise. Wegen der Einzelheiten des Vortrages wird auf die jeweiligen Schriftsätze verwiesen. 72Der Beklagte zu 3) hafte aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere sei er weder in die Herstellung noch in die Herausgabe des Prospekts eingebunden gewesen. Er habe sich bereits im Jahr 1998 aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und habe wesentliche Teile seiner Beteiligung an die alsdann operativ tätigen Gesellschafter übertragen. 73Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung. Dem Kläger habe sich mit Beginn der Schifffahrtskrise Ende 2008, jedenfalls aber im Jahr 2009 aufdrängen müssen, dass sich die Marktentwicklung abweichend zu den Prospektprognosen gestalte. Spätestens mit den im Zusammenhang mit dem Betriebsfortführungskonzept im Jahr 2010 erteilten Informationen habe der Kläger gewusst, dass sich die Anlage nicht prospektgemäß entwickelt habe und weiterentwickeln würde. 74Entscheidungsgründe: 75Die zulässige Klage ist nicht begründet. 76I. 77Ein Anspruch aus der sogenannten Prospekthaftung im engeren Sinne wäre – wovon auch der Kläger ausgeht – jedenfalls verjährt. Auch nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 2, 241 Abs. 2 BGB besteht jedoch kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten. 781. 79Nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung im weiteren Sinne, die als Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss (§§ 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) an die (vor-)vertraglichen Beziehungen zum Anleger anknüpft (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2012 – II ZR 211/09 [unter B I 1 a]), haftet grundsätzlich nur, wer Vertragspartner des Anlegers ist oder werden soll; außerdem haftet daneben ausnahmsweise derjenige, der als für den (potentiellen) Vertragspartner auftretender Vertreter oder Beauftragter (Sachwalter) in Erscheinung getreten ist und dabei entweder für seine Person Vertrauen in Anspruch genommen und die Vertragsverhandlungen beeinflusst hat oder ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluss des Geschäftes hatte (vgl. etwa BGH, Urteil vom 23. April 2012 – II ZR 211/09 [unter B II 1 a]; Beschluss vom 29. Januar 2009 – III ZR 74/08 [unter II 2 b aa]; Urteil vom 4. Mai 2004 – XI ZR 41/03 [unter II 2 b]). Die danach erforderlichen (vor-)vertraglichen Beziehungen bestehen zwischen Gründungsgesellschaftern und dem über einen Treuhänder beitretenden Kommanditisten jedenfalls dann, wenn der Treugeber nach dem Gesellschaftsvertrag wie ein unmittelbar beigetretener Kommanditist behandelt werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2012 – II ZR 211/09 [unter B I 1 a]). 80Den Gründungsgesellschafter trifft die Pflicht, einem Beitrittsinteressenten für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt zu vermitteln und ihn über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Anlageform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufzuklären. Der Gründungsgesellschafter, der sich zu den vertraglichen Verhandlungen über einen Beitritt eines Vertriebs bedient und diesem oder von diesem eingeschalteten Untervermittlern die geschuldete Aufklärung der Beitrittsinteressenten überlässt, haftet über § 278 BGB für deren unrichtige oder unzureichende Angaben. Er muss sich das Fehlverhalten von Personen, die er mit den Verhandlungen zum Abschluss des Beitrittsvertrages ermächtigt hat, zurechnen lassen (BGH, Urteil vom 14. Mai 2012 – II ZR 69/12 m. w. N.). Wird durch einen Prospekt zum Beitritt zu einer Publikumsgesellschaft geworben, darf dieser keine unrichtigen oder irreführenden Angaben enthalten und er darf auch nicht unvollständig sein; denn die Beitrittsinteressenten haben im Allgemeinen keine eigenen Unterrichtungsmöglichkeiten und sind daher weitgehend darauf angewiesen, sich anhand des Prospekts über das zu finanzierende Vorhaben zu informieren (BGH, Urteil vom 17. Juni 1991 – II ZR 121/90). 812. 82Ob neben den Beklagten zu 2) und 3) als Gründungsgesellschaftern auch der Beklagte zu 3) nach diesen Maßstäben Prospektverantwortlicher ist, kann vorliegend offen bleiben. Es liegen keine Prospektfehler vor oder sind Ansprüche wegen etwaiger Prospektfehler jedenfalls verjährt. 83a) 84Ob im Hinblick auf die von dem Kläger gerügte fehlerhafte Darstellung des Chartermarktes ein Prospektfehler vorliegt, kann offen bleiben. Die Beklagten können einem etwaigen Anspruch des Klägers jedenfalls die Einrede der Verjährung mit Erfolg entgegenhalten. 85Bei Klageerhebung im Jahr 2014 waren etwaige Ansprüche bereits gemäß §§ 195, 199 BGB verjährt. 86Nach § 199 Abs. 1 BGB setzt der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist neben der Entstehung des Anspruchs voraus, dass der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die erforderliche Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen erfordert regelmäßig keine zutreffende rechtliche Würdigung. Vielmehr genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit im Grundsatz die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände. Hierzu gehört in Fällen unzureichender Aufklärung auch die Kenntnis der Umstände einschließlich der wirtschaftlichen Zusammenhänge, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 – XI ZR 319/06 m. w. N.). 87Geht es um den Vorwurf verschiedener Aufklärungs- oder Beratungsfehler, sind diese Voraussetzungen getrennt für jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen. Wird ein Schadensersatzanspruch auf mehrere Fehler gestützt, beginnt die Verjährung daher nicht einheitlich, wenn bezüglich eines Fehlers Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt und dem Anleger insoweit eine Klage zumutbar wäre. Vielmehr ist jede Pflichtverletzung verjährungsrechtlich selbstständig zu behandeln (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 2011 – III ZR 186/10). 88Vorliegend begann die Verjährungsfrist spätestens im Jahr 2010 zu laufen. Aufgrund der in dem Bericht des Beirates für das Geschäftsjahr 2008 enthaltenen und den im Zusammenhang mit dem Betriebsfortführungskonzept erteilten Informationen hatte der Kläger Kenntnis davon, dass sich der Chartermarkt nicht wie prognostiziert entwickelte. So wies bereits der Bericht für das Geschäftsjahr 2008 in eindeutiger Form darauf hin, dass eine Anschlusscharter nach Beendigung des Chartervertrages im September/Oktober 2009 aufgrund der Marktsituation nicht realistisch sei. Für den Anleger lässt diese Information keinen anderen Schluss zu, als dass die in dem Prospekt suggerierte stetige Nachfrage – den Vortrag des Klägers als zutreffend unterstellt – tatsächlich nicht gegeben war und auch die Marktentwicklung den Angaben im Prospekt nicht entsprach. Abschließend deutlich ist dies dem Kläger im Zusammenhang mit dem Betriebsfortführungskonzept geworden. In dem Schreiben vom 24. August 2010 ist den Anlegern mitgeteilt worden, dass die Fondsgesellschaft ohne einen Nachschuss von Mitteln seitens der Gesellschafter noch im Herbst 2010 zahlungsunfähig wäre, womit selbst letzte Zweifel daran ausgeräumt gewesen sein müssen, dass die dem Prospekt zugrunde gelegten Prognosen – den Vortrag des Klägers weiterhin als wahr unterstellt – zutreffen konnten. 89Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger die Geschäftsberichte und die weiteren Schreiben auch tatsächlich zur Kenntnis genommen hat. Einen Anleger trifft die Obliegenheit, im eigenen Interesse die Geschäftsberichte zu lesen und zumindest in ihren Grundzügen zur Kenntnis zu nehmen. Von ihm kann erwartet werden, dass er im Rahmen seiner Fähigkeiten und Kenntnisse die Entwicklung einer langfristigen Vermögensanlage, in die er einen erheblichen Betrag investiert hat, selbst verfolgt und dabei auch weitere oder ergänzende Informationen zur Kenntnis nimmt, die ihm von der Fondsgesellschaft oder Fondsverwaltung gegeben werden und die für die Beurteilung der Kapitalanlage und ihre Wertentwicklung von wesentlicher Bedeutung sind. Geschieht dies nicht, so ist ihm ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung vorzuwerfen. 90Die Beklagten als Prospektverantwortliche – die Auffassung des Klägers auch insoweit als zutreffend unterstellt – drängten sich als mögliche Anspruchsgegner für einen Schadensersatzanspruch wegen Prospektfehlern auf, weshalb dem Kläger die Beklagten als in Betracht kommende Schuldner bekannt oder zumindest grob fahrlässig unbekannt waren. 91Da die Verjährungsfrist drei Jahre beträgt und mit dem Schluss des Jahres zu laufen beginnt, ist Verjährung daher spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2013 und damit vor einer möglichen Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB durch Klageerhebung im Jahr 2014 eingetreten. 92b) 93Ebenfalls wegen Verjährung nicht durchsetzbar ist ein etwaiger Anspruch des Klägers wegen einer fehlerhaften Darstellung der Renditemöglichkeiten im Prospekt. 94Die für den Verjährungsbeginn notwendige Kenntnis oder grob fahrlässige Kenntnis von einem – im Folgenden unterstellten – Prospektfehler lagen bereits im Jahr 2007 vor, so dass die Verjährung mit dem Ablauf des Jahres 2010 eingetreten ist. 95Aus dem Anschreiben der Beklagten zu 2) vom 8. November 2007 ergibt sich unmissverständlich, dass die erste Zahlung in der prospektierten Höhe von 7 % nicht den Gewinnen der Gesellschaft entnommen wurde. Denn dort heißt es: 96„Aus rein formalrechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass nach § 172 HGB die an sich beschränkte Haftung wieder auflebt, da die Kapitalkonten nach vorangegangenen Verlusten noch nicht den Stand der Einlage wieder erreicht haben.“ 97Wenn aber die Kapitalkonten der Gesellschafter sich sogar unter dem Stand der Einlage befanden, liegt es für den Anleger auf der Hand, dass die gleichwohl erfolgte Ausschüttung unabhängig von Gewinnen der Gesellschaft erfolgt. Soweit sich ein Anleger also nach der Lektüre des Prospekts in einem Irrtum über die Bedeutung des Begriffs der Ausschüttung befunden haben sollte, konnte und musste er diesen Irrtum nach Erhalt des Schreibens erkennen. 98Damit hatte der Anleger gleichzeitig Kenntnis von dem weiteren in diesem Zusammenhang gerügten Mangel des Prospekts, dass nämlich die tatsächliche Rendite an keiner Stelle genannt werde. Wenn der Anleger mit Erhalt des Schreibens vom 8. November 2007 erkannt hat oder erkannt haben musste, dass es sich bei den prognostizierten Ausschüttungen zwischen 7 % und 19 % p. a. entgegen seiner Vorstellung nicht um die Rendite der Beteiligung handelte, war ihm gleichzeitig klar, dass dann der Prospekt insoweit unvollständig war und keinen Hinweis auf die tatsächlich zu erwartende Rendite enthielt. 99c) 100Soweit der Kläger rügt, der Prospekt erwecke den Eindruck der Wirtschaftlichkeit, während der Anleger tatsächlich, insbesondere wegen der hohen Weichkosten, keine marktgerechte Gegenleistung erhalte, folgt daraus kein Prospektfehler. 101Durch den Prospekt muss einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, das heißt er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden. Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln oder den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden können. Ob ein Prospekt unrichtige oder unvollständige Angaben enthält, ist nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von der Beteiligung vermittelt, wobei die Prospektverantwortlichen eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen können (BGH, Urteil vom 23. April 2012 – II ZR 75/10 m. w. N.). 102Daran gemessen lässt sich ein Prospektfehler nicht feststellen. Die von dem Kläger beanstandeten Geldflüsse an „Initiatoren und Gründer“ sind in dem Prospekt vollständig und zutreffend aufgeführt (vgl. Seite 43 des Prospekts), was der Kläger auch nicht in Abrede stellt. Ob die von dem Kläger angestellte Berechnung der Weichkostenquote zutrifft, kann vor diesem Hintergrund offen bleibt. Da weder unrichtige noch unvollständige Angaben vorliegen, folgt aus den aus Sicht des Klägers zu hohen Kosten jedenfalls kein Prospektfehler. Auch soweit der Kläger die fehlende Wirtschaftlichkeit der Beteiligung als Folge der hohen Weichkosten rügt, zeigt er damit keine fehlerhaften Angaben des Prospekts auf. Auch bestand keine Aufklärungspflicht in dem Prospekt über die Frage, ob bei einer Anwendung der Kapitalwertmethode die Summe der abgezinsten Rückflüsse abzüglich der Investition positiv ist. Es handelt sich dabei nicht um einen für die Anlageentscheidung eines durchschnittlichen Anlegers relevanten Umstand, da dieser die Frage seiner Beteiligung nicht von dem Ergebnis einer Berechnung nach der Kapitalwertmethode abhängig macht. Sofern dieser Punkt für einen Anleger im Einzelfall von Bedeutung ist, steht es ihm zudem frei, angesichts der vollständigen und richtigen Aufklärung im Prospekt zu der beabsichtigten Mittelverwendung selbst eine entsprechende Rechnung anzustellen und zu entscheiden, ob die Beteiligung von ihm als wirtschaftlich eingeschätzt wird. 103d) 104Ein etwaiger Anspruch des Klägers infolge der von ihm gerügten Fehlerhaftigkeit der Prognoserechnung ist jedenfalls verjährt. Insoweit kann auf die Ausführungen unter a) verwiesen werden, da sich die gerügten Prospektfehler zu a) und d) inhaltlich entsprechen. 105e) 106Im Hinblick auf die Darstellung des beabsichtigten Schiffsverkaufs am Ende der Laufzeit der Beteiligung lässt sich ein Prospektfehler nicht feststellen. Die von dem Kläger als fehlend gerügten Risikohinweise befinden sich auf Seite 16 unter der großgedruckten und eindeutigen Überschrift „Veräußerungserlös“, wo es unter anderem heißt: 107„Zum Ende der Laufzeit dieser Vermögensanlage wurde für das Schiff in der Ergebnisprognose ein Veräußerungserlös in Höhe von 25,00 % des Schiffsbaupreises zuzüglich Erstausrüstung und Baureserve berücksichtigt. Der tatsächliche Wiederveräußerungserlös ist grundsätzlich von der Entwicklung des Schiffsmarktes, von den zum Verkaufszeitpunkt vorherrschenden Marktverhältnissen, den Devisenkursen sowie vom Zustand des Schiffes abhängig. Unter Umständen kann bei Veräußerung des Schiffes aufgrund seiner technischen Performance oder der Marktentwicklung nur ein niedrigerer Veräußerungserlös als der prognostizierte erzielt werden. Dies würde sich entsprechend negativ auf das Gesamtergebnis der Beteiligungsgesellschaft auswirken.“ 108f) 109Auch im Zusammenhang mit der Darstellung der Tonnagebesteuerung liegt ein Prospektfehler nicht vor. Eine ausführliche Erläuterung der Besteuerung sowie die von dem Kläger als fehlend gerügten Risikohinweise finden sich auf Seite 15 unter der Überschrift „Tonnagesteuer“ sowie auf Seite 52. Auf letzterer heißt es unter Ziffer 14.: 110„Die Beteiligungsgesellschaft unterliegt vom Zeitpunkt der Übernahme des Schiffes voraussichtlich im September 2006 der Besteuerung nach der Tonnagesteuer (§ 5 a EStG). Dabei wird an Stelle des tatsächlichen Gewinnes/Verlustes der steuerliche Gewinn auf Grundlage der Nettoraumzahl des Schiffes pauschal ermittelt. […]“ 111Aus diesen Ausführungen geht mit hinreichender Deutlichkeit hervor, dass es sich um eine unabhängig von dem tatsächlichen Gewinn oder Verlust der Fondsgesellschaft anfallende pauschale Form der Besteuerung handelt. Dass diese Form in einem Verlustjahr gegenüber der herkömmlichen Besteuerung nachteilig sein kann, erschließt sich von selbst und bedarf keines ausdrücklichen Hinweises. 112g) 113Eines Hinweis auf eine mögliche Haftung des Kommanditisten analog §§ 30, 31 GmbHG bedurfte es nicht. Dabei kommt es auf die Fragen, ob und in welchem Umfang ein solches Risiko bei in der Form einer H4 & Co. KG organisierten Fondsgesellschaften grundsätzlich besteht und inwiefern darüber neben dem Hinweis auf das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung nach den §§ 171, 172 Abs. 4 HGB aufzuklären ist, nicht an. Vorliegend ist eine zu einer Unterbilanz der Komplementär-H4 führende Auszahlung an die Kommanditisten jedenfalls ausgeschlossen. 114Dies folgt aus den überzeugenden Ausführungen der Beklagten zu 2) und 3), denen der Kläger nicht konkret entgegengetreten ist. Diese haben vorgetragen, dass bei dem streitgegenständlichen Schiffsfonds ein Haftungsrisiko nicht bestehe, weil das Kapital der Kommanditgesellschaft in dem Seeschiff gebunden sei. Auszahlungen können deshalb nur aus freier Liquidität erfolgen, weshalb das Stammkapital der Komplementär-H4 nicht angegriffen werden könne. Zudem bedürfe es, worauf die Beklagten zu 2) und 3) ebenfalls hinweisen, für eine solche Auszahlung eines entsprechenden Beschlusses der Gesellschafter. Eine unter Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften erfolgende Beschlussfassung kann indes nicht unterstellt werden. Angesichts der damit im vorliegenden Fall fehlenden praktischen Relevanz einer solchen Haftung handelt es sich nicht um einen für die Anlageentscheidung eines Gesellschafters wesentlichen Umstand. 115h) 116Ein Prospektfehler infolge einer mangelnden Aufklärung über die tatsächliche Kostenentwicklung, insbesondere wegen eines der Prognose zugrunde gelegten zu geringen jährlichen Anstiegs der Energiekosten, ist nicht erkennbar. 117Zu den Umständen, über die der Prospekt ein zutreffendes und vollständiges Bild zu vermitteln hat, gehören zwar auch die für die Anlageentscheidung wesentlichen Prognosen über die voraussichtliche künftige Entwicklung des Anlageobjekts. Dabei übernimmt der Prospektherausgeber jedoch grundsätzlich keine Gewähr dafür, dass die von ihm prognostizierte Entwicklung tatsächlich eintritt; die Interessen des Anlegers werden dadurch gewahrt, dass Prognosen im Prospekt durch Tatsachen gestützt und ex-ante betrachtet vertretbar sein und nach den damals gegebenen Verhältnissen und unter Berücksichtigung der sich abzeichnenden Risiken erstellt werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2012 – II ZR 75/10 [unter II 2 b aa (2)]). Über die Vertretbarkeitsprüfung hinausgehende Risikoabschläge, die der einer Prognose notwendig innewohnenden Unsicherheit Rechnung tragen sollen, sind für eine angemessene Risikodarstellung nicht notwendig; der Prognose dürfen auch optimistische Erwartungen zugrunde gelegt werden, solange die sie rechtfertigenden Tatsachen sorgfältig ermittelt sind und die darauf gestützte Prognose aus damaliger Sicht vertretbar ist, eine realistische, kaufmännischen Erfahrungen entsprechende vorsichtige Kalkulation ist nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 – XI ZR 337/08 [unter II 2 b bb (2)]). 118Daran gemessen ist es nicht zu beanstanden, wenn die jährliche Steigerungsrate der Energiekosten mit 3 % angenommen wurde. Diese beruht, wie die Beklagten aufgezeigt haben, auf vertretbaren Annahmen und entsprach der Erwartungshaltung auch der finanzierenden Banken. Die Steigerungsrate liegt zudem noch über dem bei anderen Schiffsbeteiligungen üblichen Wert von 2,5 % p. a., wie die Beklagten unwiderlegt und unter Vorlage eines Prospektvergleichs vorgetragen haben. 119i) 120Die in dem Prospekt enthaltene Aufklärung über das Währungsrisiko ist ausreichend. Auf Seite 12 befinden sich nicht nur eine ausführliche Erläuterung, sondern auch die von dem Kläger als fehlend beanstandeten Hinweise auf spezielle Auswirkungen des Währungsrisikos. So wird unter der Hauptüberschrift „Kursentwicklung des US-Dollars“ und dem Unterpunkt „EUR-Darlehen“ erläutert, dass bei schwächerem US-Dollar gegenüber dem Euro mehr Liquidität zur Bedienung von Zinsen und Tilgung benötigt werde, wodurch sich die zur Auszahlung an die Anleger zur Verfügung stehende Liquidität reduzieren könne. Dass ungünstige – im Einzelnen erläuterte – Kursverhältnisse zum Zeitpunkt der Auszahlung von Entnahmen an den Anleger dazu führen können, dass diese niedriger als prognostiziert ausfallen, wird unter dem Unterpunkt „Entnahmen“ mitgeteilt. Daneben wird auch bei der Erläuterung der Prognosen jeweils an entsprechender Stelle auf die Folgen der Währungsabhängigkeit hingewiesen (vgl. insbesondere Seite 52), so dass bei dem Anleger auch diesbezüglich kein falscher Eindruck entstehen kann. 121j) 122Aus einer fehlenden Darstellung der speziellen Risiken der Fremdfinanzierung, insbesondere der sogenannten „105 %-“ oder „Loan-to-value-Klausel“, folgt kein Prospektfehler. 123Bei dieser Klausel handelt es sich um eine in den von der Fondsgesellschaft abgeschlossenen Darlehensverträgen mit den finanzierenden Banken enthaltene Regelung, wonach die Fondsgesellschaft als Darlehensnehmer dann, wenn der Wert der Sicherheit eine bestimmte Grenze – häufig 105 % – unterschreitet, entweder zusätzliche Sicherheiten stellen oder einen Teil des Darlehens vorzeitig zurückzahlen muss. Hintergrund ist zum einen die durch den gesunkenen Wert der Sicherheit erhöhte Wahrscheinlichkeit, bei ihrer Verwertung mit einem Teil der Forderung auszufallen. Zum anderen sind Banken unter Umständen aus aufsichtsrechtlichen Gründen verpflichtet, das Darlehen mit mehr Eigenkapital zu unterlegen, wenn die Sicherheit dem Wert der Forderung nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis gegenübersteht. Sowohl in der Schiffsfinanzierung als auch in der Immobilienfinanzierung sind solche Klauseln verbreitet (vgl. Schmid-Burgk, WM 2015, 57 ff). 124Die Existenz dieser Klausel in den mit den finanzierenden Banken geschlossenen Darlehensverträgen hat im Prospekt keinen Niederschlag gefunden, wie der Kläger zu Recht ausführt. Indes bedurfte es eines ausdrücklichen Hinweises darauf nicht (ebenso LG Dortmund, Urteil vom 11. Juli 2014 – 3 O 218/13; vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 15. Oktober 2014 – 17 U 155/13 [unter 3 b bb 8]). 125Dass finanzierende Banken ein Interesse daran haben, sich gegen einen Ausfall ihres Sicherungsmittels zu schützen und entsprechende Regelungen in ihre Darlehensverträge aufnehmen, ist allgemein bekannt und auch für einen Anleger ohne spezielle Kenntnisse ohne weiteres nachvollziehbar. Dementsprechend werden im Grundsatz Nachbesicherungsrechte der Banken und Sparkassen auch dann für zulässig, insbesondere nicht für überraschend, gehalten, wenn diese in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 1979 – III ZR 93/76; Urteil vom 18. Dezember 1980 – III ZR 157/08; Urteil vom 3. Dezember 1998 – IX ZR 313/97 [unter 3 b aa]). 126Zwar unterscheidet sich die Situation bei der Schiffsfinanzierung von diesen üblicherweise auf einer Veränderung der Risikolage beruhenden Nachbesicherungsrechten dadurch, dass allein auf den Wertverlust der Sicherheit abgestellt wird. Es liegt aber ebenfalls auf der Hand, dass der Wert des Sicherungsmittels bei einer objektbezogenen Finanzierung und insbesondere dann, wenn neben dem finanzierten Objekt keine weiteren Vermögenswerte zur Verfügung stehen, für die finanzierende Bank entscheidend ist und sie sich gegen einen Wertverlust während der Laufzeit des Darlehens absichern muss und wird. 127Einer ausdrücklichen Aufklärung über das Recht der finanzierenden Banken, bei einem Wertverlust des Schiffes eine Nachbesicherung zu verlangen, bedarf es deshalb nicht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Anleger – wie hier – die für das Entstehen solcher Nachbesicherungsrechte maßgeblichen Umstände in dem Prospekt aufgezeigt werden. So wird die Fremdfinanzierung des fondseigenen Schiffs umfangreich erläutert (vgl. Seiten 13 und 45 f.). Dass Verluste eintreten können, wird ebenfalls ausführlich beleuchtet (vgl. Seiten 11 und 18 sowie die Ausführungen unter n)). Schließlich enthält der Prospekt hinreichend deutliche und nicht zu beanstandende Hinweise auf das Währungsrisiko (siehe soeben unter i)). Soweit bei Schiffsbeteiligungen die Loan-to-value-Klausel auch durch Wechselkursschwankungen zum Tragen kommen kann, insbesondere durch das Kursverhältnis zwischen dem US-Dollar und dem japanischen Yen, wird dem somit ebenfalls Rechnung getragen. Sind dem Anleger diese Umstände bekannt, handelt es sich bei der konkreten Ausgestaltung der Regelung um ein Detail der Darlehensverträge, das keinen für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstand darstellt. Der Anleger kann vielmehr darauf verwiesen werden, bei einem besonderen Interesse an den Einzelheiten bei der Fondsgesellschaft um die Übersendung der Darlehensverträge zu bitten (vgl. dazu auch noch unter o)). 128k) 129Die Rüge des Klägers, der Prospekt kläre nicht hinreichend über die Möglichkeit des Wiederauflebens der Kommandistenhaftung nach den §§ 171, 172 Abs. 4 HGB auf, greift nicht durch. Auf Seite 15 des Prospekts wird dem Anleger unter der Überschrift „Entnahmen“ ausführlich und verständlich erläutert, dass Entnahmen, soweit das Kapitalkonto nach vorhergehenden Verlusten den Stand der Einlage noch nicht wieder erreicht hat, gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft als nicht geleistete Einlagen gelten und in der Höhe solcher Entnahmen die an sich beschränkte Haftung des Kommanditisten wieder auflebt. Weitere Hinweise auf diese Möglichkeit befinden sich auf den Seiten 14, 37 und 61 des Prospekts. Diese Hinweise führen dem Anleger deutlich und verständlich das mögliche Wiederaufleben der Kommandistenhaftung und die Nachschusspflicht vor Augen. Eines darüber hinausgehenden Hinweises – insbesondere Angaben zu einer Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieses Risikos aufgrund der Fondskonzeption – bedurfte es nicht. 130Überdies wäre ein entsprechender Anspruch des Klägers angesichts der eindeutigen Hinweise auf das mögliche Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung in dem Schreiben der Beklagten zu 2) vom 8. November 2007 verjährt. Auf die Ausführungen unter b) wird Bezug genommen. 131l) 132Ein Prospektfehler im Zusammenhang mit der Darstellung der eingeschränkten Fungibilität der Beteiligung ist nicht erkennbar. Bereits in der Übersicht über die Risiken der Vermögensanlage auf Seite 11 des Prospekts wird erläutert, dass die Anlage nicht für Anleger geeignet sei, die darauf angewiesen seien oder darauf vertrauten, sich jederzeit von ihrer Beteiligung trennen zu können. Auf Seite 16 des Prospekts befinden sich unter der Überschrift „Fungibilität“ ausführliche Erläuterungen zu den Voraussetzungen einer Veräußerung und zu der Preisbildung auf dem Zweitmarkt. Inwiefern diese Risikohinweise unzureichend oder falsch sind, legt der Kläger nicht dar. 133Dass im Prospekt nicht ausdrücklich auf die fünfjährige Nachhaftung bei einem Ausscheiden aus der Gesellschaft nach den §§ 159, 160 HGB hingewiesen wird, führt nicht zu einem Prospektfehler. Eines entsprechenden Hinweises bedurfte es nicht (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 17. November 2010 – 4 U 98/10). Dies gilt im vorliegenden Fall jedenfalls deshalb, weil klare und umfangreiche Hinweise sowohl auf die fehlende Fungibilität als auch auf die Möglichkeit des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung enthalten waren. Da der Anleger angesichts der Ausführungen zu den Veräußerungsmöglichkeiten auf dem Zweitmarkt ohnehin nicht davon ausgehen konnte, die Beteiligung während der Laufzeit veräußern zu können – erst recht bei einem schwachen wirtschaftlichen Verlauf – handelt es sich dabei um einen Umstand von geringer praktischer Relevanz. Sofern ein Anleger nähere Informationen zu den Folgen seines Ausscheidens aus der Gesellschaft wünscht, kann er deshalb darauf verwiesen werden, weitere Erkundigungen zu der geltenden Rechtslage einzuholen. 134m) 135Über Risiken im Zusammenhang mit den Auslandsbezügen der Beteiligung klärt der Prospekt in ausreichender Form auf. Dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass ausländische Gerichte die Beschränkung der Kommanditistenhaftung nach deutschem Recht nicht anerkennen, wird unter der Überschrift „Wirtschaftliches Risiko – Haftung“ auf Seite 14 des Prospekts erörtert. Auch in der Zusammenfassung der wesentlichen Risiken auf Seite 18 wird erläutert, dass ein ausländisches Gericht oder eine ausländische Behörde Zugriff auf das im Ausland belegene Vermögen des Anlegers nehmen könnte, wenn es die nach deutschem Recht gültige Haftungsbegrenzung für Kommanditisten nicht anerkennt. Diese verständlichen und deutlichen Hinweise reichen als Aufklärung über Auslandsrisiken rechtlicher Art aus. Dass die von dem Kläger als „politische Risiken“ bezeichneten Umstände wie beispielsweise ein Bürgerkrieg in dem Land des Zielhafens oder ein Piratenangriff auf das Seeschiff zu wirtschaftlichen Nachteilen führen können, bedarf als für jeden Anleger offensichtliche Selbstverständlichkeit keiner ausdrücklichen Aufklärung. 136n) 137Entgegen der Ansicht des Klägers enthält der Prospekt auch ausreichende Hinweise auf das Risiko des Totalverlustes. Bereits auf Seite 11 des Prospekts wird unter der Überschrift „Die Risiken der Vermögensanlage“ ausgeführt, dass als Ergebnis der verschiedenen Risikofaktoren – insbesondere wenn sie kumuliert auftreten – keine Garantie dafür gegeben werden könne, dass die prognostizierten Barüberschüsse der Gesellschaft eingehalten würden oder die Gesellschaft in der Lage sein werde, den Anlegern das investierte Eigenkapital zurückzuzahlen (Totalverlustrisiko). Auf Seite 18 befinden sich weitere Hinweise auf das Totalverlustrisiko. Darüber hinaus wird in der „Zusammenschau“ unter dem Punkt „Anlegergefährdende Risiken“ erläutert, dass solche nicht nur zu einem Verlust der Vermögensanlage führen, sondern darüber hinaus durch Rückzahlungspflichten, Steuerzahlungen u. ä. das weitere Vermögen des Anlegers gefährden. Diese Hinweise führen dem Anleger das bestehende Risiko mit der gebotenen Deutlichkeit vor Augen. Eine Relativierung in der Gesamtschau des Prospekts vermag die Kammer nicht zu erkennen. Der Kläger legt im Übrigen nicht dar, woraus er das verharmlosende Gesamtbild konkret ableitet, insbesondere benennt er keinerlei Prospektstellen. 138o) 139Dass nach der Darstellung des Klägers entgegen dem IdW S4 eine Vielzahl von Vertragswerken dem Prospekt nicht beigefügt war, begründet keinen Prospektfehler. Dabei kann offen bleiben, ob der IdW S4 die Beifügung der Vertragswerke überhaupt vorsieht. Jedenfalls entfaltet der IdW S4 als von dem Institut der Wirtschaftsprüfer herausgegebener Standard keinen normsetzenden Charakter, wie auch der Kläger selbst einräumt. Eine Beifügung der Prospekte war auch nicht aus einem anderen Grund erforderlich. Auf Seite 64 des Prospekts ist eine Übersicht der bestehenden Verträge enthalten, wobei diese Auflistung nach dem Hinweis auf Seite 64 unten abschließend ist. Sofern ein Anleger vor seiner Beitrittsentscheidung Einsicht in diese Verträge nehmen möchte, steht es ihm frei, diesbezüglich bei der Fondsgesellschaft anzufragen. Für den durchschnittlichen Anleger handelt es sich bei den Details sämtlicher Vertragswerke indes nicht um einen für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstand, so dass eine Beifügung zum Prospekt – die diesen zudem überfrachten und die Übersichtlichkeit stören würde – nicht erforderlich ist. 1403. 141Es fehlt zudem an der Kausalität etwaiger Prospektfehler für die Anlageentscheidung des Klägers. 142Zwar entspricht es der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2007 – II ZR 21/06 m. w. N.). Diese Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Davon ist grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Prospekt bei dem konkreten Vertragsschluss keine Verwendung gefunden hat (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2007 – II ZR 21/06). Allerdings hat ein Prospekt bei einem konkreten Vertragsschluss mittelbar auch dann Verwendung gefunden, wenn der Prospekt entsprechend dem Vertriebskonzept der Fondsgesellschaft von den Anlagevermittlern als Arbeitsgrundlage verwendet wird und sich der Prospektmangel somit aufgrund der Bedeutung des Prospekts für das Vertriebskonzept in dem Beratungsgespräch fortgesetzt hat (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 – III ZR 70/12 [unter II 2 a]); Urteil vom 3. Dezember 2007 – II ZR 21/06 [unter II 2 b]; Urteil vom 24. November 2009 – XI ZR 260/08 [unter B II 3 c]; Urteil vom 6. November 2008 – III ZR 290/07 [unter II 3 a]). 143Vorliegend ist die Kausalitätsvermutung widerlegt, weil sich nicht feststellen lässt, dass der Prospekt bei dem Vertragsschluss Verwendung gefunden hat. Die Beklagten haben mehrfach darauf hingewiesen, dass Entsprechendes nach dem klägerischen Vortrag nicht erkennbar ist. Der Kläger hat sich nicht zu der Verwendung des Prospekts im konkreten Fall erklärt. Er hat lediglich allgemein behauptet, sich auf der Grundlage des Prospekts zur Zeichnung entschlossen zu haben. Ob er den Inhalt des Prospekts durch Lektüre zur Kenntnis genommen hat oder ob dessen Inhalt sich in dem Beratungsgespräch fortgesetzt hat, bleibt dagegen offen. Den Kläger traf insoweit jedoch eine sekundäre Darlegungslast, im Rahmen derer es ihm nach den entsprechenden Hinweisen der Beklagten oblegen hätte, sich hierzu näher zu erklären. Eine sekundäre Darlegungslast obliegt dem Prozessgegner dann, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner zumutbar nähere Angaben machen kann (BGH, Urteil vom 18. Mai 2005 – VIII ZR 368/03 m. w. N.). So liegt es hier, da die Beklagten an dem Beratungsgespräch des Klägers mit Herrn L2 nicht teilgenommen und hierzu auch keine weiteren Informationen haben. Dass der Kläger keine näheren Angaben zu der Verwendung des Prospekts gemacht hat, geht vor diesem Hintergrund zu seinen Lasten. 144Auch auf den entsprechenden Hinweis der Kammer in der Sitzung vom 4. November 2014 hat der Kläger keine näheren Angaben gemacht. Zwar hat er mit nachgelassenem Schriftsatz vom 16. Dezember 2014 ausgeführt, der Prospekt sei ihm vor der Zeichnung durch Herrn L2 überreicht worden. Dass er ihn auch tatsächlich zur Kenntnis genommen hat, ergibt sich daraus indes nicht. 145II. 146Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus den von ihm herangezogenen deliktischen Anspruchsgrundlagen. Soweit festgestellt wurde, dass Prospektfehler nicht vorliegen, fehlt es bereits an einem Anknüpfungspunkt für ein vorsätzliches Verhalten der Beklagten. Soweit Ansprüche wegen etwaiger Prospektfehler jedenfalls verjährt sind, gilt dies für deliktische Ansprüche entsprechend. Insbesondere hätte der Kläger mit der Kenntnis von dem jeweiligen Prospektfehler auch Kenntnis von dem vorsätzlichen Verhalten der Beklagten erlangt. Denn aus anderen Tatsachen als dem Vorliegen der Prospektfehler und der Argumentation, diese seien so schwerwiegend, dass von wissentlichem Verhalten auszugehen sei, leitet der Kläger den Vorsatz der Beklagten nicht ab. 147III. 148Da ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagten in der Hauptsache nicht besteht, sind auch die weiteren Anträge des Klägers unbegründet. 149IV. 150Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO. 151Der Streitwert wird auf einen Wert der Stufe bis € 110.000,00 festgesetzt. 152
die klage wird abgewiesen. der kläger hat die kosten des rechtsstreits zu tragen. dieses urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 2
3der kläger verlangt von den beklagten schadensersatz im zusammenhang mit seiner beteiligung an der o h4 & co. kg, einem geschlossenen schifffsfonds (im folgenden ms o1). 4die beklagte zu 1) ist herausgeberin des prospekts und gründungskommanditistin der fondsgesellschaft. die beklagte zu 2) ist ebenfalls gründungskommanditistin der fondsgesellschaft. die beklagten zu 1) und 2) haben eine platzierungsgarantie abgegeben, die die vorfinanzierung des anlegerkapitals ermöglichte. 5der beklagte zu 3) hatte die gebab-gruppe im jahr 1985 gegründet. er ist geschäftsführer der beklagten zu 1) sowie der h2 mbh und der h mbh. er ist außerdem gesellschafter der h h4 & co. kg und der h mbh. 6der prospekt zu der beteiligung an der ms o1 wurde am 20. juli 2006 erstellt. 7der kläger beteiligte sich mit beitrittserklärung vom 11. mai 2007 (anlage k 2) in höhe von € 100.000,00 zuzüglich agio in höhe von € 2.000,00 an der ms o1. er wurde als kommanditist in das handelsregister eingetragen. der beteiligung vorausgegangen war eine beratung durch herrn l2. 8daneben beteiligte sich der kläger unter anderem an der geschlossenen schiffsbeteiligung b1 und b mbh & co. kg. 9aus der beteiligung an der ms o1 erhielt der kläger ausschüttungen in höhe von € 15.000,00. 10ab dem jahr 2009 entwickelte sich der streitgegenständliche fonds negativ. in einem an alle anleger übersandten bericht des beirates für das geschäftsjahr 2008 heißt es unter dem punkt „ausblick 2009“ unter anderem: 11„der chartervertrag endet im sept./okt. 2009. 12eine anschlusscharter ist bei derzeitiger marktsituation nicht realistisch. die geschäftsführung und beirat sind der meinung, die vorhandene liquidität für evtl. aufliegezeiten zu verwenden. 13mit der finanzierenden bank werden gespräche über eine tilgungsaussetzung geführt, um für eine evtl. aufliegezeit liquidität zu erhalten.“ 14mit schreiben vom 30. märz 2010 teilte die fondsgesellschaft den anlegern mit, dass ein betriebsfortführungskonzept zur sicherung des fortbestandes der gesellschaft notwendig sei. unter anderem heißt es in dem schreiben im fettdruck: 15„der bestand der gesellschaft ist jedoch trotz der aktuell geschlossenen charter akut bedroht.“ 16es wurde sodann ein betriebsfortführungskonzept entwickelt, welches insbesondere die bereitstellung weiterer gesellschaftermittel vorsah. das konzept wurde den anlegern mit schreiben vom 24. august 2010 vorgestellt. in dem schreiben heißt es unter anderem im fettdruck: 17„dies bedeutet, dass die gesellschaft ohne entsprechende finanzierungshilfen im herbst des jahres 2010 zahlungsunfähig wäre.“ 18die anleger beschlossen das betriebsfortführungskonzept mit einer mehrheit von 99,7 %. der kläger beteiligte sich selbst nicht an dem betriebsfortführungskonzept. 19im geschäftsjahr 2012 kam es zu einer weiteren dramatischen verschlechterung der marktlage und die einnahmen deckten nicht mehr die kosten des schiffsbetriebs. verhandlungen mit der finanzierenden bank über ein erhaltungskonzept scheiterten. 20am 23. mai 2013 stellte die fondsgesellschaft insolvenzantrag bei dem amtsgericht nordenham. das insolvenzverfahren wurde mit beschluss vom 25. juni 2013 (6 in 36/13) eröffnet. 21der kläger trägt vor: 22der emissionsprospekt sei in wesentlichen punkten falsch, unvollständig und irreführend. dafür seien die beklagten zu 1), 2) und 3) verantwortlich. er macht folgende prospektfehler geltend: 23a) 24die darstellung des chartermarktes sei grob fehlerhaft und stelle die lage des schiffsmarktes zum zeitpunkt der prospekterstellung im jahr 2006 äußerst verharmlosend, inhaltlich falsch und in wesentlichen punkten unvollständig dar. so werde den kapitalanlegern der eindruck eines stabilen und wachstumsorientierten marktes vermittelt, während dieser tatsächlich extremen schwankungen unterworfen sei und einem sogenannten „schweinezyklus“ unterliege. unter berücksichtigung des „schweinezyklus“ sei auch erkennbar gewesen, dass angesichts der hochphase, in der sich der markt im jahr 2006 befunden habe sowie der bereits sichtbaren anzeichen einer „blasenbildung“ eine reduzierung der charterpreise bevorgestanden habe. wenn den berechnungen im prospekt ein anhand der werte der letzten jahre ermittelter durchschnittlicher charterpreis zugrunde gelegt werde, würden diese branchenbekannten marktgegebenheiten wider besseres wissen ignoriert. die wirtschaftliche krise der fondsgesellschaft ab dem jahr 2009 sei darauf zurückzuführen, dass sich das durch den „schweinezyklus“ verursachte risiko realisiert habe und nicht – wie es die beklagten darzustellen versuchten – auf die folgen der finanzkrise. 25b) 26der prospekt täusche den anleger über die konkrete renditemöglichkeit. die jährlich zu erzielende rendite werde an keiner stelle genannt. es würden nur die zu erwartenden ausschüttungen benannt und auf diese weise bei dem anleger der unzutreffende eindruck erweckt, er könne mit einer rendite von zunächst 7 % p. a. bis später 19 % p. a. rechnen. tatsächlich würde die beteiligung selbst bei prognosegemäßem verlauf lediglich eine durchschnittliche rendite von 3,74 % p. a. erwirtschaften, was zu den damit verbundenen risiken in keinem verhältnis stehe. 27c) 28in dem prospekt werde unzutreffenderweise der eindruck der wirtschaftlichkeit erweckt, während es sich mit blick auf die tatsächliche renditeerwartung um eine äußerst unwirtschaftliche anlage handele, die dem anleger keine marktgerechte gegenleistung biete. dies sei anhand anerkannter betriebswirtschaftlicher methoden nachweisbar. wesentlicher grund der unwirtschaftlichkeit sei, dass die „initiatoren und gründer“ bei prognosegemäßem verlauf insgesamt 50,42 % der zeichnungssumme hätten vereinnahmen sollen. 29d) 30die prognoserechnung verstoße gegen anerkannte erfordernisse und sei aus ex ante-sicht weder vertretbar noch berücksichtige sie die gegebenen verhältnisse und die sich abzeichnenden risiken. so gehe sie von einer konstanten charterrate aus und lasse die zyklizität des chartermarktes („schweinezyklus“) außer betracht. 31e) 32über das risiko der schiffsveräußerung am ende der geplanten laufzeit werde nicht ausreichend aufgeklärt. dieser verkauf, von dem ein erheblicher teil – 40,67 % – des für die anleger prognostizierten gewinns abhänge, sei von dem erheblichen schwankungen („schweinezyklus“) unterliegenden markt für gebrauchtschiffe abhängig, worüber nicht ausreichend aufgeklärt werde. auch bringe der prospekt nicht klar zum ausdruck, dass eine erhebliche abhängigkeit des veräußerungserlöses von dem zu diesem zeitpunkt geltenden eur-usd-wechselkurs bestehe und dieser ebenfalls starken schwankungen unterliege. 33f) 34der prospekt kläre nicht hinreichend über die mit der tonnagebesteuerung verbundenen risiken auf. hierbei wäre insbesondere aufklärungsbedürftig gewesen, dass die steuerbelastung bei dieser fiktiven art der besteuerung unabhängig davon sei, ob die beteiligung einen gewinn erwirtschafte und deshalb auch bei verlusten anfalle. 35g) 36notwendig wäre eine aufklärung über die möglichkeit einer haftung analog §§ 30, 31 gmbhg gewesen. die kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30, 31 gmbhg seien nach der rechtsprechung des bundesgerichtshofs auf die h4 & co. kg analog anzuwenden. dies habe zur folge, dass die kommanditisten in den fällen des § 30 abs. 1 gmbhg verpflichtet seien, erhaltene zahlungen zurückzuzahlen, wenn deren auszahlung zu einem verstoß gegen das gesetzliche kapitalerhaltungsgebot bei der komplementär-h4 geführt habe. gegenüber der haftung des kommanditisten nach den §§ 171, 172 abs. 4 hgb sei diese haftung weitergehend, da sie betragsmäßig nicht auf das wiederauffüllen der hafteinlage beschränkt sei, sondern sich auf eine wiederherstellung des nettoaktivvermögens der komplementär-h4 in seinen stand vor der die unterbilanz begründenden auszahlung richte. verschärft werde die haftung noch durch § 31 abs. 3 gmbhg, der eine solidarhaftung aller gesellschafter bei ausfall des unmittelbaren zahlungsempfängers begründe. 37h) 38zu beanstanden sei ferner die darstellung der prognostizierten kostenentwicklung. wesentliche kostenpositionen würden deutlich zu niedrig angesetzt. dies gelte insbesondere für die verbrauchskosten des schiffes wie treibstoff, schmierstoffe u. ä., die unter dem punkt „energiekosten“ zusammengefasst würden. soweit im rahmen der prognoserechnung mit einem jährlichen anstieg von 3 % gerechnet werde, sei diese annahme nicht durch empirische daten belegt. tatsächlich hätten sich die energiekosten insbesondere in den letzten jahren vor prospekterstellung signifikant erhöht. 39i) 40über das währungsrisiko kläre der prospekt unzureichend auf. es fänden sich nur hinweise zu dem währungsrisiko im allgemeinen, nicht aber zu den damit verbundenen auswirkungen auf die liquidität, die ausschüttungen und die rendite der kapitalanlage. der anleger wäre darüber aufzuklären gewesen, dass währungen zum teil erheblichen schwankungen unterliegen. 41j) 42über die mit dem einsatz von fremdkapital verbundenen risiken, insbesondere über die sogenannte „loan-to-value“ bzw. „105 %-klausel“, werde nicht in ausreichender form aufgeklärt. 43k) 44die im prospekt enthaltene aufklärung über die möglichkeit des wiederauflebens der kommanditistenhaftung nach § 172 abs. 4 hgb seien unzureichend. 45l) 46auf die eingeschränkte fungibilität der beteiligung sowie auf die gemäß § 160 hgb fortbestehende haftung des kommanditisten für die dauer von fünf jahren nach veräußerung seines beteiligungsanteils werde nicht in ausreichender form aufgeklärt. 47m) 48über die für den anleger bestehenden auslandsrisiken werde nicht aufgeklärt. dies betreffe einerseits die gefahr, dass andere staaten die haftungsbegrenzung einer kommanditgesellschaft nicht anerkennen. andererseits bestünden politische risiken wie beispielsweise bürgerkriege oder piratenangriffe, die in dem prospekt nicht erläutert würden. 49n) 50der prospekt kläre nicht in hinreichender form über das risiko des totalverlustes auf. zwar fänden sich hierzu ausführungen, diese würden aber durch die gesamtdarstellung relativiert. die hinweise würden nicht als warnung genutzt, sondern dazu, als kontrast zu wirken und die sicherheit und chancen der vermögensanlage hervorzuheben. es werde nicht deutlich, dass der anleger sein gesamtes eingesetztes vermögen und darüber hinaus auch sein sonstiges vermögen verlieren könne. 51o) 52schließlich enthalte der prospekt nicht die laut idw s4 erforderlichen angaben eines verkaufsprospekts für einen schiffsfonds, rühme sich aber mit dessen beachtung. entgegen dem idw s4-standard seien nämlich wesentliche vertragswerke dem prospekt nicht beigefügt gewesen. 53in kenntnis der prospektfehler hätte er die beteiligung nicht erworben und die geldbeträge mit einer rendite in höhe von 4 % p. a. anlegen können. 54ihm stünden gegen die beklagten ansprüche aus prospekthaftung im weiteren sinne sowie aus delikt zu. letztere bestünden, weil der prospekt vorsätzlich falsche angaben enthalte. 55der kläger beantragt, 561.die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn einen schadensersatz in höhe von € 87.000,00 nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu leisten, zug um zug gegen abtretung seiner kommanditbeteiligung an der o h4 & co. kg mit einer beteiligungshöhe ohne agio von € 100.000,00; 572. 58festzustellen, dass sich die beklagten mit der entgegennahme der von ihm gehaltenen kommanditbeteiligung an der o h4 & co. kg mit einer beteiligungshöhe ohne agio von € 100.000,00 in annahmeverzug befinden; 593. 60die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn entgangenen gewinn in höhe von 4 % p. a. aus einem betrag in höhe von € 102.000,00 für den zeitraum vom 11. mai 2007 bis zum 31. dezember 2007 sowie entgangenen gewinn in höhe von 4 % p. a. aus einem betrag in höhe von € 95.000,00 für den zeitraum vom 31. dezember 2007 bis zum 31. dezember 2008 sowie entgangenen gewinn in höhe von 4 % p. a. aus einem betrag in höhe von € 87.000,00 für den zeitraum vom 31. dezember 2008 bis rechtshängigkeit nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen; 614. 62die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, ihn von sämtlichen regressansprüchen dritter wegen einer haftungsinanspruchnahme gemäß § 172 abs. 4 hgb aus der beteiligung an der o h4 & co. kg in höhe von € 15.000,00 freizustellen; 635. 64festzustellen, dass die beklagten als gesamtschuldner verpflichtet sind, ihn von sämtlichen für ihn nicht bezifferbaren regressansprüchen dritter wegen einer haftungsinanspruchnahme gemäß §§ 30, 31 gmbhg analog aus der beteiligung an der o h4 & co. kg freizustellen; 656. 66festzustellen, dass die beklagten als gesamtschuldner verpflichtet sind, ihn von sämtlichen für ihn derzeit nicht beziffer- oder benennbaren nachteilen, insbesondere etwaigen steuernachteilen, aus der beteiligung an der o h4 & co. kg freizustellen; 677. 68die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn außergerichtliche rechtsverfolgungskosten in höhe von € 3.600,94 nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 69die beklagten beantragen, 70 die klage abzuweisen. 71sie tragen vor, dass der prospekt keine fehler aufweise. wegen der einzelheiten des vortrages wird auf die jeweiligen schriftsätze verwiesen. 72der beklagte zu 3) hafte aus keinem rechtlichen gesichtspunkt, insbesondere sei er weder in die herstellung noch in die herausgabe des prospekts eingebunden gewesen. er habe sich bereits im jahr 1998 aus dem operativen geschäft zurückgezogen und habe wesentliche teile seiner beteiligung an die alsdann operativ tätigen gesellschafter übertragen. 73die beklagten erheben die einrede der verjährung. dem kläger habe sich mit beginn der schifffahrtskrise ende 2008, jedenfalls aber im jahr 2009 aufdrängen müssen, dass sich die marktentwicklung abweichend zu den prospektprognosen gestalte. spätestens mit den im zusammenhang mit dem betriebsfortführungskonzept im jahr 2010 erteilten informationen habe der kläger gewusst, dass sich die anlage nicht prospektgemäß entwickelt habe und weiterentwickeln würde. 74
75die zulässige klage ist nicht begründet. 76i. 77ein anspruch aus der sogenannten prospekthaftung im engeren sinne wäre – wovon auch der kläger ausgeht – jedenfalls verjährt. auch nach den grundsätzen der prospekthaftung im weiteren sinne gemäß §§ 280 abs. 1, 311 abs. 2 nr. 2, 241 abs. 2 bgb besteht jedoch kein anspruch des klägers gegen die beklagten. 781. 79nach den grundsätzen über die prospekthaftung im weiteren sinne, die als anspruch aus verschulden bei vertragsschluss (§§ 280 abs. 1, § 311 abs. 2, 241 abs. 2 bgb) an die (vor-)vertraglichen beziehungen zum anleger anknüpft (vgl. bgh, urteil vom 23. april 2012 – ii zr 211/09 [unter b i 1 a]), haftet grundsätzlich nur, wer vertragspartner des anlegers ist oder werden soll; außerdem haftet daneben ausnahmsweise derjenige, der als für den (potentiellen) vertragspartner auftretender vertreter oder beauftragter (sachwalter) in erscheinung getreten ist und dabei entweder für seine person vertrauen in anspruch genommen und die vertragsverhandlungen beeinflusst hat oder ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches interesse am abschluss des geschäftes hatte (vgl. etwa bgh, urteil vom 23. april 2012 – ii zr 211/09 [unter b ii 1 a]; beschluss vom 29. januar 2009 – iii zr 74/08 [unter ii 2 b aa]; urteil vom 4. mai 2004 – xi zr 41/03 [unter ii 2 b]). die danach erforderlichen (vor-)vertraglichen beziehungen bestehen zwischen gründungsgesellschaftern und dem über einen treuhänder beitretenden kommanditisten jedenfalls dann, wenn der treugeber nach dem gesellschaftsvertrag wie ein unmittelbar beigetretener kommanditist behandelt werden soll (vgl. bgh, urteil vom 23. april 2012 – ii zr 211/09 [unter b i 1 a]). 80den gründungsgesellschafter trifft die pflicht, einem beitrittsinteressenten für seine beitrittsentscheidung ein zutreffendes bild über das beteiligungsobjekt zu vermitteln und ihn über alle umstände, die für seine anlageentscheidung von wesentlicher bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen anlageform verbundenen nachteile und risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufzuklären. der gründungsgesellschafter, der sich zu den vertraglichen verhandlungen über einen beitritt eines vertriebs bedient und diesem oder von diesem eingeschalteten untervermittlern die geschuldete aufklärung der beitrittsinteressenten überlässt, haftet über § 278 bgb für deren unrichtige oder unzureichende angaben. er muss sich das fehlverhalten von personen, die er mit den verhandlungen zum abschluss des beitrittsvertrages ermächtigt hat, zurechnen lassen (bgh, urteil vom 14. mai 2012 – ii zr 69/12 m. w. n.). wird durch einen prospekt zum beitritt zu einer publikumsgesellschaft geworben, darf dieser keine unrichtigen oder irreführenden angaben enthalten und er darf auch nicht unvollständig sein; denn die beitrittsinteressenten haben im allgemeinen keine eigenen unterrichtungsmöglichkeiten und sind daher weitgehend darauf angewiesen, sich anhand des prospekts über das zu finanzierende vorhaben zu informieren (bgh, urteil vom 17. juni 1991 – ii zr 121/90). 812. 82ob neben den beklagten zu 2) und 3) als gründungsgesellschaftern auch der beklagte zu 3) nach diesen maßstäben prospektverantwortlicher ist, kann vorliegend offen bleiben. es liegen keine prospektfehler vor oder sind ansprüche wegen etwaiger prospektfehler jedenfalls verjährt. 83a) 84ob im hinblick auf die von dem kläger gerügte fehlerhafte darstellung des chartermarktes ein prospektfehler vorliegt, kann offen bleiben. die beklagten können einem etwaigen anspruch des klägers jedenfalls die einrede der verjährung mit erfolg entgegenhalten. 85bei klageerhebung im jahr 2014 waren etwaige ansprüche bereits gemäß §§ 195, 199 bgb verjährt. 86nach § 199 abs. 1 bgb setzt der beginn der regelmäßigen verjährungsfrist neben der entstehung des anspruchs voraus, dass der gläubiger von den anspruchsbegründenden umständen und der person des schuldners kenntnis erlangt oder ohne grobe fahrlässigkeit erlangen müsste. die erforderliche kenntnis vom schaden und der person des ersatzpflichtigen erfordert regelmäßig keine zutreffende rechtliche würdigung. vielmehr genügt aus gründen der rechtssicherheit und billigkeit im grundsatz die kenntnis der den ersatzanspruch begründenden tatsächlichen umstände. hierzu gehört in fällen unzureichender aufklärung auch die kenntnis der umstände einschließlich der wirtschaftlichen zusammenhänge, aus denen sich die rechtspflicht zur aufklärung ergibt (vgl. bgh, urteil vom 3. juni 2008 – xi zr 319/06 m. w. n.). 87geht es um den vorwurf verschiedener aufklärungs- oder beratungsfehler, sind diese voraussetzungen getrennt für jede einzelne pflichtverletzung zu prüfen. wird ein schadensersatzanspruch auf mehrere fehler gestützt, beginnt die verjährung daher nicht einheitlich, wenn bezüglich eines fehlers kenntnis oder grob fahrlässige unkenntnis vorliegt und dem anleger insoweit eine klage zumutbar wäre. vielmehr ist jede pflichtverletzung verjährungsrechtlich selbstständig zu behandeln (vgl. bgh, urteil vom 22. september 2011 – iii zr 186/10). 88vorliegend begann die verjährungsfrist spätestens im jahr 2010 zu laufen. aufgrund der in dem bericht des beirates für das geschäftsjahr 2008 enthaltenen und den im zusammenhang mit dem betriebsfortführungskonzept erteilten informationen hatte der kläger kenntnis davon, dass sich der chartermarkt nicht wie prognostiziert entwickelte. so wies bereits der bericht für das geschäftsjahr 2008 in eindeutiger form darauf hin, dass eine anschlusscharter nach beendigung des chartervertrages im september/oktober 2009 aufgrund der marktsituation nicht realistisch sei. für den anleger lässt diese information keinen anderen schluss zu, als dass die in dem prospekt suggerierte stetige nachfrage – den vortrag des klägers als zutreffend unterstellt – tatsächlich nicht gegeben war und auch die marktentwicklung den angaben im prospekt nicht entsprach. abschließend deutlich ist dies dem kläger im zusammenhang mit dem betriebsfortführungskonzept geworden. in dem schreiben vom 24. august 2010 ist den anlegern mitgeteilt worden, dass die fondsgesellschaft ohne einen nachschuss von mitteln seitens der gesellschafter noch im herbst 2010 zahlungsunfähig wäre, womit selbst letzte zweifel daran ausgeräumt gewesen sein müssen, dass die dem prospekt zugrunde gelegten prognosen – den vortrag des klägers weiterhin als wahr unterstellt – zutreffen konnten. 89dabei kommt es nicht darauf an, ob der kläger die geschäftsberichte und die weiteren schreiben auch tatsächlich zur kenntnis genommen hat. einen anleger trifft die obliegenheit, im eigenen interesse die geschäftsberichte zu lesen und zumindest in ihren grundzügen zur kenntnis zu nehmen. von ihm kann erwartet werden, dass er im rahmen seiner fähigkeiten und kenntnisse die entwicklung einer langfristigen vermögensanlage, in die er einen erheblichen betrag investiert hat, selbst verfolgt und dabei auch weitere oder ergänzende informationen zur kenntnis nimmt, die ihm von der fondsgesellschaft oder fondsverwaltung gegeben werden und die für die beurteilung der kapitalanlage und ihre wertentwicklung von wesentlicher bedeutung sind. geschieht dies nicht, so ist ihm ein schwerer obliegenheitsverstoß in seiner eigenen angelegenheit der anspruchsverfolgung vorzuwerfen. 90die beklagten als prospektverantwortliche – die auffassung des klägers auch insoweit als zutreffend unterstellt – drängten sich als mögliche anspruchsgegner für einen schadensersatzanspruch wegen prospektfehlern auf, weshalb dem kläger die beklagten als in betracht kommende schuldner bekannt oder zumindest grob fahrlässig unbekannt waren. 91da die verjährungsfrist drei jahre beträgt und mit dem schluss des jahres zu laufen beginnt, ist verjährung daher spätestens mit ablauf des 31. dezember 2013 und damit vor einer möglichen hemmung gemäß § 204 abs. 1 nr. 4 bgb durch klageerhebung im jahr 2014 eingetreten. 92b) 93ebenfalls wegen verjährung nicht durchsetzbar ist ein etwaiger anspruch des klägers wegen einer fehlerhaften darstellung der renditemöglichkeiten im prospekt. 94die für den verjährungsbeginn notwendige kenntnis oder grob fahrlässige kenntnis von einem – im folgenden unterstellten – prospektfehler lagen bereits im jahr 2007 vor, so dass die verjährung mit dem ablauf des jahres 2010 eingetreten ist. 95aus dem anschreiben der beklagten zu 2) vom 8. november 2007 ergibt sich unmissverständlich, dass die erste zahlung in der prospektierten höhe von 7 % nicht den gewinnen der gesellschaft entnommen wurde. denn dort heißt es: 96„aus rein formalrechtlichen gründen weisen wir darauf hin, dass nach § 172 hgb die an sich beschränkte haftung wieder auflebt, da die kapitalkonten nach vorangegangenen verlusten noch nicht den stand der einlage wieder erreicht haben.“ 97wenn aber die kapitalkonten der gesellschafter sich sogar unter dem stand der einlage befanden, liegt es für den anleger auf der hand, dass die gleichwohl erfolgte ausschüttung unabhängig von gewinnen der gesellschaft erfolgt. soweit sich ein anleger also nach der lektüre des prospekts in einem irrtum über die bedeutung des begriffs der ausschüttung befunden haben sollte, konnte und musste er diesen irrtum nach erhalt des schreibens erkennen. 98damit hatte der anleger gleichzeitig kenntnis von dem weiteren in diesem zusammenhang gerügten mangel des prospekts, dass nämlich die tatsächliche rendite an keiner stelle genannt werde. wenn der anleger mit erhalt des schreibens vom 8. november 2007 erkannt hat oder erkannt haben musste, dass es sich bei den prognostizierten ausschüttungen zwischen 7 % und 19 % p. a. entgegen seiner vorstellung nicht um die rendite der beteiligung handelte, war ihm gleichzeitig klar, dass dann der prospekt insoweit unvollständig war und keinen hinweis auf die tatsächlich zu erwartende rendite enthielt. 99c) 100soweit der kläger rügt, der prospekt erwecke den eindruck der wirtschaftlichkeit, während der anleger tatsächlich, insbesondere wegen der hohen weichkosten, keine marktgerechte gegenleistung erhalte, folgt daraus kein prospektfehler. 101durch den prospekt muss einem anleger für seine beitrittsentscheidung ein richtiges bild über das beteiligungsobjekt vermittelt werden, das heißt er muss über alle umstände, die für seine anlageentscheidung von wesentlicher bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen beteiligungsform verbundenen nachteile und risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden. dazu gehört eine aufklärung über umstände, die den vertragszweck vereiteln oder den vom anleger verfolgten zweck gefährden können. ob ein prospekt unrichtige oder unvollständige angaben enthält, ist nach dem gesamtbild zu beurteilen, das er von der beteiligung vermittelt, wobei die prospektverantwortlichen eine sorgfältige und eingehende lektüre des prospekts bei den anlegern voraussetzen können (bgh, urteil vom 23. april 2012 – ii zr 75/10 m. w. n.). 102daran gemessen lässt sich ein prospektfehler nicht feststellen. die von dem kläger beanstandeten geldflüsse an „initiatoren und gründer“ sind in dem prospekt vollständig und zutreffend aufgeführt (vgl. seite 43 des prospekts), was der kläger auch nicht in abrede stellt. ob die von dem kläger angestellte berechnung der weichkostenquote zutrifft, kann vor diesem hintergrund offen bleibt. da weder unrichtige noch unvollständige angaben vorliegen, folgt aus den aus sicht des klägers zu hohen kosten jedenfalls kein prospektfehler. auch soweit der kläger die fehlende wirtschaftlichkeit der beteiligung als folge der hohen weichkosten rügt, zeigt er damit keine fehlerhaften angaben des prospekts auf. auch bestand keine aufklärungspflicht in dem prospekt über die frage, ob bei einer anwendung der kapitalwertmethode die summe der abgezinsten rückflüsse abzüglich der investition positiv ist. es handelt sich dabei nicht um einen für die anlageentscheidung eines durchschnittlichen anlegers relevanten umstand, da dieser die frage seiner beteiligung nicht von dem ergebnis einer berechnung nach der kapitalwertmethode abhängig macht. sofern dieser punkt für einen anleger im einzelfall von bedeutung ist, steht es ihm zudem frei, angesichts der vollständigen und richtigen aufklärung im prospekt zu der beabsichtigten mittelverwendung selbst eine entsprechende rechnung anzustellen und zu entscheiden, ob die beteiligung von ihm als wirtschaftlich eingeschätzt wird. 103d) 104ein etwaiger anspruch des klägers infolge der von ihm gerügten fehlerhaftigkeit der prognoserechnung ist jedenfalls verjährt. insoweit kann auf die ausführungen unter a) verwiesen werden, da sich die gerügten prospektfehler zu a) und d) inhaltlich entsprechen. 105e) 106im hinblick auf die darstellung des beabsichtigten schiffsverkaufs am ende der laufzeit der beteiligung lässt sich ein prospektfehler nicht feststellen. die von dem kläger als fehlend gerügten risikohinweise befinden sich auf seite 16 unter der großgedruckten und eindeutigen überschrift „veräußerungserlös“, wo es unter anderem heißt: 107„zum ende der laufzeit dieser vermögensanlage wurde für das schiff in der ergebnisprognose ein veräußerungserlös in höhe von 25,00 % des schiffsbaupreises zuzüglich erstausrüstung und baureserve berücksichtigt. der tatsächliche wiederveräußerungserlös ist grundsätzlich von der entwicklung des schiffsmarktes, von den zum verkaufszeitpunkt vorherrschenden marktverhältnissen, den devisenkursen sowie vom zustand des schiffes abhängig. unter umständen kann bei veräußerung des schiffes aufgrund seiner technischen performance oder der marktentwicklung nur ein niedrigerer veräußerungserlös als der prognostizierte erzielt werden. dies würde sich entsprechend negativ auf das gesamtergebnis der beteiligungsgesellschaft auswirken.“ 108f) 109auch im zusammenhang mit der darstellung der tonnagebesteuerung liegt ein prospektfehler nicht vor. eine ausführliche erläuterung der besteuerung sowie die von dem kläger als fehlend gerügten risikohinweise finden sich auf seite 15 unter der überschrift „tonnagesteuer“ sowie auf seite 52. auf letzterer heißt es unter ziffer 14.: 110„die beteiligungsgesellschaft unterliegt vom zeitpunkt der übernahme des schiffes voraussichtlich im september 2006 der besteuerung nach der tonnagesteuer (§ 5 a estg). dabei wird an stelle des tatsächlichen gewinnes/verlustes der steuerliche gewinn auf grundlage der nettoraumzahl des schiffes pauschal ermittelt. […]“ 111aus diesen ausführungen geht mit hinreichender deutlichkeit hervor, dass es sich um eine unabhängig von dem tatsächlichen gewinn oder verlust der fondsgesellschaft anfallende pauschale form der besteuerung handelt. dass diese form in einem verlustjahr gegenüber der herkömmlichen besteuerung nachteilig sein kann, erschließt sich von selbst und bedarf keines ausdrücklichen hinweises. 112g) 113eines hinweis auf eine mögliche haftung des kommanditisten analog §§ 30, 31 gmbhg bedurfte es nicht. dabei kommt es auf die fragen, ob und in welchem umfang ein solches risiko bei in der form einer h4 & co. kg organisierten fondsgesellschaften grundsätzlich besteht und inwiefern darüber neben dem hinweis auf das wiederaufleben der kommanditistenhaftung nach den §§ 171, 172 abs. 4 hgb aufzuklären ist, nicht an. vorliegend ist eine zu einer unterbilanz der komplementär-h4 führende auszahlung an die kommanditisten jedenfalls ausgeschlossen. 114dies folgt aus den überzeugenden ausführungen der beklagten zu 2) und 3), denen der kläger nicht konkret entgegengetreten ist. diese haben vorgetragen, dass bei dem streitgegenständlichen schiffsfonds ein haftungsrisiko nicht bestehe, weil das kapital der kommanditgesellschaft in dem seeschiff gebunden sei. auszahlungen können deshalb nur aus freier liquidität erfolgen, weshalb das stammkapital der komplementär-h4 nicht angegriffen werden könne. zudem bedürfe es, worauf die beklagten zu 2) und 3) ebenfalls hinweisen, für eine solche auszahlung eines entsprechenden beschlusses der gesellschafter. eine unter verstoß gegen die kapitalerhaltungsvorschriften erfolgende beschlussfassung kann indes nicht unterstellt werden. angesichts der damit im vorliegenden fall fehlenden praktischen relevanz einer solchen haftung handelt es sich nicht um einen für die anlageentscheidung eines gesellschafters wesentlichen umstand. 115h) 116ein prospektfehler infolge einer mangelnden aufklärung über die tatsächliche kostenentwicklung, insbesondere wegen eines der prognose zugrunde gelegten zu geringen jährlichen anstiegs der energiekosten, ist nicht erkennbar. 117zu den umständen, über die der prospekt ein zutreffendes und vollständiges bild zu vermitteln hat, gehören zwar auch die für die anlageentscheidung wesentlichen prognosen über die voraussichtliche künftige entwicklung des anlageobjekts. dabei übernimmt der prospektherausgeber jedoch grundsätzlich keine gewähr dafür, dass die von ihm prognostizierte entwicklung tatsächlich eintritt; die interessen des anlegers werden dadurch gewahrt, dass prognosen im prospekt durch tatsachen gestützt und ex-ante betrachtet vertretbar sein und nach den damals gegebenen verhältnissen und unter berücksichtigung der sich abzeichnenden risiken erstellt werden müssen (vgl. bgh, urteil vom 23. april 2012 – ii zr 75/10 [unter ii 2 b aa (2)]). über die vertretbarkeitsprüfung hinausgehende risikoabschläge, die der einer prognose notwendig innewohnenden unsicherheit rechnung tragen sollen, sind für eine angemessene risikodarstellung nicht notwendig; der prognose dürfen auch optimistische erwartungen zugrunde gelegt werden, solange die sie rechtfertigenden tatsachen sorgfältig ermittelt sind und die darauf gestützte prognose aus damaliger sicht vertretbar ist, eine realistische, kaufmännischen erfahrungen entsprechende vorsichtige kalkulation ist nicht erforderlich (vgl. bgh, urteil vom 27. oktober 2009 – xi zr 337/08 [unter ii 2 b bb (2)]). 118daran gemessen ist es nicht zu beanstanden, wenn die jährliche steigerungsrate der energiekosten mit 3 % angenommen wurde. diese beruht, wie die beklagten aufgezeigt haben, auf vertretbaren annahmen und entsprach der erwartungshaltung auch der finanzierenden banken. die steigerungsrate liegt zudem noch über dem bei anderen schiffsbeteiligungen üblichen wert von 2,5 % p. a., wie die beklagten unwiderlegt und unter vorlage eines prospektvergleichs vorgetragen haben. 119i) 120die in dem prospekt enthaltene aufklärung über das währungsrisiko ist ausreichend. auf seite 12 befinden sich nicht nur eine ausführliche erläuterung, sondern auch die von dem kläger als fehlend beanstandeten hinweise auf spezielle auswirkungen des währungsrisikos. so wird unter der hauptüberschrift „kursentwicklung des us-dollars“ und dem unterpunkt „eur-darlehen“ erläutert, dass bei schwächerem us-dollar gegenüber dem euro mehr liquidität zur bedienung von zinsen und tilgung benötigt werde, wodurch sich die zur auszahlung an die anleger zur verfügung stehende liquidität reduzieren könne. dass ungünstige – im einzelnen erläuterte – kursverhältnisse zum zeitpunkt der auszahlung von entnahmen an den anleger dazu führen können, dass diese niedriger als prognostiziert ausfallen, wird unter dem unterpunkt „entnahmen“ mitgeteilt. daneben wird auch bei der erläuterung der prognosen jeweils an entsprechender stelle auf die folgen der währungsabhängigkeit hingewiesen (vgl. insbesondere seite 52), so dass bei dem anleger auch diesbezüglich kein falscher eindruck entstehen kann. 121j) 122aus einer fehlenden darstellung der speziellen risiken der fremdfinanzierung, insbesondere der sogenannten „105 %-“ oder „loan-to-value-klausel“, folgt kein prospektfehler. 123bei dieser klausel handelt es sich um eine in den von der fondsgesellschaft abgeschlossenen darlehensverträgen mit den finanzierenden banken enthaltene regelung, wonach die fondsgesellschaft als darlehensnehmer dann, wenn der wert der sicherheit eine bestimmte grenze – häufig 105 % – unterschreitet, entweder zusätzliche sicherheiten stellen oder einen teil des darlehens vorzeitig zurückzahlen muss. hintergrund ist zum einen die durch den gesunkenen wert der sicherheit erhöhte wahrscheinlichkeit, bei ihrer verwertung mit einem teil der forderung auszufallen. zum anderen sind banken unter umständen aus aufsichtsrechtlichen gründen verpflichtet, das darlehen mit mehr eigenkapital zu unterlegen, wenn die sicherheit dem wert der forderung nicht mehr in einem angemessenen verhältnis gegenübersteht. sowohl in der schiffsfinanzierung als auch in der immobilienfinanzierung sind solche klauseln verbreitet (vgl. schmid-burgk, wm 2015, 57 ff). 124die existenz dieser klausel in den mit den finanzierenden banken geschlossenen darlehensverträgen hat im prospekt keinen niederschlag gefunden, wie der kläger zu recht ausführt. indes bedurfte es eines ausdrücklichen hinweises darauf nicht (ebenso lg dortmund, urteil vom 11. juli 2014 – 3 o 218/13; vgl. auch olg frankfurt, urteil vom 15. oktober 2014 – 17 u 155/13 [unter 3 b bb 8]). 125dass finanzierende banken ein interesse daran haben, sich gegen einen ausfall ihres sicherungsmittels zu schützen und entsprechende regelungen in ihre darlehensverträge aufnehmen, ist allgemein bekannt und auch für einen anleger ohne spezielle kenntnisse ohne weiteres nachvollziehbar. dementsprechend werden im grundsatz nachbesicherungsrechte der banken und sparkassen auch dann für zulässig, insbesondere nicht für überraschend, gehalten, wenn diese in allgemeinen geschäftsbedingungen vereinbart werden (vgl. bgh, urteil vom 19. september 1979 – iii zr 93/76; urteil vom 18. dezember 1980 – iii zr 157/08; urteil vom 3. dezember 1998 – ix zr 313/97 [unter 3 b aa]). 126zwar unterscheidet sich die situation bei der schiffsfinanzierung von diesen üblicherweise auf einer veränderung der risikolage beruhenden nachbesicherungsrechten dadurch, dass allein auf den wertverlust der sicherheit abgestellt wird. es liegt aber ebenfalls auf der hand, dass der wert des sicherungsmittels bei einer objektbezogenen finanzierung und insbesondere dann, wenn neben dem finanzierten objekt keine weiteren vermögenswerte zur verfügung stehen, für die finanzierende bank entscheidend ist und sie sich gegen einen wertverlust während der laufzeit des darlehens absichern muss und wird. 127einer ausdrücklichen aufklärung über das recht der finanzierenden banken, bei einem wertverlust des schiffes eine nachbesicherung zu verlangen, bedarf es deshalb nicht. dies gilt jedenfalls dann, wenn dem anleger – wie hier – die für das entstehen solcher nachbesicherungsrechte maßgeblichen umstände in dem prospekt aufgezeigt werden. so wird die fremdfinanzierung des fondseigenen schiffs umfangreich erläutert (vgl. seiten 13 und 45 f.). dass verluste eintreten können, wird ebenfalls ausführlich beleuchtet (vgl. seiten 11 und 18 sowie die ausführungen unter n)). schließlich enthält der prospekt hinreichend deutliche und nicht zu beanstandende hinweise auf das währungsrisiko (siehe soeben unter i)). soweit bei schiffsbeteiligungen die loan-to-value-klausel auch durch wechselkursschwankungen zum tragen kommen kann, insbesondere durch das kursverhältnis zwischen dem us-dollar und dem japanischen yen, wird dem somit ebenfalls rechnung getragen. sind dem anleger diese umstände bekannt, handelt es sich bei der konkreten ausgestaltung der regelung um ein detail der darlehensverträge, das keinen für die anlageentscheidung wesentlichen umstand darstellt. der anleger kann vielmehr darauf verwiesen werden, bei einem besonderen interesse an den einzelheiten bei der fondsgesellschaft um die übersendung der darlehensverträge zu bitten (vgl. dazu auch noch unter o)). 128k) 129die rüge des klägers, der prospekt kläre nicht hinreichend über die möglichkeit des wiederauflebens der kommandistenhaftung nach den §§ 171, 172 abs. 4 hgb auf, greift nicht durch. auf seite 15 des prospekts wird dem anleger unter der überschrift „entnahmen“ ausführlich und verständlich erläutert, dass entnahmen, soweit das kapitalkonto nach vorhergehenden verlusten den stand der einlage noch nicht wieder erreicht hat, gegenüber den gläubigern der gesellschaft als nicht geleistete einlagen gelten und in der höhe solcher entnahmen die an sich beschränkte haftung des kommanditisten wieder auflebt. weitere hinweise auf diese möglichkeit befinden sich auf den seiten 14, 37 und 61 des prospekts. diese hinweise führen dem anleger deutlich und verständlich das mögliche wiederaufleben der kommandistenhaftung und die nachschusspflicht vor augen. eines darüber hinausgehenden hinweises – insbesondere angaben zu einer wahrscheinlichkeit des eintritts dieses risikos aufgrund der fondskonzeption – bedurfte es nicht. 130überdies wäre ein entsprechender anspruch des klägers angesichts der eindeutigen hinweise auf das mögliche wiederaufleben der kommanditistenhaftung in dem schreiben der beklagten zu 2) vom 8. november 2007 verjährt. auf die ausführungen unter b) wird bezug genommen. 131l) 132ein prospektfehler im zusammenhang mit der darstellung der eingeschränkten fungibilität der beteiligung ist nicht erkennbar. bereits in der übersicht über die risiken der vermögensanlage auf seite 11 des prospekts wird erläutert, dass die anlage nicht für anleger geeignet sei, die darauf angewiesen seien oder darauf vertrauten, sich jederzeit von ihrer beteiligung trennen zu können. auf seite 16 des prospekts befinden sich unter der überschrift „fungibilität“ ausführliche erläuterungen zu den voraussetzungen einer veräußerung und zu der preisbildung auf dem zweitmarkt. inwiefern diese risikohinweise unzureichend oder falsch sind, legt der kläger nicht dar. 133dass im prospekt nicht ausdrücklich auf die fünfjährige nachhaftung bei einem ausscheiden aus der gesellschaft nach den §§ 159, 160 hgb hingewiesen wird, führt nicht zu einem prospektfehler. eines entsprechenden hinweises bedurfte es nicht (vgl. olg brandenburg, urteil vom 17. november 2010 – 4 u 98/10). dies gilt im vorliegenden fall jedenfalls deshalb, weil klare und umfangreiche hinweise sowohl auf die fehlende fungibilität als auch auf die möglichkeit des wiederauflebens der kommanditistenhaftung enthalten waren. da der anleger angesichts der ausführungen zu den veräußerungsmöglichkeiten auf dem zweitmarkt ohnehin nicht davon ausgehen konnte, die beteiligung während der laufzeit veräußern zu können – erst recht bei einem schwachen wirtschaftlichen verlauf – handelt es sich dabei um einen umstand von geringer praktischer relevanz. sofern ein anleger nähere informationen zu den folgen seines ausscheidens aus der gesellschaft wünscht, kann er deshalb darauf verwiesen werden, weitere erkundigungen zu der geltenden rechtslage einzuholen. 134m) 135über risiken im zusammenhang mit den auslandsbezügen der beteiligung klärt der prospekt in ausreichender form auf. dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass ausländische gerichte die beschränkung der kommanditistenhaftung nach deutschem recht nicht anerkennen, wird unter der überschrift „wirtschaftliches risiko – haftung“ auf seite 14 des prospekts erörtert. auch in der zusammenfassung der wesentlichen risiken auf seite 18 wird erläutert, dass ein ausländisches gericht oder eine ausländische behörde zugriff auf das im ausland belegene vermögen des anlegers nehmen könnte, wenn es die nach deutschem recht gültige haftungsbegrenzung für kommanditisten nicht anerkennt. diese verständlichen und deutlichen hinweise reichen als aufklärung über auslandsrisiken rechtlicher art aus. dass die von dem kläger als „politische risiken“ bezeichneten umstände wie beispielsweise ein bürgerkrieg in dem land des zielhafens oder ein piratenangriff auf das seeschiff zu wirtschaftlichen nachteilen führen können, bedarf als für jeden anleger offensichtliche selbstverständlichkeit keiner ausdrücklichen aufklärung. 136n) 137entgegen der ansicht des klägers enthält der prospekt auch ausreichende hinweise auf das risiko des totalverlustes. bereits auf seite 11 des prospekts wird unter der überschrift „die risiken der vermögensanlage“ ausgeführt, dass als ergebnis der verschiedenen risikofaktoren – insbesondere wenn sie kumuliert auftreten – keine garantie dafür gegeben werden könne, dass die prognostizierten barüberschüsse der gesellschaft eingehalten würden oder die gesellschaft in der lage sein werde, den anlegern das investierte eigenkapital zurückzuzahlen (totalverlustrisiko). auf seite 18 befinden sich weitere hinweise auf das totalverlustrisiko. darüber hinaus wird in der „zusammenschau“ unter dem punkt „anlegergefährdende risiken“ erläutert, dass solche nicht nur zu einem verlust der vermögensanlage führen, sondern darüber hinaus durch rückzahlungspflichten, steuerzahlungen u. ä. das weitere vermögen des anlegers gefährden. diese hinweise führen dem anleger das bestehende risiko mit der gebotenen deutlichkeit vor augen. eine relativierung in der gesamtschau des prospekts vermag die kammer nicht zu erkennen. der kläger legt im übrigen nicht dar, woraus er das verharmlosende gesamtbild konkret ableitet, insbesondere benennt er keinerlei prospektstellen. 138o) 139dass nach der darstellung des klägers entgegen dem idw s4 eine vielzahl von vertragswerken dem prospekt nicht beigefügt war, begründet keinen prospektfehler. dabei kann offen bleiben, ob der idw s4 die beifügung der vertragswerke überhaupt vorsieht. jedenfalls entfaltet der idw s4 als von dem institut der wirtschaftsprüfer herausgegebener standard keinen normsetzenden charakter, wie auch der kläger selbst einräumt. eine beifügung der prospekte war auch nicht aus einem anderen grund erforderlich. auf seite 64 des prospekts ist eine übersicht der bestehenden verträge enthalten, wobei diese auflistung nach dem hinweis auf seite 64 unten abschließend ist. sofern ein anleger vor seiner beitrittsentscheidung einsicht in diese verträge nehmen möchte, steht es ihm frei, diesbezüglich bei der fondsgesellschaft anzufragen. für den durchschnittlichen anleger handelt es sich bei den details sämtlicher vertragswerke indes nicht um einen für die anlageentscheidung wesentlichen umstand, so dass eine beifügung zum prospekt – die diesen zudem überfrachten und die übersichtlichkeit stören würde – nicht erforderlich ist. 1403. 141es fehlt zudem an der kausalität etwaiger prospektfehler für die anlageentscheidung des klägers. 142zwar entspricht es der lebenserfahrung, dass ein prospektfehler für die anlageentscheidung ursächlich geworden ist (bgh, urteil vom 3. dezember 2007 – ii zr 21/06 m. w. n.). diese vermutung kann allerdings widerlegt werden. davon ist grundsätzlich dann auszugehen, wenn der prospekt bei dem konkreten vertragsschluss keine verwendung gefunden hat (bgh, urteil vom 3. dezember 2007 – ii zr 21/06). allerdings hat ein prospekt bei einem konkreten vertragsschluss mittelbar auch dann verwendung gefunden, wenn der prospekt entsprechend dem vertriebskonzept der fondsgesellschaft von den anlagevermittlern als arbeitsgrundlage verwendet wird und sich der prospektmangel somit aufgrund der bedeutung des prospekts für das vertriebskonzept in dem beratungsgespräch fortgesetzt hat (vgl. urteil vom 13. dezember 2012 – iii zr 70/12 [unter ii 2 a]); urteil vom 3. dezember 2007 – ii zr 21/06 [unter ii 2 b]; urteil vom 24. november 2009 – xi zr 260/08 [unter b ii 3 c]; urteil vom 6. november 2008 – iii zr 290/07 [unter ii 3 a]). 143vorliegend ist die kausalitätsvermutung widerlegt, weil sich nicht feststellen lässt, dass der prospekt bei dem vertragsschluss verwendung gefunden hat. die beklagten haben mehrfach darauf hingewiesen, dass entsprechendes nach dem klägerischen vortrag nicht erkennbar ist. der kläger hat sich nicht zu der verwendung des prospekts im konkreten fall erklärt. er hat lediglich allgemein behauptet, sich auf der grundlage des prospekts zur zeichnung entschlossen zu haben. ob er den inhalt des prospekts durch lektüre zur kenntnis genommen hat oder ob dessen inhalt sich in dem beratungsgespräch fortgesetzt hat, bleibt dagegen offen. den kläger traf insoweit jedoch eine sekundäre darlegungslast, im rahmen derer es ihm nach den entsprechenden hinweisen der beklagten oblegen hätte, sich hierzu näher zu erklären. eine sekundäre darlegungslast obliegt dem prozessgegner dann, wenn die primär darlegungsbelastete partei außerhalb des darzulegenden geschehensablaufs steht und keine kenntnisse von den maßgeblichen tatsachen besitzt, während der prozessgegner zumutbar nähere angaben machen kann (bgh, urteil vom 18. mai 2005 – viii zr 368/03 m. w. n.). so liegt es hier, da die beklagten an dem beratungsgespräch des klägers mit herrn l2 nicht teilgenommen und hierzu auch keine weiteren informationen haben. dass der kläger keine näheren angaben zu der verwendung des prospekts gemacht hat, geht vor diesem hintergrund zu seinen lasten. 144auch auf den entsprechenden hinweis der kammer in der sitzung vom 4. november 2014 hat der kläger keine näheren angaben gemacht. zwar hat er mit nachgelassenem schriftsatz vom 16. dezember 2014 ausgeführt, der prospekt sei ihm vor der zeichnung durch herrn l2 überreicht worden. dass er ihn auch tatsächlich zur kenntnis genommen hat, ergibt sich daraus indes nicht. 145ii. 146ein anspruch des klägers ergibt sich auch nicht aus den von ihm herangezogenen deliktischen anspruchsgrundlagen. soweit festgestellt wurde, dass prospektfehler nicht vorliegen, fehlt es bereits an einem anknüpfungspunkt für ein vorsätzliches verhalten der beklagten. soweit ansprüche wegen etwaiger prospektfehler jedenfalls verjährt sind, gilt dies für deliktische ansprüche entsprechend. insbesondere hätte der kläger mit der kenntnis von dem jeweiligen prospektfehler auch kenntnis von dem vorsätzlichen verhalten der beklagten erlangt. denn aus anderen tatsachen als dem vorliegen der prospektfehler und der argumentation, diese seien so schwerwiegend, dass von wissentlichem verhalten auszugehen sei, leitet der kläger den vorsatz der beklagten nicht ab. 147iii. 148da ein schadensersatzanspruch des klägers gegen die beklagten in der hauptsache nicht besteht, sind auch die weiteren anträge des klägers unbegründet. 149iv. 150die kostenentscheidung beruht auf § 91 abs. 1 zpo; die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 709 s. 1 und 2 zpo. 151der streitwert wird auf einen wert der stufe bis € 110.000,00 festgesetzt. 152
Verklagte*r
0
169,703
L 13 VG 23/13
2014-10-31T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 08.02.2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin auch für die Zeit vom 01.01.1997 bis zum 30.06.2005 einen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) gegen den Beklagten hat. 3Die am 00.00.1995 geborene Klägerin ist die Tochter von N.M. (Mutter) und F.N. (Vater). Die unverheirateten Eltern lebten nach der Geburt der Klägerin ab April 1996 in einer gemeinsamen Wohnung. Die Mutter der Klägerin die in Kriegswirren in ihrem Heimatland schwer misshandelt wurde, war im Dezember 1992 als Asylbewerberin aus Zaire nach Deutschland gekommen, wo im Februar 1993 ihr erstes Kind zur Welt kam; nach einer stationären Behandlung wegen einer psychotischen Erkrankung wurde der Mutter die elterliche Sorge für ihr Kind entzogen (Beschluss des Amtsgerichts F vom 28.06.1993). Nach einem erneuten psychotischen Schub im März 1995 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts F vom 22.06.1995 ein Betreuer für die Mutter bestellt. Nach der Geburt der Klägerin wurde durch Beschluss des Amtsgerichts F vom 31.10.1995 das Ruhen der elterlichen Sorge der Mutter festgestellt und das Kreisjugendamt F zum Vormund bestimmt. Mit Beschluss des Amtsgerichts F vom 25.03.1996, wurde der Vater der Klägerin zum Vormund bestellt. In der Zeit vom 16.01.2003 bis 03.05.2005 lag die elterliche Sorge bei der Mutter (Beschluss des Amtsgerichts S vom 16.01.2003) und durch Beschlüsse des Amtsgerichts S vom 03.05.2005 und 18.10.2005 wurde der Mutter die elterliche Sorge wieder entzogen und die Beigeladene zu 1) zum Vormund bestellt. Ab dem 05.10.2011 bis zur Volljährigkeit der Klägerin oblag die elterliche Sorge dem Vater (Beschluss des Amtsgerichts E vom 05.10.2011). 4Am 03.01.1997 wurde die Klägerin, während der Vater seiner Berufstätigkeit nachging und sich deshalb nicht in der gemeinsamen Wohnung aufhielt, von ihrer Mutter so schwer misshandelt, dass sie eine Schädelfraktur mit Subarachnoidalblutung und Hirnkontusion erlitt. Das gegen die Mutter wegen des Verdachts der Misshandlung von Schutzbefohlenen eingeleitete staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren (72 Js 941/97, Staatsanwaltschaft C), in dem u.a. der Vater der Klägerin am 04.03.1997 als Zeuge vernommen wurde, wurde am 13.01.1998 gemäß § 20 Strafgesetzbuch (StGB) mangels Schuldfähigkeit der Mutter zum Tatzeitpunkt eingestellt. 5Die Beigeladene zu 1) beantragte am 29.07.2005 beim damaligen Versorgungsamt L die Gewährung von Leistungen nach dem OEG. Nach Beiziehung medizinischer Unterlagen hinsichtlich der Verletzungsfolgen der Klägerin sowie der Akten der Staatsanwaltschaft C (72 Js 941/97) und Einholung versorgungsärztlicher Stellungnahmen stellte der Beklagte mit Bescheid vom 20.6.2008 Hirnschädigung nach Schädelfraktur parasagittal frontal links mit kleiner Hirnkontusion rechts frontolateral und Subarachnoidalblutung 1997 sowie Sehminderung, Gesichtsfeldausfälle rechtes Auge, Erblindung linkes Auge, operiertes Innenschielen linkes Auge als Folge schädigender Einwirkungen im Sinne des § 1 OEG fest und gewährte ab 01.07.2005 Versorgungsgrundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 v.H. Den auf einen früheren Leistungsbeginn gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2008 als unbegründet zurück. 6Das Sozialgericht (SG) Köln hat die rechtzeitig erhobene Klage nach Vernehmung des Vaters der Klägerin als Zeugen durch Urteil vom 08.02.2013, auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen wird, abgewiesen. 7Dagegen richtet sich die rechtzeitige Berufung der Klägerin, die zum einen vorträgt, ihrem Vater seien Leistungen nach dem OEG und die insoweit erforderliche Antragstellung unbekannt gewesen, so dass ihn an der unterlassenen Antragstellung kein Verschulden treffe. Außerdem könne ihr ein etwaiges Verschulden ihres Vaters wegen fehlender Antragstellung im Rahmen des § 60 Bundesversorgungsgesetz (BVG) nicht zugerechnet werden, weil ihr Vater sich in einem Interessenkonflikt zwischen der Wahrung ihrer Interessen als geschädigter Tochter und eigenen Interessen als möglicherweise wegen fahrlässiger Verursachung Mitverantwortlicher für die Misshandlung befunden habe. Zum anderen habe dem Beigeladenen zu 2) auch zur Wahrung des Kindeswohles die Pflicht oblegen, den Vater der Klägerin als damals Sorgeberechtigten darüber aufzuklären, dass eine Antragstellung nach dem OEG möglich und geboten sei, weil ein verspäteter Antrag nach Ablauf der Jahresfrist des § 60 BVG zum Verlust von Ansprüchen führen werde. Die insoweit unterlassene Beratung müsse dem Beklagten im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs als Fehlverhalten zugerechnet werden, denn durch allgemeine Hinweise der Aufsichtsbehörden zum OEG sowie die Berechtigung gemäß § 97 Kinder- und Jugendhilfegesetz (Sozialgesetzbuch 8. Buch - SGB VIII - ) habe eine enge Verflechtung zwischen dem Jugendamt der Beigeladenen zu 2) und dem Beklagten bestanden. Die Klägerin sei daher so zu stellen, als sei aufgrund pflichtgemäßer Beratung eine rechtzeitige Antragstellung erfolgt. 8Die Klägerin beantragt, 9das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 08.02.2013 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 20.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2008 zu verurteilen, der Klägerin Versorgungsrente nach dem OEG auch für die Zeit vom 01.01.1997 bis 30.06.2005 zu gewähren. 10Der Beklagte beantragt, 11die Berufung zurückzuweisen. 12Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. 13Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. 14Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Vorgänge aus dem Verwaltungsverfahren des Beklagten und der beiden Beigeladenen sowie die Akten aus dem Betreuungs- und Strafverfahren der Mutter der Klägerin verwiesen. 15Entscheidungsgründe: 16Der Senat konnte in Abwesenheit des Beigeladen zu 2) verhandeln und entscheiden, denn dieser ist mit der ihm ordnungsgemäß zugestellten Terminmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden. 17Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Denn die Entscheidung des Beklagten und des Sozialgerichts, ihr die beantragten rückwirkenden Leistungen zu versagen, ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin daher nicht in ihren Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). 18Ein Anspruch auf Versorgung nach dem OEG setzt nach dessen § 1 Abs. 1 S. 1 allgemein voraus, dass eine natürliche Person im räumlichen Geltungsbereich des OEG durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Außerdem ist ein wirksamer Antrag weitere materiell-rechtliche Voraussetzung. Die Klägerin ist, wovon die Beteiligten auch übereinstimmend ausgehen, am 3.1.1997 Opfer einer Gewalttat im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 OEG geworden und hat dadurch eine bleibende gesundheitliche Schädigung in Form einer Hirnschädigung nach Schädelfraktur erlitten. Außerdem bestehen eine Sehminderung mit Gesichtsfeldausfällen des rechten Auges sowie eine Erblindung des linken Auges. Diese gesundheitlichen Folgen des schädigenden Ereignisses bedingen nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, wovon die Beteiligten auch übereinstimmend ausgehen, einen Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 40. 19Der Leistungsbeginn der hier streitigen Beschädigtengrundrente ergibt sich aus § 60 Abs. 1 BVG i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 1 OEG. Danach beginnt auch bei Opfern von Gewalttaten die Beschädigtengrundrente grundsätzlich mit dem Antragsmonat, wenn die sonstigen materiell-rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. § 60 Abs. 1 S. 2 BVG eröffnet ausnahmsweise eine Rückwirkung, wenn der Antrag binnen Jahresfrist nach dem Eintritt der Schädigung gestellt wird. Die Jahresfrist wird nach § 60 Abs. 1 S. 3 BVG um den Zeitraum verlängert, in dem eine unverschuldete Verhinderung der Antragstellung vorlag. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegen die Voraussetzungen einer rückwirkenden Zuerkennung von Leistungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 3 BVG nicht vor, denn die Klägerin war nicht ohne Verschulden gehindert, bis zum Ablauf der mit dem Eintritt der Schädigung beginnenden Jahresfrist Leistungen der Beschädigtenversorgung zu beantragen. 20Zwar scheidet ein eigenes Verschulden der Klägerin in der Zeit vor der tatsächlichen Antragstellung im Juli 2005 schon deshalb aus, weil sie als Kind damals noch nicht sozialrechtlich handlungsfähig war und deshalb keine rechtswirksamen Willenserklärungen abgeben konnte. Die Klägerin muss sich jedoch das Verschulden ihres damals sorgeberechtigten Vaters, der es pflichtwidrig unterlassen hat, einen rechtzeitigen Antrag nach dem OEG zu stellen, entsprechend der in § 27 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) getroffenen Regelung sowie den zu § 67 Abs. 1 Satz 2 SGG entwickelten Grundsätzen zurechnen lassen (vergleiche Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 11.12.2008 - B 9/9a VG 1/07 R - mit weiteren Nachweisen - mwN -). 21Gesetzlicher Vertreter war in der Zeit vom 25.3.1996 bis zum 15.1.2003 allein der Vater der Klägerin, denn er war in dieser Zeit zum Vormund bestellt (Beschluss des Amtsgerichts F vom 25.3.1996). Ihm oblag mithin grundsätzlich die Personen- und die Vermögenssorge. Das Jugendamt F blieb entsprechend dem genannten Beschluss des Amtsgerichts F zwar Pfleger gemäß § 1709 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der seinerzeit gültigen Fassung. Diese Pflegschaft umfasste aber lediglich die Feststellung der Vaterschaft, die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie die Regelung von Erb- und Pflichtteilsrechten im Falle des Todes des Vaters und seiner Verwandten. Nur für diesen Wirkungskreis war das Jugendamt mithin gesetzlicher Vertreter. Die übrigen sich aus der Personen- und Vermögenssorge ergebenden Rechte und Pflichten oblagen dem Vater als Vormund, so dass auch nur diesem die Pflicht zur Stellung des Antrags auf Beschädigtengrundrente nach dem OEG oblag. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Vater im Hinblick auf seinen Geisteszustand, sein Alter, seinen Bildungsstand und/oder seine Geschäftsgewandtheit subjektiv nicht in der Lage gewesen wäre, die nach den Umständen des Falles zu erwartende zumutbare Sorgfalt bei der Antragstellung zu beachten. Rechtsunkenntnis schließt ein Verschulden grundsätzlich nicht aus. Denn als allgemeiner Grundsatz nicht nur des Sozialrechts gilt es, dass jedermann die Rechtsordnung grundsätzlich zu kennen und zu beachten hat (BSG, Urteil vom 15.08.2000 - B 9 VG 1/99 R - sowie Urteile des erkennenden Gerichts vom 30.10.2002 - L 10 V 16/02 und vom 15.03.2001 - L 7 VS 4/99 jeweils mwN). 22Dem Gebot, im Interesse der Klägerin rechtzeitig einen Antrag auf Leistungen nach dem OEG zu stellen, standen keine eigenen schutzwürdigen tat- oder täterbestimmten Interessen des Vaters der Klägerin entgegen, die dazu führen könnten, dass sein Verschulden ausnahmsweise nicht dem minderjährigen Gewaltopfer zuzurechnen ist. Eine solche Ausnahme ist in der Rechtsprechung des BSG zum einen dann anerkannt, wenn der gesetzliche Vertreter zugleich der Täter war und deshalb den Widerspruch zwischen seinem Eigeninteresse, als Täter unentdeckt zu bleiben, und den Interessen des von ihm Vertretenen zu dessen Lasten gelöst hat. In gleicher Weise darf es auch nicht in der Hand von Sorgeberechtigten, die dem Gewalttäter familiär und durch gleich gelagerte Interessen eng verbunden sind, liegen, ihr Kind von zügiger Entschädigung nach dem OEG auszuschließen. Ein schutzwürdiger Interessenkonflikt liegt auch vor, wenn eine dem Gewalttäter eng verbundene Person, der die Rechtsordnung ein Zeugnisverweigerungsrecht zugesteht, durch die Antragstellung nach dem OEG zivilrechtliche Schadensersatzansprüche gegen den Täter auslösen würde (vergleiche BSG, Urteil vom 28.04.2005 - B 9a/9 VG 1/04 R und Urteil vom 30.09.2009 - B 9 VG 3/08 R jeweils mwN). 23Ein solcher schutzwürdiger Interessenkonflikt liegt hier jedoch nicht vor. Die Misshandlung der Klägerin durch ihre Mutter wurde aufgrund der dramatischen gesundheitlichen Konsequenzen umgehend sowohl dem Jugendamt des Beigeladenen zu 2) bekannt als auch kurz danach Gegenstand eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen die Mutter der Klägerin, welches allerdings nach umfänglichen Ermittlungen mangels Schuldfähigkeit eingestellt wurde. Dabei ist von den zuständigen Strafverfolgungsbehörden ersichtlich nicht in Betracht gezogen worden, strafrechtlich gegen den Vater der Klägerin, der in dem Ermittlungsverfahren gegen die Mutter umfassend als Zeuge vernommen wurde, vorzugehen. Auch vom Beklagten ist im Rahmen von dessen Ermittlungen zu keinem Zeitpunkt ein zivilrechtlicher Regressanspruch gegen den Vater der Klägerin in Betracht gezogen worden. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist für den Senat auch kein schuldhaftes tatbezogenes Verhalten des Vaters, das einen Interessenkonflikt hätte auslösen können, ersichtlich. Die Tat der Mutter war im Vorfeld für den Vater nach seinem Bekundungen als Zeuge vor dem Sozialgericht nicht absehbar. Gleiches ergibt sich auch aus der Falldarstellung in der Anfrage auf Fallübernahme im Schreiben des Kreises F an den Beigeladenen zu 2) vom 23.1.1997, in dem der bislang zuständig gewesene Mitarbeiter des Jugendamtes F darlegt, dass er zuletzt am 16.12.1996 die Eltern besucht habe und dabei keine Anzeichen für einen erneuten Schub der psychotischen Erkrankung der Mutter habe erkennen können. Nach der Tat hat der Vater die Beziehung zur Mutter der Klägerin, mit der er weder verlobt noch verheiratet war, abgebrochen und allein mit der Klägerin in einer gemeinsamen Wohnung gelebt. Der Vater der Klägerin hat im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen die Mutter umfassend als Zeuge ausgesagt und nach der Tat bei seinen Gesprächen mit den Mitarbeitern des zuständigen Jugendamtes ebenfalls ausführlich Auskunft zu den Lebensumständen und dem Verhalten der Mutter gegeben. Vor diesem Hintergrund ist für den Senat nicht ersichtlich, dass eine rechtzeitige Stellung eines OEG-Antrages Interessen des Vaters der Klägerin hätte beeinträchtigen können. 24Der erkennende Senat verneint auch die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches, nach dem die Klägerin gegebenenfalls so zu stellen wäre, als hätte ihr Vater einen rechtzeitigen Antrag auf Gewährung von Beschädigtengrundrente nach dem OEG gestellt. 25Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt eine dem Sozialleistungsträger zurechenbare Pflichtverletzung in Bezug auf eine gegenüber dem Berechtigten obliegende Haupt- oder Nebenpflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung voraus, die als wesentliche Bedingung kausal für einen sozialrechtlichen Nachteil des Berechtigten ist. Außerdem ist erforderlich, dass durch Vornahme einer zulässigen Amtshandlung der Zustand hergestellt werden kann, der bestehen würde, wenn die Behörde ihre Verpflichtungen gegenüber dem Berechtigten nicht verletzt hätte. Die Regelung des § 60 BVG schließt die Begründung eines früheren Leistungsbeginns im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht aus (siehe dazu BSG, Urteil vom 30.09.2009 - B 9 VG 3/08 R - mwN). 26Zuständig für die Beratung sind grundsätzlich die Leistungsträger, denen gegenüber Rechte geltend zu machen oder Pflichten zu erfüllen sind. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch kann sich aber auch aus dem fehlerhaften Verhalten anderer Behörden ergeben, das sich der zuständige Leistungsträger zurechnen lassen muss. Einer anderen Behörde als der für die Entscheidung über die Leistung befugten Stelle kann eine Beratungspflicht dann obliegen, wenn die andere Behörde vom Gesetzgeber im Sinne einer Funktionseinheit in das Verwaltungsverfahren "arbeitsteilig" eingeschaltet ist. Ebenso muss sich ein Leistungsträger das Fehlverhalten derjenigen Behörde zurechnen lassen, deren Funktionsnachfolge er angetreten hat. Eine zurechenbare Beratungspflichtverletzung ist auch dann gegeben, wenn die Zuständigkeitsbereiche beider Stellen materiell-rechtlich eng miteinander verknüpft sind, die andere Behörde im maßgeblichen Zeitpunkt aufgrund eines bestehenden Kontaktes der aktuelle Ansprechpartner des Berechtigten ist und die Behörde aufgrund der ihr bekannten Umstände erkennen kann, dass bei dem Berechtigten im Hinblick auf das andere sozialrechtliche Gebiet ein dringender Beratungsbedarf in einer gewichtigen Frage besteht (vergleiche BSG, Urteil vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R mwN). 27Die genannten Voraussetzungen sind hier sämtlich nicht erfüllt. Der Beklagte selbst hat keine Beratungspflicht verletzt, denn der Vater der Klägerin hatte im maßgeblichen Zeitpunkt keinerlei Kontakt zum Beklagten und dem Beklagten war die Gewalttat auch völlig unbekannt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dem Beklagten die fehlende Beratung durch das damals zuständige Jugendamt nicht zuzurechnen. 28Das damalige Jugendamt des Beigeladenen zu 2) war nicht arbeitsteilig in die Aufgaben des Beklagten eingebunden, denn eine solche Eingliederung setzt voraus, dass die andere Behörde im Sinne einer Funktionseinheit in das Verwaltungsverfahren der zuständigen Behörde arbeitsteilig eingeschaltet ist. Die bloße Entgegennahme von Anträgen bzw. die ministerielle Information über die Existenz der Möglichkeit der Antragstellung nach dem OEG genügt hierfür nicht. Gleiches gilt für eine mögliche Antragstellung gemäß § 97 SGB VIII. Denn diese dient in erster Linie den finanziellen Interessen der Träger der Jugendhilfe. Die in § 97 SGB VIII geregelte Befugnis steht dem Jugendamt nur als erstattungsberechtigter Leistungsträger zu und bezieht sich darauf, im eigenen Interesse und im eigenen Namen gegenüber einem anderen Leistungsträger ein fremdes Recht geltend zu machen (vergleiche BSG, Urteil vom 11.12.2008 - B 9/9a VG 1/07 R). 29Die gesetzlichen Aufgaben nach dem SGB VIII und dem OEG sind auch nicht derart materiell rechtlich verknüpft, dass dieses einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch rechtfertigen würde. Vielmehr geht es beim OEG um die Entschädigung für die Folgen von Gewalttaten aufgrund des Versagens des staatlichen Gewaltmonopols, während es nach dem SGB VIII um staatliche Leistungen zum Wohl von Kindern und Jugendlichen geht, die dem Recht auf Erziehung und Förderung der Entwicklung des jungen Menschen zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit dienen. Eine enge materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Verknüpfung ist hier nicht vorhanden. Andere Behörden, die eine Betreuungs-, insbesondere eine Beratungspflicht, in einer dem Beklagten zurechenbaren Weise verletzt hätten, sind weder ersichtlich noch hat die Klägerin solche Behörden benennen können. 30Die Klägerin hat demnach gegen den Beklagten keine weitergehenden sozialrechtlichen Ansprüche und muss ein etwaiges Fehlverhalten des Jugendamtes des Beigeladenen zu 2) gegebenenfalls im Wege der zivilrechtlichen Amtshaftung geltend machen. 31Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. 32Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
die berufung der klägerin gegen das urteil des sozialgerichts köln vom 08.02.2013 wird zurückgewiesen. kosten sind auch im berufungsverfahren nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die beteiligten streiten darum, ob die klägerin auch für die zeit vom 01.01.1997 bis zum 30.06.2005 einen anspruch auf die gewährung von leistungen nach dem opferentschädigungsgesetz (oeg) gegen den beklagten hat. 3die am 00.00.1995 geborene klägerin ist die tochter von n.m. (mutter) und f.n. (vater). die unverheirateten eltern lebten nach der geburt der klägerin ab april 1996 in einer gemeinsamen wohnung. die mutter der klägerin die in kriegswirren in ihrem heimatland schwer misshandelt wurde, war im dezember 1992 als asylbewerberin aus zaire nach deutschland gekommen, wo im februar 1993 ihr erstes kind zur welt kam; nach einer stationären behandlung wegen einer psychotischen erkrankung wurde der mutter die elterliche sorge für ihr kind entzogen (beschluss des amtsgerichts f vom 28.06.1993). nach einem erneuten psychotischen schub im märz 1995 wurde durch beschluss des amtsgerichts f vom 22.06.1995 ein betreuer für die mutter bestellt. nach der geburt der klägerin wurde durch beschluss des amtsgerichts f vom 31.10.1995 das ruhen der elterlichen sorge der mutter festgestellt und das kreisjugendamt f zum vormund bestimmt. mit beschluss des amtsgerichts f vom 25.03.1996, wurde der vater der klägerin zum vormund bestellt. in der zeit vom 16.01.2003 bis 03.05.2005 lag die elterliche sorge bei der mutter (beschluss des amtsgerichts s vom 16.01.2003) und durch beschlüsse des amtsgerichts s vom 03.05.2005 und 18.10.2005 wurde der mutter die elterliche sorge wieder entzogen und die beigeladene zu 1) zum vormund bestellt. ab dem 05.10.2011 bis zur volljährigkeit der klägerin oblag die elterliche sorge dem vater (beschluss des amtsgerichts e vom 05.10.2011). 4am 03.01.1997 wurde die klägerin, während der vater seiner berufstätigkeit nachging und sich deshalb nicht in der gemeinsamen wohnung aufhielt, von ihrer mutter so schwer misshandelt, dass sie eine schädelfraktur mit subarachnoidalblutung und hirnkontusion erlitt. das gegen die mutter wegen des verdachts der misshandlung von schutzbefohlenen eingeleitete staatsanwaltschaftliche ermittlungsverfahren (72 js 941/97, staatsanwaltschaft c), in dem u.a. der vater der klägerin am 04.03.1997 als zeuge vernommen wurde, wurde am 13.01.1998 gemäß § 20 strafgesetzbuch (stgb) mangels schuldfähigkeit der mutter zum tatzeitpunkt eingestellt. 5die beigeladene zu 1) beantragte am 29.07.2005 beim damaligen versorgungsamt l die gewährung von leistungen nach dem oeg. nach beiziehung medizinischer unterlagen hinsichtlich der verletzungsfolgen der klägerin sowie der akten der staatsanwaltschaft c (72 js 941/97) und einholung versorgungsärztlicher stellungnahmen stellte der beklagte mit bescheid vom 20.6.2008 hirnschädigung nach schädelfraktur parasagittal frontal links mit kleiner hirnkontusion rechts frontolateral und subarachnoidalblutung 1997 sowie sehminderung, gesichtsfeldausfälle rechtes auge, erblindung linkes auge, operiertes innenschielen linkes auge als folge schädigender einwirkungen im sinne des § 1 oeg fest und gewährte ab 01.07.2005 versorgungsgrundrente nach einer minderung der erwerbsfähigkeit (mde) um 40 v.h. den auf einen früheren leistungsbeginn gerichteten widerspruch wies der beklagte mit widerspruchsbescheid vom 10.10.2008 als unbegründet zurück. 6das sozialgericht (sg) köln hat die rechtzeitig erhobene klage nach vernehmung des vaters der klägerin als zeugen durch urteil vom 08.02.2013, auf dessen entscheidungsgründe verwiesen wird, abgewiesen. 7dagegen richtet sich die rechtzeitige berufung der klägerin, die zum einen vorträgt, ihrem vater seien leistungen nach dem oeg und die insoweit erforderliche antragstellung unbekannt gewesen, so dass ihn an der unterlassenen antragstellung kein verschulden treffe. außerdem könne ihr ein etwaiges verschulden ihres vaters wegen fehlender antragstellung im rahmen des § 60 bundesversorgungsgesetz (bvg) nicht zugerechnet werden, weil ihr vater sich in einem interessenkonflikt zwischen der wahrung ihrer interessen als geschädigter tochter und eigenen interessen als möglicherweise wegen fahrlässiger verursachung mitverantwortlicher für die misshandlung befunden habe. zum anderen habe dem beigeladenen zu 2) auch zur wahrung des kindeswohles die pflicht oblegen, den vater der klägerin als damals sorgeberechtigten darüber aufzuklären, dass eine antragstellung nach dem oeg möglich und geboten sei, weil ein verspäteter antrag nach ablauf der jahresfrist des § 60 bvg zum verlust von ansprüchen führen werde. die insoweit unterlassene beratung müsse dem beklagten im rahmen eines sozialrechtlichen herstellungsanspruchs als fehlverhalten zugerechnet werden, denn durch allgemeine hinweise der aufsichtsbehörden zum oeg sowie die berechtigung gemäß § 97 kinder- und jugendhilfegesetz (sozialgesetzbuch 8. buch - sgb viii - ) habe eine enge verflechtung zwischen dem jugendamt der beigeladenen zu 2) und dem beklagten bestanden. die klägerin sei daher so zu stellen, als sei aufgrund pflichtgemäßer beratung eine rechtzeitige antragstellung erfolgt. 8die klägerin beantragt, 9das urteil des sozialgerichts köln vom 08.02.2013 aufzuheben und den beklagten unter änderung des bescheides vom 20.06.2008 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 10.10.2008 zu verurteilen, der klägerin versorgungsrente nach dem oeg auch für die zeit vom 01.01.1997 bis 30.06.2005 zu gewähren. 10der beklagte beantragt, 11die berufung zurückzuweisen. 12er hält das angefochtene urteil für zutreffend. 13die beigeladenen haben keine anträge gestellt. 14wegen der einzelheiten wird auf die gerichtsakten sowie die beigezogenen vorgänge aus dem verwaltungsverfahren des beklagten und der beiden beigeladenen sowie die akten aus dem betreuungs- und strafverfahren der mutter der klägerin verwiesen. 15
16der senat konnte in abwesenheit des beigeladen zu 2) verhandeln und entscheiden, denn dieser ist mit der ihm ordnungsgemäß zugestellten terminmitteilung auf diese möglichkeit hingewiesen worden. 17die berufung der klägerin ist unbegründet. denn die entscheidung des beklagten und des sozialgerichts, ihr die beantragten rückwirkenden leistungen zu versagen, ist rechtmäßig und beschwert die klägerin daher nicht in ihren rechten im sinne des § 54 abs. 2 sozialgerichtsgesetz (sgg). 18ein anspruch auf versorgung nach dem oeg setzt nach dessen § 1 abs. 1 s. 1 allgemein voraus, dass eine natürliche person im räumlichen geltungsbereich des oeg durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen angriff eine gesundheitliche schädigung erlitten hat. außerdem ist ein wirksamer antrag weitere materiell-rechtliche voraussetzung. die klägerin ist, wovon die beteiligten auch übereinstimmend ausgehen, am 3.1.1997 opfer einer gewalttat im sinne des § 1 abs. 1 s. 1 oeg geworden und hat dadurch eine bleibende gesundheitliche schädigung in form einer hirnschädigung nach schädelfraktur erlitten. außerdem bestehen eine sehminderung mit gesichtsfeldausfällen des rechten auges sowie eine erblindung des linken auges. diese gesundheitlichen folgen des schädigenden ereignisses bedingen nach dem gesamtergebnis des verfahrens, wovon die beteiligten auch übereinstimmend ausgehen, einen grad der schädigungsfolgen (gds) von 40. 19der leistungsbeginn der hier streitigen beschädigtengrundrente ergibt sich aus § 60 abs. 1 bvg i.v.m. § 1 abs. 1 s. 1 oeg. danach beginnt auch bei opfern von gewalttaten die beschädigtengrundrente grundsätzlich mit dem antragsmonat, wenn die sonstigen materiell-rechtlichen voraussetzungen erfüllt sind. § 60 abs. 1 s. 2 bvg eröffnet ausnahmsweise eine rückwirkung, wenn der antrag binnen jahresfrist nach dem eintritt der schädigung gestellt wird. die jahresfrist wird nach § 60 abs. 1 s. 3 bvg um den zeitraum verlängert, in dem eine unverschuldete verhinderung der antragstellung vorlag. entgegen der auffassung der klägerin liegen die voraussetzungen einer rückwirkenden zuerkennung von leistungen nach § 1 abs. 1 satz 1 oeg i.v.m. § 60 abs. 1 satz 3 bvg nicht vor, denn die klägerin war nicht ohne verschulden gehindert, bis zum ablauf der mit dem eintritt der schädigung beginnenden jahresfrist leistungen der beschädigtenversorgung zu beantragen. 20zwar scheidet ein eigenes verschulden der klägerin in der zeit vor der tatsächlichen antragstellung im juli 2005 schon deshalb aus, weil sie als kind damals noch nicht sozialrechtlich handlungsfähig war und deshalb keine rechtswirksamen willenserklärungen abgeben konnte. die klägerin muss sich jedoch das verschulden ihres damals sorgeberechtigten vaters, der es pflichtwidrig unterlassen hat, einen rechtzeitigen antrag nach dem oeg zu stellen, entsprechend der in § 27 abs. 1 satz 2 zehntes buch sozialgesetzbuch (sgb x) getroffenen regelung sowie den zu § 67 abs. 1 satz 2 sgg entwickelten grundsätzen zurechnen lassen (vergleiche bundessozialgericht - bsg -, urteil vom 11.12.2008 - b 9/9a vg 1/07 r - mit weiteren nachweisen - mwn -). 21gesetzlicher vertreter war in der zeit vom 25.3.1996 bis zum 15.1.2003 allein der vater der klägerin, denn er war in dieser zeit zum vormund bestellt (beschluss des amtsgerichts f vom 25.3.1996). ihm oblag mithin grundsätzlich die personen- und die vermögenssorge. das jugendamt f blieb entsprechend dem genannten beschluss des amtsgerichts f zwar pfleger gemäß § 1709 bürgerliches gesetzbuch (bgb) in der seinerzeit gültigen fassung. diese pflegschaft umfasste aber lediglich die feststellung der vaterschaft, die geltendmachung von unterhaltsansprüchen sowie die regelung von erb- und pflichtteilsrechten im falle des todes des vaters und seiner verwandten. nur für diesen wirkungskreis war das jugendamt mithin gesetzlicher vertreter. die übrigen sich aus der personen- und vermögenssorge ergebenden rechte und pflichten oblagen dem vater als vormund, so dass auch nur diesem die pflicht zur stellung des antrags auf beschädigtengrundrente nach dem oeg oblag. es liegen keine anhaltspunkte dafür vor, dass der vater im hinblick auf seinen geisteszustand, sein alter, seinen bildungsstand und/oder seine geschäftsgewandtheit subjektiv nicht in der lage gewesen wäre, die nach den umständen des falles zu erwartende zumutbare sorgfalt bei der antragstellung zu beachten. rechtsunkenntnis schließt ein verschulden grundsätzlich nicht aus. denn als allgemeiner grundsatz nicht nur des sozialrechts gilt es, dass jedermann die rechtsordnung grundsätzlich zu kennen und zu beachten hat (bsg, urteil vom 15.08.2000 - b 9 vg 1/99 r - sowie urteile des erkennenden gerichts vom 30.10.2002 - l 10 v 16/02 und vom 15.03.2001 - l 7 vs 4/99 jeweils mwn). 22dem gebot, im interesse der klägerin rechtzeitig einen antrag auf leistungen nach dem oeg zu stellen, standen keine eigenen schutzwürdigen tat- oder täterbestimmten interessen des vaters der klägerin entgegen, die dazu führen könnten, dass sein verschulden ausnahmsweise nicht dem minderjährigen gewaltopfer zuzurechnen ist. eine solche ausnahme ist in der rechtsprechung des bsg zum einen dann anerkannt, wenn der gesetzliche vertreter zugleich der täter war und deshalb den widerspruch zwischen seinem eigeninteresse, als täter unentdeckt zu bleiben, und den interessen des von ihm vertretenen zu dessen lasten gelöst hat. in gleicher weise darf es auch nicht in der hand von sorgeberechtigten, die dem gewalttäter familiär und durch gleich gelagerte interessen eng verbunden sind, liegen, ihr kind von zügiger entschädigung nach dem oeg auszuschließen. ein schutzwürdiger interessenkonflikt liegt auch vor, wenn eine dem gewalttäter eng verbundene person, der die rechtsordnung ein zeugnisverweigerungsrecht zugesteht, durch die antragstellung nach dem oeg zivilrechtliche schadensersatzansprüche gegen den täter auslösen würde (vergleiche bsg, urteil vom 28.04.2005 - b 9a/9 vg 1/04 r und urteil vom 30.09.2009 - b 9 vg 3/08 r jeweils mwn). 23ein solcher schutzwürdiger interessenkonflikt liegt hier jedoch nicht vor. die misshandlung der klägerin durch ihre mutter wurde aufgrund der dramatischen gesundheitlichen konsequenzen umgehend sowohl dem jugendamt des beigeladenen zu 2) bekannt als auch kurz danach gegenstand eines strafrechtlichen ermittlungsverfahrens gegen die mutter der klägerin, welches allerdings nach umfänglichen ermittlungen mangels schuldfähigkeit eingestellt wurde. dabei ist von den zuständigen strafverfolgungsbehörden ersichtlich nicht in betracht gezogen worden, strafrechtlich gegen den vater der klägerin, der in dem ermittlungsverfahren gegen die mutter umfassend als zeuge vernommen wurde, vorzugehen. auch vom beklagten ist im rahmen von dessen ermittlungen zu keinem zeitpunkt ein zivilrechtlicher regressanspruch gegen den vater der klägerin in betracht gezogen worden. nach dem gesamtergebnis des verfahrens ist für den senat auch kein schuldhaftes tatbezogenes verhalten des vaters, das einen interessenkonflikt hätte auslösen können, ersichtlich. die tat der mutter war im vorfeld für den vater nach seinem bekundungen als zeuge vor dem sozialgericht nicht absehbar. gleiches ergibt sich auch aus der falldarstellung in der anfrage auf fallübernahme im schreiben des kreises f an den beigeladenen zu 2) vom 23.1.1997, in dem der bislang zuständig gewesene mitarbeiter des jugendamtes f darlegt, dass er zuletzt am 16.12.1996 die eltern besucht habe und dabei keine anzeichen für einen erneuten schub der psychotischen erkrankung der mutter habe erkennen können. nach der tat hat der vater die beziehung zur mutter der klägerin, mit der er weder verlobt noch verheiratet war, abgebrochen und allein mit der klägerin in einer gemeinsamen wohnung gelebt. der vater der klägerin hat im strafrechtlichen ermittlungsverfahren gegen die mutter umfassend als zeuge ausgesagt und nach der tat bei seinen gesprächen mit den mitarbeitern des zuständigen jugendamtes ebenfalls ausführlich auskunft zu den lebensumständen und dem verhalten der mutter gegeben. vor diesem hintergrund ist für den senat nicht ersichtlich, dass eine rechtzeitige stellung eines oeg-antrages interessen des vaters der klägerin hätte beeinträchtigen können. 24der erkennende senat verneint auch die voraussetzungen eines sozialrechtlichen herstellungsanspruches, nach dem die klägerin gegebenenfalls so zu stellen wäre, als hätte ihr vater einen rechtzeitigen antrag auf gewährung von beschädigtengrundrente nach dem oeg gestellt. 25der von der rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche herstellungsanspruch setzt eine dem sozialleistungsträger zurechenbare pflichtverletzung in bezug auf eine gegenüber dem berechtigten obliegende haupt- oder nebenpflicht, insbesondere zur auskunft und beratung voraus, die als wesentliche bedingung kausal für einen sozialrechtlichen nachteil des berechtigten ist. außerdem ist erforderlich, dass durch vornahme einer zulässigen amtshandlung der zustand hergestellt werden kann, der bestehen würde, wenn die behörde ihre verpflichtungen gegenüber dem berechtigten nicht verletzt hätte. die regelung des § 60 bvg schließt die begründung eines früheren leistungsbeginns im wege des sozialrechtlichen herstellungsanspruchs nicht aus (siehe dazu bsg, urteil vom 30.09.2009 - b 9 vg 3/08 r - mwn). 26zuständig für die beratung sind grundsätzlich die leistungsträger, denen gegenüber rechte geltend zu machen oder pflichten zu erfüllen sind. ein sozialrechtlicher herstellungsanspruch kann sich aber auch aus dem fehlerhaften verhalten anderer behörden ergeben, das sich der zuständige leistungsträger zurechnen lassen muss. einer anderen behörde als der für die entscheidung über die leistung befugten stelle kann eine beratungspflicht dann obliegen, wenn die andere behörde vom gesetzgeber im sinne einer funktionseinheit in das verwaltungsverfahren "arbeitsteilig" eingeschaltet ist. ebenso muss sich ein leistungsträger das fehlverhalten derjenigen behörde zurechnen lassen, deren funktionsnachfolge er angetreten hat. eine zurechenbare beratungspflichtverletzung ist auch dann gegeben, wenn die zuständigkeitsbereiche beider stellen materiell-rechtlich eng miteinander verknüpft sind, die andere behörde im maßgeblichen zeitpunkt aufgrund eines bestehenden kontaktes der aktuelle ansprechpartner des berechtigten ist und die behörde aufgrund der ihr bekannten umstände erkennen kann, dass bei dem berechtigten im hinblick auf das andere sozialrechtliche gebiet ein dringender beratungsbedarf in einer gewichtigen frage besteht (vergleiche bsg, urteil vom 30.9.2009 - b 9 vg 3/08 r mwn). 27die genannten voraussetzungen sind hier sämtlich nicht erfüllt. der beklagte selbst hat keine beratungspflicht verletzt, denn der vater der klägerin hatte im maßgeblichen zeitpunkt keinerlei kontakt zum beklagten und dem beklagten war die gewalttat auch völlig unbekannt. entgegen der auffassung der klägerin ist dem beklagten die fehlende beratung durch das damals zuständige jugendamt nicht zuzurechnen. 28das damalige jugendamt des beigeladenen zu 2) war nicht arbeitsteilig in die aufgaben des beklagten eingebunden, denn eine solche eingliederung setzt voraus, dass die andere behörde im sinne einer funktionseinheit in das verwaltungsverfahren der zuständigen behörde arbeitsteilig eingeschaltet ist. die bloße entgegennahme von anträgen bzw. die ministerielle information über die existenz der möglichkeit der antragstellung nach dem oeg genügt hierfür nicht. gleiches gilt für eine mögliche antragstellung gemäß § 97 sgb viii. denn diese dient in erster linie den finanziellen interessen der träger der jugendhilfe. die in § 97 sgb viii geregelte befugnis steht dem jugendamt nur als erstattungsberechtigter leistungsträger zu und bezieht sich darauf, im eigenen interesse und im eigenen namen gegenüber einem anderen leistungsträger ein fremdes recht geltend zu machen (vergleiche bsg, urteil vom 11.12.2008 - b 9/9a vg 1/07 r). 29die gesetzlichen aufgaben nach dem sgb viii und dem oeg sind auch nicht derart materiell rechtlich verknüpft, dass dieses einen sozialrechtlichen herstellungsanspruch rechtfertigen würde. vielmehr geht es beim oeg um die entschädigung für die folgen von gewalttaten aufgrund des versagens des staatlichen gewaltmonopols, während es nach dem sgb viii um staatliche leistungen zum wohl von kindern und jugendlichen geht, die dem recht auf erziehung und förderung der entwicklung des jungen menschen zu einer eigenverantwortlichen persönlichkeit dienen. eine enge materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche verknüpfung ist hier nicht vorhanden. andere behörden, die eine betreuungs-, insbesondere eine beratungspflicht, in einer dem beklagten zurechenbaren weise verletzt hätten, sind weder ersichtlich noch hat die klägerin solche behörden benennen können. 30die klägerin hat demnach gegen den beklagten keine weitergehenden sozialrechtlichen ansprüche und muss ein etwaiges fehlverhalten des jugendamtes des beigeladenen zu 2) gegebenenfalls im wege der zivilrechtlichen amtshaftung geltend machen. 31die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. 32gründe für die zulassung der revision liegen nicht vor.
Verklagte*r
0
172,082
9a K 979/14.A
2014-08-12T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid des C. G. N. V. G1. vom 29. Januar 2014 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Gerichtskosten werden nicht erhoben. 1Tatbestand: 2Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung ihres Asylantrages als unzulässig durch Bescheid des C1. G2. N. V1. G1. ‑ C2. ‑ vom 29. Januar 2014. 3Die °°°° in O. geborene Klägerin reiste zusammen mit ihrem im Jahr °°°° in H. geborenen Ehemann und ihren H1. Kindern (geboren °°°°, °°°° und °°°°) in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte gemeinsam mit ihrer Familie am 16. Januar 2013 Asyl. Am 22. Januar 2013 wurde dem Bundesamt gemeldet, dass die Klägerin und ihre Familie bereits in Italien registriert seien („F. -Treffer“). 4Am 8. Mai 2013 erfolgte die Anhörung seitens des C. . 5Am 25. November 2013 stellte das C3. ein Wiederaufnahmeersuchen an Italien, das bislang nicht beantwortet wurde. 6Mit Bescheid vom 29. Januar 2014 stellte das C3. fest, dass die Asylanträge der Klägerin und ihrer Familie unzulässig seien und ordnete die Abschiebung nach Italien an. 7Die Klägerin und ihre Familie haben am 5. Februar 2014 Klage erhoben und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Aufgrund der divergierenden Staatsangehörigkeiten ist das Verfahren der Klägerin von der für H. zuständigen 7. Kammer abgetrennt und an die für O. zuständige 9. Kammer verwiesen worden. 8Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin aus: Die Beklagte sei zur Ausübung ihres Selbsteintrittsrechts verpflichtet, da das C3. das Verfahren insbesondere im Hinblick auf die Bedürfnisse ihrer minderjährigen Kinder ohne ersichtlichen Grund unangemessen lange verzögert habe und in Italien systemische Mängel des Asylverfahrens bestünden. Die ihnen in Italien ausgehändigten „Titolo di viaggio per stranieri“ zeigten, dass die Durchführung eines Asylverfahrens nicht beabsichtigt sei, sondern sie nur zu ihrer Ausreise aus Italien motivieren sollten. 9Die Klägerin beantragt schriftsätzlich, 10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des C. G3. N. V2. G1. vom 29. Januar 2014 zu verpflichten, bezüglich ihrer Person ein Asylverfahren durchzuführen. 11Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 12die Klage abzuweisen. 13Sie hält systemische Mängel im Flüchtlingsaufnahmeverfahren in Italien für nicht gegeben. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte, einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte Heft 1). 15Entscheidungsgründe: 16Die Klage, über die im Einverständnis der Parteien durch den Vorsitzenden ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§§ 87a Abs. 2, 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO -), ist zulässig und begründet. 17Sie ist als Anfechtungsklage zulässig. Die am Begehren der Klägerin orientierte Antragsauslegung (vgl. § 88 VwGO) ergibt, dass ihr wörtlich auch auf die Verpflichtung der Beklagten gerichteter Antrag als Anfechtungsklage zu verstehen ist. Diese ist gegen die mit dem Bescheid allein getroffene Entscheidung nach §§ 27a, 34a des Asylverfahrensgesetzes ‑ AsylVfG ‑ zulässig und zugleich ausreichend, weil die isolierte Aufhebung der Entscheidungen zu Ziffern 1. und 2. des Bescheides zur gesetzlichen Verpflichtung des C. führt, das Asylverfahren durchzuführen (vgl. §§ 31, 24 AsylVfG). Mit der Aufhebung des Bescheides vom 29. Januar 2014 ist das Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylgesuchs beseitigt. 18So auch: VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Februar 2014 ‑ 25 K 8830/13.A ‑, InfAuslR 2014, 159 ff.; im Ergebnis auch: VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 16. April 2014 ‑ A 11 S 1721/13 -, juris, Rdnr. 18. 19Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid des C. G4. N. V3. G1. vom 29. Januar 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO). 20Die Klägerin hat Anspruch darauf, dass die Beklagte von ihrem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines vom einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist ‑ Dublin II-VO ‑ Gebrauch macht und ihre Asylanträge inhaltlich prüft. Das Ermessen der Beklagten ist insoweit auf Null reduziert. 21Mit Urteil vom 16. Juli 2014 ist die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen im Verfahren des Ehemannes und der Kinder der Klägerin (Az.: 7a K 486/14.A) mit folgender Begründung zum selben Ergebnis gelangt: 22„Dem C3. ist es zum einen versagt, sich auf die Zuständigkeit Italiens zu berufen, weil das Verfahren zur Prüfung der Zuständigkeit nach der Dublin-II-VO zu Lasten des Klägers fehlerhaft verlaufen ist (I.) und zum anderen in der Sache Asylverfahren und Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge in Italien nach wie vor systemische Mängel aufweisen, die die Prognose rechtfertigen, dass die Kläger im Falle ihrer Rückführung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein werden (II.). 23Die Zuständigkeit ist im vorliegenden Fall allein anhand der Regelungen der Dublin II-VO und den dort genannten Kriterien zu entscheiden, weil der Asylantrag der Kläger in Deutschland weit vor dem Stichtag des 1. Januar 2014 gestellt worden ist (vgl. Art. 49 Abs. 2 der Dublin III-Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013). 24I. Das Verfahren zur Prüfung der Zuständigkeit Deutschlands für die Durchführung der Asylverfahren hat im Falle der Kläger unangemessen lange gedauert und damit ihre Rechte aus Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ‑ EUGrCh ‑ verletzt. 25Es obliegt dem Mitgliedsstaat, die Zuständigkeitsprüfung zügig durchzuführen und die Entscheidung darüber, ob eine Rückführung in einen anderen Mitgliedstaat in Betracht kommt, nicht unangemessen zu verzögern, wenn er sich hierauf berufen will. Eine Verletzung dieser Pflicht verletzt den Anspruch des Asylbewerbers aus Art. 18 EuGrCh in seinen verfahrensrechtlichen Garantien. Die Dublin II-VO zielt nach ihrem fünfzehnten Erwägungsgrund insbesondere darauf ab, die uneingeschränkte Wahrung des in Art. 18 EuGrCh verankerten Rechts auf Asyl zu gewährleisten. 26Vgl. EuGH, Urt. vom 21. Dezember 2011, ‑ C-411/10 -, InfAuslR 2012, Rdrn. 98, 108; Urt. vom 14. November 2013 ‑ C-4/11 -, juris, Rdnr. 33, 35; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 30. Dezember 2013 ‑ 5a L 1726/13.A ‑, juris; VG Düsseldorf, Urt. vom 10. Februar 2014, ‑ 25 K 8830/13.A -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 16. April 2014, - A 11 S 1721/13 -, juris jeweils m.w.N. 27Zur Beurteilung der Angemessenheit ist der Maßstab der Dublin II-VO selbst heranzuziehen. Nach ihrem vierten Erwägungsgrund soll diese Verordnung eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden. 28Davon ausgehend ist im Falle der Kläger seit Stellung ihrer Asylanträge in Deutschland eine unangemessen lange Zeit verstrichen, bevor das C3. sich ihnen gegenüber auf die Zuständigkeit Italiens berufen hat. Seit Anbringung des Asylgesuchs in Deutschland war ein Zeitraum von mehr als einem Jahr vergangen, ohne dass für die Kläger ein Grund für die Verzögerung ersichtlich war. 29Die Kläger haben ihre Asylgesuche in Deutschland unter dem 16. Januar 2012 angebracht. Wenige Tage danach, am 22. Januar 2012, erreichte das C3. die Nachricht über einen F. -Treffer für Italien. Die Anhörung des Klägers beim C3. fand am 8. Mai 2013 statt, im Rahmen derer der Kläger zu 1. bestätigt hat, in Italien bereits mit seiner Familie Asyl beantragt zu haben. Die Anhörung hat sich auch nicht auf die Frage beschränkt, ob der Kläger bereits in einem anderen Mitgliedstaat der EU einen Asylantrag gestellt hat, sondern er ist darüber hinaus zu seinen Fluchtgründen befragt worden. 30Das C3. hat erst weitere sechs Monate nach der Anhörung, am 25. November 2013, ein Wiederaufnahmeersuchen an Italien gerichtet. Das C3. hat gleichzeitig versucht, den Klägern dies mit Schreiben vom gleichen Tage bekanntzugeben; die Postzustellung war allerdings erfolglos, weil die Kläger zwischenzeitlich nicht mehr in der ursprünglichen Aufnahmeeinrichtung wohnten. Ein weiterer Zustellungsversuch ist der Akte nicht zu entnehmen, obwohl die Stadtverwaltung E. dem C3. die neue Adresse der Kläger zwischenzeitlich mitgeteilt hatte. Der angefochtene Bescheid, der die Rückführung nach Italien anordnet, datiert vom 29. Januar 2014. 31Gründe für die mit der langen Verfahrensdauer verbundene Rechtsverletzung der Kläger sind der Akte nicht zu entnehmen. 32II. Die Beklagte ist auch deshalb zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gem. Art. 3 Abs. 2 S. 1 Dublin-II-VO verpflichtet, weil Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien auch derzeit noch systemische Mängel aufweisen, die die Prognose rechtfertigen, dass die Asylbewerber dort mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein werden. 33Vgl. zum Maßstab zuletzt: BVerwG, Urteil vom 19. März 2014 ‑ 10 B 6/14 -, juris, Rdnr. 9 m.w.N. 34Zur Situation von Asylbewerbern und Flüchtlingen in Italien und zu den dortigen Aufnahmebedingungen hat die Kammer im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ‑ Beschluss vom 24. Februar 2014, Az. 7a L 179/14.A ‑ unter Auswertung der vorliegenden Erkenntnisquellen Folgendes ausgeführt: 35„Gemäß § 34a Abs. 1 S. 1 und 2 des Asylverfahrensgesetzes ‑ AsylVfG ‑ ordnet das C3. , wenn die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) erfolgen soll, die Abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Gegenüber dem Antragsteller ist die Abschiebung nach Italien, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und insofern in einen kraft verfassungsrechtlicher Bestimmung sicheren Drittstaat (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes ‑ GG ‑; § 26a Abs. 2 AsylVfG), angeordnet worden. Darüber hinaus ergibt sich die Zuständigkeit Italiens aus § 27a AsylVfG i. V. m. der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 ‑ Dublin II-VO ‑. Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Das ist hier grundsätzlich der Fall, weil die Antragsteller im April 2011 in Italien eingereist sind und dort im Mai 2011 Asyl beantragt haben (vgl. Art. 10 Dublin-II-VO). Dies steht nach Aktenlage auf Grund der Eintragungen in der F. -Datenbank fest und wird auch nicht bestritten. 36Aus Sicht der Kammer spricht allerdings Überwiegendes dafür, dass die Antragsgegnerin von ihrem Selbsteintrittsrecht aus Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch machen und das Asylbegehren in eigener Zuständigkeit prüfen muss. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist, und wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Verordnung. 37Das hiernach dem Mitgliedstaat grundsätzlich eingeräumte Ermessen dürfte voraussichtlich in Bezug auf die Rücküberstellung nach Italien derzeit auf Null reduziert sein, weil dort gegenwärtig systemische Mängel des Asylverfahrens zu besorgen sind, denen die Antragsteller ausgesetzt sein werden. 38Die den Regeln des Selbsteintrittsrechts und der Dublin II-VO zugrundeliegende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ‑ EUGrdRCh ‑, der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ‑ EMRK ‑ und der Genfer Flüchtlingskonvention steht, 39vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 ‑ C-411/10 ‑, NVwZ 2012, 417. 40trifft nach den vorliegenden Erkenntnissen für Italien gegenwärtig wohl nicht zu. 41Dabei reicht allerdings nicht jede Verletzung von Verfahrens- oder materiellem Recht, um eine Selbsteintrittspflicht zu begründen. Ein Mitgliedstaat muss vielmehr die Überstellung eines Asylbewerbers an den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin II-VO nur unterlassen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass das Asylverfahren in diesem Mitgliedstaat systemische Mängel aufweist, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 EUGrdRCh implizieren. In diesem Fall ist die Überstellung auch nach nationalem Verfassungsrecht unzulässig, wenn ‑ bezogen auf den Drittstaat bzw. auf den zuständigen Staat ‑ Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. 42Vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 14. Mai 1996‑ 2 BvR 1938/93 ‑, juris. 43Ausgehend von diesen Maßstäben bestehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen in Italien an systemischen Mängeln leiden. Dementsprechend ist das Interesse der Antragsteller daran, Schutz entsprechend den im Europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbarten Mindeststandards zu erlangen, vorrangig gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse. 44Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass den Antragstellern im Falle ihrer Rücküberstellung nach Italien im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im zuvor dargestellten Sinne droht, sie namentlich im Falle einer Überstellung nach Italien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S. der Art. 4 EUGrdRCh, Art. 3 EMRK zu befürchten haben. 45Die Kammer geht zunächst davon aus, dass die Antragsteller zu 2. - 5. nach den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts dem Kreis besonders schutzwürdiger Personen zuzurechnen sind, da sie minderjährig sind (Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2003/9/EG; neugefasst durch Richtlinie 2013/33/EU mit Umsetzungsfrist bis Juli 2015, dort Art. 21 ff. i.V.m. Art. 2 d)). 46Dies zugrundegelegt, stellt sich die tatsächliche Situation von Schutzsuchenden in Italien nach der gegenwärtigen Erkenntnislage im Wesentlichen wie folgt dar: 47Im Sommer 2013 ist die Zahl der in Italien ankommenden (Boots-)flüchtlinge ‑ erneut ‑ stark angestiegen, 48vgl. z.B. Zahlenangaben und Vergleiche 2011-2013 bei: Zeit online vom 10. Oktober 2013 unter Hinweis auf Material UNHCR; tagesschau.de vom 20. August 2013. 49Die bis dahin schon bedenkliche Auslastung der Aufnahmekapazitäten hat sich verschlechtert. 50Nach dem jüngsten Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Oktober 2013, der auf einer Abklärungsreise nach S. und N1. , verschiedenen Interviews mit Vertretern von Nicht-Regierungs-Organisationen ‑ NGOs ‑, Behörden und Flüchtlingen sowie aktuellen Berichten über die Situation in Italien fußt, sind die Aufnahmekapazitäten der für alle Asylsuchenden vorgesehenen Erstaufnahmezentren CARA, in denen auch sog. Dublin-Rückkehrende im Falle ihrer Rücküberstellung nach Italien grundsätzlich ‑ befristet ‑ unterkommen können, ausgelastet. Das gilt auch für die bereitgestellten Plätze im sog. FER-Projekt (vom Europäischen Flüchtlingsrat finanzierte Unterkünfte), die an den Flughäfen S. und N1. angeboten werden. Die Anzahl der Plätze in diesen Projekten, die zeitlich beschränkt sind, ist ohnehin sehr gering. 51Schweizerische Flüchtlingshilfe ‑ SFH ‑, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 5, 14 ff., 20. 52Auch das Zweitaufnahmesystem SPRAR, das auf einer Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und NGOs basiert, ist ausgelastet; noch im Juli 2013 wurde vom italienischen Innenministerium wegen Überfüllung der Erstaufnahmezentren um Aufstockung der Plätze gebeten. 53Vgl. SFH, a.a.O., S. 23, Fußnote 135 unter Bezugnahme auf eine e-Mail Auskunft von borderline-europe vom 7. August 2013. 54Eine erhebliche Verschlechterung der Aufnahmebedingungen und deutliche Überbelegungen in den Zentren beklagt auch der UNHCR in seinen Empfehlungen vom Juli 2013, 55UNHCR Recommendations on important Aspects of Refugee protection in Italy, Juli 2013, S. 9 ff. 56Die tatsächliche Überbelegung wird schließlich anhand des von der Liaisonbeamtin des C. in S. vom 21. November 2013 unter Bezugnahme auf Daten des italienischen Innenministeriums vom 8. November 2013 übersandten Zahlenmaterials, das bestimmte Aufnahmezentren abdeckt (CARA/CDA), deutlich: Danach war dort in verschiedenen Orten „ursprünglich“ eine Kapazität von insgesamt 6.180 Plätzen, sind „jetzt“ 7.516 Plätze „vorgesehen“, die tatsächlich mit 10.856 Schutzsuchenden belegt sein sollen. 57Vgl. Wiedergabe der Information der Liaisonbeamtin in der Antragserwiderung. 58Die Frage, ob das vom italienischen Innenministerium übermittelte Zahlenmaterial belastbar ist, lässt die Kammer dabei offen. 59Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 11. September 2013 an das OVG NRW (dort zu d) ist verlässliches Datenmaterial nicht zu erlangen; dahingehend auch: UNHCR, a.a.O., z.B. S. 10, 13. 60Rücküberstellte haben nach Einschätzung einer italienischen Untersuchungskommission keine ausdrückliche Garantie für eine Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung. 61Vgl. Auskunft der ital. Vereinigung f. rechtliche Untersuchungen zur Situation von Einwanderern ‑ ASGI ‑ vom 20. November 2012 an das VG Darmstadt. 62Die anderslautende Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 11. September 2013 an das Oberverwaltungsgericht NRW (dort zu c) legt die Kammer im vorläufigen Rechtsschutzverfahren angesichts der wiedergegebenen Erkenntnisse vor Ort tätiger Organisationen, der unter b) dieser Auskunft des Auswärtigen Amtes angedeuteten Schwierigkeiten bei der Unterbringung unter Hinnahme auch Wochen fehlender Unterkunft und mit Rücksicht darauf, dass nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes kein belastbares Zahlenmaterial zu tatsächlichen Unterbringungsmöglichkeiten der Dublin II-Rückkehrer von offizieller Seite zu erlangen ist (Auskunft vom 11. September 2013, a.a.O., zu d), nicht zugrunde. 63Aus der Schwierigkeit, dauerhaft eine angemessene und sichere Unterkunft zu erlangen, folgen insbesondere von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe beschriebene Probleme der (Dauer-)Obdachlosigkeit, Verwahrlosung und auch der (sexuellen) Ausbeutung für die Schutzsuchenden. 64SFH, a.a.O., z.B. S. 40, 45. 65Ein weiterer wesentlicher Mangel im System der Versorgung von Asylsuchenden ist darin zu sehen, dass der Mehrheit der Flüchtlinge ‑ abgesehen von der Unterbringung in Erstaufnahmezentren ‑ keine ausreichende Unterstützung und Hilfeleistungen zuteil werden, die ein sozial würdiges Leben in einer für sie fremden Umgebung ermöglichen. Dazu gehört auch ein Mindestmaß an Integritätsbemühungen des Staates, um den Schutzsuchenden eine Teilnahme am Alltagsleben in Italien zu ermöglichen, wie etwa Sprachunterricht. Die vereinzelten Angebote decken den tatsächlichen Bedarf nicht annähernd ab. 66Vgl. UNHCR, a.a.O., S. 10, 12 f.: “their self-reliance remains a concern after the end of the emergency reception plan. This is mainly because of the poor quality of reception services,…more broadly, because of the economic situation in Italy.”; SFH, a.a.O., S. 43 ff. 67Diese Situation trifft namentlich besonders schutzwürdige Flüchtlinge , denen die Antragsteller zu 2. - 5. als Minderjährige (s.o.) zuzurechnen sind. Diesem Personenkreis, der nach den Mindeststandards der Gemeinschaft besonderer Hilfestellung bedarf (vgl. ARL 2003, a.a.O., Art. 17 ff.), wird diese nicht annähernd in ausreichendem Maße gewährt. 68UNHCR, a.a.O., S. 12; SFH, a.a.O., S. 53 ff. 69Mit Rücksicht darauf, dass der Asylstatus der Antragsteller unbekannt ist, namentlich nach Aktenlage bisher keine Reaktion des italienischen Staates vorliegt, ist ergänzend anzumerken, dass Asylbewerber, denen in Italien ein Schutzstatus (auch subsidiär) gewährt wurde, sowohl hinsichtlich ihrer Unterbringung als auch in Bezug auf ihre Versorgung allgemein schlechter gestellt sind als solche, die sich noch im Verfahren befinden, weil kaum noch eine Hilfestellung gewährt wird, sondern diese weitgehend auf sich selbst angewiesen sind. 70Vgl. SFH, a.a.O., z.B. S. 21 (Unterkunft), 43 (Arbeit), 47 (Integrationsmaßnahmen), 48 f. (Sozialhilfe); vgl. auch UNHCR, a.a.O., S. 12. 71Der Kammer sind belastbare Auskünfte und Stellungnahmen aus jüngster Zeit, die die dargestellten allgemeinen Erkenntnisse erschüttern könnten, nicht bekannt. 72Die Kammer folgt der Einschätzung des UNHCR in den „Empfehlungen“, dass die Missstände insoweit auf fehlender strategischer und struktureller Planung und zuverlässige Koordinationsmechanismen auf zentraler Ebene beruhen. Diese Einschätzung wird von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe erneut im aktuellen Bericht geteilt. 73UNHCR, a.a.O., S. 10,13; ebenso: SFH, a.a.O., S. 7. 74Die Kammer stuft diese Mängel insgesamt als systemisch ein, weil sie auf einem unzureichenden Aufnahmesystem und einem fehlendem materiellen und sozialen Sicherungsnetz beruhen, das der italienische Staat trotz ausreichender rechtlicher Rahmenbedingungen nicht bereitstellt. 75Ebenso: VG Gießen, Urteil vom 25. November 2013 ‑ 1 K 844/11.GI.A ‑ juris, insbes. Rdnr. 33 f. m.w.N.; VG Frankfurt a.M., Urteil vom 9. Juli 2013 ‑ 7 K 560/11.F.A. ‑ , juris Rdnr. 24 ff.; VG Köln, Beschluss vom 7. Mai 2013 ‑ 20 L 613/13.A ‑, juris; VG Aachen, Beschluss vom 14. März 2013 ‑ 9 L 53/13.A ‑, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 17. Mai 2013 ‑ 5a L 566/13.A ‑, juris. 76Am 4. Juni 2013 hat das italienische Innenministerium einen sog. EASO-Support-Plan beschlossen und mit dem Europäischen Asylunterstützungsbüro EASO einen Unterstützungsplan vereinbart. Dies verdeutlicht, dass der italienische Staat derzeit selbst davon ausgeht, den Mindestnormen der Gemeinschaft für die Aufnahme von Asylbewerbern nicht aus eigenen Kräften zu entsprechen. Dieser „Hilfsplan“ reicht bis Ende 2014. 77Vgl. EASO, press-release vom 4. Juni 2013, EASO-Italy-Special-Support-Plan. 78Ob die Situation der Flüchtlinge sich dadurch nachhaltig bessert, bleibt abzuwarten. 79Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 2. April 2013 Nr. °°°°°/°°, N2. I. et al v. the Netherlands and Italy, die sich auf den Sonderfall einer in Italien bereits unter Schutz („subsidiary protection“) stehenden T. Frau mit zwei Kindern bezieht, die in Italien ein Aufenthaltsrecht und Reisedokumente für mehrere Jahre innehatte, 80EGMR, a.a.O., Nr. 6, 81ist wegen der Besonderheiten dieses Personenkreises mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Zudem stellt der EGMR in seiner Entscheidung auf der Grundlage zahlreicher Erkenntnisse die dargestellten Missstände heraus, 82EGMR, a.a.O., Nr. 78. unter Hinweis auf die Ausführungen unter Nr. 43 ff., 83hält diese aber in Bezug auf den Personenkreis der anerkannten Flüchtlinge mit Aufenthaltsrecht nicht für ausreichend, um einen systemischen Mangel darzutun, wie er in einem vorangegangenen Verfahren zu Griechenland festgestellt worden sei. 84EGMR, a.a.O., Nr. 78. 85Wegen divergierender Rechtsauffassung der 5. Sektion des EGMR soll zudem die Große Kammer des EGMR mit der Problematik der Aufnahmebedingungen in Italien befasst sein. 86Vgl. Hinweis hierauf im Beschluss des VG Würzburg vom 3. Februar 2014 ‑ W 6 S 14.30087 ‑ juris, Rdnr. 16, sowie Ersuchen der 5. Sektion des ECHR an die Bundesrepublik Deutschland vom 13. Februar 2013 im Fall Nr. 81498/12 Isse and Mousa vs. Germany, innerhalb eines bestimmten Zeitraums keine Abschiebung nach Italien vorzunehmen. 87Die Unanwendbarkeit der Zuständigkeitsregelungen der Dublin II-VO aus Gründen höherrangigen Rechts ist danach insgesamt im vorläufigen Rechtsschutz mit der Folge zu bejahen, dass eine Rücküberstellung nach Italien derzeit nicht erfolgen darf.“ 88An der Einschätzung, dass in Italien auch zum jetzigen Zeitpunkt noch systemische Mängel des Asylverfahrens bestehen, die dazu führen, dass Flüchtlinge einschließlich der Kläger überwiegend wahrscheinlich menschenrechtswidrigen Verhältnissen ausgesetzt werden, hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW zum jetzigen Zeitpunkt fest. Das Urteil des OVG NRW vom 7. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A ‑, das die Rücküberstellung nach Italien für zulässig erachtet, beruht auf der Erkenntnislage, die auch die Kammer zugrundegelegt hat. Der Auffassung des Senats, die sich aus der Erkenntnislage ergebende Situation in Italien lasse noch kein systemisches, die Grenze zur drohenden Grundrechtsverletzung nach Art. 4 EuGRCh überschreitendes Versagen des Staates erkennen, vermag die Kammer gegenwärtig nicht zu folgen. 89Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Zahl der in Italien aufzunehmenden Flüchtlinge im ersten Halbjahr 2014 weiter erheblich angestiegen ist und erst jüngst das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR dringend angemahnt hat, einen strukturierten Plan zur Aufnahme der Flüchtlinge in Italien zu entwickeln. Anlass für diese Mahnung war, dass in Italien im Juni 2014 ca. 400 Flüchtlinge auf zwei Parkplätzen vor S. und N1. ohne Versorgung hilflos ausgesetzt worden waren. 90Vgl. z.B. Spiegel online 10. Juni 2014 „Hunderte Bootsflüchtlinge auf Parkplätzen ausgesetzt“; N24 10. Juni 2014; Huffington Post 18. Juni 2014 „Italy’s Churches shelter Refugees despite overflowing migrant crises“; FR 15. Juni 2014 „Mehr als 1500 Bootsflüchtlinge in 24 Stunden“; vgl. allgemein auch: west-info.eu 15. Juli 2014 „The new Europe begins at Lampedusa“ by G. Terranova. 91Erkenntnisse darüber, dass Italien angesichts der gestiegenen Zahlen die ohnehin überfüllten Unterbringungskapazitäten entsprechend aufgestockt hätte und den weiteren dargestellten Mängeln im Aufnahmeverfahren wirksam begegnet wäre, liegen nicht vor. 92Wegen der Zurückweisung von Flüchtlingen ohne Möglichkeit der Antragstellung hat die Europäische Kommission zudem ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien eingeleitet. 93Vgl. Asylmagazin, hrsg. v. Informationsverbund Asyl und Migration 5/2014, S. 142.“ 94Unabhängig davon, ob sich das im vorliegenden Verfahren entscheidende Gericht der Rechtsauffassung der 7. Kammer anschließt, folgt allein aus dem Umstand, dass die Kinder der Klägerin nicht abgeschoben werden dürfen und einen gesetzlichen Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland haben, dass dieser Anspruch auch der Klägerin zusteht. 95Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 - Dublin II-VO - (EG-AsylZustVO) 96- die auf den vorliegenden Fall noch anwendbar ist, weil die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung) vom 19. Juli 2013 (dazu s. Art. 49 Unterabs. 1 Dublin III-VO) - Dublin III-VO - nicht auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar ist, die vor dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten - also vor dem 1. Januar 2014 - gestellt wurden und für die vor diesem Zeitpunkt auch um Aufnahme oder Wiederaufnahme nachgesucht wurde – 97bestimmt, dass für die Zwecke dieser Verordnung die Situation eines mit dem Asylbewerber einreisenden Minderjährigen, der durch die Definition des Familienangehörigen in Art. 2 Ziff. i) Dublin II-VO gedeckt ist, untrennbar mit der seines Elternteils oder seines Vormunds verbunden ist und für diesen der Mitgliedstaat zuständig ist, der für die Prüfung des Asylantrags dieses Elternteils oder Vormunds zuständig ist. Nach Art. 2 Ziff. i), iii) ist Familienangehöriger das im Mitgliedstaat anwesende Mitglied der Familie des Antragstellers, sofern die Familie bereits im Herkunftsstaat bestanden hat. Bei unverheirateten minderjährigen Antragstellern oder Flüchtlingen sind dies Vater, Mutter oder ein Vormund. 98Ist aber nach Art. 4 Abs. 3 Dublin II-VO das Schicksal des minderjährigen Asylantragstellers untrennbar mit demjenigen seines Vaters und seiner Mutter verbunden, kann in einem Fall, wie dem vorliegenden, in dem divergierende Entscheidungen hinsichtlich der Zulässigkeit einer Rückschiebung in einen EU-Mitgliedsstaat (hier: Italien) in Bezug auf Vater oder Mutter des Asylantragstellers nicht ausgeschlossen sind, die Ermessensentscheidung des C. nur einheitlich, d.h. für oder gegen eine Rückführung der gesamten Familie ergehen. In Fällen wie dem Vorliegenden, in dem bereits einem Elternteil (hier dem Vater der Kinder der Klägerin) und den Kindern selbst die Abschiebung nicht mehr droht und sie einen gesetzlichen Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens im Bundesgebiet haben, kann die nur noch bezüglich der Klägerin zu treffende Ermessensentscheidung allein dahingehen, dass auch sie nicht abgeschoben werden kann, um einen Verbleib der Klägerin bei ihren Kindern zu sichern. 99Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. 100Die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
der bescheid des c. g. n. v. g1. vom 29. januar 2014 wird aufgehoben. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% abwenden, wenn nicht die kläger zuvor sicherheit in gleicher höhe leisten. gerichtskosten werden nicht erhoben. 1
2die klägerin wendet sich gegen die ablehnung ihres asylantrages als unzulässig durch bescheid des c1. g2. n. v1. g1. ‑ c2. ‑ vom 29. januar 2014. 3die °°°° in o. geborene klägerin reiste zusammen mit ihrem im jahr °°°° in h. geborenen ehemann und ihren h1. kindern (geboren °°°°, °°°° und °°°°) in die bundesrepublik deutschland ein und beantragte gemeinsam mit ihrer familie am 16. januar 2013 asyl. am 22. januar 2013 wurde dem bundesamt gemeldet, dass die klägerin und ihre familie bereits in italien registriert seien („f. -treffer“). 4am 8. mai 2013 erfolgte die anhörung seitens des c. . 5am 25. november 2013 stellte das c3. ein wiederaufnahmeersuchen an italien, das bislang nicht beantwortet wurde. 6mit bescheid vom 29. januar 2014 stellte das c3. fest, dass die asylanträge der klägerin und ihrer familie unzulässig seien und ordnete die abschiebung nach italien an. 7die klägerin und ihre familie haben am 5. februar 2014 klage erhoben und zugleich um vorläufigen rechtsschutz nachgesucht. aufgrund der divergierenden staatsangehörigkeiten ist das verfahren der klägerin von der für h. zuständigen 7. kammer abgetrennt und an die für o. zuständige 9. kammer verwiesen worden. 8zur begründung ihrer klage führt die klägerin aus: die beklagte sei zur ausübung ihres selbsteintrittsrechts verpflichtet, da das c3. das verfahren insbesondere im hinblick auf die bedürfnisse ihrer minderjährigen kinder ohne ersichtlichen grund unangemessen lange verzögert habe und in italien systemische mängel des asylverfahrens bestünden. die ihnen in italien ausgehändigten „titolo di viaggio per stranieri“ zeigten, dass die durchführung eines asylverfahrens nicht beabsichtigt sei, sondern sie nur zu ihrer ausreise aus italien motivieren sollten. 9die klägerin beantragt schriftsätzlich, 10die beklagte unter aufhebung des bescheids des c. g3. n. v2. g1. vom 29. januar 2014 zu verpflichten, bezüglich ihrer person ein asylverfahren durchzuführen. 11die beklagte beantragt schriftsätzlich, 12die klage abzuweisen. 13sie hält systemische mängel im flüchtlingsaufnahmeverfahren in italien für nicht gegeben. 14wegen der weiteren einzelheiten des vorbringens der beteiligten wird bezug genommen auf die gerichtsakte, einschließlich der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten (beiakte heft 1). 15
16die klage, über die im einverständnis der parteien durch den vorsitzenden ohne mündliche verhandlung entschieden werden kann (§§ 87a abs. 2, 101 abs. 2 der verwaltungsgerichtsordnung ‑ vwgo -), ist zulässig und begründet. 17sie ist als anfechtungsklage zulässig. die am begehren der klägerin orientierte antragsauslegung (vgl. § 88 vwgo) ergibt, dass ihr wörtlich auch auf die verpflichtung der beklagten gerichteter antrag als anfechtungsklage zu verstehen ist. diese ist gegen die mit dem bescheid allein getroffene entscheidung nach §§ 27a, 34a des asylverfahrensgesetzes ‑ asylvfg ‑ zulässig und zugleich ausreichend, weil die isolierte aufhebung der entscheidungen zu ziffern 1. und 2. des bescheides zur gesetzlichen verpflichtung des c. führt, das asylverfahren durchzuführen (vgl. §§ 31, 24 asylvfg). mit der aufhebung des bescheides vom 29. januar 2014 ist das verfahrenshindernis für die inhaltliche prüfung des asylgesuchs beseitigt. 18so auch: vg düsseldorf, urteil vom 10. februar 2014 ‑ 25 k 8830/13.a ‑, infauslr 2014, 159 ff.; im ergebnis auch: vgh baden-württemberg, urt. vom 16. april 2014 ‑ a 11 s 1721/13 -, juris, rdnr. 18. 19die klage ist auch begründet. der bescheid des c. g4. n. v3. g1. vom 29. januar 2014 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten (vgl. § 113 abs. 1 vwgo). 20die klägerin hat anspruch darauf, dass die beklagte von ihrem selbsteintrittsrecht gemäß art. 3 abs. 2 satz 1 der verordnung (eg) nr. 343/2003 des rates vom 18. februar 2003 zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedstaates, der für die prüfung eines vom einem drittstaatsangehörigen in einem mitgliedstaat gestellten asylantrages zuständig ist ‑ dublin ii-vo ‑ gebrauch macht und ihre asylanträge inhaltlich prüft. das ermessen der beklagten ist insoweit auf null reduziert. 21mit urteil vom 16. juli 2014 ist die 7. kammer des verwaltungsgerichts gelsenkirchen im verfahren des ehemannes und der kinder der klägerin (az.: 7a k 486/14.a) mit folgender begründung zum selben ergebnis gelangt: 22„dem c3. ist es zum einen versagt, sich auf die zuständigkeit italiens zu berufen, weil das verfahren zur prüfung der zuständigkeit nach der dublin-ii-vo zu lasten des klägers fehlerhaft verlaufen ist (i.) und zum anderen in der sache asylverfahren und aufnahmebedingungen für flüchtlinge in italien nach wie vor systemische mängel aufweisen, die die prognose rechtfertigen, dass die kläger im falle ihrer rückführung mit überwiegender wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung ausgesetzt sein werden (ii.). 23die zuständigkeit ist im vorliegenden fall allein anhand der regelungen der dublin ii-vo und den dort genannten kriterien zu entscheiden, weil der asylantrag der kläger in deutschland weit vor dem stichtag des 1. januar 2014 gestellt worden ist (vgl. art. 49 abs. 2 der dublin iii-verordnung (eu) nr. 604/2013 vom 26. juni 2013). 24i. das verfahren zur prüfung der zuständigkeit deutschlands für die durchführung der asylverfahren hat im falle der kläger unangemessen lange gedauert und damit ihre rechte aus art. 18 der charta der grundrechte der europäischen union ‑ eugrch ‑ verletzt. 25es obliegt dem mitgliedsstaat, die zuständigkeitsprüfung zügig durchzuführen und die entscheidung darüber, ob eine rückführung in einen anderen mitgliedstaat in betracht kommt, nicht unangemessen zu verzögern, wenn er sich hierauf berufen will. eine verletzung dieser pflicht verletzt den anspruch des asylbewerbers aus art. 18 eugrch in seinen verfahrensrechtlichen garantien. die dublin ii-vo zielt nach ihrem fünfzehnten erwägungsgrund insbesondere darauf ab, die uneingeschränkte wahrung des in art. 18 eugrch verankerten rechts auf asyl zu gewährleisten. 26vgl. eugh, urt. vom 21. dezember 2011, ‑ c-411/10 -, infauslr 2012, rdrn. 98, 108; urt. vom 14. november 2013 ‑ c-4/11 -, juris, rdnr. 33, 35; vg gelsenkirchen, beschluss vom 30. dezember 2013 ‑ 5a l 1726/13.a ‑, juris; vg düsseldorf, urt. vom 10. februar 2014, ‑ 25 k 8830/13.a -, juris; vgh baden-württemberg, urt. vom 16. april 2014, - a 11 s 1721/13 -, juris jeweils m.w.n. 27zur beurteilung der angemessenheit ist der maßstab der dublin ii-vo selbst heranzuziehen. nach ihrem vierten erwägungsgrund soll diese verordnung eine rasche bestimmung des zuständigen mitgliedstaats ermöglichen, um den effektiven zugang zu den verfahren zur bestimmung der flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das ziel einer zügigen bearbeitung der asylanträge nicht zu gefährden. 28davon ausgehend ist im falle der kläger seit stellung ihrer asylanträge in deutschland eine unangemessen lange zeit verstrichen, bevor das c3. sich ihnen gegenüber auf die zuständigkeit italiens berufen hat. seit anbringung des asylgesuchs in deutschland war ein zeitraum von mehr als einem jahr vergangen, ohne dass für die kläger ein grund für die verzögerung ersichtlich war. 29die kläger haben ihre asylgesuche in deutschland unter dem 16. januar 2012 angebracht. wenige tage danach, am 22. januar 2012, erreichte das c3. die nachricht über einen f. -treffer für italien. die anhörung des klägers beim c3. fand am 8. mai 2013 statt, im rahmen derer der kläger zu 1. bestätigt hat, in italien bereits mit seiner familie asyl beantragt zu haben. die anhörung hat sich auch nicht auf die frage beschränkt, ob der kläger bereits in einem anderen mitgliedstaat der eu einen asylantrag gestellt hat, sondern er ist darüber hinaus zu seinen fluchtgründen befragt worden. 30das c3. hat erst weitere sechs monate nach der anhörung, am 25. november 2013, ein wiederaufnahmeersuchen an italien gerichtet. das c3. hat gleichzeitig versucht, den klägern dies mit schreiben vom gleichen tage bekanntzugeben; die postzustellung war allerdings erfolglos, weil die kläger zwischenzeitlich nicht mehr in der ursprünglichen aufnahmeeinrichtung wohnten. ein weiterer zustellungsversuch ist der akte nicht zu entnehmen, obwohl die stadtverwaltung e. dem c3. die neue adresse der kläger zwischenzeitlich mitgeteilt hatte. der angefochtene bescheid, der die rückführung nach italien anordnet, datiert vom 29. januar 2014. 31gründe für die mit der langen verfahrensdauer verbundene rechtsverletzung der kläger sind der akte nicht zu entnehmen. 32ii. die beklagte ist auch deshalb zur ausübung des selbsteintrittsrechts gem. art. 3 abs. 2 s. 1 dublin-ii-vo verpflichtet, weil asylverfahren und aufnahmebedingungen in italien auch derzeit noch systemische mängel aufweisen, die die prognose rechtfertigen, dass die asylbewerber dort mit beachtlicher, d.h. überwiegender wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung ausgesetzt sein werden. 33vgl. zum maßstab zuletzt: bverwg, urteil vom 19. märz 2014 ‑ 10 b 6/14 -, juris, rdnr. 9 m.w.n. 34zur situation von asylbewerbern und flüchtlingen in italien und zu den dortigen aufnahmebedingungen hat die kammer im verfahren auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes ‑ beschluss vom 24. februar 2014, az. 7a l 179/14.a ‑ unter auswertung der vorliegenden erkenntnisquellen folgendes ausgeführt: 35„gemäß § 34a abs. 1 s. 1 und 2 des asylverfahrensgesetzes ‑ asylvfg ‑ ordnet das c3. , wenn die abschiebung in einen sicheren drittstaat (§ 26a asylvfg) oder in einen für die durchführung des asylverfahrens zuständigen staat (§ 27a asylvfg) erfolgen soll, die abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. gegenüber dem antragsteller ist die abschiebung nach italien, einem mitgliedstaat der europäischen union und insofern in einen kraft verfassungsrechtlicher bestimmung sicheren drittstaat (art. 16a abs. 2 satz 1 des grundgesetzes ‑ gg ‑; § 26a abs. 2 asylvfg), angeordnet worden. darüber hinaus ergibt sich die zuständigkeit italiens aus § 27a asylvfg i. v. m. der verordnung (eg) nr. 343/2003 ‑ dublin ii-vo ‑. nach § 27a asylvfg ist ein asylantrag unzulässig, wenn ein anderer staat auf grund von rechtsvorschriften der europäischen gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen vertrages für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist. das ist hier grundsätzlich der fall, weil die antragsteller im april 2011 in italien eingereist sind und dort im mai 2011 asyl beantragt haben (vgl. art. 10 dublin-ii-vo). dies steht nach aktenlage auf grund der eintragungen in der f. -datenbank fest und wird auch nicht bestritten. 36aus sicht der kammer spricht allerdings überwiegendes dafür, dass die antragsgegnerin von ihrem selbsteintrittsrecht aus art. 3 abs. 2 dublin ii-vo gebrauch machen und das asylbegehren in eigener zuständigkeit prüfen muss. nach dieser vorschrift kann jeder mitgliedstaat einen von einem drittstaatsangehörigen eingereichten asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser verordnung festgelegten kriterien nicht für die prüfung zuständig ist, und wird dadurch zum zuständigen mitgliedstaat im sinne der verordnung. 37das hiernach dem mitgliedstaat grundsätzlich eingeräumte ermessen dürfte voraussichtlich in bezug auf die rücküberstellung nach italien derzeit auf null reduziert sein, weil dort gegenwärtig systemische mängel des asylverfahrens zu besorgen sind, denen die antragsteller ausgesetzt sein werden. 38die den regeln des selbsteintrittsrechts und der dublin ii-vo zugrundeliegende vermutung, dass die behandlung der asylbewerber in jedem einzelnen mitgliedstaat im einklang mit den erfordernissen der charta der grundrechte der europäischen union ‑ eugrdrch ‑, der europäischen konvention zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten ‑ emrk ‑ und der genfer flüchtlingskonvention steht, 39vgl. eugh, urteil vom 21. dezember 2011 ‑ c-411/10 ‑, nvwz 2012, 417. 40trifft nach den vorliegenden erkenntnissen für italien gegenwärtig wohl nicht zu. 41dabei reicht allerdings nicht jede verletzung von verfahrens- oder materiellem recht, um eine selbsteintrittspflicht zu begründen. ein mitgliedstaat muss vielmehr die überstellung eines asylbewerbers an den zuständigen mitgliedstaat im sinne der dublin ii-vo nur unterlassen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass das asylverfahren in diesem mitgliedstaat systemische mängel aufweist, die eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung der an diesen mitgliedstaat überstellten asylbewerber im sinne von art. 4 eugrdrch implizieren. in diesem fall ist die überstellung auch nach nationalem verfassungsrecht unzulässig, wenn ‑ bezogen auf den drittstaat bzw. auf den zuständigen staat ‑ abschiebungshindernisse durch umstände begründet werden, die ihrer eigenart nach nicht vorweg im rahmen des konzepts normativer vergewisserung von verfassung oder gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der grenzen liegen, die der durchführung eines solchen konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. 42vgl. bundesverfassungsgericht, urteil vom 14. mai 1996‑ 2 bvr 1938/93 ‑, juris. 43ausgehend von diesen maßstäben bestehen zum gegenwärtigen zeitpunkt nach der im verfahren des einstweiligen rechtsschutzes allein möglichen summarischen prüfung hinreichende anhaltspunkte dafür, dass das asylverfahren und/oder die aufnahmebedingungen in italien an systemischen mängeln leiden. dementsprechend ist das interesse der antragsteller daran, schutz entsprechend den im europäischen gemeinschaftsrecht vereinbarten mindeststandards zu erlangen, vorrangig gegenüber dem öffentlichen vollzugsinteresse. 44nach den dem gericht vorliegenden erkenntnissen ist davon auszugehen, dass den antragstellern im falle ihrer rücküberstellung nach italien im maßgeblichen zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung im zuvor dargestellten sinne droht, sie namentlich im falle einer überstellung nach italien eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung i.s. der art. 4 eugrdrch, art. 3 emrk zu befürchten haben. 45die kammer geht zunächst davon aus, dass die antragsteller zu 2. - 5. nach den vorgaben des gemeinschaftsrechts dem kreis besonders schutzwürdiger personen zuzurechnen sind, da sie minderjährig sind (art. 17 abs. 1 der richtlinie 2003/9/eg; neugefasst durch richtlinie 2013/33/eu mit umsetzungsfrist bis juli 2015, dort art. 21 ff. i.v.m. art. 2 d)). 46dies zugrundegelegt, stellt sich die tatsächliche situation von schutzsuchenden in italien nach der gegenwärtigen erkenntnislage im wesentlichen wie folgt dar: 47im sommer 2013 ist die zahl der in italien ankommenden (boots-)flüchtlinge ‑ erneut ‑ stark angestiegen, 48vgl. z.b. zahlenangaben und vergleiche 2011-2013 bei: zeit online vom 10. oktober 2013 unter hinweis auf material unhcr; tagesschau.de vom 20. august 2013. 49die bis dahin schon bedenkliche auslastung der aufnahmekapazitäten hat sich verschlechtert. 50nach dem jüngsten bericht der schweizerischen flüchtlingshilfe vom oktober 2013, der auf einer abklärungsreise nach s. und n1. , verschiedenen interviews mit vertretern von nicht-regierungs-organisationen ‑ ngos ‑, behörden und flüchtlingen sowie aktuellen berichten über die situation in italien fußt, sind die aufnahmekapazitäten der für alle asylsuchenden vorgesehenen erstaufnahmezentren cara, in denen auch sog. dublin-rückkehrende im falle ihrer rücküberstellung nach italien grundsätzlich ‑ befristet ‑ unterkommen können, ausgelastet. das gilt auch für die bereitgestellten plätze im sog. fer-projekt (vom europäischen flüchtlingsrat finanzierte unterkünfte), die an den flughäfen s. und n1. angeboten werden. die anzahl der plätze in diesen projekten, die zeitlich beschränkt sind, ist ohnehin sehr gering. 51schweizerische flüchtlingshilfe ‑ sfh ‑, italien: aufnahmebedingungen, oktober 2013, s. 5, 14 ff., 20. 52auch das zweitaufnahmesystem sprar, das auf einer zusammenarbeit zwischen gemeinden und ngos basiert, ist ausgelastet; noch im juli 2013 wurde vom italienischen innenministerium wegen überfüllung der erstaufnahmezentren um aufstockung der plätze gebeten. 53vgl. sfh, a.a.o., s. 23, fußnote 135 unter bezugnahme auf eine e-mail auskunft von borderline-europe vom 7. august 2013. 54eine erhebliche verschlechterung der aufnahmebedingungen und deutliche überbelegungen in den zentren beklagt auch der unhcr in seinen empfehlungen vom juli 2013, 55unhcr recommendations on important aspects of refugee protection in italy, juli 2013, s. 9 ff. 56die tatsächliche überbelegung wird schließlich anhand des von der liaisonbeamtin des c. in s. vom 21. november 2013 unter bezugnahme auf daten des italienischen innenministeriums vom 8. november 2013 übersandten zahlenmaterials, das bestimmte aufnahmezentren abdeckt (cara/cda), deutlich: danach war dort in verschiedenen orten „ursprünglich“ eine kapazität von insgesamt 6.180 plätzen, sind „jetzt“ 7.516 plätze „vorgesehen“, die tatsächlich mit 10.856 schutzsuchenden belegt sein sollen. 57vgl. wiedergabe der information der liaisonbeamtin in der antragserwiderung. 58die frage, ob das vom italienischen innenministerium übermittelte zahlenmaterial belastbar ist, lässt die kammer dabei offen. 59nach auskunft des auswärtigen amtes vom 11. september 2013 an das ovg nrw (dort zu d) ist verlässliches datenmaterial nicht zu erlangen; dahingehend auch: unhcr, a.a.o., z.b. s. 10, 13. 60rücküberstellte haben nach einschätzung einer italienischen untersuchungskommission keine ausdrückliche garantie für eine unterbringung in einer aufnahmeeinrichtung. 61vgl. auskunft der ital. vereinigung f. rechtliche untersuchungen zur situation von einwanderern ‑ asgi ‑ vom 20. november 2012 an das vg darmstadt. 62die anderslautende auskunft des auswärtigen amtes vom 11. september 2013 an das oberverwaltungsgericht nrw (dort zu c) legt die kammer im vorläufigen rechtsschutzverfahren angesichts der wiedergegebenen erkenntnisse vor ort tätiger organisationen, der unter b) dieser auskunft des auswärtigen amtes angedeuteten schwierigkeiten bei der unterbringung unter hinnahme auch wochen fehlender unterkunft und mit rücksicht darauf, dass nach einschätzung des auswärtigen amtes kein belastbares zahlenmaterial zu tatsächlichen unterbringungsmöglichkeiten der dublin ii-rückkehrer von offizieller seite zu erlangen ist (auskunft vom 11. september 2013, a.a.o., zu d), nicht zugrunde. 63aus der schwierigkeit, dauerhaft eine angemessene und sichere unterkunft zu erlangen, folgen insbesondere von der schweizerischen flüchtlingshilfe beschriebene probleme der (dauer-)obdachlosigkeit, verwahrlosung und auch der (sexuellen) ausbeutung für die schutzsuchenden. 64sfh, a.a.o., z.b. s. 40, 45. 65ein weiterer wesentlicher mangel im system der versorgung von asylsuchenden ist darin zu sehen, dass der mehrheit der flüchtlinge ‑ abgesehen von der unterbringung in erstaufnahmezentren ‑ keine ausreichende unterstützung und hilfeleistungen zuteil werden, die ein sozial würdiges leben in einer für sie fremden umgebung ermöglichen. dazu gehört auch ein mindestmaß an integritätsbemühungen des staates, um den schutzsuchenden eine teilnahme am alltagsleben in italien zu ermöglichen, wie etwa sprachunterricht. die vereinzelten angebote decken den tatsächlichen bedarf nicht annähernd ab. 66vgl. unhcr, a.a.o., s. 10, 12 f.: “their self-reliance remains a concern after the end of the emergency reception plan. this is mainly because of the poor quality of reception services,…more broadly, because of the economic situation in italy.”; sfh, a.a.o., s. 43 ff. 67diese situation trifft namentlich besonders schutzwürdige flüchtlinge , denen die antragsteller zu 2. - 5. als minderjährige (s.o.) zuzurechnen sind. diesem personenkreis, der nach den mindeststandards der gemeinschaft besonderer hilfestellung bedarf (vgl. arl 2003, a.a.o., art. 17 ff.), wird diese nicht annähernd in ausreichendem maße gewährt. 68unhcr, a.a.o., s. 12; sfh, a.a.o., s. 53 ff. 69mit rücksicht darauf, dass der asylstatus der antragsteller unbekannt ist, namentlich nach aktenlage bisher keine reaktion des italienischen staates vorliegt, ist ergänzend anzumerken, dass asylbewerber, denen in italien ein schutzstatus (auch subsidiär) gewährt wurde, sowohl hinsichtlich ihrer unterbringung als auch in bezug auf ihre versorgung allgemein schlechter gestellt sind als solche, die sich noch im verfahren befinden, weil kaum noch eine hilfestellung gewährt wird, sondern diese weitgehend auf sich selbst angewiesen sind. 70vgl. sfh, a.a.o., z.b. s. 21 (unterkunft), 43 (arbeit), 47 (integrationsmaßnahmen), 48 f. (sozialhilfe); vgl. auch unhcr, a.a.o., s. 12. 71der kammer sind belastbare auskünfte und stellungnahmen aus jüngster zeit, die die dargestellten allgemeinen erkenntnisse erschüttern könnten, nicht bekannt. 72die kammer folgt der einschätzung des unhcr in den „empfehlungen“, dass die missstände insoweit auf fehlender strategischer und struktureller planung und zuverlässige koordinationsmechanismen auf zentraler ebene beruhen. diese einschätzung wird von der schweizerischen flüchtlingshilfe erneut im aktuellen bericht geteilt. 73unhcr, a.a.o., s. 10,13; ebenso: sfh, a.a.o., s. 7. 74die kammer stuft diese mängel insgesamt als systemisch ein, weil sie auf einem unzureichenden aufnahmesystem und einem fehlendem materiellen und sozialen sicherungsnetz beruhen, das der italienische staat trotz ausreichender rechtlicher rahmenbedingungen nicht bereitstellt. 75ebenso: vg gießen, urteil vom 25. november 2013 ‑ 1 k 844/11.gi.a ‑ juris, insbes. rdnr. 33 f. m.w.n.; vg frankfurt a.m., urteil vom 9. juli 2013 ‑ 7 k 560/11.f.a. ‑ , juris rdnr. 24 ff.; vg köln, beschluss vom 7. mai 2013 ‑ 20 l 613/13.a ‑, juris; vg aachen, beschluss vom 14. märz 2013 ‑ 9 l 53/13.a ‑, juris; vg gelsenkirchen, beschluss vom 17. mai 2013 ‑ 5a l 566/13.a ‑, juris. 76am 4. juni 2013 hat das italienische innenministerium einen sog. easo-support-plan beschlossen und mit dem europäischen asylunterstützungsbüro easo einen unterstützungsplan vereinbart. dies verdeutlicht, dass der italienische staat derzeit selbst davon ausgeht, den mindestnormen der gemeinschaft für die aufnahme von asylbewerbern nicht aus eigenen kräften zu entsprechen. dieser „hilfsplan“ reicht bis ende 2014. 77vgl. easo, press-release vom 4. juni 2013, easo-italy-special-support-plan. 78ob die situation der flüchtlinge sich dadurch nachhaltig bessert, bleibt abzuwarten. 79die entscheidung des europäischen gerichtshofes für menschenrechte vom 2. april 2013 nr. °°°°°/°°, n2. i. et al v. the netherlands and italy, die sich auf den sonderfall einer in italien bereits unter schutz („subsidiary protection“) stehenden t. frau mit zwei kindern bezieht, die in italien ein aufenthaltsrecht und reisedokumente für mehrere jahre innehatte, 80egmr, a.a.o., nr. 6, 81ist wegen der besonderheiten dieses personenkreises mit dem vorliegenden sachverhalt nicht vergleichbar. zudem stellt der egmr in seiner entscheidung auf der grundlage zahlreicher erkenntnisse die dargestellten missstände heraus, 82egmr, a.a.o., nr. 78. unter hinweis auf die ausführungen unter nr. 43 ff., 83hält diese aber in bezug auf den personenkreis der anerkannten flüchtlinge mit aufenthaltsrecht nicht für ausreichend, um einen systemischen mangel darzutun, wie er in einem vorangegangenen verfahren zu griechenland festgestellt worden sei. 84egmr, a.a.o., nr. 78. 85wegen divergierender rechtsauffassung der 5. sektion des egmr soll zudem die große kammer des egmr mit der problematik der aufnahmebedingungen in italien befasst sein. 86vgl. hinweis hierauf im beschluss des vg würzburg vom 3. februar 2014 ‑ w 6 s 14.30087 ‑ juris, rdnr. 16, sowie ersuchen der 5. sektion des echr an die bundesrepublik deutschland vom 13. februar 2013 im fall nr. 81498/12 isse and mousa vs. germany, innerhalb eines bestimmten zeitraums keine abschiebung nach italien vorzunehmen. 87die unanwendbarkeit der zuständigkeitsregelungen der dublin ii-vo aus gründen höherrangigen rechts ist danach insgesamt im vorläufigen rechtsschutz mit der folge zu bejahen, dass eine rücküberstellung nach italien derzeit nicht erfolgen darf.“ 88an der einschätzung, dass in italien auch zum jetzigen zeitpunkt noch systemische mängel des asylverfahrens bestehen, die dazu führen, dass flüchtlinge einschließlich der kläger überwiegend wahrscheinlich menschenrechtswidrigen verhältnissen ausgesetzt werden, hält die kammer auch unter berücksichtigung der aktuellen rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts nrw zum jetzigen zeitpunkt fest. das urteil des ovg nrw vom 7. märz 2014 ‑ 1 a 21/12.a ‑, das die rücküberstellung nach italien für zulässig erachtet, beruht auf der erkenntnislage, die auch die kammer zugrundegelegt hat. der auffassung des senats, die sich aus der erkenntnislage ergebende situation in italien lasse noch kein systemisches, die grenze zur drohenden grundrechtsverletzung nach art. 4 eugrch überschreitendes versagen des staates erkennen, vermag die kammer gegenwärtig nicht zu folgen. 89dies gilt auch vor dem hintergrund, dass die zahl der in italien aufzunehmenden flüchtlinge im ersten halbjahr 2014 weiter erheblich angestiegen ist und erst jüngst das un-flüchtlingshilfswerk unhcr dringend angemahnt hat, einen strukturierten plan zur aufnahme der flüchtlinge in italien zu entwickeln. anlass für diese mahnung war, dass in italien im juni 2014 ca. 400 flüchtlinge auf zwei parkplätzen vor s. und n1. ohne versorgung hilflos ausgesetzt worden waren. 90vgl. z.b. spiegel online 10. juni 2014 „hunderte bootsflüchtlinge auf parkplätzen ausgesetzt“; n24 10. juni 2014; huffington post 18. juni 2014 „italy’s churches shelter refugees despite overflowing migrant crises“; fr 15. juni 2014 „mehr als 1500 bootsflüchtlinge in 24 stunden“; vgl. allgemein auch: west-info.eu 15. juli 2014 „the new europe begins at lampedusa“ by g. terranova. 91erkenntnisse darüber, dass italien angesichts der gestiegenen zahlen die ohnehin überfüllten unterbringungskapazitäten entsprechend aufgestockt hätte und den weiteren dargestellten mängeln im aufnahmeverfahren wirksam begegnet wäre, liegen nicht vor. 92wegen der zurückweisung von flüchtlingen ohne möglichkeit der antragstellung hat die europäische kommission zudem ein vertragsverletzungsverfahren gegen italien eingeleitet. 93vgl. asylmagazin, hrsg. v. informationsverbund asyl und migration 5/2014, s. 142.“ 94unabhängig davon, ob sich das im vorliegenden verfahren entscheidende gericht der rechtsauffassung der 7. kammer anschließt, folgt allein aus dem umstand, dass die kinder der klägerin nicht abgeschoben werden dürfen und einen gesetzlichen anspruch auf durchführung eines asylverfahrens in der bundesrepublik deutschland haben, dass dieser anspruch auch der klägerin zusteht. 95art. 4 abs. 3 der verordnung (eg) nr. 343/2003 des rates vom 18. februar 2003 - dublin ii-vo - (eg-asylzustvo) 96- die auf den vorliegenden fall noch anwendbar ist, weil die verordnung (eu) nr. 604/2013 des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedstaats, der für die prüfung eines von einem drittstaatsangehörigen oder staatenlosen in einem mitgliedstaat gestellten antrags auf internationalen schutz zuständig ist (neufassung) vom 19. juli 2013 (dazu s. art. 49 unterabs. 1 dublin iii-vo) - dublin iii-vo - nicht auf anträge auf internationalen schutz anwendbar ist, die vor dem ersten tag des sechsten monats nach ihrem inkrafttreten - also vor dem 1. januar 2014 - gestellt wurden und für die vor diesem zeitpunkt auch um aufnahme oder wiederaufnahme nachgesucht wurde – 97bestimmt, dass für die zwecke dieser verordnung die situation eines mit dem asylbewerber einreisenden minderjährigen, der durch die definition des familienangehörigen in art. 2 ziff. i) dublin ii-vo gedeckt ist, untrennbar mit der seines elternteils oder seines vormunds verbunden ist und für diesen der mitgliedstaat zuständig ist, der für die prüfung des asylantrags dieses elternteils oder vormunds zuständig ist. nach art. 2 ziff. i), iii) ist familienangehöriger das im mitgliedstaat anwesende mitglied der familie des antragstellers, sofern die familie bereits im herkunftsstaat bestanden hat. bei unverheirateten minderjährigen antragstellern oder flüchtlingen sind dies vater, mutter oder ein vormund. 98ist aber nach art. 4 abs. 3 dublin ii-vo das schicksal des minderjährigen asylantragstellers untrennbar mit demjenigen seines vaters und seiner mutter verbunden, kann in einem fall, wie dem vorliegenden, in dem divergierende entscheidungen hinsichtlich der zulässigkeit einer rückschiebung in einen eu-mitgliedsstaat (hier: italien) in bezug auf vater oder mutter des asylantragstellers nicht ausgeschlossen sind, die ermessensentscheidung des c. nur einheitlich, d.h. für oder gegen eine rückführung der gesamten familie ergehen. in fällen wie dem vorliegenden, in dem bereits einem elternteil (hier dem vater der kinder der klägerin) und den kindern selbst die abschiebung nicht mehr droht und sie einen gesetzlichen anspruch auf durchführung eines asylverfahrens im bundesgebiet haben, kann die nur noch bezüglich der klägerin zu treffende ermessensentscheidung allein dahingehen, dass auch sie nicht abgeschoben werden kann, um einen verbleib der klägerin bei ihren kindern zu sichern. 99die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. gerichtskosten werden gemäß § 83b asylvfg nicht erhoben. 100die regelung über die vorläufige vollstreckbarkeit der kostenentscheidung beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung.
Klaeger*in
1
185,027
S 33 AL 239/13
2014-01-22T00:00:00
Urteil
Tenor 1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 27.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Gründungszuschuss vom 31.01.2013 erneut ermessensfehlerfrei unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. 2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Bewilligung eines Gründungszuschusses (im folgenden GZ) im Hinblick auf die vom Kläger zum 28.02.2013 aufgenommene hauptberufliche Tätigkeit als selbständiger Kfz-Meister in eigenem Betrieb. 3Der am 02.06.1980 geborene Kläger absolvierte von 1991-2001 seine Ausbildung als Kraftfahrzeugelektriker. Nach seiner Ausbildung wurde er vom Ausbildungsbetrieb übernommen und arbeitete dort bis 2006. Zwischen 2006 und 2012 war er, teilweise unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit (17.11.2011 arbeitssuchend, 01.01.2012-31.01.2012 arbeitslos mit Arbeitslosengeldbezug), bei insgesamt 7 verschiedenen Firmen als Kfz-Elektriker, technischer Redakteur bzw. Werkstattleiter beschäftigt. 4Am 29.11.2012 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und erhielt Arbeitslosengeld (im folgenden Alg) von der Beklagten. Die Beklagte schloss mit dem Kläger am 13.12.2012 und am 05.02.2013 eine Eingliederungsvereinbarung (im folgenden EGV) mit der Zielsetzung: Arbeitsaufnahme als Werksattleiter / Kfz-Meister / Serviceberater. Der EGV lag die Prognose der Beklagten zugrunde, dass der Kläger als guter, qualifizierter Bewerber bei gutem Arbeitsmarkt zeitnah innerhalb der nächsten 6 Monate integriert werden könne (vgl. Verbis-Vermerk vom 13.12.2012). 5Am 31.01.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten zunächst formlos die Gewährung eines Gründungszuschusses für sein Vorhaben, eine Kfz-Werkstatt zu übernehmen und sich selbständig zu machen. Seinem späteren schriftlichen Antrag fügte er einen Businessplan nebst Lebenslauf, seinen Meisterbrief, die Stellungnahme der fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 SGB III und eine Kopie der Gewerbeanmeldung bei. Der Kläger setzte parallel zu seinem Gründungsvorhaben seine Bewerbungsbemühungen fort und reichte am 11.02.2013 eine Liste über 16 erfolglose Bewerbungen bei der Beklagten ein. 6Mit Bescheid vom 27.02.2013 lehnte die Beklagte den Antrag auf GZ ab. Dem Antrag könne nicht entsprochen werden, weil die Förderung der Selbständigkeit nicht notwendig sei, um den Kläger dauerhaft in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Auf dem für den Kläger fachlich und persönlich in Betracht kommenden Arbeitsmarkt bestünden ausreichende Integrationsmöglichkeiten in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Dem Kläger hätten seit Beginn seiner Arbeitslosigkeit bereits 8 Stellenangeboten zugesandt werden können. Am 27.02.2013 seien der Agentur für Arbeit Wesel über 20 Stellen als Werkstattleiter gemeldet gewesen. Stellenangebote in diesem Umfang bestünden bereits seit geraumer Zeit. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass sich dieses Volumen in absehbarer Zeit ändere. In Kombination mit verstärkten Eigenbemühungen des Klägers seien die Erfolgsaussichten zur Erlangung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung als günstig zu bewerten. 7Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2013 als unbegründet zurück. Zwar lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 93 SGB III vor. Es bestünde jedoch kein Rechtsanspruch auf den GZ. Der Gesetzgeber habe die Gewährung des GZ vielmehr in das Ermessen der Bundesagentur für Arbeit gestellt. Im Rahmen der Ermessenausübung müssten nicht nur die Umstände des jeweiligen Einzelfalles sondern auch generelle Rahmenbedingungen wie etwa der Umfang der im Rahmen des Haushaltsplanes der Bundesagentur für Arbeit verfügbaren Haushaltsmittel und die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gemäß § 69 Abs. 2 SGB IV ebenso beachtet werden, wie das Prinzip des Vermittlungsvorrangs (§ 4 Abs. 2 SGB III). Im Bereich Kfz-Mechanikermeister seien der Agentur für Arbeit mehr als 20 freie Stellen gemeldet; 8 Vermittlungsvorschläge hätten dem Kläger schon unterbreitet werden können. Die Arbeitslosigkeit hätte daher auch ohne die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit beendet werden können. Nach dem Willen des Gesetzgebers stelle der GZ die letzte Möglichkeit dar, den jeweiligen Antragsteller in den Arbeitsmarkt zu integrieren, wenn alle anderen Möglichkeiten nicht durchdringen. Das persönliche Interesse des Klägers an einer Förderung müsse nach alledem hinter den Interessen der Versichertengemeinschaft an einer zweckentsprechenden, bedarfsorientierten und sparsamen Mittelverwendung zurückstehen. 8Am 10.05.2013 hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten Klage erhoben. Der ablehnende Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten, weil die Beklagte ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe. Soweit sie sich auf den Vermittlungsvorrang berufe, gehe die Beklagte von einem fehlerhaft ermittelten Sachverhalt aus. Die dem Kläger unterbreiteten Vermittlungs-Angebote stammten nämlich überwiegend von Zeitarbeitsfirmen und seien zum Teil auch nur auf wenige Monate befristet gewesen. Zeitlich befristete Angebote seien jedoch– anders als der GZ zur Festigung einer selbständigen Tätigkeit – nicht geeignet, den Betroffenen dauerhaft in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Im Übrigen könne die Beklagte den Versagungsgrund "Vermittlungsvorrang" auch gar nicht hinreichend dokumentieren, so wie es die interne Durchführungsanweisung der Bundesagentur für Arbeit aber selbst verlange. In der Verwaltungsakte fänden sich weder Hinweise zu den angeblich 20 freien Stellen noch Hinweise auf die 8 bereits übersandten Vermittlungsvorschläge. Eine Verifizierung der angeblich guten Arbeitsmarktlage sei daher nicht möglich. Es könne auch nicht überprüft werden, ob die angeblich vorhandenen Stellenangebote mit dem Eingliederungsziel der EGV in Einklang stünden bzw. dem Kläger zumutbar waren. Insoweit werde auf das Urteil des SG Mannheim vom 23.08.2012, Az.: S 14 AL 2139/12 verwiesen. 9Der Kläger beantragt zuletzt, 10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.04.2013 zu verpflichten, über seinen Gründungszuschuss-Antrag vom 31.01.2013 erneut ermessensfehlerfrei unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Sie verweist auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und ergänzt noch, der Kläger sei 33 Jahre alt, gut ausgebildet und qualifiziert. Es sei daher nicht ersichtlich, aus welchem Grund er nicht in kurzer Zeit eine zumutbare versicherungspflichtige Beschäftigung finden können solle. Soweit in der Person des Klägers oder auf dem in Betracht kommenden Arbeitsmarkt keinerlei Besonderheiten zu finden seien, sei schlicht nicht ersichtlich, welcher Grund einer zeitnahen ungeförderten Arbeitsaufnahme entgegenstehen könnte. 14Insoweit müsse die Beklagte auch nicht mehr nachweisen, als hinreichend vorhandenen Gelegenheiten für den Kläger Arbeitsverträge abschließen zu können. Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und die Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Die zulässige Klage ist begründet. 17Die Entscheidung der Beklagten vom 27.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 ist ermessensfehlerhaft und verletzt den Kläger in seinen Rechten auf ermessensfehlerfreie Ermessenausübung. 18Der Kläger hat gemäß § 93, 94 SGB III i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I einen Anspruch auf pflichtgemäße Ermessenausübung im Rahmen der Entscheidung über die Gewährung eines GZ zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. 19Rechtsgrundlage der angegriffenen Entscheidung sind §§ 93, 94 SGB III. Danach können Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzsicherung einen GZ erhalten (§ 93 Abs. 1 SGB III). 20Weitere Voraussetzung ist, dass der Antragsteller bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Absatz 3 SGB III beruht, der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt (§ 93 Abs. 2 SGB III). Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines GZ sind bei dem Kläger, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, erfüllt. Der Kläger hat durch die hauptberufliche Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit seine zuvor bestehende Arbeitslosigkeit beendet. Er hatte zu diesem Zeitpunkt noch mehr als 150 Tage Anspruch auf Arbeitslosengeld, der nicht auf § 147 Abs. 3 SGB III. beruhte. Die Tragfähigkeit der Existenzgründung ist nachgewiesen und die entsprechende Sachkenntnis des Klägers dargelegt. Nachdem die Tatbestandsvoraussetzungen des § 93. Abs. 2 SGB III vorliegen, ergibt sich auf der Rechtsfolgenseite die Ermessensentscheidung der Beklagten. Beim GZ bezieht sich das Ermessen der Verwaltung darauf, ob sie einen GZ bewilligen will (Entschließungsermessen). Der Beklagten wird durch die gesetzliche Regelung des § 93 SGB III allerdings kein freies Ermessen eingeräumt, sondern ein pflichtgemäßes, d. h. rechtlich gebundenes Ermessen (vgl. § 39 SGB I). Missachtet ein Leistungsträger bei seiner Entscheidung die rechtlichen Bindungen, liegt ein Ermessensfehler vor, der der Kontrolle der Sozialgerichte unterliegt. 21Die Ermessensentscheidung der Beklagten unterliegt allerdings nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die Entscheidung der Beklagten ist lediglich in den Grenzen der §§ 39 Abs. 1 SGB I, 54 Abs. 2 Satz 2 SGG überprüfbar. Das Gericht war mithin darauf beschränkt zu kontrollieren, ob 221. die Beklagte ihrer Verpflichtung zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist (Ermessensnichtgebrauch) 2. mit ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, d.h. eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge gesetzt hat (Ermessensüberschreitung) oder 3. von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Abwägungsdefizit / Ermessensmissbrauch). 23Nach der gerichtlichen Prüfung hat die Beklagte vorliegend aus mehrfachen Gründen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht. 24Zu Recht haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers angeführt, die Beklagte habe sich ermessenfehlerhaft auf den Vermittlungsvorrang gemäß § 4 Abs. 2 SGB III berufen. Aus dem Vermittlungsvorrang des § 4 Abs. 2 SGB III ist abzuleiten, dass die Vermittlung in Arbeit Vorrang vor Leistungen der aktiven Arbeitsförderung hat. Insoweit hat die Beklagte stets individuell zu prüfen, ob eine möglichst nachhaltige Integration innerhalb des Bezugszeitraums realistisch ist, ob sofort oder in absehbarer Zeit Stellenangebote unterbreitet werden können und ob individuelle Hemmnisse bestehen, die den Integrationserfolg behindern. Es hat eine entsprechende Dokumentation der Prüfung des Vermittlungsvorrangs im Beratungsvermerk zu erfolgen (vgl. die Geschäftsanweisungen der Beklagten zum GZ, Pkt. 93.02). Eine Berufung auf den Vermittlungsvorrang verbietet sich, wenn die Beklagte, wie vorliegend, nicht hinreichend dokumentiert, dass tatsächlich eine positive und gute Arbeitsmarktlage auf dem für den Kläger in Betracht kommenden Arbeitsmarkt bestand und von welchen Zeiträumen die Beklagte bei ihrer Prognose hinsichtlich der Integration ausgegangen ist. Die von der Beklagten im Rahmen des schriftlichen Klageverfahrens vorgelegte Dokumentation der dem Kläger unterbreiteten Vermittlungsvorschläge enthält lediglich 9 Stellen, die unbefristet ausgeschrieben worden sind. Diese neuen Stellen sind nach Ansicht der Kammer nicht signifikant, um eine gute Arbeitsmarktlage zu dokumentieren. 25Außerdem hat die Beklagte bislang bei ihrer Ermessenerwägung offensichtlich die Berufsbiographie des Klägers nicht hinreichend berücksichtigt. Insoweit ist auffällig, dass der Kläger im Zeitraum zwischen 2006 und 2012 insgesamt 6 mal seinen Arbeitgeber wechselte und die einzelnen Arbeitsverhältnisse jeweils nur bis maximal zu einem Jahr dauerten. Eine solche Berufsbiographie stellt unter Umständen ein Vermittlungshemmnis dar und kann daher bei einer Prognose über die Vermittlungschancen nicht außer Betracht bleiben. 26Ermessensfehlerhaft ist nach Ansicht der Kammer zudem, dass die Beklagte annimmt, der GZ stelle nach dem Willen des Gesetzgebers die letzte Möglichkeit dar, den jeweiligen Antragsteller in den Arbeitsmarkt zu integrieren, quasi eine ultima ratio, wenn alle anderen Möglichkeiten nicht durchgedrungen sind. Ein solcher Wille des Gesetzgebers ist aber weder aus dem Wortlaut des § 93 SGB III noch aus dem systematischen Zusammenhang der Vorschrift im Gefüge des 3. Kapitels des SGB III (Aktive Arbeitsförderung) erkennbar. Auch aus den Gesetzesmotiven, wie sie in der Gesetzesbegründung gemäß BT-Drucks 17/6277 S. 86 dokumentiert sind, lässt sich ein solcher Gedanke nicht entnehmen. Es hat lediglich unter dem Aspekt des § 4 Abs. 2 SGB III die individuell auf den jeweiligen Antragsteller bezogene, konkret datenbasierte Prüfung zu erfolgen, ob die Vermittlung in ein dauerhaftes sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bis zum Ablauf eines Restanspruchs auf Arbeitslosengeld von 150 Tagen hinreichend erfolgsversprechend ist. Die Annahme, der GZ sei bezogen auf alle anderen Leistungen und Fördermaßnahmen nach dem SGB III die ultima ratio erscheint aber insbesondere auch vor dem Hintergrund der Zwecksetzung des § 93 SGB III, durch die Förderung von Existenzgründungen aus Arbeitslosigkeit ein wirksames Instrument aktiver Arbeitsmarktpolitik bereitzustellen und die positiven Erfahrungen mit den hohen Integrationserfolgen des Überbrückungsgeldes fortzusetzen (vgl. BT-Drucks 16/1696 S. 30) problematisch, weil sie dazu führen würde, dass lediglich schlecht oder gar nicht qualifizierte Arbeitslose nach erfolgloser Ausschöpfung bzw. negativer Prognose bezüglich aller ansonsten in Betracht kommenden Fördermöglichkeiten wie etwa Weiterbildung, Eingliederungszuschuss für den Arbeitgeber, etc, GZ erhalten könnten. Insoweit müsste dann aber sorgfältig geprüft werden, ob nicht aufgrund der schlechten Qualifikation Zweifel an der Tragfähigkeit der geplanten Selbständigkeit bestehen, sodass selbst in diesen ultima-ratio-Fällen die Gewährung des Gründungszuschusses fraglich wäre. Es entsteht damit die Frage, welche Anwendungsfälle die Bundesagentur für Arbeit für den Gründungszuschuss überhaupt sieht. 27Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
1. die beklagte wird unter aufhebung des bescheides vom 27.02.2013 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 verpflichtet, über den antrag des klägers auf gründungszuschuss vom 31.01.2013 erneut ermessensfehlerfrei unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu entscheiden. 2. die beklagte trägt die außergerichtlichen kosten des klägers dem grunde nach. 1
2die beteiligten streiten um die bewilligung eines gründungszuschusses (im folgenden gz) im hinblick auf die vom kläger zum 28.02.2013 aufgenommene hauptberufliche tätigkeit als selbständiger kfz-meister in eigenem betrieb. 3der am 02.06.1980 geborene kläger absolvierte von 1991-2001 seine ausbildung als kraftfahrzeugelektriker. nach seiner ausbildung wurde er vom ausbildungsbetrieb übernommen und arbeitete dort bis 2006. zwischen 2006 und 2012 war er, teilweise unterbrochen durch zeiten der arbeitslosigkeit (17.11.2011 arbeitssuchend, 01.01.2012-31.01.2012 arbeitslos mit arbeitslosengeldbezug), bei insgesamt 7 verschiedenen firmen als kfz-elektriker, technischer redakteur bzw. werkstattleiter beschäftigt. 4am 29.11.2012 meldete sich der kläger erneut arbeitslos und erhielt arbeitslosengeld (im folgenden alg) von der beklagten. die beklagte schloss mit dem kläger am 13.12.2012 und am 05.02.2013 eine eingliederungsvereinbarung (im folgenden egv) mit der zielsetzung: arbeitsaufnahme als werksattleiter / kfz-meister / serviceberater. der egv lag die prognose der beklagten zugrunde, dass der kläger als guter, qualifizierter bewerber bei gutem arbeitsmarkt zeitnah innerhalb der nächsten 6 monate integriert werden könne (vgl. verbis-vermerk vom 13.12.2012). 5am 31.01.2013 beantragte der kläger bei der beklagten zunächst formlos die gewährung eines gründungszuschusses für sein vorhaben, eine kfz-werkstatt zu übernehmen und sich selbständig zu machen. seinem späteren schriftlichen antrag fügte er einen businessplan nebst lebenslauf, seinen meisterbrief, die stellungnahme der fachkundigen stelle zur tragfähigkeit der existenzgründung nach § 93 abs. 2 nr. 2 sgb iii und eine kopie der gewerbeanmeldung bei. der kläger setzte parallel zu seinem gründungsvorhaben seine bewerbungsbemühungen fort und reichte am 11.02.2013 eine liste über 16 erfolglose bewerbungen bei der beklagten ein. 6mit bescheid vom 27.02.2013 lehnte die beklagte den antrag auf gz ab. dem antrag könne nicht entsprochen werden, weil die förderung der selbständigkeit nicht notwendig sei, um den kläger dauerhaft in den arbeitsmarkt einzugliedern. auf dem für den kläger fachlich und persönlich in betracht kommenden arbeitsmarkt bestünden ausreichende integrationsmöglichkeiten in eine sozialversicherungspflichtige beschäftigung. dem kläger hätten seit beginn seiner arbeitslosigkeit bereits 8 stellenangeboten zugesandt werden können. am 27.02.2013 seien der agentur für arbeit wesel über 20 stellen als werkstattleiter gemeldet gewesen. stellenangebote in diesem umfang bestünden bereits seit geraumer zeit. es sei auch nicht davon auszugehen, dass sich dieses volumen in absehbarer zeit ändere. in kombination mit verstärkten eigenbemühungen des klägers seien die erfolgsaussichten zur erlangung einer sozialversicherungspflichtigen beschäftigung als günstig zu bewerten. 7den hiergegen eingelegten widerspruch wies die beklagte mit widerspruchsbescheid vom 24.04.2013 als unbegründet zurück. zwar lägen die tatbestandlichen voraussetzungen des § 93 sgb iii vor. es bestünde jedoch kein rechtsanspruch auf den gz. der gesetzgeber habe die gewährung des gz vielmehr in das ermessen der bundesagentur für arbeit gestellt. im rahmen der ermessenausübung müssten nicht nur die umstände des jeweiligen einzelfalles sondern auch generelle rahmenbedingungen wie etwa der umfang der im rahmen des haushaltsplanes der bundesagentur für arbeit verfügbaren haushaltsmittel und die grundsätze der wirtschaftlichkeit und sparsamkeit gemäß § 69 abs. 2 sgb iv ebenso beachtet werden, wie das prinzip des vermittlungsvorrangs (§ 4 abs. 2 sgb iii). im bereich kfz-mechanikermeister seien der agentur für arbeit mehr als 20 freie stellen gemeldet; 8 vermittlungsvorschläge hätten dem kläger schon unterbreitet werden können. die arbeitslosigkeit hätte daher auch ohne die aufnahme einer selbständigen tätigkeit beendet werden können. nach dem willen des gesetzgebers stelle der gz die letzte möglichkeit dar, den jeweiligen antragsteller in den arbeitsmarkt zu integrieren, wenn alle anderen möglichkeiten nicht durchdringen. das persönliche interesse des klägers an einer förderung müsse nach alledem hinter den interessen der versichertengemeinschaft an einer zweckentsprechenden, bedarfsorientierten und sparsamen mittelverwendung zurückstehen. 8am 10.05.2013 hat der kläger durch seine prozessbevollmächtigten klage erhoben. der ablehnende bescheid in gestalt des widerspruchsbescheids sei rechtswidrig und verletze den kläger in seinen rechten, weil die beklagte ihr ermessen fehlerhaft ausgeübt habe. soweit sie sich auf den vermittlungsvorrang berufe, gehe die beklagte von einem fehlerhaft ermittelten sachverhalt aus. die dem kläger unterbreiteten vermittlungs-angebote stammten nämlich überwiegend von zeitarbeitsfirmen und seien zum teil auch nur auf wenige monate befristet gewesen. zeitlich befristete angebote seien jedoch– anders als der gz zur festigung einer selbständigen tätigkeit – nicht geeignet, den betroffenen dauerhaft in den arbeitsmarkt einzugliedern. im übrigen könne die beklagte den versagungsgrund "vermittlungsvorrang" auch gar nicht hinreichend dokumentieren, so wie es die interne durchführungsanweisung der bundesagentur für arbeit aber selbst verlange. in der verwaltungsakte fänden sich weder hinweise zu den angeblich 20 freien stellen noch hinweise auf die 8 bereits übersandten vermittlungsvorschläge. eine verifizierung der angeblich guten arbeitsmarktlage sei daher nicht möglich. es könne auch nicht überprüft werden, ob die angeblich vorhandenen stellenangebote mit dem eingliederungsziel der egv in einklang stünden bzw. dem kläger zumutbar waren. insoweit werde auf das urteil des sg mannheim vom 23.08.2012, az.: s 14 al 2139/12 verwiesen. 9der kläger beantragt zuletzt, 10die beklagte unter aufhebung des bescheids vom 27.02.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheids vom 24.04.2013 zu verpflichten, über seinen gründungszuschuss-antrag vom 31.01.2013 erneut ermessensfehlerfrei unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts zu entscheiden. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13sie verweist auf ihre ausführungen im widerspruchsbescheid und ergänzt noch, der kläger sei 33 jahre alt, gut ausgebildet und qualifiziert. es sei daher nicht ersichtlich, aus welchem grund er nicht in kurzer zeit eine zumutbare versicherungspflichtige beschäftigung finden können solle. soweit in der person des klägers oder auf dem in betracht kommenden arbeitsmarkt keinerlei besonderheiten zu finden seien, sei schlicht nicht ersichtlich, welcher grund einer zeitnahen ungeförderten arbeitsaufnahme entgegenstehen könnte. 14insoweit müsse die beklagte auch nicht mehr nachweisen, als hinreichend vorhandenen gelegenheiten für den kläger arbeitsverträge abschließen zu können. bezüglich des weiteren vorbringens der beteiligten und die einzelheiten zum sachverhalt wird auf den inhalt der verfahrensakte und der beigezogenen verwaltungsakten der beklagten sowie das sitzungsprotokoll bezug genommen. 15
16die zulässige klage ist begründet. 17die entscheidung der beklagten vom 27.02.2013 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 ist ermessensfehlerhaft und verletzt den kläger in seinen rechten auf ermessensfehlerfreie ermessenausübung. 18der kläger hat gemäß § 93, 94 sgb iii i.v.m. § 39 abs. 1 satz 2 sgb i einen anspruch auf pflichtgemäße ermessenausübung im rahmen der entscheidung über die gewährung eines gz zur aufnahme einer selbständigen tätigkeit. 19rechtsgrundlage der angegriffenen entscheidung sind §§ 93, 94 sgb iii. danach können arbeitnehmer, die durch aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen tätigkeit die arbeitslosigkeit beenden, zur sicherung des lebensunterhalts und zur sozialen sicherung in der zeit nach der existenzsicherung einen gz erhalten (§ 93 abs. 1 sgb iii). 20weitere voraussetzung ist, dass der antragsteller bis zur aufnahme der selbständigen tätigkeit einen anspruch auf arbeitslosengeld hat, dessen dauer bei aufnahme der selbständigen tätigkeit noch mindestens 150 tage beträgt und nicht allein auf § 147 absatz 3 sgb iii beruht, der agentur für arbeit die tragfähigkeit der existenzgründung nachweist und seine kenntnisse und fähigkeiten zur ausübung der selbständigen tätigkeit darlegt (§ 93 abs. 2 sgb iii). die tatbestandlichen voraussetzungen für die gewährung eines gz sind bei dem kläger, was zwischen den beteiligten unstreitig ist, erfüllt. der kläger hat durch die hauptberufliche aufnahme seiner selbständigen tätigkeit seine zuvor bestehende arbeitslosigkeit beendet. er hatte zu diesem zeitpunkt noch mehr als 150 tage anspruch auf arbeitslosengeld, der nicht auf § 147 abs. 3 sgb iii. beruhte. die tragfähigkeit der existenzgründung ist nachgewiesen und die entsprechende sachkenntnis des klägers dargelegt. nachdem die tatbestandsvoraussetzungen des § 93. abs. 2 sgb iii vorliegen, ergibt sich auf der rechtsfolgenseite die ermessensentscheidung der beklagten. beim gz bezieht sich das ermessen der verwaltung darauf, ob sie einen gz bewilligen will (entschließungsermessen). der beklagten wird durch die gesetzliche regelung des § 93 sgb iii allerdings kein freies ermessen eingeräumt, sondern ein pflichtgemäßes, d. h. rechtlich gebundenes ermessen (vgl. § 39 sgb i). missachtet ein leistungsträger bei seiner entscheidung die rechtlichen bindungen, liegt ein ermessensfehler vor, der der kontrolle der sozialgerichte unterliegt. 21die ermessensentscheidung der beklagten unterliegt allerdings nur einer eingeschränkten gerichtlichen überprüfung. die entscheidung der beklagten ist lediglich in den grenzen der §§ 39 abs. 1 sgb i, 54 abs. 2 satz 2 sgg überprüfbar. das gericht war mithin darauf beschränkt zu kontrollieren, ob 221. die beklagte ihrer verpflichtung zur ermessensbetätigung nachgekommen ist (ermessensnichtgebrauch) 2. mit ihrer entscheidung die gesetzlichen grenzen des ermessens überschritten, d.h. eine nach dem gesetz nicht zugelassene rechtsfolge gesetzt hat (ermessensüberschreitung) oder 3. von dem ermessen in einer dem zweck der ermächtigung nicht entsprechenden weise gebrauch gemacht hat (abwägungsdefizit / ermessensmissbrauch). 23nach der gerichtlichen prüfung hat die beklagte vorliegend aus mehrfachen gründen nicht in einer dem zweck der ermächtigung entsprechenden weise von ihrem ermessen gebrauch gemacht. 24zu recht haben die prozessbevollmächtigten des klägers angeführt, die beklagte habe sich ermessenfehlerhaft auf den vermittlungsvorrang gemäß § 4 abs. 2 sgb iii berufen. aus dem vermittlungsvorrang des § 4 abs. 2 sgb iii ist abzuleiten, dass die vermittlung in arbeit vorrang vor leistungen der aktiven arbeitsförderung hat. insoweit hat die beklagte stets individuell zu prüfen, ob eine möglichst nachhaltige integration innerhalb des bezugszeitraums realistisch ist, ob sofort oder in absehbarer zeit stellenangebote unterbreitet werden können und ob individuelle hemmnisse bestehen, die den integrationserfolg behindern. es hat eine entsprechende dokumentation der prüfung des vermittlungsvorrangs im beratungsvermerk zu erfolgen (vgl. die geschäftsanweisungen der beklagten zum gz, pkt. 93.02). eine berufung auf den vermittlungsvorrang verbietet sich, wenn die beklagte, wie vorliegend, nicht hinreichend dokumentiert, dass tatsächlich eine positive und gute arbeitsmarktlage auf dem für den kläger in betracht kommenden arbeitsmarkt bestand und von welchen zeiträumen die beklagte bei ihrer prognose hinsichtlich der integration ausgegangen ist. die von der beklagten im rahmen des schriftlichen klageverfahrens vorgelegte dokumentation der dem kläger unterbreiteten vermittlungsvorschläge enthält lediglich 9 stellen, die unbefristet ausgeschrieben worden sind. diese neuen stellen sind nach ansicht der kammer nicht signifikant, um eine gute arbeitsmarktlage zu dokumentieren. 25außerdem hat die beklagte bislang bei ihrer ermessenerwägung offensichtlich die berufsbiographie des klägers nicht hinreichend berücksichtigt. insoweit ist auffällig, dass der kläger im zeitraum zwischen 2006 und 2012 insgesamt 6 mal seinen arbeitgeber wechselte und die einzelnen arbeitsverhältnisse jeweils nur bis maximal zu einem jahr dauerten. eine solche berufsbiographie stellt unter umständen ein vermittlungshemmnis dar und kann daher bei einer prognose über die vermittlungschancen nicht außer betracht bleiben. 26ermessensfehlerhaft ist nach ansicht der kammer zudem, dass die beklagte annimmt, der gz stelle nach dem willen des gesetzgebers die letzte möglichkeit dar, den jeweiligen antragsteller in den arbeitsmarkt zu integrieren, quasi eine ultima ratio, wenn alle anderen möglichkeiten nicht durchgedrungen sind. ein solcher wille des gesetzgebers ist aber weder aus dem wortlaut des § 93 sgb iii noch aus dem systematischen zusammenhang der vorschrift im gefüge des 3. kapitels des sgb iii (aktive arbeitsförderung) erkennbar. auch aus den gesetzesmotiven, wie sie in der gesetzesbegründung gemäß bt-drucks 17/6277 s. 86 dokumentiert sind, lässt sich ein solcher gedanke nicht entnehmen. es hat lediglich unter dem aspekt des § 4 abs. 2 sgb iii die individuell auf den jeweiligen antragsteller bezogene, konkret datenbasierte prüfung zu erfolgen, ob die vermittlung in ein dauerhaftes sozialversicherungspflichtiges beschäftigungsverhältnis bis zum ablauf eines restanspruchs auf arbeitslosengeld von 150 tagen hinreichend erfolgsversprechend ist. die annahme, der gz sei bezogen auf alle anderen leistungen und fördermaßnahmen nach dem sgb iii die ultima ratio erscheint aber insbesondere auch vor dem hintergrund der zwecksetzung des § 93 sgb iii, durch die förderung von existenzgründungen aus arbeitslosigkeit ein wirksames instrument aktiver arbeitsmarktpolitik bereitzustellen und die positiven erfahrungen mit den hohen integrationserfolgen des überbrückungsgeldes fortzusetzen (vgl. bt-drucks 16/1696 s. 30) problematisch, weil sie dazu führen würde, dass lediglich schlecht oder gar nicht qualifizierte arbeitslose nach erfolgloser ausschöpfung bzw. negativer prognose bezüglich aller ansonsten in betracht kommenden fördermöglichkeiten wie etwa weiterbildung, eingliederungszuschuss für den arbeitgeber, etc, gz erhalten könnten. insoweit müsste dann aber sorgfältig geprüft werden, ob nicht aufgrund der schlechten qualifikation zweifel an der tragfähigkeit der geplanten selbständigkeit bestehen, sodass selbst in diesen ultima-ratio-fällen die gewährung des gründungszuschusses fraglich wäre. es entsteht damit die frage, welche anwendungsfälle die bundesagentur für arbeit für den gründungszuschuss überhaupt sieht. 27die kostenentscheidung beruht auf § 193 abs. 1 sgg.
Klaeger*in
1
168,800
S 13 KR 264/14
2015-01-13T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Versorgung mit Dronabinol (Tropfen) als Rezepturarzneimittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). 3Der 1949 geborene Kläger leidet u. a. an einer mitochondrialen Myopathie mit erheblichen Schmerzen. Im Rahmen einer multimodalen Schmerztherapie wendet er regelmäßig Entspannungsverfahren an, erhält Krankengymnastik und Schmerzmedikation. Im Hinblick auf die unter der Medikation entwickelten Nebenwirkungen (Albträume, Verschiebung des Tag-/Nacht-Rhythmus, Tagesmüdigkeit, Konzentrationsstörungen), die sich auch nach Umstellung der Medikation nicht verbesserten, beschlossen die behandelnden Ärzte der Klinik für Anästhesiologie – Schmerzambulanz – des Universitätsklinikums X in einer interdisziplinären Schmerzkonferenz mit Einwilligung des Klägers nach ausführlicher Aufklärung einen Therapieversuch mit öligen Dronabinol-Tropfen. Dronabinol (Delta-9-Tetrahydrocannabinol [ETHC]) ist der Hauptinhaltsstoff von Cannabis sativa, seit 1998 in Deutschland verkehrs- und verschreibungspflichtig (Anlage III zu § 1 Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes) und kann somit als Rezeptursubstanz verwendet werden. In Deutschland ist kein Fertigarzneimittel mit Dronabinol zugelassen. Der (synthetisch hergestellte) Wirkstoff Dronabinol ist unter dem Warennamen Marinol® in den USA als Fertigarzneimittel zugelassen. Die Zulassung in den USA erfolgte für die Behandlung von Anorexie bei AIDS-Patienten sowie zytostatikabedingtem Erbrechen. Nach der Einnahme der Dronabinol-Tropfen verbesserte sich die Symptomatik beim Kläger; er hatte weniger Schmerzattacken, der Tag-/Nacht-Rhythmus pendelte sich wieder ein, er war wacher und konzentrierter; das Arzneimittel wurde gut vertragen (Bericht der Uniklinik Aachen vom 14.04.2014). 4Am 26.02.2014 verordneten die Ärzte der Uniklinik X "ölige Dronabinol-Tropfen 2,5 % 10 ml" (entsprechen 250 mg Dronabinol). Nach Einholung einer Stellungnahme der Klinikärzte vom 06.03.2014 und des MDK vom 14.03.2014 lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 02.04.2014 eine Versorgung (Kostenübernahme) mit Dronabinol-Tropfen ab. Zur Begründung führte sie aus, es gäbe keine entsprechende Fertigarzneimittelzulassung in Deutschland; für eine Therapie mit Dronabinol als Rezepturarzneimittel fehle es an einer positiven Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA); auch liege kein Ausnahmefall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gemäß dessen Beschluss vom 06.12.2005 vor. 5Dagegen erhob der Kläger am 30.04.2014 Widerspruch. Er wies auf den Erfolg der Therapie mit Dronabinol und eine Stellungnahme der Drogenbeauftragten der Bundesregierung zur Anwendung cannabishaltiger Fertigarzneimittel bei schwerkranken Patienten hin. Desweiteren legt er einen die Therapie beschreibenden Arztbericht der Universitätsklinik X vom 14.04.2014 vor. 6Nach Einholung eines weiteren MDK-Gutachtens vom 30.06.2014 und einer Entscheidung des Geschäftsbereichs "Arzneimittel" wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 23.09.2014 zurück. 7Dagegen hat der Kläger am 15.10.2014 Klage erhoben. Er trägt vor, es liege bei ihm eine schwerwiegende lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung vor. Es sei keine andere Therapie als die mit Dronabinol verfügbar. Aufgrund der Datenlage bestehe begründete Aussicht, dass mit Dronabinol-Tropfen ein Behandlungserfolg erzielt werden könne. Es handele sich bei der mitrochondrialen Myopathie um eine seltene Erkrankung; er könne nicht als "Versuchskaninchen" auf die "breite Palette der in Deutschland zugelassenen Analgetika" verwiesen werden. Unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundessozialgerichts erscheine die Verordnung von Dronabinol in den Fällen gut möglich zu sein, in denen eine lebensbedrohliche Erkrankung im engen Sinne vorliege. Die Zeitspanne der lebensbedrohlichen Erkrankung könne bedeuten, dass die verbleibende Lebenszeit nur noch für wenige Monate oder auch wenige Jahre prognostiziert werde. Es könne durchaus durch einen bevorstehenden langen, verzögerten Krankheitsverlauf noch Jahrzehnte lang ein Therapiebedarf verbleiben. Deswegen sei in Rechnung zu stellen, dass die im Zeitablauf typischerweise voranschreitenden medizinischen und pharmakologischen Erkenntnisse in Zukunft Therapiemöglichkeiten eröffnen und (positive wie negative) Ergebnisse zu Tage fördern könnten, die dem Patienten das Leben lebenswert erscheinen ließen. Auch bei langandauernden chronischen Erkrankungen könne eine notstandsähnliche akute Problematik vorliegen. Der Kläger verweist im Übrigen auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin vom 23.07.2007 (7 A 205/05). In diesem sei die Beihilfefähigkeit von Dronabinol-Tropfen für eine an Multipler Sklerose erkrankten Beamtin bejaht worden, weil dadurch die schwere anders nicht therapierbare Krankheit wenigstens gelindert werden könne. 8Der Kläger beantragt, 9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.04.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2014 zu verurteilen, ihn mit Dronabinol (Tropfen) als Rezepturarzneimittel nach ärztlicher Verordnung zu versorgen. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Sie ist der Auffassung, dass eine Therapie mit Rezepturarzneimitteln, die vom G-BA bisher nicht empfohlen sei, wegen des Verbotes nach § 135 Abs. 1 SGB V nicht von der Krankenkasse gewährt werden dürfe. 13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. 16Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat keinen Anspruch auf Versorgung mit Dronabinol (Tropfen) als Rezepturarzneimittel. 17Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V). Der Anspruch des Versicherten auf Bereitstellung der für die Krankenbehandlung benötigten Arzneimittel unterliegt den Einschränkungen aus §§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 12 Abs. 1 SGB V. Er besteht nur für solche Pharmakotherapien, die sich bei dem vorhandenen Krankheitsbild als zweckmäßig und wirtschaftlich erwiesen haben und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Bei der Arzneimittelversorgung knüpft das Krankenversicherungsrecht an das Arzneimittelrecht an, das für Fertigarzneimittel eine staatliche Zulassung vorschreibt und deren Erteilung vom Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Medikaments abhängig macht (§ 21 Abs. 2 Arzneimittelgesetz - AMG). 18Zulassungspflichtig sind gem. § 21 Abs. 1 AMG grundsätzlich nur Fertigarzneimittel. Das sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht werden (§ 4 Abs. 1 AMG). Bei den hier streitigen Dronabinol-Tropfen handelt es sich allerdings um ein im Einzelfall hergestelltes so genanntes Rezepturarzneimittel, für das lediglich eine Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG erforderlich ist. Als Rezepturarzneimittel ist Dronabinol nicht zulassungspflichtig. Gleichwohl besteht auch auf die – vorliegend vom Kläger begehrte – Versorgung mit Dronabinol als Rezepturarzneimittel in Tropfenform kein Anspruch. Dies ergibt sich jedoch nicht aus arzneimittelrechtlichen Erwägungen. Bei der Behandlung der mitochondrialen Myopathie mit Dronabinol handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode; denn sie gehört nicht zur medizinischen Standardtherapie der mitochondrialen Myopathie. Es gibt keine durch anerkannte randomisierte Phase-III-Studien erbrachten Nachweise einer höheren und besseren Wirksamkeit gegenüber anerkannten Therapieformen, wie sie der MDK in seinem Sozialmedizinischen Gutachten vom 30.06.2014 aufgeführt hat. 19Gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V dürfen neue Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. Solche befürwortenden Empfehlungen des G-BA liegen bisher nicht vor. Ein diesbezügliches Systemversagen ist nicht ersichtlich. 20Soweit das BVerfG im Beschluss vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98) darüber hinausgehende Kriterien für eine ausnahmsweise Behandlung mit nicht anerkannten neuen Therapien aufgestellt hat, lässt sich auch hieraus ein Versorgungsanspruch des Klägers mit Dronabinol-Tropfen nicht begründen. Denn es liegt bei ihm mit der mitochondrialen Myopathie zwar eine schwere, seine Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende, aber keine lebensbedrohliche und regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor, wie es das BVerfG gefordert hat. Ob die Rechtsprechung des BVerfG auf andere besonders gravierende Krankheiten zu übertragen ist (vgl. etwa BSG, Urteil vom 12.06.2005 – B 1 KR 12/06 R), kann dahinstehen. Denn auch in diesen Fällen müsste eine notstandsähnliche Situation bestehen, bei der ein nicht kompensierbarer Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion in absehbarer Zeit zu erwarten ist. Hieran fehlt es bei dem Kläger (vgl. auch: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.04.2011 – L 4 KR 4903/10; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.12.2008 – L 5 KR 52/08, bestätigt durch BSG, Beschluss vom 30.07.3009 – B 1 KR 22/09 B; LSG Bayern, Urteil vom 11.09.2007 – L 5 KR 132/06; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.08.2006 – L 5 KR 281/06, bestätigt durch BSG, Urteil vom 23.07.2007 – B 1 KR 30/06 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.04.2003 – L 4 KR 3828/01, bestätigt durch BSG, Beschluss vom 06.01.2005 – B 1 KR 51/03 B; LSG Sachsen, Beschluss vom 22.08.2005 L 1 B 102/05 KR-ER). 21Der Kläger kann sich für seinen Anspruch auch nicht mit Erfolg auf das rechtskräftige Urteil des VG Berlin vom 23.07.2007 (7 A 205/05) stützen. Das Urteil betrifft ausschließlich die Beihilfefähigkeit Der Versorgung mit Dronabinol-Tropfen. Das VG Berlin ist in seiner Entscheidung auf die Rechtsprechung des BSG zu § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V eingegangen, wonach eine Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen ist, wenn es sich um eine neuartige Therapie handelt, die vom G-BA bisher nicht empfohlen ist. Eine derartige automatische Einschränkung – so das VG Berlin – enthalte das Beihilferecht hingegen nicht. Im Fall des Klägers findet jedoch nicht das Beihilferecht, sondern das Recht der GKV Anwendung. 22Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
die klage wird abgewiesen. kosten haben die beteiligten einander nicht zu erstatten. 1
2die beteiligten streiten über einen anspruch auf versorgung mit dronabinol (tropfen) als rezepturarzneimittel zu lasten der gesetzlichen krankenversicherung (gkv). 3der 1949 geborene kläger leidet u. a. an einer mitochondrialen myopathie mit erheblichen schmerzen. im rahmen einer multimodalen schmerztherapie wendet er regelmäßig entspannungsverfahren an, erhält krankengymnastik und schmerzmedikation. im hinblick auf die unter der medikation entwickelten nebenwirkungen (albträume, verschiebung des tag-/nacht-rhythmus, tagesmüdigkeit, konzentrationsstörungen), die sich auch nach umstellung der medikation nicht verbesserten, beschlossen die behandelnden ärzte der klinik für anästhesiologie – schmerzambulanz – des universitätsklinikums x in einer interdisziplinären schmerzkonferenz mit einwilligung des klägers nach ausführlicher aufklärung einen therapieversuch mit öligen dronabinol-tropfen. dronabinol (delta-9-tetrahydrocannabinol [ethc]) ist der hauptinhaltsstoff von cannabis sativa, seit 1998 in deutschland verkehrs- und verschreibungspflichtig (anlage iii zu § 1 abs. 1 des betäubungsmittelgesetzes) und kann somit als rezeptursubstanz verwendet werden. in deutschland ist kein fertigarzneimittel mit dronabinol zugelassen. der (synthetisch hergestellte) wirkstoff dronabinol ist unter dem warennamen marinol® in den usa als fertigarzneimittel zugelassen. die zulassung in den usa erfolgte für die behandlung von anorexie bei aids-patienten sowie zytostatikabedingtem erbrechen. nach der einnahme der dronabinol-tropfen verbesserte sich die symptomatik beim kläger; er hatte weniger schmerzattacken, der tag-/nacht-rhythmus pendelte sich wieder ein, er war wacher und konzentrierter; das arzneimittel wurde gut vertragen (bericht der uniklinik aachen vom 14.04.2014). 4am 26.02.2014 verordneten die ärzte der uniklinik x "ölige dronabinol-tropfen 2,5 % 10 ml" (entsprechen 250 mg dronabinol). nach einholung einer stellungnahme der klinikärzte vom 06.03.2014 und des mdk vom 14.03.2014 lehnte die beklagte durch bescheid vom 02.04.2014 eine versorgung (kostenübernahme) mit dronabinol-tropfen ab. zur begründung führte sie aus, es gäbe keine entsprechende fertigarzneimittelzulassung in deutschland; für eine therapie mit dronabinol als rezepturarzneimittel fehle es an einer positiven bewertung durch den gemeinsamen bundesausschuss (g-ba); auch liege kein ausnahmefall im sinne der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts (bverfg) gemäß dessen beschluss vom 06.12.2005 vor. 5dagegen erhob der kläger am 30.04.2014 widerspruch. er wies auf den erfolg der therapie mit dronabinol und eine stellungnahme der drogenbeauftragten der bundesregierung zur anwendung cannabishaltiger fertigarzneimittel bei schwerkranken patienten hin. desweiteren legt er einen die therapie beschreibenden arztbericht der universitätsklinik x vom 14.04.2014 vor. 6nach einholung eines weiteren mdk-gutachtens vom 30.06.2014 und einer entscheidung des geschäftsbereichs "arzneimittel" wies die beklagte den widerspruch durch widerspruchsbescheid vom 23.09.2014 zurück. 7dagegen hat der kläger am 15.10.2014 klage erhoben. er trägt vor, es liege bei ihm eine schwerwiegende lebensbedrohliche oder die lebensqualität auf dauer nachhaltig beeinträchtigende erkrankung vor. es sei keine andere therapie als die mit dronabinol verfügbar. aufgrund der datenlage bestehe begründete aussicht, dass mit dronabinol-tropfen ein behandlungserfolg erzielt werden könne. es handele sich bei der mitrochondrialen myopathie um eine seltene erkrankung; er könne nicht als "versuchskaninchen" auf die "breite palette der in deutschland zugelassenen analgetika" verwiesen werden. unter berücksichtigung der entscheidung des bundessozialgerichts erscheine die verordnung von dronabinol in den fällen gut möglich zu sein, in denen eine lebensbedrohliche erkrankung im engen sinne vorliege. die zeitspanne der lebensbedrohlichen erkrankung könne bedeuten, dass die verbleibende lebenszeit nur noch für wenige monate oder auch wenige jahre prognostiziert werde. es könne durchaus durch einen bevorstehenden langen, verzögerten krankheitsverlauf noch jahrzehnte lang ein therapiebedarf verbleiben. deswegen sei in rechnung zu stellen, dass die im zeitablauf typischerweise voranschreitenden medizinischen und pharmakologischen erkenntnisse in zukunft therapiemöglichkeiten eröffnen und (positive wie negative) ergebnisse zu tage fördern könnten, die dem patienten das leben lebenswert erscheinen ließen. auch bei langandauernden chronischen erkrankungen könne eine notstandsähnliche akute problematik vorliegen. der kläger verweist im übrigen auf ein urteil des verwaltungsgerichts (vg) berlin vom 23.07.2007 (7 a 205/05). in diesem sei die beihilfefähigkeit von dronabinol-tropfen für eine an multipler sklerose erkrankten beamtin bejaht worden, weil dadurch die schwere anders nicht therapierbare krankheit wenigstens gelindert werden könne. 8der kläger beantragt, 9die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 02.04.2014 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 23.09.2014 zu verurteilen, ihn mit dronabinol (tropfen) als rezepturarzneimittel nach ärztlicher verordnung zu versorgen. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12sie ist der auffassung, dass eine therapie mit rezepturarzneimitteln, die vom g-ba bisher nicht empfohlen sei, wegen des verbotes nach § 135 abs. 1 sgb v nicht von der krankenkasse gewährt werden dürfe. 13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der zwischen den beteiligten gewechselten schriftsätze und den sonstigen inhalt der gerichtsakten sowie der beigezogenen den kläger betreffenden verwaltungsakte der beklagten, die gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind, bezug genommen. 14
15die klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. 16der kläger wird durch die angefochtenen bescheide nicht im sinne des § 54 abs. 2 sozialgerichtsgesetz (sgg) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. er hat keinen anspruch auf versorgung mit dronabinol (tropfen) als rezepturarzneimittel. 17nach § 27 abs. 1 satz 1 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v) haben versicherte anspruch auf krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre verschlimmerung zu verhüten oder krankheitsbeschwerden zu lindern. die krankenbehandlung umfasst u.a. die versorgung mit arzneimitteln (§ 27 abs. 1 satz 2 nr. 3 sgb v). der anspruch des versicherten auf bereitstellung der für die krankenbehandlung benötigten arzneimittel unterliegt den einschränkungen aus §§ 2 abs. 1 satz 3 und 12 abs. 1 sgb v. er besteht nur für solche pharmakotherapien, die sich bei dem vorhandenen krankheitsbild als zweckmäßig und wirtschaftlich erwiesen haben und deren qualität und wirksamkeit dem allgemein anerkannten stand der medizinischen erkenntnisse entspricht. bei der arzneimittelversorgung knüpft das krankenversicherungsrecht an das arzneimittelrecht an, das für fertigarzneimittel eine staatliche zulassung vorschreibt und deren erteilung vom nachweis der qualität, wirksamkeit und unbedenklichkeit des medikaments abhängig macht (§ 21 abs. 2 arzneimittelgesetz - amg). 18zulassungspflichtig sind gem. § 21 abs. 1 amg grundsätzlich nur fertigarzneimittel. das sind arzneimittel, die im voraus hergestellt und in einer zur abgabe an den verbraucher bestimmten verpackung in den verkehr gebracht werden (§ 4 abs. 1 amg). bei den hier streitigen dronabinol-tropfen handelt es sich allerdings um ein im einzelfall hergestelltes so genanntes rezepturarzneimittel, für das lediglich eine herstellungserlaubnis nach § 13 amg erforderlich ist. als rezepturarzneimittel ist dronabinol nicht zulassungspflichtig. gleichwohl besteht auch auf die – vorliegend vom kläger begehrte – versorgung mit dronabinol als rezepturarzneimittel in tropfenform kein anspruch. dies ergibt sich jedoch nicht aus arzneimittelrechtlichen erwägungen. bei der behandlung der mitochondrialen myopathie mit dronabinol handelt es sich um eine neue behandlungsmethode; denn sie gehört nicht zur medizinischen standardtherapie der mitochondrialen myopathie. es gibt keine durch anerkannte randomisierte phase-iii-studien erbrachten nachweise einer höheren und besseren wirksamkeit gegenüber anerkannten therapieformen, wie sie der mdk in seinem sozialmedizinischen gutachten vom 30.06.2014 aufgeführt hat. 19gemäß § 135 abs. 1 satz 1 sgb v dürfen neue behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen versorgung zu lasten der krankenkassen nur erbracht werden, wenn der gemeinsame bundesausschuss (g-ba) in richtlinien nach § 92 abs. 1 satz 2 nr. 5 empfehlungen u.a. über die anerkennung des diagnostischen und therapeutischen nutzens der neuen methode sowie deren medizinischen notwendigkeit und wirtschaftlichkeit abgegeben hat. solche befürwortenden empfehlungen des g-ba liegen bisher nicht vor. ein diesbezügliches systemversagen ist nicht ersichtlich. 20soweit das bverfg im beschluss vom 06.12.2005 (1 bvr 347/98) darüber hinausgehende kriterien für eine ausnahmsweise behandlung mit nicht anerkannten neuen therapien aufgestellt hat, lässt sich auch hieraus ein versorgungsanspruch des klägers mit dronabinol-tropfen nicht begründen. denn es liegt bei ihm mit der mitochondrialen myopathie zwar eine schwere, seine lebensqualität auf dauer nachhaltig beeinträchtigende, aber keine lebensbedrohliche und regelmäßig tödlich verlaufende erkrankung vor, wie es das bverfg gefordert hat. ob die rechtsprechung des bverfg auf andere besonders gravierende krankheiten zu übertragen ist (vgl. etwa bsg, urteil vom 12.06.2005 – b 1 kr 12/06 r), kann dahinstehen. denn auch in diesen fällen müsste eine notstandsähnliche situation bestehen, bei der ein nicht kompensierbarer verlust eines wichtigen sinnesorgans oder einer herausgehobenen körperfunktion in absehbarer zeit zu erwarten ist. hieran fehlt es bei dem kläger (vgl. auch: lsg baden-württemberg, urteil vom 15.04.2011 – l 4 kr 4903/10; lsg rheinland-pfalz, urteil vom 18.12.2008 – l 5 kr 52/08, bestätigt durch bsg, beschluss vom 30.07.3009 – b 1 kr 22/09 b; lsg bayern, urteil vom 11.09.2007 – l 5 kr 132/06; lsg baden-württemberg, urteil vom 30.08.2006 – l 5 kr 281/06, bestätigt durch bsg, urteil vom 23.07.2007 – b 1 kr 30/06 r; lsg baden-württemberg, urteil vom 25.04.2003 – l 4 kr 3828/01, bestätigt durch bsg, beschluss vom 06.01.2005 – b 1 kr 51/03 b; lsg sachsen, beschluss vom 22.08.2005 l 1 b 102/05 kr-er). 21der kläger kann sich für seinen anspruch auch nicht mit erfolg auf das rechtskräftige urteil des vg berlin vom 23.07.2007 (7 a 205/05) stützen. das urteil betrifft ausschließlich die beihilfefähigkeit der versorgung mit dronabinol-tropfen. das vg berlin ist in seiner entscheidung auf die rechtsprechung des bsg zu § 135 abs. 1 satz 1 sgb v eingegangen, wonach eine leistung der gesetzlichen krankenversicherung (gkv) ausgeschlossen ist, wenn es sich um eine neuartige therapie handelt, die vom g-ba bisher nicht empfohlen ist. eine derartige automatische einschränkung – so das vg berlin – enthalte das beihilferecht hingegen nicht. im fall des klägers findet jedoch nicht das beihilferecht, sondern das recht der gkv anwendung. 22die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg.
Verklagte*r
0
328,805
23 K 19307/17
2020-05-15T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin betreibt seit 2008 gemeinsam mit ihrem Ehemann die Hundeschule „G. “ in F. . 3Sie beantragte am 26. Juni 2014 die Erteilung einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 f) TierSchG. Zu ihrer Tätigkeit führte sie aus, in der Hundeschule würden hauptberuflich Hundebesitzer ausgebildet, in erster Linie Privatkunden. Den Schwerpunkt des Kursangebots bildeten Gehorsamskurse. Die Kurse fänden als Gruppenkurse (3‑5 Teilnehmer, ca. 40 Trainingseinheiten pro Woche, ca. 100 Mensch-Hund-Teams pro Woche) oder als Einzelkurs (ca. 3 pro Woche) statt. Das Team der Hundeschule bestehe aus elf Mitgliedern, von denen sie als Angestellte und die anderen Trainer als freie Mitarbeiter tätig seien. Für das Training stehe ein Welpenplatz von 1.000 qm zur Verfügung, welcher zweimal pro Woche für eine Stunde genutzt werde. Alle Erziehungskurse fänden in der Öffentlichkeit statt, zu Beginn des Kurses noch in sicheren Gebieten (Hundewiese, Wald mit wenig Publikumsverkehr), später auch in anspruchsvolleren Örtlichkeiten (Waldwege mit größerem Publikumsverkehr, dort, wo man auf Pferde/Wild treffen könnte, Innenstadt, Gebiete mit Treppen). 4Nach Vorlage des Sachkundenachweises und örtlicher Überprüfung des Welpenplatzes erteilte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 7. Juni 2017 die Erlaubnis gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 f) TierSchG zum gewerbsmäßigen Ausbilden von Hunden für Dritte und zum gewerbsmäßigen Anleiten der Ausbildung der Hunde durch den Tierhalter. Der Bescheid enthält in Ziffer 5 folgende Nebenbestimmung: 5„5. Alle Hunde, die in einer Gruppe trainiert werden und/oder Einzeltraining auf den gleichen Trainingsflächen erhalten, dürfen nur am Training teilnehmen, wenn durch Vorlage des Impfausweises nachgewiesen wurde, dass sie, die altersbedingte Impffähigkeit vorausgesetzt, über einen wirksamen Impfschutz gegen Tollwut, Staupe, Hepatitis, Leptospirose, Parvovirose und Zwingerhusten verfügen. Das Vorliegen des vorgenannten Impfschutzes ist anhand des Impfausweises vor Beginn des Trainings zu überprüfen und zu dokumentieren.“ 6Zur Begründung führte der Beklagte unter Hinweis auf die „Leitlinie zur Impfung von Kleintieren“ der beim Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (Friedrich-Löffler-Institut) angesiedelten Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (im Folgenden: StIKo Vet FLI) aus, aufgrund der Anzahl der Hunde verschiedener Herkunft und der häufigen Kontakte von Hunden in der Gruppe sowie beim Hinterlassen von infektiösem Material (z.B. Sekrete, Exkrete) bei der gemeinsamen Nutzung von gleichen Trainingsflächen bestehe eine erhöhte Gefahr der Übertragung von Infektionskrankheiten. Das Gebot, dass nur Hunde trainiert werden dürften, die regelmäßig gegen die in der Leitlinie vorgesehenen Krankheiten geimpft worden seien, diene dazu, gesundheitlich bedingten Schmerzen, Leiden oder Schäden vorzubeugen. 7Den Widerspruch der Klägerin, soweit er sich gegen Ziffer 5. richtete, wies das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) mit Bescheid vom 20. November 2017 unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe des Ausgangsbescheides zurück. Ergänzend hob es hervor, die Lehrfunktion der Klägerin, die auch Unerfahrene bzw. Neulinge in der Hundehaltung unterrichte, erstrecke sich auch auf die Gesundheitsvorsorge. Der Mehraufwand für die Kontrolle des Impfschutzes sei zumutbar, da der Blick in die Impfausweise und eine Dokumentation des Vorliegens der entsprechenden Impfungen nicht weiter ins Gewicht falle. Durch den Sachkundenachweis sei die grundsätzliche Befähigung zum Verstehen der Eintragungen gegeben. 8Die Klägerin hat am 11. Dezember 2017 Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen geltend macht: 9Das in Ziffer 5. verlangte Impfprogramm widerspreche dem Stand der Veterinärmedizin. Die StIKo Vet FLI empfehle – vorbehaltlich einer individuellen Impfanalyse - lediglich eine Grundimmunisierung gegen die Core-Komponenten Tollwut, Staupe, HCC, Leptospirose sowie Parvovirose. Der Erreger des Zwingerhustens zähle zu den Non-Core-Komponenten, gegen die ein Hund nur unter bestimmten Umständen geschützt sein solle. Abgesehen hiervon seien die Leitlinien nicht verbindlich, sondern stellten lediglich eine Entscheidungshilfe für den Tierarzt dar. Auch vor dem Hintergrund der mit einer Impfung verbundenen gesundheitlichen Risiken müsse jeweils ein individueller Impfschutz entwickelt werden, der Alter, Gesundheit und Lebensumstände des Hundes berücksichtige. Mit der Auflage Nr. 5 werde von ihr etwas rechtlich und tatsächlich Unmögliches verlangt. Eine gesetzliche Impfpflicht bestehe nicht. Dies gelte auch für Fallkonstellationen, in denen Hunde in Gruppen zusammenkämen und damit zwangsläufig einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt seien. Ein Hundehalter könne deshalb auf jeglichen Impfschutz für seinen Hund verzichten. Sie habe keinerlei rechtliche Handhabe, den Hundehalter zur Impfung des Hundes zu veranlassen. Dies sei auch nicht ihre Aufgabe. Die Verantwortung für die Gesundheitsvorsorge liege ausschließlich beim Halter des Hundes. Der Nachweis, ob ein wirksamer Impfschutz gegen die in Ziffer 5. genannten Erkrankungen bestehe, sei allein durch die Vorlage des Impfpasses nicht zu führen. Die zweifelsfreie Zuordnung eines Impfpasses zu einem Hund setze zudem die Identitätsfeststellung des Hundes voraus, die nur mit einem speziellen Lesegerät möglich sei. Die Nebenbestimmung Nr. 5 sei schließlich auch unverhältnismäßig. Der mit der laufenden Überwachung des Impfstatus verbundene administrative Aufwand sei für sie als Einzelunternehmerin nicht zu bewältigen. Da zahlreiche Hunde über Jahre in der Hundeschule ausgebildet und betreut würden, werde sie hierdurch verpflichtet, den Impfstatus von einigen Hundert Hunden zu erfassen, zu dokumentieren und fortzuschreiben. Die mit der Auflage für sie verbundenen Nachteile stünden außer Verhältnis zu dem der Allgemeinheit hieraus erwachsenden Vorteil. Ein Hundehalter, der seinen Hund nicht dem in der Auflage definierten Impfprogramm unterziehen wolle, werde sich an eine andere Hundeschule wenden oder seinen Hund nicht ausbilden lassen. Die Auflage bedeute damit einen signifikanten Wettbewerbsnachteil gegenüber Hundetrainern im Zuständigkeitsbereich anderer Erlaubnisbehörden, die unmittelbar mit ihr konkurrierten, und stelle einen massiven Eingriff in ihre Grundrechte aus Art. 12 GG und Art. 14 GG dar. Ein Ausweichen auf die Einzelausbildung sei schon deshalb nicht möglich, weil die meisten Ausbildungsinhalte nur durch die Interaktion der Hunde in der Gruppe zu vermitteln seien. Abgesehen hiervon gelte Ziffer 5. auch für Hunde in Einzelausbildung, wenn die Ausbildung nicht an ständig wechselnden Orten stattfinde, was in der Ausbildungspraxis nicht realisierbar sei. Zudem sei der Einzelunterricht mit 60,00 Euro pro Stunde deutlich teurer als die Ausbildung in der Gruppe mit Beträgen ab 9,00 Euro. 10In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die Nebenbestimmung Nr. 5 dahingehend ergänzt, dass zum Nachweis des Impfschutzes anstelle des Impfausweises auch eine Impfbescheinigung genügt. 11Die Klägerin beantragt, 12Ziffer 5. des Bescheides des Beklagten vom 7. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des LANUV NRW vom 20. November 2017 und in der Gestalt der Ergänzung in der mündlichen Verhandlung aufzuheben. 13Der Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Er bezieht sich auf die Begründung der angefochtenen Bescheide und trägt ergänzend vor: Die Auflage Nr. 5 diene ausschließlich dem Tierschutz der am Training teilnehmenden Hunde. Wenn sich hierunter erkrankte Tiere befänden, sei eine Ansteckung im Rahmen des Gruppentrainings auf direktem (Beschnuppern, Belecken, kämpferische Auseinandersetzungen) oder indirektem Weg (Schnüffeln an Ausscheidungen kranker Artgenossen, Erregerübertragung durch Hände oder Schuhwerk der Bezugspersonen) möglich. Die in Ziffer 5. verlangten Impfungen beruhten auf der Leitlinie der StIKo Vet FLI. Die hierin genannten Non-Core-Komponenten wie der Zwingerhusten seien grundsätzlich nicht weniger wichtig als die Core-Komponenten. Der Unterschied bestehe nur darin, dass die Non-Core-Komponenten nicht für jedes Tier zu jeder Zeit gleichbedeutend seien. Die Impfung gegen Zwingerhusten sei sinnvoll bei Hunden, die zeitweise einer erhöhten Infektionsgefahr unterlägen. Zwar gebe es in Deutschland keine unmittelbare Impfpflicht für Hunde. Zu der nach § 2 Nr. 1 TierSchG vorzunehmenden Pflege gehöre jedoch auch die Gesundheitsfürsorge und –vorsorge; hierzu seien auch Impfungen und Entwurmungen zu zählen. Die Klägerin habe als Hundetrainerin eine Vorbildfunktion, dies den Teilnehmern ihrer Kurse näher zu bringen. Die Kontrolle des Impfschutzes sei anhand der Impfausweise möglich. Erforderlich sei lediglich, dass ein zugelassener Impfstoff entsprechend den Herstellerangaben durch einen Tierarzt verabreicht worden sei. Im Impfausweis sei das Datum der Impfung und ggf. auch die Gültigkeitsdauer eingetragen. Dem Amt für Verbraucherschutz seien keine Fälle bekannt, in denen die Teilnehmer eines Hundetrainings über die Identität des vorgestellten Hundes getäuscht oder den Impfausweis gefälscht hätten, nur um an einem Hundetraining teilzunehmen. Die Nebenbestimmung Nr. 5 sei auch verhältnismäßig. Der mit der Kontrolle der Impfausweise verbundene Zeitaufwand sei für eine sachkundige Person wie die Klägerin als geringfügig zu bewerten. Das Training ungeimpfter Hunde werde der Klägerin auch nicht unmöglich gemacht. Ihr sei lediglich zur Auflage gemacht worden, solche Hunde nicht auf den ansonsten gemeinsam genutzten Trainingsflächen zu unterrichten. Dies habe den Hintergrund, dass Welpen und Junghunde besonders erkrankungsgefährdet seien und auf den Trainingsplätzen der Hundeschule z.B. auch Welpenspielen angeboten werde. Es stehe der Klägerin frei, ungeimpfte Hunde bzw. deren Halter in Einzeltrainingsstunden in einem Wald oder bei den jeweiligen Hundebesitzern zu Hause auszubilden. Für die geltend gemachten Wettbewerbsnachteile fehle es an einem substantiierten Vortrag. Bei der Nebenbestimmung Nr. 5 handele sich um eine relativ geringfügige Berufsausübungsregelung, die durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls, nämlich die Verhinderung von Tierinfektionen, gerechtfertigt sei. Wettbewerbsnachteile gegenüber im Kreis Mettmann ansässigen Konkurrenten seien angesichts der einheitlichen Verwaltungspraxis ausgeschlossen. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Die Klage ist zulässig, insbesondere als Anfechtungsklage statthaft. 19Bei der Nebenbestimmung Nr. 5 handelt es sich um eine Auflage im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG. Sie enthält eine selbständige Regelung und ist selbständig durchsetzbar. Als Auflage ist die Nebenbestimmung Nr. 5 mit einer isolierten Anfechtungsklage anfechtbar. Da es sich nicht um eine modifizierende Auflage handelt, die den Erlaubnisinhalt verändert, scheidet eine isolierte Anfechtbarkeit auch nicht ausnahmsweise offenkundig von vornherein aus. 20Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. November 2000 - 11 C 2/00 -, juris, Rn. 25. 21Die Klage ist jedoch nicht begründet. 22Ziffer 5. des Bescheides des Beklagten vom 7. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des LANUV NRW vom 20. November 2017 und in der Gestalt der Ergänzung in der mündlichen Verhandlung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 23Rechtsgrundlage für die Auflage ist § 11 Abs. 2a TierSchG in der bis zum 13. Juli 2013 geltenden Fassung (a.F.). Diese Vorschrift findet hier nach § 21 Abs. 5 Satz 1 TierSchG Anwendung, da noch keine Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 TierSchG erlassen wurde, die den konkreten Inhalt der Erlaubnis regelt, zu dem auch Nebenbestimmungen zur Erlaubnis gehören. Nach § 11 Abs. 2a TierSchG a.F. kann die Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 TierSchG, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, unter Befristungen, Bedingungen und Auflagen erteilt werden. 24Erforderlich aber auch ausreichend ist dabei, dass die konkrete Auflage zum Schutz der Tiere erforderlich ist, d. h. den Zielen des Tierschutzes dient. Durch die Eingrenzung der Zulässigkeit der Nebenbestimmungen zur Erlaubnis nach dem Tierschutzgesetz, „soweit sie zum Schutz der Tiere erforderlich ist“, gibt der Gesetzgeber den Zweck der Ermessensermächtigung ausdrücklich vor. Soweit die Auflage zugleich andere Rechtsgüter mittelbar schützt, ist dies als Reflexwirkung zulässig, solange ihre hauptsächliche Zielrichtung der Schutz der Tiere bleibt. Denn die Beifügung von Nebenbestimmungen zu einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 TierSchG verfolgt den Zweck, das in § 2 TierSchG vorgegebene Schutzniveau durch genauere Regelungen auszufüllen und zu konkretisieren und auf diese Weise einen wirksamen Tierschutz zu erreichen. Insbesondere ermöglicht § 11 Abs. 2a TierSchG a.F. die Umsetzung antizipierter Sachverständigengutachten. Da die Nebenbestimmungen nach § 11 Abs. 2a TierSchG a. F. der Gefahrenabwehr dienen, setzt der Erlass einer auf diese Vorschrift gestützten Nebenbestimmung grundsätzlich nicht voraus, dass bereits Verstöße gegen die Gebote des § 2 TierSchG festgestellt wurden oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Schließlich muss jede einzelne Nebenbestimmung nicht nur dem Tierschutz i. S. d. § 2 TierSchG dienen, sondern auch verhältnismäßig sein. 25Vgl. OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 12. Juli 2011 - 11 LA 540/09 -, juris, Rn. 15, und vom 4. Dezember 2017 - 11 LA 26/17 - juris Rn. 9; Bayerischer VGH, Beschluss vom 19. November 2009 ‑ 9 ZB 07.2282 ‑ juris Rn. 4; Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 11 Rn. 30. 26Ausgehend von diesen Maßstäben erweist sich die Nebenbestimmung Nr. 5 als rechtmäßig. 27Die Auflage dient nach der Begründung der angefochtenen Bescheide in erster Linie dem Tierschutz. Vor dem Hintergrund, dass bei einem gruppenweisen Zusammentreffen von Hunden ein erhöhter Infektionsdruck für Tierkrankheiten besteht, verfolgt sie das legitime tierschutzrechtliche Ziel, die in der Hundeschule trainierten Hunde vor einer Ansteckung und vor vermeidbaren Erkrankungen und Leiden zu schützen. Dass die Nebenbestimmung zugleich dem Schutz der Hundepopulation insgesamt dient und ein tierseuchenschutzrechtlicher Zweck verfolgt wird, ist lediglich ein Reflex der Regelung. 28Vgl. VG Ansbach, Urteil vom 26. November 2018 - AN 10 K 17.01531 -, juris, Rn. 30; Schleswig‑Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 2. März 2017, juris, Rn. 29. 29Die Nebenbestimmung Nr. 5 genügt auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. 30Die Anordnung, den Impfschutz der trainierten Hunde gegen die in der Auflage genannten Erkrankungen zu kontrollieren, ist geeignet, und in der hier zu beurteilenden Situation eines erhöhten Infektionsrisikos auch erforderlich, um einen Schutz der Tiere vor einer Ansteckung zu gewährleisten. Entgegen der Auffassung der Klägerin wird hiermit von ihr weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht etwas Unmögliches verlangt. 31Zwar besteht in Deutschland keine unmittelbare Impfpflicht für Hunde. Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, 32vgl. VG Aachen, Beschluss vom 2. Mai 2013 - 6 L 23/13 -, juris, Rn. 48 und 52; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 21. Mai 2012 - 16 K 40/12 -, juris, Rn. 24; VG Würzburg, Urteil vom 25. Oktober 2012 ‑ W 5 K 11.590 ‑, juris, Rn. 63; Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 2 Rn. 27; Lorz/Metzger, Tierschutzgesetz, 7. Aufl. 2019, § 11 Rn. 54, 33umfasst das an den Halter bzw. Betreuer des Tieres gerichtete Pflegegebot des § 2 Nr. 1 TierSchG im Rahmen der Gesundheitsfürsorge jedoch auch die Gesundheitsprophylaxe durch Impfungen. Notwendige Impfungen können auf der Grundlage von § 16 a Abs. 1 Satz 2 TierSchG angeordnet werden. 34Darüber hinaus besteht bei dem Betrieb einer Hundeschule aufgrund des Trainings einer Vielzahl von Hunden unterschiedlicher Halter auf gemeinsamen Trainingsflächen eine besondere Gefährdungssituation. Der Gesetzgeber mag es als hinnehmbar angesehen haben, dass im Rahmen einer üblichen, meist privaten Hundehaltung mit selten mehr als zwei Hunden keine unmittelbare Impfverpflichtung normiert wurde, dies vor allem vor dem Hintergrund, dass das allgemeine Gesundheitsrisiko eines in üblicher Form gehaltenen Hundes durch die vorgenannte Pflegeverpflichtung seines Halters ausreichend bewältigt wird. Dies schließt jedoch nicht aus, dass in einer völlig anderen Gesundheitsgefährdungssituation eine andere Risikobewertung Platz greifen kann, weil dann die Infektionsgefahr wesentlich erhöht wird. 35Vgl. VG Ansbach, Urteil vom 19. Dezember 2016 - AN 10 K 15.00338 -, juris, Rn. 32. 36Der Umfang des als Folge dieser Risikobewertung in der Auflage Nr. 5 verlangten Impfschutzes beruht auf sachverständigen Beurteilungen und entspricht dem geltenden veterinärmedizinischen Standard. 37Die „Leitlinie zur Impfung von Kleintieren“ der StIKo Vet FLI in der derzeitigen Fassung (Stand 1. Februar 2019) bzw. in der zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Bescheide gültigen Fassung (Stand: 3. März 2017), die als antizipiertes Sachverständigengutachten zu berücksichtigen ist, 38vgl. VG Ansbach, Urteile vom 19. Dezember 2016 - AN 10 K 15.00338 -, juris, Rn. 31, und vom 26. November 2018 - AN 10 K 17.01531 -, juris, Rn. 32 und - AN 10 K 17.00128 -, juris, Rn. 38; Schleswig-Holsteinisches VG, Urteil vom 2. März 2017 - 1 A 56/15 -, juris, Rn. 34, 39sieht regelmäßig eine Impfung gegen die Core-Komponenten Tollwut, Staupe, HCC, Leptospirose, Parvovirose sowie in Phasen einer erhöhten Infektionsgefahr eine Impfung gegen die Non-Core-Komponente Zwingerhusten vor. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich hierbei nicht nur um eine unverbindliche Entscheidungshilfe für den behandelnden Tierarzt. Vielmehr betont die Leitlinie sowohl in den vorangestellten allgemeinen Ausführungen als auch im Rahmen der Abhandlung der einzelnen Erkrankungen ausdrücklich die Notwendigkeit einer Grundimmunisierung und von Wiederholungsimpfungen gegen Core- und Non-Core-Komponenten: 40„Die Impfung ist die wichtigste Maßnahme zur Verhinderung von Infektionskrankheiten. … Eine vollständige Grundimmunisierung ist Voraussetzung für einen optimalen Schutz des Einzeltieres. … Core-Komponenten der Vakzinen richten sich gegen Erreger, gegen die jedes Tier zu jeder Zeit geschützt sein muss. Non-Core-Komponenten der Vakzinen richten sich gegen Erreger, gegen die Tiere nur unter besonderen Umständen (wahrscheinliche Expositionen) geschützt werden müssen. 41Die Notwendigkeit von Impfungen ist unbestritten. Die Impfung ist eine sehr wirkungsvolle und schonende Methode, um bestimmte Infektionskrankheiten zu verhindern. Sie trägt dazu bei, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit unserer Haustiere zu fördern und ist ein aktiver Beitrag zu einem umfassenden Tierschutz. 42Die vorliegende Leitlinie … betont ausdrücklich die Notwendigkeit einer Grundimmunisierung für alle Jungtiere in den ersten Lebensjahren und die regelmäßige, aber nicht zwangsläufig jährliche Wiederholungsimpfung in den folgenden Lebensjahren gegen die für das jeweilige Tier relevanten Erreger. Als hilfreich für die Strukturierung von Impfungen hat sich das Konzept bewährt, die zu impfenden Komponenten in Core-Komponenten und None-Core-Komponenten zu unterteilen. Dabei stellen Core-Komponenten jene dar, gegen die ein jedes Tier zu jeder Zeit geschützt sein muss. Dies ist notwendig, da diese Erreger entweder zoonotischen Charakter haben und den Tierbesitzer gefährden, wie die Leptospirose, oder bei den Tieren selbst lebensgefährliche Krankheiten verursachen, wie die Staupe oder die Parvovirose. Die Non-Core-Komponenten sind nicht grundsätzlich weniger wichtig, aber nicht für jedes Tier zu jeder Zeit gleichbedeutend. Ein Schutz gegen diese Erreger ist also nur für exponierte Tiere notwendig und nicht für alle Tiere gleichermaßen.“ (StiKo Vet FLI 2019 S. 7, 2017 S. 6) 43Entsprechende Aussagen enthalten die „Guidelines for the vaccination of dogs and cats“ der Vaccination Guidelines Group (VGG) of The World Small Animal Veterinary Association (WSAVA), Stand Januar 2016, die - vor dem Hintergrund ihrer weltweiten Geltung - Staupe, HCC, Parvovirose und Tollwut als core vaccines definieren: 44„However, the VGG strongly recommends that whereever possible ALL (Hervorhebung im Original) dogs and cats receive the benefit of vaccination. This not only protects the individual animal, but provides optimum herd immunity that minimizes the likelihood of infectious disease outbreaks. With this background in mind, the VGG has defined core vaccines as those which ALL (Hervorhebung im Original) dogs and cats, regardless of circumstances or geographical location, should receive. Core vaccines protect animals from severe, life-threatening diseases that have global distribution. (VGG WSAVA S. 3) 45„The VGG considers that a core vaccine is one that all dogs throughout the world must receive, at recommended intervals, in order to provide life-long protection against infectious diseases of global significance.“ (VGG WSAVA S. 7) 46Beide Leitlinien betonen zudem die erhöhte Infektionsgefahr und die erhöhte Notwendigkeit einer Impfung gegen die Non-Core-Komponente Zwingerhusten in Situationen mit einer Vielzahl von Kontakten zu anderen Artgenossen wie z.B. in Welpengruppen, Hundepensionen und auf dem Hundeplatz (StIko Vet FLI 2019 S. 10, 18 und 36, 2017 S. 9, 17 und 34; VGG WSAVA S. 15). 47Der von der Klägerin angeführte Hinweis „Die Leitlinie zur Impfung von Kleintieren ist nicht starr und nicht verbindlich, sondern stellt eine Entscheidungshilfe für den behandelnden Tierarzt dar“, ist im Kontext der übrigen Erläuterungen in der Präambel der Leitlinie der StiKo Vet FLI zu sehen. Hier wird unter der Überschrift „Mehr Tiere impfen, das einzelne Tier so häufig wie nötig!“ ausgeführt, für den Hund und die Katze sei eine große Anzahl von Impfstoffen verfügbar, die gegen eine Vielzahl von Infektionserregern gerichtet seien. Ihr Einsatz sei in der Vergangenheit in starren Impfschemata festgelegt gewesen. Dies habe dazu geführt, dass regelmäßig geimpfte Tiere zwar hervorragend geschützt gewesen seien, aber häufiger als notwendig geimpft worden seien. Auch seien Tiere geimpft worden, die aufgrund ihrer Haltungsform, Nutzungsrichtung oder Reisegewohnheiten überhaupt keinen Kontakt zu bestimmten Erregern gehabt hätten. Die individuelle Notwendigkeit der Impfung gegen die für das Tier wichtigen Infektionserreger sei nicht berücksichtigt worden. Die vorliegende Leitlinie zur Impfung von Kleintieren trage diesem Umstand Rechnung. Sie betone ausdrücklich die Notwendigkeit einer umfassenden Grundimmunisierung für alle Jungtiere in den ersten Lebensjahren und die regelmäßige, aber nicht zwangsläufig jährliche Wiederholungsimpfung in den folgenden Lebensjahren gegen die für das jeweilige Tier relevanten Erreger. 48Auf der Grundlage der genannten antizipierten Sachverständigengutachten ist nach alledem davon auszugehen, dass sich in der hier zu beurteilenden besonderen Gefährdungssituation des gemeinsamen Trainings in einer Hundeschule aus § 2 Nr. 1 TierSchG eine Verpflichtung für den Halter oder Betreuer des Hundes ergibt, das Tier gegen die in der Auflage Nr. 5 genannten Krankheiten impfen zu lassen. 49In Ergänzung zu dieser Verpflichtung des Halters bzw. Betreuers kann der Klägerin auf der Grundlage des § 11 Abs. 2 a TierSchG a.F. auferlegt werden, den Impfschutz zu kontrollieren. Auch ihr Rechtskreis ist berührt, weil sie durch den Betrieb ihrer Hundeschule und das hiermit verbundene Zusammentreffen einer Vielzahl von Hunden gemeinsam mit dem Halter bzw. Betreuer, der das Tier dort trainieren lässt, das gefahrerhöhende Moment für das Infektionsrisiko der Tiere schafft. Abgesehen hiervon trägt sie im Rahmen des Betriebs ihrer Hundeschule ganz allgemein die Verantwortung dafür, dass die im Rahmen des Trainings benutzten eigenen Flächen der Hundeschule frei von infektiösem Material sind. Auch inhaltlich steht die Kontrolle des Impfschutzes in unmittelbarem Zusammenhang mit der erlaubnispflichtigen Tätigkeit. Ausweislich des Vortrags der Klägerin im Verwaltungsverfahren und des Internetauftritts der Hundeschule (www.xxxxxxxxxxxxxxxxxxx.de) geht sie selbst davon aus, dass die erlaubnispflichtige Lehrtätigkeit auch die Gesundheitsfürsorge umfasst. In der Beantwortung des Fragebogens vom 10. Juni 2015 weist sie darauf hin, dass eine enge Zusammenarbeit mit der Tierärztin C. -C1. in F. bestehe, die in unregelmäßigen Abständen für die interessierten Kursteilnehmer z.B. über das Thema Parasiten referiere. Im Internetauftritt der Hundeschule ist Frau C. -C1. im Team der Hundeschule u.a. als Referentin für Veterinärmedizinische Seminare aufgeführt. Zum Kursangebot Welpenspielen wird auf der Website darauf hingewiesen, das Team freue sich, Fragen u.a. zur Gesundheit beantworten zu können. 50Kann damit von der Klägerin im Rahmen ihrer rechtlichen Mitverantwortung eine Kontrolle des Impfschutzes verlangt werden, ist diese Kontrolle auch in tatsächlicher Hinsicht möglich und der Klägerin zumutbar. 51Soweit die Kontrolle anhand des nationalen Impfausweises bzw. des EU-Heimtierausweises erfolgt, kann auf der Grundlage der Leitlinie der StIKo Vet FLI von einem wirksamen Impfschutz gegen Parvovirose, Staupe, Leptospirose, Tollwut und HCC ausgegangen werden, wenn in den ersten beiden Lebensjahren eine entsprechende Grundimmunisierung durchgeführt wurde und im Hinblick auf die Wiederholungsimpfungen die angegebenen Impfintervalle (Leptospirose jährlich; Parvovirose, Staupe und HCC alle drei Jahre; Tollwut alle 2-3 Jahre) eingehalten sind (StIKo Vet FLI 2019 S. 9, 2017 S. 8 und 9). Betreffend die Erkrankung Zwingerhusten wird in der Leitlinie ausgeführt, je nach Impfstoff sei die Impfung gegen Bordetella bronchiseptica ab einem Lebensalter von 3-8 Wochen möglich; die Impfung erfolge mindestens eine Woche vor einer zu erwartenden Exposition. Die Erstimpfung gegen Canines Parainfluenzavirus sei ab einem Alter von 8 Wochen möglich, gefolgt von einer zweiten Impfung 3-4 Wochen später (StIKo Vet FLI 2019 S. 36, 2017 S. 34) 52Die Einhaltung dieser Parameter kann anhand der Eintragungen im Impfausweis bzw. EU-Heimtierausweis kontrolliert werden. Wie die Amtstierärztin in der mündlichen Verhandlung anhand des nationalen Impfausweises erläutert hat, wird in die Dokumente das Kürzel für den Impfstoff, das Datum der Impfung und deren Gültigkeitsdauer eingetragen, so dass der Impfstatus leicht zu erfassen ist. 53Auch aufgrund des von der Klägerin nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG a.F. erbrachten Sachkundenachweises kann davon ausgegangen werden, dass sie selbst über die erforderlichen Kenntnisse betreffend die hier in Rede stehenden Erkrankungen und Impfungen verfügt. Wie Ziffer 12.2.2.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes (AVV TierSchG) verdeutlicht, muss der Sachkundenachweis auch die wichtigsten Krankheiten der betreffenden Tierarten umfassen. In den Richtlinien der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) – Arbeitsgruppe Tierschutz „Erlaubnis nach § 11 des Tierschutzgesetzes für das gewerbsmäßige Ausbilden von Hunden“, Stand 25. November 2015, ist im Anhang A „Erforderliche Sachkunde für eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Buchstabe f) ausgeführt: „…3. Häufige Erkrankungen des Hundes, medizinische Prophylaxe/Versorgung : …wichtige Infektionskrankheiten wie z.B. Staupe, Parvovirose, Tollwut, Zwingerhusten; Impfungen und Gesundheitsprophylaxe.“ Darüber hinaus sind die Klägerin und ihr Ehemann nach ihren Angaben im Verwaltungsverfahren selbst Halter von drei Hunden, die in der Hundeschule in Erziehungskursen sowie im Sportbereich eingesetzt werden. 54Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die zweifelsfreie Zuordnung eines Impfpasses setze die Identitätsfeststellung des Hundes voraus, die nur mit einem speziellen Lesegerät möglich sei. Die Kammer teilt in diesem Zusammenhang die Auffassung des Beklagten, dass eine Täuschung über die Identität des Hundes oder die Fälschung von Eintragungen in den Impfdokumenten, um an einem Hundetraining teilnehmen zu können, wenig wahrscheinlich ist. Die Amtstierärztin des Beklagten hat insoweit in der mündlichen Verhandlung erläutert, wie schnell eine Nichtübereinstimmung zwischen dem Ausweisdokument und dem Tier z.B. im Hinblick auf den Namen, das Alter und die Rasse des Hundes im Rahmen des länger andauernden Trainings auffallen würde. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass eine Identitätsfeststellung des Hundes mittels eines speziellen Chiplesegerätes erforderlich wäre, ist von der Klägerin als hauptberuflich gewerblich Tätiger zu verlangen, dass sie über ein entsprechendes Gerät verfügt bzw. sie sich dieses anschafft. Dass dies mit unzumutbar hohen Kosten verbunden wäre, macht sie selbst nicht geltend. Nach dem vom Beklagten vorgelegten ebay-Angebot ist ein Gerät, das den maßgeblichen Standards genügt, bereits zum Preis von 32,99 Euro zu erwerben. 55Entgegen ihrem schriftsätzlichen Vortrag im Klageverfahren geht die Klägerin in ihren Angaben im Verwaltungsverfahren und ausweislich des Internetauftritts der Hundeschule auch selbst davon aus, dass eine Kontrolle des Impfschutzes anhand der Impfdokumente möglich ist. Auf die Frage Ziffer 6. „Verlangen Sie von Ihren Kunden Nachweise zur Gesundheitsvorsorge der Hunde?“ hat sie geantwortet: „Ja, von allen Hunden, die den Hundeplatz besuchen. Wir prüfen die Impfpässe.“ Auf der Website der Hundeschule ist zum Welpenspielen ausgeführt: „Der Hund sollte seinem Alter entsprechend geimpft sein. Deshalb bringen Sie bitte zur Schnupperstunde den Impfpass mit. Nur wenn der Impfschutz geprüft wurde, kann Ihr Hund am Welpenspielen teilnehmen.“ Dem Einwand der Klägerin betreffend einen etwaigen Verlust der Impfausweise hat der Beklagte dadurch Rechnung getragen, dass er in der mündlichen Verhandlung die Nachweismöglichkeit durch eine tierärztliche Impfbescheinigung auf der Grundlage einer Titerbestimmung ergänzt hat. 56Die Klägerin hat auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass der mit der Kontrolle des Impfschutzes verbundene administrative Aufwand für sie nicht zu bewältigen ist. Nach den Erläuterungen der Amtstierärztin in der mündlichen Verhandlung ist der Impfschutz jeweils vor dem Beginn eines Kurses, z.B. im Rahmen des Erstgesprächs, bei dem auch die Haftpflichtversicherung geprüft wird, zu kontrollieren. Des Weiteren muss die Klägerin schon wegen der Abrechnung der Kursgebühren über eine Kundendatei verfügen, zu der auch Kopien der Impfdokumente genommen werden können. Selbst wenn sich die Kundenbeziehung über einen längeren Zeitraum erstreckt und in der Hundeschule in nennenswertem Umfang Hunde in einem Alter trainiert werden, in dem nach der durchgeführten Grundimmunisierung auch Wiederholungsimpfungen erforderlich sind, ist die Kontrolle des Impfschutzes durch schriftliche oder elektronische Wiedervorlagesysteme möglich. 57Die Auflage Nr. 5 ist schließlich zur Erreichung des angestrebten Ziels auch angemessen. 58Die Klägerin kann in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg geltend machen, ihr entstehe ein signifikanter Wettbewerbsnachteil gegenüber Hundetrainern im Zuständigkeitsbereich anderer Erlaubnisbehörden. Darin, dass andere mit dem Vollzug des TierSchG betraute Behörden nicht oder nicht in gleicher Weise von der gesetzlichen Möglichkeit, eine entsprechende Auflage anzuordnen, Gebrauch machen, liegt keine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots. Eine Behörde ist grundsätzlich nicht verpflichtet, ihr Ermessen so auszuüben, wie andere Behörden es tun. Behörden haben das Gleichbehandlungsgebot vielmehr nur in ihrem Zuständigkeitsbereich zu beachten; Vergleichsmaßstab ist dabei allein ihre Verwaltungspraxis. 59Vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 19. November 2009 ‑ 9 ZB 07.2282 ‑ juris Rn. 7. 60Abgesehen hiervon fehlt es im Hinblick auf die behaupteten Wettbewerbsnachteile auch an einem substantiierten Vortrag. Die Amtstierärztin hat in der mündlichen Verhandlung berichtet, sie habe im Vorfeld Kontakt zu anderen Hundeschulen im Zuständigkeitsbereich des Beklagten aufgenommen. Ihr sei gesagt worden, dass es in der Vergangenheit Beschwerden gegen den verlangten Impfschutz nur in Einzelfällen gegeben habe. Ein Hundeschulbesitzer habe gemeint, dass sich vielleicht einer von hundert Kunden beschwert habe. Bei einem anderen sei es in 10 Jahren nie vorgekommen oder er habe sich zumindest nicht hieran erinnern können. 61Darüber hinaus ist der Klägerin auch weiterhin ein Einzeltraining nicht geimpfter Hunde möglich, sofern dieses nicht auf den gemeinsam genutzten Trainingsflächen stattfindet. Letztgenannte Einschränkung ist im Hinblick auf das erhöhte Infektionsrisiko und die Übertragungswege der Krankheiten sachgerecht. Dass die Vermittlung bestimmter Ausbildungsinhalte im Einzeltraining nicht möglich ist, hat die Klägerin nicht näher begründet. Diese im Klageverfahren vertretene Auffassung widerspricht zudem der Darstellung auf der Website der Hundeschule. Hier ist zum Einzelkurs ausgeführt: „Prinzipiell empfehlen wir Gruppenkurse, da diese durch die Ablenkung der anderen Kurshunde anspruchsvoller sind. Dennoch gibt es Gründe, sich für Einzelstunden oder einen Einzelkurs zu entscheiden: Ihr Hund ist nicht gruppenverträglich; dann starten wir mit möglichst wenig Einzelstunden, um ihn recht schnell in die Gruppe einzugliedern. Die Schulung ist intensiver. Die Termine können Sie flexibel gestalten. Das Lerntempo bestimmen Sie.“ Schließlich handelt es sich bei der Preisgestaltung des Einzeltrainings um eine freie unternehmerische Entscheidung der Klägerin. 62Im Übrigen handelt es sich bei der streitgegenständlichen Auflage um eine Berufsausübungsregelung, welche nur durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein muss. 63Vgl. BVerfG, Beschluss von 29. April 1993 - 1 BvR 737/88 -, juris, Rn. 48. 64Das hier die Berufsausübung der Klägerin beschränkende Rechtsgut ist ein nach Art. 20 a GG verfassungsrechtlich und nach § 1 TierSchG einfachgesetzlich geschütztes Rechtsgut. Bei der hier vorliegenden Gestaltung wiegt das Tierschutzinteresse offensichtlich wesentlich schwerer als die Interessen der Klägerin, die Ausbildung derjenigen Hunde finanziell realisieren zu können, die weder in Gruppen- noch in Einzelausbildung genommen werden können. 65Vgl. VG Ansbach, Urteil vom 19. Dezember 2016 - AN 10 K 15.00338 -, juris, Rn. 38. 66Ist nach alledem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt, sind schließlich auch im Übrigen Ermessensfehler im Sinne des § 114 VwGO weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 67Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 68Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung. 69Rechtsmittelbelehrung: 70Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 71Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 72Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 73Die Berufung ist nur zuzulassen, 741. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 752. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 763. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 774. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 785. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 79Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 80Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 81Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 82Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 83Beschluss: 84Der Streitwert wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt. 85Gründe: 86Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt. 87Rechtsmittelbelehrung: 88Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 89Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 90Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 91Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 92Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 93War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte zuvor sicherheit in entsprechender höhe leistet. 1
2die klägerin betreibt seit 2008 gemeinsam mit ihrem ehemann die hundeschule „g. “ in f. . 3sie beantragte am 26. juni 2014 die erteilung einer erlaubnis nach § 11 abs. 1 satz 1 nr. 8 f) tierschg. zu ihrer tätigkeit führte sie aus, in der hundeschule würden hauptberuflich hundebesitzer ausgebildet, in erster linie privatkunden. den schwerpunkt des kursangebots bildeten gehorsamskurse. die kurse fänden als gruppenkurse (3‑5 teilnehmer, ca. 40 trainingseinheiten pro woche, ca. 100 mensch-hund-teams pro woche) oder als einzelkurs (ca. 3 pro woche) statt. das team der hundeschule bestehe aus elf mitgliedern, von denen sie als angestellte und die anderen trainer als freie mitarbeiter tätig seien. für das training stehe ein welpenplatz von 1.000 qm zur verfügung, welcher zweimal pro woche für eine stunde genutzt werde. alle erziehungskurse fänden in der öffentlichkeit statt, zu beginn des kurses noch in sicheren gebieten (hundewiese, wald mit wenig publikumsverkehr), später auch in anspruchsvolleren örtlichkeiten (waldwege mit größerem publikumsverkehr, dort, wo man auf pferde/wild treffen könnte, innenstadt, gebiete mit treppen). 4nach vorlage des sachkundenachweises und örtlicher überprüfung des welpenplatzes erteilte der beklagte der klägerin mit bescheid vom 7. juni 2017 die erlaubnis gem. § 11 abs. 1 satz 1 nr. 8 f) tierschg zum gewerbsmäßigen ausbilden von hunden für dritte und zum gewerbsmäßigen anleiten der ausbildung der hunde durch den tierhalter. der bescheid enthält in ziffer 5 folgende nebenbestimmung: 5„5. alle hunde, die in einer gruppe trainiert werden und/oder einzeltraining auf den gleichen trainingsflächen erhalten, dürfen nur am training teilnehmen, wenn durch vorlage des impfausweises nachgewiesen wurde, dass sie, die altersbedingte impffähigkeit vorausgesetzt, über einen wirksamen impfschutz gegen tollwut, staupe, hepatitis, leptospirose, parvovirose und zwingerhusten verfügen. das vorliegen des vorgenannten impfschutzes ist anhand des impfausweises vor beginn des trainings zu überprüfen und zu dokumentieren.“ 6zur begründung führte der beklagte unter hinweis auf die „leitlinie zur impfung von kleintieren“ der beim bundesforschungsinstitut für tiergesundheit (friedrich-löffler-institut) angesiedelten ständigen impfkommission veterinärmedizin (im folgenden: stiko vet fli) aus, aufgrund der anzahl der hunde verschiedener herkunft und der häufigen kontakte von hunden in der gruppe sowie beim hinterlassen von infektiösem material (z.b. sekrete, exkrete) bei der gemeinsamen nutzung von gleichen trainingsflächen bestehe eine erhöhte gefahr der übertragung von infektionskrankheiten. das gebot, dass nur hunde trainiert werden dürften, die regelmäßig gegen die in der leitlinie vorgesehenen krankheiten geimpft worden seien, diene dazu, gesundheitlich bedingten schmerzen, leiden oder schäden vorzubeugen. 7den widerspruch der klägerin, soweit er sich gegen ziffer 5. richtete, wies das landesamt für natur, umwelt und verbraucherschutz nordrhein-westfalen (lanuv nrw) mit bescheid vom 20. november 2017 unter wiederholung und vertiefung der gründe des ausgangsbescheides zurück. ergänzend hob es hervor, die lehrfunktion der klägerin, die auch unerfahrene bzw. neulinge in der hundehaltung unterrichte, erstrecke sich auch auf die gesundheitsvorsorge. der mehraufwand für die kontrolle des impfschutzes sei zumutbar, da der blick in die impfausweise und eine dokumentation des vorliegens der entsprechenden impfungen nicht weiter ins gewicht falle. durch den sachkundenachweis sei die grundsätzliche befähigung zum verstehen der eintragungen gegeben. 8die klägerin hat am 11. dezember 2017 klage erhoben, zu deren begründung sie im wesentlichen geltend macht: 9das in ziffer 5. verlangte impfprogramm widerspreche dem stand der veterinärmedizin. die stiko vet fli empfehle – vorbehaltlich einer individuellen impfanalyse - lediglich eine grundimmunisierung gegen die core-komponenten tollwut, staupe, hcc, leptospirose sowie parvovirose. der erreger des zwingerhustens zähle zu den non-core-komponenten, gegen die ein hund nur unter bestimmten umständen geschützt sein solle. abgesehen hiervon seien die leitlinien nicht verbindlich, sondern stellten lediglich eine entscheidungshilfe für den tierarzt dar. auch vor dem hintergrund der mit einer impfung verbundenen gesundheitlichen risiken müsse jeweils ein individueller impfschutz entwickelt werden, der alter, gesundheit und lebensumstände des hundes berücksichtige. mit der auflage nr. 5 werde von ihr etwas rechtlich und tatsächlich unmögliches verlangt. eine gesetzliche impfpflicht bestehe nicht. dies gelte auch für fallkonstellationen, in denen hunde in gruppen zusammenkämen und damit zwangsläufig einem erhöhten infektionsrisiko ausgesetzt seien. ein hundehalter könne deshalb auf jeglichen impfschutz für seinen hund verzichten. sie habe keinerlei rechtliche handhabe, den hundehalter zur impfung des hundes zu veranlassen. dies sei auch nicht ihre aufgabe. die verantwortung für die gesundheitsvorsorge liege ausschließlich beim halter des hundes. der nachweis, ob ein wirksamer impfschutz gegen die in ziffer 5. genannten erkrankungen bestehe, sei allein durch die vorlage des impfpasses nicht zu führen. die zweifelsfreie zuordnung eines impfpasses zu einem hund setze zudem die identitätsfeststellung des hundes voraus, die nur mit einem speziellen lesegerät möglich sei. die nebenbestimmung nr. 5 sei schließlich auch unverhältnismäßig. der mit der laufenden überwachung des impfstatus verbundene administrative aufwand sei für sie als einzelunternehmerin nicht zu bewältigen. da zahlreiche hunde über jahre in der hundeschule ausgebildet und betreut würden, werde sie hierdurch verpflichtet, den impfstatus von einigen hundert hunden zu erfassen, zu dokumentieren und fortzuschreiben. die mit der auflage für sie verbundenen nachteile stünden außer verhältnis zu dem der allgemeinheit hieraus erwachsenden vorteil. ein hundehalter, der seinen hund nicht dem in der auflage definierten impfprogramm unterziehen wolle, werde sich an eine andere hundeschule wenden oder seinen hund nicht ausbilden lassen. die auflage bedeute damit einen signifikanten wettbewerbsnachteil gegenüber hundetrainern im zuständigkeitsbereich anderer erlaubnisbehörden, die unmittelbar mit ihr konkurrierten, und stelle einen massiven eingriff in ihre grundrechte aus art. 12 gg und art. 14 gg dar. ein ausweichen auf die einzelausbildung sei schon deshalb nicht möglich, weil die meisten ausbildungsinhalte nur durch die interaktion der hunde in der gruppe zu vermitteln seien. abgesehen hiervon gelte ziffer 5. auch für hunde in einzelausbildung, wenn die ausbildung nicht an ständig wechselnden orten stattfinde, was in der ausbildungspraxis nicht realisierbar sei. zudem sei der einzelunterricht mit 60,00 euro pro stunde deutlich teurer als die ausbildung in der gruppe mit beträgen ab 9,00 euro. 10in der mündlichen verhandlung hat der beklagte die nebenbestimmung nr. 5 dahingehend ergänzt, dass zum nachweis des impfschutzes anstelle des impfausweises auch eine impfbescheinigung genügt. 11die klägerin beantragt, 12ziffer 5. des bescheides des beklagten vom 7. juni 2017 in der gestalt des widerspruchsbescheides des lanuv nrw vom 20. november 2017 und in der gestalt der ergänzung in der mündlichen verhandlung aufzuheben. 13der beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen. 15er bezieht sich auf die begründung der angefochtenen bescheide und trägt ergänzend vor: die auflage nr. 5 diene ausschließlich dem tierschutz der am training teilnehmenden hunde. wenn sich hierunter erkrankte tiere befänden, sei eine ansteckung im rahmen des gruppentrainings auf direktem (beschnuppern, belecken, kämpferische auseinandersetzungen) oder indirektem weg (schnüffeln an ausscheidungen kranker artgenossen, erregerübertragung durch hände oder schuhwerk der bezugspersonen) möglich. die in ziffer 5. verlangten impfungen beruhten auf der leitlinie der stiko vet fli. die hierin genannten non-core-komponenten wie der zwingerhusten seien grundsätzlich nicht weniger wichtig als die core-komponenten. der unterschied bestehe nur darin, dass die non-core-komponenten nicht für jedes tier zu jeder zeit gleichbedeutend seien. die impfung gegen zwingerhusten sei sinnvoll bei hunden, die zeitweise einer erhöhten infektionsgefahr unterlägen. zwar gebe es in deutschland keine unmittelbare impfpflicht für hunde. zu der nach § 2 nr. 1 tierschg vorzunehmenden pflege gehöre jedoch auch die gesundheitsfürsorge und –vorsorge; hierzu seien auch impfungen und entwurmungen zu zählen. die klägerin habe als hundetrainerin eine vorbildfunktion, dies den teilnehmern ihrer kurse näher zu bringen. die kontrolle des impfschutzes sei anhand der impfausweise möglich. erforderlich sei lediglich, dass ein zugelassener impfstoff entsprechend den herstellerangaben durch einen tierarzt verabreicht worden sei. im impfausweis sei das datum der impfung und ggf. auch die gültigkeitsdauer eingetragen. dem amt für verbraucherschutz seien keine fälle bekannt, in denen die teilnehmer eines hundetrainings über die identität des vorgestellten hundes getäuscht oder den impfausweis gefälscht hätten, nur um an einem hundetraining teilzunehmen. die nebenbestimmung nr. 5 sei auch verhältnismäßig. der mit der kontrolle der impfausweise verbundene zeitaufwand sei für eine sachkundige person wie die klägerin als geringfügig zu bewerten. das training ungeimpfter hunde werde der klägerin auch nicht unmöglich gemacht. ihr sei lediglich zur auflage gemacht worden, solche hunde nicht auf den ansonsten gemeinsam genutzten trainingsflächen zu unterrichten. dies habe den hintergrund, dass welpen und junghunde besonders erkrankungsgefährdet seien und auf den trainingsplätzen der hundeschule z.b. auch welpenspielen angeboten werde. es stehe der klägerin frei, ungeimpfte hunde bzw. deren halter in einzeltrainingsstunden in einem wald oder bei den jeweiligen hundebesitzern zu hause auszubilden. für die geltend gemachten wettbewerbsnachteile fehle es an einem substantiierten vortrag. bei der nebenbestimmung nr. 5 handele sich um eine relativ geringfügige berufsausübungsregelung, die durch vernünftige erwägungen des gemeinwohls, nämlich die verhinderung von tierinfektionen, gerechtfertigt sei. wettbewerbsnachteile gegenüber im kreis mettmann ansässigen konkurrenten seien angesichts der einheitlichen verwaltungspraxis ausgeschlossen. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 17
18die klage ist zulässig, insbesondere als anfechtungsklage statthaft. 19bei der nebenbestimmung nr. 5 handelt es sich um eine auflage im sinne des § 36 abs. 2 nr. 4 vwvfg. sie enthält eine selbständige regelung und ist selbständig durchsetzbar. als auflage ist die nebenbestimmung nr. 5 mit einer isolierten anfechtungsklage anfechtbar. da es sich nicht um eine modifizierende auflage handelt, die den erlaubnisinhalt verändert, scheidet eine isolierte anfechtbarkeit auch nicht ausnahmsweise offenkundig von vornherein aus. 20vgl. bverwg, urteil vom 22. november 2000 - 11 c 2/00 -, juris, rn. 25. 21die klage ist jedoch nicht begründet. 22ziffer 5. des bescheides des beklagten vom 7. juni 2017 in der gestalt des widerspruchsbescheides des lanuv nrw vom 20. november 2017 und in der gestalt der ergänzung in der mündlichen verhandlung ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 23rechtsgrundlage für die auflage ist § 11 abs. 2a tierschg in der bis zum 13. juli 2013 geltenden fassung (a.f.). diese vorschrift findet hier nach § 21 abs. 5 satz 1 tierschg anwendung, da noch keine rechtsverordnung nach § 11 abs. 2 satz 1 nr. 3 tierschg erlassen wurde, die den konkreten inhalt der erlaubnis regelt, zu dem auch nebenbestimmungen zur erlaubnis gehören. nach § 11 abs. 2a tierschg a.f. kann die erlaubnis nach § 11 abs. 1 tierschg, soweit es zum schutz der tiere erforderlich ist, unter befristungen, bedingungen und auflagen erteilt werden. 24erforderlich aber auch ausreichend ist dabei, dass die konkrete auflage zum schutz der tiere erforderlich ist, d. h. den zielen des tierschutzes dient. durch die eingrenzung der zulässigkeit der nebenbestimmungen zur erlaubnis nach dem tierschutzgesetz, „soweit sie zum schutz der tiere erforderlich ist“, gibt der gesetzgeber den zweck der ermessensermächtigung ausdrücklich vor. soweit die auflage zugleich andere rechtsgüter mittelbar schützt, ist dies als reflexwirkung zulässig, solange ihre hauptsächliche zielrichtung der schutz der tiere bleibt. denn die beifügung von nebenbestimmungen zu einer erlaubnis nach § 11 abs. 1 satz 1 tierschg verfolgt den zweck, das in § 2 tierschg vorgegebene schutzniveau durch genauere regelungen auszufüllen und zu konkretisieren und auf diese weise einen wirksamen tierschutz zu erreichen. insbesondere ermöglicht § 11 abs. 2a tierschg a.f. die umsetzung antizipierter sachverständigengutachten. da die nebenbestimmungen nach § 11 abs. 2a tierschg a. f. der gefahrenabwehr dienen, setzt der erlass einer auf diese vorschrift gestützten nebenbestimmung grundsätzlich nicht voraus, dass bereits verstöße gegen die gebote des § 2 tierschg festgestellt wurden oder mit hinreichender wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. schließlich muss jede einzelne nebenbestimmung nicht nur dem tierschutz i. s. d. § 2 tierschg dienen, sondern auch verhältnismäßig sein. 25vgl. ovg lüneburg, beschlüsse vom 12. juli 2011 - 11 la 540/09 -, juris, rn. 15, und vom 4. dezember 2017 - 11 la 26/17 - juris rn. 9; bayerischer vgh, beschluss vom 19. november 2009 ‑ 9 zb 07.2282 ‑ juris rn. 4; hirt/maisack/moritz, tierschg, 3. aufl. 2016, § 11 rn. 30. 26ausgehend von diesen maßstäben erweist sich die nebenbestimmung nr. 5 als rechtmäßig. 27die auflage dient nach der begründung der angefochtenen bescheide in erster linie dem tierschutz. vor dem hintergrund, dass bei einem gruppenweisen zusammentreffen von hunden ein erhöhter infektionsdruck für tierkrankheiten besteht, verfolgt sie das legitime tierschutzrechtliche ziel, die in der hundeschule trainierten hunde vor einer ansteckung und vor vermeidbaren erkrankungen und leiden zu schützen. dass die nebenbestimmung zugleich dem schutz der hundepopulation insgesamt dient und ein tierseuchenschutzrechtlicher zweck verfolgt wird, ist lediglich ein reflex der regelung. 28vgl. vg ansbach, urteil vom 26. november 2018 - an 10 k 17.01531 -, juris, rn. 30; schleswig‑holsteinisches verwaltungsgericht, urteil vom 2. märz 2017, juris, rn. 29. 29die nebenbestimmung nr. 5 genügt auch dem grundsatz der verhältnismäßigkeit. 30die anordnung, den impfschutz der trainierten hunde gegen die in der auflage genannten erkrankungen zu kontrollieren, ist geeignet, und in der hier zu beurteilenden situation eines erhöhten infektionsrisikos auch erforderlich, um einen schutz der tiere vor einer ansteckung zu gewährleisten. entgegen der auffassung der klägerin wird hiermit von ihr weder in rechtlicher noch in tatsächlicher hinsicht etwas unmögliches verlangt. 31zwar besteht in deutschland keine unmittelbare impfpflicht für hunde. nach einhelliger auffassung in rechtsprechung und literatur, 32vgl. vg aachen, beschluss vom 2. mai 2013 - 6 l 23/13 -, juris, rn. 48 und 52; vg gelsenkirchen, urteil vom 21. mai 2012 - 16 k 40/12 -, juris, rn. 24; vg würzburg, urteil vom 25. oktober 2012 ‑ w 5 k 11.590 ‑, juris, rn. 63; hirt/maisack/moritz, tierschg, 3. aufl. 2016, § 2 rn. 27; lorz/metzger, tierschutzgesetz, 7. aufl. 2019, § 11 rn. 54, 33umfasst das an den halter bzw. betreuer des tieres gerichtete pflegegebot des § 2 nr. 1 tierschg im rahmen der gesundheitsfürsorge jedoch auch die gesundheitsprophylaxe durch impfungen. notwendige impfungen können auf der grundlage von § 16 a abs. 1 satz 2 tierschg angeordnet werden. 34darüber hinaus besteht bei dem betrieb einer hundeschule aufgrund des trainings einer vielzahl von hunden unterschiedlicher halter auf gemeinsamen trainingsflächen eine besondere gefährdungssituation. der gesetzgeber mag es als hinnehmbar angesehen haben, dass im rahmen einer üblichen, meist privaten hundehaltung mit selten mehr als zwei hunden keine unmittelbare impfverpflichtung normiert wurde, dies vor allem vor dem hintergrund, dass das allgemeine gesundheitsrisiko eines in üblicher form gehaltenen hundes durch die vorgenannte pflegeverpflichtung seines halters ausreichend bewältigt wird. dies schließt jedoch nicht aus, dass in einer völlig anderen gesundheitsgefährdungssituation eine andere risikobewertung platz greifen kann, weil dann die infektionsgefahr wesentlich erhöht wird. 35vgl. vg ansbach, urteil vom 19. dezember 2016 - an 10 k 15.00338 -, juris, rn. 32. 36der umfang des als folge dieser risikobewertung in der auflage nr. 5 verlangten impfschutzes beruht auf sachverständigen beurteilungen und entspricht dem geltenden veterinärmedizinischen standard. 37die „leitlinie zur impfung von kleintieren“ der stiko vet fli in der derzeitigen fassung (stand 1. februar 2019) bzw. in der zum zeitpunkt des erlasses der angefochtenen bescheide gültigen fassung (stand: 3. märz 2017), die als antizipiertes sachverständigengutachten zu berücksichtigen ist, 38vgl. vg ansbach, urteile vom 19. dezember 2016 - an 10 k 15.00338 -, juris, rn. 31, und vom 26. november 2018 - an 10 k 17.01531 -, juris, rn. 32 und - an 10 k 17.00128 -, juris, rn. 38; schleswig-holsteinisches vg, urteil vom 2. märz 2017 - 1 a 56/15 -, juris, rn. 34, 39sieht regelmäßig eine impfung gegen die core-komponenten tollwut, staupe, hcc, leptospirose, parvovirose sowie in phasen einer erhöhten infektionsgefahr eine impfung gegen die non-core-komponente zwingerhusten vor. entgegen der auffassung der klägerin handelt es sich hierbei nicht nur um eine unverbindliche entscheidungshilfe für den behandelnden tierarzt. vielmehr betont die leitlinie sowohl in den vorangestellten allgemeinen ausführungen als auch im rahmen der abhandlung der einzelnen erkrankungen ausdrücklich die notwendigkeit einer grundimmunisierung und von wiederholungsimpfungen gegen core- und non-core-komponenten: 40„die impfung ist die wichtigste maßnahme zur verhinderung von infektionskrankheiten. … eine vollständige grundimmunisierung ist voraussetzung für einen optimalen schutz des einzeltieres. … core-komponenten der vakzinen richten sich gegen erreger, gegen die jedes tier zu jeder zeit geschützt sein muss. non-core-komponenten der vakzinen richten sich gegen erreger, gegen die tiere nur unter besonderen umständen (wahrscheinliche expositionen) geschützt werden müssen. 41die notwendigkeit von impfungen ist unbestritten. die impfung ist eine sehr wirkungsvolle und schonende methode, um bestimmte infektionskrankheiten zu verhindern. sie trägt dazu bei, die gesundheit und leistungsfähigkeit unserer haustiere zu fördern und ist ein aktiver beitrag zu einem umfassenden tierschutz. 42die vorliegende leitlinie … betont ausdrücklich die notwendigkeit einer grundimmunisierung für alle jungtiere in den ersten lebensjahren und die regelmäßige, aber nicht zwangsläufig jährliche wiederholungsimpfung in den folgenden lebensjahren gegen die für das jeweilige tier relevanten erreger. als hilfreich für die strukturierung von impfungen hat sich das konzept bewährt, die zu impfenden komponenten in core-komponenten und none-core-komponenten zu unterteilen. dabei stellen core-komponenten jene dar, gegen die ein jedes tier zu jeder zeit geschützt sein muss. dies ist notwendig, da diese erreger entweder zoonotischen charakter haben und den tierbesitzer gefährden, wie die leptospirose, oder bei den tieren selbst lebensgefährliche krankheiten verursachen, wie die staupe oder die parvovirose. die non-core-komponenten sind nicht grundsätzlich weniger wichtig, aber nicht für jedes tier zu jeder zeit gleichbedeutend. ein schutz gegen diese erreger ist also nur für exponierte tiere notwendig und nicht für alle tiere gleichermaßen.“ (stiko vet fli 2019 s. 7, 2017 s. 6) 43entsprechende aussagen enthalten die „guidelines for the vaccination of dogs and cats“ der vaccination guidelines group (vgg) of the world small animal veterinary association (wsava), stand januar 2016, die - vor dem hintergrund ihrer weltweiten geltung - staupe, hcc, parvovirose und tollwut als core vaccines definieren: 44„however, the vgg strongly recommends that whereever possible all (hervorhebung im original) dogs and cats receive the benefit of vaccination. this not only protects the individual animal, but provides optimum herd immunity that minimizes the likelihood of infectious disease outbreaks. with this background in mind, the vgg has defined core vaccines as those which all (hervorhebung im original) dogs and cats, regardless of circumstances or geographical location, should receive. core vaccines protect animals from severe, life-threatening diseases that have global distribution. (vgg wsava s. 3) 45„the vgg considers that a core vaccine is one that all dogs throughout the world must receive, at recommended intervals, in order to provide life-long protection against infectious diseases of global significance.“ (vgg wsava s. 7) 46beide leitlinien betonen zudem die erhöhte infektionsgefahr und die erhöhte notwendigkeit einer impfung gegen die non-core-komponente zwingerhusten in situationen mit einer vielzahl von kontakten zu anderen artgenossen wie z.b. in welpengruppen, hundepensionen und auf dem hundeplatz (stiko vet fli 2019 s. 10, 18 und 36, 2017 s. 9, 17 und 34; vgg wsava s. 15). 47der von der klägerin angeführte hinweis „die leitlinie zur impfung von kleintieren ist nicht starr und nicht verbindlich, sondern stellt eine entscheidungshilfe für den behandelnden tierarzt dar“, ist im kontext der übrigen erläuterungen in der präambel der leitlinie der stiko vet fli zu sehen. hier wird unter der überschrift „mehr tiere impfen, das einzelne tier so häufig wie nötig!“ ausgeführt, für den hund und die katze sei eine große anzahl von impfstoffen verfügbar, die gegen eine vielzahl von infektionserregern gerichtet seien. ihr einsatz sei in der vergangenheit in starren impfschemata festgelegt gewesen. dies habe dazu geführt, dass regelmäßig geimpfte tiere zwar hervorragend geschützt gewesen seien, aber häufiger als notwendig geimpft worden seien. auch seien tiere geimpft worden, die aufgrund ihrer haltungsform, nutzungsrichtung oder reisegewohnheiten überhaupt keinen kontakt zu bestimmten erregern gehabt hätten. die individuelle notwendigkeit der impfung gegen die für das tier wichtigen infektionserreger sei nicht berücksichtigt worden. die vorliegende leitlinie zur impfung von kleintieren trage diesem umstand rechnung. sie betone ausdrücklich die notwendigkeit einer umfassenden grundimmunisierung für alle jungtiere in den ersten lebensjahren und die regelmäßige, aber nicht zwangsläufig jährliche wiederholungsimpfung in den folgenden lebensjahren gegen die für das jeweilige tier relevanten erreger. 48auf der grundlage der genannten antizipierten sachverständigengutachten ist nach alledem davon auszugehen, dass sich in der hier zu beurteilenden besonderen gefährdungssituation des gemeinsamen trainings in einer hundeschule aus § 2 nr. 1 tierschg eine verpflichtung für den halter oder betreuer des hundes ergibt, das tier gegen die in der auflage nr. 5 genannten krankheiten impfen zu lassen. 49in ergänzung zu dieser verpflichtung des halters bzw. betreuers kann der klägerin auf der grundlage des § 11 abs. 2 a tierschg a.f. auferlegt werden, den impfschutz zu kontrollieren. auch ihr rechtskreis ist berührt, weil sie durch den betrieb ihrer hundeschule und das hiermit verbundene zusammentreffen einer vielzahl von hunden gemeinsam mit dem halter bzw. betreuer, der das tier dort trainieren lässt, das gefahrerhöhende moment für das infektionsrisiko der tiere schafft. abgesehen hiervon trägt sie im rahmen des betriebs ihrer hundeschule ganz allgemein die verantwortung dafür, dass die im rahmen des trainings benutzten eigenen flächen der hundeschule frei von infektiösem material sind. auch inhaltlich steht die kontrolle des impfschutzes in unmittelbarem zusammenhang mit der erlaubnispflichtigen tätigkeit. ausweislich des vortrags der klägerin im verwaltungsverfahren und des internetauftritts der hundeschule (www.xxxxxxxxxxxxxxxxxxx.de) geht sie selbst davon aus, dass die erlaubnispflichtige lehrtätigkeit auch die gesundheitsfürsorge umfasst. in der beantwortung des fragebogens vom 10. juni 2015 weist sie darauf hin, dass eine enge zusammenarbeit mit der tierärztin c. -c1. in f. bestehe, die in unregelmäßigen abständen für die interessierten kursteilnehmer z.b. über das thema parasiten referiere. im internetauftritt der hundeschule ist frau c. -c1. im team der hundeschule u.a. als referentin für veterinärmedizinische seminare aufgeführt. zum kursangebot welpenspielen wird auf der website darauf hingewiesen, das team freue sich, fragen u.a. zur gesundheit beantworten zu können. 50kann damit von der klägerin im rahmen ihrer rechtlichen mitverantwortung eine kontrolle des impfschutzes verlangt werden, ist diese kontrolle auch in tatsächlicher hinsicht möglich und der klägerin zumutbar. 51soweit die kontrolle anhand des nationalen impfausweises bzw. des eu-heimtierausweises erfolgt, kann auf der grundlage der leitlinie der stiko vet fli von einem wirksamen impfschutz gegen parvovirose, staupe, leptospirose, tollwut und hcc ausgegangen werden, wenn in den ersten beiden lebensjahren eine entsprechende grundimmunisierung durchgeführt wurde und im hinblick auf die wiederholungsimpfungen die angegebenen impfintervalle (leptospirose jährlich; parvovirose, staupe und hcc alle drei jahre; tollwut alle 2-3 jahre) eingehalten sind (stiko vet fli 2019 s. 9, 2017 s. 8 und 9). betreffend die erkrankung zwingerhusten wird in der leitlinie ausgeführt, je nach impfstoff sei die impfung gegen bordetella bronchiseptica ab einem lebensalter von 3-8 wochen möglich; die impfung erfolge mindestens eine woche vor einer zu erwartenden exposition. die erstimpfung gegen canines parainfluenzavirus sei ab einem alter von 8 wochen möglich, gefolgt von einer zweiten impfung 3-4 wochen später (stiko vet fli 2019 s. 36, 2017 s. 34) 52die einhaltung dieser parameter kann anhand der eintragungen im impfausweis bzw. eu-heimtierausweis kontrolliert werden. wie die amtstierärztin in der mündlichen verhandlung anhand des nationalen impfausweises erläutert hat, wird in die dokumente das kürzel für den impfstoff, das datum der impfung und deren gültigkeitsdauer eingetragen, so dass der impfstatus leicht zu erfassen ist. 53auch aufgrund des von der klägerin nach § 11 abs. 2 nr. 1 tierschg a.f. erbrachten sachkundenachweises kann davon ausgegangen werden, dass sie selbst über die erforderlichen kenntnisse betreffend die hier in rede stehenden erkrankungen und impfungen verfügt. wie ziffer 12.2.2.3 der allgemeinen verwaltungsvorschrift zur durchführung des tierschutzgesetzes (avv tierschg) verdeutlicht, muss der sachkundenachweis auch die wichtigsten krankheiten der betreffenden tierarten umfassen. in den richtlinien der länderarbeitsgemeinschaft verbraucherschutz (lav) – arbeitsgruppe tierschutz „erlaubnis nach § 11 des tierschutzgesetzes für das gewerbsmäßige ausbilden von hunden“, stand 25. november 2015, ist im anhang a „erforderliche sachkunde für eine erlaubnis nach § 11 abs. 1 satz 1 nr. 8 buchstabe f) ausgeführt: „…3. häufige erkrankungen des hundes, medizinische prophylaxe/versorgung : …wichtige infektionskrankheiten wie z.b. staupe, parvovirose, tollwut, zwingerhusten; impfungen und gesundheitsprophylaxe.“ darüber hinaus sind die klägerin und ihr ehemann nach ihren angaben im verwaltungsverfahren selbst halter von drei hunden, die in der hundeschule in erziehungskursen sowie im sportbereich eingesetzt werden. 54die klägerin kann auch nicht mit erfolg geltend machen, die zweifelsfreie zuordnung eines impfpasses setze die identitätsfeststellung des hundes voraus, die nur mit einem speziellen lesegerät möglich sei. die kammer teilt in diesem zusammenhang die auffassung des beklagten, dass eine täuschung über die identität des hundes oder die fälschung von eintragungen in den impfdokumenten, um an einem hundetraining teilnehmen zu können, wenig wahrscheinlich ist. die amtstierärztin des beklagten hat insoweit in der mündlichen verhandlung erläutert, wie schnell eine nichtübereinstimmung zwischen dem ausweisdokument und dem tier z.b. im hinblick auf den namen, das alter und die rasse des hundes im rahmen des länger andauernden trainings auffallen würde. selbst wenn man aber davon ausginge, dass eine identitätsfeststellung des hundes mittels eines speziellen chiplesegerätes erforderlich wäre, ist von der klägerin als hauptberuflich gewerblich tätiger zu verlangen, dass sie über ein entsprechendes gerät verfügt bzw. sie sich dieses anschafft. dass dies mit unzumutbar hohen kosten verbunden wäre, macht sie selbst nicht geltend. nach dem vom beklagten vorgelegten ebay-angebot ist ein gerät, das den maßgeblichen standards genügt, bereits zum preis von 32,99 euro zu erwerben. 55entgegen ihrem schriftsätzlichen vortrag im klageverfahren geht die klägerin in ihren angaben im verwaltungsverfahren und ausweislich des internetauftritts der hundeschule auch selbst davon aus, dass eine kontrolle des impfschutzes anhand der impfdokumente möglich ist. auf die frage ziffer 6. „verlangen sie von ihren kunden nachweise zur gesundheitsvorsorge der hunde?“ hat sie geantwortet: „ja, von allen hunden, die den hundeplatz besuchen. wir prüfen die impfpässe.“ auf der website der hundeschule ist zum welpenspielen ausgeführt: „der hund sollte seinem alter entsprechend geimpft sein. deshalb bringen sie bitte zur schnupperstunde den impfpass mit. nur wenn der impfschutz geprüft wurde, kann ihr hund am welpenspielen teilnehmen.“ dem einwand der klägerin betreffend einen etwaigen verlust der impfausweise hat der beklagte dadurch rechnung getragen, dass er in der mündlichen verhandlung die nachweismöglichkeit durch eine tierärztliche impfbescheinigung auf der grundlage einer titerbestimmung ergänzt hat. 56die klägerin hat auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass der mit der kontrolle des impfschutzes verbundene administrative aufwand für sie nicht zu bewältigen ist. nach den erläuterungen der amtstierärztin in der mündlichen verhandlung ist der impfschutz jeweils vor dem beginn eines kurses, z.b. im rahmen des erstgesprächs, bei dem auch die haftpflichtversicherung geprüft wird, zu kontrollieren. des weiteren muss die klägerin schon wegen der abrechnung der kursgebühren über eine kundendatei verfügen, zu der auch kopien der impfdokumente genommen werden können. selbst wenn sich die kundenbeziehung über einen längeren zeitraum erstreckt und in der hundeschule in nennenswertem umfang hunde in einem alter trainiert werden, in dem nach der durchgeführten grundimmunisierung auch wiederholungsimpfungen erforderlich sind, ist die kontrolle des impfschutzes durch schriftliche oder elektronische wiedervorlagesysteme möglich. 57die auflage nr. 5 ist schließlich zur erreichung des angestrebten ziels auch angemessen. 58die klägerin kann in diesem zusammenhang nicht mit erfolg geltend machen, ihr entstehe ein signifikanter wettbewerbsnachteil gegenüber hundetrainern im zuständigkeitsbereich anderer erlaubnisbehörden. darin, dass andere mit dem vollzug des tierschg betraute behörden nicht oder nicht in gleicher weise von der gesetzlichen möglichkeit, eine entsprechende auflage anzuordnen, gebrauch machen, liegt keine verletzung des gleichbehandlungsgebots. eine behörde ist grundsätzlich nicht verpflichtet, ihr ermessen so auszuüben, wie andere behörden es tun. behörden haben das gleichbehandlungsgebot vielmehr nur in ihrem zuständigkeitsbereich zu beachten; vergleichsmaßstab ist dabei allein ihre verwaltungspraxis. 59vgl. bayerischer vgh, beschluss vom 19. november 2009 ‑ 9 zb 07.2282 ‑ juris rn. 7. 60abgesehen hiervon fehlt es im hinblick auf die behaupteten wettbewerbsnachteile auch an einem substantiierten vortrag. die amtstierärztin hat in der mündlichen verhandlung berichtet, sie habe im vorfeld kontakt zu anderen hundeschulen im zuständigkeitsbereich des beklagten aufgenommen. ihr sei gesagt worden, dass es in der vergangenheit beschwerden gegen den verlangten impfschutz nur in einzelfällen gegeben habe. ein hundeschulbesitzer habe gemeint, dass sich vielleicht einer von hundert kunden beschwert habe. bei einem anderen sei es in 10 jahren nie vorgekommen oder er habe sich zumindest nicht hieran erinnern können. 61darüber hinaus ist der klägerin auch weiterhin ein einzeltraining nicht geimpfter hunde möglich, sofern dieses nicht auf den gemeinsam genutzten trainingsflächen stattfindet. letztgenannte einschränkung ist im hinblick auf das erhöhte infektionsrisiko und die übertragungswege der krankheiten sachgerecht. dass die vermittlung bestimmter ausbildungsinhalte im einzeltraining nicht möglich ist, hat die klägerin nicht näher begründet. diese im klageverfahren vertretene auffassung widerspricht zudem der darstellung auf der website der hundeschule. hier ist zum einzelkurs ausgeführt: „prinzipiell empfehlen wir gruppenkurse, da diese durch die ablenkung der anderen kurshunde anspruchsvoller sind. dennoch gibt es gründe, sich für einzelstunden oder einen einzelkurs zu entscheiden: ihr hund ist nicht gruppenverträglich; dann starten wir mit möglichst wenig einzelstunden, um ihn recht schnell in die gruppe einzugliedern. die schulung ist intensiver. die termine können sie flexibel gestalten. das lerntempo bestimmen sie.“ schließlich handelt es sich bei der preisgestaltung des einzeltrainings um eine freie unternehmerische entscheidung der klägerin. 62im übrigen handelt es sich bei der streitgegenständlichen auflage um eine berufsausübungsregelung, welche nur durch hinreichende gründe des gemeinwohls gerechtfertigt sein muss. 63vgl. bverfg, beschluss von 29. april 1993 - 1 bvr 737/88 -, juris, rn. 48. 64das hier die berufsausübung der klägerin beschränkende rechtsgut ist ein nach art. 20 a gg verfassungsrechtlich und nach § 1 tierschg einfachgesetzlich geschütztes rechtsgut. bei der hier vorliegenden gestaltung wiegt das tierschutzinteresse offensichtlich wesentlich schwerer als die interessen der klägerin, die ausbildung derjenigen hunde finanziell realisieren zu können, die weder in gruppen- noch in einzelausbildung genommen werden können. 65vgl. vg ansbach, urteil vom 19. dezember 2016 - an 10 k 15.00338 -, juris, rn. 38. 66ist nach alledem der grundsatz der verhältnismäßigkeit gewahrt, sind schließlich auch im übrigen ermessensfehler im sinne des § 114 vwgo weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 67die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 68die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo, 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung. 69rechtsmittelbelehrung: 70gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 71der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 72innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 73die berufung ist nur zuzulassen, 741. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 752. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 763. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 774. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 785. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 79die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 80über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 81im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 82die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 83beschluss: 84der streitwert wird auf 5.000,-- euro festgesetzt. 85gründe: 86die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 2 gkg erfolgt. 87rechtsmittelbelehrung: 88gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 89die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 90die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 91die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 92die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 93war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Verklagte*r
0
169,975
L 7 AS 886/14
2014-10-23T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 30.04.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich gegen eine Aufforderung zur Stellung eines Rentenantrags nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). 3Der am 10.00.1950 geborene Kläger lebt zusammen mit seiner am 00.00.1950 geborenen Ehefrau in einer Mietwohnung (Nettokaltmiete 350 EUR, kalte Nebenkosten 128 EUR, Heizkosten 53 EUR monatlich, zusammen: 531 EUR). Die Warmwasseraufbereitung erfolgt über die Heizungsanlage. Der Kläger und seine Ehefrau haben eine Hausrat- und eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen (jährlicher Beitrag 102,34 EUR und 64,93 EUR). Die Beklagte gewährte dem Kläger und seiner Ehefrau zuletzt mit Bescheid vom 16.08.2013 geändert durch Bescheid vom 23.11.2013 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 1.059,33 EUR. Hierbei rechnete sie kein Einkommen an. 4Ausweislich eines Versicherungsverlaufs der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rheinland vom 31.05.2011 wird der Kläger ab dem 01.08.2015 eine abschlagsfreie Regelaltersrente iHv 955,81 EUR monatlich erhalten. Seine Ehefrau wird ab dem 01.07.2015 eine Regelaltersrente iHv 457,50 EUR erhalten. Der Kläger kann seit dem 01.01.2013 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit erzielen, deren monatlicher Zahlbetrag im Verhältnis zur Regelaltersrente je Kalendermonat einer vorzeitigen Inanspruchnahme um 0,3 % gekürzt würde. 5Nach Feststellung einer fehlgeschlagenen Integration in den Arbeitsmarkt wurde der Kläger im Rahmen einer persönlichen Vorsprache aufgefordert, einen Rentenantrag zu stellen. Nachdem der Kläger dies am 14.08.2012 und 10.09.2012 abgelehnt hatte, erließ die Beklagte am 10.09.2012 den angefochtenen Bescheid, mit dem sie den Kläger aufforderte, bis zum 19.11.2012 einen Antrag auf vorzeitige Altersrente zu stellen; andernfalls erfolge die stellvertretende Antragstellung durch die Beklagte. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Pflicht zur vorzeitigen Rentenbeantragung seien gegeben. Der Verweis auf den Bezug einer (geminderten) Altersrente sei angemessen und geeignet, die Hilfebedürftigkeit zu vermeiden. 6Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er habe keinen Vorteil von einer vorzeitigen Rentenantragstellung. Er verliere im Gegenteil monatlich ca. 77 EUR. Die Altersrente würde auf die Rente seiner Frau angerechnet und beide blieben im Leistungsbezug. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2012 zurück. Es lägen keine Ausnahmetatbestände nach der Verordnung zur Vermeidung unbilliger Härten (Unbilligkeitsverordnung) durch Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente vor. Diese sei abschließend. 7Am 06.11.2012 hat der Kläger Klage erhoben. Er vertritt die Ansicht, die Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente sei unbillig. Die Unbilligkeitsverordnung sei nicht abschließend. Die Unbilligkeit ergebe sich insbesondere daraus, dass bei Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente er und seine Frau dauerhaft auf ergänzende Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) angewiesen seien. Darüber hinaus rüge er die fehlerhafte bzw. fehlende Ausübung von Ermessen. 8Der Kläger hat beantragt, 9den Bescheid vom 10.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2012 aufzuheben. 10Die Beklagte hat beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Zur Begründung hat sie sich im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen. Ergänzend trägt sie vor, sie habe ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Ein Ermessensfehler sei nur bei einem atypischen Fall gegeben, der hier nicht vorliege. 13Am 30.11.2012 hat der Kläger einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt. Das SG Duisburg hat mit Beschluss vom 28.01.2013 die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet (S 25 AS 4787/12 ER). Die Beklagte habe das notwendige Ermessen nicht hinreichend ausgeübt. Auf die Beschwerde der Beklagten vom 15.02.2013 hat das Landessozialgericht (LSG) NRW den Beschluss aufgehoben und den Antrag abgelehnt (L 19 AS 291/13 B ER). 14Am 08.07.2013 hat die Beklagte stellvertretend für den Kläger einen Rentenantrag bei der DRV gestellt. Der Kläger selber hat keinen Rentenantrag gestellt. 15Mit Bescheid vom 20.01.2014 hat die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 16.08.2013 und 23.11.2013 die Leistungen an die Ehefrau des Klägers auf 243,32 EUR gekürzt und weitere Leistungen an den Kläger eingestellt. Hierbei rechnete sie fiktiv ein bedarfsminderndes Renteneinkommen in Höhe von 816,01 EUR an. Gegen diesen Bescheid haben der Kläger und seine Ehefrau Widerspruch eingelegt. Ebenfalls am 20.01.2014 hat die Beklagte der Ehefrau des Klägers für den Zeitraum vom 01.03 bis 31.08.2014 Leistungen nach dem SGB II unter Anrechnung der fiktiven Rente in Höhe von 816,01 EUR bewilligt. 16Am 06.02.2014 haben der Kläger und seine Frau im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen ohne Anrechnung fiktiven Einkommens für den Monat Februar 2014 begehrt. Mit Beschluss vom 13.03.2014 hat das SG die Beklagte verpflichtet, den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft ab dem 06.02.2014 bis zum 28.02.2014 Leistungen ohne fiktive Anrechnung von Renteneinkommen zu zahlen. 17Mit Urteil vom 30.04.2014 hat das SG Duisburg die Klage abgewiesen. Der Kläger sei durch den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides nicht beschwert. Die Bescheide seien rechtmäßig, weil die notwendige Ermessensausübung im Widerspruchsbescheid erfolgt sei und kein Fall von §§ 2 - 5 Unbilligkeitsverordnung vorliege. Die Aufforderung zur Rentenantragstellung entspreche der Verpflichtung nach § 12a SGB II und stelle die grundsätzliche Systematik des Nachrangs von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gegenüber Sozialleistungen anderer Träger sicher. Der Kläger könne nicht damit argumentieren, dass nur durch ungekürzte Altersrenten in Höhe von 1.250 EUR der Bedarf der Gemeinschaft von derzeit 1.220 EUR gedeckt sei und diese geringe Differenz die Bedarfsgemeinschaft nicht davor bewahre, zukünftig Ansprüche des Grundsicherungsträgers beanspruchen zu müssen. 18Gegen das am 08.05.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.05.2014 Berufung eingelegt und im Wesentlichen vorgetragen, dass die Ausnahmetatbestände der Unbilligkeitsverordnung nicht hinreichend von der Beklagten berücksichtigt und kein ordnungsgemäßes Ermessen ausgeübt worden seien. Die Situation der Bedarfsgemeinschaft habe in einer Gesamtbetrachtung eingehend geprüft werden müssen. Eine solche Ermessensentscheidung habe nicht stattgefunden. Insbesondere sei nicht genügend berücksichtigt worden, inwieweit demnächst nur so geringe Mittel aus seinen Rentenleistungen zur Verfügung stünden, dass ergänzende Leistungen nach dem SGB XII bezogen werden müssten. 19Der Kläger beantragt, 20das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 30.04.2014 zu ändern und den Bescheid vom 10.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2012 aufzuheben. 21Die Beklagte beantragt, 22die Berufung zurückzuweisen. Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen im Beschluss des LSG NRW im Verfahren L 19 AS 291/13 B ER und hält die notwendigen Ermessenserwägungen spätestens im Widerspruchsbescheid für erfolgt. Die Prüfung einer etwaigen späteren Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII stelle keine Frage des Ermessens dar. Diese Prüfung sei stattdessen auf Tatbestandsebene zu verorten. Andernfalls müssten sämtliche Fälle der Unbilligkeitsverordnung im Ergebnis als gesetzliche Anordnung einer Ermessensreduktion auf Null angesehen werden. Letztlich sei das Renteneinkommen der Bedarfsgemeinschaft voraussichtlich so hoch, dass weder der Kläger noch seine Ehefrau auf ergänzende Leistungen nach dem SGB XII angewiesen sein werden. 23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten, die beigezogene Akte aus dem Verfahren S 25 AS 3787/12 ER (L 19 AS 291/13 B ER) und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung des Senates Verhandlung gewesen sind. 24Entscheidungsgründe: 25Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, nach § 151 SGG frist- sowie formgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Statthafte Klageart ist die Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. SGG. 26Rechtsgrundlage für die hier streitige Aufforderung der Beklagten an den Kläger, eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen, ist § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II. Danach können die Leistungsträger einen Antrag auf Leistungen eines anderen Trägers stellen sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen, wenn der Leistungsberechtigte einen solchen Antrag trotz Aufforderung nicht selbst stellt. § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II setzt dabei eine Pflicht des Leistungsberechtigten zur Inanspruchnahme vorrangiger Leistungen - hier der Rente - voraus. Die Aufforderung zur Antragstellung stellt einen Verwaltungsakt dar (vgl. S.Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 5 Rn 32f. m.w.N.). Diese bereits zuvor in §§ 5, 7 und 9 SGB II vorausgesetzte Pflicht zur Inanspruchnahme vorrangiger Leistungen wird durch § 12a SGB II konkretisiert (vgl. BT-Drs 16/7460 S. 12 zu § 12a). Gemäß § 12a S. 1 SGB II sind Leistungsberechtigte verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit (vgl. BT-Drucks. 16/7460, S.12) erforderlich ist. 27§ 12a SGB II findet auf den Kläger Anwendung. § 12a SGB II betrifft unter Berücksichtigung von § 65 Abs. 4 SGB II alle Leistungsberechtigten, die nach dem 01.01.2008 das 58. Lebensjahr vollendet haben und damit nicht mehr in den Genuss der sogenannten 58-iger Regelung kommen (vgl. Hengelhaupt in Hauck/Noftz, Stand: 6/2014, § 12a SGB II, RdNr. 30; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.05.2013 - L 19 AS 291/13 B ER, RdNr. 20; Hessisches LSG, Beschluss vom 24.05.2011 - L 7 AS 88/11 B ER, RdNr. 20, beide juris). Der Kläger hat am 14.03.2008 (also nach dem 01.01.2008) das 58. Lebensjahr und am 14.03.2013 das 63. Lebensjahr vollendet. Die Eingliederung in den Arbeitsmarkt ist gescheitert (vgl. hierzu Luthe in Hauck/Noftz, XII/08, § 5 SGB II Rn 114). Abweichend von Satz 1 sind Leistungsberechtigte nur gemäß § 12a S. 2 Nr. 1 SGB II nicht verpflichtet, bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen. 28Nach Vollendung des 63. Lebensjahres muss eine Rente ausnahmsweise dann nicht vorzeitig in Anspruch genommen werden, wenn dies eine "Unbilligkeit" im Sinne der auf der Grundlage von § 13 Abs. 2 SGB II mit Wirkung ab dem 01.01.2008 erlassenen Unbilligkeitsverordnung vom 14.04.2008 (BGBl. I S. 734) darstellt. Nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 2 SGB II stellt die Verpflichtung zur Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres den Grundsatz und die Freistellung von dieser Pflicht die Ausnahme dar (vgl. BT-Drucks. 16/7460, S. 12 zu § 13). Eine solche Unbilligkeit liegt bei dem Kläger nicht im Sinne der §§ 2 - 5 Unbilligkeitsverordnung vor. Das gilt auch für § 3 Unbilligkeitsverordnung, der eine Inanspruchnahme einer Rente dann für unbillig erklärt, wenn der Hilfebedürftige in nächster Zukunft die Altersrente abschlagsfrei in Anspruch nehmen kann. Ausweislich der Verordnungsbegründung ist ein Zeitraum von längstens drei Monaten gemeint (vgl. Referentenentwurf zur Unbilligkeitsverordnung, Seite 8). Es handelt sich beim Kläger gerade nicht um den vom Gesetzgeber gemeinten kurzen Zeitraum, weil er die Regelaltersrente erst ab dem 01.08.2015 beziehen kann. 29Es liegt entgegen der Auffassung des Klägers auch kein Fall einer generellen Unbilligkeit vor, der allenfalls über § 1 der Unbilligkeitsverordnung zu erfassen wäre. Das Renteneinkommen des Klägers und seiner Ehefrau wird entsprechend dem Versicherungsverlauf des Rentenversicherungsträgers einen Betrag ergeben, bei dem die Bedarfsgemeinschaft im Zeitpunkt der Beurteilung der letzten Behördenentscheidung, dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung, keine ergänzenden Leistungen nach dem SGB XII wird beziehen müssen. Der Gesamtbedarf beträgt im SGB II (und damit entsprechend dem SGB XII) ausweislich des Bescheids vom 17.01.2013 1.043,99 EUR. Dem stehen ausweislich der Rentenauskünfte der DRV Rheinland Rentenansprüche von 955,81 EUR und 457,50 EUR, zusammen: 1.413,31 EUR, gegenüber. Abzüglich des Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrags von 10,25 % = 144,86 EUR wird ein Renteneinkommen von 1.268,45 EUR zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehen. Dieses Einkommen reicht auch unter Berücksichtigung der Aufwendungen für die Haftpflicht- und Hausratversicherung von jährlich insgesamt 167,27 EUR, um den Bedarf decken zu können. Ansprüche nach dem Wohngeldgesetz sind dabei noch nicht berücksichtigt. 30Eine weitere Prüfung anderer Gesichtspunkte auf der Grundlage der Unbilligkeitsverordnung ist nicht geboten. Neben den in der Unbilligkeitsverordnung geregelten Fällen, in denen die vorzeitige Inanspruchnahme für den Betroffenen unbillig ist, sind weitere Fallgruppen auf der Tatbestandsebene nicht zu prüfen. Der Senat ist der Auffassung, dass die in den §§ 2 bis 5 der Unbilligkeitsverordnung geregelten Fälle abschließend sind (offen gelassen: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. V. 22.05.2013 - L 19 AS 291/13 B ER). Eine weitergehende Prüfung auf Tatbestandsebene widerspräche dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des § 12a Satz 1 SGB II, wonach es für die Verpflichtung, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, ausreicht, dass dies zur Verminderung der Hilfebedürftigkeit führt. Es genügt also auch, wenn sogar eine Hilfebedürftigkeit weiterhin, aber in geringerem Umfang fortbesteht. Andernfalls wäre immer, wenn die Rente geringer ist als der Gesamtbedarf des Betroffenen eine Unbilligkeit gegeben, was das gesetzliche Regel-/Ausnahmeverhältnis ins Gegenteil verkehren würde. Zudem würde bei dem sog. "aufstockenden" Bezug von Leistungen nach dem SGB XII der geringe Fehlbetrag der Rente ohnehin durch entsprechend höhere SGB XII-Leistungen ausgeglichen, sodass sich dem Gericht nicht erschließt, weshalb sich hieraus eine Unbilligkeit ergeben sollte. 31Soweit der Kläger sich generell gegen eine vorzeitige Inanspruchnahme der Rente aufgrund der damit verbundenen Abschläge wendet, vermag dies keinesfalls eine Unbilligkeit zu begründen, sondern ist gerade die Folge, welche von dem Gesetzgeber ab Vollendung des 63. Lebensjahres typisierend als hinnehmbar erachtet wird (vgl. BT-Drs. 16/7460 S.12 zu Nr. 3). Nach der gesetzlichen Konzeption stellt die Verpflichtung zur Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente den Grundsatz und die fehlende Pflicht bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres die Ausnahme dar (vgl. BT-Drs. 16/7460 S.12 zu Nr. 3 und zu Nr. 4; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 22.05.2013 - L 19 AS 291/13 B ER). 32Neben diesen tatbestandlichen Voraussetzungen hat die Beklagte allerdings Ermessen bei der Frage des Ob´s einer Aufforderung zur Rentenantragstellung auszuüben. Gemäß § 5 Abs. 3 S. 1 SGB II können die Leistungsträger, wenn die Leistungsberechtigten trotz Aufforderung einen erforderlichen Antrag auf Leistungen eines anderen Trägers nicht stellen, den Antrag stellen sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen. Hieraus schließen die Rechtsprechung und Literatur, dass sowohl die Stellung des Antrags anstelle des Leistungsempfängers als auch die Aufforderung, einen derartigen Antrag zu stellen, im Ermessen des Leistungsträgers stehen (Beschlüsse des hiesigen Senats vom 13.05.2013 - L 7 AS 525/13 B ER, und L 7 AS 526/13 B, RdNr. 22 13 B ER und Sächsisches Landessozialgericht; Beschluss vom 28.08.2014 L 7 AS 836/14 B ER, Hessisches LSG Beschluss vom 24.05.2011 - L 7 AS 88/11 B ER = juris Rn 21; Bieback in Gagel SGB II/III, Juni 2011, § 5 SGB II Rn 84, 94 f.; Geiger in LPK-SGB II, 4. Aufl. 2011, § 12a Rn 7; Burkiczak in BeckOK-SGB II, Stand: 01.03.2013, § 5 Rn 5).So hat der erkennende Senat Ermessenserwägungen für erforderlich erachtet, wenn der Berechtigte anrechenbares (geringfügiges) Nebeneinkommen erzielt, das bei einem Wechsel in das Leistungssystem des SGB XII einen deutlich niedrigeren Selbstbehalt zur Folge gehabt hätte (Beschluss vom 19.05.2014 - L 7 AS 546/14 B, juris Rn 24.) 33Die gerichtliche Nachprüfung von Ermessensentscheidungen beschränkt sich gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG auf die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens und die Ermessensausübung in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise. Nach diesen Maßgaben hat die Beklagte das ihr zustehende Ermessen pflichtgemäß ausgeübt. Insbesondere liegt - entgegen der Ansicht des Klägers - kein Ermessensnichtgebrauch vor. Der Widerspruchsbescheid vom 29.10.2012 lässt eine im Hinblick auf die Sachlage hinreichende Ermessensbetätigung erkennen. Er geht insbesondere auf das gesetzliche Regel-/Ausnahmeverhältnis des § 12a SGB II ein und auf die Frage, ob im konkreten Fall ein Grund gegeben ist, hiervon abzuweichen. Ein ggfs. im Ausgangsbescheid vorliegender Mangel der Ermessensbetätigung kann auch noch bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens durch eine Nachholung der Ermessensausübung geheilt werden (vgl. Schütze in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 41 Rn 11; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 22.05.2013 - L 19 AS 291/13 B ER, unter Aufgabe der noch vom erkennenden Senat im Beschluss vom 12.06.2012 - L 7 AS 916/12 B ER, juris vertretenen Auffassung). Es sind überdies weder Gesichtspunkte erkennbar noch vorgetragen, die einer Aufforderung zur Rentenantragsstellung entgegen stünden und die im Rahmen der Ermessensausübung keine hinreichende Berücksichtigung gefunden hätten. Angesichts der fehlenden Hilfebedürftigkeit bei Inanspruchnahme der Altersrente und dem Nichtvorliegen weiterer besonderer Gründe gegen die Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente genügen die Abwägungen der Beklagten am Ende des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2012 ("kein Grund erkennbar, weshalb vom ausdrücklich aus den Gesetzesmaterialien hervorgehenden Willen abgewichen werden sollte"). Das vom Kläger vorgetragene Argument, dass die Rentenleistungen (auch seine eigene) aufgrund ihrer geringen Höhe, ihn auf absehbare Zeit auf staatliche Leistungen angewiesen mache, ist kein Argument, dass eine weitere Ermessenbetätigung der Beklagten erfordert hätte. Im Zeitpunkt der maßgeblichen Prognoseentscheidung der Beklagten, war gerade nicht ersichtlich, dass der Kläger auf weitere staatliche Leistungen im Falle des Rentenbezugs angewiesen ist. Wie dies in weiterer Zukunft aussehen wird, hat die Beklagte aufgrund der gesetzgeberischen Konzeption nicht zu berücksichtigen. Der gesamtgesellschaftliche Aspekt von geringen Renten in Abgrenzung zu ergänzenden staatlichen Leistungen sowie schicksalshafte Fragen von notwendigen teuren Pflegeaufwänden im Lebensabend können bei der gesetzlich vorgesehenen Prämisse, jedenfalls zunächst den Bezug von staatlichen Leistungen abzuwenden, nicht Teil der Ermessensentscheidung sein. 34Liegen demnach keine Unbilligkeit und auch keine sonstigen Ausnahmefälle, die im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen wären, vor, so ist der Leistungsberechtigte grundsätzlich zur Beantragung der vorzeitigen Rente verpflichtet und der Leistungsträger nach pflichtgemäßem Ermessen zur Aufforderung zur Antragstellung berechtigt. 35Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Unterliegen des Klägers Rechnung. 36Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Zum einen ist die Frage, ob die Unbilligkeitsverordnung auf der Tatbestandsebene abschließenden Charakter hat, bislang noch nicht hinreichend geklärt. Zum anderen dürfte es von grundsätzlicher Bedeutung sein, ob ggfls. weitere Besonderheiten der konkreten Situation bei der Aufforderung zur Antragstellung über eine Ermessensbetätigung des Leistungsträgers zu berücksichtigen sind.
die berufung des klägers gegen das urteil des sozialgerichts duisburg vom 30.04.2014 wird zurückgewiesen. außergerichtliche kosten sind nicht zu erstatten. die revision wird zugelassen. 1
2der kläger wendet sich gegen eine aufforderung zur stellung eines rentenantrags nach § 5 abs. 3 satz 1 zweites buch sozialgesetzbuch (sgb ii). 3der am 10.00.1950 geborene kläger lebt zusammen mit seiner am 00.00.1950 geborenen ehefrau in einer mietwohnung (nettokaltmiete 350 eur, kalte nebenkosten 128 eur, heizkosten 53 eur monatlich, zusammen: 531 eur). die warmwasseraufbereitung erfolgt über die heizungsanlage. der kläger und seine ehefrau haben eine hausrat- und eine haftpflichtversicherung abgeschlossen (jährlicher beitrag 102,34 eur und 64,93 eur). die beklagte gewährte dem kläger und seiner ehefrau zuletzt mit bescheid vom 16.08.2013 geändert durch bescheid vom 23.11.2013 leistungen nach dem sgb ii in höhe von insgesamt 1.059,33 eur. hierbei rechnete sie kein einkommen an. 4ausweislich eines versicherungsverlaufs der deutschen rentenversicherung (drv) rheinland vom 31.05.2011 wird der kläger ab dem 01.08.2015 eine abschlagsfreie regelaltersrente ihv 955,81 eur monatlich erhalten. seine ehefrau wird ab dem 01.07.2015 eine regelaltersrente ihv 457,50 eur erhalten. der kläger kann seit dem 01.01.2013 eine altersrente wegen arbeitslosigkeit erzielen, deren monatlicher zahlbetrag im verhältnis zur regelaltersrente je kalendermonat einer vorzeitigen inanspruchnahme um 0,3 % gekürzt würde. 5nach feststellung einer fehlgeschlagenen integration in den arbeitsmarkt wurde der kläger im rahmen einer persönlichen vorsprache aufgefordert, einen rentenantrag zu stellen. nachdem der kläger dies am 14.08.2012 und 10.09.2012 abgelehnt hatte, erließ die beklagte am 10.09.2012 den angefochtenen bescheid, mit dem sie den kläger aufforderte, bis zum 19.11.2012 einen antrag auf vorzeitige altersrente zu stellen; andernfalls erfolge die stellvertretende antragstellung durch die beklagte. die gesetzlichen voraussetzungen einer pflicht zur vorzeitigen rentenbeantragung seien gegeben. der verweis auf den bezug einer (geminderten) altersrente sei angemessen und geeignet, die hilfebedürftigkeit zu vermeiden. 6hiergegen legte der kläger widerspruch ein. er habe keinen vorteil von einer vorzeitigen rentenantragstellung. er verliere im gegenteil monatlich ca. 77 eur. die altersrente würde auf die rente seiner frau angerechnet und beide blieben im leistungsbezug. die beklagte wies den widerspruch mit widerspruchsbescheid vom 29.10.2012 zurück. es lägen keine ausnahmetatbestände nach der verordnung zur vermeidung unbilliger härten (unbilligkeitsverordnung) durch inanspruchnahme einer vorgezogenen altersrente vor. diese sei abschließend. 7am 06.11.2012 hat der kläger klage erhoben. er vertritt die ansicht, die inanspruchnahme der vorzeitigen altersrente sei unbillig. die unbilligkeitsverordnung sei nicht abschließend. die unbilligkeit ergebe sich insbesondere daraus, dass bei inanspruchnahme der vorzeitigen altersrente er und seine frau dauerhaft auf ergänzende leistungen nach dem sozialgesetzbuch zwölftes buch (sgb xii) angewiesen seien. darüber hinaus rüge er die fehlerhafte bzw. fehlende ausübung von ermessen. 8der kläger hat beantragt, 9den bescheid vom 10.09.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 29.10.2012 aufzuheben. 10die beklagte hat beantragt, 11die klage abzuweisen. 12zur begründung hat sie sich im wesentlichen auf ihre ausführungen in den angefochtenen bescheiden bezogen. ergänzend trägt sie vor, sie habe ihr ermessen fehlerfrei ausgeübt. ein ermessensfehler sei nur bei einem atypischen fall gegeben, der hier nicht vorliege. 13am 30.11.2012 hat der kläger einen antrag auf anordnung der aufschiebenden wirkung der klage gestellt. das sg duisburg hat mit beschluss vom 28.01.2013 die aufschiebende wirkung der klage angeordnet (s 25 as 4787/12 er). die beklagte habe das notwendige ermessen nicht hinreichend ausgeübt. auf die beschwerde der beklagten vom 15.02.2013 hat das landessozialgericht (lsg) nrw den beschluss aufgehoben und den antrag abgelehnt (l 19 as 291/13 b er). 14am 08.07.2013 hat die beklagte stellvertretend für den kläger einen rentenantrag bei der drv gestellt. der kläger selber hat keinen rentenantrag gestellt. 15mit bescheid vom 20.01.2014 hat die beklagte unter aufhebung der bescheide vom 16.08.2013 und 23.11.2013 die leistungen an die ehefrau des klägers auf 243,32 eur gekürzt und weitere leistungen an den kläger eingestellt. hierbei rechnete sie fiktiv ein bedarfsminderndes renteneinkommen in höhe von 816,01 eur an. gegen diesen bescheid haben der kläger und seine ehefrau widerspruch eingelegt. ebenfalls am 20.01.2014 hat die beklagte der ehefrau des klägers für den zeitraum vom 01.03 bis 31.08.2014 leistungen nach dem sgb ii unter anrechnung der fiktiven rente in höhe von 816,01 eur bewilligt. 16am 06.02.2014 haben der kläger und seine frau im wege einstweiligen rechtsschutzes die gewährung von leistungen ohne anrechnung fiktiven einkommens für den monat februar 2014 begehrt. mit beschluss vom 13.03.2014 hat das sg die beklagte verpflichtet, den mitgliedern der bedarfsgemeinschaft ab dem 06.02.2014 bis zum 28.02.2014 leistungen ohne fiktive anrechnung von renteneinkommen zu zahlen. 17mit urteil vom 30.04.2014 hat das sg duisburg die klage abgewiesen. der kläger sei durch den angefochtenen bescheid in der gestalt des widerspruchsbescheides nicht beschwert. die bescheide seien rechtmäßig, weil die notwendige ermessensausübung im widerspruchsbescheid erfolgt sei und kein fall von §§ 2 - 5 unbilligkeitsverordnung vorliege. die aufforderung zur rentenantragstellung entspreche der verpflichtung nach § 12a sgb ii und stelle die grundsätzliche systematik des nachrangs von leistungen zur sicherung des lebensunterhalts nach dem sgb ii gegenüber sozialleistungen anderer träger sicher. der kläger könne nicht damit argumentieren, dass nur durch ungekürzte altersrenten in höhe von 1.250 eur der bedarf der gemeinschaft von derzeit 1.220 eur gedeckt sei und diese geringe differenz die bedarfsgemeinschaft nicht davor bewahre, zukünftig ansprüche des grundsicherungsträgers beanspruchen zu müssen. 18gegen das am 08.05.2014 zugestellte urteil hat der kläger am 14.05.2014 berufung eingelegt und im wesentlichen vorgetragen, dass die ausnahmetatbestände der unbilligkeitsverordnung nicht hinreichend von der beklagten berücksichtigt und kein ordnungsgemäßes ermessen ausgeübt worden seien. die situation der bedarfsgemeinschaft habe in einer gesamtbetrachtung eingehend geprüft werden müssen. eine solche ermessensentscheidung habe nicht stattgefunden. insbesondere sei nicht genügend berücksichtigt worden, inwieweit demnächst nur so geringe mittel aus seinen rentenleistungen zur verfügung stünden, dass ergänzende leistungen nach dem sgb xii bezogen werden müssten. 19der kläger beantragt, 20das urteil des sozialgerichts duisburg vom 30.04.2014 zu ändern und den bescheid vom 10.09.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 29.10.2012 aufzuheben. 21die beklagte beantragt, 22die berufung zurückzuweisen. zur begründung verweist sie auf die ausführungen im beschluss des lsg nrw im verfahren l 19 as 291/13 b er und hält die notwendigen ermessenserwägungen spätestens im widerspruchsbescheid für erfolgt. die prüfung einer etwaigen späteren hilfebedürftigkeit nach dem sgb xii stelle keine frage des ermessens dar. diese prüfung sei stattdessen auf tatbestandsebene zu verorten. andernfalls müssten sämtliche fälle der unbilligkeitsverordnung im ergebnis als gesetzliche anordnung einer ermessensreduktion auf null angesehen werden. letztlich sei das renteneinkommen der bedarfsgemeinschaft voraussichtlich so hoch, dass weder der kläger noch seine ehefrau auf ergänzende leistungen nach dem sgb xii angewiesen sein werden. 23wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakten, die beigezogene akte aus dem verfahren s 25 as 3787/12 er (l 19 as 291/13 b er) und die beigezogenen verwaltungsakten der beklagten bezug genommen, die gegenstand der beratung des senates verhandlung gewesen sind. 24
25die gemäß §§ 143 und 144 sozialgerichtsgesetz (sgg) statthafte, nach § 151 sgg frist- sowie formgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige berufung des klägers ist unbegründet. das sozialgericht hat die klage im ergebnis zu recht abgewiesen. statthafte klageart ist die anfechtungsklage gemäß § 54 abs. 1 satz 1, 1. alt. sgg. 26rechtsgrundlage für die hier streitige aufforderung der beklagten an den kläger, eine vorzeitige altersrente in anspruch zu nehmen, ist § 5 abs. 3 satz 1 sgb ii. danach können die leistungsträger einen antrag auf leistungen eines anderen trägers stellen sowie rechtsbehelfe und rechtsmittel einlegen, wenn der leistungsberechtigte einen solchen antrag trotz aufforderung nicht selbst stellt. § 5 abs. 3 satz 1 sgb ii setzt dabei eine pflicht des leistungsberechtigten zur inanspruchnahme vorrangiger leistungen - hier der rente - voraus. die aufforderung zur antragstellung stellt einen verwaltungsakt dar (vgl. s.knickrehm/hahn in eicher, sgb ii, 3. aufl. 2013, § 5 rn 32f. m.w.n.). diese bereits zuvor in §§ 5, 7 und 9 sgb ii vorausgesetzte pflicht zur inanspruchnahme vorrangiger leistungen wird durch § 12a sgb ii konkretisiert (vgl. bt-drs 16/7460 s. 12 zu § 12a). gemäß § 12a s. 1 sgb ii sind leistungsberechtigte verpflichtet, sozialleistungen anderer träger in anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen anträge zu stellen, sofern dies zur vermeidung, beseitigung, verkürzung oder verminderung der hilfebedürftigkeit (vgl. bt-drucks. 16/7460, s.12) erforderlich ist. 27§ 12a sgb ii findet auf den kläger anwendung. § 12a sgb ii betrifft unter berücksichtigung von § 65 abs. 4 sgb ii alle leistungsberechtigten, die nach dem 01.01.2008 das 58. lebensjahr vollendet haben und damit nicht mehr in den genuss der sogenannten 58-iger regelung kommen (vgl. hengelhaupt in hauck/noftz, stand: 6/2014, § 12a sgb ii, rdnr. 30; lsg nordrhein-westfalen, beschluss vom 22.05.2013 - l 19 as 291/13 b er, rdnr. 20; hessisches lsg, beschluss vom 24.05.2011 - l 7 as 88/11 b er, rdnr. 20, beide juris). der kläger hat am 14.03.2008 (also nach dem 01.01.2008) das 58. lebensjahr und am 14.03.2013 das 63. lebensjahr vollendet. die eingliederung in den arbeitsmarkt ist gescheitert (vgl. hierzu luthe in hauck/noftz, xii/08, § 5 sgb ii rn 114). abweichend von satz 1 sind leistungsberechtigte nur gemäß § 12a s. 2 nr. 1 sgb ii nicht verpflichtet, bis zur vollendung des 63. lebensjahres eine rente wegen alters vorzeitig in anspruch zu nehmen. 28nach vollendung des 63. lebensjahres muss eine rente ausnahmsweise dann nicht vorzeitig in anspruch genommen werden, wenn dies eine "unbilligkeit" im sinne der auf der grundlage von § 13 abs. 2 sgb ii mit wirkung ab dem 01.01.2008 erlassenen unbilligkeitsverordnung vom 14.04.2008 (bgbl. i s. 734) darstellt. nach dem wortlaut des § 13 abs. 2 sgb ii stellt die verpflichtung zur inanspruchnahme einer vorzeitigen altersrente nach vollendung des 63. lebensjahres den grundsatz und die freistellung von dieser pflicht die ausnahme dar (vgl. bt-drucks. 16/7460, s. 12 zu § 13). eine solche unbilligkeit liegt bei dem kläger nicht im sinne der §§ 2 - 5 unbilligkeitsverordnung vor. das gilt auch für § 3 unbilligkeitsverordnung, der eine inanspruchnahme einer rente dann für unbillig erklärt, wenn der hilfebedürftige in nächster zukunft die altersrente abschlagsfrei in anspruch nehmen kann. ausweislich der verordnungsbegründung ist ein zeitraum von längstens drei monaten gemeint (vgl. referentenentwurf zur unbilligkeitsverordnung, seite 8). es handelt sich beim kläger gerade nicht um den vom gesetzgeber gemeinten kurzen zeitraum, weil er die regelaltersrente erst ab dem 01.08.2015 beziehen kann. 29es liegt entgegen der auffassung des klägers auch kein fall einer generellen unbilligkeit vor, der allenfalls über § 1 der unbilligkeitsverordnung zu erfassen wäre. das renteneinkommen des klägers und seiner ehefrau wird entsprechend dem versicherungsverlauf des rentenversicherungsträgers einen betrag ergeben, bei dem die bedarfsgemeinschaft im zeitpunkt der beurteilung der letzten behördenentscheidung, dem maßgeblichen zeitpunkt für die beurteilung, keine ergänzenden leistungen nach dem sgb xii wird beziehen müssen. der gesamtbedarf beträgt im sgb ii (und damit entsprechend dem sgb xii) ausweislich des bescheids vom 17.01.2013 1.043,99 eur. dem stehen ausweislich der rentenauskünfte der drv rheinland rentenansprüche von 955,81 eur und 457,50 eur, zusammen: 1.413,31 eur, gegenüber. abzüglich des kranken- und pflegeversicherungsbeitrags von 10,25 % = 144,86 eur wird ein renteneinkommen von 1.268,45 eur zur bedarfsdeckung zur verfügung stehen. dieses einkommen reicht auch unter berücksichtigung der aufwendungen für die haftpflicht- und hausratversicherung von jährlich insgesamt 167,27 eur, um den bedarf decken zu können. ansprüche nach dem wohngeldgesetz sind dabei noch nicht berücksichtigt. 30eine weitere prüfung anderer gesichtspunkte auf der grundlage der unbilligkeitsverordnung ist nicht geboten. neben den in der unbilligkeitsverordnung geregelten fällen, in denen die vorzeitige inanspruchnahme für den betroffenen unbillig ist, sind weitere fallgruppen auf der tatbestandsebene nicht zu prüfen. der senat ist der auffassung, dass die in den §§ 2 bis 5 der unbilligkeitsverordnung geregelten fälle abschließend sind (offen gelassen: lsg nordrhein-westfalen, beschl. v. 22.05.2013 - l 19 as 291/13 b er). eine weitergehende prüfung auf tatbestandsebene widerspräche dem wortlaut und dem sinn und zweck des § 12a satz 1 sgb ii, wonach es für die verpflichtung, sozialleistungen anderer träger in anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen anträge zu stellen, ausreicht, dass dies zur verminderung der hilfebedürftigkeit führt. es genügt also auch, wenn sogar eine hilfebedürftigkeit weiterhin, aber in geringerem umfang fortbesteht. andernfalls wäre immer, wenn die rente geringer ist als der gesamtbedarf des betroffenen eine unbilligkeit gegeben, was das gesetzliche regel-/ausnahmeverhältnis ins gegenteil verkehren würde. zudem würde bei dem sog. "aufstockenden" bezug von leistungen nach dem sgb xii der geringe fehlbetrag der rente ohnehin durch entsprechend höhere sgb xii-leistungen ausgeglichen, sodass sich dem gericht nicht erschließt, weshalb sich hieraus eine unbilligkeit ergeben sollte. 31soweit der kläger sich generell gegen eine vorzeitige inanspruchnahme der rente aufgrund der damit verbundenen abschläge wendet, vermag dies keinesfalls eine unbilligkeit zu begründen, sondern ist gerade die folge, welche von dem gesetzgeber ab vollendung des 63. lebensjahres typisierend als hinnehmbar erachtet wird (vgl. bt-drs. 16/7460 s.12 zu nr. 3). nach der gesetzlichen konzeption stellt die verpflichtung zur inanspruchnahme einer vorzeitigen altersrente den grundsatz und die fehlende pflicht bis zur vollendung des 63. lebensjahres die ausnahme dar (vgl. bt-drs. 16/7460 s.12 zu nr. 3 und zu nr. 4; lsg nordrhein-westfalen, beschl. v. 22.05.2013 - l 19 as 291/13 b er). 32neben diesen tatbestandlichen voraussetzungen hat die beklagte allerdings ermessen bei der frage des ob´s einer aufforderung zur rentenantragstellung auszuüben. gemäß § 5 abs. 3 s. 1 sgb ii können die leistungsträger, wenn die leistungsberechtigten trotz aufforderung einen erforderlichen antrag auf leistungen eines anderen trägers nicht stellen, den antrag stellen sowie rechtsbehelfe und rechtsmittel einlegen. hieraus schließen die rechtsprechung und literatur, dass sowohl die stellung des antrags anstelle des leistungsempfängers als auch die aufforderung, einen derartigen antrag zu stellen, im ermessen des leistungsträgers stehen (beschlüsse des hiesigen senats vom 13.05.2013 - l 7 as 525/13 b er, und l 7 as 526/13 b, rdnr. 22 13 b er und sächsisches landessozialgericht; beschluss vom 28.08.2014 l 7 as 836/14 b er, hessisches lsg beschluss vom 24.05.2011 - l 7 as 88/11 b er = juris rn 21; bieback in gagel sgb ii/iii, juni 2011, § 5 sgb ii rn 84, 94 f.; geiger in lpk-sgb ii, 4. aufl. 2011, § 12a rn 7; burkiczak in beckok-sgb ii, stand: 01.03.2013, § 5 rn 5).so hat der erkennende senat ermessenserwägungen für erforderlich erachtet, wenn der berechtigte anrechenbares (geringfügiges) nebeneinkommen erzielt, das bei einem wechsel in das leistungssystem des sgb xii einen deutlich niedrigeren selbstbehalt zur folge gehabt hätte (beschluss vom 19.05.2014 - l 7 as 546/14 b, juris rn 24.) 33die gerichtliche nachprüfung von ermessensentscheidungen beschränkt sich gemäß § 54 abs. 2 satz 2 sgg auf die einhaltung der gesetzlichen grenzen des ermessens und die ermessensausübung in einer dem zweck der ermächtigung entsprechenden weise. nach diesen maßgaben hat die beklagte das ihr zustehende ermessen pflichtgemäß ausgeübt. insbesondere liegt - entgegen der ansicht des klägers - kein ermessensnichtgebrauch vor. der widerspruchsbescheid vom 29.10.2012 lässt eine im hinblick auf die sachlage hinreichende ermessensbetätigung erkennen. er geht insbesondere auf das gesetzliche regel-/ausnahmeverhältnis des § 12a sgb ii ein und auf die frage, ob im konkreten fall ein grund gegeben ist, hiervon abzuweichen. ein ggfs. im ausgangsbescheid vorliegender mangel der ermessensbetätigung kann auch noch bis zum abschluss des verwaltungsverfahrens durch eine nachholung der ermessensausübung geheilt werden (vgl. schütze in: von wulffen/schütze, sgb x, 8. aufl. 2014, § 41 rn 11; lsg nordrhein-westfalen, beschl. v. 22.05.2013 - l 19 as 291/13 b er, unter aufgabe der noch vom erkennenden senat im beschluss vom 12.06.2012 - l 7 as 916/12 b er, juris vertretenen auffassung). es sind überdies weder gesichtspunkte erkennbar noch vorgetragen, die einer aufforderung zur rentenantragsstellung entgegen stünden und die im rahmen der ermessensausübung keine hinreichende berücksichtigung gefunden hätten. angesichts der fehlenden hilfebedürftigkeit bei inanspruchnahme der altersrente und dem nichtvorliegen weiterer besonderer gründe gegen die inanspruchnahme der vorzeitigen altersrente genügen die abwägungen der beklagten am ende des widerspruchsbescheides vom 29.10.2012 ("kein grund erkennbar, weshalb vom ausdrücklich aus den gesetzesmaterialien hervorgehenden willen abgewichen werden sollte"). das vom kläger vorgetragene argument, dass die rentenleistungen (auch seine eigene) aufgrund ihrer geringen höhe, ihn auf absehbare zeit auf staatliche leistungen angewiesen mache, ist kein argument, dass eine weitere ermessenbetätigung der beklagten erfordert hätte. im zeitpunkt der maßgeblichen prognoseentscheidung der beklagten, war gerade nicht ersichtlich, dass der kläger auf weitere staatliche leistungen im falle des rentenbezugs angewiesen ist. wie dies in weiterer zukunft aussehen wird, hat die beklagte aufgrund der gesetzgeberischen konzeption nicht zu berücksichtigen. der gesamtgesellschaftliche aspekt von geringen renten in abgrenzung zu ergänzenden staatlichen leistungen sowie schicksalshafte fragen von notwendigen teuren pflegeaufwänden im lebensabend können bei der gesetzlich vorgesehenen prämisse, jedenfalls zunächst den bezug von staatlichen leistungen abzuwenden, nicht teil der ermessensentscheidung sein. 34liegen demnach keine unbilligkeit und auch keine sonstigen ausnahmefälle, die im rahmen des ermessens zu berücksichtigen wären, vor, so ist der leistungsberechtigte grundsätzlich zur beantragung der vorzeitigen rente verpflichtet und der leistungsträger nach pflichtgemäßem ermessen zur aufforderung zur antragstellung berechtigt. 35die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg und trägt dem unterliegen des klägers rechnung. 36die revision war wegen grundsätzlicher bedeutung nach § 160 abs. 2 nr. 1 sgg zuzulassen. zum einen ist die frage, ob die unbilligkeitsverordnung auf der tatbestandsebene abschließenden charakter hat, bislang noch nicht hinreichend geklärt. zum anderen dürfte es von grundsätzlicher bedeutung sein, ob ggfls. weitere besonderheiten der konkreten situation bei der aufforderung zur antragstellung über eine ermessensbetätigung des leistungsträgers zu berücksichtigen sind.
Verklagte*r
0
186,563
2 K 5152/12
2013-12-10T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des beizutreibenden Betrages ab-wenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger trat nach Bestehen der Zweiten juristischen Staatsprüfung im Februar 1991 bei der Bezirksregierung E. (Bezirksregierung) als Regierungsrat zur Anstellung in den höheren allgemeinen Verwaltungsdienst des beklagten Landes. Während einer rund vierjährigen Abordnung zur Staatskanzlei wurde er im Februar 1996 zum Oberregierungsrat und im Juli 1998 zum Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe A 15 BBesO) befördert. Im September 1999 nahm er wieder seine Tätigkeit bei der Bezirksregierung auf, wo er als Dezernatsleiter verwendet wurde.3Im Jahr 2009 bewarb er sich bei dem Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westfalen (LZPD NRW) erfolgreich um die Stelle des Leiters des Dezernates A. 5. Er wurde im Juli 2009 an das LZPD NRW abgeordnet und mit Wirkung vom 1. Januar 2010 dorthin versetzt. Die aus diesem Anlass erstellte dienstliche Beurteilung der Bezirksregierung vom 7. Januar 2010 schloss, ebenso wie die beiden vorangegangenen Regelbeurteilungen, mit dem Gesamturteil „Die Leistung und Befähigung […] übertreffen die Anforderungen (4 Punkte) ab. Unter dem 26. November 2010 wurde der Kläger durch das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen (MIK NRW) nach Nr. 3.4 der Beurteilungsrichtlinien im Bereich der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen in der seinerzeit gültigen Fassung (nachfolgend: BRL Pol a.F.) für den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis zum 30. Juni 2010 ebenfalls mit dem Gesamturteil von 4 Punkten dienstlich beurteilt.4Zum Stichtag 1. September 2011 wurde der Kläger durch das MIK NRW nach den Beurteilungsrichtlinien im Bereich der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen (Runderlass des Innenministeriums vom 9. Juli 2010, Gz.: 45.2-26.00.05, SMBl. NRW. 203034; nachfolgend: BRL Pol) dienstlich regelbeurteilt. In Vorbereitung der Beurteilungsrunde fand am 22. Juni 2011 im MIK NRW unter der Leitung der seinerzeitigen Leiterin des Referats 403 und in Anwesenheit der zu Erstbeurteilern bestimmten Leiter der 47 Kreispolizeibehörden, der drei Landesoberbehörden (u.a. LZPD NRW), der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung (FHöV NRW) und der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) eine Maßstabsbesprechung statt. In dem hierüber gefertigten Protokoll ist u.a. festgehalten: Die Vergleichsgruppe A 15 umfasse ca. 170 Beamte. Ausgehend von Nr. 6 BRL Pol sei im Sinne einer widerlegbaren Vermutung in der Regel anzunehmen, dass schon länger in der Vergleichsgruppe befindliche Beamte bei entsprechendem Leistungsbild eher im oberen Notenbereich zu erwarten seien als neu in die Vergleichsgruppe gekommene Beamte. Eine solide, beanstandungsfreie Aufgabenerfüllung allein rechtfertige noch keine Hervorhebung auf einen Notenwert von mehr als 3 Punkten. Es sei immer eine sorgfältige Bewertung des Einzelfalls erforderlich, die auf Umfang, Bedeutung und Qualität der Tätigkeit abstelle. Hiernach könne eine Hervorhebung beispielsweise in Frage kommen bei der erfolgreichen Wahrnehmung von Führungsaufgaben in bestimmten Bereichen. Da beabsichtigt sei, die Richtsätze für Prädikatsbeurteilungen von 20 % bzw. 10 % zu berücksichtigen, werde gebeten, Vorschläge für Beurteilungen mit einer Gesamtnote von 4 oder 5 Punkten mit einer kurzen separaten Begründung außerhalb des Beurteilungsvordrucks zu versehen.5Direktor des LZPD NRW N. führte am 9. September 2011 das Beurteilungsgespräch mit dem Kläger und erstellte unter dem 10. Oktober 2011 die Erstbeurteilung, die mit dem Gesamturteil von 4 Punkten abschloss. Er bewerte hierbei die Merkmale (1.) Arbeitsorganisation, (2.) Arbeitseinsatz, (3.) Arbeitsweise, (4.) Leistungsgüte, (5.) Leistungsumfang und (8.) Mitarbeiterführung gleichfalls jeweils mit 4 Punkten sowie die Merkmale (6.) Veränderungskompetenz und (7.) Soziale Kompetenz jeweils mit 3 Punkten. Er fügte der Erstbeurteilung ein Schreiben bei, in dem er seinen Beurteilungsvorschlag begründete.6Am 16. November 2011 fand die abschließende Beurteilerbesprechung statt, an der Ministerialrat (MR) E1. , der am 17. Oktober 2011 die Leitung des Referats 403 des MIK NRW und somit die Aufgabe des Endbeurteilers übernommen hatte, und weitere 55 Personen, insbesondere die Erstbeurteiler, teilnahmen. In dem hierüber erstellten Besprechungsprotokoll ist u.a. ausgeführt: MR E1. habe hinsichtlich des anzuwendenden Beurteilungsmaßstabes auf das Protokoll der Maßstabsbesprechung Bezug genommen und die Teilnehmer gebeten, ihn möglichst umfangreich zu beraten. Er habe darauf hingewiesen, dass er sämtliche von den Erstbeurteilern übersandten Begründungen für Prädikatsvorschläge gesichtet habe. In der 172 Personen umfassenden Vergleichsgruppe des Klägers seien 28 Vorschläge mit dem Gesamtergebnis 5 Punkte und 65 Vorschläge mit dem Gesamtergebnis 4 Punkte vorgelegt worden. Alle Beamten der Vergleichsgruppe verfügten aufgrund ihres bisherigen dienstlichen Werdeganges über erhebliche Diensterfahrung in verschiedenen Ämtern, so dass die Anwendung eines strengen Beurteilungsmaßstabes angezeigt sei. MR E1. habe jeden einzelnen Vorschlag der Erstbeurteiler vorgestellt und um Anmerkungen bzw. Diskussion gebeten. Sämtliche Teilnehmer hätten die Möglichkeit erhalten, sich zu den eigenen bzw. anderen Beurteilungsvorschlägen zu äußern.7Der Endbeurteiler erstellte unter dem 9. Dezember 2011 die Beurteilung des Klägers. Er vergab das Gesamturteil „Die Leistung und Befähigung […] entspricht voll den Anforderungen“ (3 Punkte). Hierbei bewertete er abweichend von der Erstbeurteilung die Merkmale 4 und 5 gleichfalls nur mit 3 Punkten. Im Übrigen folgte er der Bewertung der Merkmale durch den Erstbeurteiler. Die Abweichungen begründete er wie folgt:8Dem Beurteilungsergebnis liegt ein strenger Beurteilungsmaßstab zugrunde, der dazu dient, eine abgestufte, vergleichbare Bewertung innerhalb der aus sämtlichen landesweit im Bereich der Polizei NRW eingesetzten Beamtinnen und Beamten der Besoldungsgruppe A 15 BBesO zusammengesetzten Vergleichsgruppe unter Orientierung an den vorgegebenen Richtsätzen zu gewährleisten.9Die Abweichung vom Vorschlag des Erstbeurteilers bei den Merkmalen Leistungsgüte und Leistungsumfang sowie im Gesamturteil ist Folge des insbesondere in der Beurteilerkonferenz vorgenommenen einzelfallübergreifenden Quervergleichs innerhalb der von einer hohen Leistungsdichte geprägten Vergleichsgruppe.10[…] Trotz einzelner Merkmale, die auf die nächsthöhere Beurteilungsnote hinweisen, führten die Gewichtung der Merkmale untereinander und die erzielten Leistungsergebnisse in der Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung des strengen Beurteilungsmaßstabes dazu, dass auf das Gesamturteil von 3 Punkten zu erkennen ist.11Der Notenspiegel weist für die 172 zu beurteilenden Bediensteten der Vergleichsgruppe A 15 BBesO im Gesamturteil 8 x 5 Punkte, 46 x 4 Punkte und 118 x 3 Punkte aus.12Der Kläger machte mit Schreiben an das MIK NRW vom 7. Februar 2012 geltend, er müsse bei der Besetzung der Stelle des Leiters der Direktion Zentrale Aufgaben beim Polizeipräsidium E2. (Besoldungsgruppe A 16 BBesO) berücksichtigt werden. Zugleich wandte es sich gegen seine Beurteilung vom 9. Dezember 2011. Im März 2012 beantragte er bei dem erkennenden Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Stellenbesetzung. Zur Begründung machte er vorrangig Einwendungen gegen seine Beurteilung geltend. Die Kammer gab dem Antrag durch Beschluss vom 11. Mai 2012 - 2 L 445/12 - mit der Begründung statt, die - besser ausgefallene - dienstliche Beurteilung des für die Stelle vorgesehenen Mitbewerbers bilde keine tragfähige Auswahlgrundlage, weil sie unter Zugrundelegung eines abweichenden - günstigeren - Beurteilungsmaßstabes erstellt worden sei.13Der Kläger hat schließlich am 18. Juli 2012 die vorliegende Klage gegen die dienstliche Beurteilung vom 9. Dezember 2011 erhoben. Zur Begründung trägt er - bei Einbeziehung seines Vorbringens im Eilverfahren - im Wesentlichen vor:14Die Zusammenfassung der Polizeivollzugsbeamten und der Verwaltungsbeamten der Polizeibehörden zu einer Vergleichsgruppe sei rechtsfehlerhaft. Denn die Verwaltungsbeamten im Bereich der Polizei konkurrierten um Beförderungsstellen angesichts des Stellenprofils tatsächlich größtenteils nicht mit den Polizeivollzugsbeamten, sondern mit den Verwaltungsbeamten, die auf der Basis anderer Richtlinien beurteilt würden.15Der Beklagte habe dadurch, dass er den Erstbeurteilern vorgegeben habe, Vorschläge im Prädikatsbereich besonders zu begründen, gegen die Beurteilungsrichtlinien verstoßen. Es sei der Rechtsprechung des VG Gelsenkirchen zu folgen, wonach eine solche besondere Begründungspflicht nicht in das System der BRL Pol passe. Denn bei einer derartigen Begründungspflicht werde die wesentliche Aufgabe der abschließenden Beurteilerbesprechung durch den Erstbeurteiler vorweggenommen und damit von der Ebene der Endbeurteilung auf die Ebene des Beurteilungsvorschlags verlagert, dem somit ein größeres Gewicht zukomme als in den BRL Pol vorgesehen. Bei der in der Maßstabsbesprechung formulierten Verpflichtung zur Begründung von Prädikatsvorschlägen handele es sich auch nicht lediglich um eine unverbindliche Bitte, sondern ungeachtet der Wortwahl um eine verbindliche Anweisung an die Erstbeurteiler.16Zudem habe der Endbeurteiler keine hinreichende Kenntnis von seinen - des Klägers -Leistungen gehabt, da er erst wenige Tage vor Erstellung der Beurteilung die mit der Aufgabe des Endbeurteilers verbundene Funktion des Leiters des Referats 403 übernommen habe.17Darüber hinaus fehle es an einer hinreichenden Begründung nach Nr. 9.2 Abs. 3 Satz 1 BRL Pol für die Absenkung des Beurteilungsvorschlags und insbesondere dafür, warum sich seine Leistungen gegenüber den Vorbeurteilungen verschlechtert haben sollten. Angesichts seiner langjährigen Tätigkeiten als Dezernatsleiter in unterschiedlichen Aufgabenbereichen trage die Abweichungsbegründung auch nicht der Bestimmung der Nr. 6 BRL Pol hinreichend Rechnung, wonach in der Regel anzunehmen sei, dass sich Diensterfahrung positiv auf das Leistungsbild auswirke. Der Beklagte habe diesen Aspekt in der Maßstabsbesprechung noch selber hervorgehoben. Er, der Kläger, zähle zu den Beamten mit der höchsten Diensterfahrung. Seine hohe Kompetenz im Rahmen seiner Funktion als Dezernatsleiter, insbesondere im Merkmal Mitarbeiterführung, werde durch das Ergebnis der Mitarbeiterbefragung im LZPD NRW Ende 2011 untermauert. Hierbei habe er in 80 v.H. der abgefragten Merkmale eine bessere Bewertung erhalten als die übrigen Führungskräfte der Abteilung. Es fehle zudem an einer Begründung dafür, warum er gerade bei den Merkmalen Leistungsgüte und Leistungsumfang auf 3 Punkte herabgesetzt worden sei. Eine solche wäre aber umso mehr zu erwarten gewesen, als diese Merkmale auch in der Vorbeurteilung noch mit 4 Punkten bewertet worden seien. Soweit der Beklagte anführe, die gebotene Beachtung der Richtwerte habe es erforderlich gemacht, bei rund 60 v.H. der Erstbeurteilungen Veränderungen vorzunehmen und hiervon seien zwei Drittel der Beamten betroffen gewesen, die dienstälter seien als er, der Kläger, sei dies unzutreffend. Es seien allenfalls 42 Beurteilungen im quotierten Bereich, also lediglich 24 %, geändert worden.18Der Hinweis des Beklagten darauf, er habe sich im Quervergleich einer veränderten landesweiten Vergleichsgruppe und einer dadurch gestiegenen Leistungsdichte innerhalb dieser Gruppe stellen müssen, sei nicht überzeugend. Eine Erhöhung der Leistungsdichte sei entgegen der Behauptung des Beklagten insbesondere nicht durch das erstmalige Hinzutreten von Dozenten der FHöV NRW und der DHPol eingetreten. Unzutreffend sei bereits, dass sich die neu hinzu gekommenen Dozenten länger als er im derzeitigen Statusamt befänden. Darüber hinaus sei die Zahl dieser Dozenten sehr gering. Auch der Hinweis darauf, deren langjährige Tätigkeit im wissenschaftlichen Bereich habe eine maßgebliche Wirkung auf die Leistungsdichte, sei nicht überzeugend. Es sei vielmehr zu berücksichtigen, dass diese Dozenten keine Führungsaufgaben wahrgenommen hätten. Gute Führungsleistungen seien aber in der Maßstabsbesprechung als ein wesentliches Kriterium für eine Prädikatsbeurteilung angeführt worden. Zudem habe keiner der fünf neu hinzugekommenen Dozenten der Besoldungsgruppe A 15 eine Prädikatsbeurteilung erhalten. Von einer wesentlichen Qualitätssteigerung durch die Dozenten könne demnach keine Rede sein. 19Die Absenkung seiner Beurteilung lasse sich auch nicht damit erklären, dass sich seit der letzten Beurteilung die Beurteilungsrichtlinien geändert hätten. Insbesondere sei es nicht zutreffend, dass die Leitungskriterien nunmehr „deutlich differenzierter“ geworden seien. Das Gegenteil sei der Fall, weil bislang insgesamt 20 Merkmale (4 Hauptmerkmale und 16 Submerkmale) zu bewerten gewesen seien, nunmehr aber nur noch acht Merkmale. Demgemäß sprächen auch die amtlichen Hinweise zur Erläuterung der Änderungen von einer „Vereinfachung“ des Beurteilungsverfahrens. 20Die streitbefangene dienstliche Beurteilung sei schließlich deshalb rechtsfehlerhaft, weil der Endbeurteiler entgegen Nr. 8.1 BRL Pol bei der Bildung der Gesamtnote keine Bewertung der Leistungs- und Befähigungsmerkmale unter Würdigung ihrer Gewichtung und seiner - des Klägers - gesamten Persönlichkeit vorgenommen habe.21Der Kläger beantragt,22den Beklagten zu verurteilen, seine dienstliche Beurteilung durch das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 9. Dezember 2011 aufzuheben und ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut dienstlich zu beurteilen.23Der Beklagte beantragt,24die Klage abzuweisen.25Er tritt der Klage - bei Einbeziehung seines Vorbringens im Eilverfahren - wie folgt entgegen:26Die Bildung der Vergleichsgruppe aus Polizeivollzugsbeamten und Verwaltungsbeamten der Polizeibehörden stehe im Einklang mit den BRL Pol und dem Leistungsgrundsatz. Der Endbeurteiler sei in rechtlich zulässiger Weise von der Statusamtsbezogenheit als Vergleichsmaßstab ausgegangen. Diese Zusammensetzung sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass eine ausschließlich aus Verwaltungsbeamten bestehende Vergleichsgruppe lediglich aus 22 Personen bestanden und somit der erforderliche Mindestgröße nicht erreicht hätte. Die Behauptung des Klägers, Verwaltungsbeamte und Polizeivollzugsbeamte stünden in Bezug auf Beförderungsämter nicht in einem tatsächlichen Konkurrenzverhältnis, sei unzutreffend. Es würden im Bereich des MIK NRW mit A 16 bewertete Funktionen durchaus auch so ausgeschrieben, dass sich beide Gruppen bewerben könnten.27Der Endbeurteiler habe dadurch, dass er die Erstbeurteiler gebeten habe, Vorschläge im Prädikatsbereich zu begründen, keinen „Maßstab“ im Sinne einer vorbildhaften Norm gesetzt. Die Begründungsbitte habe lediglich der Vorbereitung der Beurteilerbesprechung gedient. Sie sei vor dem Hintergrund der Richtsätze und des im Protokoll der Maßstabsbesprechung festgehaltenen Beurteilungsmaßstabes zu sehen, dass eine beanstandungsfreie Aufgabenerfüllung noch keine Prädikatsbeurteilung rechtfertige. Es habe sich hierbei also nicht etwa um ein zusätzliches Element zur Bewertung der jeweiligen individuellen Leistungen gehandelt. Demnach seien auch die von dem VG Gelsenkirchen geäußerten Befürchtungen, durch die Begründungspflicht werde eine wesentliche Aufgabe der Beurteilerbesprechung vorweggenommen und die Begründungspflicht sei geeignet, einen Abschreckungseffekt im Hinblick auf Prädikatsbeurteilungen zu erzielen, auf das hier in Rede stehende Verfahren nicht zu übertragen. Dass ein Abschreckungseffekt nicht bestanden habe, werde bereits an dem Umstand deutlich, dass mehr als die Hälfte der Erstbeurteilungen ein Gesamturteil von 4 oder 5 Punkten ausgewiesen habe. In der Beurteilerbesprechung habe zudem eine Erörterung mit dem Ziel, leistungsgerecht abgestufte und untereinander vergleichbare Beurteilungen zu erreichen, tatsächlich stattgefunden.28Die generelle Delegation der Schlusszeichnung der dienstlichen Beurteilungen auf den Leiter des Referats 403 sei aus den in den Urteilen des VG Minden vom 27. Juni 2013 - 4 K 991/12 - und des VG Gelsenkirchen vom 10. April 2013 - 1 K 5349/12 - dargelegten Gründen rechtmäßig gewesen. MR E1. sei als Endbeurteiler gehalten und in der Lage gewesen, sich die notwendige Fachkompetenz im Rahmen der Endbeurteilerbesprechung vermitteln zu lassen. Die Verweildauer des Endbeurteilers in seinem Amt sei für die Beurteilung unerheblich. Der Beurteiler müsse den zu Beurteilenden nicht aus eigener Anschauung kennen, da die Beurteilung nicht notwendiger Weise auf persönlichen Eindrücken beruhen müsse.29Die von dem Beurteilungsvorschlag abweichende Bewertung einzelner Merkmale und der Gesamtleistung durch den Endbeurteiler sei rechtsfehlerfrei erfolgt. Hierbei sei die Anlegung eines behördenweit einheitlichen Maßstabs gewahrt worden. Liege der Grund für die Abweichung vorrangig in einzelfallübergreifenden Erwägungen, so müsse die Abweichungsbegründung, wie in der Beurteilung des Klägers geschehen, diesen Aspekt in den Mittelpunkt stellen. Ergänzend sei Folgendes auszuführen:Die dem Beurteilungsvorschlag beigefügte Begründung des Erstbeurteilers beschränke sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe der von dem Kläger ausgeübten Tätigkeiten, die zwar verantwortungsvolle Aufgaben beträfen, aber den Anforderungen eines Amtes der Besoldungsgruppe A 15 entsprächen. Aussagen über die tatsächlichen dienstlichen Leistungen des Klägers in diesen Tätigkeitsbereichen seien nicht getroffen worden. Das gelte auch für die vom Kläger hervorgehobenen Aufgaben der Vertretung eines Teildezernatsleiters oder der Befassung mit der Umstrukturierung bzw. Neuorganisation von Behörden und Organisationseinheiten.Soweit der Kläger aus seiner langen Zugehörigkeit zur Vergleichsgruppe einen Anspruch auf eine Prädikatsbeurteilung herleite, sei grundsätzlich anzumerken, dass es in der Vergleichsgruppe des Klägers sechs Beurteilte mit einem höheren Beförderungsdienstalter gegeben habe. Beurteilungen von vier dieser Beamten seien gleichfalls abgeändert worden. Bei den lediglich geringfügig dienstjüngeren Beamten treffe dies auf zwei Drittel der Erstbeurteilervorschläge zu. Das zeige deutlich die hohe Leistungsdichte, die auch in Betrachtung der in Nr. 6 BRL Pol dargelegten Regelvermutung zu den v.g. Veränderungen geführt habe. Insgesamt hätten knapp 60 v.H. der Erstbeurteilungen im Gesamturteil oder bei der Bewertung der Merkmale Veränderungen erfahren.Im Hinblick darauf, dass dienstliche Beurteilungen unabhängig von vorausgegangenen Beurteilungen zu erstellen seien und es in das Ermessen des Beurteilers gestellt sei, ob und in welcher Weise er sich mit früheren Beurteilungen auseinandersetze, stehe der Rechtmäßigkeit der streitigen Beurteilung auch nicht entgegen, dass der Kläger in seinen vorherigen dienstliche Beurteilungen ein Gesamturteil von 4 Punkten erhalten habe.Die hohe Leistungsdichte in der Vergleichsgruppe des Klägers resultiere auch aus der Einbeziehung der Dozenten der FHöV NRW und der DHPol. Dieser Personenkreis sei nunmehr erstmalig in die Vergleichsgruppe aufgenommen worden. Ihn prägten eine oftmals langjährige Tätigkeit im wissenschaftlichen Bereich und eine längere Zugehörigkeit zum statusrechtlichen Amt. Soweit der Kläger einwende, die Dozenten hätten keine Führungsaufgaben wahrgenommen, sei anzumerken, dass dauerhaft gute Führungsleistungen in der Maßstabsbesprechung lediglich beispielhaft als Grund für eine Hervorhebung angeführt worden seien. Von den zur leistungsstarken Gruppe der Beamten des Landesamtes für Fortbildung und Personal Nordrhein-Westfalen (LAFP NRW) gehörenden fünf Dozenten im Amt A 15 seien zwei mit einer Prädikatsbeurteilung vorgeschlagen worden. Der Endbeurteiler habe die Leistungen dieser Dozenten zwar anders eingeschätzt und keine Prädikatsbeurteilung vergeben. Das ändere aber nichts daran, dass dieser Personenkreis insgesamt zu einer Anhebung des Leistungsniveaus in der Vergleichsgruppe beigetragen habe. Im Übrigen könne eine Veränderung der Leistungsdichte innerhalb einer Vergleichsgruppe nicht nur durch neu hinzutretende Beamte erfolgen. Veränderungen insoweit könnten auch z.B. auf Verschiebungen der Personalstruktur beruhen, etwa infolge außergewöhnlich geringer oder hoher Altersabgänge, eines Beförderungsstaus oder -schubs.Zudem habe sich das während des Beurteilungszeitraums zu betrachtende Leistungsbild durch die Novellierung der BRL Pol verändert, weil die Kriterien, die die dienstliche Leistung definierten, einer wesentlichen Veränderung unterzogen worden seien. Dadurch, dass die bisherigen vier Hauptmerkmale durch acht Merkmale ersetzt worden seien, habe sich der Gewichtungsmaßstab, unter dem die dienstlichen Tätigkeiten zu bewerten seien, verschoben. So hätten die bisherigen Hauptmerkmale für die Bildung der Gesamtnote an Gewicht eingebüßt. Bestimmte Merkmale und Kriterien seien neu einbezogen bzw. in ihrem Gewicht verändert worden. Die Anzahl der das Leistungsbild bestimmenden Merkmale habe sich von vier auf acht verdoppelt.30Die Gesamtnote sei richtlinienkonform aus der Bewertung der Leistungs- und Befähigungsmerkmale gebildet worden. Entgegen der Ansicht des Klägers zwinge die Bestimmung der Nr. 8.1 BRL Pol keineswegs zu einer unterschiedlichen Gewichtung der einzelnen Merkmale, ermögliche diese vielmehr lediglich. Bestehe kein Bedürfnis für einen mit einer unterschiedlichen Gewichtung der Merkmale zu erzielenden Steuerungseffekt, so wäre eine unterschiedliche Gewichtung willkürlich. Demnach wiesen alle Merkmale der dienstlichen Beurteilung des Klägers richtlinienkonform einen gleichrangigen Wert auf. Aber auch eine solche gleichrangige Wertzumessung der Merkmale sei eine Gewichtung im Sinne der Nr. 8.1 BRL Pol. Nach dieser Bestimmung dürfe das Gesamturteil nicht strikt aus dem arithmetischen Mittel der Einzelnoten ermittelt werden. Das Gebot der Plausibilität dienstlicher Beurteilungen verlange zudem nicht, dass die Bewertung der Merkmale und das Gesamturteil als zwingend folgerichtiges Produkt der Benotungen ihnen nachgeordneter Einzelkriterien erscheine. Es habe auch nicht etwa eine - positive - Schlüssigkeitsprüfung stattzufinden. Vielmehr könne die Frage nur - negativ - dahin lauten, ob das Gesamturteil in einem unlösbaren Widerspruch zu den Einzelbewertungen stehe. Das werde aber selbst vom Kläger nicht vorgetragen. Die Ergebnisfindung im Falle des Klägers sei Folge des Quervergleichs nach Nr. 9.2 BRL Pol. Der Endbeurteiler sei angesichts der Leistungsdichte in der Vergleichsgruppe im Quervergleich zu der Erkenntnis gelangt, dass die Leistungen bzw. Leistungssteigerungen bei anderen Beamten signifikanter gewesen seien und dazu geführt hätten, dass dem Kläger trotz „Gleichstand in den Merkmalen“ im Endeffekt kein besseres Gesamturteil habe zugesprochen werden können.31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte, der Gerichtsakte - 2 L 445/12 - sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.32Entscheidungsgründe:33Die als allgemeine Leistungsklage zulässige Klage ist nicht begründet.34Die durch dass MIK NRW am 9. Dezember 2011 zum Beurteilungsstichtag 1. September 2011 erstellte dienstliche Regelbeurteilung des Klägers ist rechtmäßig und verletzt diesen nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat demnach keinen Anspruch entsprechend § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO auf Aufhebung der streitigen und Erstellung einer neuen dienstlichen Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.35Nach ständiger Rechtsprechung,36vgl. nur BVerwG, Urteile vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 ‑, NVwZ 2006, 465; OVG NRW, Beschluss vom 26. Oktober 2000 ‑ 6 B 1281/00 ‑, DÖD 2001, 261,37unterliegen dienstliche Beurteilungen nur der eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob und in welchem Grade ein Beamter die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche Befähigung und fachlichen Leistungen aufweist, ist nämlich ein dem Dienstherrn von der Rechtsordnung vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat.38Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es ferner, dass der Dienstherr, wenn er für einen Verwaltungsbereich Beurteilungsrichtlinien geschaffen hat, diese gleichmäßig auf alle zu beurteilenden Beamten anwendet. Dabei obliegt es zunächst der Verwaltung selbst, ihre Richtlinien auszulegen und für den einzelnen Fall zu konkretisieren. Die gerichtliche Kontrolle ist insoweit auf die Prüfung beschränkt, ob das tatsächlich durchgeführte Beurteilungsverfahren die in den Beurteilungsrichtlinien vorgegebenen wesentlichen Verfahrensstadien und Abläufe eingehalten hat und ob die beurteilten Beamten nach den gleichen Maßstäben beurteilt worden sind.39Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 30. April 1981 - 2 C 8.79 -, NVwZ 1982, 101.40Die Beurteilung des Klägers unterliegt hiernach keinen zu ihrer Aufhebung führenden rechtlichen Bedenken.41Das Beurteilungsverfahren richtet sich nach den BRL Pol. Hiernach sind die Beamten alle drei Jahre zu einem Stichtag dienstlich zu beurteilen (Nr. 3.1). Es sind sieben bzw. (bei Beamten mit Führungsaufgaben) acht Leistungs- und Befähigungsmerkmale zu bewerten und aus der Bewertung dieser Merkmale unter Würdigung ihrer Gewichtung und der Gesamtpersönlichkeit des Beamten eine Gesamtnote (Gesamturteil) zu bilden. Hierbei sind jeweils Punktwerte zwischen 1 Punkt („entspricht nicht den Anforderungen“) und 5 Punkten („übertrifft die Anforderungen in besonderem Maße“) zu vergeben (Nrn. 6.1, 6.2 und 8.1). Das Beurteilungsverfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass zunächst durch einen Vorgesetzten (den sog. Erstbeurteiler) des zu beurteilenden Beamten ein Beurteilungsvorschlag erstellt wird (Nr. 9.1). Der Erstbeurteiler muss in der Lage sein, sich aus eigener Anschauung ein Urteil über den zu Beurteilenden zu bilden. In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann hiervon abgewichen werden (Nr. 9.1 „Erstbeurteilung“ Abs. 3 Satz 2 bis 4). Der Erstbeurteiler beurteilt unabhängig und ist an Weisungen nicht gebunden (Nr. 9.1 „Erstbeurteilung“ Abs. 3 Satz 1). Er hat zu Beginn des Beurteilungsverfahrens mit dem zu Beurteilenden ein Gespräch zu führen, in dem dieser die Möglichkeit haben soll, die aus seiner Sicht für die Beurteilung wichtigen Punkte darzulegen (Nr. 9.1 „Erstbeurteilung“ Abs. 1 und 2). Nach Abfassung der Erstbeurteilung und deren Weiterleitung auf dem Dienstweg erstellt der Schlusszeichnende die eigentliche Beurteilung (Nr. 9.2). Er ist zur Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe verpflichtet und soll bei Regelbeurteilungen die zur einheitlichen Anwendung festgelegten Richtsätze für überdurchschnittliche Beurteilungen (4 und 5 Punkte) berücksichtigen (Abs. 1). Er entscheidet abschließend über die Beurteilung der Merkmale und das Gesamturteil (Abs. 2 Satz 1) und zieht hierbei zur Beratung weitere personen- und sachkundige Bedienstete, u.a. die Gleichstellungsbeauftragte, heran (Beurteilerbesprechung). Die Beurteilungen sind in der Beurteilerbesprechung mit dem Ziel zu erörtern, leistungsgerecht abgestufte und untereinander vergleichbare Beurteilungen zu erreichen (Abs. 2 Satz 2 und 3). Stimmen Erst- und Endbeurteilung bei der Bewertung der Merkmale und des Gesamturteils nicht überein, so hat der Schlusszeichnende die abweichende Beurteilung zu begründen (Nr. 9.2 Abs. 3 Satz 1).42Die Beurteilung des Klägers ist unter Beachtung der vorstehend dargelegten Form- und Verfahrensvorschriften erstellt worden. Das erkennende Gericht vermag auch keine durchgreifenden materiell-rechtlichen Fehler der Beurteilung festzustellen.43Soweit der Antragsteller die Zusammenfassung der Verwaltungsbeamten der Besoldungsgruppe A 15 BBesO (Regierungsdirektoren) und der Polizeivollzugsbeamten derselben Besoldungsgruppe (Polizei-/Kriminaldirektoren) zu einer Vergleichsgruppe in Frage stellt, dringt er nicht durch. Zwar sollen nach Nr. 8.2.1 Abs. 1 Spiegelstrich 1 BRL Pol in erster Linie Beamte derselben Laufbahn und derselben Besoldungsgruppe eine Vergleichsgruppe bilden. Stehen aber nach dem Stellenplan Beamte verschiedener Laufbahnen miteinander in Konkurrenz, so können auch Beamte derselben Laufbahngruppe und derselben Besoldungsgruppe in eine gemeinsame Vergleichsgruppe einbezogen werden (Spiegelstrich 2 a.a.O.). So liegt der Fall hier. Der Vergleichsgruppe des Klägers gehören Beamte derselben Besoldungsgruppe (A 15 BBesO) und derselben Laufbahngruppe (höherer Dienst) an. Wie der Beklagte - im Eilverfahren - durch Vorlage mehrerer Stellenausschreibungen aufgezeigt hat, kommt es in Stellenbesetzungsverfahren durchaus auch tatsächlich zu einer Konkurrenz zwischen Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamten. Eine solche - nicht lediglich theoretische - Möglichkeit reicht aus, zumal dem Dienstherrn bei der Bewertung der Homogenität einer Vergleichsgruppe ein Beurteilungsspielraum zusteht.44Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. November 2006 - 6 B 2124/06 -, juris.45Die Vergleichsgruppenbildung nach Nr. 8.2.1 Abs. 1 Spiegelstrich 2 BRL Pol steht auch im Einklang mit § 10a Abs. 2 Satz 2 LVO NRW. Denn hiernach wird die Zugehörigkeit zu einer Vergleichsgruppe in erster Linie nach der Besoldungsgruppe der zu beurteilenden Beamten bestimmt.46So bereits Beschluss der Kammer vom 11. Mai 2012 - 2 L 445/12 -, juris.47Das erkennende Gericht teilt auch nicht die Auffassung des Klägers, die seitens des Endbeurteilers an die Erstbeurteiler gerichtete „Bitte“, Vorschläge für Beurteilungen mit einer Gesamtnote von 4 oder 5 Punkten mit einer kurzen separaten Begründung zu versehen, sei mit den Beurteilungsrichtlinien nicht vereinbar und führe deshalb zur Rechtswidrigkeit seiner Beurteilung.48Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass es sich bei dieser im Protokoll der Maßstabsbesprechung festgehaltenen „Bitte“ nicht lediglich um eine ins Ermessen der Erstbeurteiler gestellte Anregung handelte, diese vielmehr von den Erstbeurteilern als verbindliche Anweisung verstanden werden musste, so dass die Erstbeurteiler insbesondere nicht davon ausgehen konnten, der Endbeurteiler werde ohne eine solche zusätzliche schriftliche Begründung einen auf 4 oder 5 Punkte lautenden Beurteilungsvorschlag ohne Weiteres übernehmen. Zutreffend ist ferner, dass die BRL Pol ein derartiges Begründungserfordernis nicht ausdrücklich vorsehen. Diese Umstände führen aber nicht zur Rechtswidrigkeit der streitbefangenen dienstlichen Beurteilung.49Für die Rechtmäßigkeit einer dienstlichen Beurteilung kommt es nicht auf den Wortlaut der Beurteilungsrichtlinie an, die keine (Außen-)Rechtsnorm ist, sondern nur eine einheitliche Verwaltungspraxis sicherstellen soll. Der Dienstherr muss lediglich aus Gründen der Gleichbehandlung das gewählte Beurteilungssystem gleichmäßig auf alle Beamten anwenden, die bei beamtenrechtlichen Entscheidungen miteinander in Wettbewerb treten können. So können auch Beurteilungsrichtlinien, die eine inhaltlich vorgezeichnete Verwaltungspraxis vorwegnehmend festlegen, durch eine vom Richtliniengeber gebilligte oder zumindest geduldete Verwaltungspraxis geändert werden.50Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 6 A 210/10 -, juris, mit weiteren Nachweisen.51Das MIK NRW und damit der Vorschriftengeber selbst hat hier im Verfahren der Regelbeurteilung der Beamten des höheren Dienstes landeseinheitlich ein über den Wortlaut der Beurteilungsrichtlinien hinausgehendes Erfordernis aufgestellt, ist also in diesem Sinne von seiner in den Beurteilungsrichtlinien festgelegten Verwaltungspraxis abgewichen. Da die „Bitte“, Vorschläge für Prädikatsbeurteilungen besonders zu begründen, gleichmäßig alle Angehörigen der Vergleichsgruppe des Klägers betraf, ist dieser hierdurch auch nicht in seinem Recht auf Gleichbehandlung (vgl. Art. 3 GG) verletzt.52Abgesehen davon teilt das erkennende Gericht auch nicht die auf das Urteil des VG Gelsenkirchen vom 26. Oktober 2012 (- 1 K 30/12 -, juris Rn. 4 und 23 ff.) gestützte Einschätzung des Klägers, das Begründungserfordernis passe deshalb nicht in das System der BRL Pol, weil hierdurch die wesentliche Aufgabe der Beurteilerbesprechung durch den Erstbeurteiler vorweggenommen und damit von der Ebene der Endbeurteilung auf die Ebene des Erstbeurteilervorschlags verlagert werde.53Vielmehr liefert die Begründung eines Prädikatsvorschlags im Rahmen des Verfahrens zur Regelbeurteilung der Beamten des höheren Dienstes für den Endbeurteiler ein geeignetes, wenn nicht gar unentbehrliches zusätzliches Erkenntnismittel, um der ihm nach Nr. 9.2 BRL Pol übertragenen Verpflichtung, leistungsgerecht abgestufte und untereinander vergleichbare Beurteilungen zu erstellen, gerecht werden zu können. Im Verfahren zur Beurteilung der Beamten des höheren Dienstes, in dem die Behördenleiter als Erstbeurteiler fungieren, fehlt es an weiteren Beiträgen, wie sie üblicherweise die Vorgesetzten des Erstbeurteilers liefern (vgl. Nr. 9.1 „Erstbeurteilung“ Abs. 5 BRL Pol). Würde der Leistungsvergleich vollständig in die Beurteilerbesprechung verlagert, wäre er kaum sachgerecht zu leisten. Das gilt namentlich dann, wenn der Endbeurteiler - wie in der 172 Personen umfassenden Vergleichsgruppe des Klägers - vor der schwierigen Aufgabe steht, den für Prädikatsbeurteilungen vorgesehenen Richtsätzen (vgl. Nr. 8.2.2 BRL Pol) Geltung zu verschaffen, weil die Erstbeurteiler Prädikatsbeurteilungen in einem die Richtsätze deutlich übersteigenden Umfang vorgeschlagen haben. Von einer „Entwertung“ der Beurteilerbesprechung kann im Verfahren zur Beurteilung der Beamten des höheren Dienstes auch deshalb schwerlich die Rede sein, weil bei dieser Gelegenheit - sieht man von wenigen Ausnahmen, wie der Gleichstellungsbeauftragten, ab - neben den Erstbeurteilern weitere personen- und sachkundige Bedienstete nicht zur Verfügung stehen. Nach allem erweist sich angesichts der bei der Beurteilung des Beamten des höheren Dienstes gegebenen besonderen Konstellation die dem Beurteilungsvorschlag beigefügte nähere Darstellung herausgehobener Leistungen nicht nur als ein geeigneter, sondern auch als ein notwendiger Beitrag zur Erstellung leistungsgerecht abgestufter Beurteilungen.54Das Begründungserfordernis für Prädikatsbeurteilungen begründet oder erhöht nach Auffassung der Kammer zudem nicht entscheidungserheblich die Gefahr, dass der umfassende Leistungsvergleich, insbesondere auch unter Einbeziehung der lediglich auf 3 Punkte lautenden Beurteilungsvorschläge, unterbleibt. Ausweislich des Protokolls über die am 16. November 2011 durchgeführte Beurteilerbesprechung hatte der Endbeurteiler sich zwar im Vorfeld der Besprechung mit den Begründungen befasst und somit auch bereits eine vorläufige Einschätzung hinsichtlich des Leistungsbildes der einzelnen Angehörigen der Vergleichsgruppe gewinnen können. Er hat aber in der Beurteilerbesprechung sämtliche Beurteilungsvorschläge und die Begründungen ausdrücklich zur Diskussion gestellt. Die teilnehmenden Erstbeurteiler hatten demnach durchaus die Möglichkeit, „ihre“ mit lediglich 3 Punkten vorgeschlagenen Beamten auch für eine Prädikatsbeurteilung ins Spiel zu bringen, wenn sie der Auffassung waren, dass diese im Vergleich zu den mit 4 oder 5 Punkten vorgeschlagenen Beamten anderer Behörden gleichwertige Leistungen erbracht hatten. Mangels - jenseits des Protokolls - weiterer Erkenntnisse über Ablauf und Inhalt der Beurteilerbesprechung vermag daher die Einschätzung des VG Gelsenkirchen (a.a.O.) nicht zu überzeugen, es sei wahrscheinlich, dass die Beurteilungen der mit 3 Punkten vorgeschlagenen Beamten keiner erneuten behördenweiten Prüfung, jedenfalls aber keinem Vergleich mit einem 4 Punkte-Beurteilungsvorschlag unterzogen würden.55Vgl. hierzu auch eingehend VG Minden, Urteil vom 27. Juni 2013 - 4 K 991/12 -, juris Rn. 41 ff.56Einen Verstoß gegen das Gebot der Beurteilungswahrheit deshalb, weil die Begründungspflicht geeignet sein könnte, einen Abschreckungseffekt im Hinblick auf Prädikatsbeurteilungen auszulösen, vermag die Kammer gleichfalls nicht zu erkennen. Dass sich ein Behördenleiter durch den mit der Begründungspflicht einhergehenden erhöhten Verwaltungsaufwand davon abhalten lässt, für „seine Leute“ Erstbeurteilervorschläge im Prädikatsbereich zu unterbreiten, wenn er dies aufgrund der Leistungen dieser Beamten für gerechtfertigt hält, liegt angesichts der üblichen Bestrebung, besonders qualifizierte Beamte aus dem eigenen Haus möglichst zu fördern, gänzlich fern. Eine solche Gefahr hat sich zudem tatsächlich nicht realisiert. Zum einen ist gerade auch der Kläger von seinem Erstbeurteiler unter Beifügung einer gesonderten Begründung mit 4 Punkten vorgeschlagen worden. Zum anderen belief sich der Anteil der Prädikatsvorschläge insgesamt auf deutlich über 50 %. Er übertraf daher den von den BRL Pol hierfür vorgesehenen Anteil von 30 % erheblich.57Vgl. hierzu auch VG Minden, Urteil vom 27. Juni 2013 - 4 K 991/12 -, juris Rn. 39 ff.58Das erkennende Gericht teilt ferner nicht den eher spekulativ erscheinenden Ansatz des VG Gelsenkirchen, es liege nahe, dass der Erstbeurteiler in der zusätzlich abzugebenden Begründung unter Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG auch auf leistungsfremde Aspekte zurückgreife, die über die von ihm vorgeschlagene Leistungs- und Befähigungsbewertung hinausgingen und über die zusätzliche Begründung Eingang in die dienstliche Beurteilung fänden. Gegen die Berechtigung einer derartigen Vermutung spricht auch, dass der Vorschlag und die darin enthaltenen „leistungsfremden Aspekte“, um tatsächlich Eingang in die Beurteilung zu finden, der Aufmerksamkeit des Endbeurteilers entgehen müssten.59Die Bestimmung des MR E1. zum Endbeurteiler ist von Rechts wegen gleichfalls nicht zu beanstanden.60Die durch Nr. 9.4 Absatz 2 Satz 2 BRL Pol vorgenommene generelle Delegation der Schlusszeichnung der dienstlichen Beurteilungen der Beamten des höheren Dienstes im Bereich der Polizei auf den Leiter des Referats für Personalangelegenheiten der Polizei (Referat 403) kann sich auf die grundsätzliche Befugnis des Behördenleiters - hier des Ministers - stützen, auch im Bereich dienstlicher Beurteilungen Aufgaben allgemein zu übertragen. Die Befugnis zur Delegation der Schlusszeichnung muss insbesondere auch nicht durch eine ausdrückliche gesetzliche Legitimation vermittelt werden.61VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10. April 2013 - 1 K 5349/12 -, zitiert nach VG Minden, Urteil vom 27. Juni 2013 - 4 K 991/12 -, juris Rn. 27.62Auch sind keine überzeugenden Gründe vorgetragen oder sonst ersichtlich, die gerade in Bezug auf die Person des Endbeurteilers ausnahmsweise gegen eine rechtsfehlerfreie Delegation der Schlusszeichnung sprechen könnten. Der Umstand, dass MR E1. erst kurz zuvor die Leitung des Referats 403 und somit die Aufgabe des Endbeurteilers für die Beamten des höheren Dienstes der Polizeibehörden übernommen hatte, die Leistung und Befähigung der zu Beurteilenden mithin schon aus diesem Grund nicht aus eigener Anschauung beurteilen konnte, ist unschädlich. Anders als der Erstbeurteiler (vgl. Nr. 9.1 “Erstbeurteilung“ Abs. 3 Satz 2 BRL Pol) muss der Endbeurteiler nicht über derartige unmittelbaren Kenntnisse verfügen. Er kann sich die notwendigen Grundlagen durch die Beurteilungsvorschläge der Erstbeurteiler - hier ggf. ergänzt durch die schriftliche Begründung des Prädikatsvorschlags - und die Beratung in der Beurteilerbesprechung verschaffen (vgl. Nr. 9.2 BRL Pol). Dafür, dass MR E1. die für eine sachgerechte Durchführung des Beurteilungsverfahrens nach den BRL Pol erforderlichen Kenntnisse, auch etwa hinsichtlich des Tätigkeitsspektrums der Polizei in fachspezifischer Hinsicht, gefehlt hätten, er sich diese jedenfalls nicht hat aneignen können, fehlt es an jeglichem Anhalt.63Ebenso VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10. April 2013 - 1 K 5874/12 -, S. 14 ff. des Urteilsabdrucks.64Die dienstliche Beurteilung des Klägers erweist sich auch nicht etwa deshalb als rechtswidrig, weil sie sich bei der Bewertung der dem Gesamturteil zugrundeliegenden acht Leistungs- und Befähigungsmerkmale (vgl. Nr. 6.1 BRL Pol) gemäß Nr. 6.2 BRL Pol auf die Festsetzung von Punktwerten (3 bzw. 4 Punkte) und entsprechende Notenbeschreibungen („entspricht voll den Anforderungen“ bzw. „übertrifft die Anforderungen“) beschränkt hat. Das erkennende Gericht folgt nicht der auf die Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg65- vgl. Beschluss vom 29. November 2010 - 4 S 2416/10 -, VBlBW 2011, 278, sowie Urteile vom 31. Juli 2012 - 4 S 575/12 - und vom 25. September 2012 - 4 S 660/11 -, jeweils juris -; ähnlich VG Darmstadt, Urteil vom 16. März 2012 – 1 K 632/11.DA -, juris -66gestützten Auffassung des VG Aachen67- vgl. Urteil vom 24. Oktober 2013 - 1 K 1117/12 -, juris -,68dass die dienstliche Beurteilung bereits dann rechtsfehlerhaft sei, wenn entgegen Nr. 6.1 Abs. 2 BRL Pol in die Bewertung der acht Leistungs- und Befähigungsmerkmale nicht die den Merkmalen jeweils zugewiesenen Kriterien (z.B. bei dem Merkmal Arbeitsorganisation: „Planung und zielgerichtete Ausrichtung von Arbeitsabläufen“ ‑ „Prioritäten berücksichtigen“ - „Effizienz“) einbezogen worden seien.69Im Hinblick darauf, dass der Kläger des vorliegenden Verfahrens derartige rechtliche Bedenken nicht geltend gemacht hat, verweist das erkennende Gericht insoweit auf die Urteilsgründe früherer Entscheidungen der Kammer, wonach die Bewertung der Merkmale ohne ein ausdrückliches Eingehen auf die zugehörigen Einzelkriterien in der Beurteilung selbst weder den Anspruch des Beurteilten aus Art. 33 Abs. 2 GG noch - bezogen auf das gerichtliche Verfahren - aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt.70Vgl. VG E. , Urteile vom 20. März 2013 - 2 K 2090/12 -, juris Rn. 70 ff., und vom 16. April 2013 - 2 K 3074/12 -, juris Rn. 73 ff.71Diese Rechtsansicht wird auch durch das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen vertreten,72vgl. Beschluss vom 29. Juli 2013 - 6 B 509/13 -, juris, Rn. 11 ff.73Der Endbeurteiler hat der dienstlichen Beurteilung des Klägers auch eine den Anforderungen der Nr. 9.2 „Schlusszeichnung“ Abs. 3 Satz 1 BRL Pol genügende Abweichungsbegründung beigefügt. Nach dieser Bestimmung hat der Schlusszeichnende seine abweichende Beurteilung zu begründen, wenn Erst- und Endbeurteilung bei der Bewertung der Merkmale und des Gesamturteils nicht übereinstimmen. Dieses Begründungserfordernis ist eine Ausprägung der allgemein bestehenden Pflicht des Dienstherrn zur Plausibilisierung dienstlicher Beurteilungen.74OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 – 6 B 1158/04 -, DÖD 2005, 61 f.75Umfang und Intensität der Abweichungsbegründung haben sich daran auszurichten, was angesichts des vorgesehenen Beurteilungsverfahrens überhaupt möglich und zulässig ist. Beruht die Endbeurteilung nicht auf einer abweichenden Bewertung des individuellen Leistungs- und Befähigungsprofils, sondern auf einzelfallübergreifenden Erwägungen, etwa der Korrektur einer zu wohlwollenden oder zu strengen, vom allgemeinen Beurteilungsmaßstab abweichenden Grundhaltung des Erstbeurteilers und/oder auf einem allgemeinen Quervergleich mit den Beurteilungen der weiteren zur Vergleichsgruppe gehörenden Personen unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Richtsätze, kann bzw. muss die Abweichungsbegründung diese Gesichtspunkte in den Mittelpunkt stellen.76Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Februar 2001 - 6 A 2966/00 -, NWVBl 2002, 351, und Beschluss vom 28. Juni 2006 ‑ 6 B 618/06 ‑, ZBR 2006, 390.77Derartige einzelfallübergreifende Erwägungen können durchaus auch dann Platz greifen, wenn - wie hier die Merkmale Leistungsgüte und Leistungsumfang - nur einzelne und nicht sämtliche Einzelkriterien (Merkmale) abweichend vom Erstbeurteilervorschlag bewertet werden. Die Absenkung muss folglich nicht zwingend „linear“, also bei allen Merkmalen gleichförmig, erfolgen.78Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 19. April 2011 - 6 B 35/11 -, juris Rn. 33 ff., und vom 15. Juli 2011 ‑ 6 A 637/11 -, juris Rn. 7 ff.79Hiernach erweist sich die der streitbefangenen dienstlichen Beurteilung beigefügte, auf einzelfallübergreifende Erwägungen abstellende Abweichungsbegründung als tragfähig. Diese - im Tatbestand im Einzelnen wiedergegebene - Begründung weist aus, dass der Endbeurteiler bei Zugrundelegung eines strengen Beurteilungsmaßstabs, unter Orientierung an den vorgegebenen Richtsätzen und ausgehend von einer hohen Leistungsdichte innerhalb der Vergleichsgruppe zu der Einschätzung gelangt ist, dass Leistungsgüte und Leistungsumfang der Tätigkeit des Klägers im Beurteilungszeitraum sowie dessen Leistung und Befähigung insgesamt nicht (ganz) das Niveau der Leistungen der mit 4 oder 5 Punkten beurteilten Beamten erreicht haben. Auch eine derartige Abweichungsbegründung wird ungeachtet dessen, dass sie sich auf allgemeine Erwägungen stützt und der Darstellung individueller, gerade auf die Person des Beurteilten bezogener Gründe enthält, dem Begründungserfordernis der BRL Pol gerecht.80Der Beklagte ist darüber hinaus in noch ausreichendem Maße seiner Verpflichtung nachgekommen, die in der Beurteilung des Klägers erfolgte allgemeine und pauschale Formulierung der Werturteile durch weitere nähere Darlegungen zu erläutern, zu konkretisieren und dadurch plausibel zu machen.81Die Abweichungsbegründung kann in grundsätzlich zulässiger Weise auch noch nachträglich ergänzt und erläutert werden.82Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 15. Juli 2011 - 6 A 637/11 -, juris Rn. 4 ff., m.w.N.83Die Obliegenheit zur Plausibilisierung dienstlicher Beurteilungen ist davon abhängig, ob bzw. inwieweit der beurteilte Beamte selbst Erläuterungsbedarf sieht. Denn nach allgemeinen Grundsätzen ist der Umfang der im Einzelfall gebotenen Begründung von dem Umfang und der Substanz der gegen die Beurteilung erhobenen Einwendungen abhängig.84BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1980 – 2 C 8.78 -, BVerwGE 60, 245 ff., Beschluss vom 17. März 1993 ‑ 2 B 25.93 ‑, DÖD 1993, 179, und Urteil vom 11. November 1999 – 2 A 6.98 -, ZBR 2000, 269.85Ausgehend hiervon hat der Beklagte die Abweichungen des Endbeurteilers von dem Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers hinreichend und (ganz überwiegend) mit tragfähigen Erwägungen weitergehend erläutert.86Das trifft insbesondere auf den bereits im Eilverfahren - 2 L 445/12 - aufgezeigten Umstand zu, dass die dem Beurteilungsvorschlag beigefügte Begründung des Erstbeurteilers sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe der von dem Kläger ausgeübten zwar anspruchsvollen, aber einem Amt eines Regierungsdirektors angemessenen Tätigkeiten beschränkt habe und keine Hinweise auf außergewöhnliche Leistungen des Klägers in diesen Aufgabenbereichen enthalte. Das erweist sich auch als inhaltlich zutreffend. Hervorgehoben werden dort insbesondere die (hohe) personelle Verantwortung für ca. 45 Mitarbeiter/innen, die Führung, Steuerung und Koordinierung der Arbeitsabläufe im Dezernat, die Verantwortung für Beschaffungen und Leistungserbringung im Bereich von bis zu 150 bzw. 55 Millionen Euro sowie die Vertretung des LZPD NRW gegenüber verschiedensten Stellen und Gruppen in schwierigen (Vergabe-)Verfahren und komplizierten Rechtsangelegenheiten. Zwar kann dieser Darstellung wohl zugleich entnommen werden, dass der Kläger sich diesen Aufgaben aus der Sicht seines Dienstvorgesetzten gewachsen gezeigt hat. Auch eine solche wertende Erkenntnis musste den Endbeurteiler aber nicht dazu veranlassen, den Kläger dem „quotierten“ Bereich zuzuordnen. Das hatte er im Übrigen bereits vorab in der Maßstabsbesprechung allgemein klargestellt. In dem hierüber erstellten Protokoll ist etwa festgehalten: „Die solide, beanstandungsfreie Aufgabenerfüllung allein rechtfertigt noch keine Hervorhebung auf einen Notenwert von mehr als 3 Punkten“. In diesem Bereich bewegt sich aber die Darstellung des Erstbeurteilers überwiegend. Selbst wenn mit der Formulierung: „Die erfolgreiche Erledigung der Arbeitsraten im Dezernat wird vom Beurteilten trotz deutlich angespannter Personalsituation […] gewährleistet“ die Leistungen des Klägers in einem Teilbereich hervorgehoben worden sein sollten, konnte der Endbeurteiler bei der gebotenen Gesamtbetrachtung des Inhalts der ergänzenden Stellungnahme des Erstbeurteilers im Vergleich mit den sonstigen Begründungen der Prädikatsvorschläge rechtsfehlerfrei zu der Einschätzung gelangen, dass Leistung und Befähigung des Klägers mit einer im oberen Bereich des Punktwertes 3 liegenden Beurteilung angemessen bewertet seien.87Die Beurteilung des Klägers ist auch nicht deshalb unschlüssig, weil sie schlechter ausgefallen ist als die vorangegangenen Beurteilungen. Wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat, ist in jeder Beurteilungsrunde eine eigenständige Bewertung der im jeweiligen Beurteilungszeitraum gezeigten Leistung und Befähigung vorzunehmen, und zwar im Quervergleich mit gerade den Beamten, die zum Beurteilungsstichtag derselben Vergleichsgruppe angehörten. Bereits aus diesen Gründen ist es naheliegend, dass die Bewertung der Leistung und Befähigung des einzelnen Beamten anders ausfallen kann als in der Vorbeurteilung. Die Vergleichbarkeit der aktuellen Beurteilung mit den vorangegangenen Beurteilungen ist im Falle des Klägers zudem dadurch erschwert, dass diesen andere Beurteilungsrichtlinien zugrunde lagen. So war die durch das MIK NRW unter dem 26. November 2010 Pol für den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010 nach Nr. 3.4 BRL erstellte Vorbeurteilung noch nach den BRL Pol a.F. erfolgt. Hiernach waren vier Hauptmerkmale - mit nachgeordneten Submerkmalen - zu bewerten, während in der streitbefangenen Beurteilung auf der Grundlage der BRL Pol acht Leistungs- und Befähigungsmerkmale zu beurteilen waren. Aus diesem Grunde erweist sich der Hinweis des Beklagten darauf, dass die nach Erstellung der letzten Beurteilung vorgenommene Novellierung der Beurteilungsrichtlinien das zu betrachtende Leistungsbild verändert und somit die Möglichkeit einer geänderten Bewertung der Leistung und Befähigung des einzelnen Beamten eröffnet habe, unabhängig davon als tragfähig, ob die Neufassung der BRL Pol - wie der Beklagte annimmt - eine differenziertere Beurteilung ermöglicht oder - wie der Kläger meint - eine Vereinfachung des Beurteilungsverfahrens bewirkt hat. Soweit der Kläger darauf verweist, dass er auch in den vorangegangenen, noch durch die Bezirksregierung gefertigten Beurteilungen 4 Punkte erhalten hat, ist ihm entgegenzuhalten, dass diese nicht auf Richtlinien zur Beurteilung von Beamten im Bereich der Polizei beruhten und eine völlig anders zusammengesetzte Vergleichsgruppe betrafen.88Der Endbeurteiler hat auch hinreichend dargelegt, warum er den Umstand, dass der Kläger bereits seit dem Jahr 1998 das Amt des Regierungsdirektors innehat und auf langjährige Tätigkeiten als Dezernatsleiter in unterschiedlichen Aufgabenbereichen verweisen kann, nicht zum Anlass genommen hat, den Kläger mit 4 Punkten zu beurteilen. Zwar ist nach der Bestimmung der Nr. 6 BRL Pol, die auch in der Maßstabsbesprechung ausdrücklich angesprochen worden war, in der Regel anzunehmen, dass sich bei der Bewertung der Merkmale die Dienst- und Lebenserfahrung positiv auf das Leistungsbild auswirken. Es handelt sich hierbei aber lediglich um eine „Regelvermutung“, die im Einzelfall auch widerlegt ist, wenn sich Dienst- und Lebenserfahrung in der Ausprägung der Leistungs- und Befähigungsmerkmale oder in der Eignung des Beamten nicht niedergeschlagen haben. Haben im Vergleich hierzu lebens- und dienstjüngere Kollegen bessere Leistungen erbracht, so haben sich die höhere Lebens- und Diensterfahrung gerade nicht in besonderer (positiver) Weise ausgewirkt. In diesem Fall gebietet es der Leistungsgrundsatz, den dienstjüngeren Beamten besser zu beurteilen. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe und vor dem Hintergrund der Richtsätze ist der Endbeurteiler zu dem Ergebnis gelangt, dass auch eine Reihe dienstjüngerer Beamter der Besoldungsgruppe A 15 BBesO sich als besser qualifiziert erwiesen hat als der Kläger, dem ein Vordringen in den Prädikatsbereich (knapp) versagt geblieben ist. Tragfähig ist in diesem Zusammenhang zudem die Erwägung des Beklagten, dass die auf der Grundlage der Beurteilungsvorschläge der Erstbeurteiler zu verzeichnende deutliche Überschreitung der in Nr. 8.2.2 BRL Pol festgelegten Richtsätze für Prädikatsbeurteilungen es erforderlich gemacht habe, einen intensiven Leistungsvergleich in der Vergleichsgruppe vorzunehmen, der dazu geführt habe, dass bei rund 60 % der Erstbeurteilungen Veränderungen im Gesamturteil und/oder bei der Bewertung einzelner Merkmale erfolgt seien.89Soweit der Kläger aus dem Ergebnis der Ende 2011 durchgeführten Mitarbeiterbefragung im LZPD NRW, die ihm „hohe Sympathiewerte“ eingebracht habe, herleiten will, dass ihm eine überdurchschnittliche Beurteilung hätte zuerkannt werden müssen, ist ihm zum einen entgegenzuhalten, dass Einschätzungen von am Beurteilungsverfahren nicht beteiligten Dritten nicht maßgeblich sind. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger im Merkmal Mitarbeiterführung, zu dem die Befragung wohl den engsten Bezug hat, sowohl vom Erst- als auch vom Endbeurteiler mit 4 Punkten beurteilt worden ist. 90Der Umstand, dass eine darüber hinausgehende Erwägung des Beklagten weniger zu überzeugen vermag, bewirkt nicht, dass die Nachvollziehbarkeit und Plausibilität der Bewertung der Merkmale Leistungsgüte und Leistungsumfang sowie des Gesamturteils entfielen. Als nicht wirklich tragfähig erweist sich allerdings der Hinweis des Beklagten darauf, dass es in der Vergleichsgruppe des Klägers durch das erstmalige Hinzutreten von Dozenten der FHöV NRW und der DHPol zu einer Erhöhung der Leistungsdichte gekommen sei. Denn im Hinblick darauf, dass letztlich keiner dieser fünf Dozenten eine Prädikatsbeurteilung erhalten hat, liegt es eher fern, dass gerade diese Personengruppe zu der erhöhten Leistungsdichte beigetragen hat. Im Hinblick darauf, dass bei einer Gesamtstärke der Vergleichsgruppe von 172 Beamten die aus lediglich fünf Personen bestehende Gruppe der Dozenten ohnehin schwerlich geeignet ist, die Leistungsstärke innerhalb der Vergleichsgruppe entscheidend zu beeinflussen, kann praktisch ausgeschlossen werden, dass sich diese - zudem erstmalig im Klageverfahren nachgeschobene - nicht tragfähig erscheinende Erwägung auf das Beurteilungsergebnis ausgewirkt hat.91Schließlich ist auch gegen die durch den Endbeurteiler erfolgte Bestimmung der Gesamtnote auf 3 Punkte von Gerichts wegen nichts zu erinnern. Nach Nr. 8.1 BRL Pol ist die Gesamtnote aus der Bewertung der Leistungs- und Befähigungsmerkmale unter Würdigung ihrer Gewichtung und der Gesamtpersönlichkeit des Beamten zu bilden.92Der Beklagte hat klargestellt, dass er bei der Beurteilung der Beamten des höheren Dienstes der Polizeibehörden die nach Nr. 6.1 BRL Pol zu bewertenden acht Merkmale nicht unterschiedlich, sondern gleichrangig gewichtet. Hiermit bewegt er sich innerhalb der Beurteilungsrichtlinien. Die Bestimmung der Nr. 8.1 BRL Pol enthält keine Verpflichtung zu einer differenzierten Gewichtung der Merkmale. Die Kammer teilt zudem die Auffassung des Beklagten, dass auch eine gleichrangige Wertzumessung der Merkmale eine Gewichtung im Sinne der Nr. 8.1 BRL Pol darstellen kann.93Vgl. aber dazu, dass eine unterschiedliche Gewichtung der Merkmale bereits bei der Bildung der Gesamtnote geboten sein kann, wenn - nachfolgend - bei einer inhaltlichen Ausschärfung der dienstlichen Beurteilungen im Rahmen von Beförderungsauswahlentscheidungen eine solche differenzierte Betrachtung der Merkmale erfolgt, Urteil der Kammer vom 16. April 2013 - 2 K 3074/12 -, juris Rn. 52.94Ausgehend davon, dass es nach Nr. 8.1 BRL Pol einer unterschiedlichen Gewichtung der Merkmale nicht bedarf, erweist sich die von dem Endbeurteiler vergebene Gesamtnote von 3 Punkten als plausibel. Erfolgt eine Bewertung der acht Merkmale mit 4 x 3 Punkten und 4 x 4 Punkten, so erscheint sowohl ein Gesamturteil von 3 Punkten als auch ein solches von 4 Punkten als schlüssig. Da die Gesamtnote nicht als arithmetisches Mittel zu bilden ist (vgl. Nr. 8.1 Satz 2 BRL Pol), könnte auch nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, der rechnerische Mittelwert von 3,50 müsse über die Aufrundung ein Gesamturteil von 4 Punkten zur Folge haben.95Es kann letztlich dahinstehen, ob bei einer solchen Ausgangslage („Patt“) der Beurteiler verpflichtet ist näher darzulegen, warum er gerade zu dem einen der beiden möglichen Gesamturteile gelangt ist, oder ob die Frage, wie der Beklagte meint, nur - negativ - dahin lauten kann, ob das Gesamturteil - was vorliegend gerade nicht der Fall ist - in einem unlösbaren Widerspruch zu den Einzelbewertungen steht. Denn der Endbeurteiler hat bereits in der Beurteilung eine Begründung geliefert, warum er sich bei dieser Ausgangslage für 3 Punkte im Gesamturteil entschieden hat. Im letzten Absatz der Abweichungsbegründung heißt es insoweit:96Die Leistungen des Herrn RD T. werden mit dem Gesamturteil 3 Punkte (entspricht voll den Anforderungen) bewertet. Trotz einzelnen Merkmale, die auf die nächsthöheren Beurteilungsnote hinweisen, führen die Gewichtung der Merkmale untereinander und die erzielten Leistungsergebnisse in der Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung des strengen Beurteilungsmaßstabes dazu, dass auf das v.g. Gesamturteil zu erkennen ist.97Der Endbeurteiler hat hiermit aufgezeigt, dass er bei der Bildung der Gesamtnote in Umsetzung der Bestimmung der Nr. 8.1 Satz 1 BRL Pol eine Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Klägers gerade auch im Vergleich zur Gesamtpersönlichkeit derjenigen Beamten der Vergleichsgruppe vorgenommen hat, die er dem Prädikatsbereich zugeordnet hat. Die „Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung des strengen Beurteilungsmaßstabes“ hat letztendlich dazu geführt, die Gesamtleistung des Klägers lediglich mit 3 und noch nicht mit 4 Punkten zu beurteilen. Im Klageverfahren hat der Beklagte diese Entscheidung weitergehend erläutert: Die Ergebnisfindung im Falle des Klägers sei Folge des Quervergleichs nach Nr. 9.2 BRL Pol. Der Endbeurteiler sei angesichts der Leistungsdichte in der Vergleichsgruppe im Quervergleich zu der Erkenntnis gelangt, dass die Leistungen bzw. Leistungssteigerungen bei anderen Beamten signifikanter gewesen seien und dazu geführt hätten, dass dem Kläger trotz Gleichstand in den Merkmalen im Endeffekt kein besseres Gesamturteil habe zugesprochen werden können. Damit hat er seiner Verpflichtung, bei unterschiedlicher Bewertung der Merkmale die Gesamtnote näher zu erläutern, noch hinreichend Rechnung getragen.98Nach allem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.99Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 711, 708 Nr. 11 ZPO.100Das Gericht lässt die Berufung nicht gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1VwGO zu, weil es die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht als gegeben ansieht.101Beschluss:102Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 Euro festgesetzt.
die klage wird abgewiesen.der kläger trägt die kosten des verfahrens.das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar.der kläger kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 v. h. des beizutreibenden betrages ab-wenden, wenn nicht der beklagte zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2der kläger trat nach bestehen der zweiten juristischen staatsprüfung im februar 1991 bei der bezirksregierung e. (bezirksregierung) als regierungsrat zur anstellung in den höheren allgemeinen verwaltungsdienst des beklagten landes. während einer rund vierjährigen abordnung zur staatskanzlei wurde er im februar 1996 zum oberregierungsrat und im juli 1998 zum regierungsdirektor (besoldungsgruppe a 15 bbeso) befördert. im september 1999 nahm er wieder seine tätigkeit bei der bezirksregierung auf, wo er als dezernatsleiter verwendet wurde.3im jahr 2009 bewarb er sich bei dem landesamt für zentrale polizeiliche dienste nordrhein-westfalen (lzpd nrw) erfolgreich um die stelle des leiters des dezernates a. 5. er wurde im juli 2009 an das lzpd nrw abgeordnet und mit wirkung vom 1. januar 2010 dorthin versetzt. die aus diesem anlass erstellte dienstliche beurteilung der bezirksregierung vom 7. januar 2010 schloss, ebenso wie die beiden vorangegangenen regelbeurteilungen, mit dem gesamturteil „die leistung und befähigung […] übertreffen die anforderungen (4 punkte) ab. unter dem 26. november 2010 wurde der kläger durch das ministerium für inneres und kommunales des landes nordrhein-westfalen (mik nrw) nach nr. 3.4 der beurteilungsrichtlinien im bereich der polizei des landes nordrhein-westfalen in der seinerzeit gültigen fassung (nachfolgend: brl pol a.f.) für den zeitraum vom 1. juli 2009 bis zum 30. juni 2010 ebenfalls mit dem gesamturteil von 4 punkten dienstlich beurteilt.4zum stichtag 1. september 2011 wurde der kläger durch das mik nrw nach den beurteilungsrichtlinien im bereich der polizei des landes nordrhein-westfalen (runderlass des innenministeriums vom 9. juli 2010, gz.: 45.2-26.00.05, smbl. nrw. 203034; nachfolgend: brl pol) dienstlich regelbeurteilt. in vorbereitung der beurteilungsrunde fand am 22. juni 2011 im mik nrw unter der leitung der seinerzeitigen leiterin des referats 403 und in anwesenheit der zu erstbeurteilern bestimmten leiter der 47 kreispolizeibehörden, der drei landesoberbehörden (u.a. lzpd nrw), der fachhochschule für öffentliche verwaltung (fhöv nrw) und der deutschen hochschule der polizei (dhpol) eine maßstabsbesprechung statt. in dem hierüber gefertigten protokoll ist u.a. festgehalten: die vergleichsgruppe a 15 umfasse ca. 170 beamte. ausgehend von nr. 6 brl pol sei im sinne einer widerlegbaren vermutung in der regel anzunehmen, dass schon länger in der vergleichsgruppe befindliche beamte bei entsprechendem leistungsbild eher im oberen notenbereich zu erwarten seien als neu in die vergleichsgruppe gekommene beamte. eine solide, beanstandungsfreie aufgabenerfüllung allein rechtfertige noch keine hervorhebung auf einen notenwert von mehr als 3 punkten. es sei immer eine sorgfältige bewertung des einzelfalls erforderlich, die auf umfang, bedeutung und qualität der tätigkeit abstelle. hiernach könne eine hervorhebung beispielsweise in frage kommen bei der erfolgreichen wahrnehmung von führungsaufgaben in bestimmten bereichen. da beabsichtigt sei, die richtsätze für prädikatsbeurteilungen von 20 % bzw. 10 % zu berücksichtigen, werde gebeten, vorschläge für beurteilungen mit einer gesamtnote von 4 oder 5 punkten mit einer kurzen separaten begründung außerhalb des beurteilungsvordrucks zu versehen.5direktor des lzpd nrw n. führte am 9. september 2011 das beurteilungsgespräch mit dem kläger und erstellte unter dem 10. oktober 2011 die erstbeurteilung, die mit dem gesamturteil von 4 punkten abschloss. er bewerte hierbei die merkmale (1.) arbeitsorganisation, (2.) arbeitseinsatz, (3.) arbeitsweise, (4.) leistungsgüte, (5.) leistungsumfang und (8.) mitarbeiterführung gleichfalls jeweils mit 4 punkten sowie die merkmale (6.) veränderungskompetenz und (7.) soziale kompetenz jeweils mit 3 punkten. er fügte der erstbeurteilung ein schreiben bei, in dem er seinen beurteilungsvorschlag begründete.6am 16. november 2011 fand die abschließende beurteilerbesprechung statt, an der ministerialrat (mr) e1. , der am 17. oktober 2011 die leitung des referats 403 des mik nrw und somit die aufgabe des endbeurteilers übernommen hatte, und weitere 55 personen, insbesondere die erstbeurteiler, teilnahmen. in dem hierüber erstellten besprechungsprotokoll ist u.a. ausgeführt: mr e1. habe hinsichtlich des anzuwendenden beurteilungsmaßstabes auf das protokoll der maßstabsbesprechung bezug genommen und die teilnehmer gebeten, ihn möglichst umfangreich zu beraten. er habe darauf hingewiesen, dass er sämtliche von den erstbeurteilern übersandten begründungen für prädikatsvorschläge gesichtet habe. in der 172 personen umfassenden vergleichsgruppe des klägers seien 28 vorschläge mit dem gesamtergebnis 5 punkte und 65 vorschläge mit dem gesamtergebnis 4 punkte vorgelegt worden. alle beamten der vergleichsgruppe verfügten aufgrund ihres bisherigen dienstlichen werdeganges über erhebliche diensterfahrung in verschiedenen ämtern, so dass die anwendung eines strengen beurteilungsmaßstabes angezeigt sei. mr e1. habe jeden einzelnen vorschlag der erstbeurteiler vorgestellt und um anmerkungen bzw. diskussion gebeten. sämtliche teilnehmer hätten die möglichkeit erhalten, sich zu den eigenen bzw. anderen beurteilungsvorschlägen zu äußern.7der endbeurteiler erstellte unter dem 9. dezember 2011 die beurteilung des klägers. er vergab das gesamturteil „die leistung und befähigung […] entspricht voll den anforderungen“ (3 punkte). hierbei bewertete er abweichend von der erstbeurteilung die merkmale 4 und 5 gleichfalls nur mit 3 punkten. im übrigen folgte er der bewertung der merkmale durch den erstbeurteiler. die abweichungen begründete er wie folgt:8dem beurteilungsergebnis liegt ein strenger beurteilungsmaßstab zugrunde, der dazu dient, eine abgestufte, vergleichbare bewertung innerhalb der aus sämtlichen landesweit im bereich der polizei nrw eingesetzten beamtinnen und beamten der besoldungsgruppe a 15 bbeso zusammengesetzten vergleichsgruppe unter orientierung an den vorgegebenen richtsätzen zu gewährleisten.9die abweichung vom vorschlag des erstbeurteilers bei den merkmalen leistungsgüte und leistungsumfang sowie im gesamturteil ist folge des insbesondere in der beurteilerkonferenz vorgenommenen einzelfallübergreifenden quervergleichs innerhalb der von einer hohen leistungsdichte geprägten vergleichsgruppe.10[…] trotz einzelner merkmale, die auf die nächsthöhere beurteilungsnote hinweisen, führten die gewichtung der merkmale untereinander und die erzielten leistungsergebnisse in der gesamtbetrachtung unter berücksichtigung des strengen beurteilungsmaßstabes dazu, dass auf das gesamturteil von 3 punkten zu erkennen ist.11der notenspiegel weist für die 172 zu beurteilenden bediensteten der vergleichsgruppe a 15 bbeso im gesamturteil 8 x 5 punkte, 46 x 4 punkte und 118 x 3 punkte aus.12der kläger machte mit schreiben an das mik nrw vom 7. februar 2012 geltend, er müsse bei der besetzung der stelle des leiters der direktion zentrale aufgaben beim polizeipräsidium e2. (besoldungsgruppe a 16 bbeso) berücksichtigt werden. zugleich wandte es sich gegen seine beurteilung vom 9. dezember 2011. im märz 2012 beantragte er bei dem erkennenden gericht den erlass einer einstweiligen anordnung gegen die stellenbesetzung. zur begründung machte er vorrangig einwendungen gegen seine beurteilung geltend. die kammer gab dem antrag durch beschluss vom 11. mai 2012 - 2 l 445/12 - mit der begründung statt, die - besser ausgefallene - dienstliche beurteilung des für die stelle vorgesehenen mitbewerbers bilde keine tragfähige auswahlgrundlage, weil sie unter zugrundelegung eines abweichenden - günstigeren - beurteilungsmaßstabes erstellt worden sei.13der kläger hat schließlich am 18. juli 2012 die vorliegende klage gegen die dienstliche beurteilung vom 9. dezember 2011 erhoben. zur begründung trägt er - bei einbeziehung seines vorbringens im eilverfahren - im wesentlichen vor:14die zusammenfassung der polizeivollzugsbeamten und der verwaltungsbeamten der polizeibehörden zu einer vergleichsgruppe sei rechtsfehlerhaft. denn die verwaltungsbeamten im bereich der polizei konkurrierten um beförderungsstellen angesichts des stellenprofils tatsächlich größtenteils nicht mit den polizeivollzugsbeamten, sondern mit den verwaltungsbeamten, die auf der basis anderer richtlinien beurteilt würden.15der beklagte habe dadurch, dass er den erstbeurteilern vorgegeben habe, vorschläge im prädikatsbereich besonders zu begründen, gegen die beurteilungsrichtlinien verstoßen. es sei der rechtsprechung des vg gelsenkirchen zu folgen, wonach eine solche besondere begründungspflicht nicht in das system der brl pol passe. denn bei einer derartigen begründungspflicht werde die wesentliche aufgabe der abschließenden beurteilerbesprechung durch den erstbeurteiler vorweggenommen und damit von der ebene der endbeurteilung auf die ebene des beurteilungsvorschlags verlagert, dem somit ein größeres gewicht zukomme als in den brl pol vorgesehen. bei der in der maßstabsbesprechung formulierten verpflichtung zur begründung von prädikatsvorschlägen handele es sich auch nicht lediglich um eine unverbindliche bitte, sondern ungeachtet der wortwahl um eine verbindliche anweisung an die erstbeurteiler.16zudem habe der endbeurteiler keine hinreichende kenntnis von seinen - des klägers -leistungen gehabt, da er erst wenige tage vor erstellung der beurteilung die mit der aufgabe des endbeurteilers verbundene funktion des leiters des referats 403 übernommen habe.17darüber hinaus fehle es an einer hinreichenden begründung nach nr. 9.2 abs. 3 satz 1 brl pol für die absenkung des beurteilungsvorschlags und insbesondere dafür, warum sich seine leistungen gegenüber den vorbeurteilungen verschlechtert haben sollten. angesichts seiner langjährigen tätigkeiten als dezernatsleiter in unterschiedlichen aufgabenbereichen trage die abweichungsbegründung auch nicht der bestimmung der nr. 6 brl pol hinreichend rechnung, wonach in der regel anzunehmen sei, dass sich diensterfahrung positiv auf das leistungsbild auswirke. der beklagte habe diesen aspekt in der maßstabsbesprechung noch selber hervorgehoben. er, der kläger, zähle zu den beamten mit der höchsten diensterfahrung. seine hohe kompetenz im rahmen seiner funktion als dezernatsleiter, insbesondere im merkmal mitarbeiterführung, werde durch das ergebnis der mitarbeiterbefragung im lzpd nrw ende 2011 untermauert. hierbei habe er in 80 v.h. der abgefragten merkmale eine bessere bewertung erhalten als die übrigen führungskräfte der abteilung. es fehle zudem an einer begründung dafür, warum er gerade bei den merkmalen leistungsgüte und leistungsumfang auf 3 punkte herabgesetzt worden sei. eine solche wäre aber umso mehr zu erwarten gewesen, als diese merkmale auch in der vorbeurteilung noch mit 4 punkten bewertet worden seien. soweit der beklagte anführe, die gebotene beachtung der richtwerte habe es erforderlich gemacht, bei rund 60 v.h. der erstbeurteilungen veränderungen vorzunehmen und hiervon seien zwei drittel der beamten betroffen gewesen, die dienstälter seien als er, der kläger, sei dies unzutreffend. es seien allenfalls 42 beurteilungen im quotierten bereich, also lediglich 24 %, geändert worden.18der hinweis des beklagten darauf, er habe sich im quervergleich einer veränderten landesweiten vergleichsgruppe und einer dadurch gestiegenen leistungsdichte innerhalb dieser gruppe stellen müssen, sei nicht überzeugend. eine erhöhung der leistungsdichte sei entgegen der behauptung des beklagten insbesondere nicht durch das erstmalige hinzutreten von dozenten der fhöv nrw und der dhpol eingetreten. unzutreffend sei bereits, dass sich die neu hinzu gekommenen dozenten länger als er im derzeitigen statusamt befänden. darüber hinaus sei die zahl dieser dozenten sehr gering. auch der hinweis darauf, deren langjährige tätigkeit im wissenschaftlichen bereich habe eine maßgebliche wirkung auf die leistungsdichte, sei nicht überzeugend. es sei vielmehr zu berücksichtigen, dass diese dozenten keine führungsaufgaben wahrgenommen hätten. gute führungsleistungen seien aber in der maßstabsbesprechung als ein wesentliches kriterium für eine prädikatsbeurteilung angeführt worden. zudem habe keiner der fünf neu hinzugekommenen dozenten der besoldungsgruppe a 15 eine prädikatsbeurteilung erhalten. von einer wesentlichen qualitätssteigerung durch die dozenten könne demnach keine rede sein. 19die absenkung seiner beurteilung lasse sich auch nicht damit erklären, dass sich seit der letzten beurteilung die beurteilungsrichtlinien geändert hätten. insbesondere sei es nicht zutreffend, dass die leitungskriterien nunmehr „deutlich differenzierter“ geworden seien. das gegenteil sei der fall, weil bislang insgesamt 20 merkmale (4 hauptmerkmale und 16 submerkmale) zu bewerten gewesen seien, nunmehr aber nur noch acht merkmale. demgemäß sprächen auch die amtlichen hinweise zur erläuterung der änderungen von einer „vereinfachung“ des beurteilungsverfahrens. 20die streitbefangene dienstliche beurteilung sei schließlich deshalb rechtsfehlerhaft, weil der endbeurteiler entgegen nr. 8.1 brl pol bei der bildung der gesamtnote keine bewertung der leistungs- und befähigungsmerkmale unter würdigung ihrer gewichtung und seiner - des klägers - gesamten persönlichkeit vorgenommen habe.21der kläger beantragt,22den beklagten zu verurteilen, seine dienstliche beurteilung durch das ministerium für inneres und kommunales des landes nordrhein-westfalen vom 9. dezember 2011 aufzuheben und ihn unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut dienstlich zu beurteilen.23der beklagte beantragt,24die klage abzuweisen.25er tritt der klage - bei einbeziehung seines vorbringens im eilverfahren - wie folgt entgegen:26die bildung der vergleichsgruppe aus polizeivollzugsbeamten und verwaltungsbeamten der polizeibehörden stehe im einklang mit den brl pol und dem leistungsgrundsatz. der endbeurteiler sei in rechtlich zulässiger weise von der statusamtsbezogenheit als vergleichsmaßstab ausgegangen. diese zusammensetzung sei vor dem hintergrund erfolgt, dass eine ausschließlich aus verwaltungsbeamten bestehende vergleichsgruppe lediglich aus 22 personen bestanden und somit der erforderliche mindestgröße nicht erreicht hätte. die behauptung des klägers, verwaltungsbeamte und polizeivollzugsbeamte stünden in bezug auf beförderungsämter nicht in einem tatsächlichen konkurrenzverhältnis, sei unzutreffend. es würden im bereich des mik nrw mit a 16 bewertete funktionen durchaus auch so ausgeschrieben, dass sich beide gruppen bewerben könnten.27der endbeurteiler habe dadurch, dass er die erstbeurteiler gebeten habe, vorschläge im prädikatsbereich zu begründen, keinen „maßstab“ im sinne einer vorbildhaften norm gesetzt. die begründungsbitte habe lediglich der vorbereitung der beurteilerbesprechung gedient. sie sei vor dem hintergrund der richtsätze und des im protokoll der maßstabsbesprechung festgehaltenen beurteilungsmaßstabes zu sehen, dass eine beanstandungsfreie aufgabenerfüllung noch keine prädikatsbeurteilung rechtfertige. es habe sich hierbei also nicht etwa um ein zusätzliches element zur bewertung der jeweiligen individuellen leistungen gehandelt. demnach seien auch die von dem vg gelsenkirchen geäußerten befürchtungen, durch die begründungspflicht werde eine wesentliche aufgabe der beurteilerbesprechung vorweggenommen und die begründungspflicht sei geeignet, einen abschreckungseffekt im hinblick auf prädikatsbeurteilungen zu erzielen, auf das hier in rede stehende verfahren nicht zu übertragen. dass ein abschreckungseffekt nicht bestanden habe, werde bereits an dem umstand deutlich, dass mehr als die hälfte der erstbeurteilungen ein gesamturteil von 4 oder 5 punkten ausgewiesen habe. in der beurteilerbesprechung habe zudem eine erörterung mit dem ziel, leistungsgerecht abgestufte und untereinander vergleichbare beurteilungen zu erreichen, tatsächlich stattgefunden.28die generelle delegation der schlusszeichnung der dienstlichen beurteilungen auf den leiter des referats 403 sei aus den in den urteilen des vg minden vom 27. juni 2013 - 4 k 991/12 - und des vg gelsenkirchen vom 10. april 2013 - 1 k 5349/12 - dargelegten gründen rechtmäßig gewesen. mr e1. sei als endbeurteiler gehalten und in der lage gewesen, sich die notwendige fachkompetenz im rahmen der endbeurteilerbesprechung vermitteln zu lassen. die verweildauer des endbeurteilers in seinem amt sei für die beurteilung unerheblich. der beurteiler müsse den zu beurteilenden nicht aus eigener anschauung kennen, da die beurteilung nicht notwendiger weise auf persönlichen eindrücken beruhen müsse.29die von dem beurteilungsvorschlag abweichende bewertung einzelner merkmale und der gesamtleistung durch den endbeurteiler sei rechtsfehlerfrei erfolgt. hierbei sei die anlegung eines behördenweit einheitlichen maßstabs gewahrt worden. liege der grund für die abweichung vorrangig in einzelfallübergreifenden erwägungen, so müsse die abweichungsbegründung, wie in der beurteilung des klägers geschehen, diesen aspekt in den mittelpunkt stellen. ergänzend sei folgendes auszuführen:die dem beurteilungsvorschlag beigefügte begründung des erstbeurteilers beschränke sich im wesentlichen auf die wiedergabe der von dem kläger ausgeübten tätigkeiten, die zwar verantwortungsvolle aufgaben beträfen, aber den anforderungen eines amtes der besoldungsgruppe a 15 entsprächen. aussagen über die tatsächlichen dienstlichen leistungen des klägers in diesen tätigkeitsbereichen seien nicht getroffen worden. das gelte auch für die vom kläger hervorgehobenen aufgaben der vertretung eines teildezernatsleiters oder der befassung mit der umstrukturierung bzw. neuorganisation von behörden und organisationseinheiten.soweit der kläger aus seiner langen zugehörigkeit zur vergleichsgruppe einen anspruch auf eine prädikatsbeurteilung herleite, sei grundsätzlich anzumerken, dass es in der vergleichsgruppe des klägers sechs beurteilte mit einem höheren beförderungsdienstalter gegeben habe. beurteilungen von vier dieser beamten seien gleichfalls abgeändert worden. bei den lediglich geringfügig dienstjüngeren beamten treffe dies auf zwei drittel der erstbeurteilervorschläge zu. das zeige deutlich die hohe leistungsdichte, die auch in betrachtung der in nr. 6 brl pol dargelegten regelvermutung zu den v.g. veränderungen geführt habe. insgesamt hätten knapp 60 v.h. der erstbeurteilungen im gesamturteil oder bei der bewertung der merkmale veränderungen erfahren.im hinblick darauf, dass dienstliche beurteilungen unabhängig von vorausgegangenen beurteilungen zu erstellen seien und es in das ermessen des beurteilers gestellt sei, ob und in welcher weise er sich mit früheren beurteilungen auseinandersetze, stehe der rechtmäßigkeit der streitigen beurteilung auch nicht entgegen, dass der kläger in seinen vorherigen dienstliche beurteilungen ein gesamturteil von 4 punkten erhalten habe.die hohe leistungsdichte in der vergleichsgruppe des klägers resultiere auch aus der einbeziehung der dozenten der fhöv nrw und der dhpol. dieser personenkreis sei nunmehr erstmalig in die vergleichsgruppe aufgenommen worden. ihn prägten eine oftmals langjährige tätigkeit im wissenschaftlichen bereich und eine längere zugehörigkeit zum statusrechtlichen amt. soweit der kläger einwende, die dozenten hätten keine führungsaufgaben wahrgenommen, sei anzumerken, dass dauerhaft gute führungsleistungen in der maßstabsbesprechung lediglich beispielhaft als grund für eine hervorhebung angeführt worden seien. von den zur leistungsstarken gruppe der beamten des landesamtes für fortbildung und personal nordrhein-westfalen (lafp nrw) gehörenden fünf dozenten im amt a 15 seien zwei mit einer prädikatsbeurteilung vorgeschlagen worden. der endbeurteiler habe die leistungen dieser dozenten zwar anders eingeschätzt und keine prädikatsbeurteilung vergeben. das ändere aber nichts daran, dass dieser personenkreis insgesamt zu einer anhebung des leistungsniveaus in der vergleichsgruppe beigetragen habe. im übrigen könne eine veränderung der leistungsdichte innerhalb einer vergleichsgruppe nicht nur durch neu hinzutretende beamte erfolgen. veränderungen insoweit könnten auch z.b. auf verschiebungen der personalstruktur beruhen, etwa infolge außergewöhnlich geringer oder hoher altersabgänge, eines beförderungsstaus oder -schubs.zudem habe sich das während des beurteilungszeitraums zu betrachtende leistungsbild durch die novellierung der brl pol verändert, weil die kriterien, die die dienstliche leistung definierten, einer wesentlichen veränderung unterzogen worden seien. dadurch, dass die bisherigen vier hauptmerkmale durch acht merkmale ersetzt worden seien, habe sich der gewichtungsmaßstab, unter dem die dienstlichen tätigkeiten zu bewerten seien, verschoben. so hätten die bisherigen hauptmerkmale für die bildung der gesamtnote an gewicht eingebüßt. bestimmte merkmale und kriterien seien neu einbezogen bzw. in ihrem gewicht verändert worden. die anzahl der das leistungsbild bestimmenden merkmale habe sich von vier auf acht verdoppelt.30die gesamtnote sei richtlinienkonform aus der bewertung der leistungs- und befähigungsmerkmale gebildet worden. entgegen der ansicht des klägers zwinge die bestimmung der nr. 8.1 brl pol keineswegs zu einer unterschiedlichen gewichtung der einzelnen merkmale, ermögliche diese vielmehr lediglich. bestehe kein bedürfnis für einen mit einer unterschiedlichen gewichtung der merkmale zu erzielenden steuerungseffekt, so wäre eine unterschiedliche gewichtung willkürlich. demnach wiesen alle merkmale der dienstlichen beurteilung des klägers richtlinienkonform einen gleichrangigen wert auf. aber auch eine solche gleichrangige wertzumessung der merkmale sei eine gewichtung im sinne der nr. 8.1 brl pol. nach dieser bestimmung dürfe das gesamturteil nicht strikt aus dem arithmetischen mittel der einzelnoten ermittelt werden. das gebot der plausibilität dienstlicher beurteilungen verlange zudem nicht, dass die bewertung der merkmale und das gesamturteil als zwingend folgerichtiges produkt der benotungen ihnen nachgeordneter einzelkriterien erscheine. es habe auch nicht etwa eine - positive - schlüssigkeitsprüfung stattzufinden. vielmehr könne die frage nur - negativ - dahin lauten, ob das gesamturteil in einem unlösbaren widerspruch zu den einzelbewertungen stehe. das werde aber selbst vom kläger nicht vorgetragen. die ergebnisfindung im falle des klägers sei folge des quervergleichs nach nr. 9.2 brl pol. der endbeurteiler sei angesichts der leistungsdichte in der vergleichsgruppe im quervergleich zu der erkenntnis gelangt, dass die leistungen bzw. leistungssteigerungen bei anderen beamten signifikanter gewesen seien und dazu geführt hätten, dass dem kläger trotz „gleichstand in den merkmalen“ im endeffekt kein besseres gesamturteil habe zugesprochen werden können.31wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der streitakte, der gerichtsakte - 2 l 445/12 - sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen.32
33die als allgemeine leistungsklage zulässige klage ist nicht begründet.34die durch dass mik nrw am 9. dezember 2011 zum beurteilungsstichtag 1. september 2011 erstellte dienstliche regelbeurteilung des klägers ist rechtmäßig und verletzt diesen nicht in seinen rechten. der kläger hat demnach keinen anspruch entsprechend § 113 abs. 5 satz 2 vwgo auf aufhebung der streitigen und erstellung einer neuen dienstlichen beurteilung unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts.35nach ständiger rechtsprechung,36vgl. nur bverwg, urteile vom 24. november 2005 - 2 c 34.04 ‑, nvwz 2006, 465; ovg nrw, beschluss vom 26. oktober 2000 ‑ 6 b 1281/00 ‑, död 2001, 261,37unterliegen dienstliche beurteilungen nur der eingeschränkten gerichtlichen überprüfung. die entscheidung des dienstherrn darüber, ob und in welchem grade ein beamter die für sein amt und für seine laufbahn erforderliche befähigung und fachlichen leistungen aufweist, ist nämlich ein dem dienstherrn von der rechtsordnung vorbehaltener akt wertender erkenntnis. die verwaltungsgerichtliche nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob die verwaltung den anzuwendenden begriff oder den gesetzlichen rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde erwägungen angestellt oder gegen verfahrensvorschriften verstoßen hat.38der gleichbehandlungsgrundsatz des art. 3 abs. 1 gg gebietet es ferner, dass der dienstherr, wenn er für einen verwaltungsbereich beurteilungsrichtlinien geschaffen hat, diese gleichmäßig auf alle zu beurteilenden beamten anwendet. dabei obliegt es zunächst der verwaltung selbst, ihre richtlinien auszulegen und für den einzelnen fall zu konkretisieren. die gerichtliche kontrolle ist insoweit auf die prüfung beschränkt, ob das tatsächlich durchgeführte beurteilungsverfahren die in den beurteilungsrichtlinien vorgegebenen wesentlichen verfahrensstadien und abläufe eingehalten hat und ob die beurteilten beamten nach den gleichen maßstäben beurteilt worden sind.39vgl. etwa bverwg, urteil vom 30. april 1981 - 2 c 8.79 -, nvwz 1982, 101.40die beurteilung des klägers unterliegt hiernach keinen zu ihrer aufhebung führenden rechtlichen bedenken.41das beurteilungsverfahren richtet sich nach den brl pol. hiernach sind die beamten alle drei jahre zu einem stichtag dienstlich zu beurteilen (nr. 3.1). es sind sieben bzw. (bei beamten mit führungsaufgaben) acht leistungs- und befähigungsmerkmale zu bewerten und aus der bewertung dieser merkmale unter würdigung ihrer gewichtung und der gesamtpersönlichkeit des beamten eine gesamtnote (gesamturteil) zu bilden. hierbei sind jeweils punktwerte zwischen 1 punkt („entspricht nicht den anforderungen“) und 5 punkten („übertrifft die anforderungen in besonderem maße“) zu vergeben (nrn. 6.1, 6.2 und 8.1). das beurteilungsverfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass zunächst durch einen vorgesetzten (den sog. erstbeurteiler) des zu beurteilenden beamten ein beurteilungsvorschlag erstellt wird (nr. 9.1). der erstbeurteiler muss in der lage sein, sich aus eigener anschauung ein urteil über den zu beurteilenden zu bilden. in besonders gelagerten ausnahmefällen kann hiervon abgewichen werden (nr. 9.1 „erstbeurteilung“ abs. 3 satz 2 bis 4). der erstbeurteiler beurteilt unabhängig und ist an weisungen nicht gebunden (nr. 9.1 „erstbeurteilung“ abs. 3 satz 1). er hat zu beginn des beurteilungsverfahrens mit dem zu beurteilenden ein gespräch zu führen, in dem dieser die möglichkeit haben soll, die aus seiner sicht für die beurteilung wichtigen punkte darzulegen (nr. 9.1 „erstbeurteilung“ abs. 1 und 2). nach abfassung der erstbeurteilung und deren weiterleitung auf dem dienstweg erstellt der schlusszeichnende die eigentliche beurteilung (nr. 9.2). er ist zur anwendung gleicher beurteilungsmaßstäbe verpflichtet und soll bei regelbeurteilungen die zur einheitlichen anwendung festgelegten richtsätze für überdurchschnittliche beurteilungen (4 und 5 punkte) berücksichtigen (abs. 1). er entscheidet abschließend über die beurteilung der merkmale und das gesamturteil (abs. 2 satz 1) und zieht hierbei zur beratung weitere personen- und sachkundige bedienstete, u.a. die gleichstellungsbeauftragte, heran (beurteilerbesprechung). die beurteilungen sind in der beurteilerbesprechung mit dem ziel zu erörtern, leistungsgerecht abgestufte und untereinander vergleichbare beurteilungen zu erreichen (abs. 2 satz 2 und 3). stimmen erst- und endbeurteilung bei der bewertung der merkmale und des gesamturteils nicht überein, so hat der schlusszeichnende die abweichende beurteilung zu begründen (nr. 9.2 abs. 3 satz 1).42die beurteilung des klägers ist unter beachtung der vorstehend dargelegten form- und verfahrensvorschriften erstellt worden. das erkennende gericht vermag auch keine durchgreifenden materiell-rechtlichen fehler der beurteilung festzustellen.43soweit der antragsteller die zusammenfassung der verwaltungsbeamten der besoldungsgruppe a 15 bbeso (regierungsdirektoren) und der polizeivollzugsbeamten derselben besoldungsgruppe (polizei-/kriminaldirektoren) zu einer vergleichsgruppe in frage stellt, dringt er nicht durch. zwar sollen nach nr. 8.2.1 abs. 1 spiegelstrich 1 brl pol in erster linie beamte derselben laufbahn und derselben besoldungsgruppe eine vergleichsgruppe bilden. stehen aber nach dem stellenplan beamte verschiedener laufbahnen miteinander in konkurrenz, so können auch beamte derselben laufbahngruppe und derselben besoldungsgruppe in eine gemeinsame vergleichsgruppe einbezogen werden (spiegelstrich 2 a.a.o.). so liegt der fall hier. der vergleichsgruppe des klägers gehören beamte derselben besoldungsgruppe (a 15 bbeso) und derselben laufbahngruppe (höherer dienst) an. wie der beklagte - im eilverfahren - durch vorlage mehrerer stellenausschreibungen aufgezeigt hat, kommt es in stellenbesetzungsverfahren durchaus auch tatsächlich zu einer konkurrenz zwischen polizeivollzugs- und verwaltungsbeamten. eine solche - nicht lediglich theoretische - möglichkeit reicht aus, zumal dem dienstherrn bei der bewertung der homogenität einer vergleichsgruppe ein beurteilungsspielraum zusteht.44vgl. ovg nrw, beschluss vom 24. november 2006 - 6 b 2124/06 -, juris.45die vergleichsgruppenbildung nach nr. 8.2.1 abs. 1 spiegelstrich 2 brl pol steht auch im einklang mit § 10a abs. 2 satz 2 lvo nrw. denn hiernach wird die zugehörigkeit zu einer vergleichsgruppe in erster linie nach der besoldungsgruppe der zu beurteilenden beamten bestimmt.46so bereits beschluss der kammer vom 11. mai 2012 - 2 l 445/12 -, juris.47das erkennende gericht teilt auch nicht die auffassung des klägers, die seitens des endbeurteilers an die erstbeurteiler gerichtete „bitte“, vorschläge für beurteilungen mit einer gesamtnote von 4 oder 5 punkten mit einer kurzen separaten begründung zu versehen, sei mit den beurteilungsrichtlinien nicht vereinbar und führe deshalb zur rechtswidrigkeit seiner beurteilung.48dem kläger ist zwar zuzugeben, dass es sich bei dieser im protokoll der maßstabsbesprechung festgehaltenen „bitte“ nicht lediglich um eine ins ermessen der erstbeurteiler gestellte anregung handelte, diese vielmehr von den erstbeurteilern als verbindliche anweisung verstanden werden musste, so dass die erstbeurteiler insbesondere nicht davon ausgehen konnten, der endbeurteiler werde ohne eine solche zusätzliche schriftliche begründung einen auf 4 oder 5 punkte lautenden beurteilungsvorschlag ohne weiteres übernehmen. zutreffend ist ferner, dass die brl pol ein derartiges begründungserfordernis nicht ausdrücklich vorsehen. diese umstände führen aber nicht zur rechtswidrigkeit der streitbefangenen dienstlichen beurteilung.49für die rechtmäßigkeit einer dienstlichen beurteilung kommt es nicht auf den wortlaut der beurteilungsrichtlinie an, die keine (außen-)rechtsnorm ist, sondern nur eine einheitliche verwaltungspraxis sicherstellen soll. der dienstherr muss lediglich aus gründen der gleichbehandlung das gewählte beurteilungssystem gleichmäßig auf alle beamten anwenden, die bei beamtenrechtlichen entscheidungen miteinander in wettbewerb treten können. so können auch beurteilungsrichtlinien, die eine inhaltlich vorgezeichnete verwaltungspraxis vorwegnehmend festlegen, durch eine vom richtliniengeber gebilligte oder zumindest geduldete verwaltungspraxis geändert werden.50vgl. ovg nrw, beschluss vom 5. oktober 2010 - 6 a 210/10 -, juris, mit weiteren nachweisen.51das mik nrw und damit der vorschriftengeber selbst hat hier im verfahren der regelbeurteilung der beamten des höheren dienstes landeseinheitlich ein über den wortlaut der beurteilungsrichtlinien hinausgehendes erfordernis aufgestellt, ist also in diesem sinne von seiner in den beurteilungsrichtlinien festgelegten verwaltungspraxis abgewichen. da die „bitte“, vorschläge für prädikatsbeurteilungen besonders zu begründen, gleichmäßig alle angehörigen der vergleichsgruppe des klägers betraf, ist dieser hierdurch auch nicht in seinem recht auf gleichbehandlung (vgl. art. 3 gg) verletzt.52abgesehen davon teilt das erkennende gericht auch nicht die auf das urteil des vg gelsenkirchen vom 26. oktober 2012 (- 1 k 30/12 -, juris rn. 4 und 23 ff.) gestützte einschätzung des klägers, das begründungserfordernis passe deshalb nicht in das system der brl pol, weil hierdurch die wesentliche aufgabe der beurteilerbesprechung durch den erstbeurteiler vorweggenommen und damit von der ebene der endbeurteilung auf die ebene des erstbeurteilervorschlags verlagert werde.53vielmehr liefert die begründung eines prädikatsvorschlags im rahmen des verfahrens zur regelbeurteilung der beamten des höheren dienstes für den endbeurteiler ein geeignetes, wenn nicht gar unentbehrliches zusätzliches erkenntnismittel, um der ihm nach nr. 9.2 brl pol übertragenen verpflichtung, leistungsgerecht abgestufte und untereinander vergleichbare beurteilungen zu erstellen, gerecht werden zu können. im verfahren zur beurteilung der beamten des höheren dienstes, in dem die behördenleiter als erstbeurteiler fungieren, fehlt es an weiteren beiträgen, wie sie üblicherweise die vorgesetzten des erstbeurteilers liefern (vgl. nr. 9.1 „erstbeurteilung“ abs. 5 brl pol). würde der leistungsvergleich vollständig in die beurteilerbesprechung verlagert, wäre er kaum sachgerecht zu leisten. das gilt namentlich dann, wenn der endbeurteiler - wie in der 172 personen umfassenden vergleichsgruppe des klägers - vor der schwierigen aufgabe steht, den für prädikatsbeurteilungen vorgesehenen richtsätzen (vgl. nr. 8.2.2 brl pol) geltung zu verschaffen, weil die erstbeurteiler prädikatsbeurteilungen in einem die richtsätze deutlich übersteigenden umfang vorgeschlagen haben. von einer „entwertung“ der beurteilerbesprechung kann im verfahren zur beurteilung der beamten des höheren dienstes auch deshalb schwerlich die rede sein, weil bei dieser gelegenheit - sieht man von wenigen ausnahmen, wie der gleichstellungsbeauftragten, ab - neben den erstbeurteilern weitere personen- und sachkundige bedienstete nicht zur verfügung stehen. nach allem erweist sich angesichts der bei der beurteilung des beamten des höheren dienstes gegebenen besonderen konstellation die dem beurteilungsvorschlag beigefügte nähere darstellung herausgehobener leistungen nicht nur als ein geeigneter, sondern auch als ein notwendiger beitrag zur erstellung leistungsgerecht abgestufter beurteilungen.54das begründungserfordernis für prädikatsbeurteilungen begründet oder erhöht nach auffassung der kammer zudem nicht entscheidungserheblich die gefahr, dass der umfassende leistungsvergleich, insbesondere auch unter einbeziehung der lediglich auf 3 punkte lautenden beurteilungsvorschläge, unterbleibt. ausweislich des protokolls über die am 16. november 2011 durchgeführte beurteilerbesprechung hatte der endbeurteiler sich zwar im vorfeld der besprechung mit den begründungen befasst und somit auch bereits eine vorläufige einschätzung hinsichtlich des leistungsbildes der einzelnen angehörigen der vergleichsgruppe gewinnen können. er hat aber in der beurteilerbesprechung sämtliche beurteilungsvorschläge und die begründungen ausdrücklich zur diskussion gestellt. die teilnehmenden erstbeurteiler hatten demnach durchaus die möglichkeit, „ihre“ mit lediglich 3 punkten vorgeschlagenen beamten auch für eine prädikatsbeurteilung ins spiel zu bringen, wenn sie der auffassung waren, dass diese im vergleich zu den mit 4 oder 5 punkten vorgeschlagenen beamten anderer behörden gleichwertige leistungen erbracht hatten. mangels - jenseits des protokolls - weiterer erkenntnisse über ablauf und inhalt der beurteilerbesprechung vermag daher die einschätzung des vg gelsenkirchen (a.a.o.) nicht zu überzeugen, es sei wahrscheinlich, dass die beurteilungen der mit 3 punkten vorgeschlagenen beamten keiner erneuten behördenweiten prüfung, jedenfalls aber keinem vergleich mit einem 4 punkte-beurteilungsvorschlag unterzogen würden.55vgl. hierzu auch eingehend vg minden, urteil vom 27. juni 2013 - 4 k 991/12 -, juris rn. 41 ff.56einen verstoß gegen das gebot der beurteilungswahrheit deshalb, weil die begründungspflicht geeignet sein könnte, einen abschreckungseffekt im hinblick auf prädikatsbeurteilungen auszulösen, vermag die kammer gleichfalls nicht zu erkennen. dass sich ein behördenleiter durch den mit der begründungspflicht einhergehenden erhöhten verwaltungsaufwand davon abhalten lässt, für „seine leute“ erstbeurteilervorschläge im prädikatsbereich zu unterbreiten, wenn er dies aufgrund der leistungen dieser beamten für gerechtfertigt hält, liegt angesichts der üblichen bestrebung, besonders qualifizierte beamte aus dem eigenen haus möglichst zu fördern, gänzlich fern. eine solche gefahr hat sich zudem tatsächlich nicht realisiert. zum einen ist gerade auch der kläger von seinem erstbeurteiler unter beifügung einer gesonderten begründung mit 4 punkten vorgeschlagen worden. zum anderen belief sich der anteil der prädikatsvorschläge insgesamt auf deutlich über 50 %. er übertraf daher den von den brl pol hierfür vorgesehenen anteil von 30 % erheblich.57vgl. hierzu auch vg minden, urteil vom 27. juni 2013 - 4 k 991/12 -, juris rn. 39 ff.58das erkennende gericht teilt ferner nicht den eher spekulativ erscheinenden ansatz des vg gelsenkirchen, es liege nahe, dass der erstbeurteiler in der zusätzlich abzugebenden begründung unter verstoß gegen art. 33 abs. 2 gg auch auf leistungsfremde aspekte zurückgreife, die über die von ihm vorgeschlagene leistungs- und befähigungsbewertung hinausgingen und über die zusätzliche begründung eingang in die dienstliche beurteilung fänden. gegen die berechtigung einer derartigen vermutung spricht auch, dass der vorschlag und die darin enthaltenen „leistungsfremden aspekte“, um tatsächlich eingang in die beurteilung zu finden, der aufmerksamkeit des endbeurteilers entgehen müssten.59die bestimmung des mr e1. zum endbeurteiler ist von rechts wegen gleichfalls nicht zu beanstanden.60die durch nr. 9.4 absatz 2 satz 2 brl pol vorgenommene generelle delegation der schlusszeichnung der dienstlichen beurteilungen der beamten des höheren dienstes im bereich der polizei auf den leiter des referats für personalangelegenheiten der polizei (referat 403) kann sich auf die grundsätzliche befugnis des behördenleiters - hier des ministers - stützen, auch im bereich dienstlicher beurteilungen aufgaben allgemein zu übertragen. die befugnis zur delegation der schlusszeichnung muss insbesondere auch nicht durch eine ausdrückliche gesetzliche legitimation vermittelt werden.61vg gelsenkirchen, urteil vom 10. april 2013 - 1 k 5349/12 -, zitiert nach vg minden, urteil vom 27. juni 2013 - 4 k 991/12 -, juris rn. 27.62auch sind keine überzeugenden gründe vorgetragen oder sonst ersichtlich, die gerade in bezug auf die person des endbeurteilers ausnahmsweise gegen eine rechtsfehlerfreie delegation der schlusszeichnung sprechen könnten. der umstand, dass mr e1. erst kurz zuvor die leitung des referats 403 und somit die aufgabe des endbeurteilers für die beamten des höheren dienstes der polizeibehörden übernommen hatte, die leistung und befähigung der zu beurteilenden mithin schon aus diesem grund nicht aus eigener anschauung beurteilen konnte, ist unschädlich. anders als der erstbeurteiler (vgl. nr. 9.1 “erstbeurteilung“ abs. 3 satz 2 brl pol) muss der endbeurteiler nicht über derartige unmittelbaren kenntnisse verfügen. er kann sich die notwendigen grundlagen durch die beurteilungsvorschläge der erstbeurteiler - hier ggf. ergänzt durch die schriftliche begründung des prädikatsvorschlags - und die beratung in der beurteilerbesprechung verschaffen (vgl. nr. 9.2 brl pol). dafür, dass mr e1. die für eine sachgerechte durchführung des beurteilungsverfahrens nach den brl pol erforderlichen kenntnisse, auch etwa hinsichtlich des tätigkeitsspektrums der polizei in fachspezifischer hinsicht, gefehlt hätten, er sich diese jedenfalls nicht hat aneignen können, fehlt es an jeglichem anhalt.63ebenso vg gelsenkirchen, urteil vom 10. april 2013 - 1 k 5874/12 -, s. 14 ff. des urteilsabdrucks.64die dienstliche beurteilung des klägers erweist sich auch nicht etwa deshalb als rechtswidrig, weil sie sich bei der bewertung der dem gesamturteil zugrundeliegenden acht leistungs- und befähigungsmerkmale (vgl. nr. 6.1 brl pol) gemäß nr. 6.2 brl pol auf die festsetzung von punktwerten (3 bzw. 4 punkte) und entsprechende notenbeschreibungen („entspricht voll den anforderungen“ bzw. „übertrifft die anforderungen“) beschränkt hat. das erkennende gericht folgt nicht der auf die rechtsprechung des vgh baden-württemberg65- vgl. beschluss vom 29. november 2010 - 4 s 2416/10 -, vblbw 2011, 278, sowie urteile vom 31. juli 2012 - 4 s 575/12 - und vom 25. september 2012 - 4 s 660/11 -, jeweils juris -; ähnlich vg darmstadt, urteil vom 16. märz 2012 – 1 k 632/11.da -, juris -66gestützten auffassung des vg aachen67- vgl. urteil vom 24. oktober 2013 - 1 k 1117/12 -, juris -,68dass die dienstliche beurteilung bereits dann rechtsfehlerhaft sei, wenn entgegen nr. 6.1 abs. 2 brl pol in die bewertung der acht leistungs- und befähigungsmerkmale nicht die den merkmalen jeweils zugewiesenen kriterien (z.b. bei dem merkmal arbeitsorganisation: „planung und zielgerichtete ausrichtung von arbeitsabläufen“ ‑ „prioritäten berücksichtigen“ - „effizienz“) einbezogen worden seien.69im hinblick darauf, dass der kläger des vorliegenden verfahrens derartige rechtliche bedenken nicht geltend gemacht hat, verweist das erkennende gericht insoweit auf die urteilsgründe früherer entscheidungen der kammer, wonach die bewertung der merkmale ohne ein ausdrückliches eingehen auf die zugehörigen einzelkriterien in der beurteilung selbst weder den anspruch des beurteilten aus art. 33 abs. 2 gg noch - bezogen auf das gerichtliche verfahren - aus art. 19 abs. 4 gg verletzt.70vgl. vg e. , urteile vom 20. märz 2013 - 2 k 2090/12 -, juris rn. 70 ff., und vom 16. april 2013 - 2 k 3074/12 -, juris rn. 73 ff.71diese rechtsansicht wird auch durch das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen vertreten,72vgl. beschluss vom 29. juli 2013 - 6 b 509/13 -, juris, rn. 11 ff.73der endbeurteiler hat der dienstlichen beurteilung des klägers auch eine den anforderungen der nr. 9.2 „schlusszeichnung“ abs. 3 satz 1 brl pol genügende abweichungsbegründung beigefügt. nach dieser bestimmung hat der schlusszeichnende seine abweichende beurteilung zu begründen, wenn erst- und endbeurteilung bei der bewertung der merkmale und des gesamturteils nicht übereinstimmen. dieses begründungserfordernis ist eine ausprägung der allgemein bestehenden pflicht des dienstherrn zur plausibilisierung dienstlicher beurteilungen.74ovg nrw, beschluss vom 5. august 2004 – 6 b 1158/04 -, död 2005, 61 f.75umfang und intensität der abweichungsbegründung haben sich daran auszurichten, was angesichts des vorgesehenen beurteilungsverfahrens überhaupt möglich und zulässig ist. beruht die endbeurteilung nicht auf einer abweichenden bewertung des individuellen leistungs- und befähigungsprofils, sondern auf einzelfallübergreifenden erwägungen, etwa der korrektur einer zu wohlwollenden oder zu strengen, vom allgemeinen beurteilungsmaßstab abweichenden grundhaltung des erstbeurteilers und/oder auf einem allgemeinen quervergleich mit den beurteilungen der weiteren zur vergleichsgruppe gehörenden personen unter gleichzeitiger berücksichtigung der richtsätze, kann bzw. muss die abweichungsbegründung diese gesichtspunkte in den mittelpunkt stellen.76vgl. ovg nrw, urteil vom 13. februar 2001 - 6 a 2966/00 -, nwvbl 2002, 351, und beschluss vom 28. juni 2006 ‑ 6 b 618/06 ‑, zbr 2006, 390.77derartige einzelfallübergreifende erwägungen können durchaus auch dann platz greifen, wenn - wie hier die merkmale leistungsgüte und leistungsumfang - nur einzelne und nicht sämtliche einzelkriterien (merkmale) abweichend vom erstbeurteilervorschlag bewertet werden. die absenkung muss folglich nicht zwingend „linear“, also bei allen merkmalen gleichförmig, erfolgen.78vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 19. april 2011 - 6 b 35/11 -, juris rn. 33 ff., und vom 15. juli 2011 ‑ 6 a 637/11 -, juris rn. 7 ff.79hiernach erweist sich die der streitbefangenen dienstlichen beurteilung beigefügte, auf einzelfallübergreifende erwägungen abstellende abweichungsbegründung als tragfähig. diese - im tatbestand im einzelnen wiedergegebene - begründung weist aus, dass der endbeurteiler bei zugrundelegung eines strengen beurteilungsmaßstabs, unter orientierung an den vorgegebenen richtsätzen und ausgehend von einer hohen leistungsdichte innerhalb der vergleichsgruppe zu der einschätzung gelangt ist, dass leistungsgüte und leistungsumfang der tätigkeit des klägers im beurteilungszeitraum sowie dessen leistung und befähigung insgesamt nicht (ganz) das niveau der leistungen der mit 4 oder 5 punkten beurteilten beamten erreicht haben. auch eine derartige abweichungsbegründung wird ungeachtet dessen, dass sie sich auf allgemeine erwägungen stützt und der darstellung individueller, gerade auf die person des beurteilten bezogener gründe enthält, dem begründungserfordernis der brl pol gerecht.80der beklagte ist darüber hinaus in noch ausreichendem maße seiner verpflichtung nachgekommen, die in der beurteilung des klägers erfolgte allgemeine und pauschale formulierung der werturteile durch weitere nähere darlegungen zu erläutern, zu konkretisieren und dadurch plausibel zu machen.81die abweichungsbegründung kann in grundsätzlich zulässiger weise auch noch nachträglich ergänzt und erläutert werden.82vgl. etwa ovg nrw, beschluss vom 15. juli 2011 - 6 a 637/11 -, juris rn. 4 ff., m.w.n.83die obliegenheit zur plausibilisierung dienstlicher beurteilungen ist davon abhängig, ob bzw. inwieweit der beurteilte beamte selbst erläuterungsbedarf sieht. denn nach allgemeinen grundsätzen ist der umfang der im einzelfall gebotenen begründung von dem umfang und der substanz der gegen die beurteilung erhobenen einwendungen abhängig.84bverwg, urteil vom 26. juni 1980 – 2 c 8.78 -, bverwge 60, 245 ff., beschluss vom 17. märz 1993 ‑ 2 b 25.93 ‑, död 1993, 179, und urteil vom 11. november 1999 – 2 a 6.98 -, zbr 2000, 269.85ausgehend hiervon hat der beklagte die abweichungen des endbeurteilers von dem beurteilungsvorschlag des erstbeurteilers hinreichend und (ganz überwiegend) mit tragfähigen erwägungen weitergehend erläutert.86das trifft insbesondere auf den bereits im eilverfahren - 2 l 445/12 - aufgezeigten umstand zu, dass die dem beurteilungsvorschlag beigefügte begründung des erstbeurteilers sich im wesentlichen auf die wiedergabe der von dem kläger ausgeübten zwar anspruchsvollen, aber einem amt eines regierungsdirektors angemessenen tätigkeiten beschränkt habe und keine hinweise auf außergewöhnliche leistungen des klägers in diesen aufgabenbereichen enthalte. das erweist sich auch als inhaltlich zutreffend. hervorgehoben werden dort insbesondere die (hohe) personelle verantwortung für ca. 45 mitarbeiter/innen, die führung, steuerung und koordinierung der arbeitsabläufe im dezernat, die verantwortung für beschaffungen und leistungserbringung im bereich von bis zu 150 bzw. 55 millionen euro sowie die vertretung des lzpd nrw gegenüber verschiedensten stellen und gruppen in schwierigen (vergabe-)verfahren und komplizierten rechtsangelegenheiten. zwar kann dieser darstellung wohl zugleich entnommen werden, dass der kläger sich diesen aufgaben aus der sicht seines dienstvorgesetzten gewachsen gezeigt hat. auch eine solche wertende erkenntnis musste den endbeurteiler aber nicht dazu veranlassen, den kläger dem „quotierten“ bereich zuzuordnen. das hatte er im übrigen bereits vorab in der maßstabsbesprechung allgemein klargestellt. in dem hierüber erstellten protokoll ist etwa festgehalten: „die solide, beanstandungsfreie aufgabenerfüllung allein rechtfertigt noch keine hervorhebung auf einen notenwert von mehr als 3 punkten“. in diesem bereich bewegt sich aber die darstellung des erstbeurteilers überwiegend. selbst wenn mit der formulierung: „die erfolgreiche erledigung der arbeitsraten im dezernat wird vom beurteilten trotz deutlich angespannter personalsituation […] gewährleistet“ die leistungen des klägers in einem teilbereich hervorgehoben worden sein sollten, konnte der endbeurteiler bei der gebotenen gesamtbetrachtung des inhalts der ergänzenden stellungnahme des erstbeurteilers im vergleich mit den sonstigen begründungen der prädikatsvorschläge rechtsfehlerfrei zu der einschätzung gelangen, dass leistung und befähigung des klägers mit einer im oberen bereich des punktwertes 3 liegenden beurteilung angemessen bewertet seien.87die beurteilung des klägers ist auch nicht deshalb unschlüssig, weil sie schlechter ausgefallen ist als die vorangegangenen beurteilungen. wie der beklagte zutreffend ausgeführt hat, ist in jeder beurteilungsrunde eine eigenständige bewertung der im jeweiligen beurteilungszeitraum gezeigten leistung und befähigung vorzunehmen, und zwar im quervergleich mit gerade den beamten, die zum beurteilungsstichtag derselben vergleichsgruppe angehörten. bereits aus diesen gründen ist es naheliegend, dass die bewertung der leistung und befähigung des einzelnen beamten anders ausfallen kann als in der vorbeurteilung. die vergleichbarkeit der aktuellen beurteilung mit den vorangegangenen beurteilungen ist im falle des klägers zudem dadurch erschwert, dass diesen andere beurteilungsrichtlinien zugrunde lagen. so war die durch das mik nrw unter dem 26. november 2010 pol für den zeitraum vom 1. juli 2009 bis 30. juni 2010 nach nr. 3.4 brl erstellte vorbeurteilung noch nach den brl pol a.f. erfolgt. hiernach waren vier hauptmerkmale - mit nachgeordneten submerkmalen - zu bewerten, während in der streitbefangenen beurteilung auf der grundlage der brl pol acht leistungs- und befähigungsmerkmale zu beurteilen waren. aus diesem grunde erweist sich der hinweis des beklagten darauf, dass die nach erstellung der letzten beurteilung vorgenommene novellierung der beurteilungsrichtlinien das zu betrachtende leistungsbild verändert und somit die möglichkeit einer geänderten bewertung der leistung und befähigung des einzelnen beamten eröffnet habe, unabhängig davon als tragfähig, ob die neufassung der brl pol - wie der beklagte annimmt - eine differenziertere beurteilung ermöglicht oder - wie der kläger meint - eine vereinfachung des beurteilungsverfahrens bewirkt hat. soweit der kläger darauf verweist, dass er auch in den vorangegangenen, noch durch die bezirksregierung gefertigten beurteilungen 4 punkte erhalten hat, ist ihm entgegenzuhalten, dass diese nicht auf richtlinien zur beurteilung von beamten im bereich der polizei beruhten und eine völlig anders zusammengesetzte vergleichsgruppe betrafen.88der endbeurteiler hat auch hinreichend dargelegt, warum er den umstand, dass der kläger bereits seit dem jahr 1998 das amt des regierungsdirektors innehat und auf langjährige tätigkeiten als dezernatsleiter in unterschiedlichen aufgabenbereichen verweisen kann, nicht zum anlass genommen hat, den kläger mit 4 punkten zu beurteilen. zwar ist nach der bestimmung der nr. 6 brl pol, die auch in der maßstabsbesprechung ausdrücklich angesprochen worden war, in der regel anzunehmen, dass sich bei der bewertung der merkmale die dienst- und lebenserfahrung positiv auf das leistungsbild auswirken. es handelt sich hierbei aber lediglich um eine „regelvermutung“, die im einzelfall auch widerlegt ist, wenn sich dienst- und lebenserfahrung in der ausprägung der leistungs- und befähigungsmerkmale oder in der eignung des beamten nicht niedergeschlagen haben. haben im vergleich hierzu lebens- und dienstjüngere kollegen bessere leistungen erbracht, so haben sich die höhere lebens- und diensterfahrung gerade nicht in besonderer (positiver) weise ausgewirkt. in diesem fall gebietet es der leistungsgrundsatz, den dienstjüngeren beamten besser zu beurteilen. unter berücksichtigung dieser maßstäbe und vor dem hintergrund der richtsätze ist der endbeurteiler zu dem ergebnis gelangt, dass auch eine reihe dienstjüngerer beamter der besoldungsgruppe a 15 bbeso sich als besser qualifiziert erwiesen hat als der kläger, dem ein vordringen in den prädikatsbereich (knapp) versagt geblieben ist. tragfähig ist in diesem zusammenhang zudem die erwägung des beklagten, dass die auf der grundlage der beurteilungsvorschläge der erstbeurteiler zu verzeichnende deutliche überschreitung der in nr. 8.2.2 brl pol festgelegten richtsätze für prädikatsbeurteilungen es erforderlich gemacht habe, einen intensiven leistungsvergleich in der vergleichsgruppe vorzunehmen, der dazu geführt habe, dass bei rund 60 % der erstbeurteilungen veränderungen im gesamturteil und/oder bei der bewertung einzelner merkmale erfolgt seien.89soweit der kläger aus dem ergebnis der ende 2011 durchgeführten mitarbeiterbefragung im lzpd nrw, die ihm „hohe sympathiewerte“ eingebracht habe, herleiten will, dass ihm eine überdurchschnittliche beurteilung hätte zuerkannt werden müssen, ist ihm zum einen entgegenzuhalten, dass einschätzungen von am beurteilungsverfahren nicht beteiligten dritten nicht maßgeblich sind. zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass der kläger im merkmal mitarbeiterführung, zu dem die befragung wohl den engsten bezug hat, sowohl vom erst- als auch vom endbeurteiler mit 4 punkten beurteilt worden ist. 90der umstand, dass eine darüber hinausgehende erwägung des beklagten weniger zu überzeugen vermag, bewirkt nicht, dass die nachvollziehbarkeit und plausibilität der bewertung der merkmale leistungsgüte und leistungsumfang sowie des gesamturteils entfielen. als nicht wirklich tragfähig erweist sich allerdings der hinweis des beklagten darauf, dass es in der vergleichsgruppe des klägers durch das erstmalige hinzutreten von dozenten der fhöv nrw und der dhpol zu einer erhöhung der leistungsdichte gekommen sei. denn im hinblick darauf, dass letztlich keiner dieser fünf dozenten eine prädikatsbeurteilung erhalten hat, liegt es eher fern, dass gerade diese personengruppe zu der erhöhten leistungsdichte beigetragen hat. im hinblick darauf, dass bei einer gesamtstärke der vergleichsgruppe von 172 beamten die aus lediglich fünf personen bestehende gruppe der dozenten ohnehin schwerlich geeignet ist, die leistungsstärke innerhalb der vergleichsgruppe entscheidend zu beeinflussen, kann praktisch ausgeschlossen werden, dass sich diese - zudem erstmalig im klageverfahren nachgeschobene - nicht tragfähig erscheinende erwägung auf das beurteilungsergebnis ausgewirkt hat.91schließlich ist auch gegen die durch den endbeurteiler erfolgte bestimmung der gesamtnote auf 3 punkte von gerichts wegen nichts zu erinnern. nach nr. 8.1 brl pol ist die gesamtnote aus der bewertung der leistungs- und befähigungsmerkmale unter würdigung ihrer gewichtung und der gesamtpersönlichkeit des beamten zu bilden.92der beklagte hat klargestellt, dass er bei der beurteilung der beamten des höheren dienstes der polizeibehörden die nach nr. 6.1 brl pol zu bewertenden acht merkmale nicht unterschiedlich, sondern gleichrangig gewichtet. hiermit bewegt er sich innerhalb der beurteilungsrichtlinien. die bestimmung der nr. 8.1 brl pol enthält keine verpflichtung zu einer differenzierten gewichtung der merkmale. die kammer teilt zudem die auffassung des beklagten, dass auch eine gleichrangige wertzumessung der merkmale eine gewichtung im sinne der nr. 8.1 brl pol darstellen kann.93vgl. aber dazu, dass eine unterschiedliche gewichtung der merkmale bereits bei der bildung der gesamtnote geboten sein kann, wenn - nachfolgend - bei einer inhaltlichen ausschärfung der dienstlichen beurteilungen im rahmen von beförderungsauswahlentscheidungen eine solche differenzierte betrachtung der merkmale erfolgt, urteil der kammer vom 16. april 2013 - 2 k 3074/12 -, juris rn. 52.94ausgehend davon, dass es nach nr. 8.1 brl pol einer unterschiedlichen gewichtung der merkmale nicht bedarf, erweist sich die von dem endbeurteiler vergebene gesamtnote von 3 punkten als plausibel. erfolgt eine bewertung der acht merkmale mit 4 x 3 punkten und 4 x 4 punkten, so erscheint sowohl ein gesamturteil von 3 punkten als auch ein solches von 4 punkten als schlüssig. da die gesamtnote nicht als arithmetisches mittel zu bilden ist (vgl. nr. 8.1 satz 2 brl pol), könnte auch nicht mit erfolg geltend gemacht werden, der rechnerische mittelwert von 3,50 müsse über die aufrundung ein gesamturteil von 4 punkten zur folge haben.95es kann letztlich dahinstehen, ob bei einer solchen ausgangslage („patt“) der beurteiler verpflichtet ist näher darzulegen, warum er gerade zu dem einen der beiden möglichen gesamturteile gelangt ist, oder ob die frage, wie der beklagte meint, nur - negativ - dahin lauten kann, ob das gesamturteil - was vorliegend gerade nicht der fall ist - in einem unlösbaren widerspruch zu den einzelbewertungen steht. denn der endbeurteiler hat bereits in der beurteilung eine begründung geliefert, warum er sich bei dieser ausgangslage für 3 punkte im gesamturteil entschieden hat. im letzten absatz der abweichungsbegründung heißt es insoweit:96die leistungen des herrn rd t. werden mit dem gesamturteil 3 punkte (entspricht voll den anforderungen) bewertet. trotz einzelnen merkmale, die auf die nächsthöheren beurteilungsnote hinweisen, führen die gewichtung der merkmale untereinander und die erzielten leistungsergebnisse in der gesamtbetrachtung unter berücksichtigung des strengen beurteilungsmaßstabes dazu, dass auf das v.g. gesamturteil zu erkennen ist.97der endbeurteiler hat hiermit aufgezeigt, dass er bei der bildung der gesamtnote in umsetzung der bestimmung der nr. 8.1 satz 1 brl pol eine würdigung der gesamtpersönlichkeit des klägers gerade auch im vergleich zur gesamtpersönlichkeit derjenigen beamten der vergleichsgruppe vorgenommen hat, die er dem prädikatsbereich zugeordnet hat. die „gesamtbetrachtung unter berücksichtigung des strengen beurteilungsmaßstabes“ hat letztendlich dazu geführt, die gesamtleistung des klägers lediglich mit 3 und noch nicht mit 4 punkten zu beurteilen. im klageverfahren hat der beklagte diese entscheidung weitergehend erläutert: die ergebnisfindung im falle des klägers sei folge des quervergleichs nach nr. 9.2 brl pol. der endbeurteiler sei angesichts der leistungsdichte in der vergleichsgruppe im quervergleich zu der erkenntnis gelangt, dass die leistungen bzw. leistungssteigerungen bei anderen beamten signifikanter gewesen seien und dazu geführt hätten, dass dem kläger trotz gleichstand in den merkmalen im endeffekt kein besseres gesamturteil habe zugesprochen werden können. damit hat er seiner verpflichtung, bei unterschiedlicher bewertung der merkmale die gesamtnote näher zu erläutern, noch hinreichend rechnung getragen.98nach allem ist die klage mit der kostenfolge aus § 154 abs. 1 vwgo abzuweisen.99die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 711, 708 nr. 11 zpo.100das gericht lässt die berufung nicht gemäß § 124 a abs. 1 satz 1vwgo zu, weil es die voraussetzungen des § 124 abs. 2 nr. 3 oder nr. 4 vwgo nicht als gegeben ansieht.101beschluss:102der streitwert wird gemäß § 52 abs. 2 gkg auf 5.000 euro festgesetzt.
Verklagte*r
0
164,510
S 24 KN 324/12
2015-06-26T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Streitig ist die Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung einer sogenannten Ghettobeitragszeit im Sinne des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) für die Zeit von März 1938 bis Oktober 1944. 3Die am 20.01.1936 in Wien in Österreich geborene Klägerin ist Jüdin und wurde aus diesem Grund in der Zeit bis Oktober 1944 Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung. Die Klägerin ist im Besitz der israelischen Staatsangehörigkeit und hat ausweislich eines vom israelischen Rentenversicherungsträger erstellten Versicherungsverlaufs vom 01.04.1954 bis zum 31.01.2001 Versicherungszeiten in Israel zurückgelegt, teils aufgrund einer Beschäftigung im Anstellungsverhältnis, teils aufgrund einer selbstständigen Tätigkeit. 4Am 25.11.2011 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Altersrente aufgrund von Ghettobeitragszeiten. Dabei gab sie an, in der Zeit von 1938 bis 1944 in Ghettos in Wien, Linz, Prag, Halle an der Saale, Hildesheim, Hannover, Celle, Bergen-Belsen und Vittel in Frankreich gelebt zu haben. Unter dem 10.01.2012 konkretisierte die Klägerin ihre Angaben dahingehend, dass sie von März 1938 bis September 1943 in Wien gelebt habe, anschließend habe sie sich bis Dezember 1943 in 10 verschiedenen Gefängnissen in Prag und Deutschland befunden, bevor sie nach Bergen-Belsen deportiert worden sei. Dort sei sie bis März 1944 geblieben, bevor sie nach Vittel in Frankreich verbracht worden sei, wo sie bis zur Befreiung im Oktober 1944 gewesen sei. Der 2. Bezirk in Wien sei für Juden wie ein Ghetto gewesen. Sie sei täglich dorthin zurückgekehrt, wenn sie sich nicht in einem Sammellager befunden habe. Die Frage, ob sie in einem Ghetto gearbeitet habe, beantwortete die Klägerin mit "Ja", ergänzt durch den Zusatz, dass sie zu jung gewesen sei. 5Mit Bescheid vom 17.01.2012 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit der Begründung ab, dass keine anrechenbaren Versicherungszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vorhanden seien. Das Bundessozialgericht (BSG) habe neue Maßstäbe für die Anerkennung von Ghettobeitragszeiten nach dem ZRBG aufgestellt. Die entsprechenden Kriterien erfülle die Klägerin nicht, da in keinem der Orte, an denen sich die Klägerin aufgehalten habe, ein Ghetto im Sinne des ZRBG bestanden habe. Folglich sei eine Anerkennung einer Beschäftigungszeit für den Zeitraum Dezember 1943 bis Oktober 1944 auch nach der neuen Rechtsprechung des BSG nicht möglich. Ihren unter dem 23.12.2012 erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass der 2. Distrikt in Wien ein Ghetto für Juden gewesen sei. Zudem sei sie in verschiedenen Sammellagern aufgewachsen, die sicher nicht besser als Ghettos gewesen seien. Vielmehr seien die Gefängnisse und Sammellager, in denen sie sich befunden habe, schlimmer als Ghettos gewesen, vor allem für ein Kind. Überdies sei der im Bescheid verwendete Ausdruck "aufgehalten" nicht zutreffend, weil ein solches Wort nur bei einem freiwilligen Aufenthalt an einem bestimmten Ort passe. Außerdem enthalte der Bescheid eine fehlerhafte Datumsangabe hinsichtlich der geltend gemachten Ghettozeit. 6Mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Darin führte sie aus, dass die falsche Datumsangabe in dem Bescheid vom 07.01.2012 unerheblich sei, da auch in der Zeit von 1938 bis 1943 an keinem der Orte, die die Klägerin in ihrem Antrag genannt habe, ein Ghetto vorhanden gewesen sei. Dementsprechend habe die Klägerin auch keine Zeit in einem Ghetto im Sinne des ZRBG zurücklegen können. 7Am 05.07.2012 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. 8Die Klägerin ist der Ansicht, die Voraussetzungen für eine Rentenleistung auf der Grundlage des ZRBG zu erfüllen. Der Begriff eines Ghettos sei nicht eindeutig definiert, so dass es gegen rechtsstaatliche Anforderungen verstoße, die Orte, an denen sie sich aufgehalten habe und an denen ihr ihre Freiheit entzogen worden sei, als Ghettos auszugrenzen. Der Begriff eines Ghettos sollte weitestmöglich ausgelegt werden. Begriffe wie Gefängnisse oder Sammellager oder der 2. Bezirk in Wien, in dem Juden de facto zusammengeführt worden seien, schlössen die Annahme eines Ghettos nicht aus. Den "Anschluss" im März 1938 habe sie als noch kaum einschneidend erlebt. Das erste einschneidende Erlebnis sei die Verhaftung ihres Vaters im September 1939 gewesen. Sie sei mit ihrer Mutter zunächst in Wien in der Wohnung im 3. Wiener Bezirk, in der sie seit ihrer Geburt gelebt hatte, geblieben. Im Herbst 1941 seien sie aus dieser Wohnung vertrieben worden und es habe eine Zeit des sich Versteckens begonnen. Wegen der Gerüchte um bevorstehende Deportationen habe sie sich auf der Flucht befunden. Sie sei mit ihrer Mutter von Ort zu Ort gewandert, habe sich versteckt, falsche Papiere besorgt und mit Unterstützung verschiedener Personen überlebt. Im Herbst 1942 seien sie und ihre Mutter verhaftet und für einige Wochen in ein Sammellager verbracht worden. Anschließend habe sie mit anderen Personen in einer überfüllten Sammelwohnung im 2. Wiener Gemeindebezirk gelebt. Während dieser Zeit habe sie unter anderem Lebensmittel für sich und ihre Mutter besorgt, die auch mit anderen Bewohnern der Sammelwohnung geteilt worden seien. Auch habe sie für andere Personen Pakete transportiert und andere Personen vor drohenden Deportationen gewarnt. Sie gehe davon aus, dass ihre Mutter hierfür Geld erhalten habe. Im September 1943 seien sie und ihre Mutter verhaftet worden. Sie seien dann von einem Gefängnis in das nächste verschleppt worden. Im November oder Dezember 1943 seien sie in Bergen-Belsen angekommen, von wo aus sie im Januar 1944 nach Vittel in Frankreich verlegt worden seien. Hierbei habe es sich um ein von der SS bewachtes Lager gehandelt, aus dem sie im Oktober 1944 befreit worden seien. 9Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 17.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2012 zu verurteilen, ihr ab dem 01.07.1997 eine Altersrente unter Berücksichtigung einer Ghettobeitragszeit von März 1938 bis Oktober 1944 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung ihres Antrags nimmt die Beklagte im Wesentlichen Bezug auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. Ergänzend führt sie aus, dass die Prüfung, ob und gegebenenfalls in welchem zeitlichen Umfang sich ein Antragsteller in einem Ghetto aufgehalten habe, unter Beiziehung der sogenannten Ghettoliste erfolge. Diese enthalte eine Aufstellung der aktuell bekannten Ghettos und werde regelmäßig aktualisiert. Hiervon ausgehend habe sich die Klägerin nicht in einem Ghetto aufgehalten, so dass eine Entschädigung nach dem ZRBG nicht in Betracht komme. 10Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die die Klägerin betreffende beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, deren Inhalte Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen. 11Entscheidungsgründe: 12Die Klage ist nicht begründet. 13Die Klägerin ist durch die angefochtene Entscheidung nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, denn der Bescheid der Beklagten ist nicht rechtswidrig. Zu Recht hat die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Altersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des ZRBG abgelehnt. 14Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem ZRBG. 15Gemäß § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Die 1936 geborene Klägerin hat im Jahr 2001 das 65. Lebensjahr vollendet. Sie hat jedoch nicht die allgemeine Wartezeit erfüllt, die für die Regelaltersrente 5 Jahre beträgt (§ 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) und auch von Verfolgten zurückgelegt worden sein muss, die eine Rente aufgrund von Beitragszeiten nach dem ZRBG begehren (vgl. BSG, Urteil vom 12.02.2009, Az.: B 5 R 70/06 R). 16Gemäß §§ 50 Abs. 1 Nr. 1, 51 Abs. 1 SGB VI werden auf die allgemeine Wartezeit Kalendermonate mit Beitragszeiten und gemäß § 51 Abs. 4 SGB VI solche mit Ersatzzeiten angerechnet; letztere sind aber nur bei Versicherten zu berücksichtigen, d. h. es muss zumindest für einen Monat ein Betrag gezahlt sein oder als gezahlt gelten. Die von der Klägerin in Israel zurückgelegten Versicherungszeiten können für sich genommen keinen Rentenanspruch gegen einen deutschen Rentenversicherungsträger begründen, denn sie sind nach Artikel 20 Abs. 1 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über soziale Sicherheit für den Erwerb des Leistungsanspruchs nur zu berücksichtigen, wenn nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten anrechenbare Versicherungszeiten zurückgelegt wurden. Dies bedeutet, dass ein Rentenanspruch davon abhängt, ob die Klägerin über Beitragszeiten nach deutschem Recht verfügt (vgl. BSG, Urteil vom 03.06.2009, Az.: B 5 R 26/08 R). 17Die Klägerin verfügt über keine Beitragszeiten nach deutschem Recht. 18Beitragszeiten sind gemäß §§ 55 Abs. 1, 247 Abs. 3 Satz 1 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht oder nach den Reichsversicherungsgesetzen Beiträge gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten. Die Klägerin hat keine Beiträge zur deutschen Rentenversicherung entrichtet. Ein Anspruch begründet sich für die Zeit von März 1938 bis Oktober 1944 auch nicht durch die gesetzliche Fiktion des § 2 Abs. 1 1. Halbsatz ZRBG. Danach gelten für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto Beiträge als gezahlt. Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG gilt das ZRBG für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, wenn die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist, gegen Entgelt ausgeübt wurde und das Ghetto sich in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder eingegliedert war, soweit für die Zeiten nicht bereits eine Leistung aus dem System der deutschen Sozialversicherung erbracht wird. 19Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es ist bereits fraglich, ob die Klägerin eine freiwillige Beschäftigung gegen Entgelt verrichtet hat. Nach Ansicht der Klägerin hat sie dies jedenfalls in der Zeit ab Herbst 1942 bis zur erneuten Verhaftung im September 1943 getan. Für die davor und danach liegenden Zeiträume ergibt sich selbst aus dem Vortrag der Klägerin kein Anhalt für eine freiwillige Beschäftigung gegen Entgelt i. S. d. ZRBG. Nach Ansicht der Kammer war zumindest in der Zeit von März 1938 bis Herbst 1942 eine solche Tätigkeit bereits aufgrund des Lebensalters der im Jahr 1936 geborenen Klägerin ausgeschlossen. Bezüglich der Zeiten in den verschiedenen Gefängnissen sowie in Bergen-Belsen und Vittel hat die Klägerin selbst nicht vorgetragen, in irgendeiner Weise einer Beschäftigung nachgegangen zu sein. Soweit die Klägerin beschrieben hat, während der Zeit, in der sie in einer Sammelwohnung im 2. Wiener Bezirk gelebt hat, Tätigkeiten verrichtet zu haben (Besorgen von Lebensmitteln, die teilweise gegen andere Lebensmittel oder Geld an andere weitergegeben wurden, Transportieren von Paketen und Weitergabe von Informationen in Bezug auf bevorstehende Deportationen) erscheint nach Auffassung der Kammer zweifelhaft, ob diese Tätigkeiten eine Beschäftigung gegen Entgelt im Sinne des ZRBG darstellen. Dies kann jedoch letztlich dahinstehen, weil es jedenfalls an dem Tatbestandsmerkmal "zwangsweiser Aufenthalt in einem Ghetto" fehlt. 20Eine gesetzliche Definition des Begriffes Ghetto existiert nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG ist ein Zwangsaufenthalt in einem Ghetto dann anzunehmen, wenn der Aufenthalt rechtlich oder tatsächlich auf ein bestimmtes Wohngebiet beschränkt und die Aufenthaltsbeschränkung durch die Androhung schwerster Strafen oder durch Gewaltmaßnahmen erzwungen wurde (BSG, Urteil vom 14.12.2006, Az.: B 4 R 26/06 R), wobei die Maßnahmen zur Absonderung und Einschränkungen der Freizügigkeit eine Intensität erreicht haben müssen, die in vergleichbarer Weise den Aufenthalt beschränken wie Mauern oder Zäune (vgl. Landessozialgericht – LSG – Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.03.2008, Az.: L 3 R 20/06). Nicht notwendig ist dabei, dass der Aufenthalt in dem Wohnbezirk auf einer behördlichen Zuweisung beruht, oder ob der Bezirk ausschließlich oder überwiegend von Juden bewohnt wurde (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.01.2009, Az.: L 11 R 2534/09). Merkmale eines Ghettos sind, dass es sich um ein abgegrenztes Wohnviertel in einer Stadt/einem städtischen Gefüge gehandelt hat und dass anstelle einer zentralen fremdbestimmten Leitung eine (formale) Selbstverwaltung durch Judenräte oder Judenälteste existierte. In Ghettos wurde zumindest in einem gewissen Rahmen der Schein eines selbstbestimmten Lebens aufrechterhalten. Es handelte sich um Orte, an denen sich Ghettobewohner auch bilden und kulturell betätigen konnten und die somit einen Lebensraum, in dem Arbeit aus einem eigenen Willensentschluss noch möglich war, darstellten (vgl. die entsprechenden Ausführungen des Historikers Prof. Dr. Wolfgang Bens auf der Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung unter https://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/141448/ghettos-in-osteuropa.de sowie in "Ghetto": die juristische Definition, wissenschaftlicher Artikel von Werner Himmelmann, abzurufen auf der Internetseite der Universität Potsdam unter http://publishup.uni-potsdam.de/frontdoor/index/index/docId/5937). Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist der Klägerin die Glaubhaftmachung eines nach dem ZRBG beachtlichen Ghettoaufenthaltes für die geltend gemachten Beitragszeiten nicht gelungen. In der Zeit von März 1938 bis Herbst 1941 hat die Klägerin nach eigenem Vortrag in der ursprünglich bewohnten Wohnung im 3. Wiener Bezirk weiter gelebt. Dass es sich bei dem 3. Wiener Bezirk um ein Ghetto gehandelt hat, trägt die Klägerin selbst nicht vor. Auch für die Zeit des übrigen Aufenthaltes in Wien lässt sich eine Ghettobeitragszeit nicht feststellen, weil zur Überzeugung der Kammer in Wien kein Ghetto existiert hat. Dies ergibt sich zunächst einmal aus der sogenannten Ghettoliste, die von der Lenkungsgruppe ZRBG erstellt wird und in der sowohl Orte aufgeführt sind, in denen Ghettos vorhanden waren und als auch solche Orte, in denen nach entsprechender Prüfung kein Ghetto im Sinne des ZRBG vorhanden war. Letzteres trifft auf den Bereich der Stadt Wien zu. Gestützt auf die Enzyklopädie des Holocaust von Herrn Weinmann enthält die Ghettoliste die Angabe, dass es auf dem Gebiet der Stadt Wien kein Ghetto gegeben hat. Auch bei eingehender Recherche haben sich keine Quellen finden lassen, die die Existenz eines Ghettos im Bereich der Stadt Wien während des Nationalsozialismus bestätigt hätten. Zwar wurden in Wien Juden ab Sommer 1939 verstärkt in sogenannten Judenhäusern und -wohnungen untergebracht, ein abgegrenztes Wohnviertel im Sinne eines Ghettos, in dem sich Juden zwangsweise hätten aufhalten müssen, wurde in Wien jedoch nicht eingerichtet. Vielmehr stellten sich im Bereich der Stadt Wien die Einschränkungen der persönlichen Bewegungsfreiheit für Juden so dar, dass sich die jüdische Bevölkerung an bestimmten Orten (z.B. Parkanlagen) nicht mehr aufhalten durfte. Dies bedeutet, dass die jüdische Bevölkerung nicht in einem bestimmten Wohnviertel faktisch eingeschlossen war und ihr Aufenthalt auf ein bestimmtes Wohngebiet beschränkt war, sondern dass sie vielmehr von bestimmten Plätzen ausgeschlossen wurden (vgl. die entsprechenden Ausführungen aus "Wien Geschichte Wiki" zum Begriff Holocaust unter https:// www.wien.gv.at/wiki/index.php/holocaust unter Verwendung der Quelle Felix Czeike aus dem Historischen Lexikon Wien). Zwar ist der Klägerin zuzugestehen, dass im 2. Wiener Bezirk, in dem sie ab Herbst 1942 nach ihren eigenen Schilderungen in einer Sammelwohnung gelebt hat, eine verstärkte Konzentration jüdischer Mitbürger vorgenommen wurde, dies macht den 2. Bezirk aber nicht zu einem Ghetto. Dagegen, dass in Wien ein Ghetto existiert hat spricht auch die Tatsache, dass – wie sich aus der von der Klägerin selbst vorgelegten E-Mail des Historikers Herrn Sanwald vom 09.06.2015 ergibt – im gesamten Gebiet der Stadt Wien Juden wohnten, die deportiert wurden. Für die Zeiten, in denen die Klägerin sich in unterschiedlichen Gefängnissen in Wien, Prag und verschiedenen deutschen Städten befunden hat, scheitert die Anerkennung einer Ghettobeitragszeit ebenfalls bereits daran, dass sich die Klägerin nicht in Ghettos befunden hat. Gefängnisse sind keine Ghettos. Hiervon geht die Klägerin letztlich auch selber aus, wenn sie in ihrem Antrag ausführt, dass die Gefängnisse, in denen sie sich befunden habe, schlimmer als Ghettos gewesen seien. Gefängnisse unterscheiden sich schon dadurch von Ghettos, dass das Leben in Gefängnissen vollkommen fremdbestimmt war und sich die Gefängnisse unter einer zentralen Leitung befunden haben. Auch fehlt das Merkmal einer Selbstverwaltung durch Judenräte oder Judenälteste. Gleiches gilt schließlich für das sogenannte Aufenthaltslager in Bergen-Belsen sowie das Internierungslager bzw. Sonder-KZ in Vittel (vgl. zu den Begrifflichkeiten https://de.wikipedia.org/wiki/KZ Bergen-Belsen bzw. /Jizchak Katzenelson), da auch bei diesen Lagern haftähnliche Zustände bestanden. Zudem fehlt es auch sowohl in Bergen-Belsen als auch in Vittel an dem maßgeblichen Kriterium eines bestimmten abgegrenzten Wohnviertels. Fehlte es mithin an der Glaubhaftmachung einer freiwilligen Beschäftigung gegen Entgelt während eines zwangsweisen Aufenthaltes in einem Ghetto für die Zeit von März 1938 bis Oktober 1944, besteht auch unter Berücksichtigung der Maßgaben des ZRBG kein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rentenleistung aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. 21Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
die klage wird abgewiesen. kosten sind nicht zu erstatten. 1
2streitig ist die gewährung einer altersrente unter berücksichtigung einer sogenannten ghettobeitragszeit im sinne des gesetzes zur zahlbarmachung von renten aus beschäftigungen in einem ghetto (zrbg) für die zeit von märz 1938 bis oktober 1944. 3die am 20.01.1936 in wien in österreich geborene klägerin ist jüdin und wurde aus diesem grund in der zeit bis oktober 1944 opfer der nationalsozialistischen verfolgung. die klägerin ist im besitz der israelischen staatsangehörigkeit und hat ausweislich eines vom israelischen rentenversicherungsträger erstellten versicherungsverlaufs vom 01.04.1954 bis zum 31.01.2001 versicherungszeiten in israel zurückgelegt, teils aufgrund einer beschäftigung im anstellungsverhältnis, teils aufgrund einer selbstständigen tätigkeit. 4am 25.11.2011 beantragte die klägerin die gewährung einer altersrente aufgrund von ghettobeitragszeiten. dabei gab sie an, in der zeit von 1938 bis 1944 in ghettos in wien, linz, prag, halle an der saale, hildesheim, hannover, celle, bergen-belsen und vittel in frankreich gelebt zu haben. unter dem 10.01.2012 konkretisierte die klägerin ihre angaben dahingehend, dass sie von märz 1938 bis september 1943 in wien gelebt habe, anschließend habe sie sich bis dezember 1943 in 10 verschiedenen gefängnissen in prag und deutschland befunden, bevor sie nach bergen-belsen deportiert worden sei. dort sei sie bis märz 1944 geblieben, bevor sie nach vittel in frankreich verbracht worden sei, wo sie bis zur befreiung im oktober 1944 gewesen sei. der 2. bezirk in wien sei für juden wie ein ghetto gewesen. sie sei täglich dorthin zurückgekehrt, wenn sie sich nicht in einem sammellager befunden habe. die frage, ob sie in einem ghetto gearbeitet habe, beantwortete die klägerin mit "ja", ergänzt durch den zusatz, dass sie zu jung gewesen sei. 5mit bescheid vom 17.01.2012 lehnte die beklagte den rentenantrag der klägerin mit der begründung ab, dass keine anrechenbaren versicherungszeiten in der deutschen gesetzlichen rentenversicherung vorhanden seien. das bundessozialgericht (bsg) habe neue maßstäbe für die anerkennung von ghettobeitragszeiten nach dem zrbg aufgestellt. die entsprechenden kriterien erfülle die klägerin nicht, da in keinem der orte, an denen sich die klägerin aufgehalten habe, ein ghetto im sinne des zrbg bestanden habe. folglich sei eine anerkennung einer beschäftigungszeit für den zeitraum dezember 1943 bis oktober 1944 auch nach der neuen rechtsprechung des bsg nicht möglich. ihren unter dem 23.12.2012 erhobenen widerspruch begründete die klägerin damit, dass der 2. distrikt in wien ein ghetto für juden gewesen sei. zudem sei sie in verschiedenen sammellagern aufgewachsen, die sicher nicht besser als ghettos gewesen seien. vielmehr seien die gefängnisse und sammellager, in denen sie sich befunden habe, schlimmer als ghettos gewesen, vor allem für ein kind. überdies sei der im bescheid verwendete ausdruck "aufgehalten" nicht zutreffend, weil ein solches wort nur bei einem freiwilligen aufenthalt an einem bestimmten ort passe. außerdem enthalte der bescheid eine fehlerhafte datumsangabe hinsichtlich der geltend gemachten ghettozeit. 6mit widerspruchsbescheid vom 08.05.2012 wies die beklagte den widerspruch der klägerin zurück. darin führte sie aus, dass die falsche datumsangabe in dem bescheid vom 07.01.2012 unerheblich sei, da auch in der zeit von 1938 bis 1943 an keinem der orte, die die klägerin in ihrem antrag genannt habe, ein ghetto vorhanden gewesen sei. dementsprechend habe die klägerin auch keine zeit in einem ghetto im sinne des zrbg zurücklegen können. 7am 05.07.2012 hat die klägerin die vorliegende klage erhoben, mit der sie ihr begehren weiter verfolgt. 8die klägerin ist der ansicht, die voraussetzungen für eine rentenleistung auf der grundlage des zrbg zu erfüllen. der begriff eines ghettos sei nicht eindeutig definiert, so dass es gegen rechtsstaatliche anforderungen verstoße, die orte, an denen sie sich aufgehalten habe und an denen ihr ihre freiheit entzogen worden sei, als ghettos auszugrenzen. der begriff eines ghettos sollte weitestmöglich ausgelegt werden. begriffe wie gefängnisse oder sammellager oder der 2. bezirk in wien, in dem juden de facto zusammengeführt worden seien, schlössen die annahme eines ghettos nicht aus. den "anschluss" im märz 1938 habe sie als noch kaum einschneidend erlebt. das erste einschneidende erlebnis sei die verhaftung ihres vaters im september 1939 gewesen. sie sei mit ihrer mutter zunächst in wien in der wohnung im 3. wiener bezirk, in der sie seit ihrer geburt gelebt hatte, geblieben. im herbst 1941 seien sie aus dieser wohnung vertrieben worden und es habe eine zeit des sich versteckens begonnen. wegen der gerüchte um bevorstehende deportationen habe sie sich auf der flucht befunden. sie sei mit ihrer mutter von ort zu ort gewandert, habe sich versteckt, falsche papiere besorgt und mit unterstützung verschiedener personen überlebt. im herbst 1942 seien sie und ihre mutter verhaftet und für einige wochen in ein sammellager verbracht worden. anschließend habe sie mit anderen personen in einer überfüllten sammelwohnung im 2. wiener gemeindebezirk gelebt. während dieser zeit habe sie unter anderem lebensmittel für sich und ihre mutter besorgt, die auch mit anderen bewohnern der sammelwohnung geteilt worden seien. auch habe sie für andere personen pakete transportiert und andere personen vor drohenden deportationen gewarnt. sie gehe davon aus, dass ihre mutter hierfür geld erhalten habe. im september 1943 seien sie und ihre mutter verhaftet worden. sie seien dann von einem gefängnis in das nächste verschleppt worden. im november oder dezember 1943 seien sie in bergen-belsen angekommen, von wo aus sie im januar 1944 nach vittel in frankreich verlegt worden seien. hierbei habe es sich um ein von der ss bewachtes lager gehandelt, aus dem sie im oktober 1944 befreit worden seien. 9die klägerin beantragt, die beklagte unter aufhebung ihres bescheides vom 17.01.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 08.05.2012 zu verurteilen, ihr ab dem 01.07.1997 eine altersrente unter berücksichtigung einer ghettobeitragszeit von märz 1938 bis oktober 1944 nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen zu gewähren. die beklagte beantragt, die klage abzuweisen. zur begründung ihres antrags nimmt die beklagte im wesentlichen bezug auf den inhalt der angefochtenen bescheide. ergänzend führt sie aus, dass die prüfung, ob und gegebenenfalls in welchem zeitlichen umfang sich ein antragsteller in einem ghetto aufgehalten habe, unter beiziehung der sogenannten ghettoliste erfolge. diese enthalte eine aufstellung der aktuell bekannten ghettos und werde regelmäßig aktualisiert. hiervon ausgehend habe sich die klägerin nicht in einem ghetto aufgehalten, so dass eine entschädigung nach dem zrbg nicht in betracht komme. 10wegen des weiteren sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie auf die die klägerin betreffende beigezogene verwaltungsakte der beklagten, deren inhalte gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind, bezug genommen. 11
12die klage ist nicht begründet. 13die klägerin ist durch die angefochtene entscheidung nicht im sinne des § 54 abs. 2 satz 1 sozialgerichtsgesetz (sgg) beschwert, denn der bescheid der beklagten ist nicht rechtswidrig. zu recht hat die beklagte den antrag der klägerin auf gewährung einer altersrente nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen des zrbg abgelehnt. 14die klägerin hat keinen anspruch auf gewährung einer altersrente aus der deutschen gesetzlichen rentenversicherung unter berücksichtigung von zeiten nach dem zrbg. 15gemäß § 35 sechstes buch sozialgesetzbuch (sgb vi) haben versicherte anspruch auf altersrente, wenn sie das 65. lebensjahr vollendet und die allgemeine wartezeit erfüllt haben. die 1936 geborene klägerin hat im jahr 2001 das 65. lebensjahr vollendet. sie hat jedoch nicht die allgemeine wartezeit erfüllt, die für die regelaltersrente 5 jahre beträgt (§ 50 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi) und auch von verfolgten zurückgelegt worden sein muss, die eine rente aufgrund von beitragszeiten nach dem zrbg begehren (vgl. bsg, urteil vom 12.02.2009, az.: b 5 r 70/06 r). 16gemäß §§ 50 abs. 1 nr. 1, 51 abs. 1 sgb vi werden auf die allgemeine wartezeit kalendermonate mit beitragszeiten und gemäß § 51 abs. 4 sgb vi solche mit ersatzzeiten angerechnet; letztere sind aber nur bei versicherten zu berücksichtigen, d. h. es muss zumindest für einen monat ein betrag gezahlt sein oder als gezahlt gelten. die von der klägerin in israel zurückgelegten versicherungszeiten können für sich genommen keinen rentenanspruch gegen einen deutschen rentenversicherungsträger begründen, denn sie sind nach artikel 20 abs. 1 satz 1 des abkommens zwischen der bundesrepublik deutschland und dem staat israel über soziale sicherheit für den erwerb des leistungsanspruchs nur zu berücksichtigen, wenn nach den rechtsvorschriften beider vertragsstaaten anrechenbare versicherungszeiten zurückgelegt wurden. dies bedeutet, dass ein rentenanspruch davon abhängt, ob die klägerin über beitragszeiten nach deutschem recht verfügt (vgl. bsg, urteil vom 03.06.2009, az.: b 5 r 26/08 r). 17die klägerin verfügt über keine beitragszeiten nach deutschem recht. 18beitragszeiten sind gemäß §§ 55 abs. 1, 247 abs. 3 satz 1 sgb vi zeiten, für die nach bundesrecht oder nach den reichsversicherungsgesetzen beiträge gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten. die klägerin hat keine beiträge zur deutschen rentenversicherung entrichtet. ein anspruch begründet sich für die zeit von märz 1938 bis oktober 1944 auch nicht durch die gesetzliche fiktion des § 2 abs. 1 1. halbsatz zrbg. danach gelten für zeiten der beschäftigung von verfolgten in einem ghetto beiträge als gezahlt. die klägerin erfüllt diese voraussetzungen nicht. gemäß § 1 abs. 1 satz 1 zrbg gilt das zrbg für zeiten der beschäftigung von verfolgten in einem ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, wenn die beschäftigung aus eigenem willensentschluss zustande gekommen ist, gegen entgelt ausgeübt wurde und das ghetto sich in einem gebiet befand, das vom deutschen reich besetzt oder eingegliedert war, soweit für die zeiten nicht bereits eine leistung aus dem system der deutschen sozialversicherung erbracht wird. 19diese voraussetzungen liegen hier nicht vor. es ist bereits fraglich, ob die klägerin eine freiwillige beschäftigung gegen entgelt verrichtet hat. nach ansicht der klägerin hat sie dies jedenfalls in der zeit ab herbst 1942 bis zur erneuten verhaftung im september 1943 getan. für die davor und danach liegenden zeiträume ergibt sich selbst aus dem vortrag der klägerin kein anhalt für eine freiwillige beschäftigung gegen entgelt i. s. d. zrbg. nach ansicht der kammer war zumindest in der zeit von märz 1938 bis herbst 1942 eine solche tätigkeit bereits aufgrund des lebensalters der im jahr 1936 geborenen klägerin ausgeschlossen. bezüglich der zeiten in den verschiedenen gefängnissen sowie in bergen-belsen und vittel hat die klägerin selbst nicht vorgetragen, in irgendeiner weise einer beschäftigung nachgegangen zu sein. soweit die klägerin beschrieben hat, während der zeit, in der sie in einer sammelwohnung im 2. wiener bezirk gelebt hat, tätigkeiten verrichtet zu haben (besorgen von lebensmitteln, die teilweise gegen andere lebensmittel oder geld an andere weitergegeben wurden, transportieren von paketen und weitergabe von informationen in bezug auf bevorstehende deportationen) erscheint nach auffassung der kammer zweifelhaft, ob diese tätigkeiten eine beschäftigung gegen entgelt im sinne des zrbg darstellen. dies kann jedoch letztlich dahinstehen, weil es jedenfalls an dem tatbestandsmerkmal "zwangsweiser aufenthalt in einem ghetto" fehlt. 20eine gesetzliche definition des begriffes ghetto existiert nicht. nach der rechtsprechung des bsg ist ein zwangsaufenthalt in einem ghetto dann anzunehmen, wenn der aufenthalt rechtlich oder tatsächlich auf ein bestimmtes wohngebiet beschränkt und die aufenthaltsbeschränkung durch die androhung schwerster strafen oder durch gewaltmaßnahmen erzwungen wurde (bsg, urteil vom 14.12.2006, az.: b 4 r 26/06 r), wobei die maßnahmen zur absonderung und einschränkungen der freizügigkeit eine intensität erreicht haben müssen, die in vergleichbarer weise den aufenthalt beschränken wie mauern oder zäune (vgl. landessozialgericht – lsg – nordrhein-westfalen, urteil vom 31.03.2008, az.: l 3 r 20/06). nicht notwendig ist dabei, dass der aufenthalt in dem wohnbezirk auf einer behördlichen zuweisung beruht, oder ob der bezirk ausschließlich oder überwiegend von juden bewohnt wurde (vgl. lsg baden-württemberg, urteil vom 26.01.2009, az.: l 11 r 2534/09). merkmale eines ghettos sind, dass es sich um ein abgegrenztes wohnviertel in einer stadt/einem städtischen gefüge gehandelt hat und dass anstelle einer zentralen fremdbestimmten leitung eine (formale) selbstverwaltung durch judenräte oder judenälteste existierte. in ghettos wurde zumindest in einem gewissen rahmen der schein eines selbstbestimmten lebens aufrechterhalten. es handelte sich um orte, an denen sich ghettobewohner auch bilden und kulturell betätigen konnten und die somit einen lebensraum, in dem arbeit aus einem eigenen willensentschluss noch möglich war, darstellten (vgl. die entsprechenden ausführungen des historikers prof. dr. wolfgang bens auf der internetseite der bundeszentrale für politische bildung unter https://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/141448/ghettos-in-osteuropa.de sowie in "ghetto": die juristische definition, wissenschaftlicher artikel von werner himmelmann, abzurufen auf der internetseite der universität potsdam unter http://publishup.uni-potsdam.de/frontdoor/index/index/docid/5937). unter zugrundelegung dieser kriterien ist der klägerin die glaubhaftmachung eines nach dem zrbg beachtlichen ghettoaufenthaltes für die geltend gemachten beitragszeiten nicht gelungen. in der zeit von märz 1938 bis herbst 1941 hat die klägerin nach eigenem vortrag in der ursprünglich bewohnten wohnung im 3. wiener bezirk weiter gelebt. dass es sich bei dem 3. wiener bezirk um ein ghetto gehandelt hat, trägt die klägerin selbst nicht vor. auch für die zeit des übrigen aufenthaltes in wien lässt sich eine ghettobeitragszeit nicht feststellen, weil zur überzeugung der kammer in wien kein ghetto existiert hat. dies ergibt sich zunächst einmal aus der sogenannten ghettoliste, die von der lenkungsgruppe zrbg erstellt wird und in der sowohl orte aufgeführt sind, in denen ghettos vorhanden waren und als auch solche orte, in denen nach entsprechender prüfung kein ghetto im sinne des zrbg vorhanden war. letzteres trifft auf den bereich der stadt wien zu. gestützt auf die enzyklopädie des holocaust von herrn weinmann enthält die ghettoliste die angabe, dass es auf dem gebiet der stadt wien kein ghetto gegeben hat. auch bei eingehender recherche haben sich keine quellen finden lassen, die die existenz eines ghettos im bereich der stadt wien während des nationalsozialismus bestätigt hätten. zwar wurden in wien juden ab sommer 1939 verstärkt in sogenannten judenhäusern und -wohnungen untergebracht, ein abgegrenztes wohnviertel im sinne eines ghettos, in dem sich juden zwangsweise hätten aufhalten müssen, wurde in wien jedoch nicht eingerichtet. vielmehr stellten sich im bereich der stadt wien die einschränkungen der persönlichen bewegungsfreiheit für juden so dar, dass sich die jüdische bevölkerung an bestimmten orten (z.b. parkanlagen) nicht mehr aufhalten durfte. dies bedeutet, dass die jüdische bevölkerung nicht in einem bestimmten wohnviertel faktisch eingeschlossen war und ihr aufenthalt auf ein bestimmtes wohngebiet beschränkt war, sondern dass sie vielmehr von bestimmten plätzen ausgeschlossen wurden (vgl. die entsprechenden ausführungen aus "wien geschichte wiki" zum begriff holocaust unter https:// www.wien.gv.at/wiki/index.php/holocaust unter verwendung der quelle felix czeike aus dem historischen lexikon wien). zwar ist der klägerin zuzugestehen, dass im 2. wiener bezirk, in dem sie ab herbst 1942 nach ihren eigenen schilderungen in einer sammelwohnung gelebt hat, eine verstärkte konzentration jüdischer mitbürger vorgenommen wurde, dies macht den 2. bezirk aber nicht zu einem ghetto. dagegen, dass in wien ein ghetto existiert hat spricht auch die tatsache, dass – wie sich aus der von der klägerin selbst vorgelegten e-mail des historikers herrn sanwald vom 09.06.2015 ergibt – im gesamten gebiet der stadt wien juden wohnten, die deportiert wurden. für die zeiten, in denen die klägerin sich in unterschiedlichen gefängnissen in wien, prag und verschiedenen deutschen städten befunden hat, scheitert die anerkennung einer ghettobeitragszeit ebenfalls bereits daran, dass sich die klägerin nicht in ghettos befunden hat. gefängnisse sind keine ghettos. hiervon geht die klägerin letztlich auch selber aus, wenn sie in ihrem antrag ausführt, dass die gefängnisse, in denen sie sich befunden habe, schlimmer als ghettos gewesen seien. gefängnisse unterscheiden sich schon dadurch von ghettos, dass das leben in gefängnissen vollkommen fremdbestimmt war und sich die gefängnisse unter einer zentralen leitung befunden haben. auch fehlt das merkmal einer selbstverwaltung durch judenräte oder judenälteste. gleiches gilt schließlich für das sogenannte aufenthaltslager in bergen-belsen sowie das internierungslager bzw. sonder-kz in vittel (vgl. zu den begrifflichkeiten https://de.wikipedia.org/wiki/kz bergen-belsen bzw. /jizchak katzenelson), da auch bei diesen lagern haftähnliche zustände bestanden. zudem fehlt es auch sowohl in bergen-belsen als auch in vittel an dem maßgeblichen kriterium eines bestimmten abgegrenzten wohnviertels. fehlte es mithin an der glaubhaftmachung einer freiwilligen beschäftigung gegen entgelt während eines zwangsweisen aufenthaltes in einem ghetto für die zeit von märz 1938 bis oktober 1944, besteht auch unter berücksichtigung der maßgaben des zrbg kein anspruch der klägerin auf gewährung einer rentenleistung aus der deutschen gesetzlichen rentenversicherung. 21die kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 sgg.
Verklagte*r
0
327,842
20 K 3926/19
2020-04-29T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten über die Zulässigkeit von Wahlplakaten der Klägerin zur Europawahl am 26. Mai 2019. 3Die Beklagte erteilte der Klägerin am 24. April 2019 die straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis zum Aufhängen von 250 Wahlplakaten anlässlich der anstehenden Europawahl im Stadtgebiet von N. . Die Erlaubnis war befristet bis zum 26. Mai 2019. 4Das von der Klägerin verwendete Wahlplakat ist im Querformat gehalten. Es zeigt in seinem rechten Drittel das Emblem der Partei in Weiß-Rot vor einem roten Hintergrund sowie – ebenfalls in Weiß – den Schriftzug „Widerstand – jetzt –". Die linken zwei Drittel des Plakates enthalten einen schwarz-grauen Hintergrund, auf dem in Hellgrau die Namen verschiedener deutscher Großstädte erkennbar werden, die durch Kreuzsymbole voneinander separiert werden. Diese nehmen erkennbar Bezug auf Orte, an denen es nach Medienberichten zu Übergriffen oder Tötungen durch „Migranten“ gekommen ist. Vor diesem Hintergrund findet sich der in Weiß gehaltene Schriftzug „MIGRATION TÖTET!“ sowie darüber die kleiner gedruckte Überschrift „STOPPT DIE INVASION:“. 5Am 15. Mai 2019 stellte das Ordnungsamt der Beklagten fest, dass ein solches Wahlplakat der Klägerin an einer Straßenlaterne vor dem Haus S. Straße 000 in N. angebracht worden war. 6Ohne die Klägerin zuvor anzuhören, erließ die Beklagte am 16. Mai 2019 eine Ordnungsverfügung an die Klägerin. Darin forderte sie die Klägerin auf, alle Wahlwerbeplakate der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands mit dem Wahlwerbeslogan „Stoppt die Invasion: Migration tötet!“ in N. bis zum 17. Mai 2019 12:00 Uhr zu entfernen oder unkenntlich zu machen. Für den Fall, dass die Klägerin der Ordnungsverfügung nicht Folge leistet, drohte die Beklagte die Durchführung der Anordnung im Wege der Ersatzvornahme an. Zugleich ordnete sie die sofortige Vollziehung der Ordnungsverfügung an. Zur Begründung der Ordnungsverfügung führte die Beklagte aus, das Wahlwerbeplakat der Klägerin verstoße gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 14 Abs. 1 OBG NRW. Die Verunglimpfung der im Bundesgebiet lebenden Migranten durch die Aussage des Wahlwerbeplakates „Migration tötet“ erfülle den Straftatbestand der Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Um die Volksverhetzung zu beenden, habe die Klägerin die Plakate zu entfernen oder unkenntlich zu machen. Dies dulde keinen Aufschub, weswegen die Verfügung sofort vollziehbar sei. 7Am 17. Mai 2019 hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben und zugleich beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 16. Mai 2019 wieder herzustellen, bzw. anzuordnen. Die Beklagte ist dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz entgegengetreten. Durch rechtskräftigen Beschluss vom 21. Mai 2019 - 20 L 1449/19 - hat die Kammer den Eilantrag mit der Begründung abgelehnt, die Einstufung des Wahlplakates als strafbare Volksverhetzung sei zutreffend. 8Mit Schreiben vom 19. Mai 2019 teilte der Vorsitzende des Kreisverbandes N. der Klägerin der Beklagten mit, er habe das Wahlplakat auf der S. Straße und an anderen ihm bekannten Stellen entfernt. Eigentümer der Wahlplakate sei jedoch nicht der Kreisverband N. , sondern die Bundespartei in Berlin. 9Nach dem Ende der Europawahlen hat die Klägerin ihre Anfechtungsklage als Fortsetzungsfeststellungsklage fortgeführt. Zur Begründung führt sie aus: Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse folge daraus, dass sie auch bei zukünftigen Wahlkämpfen mit dem streitgegenständlichen Plakatmotiv für sich werben wolle. Es bestehe außerdem ein Rehabilitationsinteresse, da über die Plakatentfernung medial umfangreich berichtet worden sei. Der öffentlich verbreitete Vorwurf der Volksverhetzung sei ehrenrührig. Sie habe ein Interesse daran, von diesem Verdacht reingewaschen zu werden. Es liege zudem ein besonders schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte der Partei aus Art. 5 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 GG vor. Auch dies begründe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ordnungsverfügung der Beklagten. 10Die Ordnungsverfügung sei bereits formell rechtswidrig, weil es an der Durchführung der vorgeschriebenen Anhörung der Klägerin fehle. Wie der Umstand zeige, dass ihr eine mehrtägige Frist für die Beseitigung der Plakate gesetzt worden sei, habe ausreichend Zeit für eine zumindest kurz bemessene Anhörungsfrist bestanden. Um feststellen zu können, ob es sich bei dem Wahlplakat um Volksverhetzung handelt, sei die Beklagte verpflichtet gewesen, ihr Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, was sie mit der streitgegenständlichen Äußerung überhaupt habe aussagen wollen. 11Die Ordnungsverfügung sei auch materiell rechtswidrig, weil die Wahlplakate keine strafbare Volksverhetzung darstellten. Das Wahlplakat beziehe sich nicht auf alle Migranten und auch nicht auf alle seit Herbst 2015 in das Bundesgebiet eingereisten Migranten, sondern nur auf die kriminellen Migranten. Mit dem plakativen Slogan „Migration tötet“ werde allein die objektive Problemlage angeprangert, dass die derzeit praktizierte Migrationspolitik der Bundesregierung tagtäglich zur Verletzung oder gar Tötung von Menschen durch Messerangriffe und ähnliche Straftaten führten. Zur Verdeutlichung dieser Aussage seien im Hintergrund des Plakates diverse, durch Kreuze getrennte Tatorte genannt, an denen Menschen seit September 2015 tatsächlich von kriminellen Migranten ermordet worden seien. Für einen durchschnittlichen und besonnenen Beobachter werde dadurch hinreichend deutlich, dass sich der Slogan nicht auf alle Migranten, sondern nur auf die kriminellen Migranten beziehe. Bei den seit Herbst 2015 in das Bundesgebiet eingereisten Migranten handele es sich außerdem nicht um eine abgegrenzte Bevölkerungsgruppe im Sinne von § 130 Abs. 1 StGB. Ein Verstoß gegen die Menschenwürde sei ebenfalls nicht erkennbar. Allenfalls liege ein Angriff auf die persönliche Ehre der Migranten vor. Dies genüge für die Annahme einer Volksverhetzung jedoch nicht. An einem böswilligen Verächtlichmachen im Sinne der Strafnorm fehle es ebenso. Die Klägerin handele nicht aus verwerflichen Beweggründen, sondern sei erkennbar von der Motivation geleitet, sich für den Schutz der deutschen Bevölkerung vor Straftaten durch kriminelle Migranten einzusetzen. Hierbei handele es sich um ein legitimes Anliegen. Schaden vom deutschen Volke abzuwenden, stelle eine verfassungsrechtlich anerkannte Zielsetzung dar (Art. 56 GG). 12Die Wahlplakate bedeuteten auch keine Gefahr für die öffentliche Ordnung. Es sei bereits zweifelhaft, ob das Schutzgut der öffentlichen Ordnung in Wahlkampfzeiten überhaupt zur Anwendung kommen könne, um unliebsame Meinungsäußerung zu unterbinden, die die Schwelle zur Strafbarkeit nicht überschreiten. Das Plakat möge zwar überspitzt und polemisch sein, gegen die ungeschriebenen Regeln, welche für ein gedeihliches Zusammenleben in der Gesellschaft unerlässlich sind, verstoße es aber nicht. 13Die Klägerin beantragt, 14festzustellen, dass die Beseitigungsverfügung der Beklagten vom 16. Mai 2019 rechtswidrig war. 15Die Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Sie meint, ihre Ordnungsverfügung vom 16. Mai 2019 habe ausnahmsweise ohne die vorgeschriebene Anhörung der Klägerin ergehen dürfen, weil Gefahr im Verzug bestanden habe. Die Plakate seien erst zu einem kurzfristigen Zeitpunkt vor dem Wahltag aufgefallen, sodass ein schnelles behördliches Handeln unablässig gewesen sei. Ein Zuwarten habe die Maßnahme vereiteln können. Aus diesem Grund sei auch keine mehrtägige Frist für das Abhängen der Plakate bestimmt worden, sondern die kürzeste mögliche, noch angemessene Frist. Ein möglicher Anhörungsfehler sei außerdem dadurch geheilt worden, dass die Klägerin im gerichtlichen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausreichend zu Sache habe vortragen können. Dabei habe sie es allerdings versäumt, eine mögliche Auslegung der Aussagen des Wahlplakates darzulegen, die nicht Volksverhetzung bedeute. 18Die Klägerin könne sich zwar auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen. Davon sei auch das Recht umfasst, sich in der öffentlichen Auseinandersetzung im politischen Meinungskampf selbst in überspitzter und polemischer Form kritisch zu äußern. Das Wahlplakat der Klägerin überschreite aber die Grenze zu einer strafbaren Volksverhetzung. Ihm sei die eindeutige Aussage zu entnehmen, dass sämtliche Migranten gefährliche Straftäter sind, die eine akute Bedrohung für Leib und Leben der deutschen Bevölkerung darstellen. Die gesamte Gestaltung des Wahlplakates erlaube eine andere Auslegung nicht. Die Äußerung „Migration tötet“ stelle eine böswillige Verächtlichmachung der in Deutschland lebenden Migranten dar. Es handele sich um einen Angriff auf die Menschenwürde dieser Bevölkerungsgruppe, da ihr pauschal sozial unerträgliche Verhaltensweisen und Eigenschaften zugeschrieben würden. Den Migranten werde gleichsam ihr Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeiten abgesprochen und sie würden als minderwertige Wesen behandelt. Eine latent vorhandene Gewaltbereitschaft gegenüber Teilen der Bevölkerung werde vertieft. Dies störe den öffentlichen Frieden. Das ordnungsbehördliche Einschreiten gegen die Wahlplakate sei gerechtfertigt, weil die Belange der Meinungsfreiheit gegenüber der verletzten Menschenwürde zurücktreten müssten. 19Die Parteien haben schriftsätzlich auf mündliche Verhandlung verzichtet. 20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. 21Entscheidungsgründe: 22Da die Beteiligten übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet haben, kann die Kammer gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden. 23Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber nicht begründet. 24Die Klägerin ist als Kreisverband der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) in dem Klageverfahren gemäß § 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähig. Die Beteiligtenfähigkeit erstreckt sich nach dieser Vorschrift auf Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann. Gebietsverbände politischer Parteien in der Rechtsform des nichtrechtsfähigen Vereins sind beteiligtenfähig, wenn sie wirksam gegründet sind und ihnen in Bezug auf den Gegenstand des konkreten Rechtsstreits eine materielle Rechtsposition zustehen kann. Die wirksame Gründung der Kreisverbände der NPD ist höchstrichterlich bestätigt, 25vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28. November 2018 – 6 C 2/17 -, zitiert nach juris. 26Die Klägerin kann sich in dem Klageverfahren auch auf ein materielles Recht berufen. Sie war Inhaberin der am 24. April 2019 von der Beklagten erteilten straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis zum Aufhängen der Wahlplakate und kann geltend machen, durch die angefochtene Ordnungsverfügung in der Ausnutzung dieses Rechts zu Unrecht eingeschränkt worden zu sein. Dies verleiht ihr die Beteiligtenfähigkeit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. 27Der Klagebefugnis der Klägerin steht nicht entgegen, dass die NPD mit ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung anstrebt. Verboten hat das Bundesverfassungsgericht die NPD trotz dieses Umstandes nicht, weil es der Auffassung war, dass es an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht fehlt, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass dieses Handeln zum Erfolg führt, 28vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 17. Januar 2017 – 2 BvB 1/13 -, zitiert nach juris. 29Solange die Partei nicht verboten ist, bleibt es bei dem Grundsatz, dass die NPD ihre Rechte im politischen Meinungskampf ebenso gerichtlich verfolgen kann, wie andere Parteien auch, 30vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28. November 2018 – 6 C 2/17 -, zitiert nach juris. 31Die Klägerin hat ihr Anfechtungsbegehren auf Aufhebung der Ordnungsverfügung der Beklagten vom 16. Mai 2019 durch Schriftsatz vom 3. Juli 2019 in ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren geändert. Diese Klageänderung ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig, ohne dass es auf die Voraussetzungen des § 91 VwGO ankommt, 32vgl. Wolff in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, § 113 Rdn. 241. 33Wie § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO bestimmt, spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt hat. 34Die Ordnungsverfügung vom 16. Mai 2019 ist mit dem Ende der Europawahl gegenstandslos geworden, weil zeitgleich auch die straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis endete und die Klägerin deshalb unabhängig von der Zulässigkeit ihrer Wahlplakate verpflichtet war, diese abzuhängen. Diese Verpflichtung hat die Klägerin auch erfüllt. Nachdem die Ordnungsverfügung vom 16. Mai 2019 erledigt ist, kann die Klägerin anstelle der Aufhebung des Verwaltungsaktes die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit begehren. 35Das für den Fortsetzungsfeststellungsantrag notwendige Interesse der Klägerin i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO folgt daraus, dass sie nach ihrem Vorbringen beabsichtigt, die streitbefangenen Wahlplakate zukünftig mit derselben Gestaltung erneut zu verwenden – etwa bei der am 13. September 2020 stattfindenden Kommunalwahl –. Für diesen Fall besteht die hinreichend konkrete Gefahr, dass die Beklagte erneut die Entfernung der Wahlplakate verlangen wird, noch bevor der Bewilligungszeitraum der erteilten straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis abgelaufen ist, 36vgl. zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr: Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 113 Rdn. 141. 37Ob darüber hinaus ein Rehabilitationsinteresse besteht, weil die in der Ordnungsverfügung getroffene Aussage, dem Wahlplakat komme volksverhetzende Wirkung zu, geeignet ist, das Ansehen der Klägerin in der Öffentlichkeit herabzusetzen, 38so: VG Gießen, Urteil vom 9. August 2019 – 4 K 2279/19.GI -, zitiert nach juris, 39kann dahinstehen. 40Die begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ordnungsverfügung der Beklagten vom 16. Mai 2019 kann nicht getroffen werden, weil die Ordnungsverfügung im Augenblick ihrer Erledigung rechtmäßig war und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt hat. 41Die auf § 14 OBG NRW gestützte Ordnungsverfügung der Beklagten war formell rechtmäßig, obwohl sie ohne vorherige Anhörung der Klägerin ergangen ist. Es greift eine Ausnahme von dem in § 28 Abs. 1 VwVfG NRW vorgesehenen Anhörungserfordernis. 42Von der Anhörung eines Beteiligten kann gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist, weil eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Gefahr im Verzug in diesem Sinne ist anzunehmen, wenn durch eine vorherige Anhörung auch bei Gewährung kürzester Anhörungsfristen ein Zeitverlust einträte, der mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Folge hätte, dass die behördliche Maßnahme zu spät käme, um ihren Zweck noch zu erreichen, 43vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22. März 2012 – 3 C 16/11 -, zitiert nach juris. 44Eine Anhörung der Klägerin vor dem Erlass der Ordnungsverfügung war entbehrlich, weil sie durch die von ihr aufgehängten Wahlplakate mit dem Slogan „Stoppt die Invasion: Migration tötet!“ fortlaufend den Straftatbestand der Volksverhetzung gemäß § 130 StGB (s.u.) verwirklicht hat. Um die Begehung dieser sich ständig wiederholenden Straftat zügig zu unterbinden, durfte die Beklagte vor dem Erlass der Ordnungsverfügung von einer vorherigen Beteiligung der Klägerin absehen. Der mit einer Anhörung der Klägerin verbundene Zeitverlust war in dieser Situation nicht hinnehmbar. Wie der Ablauf des Verwaltungsverfahrens belegt, hat die Beklagte nach der Feststellung des gesetzwidrigen Zustandes am 15. Mai 2019 auch keine unnötige Zeit verloren, um gegen die Klägerin vorzugehen. Sie hat die Ordnungsverfügung innerhalb eines Tages erlassen. Ihr Handeln war stringent auf eine möglichst schnelle Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes gerichtet. Auch für eine kurz bemessene Anhörungsfrist fehlte die Zeit. 45Die sofortige Unterbindung der strafbaren Handlung begründete zudem ein öffentliches Interesse an einer Beseitigungsanordnung ohne vorherige Anhörung der Klägerin. 46Demgegenüber kann die Klägerin nicht mit Erfolg einwenden, bereits der Umstand, dass ihr die Beklagte eine Frist von mehreren Tagen gesetzt habe, um die fraglichen Wahlplakate zu entfernen oder unkenntlich zu machen, belege, dass ausreichend Zeit für eine Anhörung bestanden habe. Die Beklagte hat der Klägerin nämlich am 16. Mai 2019 aufgegeben, die Wahlplakate bis zum 17. Mai 2019 12:00 Uhr zu entfernen oder unkenntlich zu machen. Eine Frist von mehreren Tagen gab es nicht. 47Die Entscheidung der Beklagten, von der Anhörung abzusehen, war ermessensgerecht, weil nicht erkennbar ist, welche für die Entscheidung erheblichen Tatsachen (§ 28 Abs. 1 VwVfG NRW) die Klägerin hätte vorbringen wollen, um die Beklagte in der Sache zu einer anderen Entscheidung als der getroffenen zu veranlassen. Die Klägerin hat die Klage demgemäß mit Rechtsansichten begründet, nicht aber mit tatsächlichem Vorbringen. Auch ohne Anhörung der Klägerin waren der Beklagten somit alle entscheidungserheblichen Tatsachen bekannt, als die Ordnungsverfügung erging. 48Die Ordnungsverfügung war auch materiell rechtmäßig. 49Nach § 14 Abs. 1 OBG NRW können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren. Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn bei ungehindertem Geschehensablauf in überschaubarer Zukunft mit einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann. Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit umfasst die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, die subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie die Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates, 50vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. August 2015 – 5 B 908/15 -, zitiert nach juris. 51Das Aufhängen des fraglichen Wahlplakates im öffentlichen Straßenraum verwirklicht den Straftatbestand der Volksverhetzung im Sinne von § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Dies rechtfertigt ein ordnungsbehördliches Einschreiten, 52vgl. wie hier: VG Dresden, Beschluss vom 20. Mai 2019 – 6 L 385/19 -; nachgehend: Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 23. Mai 2019 – 3 B 155/19 -; a.A.: Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 22. Oktober 2019 – 3 EO 715/19 -; VG Gießen, Urteil vom 9. August 2019 – 4 K 2279/19.GI -; zitiert nach juris. 53Objektiv begeht Volksverhetzung im Sinne von § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet. 54Bei der Auslegung des § 130 StGB ist zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin bei politischen Äußerungen im Wahlkampf auf die Meinungsäußerungsfreiheit berufen kann. Das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG gibt jedem das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Dies umfasst auch in überspitzter und polemischer Form zum Ausdruck gebrachte Kritik. Vom Schutzbereich erfasst werden Meinungen unabhängig von deren Begründetheit, Werthaltigkeit oder Richtigkeit. Sie verlieren diesen Schutz auch dann nicht, wenn sie scharf und überzogen geäußert werden. Bei der Subsumtion unter eine strafrechtliche Norm ist vor jeder rechtlichen Wertung daher zunächst der Sinn der Meinungsäußerung zutreffend zu erfassen. Maßgeblich hierfür ist weder die subjektive Absicht des Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums objektiv hat, 55vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24. September 2009 – 2 BvR 2179/09 -; Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 27. Oktober 2017 - 1 Ss 49/17 -; zitiert nach juris. 56Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind bei der Deutung von Äußerungen neben dem Wortlaut und dem sprachlichen Kontext auch die äußeren Begleitumstände zu beachten, 57vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 25. März 2008 – 1 BvR 1753/03 -, Rn. 32; so auch: Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 28. Januar 2020 – 3 RVs 1/20 -; juris. 58Mehrdeutige Aussagen können nur dann unter den Straftatbestand der Volksverhetzung subsumiert werden, wenn strafrechtlich nicht relevante Auslegungsvarianten, die nicht völlig fern liegen, mit schlüssigen Argumenten ausgeschlossen werden, 59vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 24. Mai 2019 – 1 BvQ 45/19 - und vom 25. März 2008 – 1 BvR 1753/03 -; Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 27. Oktober 2017 – 1 Ss 49/17 -; zitiert nach juris. 60Es kann genügen, dass sich eine mit der jeweiligen Äußerung verbundene verdeckte Aussage dem angesprochenen Publikum als unabweisbare Schlussfolgerung aufdrängt, 61vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 4. Februar 2010 – 1 BvR 369/04, 1 BvR 370/04, 1 BvR 371/04 - und vom 19. Dezember 2007 – 1 BvR 967/05 -, zitiert nach juris. 62In Anwendung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass die gewählte Darstellung der Klägerin mit dem Wortlaut „Stoppt die Invasion: Migration tötet!“ Volksverhetzung in diesem Sinne bedeutet, weil sie in ihrem Gesamtzusammenhang die in Deutschland lebenden Ausländer in einer Weise böswillig verächtlich macht, die ihre Menschenwürde angreift und geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. 63Betroffen hiervon ist ein Teil der Bevölkerung. Damit sind sich aufgrund bestimmter objektiver und subjektiver Merkmale von der übrigen Bevölkerung unterscheidende Personenmehrheiten gemeint, die zahlenmäßig von einiger Erheblichkeit, d.h. individuell nicht mehr überschaubar sind, 64vgl. Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage 2019, § 130 Rdn. 3. 65Einen solchen Teil stellen die in Deutschland lebenden Migranten, also aus dem Ausland nach Deutschland eingereiste und sich niedergelassene Menschen, von denen die im Plakat bezeichnete „Migration“ ausgeht, dar, 66so für die im Bundesgebiet lebenden Ausländer: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. September 2011 – 4 StR 129/11 -, zitiert nach juris. 67Eine Beschränkung der inhaltlichen Aussage des Plakats auf die seit September 2015 in das Bundesgebiet eingereisten Migranten oder auf kriminelle Migranten, wie dies die Klägerin verstanden wissen möchte, ist weder der Gestaltung noch dem Text des Plakates zu entnehmen. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der unvoreingenommene Betrachter von einer solchen Beschränkung ausgehen könnte. 68Ein böswilliges Verächtlichmachen liegt vor, wenn die Betroffenen aus verwerflichen Beweggründen durch Äußerungen als der Achtung der Staatsbürger unwert oder unwürdig dargestellt werden, 69vgl. Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage 2019, § 130 Rdn. 5d. 70Diese Kriterien werden durch das Wahlplakat der Klägerin in Bezug auf die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Migranten erfüllt. Ein böswilliges Verächtlichmachen der nach Deutschland zugezogenen Migranten liegt schon darin, dass die Einwanderung dieser Personen in dem Wahlplakat als „Invasion“ bezeichnet wird, die es zu stoppen gilt. Unter Invasion ist ein feindlicher Einfall, ein widerrechtlicher Einbruch in fremdes Staatsgebiet, bzw. eine gewaltsame Inbesitznahme zu verstehen, 71vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch. 72Die Bezeichnung der Zuwanderung als „Invasion“ impliziert damit, dass es sich dabei um einen kriegerischen Akt handelt, dem ebenso gewaltsam, wie er begangen wird, begegnet werden darf. Dem entspricht es, dass die Klägerin auf ihrem Wahlplakat zugleich zum Widerstand aufruft, indem es ausdrücklich heißt: “ Widerstand – Jetzt –“. Liest man die Ausdrücke „Stoppt die Invasion“ und „Widerstand – Jetzt –“ im Zusammenhang, so liegt nahe, dies als Aufruf an die deutsche Bevölkerung zu verstehen, der Zuwanderung mit geeigneten Maßnahmen entgegenzutreten. Dadurch aber werden sämtliche Zuwanderer unterschiedslos als widerrechtliche Eindringlinge kriminalisiert und böswillig verächtlich gemacht. 73Verstärkt wird die verächtlich machende Wirkung des Wahlplakates durch die in großen Lettern hervorgehobene Aussage „Migration tötet!“. Migranten werden mit der Formulierung „Migration tötet!“ generell als gefährlich gebrandmarkt und pauschal mit der Gefahr von Tötungsdelikten verknüpft. Die gewählte Formulierung „Migration tötet!“ macht dabei - anders als es die Klägerin vorträgt - keinen wesentlichen Unterschied zu der Formulierung „Migranten töten“, da beim angesprochenen Publikum die gleiche Aussage assoziiert wird, nämlich die, dass in das Bundesgebiet eingereiste Ausländer in ihrer Gesamtheit eine direkte erhebliche Gefahr für Deutsche darstellen. Der Einwand der Klägerin, man wolle mit dem Begriff „Migration“ nur die Einwanderungspolitik der Bundesregierung kritisieren, nicht die Migranten als Personen, geht fehl. Ein solches Verständnis lässt sich aus dem Plakat nicht ableiten, 74a.A.: Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 22. Oktober 2019 – 3 EO 715/19 -, zitiert nach juris; Verwaltungsgericht Braunschweig, Urteil vom 18. März 2020 – 5 A 196/19 -. 75Der Begriff „Migration“ bezeichnet die Abwanderung in ein anderes Land, in eine andere Gegend, an einen anderen Ort, 76vgl. https://duden.de/rechtschreibung/Migration, 77und damit die auf einem Willensentschluss der migrierenden Personen beruhende Handlung, nicht eine hierauf lediglich reagierende Einwanderungspolitik der Zielländer der Migration. So werden die Bundesregierung und ihre Einwanderungspolitik in dem Plakat auch schlicht nicht thematisiert. Stattdessen werden durch die Aufzählung zahlreicher Städtenamen nebst davorgesetztem Kreuz im Hintergrund des Plakats Straftaten von Migranten, also von Personen, in den Fokus gesetzt. 78Die Aufzählung von Städtenamen erweckt darüber hinaus den Eindruck, dass Migranten in Deutschland für eine unüberschaubare Zahl von Todesfällen verantwortlich sind. Die Gestaltung ist so gewählt, dass der Betrachter des Wahlplakates die Schlussfolgerung ziehen muss, die Aufzählung von Städtenamen ließe sich endlos fortführen, es handele sich nur um einen kleinen Ausschnitt der Wirklichkeit. Durch diesen Effekt wird die verächtlich machende Wirkung des Wahlplakates weiter verschärft. Er belegt zugleich, dass es in dem Wahlplakat eben nicht darum geht, die Migrationspolitik der Bundesregierung mit deutlichen Worten zu geißeln. Vielmehr verfolgt das Wahlplakat die Absicht, die in Deutschland lebenden Ausländer zu diffamieren. 79Diese Zielrichtung ist zentraler Bestandteil der politischen Agenda der NPD und hat zu ihrer Einstufung als verfassungsfeindlich geführt. Wie das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, zielt die Politik der NPD auf eine Ersetzung der bestehenden Verfassungsordnung durch einen an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären „Nationalstaat“. Ihr politisches Konzept missachtet die Menschenwürde aller, die der ethnischen Volksgemeinschaft nicht angehören. Folge dieses Konzepts sind menschenverachtende rassistische Positionierungen der NPD gegenüber gesellschaftlichen Gruppen, zu denen auch die Ausländer gehören, 80vgl. Bundesverfassungsgericht, NPD-Verbotsverfahren, Urteil vom 17. Januar 2017 – 2 BvB 1/13 -, Leitsatz 9 a) sowie Rdn. 636 ff. 81Die Gruppe der Migranten wird durch das Wahlplakat auch in ihrer Menschenwürde angegriffen. Ein Angriff auf die Menschenwürde setzt voraus, dass den angegriffenen Personen ihr Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeiten abgesprochen wird und sie als minderwertige Wesen behandelt werden, 82vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 24. September 2009 – 2 BvR 2179/09 - und vom 6. September 2000 – 1 BvR 1056/95 -, zitiert nach juris. 83Gemeint ist damit nicht, dass dem Betroffenen im Sinne einer existenziellen Vernichtung das Lebensrecht an sich abgesprochen werden muss. Notwendig ist vielmehr, dass es sich um eine Tat handelt, die deshalb unmenschlich ist, weil sie das Menschentum des Angegriffenen bestreitet oder relativiert, 84vgl. Fischer, Strafgesetzbuch, 65. Aufl. 2018, § 130, Rdn. 12 a; Sternberg-Lieben/Schittenhelm in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Aufl. 2019, § 130, Rdn. 6. 85Die Rechtsprechung hat einen Angriff auf die Menschenwürde in diesem Sinne für ein Wahlplakat der NPD bejaht, auf dem über dem Text „Polen-Invasion stoppen“ zwei Krähenvögel abgebildet waren, die mit ihren Schnäbeln nach Geldscheinen greifen, 86vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19. September 2009 – 3 M 155/09 -; sowie diesem folgend: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24. September 2009 – 2 BvR 2179/09 -; zitiert nach juris. 87Gemessen daran kann für das streitige Wahlplakat nichts anderes gelten. Es ruft ebenso dazu auf, die „Invasion“ durch Migranten zu stoppen. Die Migranten werden zwar nicht mit Vögeln gleichgesetzt; sie werden aber mit Mördern gleichgesetzt, die in Deutschland in vielen Städten, wie aus dem Hintergrund des Plakates ersichtlich wird, für zahllose Kreuze auf den Friedhöfen verantwortlich sind. Der unterschiedslose Vergleich aller Migranten mit Mördern berührt die Menschenwürde dieser Personen weit mehr, als ein Vergleich mit Vögeln, die sich über Geld her machen. Der ausgesprochene Vorwurf wiegt deutlich schwerer. Das Plakat bringt in seiner gesamten Gestaltung hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass den Migranten ein Leben als gleichwertige Persönlichkeiten abgesprochen wird. Die Klägerin bringt mit dem Inhalt des Wahlplakates in Erinnerung, was der Bevölkerung als Adressat der Wahlwerbung allgemein bekannt ist, dass es nämlich zum politischen Konzept der NPD gehört, die Menschenwürde aller Nicht-Deutschen zu missachten (s.o.). Dies schwingt bei der Betrachtung des Wahlplakates durch ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum mit. Dieses Publikum kann aus dem Inhalt des Wahlplakates nur die Schlussfolgerung ziehen, dass es die Migranten nicht wert sind, als Menschen unter uns zu leben. Ihnen wird das Existenzrecht insgesamt abgesprochen, nicht nur das Recht zum Aufenthalt in Deutschland, 88vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. April 2011 – 1 S 1250/11 -,Rdn. 16, zur Rechtsprechung der Strafgerichte, die bei der Parole „Ausländer raus“ von einem Angriff auf die Menschenwürde ausgehen, wenn weitere Begleitumstände hinzutreten; zitiert nach juris. 89Das Wahlplakat ist deshalb auch geeignet, den öffentlichen Frieden zu gefährden, wie dies § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB voraussetzt. Der öffentliche Friede wird gefährdet, wenn berechtigte Gründe für die Befürchtung vorliegen, dass das Vertrauen in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttert wird, sei es auch nur bei der Bevölkerungsgruppe, gegen die sich die böswillige Verächtlichmachung richtet, 90vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. August 2006 – 5 StR 405/05 – ; zitiert nach juris. 91Durch das Wahlplakat werden Ängste gegen Migranten geschürt, in dem sie pauschal als Schwerststraftäter dargestellt werden, vor denen sich Deutsche schützen müssen. Indem zum Widerstand gegen die „Invasion“ der Migranten aufgerufen wird, wird suggeriert, dass der Staat selbst nicht willens oder in der Lage ist, Deutsche vor gewalttätigen Angriffen der Migranten zu schützen. Das Gewaltmonopol des Staates wird damit infrage gestellt. Solche Äußerungen sind geeignet, das Vertrauen in die Rechtssicherheit zu erschüttern, eine latent vorhandene Gewaltbereitschaft eines bestimmten Personenkreises gegenüber Ausländern zu stärken, Abneigungen gegen Migranten hervorzurufen und die Gewaltschwelle herabzusetzen. Die sich häufenden, rechtsradikal motivierten Gewalttaten gegen Migranten in Deutschland belegen es. Dies stört den öffentlichen Frieden. 92Die Rechtsprechung hat deshalb einen Wahlwerbespot der NPD mit der Formulierung „Migration tötet“ als Volksverhetzung und damit unzulässig eingestuft, 93vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. April 2019 – 5 B 543/19 -; Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 27. April 2019 – 1 BvQ 36/19 -; vorgehend: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26. April 2019 – 2 B 10639/19 -; diesem vorgehend: Verwaltungsgericht Mainz, Beschluss vom 26. April 2019 – 4 L 437/19.MZ -; zitiert nach juris. 94Erst nachdem die NPD die Formulierung „Migration tötet“ aus ihrem Wahlwerbespot getilgt hatte, wurde ihr ein Anspruch auf Ausstrahlung zugesprochen, 95vgl. Bundesverfassungsgericht, Einstweilige Anordnung vom 15. Mai 2019 – 1 BvQ 43/19 -; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 8. Mai 2019 – 8 B 961/19 -; Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 15. Mai 2019 – 5 B 140/19 -; Verwaltungsgericht Hamburg, Beschluss vom 9. Mai 2019 – 17 E 2213/19 -. 96Daraus ist zu schließen, dass die Formulierung „Migration tötet“ zentrale Grundlage für die Einordnung des Wahlwerbespots als Volksverhetzung gewesen ist. Da das streitige Wahlplakat weitere Elemente aufweist, welche die verächtlich machende Wirkung der Formulierung „Migration tötet“ verschärfen, und ihm im Gegenzug Passagen fehlen, die nach den zitierten Entscheidungen zumindest den Vorwurf der evidenten, gewichtigen Volksverhetzung entfallen lassen (Fokussierung auf Deutsche als vermeintliche Opfer), folgt daraus erst recht die Einordnung des Wahlwerbeplakates als Volksverhetzung, 97vgl. für die Parole „Multikulti tötet“: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 24. Mai 2019 – 10 CE 19.1032 -; Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 21. Mai 2019 – 3 B 136/19 -; zitiert nach juris. 98Zwar vermag der Slogan „Migration tötet“ allein dem unbefangenen Betrachter nicht den Eindruck zu vermitteln, sämtliche in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Ausländer oder Migranten seien als potentielle Straftäter von Tötungsdelikten anzusehen, 99vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24. Mai 2019 – 1 BvQ 45/19 -; zitiert nach juris. 100Die Gesamtgestaltung des Wahlplakates löst bei dem unbefangenen Betrachter jedoch genau diesen Eindruck aus, ohne dass eine andere, nicht strafbare Auslegung seines Bedeutungsgehaltes möglich wäre. 101Die abweichende Bewertung des Wahlplakates durch Entscheidungen einzelner Strafgerichte, 102vgl. Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen, Beschluss vom 13. August 2019 – 2 Ds 12 Js 22133/19 -, nachgehend: Landgericht München II, Beschluss vom 19. September 2019 – 1 Qs 23/19 -, 103oder der Staatsanwaltschaften binden die Kammer nicht, 104vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 24. Mai 2019 – 10 CE 19.1032 -; zitiert nach juris. 105An der Erfüllung auch des subjektiven Tatbestandes des § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB bestehen keine Zweifel. 106Ob neben der Gefahr für die öffentliche Sicherheit außerdem eine Gefahr für die öffentliche Ordnung gegeben war, kann offenbleiben. Die damit verbundene grundsätzliche Frage, ob es zulässig ist, die Meinungsäußerungsfreiheit unter Rückgriff auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung einzuschränken, wenn die betreffende Äußerung unterhalb der Schwelle zur Strafbarkeit bleibt, 107verneinend: Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 24. März 2001 – 1 BvQ 13/01 – und vom 5. September 2003 – 1 BvQ 32/03 -; bejahend: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. März 2001 – 5 B 395/01 -; zitiert nach juris, 108bedarf keiner Beantwortung. Denn das Wahlplakat bedeutete strafbare Volksverhetzung. 109Die von der Beklagten getroffene Störerauswahl ist nicht zu beanstanden. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass die Wahlplakate, wie einem Schreiben des Kreisvorsitzenden der Klägerin an die Beklagte vom 19. Mai 2019 zu entnehmen ist, nicht im Eigentum des Kreisverbandes standen, sondern im Eigentum der Bundespartei, war der Kreisverband der NPD für den Zustand der Wahlplakate verantwortlich, weil er im Sinne von § 18 Abs. 2 S. 1 OBG NRW als Inhaber der tatsächlichen Gewalt über die Wahlwerbeplakate anzusehen war. Die Beklagte hat die Ordnungsverfügung zutreffend an den Kreisverband der Partei und nicht an die Bundespartei gerichtet, weil eine Inanspruchnahme des Kreisverbandes der Partei eine schnellere Beseitigung der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung versprach, als eine Inanspruchnahme der in Berlin ansässigen Bundespartei. 110Die Beklagte hat von der Ermächtigung in § 14 Abs. 1 OBG NRW auch in verhältnismäßiger Weise Gebrauch gemacht. Die von ihr ausgesprochene Handlungsanweisung an die Klägerin, die streitigen Wahlplakate zu entfernen, war geeignet und erforderlich, um die fortlaufende Volksverhetzung zu beenden und einen ordnungsgemäßen Zustand wieder herzustellen. 111Zugleich ist es der Klägerin erlaubt worden, anstelle der Beseitigung der Wahlplakate diese unkenntlich zu machen. Die Klägerin kann deshalb nicht mit dem Einwand gehört werden, die Beklagte habe ihr als milderes Mittel erlauben müssen, die strittigen Teile des Wahlplakates zu überkleben. Genau dies ist ihr gestattet worden. 112Die von der Beklagten vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden. 113Die besondere Bedeutung für die politische Willensbildung, die Parteien im Wahlkampf für sich in Anspruch nehmen können, rechtfertigt nicht die Kundgabe strafrechtlich relevanter Meinungsäußerungen. Zum Schutz der öffentlichen Sicherheit sind Äußerungen nicht zulässig, die sich in solcher Weise gegen eine bestimmte Bevölkerungsgruppe als Ganze richten. 114Die Meinungsfreiheit muss stets zurücktreten, wenn die Äußerung einer Meinung die Menschenwürde eines anderen antastet, so wie dies hier der Fall ist. Denn die Menschenwürde als Wurzel aller Grundrechte ist mit keinem Einzelgrundrecht abwägungsfähig, 115vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 4. Februar 2010 – 1 BvR 369/04, 1 BvR 370/04, 1 BvR 371/04 -, zitiert nach juris. 116Die von der Beklagten außerdem angedrohte Vollstreckung der Ordnungsverfügung im Wege der Ersatzvornahme beruht auf §§ 55, 57, 58, 59 VwVG NRW. Sie erweist sich als offensichtlich rechtmäßig. Einwendungen dazu hat die Klägerin nicht erhoben. 117Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. 118Rechtsmittelbelehrung: 119Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 120Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 121Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 122Die Berufung ist nur zuzulassen, 1231. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 1242. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 1253. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 1264. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 1275. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 128Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 129Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 130Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 131Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 132Beschluss: 133Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. 134Gründe: 135Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt. Da eine wirtschaftliche Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin nicht erkennbar ist, war der Auffangstreitwert festzusetzen. 136Rechtsmittelbelehrung: 137Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 138Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 139Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 140Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 141Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 142War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2die parteien streiten über die zulässigkeit von wahlplakaten der klägerin zur europawahl am 26. mai 2019. 3die beklagte erteilte der klägerin am 24. april 2019 die straßenrechtliche sondernutzungserlaubnis zum aufhängen von 250 wahlplakaten anlässlich der anstehenden europawahl im stadtgebiet von n. . die erlaubnis war befristet bis zum 26. mai 2019. 4das von der klägerin verwendete wahlplakat ist im querformat gehalten. es zeigt in seinem rechten drittel das emblem der partei in weiß-rot vor einem roten hintergrund sowie – ebenfalls in weiß – den schriftzug „widerstand – jetzt –". die linken zwei drittel des plakates enthalten einen schwarz-grauen hintergrund, auf dem in hellgrau die namen verschiedener deutscher großstädte erkennbar werden, die durch kreuzsymbole voneinander separiert werden. diese nehmen erkennbar bezug auf orte, an denen es nach medienberichten zu übergriffen oder tötungen durch „migranten“ gekommen ist. vor diesem hintergrund findet sich der in weiß gehaltene schriftzug „migration tötet!“ sowie darüber die kleiner gedruckte überschrift „stoppt die invasion:“. 5am 15. mai 2019 stellte das ordnungsamt der beklagten fest, dass ein solches wahlplakat der klägerin an einer straßenlaterne vor dem haus s. straße 000 in n. angebracht worden war. 6ohne die klägerin zuvor anzuhören, erließ die beklagte am 16. mai 2019 eine ordnungsverfügung an die klägerin. darin forderte sie die klägerin auf, alle wahlwerbeplakate der nationaldemokratischen partei deutschlands mit dem wahlwerbeslogan „stoppt die invasion: migration tötet!“ in n. bis zum 17. mai 2019 12:00 uhr zu entfernen oder unkenntlich zu machen. für den fall, dass die klägerin der ordnungsverfügung nicht folge leistet, drohte die beklagte die durchführung der anordnung im wege der ersatzvornahme an. zugleich ordnete sie die sofortige vollziehung der ordnungsverfügung an. zur begründung der ordnungsverfügung führte die beklagte aus, das wahlwerbeplakat der klägerin verstoße gegen die öffentliche sicherheit und ordnung im sinne von § 14 abs. 1 obg nrw. die verunglimpfung der im bundesgebiet lebenden migranten durch die aussage des wahlwerbeplakates „migration tötet“ erfülle den straftatbestand der volksverhetzung gemäß § 130 abs. 1 nr. 2 stgb. um die volksverhetzung zu beenden, habe die klägerin die plakate zu entfernen oder unkenntlich zu machen. dies dulde keinen aufschub, weswegen die verfügung sofort vollziehbar sei. 7am 17. mai 2019 hat die klägerin anfechtungsklage erhoben und zugleich beantragt, die aufschiebende wirkung der klage gegen die ordnungsverfügung der beklagten vom 16. mai 2019 wieder herzustellen, bzw. anzuordnen. die beklagte ist dem antrag auf vorläufigen rechtsschutz entgegengetreten. durch rechtskräftigen beschluss vom 21. mai 2019 - 20 l 1449/19 - hat die kammer den eilantrag mit der begründung abgelehnt, die einstufung des wahlplakates als strafbare volksverhetzung sei zutreffend. 8mit schreiben vom 19. mai 2019 teilte der vorsitzende des kreisverbandes n. der klägerin der beklagten mit, er habe das wahlplakat auf der s. straße und an anderen ihm bekannten stellen entfernt. eigentümer der wahlplakate sei jedoch nicht der kreisverband n. , sondern die bundespartei in berlin. 9nach dem ende der europawahlen hat die klägerin ihre anfechtungsklage als fortsetzungsfeststellungsklage fortgeführt. zur begründung führt sie aus: das fortsetzungsfeststellungsinteresse folge daraus, dass sie auch bei zukünftigen wahlkämpfen mit dem streitgegenständlichen plakatmotiv für sich werben wolle. es bestehe außerdem ein rehabilitationsinteresse, da über die plakatentfernung medial umfangreich berichtet worden sei. der öffentlich verbreitete vorwurf der volksverhetzung sei ehrenrührig. sie habe ein interesse daran, von diesem verdacht reingewaschen zu werden. es liege zudem ein besonders schwerwiegender eingriff in die grundrechte der partei aus art. 5 abs. 1 und art. 21 abs. 1 gg vor. auch dies begründe ein berechtigtes interesse an der feststellung der rechtswidrigkeit der ordnungsverfügung der beklagten. 10die ordnungsverfügung sei bereits formell rechtswidrig, weil es an der durchführung der vorgeschriebenen anhörung der klägerin fehle. wie der umstand zeige, dass ihr eine mehrtägige frist für die beseitigung der plakate gesetzt worden sei, habe ausreichend zeit für eine zumindest kurz bemessene anhörungsfrist bestanden. um feststellen zu können, ob es sich bei dem wahlplakat um volksverhetzung handelt, sei die beklagte verpflichtet gewesen, ihr gelegenheit zur stellungnahme zu geben, was sie mit der streitgegenständlichen äußerung überhaupt habe aussagen wollen. 11die ordnungsverfügung sei auch materiell rechtswidrig, weil die wahlplakate keine strafbare volksverhetzung darstellten. das wahlplakat beziehe sich nicht auf alle migranten und auch nicht auf alle seit herbst 2015 in das bundesgebiet eingereisten migranten, sondern nur auf die kriminellen migranten. mit dem plakativen slogan „migration tötet“ werde allein die objektive problemlage angeprangert, dass die derzeit praktizierte migrationspolitik der bundesregierung tagtäglich zur verletzung oder gar tötung von menschen durch messerangriffe und ähnliche straftaten führten. zur verdeutlichung dieser aussage seien im hintergrund des plakates diverse, durch kreuze getrennte tatorte genannt, an denen menschen seit september 2015 tatsächlich von kriminellen migranten ermordet worden seien. für einen durchschnittlichen und besonnenen beobachter werde dadurch hinreichend deutlich, dass sich der slogan nicht auf alle migranten, sondern nur auf die kriminellen migranten beziehe. bei den seit herbst 2015 in das bundesgebiet eingereisten migranten handele es sich außerdem nicht um eine abgegrenzte bevölkerungsgruppe im sinne von § 130 abs. 1 stgb. ein verstoß gegen die menschenwürde sei ebenfalls nicht erkennbar. allenfalls liege ein angriff auf die persönliche ehre der migranten vor. dies genüge für die annahme einer volksverhetzung jedoch nicht. an einem böswilligen verächtlichmachen im sinne der strafnorm fehle es ebenso. die klägerin handele nicht aus verwerflichen beweggründen, sondern sei erkennbar von der motivation geleitet, sich für den schutz der deutschen bevölkerung vor straftaten durch kriminelle migranten einzusetzen. hierbei handele es sich um ein legitimes anliegen. schaden vom deutschen volke abzuwenden, stelle eine verfassungsrechtlich anerkannte zielsetzung dar (art. 56 gg). 12die wahlplakate bedeuteten auch keine gefahr für die öffentliche ordnung. es sei bereits zweifelhaft, ob das schutzgut der öffentlichen ordnung in wahlkampfzeiten überhaupt zur anwendung kommen könne, um unliebsame meinungsäußerung zu unterbinden, die die schwelle zur strafbarkeit nicht überschreiten. das plakat möge zwar überspitzt und polemisch sein, gegen die ungeschriebenen regeln, welche für ein gedeihliches zusammenleben in der gesellschaft unerlässlich sind, verstoße es aber nicht. 13die klägerin beantragt, 14festzustellen, dass die beseitigungsverfügung der beklagten vom 16. mai 2019 rechtswidrig war. 15die beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17sie meint, ihre ordnungsverfügung vom 16. mai 2019 habe ausnahmsweise ohne die vorgeschriebene anhörung der klägerin ergehen dürfen, weil gefahr im verzug bestanden habe. die plakate seien erst zu einem kurzfristigen zeitpunkt vor dem wahltag aufgefallen, sodass ein schnelles behördliches handeln unablässig gewesen sei. ein zuwarten habe die maßnahme vereiteln können. aus diesem grund sei auch keine mehrtägige frist für das abhängen der plakate bestimmt worden, sondern die kürzeste mögliche, noch angemessene frist. ein möglicher anhörungsfehler sei außerdem dadurch geheilt worden, dass die klägerin im gerichtlichen verfahren des vorläufigen rechtsschutzes ausreichend zu sache habe vortragen können. dabei habe sie es allerdings versäumt, eine mögliche auslegung der aussagen des wahlplakates darzulegen, die nicht volksverhetzung bedeute. 18die klägerin könne sich zwar auf das grundrecht der meinungsfreiheit berufen. davon sei auch das recht umfasst, sich in der öffentlichen auseinandersetzung im politischen meinungskampf selbst in überspitzter und polemischer form kritisch zu äußern. das wahlplakat der klägerin überschreite aber die grenze zu einer strafbaren volksverhetzung. ihm sei die eindeutige aussage zu entnehmen, dass sämtliche migranten gefährliche straftäter sind, die eine akute bedrohung für leib und leben der deutschen bevölkerung darstellen. die gesamte gestaltung des wahlplakates erlaube eine andere auslegung nicht. die äußerung „migration tötet“ stelle eine böswillige verächtlichmachung der in deutschland lebenden migranten dar. es handele sich um einen angriff auf die menschenwürde dieser bevölkerungsgruppe, da ihr pauschal sozial unerträgliche verhaltensweisen und eigenschaften zugeschrieben würden. den migranten werde gleichsam ihr lebensrecht als gleichwertige persönlichkeiten abgesprochen und sie würden als minderwertige wesen behandelt. eine latent vorhandene gewaltbereitschaft gegenüber teilen der bevölkerung werde vertieft. dies störe den öffentlichen frieden. das ordnungsbehördliche einschreiten gegen die wahlplakate sei gerechtfertigt, weil die belange der meinungsfreiheit gegenüber der verletzten menschenwürde zurücktreten müssten. 19die parteien haben schriftsätzlich auf mündliche verhandlung verzichtet. 20wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakten sowie den inhalt der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten. 21
22da die beteiligten übereinstimmend auf mündliche verhandlung verzichtet haben, kann die kammer gemäß § 101 abs. 2 vwgo ohne mündliche verhandlung entscheiden. 23die klage hat keinen erfolg. sie ist zulässig, aber nicht begründet. 24die klägerin ist als kreisverband der nationaldemokratischen partei deutschlands (npd) in dem klageverfahren gemäß § 61 nr. 2 vwgo beteiligtenfähig. die beteiligtenfähigkeit erstreckt sich nach dieser vorschrift auf vereinigungen, soweit ihnen ein recht zustehen kann. gebietsverbände politischer parteien in der rechtsform des nichtrechtsfähigen vereins sind beteiligtenfähig, wenn sie wirksam gegründet sind und ihnen in bezug auf den gegenstand des konkreten rechtsstreits eine materielle rechtsposition zustehen kann. die wirksame gründung der kreisverbände der npd ist höchstrichterlich bestätigt, 25vgl. bundesverwaltungsgericht, urteil vom 28. november 2018 – 6 c 2/17 -, zitiert nach juris. 26die klägerin kann sich in dem klageverfahren auch auf ein materielles recht berufen. sie war inhaberin der am 24. april 2019 von der beklagten erteilten straßenrechtlichen sondernutzungserlaubnis zum aufhängen der wahlplakate und kann geltend machen, durch die angefochtene ordnungsverfügung in der ausnutzung dieses rechts zu unrecht eingeschränkt worden zu sein. dies verleiht ihr die beteiligtenfähigkeit im verwaltungsgerichtlichen verfahren. 27der klagebefugnis der klägerin steht nicht entgegen, dass die npd mit ihren zielen und dem verhalten ihrer anhänger die beseitigung der freiheitlichen demokratischen grundordnung anstrebt. verboten hat das bundesverfassungsgericht die npd trotz dieses umstandes nicht, weil es der auffassung war, dass es an konkreten anhaltspunkten von gewicht fehlt, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass dieses handeln zum erfolg führt, 28vgl. bundesverfassungsgericht, urteil vom 17. januar 2017 – 2 bvb 1/13 -, zitiert nach juris. 29solange die partei nicht verboten ist, bleibt es bei dem grundsatz, dass die npd ihre rechte im politischen meinungskampf ebenso gerichtlich verfolgen kann, wie andere parteien auch, 30vgl. bundesverwaltungsgericht, urteil vom 28. november 2018 – 6 c 2/17 -, zitiert nach juris. 31die klägerin hat ihr anfechtungsbegehren auf aufhebung der ordnungsverfügung der beklagten vom 16. mai 2019 durch schriftsatz vom 3. juli 2019 in ein fortsetzungsfeststellungsbegehren geändert. diese klageänderung ist gemäß § 113 abs. 1 satz 4 vwgo zulässig, ohne dass es auf die voraussetzungen des § 91 vwgo ankommt, 32vgl. wolff in: sodan/ziekow, verwaltungsgerichtsordnung, 5. auflage 2018, § 113 rdn. 241. 33wie § 113 abs. 1 satz 4 vwgo bestimmt, spricht das gericht auf antrag durch urteil aus, dass der verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn sich der verwaltungsakt vorher durch zurücknahme oder anders erledigt hat. 34die ordnungsverfügung vom 16. mai 2019 ist mit dem ende der europawahl gegenstandslos geworden, weil zeitgleich auch die straßenrechtliche sondernutzungserlaubnis endete und die klägerin deshalb unabhängig von der zulässigkeit ihrer wahlplakate verpflichtet war, diese abzuhängen. diese verpflichtung hat die klägerin auch erfüllt. nachdem die ordnungsverfügung vom 16. mai 2019 erledigt ist, kann die klägerin anstelle der aufhebung des verwaltungsaktes die feststellung seiner rechtswidrigkeit begehren. 35das für den fortsetzungsfeststellungsantrag notwendige interesse der klägerin i.s.v. § 113 abs. 1 satz 4 vwgo folgt daraus, dass sie nach ihrem vorbringen beabsichtigt, die streitbefangenen wahlplakate zukünftig mit derselben gestaltung erneut zu verwenden – etwa bei der am 13. september 2020 stattfindenden kommunalwahl –. für diesen fall besteht die hinreichend konkrete gefahr, dass die beklagte erneut die entfernung der wahlplakate verlangen wird, noch bevor der bewilligungszeitraum der erteilten straßenrechtlichen sondernutzungserlaubnis abgelaufen ist, 36vgl. zum fortsetzungsfeststellungsinteresse wegen wiederholungsgefahr: kopp/schenke, vwgo, 24. auflage 2018, § 113 rdn. 141. 37ob darüber hinaus ein rehabilitationsinteresse besteht, weil die in der ordnungsverfügung getroffene aussage, dem wahlplakat komme volksverhetzende wirkung zu, geeignet ist, das ansehen der klägerin in der öffentlichkeit herabzusetzen, 38so: vg gießen, urteil vom 9. august 2019 – 4 k 2279/19.gi -, zitiert nach juris, 39kann dahinstehen. 40die begehrte feststellung der rechtswidrigkeit der ordnungsverfügung der beklagten vom 16. mai 2019 kann nicht getroffen werden, weil die ordnungsverfügung im augenblick ihrer erledigung rechtmäßig war und die klägerin nicht in ihren rechten verletzt hat. 41die auf § 14 obg nrw gestützte ordnungsverfügung der beklagten war formell rechtmäßig, obwohl sie ohne vorherige anhörung der klägerin ergangen ist. es greift eine ausnahme von dem in § 28 abs. 1 vwvfg nrw vorgesehenen anhörungserfordernis. 42von der anhörung eines beteiligten kann gemäß § 28 abs. 2 nr. 1 vwvfg nrw abgesehen werden, wenn sie nach den umständen des einzelfalles nicht geboten ist, weil eine sofortige entscheidung wegen gefahr im verzug oder im öffentlichen interesse notwendig erscheint. gefahr im verzug in diesem sinne ist anzunehmen, wenn durch eine vorherige anhörung auch bei gewährung kürzester anhörungsfristen ein zeitverlust einträte, der mit hoher wahrscheinlichkeit zur folge hätte, dass die behördliche maßnahme zu spät käme, um ihren zweck noch zu erreichen, 43vgl. bundesverwaltungsgericht, urteil vom 22. märz 2012 – 3 c 16/11 -, zitiert nach juris. 44eine anhörung der klägerin vor dem erlass der ordnungsverfügung war entbehrlich, weil sie durch die von ihr aufgehängten wahlplakate mit dem slogan „stoppt die invasion: migration tötet!“ fortlaufend den straftatbestand der volksverhetzung gemäß § 130 stgb (s.u.) verwirklicht hat. um die begehung dieser sich ständig wiederholenden straftat zügig zu unterbinden, durfte die beklagte vor dem erlass der ordnungsverfügung von einer vorherigen beteiligung der klägerin absehen. der mit einer anhörung der klägerin verbundene zeitverlust war in dieser situation nicht hinnehmbar. wie der ablauf des verwaltungsverfahrens belegt, hat die beklagte nach der feststellung des gesetzwidrigen zustandes am 15. mai 2019 auch keine unnötige zeit verloren, um gegen die klägerin vorzugehen. sie hat die ordnungsverfügung innerhalb eines tages erlassen. ihr handeln war stringent auf eine möglichst schnelle beseitigung des rechtswidrigen zustandes gerichtet. auch für eine kurz bemessene anhörungsfrist fehlte die zeit. 45die sofortige unterbindung der strafbaren handlung begründete zudem ein öffentliches interesse an einer beseitigungsanordnung ohne vorherige anhörung der klägerin. 46demgegenüber kann die klägerin nicht mit erfolg einwenden, bereits der umstand, dass ihr die beklagte eine frist von mehreren tagen gesetzt habe, um die fraglichen wahlplakate zu entfernen oder unkenntlich zu machen, belege, dass ausreichend zeit für eine anhörung bestanden habe. die beklagte hat der klägerin nämlich am 16. mai 2019 aufgegeben, die wahlplakate bis zum 17. mai 2019 12:00 uhr zu entfernen oder unkenntlich zu machen. eine frist von mehreren tagen gab es nicht. 47die entscheidung der beklagten, von der anhörung abzusehen, war ermessensgerecht, weil nicht erkennbar ist, welche für die entscheidung erheblichen tatsachen (§ 28 abs. 1 vwvfg nrw) die klägerin hätte vorbringen wollen, um die beklagte in der sache zu einer anderen entscheidung als der getroffenen zu veranlassen. die klägerin hat die klage demgemäß mit rechtsansichten begründet, nicht aber mit tatsächlichem vorbringen. auch ohne anhörung der klägerin waren der beklagten somit alle entscheidungserheblichen tatsachen bekannt, als die ordnungsverfügung erging. 48die ordnungsverfügung war auch materiell rechtmäßig. 49nach § 14 abs. 1 obg nrw können die ordnungsbehörden die notwendigen maßnahmen treffen, um eine im einzelnen falle bestehende gefahr für die öffentliche sicherheit oder ordnung (gefahr) abzuwehren. eine konkrete gefahr liegt vor, wenn bei ungehindertem geschehensablauf in überschaubarer zukunft mit einem schaden für die schutzgüter der öffentlichen sicherheit oder ordnung hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann. das schutzgut der öffentlichen sicherheit umfasst die unverletzlichkeit der rechtsordnung, die subjektiven rechte und rechtsgüter des einzelnen sowie die einrichtungen und veranstaltungen des staates, 50vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, beschluss vom 6. august 2015 – 5 b 908/15 -, zitiert nach juris. 51das aufhängen des fraglichen wahlplakates im öffentlichen straßenraum verwirklicht den straftatbestand der volksverhetzung im sinne von § 130 abs. 1 nr. 2 stgb. dies rechtfertigt ein ordnungsbehördliches einschreiten, 52vgl. wie hier: vg dresden, beschluss vom 20. mai 2019 – 6 l 385/19 -; nachgehend: sächsisches oberverwaltungsgericht, beschluss vom 23. mai 2019 – 3 b 155/19 -; a.a.: thüringer oberverwaltungsgericht, beschluss vom 22. oktober 2019 – 3 eo 715/19 -; vg gießen, urteil vom 9. august 2019 – 4 k 2279/19.gi -; zitiert nach juris. 53objektiv begeht volksverhetzung im sinne von § 130 abs. 1 nr. 2 stgb, wer in einer weise, die geeignet ist, den öffentlichen frieden zu stören, die menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er teile der bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet. 54bei der auslegung des § 130 stgb ist zu berücksichtigen, dass sich die klägerin bei politischen äußerungen im wahlkampf auf die meinungsäußerungsfreiheit berufen kann. das grundrecht aus art. 5 abs. 1 s. 1 gg gibt jedem das recht, seine meinung in wort, schrift und bild frei zu äußern und zu verbreiten. dies umfasst auch in überspitzter und polemischer form zum ausdruck gebrachte kritik. vom schutzbereich erfasst werden meinungen unabhängig von deren begründetheit, werthaltigkeit oder richtigkeit. sie verlieren diesen schutz auch dann nicht, wenn sie scharf und überzogen geäußert werden. bei der subsumtion unter eine strafrechtliche norm ist vor jeder rechtlichen wertung daher zunächst der sinn der meinungsäußerung zutreffend zu erfassen. maßgeblich hierfür ist weder die subjektive absicht des äußernden noch das subjektive verständnis der von der äußerung betroffenen, sondern der sinn, den sie nach dem verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen publikums objektiv hat, 55vgl. bundesverfassungsgericht, beschluss vom 24. september 2009 – 2 bvr 2179/09 -; oberlandesgericht celle, beschluss vom 27. oktober 2017 - 1 ss 49/17 -; zitiert nach juris. 56nach ständiger rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts sind bei der deutung von äußerungen neben dem wortlaut und dem sprachlichen kontext auch die äußeren begleitumstände zu beachten, 57vgl. bundesverfassungsgericht, beschluss vom 25. märz 2008 – 1 bvr 1753/03 -, rn. 32; so auch: oberlandesgericht hamm, beschluss vom 28. januar 2020 – 3 rvs 1/20 -; juris. 58mehrdeutige aussagen können nur dann unter den straftatbestand der volksverhetzung subsumiert werden, wenn strafrechtlich nicht relevante auslegungsvarianten, die nicht völlig fern liegen, mit schlüssigen argumenten ausgeschlossen werden, 59vgl. bundesverfassungsgericht, beschlüsse vom 24. mai 2019 – 1 bvq 45/19 - und vom 25. märz 2008 – 1 bvr 1753/03 -; oberlandesgericht celle, beschluss vom 27. oktober 2017 – 1 ss 49/17 -; zitiert nach juris. 60es kann genügen, dass sich eine mit der jeweiligen äußerung verbundene verdeckte aussage dem angesprochenen publikum als unabweisbare schlussfolgerung aufdrängt, 61vgl. bundesverfassungsgericht, beschlüsse vom 4. februar 2010 – 1 bvr 369/04, 1 bvr 370/04, 1 bvr 371/04 - und vom 19. dezember 2007 – 1 bvr 967/05 -, zitiert nach juris. 62in anwendung dieser grundsätze ist festzustellen, dass die gewählte darstellung der klägerin mit dem wortlaut „stoppt die invasion: migration tötet!“ volksverhetzung in diesem sinne bedeutet, weil sie in ihrem gesamtzusammenhang die in deutschland lebenden ausländer in einer weise böswillig verächtlich macht, die ihre menschenwürde angreift und geeignet ist, den öffentlichen frieden zu stören. 63betroffen hiervon ist ein teil der bevölkerung. damit sind sich aufgrund bestimmter objektiver und subjektiver merkmale von der übrigen bevölkerung unterscheidende personenmehrheiten gemeint, die zahlenmäßig von einiger erheblichkeit, d.h. individuell nicht mehr überschaubar sind, 64vgl. schönke/schröder, stgb, 30. auflage 2019, § 130 rdn. 3. 65einen solchen teil stellen die in deutschland lebenden migranten, also aus dem ausland nach deutschland eingereiste und sich niedergelassene menschen, von denen die im plakat bezeichnete „migration“ ausgeht, dar, 66so für die im bundesgebiet lebenden ausländer: bundesgerichtshof, urteil vom 20. september 2011 – 4 str 129/11 -, zitiert nach juris. 67eine beschränkung der inhaltlichen aussage des plakats auf die seit september 2015 in das bundesgebiet eingereisten migranten oder auf kriminelle migranten, wie dies die klägerin verstanden wissen möchte, ist weder der gestaltung noch dem text des plakates zu entnehmen. es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der unvoreingenommene betrachter von einer solchen beschränkung ausgehen könnte. 68ein böswilliges verächtlichmachen liegt vor, wenn die betroffenen aus verwerflichen beweggründen durch äußerungen als der achtung der staatsbürger unwert oder unwürdig dargestellt werden, 69vgl. schönke/schröder, stgb, 30. auflage 2019, § 130 rdn. 5d. 70diese kriterien werden durch das wahlplakat der klägerin in bezug auf die in der bundesrepublik deutschland lebenden migranten erfüllt. ein böswilliges verächtlichmachen der nach deutschland zugezogenen migranten liegt schon darin, dass die einwanderung dieser personen in dem wahlplakat als „invasion“ bezeichnet wird, die es zu stoppen gilt. unter invasion ist ein feindlicher einfall, ein widerrechtlicher einbruch in fremdes staatsgebiet, bzw. eine gewaltsame inbesitznahme zu verstehen, 71vgl. wahrig, deutsches wörterbuch. 72die bezeichnung der zuwanderung als „invasion“ impliziert damit, dass es sich dabei um einen kriegerischen akt handelt, dem ebenso gewaltsam, wie er begangen wird, begegnet werden darf. dem entspricht es, dass die klägerin auf ihrem wahlplakat zugleich zum widerstand aufruft, indem es ausdrücklich heißt: “ widerstand – jetzt –“. liest man die ausdrücke „stoppt die invasion“ und „widerstand – jetzt –“ im zusammenhang, so liegt nahe, dies als aufruf an die deutsche bevölkerung zu verstehen, der zuwanderung mit geeigneten maßnahmen entgegenzutreten. dadurch aber werden sämtliche zuwanderer unterschiedslos als widerrechtliche eindringlinge kriminalisiert und böswillig verächtlich gemacht. 73verstärkt wird die verächtlich machende wirkung des wahlplakates durch die in großen lettern hervorgehobene aussage „migration tötet!“. migranten werden mit der formulierung „migration tötet!“ generell als gefährlich gebrandmarkt und pauschal mit der gefahr von tötungsdelikten verknüpft. die gewählte formulierung „migration tötet!“ macht dabei - anders als es die klägerin vorträgt - keinen wesentlichen unterschied zu der formulierung „migranten töten“, da beim angesprochenen publikum die gleiche aussage assoziiert wird, nämlich die, dass in das bundesgebiet eingereiste ausländer in ihrer gesamtheit eine direkte erhebliche gefahr für deutsche darstellen. der einwand der klägerin, man wolle mit dem begriff „migration“ nur die einwanderungspolitik der bundesregierung kritisieren, nicht die migranten als personen, geht fehl. ein solches verständnis lässt sich aus dem plakat nicht ableiten, 74a.a.: thüringer oberverwaltungsgericht, beschluss vom 22. oktober 2019 – 3 eo 715/19 -, zitiert nach juris; verwaltungsgericht braunschweig, urteil vom 18. märz 2020 – 5 a 196/19 -. 75der begriff „migration“ bezeichnet die abwanderung in ein anderes land, in eine andere gegend, an einen anderen ort, 76vgl. https://duden.de/rechtschreibung/migration, 77und damit die auf einem willensentschluss der migrierenden personen beruhende handlung, nicht eine hierauf lediglich reagierende einwanderungspolitik der zielländer der migration. so werden die bundesregierung und ihre einwanderungspolitik in dem plakat auch schlicht nicht thematisiert. stattdessen werden durch die aufzählung zahlreicher städtenamen nebst davorgesetztem kreuz im hintergrund des plakats straftaten von migranten, also von personen, in den fokus gesetzt. 78die aufzählung von städtenamen erweckt darüber hinaus den eindruck, dass migranten in deutschland für eine unüberschaubare zahl von todesfällen verantwortlich sind. die gestaltung ist so gewählt, dass der betrachter des wahlplakates die schlussfolgerung ziehen muss, die aufzählung von städtenamen ließe sich endlos fortführen, es handele sich nur um einen kleinen ausschnitt der wirklichkeit. durch diesen effekt wird die verächtlich machende wirkung des wahlplakates weiter verschärft. er belegt zugleich, dass es in dem wahlplakat eben nicht darum geht, die migrationspolitik der bundesregierung mit deutlichen worten zu geißeln. vielmehr verfolgt das wahlplakat die absicht, die in deutschland lebenden ausländer zu diffamieren. 79diese zielrichtung ist zentraler bestandteil der politischen agenda der npd und hat zu ihrer einstufung als verfassungsfeindlich geführt. wie das bundesverfassungsgericht festgestellt hat, zielt die politik der npd auf eine ersetzung der bestehenden verfassungsordnung durch einen an der ethnischen „volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären „nationalstaat“. ihr politisches konzept missachtet die menschenwürde aller, die der ethnischen volksgemeinschaft nicht angehören. folge dieses konzepts sind menschenverachtende rassistische positionierungen der npd gegenüber gesellschaftlichen gruppen, zu denen auch die ausländer gehören, 80vgl. bundesverfassungsgericht, npd-verbotsverfahren, urteil vom 17. januar 2017 – 2 bvb 1/13 -, leitsatz 9 a) sowie rdn. 636 ff. 81die gruppe der migranten wird durch das wahlplakat auch in ihrer menschenwürde angegriffen. ein angriff auf die menschenwürde setzt voraus, dass den angegriffenen personen ihr lebensrecht als gleichwertige persönlichkeiten abgesprochen wird und sie als minderwertige wesen behandelt werden, 82vgl. bundesverfassungsgericht, beschlüsse vom 24. september 2009 – 2 bvr 2179/09 - und vom 6. september 2000 – 1 bvr 1056/95 -, zitiert nach juris. 83gemeint ist damit nicht, dass dem betroffenen im sinne einer existenziellen vernichtung das lebensrecht an sich abgesprochen werden muss. notwendig ist vielmehr, dass es sich um eine tat handelt, die deshalb unmenschlich ist, weil sie das menschentum des angegriffenen bestreitet oder relativiert, 84vgl. fischer, strafgesetzbuch, 65. aufl. 2018, § 130, rdn. 12 a; sternberg-lieben/schittenhelm in: schönke/schröder, strafgesetzbuch, 30. aufl. 2019, § 130, rdn. 6. 85die rechtsprechung hat einen angriff auf die menschenwürde in diesem sinne für ein wahlplakat der npd bejaht, auf dem über dem text „polen-invasion stoppen“ zwei krähenvögel abgebildet waren, die mit ihren schnäbeln nach geldscheinen greifen, 86vgl. oberverwaltungsgericht für das land mecklenburg-vorpommern, beschluss vom 19. september 2009 – 3 m 155/09 -; sowie diesem folgend: bundesverfassungsgericht, beschluss vom 24. september 2009 – 2 bvr 2179/09 -; zitiert nach juris. 87gemessen daran kann für das streitige wahlplakat nichts anderes gelten. es ruft ebenso dazu auf, die „invasion“ durch migranten zu stoppen. die migranten werden zwar nicht mit vögeln gleichgesetzt; sie werden aber mit mördern gleichgesetzt, die in deutschland in vielen städten, wie aus dem hintergrund des plakates ersichtlich wird, für zahllose kreuze auf den friedhöfen verantwortlich sind. der unterschiedslose vergleich aller migranten mit mördern berührt die menschenwürde dieser personen weit mehr, als ein vergleich mit vögeln, die sich über geld her machen. der ausgesprochene vorwurf wiegt deutlich schwerer. das plakat bringt in seiner gesamten gestaltung hinreichend deutlich zum ausdruck, dass den migranten ein leben als gleichwertige persönlichkeiten abgesprochen wird. die klägerin bringt mit dem inhalt des wahlplakates in erinnerung, was der bevölkerung als adressat der wahlwerbung allgemein bekannt ist, dass es nämlich zum politischen konzept der npd gehört, die menschenwürde aller nicht-deutschen zu missachten (s.o.). dies schwingt bei der betrachtung des wahlplakates durch ein unvoreingenommenes und verständiges publikum mit. dieses publikum kann aus dem inhalt des wahlplakates nur die schlussfolgerung ziehen, dass es die migranten nicht wert sind, als menschen unter uns zu leben. ihnen wird das existenzrecht insgesamt abgesprochen, nicht nur das recht zum aufenthalt in deutschland, 88vgl. verwaltungsgerichtshof baden-württemberg, beschluss vom 28. april 2011 – 1 s 1250/11 -,rdn. 16, zur rechtsprechung der strafgerichte, die bei der parole „ausländer raus“ von einem angriff auf die menschenwürde ausgehen, wenn weitere begleitumstände hinzutreten; zitiert nach juris. 89das wahlplakat ist deshalb auch geeignet, den öffentlichen frieden zu gefährden, wie dies § 130 abs. 1 nr. 2 stgb voraussetzt. der öffentliche friede wird gefährdet, wenn berechtigte gründe für die befürchtung vorliegen, dass das vertrauen in die öffentliche rechtssicherheit erschüttert wird, sei es auch nur bei der bevölkerungsgruppe, gegen die sich die böswillige verächtlichmachung richtet, 90vgl. bundesgerichtshof, urteil vom 8. august 2006 – 5 str 405/05 – ; zitiert nach juris. 91durch das wahlplakat werden ängste gegen migranten geschürt, in dem sie pauschal als schwerststraftäter dargestellt werden, vor denen sich deutsche schützen müssen. indem zum widerstand gegen die „invasion“ der migranten aufgerufen wird, wird suggeriert, dass der staat selbst nicht willens oder in der lage ist, deutsche vor gewalttätigen angriffen der migranten zu schützen. das gewaltmonopol des staates wird damit infrage gestellt. solche äußerungen sind geeignet, das vertrauen in die rechtssicherheit zu erschüttern, eine latent vorhandene gewaltbereitschaft eines bestimmten personenkreises gegenüber ausländern zu stärken, abneigungen gegen migranten hervorzurufen und die gewaltschwelle herabzusetzen. die sich häufenden, rechtsradikal motivierten gewalttaten gegen migranten in deutschland belegen es. dies stört den öffentlichen frieden. 92die rechtsprechung hat deshalb einen wahlwerbespot der npd mit der formulierung „migration tötet“ als volksverhetzung und damit unzulässig eingestuft, 93vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, beschluss vom 26. april 2019 – 5 b 543/19 -; bundesverfassungsgericht, ablehnung einstweilige anordnung vom 27. april 2019 – 1 bvq 36/19 -; vorgehend: oberverwaltungsgericht rheinland-pfalz, beschluss vom 26. april 2019 – 2 b 10639/19 -; diesem vorgehend: verwaltungsgericht mainz, beschluss vom 26. april 2019 – 4 l 437/19.mz -; zitiert nach juris. 94erst nachdem die npd die formulierung „migration tötet“ aus ihrem wahlwerbespot getilgt hatte, wurde ihr ein anspruch auf ausstrahlung zugesprochen, 95vgl. bundesverfassungsgericht, einstweilige anordnung vom 15. mai 2019 – 1 bvq 43/19 -; hessischer verwaltungsgerichtshof, beschluss vom 8. mai 2019 – 8 b 961/19 -; sächsisches oberverwaltungsgericht, beschluss vom 15. mai 2019 – 5 b 140/19 -; verwaltungsgericht hamburg, beschluss vom 9. mai 2019 – 17 e 2213/19 -. 96daraus ist zu schließen, dass die formulierung „migration tötet“ zentrale grundlage für die einordnung des wahlwerbespots als volksverhetzung gewesen ist. da das streitige wahlplakat weitere elemente aufweist, welche die verächtlich machende wirkung der formulierung „migration tötet“ verschärfen, und ihm im gegenzug passagen fehlen, die nach den zitierten entscheidungen zumindest den vorwurf der evidenten, gewichtigen volksverhetzung entfallen lassen (fokussierung auf deutsche als vermeintliche opfer), folgt daraus erst recht die einordnung des wahlwerbeplakates als volksverhetzung, 97vgl. für die parole „multikulti tötet“: bayerischer verwaltungsgerichtshof, beschluss vom 24. mai 2019 – 10 ce 19.1032 -; sächsisches oberverwaltungsgericht, beschluss vom 21. mai 2019 – 3 b 136/19 -; zitiert nach juris. 98zwar vermag der slogan „migration tötet“ allein dem unbefangenen betrachter nicht den eindruck zu vermitteln, sämtliche in der bundesrepublik deutschland lebenden ausländer oder migranten seien als potentielle straftäter von tötungsdelikten anzusehen, 99vgl. bundesverfassungsgericht, beschluss vom 24. mai 2019 – 1 bvq 45/19 -; zitiert nach juris. 100die gesamtgestaltung des wahlplakates löst bei dem unbefangenen betrachter jedoch genau diesen eindruck aus, ohne dass eine andere, nicht strafbare auslegung seines bedeutungsgehaltes möglich wäre. 101die abweichende bewertung des wahlplakates durch entscheidungen einzelner strafgerichte, 102vgl. amtsgericht garmisch-partenkirchen, beschluss vom 13. august 2019 – 2 ds 12 js 22133/19 -, nachgehend: landgericht münchen ii, beschluss vom 19. september 2019 – 1 qs 23/19 -, 103oder der staatsanwaltschaften binden die kammer nicht, 104vgl. bayerischer verwaltungsgerichtshof, beschluss vom 24. mai 2019 – 10 ce 19.1032 -; zitiert nach juris. 105an der erfüllung auch des subjektiven tatbestandes des § 130 abs. 1 nr. 2 stgb bestehen keine zweifel. 106ob neben der gefahr für die öffentliche sicherheit außerdem eine gefahr für die öffentliche ordnung gegeben war, kann offenbleiben. die damit verbundene grundsätzliche frage, ob es zulässig ist, die meinungsäußerungsfreiheit unter rückgriff auf eine gefährdung der öffentlichen ordnung einzuschränken, wenn die betreffende äußerung unterhalb der schwelle zur strafbarkeit bleibt, 107verneinend: bundesverfassungsgericht, beschlüsse vom 24. märz 2001 – 1 bvq 13/01 – und vom 5. september 2003 – 1 bvq 32/03 -; bejahend: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, beschluss vom 23. märz 2001 – 5 b 395/01 -; zitiert nach juris, 108bedarf keiner beantwortung. denn das wahlplakat bedeutete strafbare volksverhetzung. 109die von der beklagten getroffene störerauswahl ist nicht zu beanstanden. selbst wenn es zutreffen sollte, dass die wahlplakate, wie einem schreiben des kreisvorsitzenden der klägerin an die beklagte vom 19. mai 2019 zu entnehmen ist, nicht im eigentum des kreisverbandes standen, sondern im eigentum der bundespartei, war der kreisverband der npd für den zustand der wahlplakate verantwortlich, weil er im sinne von § 18 abs. 2 s. 1 obg nrw als inhaber der tatsächlichen gewalt über die wahlwerbeplakate anzusehen war. die beklagte hat die ordnungsverfügung zutreffend an den kreisverband der partei und nicht an die bundespartei gerichtet, weil eine inanspruchnahme des kreisverbandes der partei eine schnellere beseitigung der gefahr für die öffentliche sicherheit und ordnung versprach, als eine inanspruchnahme der in berlin ansässigen bundespartei. 110die beklagte hat von der ermächtigung in § 14 abs. 1 obg nrw auch in verhältnismäßiger weise gebrauch gemacht. die von ihr ausgesprochene handlungsanweisung an die klägerin, die streitigen wahlplakate zu entfernen, war geeignet und erforderlich, um die fortlaufende volksverhetzung zu beenden und einen ordnungsgemäßen zustand wieder herzustellen. 111zugleich ist es der klägerin erlaubt worden, anstelle der beseitigung der wahlplakate diese unkenntlich zu machen. die klägerin kann deshalb nicht mit dem einwand gehört werden, die beklagte habe ihr als milderes mittel erlauben müssen, die strittigen teile des wahlplakates zu überkleben. genau dies ist ihr gestattet worden. 112die von der beklagten vorgenommene interessenabwägung ist nicht zu beanstanden. 113die besondere bedeutung für die politische willensbildung, die parteien im wahlkampf für sich in anspruch nehmen können, rechtfertigt nicht die kundgabe strafrechtlich relevanter meinungsäußerungen. zum schutz der öffentlichen sicherheit sind äußerungen nicht zulässig, die sich in solcher weise gegen eine bestimmte bevölkerungsgruppe als ganze richten. 114die meinungsfreiheit muss stets zurücktreten, wenn die äußerung einer meinung die menschenwürde eines anderen antastet, so wie dies hier der fall ist. denn die menschenwürde als wurzel aller grundrechte ist mit keinem einzelgrundrecht abwägungsfähig, 115vgl. bundesverfassungsgericht, beschluss vom 4. februar 2010 – 1 bvr 369/04, 1 bvr 370/04, 1 bvr 371/04 -, zitiert nach juris. 116die von der beklagten außerdem angedrohte vollstreckung der ordnungsverfügung im wege der ersatzvornahme beruht auf §§ 55, 57, 58, 59 vwvg nrw. sie erweist sich als offensichtlich rechtmäßig. einwendungen dazu hat die klägerin nicht erhoben. 117die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo, die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit aus § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11 zpo. 118rechtsmittelbelehrung: 119gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 120der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 121innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 122die berufung ist nur zuzulassen, 1231. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 1242. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 1253. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 1264. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 1275. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 128die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 129über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 130im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 131die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 132beschluss: 133der streitwert wird auf 5.000,- euro festgesetzt. 134gründe: 135die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 2 gkg erfolgt. da eine wirtschaftliche bedeutung des verfahrens für die klägerin nicht erkennbar ist, war der auffangstreitwert festzusetzen. 136rechtsmittelbelehrung: 137gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 138die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 139die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 140die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 141die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 142war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Verklagte*r
0
339,918
5 K 10328/17
2021-07-19T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Berufung wird zugelassen. 1Die Klage wird abgewiesen. 2Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. 3Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 4Die Berufung wird zugelassen. 5Tatbestand: 6Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Einfamilienwohnhauses. 7Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung X. , Flur xx, Flurstück xxx in C. (G. . xx). Unmittelbar an die G1.---straße angrenzend ist das Grundstück mit einem auf Grundlage der Baugenehmigung vom 8. September 1977 durch Umbau eines vorhandenen Haupthauses mit Nebengebäude und Erweiterung auf drei Wohnungen fertiggestellten Wohnhaus mit Garagen bebaut. Nach der dem zugehörigen Bauantrag beigefügten Wohnflächenberechnung vom 4. September 1977 umfasst die Erdgeschosswohnung eine Wohnfläche von 108,04 m², die Wohnung im Obergeschoss eine Wohnfläche von 73,43 m² und die Wohnung im vormaligen Nebengebäude eine Wohnfläche von 99,95 m². Die Wohnung im Obergeschoss wurde auf Grundlage der Baugenehmigung vom 10. Mai 2012 um einen Balkon mit einer Balkonfläche von 14,30 m² ergänzt. 8Die Klägerin und ihre beiden Söhne sind Geschäftsführer eines unter der Anschrift G. . 24 unmittelbar auf der anderen Straßenseite geführten Autohauses (Handel und Verkauf). Im rückwärtigen Teil des Grundstücks G2. . xx soll das Vorhaben errichtet werden. 9 10(nicht maßstäblich; Quelle: tim-online) 11Das Vorhabengrundstück (ebenso wie das Betriebsgrundstück) liegen im Gebiet des seit dem 11. Dezember 2006 rechtswirksamen Bebauungsplanes Nr. 655 – Gewerbegebiet X. West – der Beklagten. Dieser Bebauungsplan setzt für das Vorhabengrundstück (ebenso wie für das Betriebsgrundstück) ein Gewerbegebiet GE 1 fest. In den textlichen Festsetzungen heißt es zu Gewerbegebieten u.a.: 12„Gewerbegebiete nach § 8 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben…. 13Ausnahmsweise können Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonal sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind, zugelassen werden (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO) ...“ 14In der Begründung des Bebauungsplanes ist u.a. ausgeführt: 15„Der ausnahmsweise zulässige Handel mit Kraftfahrzeugen ist gerechtfertigt, da es sich hierbei einerseits um nicht-zentrenrelevante Produkte handelt und andererseits durch die Belegung gewichtiger Teile des Gebietes mit fahrzeugbezogenen Nutzungen eine Vorprägung schon besteht. Der Handel mit Kraftfahrzeugen ist nur in Verbindung mit Neufahrzeugen zulässig. Mit dieser Einschränkung soll einer möglichen Abwertungstendenz des Gebietes durch städtebaulich problematisch zu integrierende Gebrauchtwagenhändler vorgebeugt werden. Der notwendige Zusammenhang mit dem Neufahrzeughandel gewährleistet ein deutlich höheres Maß an Repräsentationsanspruch und Gestaltungswillen der Handeltreibenden. 16Einige Betriebswohnungen sind bereits im Bebauungsplangebiet vorhanden. Eine ausnahmsweise Zulässigkeit von Wohnungen für den festgesetzten Personenkreis mit der festgesetzten Größenbeschränkung ist auch im Zusammenhang mit den benachbarten Mischgebieten und der teilweisen weiteren Herabstufung der Immissionsgrade der Gewerbegebiete zweckmäßig und sinnvoll. …“ 17Mit Bauantrag vom 14. März 2017 (Eingang bei der Beklagten am 13. April 2017) beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eins Einfamilienwohnhauses mit Garage (Wohnung für leitenden Mitarbeiter) auf ihrem Grundstück mit einer Wohnfläche von 148,37 m². Ergänzend wurde ausgeführt, das Vorhaben werde vom Betriebsleiter (Werkstattmeister) bezogen. Er übernehme die Tätigkeit, die bedingt durch einen 24-Stunden-Notdienst, einen schnellstmöglichen Zugriff auf die Werkstatt notwendig mache. 18Unter dem 13. Juli 2017 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigen Ablehnung des Bauantrages an. Zur Begründung verwies sie unter Vertiefung einzelner Gesichtspunkte im Wesentlichen darauf, das Erfordernis einer Betriebswohnung werde nicht gesehen. Ein Notdienst über 24 Stunden sei baurechtlich nicht genehmigt. Es sei auch atypisch, dass der Betriebsleiter eines größeren Autohauses selbst den Abschleppvorgang übernehme. Die Genehmigungsfähigkeit eines 24-Stunden-Notdienstes könne nicht in Aussicht gestellt werden. 19In ihrer Stellungnahme vom 10. August 2017 führte die Klägerin durch ihren Architekten im Wesentlichen aus, der Betrieb müsse über 24 Stunden erreichbar sein. Kunden, die eine schnelle Pannenhilfe benötigten, erreichten die Firma nach Dienstende über eine Anrufweiterschaltung. In diesen Fällen müsse das Betriebsgelände schnell erreichbar sein, um entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Das Autohaus habe zudem ein offenes Betriebsgelände, um Kunden den Zugang zum Gebrauchtwagenhof zu ermöglichen. Das Gelände sei kameraüberwacht. Es sei zwingend notwendig, bei unbefugtem Verhalten von Besuchern schnell erreichbar zu sein. 20Mit Bescheid vom 31. August 2017 lehnte die Beklagte den Bauantrag der Klägerin ab. Zur Begründung wiederholte die Beklagte im Wesentlichen ihre Ausführungen im Anhörungsschreiben. Die Stellungnahme der Klägerin führe nicht zu einer anderen Sichtweise. 21Mit Gebührenbescheid vom 4. September 2017 setzte die Beklagte für die Entscheidung über den streitgegenständlichen Bauantrag eine Gebühr von 259,00 Euro fest. 22Die Bescheide wurden der Klägerin am 6. September 2017 zugestellt. 23Am 18. September 2017 hat die Klägerin die vorliegende Klage gegen beide Bescheide erhoben. 24Zur Begründung führt die Klägerin unter Vertiefung einzelner Gesichtspunkte im Wesentlichen aus: 25Das Vorhaben sei genehmigungsfähig, das es den Vorgaben des Bebauungsplanes entspreche und die Erschließung gesichert sei. Das Vorhaben sei für ihren Sohn, Geschäftsführer und Werkstattleiter, bestimmt. Ihr anderer Sohn sei ebenfalls Geschäftsführer und für den Neu- und Gebrauchtwagenkauf zuständig. Sie selbst sei als Geschäftsführerin ausschließlich für Personal und Buchhaltung zuständig, aus dem täglichen Geschäft habe sie sich bereits weitgehend zurückgezogen. Sie stehe ihren Söhnen noch beratend und unterstützend zur Verfügung. 26Das Vorhaben sei angesichts der Nähe zum Betriebsgrundstück und mit Rücksicht auf Art und Größe des Betriebes objektiv sinnvoll, gerade auch im Hinblick auf die Alleinverantwortlichkeit dieses Betriebsleiters für den Werkstattbereich. Dass die Klägerin und ihr anderer Sohn schon im vorhandenen Wohnhaus lebten, ändere daran nichts, aufgrund der historischen Entwicklung habe die vorhandene Wohnnutzung auf dem Vorhabengrundstück keine Betriebsbindung. Das Vorhaben stelle die erste Betriebswohnung für den Kfz-Betrieb dar. Das Vorhaben sei diesem Betrieb auch untergeordnet. 27Das der Beklagten zustehende Ermessen sei auf null reduziert, da vor Inkrafttreten des Bebauungsplanes in der Vergangenheit schon sechs Betriebsleiterwohnungen auf dem Grundstück G. . xxx genehmigt worden seien. Auch die Bebauungsplanbegründung erkläre Betriebswohnungen ausdrücklich für „zweckmäßig und sinnvoll“. 28Schließlich sei der Wohnraum in der Wohnung im Obergeschoss für eine dreiköpfige Familie unangemessen klein. 29Die Klägerin beantragt, 30die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 31. August 2017 und des Gebührenbescheides vom 4. September 2017 zu verpflichten, die am 13. April 2017 beantragte Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses mit Garage auf dem Grundstück G1.---straße xx (Gemarkung X. , Flur xx, Flurstück xxx) zu erteilen, 31Die Beklagte beantragt, 32die Klage abzuweisen. 33Zur Begründung führt die Beklagte unter Vertiefung einzelner Gesichtspunkte im Wesentlichen aus, vernünftige, auf den konkreten Betrieb bezogene Gründe, die eine Betriebswohnung als notwendig erscheinen ließen, lägen nicht vor, da auf dem Grundstück G. . xx schon drei Wohneinheiten vorhanden seien. Eine Betriebswohnung sei auch dann unzulässig, wenn auf dem Grundstück bereit geeignet Wohnungen vorhanden seien. Das gelte selbst dann, wenn keine rechtliche Möglichkeit zur tatsächlichen Nutzung diese Wohnung bestehe. 34Die vorhandenen Wohnungen seien so dimensioniert, dass für den Werkstattleiter und seine Familie angemessener Wohnraum zur Verfügung gestellt werden könne. 35Am 23. Juli 2019 hat der Berichterstatter einen Ortstermin durchgeführt. Auf das Ortsterminprotokoll wird verwiesen. 36Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 37Entscheidungsgründe: 38Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der eine Baugenehmigung versagende Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, da die Klägerin keinen Anspruch auf die Erteilung der beantragten Baugenehmigung hat, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 39Dem gemäß § 90 Abs. 4 der derzeit geltenden Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW 2018) nach den Regelungen der bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) zu beurteilenden Vorhaben der Klägerin widersprechen öffentlich-rechtliche Vorschriften des Bauplanungsrechts im Sinne von § 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW, wonach eine Baugenehmigung zu erteilen ist, wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. 40Gemäß § 30 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) ist ein Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist. 41Das Vorhaben widerspricht dem die vorbeschriebenen Mindestfestsetzungen enthaltenden Bebauungsplanes Nr. 655 – Gewerbepark X. West – der Beklagten. Nach diesem Bebauungsplan sind in den Gewerbegebieten Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonal sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind, zugelassen werden entsprechend der Regelung in § 8 Abs. 3 Nr. 1 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) nur ausnahmsweise zulässig. 42Zwar können gemäß § 31 Abs. 1 BauGB von den Festsetzungen des Bebauungsplanes solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind, die Beklagte hat aber eine solche Ausnahme ohne Ermessensfehler im Sinne von § 114 VwGO verneint. 43§ 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO verlangt die funktionale Zuordnung der ausnahmsweise zugelassenen Wohnungen zum Betrieb. Diese Zuordnung besteht, soweit es sich um Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonal handelt, wenn diese Personen wegen der Art des Betriebes oder zur Wartung von Betriebseinrichtungen oder aus Sicherheitsgründen ständig erreichbar sein müssen, und deswegen das Wohnen solcher Personen nahe dem Betrieb erforderlich ist. Für Betriebsleiter und Betriebsinhaber können wegen ihrer engen Bindungen an den Betrieb Wohnungen auf oder nahe zum Betriebsgrundstück auch dann zulässig sein, wenn der Betrieb ihre ständige Einsatzbereitschaft nicht zwingend erfordert; aber auch dann muss ihr Wohnen auf oder nahe dem Betriebsgrundstück mit Rücksicht auf Art und Größe des Betriebes aus betrieblichen Gründen objektiv sinnvoll sein. 44Vgl. z.B. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 22. Juni 1999 – 4 B 46/99 –, Juris-Dokument; ebenso z.B. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 9. Februar 2018 – 7 A 2497/16 –, Juris-Dokument. 45Angesichts der von Klägerseite geschilderten Aufteilung der betrieblichen Tätigkeiten zwischen der Klägerin und ihren beiden Söhnen, die mit der Geschäftsführerstellung aller drei Personen korrespondiert, kann hier unterstellt werden, das Wohnen aller drei Personen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Betriebsgrundstück sei objektiv sinnvoll im vorbeschriebenen Sinne. 46Gleichwohl darf nicht außer Acht gelassen werden, dass § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO eine Ausnahmeregelung darstellt, die mit Rücksicht auf § 31 Abs. 1 BauGB anzuwenden ist. Das bedeutet zunächst, dass für diese Ermessensentscheidung allein städtebauliche Gründe maßgeblich sind. 47vgl. z.B. OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2005, Az.: 7 B 2752/04, Juris-Dokument, Rn 34. 48Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbetrieben, § 8 Abs. 1 BauNVO. Allgemeines Wohnen ist damit nicht vorgesehen. 49Vgl. z.B. Söfker in: Ernst u.a., BauGB, Stand Mai 2018, § 8 BauNVO Rn 8 50Angesichts dessen hat die Beklagte ihre Ablehnungsentscheidung ermessensfehlerfrei damit begründet, der klägerseits geltend gemachte Bedarf werde durch die vorhandenen Wohnmöglichkeiten gedeckt. Das in unmittelbarer Betriebsnähe vorhandene Wohnhaus der Klägerin auf dem Grundstück G. . xx weist drei Wohnungen auf, die von der Klägerin und ihren Söhnen auch nach Größe und Zuschnitt jeweils zum Wohnen genutzt werden bzw. werden können. Eine anderweitige Vermietung – wie von Klägerseite in Bezug auf die Wohnung im Obergeschoss eingewandt – steht dem nicht entgegen. 51Vgl. z.B. OVG Lüneburg, Urteil vom 22. Oktober 1992, Az.: 1 L 176/91, BRS 54 Nr. 159. 52Im vorliegenden Fall befinden sich das Grundstück G. . xx sowie das auf der anderen Straßenseite gelegene Betriebsgrundstück in unmittelbarer Nähe zueinander. Die Zuordnung beider Grundstücke in räumlicher Hinsicht liegt daher auf der Hand. In funktionaler Hinsicht wird diese Zuordnung durch die Klägerin und einen ihrer Söhne unter Berücksichtigung des Alleineigentums der Klägerin an Grund und Boden schon gelebt. Das Gericht vermag sich der Auffassung der Klägerin, die funktionale Zuordnung bedürfe einer über das Alleineigentum der Klägerin hinausgehenden formalrechtlichen Grundlage wie z.B. einer Baulast, nicht anzuschließen. Nach Ansicht der Klägerin sei zudem anzunehmen, dass das vorhandene Wohnhaus mangels einer solchen formalrechtlichen Grundlage nicht berücksichtigt werden dürfe, so dass für den Betrieb derzeit gar keine Betriebsleiterwohnung anzunehmen sei. Die funktionale Zuordnung erwächst angesichts der vorzitierten Rechtsprechung vielmehr aus der betrieblichen Organisation, wie sie sich nach den Gesamtumständen des Falles tatsächlich darstellt. 53Demgemäß entnimmt das Gericht dem vorgenannten Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 22. Oktober 1992 auch nicht, dass die funktionale Zuordnung der Wohnnutzung auf dem Grundstück G. . xx zum Betrieb selbst durch Baulast und/oder entsprechende Baugenehmigung gesichert sein muss. In dem vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg entschiedenen Fall waren Betriebs- und Vorhabengrundstück – anders als im vorliegenden Fall – in unterschiedlichem Eigentum, beide Grundstücke waren zur Sicherung und Durchführung der Bauleitplanung durch Baulast „wieder zu einem Baugrundstück“ zusammengeführt worden. Zweck der Baulast war es, die Zuordnung des Wohnhauses zum Betriebsgebäude trotz Verschiedenheit des Grundeigentums sicherzustellen und damit zu gewährleisten, dass auf den durch Teilung neu entstandenen Buchgrundstücken nur eine mit der Festsetzung des Baugebietes als Gewerbegebiet zu vereinbarende Nutzung, und zwar eine dem Betrieb zugeordnete Wohnnutzung, stattfindet. 54Es wäre im Hinblick auf die Festsetzung Gewerbegebiet zweckwidrig, trotz dreier betriebsnaher Wohneinheiten, durch deren Nutzung den betrieblichen Belangen aus städtebaulicher Sicht objektiv sinnvoll Rechnung getragen werden kann, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. 55Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16. März 1984 – 4 C 50/80 –, Juris-Dokument, Rn 17 a.E. 56Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der vorhandene Wohnraum auch als angemessen einzustufen. 57Vgl. zur Berücksichtigungsfähigkeit dieses Aspektes: Söfker in: Ernst u.a., BauGB, Stand Mai 2018, § 8 BauNVO Rn 38; Stock in: König u.a., BauNVO, § 8 Rn 45. 58Zur näheren Eingrenzung der Angemessenheit als Grundlage der Beurteilung des hier in den Blick zu nehmenden, vorhandenen Wohnraumes, sollen die von der Rechtsprechung für die Beurteilung der Angemessenheit von Wohnraum im Sinne von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 b) BauGB („unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen“) genannten Aspekte auch hier maßgeblich sein. 59Maßgeblich ist insofern eine objektive Bewertung der jeweiligen familiären Wohnbedürfnisse, die aufgrund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu bestimmen sind. Eine metrisch einheitliche Bestimmung ist nicht möglich. Allerdings können die Zahlen, die nach § 39 des zum 1. Januar 2002 außer Kraft getretenen II. Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) für förderungswürdige Bauten gegolten haben, weiterhin Anhaltspunkte für die Angemessenheit im Sinne einer Orientierungshilfe liefern. 60Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2019 – 4 B 26/18 –, Juris-Dokument, Rn 7; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02. Mai 2018 – 1 A 11658/17 –, Juris-Dokument, Rn 22 f. 61Angesichts der städtebaulichen Orientierung der hier vorzunehmenden Prüfung ist das vorhandene Gesamtgebäude maßgeblich. Das bedeutet, dass drei Wohnungen mit Wohnflächen von 108,04 m², 99,95 m² und 73,43 m² zu betrachten sind. Daraus errechnet sich eine Gesamtwohlfläche von 281,78 m². Nach Lage der Dinge wohnt die Klägerin mit ihrem Ehemann zusammen, der weitere Sohn ist alleinstehend, der Sohn, für welchen das Vorhaben gedacht ist, hat Frau und Kind. 62Nach § 39 Abs. 1 II. WoBauG sollten mit öffentlichen Mitteln angemessen große Wohnungen gefördert werden. Für Familienheime mit nur einer Wohnung lag die Grenze bei 130 m², für Familienheime mit zwei Wohnungen bei 200 m², für eigengenutzte Eigentumswohnungen und Kaufeigentumswohnungen bei 120 m², für andere Wohnungen in der Regel bei 90 m². Die Zahlen beschreiben also eine nur äußere Grenze. Darüber hinaus ist aus § 39 Abs. 2 Nr. 1 II. WoBauG, wonach eine Mehrfläche zu einer angemessenen Unterbringung eines Haushalts mit mehr als vier Personen erforderlich ist, ersichtlich, dass die vorgenannten Zahlen sich auf Haushalte mit bis zu vier Personen bezogen haben. 63Diese Personenzahl wird für keine Wohnung erreicht. Auch von Anordnung und Zuschnitt der Wohnung einschließlich Raumaufteilung ergeben sich angesichts der Wohnungsgrößen keine Anhaltspunkte dafür, das Gebäude könne nicht auf die drei Haushalte so aufgeteilt werden, dass jeder Haushalt eine seiner Personenzahl entsprechende Größe hat. 64Sofern die Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Angemessenheit des Wohnraumes nunmehr auch aus den Regelungen des 2. Buches Sozialgesetzbuch und den Vorgaben des Jobcenters C. für angemessenen Wohnraum, 65vgl. http://www.jobcenter-bochum.de/fileadmin/filebase/bochum/Downloadcenter/Jobcenter/Informationen_zu_Ihrem_Umzugswunsch_NEU.pdf, 66ableitet, ist das Ergebnis nicht anders, da das Gericht auf das vorhandene Gesamtgebäude abstellt. Auch insofern ist eine nach diesen Regelungen angemessene Bedarfe deckende Wohnungsaufteilung im Gesamtgebäude möglich. 67Rechtsgrundlage des angefochtenen Gebührenbescheides sind §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 und 2, 3, 9 Abs. 1, 11 Abs. 1, 13 Abs. 1 Nr. 1, des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen i.V.m. § 1 Abs. 1 der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung i.V.m. Nr. 2.4.1. des Allgemeinen Gebührentarifs in der bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung. Bedenken gegen die Gebührenfestsetzung dem Grunde und der Höhe nach sind nicht geltend gemacht und auch sonst nicht ersichtlich. 68Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung. 69Die Zulassung der Berufung folgt aus §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. 70B e s c h l u s s : 71Der Streitwert wird auf 20.259,00- Euro festgesetzt. 72G r ü n d e: 73Die Entscheidung über den Streitwert beruht hinsichtlich der Baugenehmigung auf § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und auf dem Streitwertkatalog der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Januar 2019 (BauR 2019, S. 610 f., dort Nr. 1.a.). Dieser sieht – anders als der bis dahin maßgebliche Streitwertkatalog für Einfamilienhäuser nicht mehr einen Mindeststreitwert von 15.000,00 Euro (so noch die vorläufige Streitwertfestsetzung), sondern von 20.000,00 Euro vor. 74Hinsichtlich der angefochtenen Gebühren beruht die Entscheidung auf § 52 Abs. 2 GKG.
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt die klägerin. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung seitens der beklagten durch sicherheitsleistung in höhe des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. die berufung wird zugelassen. 1die klage wird abgewiesen. 2die kosten des verfahrens trägt die klägerin. 3das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung seitens der beklagten durch sicherheitsleistung in höhe des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 4die berufung wird zugelassen. 5
6die klägerin begehrt die erteilung einer baugenehmigung zur errichtung eines einfamilienwohnhauses. 7die klägerin ist eigentümerin des grundstücks gemarkung x. , flur xx, flurstück xxx in c. (g. . xx). unmittelbar an die g1.---straße angrenzend ist das grundstück mit einem auf grundlage der baugenehmigung vom 8. september 1977 durch umbau eines vorhandenen haupthauses mit nebengebäude und erweiterung auf drei wohnungen fertiggestellten wohnhaus mit garagen bebaut. nach der dem zugehörigen bauantrag beigefügten wohnflächenberechnung vom 4. september 1977 umfasst die erdgeschosswohnung eine wohnfläche von 108,04 m², die wohnung im obergeschoss eine wohnfläche von 73,43 m² und die wohnung im vormaligen nebengebäude eine wohnfläche von 99,95 m². die wohnung im obergeschoss wurde auf grundlage der baugenehmigung vom 10. mai 2012 um einen balkon mit einer balkonfläche von 14,30 m² ergänzt. 8die klägerin und ihre beiden söhne sind geschäftsführer eines unter der anschrift g. . 24 unmittelbar auf der anderen straßenseite geführten autohauses (handel und verkauf). im rückwärtigen teil des grundstücks g2. . xx soll das vorhaben errichtet werden. 9 10(nicht maßstäblich; quelle: tim-online) 11das vorhabengrundstück (ebenso wie das betriebsgrundstück) liegen im gebiet des seit dem 11. dezember 2006 rechtswirksamen bebauungsplanes nr. 655 – gewerbegebiet x. west – der beklagten. dieser bebauungsplan setzt für das vorhabengrundstück (ebenso wie für das betriebsgrundstück) ein gewerbegebiet ge 1 fest. in den textlichen festsetzungen heißt es zu gewerbegebieten u.a.: 12„gewerbegebiete nach § 8 der baunutzungsverordnung (baunvo) dienen vorwiegend der unterbringung von nicht erheblich belästigenden gewerbebetrieben…. 13ausnahmsweise können wohnungen für aufsichts- und bereitschaftspersonal sowie für betriebsinhaber und betriebsleiter, die dem gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in grundfläche und baumasse untergeordnet sind, zugelassen werden (§ 8 abs. 3 nr. 1 baunvo) ...“ 14in der begründung des bebauungsplanes ist u.a. ausgeführt: 15„der ausnahmsweise zulässige handel mit kraftfahrzeugen ist gerechtfertigt, da es sich hierbei einerseits um nicht-zentrenrelevante produkte handelt und andererseits durch die belegung gewichtiger teile des gebietes mit fahrzeugbezogenen nutzungen eine vorprägung schon besteht. der handel mit kraftfahrzeugen ist nur in verbindung mit neufahrzeugen zulässig. mit dieser einschränkung soll einer möglichen abwertungstendenz des gebietes durch städtebaulich problematisch zu integrierende gebrauchtwagenhändler vorgebeugt werden. der notwendige zusammenhang mit dem neufahrzeughandel gewährleistet ein deutlich höheres maß an repräsentationsanspruch und gestaltungswillen der handeltreibenden. 16einige betriebswohnungen sind bereits im bebauungsplangebiet vorhanden. eine ausnahmsweise zulässigkeit von wohnungen für den festgesetzten personenkreis mit der festgesetzten größenbeschränkung ist auch im zusammenhang mit den benachbarten mischgebieten und der teilweisen weiteren herabstufung der immissionsgrade der gewerbegebiete zweckmäßig und sinnvoll. …“ 17mit bauantrag vom 14. märz 2017 (eingang bei der beklagten am 13. april 2017) beantragte die klägerin die erteilung einer baugenehmigung zur errichtung eins einfamilienwohnhauses mit garage (wohnung für leitenden mitarbeiter) auf ihrem grundstück mit einer wohnfläche von 148,37 m². ergänzend wurde ausgeführt, das vorhaben werde vom betriebsleiter (werkstattmeister) bezogen. er übernehme die tätigkeit, die bedingt durch einen 24-stunden-notdienst, einen schnellstmöglichen zugriff auf die werkstatt notwendig mache. 18unter dem 13. juli 2017 hörte die beklagte die klägerin zur beabsichtigen ablehnung des bauantrages an. zur begründung verwies sie unter vertiefung einzelner gesichtspunkte im wesentlichen darauf, das erfordernis einer betriebswohnung werde nicht gesehen. ein notdienst über 24 stunden sei baurechtlich nicht genehmigt. es sei auch atypisch, dass der betriebsleiter eines größeren autohauses selbst den abschleppvorgang übernehme. die genehmigungsfähigkeit eines 24-stunden-notdienstes könne nicht in aussicht gestellt werden. 19in ihrer stellungnahme vom 10. august 2017 führte die klägerin durch ihren architekten im wesentlichen aus, der betrieb müsse über 24 stunden erreichbar sein. kunden, die eine schnelle pannenhilfe benötigten, erreichten die firma nach dienstende über eine anrufweiterschaltung. in diesen fällen müsse das betriebsgelände schnell erreichbar sein, um entsprechende maßnahmen einzuleiten. das autohaus habe zudem ein offenes betriebsgelände, um kunden den zugang zum gebrauchtwagenhof zu ermöglichen. das gelände sei kameraüberwacht. es sei zwingend notwendig, bei unbefugtem verhalten von besuchern schnell erreichbar zu sein. 20mit bescheid vom 31. august 2017 lehnte die beklagte den bauantrag der klägerin ab. zur begründung wiederholte die beklagte im wesentlichen ihre ausführungen im anhörungsschreiben. die stellungnahme der klägerin führe nicht zu einer anderen sichtweise. 21mit gebührenbescheid vom 4. september 2017 setzte die beklagte für die entscheidung über den streitgegenständlichen bauantrag eine gebühr von 259,00 euro fest. 22die bescheide wurden der klägerin am 6. september 2017 zugestellt. 23am 18. september 2017 hat die klägerin die vorliegende klage gegen beide bescheide erhoben. 24zur begründung führt die klägerin unter vertiefung einzelner gesichtspunkte im wesentlichen aus: 25das vorhaben sei genehmigungsfähig, das es den vorgaben des bebauungsplanes entspreche und die erschließung gesichert sei. das vorhaben sei für ihren sohn, geschäftsführer und werkstattleiter, bestimmt. ihr anderer sohn sei ebenfalls geschäftsführer und für den neu- und gebrauchtwagenkauf zuständig. sie selbst sei als geschäftsführerin ausschließlich für personal und buchhaltung zuständig, aus dem täglichen geschäft habe sie sich bereits weitgehend zurückgezogen. sie stehe ihren söhnen noch beratend und unterstützend zur verfügung. 26das vorhaben sei angesichts der nähe zum betriebsgrundstück und mit rücksicht auf art und größe des betriebes objektiv sinnvoll, gerade auch im hinblick auf die alleinverantwortlichkeit dieses betriebsleiters für den werkstattbereich. dass die klägerin und ihr anderer sohn schon im vorhandenen wohnhaus lebten, ändere daran nichts, aufgrund der historischen entwicklung habe die vorhandene wohnnutzung auf dem vorhabengrundstück keine betriebsbindung. das vorhaben stelle die erste betriebswohnung für den kfz-betrieb dar. das vorhaben sei diesem betrieb auch untergeordnet. 27das der beklagten zustehende ermessen sei auf null reduziert, da vor inkrafttreten des bebauungsplanes in der vergangenheit schon sechs betriebsleiterwohnungen auf dem grundstück g. . xxx genehmigt worden seien. auch die bebauungsplanbegründung erkläre betriebswohnungen ausdrücklich für „zweckmäßig und sinnvoll“. 28schließlich sei der wohnraum in der wohnung im obergeschoss für eine dreiköpfige familie unangemessen klein. 29die klägerin beantragt, 30die beklagte unter aufhebung des ablehnungsbescheides vom 31. august 2017 und des gebührenbescheides vom 4. september 2017 zu verpflichten, die am 13. april 2017 beantragte baugenehmigung für die errichtung eines einfamilienwohnhauses mit garage auf dem grundstück g1.---straße xx (gemarkung x. , flur xx, flurstück xxx) zu erteilen, 31die beklagte beantragt, 32die klage abzuweisen. 33zur begründung führt die beklagte unter vertiefung einzelner gesichtspunkte im wesentlichen aus, vernünftige, auf den konkreten betrieb bezogene gründe, die eine betriebswohnung als notwendig erscheinen ließen, lägen nicht vor, da auf dem grundstück g. . xx schon drei wohneinheiten vorhanden seien. eine betriebswohnung sei auch dann unzulässig, wenn auf dem grundstück bereit geeignet wohnungen vorhanden seien. das gelte selbst dann, wenn keine rechtliche möglichkeit zur tatsächlichen nutzung diese wohnung bestehe. 34die vorhandenen wohnungen seien so dimensioniert, dass für den werkstattleiter und seine familie angemessener wohnraum zur verfügung gestellt werden könne. 35am 23. juli 2019 hat der berichterstatter einen ortstermin durchgeführt. auf das ortsterminprotokoll wird verwiesen. 36hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 37
38die zulässige klage hat in der sache keinen erfolg. der eine baugenehmigung versagende bescheid der beklagten ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, da die klägerin keinen anspruch auf die erteilung der beantragten baugenehmigung hat, vgl. § 113 abs. 5 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 39dem gemäß § 90 abs. 4 der derzeit geltenden bauordnung für das land nordrhein-westfalen (bauo nrw 2018) nach den regelungen der bis zum 31. dezember 2018 geltenden bauordnung für das land nordrhein-westfalen (bauo nrw) zu beurteilenden vorhaben der klägerin widersprechen öffentlich-rechtliche vorschriften des bauplanungsrechts im sinne von § 75 abs. 1 satz 1 bauo nrw, wonach eine baugenehmigung zu erteilen ist, wenn dem vorhaben öffentlich-rechtliche vorschriften nicht entgegenstehen. 40gemäß § 30 abs. 1 des baugesetzbuches (baugb) ist ein vorhaben im geltungsbereich eines bebauungsplanes, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen vorschriften mindestens festsetzungen über die art und das maß der baulichen nutzung, die überbaubaren grundstücksflächen und die örtlichen verkehrsflächen enthält, zulässig, wenn es diesen festsetzungen nicht widerspricht und die erschließung gesichert ist. 41das vorhaben widerspricht dem die vorbeschriebenen mindestfestsetzungen enthaltenden bebauungsplanes nr. 655 – gewerbepark x. west – der beklagten. nach diesem bebauungsplan sind in den gewerbegebieten wohnungen für aufsichts- und bereitschaftspersonal sowie für betriebsinhaber und betriebsleiter, die dem gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in grundfläche und baumasse untergeordnet sind, zugelassen werden entsprechend der regelung in § 8 abs. 3 nr. 1 der baunutzungsverordnung (baunvo) nur ausnahmsweise zulässig. 42zwar können gemäß § 31 abs. 1 baugb von den festsetzungen des bebauungsplanes solche ausnahmen zugelassen werden, die in dem bebauungsplan nach art und umfang ausdrücklich vorgesehen sind, die beklagte hat aber eine solche ausnahme ohne ermessensfehler im sinne von § 114 vwgo verneint. 43§ 8 abs. 3 nr. 1 baunvo verlangt die funktionale zuordnung der ausnahmsweise zugelassenen wohnungen zum betrieb. diese zuordnung besteht, soweit es sich um wohnungen für aufsichts- und bereitschaftspersonal handelt, wenn diese personen wegen der art des betriebes oder zur wartung von betriebseinrichtungen oder aus sicherheitsgründen ständig erreichbar sein müssen, und deswegen das wohnen solcher personen nahe dem betrieb erforderlich ist. für betriebsleiter und betriebsinhaber können wegen ihrer engen bindungen an den betrieb wohnungen auf oder nahe zum betriebsgrundstück auch dann zulässig sein, wenn der betrieb ihre ständige einsatzbereitschaft nicht zwingend erfordert; aber auch dann muss ihr wohnen auf oder nahe dem betriebsgrundstück mit rücksicht auf art und größe des betriebes aus betrieblichen gründen objektiv sinnvoll sein. 44vgl. z.b. bundesverwaltungsgericht (bverwg), beschluss vom 22. juni 1999 – 4 b 46/99 –, juris-dokument; ebenso z.b. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 9. februar 2018 – 7 a 2497/16 –, juris-dokument. 45angesichts der von klägerseite geschilderten aufteilung der betrieblichen tätigkeiten zwischen der klägerin und ihren beiden söhnen, die mit der geschäftsführerstellung aller drei personen korrespondiert, kann hier unterstellt werden, das wohnen aller drei personen in unmittelbarem zusammenhang mit dem betriebsgrundstück sei objektiv sinnvoll im vorbeschriebenen sinne. 46gleichwohl darf nicht außer acht gelassen werden, dass § 8 abs. 3 nr. 1 baunvo eine ausnahmeregelung darstellt, die mit rücksicht auf § 31 abs. 1 baugb anzuwenden ist. das bedeutet zunächst, dass für diese ermessensentscheidung allein städtebauliche gründe maßgeblich sind. 47vgl. z.b. ovg nrw, beschluss vom 6. mai 2005, az.: 7 b 2752/04, juris-dokument, rn 34. 48gewerbegebiete dienen vorwiegend der unterbringung von nicht erheblich belästigenden gewerbetrieben, § 8 abs. 1 baunvo. allgemeines wohnen ist damit nicht vorgesehen. 49vgl. z.b. söfker in: ernst u.a., baugb, stand mai 2018, § 8 baunvo rn 8 50angesichts dessen hat die beklagte ihre ablehnungsentscheidung ermessensfehlerfrei damit begründet, der klägerseits geltend gemachte bedarf werde durch die vorhandenen wohnmöglichkeiten gedeckt. das in unmittelbarer betriebsnähe vorhandene wohnhaus der klägerin auf dem grundstück g. . xx weist drei wohnungen auf, die von der klägerin und ihren söhnen auch nach größe und zuschnitt jeweils zum wohnen genutzt werden bzw. werden können. eine anderweitige vermietung – wie von klägerseite in bezug auf die wohnung im obergeschoss eingewandt – steht dem nicht entgegen. 51vgl. z.b. ovg lüneburg, urteil vom 22. oktober 1992, az.: 1 l 176/91, brs 54 nr. 159. 52im vorliegenden fall befinden sich das grundstück g. . xx sowie das auf der anderen straßenseite gelegene betriebsgrundstück in unmittelbarer nähe zueinander. die zuordnung beider grundstücke in räumlicher hinsicht liegt daher auf der hand. in funktionaler hinsicht wird diese zuordnung durch die klägerin und einen ihrer söhne unter berücksichtigung des alleineigentums der klägerin an grund und boden schon gelebt. das gericht vermag sich der auffassung der klägerin, die funktionale zuordnung bedürfe einer über das alleineigentum der klägerin hinausgehenden formalrechtlichen grundlage wie z.b. einer baulast, nicht anzuschließen. nach ansicht der klägerin sei zudem anzunehmen, dass das vorhandene wohnhaus mangels einer solchen formalrechtlichen grundlage nicht berücksichtigt werden dürfe, so dass für den betrieb derzeit gar keine betriebsleiterwohnung anzunehmen sei. die funktionale zuordnung erwächst angesichts der vorzitierten rechtsprechung vielmehr aus der betrieblichen organisation, wie sie sich nach den gesamtumständen des falles tatsächlich darstellt. 53demgemäß entnimmt das gericht dem vorgenannten urteil des oberverwaltungsgerichts lüneburg vom 22. oktober 1992 auch nicht, dass die funktionale zuordnung der wohnnutzung auf dem grundstück g. . xx zum betrieb selbst durch baulast und/oder entsprechende baugenehmigung gesichert sein muss. in dem vom oberverwaltungsgericht lüneburg entschiedenen fall waren betriebs- und vorhabengrundstück – anders als im vorliegenden fall – in unterschiedlichem eigentum, beide grundstücke waren zur sicherung und durchführung der bauleitplanung durch baulast „wieder zu einem baugrundstück“ zusammengeführt worden. zweck der baulast war es, die zuordnung des wohnhauses zum betriebsgebäude trotz verschiedenheit des grundeigentums sicherzustellen und damit zu gewährleisten, dass auf den durch teilung neu entstandenen buchgrundstücken nur eine mit der festsetzung des baugebietes als gewerbegebiet zu vereinbarende nutzung, und zwar eine dem betrieb zugeordnete wohnnutzung, stattfindet. 54es wäre im hinblick auf die festsetzung gewerbegebiet zweckwidrig, trotz dreier betriebsnaher wohneinheiten, durch deren nutzung den betrieblichen belangen aus städtebaulicher sicht objektiv sinnvoll rechnung getragen werden kann, zusätzlichen wohnraum zu schaffen. 55vgl. auch bverwg, urteil vom 16. märz 1984 – 4 c 50/80 –, juris-dokument, rn 17 a.e. 56entgegen der auffassung der klägerin ist der vorhandene wohnraum auch als angemessen einzustufen. 57vgl. zur berücksichtigungsfähigkeit dieses aspektes: söfker in: ernst u.a., baugb, stand mai 2018, § 8 baunvo rn 38; stock in: könig u.a., baunvo, § 8 rn 45. 58zur näheren eingrenzung der angemessenheit als grundlage der beurteilung des hier in den blick zu nehmenden, vorhandenen wohnraumes, sollen die von der rechtsprechung für die beurteilung der angemessenheit von wohnraum im sinne von § 35 abs. 4 satz 1 nr. 5 b) baugb („unter berücksichtigung der wohnbedürfnisse angemessen“) genannten aspekte auch hier maßgeblich sein. 59maßgeblich ist insofern eine objektive bewertung der jeweiligen familiären wohnbedürfnisse, die aufgrund einer umfassenden würdigung aller umstände des einzelfalles zu bestimmen sind. eine metrisch einheitliche bestimmung ist nicht möglich. allerdings können die zahlen, die nach § 39 des zum 1. januar 2002 außer kraft getretenen ii. wohnungsbaugesetzes (ii. wobaug) für förderungswürdige bauten gegolten haben, weiterhin anhaltspunkte für die angemessenheit im sinne einer orientierungshilfe liefern. 60vgl. bverwg, beschluss vom 31. januar 2019 – 4 b 26/18 –, juris-dokument, rn 7; ovg rheinland-pfalz, urteil vom 02. mai 2018 – 1 a 11658/17 –, juris-dokument, rn 22 f. 61angesichts der städtebaulichen orientierung der hier vorzunehmenden prüfung ist das vorhandene gesamtgebäude maßgeblich. das bedeutet, dass drei wohnungen mit wohnflächen von 108,04 m², 99,95 m² und 73,43 m² zu betrachten sind. daraus errechnet sich eine gesamtwohlfläche von 281,78 m². nach lage der dinge wohnt die klägerin mit ihrem ehemann zusammen, der weitere sohn ist alleinstehend, der sohn, für welchen das vorhaben gedacht ist, hat frau und kind. 62nach § 39 abs. 1 ii. wobaug sollten mit öffentlichen mitteln angemessen große wohnungen gefördert werden. für familienheime mit nur einer wohnung lag die grenze bei 130 m², für familienheime mit zwei wohnungen bei 200 m², für eigengenutzte eigentumswohnungen und kaufeigentumswohnungen bei 120 m², für andere wohnungen in der regel bei 90 m². die zahlen beschreiben also eine nur äußere grenze. darüber hinaus ist aus § 39 abs. 2 nr. 1 ii. wobaug, wonach eine mehrfläche zu einer angemessenen unterbringung eines haushalts mit mehr als vier personen erforderlich ist, ersichtlich, dass die vorgenannten zahlen sich auf haushalte mit bis zu vier personen bezogen haben. 63diese personenzahl wird für keine wohnung erreicht. auch von anordnung und zuschnitt der wohnung einschließlich raumaufteilung ergeben sich angesichts der wohnungsgrößen keine anhaltspunkte dafür, das gebäude könne nicht auf die drei haushalte so aufgeteilt werden, dass jeder haushalt eine seiner personenzahl entsprechende größe hat. 64sofern die klägerin in der mündlichen verhandlung die angemessenheit des wohnraumes nunmehr auch aus den regelungen des 2. buches sozialgesetzbuch und den vorgaben des jobcenters c. für angemessenen wohnraum, 65vgl. http://www.jobcenter-bochum.de/fileadmin/filebase/bochum/downloadcenter/jobcenter/informationen_zu_ihrem_umzugswunsch_neu.pdf, 66ableitet, ist das ergebnis nicht anders, da das gericht auf das vorhandene gesamtgebäude abstellt. auch insofern ist eine nach diesen regelungen angemessene bedarfe deckende wohnungsaufteilung im gesamtgebäude möglich. 67rechtsgrundlage des angefochtenen gebührenbescheides sind §§ 1 abs. 1 nr. 1, 2 abs. 1 und 2, 3, 9 abs. 1, 11 abs. 1, 13 abs. 1 nr. 1, des gebührengesetzes für das land nordrhein-westfalen i.v.m. § 1 abs. 1 der allgemeinen verwaltungsgebührenordnung i.v.m. nr. 2.4.1. des allgemeinen gebührentarifs in der bis zum 31. dezember 2018 geltenden fassung. bedenken gegen die gebührenfestsetzung dem grunde und der höhe nach sind nicht geltend gemacht und auch sonst nicht ersichtlich. 68die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung. 69die zulassung der berufung folgt aus §§ 124a abs. 1 satz 1, 124 abs. 2 nr. 3 vwgo. 70b e s c h l u s s : 71der streitwert wird auf 20.259,00- euro festgesetzt. 72g r ü n d e: 73die entscheidung über den streitwert beruht hinsichtlich der baugenehmigung auf § 52 abs. 1 des gerichtskostengesetzes (gkg) und auf dem streitwertkatalog der bausenate des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen vom 22. januar 2019 (baur 2019, s. 610 f., dort nr. 1.a.). dieser sieht – anders als der bis dahin maßgebliche streitwertkatalog für einfamilienhäuser nicht mehr einen mindeststreitwert von 15.000,00 euro (so noch die vorläufige streitwertfestsetzung), sondern von 20.000,00 euro vor. 74hinsichtlich der angefochtenen gebühren beruht die entscheidung auf § 52 abs. 2 gkg.
Verklagte*r
0
126,677
7 A 1899/14
2016-01-27T00:00:00
Urteil
Tenor Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 5.10.2012 verpflichtet, der Klägerin auf ihre Bauvoranfrage vom 9.1.2012 in der Fassung der Betriebsbeschreibung vom 27.9.2012 einen bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheid für die Nutzungsänderung des Ladenlokals im Erdgeschoss des Wohn- und Geschäftshauses T.----weg 60 in T1. , Gemarkung T1. , Flur 13, Flurstück 269, in eine Wettannahmestelle zu erteilen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheides zur Änderung der Nutzung eines ehemaligen Ladenlokals in eine Wettannahmestelle. 3Die Bauvoranfrage betrifft das Erdgeschoss eines Gebäudes auf dem Grundstück Gemarkung T1. , Flur 13, Flurstück 269 (T.----weg 60) in der Innenstadt der Beklagten. In dem Gebäude befindet sich bereits eine genehmigte Spielhalle. Das Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 94 „Geschäftszentrum T1. - Innenstadt, T.----weg “, der ein Kerngebiet festsetzt und in den textlichen Festsetzungen „Vergnügungsstätten wie Spielhallen und ähnliche Unternehmungen im Sinne des § 33 i GewO“ ausschließt. 4Am 9.1.2012 beantragte die Klägerin für das Vorhabengrundstück die Erteilung eines planungsrechtlichen Vorbescheides für eine Nutzungsänderung der bisher als Ladenlokal genutzten Räume im Erdgeschoss des Hauses in eine Wettannahmestelle. In der Betriebsbeschreibung heißt es zur Art des Betriebes: „Nutzungsänderung der bisher als Ladenlokal genutzten Räume im Erdgeschoss des Hauses in eine Wettannahmestelle und Bankautomatenfiliale“. Die Grundfläche der Wettannahmestelle beträgt nach der Betriebsbeschreibung 155,44 m² und die der Bankautomatenfiliale 10,76 m². Nach entsprechender Anfrage teilte die Klägerin mit Schreiben vom 12.3.2012 weiterhin mit, es sei geplant, die bestehende Nutzung des Ladenlokals zu einer Bankautomatenfiliale und einer Wett- und Lotterieannahmestelle, die jeweils separat zugänglich seien, umzunutzen. Es sei beabsichtigt, in der Bankautomatenfiliale Automaten zum Geldtransfer und zur Ein- und Auszahlung von Geld aufzustellen. Die Wett- und Lotterieannahmestelle sei in Bezug auf Ausstattung, Publikumsverkehr und Ablauf vergleichbar mit einem Schreibwarenhandel mit Lottoannahmestelle. Die Bankautomatenfiliale sei täglich 24 Stunden geöffnet, die Wett- und Lotterieannahmestelle täglich 18 Stunden, nämlich von 6:00 Uhr bis 24:00 Uhr. Mit Schreiben vom 17.4.2012 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Ablehnung der Bauvoranfrage an. Mit Schreiben vom 18.6.2012 machte die Klägerin geltend, die Nutzungsänderung in eine Wettannahmestelle sei zulässig. Es handele sich bei dem geplanten Vorhaben um keine Vergnügungsstätte. Es seien keine Einrichtungen vorgesehen, die Kunden animieren könnten, sich dort länger aufzuhalten und im geselligen Beisammensein gemeinschaftlich Sportübertragungen zu verfolgen. Vielmehr unterstelle die Beklagte lediglich, dass abweichend von den Angaben in der Betriebsbeschreibung tatsächlich eine Einrichtung geplant sei, die dem Aufenthalt und der Bewirtung von Gästen sowie der Veranstaltung von Glücksspielen und Wetten dienen solle. Weder die Größe noch die Öffnungszeiten einer Wettannahmestelle seien für die Abgrenzung Wettannahme/Vergnügungsstätte relevant, da es weder normative noch faktische Größenvorgaben für eine „normale“ Wettannahmestelle gebe. Auch das Vorhandensein eines WC und die räumliche Verbindung mit einer Automatenbankfiliale mache aus einer Wettannahmestelle keine Vergnügungsstätte. Der Bauherr bestimme durch den Inhalt seines Antrages den Genehmigungsgegenstand. Mit Schreiben vom 27.9.2012 übersandte die Klägerin eine Ergänzung der Betriebsbeschreibung sowie einen Architektenplan des Mobiliars. In dieser geänderten Betriebsbeschreibung vom 27.9.2012 gab die Klägerin als Betriebsart „Annahmestelle für Sportwetten und Lotterien“ und als werktägliche Betriebszeit einen Zweischichtbetrieb von 8:00 Uhr bis 24:00 Uhr an. An Sonn- und Feiertagen soll die Wettannahmestelle geschlossen bleiben. In dem Einrichtungsplan sind als Mobiliar vier Regale und eine Verkaufstheke eingetragen. Weiterhin sind auf dem Einrichtungsplan - von der Wettannahmestelle durch einen Flur erreichbar - ein Büro, ein Aufenthaltsraum, eine Umkleide, ein Herren-WC und ein Damen-WC eingezeichnet. 5Mit Bescheid vom 5.10.2012 lehnte die Beklagte die Erteilung des Bauvorbescheides ab. Das Vorhaben sei unzulässig. Es handele sich um eine nach dem Bebauungsplan unzulässige Vergnügungsstätte. Gewisse Funktionsmerkmale wiesen entgegen den Angaben der Betriebsbeschreibung oder auch der nachgereichten Möblierungsskizze auf eine Einrichtung hin, die unzweifelhaft auch dem Aufenthalt dienen solle und den Besucher somit auch ohne Übertragungsgeräte zum Verweilen einlade. Es handele sich keinesfalls um ein „reines Ladengeschäft“ im Sinne einer Lottoannahmestelle. Dafür sprächen die Größe des Ladenlokals, die Öffnungszeiten und der geplante Bankautomat im Vorraum. 6Am 13.10.2012 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Der Bescheid sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Die Beklagte habe dem Antrag entgegen ihrer ausdrücklichen Erklärung einen anderen Inhalt gegeben. Sie habe eindeutig erklärt, dass sich die Bauvoranfrage auf die Einrichtung einer Wettannahmestelle beziehe. Das zum Gegenstand der Bauvoranfrage gemachte Vorhaben sei dadurch gekennzeichnet, dass es Elemente einer klassischen Wettannahmestelle (Einrichtung und Angebot) mit denen eines Sportwettbüros (Öffnungszeiten) kombiniere. Das mache das Vorhaben jedoch nicht unzulässig oder nicht bescheidungsfähig. Es sei allein eine Frage der rechtlichen Bewertung, ob die Elemente eines Vorhabentyps derart im Vordergrund stünden, dass sie das Vorhaben insgesamt prägten und die Anwendung der für diesen Vorhabentyp geltenden Vorschriften rechtfertigten, oder gegebenenfalls die rechtlichen Voraussetzungen verschiedener Vorhabentypen kumulativ Anwendung fänden. Sie sei sich darüber im Klaren, dass für den Fall, dass etwa eine Bewirtung erfolge oder die Kunden sich zur Verfolgung von Sportereignissen und Abgabe von Sportwetten länger in dem Ladenlokal aufhielten, eine neue Genehmigung erforderlich sei. Derzeit sei weder die Bewirtung noch die Verfolgung von Wettereignissen an Bildschirmen geplant. Aber auch dann, wenn es sich um eine Vergnügungsstätte handele, wäre die Ablehnung rechtswidrig. Der Bebauungsplan schließe nicht alle Arten von Vergnügungsstätten aus, sondern nur Spielhallen und ähnliche Unternehmen im Sinne des § 33 i GewO. 7Die Klägerin hat beantragt, 8die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 5.10.2012 zu verpflichten, der Klägerin auf ihre Bauvoranfrage vom 9.1.2012 einen bauplanungsrechtlichen Vorbescheid für die Nutzungsänderung des Ladenlokals im Erdgeschoss des Wohn- und Geschäftshauses T.----weg 60 in T1. in eine Wettannahmestelle zu erteilen. 9Die Beklagte hat beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Entgegen der Annahme der Klägerin werde in der Stellungnahme zum negativen Bauvorbescheid nicht spekulativ unterstellt, dass es sich bei der beantragten Wettannahmestelle um eine Vergnügungsstätte handele, vielmehr wiesen die in der Betriebsbeschreibung aufgezählten Merkmale (Größe, Öffnungszeiten, ec.) explizit darauf hin. Ein Wettbüro sei als Vergnügungsstätte anzusehen, wenn die Kunden durch die konkrete Ausgestaltung der Räumlichkeiten animiert würden, sich dort länger aufzuhalten und in geselligem Beisammensein Wetten abzuschließen. 12Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1.9.2014 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbegründet. Die streitgegenständliche Voranfrage sei schon nicht bescheidungsfähig. Die Angaben der Klägerin in ihren Antragsunterlagen seien nicht hinreichend bestimmt genug, um das Vorhaben bauplanungsrechtlich einordnen zu können. Die im Antrag gebrauchte Bezeichnung als „Wettannahmestelle“ schaffe keine Eindeutigkeit, denn auch ein Wettbüro diene dem Wortsinn nach der Annahme von Wetten. Auch der Hinweis des Architekten der Klägerin, wonach das Vorhaben vergleichbar mit einem Schreibwarenhandel mit Lottoannahmestelle sei, sei zu vage, um für Klarheit sorgen zu können. Die Klägerin habe auch eingeräumt, dass die beabsichtigte Nutzungsänderung Elemente einer klassischen Wettannahmestelle (Einrichtung und Angebot) mit denen eines Sportwettbüros (Öffnungszeiten) vereine. Maßgeblich sei, dass der Inhalt der von der Klägerin zur Genehmigung gestellten Unterlagen nicht allein hinsichtlich der Öffnungszeiten auf das Erscheinungsbild eines Wettbüros deute. Die Beklagte habe zu Recht auf weitere Funktionsmerkmale, namentlich die Größe der Räumlichkeit mit 155 m² und die im Vorraum geplante Bankautomatenfiliale abgestellt. Insgesamt erwecke dies den Eindruck, dass sich das so geplante Angebot eben nicht auf eine klassische Wett- und Lottoannahmestelle beschränken solle, sondern die Option „Wettbüro“ nicht ausschließe und offen halten wolle. Eine derart „offene Antragstellung“ sei nicht prüffähig. 13Die Klägerin trägt zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung im Wesentlichen vor: Ihr fehle auch im Hinblick auf § 21 Abs. 2 GlüStV NRW nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Es sei schon zweifelhaft, ob sich das geplante Vorhaben in demselben Gebäude wie die Spielhalle befinde. Zudem sei im Hinblick auf § 16 Abs. 3 Satz 1 AG GlüStV NRW zweifelhaft, ob die Spielhalle über den 30.6. bzw. 30.11.2017 (Ablauf der Übergangsregelung) hinaus betrieben werden könne, da sich in einer Entfernung von nur 100 m eine weitere Spielhalle befinde. Es sei daher zumindest möglich, dass eine der beiden Spielhallen nach Ablauf der Übergangsfrist keine glücksspielrechtliche Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV NRW erhalte. Sie habe auch einen Anspruch auf die Erteilung des beantragten Bauvorbescheides. Ihre Bauvoranfrage sei hinreichend bestimmt. Es existiere kein Typenzwang für eine Bauvoranfrage. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich als Wettannahmestelle zu qualifizieren. Selbst wenn das Vorhaben auch Elemente eines „Sportwettbüros“ aufweise und hierdurch bauplanungsrechtlich als Vergnügungsstätte zu qualifizieren sein sollte, wäre es in dem Kerngebiet nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO allgemein zulässig. Der Ausschluss von Vergnügungsstätten im Bebauungsplan erstrecke sich nicht auf ein Sportwettbüro. 14Die Klägerin beantragt, 15das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 1.9.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 5.10.2012 zu verpflichten, ihr auf ihre Bauvoranfrage vom 9.1.2012 in der Fassung der Betriebsbeschreibung vom 27.9.2012 einen bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheid für die Nutzungsänderung des Ladenlokals im Erdgeschoss des Wohn- und Geschäftshauses T.----weg 60 in T1. , Gemarkung T1. , Flur 13, Flurstück 269, in eine Wettannahmestelle zu erteilen. 16Die Beklagte beantragt, 17die Berufung zurückzuweisen. 18Zur Begründung verweist sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und der Gerichtsakte Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die zulässige Klage ist begründet. Der Ablehnungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erteilung des beantragten planungsrechtlichen Vorbescheids. 22Gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW kann zu Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid beantragt werden. Der Vorbescheid ist nach § 71 Abs. 2 BauO NRW in Verbindung mit § 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW zu erteilen, wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. 23Der Klägerin fehlt es auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages NRW - GlüStV NRW - am 1.12.2012 im Hinblick auf § 21 Abs. 2 GlüStV NRW nicht am Sachbescheidungsinteresse für ihr Begehren. Nach dieser Vorschrift dürfen in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden. 24Das allgemeine Sachbescheidungsinteresse ist nicht gegeben, wenn der Antragsteller an der Verwertung der angestrebten Genehmigung gehindert und diese deshalb für ihn ersichtlich wertlos ist. Der Zweck des Vorbescheides, für einen künftig zu stellenden Bauantrag vorab eine die Behörde bindende Entscheidung zu erhalten, wird in diesem Fall verfehlt. Die Erteilung des Vorbescheids darf unter Berufung auf entgegenstehende rechtliche Hindernisse aber nur dann versagt werden, wenn sich diese „schlechthin nicht ausräumen“ lassen. Nicht ausreichend ist dagegen, wenn eine Behebung des Mangels nach Lage der Dinge in absehbarer Zeit lediglich nicht erwartet werden kann. 25Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 ‑ 4 C 3.78 -, BRS 36 Nr. 169 = BauR 1981, 48; OVG NRW, Urteil vom 19.4.2013 - 10 A 2596/11 ‑, n. v. 26Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Ob § 21 Abs. 2 GlüStV NRW auf den vorliegenden Fall Anwendung findet, ist nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen offen. Der 4. Senat hat in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass das Trennungsgebot des § 21 Abs. 2 GlüStV NRW bei der von Verfassungs wegen gebotenen einschränkenden Auslegung nach vorläufiger Prüfung nur zum Tragen kommt, wenn das Angebot von Sportwetten und gewerblichem Glücksspiel tatsächlich im selben Geschäftslokal stattfindet oder ein vergleichbar enger räumlicher Zusammenhang besteht. Ein taugliches Abgrenzungskriterium zur Bestimmung der erforderlichen engen Nähebeziehung, die Angeboten innerhalb desselben Geschäftslokals vergleichbar ist, könnte die Frage sein, ob ein Betreten des öffentlichen Verkehrsraums für einen Wechsel zwischen den Einrichtungen erforderlich ist. Dies hat der 4. Senat jedoch unter Hinweis auf gegenteilige Rechtsprechung offen gelassen. 27Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4.9.2015 - 4 B 247/15 -, juris, m. w. N. und vom 21.4.2015 - 4 B 1376/14 -, NWVBl 2015, 356; dagegen: Nds. OVG, Beschluss vom 11.12.2014 - 11 ME 211/14 -, NVwZ 2015, 756, das auf den kurzläufigen Wechsel bzw. Sichtkontakt zwischen den Einrichtungen abstellt. 28Die Spielhalle und das geplante Vorhaben liegen nicht innerhalb eines Ladenlokals. Nach den örtlichen Gegebenheiten muss auch zum Wechsel von einem in das andere Ladenlokal der öffentliche Verkehrsraum betreten werden. Unter diesen Umständen kann ein rechtliches Hindernis an der Ausnutzung des Vorbescheides schon deshalb nicht mit der erforderlichen Gewissheit angenommen werden. 29Die streitgegenständliche Bauvoranfrage der Klägerin ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch bescheidungsfähig. § 71 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW stellt keine näheren Anforderungen an die Zulässigkeit einer Bauvoranfrage. Allerdings muss der Vorbescheidsantrag hinreichend bestimmt sein, weil im Falle seiner positiven Bescheidung der Umfang seiner Bindungswirkung für das Baugenehmigungsverfahren feststehen muss. Es ist dazu Aufgabe des Bauantragstellers, hinreichend genau festzulegen, was das zur Vorbescheidung gestellte Vorhaben sein soll. Im Übrigen - also sobald er diese Bestimmtheit erreicht hat ‑ ist der Bauantragsteller bei der Festlegung des Verfahrensgegenstands des Vorbescheidsverfahrens weitgehend frei. Er darf bei seiner Bauvoranfrage nur nicht sachliche Teile eines Vorhabens aus der Fragestellung so ausklammern, dass eine verbindliche rechtliche Beurteilung des Vorhabens nicht mehr möglich ist. Abgesehen davon begegnet es prinzipiell keinen Bedenken, mit einer Bauvoranfrage nur nach der grundsätzlichen planungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens seiner Art nach zu fragen, auch wenn das Vorhaben nur in groben Umrissen bestimmt ist und seine Ausführung im Einzelnen einer späteren Prüfung vorbehalten bleibt. Folge einer solchen Vorhabenbeschreibung ist lediglich, dass ein darauf ergehender positiver Bescheid auch die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens in seiner konkreten Ausführung noch offen lässt. 30Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.10.2013 - 2 A 204/12 -, BRS 81 Nr. 157 = BauR 2014, 676. 31Nach diesen Maßstäben ist der Vorbescheidsantrag hinreichend bestimmt und auch bescheidungsfähig. Die Klägerin hat das Vorhaben als Wettannahmestelle bezeichnet und insbesondere in ihrer nachgereichten Betriebsbeschreibung mit Schreiben vom 27.9.2012 konkrete Angaben zur Raumausstattung, zu den Betriebszeiten, den Raumgrößen und der angebotenen Dienstleistung gemacht. 32Das geplante Vorhaben ist bauplanungsrechtlich zulässig. Es ist insbesondere nicht nach der textlichen Festsetzung des Bebauungsplans Nr. 94 „Geschäftszentrum T1. - Innenstadt, T.----weg “ ausgeschlossen. Bei dem Vorhaben handelt es sich um keine Vergnügungsstätte im Sinne der textlichen Festsetzung in Verbindung mit der Baunutzungsverordnung 1977; daher kommt es nicht darauf an, ob der Verweis auf § 33 i GewO auch das Vorhaben erfasst. 33Vergnügungsstätten sind Gewerbebetriebe besonderer Art, die sich in unterschiedlicher Ausprägung (wie z.B. Amüsierbetriebe, Discotheken, Spielhallen) unter Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder des Sexualtriebs einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung widmen. Für den städtebaulichen Bezug ist wesentlich, dass solche Einrichtungen typischerweise mit negativen Folgewirkungen, wie zum Beispiel Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes oder Verschlechterungen der Gebietsqualität, verbundensind. Vergnügungsstätten unterscheiden sich unter anderem von Läden, die eine eigenständige städtebauliche Nutzungskategorie darstellen (vgl. z.B. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Läden im Sinne der Baunutzungsverordnung sind Räume, die nach dem herkömmlichen Sprachverständnis eine Beschränkung der Grundfläche aufweisen und in denen ein auf bestimmte Warengattungen beschränktes Warensortiment oder Dienstleistungen angeboten werden. Dazu rechnen etwa auch die Ladengeschäfte der Lotto-Toto-Annahmen, die in der Regel gleichzeitig Zeitungen, Schreib- und Tabakwaren verkaufen, 34vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage, § 4a Rn. 22 ff.; Wahlhäuser in Bönker/Bischopink, BauNVO, § 4a Rn. 69 ff.; VG Berlin, Urteil vom 28.4.2014 - 19 K 146/13 -, BauR 2014, 1825, m. w. N., 35und zu deren Angebot seit Jahren auch staatlich veranstaltete Sportwetten (sog. Oddsetwetten) gehören. 36Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht ihrer Art nach als Gewerbebetrieb allgemeiner Art oder als Vergnügungsstätte in Betracht. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird teilweise zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sollen Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln sein, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen. 37Vgl. BayVGH, Beschlüsse vom 21.5.2015 -15 CS 15.9 -, juris, und vom 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.10.2013 - 2 S 2514/12 -, NVwZ-RR 2014, 114; OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 14.4.2011 - 8 B 10278/11 -, BRS 78 Nr. 198 = BauR 2011, 1484; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage, § 4a Rn. 23.69. 38Dies bedarf hier indes keiner Klärung, denn nach den oben aufgezeigten Maßstäben handelt es sich bei dem beantragten Vorhaben um keine Vergnügungsstätte im planungsrechtlichen Sinne. Die Frage, ob sich der Betrieb einer Wettvermittlungsstelle als Vergnügungsstätte im oben beschriebenen Sinne oder als sonstiger Gewerbebetrieb darstellt, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Annahme einer Vergnügungsstätte wird dabei insbesondere dann in Betracht zu ziehen sein, wenn die Räumlichkeiten der Wettvermittlungsstelle Gelegenheit zum Aufenthalt geben, um dort Wettereignisse oder doch zumindest die Wettangebote bzw. -ergebnisse live etwa über Bildschirme zu verfolgen, und sie in dieser Weise der kommerziellen Freizeitunterhaltung dienen. Daran fehlt es hier. Nach der Betriebsbeschreibung sind weder Monitore noch Sitzgelegenheiten für die Kunden vorgesehen. Ebenso wenig ist eine Bewirtung der Kunden geplant. Allein die Größe der Wettannahmestelle und der Umfang der Öffnungszeiten, so wie sie hier gegeben sind, lassen noch keinen Schluss auf eine Vergnügungsstätte zu. Die im Vorraum der Wettannahmestelle über einen direkten Eingang zugängliche Automatenbankfiliale ändert nichts an dieser Einschätzung. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 12.3.2012 klargestellt, dass in dieser nur Bankautomaten zum Geldtransfer und zur Ein- und Auszahlung - und somit keine Spielautomaten - aufgestellt werden sollen. 39Sonstige dem Vorhaben entgegenstehende planungsrechtliche Vorgaben sind seitens der Beklagten nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich. 40Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. 41Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 42Die Entscheidung, die Revision nicht zuzulassen, beruht auf § 132 Abs. 2 VwGO. Gründe für eine Revisionszulassung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
das angefochtene urteil wird geändert. die beklagte wird unter aufhebung ihres bescheides vom 5.10.2012 verpflichtet, der klägerin auf ihre bauvoranfrage vom 9.1.2012 in der fassung der betriebsbeschreibung vom 27.9.2012 einen bauplanungsrechtlichen bauvorbescheid für die nutzungsänderung des ladenlokals im erdgeschoss des wohn- und geschäftshauses t.----weg 60 in t1. , gemarkung t1. , flur 13, flurstück 269, in eine wettannahmestelle zu erteilen. die beklagte trägt die kosten des verfahrens in beiden rechtszügen. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht zuvor die klägerin sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die klägerin begehrt die erteilung eines bauvorbescheides zur änderung der nutzung eines ehemaligen ladenlokals in eine wettannahmestelle. 3die bauvoranfrage betrifft das erdgeschoss eines gebäudes auf dem grundstück gemarkung t1. , flur 13, flurstück 269 (t.----weg 60) in der innenstadt der beklagten. in dem gebäude befindet sich bereits eine genehmigte spielhalle. das vorhabengrundstück liegt im geltungsbereich des bebauungsplans nr. 94 „geschäftszentrum t1. - innenstadt, t.----weg “, der ein kerngebiet festsetzt und in den textlichen festsetzungen „vergnügungsstätten wie spielhallen und ähnliche unternehmungen im sinne des § 33 i gewo“ ausschließt. 4am 9.1.2012 beantragte die klägerin für das vorhabengrundstück die erteilung eines planungsrechtlichen vorbescheides für eine nutzungsänderung der bisher als ladenlokal genutzten räume im erdgeschoss des hauses in eine wettannahmestelle. in der betriebsbeschreibung heißt es zur art des betriebes: „nutzungsänderung der bisher als ladenlokal genutzten räume im erdgeschoss des hauses in eine wettannahmestelle und bankautomatenfiliale“. die grundfläche der wettannahmestelle beträgt nach der betriebsbeschreibung 155,44 m² und die der bankautomatenfiliale 10,76 m². nach entsprechender anfrage teilte die klägerin mit schreiben vom 12.3.2012 weiterhin mit, es sei geplant, die bestehende nutzung des ladenlokals zu einer bankautomatenfiliale und einer wett- und lotterieannahmestelle, die jeweils separat zugänglich seien, umzunutzen. es sei beabsichtigt, in der bankautomatenfiliale automaten zum geldtransfer und zur ein- und auszahlung von geld aufzustellen. die wett- und lotterieannahmestelle sei in bezug auf ausstattung, publikumsverkehr und ablauf vergleichbar mit einem schreibwarenhandel mit lottoannahmestelle. die bankautomatenfiliale sei täglich 24 stunden geöffnet, die wett- und lotterieannahmestelle täglich 18 stunden, nämlich von 6:00 uhr bis 24:00 uhr. mit schreiben vom 17.4.2012 hörte die beklagte die klägerin zur beabsichtigten ablehnung der bauvoranfrage an. mit schreiben vom 18.6.2012 machte die klägerin geltend, die nutzungsänderung in eine wettannahmestelle sei zulässig. es handele sich bei dem geplanten vorhaben um keine vergnügungsstätte. es seien keine einrichtungen vorgesehen, die kunden animieren könnten, sich dort länger aufzuhalten und im geselligen beisammensein gemeinschaftlich sportübertragungen zu verfolgen. vielmehr unterstelle die beklagte lediglich, dass abweichend von den angaben in der betriebsbeschreibung tatsächlich eine einrichtung geplant sei, die dem aufenthalt und der bewirtung von gästen sowie der veranstaltung von glücksspielen und wetten dienen solle. weder die größe noch die öffnungszeiten einer wettannahmestelle seien für die abgrenzung wettannahme/vergnügungsstätte relevant, da es weder normative noch faktische größenvorgaben für eine „normale“ wettannahmestelle gebe. auch das vorhandensein eines wc und die räumliche verbindung mit einer automatenbankfiliale mache aus einer wettannahmestelle keine vergnügungsstätte. der bauherr bestimme durch den inhalt seines antrages den genehmigungsgegenstand. mit schreiben vom 27.9.2012 übersandte die klägerin eine ergänzung der betriebsbeschreibung sowie einen architektenplan des mobiliars. in dieser geänderten betriebsbeschreibung vom 27.9.2012 gab die klägerin als betriebsart „annahmestelle für sportwetten und lotterien“ und als werktägliche betriebszeit einen zweischichtbetrieb von 8:00 uhr bis 24:00 uhr an. an sonn- und feiertagen soll die wettannahmestelle geschlossen bleiben. in dem einrichtungsplan sind als mobiliar vier regale und eine verkaufstheke eingetragen. weiterhin sind auf dem einrichtungsplan - von der wettannahmestelle durch einen flur erreichbar - ein büro, ein aufenthaltsraum, eine umkleide, ein herren-wc und ein damen-wc eingezeichnet. 5mit bescheid vom 5.10.2012 lehnte die beklagte die erteilung des bauvorbescheides ab. das vorhaben sei unzulässig. es handele sich um eine nach dem bebauungsplan unzulässige vergnügungsstätte. gewisse funktionsmerkmale wiesen entgegen den angaben der betriebsbeschreibung oder auch der nachgereichten möblierungsskizze auf eine einrichtung hin, die unzweifelhaft auch dem aufenthalt dienen solle und den besucher somit auch ohne übertragungsgeräte zum verweilen einlade. es handele sich keinesfalls um ein „reines ladengeschäft“ im sinne einer lottoannahmestelle. dafür sprächen die größe des ladenlokals, die öffnungszeiten und der geplante bankautomat im vorraum. 6am 13.10.2012 hat die klägerin klage erhoben. zur begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen: der bescheid sei rechtswidrig und verletze sie in ihren rechten. die beklagte habe dem antrag entgegen ihrer ausdrücklichen erklärung einen anderen inhalt gegeben. sie habe eindeutig erklärt, dass sich die bauvoranfrage auf die einrichtung einer wettannahmestelle beziehe. das zum gegenstand der bauvoranfrage gemachte vorhaben sei dadurch gekennzeichnet, dass es elemente einer klassischen wettannahmestelle (einrichtung und angebot) mit denen eines sportwettbüros (öffnungszeiten) kombiniere. das mache das vorhaben jedoch nicht unzulässig oder nicht bescheidungsfähig. es sei allein eine frage der rechtlichen bewertung, ob die elemente eines vorhabentyps derart im vordergrund stünden, dass sie das vorhaben insgesamt prägten und die anwendung der für diesen vorhabentyp geltenden vorschriften rechtfertigten, oder gegebenenfalls die rechtlichen voraussetzungen verschiedener vorhabentypen kumulativ anwendung fänden. sie sei sich darüber im klaren, dass für den fall, dass etwa eine bewirtung erfolge oder die kunden sich zur verfolgung von sportereignissen und abgabe von sportwetten länger in dem ladenlokal aufhielten, eine neue genehmigung erforderlich sei. derzeit sei weder die bewirtung noch die verfolgung von wettereignissen an bildschirmen geplant. aber auch dann, wenn es sich um eine vergnügungsstätte handele, wäre die ablehnung rechtswidrig. der bebauungsplan schließe nicht alle arten von vergnügungsstätten aus, sondern nur spielhallen und ähnliche unternehmen im sinne des § 33 i gewo. 7die klägerin hat beantragt, 8die beklagte unter aufhebung ihres bescheides vom 5.10.2012 zu verpflichten, der klägerin auf ihre bauvoranfrage vom 9.1.2012 einen bauplanungsrechtlichen vorbescheid für die nutzungsänderung des ladenlokals im erdgeschoss des wohn- und geschäftshauses t.----weg 60 in t1. in eine wettannahmestelle zu erteilen. 9die beklagte hat beantragt, 10die klage abzuweisen. 11zur begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt: entgegen der annahme der klägerin werde in der stellungnahme zum negativen bauvorbescheid nicht spekulativ unterstellt, dass es sich bei der beantragten wettannahmestelle um eine vergnügungsstätte handele, vielmehr wiesen die in der betriebsbeschreibung aufgezählten merkmale (größe, öffnungszeiten, ec.) explizit darauf hin. ein wettbüro sei als vergnügungsstätte anzusehen, wenn die kunden durch die konkrete ausgestaltung der räumlichkeiten animiert würden, sich dort länger aufzuhalten und in geselligem beisammensein wetten abzuschließen. 12das verwaltungsgericht hat die klage mit urteil vom 1.9.2014 abgewiesen und zur begründung im wesentlichen ausgeführt: die zulässige klage sei unbegründet. die streitgegenständliche voranfrage sei schon nicht bescheidungsfähig. die angaben der klägerin in ihren antragsunterlagen seien nicht hinreichend bestimmt genug, um das vorhaben bauplanungsrechtlich einordnen zu können. die im antrag gebrauchte bezeichnung als „wettannahmestelle“ schaffe keine eindeutigkeit, denn auch ein wettbüro diene dem wortsinn nach der annahme von wetten. auch der hinweis des architekten der klägerin, wonach das vorhaben vergleichbar mit einem schreibwarenhandel mit lottoannahmestelle sei, sei zu vage, um für klarheit sorgen zu können. die klägerin habe auch eingeräumt, dass die beabsichtigte nutzungsänderung elemente einer klassischen wettannahmestelle (einrichtung und angebot) mit denen eines sportwettbüros (öffnungszeiten) vereine. maßgeblich sei, dass der inhalt der von der klägerin zur genehmigung gestellten unterlagen nicht allein hinsichtlich der öffnungszeiten auf das erscheinungsbild eines wettbüros deute. die beklagte habe zu recht auf weitere funktionsmerkmale, namentlich die größe der räumlichkeit mit 155 m² und die im vorraum geplante bankautomatenfiliale abgestellt. insgesamt erwecke dies den eindruck, dass sich das so geplante angebot eben nicht auf eine klassische wett- und lottoannahmestelle beschränken solle, sondern die option „wettbüro“ nicht ausschließe und offen halten wolle. eine derart „offene antragstellung“ sei nicht prüffähig. 13die klägerin trägt zur begründung der vom senat zugelassenen berufung im wesentlichen vor: ihr fehle auch im hinblick auf § 21 abs. 2 glüstv nrw nicht das rechtsschutzbedürfnis. es sei schon zweifelhaft, ob sich das geplante vorhaben in demselben gebäude wie die spielhalle befinde. zudem sei im hinblick auf § 16 abs. 3 satz 1 ag glüstv nrw zweifelhaft, ob die spielhalle über den 30.6. bzw. 30.11.2017 (ablauf der übergangsregelung) hinaus betrieben werden könne, da sich in einer entfernung von nur 100 m eine weitere spielhalle befinde. es sei daher zumindest möglich, dass eine der beiden spielhallen nach ablauf der übergangsfrist keine glücksspielrechtliche erlaubnis nach § 24 abs. 1 glüstv nrw erhalte. sie habe auch einen anspruch auf die erteilung des beantragten bauvorbescheides. ihre bauvoranfrage sei hinreichend bestimmt. es existiere kein typenzwang für eine bauvoranfrage. das vorhaben sei bauplanungsrechtlich als wettannahmestelle zu qualifizieren. selbst wenn das vorhaben auch elemente eines „sportwettbüros“ aufweise und hierdurch bauplanungsrechtlich als vergnügungsstätte zu qualifizieren sein sollte, wäre es in dem kerngebiet nach § 7 abs. 2 nr. 2 baunvo allgemein zulässig. der ausschluss von vergnügungsstätten im bebauungsplan erstrecke sich nicht auf ein sportwettbüro. 14die klägerin beantragt, 15das urteil des verwaltungsgerichts aachen vom 1.9.2014 aufzuheben und die beklagte unter aufhebung ihres bescheides vom 5.10.2012 zu verpflichten, ihr auf ihre bauvoranfrage vom 9.1.2012 in der fassung der betriebsbeschreibung vom 27.9.2012 einen bauplanungsrechtlichen bauvorbescheid für die nutzungsänderung des ladenlokals im erdgeschoss des wohn- und geschäftshauses t.----weg 60 in t1. , gemarkung t1. , flur 13, flurstück 269, in eine wettannahmestelle zu erteilen. 16die beklagte beantragt, 17die berufung zurückzuweisen. 18zur begründung verweist sie auf ihr erstinstanzliches vorbringen. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der beigezogenen verwaltungsvorgänge und der gerichtsakte bezug genommen. 20
21die zulässige berufung hat erfolg. die zulässige klage ist begründet. der ablehnungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. die klägerin hat einen anspruch gegen die beklagte auf erteilung des beantragten planungsrechtlichen vorbescheids. 22gemäß § 71 abs. 1 satz 1 bauo nrw kann zu fragen des bauvorhabens ein vorbescheid beantragt werden. der vorbescheid ist nach § 71 abs. 2 bauo nrw in verbindung mit § 75 abs. 1 satz 1 bauo nrw zu erteilen, wenn dem vorhaben öffentlich-rechtliche vorschriften nicht entgegenstehen. diese voraussetzungen sind erfüllt. 23der klägerin fehlt es auch nach dem inkrafttreten des gesetzes zur ausführung des glücksspielstaatsvertrages nrw - glüstv nrw - am 1.12.2012 im hinblick auf § 21 abs. 2 glüstv nrw nicht am sachbescheidungsinteresse für ihr begehren. nach dieser vorschrift dürfen in einem gebäude oder gebäudekomplex, in dem sich eine spielhalle oder eine spielbank befindet, sportwetten nicht vermittelt werden. 24das allgemeine sachbescheidungsinteresse ist nicht gegeben, wenn der antragsteller an der verwertung der angestrebten genehmigung gehindert und diese deshalb für ihn ersichtlich wertlos ist. der zweck des vorbescheides, für einen künftig zu stellenden bauantrag vorab eine die behörde bindende entscheidung zu erhalten, wird in diesem fall verfehlt. die erteilung des vorbescheids darf unter berufung auf entgegenstehende rechtliche hindernisse aber nur dann versagt werden, wenn sich diese „schlechthin nicht ausräumen“ lassen. nicht ausreichend ist dagegen, wenn eine behebung des mangels nach lage der dinge in absehbarer zeit lediglich nicht erwartet werden kann. 25vgl. hierzu bverwg, urteil vom 24.10.1980 ‑ 4 c 3.78 -, brs 36 nr. 169 = baur 1981, 48; ovg nrw, urteil vom 19.4.2013 - 10 a 2596/11 ‑, n. v. 26diese voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. ob § 21 abs. 2 glüstv nrw auf den vorliegenden fall anwendung findet, ist nach der rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen offen. der 4. senat hat in verfahren des vorläufigen rechtsschutzes entschieden, dass das trennungsgebot des § 21 abs. 2 glüstv nrw bei der von verfassungs wegen gebotenen einschränkenden auslegung nach vorläufiger prüfung nur zum tragen kommt, wenn das angebot von sportwetten und gewerblichem glücksspiel tatsächlich im selben geschäftslokal stattfindet oder ein vergleichbar enger räumlicher zusammenhang besteht. ein taugliches abgrenzungskriterium zur bestimmung der erforderlichen engen nähebeziehung, die angeboten innerhalb desselben geschäftslokals vergleichbar ist, könnte die frage sein, ob ein betreten des öffentlichen verkehrsraums für einen wechsel zwischen den einrichtungen erforderlich ist. dies hat der 4. senat jedoch unter hinweis auf gegenteilige rechtsprechung offen gelassen. 27vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 4.9.2015 - 4 b 247/15 -, juris, m. w. n. und vom 21.4.2015 - 4 b 1376/14 -, nwvbl 2015, 356; dagegen: nds. ovg, beschluss vom 11.12.2014 - 11 me 211/14 -, nvwz 2015, 756, das auf den kurzläufigen wechsel bzw. sichtkontakt zwischen den einrichtungen abstellt. 28die spielhalle und das geplante vorhaben liegen nicht innerhalb eines ladenlokals. nach den örtlichen gegebenheiten muss auch zum wechsel von einem in das andere ladenlokal der öffentliche verkehrsraum betreten werden. unter diesen umständen kann ein rechtliches hindernis an der ausnutzung des vorbescheides schon deshalb nicht mit der erforderlichen gewissheit angenommen werden. 29die streitgegenständliche bauvoranfrage der klägerin ist entgegen der auffassung des verwaltungsgerichts auch bescheidungsfähig. § 71 abs. 1 satz 1 bauo nrw stellt keine näheren anforderungen an die zulässigkeit einer bauvoranfrage. allerdings muss der vorbescheidsantrag hinreichend bestimmt sein, weil im falle seiner positiven bescheidung der umfang seiner bindungswirkung für das baugenehmigungsverfahren feststehen muss. es ist dazu aufgabe des bauantragstellers, hinreichend genau festzulegen, was das zur vorbescheidung gestellte vorhaben sein soll. im übrigen - also sobald er diese bestimmtheit erreicht hat ‑ ist der bauantragsteller bei der festlegung des verfahrensgegenstands des vorbescheidsverfahrens weitgehend frei. er darf bei seiner bauvoranfrage nur nicht sachliche teile eines vorhabens aus der fragestellung so ausklammern, dass eine verbindliche rechtliche beurteilung des vorhabens nicht mehr möglich ist. abgesehen davon begegnet es prinzipiell keinen bedenken, mit einer bauvoranfrage nur nach der grundsätzlichen planungsrechtlichen zulässigkeit eines vorhabens seiner art nach zu fragen, auch wenn das vorhaben nur in groben umrissen bestimmt ist und seine ausführung im einzelnen einer späteren prüfung vorbehalten bleibt. folge einer solchen vorhabenbeschreibung ist lediglich, dass ein darauf ergehender positiver bescheid auch die planungsrechtliche zulässigkeit des vorhabens in seiner konkreten ausführung noch offen lässt. 30vgl. ovg nrw, urteil vom 14.10.2013 - 2 a 204/12 -, brs 81 nr. 157 = baur 2014, 676. 31nach diesen maßstäben ist der vorbescheidsantrag hinreichend bestimmt und auch bescheidungsfähig. die klägerin hat das vorhaben als wettannahmestelle bezeichnet und insbesondere in ihrer nachgereichten betriebsbeschreibung mit schreiben vom 27.9.2012 konkrete angaben zur raumausstattung, zu den betriebszeiten, den raumgrößen und der angebotenen dienstleistung gemacht. 32das geplante vorhaben ist bauplanungsrechtlich zulässig. es ist insbesondere nicht nach der textlichen festsetzung des bebauungsplans nr. 94 „geschäftszentrum t1. - innenstadt, t.----weg “ ausgeschlossen. bei dem vorhaben handelt es sich um keine vergnügungsstätte im sinne der textlichen festsetzung in verbindung mit der baunutzungsverordnung 1977; daher kommt es nicht darauf an, ob der verweis auf § 33 i gewo auch das vorhaben erfasst. 33vergnügungsstätten sind gewerbebetriebe besonderer art, die sich in unterschiedlicher ausprägung (wie z.b. amüsierbetriebe, discotheken, spielhallen) unter ansprache oder ausnutzung des geselligkeitsbedürfnisses, des spiel- oder des sexualtriebs einer bestimmten auf gewinnerzielung gerichteten freizeitunterhaltung widmen. für den städtebaulichen bezug ist wesentlich, dass solche einrichtungen typischerweise mit negativen folgewirkungen, wie zum beispiel lärmbelästigungen, beeinträchtigungen des stadt- und straßenbildes oder verschlechterungen der gebietsqualität, verbundensind. vergnügungsstätten unterscheiden sich unter anderem von läden, die eine eigenständige städtebauliche nutzungskategorie darstellen (vgl. z.b. § 4 abs. 2 nr. 2 baunvo). läden im sinne der baunutzungsverordnung sind räume, die nach dem herkömmlichen sprachverständnis eine beschränkung der grundfläche aufweisen und in denen ein auf bestimmte warengattungen beschränktes warensortiment oder dienstleistungen angeboten werden. dazu rechnen etwa auch die ladengeschäfte der lotto-toto-annahmen, die in der regel gleichzeitig zeitungen, schreib- und tabakwaren verkaufen, 34vgl. fickert/fieseler, baunvo, 12. auflage, § 4a rn. 22 ff.; wahlhäuser in bönker/bischopink, baunvo, § 4a rn. 69 ff.; vg berlin, urteil vom 28.4.2014 - 19 k 146/13 -, baur 2014, 1825, m. w. n., 35und zu deren angebot seit jahren auch staatlich veranstaltete sportwetten (sog. oddsetwetten) gehören. 36der betrieb von wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher hinsicht ihrer art nach als gewerbebetrieb allgemeiner art oder als vergnügungsstätte in betracht. in der obergerichtlichen rechtsprechung wird teilweise zwischen sog. „wettannahmestellen“ und „wettbüros“ unterschieden. während bloße wettannahmestellen für sportwetten mit den annahmestellen für lotto und toto gleichgestellt werden, sollen wettbüros als vergnügungsstätten zu behandeln sein, wenn sie auch der kommerziellen unterhaltung dienen. 37vgl. bayvgh, beschlüsse vom 21.5.2015 -15 cs 15.9 -, juris, und vom 23.4.2015 - 15 zb 13.2377 -, juris; vgh bad.-württ., beschluss vom 15.10.2013 - 2 s 2514/12 -, nvwz-rr 2014, 114; ovg rh.-pf., beschluss vom 14.4.2011 - 8 b 10278/11 -, brs 78 nr. 198 = baur 2011, 1484; fickert/fieseler, baunvo, 12. auflage, § 4a rn. 23.69. 38dies bedarf hier indes keiner klärung, denn nach den oben aufgezeigten maßstäben handelt es sich bei dem beantragten vorhaben um keine vergnügungsstätte im planungsrechtlichen sinne. die frage, ob sich der betrieb einer wettvermittlungsstelle als vergnügungsstätte im oben beschriebenen sinne oder als sonstiger gewerbebetrieb darstellt, beurteilt sich nach den umständen des einzelfalls. die annahme einer vergnügungsstätte wird dabei insbesondere dann in betracht zu ziehen sein, wenn die räumlichkeiten der wettvermittlungsstelle gelegenheit zum aufenthalt geben, um dort wettereignisse oder doch zumindest die wettangebote bzw. -ergebnisse live etwa über bildschirme zu verfolgen, und sie in dieser weise der kommerziellen freizeitunterhaltung dienen. daran fehlt es hier. nach der betriebsbeschreibung sind weder monitore noch sitzgelegenheiten für die kunden vorgesehen. ebenso wenig ist eine bewirtung der kunden geplant. allein die größe der wettannahmestelle und der umfang der öffnungszeiten, so wie sie hier gegeben sind, lassen noch keinen schluss auf eine vergnügungsstätte zu. die im vorraum der wettannahmestelle über einen direkten eingang zugängliche automatenbankfiliale ändert nichts an dieser einschätzung. die klägerin hat mit schreiben vom 12.3.2012 klargestellt, dass in dieser nur bankautomaten zum geldtransfer und zur ein- und auszahlung - und somit keine spielautomaten - aufgestellt werden sollen. 39sonstige dem vorhaben entgegenstehende planungsrechtliche vorgaben sind seitens der beklagten nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich. 40die kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 abs. 1 vwgo. 41die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 42die entscheidung, die revision nicht zuzulassen, beruht auf § 132 abs. 2 vwgo. gründe für eine revisionszulassung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Klaeger*in
1
120,835
S 15 P 99/15
2016-10-13T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 26.02.2015 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 07.07.2015 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 26.08.2015 verurteilt, die Kosten für den Einbau einer Duschkabine und einer Thermostatarmatur nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu übernehmen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte. 1Tatbestand: 2Streitig ist die Übernahme der Kosten für den Einbau einer Duschkabine und einer Thermostatarmatur als wohnumfeldverbessernde Maßnahmen. 3Die im Jahre 0000 geborene, unter Betreuung stehende Klägerin ist bei der Beklagten pflegeversichert. Sie leidet unter fortgeschrittener Demenz mit Gedächtnis- und Orientierungsstörungen, regelmäßiger Harn- und Stuhlinkontinenz, arterieller Hypertonie, Herz-rhythmusstörungen, mäßiggradiger Bewegungseinschränkung beider Schulter-, Hüft- und Kniegelenke sowie der Lendenwirbelsäule, leichtgradiger Spastik in beiden Ellenbogengelenken und gelegentlichem Schwindel. Gemeinsam mit ihrem Ehemann bewohnt sie eine Mietwohnung im Souterrain eines ihrem Sohn gehörenden Zweifamilienhauses. Seit dem 01.03.2015 bezieht sie von der Beklagten Leistungen wegen Schwerstpflegebedürftigkeit nach Maßgabe der Pflegestufe III (gerichtlicher Vergleich vom 13.10.2016 im Verfahren S 15 P 98/15). Am 09.02.2015 beantragte der Betreuer der Klägerin bei der Beklagten als Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes den Einbau einer bodengleichen Dusche, da die bisherigen Wohnverhältnisse mit Rollstuhl nicht befahrbar seien und die Einstiegshöhe 35 cm betrage. Er fügte ein Angebot der Firma Rible über 3.009,74 EUR und des Fliesenlegermeisters Königs über 678,30 EUR bei. In einer Stellungnahme nach Aktenlage befürwortete der Sozialmedizinische Dienst (SMD) der Beklagten den Einbau einer bodengleichen Dusche und eines Haltegriffes; die übrigen Maßnahmen im Kostenvoran-schlag seien nicht erforderlich (Duscharmatur und Klappsitz) bzw. nicht pflegeerleichternd (Duschkabine). Mit Bescheid vom 26.02.2015 gewährte die Beklagte einen Zuschuss in Höhe von 1.871,89 EUR, wobei die veranschlagte Duscharmatur einschließlich der Thermostatarmatur, ein Eckschwammkorb, ein Duschklappsitz und die Duschkabine nicht berücksichtigt wurden. 4Auf den Widerspruch des Betreuers der Klägerin fand am 06.05.2015 ein Hausbe-such durch den SMD der Beklagten statt. Hierbei wurde festgestellt, dass die Pflegesituation durch die Installation eines Duschklappsitzes verbessert werde. Dies gelte jedoch nicht für eine Duschkabine, da diese eine Einengung und Behinderung des Pflegebereichs in der Dusche bewirke. Der durch die Duschkabine erzielbare Spritzschutz stelle keine Verbesserung der Pflegesituation dar. Das geplante Anbringen einer Thermostatarmatur statt der vorhandenen Einhebelmischarmatur ohne thermostatische Regelung stelle den Austausch vorhandener sanitärer Einrichtungen gegen zeitgemäßere Produkte dar, der nicht zuschussfähig sei. Da das Duschen vollständig durch einen Pflegedienst übernommen werde, könne erwartet werden, dass zuverlässig verhindert werde, dass die Klägerin unbeabsichtigt die Einhebelmischarmatur betätige und eine zu heiße Wassertemperatur verursache, zumal die extrem antriebsgeminderte und verlangsamte Klägerin nach gutachterlicher Einschätzung kaum zu einer solchen Maßnahme in der Lage sei. Bei dem beantragten Eckschwammkörbchen handele es sich um einen nicht zuschussfähigen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. 5Durch Teilabhilfebescheid vom 07.07.2015 bewilligte die Beklagte weitere Kosten für den Einbau eines Duschklappsitzes; insgesamt wurde ein Betrag in Höhe von 2.420,82 EUR übernommen (Bescheid vom 12.01.2016). Den weitergehenden Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 26.08.2015 als unbegründet zurück. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, bei dem Eckschwammkorb handele es sich um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, die beantragte Duschkabine bewirke eine Einengung und Behinderung des Pflegebereichs in der Dusche und die Thermostatarmatur stelle eine Modernisierungsmaßnahme dar. Das auch im Bereich der Pflegeversicherung geltende Wirtschaftlichkeitsgebot gestatte es nicht, solche Maßnahmen zu bezuschussen, die allgemein der Steigerung des Wohnkomforts dienten oder die ein Haus- oder Wohnungsbesitzer auch ohne Vorliegen von Pflegebedürftigkeit vorgenommen hätte. 6Hiergegen richtet sich die am 22.09.2015 erhobene Klage, mit der nur noch die Be-zuschussung der Duschkabine und der Thermostatarmatur begehrt wird. Die Klägerin trägt vor, die Thermostatarmatur stelle keine Modernisierungsmaßnahme dar, sondern sei dringend erforderlich, um sie vor Verletzungen zu schützen. Da sie, um sich abzustützen, immer wieder nach der nächstbesten Möglichkeit greife um Halt zu finden, bestehe die große Gefahr, dass sie nach dem derzeit vorhandenen Mischhebel greife und es durch ungewollte Einstellungen zu Verbrühungen komme. Die Mischbatterie befinde sich unmittelbar hinter dem Duschklappsitz, so dass sie sich nur ungünstig dagegen lehnen müsse, um die Temperatur bereits zu verstellen. Da sie stuhlinkontinent sei, werde sie im Bedarfsfall im Stehen abgeduscht. Beim Hinsetzen greife sie unwillkürlich nach der Mischbatterie und verstelle die Wassertemperatur. Die beantragte Duschkabinenabtrennung sei keineswegs für die Pflege hinderlich. Die beantragte Duschkabine sei weiträumig zu öffnen, so dass auch das Pflegepersonal mit eintreten könne. Gleichzeitig verhindere die Duschkabine, dass das Wasser aus der Dusche sich im Badezimmer verteile und hierdurch sowohl die Fliesen unkontrollierbar rutschig mache als auch das Mobiliar beschädige. Ein von der Beklagten vorgeschlagener Duschvorhang beeinträchtige die Pflege, da ein solcher Vorhang sich beim Duschen aufgrund thermischer Gegebenheiten in die Duschkabine nach innen ziehe und an den Pflegepersonen festklebe. Durch die fehlende Duschabtrennung seien bereits die Türzargen und das Badmobiliar durch die ständige Feuchtigkeit angegriffen. 7Die Klägerin beantragt, 8die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26.02.2015 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 07.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2015 zu verurteilen, die Kosten für den Einbau einer Duschkabine und einer Thermostatarmatur als weitere Maßnahmen der Wohnumfeldverbesserung zu übernehmen. 9Die Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Sie bezieht sich auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Im Rahmen des Klageverfahrens hat sie sich bereit erklärt, weitere Kosten in Höhe von 55,- EUR für eine Duschwinkelstange inklusive Befestigungsmaterialien und einen Duschvorhang zu übernehmen. 12Das Gericht hat im gleichzeitig verhandelten Parallelverfahren S 15 P 98/15 Beweis erhoben über den Hilfebedarf der Klägerin seit März 2015 durch Vernehmung der Altenpflegerin Monique Schiffer als Zeugin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage 1 zur Sitzungsniederschrift verwiesen. 13Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten – insbesondere die vom Betreuer der Klägerin zur Verfügung gestellten Fotos des Bades – und den der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und waren, soweit von Bedeutung, Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 14Entscheidungsgründe: 15Die zulässige Klage ist auch sachlich begründet. 16Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 26.02.2015 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 07.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2015 entspricht nicht der Sach- und Rechtslage und ist daher rechtswidrig. Durch ihn wird die Klägerin beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil sie Anspruch auf die Übernahme weiterer Kosten für den Einbau einer Duschkabine und einer Thermostatarmatur als Maßnahme der Verbesserung ihres individuellen Wohnumfeldes hat. 17Gemäß § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB XI können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewährt werden, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbstständige Lebensführung wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4.000,- EUR je Maßnahme nicht übersteigen (§ 40 Abs. 4 Satz 2 SGB XI). 18Unzweifelhaft sollen die beantragten Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes der Klägerin der Ermöglichung bzw. erheblichen Erleichterung ihrer häuslichen Pflege dienen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zielt das Tatbestandsmerkmal "Ermöglichung oder erhebliche Erleichterung der häuslichen Pflege" darauf ab, die Pflegebedürftigen möglichst lange in der häuslichen Wohnumgebung belassen und eine Heimunterbringung abwenden zu können (BSG, Urteil vom 17.07.2008 – B 3 P 12/07 R – SozR 4-3300 § 40 Nr. 9). Eine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes "ermöglicht" die häusliche Pflege, wenn sie objektiv erforderlich ist, um die Pflege im häuslichen Umfeld erst durchführen zu können (BSG SozR 3-3300 § 40 Nr. 4). "Erheblich erleichtert" wird die häusliche Pflege, wenn ohne Durchführung der zu bezuschussenden Maßnahmen eine Überforderung der Pflegeperson droht und deshalb eine stationäre Unterbringung des Pflegebedürftigen in Betracht zu ziehen ist. Maßstab für die Beurteilung der Erheblichkeit der mit der Maßnahme angestrebten Erleichterung der Pflege ist, ob damit die Pflege in zentralen Bereichen des Hilfebedarfs deutlich und spürbar ein-facher wird (BSG, Urteil vom 25.11.2015 – B 3 P 3/14 R – SozR 4-3300 § 40 Nr. 13). Aus der Perspektive des Pflegebedürftigen kann eine erhebliche Pflegeerleichterung vorliegen, wenn er sich bei der Pflege weniger anstrengen muss oder eine für ihn und die Pflegeperson potentiell gefahrvolle Situation vermieden wird (BSG, Urteil vom 25.11.2015 a.a.O.). 19Der beantragte Austausch der vorhandenen Einhebelmischbatterie durch eine Thermostatarmatur stellt entgegen der Auffassung der Beklagten keine von der Pflegeversicherung nicht zu übernehmende Modernisierungsmaßnahme dar, sondern ist zur Weiterführung der Pflege der Klägerin im häuslichen Umfeld erforderlich. Denn dadurch wird verhindert, dass die Klägerin bei unwillkürlichen Bewegungen auf der Suche nach Halt die Wassertemperatur verstellt und der Gefahr von Verbrühungen und entsprechenden Ausweichbewegungen mit potentiellen Stürzen ausgesetzt ist. Dies folgt zur Überzeugung der Kammer aus den Schilderungen des Ehemannes der Klägerin und den eingereichten Fotos über die Ausstattung der Dusche. Da die Klägerin wegen ihrer Inkontinenz im Stehen abgeduscht wird und sich die vorhandene Mischbatterie unmittelbar über bzw. neben dem Duschklappsitz befindet, besteht eine große Gefahr, dass die Klägerin zum Festhalten nach der Einhebelmischbatterie anstatt nach dem weiter außen angebrachten Haltegriff greift. Soweit der SMD in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 06.05.2015 ein solches Verhalten wegen der Antriebsminderung und Verlangsamung der Klägerin für unwahrscheinlich gehal-ten hat, ist diese Einschätzung durch das Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt. Die Zeugin Schiffer, die die Klägerin seit Januar 2015 aus der Tagespflegeeinrich-tung kennt, hat bekundet, dass die Klägerin einen ständigen Bewegungsdrang habe und häufig hinfalle. Außerdem dürfte es bereits ausreichen, dass die Klägerin sich während des Duschvorganges beim Sitzen unglücklich nach hinten anlehnt, um die Temperatur bei der vorhandenen Mischbatterie bereits zu verändern. 20Durch die beantragte Duschkabine wird entgegen der Auffassung der Beklagten die Pflege nicht erschwert, sondern erleichtert. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen ist die bodengleiche Dusche so groß, dass die Pflegeperson die Dusche gemeinsam mit der Klägerin betreten und die Klägerin duschen kann. Die vorgesehene Duschkabine ist weiträumig zu öffnen, so dass insoweit keine Beeinträchtigung entsteht. Die Duschkabine ist darüber hinaus erforderlich, um die Klägerin vor Stürzen auf dem nassen Fußboden zu bewahren. Der von der Beklagten vorgeschlagene Duschvorhang kann diesen Zweck nicht erfüllen, da er sich einerseits aufgrund der thermischen Verhältnisse nach innen ziehen und an der Pflegeperson festkleben und andererseits den Austritt des Wassers auf den Fußboden nicht verhindern kann. Denn eine Möglichkeit, den Duschvorhang zum Boden hin zu befestigen fehlt, da keine Duschtasse vorhanden ist. 21Die Zuschussgewährung für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes steht nach § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB XI im Ermessen der Pflegekassen, weil sie bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen den Zuschuss gewähren "können", aber nicht müssen (Udsching, SGB XI, 4. Aufl. 2015, § 40 Rdnr. 32). Das Ermessen bezieht sich sowohl auf das "Ob" der Bezuschussung als auch auf deren Höhe. Gleichwohl konnte die Kammer vorliegend eine Verurteilung der Beklagten zur Übernahme der beantragten Kosten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen, d.h. bis zu einem Gesamtbetrag in Höhe von 1.579,18 EUR (4.000,- EUR - 2.420,82 EUR) aussprechen. Durch die Übernahme der Kosten für den Einbau einer bodengleichen Dusche und eines Duschklappsitzes hat die Beklagte das ihr zustehende Ermessen dahingehend ausgeübt, dass sie grundsätzlich zur Finanzierung der kompletten Um-baumaßnahme bereit ist, wenn die materiellen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Sie hat die Zahlung für die Thermostatarmatur und die Duschkabine allein aus Rechtsgründen abgelehnt, weil es sich ihrer Auffassung nach hierbei nicht um pflegeerleichternde Maßnahmen handelt. Entsprechend hat sie ihre Ablehnungsentscheidung allein auf die negative Beurteilung des SMD gestützt. Damit hat sie schlüssig zu erkennen gegeben, dass sie im Falle der abweichenden gerichtlichen Bewertung kein weiteres Leistungshindernis sieht (vgl. BSG, Urteil vom 25.11.2015 a.a.O.). 22Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
die beklagte wird unter abänderung des bescheides vom 26.02.2015 in der gestalt des teilabhilfebescheides vom 07.07.2015 in der gestalt des wider- spruchsbescheides vom 26.08.2015 verurteilt, die kosten für den einbau einer duschkabine und einer thermostatarmatur nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen zu übernehmen. die außergerichtlichen kosten der klägerin trägt die beklagte. 1
2streitig ist die übernahme der kosten für den einbau einer duschkabine und einer thermostatarmatur als wohnumfeldverbessernde maßnahmen. 3die im jahre 0000 geborene, unter betreuung stehende klägerin ist bei der beklagten pflegeversichert. sie leidet unter fortgeschrittener demenz mit gedächtnis- und orientierungsstörungen, regelmäßiger harn- und stuhlinkontinenz, arterieller hypertonie, herz-rhythmusstörungen, mäßiggradiger bewegungseinschränkung beider schulter-, hüft- und kniegelenke sowie der lendenwirbelsäule, leichtgradiger spastik in beiden ellenbogengelenken und gelegentlichem schwindel. gemeinsam mit ihrem ehemann bewohnt sie eine mietwohnung im souterrain eines ihrem sohn gehörenden zweifamilienhauses. seit dem 01.03.2015 bezieht sie von der beklagten leistungen wegen schwerstpflegebedürftigkeit nach maßgabe der pflegestufe iii (gerichtlicher vergleich vom 13.10.2016 im verfahren s 15 p 98/15). am 09.02.2015 beantragte der betreuer der klägerin bei der beklagten als maßnahme zur verbesserung des individuellen wohnumfeldes den einbau einer bodengleichen dusche, da die bisherigen wohnverhältnisse mit rollstuhl nicht befahrbar seien und die einstiegshöhe 35 cm betrage. er fügte ein angebot der firma rible über 3.009,74 eur und des fliesenlegermeisters königs über 678,30 eur bei. in einer stellungnahme nach aktenlage befürwortete der sozialmedizinische dienst (smd) der beklagten den einbau einer bodengleichen dusche und eines haltegriffes; die übrigen maßnahmen im kostenvoran-schlag seien nicht erforderlich (duscharmatur und klappsitz) bzw. nicht pflegeerleichternd (duschkabine). mit bescheid vom 26.02.2015 gewährte die beklagte einen zuschuss in höhe von 1.871,89 eur, wobei die veranschlagte duscharmatur einschließlich der thermostatarmatur, ein eckschwammkorb, ein duschklappsitz und die duschkabine nicht berücksichtigt wurden. 4auf den widerspruch des betreuers der klägerin fand am 06.05.2015 ein hausbe-such durch den smd der beklagten statt. hierbei wurde festgestellt, dass die pflegesituation durch die installation eines duschklappsitzes verbessert werde. dies gelte jedoch nicht für eine duschkabine, da diese eine einengung und behinderung des pflegebereichs in der dusche bewirke. der durch die duschkabine erzielbare spritzschutz stelle keine verbesserung der pflegesituation dar. das geplante anbringen einer thermostatarmatur statt der vorhandenen einhebelmischarmatur ohne thermostatische regelung stelle den austausch vorhandener sanitärer einrichtungen gegen zeitgemäßere produkte dar, der nicht zuschussfähig sei. da das duschen vollständig durch einen pflegedienst übernommen werde, könne erwartet werden, dass zuverlässig verhindert werde, dass die klägerin unbeabsichtigt die einhebelmischarmatur betätige und eine zu heiße wassertemperatur verursache, zumal die extrem antriebsgeminderte und verlangsamte klägerin nach gutachterlicher einschätzung kaum zu einer solchen maßnahme in der lage sei. bei dem beantragten eckschwammkörbchen handele es sich um einen nicht zuschussfähigen gebrauchsgegenstand des täglichen lebens. 5durch teilabhilfebescheid vom 07.07.2015 bewilligte die beklagte weitere kosten für den einbau eines duschklappsitzes; insgesamt wurde ein betrag in höhe von 2.420,82 eur übernommen (bescheid vom 12.01.2016). den weitergehenden widerspruch wies der widerspruchsausschuss der beklagten durch widerspruchsbescheid vom 26.08.2015 als unbegründet zurück. im wesentlichen wurde ausgeführt, bei dem eckschwammkorb handele es sich um einen gebrauchsgegenstand des täglichen lebens, die beantragte duschkabine bewirke eine einengung und behinderung des pflegebereichs in der dusche und die thermostatarmatur stelle eine modernisierungsmaßnahme dar. das auch im bereich der pflegeversicherung geltende wirtschaftlichkeitsgebot gestatte es nicht, solche maßnahmen zu bezuschussen, die allgemein der steigerung des wohnkomforts dienten oder die ein haus- oder wohnungsbesitzer auch ohne vorliegen von pflegebedürftigkeit vorgenommen hätte. 6hiergegen richtet sich die am 22.09.2015 erhobene klage, mit der nur noch die be-zuschussung der duschkabine und der thermostatarmatur begehrt wird. die klägerin trägt vor, die thermostatarmatur stelle keine modernisierungsmaßnahme dar, sondern sei dringend erforderlich, um sie vor verletzungen zu schützen. da sie, um sich abzustützen, immer wieder nach der nächstbesten möglichkeit greife um halt zu finden, bestehe die große gefahr, dass sie nach dem derzeit vorhandenen mischhebel greife und es durch ungewollte einstellungen zu verbrühungen komme. die mischbatterie befinde sich unmittelbar hinter dem duschklappsitz, so dass sie sich nur ungünstig dagegen lehnen müsse, um die temperatur bereits zu verstellen. da sie stuhlinkontinent sei, werde sie im bedarfsfall im stehen abgeduscht. beim hinsetzen greife sie unwillkürlich nach der mischbatterie und verstelle die wassertemperatur. die beantragte duschkabinenabtrennung sei keineswegs für die pflege hinderlich. die beantragte duschkabine sei weiträumig zu öffnen, so dass auch das pflegepersonal mit eintreten könne. gleichzeitig verhindere die duschkabine, dass das wasser aus der dusche sich im badezimmer verteile und hierdurch sowohl die fliesen unkontrollierbar rutschig mache als auch das mobiliar beschädige. ein von der beklagten vorgeschlagener duschvorhang beeinträchtige die pflege, da ein solcher vorhang sich beim duschen aufgrund thermischer gegebenheiten in die duschkabine nach innen ziehe und an den pflegepersonen festklebe. durch die fehlende duschabtrennung seien bereits die türzargen und das badmobiliar durch die ständige feuchtigkeit angegriffen. 7die klägerin beantragt, 8die beklagte unter abänderung des bescheides vom 26.02.2015 in der gestalt des teilabhilfebescheides vom 07.07.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 26.08.2015 zu verurteilen, die kosten für den einbau einer duschkabine und einer thermostatarmatur als weitere maßnahmen der wohnumfeldverbesserung zu übernehmen. 9die beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11sie bezieht sich auf die ausführungen im angefochtenen widerspruchsbescheid. im rahmen des klageverfahrens hat sie sich bereit erklärt, weitere kosten in höhe von 55,- eur für eine duschwinkelstange inklusive befestigungsmaterialien und einen duschvorhang zu übernehmen. 12das gericht hat im gleichzeitig verhandelten parallelverfahren s 15 p 98/15 beweis erhoben über den hilfebedarf der klägerin seit märz 2015 durch vernehmung der altenpflegerin monique schiffer als zeugin. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf die anlage 1 zur sitzungsniederschrift verwiesen. 13zur weiteren darstellung des sach- und streitstandes wird auf den sonstigen inhalt der gerichtsakten – insbesondere die vom betreuer der klägerin zur verfügung gestellten fotos des bades – und den der beigezogenen verwaltungsakten der beklagten bezug genommen. diese haben vorgelegen und waren, soweit von bedeutung, gegenstand der mündlichen verhandlung. 14
15die zulässige klage ist auch sachlich begründet. 16der angefochtene bescheid der beklagten vom 26.02.2015 in der gestalt des teilabhilfebescheides vom 07.07.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 26.08.2015 entspricht nicht der sach- und rechtslage und ist daher rechtswidrig. durch ihn wird die klägerin beschwert im sinne des § 54 abs. 2 des sozialgerichtsgesetzes (sgg), weil sie anspruch auf die übernahme weiterer kosten für den einbau einer duschkabine und einer thermostatarmatur als maßnahme der verbesserung ihres individuellen wohnumfeldes hat. 17gemäß § 40 abs. 4 satz 1 sgb xi können subsidiär finanzielle zuschüsse für maßnahmen zur verbesserung des individuellen wohnumfeldes des pflegebedürftigen gewährt werden, wenn dadurch im einzelfall die häusliche pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbstständige lebensführung wiederhergestellt wird. die zuschüsse dürfen einen betrag in höhe von 4.000,- eur je maßnahme nicht übersteigen (§ 40 abs. 4 satz 2 sgb xi). 18unzweifelhaft sollen die beantragten maßnahmen zur verbesserung des individuellen wohnumfeldes der klägerin der ermöglichung bzw. erheblichen erleichterung ihrer häuslichen pflege dienen. nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts (bsg) zielt das tatbestandsmerkmal "ermöglichung oder erhebliche erleichterung der häuslichen pflege" darauf ab, die pflegebedürftigen möglichst lange in der häuslichen wohnumgebung belassen und eine heimunterbringung abwenden zu können (bsg, urteil vom 17.07.2008 – b 3 p 12/07 r – sozr 4-3300 § 40 nr. 9). eine maßnahme zur verbesserung des individuellen wohnumfeldes "ermöglicht" die häusliche pflege, wenn sie objektiv erforderlich ist, um die pflege im häuslichen umfeld erst durchführen zu können (bsg sozr 3-3300 § 40 nr. 4). "erheblich erleichtert" wird die häusliche pflege, wenn ohne durchführung der zu bezuschussenden maßnahmen eine überforderung der pflegeperson droht und deshalb eine stationäre unterbringung des pflegebedürftigen in betracht zu ziehen ist. maßstab für die beurteilung der erheblichkeit der mit der maßnahme angestrebten erleichterung der pflege ist, ob damit die pflege in zentralen bereichen des hilfebedarfs deutlich und spürbar ein-facher wird (bsg, urteil vom 25.11.2015 – b 3 p 3/14 r – sozr 4-3300 § 40 nr. 13). aus der perspektive des pflegebedürftigen kann eine erhebliche pflegeerleichterung vorliegen, wenn er sich bei der pflege weniger anstrengen muss oder eine für ihn und die pflegeperson potentiell gefahrvolle situation vermieden wird (bsg, urteil vom 25.11.2015 a.a.o.). 19der beantragte austausch der vorhandenen einhebelmischbatterie durch eine thermostatarmatur stellt entgegen der auffassung der beklagten keine von der pflegeversicherung nicht zu übernehmende modernisierungsmaßnahme dar, sondern ist zur weiterführung der pflege der klägerin im häuslichen umfeld erforderlich. denn dadurch wird verhindert, dass die klägerin bei unwillkürlichen bewegungen auf der suche nach halt die wassertemperatur verstellt und der gefahr von verbrühungen und entsprechenden ausweichbewegungen mit potentiellen stürzen ausgesetzt ist. dies folgt zur überzeugung der kammer aus den schilderungen des ehemannes der klägerin und den eingereichten fotos über die ausstattung der dusche. da die klägerin wegen ihrer inkontinenz im stehen abgeduscht wird und sich die vorhandene mischbatterie unmittelbar über bzw. neben dem duschklappsitz befindet, besteht eine große gefahr, dass die klägerin zum festhalten nach der einhebelmischbatterie anstatt nach dem weiter außen angebrachten haltegriff greift. soweit der smd in seiner gutachtlichen stellungnahme vom 06.05.2015 ein solches verhalten wegen der antriebsminderung und verlangsamung der klägerin für unwahrscheinlich gehal-ten hat, ist diese einschätzung durch das ergebnis der beweisaufnahme widerlegt. die zeugin schiffer, die die klägerin seit januar 2015 aus der tagespflegeeinrich-tung kennt, hat bekundet, dass die klägerin einen ständigen bewegungsdrang habe und häufig hinfalle. außerdem dürfte es bereits ausreichen, dass die klägerin sich während des duschvorganges beim sitzen unglücklich nach hinten anlehnt, um die temperatur bei der vorhandenen mischbatterie bereits zu verändern. 20durch die beantragte duschkabine wird entgegen der auffassung der beklagten die pflege nicht erschwert, sondern erleichtert. ausweislich der vorgelegten unterlagen ist die bodengleiche dusche so groß, dass die pflegeperson die dusche gemeinsam mit der klägerin betreten und die klägerin duschen kann. die vorgesehene duschkabine ist weiträumig zu öffnen, so dass insoweit keine beeinträchtigung entsteht. die duschkabine ist darüber hinaus erforderlich, um die klägerin vor stürzen auf dem nassen fußboden zu bewahren. der von der beklagten vorgeschlagene duschvorhang kann diesen zweck nicht erfüllen, da er sich einerseits aufgrund der thermischen verhältnisse nach innen ziehen und an der pflegeperson festkleben und andererseits den austritt des wassers auf den fußboden nicht verhindern kann. denn eine möglichkeit, den duschvorhang zum boden hin zu befestigen fehlt, da keine duschtasse vorhanden ist. 21die zuschussgewährung für maßnahmen zur verbesserung des individuellen wohnumfeldes steht nach § 40 abs. 4 satz 1 sgb xi im ermessen der pflegekassen, weil sie bei vorliegen der tatbestandsvoraussetzungen den zuschuss gewähren "können", aber nicht müssen (udsching, sgb xi, 4. aufl. 2015, § 40 rdnr. 32). das ermessen bezieht sich sowohl auf das "ob" der bezuschussung als auch auf deren höhe. gleichwohl konnte die kammer vorliegend eine verurteilung der beklagten zur übernahme der beantragten kosten nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen, d.h. bis zu einem gesamtbetrag in höhe von 1.579,18 eur (4.000,- eur - 2.420,82 eur) aussprechen. durch die übernahme der kosten für den einbau einer bodengleichen dusche und eines duschklappsitzes hat die beklagte das ihr zustehende ermessen dahingehend ausgeübt, dass sie grundsätzlich zur finanzierung der kompletten um-baumaßnahme bereit ist, wenn die materiellen tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. sie hat die zahlung für die thermostatarmatur und die duschkabine allein aus rechtsgründen abgelehnt, weil es sich ihrer auffassung nach hierbei nicht um pflegeerleichternde maßnahmen handelt. entsprechend hat sie ihre ablehnungsentscheidung allein auf die negative beurteilung des smd gestützt. damit hat sie schlüssig zu erkennen gegeben, dass sie im falle der abweichenden gerichtlichen bewertung kein weiteres leistungshindernis sieht (vgl. bsg, urteil vom 25.11.2015 a.a.o.). 22die kostenentscheidung folgt aus § 193 sgg.
Klaeger*in
1
165,449
S 2 SO 6/12
2015-05-19T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid vom 11.08.2011 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 27.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.01.2012 wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über die im Bescheid bewilligten Leistungen hinaus weitere Hilfe im Umfang von zwei weiteren Leistungskomplexen 07 (Lagerung im Bett), zwei Leistungskomplexen 08 (Mobilisation) täglich des Leistungskomplexes 13 für das Reinigen der Wohnung im Umfang von 2 Stunden 45 Minuten je Woche und eines weiteren Leistungskomplexes 22 (große hauswirtschaftliche Versorgung) wöchentlich ab dem 03.05.2011 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt Leistungen der Hilfe zur Pflege in weiterem Umfang als von der Beklagten bewilligt. 3Die am 00.00.1945 geborene Klägerin lebte seit Jahren allein in ihrer Wohnung und ist pflegebedürftig. Die Klägerin hat eine amtliche bestellte Betreuerin. Die Klägerin war verheiratet und hat zwei Söhne, zu denen nur wenig Kontakt besteht. Ihr Ehemann ist am 00.00.2008 verstorben. Die Klägerin bezieht schon langjährig Hilfe zur Pflege. 4Seit dem Jahre 2011 hat die Klägerin die Wohnung nicht mehr verlassen. Im Mai 2011 musste der Klägerin im Krankenhaus der linke Oberschenkel amputiert werden. Im Jahre 2011 war sie in die Pflegestufe 2 der gesetzlichen Pflegeversicherung eingestuft. 5Am 09.08.2011 wurde eine Leistungsabsprache im Hinblick auf § 12 SGB XII zur Klärung des weiteren Bedarfs an Hilfe zur Pflege durchgeführt. Mit Bescheid vom 11.08.2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin dann für den Zeitraum vom 08.07.2011 bis zum 31.07.2012 Hilfe zur Pflege. Der Umfang der Bewilligung ergibt sich aus der Anlage, in der die Hilfe nach Leistungskomplexen aufgeschlüsselt ist. Danach wurden bewilligt der Leistungskomplex 3 (Ausscheidungen) 2 Mal täglich, der Leistungskomplex 5 (Hilfe bei der Nahrungsaufnahme) 2 Mal täglich, der Leistungskomplex 7 (Lagern/Betten) ebenfalls 2 Mal täglich, der Leistungskomplex 11 (Einkaufen) ein Mal wöchentlich, der Leistungskomplex 14 (Waschen und Pflege der Wäsche und Kleidung) ein Mal wöchentlich, der Leistungskomplex 15 (Hausbesuchspauschale) 2 Mal täglich, der Leistungskomplex 22 (große Hauswirtschaftliche Versorgung) ein Mal wöchentlich, der Leistungskomplex 24 (große Grundpflege mit Lagern/Betten und Hilfe bei der Nahrungsaufnahme) einmal täglich und der Leistungskomplex 26 (kleine Grundpflege mit Lagern/Betten und Hilfe bei der Nahrungsaufnahme) ein Mal täglich. 6Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch. Eine rückwirkende Änderung dürfe nicht zu Lasten der Klägerin erfolgen. Die bewilligten Leistungen entsprächen nicht der Leistungsabsprache und ferner benötige die Klägerin 3 Mal wöchentliche den Leistungskomplex 11 (Einkaufen) und 3 Mal wöchentlich den Leistungskomplex 22 (Große Hauswirtschaftliche Versorgung), wobei dann der Leistungskomplex 14 (Waschen und Pflege der Wäsche und Kleidung) entfallen könne. 7Mit Teilabhilfebescheid vom 27.10.2011 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise dahin ab, dass die bewilligten Leistungen bereits ab der Entlassung aus dem Krankenhaus am 03.05.2011 bewilligt wurden. 8Mit Widerspruchsbescheid vom 03.01.2012 wies die Beklagte den Widerspruch im Übrigen zurück. Ausweislich des aktuellen Pflegegutachtens vom Juni 2006 bestehe bei der Klägerin weiterhin die Pflegestufe 2 und nicht die Pflegestufe 3. Nach einem Hausbesuch vom 05.08.2011 und der weiteren Fallkonferenz vom 09.08.2011 habe sich kein weiterer Bedarf als der bereits durch die Teilabhilfe schließlich bewilligte ergeben. Für die Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid vom 03.01.2012 Bezug genommen. Die Klägerin sei komplett bettlägerig. Sie habe keinerlei Ressourcen, um überhaupt vom Bett in einen Rollstuhl transferiert zu werden. Daraus resultiere, dass kein erhöhter Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung bestehe. Die Klägerin verschütte keine Lebensmittel und auch sonst sei kein Mehraufwand an hauswirtschaftlicher Versorgung erkennbar. Der Aspekt, dass aufgrund der Bettlägerigkeit und der Inkontinenz mehr Wäsche anfalle und dies nicht durch einmal wöchentliches Waschen im Sinne des LK 22 abgedeckt werden könne, sei in der Leistungsabsprache dadurch bedacht worden, dass zusätzlich der LK 14 vereinbart worden sei. Bezüglich der Nahrungsaufnahme sei es so, dass die Klägerin ausweislich der Auskunft des Pflegeunternehmens die Essensaufnahme nicht mehr verweigere und hochkalorische Suppen esse. Ein erhöhter Aufwand sei damit nicht verbunden. Das Inkontinenzmaterial könne durch eine Apotheke geliefert werden, auch daraus ergebe sich kein erhöhter Aufwand im Bereich des Einkaufens. 9Mit der dagegen erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Anliegen weiter. Es bestehe ein höherer Bedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung. Insbesondere sei der Leistungskomplex 11, das Einkaufen, drei Mal wöchentlich erforderlich. Auch das Reinigen der Wohnung müsse drei Mal wöchentlich erfolgen. Und das Spülen sieben Mal wöchentlich. Das Waschen der Kleidung sei drei Mal wöchentlich erforderlich. 10Die Klägerin beantragt, 11ihr unter Abänderung des Bescheids vom 11.08.2011 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 27.10.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2012 weitere Hilfe zur Pflege in Form der Bewilligung von drei wöchentlichen Einkäufen (Leistungskomplex 11) und drei großen hauswirtschaftlichen Versorgungen (Leistungskomplex 22) je Woche zu bewilligen, hilfsweise drei wöchentliche Einkäufe (Leistungskomplex 11) und zwei große Hauswirtschaftliche Versorgungen (Leistungskomplex 22) je Woche zuzüglich ein Mal wöchentlich Waschen und Pflegen der Kleidung (Leistungskomplex 14) zu bewilligen. 12Die Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Zur Begründung verweist sie auf ihre bisherigen Ausführungen. 15Das Gericht hat zur Aufklärung des Umfangs des Bedarfs an Hilfe zur Pflege Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens der Dipl. Pflegemanagern (FH) M. 16Entscheidungsgründe: 17Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang, also hinsichtlich der Aspekte der Lagerung, Mobilisation, Reinigung der Wohnung und des Einkaufs teilweise begründet. Die Klägerin ist insoweit im Sinne von § 54 Absatz 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beschwert. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 11.08.2011 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 27.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.01.2012 ist insoweit rechtswidrig und die Klägerin insoweit in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hat einen weitergehenden Anspruch auf Hilfe zur Pflege in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang. Es sind zwei hauswirtschaftliche Versorgungen je Woche statt einer und es sind zwei tägliche Mobilisationen seit dem Ende des Krankenhausaufenthalts, also ab dem 03.05.2011 erforderlich. Im Übrigen ist die Klage sowohl hinsichtlich der weiteren im Hauptantrag als auch der weiteren im Hilfsantrag gestellten Leistungen unbegründet. 18Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, ist gemäß § 61 Abs.1 SGB XII Hilfe zur Pflege zu leisten. Hilfe zur Pflege ist auch Kranken und behinderten Menschen zu leisten, die voraussichtlich für weniger als sechs Monate der Pflege bedürfen oder einen geringeren Bedarf als nach Satz 1 haben oder die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach Absatz 5 bedürfen; für Leistungen für eine stationäre oder teilstationäre Einrichtung gilt dies nur, wenn es nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, insbesondere ambulante oder teilstationäre Leistungen nicht zumutbar sind oder nicht ausreichen. Die Hilfe zur Pflege umfasst gemäß § 61 Abs.2 SGB XII häusliche Pflege, Hilfsmittel, teilstationäre Pflege, Kurzzeitpflege und stationäre Pflege. Der Inhalt der Leistungen nach Satz 1 bestimmt sich nach den Regelungen der Pflegeversicherung für die in § 28 Abs. 1 Nr. 1, 5 bis 8 des Elften Buches aufgeführten Leistungen; § 28 Abs. 4 des Elften Buches gilt entsprechend. Die Hilfe zur Pflege kann auf Antrag auch als Teil eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets erbracht werden. § 17 Abs. 2 bis 4 des Neunten Buches in Verbindung mit der Budgetverordnung und § 159 des Neunten Buches sind insoweit anzuwenden. Krankheiten oder Behinderungen im Sinne des Absatzes 1 sind gemäß § 61 Abs. 3 SGB XII: 1. Verluste, Lähmungen oder andere Funktionsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat, 2. Funktionsstörungen der inneren Organe oder der Sinnesorgane, 3. Störungen des Zentralnervensystems wie Antriebs-, Gedächtnis- oder Orientierungsstörungen sowie endogene Psychosen, Neurosen oder geistige Behinderungen, 4. andere Krankheiten oder Behinderungen, infolge derer Personen pflegebedürftig im Sinne des Absatzes 1 sind. Der Bedarf des Absatzes 1 besteht gemäß § 61 Abs.4 SGB XII in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen. Gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im Sinne des Absatzes 1 sind gemäß § 61 Abs.5 SGB XII: 1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- und Blasenentleerung, 2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, 3. im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, 4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung und das Beheizen. 19Die Verordnung nach § 16 des Elften Buches, die Richtlinien der Pflegekassen nach § 17 des Elften Buches, die Verordnung nach § 30 des Elften Buches, die Rahmenverträge und Bundesempfehlungen über die pflegerische Versorgung nach § 75 des Elften Buches und die Vereinbarungen über die Qualitätssicherung nach § 113 des Elften Buches finden zur näheren Bestimmung des Begriffs der Pflegebedürftigkeit, des Inhalts der Pflegeleistung, der Unterkunft und Verpflegung und zur Abgrenzung, Höhe und Anpassung der Pflegegelder gemäß § 61 Abs.6 SGB XII nach § 64 entsprechende Anwendung. 20Zur Überzeugung des Gerichts sind bei der Klägerin über den Umfang der bereits bewilligten Hilfe zur Pflege hinaus, auch zwei weiteren Leistungskomplexe 07 (Lagerung im Bett) täglich, zwei Leistungskomplexe 08 (Mobilisation) täglich, ein Leistungskomplex 13 für das Reinigen der Wohnung im Umfang von 2 Stunden 45 Minuten pro Woche und ein weiterer Leistungskomplex 22 (große hauswirtschaftliche Versorgung) wöchentlich erforderlich. Die Überzeugung des Gerichts ergibt sich aus dem Gutachten der Sachverständigen M1. Die Sachverständige hat die gegebene Situation anhand der Aktenlage und im Rahmen des Hausbesuchs vollumfänglich geprüft und sich mit dem Vorbringen der Beteiligten auseinandergesetzt. Für die weiteren Einzelheiten wird auf das Sachverständigengutachten Bezug genommen. 21Hinsichtlich der festgestellten Leistungen für die Vergangenheit kann die Klägerin insoweit nur Kostenersatz verlangen, soweit die einzelnen Leistungskomplexe in der Vergangenheit auch tatsächlich erbracht worden sind. 22Soweit die Klägerin durch ihre Betreuerin noch weitergehende Leistungen geltend macht, war die Klage sowohl bezüglich des Hauptantrags als auch bezüglich des Hilfsantrags abzuweisen. Insbesondere sind keine drei Einkäufe je Woche erforderlich, sondern ein Einkauf pro Woche genügt. Denn die Klägerin erhält das Mittagessen durch einen Menüservice geliefert (sogenanntes "Essen auf Rädern"), wodurch sich der Einkaufsbedarf deutlich reduziert. Auch insoweit wird auf das Sachverständigengutachten von Frau Linnemann Bezug genommen. 23Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt allen Umständen des Einzelfalls Rechnung.
der bescheid vom 11.08.2011 in der fassung des teilabhilfebescheids vom 27.10.2011 in der gestalt des widerspruchsbescheids vom 03.01.2012 wird abgeändert. die beklagte wird verurteilt, der klägerin über die im bescheid bewilligten leistungen hinaus weitere hilfe im umfang von zwei weiteren leistungskomplexen 07 (lagerung im bett), zwei leistungskomplexen 08 (mobilisation) täglich des leistungskomplexes 13 für das reinigen der wohnung im umfang von 2 stunden 45 minuten je woche und eines weiteren leistungskomplexes 22 (große hauswirtschaftliche versorgung) wöchentlich ab dem 03.05.2011 nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen zu gewähren. im übrigen wird die klage abgewiesen. die beklagte hat der klägerin ein drittel der notwendigen außergerichtlichen kosten zu erstatten. 1
2die klägerin begehrt leistungen der hilfe zur pflege in weiterem umfang als von der beklagten bewilligt. 3die am 00.00.1945 geborene klägerin lebte seit jahren allein in ihrer wohnung und ist pflegebedürftig. die klägerin hat eine amtliche bestellte betreuerin. die klägerin war verheiratet und hat zwei söhne, zu denen nur wenig kontakt besteht. ihr ehemann ist am 00.00.2008 verstorben. die klägerin bezieht schon langjährig hilfe zur pflege. 4seit dem jahre 2011 hat die klägerin die wohnung nicht mehr verlassen. im mai 2011 musste der klägerin im krankenhaus der linke oberschenkel amputiert werden. im jahre 2011 war sie in die pflegestufe 2 der gesetzlichen pflegeversicherung eingestuft. 5am 09.08.2011 wurde eine leistungsabsprache im hinblick auf § 12 sgb xii zur klärung des weiteren bedarfs an hilfe zur pflege durchgeführt. mit bescheid vom 11.08.2011 bewilligte die beklagte der klägerin dann für den zeitraum vom 08.07.2011 bis zum 31.07.2012 hilfe zur pflege. der umfang der bewilligung ergibt sich aus der anlage, in der die hilfe nach leistungskomplexen aufgeschlüsselt ist. danach wurden bewilligt der leistungskomplex 3 (ausscheidungen) 2 mal täglich, der leistungskomplex 5 (hilfe bei der nahrungsaufnahme) 2 mal täglich, der leistungskomplex 7 (lagern/betten) ebenfalls 2 mal täglich, der leistungskomplex 11 (einkaufen) ein mal wöchentlich, der leistungskomplex 14 (waschen und pflege der wäsche und kleidung) ein mal wöchentlich, der leistungskomplex 15 (hausbesuchspauschale) 2 mal täglich, der leistungskomplex 22 (große hauswirtschaftliche versorgung) ein mal wöchentlich, der leistungskomplex 24 (große grundpflege mit lagern/betten und hilfe bei der nahrungsaufnahme) einmal täglich und der leistungskomplex 26 (kleine grundpflege mit lagern/betten und hilfe bei der nahrungsaufnahme) ein mal täglich. 6dagegen erhob die klägerin widerspruch. eine rückwirkende änderung dürfe nicht zu lasten der klägerin erfolgen. die bewilligten leistungen entsprächen nicht der leistungsabsprache und ferner benötige die klägerin 3 mal wöchentliche den leistungskomplex 11 (einkaufen) und 3 mal wöchentlich den leistungskomplex 22 (große hauswirtschaftliche versorgung), wobei dann der leistungskomplex 14 (waschen und pflege der wäsche und kleidung) entfallen könne. 7mit teilabhilfebescheid vom 27.10.2011 half die beklagte dem widerspruch teilweise dahin ab, dass die bewilligten leistungen bereits ab der entlassung aus dem krankenhaus am 03.05.2011 bewilligt wurden. 8mit widerspruchsbescheid vom 03.01.2012 wies die beklagte den widerspruch im übrigen zurück. ausweislich des aktuellen pflegegutachtens vom juni 2006 bestehe bei der klägerin weiterhin die pflegestufe 2 und nicht die pflegestufe 3. nach einem hausbesuch vom 05.08.2011 und der weiteren fallkonferenz vom 09.08.2011 habe sich kein weiterer bedarf als der bereits durch die teilabhilfe schließlich bewilligte ergeben. für die einzelheiten wird auf den widerspruchsbescheid vom 03.01.2012 bezug genommen. die klägerin sei komplett bettlägerig. sie habe keinerlei ressourcen, um überhaupt vom bett in einen rollstuhl transferiert zu werden. daraus resultiere, dass kein erhöhter bedarf an hauswirtschaftlicher versorgung bestehe. die klägerin verschütte keine lebensmittel und auch sonst sei kein mehraufwand an hauswirtschaftlicher versorgung erkennbar. der aspekt, dass aufgrund der bettlägerigkeit und der inkontinenz mehr wäsche anfalle und dies nicht durch einmal wöchentliches waschen im sinne des lk 22 abgedeckt werden könne, sei in der leistungsabsprache dadurch bedacht worden, dass zusätzlich der lk 14 vereinbart worden sei. bezüglich der nahrungsaufnahme sei es so, dass die klägerin ausweislich der auskunft des pflegeunternehmens die essensaufnahme nicht mehr verweigere und hochkalorische suppen esse. ein erhöhter aufwand sei damit nicht verbunden. das inkontinenzmaterial könne durch eine apotheke geliefert werden, auch daraus ergebe sich kein erhöhter aufwand im bereich des einkaufens. 9mit der dagegen erhobenen klage verfolgt die klägerin ihr anliegen weiter. es bestehe ein höherer bedarf im bereich der hauswirtschaftlichen versorgung. insbesondere sei der leistungskomplex 11, das einkaufen, drei mal wöchentlich erforderlich. auch das reinigen der wohnung müsse drei mal wöchentlich erfolgen. und das spülen sieben mal wöchentlich. das waschen der kleidung sei drei mal wöchentlich erforderlich. 10die klägerin beantragt, 11ihr unter abänderung des bescheids vom 11.08.2011 in der fassung des teilabhilfebescheides vom 27.10.2011 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 03.01.2012 weitere hilfe zur pflege in form der bewilligung von drei wöchentlichen einkäufen (leistungskomplex 11) und drei großen hauswirtschaftlichen versorgungen (leistungskomplex 22) je woche zu bewilligen, hilfsweise drei wöchentliche einkäufe (leistungskomplex 11) und zwei große hauswirtschaftliche versorgungen (leistungskomplex 22) je woche zuzüglich ein mal wöchentlich waschen und pflegen der kleidung (leistungskomplex 14) zu bewilligen. 12die beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14zur begründung verweist sie auf ihre bisherigen ausführungen. 15das gericht hat zur aufklärung des umfangs des bedarfs an hilfe zur pflege beweis erhoben durch einholung eines sachverständigengutachtens der dipl. pflegemanagern (fh) m. 16
17die zulässige klage ist in dem aus dem tenor ersichtlichen umfang, also hinsichtlich der aspekte der lagerung, mobilisation, reinigung der wohnung und des einkaufs teilweise begründet. die klägerin ist insoweit im sinne von § 54 absatz 2 satz 1 des sozialgerichtsgesetzes (sgg) beschwert. der angefochtene bescheid der beklagten vom 11.08.2011 in der fassung des teilabhilfebescheides vom 27.10.2011 in der gestalt des widerspruchsbescheids vom 03.01.2012 ist insoweit rechtswidrig und die klägerin insoweit in ihren rechten verletzt. die klägerin hat einen weitergehenden anspruch auf hilfe zur pflege in dem aus dem tenor ersichtlichen umfang. es sind zwei hauswirtschaftliche versorgungen je woche statt einer und es sind zwei tägliche mobilisationen seit dem ende des krankenhausaufenthalts, also ab dem 03.05.2011 erforderlich. im übrigen ist die klage sowohl hinsichtlich der weiteren im hauptantrag als auch der weiteren im hilfsantrag gestellten leistungen unbegründet. 18personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen krankheit oder behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden verrichtungen im ablauf des täglichen lebens auf dauer, voraussichtlich für mindestens sechs monate, in erheblichem oder höherem maße der hilfe bedürfen, ist gemäß § 61 abs.1 sgb xii hilfe zur pflege zu leisten. hilfe zur pflege ist auch kranken und behinderten menschen zu leisten, die voraussichtlich für weniger als sechs monate der pflege bedürfen oder einen geringeren bedarf als nach satz 1 haben oder die der hilfe für andere verrichtungen als nach absatz 5 bedürfen; für leistungen für eine stationäre oder teilstationäre einrichtung gilt dies nur, wenn es nach der besonderheit des einzelfalles erforderlich ist, insbesondere ambulante oder teilstationäre leistungen nicht zumutbar sind oder nicht ausreichen. die hilfe zur pflege umfasst gemäß § 61 abs.2 sgb xii häusliche pflege, hilfsmittel, teilstationäre pflege, kurzzeitpflege und stationäre pflege. der inhalt der leistungen nach satz 1 bestimmt sich nach den regelungen der pflegeversicherung für die in § 28 abs. 1 nr. 1, 5 bis 8 des elften buches aufgeführten leistungen; § 28 abs. 4 des elften buches gilt entsprechend. die hilfe zur pflege kann auf antrag auch als teil eines trägerübergreifenden persönlichen budgets erbracht werden. § 17 abs. 2 bis 4 des neunten buches in verbindung mit der budgetverordnung und § 159 des neunten buches sind insoweit anzuwenden. krankheiten oder behinderungen im sinne des absatzes 1 sind gemäß § 61 abs. 3 sgb xii: 1. verluste, lähmungen oder andere funktionsstörungen am stütz- und bewegungsapparat, 2. funktionsstörungen der inneren organe oder der sinnesorgane, 3. störungen des zentralnervensystems wie antriebs-, gedächtnis- oder orientierungsstörungen sowie endogene psychosen, neurosen oder geistige behinderungen, 4. andere krankheiten oder behinderungen, infolge derer personen pflegebedürftig im sinne des absatzes 1 sind. der bedarf des absatzes 1 besteht gemäß § 61 abs.4 sgb xii in der unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen übernahme der verrichtungen im ablauf des täglichen lebens oder in beaufsichtigung oder anleitung mit dem ziel der eigenständigen übernahme dieser verrichtungen. gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende verrichtungen im sinne des absatzes 1 sind gemäß § 61 abs.5 sgb xii: 1. im bereich der körperpflege das waschen, duschen, baden, die zahnpflege, das kämmen, rasieren, die darm- und blasenentleerung, 2. im bereich der ernährung das mundgerechte zubereiten oder die aufnahme der nahrung, 3. im bereich der mobilität das selbstständige aufstehen und zu-bett-gehen, an- und auskleiden, gehen, stehen, treppensteigen oder das verlassen und wiederaufsuchen der wohnung, 4. im bereich der hauswirtschaftlichen versorgung das einkaufen, kochen, reinigen der wohnung, spülen, wechseln und waschen der wäsche und kleidung und das beheizen. 19die verordnung nach § 16 des elften buches, die richtlinien der pflegekassen nach § 17 des elften buches, die verordnung nach § 30 des elften buches, die rahmenverträge und bundesempfehlungen über die pflegerische versorgung nach § 75 des elften buches und die vereinbarungen über die qualitätssicherung nach § 113 des elften buches finden zur näheren bestimmung des begriffs der pflegebedürftigkeit, des inhalts der pflegeleistung, der unterkunft und verpflegung und zur abgrenzung, höhe und anpassung der pflegegelder gemäß § 61 abs.6 sgb xii nach § 64 entsprechende anwendung. 20zur überzeugung des gerichts sind bei der klägerin über den umfang der bereits bewilligten hilfe zur pflege hinaus, auch zwei weiteren leistungskomplexe 07 (lagerung im bett) täglich, zwei leistungskomplexe 08 (mobilisation) täglich, ein leistungskomplex 13 für das reinigen der wohnung im umfang von 2 stunden 45 minuten pro woche und ein weiterer leistungskomplex 22 (große hauswirtschaftliche versorgung) wöchentlich erforderlich. die überzeugung des gerichts ergibt sich aus dem gutachten der sachverständigen m1. die sachverständige hat die gegebene situation anhand der aktenlage und im rahmen des hausbesuchs vollumfänglich geprüft und sich mit dem vorbringen der beteiligten auseinandergesetzt. für die weiteren einzelheiten wird auf das sachverständigengutachten bezug genommen. 21hinsichtlich der festgestellten leistungen für die vergangenheit kann die klägerin insoweit nur kostenersatz verlangen, soweit die einzelnen leistungskomplexe in der vergangenheit auch tatsächlich erbracht worden sind. 22soweit die klägerin durch ihre betreuerin noch weitergehende leistungen geltend macht, war die klage sowohl bezüglich des hauptantrags als auch bezüglich des hilfsantrags abzuweisen. insbesondere sind keine drei einkäufe je woche erforderlich, sondern ein einkauf pro woche genügt. denn die klägerin erhält das mittagessen durch einen menüservice geliefert (sogenanntes "essen auf rädern"), wodurch sich der einkaufsbedarf deutlich reduziert. auch insoweit wird auf das sachverständigengutachten von frau linnemann bezug genommen. 23die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg und trägt allen umständen des einzelfalls rechnung.
Klaeger*in
1
168,713
12 C 9/14
2015-01-15T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i.H.v.110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v.110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Der Streitwert wird auf bis zu 4000 EUR festgesetzt. 1Tatbestand: 2Die Klägerin bezog von der Beklagten, einem kommunalen Versorgungsunternehmen, seit 01.06.2008 Gas an den Verbrauchsstellen Gstr. 1 und Gstr. 2 in F1. Der Verbrauch wurde zu den Bedingungen des Tarife „SOA“ (G-str. 1) bzw. „klaro“ (G-str. 2) abgerechnet. 3Mit Einverständniserklärung vom 2.12.2009, Bl.99 d.A., vereinbarten die Parteien im Sonderkundenvertrag Gstr. 1 eine neue Preisanpassungsklausel. 4Im Tarif „klaro“ (AGB (Stand 09/2007), Bl. 17 ff. d.A.) ist zur Preisanpassung festgelegt: 5„5.5 6Es wird darauf hingewiesen, dass die T in entsprechender Anwendung des § 5 Abs. 2 GasGVV zu Preisänderungen sowie zur Änderung der ergänzenden Bedingungen berechtigt sind. (...) 7In den (neuen) Geschäftsbedingungen Sonderabkommen, Stand 1.10.2009, Bl. 102 ff. heißt es: 8„3.5 Anpassungen des im Preisblatt genannten Preises sowie der Ergänzenden Bedingungen erfolgen entsprechend § 5 Abs. 2 GasGVV, ...“ 9Mit Urteil vom 13.01.2010 (VIII ZR 81/08) stellte der Bundesgerichtshof die Unwirksamkeit der von der Beklagten in den Sonderabkommen SOA zuvor verwendeten Preisanpassungsklausel fest. 10Die Klägerin ist der Ansicht, auch die neue Preisanpassungsklausel sei ebenso unwirksam wie die vom BGH überprüfte, da sie zwar eine Berechtigung der Beklagten zur Anpassung der Preise, aber keine eindeutige Verpflichtung zur Senkung enthielte. 11Daran ändere auch der Umstand nichts, dass es sich um die Übernahme der Regelung des § 5 Abs. 2 und Abs. 3 GasGVV handele. Die Klägerin nimmt insoweit Bezug auf die aktuelle Rechtsprechung des BGH zur Übernahme einer Preisanpassungsklausel nach § 4 Abs. 1 und Abs. 2 der AVBGasV (Urteil vom 31.7.2013, VIII ZR 162/09) Bezug. Es handele sich in § 5 Abs. 2 GasGVV um die Formulierung, die auch in § 4 AVBGasV verwendet und vom BGH als unwirksam angesehen worden sei. 12Eine Kompensation der unwirksamen Klausel trete auch nicht durch die Möglichkeit der Kündigung ein. Die Klägerin ist der Ansicht, dass eine Kündigungsmöglichkeit die fehlende Transparenz grundsätzlich nicht kompensieren könne, solange es an der transparenten Information fehle. 13Außerdem nimmt die Klägerin Bezug auf das Urteil des EuGH vom 21.3.2013 in der Rechtssache C-92/11. Aus den Geschäftsbedingungen des Tarifs „klaro“ ergäben sich gerade nicht transparent Anlass und Modus der Änderungen der Entgelte vor Vertragsschluss. 14Eine Kompensation scheide auch deshalb aus, weil über eine benachteiligende, unterbliebene Preissenkung der Kunde nicht informiert und ihm damit für diesen Fall kein Kündigungsrecht eingeräumt werde. 15Die Kündigungsmöglichkeit stehe außerdem unter einer Bedingung, nämlich dem Nachweis der Einleitung eines Wechsels zu einem neues Versorger. Dies sei eher ein Kündigungsverhinderungsrecht. Dem Kunden werde aufgegeben, Nachweise zu erbringen, die nicht ausschließlich in seinem eigenen Machtbereich liegen. 16Die Klägerin ist auch der Ansicht, dass zum Zeitpunkt der Preiserhöhungen kein Wettbewerb auf dem Gasmarkt geherrscht habe. Insoweit bezieht sie sich auf einen Bericht der Monopolkommission für das Jahr 2009, Bl. 151 f.d.A.. Auch im Bericht für 2011 (Bl.153 f.) beschreibe die Kommission noch erhebliche Umsetzungsdefizite. Es sei auch nicht maßgeblich, wie viele Anbieter auf dem Markt vertreten gewesen seien, sondern wie viele der rund 60.000 Gaskunden der Beklagten mit Sonderverträgen wirklich zu einem anderen Anbieter gewechselt seien. Die Klägerin ist ferner der Ansicht, die Beklagte sei mit ihrem Schriftsatz vom 4.11.2014 nicht ausreichend ihrer sekundären Darlegungslast im Hinblick auf das Merkmal »Wettbewerb auf dem Gasmarkt« nachgekommen. Auf ihren Schriftsatz vom 3.12.2014 wird insoweit Bezug genommen. 17Die Beklagte erhöhte die Arbeitspreise in mehreren Fällen, wobei die jeweilige öffentliche Bekanntmachung der Preiserhöhung und die Einhaltung der 6-Wochen-Frist unstreitig sind. 18Die Klägerin widersprach dem Preisanpassungen ab dem Jahr 2010 mit Schreiben vom 18.08.2010 (Bl.20 f.) und vom 10.12.2013 (Bl.54 f.) und forderte die Beklagte unter Fristsetzung auf, überzahlte Beträge zu erstatten. 19Hier ist streitgegenständlich der Bezugszeitraum vom 05.12.2009-04.12.2012 mit Rechnungen vom 14.12.2010, 13.12.2011, 12.12.2012, Bl.22 ff.d.A.. 20Mit ihrer Berechnung von Blatt 52 der Akte macht die Klägerin Ansprüche in Höhe von 1.540,96 € für die Gstr. 1 und mit der Berechnung von Blatt 53 der Akte Ansprüche in Höhe von 2.000,79 € für die Gstr. 2, insgesamt 3.541,75 € geltend. Dabei begehrt sie ab der ersten Erhöhung vom 01.04.2010 die Differenz zum letzten (gesenkten) Arbeitspreis von 0,0365 €/kWh bzw. 0,035€/kWh und den tatsächlich bezahlten Arbeitspreisen. 21Die Klägerin ist der Ansicht, die Parteien hätten mit der Einverständniserklärung vom 2.12.2009 keinen neuen Anfangspreis vereinbart. Die Beifügung des Preisblattes zu der Einverständniserklärung habe nur deklaratorischen, nicht aber konstituierenden Charakter aufgewiesen. Weder im Übersendungsschreiben, noch in der eigentlichen Einverständniserklärung sei ein Hinweis darauf erfolgt, dass es zu einer Vereinbarung eines neuen Arbeitspreises kommen sollte. Die Beifügung des Preisblattes habe lediglich die Funktion gehabt, die neue Preisanpassungsklausel, die auf das Preisblatt Bezug nimmt, zu vervollständigen. Es sei nicht beabsichtigt gewesen, einen neuen Preis zu vereinbaren. Es sei auch rechtsmissbräuchlich, in einer derart verklausulierten Form dem Kunden einen neuen Preis unterzuschieben. 22Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe ein Rückforderungsanspruch aus § 812 BGB zu. 23Die Klägerin begehrt ferner den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten unter dem Gesichtspunkt der verschärften Haftung nach §§ 819, 818 Abs. 4 BGB i.H.v. 218,72 EUR (zur Berechnung siehe Bl. 16). 24Die Klägerin beantragt, 25die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin 3.541,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2013 sowie den nicht anrechenbaren Anteil vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 218,72 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2013 zu zahlen. 26Die Beklagte beantragt, 27die Klage abzuweisen. 28Die Beklagte ist der Ansicht, die Parteien hätten im Sonderkundenvertrag zwischenzeitlich nicht nur eine neue Preisanpassungsklausel vereinbart, sondern die Parteien hätten dabei auch als neuen Anfangsarbeitspreis den seinerzeit geltenden Arbeitspreis nach der SOA-Bestpreisabrechnung gemäß dem seinerzeit geltenden Preisblatt vereinbart. Sowohl Übersendungsschreiben, als auch Einverständniserklärung seien klar formuliert. Das Preisblatt sei auch nicht lediglich deklaratorischer Bestandteil der Preisanpassungsklausel gewesen, sondern als eigener Bestandteil der Einverständniserklärung konstituieren. Hinsichtlich der Preisdetails nimmt die Beklagte auf das Preisblatt Bl.105 Bezug. 29Diese Preisvereinbarung unterliege als Preishauptabrede auch nicht der AGB-Kontrolle, wozu die Beklagte auf das Berufungsurteil des OLG Hamm vom 10.01.14, Bl. 133 ff. d.A. Bezug nimmt. Die Forderung der Klägerin aus dem SOA-Gasliefervertrag sei damit um mindestens 149,83 EUR geringer. 30Die Beklagte ist der Ansicht, das BGH-Urteil vom 13.1.2010 (VIII ZR 81/08) sei ebenso wenig einschlägig, wie das Urteil vom 31.7.2013 (VIII ZR 162/09), da es dort um andere Preisanpassungsklauseln gegangen sei. Die Rechtsprechung beziehe sich auf solche Fälle, bei denen mangels Einbeziehung einer ausdrücklichen Regelung zur Preisanpassung durch den bloßen Verweis auf eine gesetzliche Vorschrift dem Verbraucher vor Vertragsschluss keine Information über das Stattfinden von Preisanpassungen und die Möglichkeit zur Kündigung erteilt worden sei. Die Rechtslage sei anders bei einer ordnungsgemäß in den Vertrag einbezogenen Preisanpassungsklausel. 31Die Preisanpassungsklausel sei auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH-Urteils vom 21.3.2013 als wirksam zu erachten. Eine etwaige Intransparenz der einbezogenen Preisanpassungsklausel sei durch die vertragliche Einräumung eines Kündigungsrechts kompensiert. 32Hierzu nimmt die Beklagte Bezug auf Urteile des AG Oldenburg, Urteil vom 04.04.2014 (3 C 3402/13), Bl.188 ff., sowie des AG Dortmund vom 24.02.2014 (433 C 868/11), sowie auf den dazugehörigen Hinweisbeschluss des LG Dortmund im Berufungsverfahren vom 03.06.2014, 1 S 127/14, Bl.204 ff. d.A.. 33Diese Kompensation sei durch die mit der Änderung der Versorgungsbedingungen erfolgten Information über Preisanpassungen und das dem Kunden zustehende Kündigungsrecht gewährleistet. 34Mit Schriftsatz vom 4.11.2014, Bl. 356 ff., hat die Beklagte eine Liste der Anbieter, die jeweils zum Stichtag 31. Dezember Endabnehmer im Netzgebiet der Beklagten belieferten, zur Akte gereicht. Sie behauptet, es wären zum 31.12.2009 24 und zum 31.12.2010 45 Anbieter vorhanden gewesen. Die Klägerseite hat die Existenz der genannten Versorger bestritten. Sie hat ferner bestritten, dass diese Endkunden mit Gas beliefern. Hinsichtlich ihres Bestreitens wird im übrigen auf den Schriftsatz vom 3.12.2014, Bl. 380 ff. d.A.Bezug genommen. 35Die Voraussetzung, dass der Kunde für eine wirksame Lösung vom Vertrag die Einleitung eines Wechsels des Versorgers durch entsprechenden Vertragsschluss nachweisen muss, sei auch nicht für den Kunden nachteilig. Denn er werde für den Fall, dass ein Nachweis nicht erbracht werde, nicht etwa in der teureren Grundversorgung beliefert, sondern der Sondervertrag bestehe fort. Es sei auch nicht ersichtlich, inwiefern der ohne irgendwelche Schwierigkeiten zu erbringenden Nachweis den Kunden von einer Kündigung abhalten sollte. 36Die Obliegenheit zur Mitteilung über den Vertragsschluss bestehe allein in Ansehung des § 5 Abs. 3 der GasGVV entsprechenden zusätzlichen Fortführungsrechtes und sei daher auch nicht unbillig. Auf die Berechnungsbeispiele der Beklagten im Schriftsatz vom 9.10.2014 wird insoweit Bezug genommen. 37Im Übrigen beruft sich die Beklagte auf Entreicherung. Sie habe durch die streitigen Preiserhöhungen lediglich ihre gestiegenen Gestehungskosten refinanziert. 38Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten bestehe nicht. Es liege keine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten vor. An einem Verschulden fehle es, solange eine Rechtsposition plausibel begründbar sei. Auf eine solche könne sich die Beklagte berufen. 39Wegen des weitergehenden Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze ebenso wie auf den Hinweisbeschluss vom 21.10.2014, Bl. 341 der Akte, Bezug genommen. 40Entscheidungsgründe: 41Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung von 3.541,75 EUR aus § 812 Abs.1 S.1 BGB. 42Denn die in dieser Höhe geleisteten Zahlung an die Beklagte, welche die Klägerin aufgrund der Preiserhöhung der Beklagten in den streitgegenständlichen Rechnungen vornahm, erfolgt nämlich nicht ohne Rechtsgrund. 43Die den Preiserhöhungen zu Grunde liegende Preisanpassungsklausel der Beklagten ist in der Gesamtschau nicht unwirksam. 44Gem. § 307 Abs. 1 BGB ist eine Bestimmung in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. 45Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 21.03.2013 (Rs. C-92/11, RIW 2013, 299- S AG) ausgeführt, „dass es für die Beurteilung, ob eine Standardvertragsklausel, mit der sich ein Versorgungsunternehmen das Recht vorbehält, die Entgelte für die Lieferung von Gas zu ändern, den in diesen Bestimmungen aufgestellten Anforderungen an Treu und Glauben, Ausgewogenheit und Transparenz genügt, insbesondere darauf ankommt, 46- ob der Anlass und der Modus der Änderung dieser Entgelte in dem Vertrag so transparent dargestellt werden, dass der Verbraucher die etwaigen Änderungen der Entgelte anhand klarer und verständlicher Kriterien absehen kann, wobei das Ausbleiben der betreffenden Information vor Vertragsabschluss grundsätzlich nicht allein dadurch ausgeglichen werden kann, dass der Verbraucher während der Durchführung des Vertrags mit angemessener Frist im Voraus über die Änderung der Entgelte und über sein Recht, den Vertrag zu kündigen, wenn er diese Änderung nicht hinnehmen will, unterrichtet wird, und 47- ob von der dem Verbraucher eingeräumten Kündigungsmöglichkeit unter den gegebenen Bedingungen tatsächlich Gebrauch gemacht werden kann. 48Diesem Urteil hat der BGH durch Aufgabe seiner Leitbild- Rechtsprechung mit Urteil vom 31.07.2013, VIII ZR 162/09, Rechnung getragen. Er fordert für die Zulässigkeit eines einseitigen Preisänderungsrecht durch das Versorgungsunternehmen ebenfalls, dass der Vertrag den Anlass und den Modus der Änderung der Entgelte für die zu erbringende Leistung konkretisiert und so transparent darstellt, dass der Verbraucher die etwaigen Änderungen dieser Entgelte anhand klarer und verständlicher Kriterien vorhersehen kann. Eine unmittelbare Anwendbarkeit der AVBGasV oder eine § 4 Abs. 1 und Abs. 2 AVBGasV nachgebildete vertragliche Preisanpassungsklausel genügen den Transparenzanforderungen an die Vereinbarung eines einseitigen Preisänderungsrechts nach diesem Urteil nicht. 49Das gilt auch für die hier vereinbarte Regelung, die § 5 Abs.2, Abs. 3 GasGVV nachgebildet ist. Denn auch § 5 Abs.2 GasGVV erklärt nicht, was Anlass und Umfang der Änderung der Entgelte sein wird. Auch in § 5 Abs.2 GasGVV wird nur die Änderung der allgemeinen Preise postuliert, ohne dem Kunden zu erklären, wann und wie die Preise erhöht und ob sie gegebenenfalls auch abgesenkt werden müssen. Diese Klausel ist genauso intransparent wie § 4 AVBGasV. So auch beispielhaft das LG Essen in der Berufungsentscheidung 10 S 301/11 vom 9.1.2014, Seite 7 des Urteils. 50Allerdings geht das Gericht hier von einer wirksamen Kompensation durch das in der Klausel von vorneherein aufgenommene Sonderkündigungsrecht bei bestehendem Wettbewerb auf dem Gasmarkt aus, so dass insgesamt betrachtet das Tatbestandsmerkmal der unangemessenen Benachteiligung entfällt. 51Eine solche Kompensation von Vor-und Nachteilen ist nur dann zulässig, wenn es sich um sachlich zusammengehörende Regelungen handelt, die in einer Wechselbeziehung stehen. Dies ist in der Rechtsprechung für ein Preiserhöhungsrecht einerseits und das Rücktrittsrechts andererseits anerkannt (Palandt, BGB, Kommentar, 72. Auflage, § 307, Rn. 14). Da der gesamte Vertragsinhalt bei der Angemessenheitsprüfung des § 307 BGB zu berücksichtigen ist, ist die Kompensation ein Unteraspekt der Angemessenheitsprüfung. 52Das Gericht versteht die Ausführungen des EuGH »wobei das Ausbleiben der betreffenden Information grundsätzlich nicht allein dadurch ausgeglichen werden kann…« so, dass eine Kompensationsmöglichkeit grundsätzlich denkbar ist. 53Dafür sprechen auch die Ausführungen des BGH in dem Urteil vom 31.7.2013: „Denn die Kunden hatten (…) im fraglichen Zeitraum bereits keine Ausweichmöglichkeit auf andere Anbieter, so dass eine Kündigung für sie schon aus diesem Grunde keine zur Kompensation der Benachteiligung taugliche Alternative dargestellt hätte“ (BGH, VIII ZR 162/09). Denn wenn eine Kompensation grundsätzlich nicht möglich wäre, hätte der BGH diese Frage nicht wegen des Aspekts des fehlenden Wettbewerbs dahinstehen lassen. Auf ein Fehlen des Wettbewerbs wäre es dann nämlich überhaupt nicht mehr angekommen. 54Auch das Amtsgericht Oldenburg geht in dem Urteil 3 C 3402/13 von einer Kompensationsmöglichkeit aus, ebenso wie das Amtsgericht Dortmund im Verfahren 433 C 868/11. Dieser Rechtsprechung hat sich das Landgericht Dortmund als Berufungsinstanz Verfahren 1 S 127/14 angeschlossen. Beide nehmen Bezug auf das Urteil des OLG Hamm vom 07.06.2011, (I-19 U 184/10) in dem es heißt: „Dann jedenfalls besteht eine wirksame Kompensation aufgrund der Kündigungsregelung, die dem Kunden einen zügigen Wechsel zu einem anderen Anbieter erlaubt“. 55Auch das Landgericht Essen hat im Urteil 10 S 301/11 vom 9.1.2014, Seite 7 des Urteils, unter Bezugnahme auf die aktuelle Rechtsprechung von EuGH und BGH bereits Ausführungen zur Kompensationsmöglichkeit gemacht. Wörtlich heißt es dort: »Es ist zwar richtig, dass nach den genannten Urteilen die Intransparenz der Bedingungen zum Preisänderungsrecht durch die dem Kunden zugebilligte Einräumung eines effizienten Kündigungsrechts kompensiert werden kann. Dabei ist ein solches eingeräumtes Kündigungsrecht nur dann effizient, wenn auf dem regionalen Energieversorgungsmarkt Gas ein tatsächlicher Wettbewerb besteht«. 56Die von der Klägerseite dagegen vorgebrachten Einwände überzeugen das Amtsgericht nicht. Das Zitat aus dem BGH-Urteil vom 15.07.2009, VIII ZR 56/08 ist unvollständig wiedergegeben: „Dann kann das Kündigungsrecht aber nicht zugleich als Kompensation für eine unangemessene Benachteiligung der Haushaltssonderkunden dienen, die sich daraus ergibt, dass die Preisanpassungsregelung als solche zum Nachteil des Kunden von den Regelungen der Gasgrundversorgungsverordnung abweicht.“ Erkennbar bezieht sich die Ausführung auf die bereits überholte Leitbild-Rechtsprechung des BGH und widerspricht der zitierten Fundestelle aus dem Urteil vom 31.07.2013. Auch verkürzt die Klägerseite das Argument, wenn sie auf die Kündigungsmöglichkeit allein abstellt. Vielmehr ist ein Dreiklang nötig: Kündigungsrecht, das mit der Preisanpassungsklausel eingeräumt wird und dessen tatsächliche Durchsetzbarkeit wegen Wettbewerbs auf dem Markt. 57Aus der von der Klägerseite zitierten Entscheidungen des OLG Thüringen -1 U 556/08- und des Landgerichts Hamburg vom 14.10.2014 – 12 O 17/14- lassen sich keine Argumente entnehmen, die der Annahme der Kompensation in diesem Fall grundsätzlich entgegen stehen. Denn das erstgenannte Urteil behandelt die Frage des Wettbewerbs auf dem Gasmarkt in einem anderen, zurückliegenden Zeitfenster. Das Landgericht Hamburg setzt sich mit der Möglichkeit der Kompensation gar nicht auseinander, ist somit in dieser Hinsicht unergiebig. 58Auch das Argument, das dem Kunden durch die Kompensation die Überprüfung der Erhöhung nach §§ 315, 316 BGB genommen würde, weil er kündigen müsse, um der Kompensation zu entgehen, teilt das Gericht nicht. Die Kompensation greift nur da ein, wo der Kunde nämlich weder die Überprüfung der Preiserhöhung verlangt, noch von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch macht. Der Kunde kann weiterhin nach §§ 315,316 BGB vorgehen und die Preiserhöhung überprüfen lassen. Andernfalls muss er sich vom Vertrag lösen. Nur wenn der Kunde die Intransparenz der Klausel als Hebel versteht, für die gesamte Vertragslaufzeit zum (günstigeren) Ausgangspreis beliefert zu werden, ist diese Rechtsprechung für ihn nachteilig. Das ist aber bei bestehendem Wettbewerb auf dem Gasmarkt –dazu später- hinzunehmen. Denn auch die sogenannte T-3 Rechtsprechung des BGH zur ergänzenden Vertragsauslegung beruhte auf der Annahme, dass es bei langfristigen Vertragsverhältnissen ein anerkennenswertes Bedürfnis gibt, das bei Vertragsschluss bestehende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung über die gesamte Vertragsdauer im Gleichgewicht zu halten. Unter diesem Aspekt ist der Kunde gehindert, bei einem Energielieferungsvertrag mit langer Laufzeit die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen rückwirkend ohne zeitliche Begrenzung geltend zu machen. Der BGH geht bei dieser Rechtsprechung davon aus, da andernfalls der Energieversorger ohne Rücksicht auf Schwankungen seiner eigenen Bezugspreise nur den ursprünglich vereinbarten Preis beanspruchen könne, regelmäßig ein gravierendes Ungleichgewicht von Leistung und Gegenleistung bestünde. 59Die Sonderkunden sind auch nicht so schutzbedürftig wie der (alternativlose) Kunde in der Grundversorgung, weshalb die für die Grundversorgung entwickelte Rechtsprechung eben nicht 1:1 auf die Vertragssituation mit Sonderkunden übertragbar und daher das EuGH-Urteil vom 23.10.2014, Rs.C-359/11, nicht übertragbar ist. 60Das Argument der Benachteiligung aufgrund der fehlenden Mitteilung über Preissenkungen ist bereits im Urteil des BGH vom 13. Januar 2010 – VIII ZR 81/08- bei der Klauselkontrolle nach § 307 BGB nachteilig berücksichtigt worden, die Klägerseite versucht, in einer Art Doppelverwertung es auch zur Unzulässigkeit der Kompensation heranzuziehen. Dieses Argument führte also bereits zu Annahme der Intransparenz. Würde es auch grundsätzlich die Kompensation ausschließen wären -wie bereits dargelegt- die zitierten Ausführungen sowohl vom EuGH, als auch zum BGH zur Kompensation überflüssig. 61Gleiches gilt für das von der Klägerseite vorgebrachte Argument, eine Kompensation sei ausgeschlossen, wenn der Verbraucher nicht die Möglichkeit habe, zu überprüfen wie sich die Änderung berechne. Wenn die Preisanpassungsklausel Anlass und Modus der Preisänderung wiedergeben würde, wäre sie nicht intransparent. 62Der BGH hat in dem Urteil vom 14.7.2010, VIII ZR 246/08 auch nicht, wie klägerseits vorgetragen, eine 6-wöchige-Überlegungsfrist postuliert. Wörtlich heißt es in der Randnummer 46, dass die dort überprüfte Regelung nicht gewährleistet »dass dem Kunden ein Zeitraum von mindestens sechs Wochen ab Bekanntgabe und Mitteilung der beabsichtigten Änderung zur Einleitung eines Lieferantenwechsel zu Verfügung steht«. Dies ist etwas anderes, als die behauptete sechswöchige reine Überlegungsfrist und wird vorliegend eingehalten („öffentliche Bekanntgabe (...), die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss“). 63Es handelt sich auch nicht um ein Kündigungsverhinderungsrecht, wie die Klägerseite vorträgt. Durch das Sonderkündigungsrecht wird sichergestellt, dass der Kunde nicht gegen seinen Willen an den geänderten Vertrag gebunden wird. Ihm wird das Recht eingeräumt, sich vor Wirksamwerden der Preisänderung zu überlegen, ob er diese akzeptieren oder sich von seinem Vertrag lösen will. Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 09.10.2014 exemplarisch vorgerechnet, dass die § 5 Abs.3 GasGVV entsprechende Regelung zum Versorgerwechsel dazu dient, dass der Kunde vorübergehend den Vertrag zu unveränderten Konditionen fortsetzen kann. 64Die Klägerseite liest aus der Verbraucherschutzrichtlinie, dass die Beklagte mit jeder Preisänderung zusätzlich auf das dem Kunden zustehende Kündigungsrecht hätte hinweisen müssen. Diese Auffassung teilt das Gericht nicht. Die Unterrichtung ist in diesem Sinne „rechtzeitig“, nämlich bereits bei Preisvereinbarung erfolgt und folgt damit der Auslegung in dem EuGH-Urteil vom 21.03.2013. Außerdem hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die verbindliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts ausschließlich dem EuGH vorbehalten ist. 65Aus der systematischen Einordnung der Kompensation als Unterpunkt der Angemessenheit i.S.d. § 307 BGB folgt gleichzeitig, dass der Kunde, der sich auf die Unwirksamkeit der Klausel beruft, die fehlende Kompensation als Voraussetzung seines Anspruchs darlegen und beweisen muss, denn nur dann benachteiligt ihn die Klausel unangemessen und ist unwirksam (so auch LG Dortmund, 1 S 127/14, Beschluss vom 03.06.2014, Seite 3 unter Hinweis auf Palandt, BGB, 73.Auflage, § 307, Rdnr.9). 66Die Beklagte hat im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast im Schriftsatz vom 04.11.2014 zu den zum Stichtag der Preiserhöhung 01.04.2010 im Netzgebiet Endabnehmer beliefernden Unternehmen vorgetragen. Sie hat zur Überzeugung des Gerichts damit ausreichend vorgetragen. 67Nach den Angaben der Beklagten sind hier nicht nur 2 Anbieter, sondern 2010 45 Anbieter tätig gewesen. Das einfache Bestreiten der Klägerseite, dass die benannten Firmen überhaupt existent sind, ist unter Berücksichtigung von § 138 Abs.2, Abs.3 ZPO unbeachtlich, zumal einige der Versorger gerichtsbekannt sind (weil Parteien in Energielieferungssachen, so z.B. Z GmbH, T AG, Q AG; F2 AG). 68Es oblag der Beklagten auch nicht, die konkreten Preise der Konkurrenten mitzuteilen. Denn dass es mindestens einen günstigeren Anbieter als die Beklagte gegeben hätte, ist nicht zur Annahme des Wettbewerbs notwendig. Man stelle sich nur vor, die Beklagte wäre im fraglichen Zeitpunkt der günstigste aller Anbieter gewesen: Dann kann die Frage eines billigeren Anbieters nicht für die Frage des Wettbewerbs ausschlaggebend sein. Denklogisch herrschte dann nämlich für den Kunden des billigsten Anbieters nie Wettbewerb. Solange kein Preiskartell bzw. Preismonopol vorliegt, arbeiten die Anbieter im genannten Sinn antagonistisch, ist der konkrete Preis also nicht ausschlaggebend. Letztere Voraussetzung (Monopol, Kartell) wäre nach Günstigkeitsgesichtspunkten klägerseitig darzulegen. 69Auch das pauschale Bestreiten der Klägerseite, dass die in ihrer Existenz bestrittenen Firmen Endverbraucher in F1 mit Gas beliefern, ist nicht ausreichend. Auch hier gilt, dass die primäre Darlegungslast dafür auf Kundenseite liegt und das pauschale Bestreiten § 138 Abs.2 ZPO nicht genügt. Das Gericht hatte die Klägervertreter auch in der Sitzung vom 16.10.2014 im Verfahren 12 C 10/14, in der die Rechtslage exemplarisch ausführlich erörtert worden ist, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass hier auf bloßes Bestreiten des Wettbewerbs hin kein Beweis erhoben werden wird, sondern von der Klägerseite vertieft vorzutragen ist. Da bereits die Vortragstiefe nicht ausreicht, kam es nicht mehr darauf an, dass die Beweisantritte der Klägerseite auch der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, § 355 Absatz 1 ZPO, widersprechen. Hier wären Tatsachen vorzutragen (bzw. nach Ansicht der Klägerseite sachverständig zu ermitteln), die in eine Beweisaufnahme vor das Prozessgericht gehören. 70Dies gilt umso mehr, als die von den Parteien vorgelegten Monitoringberichte 2010 und 2011 der Bundesnetzagentur für Deutschland insgesamt für 2009 und 2010 eine (weiterhin) steigende Lieferantenwechselquote und eine gestiegene Zahl von Lieferanten ausweisen. So heißt es im Monitoringberichtet 2011, Seite 75, »Bei der Betrachtung der Zahl der Lieferantenwechselvorgänge verfestigt sich das positive Bild noch weiter. Insbesondere die Haushaltskunden nutzten im Berichtsjahr 2010 verstärkt die Möglichkeiten des Lieferantenwechsels. So wurden 2010 insgesamt 720.039 Wechsel von Haushaltskunden zu einem anderen Lieferanten erfasst. Das sind über 317.006 Vorgänge mehr als im Jahr 2009, was einer Steigerung von über 75 % entspricht«. 71Die Frage des Wettbewerbs ist objektiv zu beantworten. Sie kann nicht vom Informationsgrad des Kunden, oder der Trägheit der Masse abhängen. Das versucht aber die Klägerseite zu suggerieren, wenn sie mit dem Branchenbuch der Stadt Essen argumentiert. Es ist nicht Voraussetzung, dass der Gasmarkt ein lokaler, also städtischer ist. Für die Ermittlung eines Wettbewerbs kann nicht ausschlaggebend sein, ob der individuelle Kunde diesen ermitteln kann oder nicht, also ob der Kunde Internet oder Telefonbuch vorhält. Es kann auch nicht ausschlaggebend sein, wie viele Kunden tatsächlich wechseln, solange jedenfalls eine objektive Wechselmöglichkeit besteht. 72Die Klausel ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. 73So ist zur Überzeugung des Gerichts zwischen den Parteien zum einen wirksam ein neuer Anfangsarbeitspreis durch Bezugnahme auf das Preisblatt vereinbart worden. Der Wortlaut der Einverständniserklärung »auf der Basis des beigefügten aktuellen Preisblattes« ist eindeutig. Die Preisgestaltung in dem Preisblatt ist auch- wenn auch kompliziert- ausreichend nachvollziehbar. Im übrigen unterliegen Preisvereinbarungen nicht der Inhaltskontrolle, soweit sie Art und Umfang der Vergütung unmittelbar regeln (Palandt, BGB, Kommentar, 72. Auflage, § 307, Rn. 46). 74Die Anspruchsvoraussetzung der Klägerseite, dass kein Wettbewerb auf dem Gasmarkt zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Preiserhöhungen bestanden hätte, ist von ihr nicht ausreichend vorgetragen und unter Beweis gestellt und somit zu verneinen. 75Zusammenfassend bedeutet dies: Die grundsätzlich zwar intransparente Preisanpassungsklausel der Beklagten ist durch das bereits bei Vereinbarung der Klausel eingeräumte Sonderkündigungsrecht bei bestehendem Wettbewerb auf dem Gasmarkt kompensiert. Die Leistungen erfolgten somit mit Rechtsgrund. Ansprüche aus § 812 BGB scheiden aus. 76Mangels Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf Ersatz der Nebenforderungen. 77Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. 78Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 79Rechtsbehelfsbelehrung: 80Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 81a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 82b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 83Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Essen, Zweigertstr. 52, 45130 Essen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 84Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Essen zu begründen. 85Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Essen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 86Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 87Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Essen statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Essen, Zweigertstr. 52, 45130 Essen, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. 88Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtstreits trägt die klägerin. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird gestattet, die zwangsvollstreckung durch leistung einer sicherheit i.h.v.110 prozent des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn die beklagte nicht vor der vollstreckung sicherheit i.h.v.110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. der streitwert wird auf bis zu 4000 eur festgesetzt. 1
2die klägerin bezog von der beklagten, einem kommunalen versorgungsunternehmen, seit 01.06.2008 gas an den verbrauchsstellen gstr. 1 und gstr. 2 in f1. der verbrauch wurde zu den bedingungen des tarife „soa“ (g-str. 1) bzw. „klaro“ (g-str. 2) abgerechnet. 3mit einverständniserklärung vom 2.12.2009, bl.99 d.a., vereinbarten die parteien im sonderkundenvertrag gstr. 1 eine neue preisanpassungsklausel. 4im tarif „klaro“ (agb (stand 09/2007), bl. 17 ff. d.a.) ist zur preisanpassung festgelegt: 5„5.5 6es wird darauf hingewiesen, dass die t in entsprechender anwendung des § 5 abs. 2 gasgvv zu preisänderungen sowie zur änderung der ergänzenden bedingungen berechtigt sind. (...) 7in den (neuen) geschäftsbedingungen sonderabkommen, stand 1.10.2009, bl. 102 ff. heißt es: 8„3.5 anpassungen des im preisblatt genannten preises sowie der ergänzenden bedingungen erfolgen entsprechend § 5 abs. 2 gasgvv, ...“ 9mit urteil vom 13.01.2010 (viii zr 81/08) stellte der bundesgerichtshof die unwirksamkeit der von der beklagten in den sonderabkommen soa zuvor verwendeten preisanpassungsklausel fest. 10die klägerin ist der ansicht, auch die neue preisanpassungsklausel sei ebenso unwirksam wie die vom bgh überprüfte, da sie zwar eine berechtigung der beklagten zur anpassung der preise, aber keine eindeutige verpflichtung zur senkung enthielte. 11daran ändere auch der umstand nichts, dass es sich um die übernahme der regelung des § 5 abs. 2 und abs. 3 gasgvv handele. die klägerin nimmt insoweit bezug auf die aktuelle rechtsprechung des bgh zur übernahme einer preisanpassungsklausel nach § 4 abs. 1 und abs. 2 der avbgasv (urteil vom 31.7.2013, viii zr 162/09) bezug. es handele sich in § 5 abs. 2 gasgvv um die formulierung, die auch in § 4 avbgasv verwendet und vom bgh als unwirksam angesehen worden sei. 12eine kompensation der unwirksamen klausel trete auch nicht durch die möglichkeit der kündigung ein. die klägerin ist der ansicht, dass eine kündigungsmöglichkeit die fehlende transparenz grundsätzlich nicht kompensieren könne, solange es an der transparenten information fehle. 13außerdem nimmt die klägerin bezug auf das urteil des eugh vom 21.3.2013 in der rechtssache c-92/11. aus den geschäftsbedingungen des tarifs „klaro“ ergäben sich gerade nicht transparent anlass und modus der änderungen der entgelte vor vertragsschluss. 14eine kompensation scheide auch deshalb aus, weil über eine benachteiligende, unterbliebene preissenkung der kunde nicht informiert und ihm damit für diesen fall kein kündigungsrecht eingeräumt werde. 15die kündigungsmöglichkeit stehe außerdem unter einer bedingung, nämlich dem nachweis der einleitung eines wechsels zu einem neues versorger. dies sei eher ein kündigungsverhinderungsrecht. dem kunden werde aufgegeben, nachweise zu erbringen, die nicht ausschließlich in seinem eigenen machtbereich liegen. 16die klägerin ist auch der ansicht, dass zum zeitpunkt der preiserhöhungen kein wettbewerb auf dem gasmarkt geherrscht habe. insoweit bezieht sie sich auf einen bericht der monopolkommission für das jahr 2009, bl. 151 f.d.a.. auch im bericht für 2011 (bl.153 f.) beschreibe die kommission noch erhebliche umsetzungsdefizite. es sei auch nicht maßgeblich, wie viele anbieter auf dem markt vertreten gewesen seien, sondern wie viele der rund 60.000 gaskunden der beklagten mit sonderverträgen wirklich zu einem anderen anbieter gewechselt seien. die klägerin ist ferner der ansicht, die beklagte sei mit ihrem schriftsatz vom 4.11.2014 nicht ausreichend ihrer sekundären darlegungslast im hinblick auf das merkmal »wettbewerb auf dem gasmarkt« nachgekommen. auf ihren schriftsatz vom 3.12.2014 wird insoweit bezug genommen. 17die beklagte erhöhte die arbeitspreise in mehreren fällen, wobei die jeweilige öffentliche bekanntmachung der preiserhöhung und die einhaltung der 6-wochen-frist unstreitig sind. 18die klägerin widersprach dem preisanpassungen ab dem jahr 2010 mit schreiben vom 18.08.2010 (bl.20 f.) und vom 10.12.2013 (bl.54 f.) und forderte die beklagte unter fristsetzung auf, überzahlte beträge zu erstatten. 19hier ist streitgegenständlich der bezugszeitraum vom 05.12.2009-04.12.2012 mit rechnungen vom 14.12.2010, 13.12.2011, 12.12.2012, bl.22 ff.d.a.. 20mit ihrer berechnung von blatt 52 der akte macht die klägerin ansprüche in höhe von 1.540,96 € für die gstr. 1 und mit der berechnung von blatt 53 der akte ansprüche in höhe von 2.000,79 € für die gstr. 2, insgesamt 3.541,75 € geltend. dabei begehrt sie ab der ersten erhöhung vom 01.04.2010 die differenz zum letzten (gesenkten) arbeitspreis von 0,0365 €/kwh bzw. 0,035€/kwh und den tatsächlich bezahlten arbeitspreisen. 21die klägerin ist der ansicht, die parteien hätten mit der einverständniserklärung vom 2.12.2009 keinen neuen anfangspreis vereinbart. die beifügung des preisblattes zu der einverständniserklärung habe nur deklaratorischen, nicht aber konstituierenden charakter aufgewiesen. weder im übersendungsschreiben, noch in der eigentlichen einverständniserklärung sei ein hinweis darauf erfolgt, dass es zu einer vereinbarung eines neuen arbeitspreises kommen sollte. die beifügung des preisblattes habe lediglich die funktion gehabt, die neue preisanpassungsklausel, die auf das preisblatt bezug nimmt, zu vervollständigen. es sei nicht beabsichtigt gewesen, einen neuen preis zu vereinbaren. es sei auch rechtsmissbräuchlich, in einer derart verklausulierten form dem kunden einen neuen preis unterzuschieben. 22die klägerin ist der ansicht, ihr stehe ein rückforderungsanspruch aus § 812 bgb zu. 23die klägerin begehrt ferner den ersatz vorgerichtlicher rechtsanwaltskosten unter dem gesichtspunkt der verschärften haftung nach §§ 819, 818 abs. 4 bgb i.h.v. 218,72 eur (zur berechnung siehe bl. 16). 24die klägerin beantragt, 25die beklagte zu verurteilen an die klägerin 3.541,75 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 21.12.2013 sowie den nicht anrechenbaren anteil vorgerichtlicher rechtsanwaltskosten i.h.v. 218,72 eur nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 21.12.2013 zu zahlen. 26die beklagte beantragt, 27die klage abzuweisen. 28die beklagte ist der ansicht, die parteien hätten im sonderkundenvertrag zwischenzeitlich nicht nur eine neue preisanpassungsklausel vereinbart, sondern die parteien hätten dabei auch als neuen anfangsarbeitspreis den seinerzeit geltenden arbeitspreis nach der soa-bestpreisabrechnung gemäß dem seinerzeit geltenden preisblatt vereinbart. sowohl übersendungsschreiben, als auch einverständniserklärung seien klar formuliert. das preisblatt sei auch nicht lediglich deklaratorischer bestandteil der preisanpassungsklausel gewesen, sondern als eigener bestandteil der einverständniserklärung konstituieren. hinsichtlich der preisdetails nimmt die beklagte auf das preisblatt bl.105 bezug. 29diese preisvereinbarung unterliege als preishauptabrede auch nicht der agb-kontrolle, wozu die beklagte auf das berufungsurteil des olg hamm vom 10.01.14, bl. 133 ff. d.a. bezug nimmt. die forderung der klägerin aus dem soa-gasliefervertrag sei damit um mindestens 149,83 eur geringer. 30die beklagte ist der ansicht, das bgh-urteil vom 13.1.2010 (viii zr 81/08) sei ebenso wenig einschlägig, wie das urteil vom 31.7.2013 (viii zr 162/09), da es dort um andere preisanpassungsklauseln gegangen sei. die rechtsprechung beziehe sich auf solche fälle, bei denen mangels einbeziehung einer ausdrücklichen regelung zur preisanpassung durch den bloßen verweis auf eine gesetzliche vorschrift dem verbraucher vor vertragsschluss keine information über das stattfinden von preisanpassungen und die möglichkeit zur kündigung erteilt worden sei. die rechtslage sei anders bei einer ordnungsgemäß in den vertrag einbezogenen preisanpassungsklausel. 31die preisanpassungsklausel sei auch vor dem hintergrund der entscheidung des eugh-urteils vom 21.3.2013 als wirksam zu erachten. eine etwaige intransparenz der einbezogenen preisanpassungsklausel sei durch die vertragliche einräumung eines kündigungsrechts kompensiert. 32hierzu nimmt die beklagte bezug auf urteile des ag oldenburg, urteil vom 04.04.2014 (3 c 3402/13), bl.188 ff., sowie des ag dortmund vom 24.02.2014 (433 c 868/11), sowie auf den dazugehörigen hinweisbeschluss des lg dortmund im berufungsverfahren vom 03.06.2014, 1 s 127/14, bl.204 ff. d.a.. 33diese kompensation sei durch die mit der änderung der versorgungsbedingungen erfolgten information über preisanpassungen und das dem kunden zustehende kündigungsrecht gewährleistet. 34mit schriftsatz vom 4.11.2014, bl. 356 ff., hat die beklagte eine liste der anbieter, die jeweils zum stichtag 31. dezember endabnehmer im netzgebiet der beklagten belieferten, zur akte gereicht. sie behauptet, es wären zum 31.12.2009 24 und zum 31.12.2010 45 anbieter vorhanden gewesen. die klägerseite hat die existenz der genannten versorger bestritten. sie hat ferner bestritten, dass diese endkunden mit gas beliefern. hinsichtlich ihres bestreitens wird im übrigen auf den schriftsatz vom 3.12.2014, bl. 380 ff. d.a.bezug genommen. 35die voraussetzung, dass der kunde für eine wirksame lösung vom vertrag die einleitung eines wechsels des versorgers durch entsprechenden vertragsschluss nachweisen muss, sei auch nicht für den kunden nachteilig. denn er werde für den fall, dass ein nachweis nicht erbracht werde, nicht etwa in der teureren grundversorgung beliefert, sondern der sondervertrag bestehe fort. es sei auch nicht ersichtlich, inwiefern der ohne irgendwelche schwierigkeiten zu erbringenden nachweis den kunden von einer kündigung abhalten sollte. 36die obliegenheit zur mitteilung über den vertragsschluss bestehe allein in ansehung des § 5 abs. 3 der gasgvv entsprechenden zusätzlichen fortführungsrechtes und sei daher auch nicht unbillig. auf die berechnungsbeispiele der beklagten im schriftsatz vom 9.10.2014 wird insoweit bezug genommen. 37im übrigen beruft sich die beklagte auf entreicherung. sie habe durch die streitigen preiserhöhungen lediglich ihre gestiegenen gestehungskosten refinanziert. 38ein anspruch auf erstattung vorgerichtliche rechtsanwaltskosten bestehe nicht. es liege keine schuldhafte pflichtverletzung der beklagten vor. an einem verschulden fehle es, solange eine rechtsposition plausibel begründbar sei. auf eine solche könne sich die beklagte berufen. 39wegen des weitergehenden vortrags der parteien wird auf die gewechselten schriftsätze ebenso wie auf den hinweisbeschluss vom 21.10.2014, bl. 341 der akte, bezug genommen. 40
41die klage ist unbegründet. die klägerin hat keinen anspruch gegen die beklagte auf rückzahlung von 3.541,75 eur aus § 812 abs.1 s.1 bgb. 42denn die in dieser höhe geleisteten zahlung an die beklagte, welche die klägerin aufgrund der preiserhöhung der beklagten in den streitgegenständlichen rechnungen vornahm, erfolgt nämlich nicht ohne rechtsgrund. 43die den preiserhöhungen zu grunde liegende preisanpassungsklausel der beklagten ist in der gesamtschau nicht unwirksam. 44gem. § 307 abs. 1 bgb ist eine bestimmung in allgemeinen geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den vertragspartner des verwenders entgegen den geboten von treu und glauben unangemessen benachteiligen. eine unangemessene benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die bestimmung nicht klar und verständlich ist. 45der europäische gerichtshof hat in seinem urteil vom 21.03.2013 (rs. c-92/11, riw 2013, 299- s ag) ausgeführt, „dass es für die beurteilung, ob eine standardvertragsklausel, mit der sich ein versorgungsunternehmen das recht vorbehält, die entgelte für die lieferung von gas zu ändern, den in diesen bestimmungen aufgestellten anforderungen an treu und glauben, ausgewogenheit und transparenz genügt, insbesondere darauf ankommt, 46- ob der anlass und der modus der änderung dieser entgelte in dem vertrag so transparent dargestellt werden, dass der verbraucher die etwaigen änderungen der entgelte anhand klarer und verständlicher kriterien absehen kann, wobei das ausbleiben der betreffenden information vor vertragsabschluss grundsätzlich nicht allein dadurch ausgeglichen werden kann, dass der verbraucher während der durchführung des vertrags mit angemessener frist im voraus über die änderung der entgelte und über sein recht, den vertrag zu kündigen, wenn er diese änderung nicht hinnehmen will, unterrichtet wird, und 47- ob von der dem verbraucher eingeräumten kündigungsmöglichkeit unter den gegebenen bedingungen tatsächlich gebrauch gemacht werden kann. 48diesem urteil hat der bgh durch aufgabe seiner leitbild- rechtsprechung mit urteil vom 31.07.2013, viii zr 162/09, rechnung getragen. er fordert für die zulässigkeit eines einseitigen preisänderungsrecht durch das versorgungsunternehmen ebenfalls, dass der vertrag den anlass und den modus der änderung der entgelte für die zu erbringende leistung konkretisiert und so transparent darstellt, dass der verbraucher die etwaigen änderungen dieser entgelte anhand klarer und verständlicher kriterien vorhersehen kann. eine unmittelbare anwendbarkeit der avbgasv oder eine § 4 abs. 1 und abs. 2 avbgasv nachgebildete vertragliche preisanpassungsklausel genügen den transparenzanforderungen an die vereinbarung eines einseitigen preisänderungsrechts nach diesem urteil nicht. 49das gilt auch für die hier vereinbarte regelung, die § 5 abs.2, abs. 3 gasgvv nachgebildet ist. denn auch § 5 abs.2 gasgvv erklärt nicht, was anlass und umfang der änderung der entgelte sein wird. auch in § 5 abs.2 gasgvv wird nur die änderung der allgemeinen preise postuliert, ohne dem kunden zu erklären, wann und wie die preise erhöht und ob sie gegebenenfalls auch abgesenkt werden müssen. diese klausel ist genauso intransparent wie § 4 avbgasv. so auch beispielhaft das lg essen in der berufungsentscheidung 10 s 301/11 vom 9.1.2014, seite 7 des urteils. 50allerdings geht das gericht hier von einer wirksamen kompensation durch das in der klausel von vorneherein aufgenommene sonderkündigungsrecht bei bestehendem wettbewerb auf dem gasmarkt aus, so dass insgesamt betrachtet das tatbestandsmerkmal der unangemessenen benachteiligung entfällt. 51eine solche kompensation von vor-und nachteilen ist nur dann zulässig, wenn es sich um sachlich zusammengehörende regelungen handelt, die in einer wechselbeziehung stehen. dies ist in der rechtsprechung für ein preiserhöhungsrecht einerseits und das rücktrittsrechts andererseits anerkannt (palandt, bgb, kommentar, 72. auflage, § 307, rn. 14). da der gesamte vertragsinhalt bei der angemessenheitsprüfung des § 307 bgb zu berücksichtigen ist, ist die kompensation ein unteraspekt der angemessenheitsprüfung. 52das gericht versteht die ausführungen des eugh »wobei das ausbleiben der betreffenden information grundsätzlich nicht allein dadurch ausgeglichen werden kann…« so, dass eine kompensationsmöglichkeit grundsätzlich denkbar ist. 53dafür sprechen auch die ausführungen des bgh in dem urteil vom 31.7.2013: „denn die kunden hatten (…) im fraglichen zeitraum bereits keine ausweichmöglichkeit auf andere anbieter, so dass eine kündigung für sie schon aus diesem grunde keine zur kompensation der benachteiligung taugliche alternative dargestellt hätte“ (bgh, viii zr 162/09). denn wenn eine kompensation grundsätzlich nicht möglich wäre, hätte der bgh diese frage nicht wegen des aspekts des fehlenden wettbewerbs dahinstehen lassen. auf ein fehlen des wettbewerbs wäre es dann nämlich überhaupt nicht mehr angekommen. 54auch das amtsgericht oldenburg geht in dem urteil 3 c 3402/13 von einer kompensationsmöglichkeit aus, ebenso wie das amtsgericht dortmund im verfahren 433 c 868/11. dieser rechtsprechung hat sich das landgericht dortmund als berufungsinstanz verfahren 1 s 127/14 angeschlossen. beide nehmen bezug auf das urteil des olg hamm vom 07.06.2011, (i-19 u 184/10) in dem es heißt: „dann jedenfalls besteht eine wirksame kompensation aufgrund der kündigungsregelung, die dem kunden einen zügigen wechsel zu einem anderen anbieter erlaubt“. 55auch das landgericht essen hat im urteil 10 s 301/11 vom 9.1.2014, seite 7 des urteils, unter bezugnahme auf die aktuelle rechtsprechung von eugh und bgh bereits ausführungen zur kompensationsmöglichkeit gemacht. wörtlich heißt es dort: »es ist zwar richtig, dass nach den genannten urteilen die intransparenz der bedingungen zum preisänderungsrecht durch die dem kunden zugebilligte einräumung eines effizienten kündigungsrechts kompensiert werden kann. dabei ist ein solches eingeräumtes kündigungsrecht nur dann effizient, wenn auf dem regionalen energieversorgungsmarkt gas ein tatsächlicher wettbewerb besteht«. 56die von der klägerseite dagegen vorgebrachten einwände überzeugen das amtsgericht nicht. das zitat aus dem bgh-urteil vom 15.07.2009, viii zr 56/08 ist unvollständig wiedergegeben: „dann kann das kündigungsrecht aber nicht zugleich als kompensation für eine unangemessene benachteiligung der haushaltssonderkunden dienen, die sich daraus ergibt, dass die preisanpassungsregelung als solche zum nachteil des kunden von den regelungen der gasgrundversorgungsverordnung abweicht.“ erkennbar bezieht sich die ausführung auf die bereits überholte leitbild-rechtsprechung des bgh und widerspricht der zitierten fundestelle aus dem urteil vom 31.07.2013. auch verkürzt die klägerseite das argument, wenn sie auf die kündigungsmöglichkeit allein abstellt. vielmehr ist ein dreiklang nötig: kündigungsrecht, das mit der preisanpassungsklausel eingeräumt wird und dessen tatsächliche durchsetzbarkeit wegen wettbewerbs auf dem markt. 57aus der von der klägerseite zitierten entscheidungen des olg thüringen -1 u 556/08- und des landgerichts hamburg vom 14.10.2014 – 12 o 17/14- lassen sich keine argumente entnehmen, die der annahme der kompensation in diesem fall grundsätzlich entgegen stehen. denn das erstgenannte urteil behandelt die frage des wettbewerbs auf dem gasmarkt in einem anderen, zurückliegenden zeitfenster. das landgericht hamburg setzt sich mit der möglichkeit der kompensation gar nicht auseinander, ist somit in dieser hinsicht unergiebig. 58auch das argument, das dem kunden durch die kompensation die überprüfung der erhöhung nach §§ 315, 316 bgb genommen würde, weil er kündigen müsse, um der kompensation zu entgehen, teilt das gericht nicht. die kompensation greift nur da ein, wo der kunde nämlich weder die überprüfung der preiserhöhung verlangt, noch von seinem sonderkündigungsrecht gebrauch macht. der kunde kann weiterhin nach §§ 315,316 bgb vorgehen und die preiserhöhung überprüfen lassen. andernfalls muss er sich vom vertrag lösen. nur wenn der kunde die intransparenz der klausel als hebel versteht, für die gesamte vertragslaufzeit zum (günstigeren) ausgangspreis beliefert zu werden, ist diese rechtsprechung für ihn nachteilig. das ist aber bei bestehendem wettbewerb auf dem gasmarkt –dazu später- hinzunehmen. denn auch die sogenannte t-3 rechtsprechung des bgh zur ergänzenden vertragsauslegung beruhte auf der annahme, dass es bei langfristigen vertragsverhältnissen ein anerkennenswertes bedürfnis gibt, das bei vertragsschluss bestehende verhältnis von leistung und gegenleistung über die gesamte vertragsdauer im gleichgewicht zu halten. unter diesem aspekt ist der kunde gehindert, bei einem energielieferungsvertrag mit langer laufzeit die unwirksamkeit der preiserhöhungen rückwirkend ohne zeitliche begrenzung geltend zu machen. der bgh geht bei dieser rechtsprechung davon aus, da andernfalls der energieversorger ohne rücksicht auf schwankungen seiner eigenen bezugspreise nur den ursprünglich vereinbarten preis beanspruchen könne, regelmäßig ein gravierendes ungleichgewicht von leistung und gegenleistung bestünde. 59die sonderkunden sind auch nicht so schutzbedürftig wie der (alternativlose) kunde in der grundversorgung, weshalb die für die grundversorgung entwickelte rechtsprechung eben nicht 1:1 auf die vertragssituation mit sonderkunden übertragbar und daher das eugh-urteil vom 23.10.2014, rs.c-359/11, nicht übertragbar ist. 60das argument der benachteiligung aufgrund der fehlenden mitteilung über preissenkungen ist bereits im urteil des bgh vom 13. januar 2010 – viii zr 81/08- bei der klauselkontrolle nach § 307 bgb nachteilig berücksichtigt worden, die klägerseite versucht, in einer art doppelverwertung es auch zur unzulässigkeit der kompensation heranzuziehen. dieses argument führte also bereits zu annahme der intransparenz. würde es auch grundsätzlich die kompensation ausschließen wären -wie bereits dargelegt- die zitierten ausführungen sowohl vom eugh, als auch zum bgh zur kompensation überflüssig. 61gleiches gilt für das von der klägerseite vorgebrachte argument, eine kompensation sei ausgeschlossen, wenn der verbraucher nicht die möglichkeit habe, zu überprüfen wie sich die änderung berechne. wenn die preisanpassungsklausel anlass und modus der preisänderung wiedergeben würde, wäre sie nicht intransparent. 62der bgh hat in dem urteil vom 14.7.2010, viii zr 246/08 auch nicht, wie klägerseits vorgetragen, eine 6-wöchige-überlegungsfrist postuliert. wörtlich heißt es in der randnummer 46, dass die dort überprüfte regelung nicht gewährleistet »dass dem kunden ein zeitraum von mindestens sechs wochen ab bekanntgabe und mitteilung der beabsichtigten änderung zur einleitung eines lieferantenwechsel zu verfügung steht«. dies ist etwas anderes, als die behauptete sechswöchige reine überlegungsfrist und wird vorliegend eingehalten („öffentliche bekanntgabe (...), die mindestens sechs wochen vor der beabsichtigten änderung erfolgen muss“). 63es handelt sich auch nicht um ein kündigungsverhinderungsrecht, wie die klägerseite vorträgt. durch das sonderkündigungsrecht wird sichergestellt, dass der kunde nicht gegen seinen willen an den geänderten vertrag gebunden wird. ihm wird das recht eingeräumt, sich vor wirksamwerden der preisänderung zu überlegen, ob er diese akzeptieren oder sich von seinem vertrag lösen will. die beklagte hat im schriftsatz vom 09.10.2014 exemplarisch vorgerechnet, dass die § 5 abs.3 gasgvv entsprechende regelung zum versorgerwechsel dazu dient, dass der kunde vorübergehend den vertrag zu unveränderten konditionen fortsetzen kann. 64die klägerseite liest aus der verbraucherschutzrichtlinie, dass die beklagte mit jeder preisänderung zusätzlich auf das dem kunden zustehende kündigungsrecht hätte hinweisen müssen. diese auffassung teilt das gericht nicht. die unterrichtung ist in diesem sinne „rechtzeitig“, nämlich bereits bei preisvereinbarung erfolgt und folgt damit der auslegung in dem eugh-urteil vom 21.03.2013. außerdem hat die beklagte zu recht darauf hingewiesen, dass die verbindliche auslegung des gemeinschaftsrechts ausschließlich dem eugh vorbehalten ist. 65aus der systematischen einordnung der kompensation als unterpunkt der angemessenheit i.s.d. § 307 bgb folgt gleichzeitig, dass der kunde, der sich auf die unwirksamkeit der klausel beruft, die fehlende kompensation als voraussetzung seines anspruchs darlegen und beweisen muss, denn nur dann benachteiligt ihn die klausel unangemessen und ist unwirksam (so auch lg dortmund, 1 s 127/14, beschluss vom 03.06.2014, seite 3 unter hinweis auf palandt, bgb, 73.auflage, § 307, rdnr.9). 66die beklagte hat im rahmen ihrer sekundären darlegungslast im schriftsatz vom 04.11.2014 zu den zum stichtag der preiserhöhung 01.04.2010 im netzgebiet endabnehmer beliefernden unternehmen vorgetragen. sie hat zur überzeugung des gerichts damit ausreichend vorgetragen. 67nach den angaben der beklagten sind hier nicht nur 2 anbieter, sondern 2010 45 anbieter tätig gewesen. das einfache bestreiten der klägerseite, dass die benannten firmen überhaupt existent sind, ist unter berücksichtigung von § 138 abs.2, abs.3 zpo unbeachtlich, zumal einige der versorger gerichtsbekannt sind (weil parteien in energielieferungssachen, so z.b. z gmbh, t ag, q ag; f2 ag). 68es oblag der beklagten auch nicht, die konkreten preise der konkurrenten mitzuteilen. denn dass es mindestens einen günstigeren anbieter als die beklagte gegeben hätte, ist nicht zur annahme des wettbewerbs notwendig. man stelle sich nur vor, die beklagte wäre im fraglichen zeitpunkt der günstigste aller anbieter gewesen: dann kann die frage eines billigeren anbieters nicht für die frage des wettbewerbs ausschlaggebend sein. denklogisch herrschte dann nämlich für den kunden des billigsten anbieters nie wettbewerb. solange kein preiskartell bzw. preismonopol vorliegt, arbeiten die anbieter im genannten sinn antagonistisch, ist der konkrete preis also nicht ausschlaggebend. letztere voraussetzung (monopol, kartell) wäre nach günstigkeitsgesichtspunkten klägerseitig darzulegen. 69auch das pauschale bestreiten der klägerseite, dass die in ihrer existenz bestrittenen firmen endverbraucher in f1 mit gas beliefern, ist nicht ausreichend. auch hier gilt, dass die primäre darlegungslast dafür auf kundenseite liegt und das pauschale bestreiten § 138 abs.2 zpo nicht genügt. das gericht hatte die klägervertreter auch in der sitzung vom 16.10.2014 im verfahren 12 c 10/14, in der die rechtslage exemplarisch ausführlich erörtert worden ist, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass hier auf bloßes bestreiten des wettbewerbs hin kein beweis erhoben werden wird, sondern von der klägerseite vertieft vorzutragen ist. da bereits die vortragstiefe nicht ausreicht, kam es nicht mehr darauf an, dass die beweisantritte der klägerseite auch der unmittelbarkeit der beweisaufnahme, § 355 absatz 1 zpo, widersprechen. hier wären tatsachen vorzutragen (bzw. nach ansicht der klägerseite sachverständig zu ermitteln), die in eine beweisaufnahme vor das prozessgericht gehören. 70dies gilt umso mehr, als die von den parteien vorgelegten monitoringberichte 2010 und 2011 der bundesnetzagentur für deutschland insgesamt für 2009 und 2010 eine (weiterhin) steigende lieferantenwechselquote und eine gestiegene zahl von lieferanten ausweisen. so heißt es im monitoringberichtet 2011, seite 75, »bei der betrachtung der zahl der lieferantenwechselvorgänge verfestigt sich das positive bild noch weiter. insbesondere die haushaltskunden nutzten im berichtsjahr 2010 verstärkt die möglichkeiten des lieferantenwechsels. so wurden 2010 insgesamt 720.039 wechsel von haushaltskunden zu einem anderen lieferanten erfasst. das sind über 317.006 vorgänge mehr als im jahr 2009, was einer steigerung von über 75 % entspricht«. 71die frage des wettbewerbs ist objektiv zu beantworten. sie kann nicht vom informationsgrad des kunden, oder der trägheit der masse abhängen. das versucht aber die klägerseite zu suggerieren, wenn sie mit dem branchenbuch der stadt essen argumentiert. es ist nicht voraussetzung, dass der gasmarkt ein lokaler, also städtischer ist. für die ermittlung eines wettbewerbs kann nicht ausschlaggebend sein, ob der individuelle kunde diesen ermitteln kann oder nicht, also ob der kunde internet oder telefonbuch vorhält. es kann auch nicht ausschlaggebend sein, wie viele kunden tatsächlich wechseln, solange jedenfalls eine objektive wechselmöglichkeit besteht. 72die klausel ist auch nicht aus anderen gründen unwirksam. 73so ist zur überzeugung des gerichts zwischen den parteien zum einen wirksam ein neuer anfangsarbeitspreis durch bezugnahme auf das preisblatt vereinbart worden. der wortlaut der einverständniserklärung »auf der basis des beigefügten aktuellen preisblattes« ist eindeutig. die preisgestaltung in dem preisblatt ist auch- wenn auch kompliziert- ausreichend nachvollziehbar. im übrigen unterliegen preisvereinbarungen nicht der inhaltskontrolle, soweit sie art und umfang der vergütung unmittelbar regeln (palandt, bgb, kommentar, 72. auflage, § 307, rn. 46). 74die anspruchsvoraussetzung der klägerseite, dass kein wettbewerb auf dem gasmarkt zum zeitpunkt der streitgegenständlichen preiserhöhungen bestanden hätte, ist von ihr nicht ausreichend vorgetragen und unter beweis gestellt und somit zu verneinen. 75zusammenfassend bedeutet dies: die grundsätzlich zwar intransparente preisanpassungsklausel der beklagten ist durch das bereits bei vereinbarung der klausel eingeräumte sonderkündigungsrecht bei bestehendem wettbewerb auf dem gasmarkt kompensiert. die leistungen erfolgten somit mit rechtsgrund. ansprüche aus § 812 bgb scheiden aus. 76mangels hauptforderung besteht auch kein anspruch auf ersatz der nebenforderungen. 77die kostenentscheidung beruht auf § 91 abs. 1 satz 1 zpo. 78die vorläufige vollstreckbarkeit hat ihre rechtsgrundlage in §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 79rechtsbehelfsbelehrung: 80gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 81a) wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 82b) wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 83die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht essen, zweigertstr. 52, 45130 essen, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 84die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht essen zu begründen. 85die parteien müssen sich vor dem landgericht essen durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 86mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 87gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das amtsgericht essen statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt oder das amtsgericht die beschwerde zugelassen hat. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem amtsgericht essen, zweigertstr. 52, 45130 essen, schriftlich in deutscher sprache oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden. 88ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann die beschwerde noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Verklagte*r
0
343,267
146 C 92/20
2022-01-26T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine private Krankheitskostenversicherung. Die Parteien streiten über den Umfang der Erstattungspflicht der Beklagten anlässlich einer femtosekundenlaser-assistierten Kataraktoperation nebst Korrektur eines bereits vor der Operation bestehenden Astigmatismus. In Streit steht die Abrechnung der Ziff. 5855 GOÄ analog (zum 2,7-fachen Steigerungssatz). Die Beklagte erstattete – jeweils für beide Augen – die Kosten des Lasereinsatzes nicht und berücksichtigte dafür die Gebühren Ziff. 441 GOÄ. 3Der Kläger behauptet, dass die Verwendung des Femtosekundenlasers medizinisch indiziert gewesen sei, unter anderem zur Vermeidung einer Hornhautschwellung sowie zur Vermeidung eines Endothelzellenverlusts. Eine bei ihm bestehende ausgeprägte epiretinale Gliose mit Traktionssyndrom habe überdies eine eigenständige Indikation des Lasereinsatzes begründet. Es habe das individuell erhöhte Risiko eines Makulaödems mit konsekutiver Visusreduktion nach einer konventionellen Kataraktoperation bestanden. Eine zusätzliche Indikation sei wegen einer Kernsklerose und hinteren Linsentrübungen gegeben gewesen. 4Weiterhin behauptet der Kläger, dass die Korrektur der Hornhautverkrümmung an beiden Augen medizinisch notwendig und – mit Blick auf den Einsatz des Femtosekundenlasers – eigenständig indiziert gewesen sei. Der Kläger habe gar nicht anders als mit dem Femtosekundenlaser operiert werden können, weil eine manuelle Operation der Hornhaut nicht möglich gewesen sei. 5Der Kläger meint schließlich, dass – sollte eine Abrechnung nach Ziff. 5855A nicht infrage kommen – eine doppelte Abrechnung der Ziff. 1375 GOÄ angezeigt sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Replik vom 13.07.2020 (Bl. 58 ff. d.A.) verwiesen. 6Der Kläger beantragt, 7die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.036,80 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB zu zahlen, sowie 8die Beklagte zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 334,75 € nebst 5 % Zinspunkten über dem jeweiligen Basissatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu verurteilen. 9Die Beklagte beantragt, 10 die Klage abzuweisen. 11Die Beklagte meint, dass der Einsatz des Femtosekundenlasers nicht als selbstständige Leistung im Sinne von § 4 Abs. 2, Absl 2a GOÄ qualifiziert werden könne. Wegen der Einzelheiten wird auf S. 3-8 der Klageerwiderung (Bl. 38-43 d.A.) verwiesen. Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Schonung von Hornhautendothelzellen keine eigenständige Indikation für den Lasereinsatz rechtfertigen würde. Es handele sich um eine bloße Schonungsleistung. Die maßgebliche Ziffer zur Abrechnung ambulanter Laseranwendungen sei die Ziff. 441 GOÄ. Schließlich seien die Voraussetzungen von § 6 Abs. 2 GOÄ nicht gegeben. Wegen der Einzelheiten wird diesbezüglich auf S. 12-14 der Klagerwiderung (Bl. 47-50 d.A.) verwiesen. 12Die Beklagte behauptet, dass bei Hornhautverkrümmungen von bis zu 1,0 Dioptrien keine medizinische Notwendigkeit zu einer operativen Refraktion bestehen würde. Im Übrigen würden aktuelle Erkenntnisse darauf hindeuten, dass eine torische Kunstlinse bei der Korrektur von Hornhautverkrümmungen effektiver sei als Hornhautinzisionsoperationen. Lediglich bei einer Dioptrienzahl von 0,75-1,5 sei der Einsatz des Lasers gegenüber einer torischen Linse vorteilhaft. Die Vermeidung einer durch die (Katarakt-) Operation induzierten Hornhautverkrümmung könne keine eigenständige Indikation des Lasereinsatzes rechtfertigen. Jedenfalls könne die Ziff. 5855 GOÄ analog nicht für eine solche Behandlung abgerechnet werden. Einschlägig sei vielmehr die Ziff. 1345 GOÄ analog – bewertet mit dem 3,5-fachen Wert. 13Schließlich meint die Beklagte, dass – selbst wenn man die Abrechenbarkeit bejahen würde – Ziff. 5855 GOÄ nicht zum 2,7-fachen Steigerungssatz liquidiert werden könne. 14Das Gericht hat gemäß Beweisbeschlüssen vom 11.08.2020 (Bl. 68 d.A.) sowie 08.12.2021 (Bl. 212 R) durch die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens, Ergänzungsgutachtens nebst Erläuterung im Verhandlungstermin vom 08.12.2021 (Bl. 212 ff. d.A.) Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr. Fries vom 28.01.2021 (Bl. 104 ff. d.A.), die ergänzende Stellungnahme vom 06.05.2021 (Bl. 149 ff. d.A.) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.12.2021 (Bl. 212 ff. d.A.) verwiesen. Das Gericht hat mit Verfügung vom 10.01.2021 (Bl. 216 d.A.) Hinweise erteilt. 15Entscheidungsgründe: 16Die zulässige Klage ist unbegründet. 17I. 18Der Kläger hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung von 2.036,80 € (nebst Zinsen). Der Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 192 Abs. 1 VVG i.V.m. dem Versicherungsvertrag. Denn der Kläger war gegenüber den abrechnenden Augenärzten – soweit die Beklagte von der Erstattung abgesehen hat – keiner Verbindlichkeit ausgesetzt. Die erfolgte Abrechnung war insoweit nicht zulässig. 19Aufwendungen für Heilbehandlung, die der Versicherer im Versicherungsfall in der Krankheitskostenversicherung zu ersetzen hat, entstehen dem Versicherungsnehmer durch das Eingehen von Verbindlichkeiten (BGH, Urt. v. 12.03.2003 – IV ZR 278/01, NJW 2003, 1596). Allerdings verpflichtet die Krankheitskostenversicherung als Passivenversicherung den Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer nur zum Ersatz derjenigen Aufwendungen, die diesem in Bezug auf das versicherte Risiko zur Erfüllung von Verpflichtungen aus berechtigten Ansprüchen Dritter erwachsen sind (BGH, Urt. v. 12.03.2003 – IV ZR 278/01, NJW 2003, 1596). 20Die abrechnenden Ärzte waren vorliegend – soweit dies hier in Streit steht – nicht zur Abrechnung der Ziff. 5855 GOÄ analog berechtigt. Die Ziff. 441 sowie Ziff. 1345 analog GOÄ wurden durch die Beklagte bereits berücksichtigt. 211. 22Ob die die Anwendung des Femtosekundenlasers zur Behandlung der Hornhautverkrümmung an den Augen des Klägers medizinisch notwendig war, so wie es der Sachverständige festgestellt hat, kann letztlich dahinstehen. 232. 24Die medizinische Notwendigkeit des Lasereinsatzes stand in diesem Rechtsstreit nicht in Streit. 253. 26Die Ziff. 5855 GOÄ analog war vorliegend nicht abrechenbar. Der Einsatz des Femtosekundenlasers ist im vorliegenden Fall nicht als selbstständige Leistung zu qualifizieren. 27Vergütungen (auch Gebühren, § 3 GOÄ) darf der Arzt nur für Leistungen berechnen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind (§ 1 Abs. 2 S. 1 GOÄ). Gebühren sind gem. § 4 Abs. 1 GOÄ Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis (Anlage) genannten ärztlichen Leistungen. Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen (§ 4 Abs. 2 S. 1 GOÄ). Für eine Leistung, die Bestandteil (§ 4 Abs. 2a S. 1 Alt. 1 GOÄ) oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist (§ 4 Abs. 2a S. 1 Alt. 1 GOÄ), kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte (§ 4 Abs. 2a S. 2 GOÄ). 28Selbständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden (§ 6 Abs. 2 GOÄ). 29Wie der dritte Zivilsenat des BGH in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, ist die Selbstständigkeit einer ärztlichen Leistung danach zu beurteilen, ob für sie eine eigenständige medizinische Indikation besteht (BGH, Urt. v. 21.01.2010 – III ZR 147/09, NJW-RR 2010, 1355, 1356; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 350/20, BeckRS 2021, 36355; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 353/20, BeckRS 2021, 37435). Der dritte Zivilsenat hat damit insbesondere in das Gebührenverzeichnis aufgenommene Leistungen als nicht abrechenbar angesehen, deren Zweck darin bestand, beim Erreichen des Operationsziels benachbarte Strukturen zu schonen und nicht zu verletzen (BGH, Urt. v. 21.01.2010 – III ZR 147/09, NJW-RR 2010, 1355, 1356). 30Für die Anwendung des § 6 Abs. 2 GOÄ kommt es darauf an, ob die in Rede stehende Leistung eine andere als die im Leistungsverzeichnis beschriebene ist und nicht nur eine besondere Ausführung der Letzteren (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1205). Wo die Grenze zwischen beidem liegt, lässt sich letztlich nicht ohne Einbeziehung wertender Gesichtspunkte bestimmen (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1205; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 350/20, BeckRS 2021, 36355; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 353/20, BeckRS 2021, 37435). 31a. 32In dem bereits zitierten Urteil des dritten Zivilsenats zu der sog. Computerunterstützten Navigationstechnik bei Durchführung einer Totalendoprothese des Kniegelenks nach Nr. 2153 GOÄ (BGH, Urt. v. 21.01.2010 – III ZR 147/09, NJW-RR 2010, 1355; Zahlungsanspruch aus einem Dienstverhältnis/Behandlungsvertrag) hat der Senat über eine ärztliche Leistung entschieden, welche „keinen neuartigen operativen Einzelschritt, sondern ein Hilfsmittel des Arztes [darstellte], der sich nicht mehr allein auf seine Augen, sein Gefühl, seine Fingerfertigkeit und seine Erfahrung verlasse, sondern sich der modernen Computertechnik bediene, um ein besseres Operationsergebnis bzw. eine optimale Zielleistung zu erreichen“. Die Navigationstechnik war ein „objektiver Assistent“. Der Einsatz der Navigationstechnik entfaltete sich „erst während der Operation“ und war damit Teil der Zielleistung. Die Zielpunktbestimmung durch die Technik wurde während des Verlaufs der Operation vorgenommen, hätte für sich genommen – ohne die Operation – jedoch keinen Sinn gehabt. Sie war kein notwendiger Bestandteil der Operation, sondern eine besondere Ausführungsart, die zu besseren Ergebnissen/der Optimierung der Operation nach Ziff. 2153 GOÄ führte. Die Anwendung der Navigationstechnik wurde mangels Eigenständigkeit der Leistung als nicht separat abrechenbar bewertet. 33Es entspricht mittlerweile der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass der vorliegende Sachverhalt entsprechend zu bewerten ist (BGH, Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 350/20, BeckRS 2021, 36355; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 353/20, BeckRS 2021, 37435). Dies entspricht einem erheblichen Teil der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (so auch OLG Naumburg, Urt. v. 09.05.2019 – 4 U 28/16, VersR 2019, 1348, 1349; LG Heidelberg, Urt. v. 10.12.2019 – 2 S 14/19, BeckRS 2019, 38521 Rz. 19-26; LG Düsseldorf, Urt. v. 16.07.2020 – 9 S 50/17, zitiert nach Juris; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.08.2020 – 4 U 162/18, zitiert nach Juris) und auch der gefestigten Rechtsprechung der 146. Abteilung (vgl. die Urteile vom 26.08.2020 – 146 C 192/19; 02.12.2020 – 146 C 173/19; 28.04.2021 – 146 C 113/20; 26.05.2021 – 146 C 108/20; 23.06.2021, 146 C 95/20; 23.06.2021 – 146 C 296/19; 30.06.2021 – 146 C 224/18) und 118. Abteilung des Amtsgericht Köln (AG Köln, Urt. v. 20.01.2021 – 118 C 445/19, zitiert nach Juris). 34Das Gericht ist nicht i.S.d. § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO davon überzeugt, dass eine eigenständige medizinische Indikation für den Einsatz des Femtosekundenlasers – im Rahmen der Katarakt-Operationen – bestanden hat. 35§ 286 ZPO verlangt einen so genannten „Vollbeweis“ (MünchKomm/Prütting, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 286 Rn. 35). Der Richter darf sich nicht mit einer bloßen Wahrscheinlichkeit begnügen (BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, NJW 1970, 946, 948). Eine von allen Zweifeln freie Überzeugung setzt das Gesetz allerdings nicht voraus (BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, NJW 1970, 946, 948). Der Richter darf und muss sich aber in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, NJW 1970, 946, 948). Diese Überzeugung des Richters erfordert keine – ohnehin nicht erreichbare – absolute oder unumstößliche, gleichsam mathematische Gewissheit und auch keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (OLG München, Urt. v. 14.02.2014 – 10 U 2815/13, NZV 2014, 416). 36Die zitierte Rechtsprechung zur Abrechnung des laser-assistierten Katarakt-Operation führt – worauf bereits mehrfach hingewiesen wurde – nicht zu dem Ergebnis, behandelnden Ärzten „jedwede Vergütung“ für den Einsatz des Femtosekundenlasers (im Rahmen der Kataraktoperation) zu „versagen“. In der Rechtsprechung wurden bereits besondere medizinische Indikationen für den Einsatz des Femtosekundenlasers diskutiert (bspw. Operationen bei Kindern/Patienten mit verlagerten Linsen oder anderen Augen(vor)erkrankungen; vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 09.05.2019 – 4 U 28/16, VersR 2019, 1348, 1349; LG Heidelberg, Urt. v. 10.12.2019 – 2 S 14/19, BeckRS 2019, 38521 Rz. 22; LG Düsseldorf, Urt. v. 23.07.2020 – 9 S 8/19, BeckRS 2020, 44789; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.08.2020 – 4 U 162/18, zitiert nach Juris). 37Eine solche Indikation bestand vorliegend jedoch nicht. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat der Sachverständige festgestellt, dass nicht feststellbar sei, dass die laser-assistierte Kataraktchirurgie im Hinblick auf ein postoperatives Makolaödem dem konventionellen Verfahren überlegen sei. Ein Zusammenhang zwischen epiretinaler Gliose habe der Sachverständige im Rahmen einer wissenschaftlichen Recherche nicht ausfindig machen können. Beides würde letztlich eine individuelle Indikation für den Einsatz des Femtosekundenlasers nicht begründen. Im Verhandlungstermin vom 08.12.2021 hat der Sachverständige verneint, dass eine ausgeprägte Gliose mit Traktionssyndrom, eine Kernsklerose und eine hintere Rindentrübung im Rahmen der Ultraschallbehandlung bzw. der konventionellen Behandlungsmethode ein Risiko darstellen würden und dass es diesbezüglich Vorteile der laser-assistierten Chirurgie geben würde. Die von dem Klägervertreter in dem Schriftsatz vom 04.01.2021 vorgebrachten neuen Tatsachen (Risiko einer hinteren Kapselruptur, ggf. bessere Ergebnisse einer Laseroperation) sind zum einen i.S.d. § 296a S. 1 ZPO neuer Vortrag, der nicht nachgelassen war (keine Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme) und zum anderen – selbst wenn sie berücksichtigt werden könnten – nicht geeignet, die Frage der Selbstständigkeit anders zu bewerten. 38b. 39Auch im Rahmen der Korrektur der Hornhautverkrümmung kommt eine Abrechnung analog Ziff. 5855 GOÄ nach Auffassung des Abteilungsrichters nicht in Betracht. 40Der Arzt darf auch ein und dieselbe Leistung, die zugleich Bestandteil einer von ihm gleichfalls vorgenommenen umfassenderen Leistung ist, nicht zweimal abrechnen (BGH, Urteil vom 05.06.2008 – III ZR 239/07, NJW-RR 2008, 1278, 1279). Daraus folgt zugleich die Selbstverständlichkeit, dass Leistungen, die nicht Bestandteil einer anderen abgerechneten Leistung sind, abrechenbar sind, soweit es sich um selbstständige Leistungen handelt (BGH, a.a.O.). Bei Anwendung der genannten Bestimmungen geht es um die Verhinderung einer Doppelhonorierung von Leistungen (BGH, a.a.O.). Nur dieser Grund rechtfertigt es, eine erbrachte Leistung, soweit sie selbstständig ist, nicht zu honorieren (BGH, a.a.O.). Daran wird deutlich, dass es einer genaueren Betrachtung der Reichweite jeder in Rede stehenden Gebührenposition bedarf und aus dem Umstand, dass nach ärztlicher Kunst verschiedene Leistungen in zeitlichem Zusammenhang zu erbringen sind, nicht ohne Weiteres zu schließen ist, es liege nur eine Zielleistung vor, im Verhältnis zu der sich die anderen als unselbstständige Hilfs- oder Begleitverrichtungen darstellten (BGH, Urteil vom 05.06.2008 – III ZR 239/07, NJW-RR 2008, 1278, 1279 f.). Geben unterschiedliche Gebührenpositionen, die ihrer Legende nach durch den Arzt erfüllt worden sind, keine näheren Hinweise über ihr Verhältnis zueinander, ist zu prüfen, ob es sich um jeweils selbstständige Leistungen handelt oder ob eine oder mehrere von ihnen als Zielleistung und die anderen als deren methodisch notwendigen Bestandteile anzusehen sind (BGH, Urteil vom 05.06.2008 – III ZR 239/07, NJW-RR 2008, 1278, 1279 f.). 41Sachverständig beraten geht das Gericht davon aus, dass es sich bei der Korrektur der Hornhautkrümmung um eine „Hornhautplastik“ i.S.d. Ziff. 1345 GOÄ handelt. Insofern hat der Sachverständige sich möglicherweise anders Positioniert als der Sachverständige, der in dem von dem Landgericht Köln entschiedenen Rechtsstreits (Urt. v. 19.10.2005 – 25 S 19/04, BeckRS 2005, 151166) das Gutachten erstattet hat. Hier hat der Sachverständige ausgeführt, dass Ziff. 1345 GOÄ durchaus die manuell durchgeführte Hornhautkorrektur abbilden würde. Hierbei handele es sich um die ursprüngliche Variante, die heute jedoch als „historisch“ betrachtet werden könne. Solche Operationen habe man in den 1960er Jahren vorgenommen. Heute würde diese Schnitte niemand mehr per Skalpell durchführen. Auch im vorliegenden Fall wäre eine Kombination der Kataraktoperation mit der Korrektur der Hornhautverkrümmung mittels Skalpell gefährlich gewesen („So etwas würde heute niemand machen.“). Es wird also in der GOÄ – insofern vergleichbar mit den Ausführungen zu Ziff. 1375 GOÄ und dem Verhältnis zum Femtosekundenlaser – eine Zielleistung definiert, welche sowohl die manuelle als auch die laser-assistierte Behandlungsmethode abdeckt. 42Angesichts der Ausführungen des Sachverständigen könnte man einerseits davon ausgehen, dass bei Verwendung eines Femtosekundenlasers im Rahmen einer Korrektur der Hornhaut eine eigenständige neue Methode zum Einsatz kommt. Insbesondere gelte hier nicht, dass der Operateur zwischen einer „manuell-chirurgischen“ oder aber „femtosekundenlaser-assistierten“ ernsthaft wählen könnte. Für diese Sichtweise spricht auch die Sichtweise des Ausschusses „Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer zur sog. „LASIK“ (Beschluss des Ausschusses "Gebührenordnung" der Bundesärztekammer, Stand: 18.01.2002, veröffentlicht in: Deutsches Ärzteblatt 99, Heft 3 (18.01.2002), Seite A-144-145). 43Andererseits bleibt die Zielleistung, auf die beide Ausführungsarten zielen, unabhängig von der Ausführungsart, dieselbe. Insofern kann man auch hier davon ausgegangen werden, dass der Einsatz des Femtosekundenlasers zwar nicht notwendiger Bestandteil der Korrektur der Hornhautverkrümmung ist (die zumindest theoretisch auch ohne Einsatz dieser Technik vorgenommen werden kann), aber eine besondere (unselbständige) Ausführungsart. Auch hier ist es unschädlich, dass diese Lasertechnologie bei der Bewertung der unter der Ziff. 1345 GOÄ erfassten Leistung durch den Verordnungsgeber noch nicht bekannt war. Nicht anders als im Rahmen der laser-assistierten Katarakt-Chirurgie handelt es sich bei dem Lasereinsatz letztlich um keinen neuartigen operativen Einzelschritt, sondern um ein Hilfsmittel des Arztes, der sich nicht mehr allein auf seine Augen, sein Gefühl, seine Fingerfertigkeit und seine Erfahrung verlasse, sondern sich der modernen Computertechnik bediene, um ein besseres Operationsergebnis bzw. eine optimale Zielleistung zu erreichen. Die Zielleistung der Operation „Astigmatismus-Beseitigung" ist in der Ziff. 1345 GOÄ enthalten (so bereits das AG Düsseldorf, Urt. v. 03.08.2017 – 43 C 157/15, BeckRS 2017, 126110). 44Hierbei wird nicht verkannt, dass ein – verglichen mit der laser-assistierten Katarakt-Chirurgie deutlich erhöhtes – Bedürfnis der behandelnden Ärzteschaft besteht, eine über Ziff. 1345 GOÄ analog nebst Ziff. 441 GOÄ hinausgehende Vergütung für diese Operation abrechnen zu können. Doch die Vergütung des Einsatzes des Femtosekundenlasers generell – unabhängig von einer wie soeben dargestellten besonderen medizinischen Indikation – zu regeln, etwa weil es sich um die höherwertige Behandlungsform handeln könnte (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 09.05.2019 – 4 U 28/16, VersR 2019, 1348), ist Sache „des Verordnungsgebers“. Dessen Aufgabe ist es, darüber zu befinden, wie ärztliche Leistungen, gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung nach Erlass der Verordnung eingetretener Veränderungen des technischen Standards oder der Fortentwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse, zu bewerten sind (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1204). Eine Bindung an die Verordnung besteht nur dann nicht, wenn sie wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht – etwa Art. 3 GG oder Art. 12 GG – nichtig ist, was der Richter selbst feststellen kann (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1204). 45Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind Vergütungsregelungen nur dann mit Art. 12 GG Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt (BVerfG, Beschl. v. 25.10.2004 – 1 BvR 1437/02, NJW 2005, 1036 f.). Die Grenzen der Zumutbarkeit hat das BVerfG dort gesehen, wo unangemessen niedrige Einkünfte zugemutet werden und auf der Grundlage der bestehenden Vergütungsregelung eine wirtschaftliche Existenz generell nicht möglich ist (BVerfG, Beschl. v. 25.10.2004 – 1 BvR 1437/02, NJW 2005, 1036 f.). Der dritte Zivilsenat des BGH stellt an die (substantiierte) Behauptung der Unauskömmlichkeit – bezogen auf eine Spezialoperation – besondere Anforderungen: Dass die Vergütung objektiv nicht auskömmlich wäre, könne nur beurteilt werden, wenn Aufwand und Kostenstrukturen näher dargestellt wären (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1204). In diese Überlegungen müssten auch die Honorierung entsprechender Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung und – im Falle einer stationären Behandlung weitere Umstände – einbezogen werden (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1204). Dafür wird vorliegend von der Klägerseite nicht – bzw. nicht hinreichend – vorgetragen. 46Dass eine doppelte Abrechnung der Ziff. 1375 GOÄ sowohl in dem vorliegenden als auch in vergleichbaren Fällen nicht in Betracht kommt, hat das Gericht bereits mit Urteil vom 26.08.2020 (146 C 192/19) zu dem inhaltsgleichen Vortrag des Klägervertreters entschieden. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des dritten Zivilsenats des BGH (Urt. v. 10.2021 – III ZR 350/20, BeckRS 2021, 36355; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 353/20, BeckRS 2021, 37435). 47Überdies gibt es – jedenfalls wenn die Korrektur der Hornhaut-Verkrümmung mit der Katarakt-Operation verbunden wird – eine letztlich auf Heilung angelegte Behandlungsalternative. Als solche kommt, so der Sachverständige, stets das Einsetzen einer torischen Intraokularlinse in Betracht. Diese Methode sei unter Umständen allerdings nicht preiswerter als der Lasereingriff, sondern gegebenenfalls sogar teurer und aufwendiger. 48Schließlich geht der Abteilungsrichter – anders als der Klägervertreter – davon aus, dass sich aus dem bereits zitierten Urteil des dritten Zivilsenats des BGH (Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 353/20, BeckRS 2021, 37435) mittelbar ergibt, dass die vorliegende Konstellation nicht analog Ziff. 5855 GOÄ abgerechnet werden kann. Aus dem Tatbestand ergibt sich, dass in dem dort entschiedenen Fall „eine Astigmatismus-Operation (Korrektur von Hornhautverkrümmungen)“ vorgenommen worden war. Die gegen diese Auslegung des Urteils vorgebrachten Argumente des Klägervertreters überzeugen nicht. Insbesondere dürfte es angesichts der Ausführungen des Sachverständigen sowie den Entscheidungsgründen des Amtsgerichts Düsseldorf (Urt. v. 03.08.2017 – 43 C 157/15, BeckRS 2017, 126110) nahezu ausgeschlossen sein, dass dort manuell und ohne Laser gearbeitet worden sein könnte. 49II. 50Die Voraussetzungen für den Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten liegen ebenfalls unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vor. Insbesondere scheitert ein Anspruch gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB an einer Pflichtverletzung der Beklagten. 51III. 52Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 53Der Streitwert wird auf 2.036,08 EUR festgesetzt. 54Rechtsbehelfsbelehrung: 55A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 561. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 572. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 58Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 59Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen. 60Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 61Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 62B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. 63Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 64Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr: 65Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen. 66Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung durch die beklagte gegen sicherheitsleistung in höhe von 120 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der kläger unterhielt bei der beklagten eine private krankheitskostenversicherung. die parteien streiten über den umfang der erstattungspflicht der beklagten anlässlich einer femtosekundenlaser-assistierten kataraktoperation nebst korrektur eines bereits vor der operation bestehenden astigmatismus. in streit steht die abrechnung der ziff. 5855 goä analog (zum 2,7-fachen steigerungssatz). die beklagte erstattete – jeweils für beide augen – die kosten des lasereinsatzes nicht und berücksichtigte dafür die gebühren ziff. 441 goä. 3der kläger behauptet, dass die verwendung des femtosekundenlasers medizinisch indiziert gewesen sei, unter anderem zur vermeidung einer hornhautschwellung sowie zur vermeidung eines endothelzellenverlusts. eine bei ihm bestehende ausgeprägte epiretinale gliose mit traktionssyndrom habe überdies eine eigenständige indikation des lasereinsatzes begründet. es habe das individuell erhöhte risiko eines makulaödems mit konsekutiver visusreduktion nach einer konventionellen kataraktoperation bestanden. eine zusätzliche indikation sei wegen einer kernsklerose und hinteren linsentrübungen gegeben gewesen. 4weiterhin behauptet der kläger, dass die korrektur der hornhautverkrümmung an beiden augen medizinisch notwendig und – mit blick auf den einsatz des femtosekundenlasers – eigenständig indiziert gewesen sei. der kläger habe gar nicht anders als mit dem femtosekundenlaser operiert werden können, weil eine manuelle operation der hornhaut nicht möglich gewesen sei. 5der kläger meint schließlich, dass – sollte eine abrechnung nach ziff. 5855a nicht infrage kommen – eine doppelte abrechnung der ziff. 1375 goä angezeigt sei. wegen der einzelheiten wird auf die replik vom 13.07.2020 (bl. 58 ff. d.a.) verwiesen. 6der kläger beantragt, 7die beklagte zu verurteilen, an ihn 2.036,80 € nebst 5 % zinsen über dem jeweiligen basiszinssatz der ezb zu zahlen, sowie 8die beklagte zur zahlung vorgerichtlicher rechtsverfolgungskosten in höhe von 334,75 € nebst 5 % zinspunkten über dem jeweiligen basissatz der ezb seit rechtshängigkeit zu verurteilen. 9die beklagte beantragt, 10 die klage abzuweisen. 11die beklagte meint, dass der einsatz des femtosekundenlasers nicht als selbstständige leistung im sinne von § 4 abs. 2, absl 2a goä qualifiziert werden könne. wegen der einzelheiten wird auf s. 3-8 der klageerwiderung (bl. 38-43 d.a.) verwiesen. die beklagte ist der ansicht, dass die schonung von hornhautendothelzellen keine eigenständige indikation für den lasereinsatz rechtfertigen würde. es handele sich um eine bloße schonungsleistung. die maßgebliche ziffer zur abrechnung ambulanter laseranwendungen sei die ziff. 441 goä. schließlich seien die voraussetzungen von § 6 abs. 2 goä nicht gegeben. wegen der einzelheiten wird diesbezüglich auf s. 12-14 der klagerwiderung (bl. 47-50 d.a.) verwiesen. 12die beklagte behauptet, dass bei hornhautverkrümmungen von bis zu 1,0 dioptrien keine medizinische notwendigkeit zu einer operativen refraktion bestehen würde. im übrigen würden aktuelle erkenntnisse darauf hindeuten, dass eine torische kunstlinse bei der korrektur von hornhautverkrümmungen effektiver sei als hornhautinzisionsoperationen. lediglich bei einer dioptrienzahl von 0,75-1,5 sei der einsatz des lasers gegenüber einer torischen linse vorteilhaft. die vermeidung einer durch die (katarakt-) operation induzierten hornhautverkrümmung könne keine eigenständige indikation des lasereinsatzes rechtfertigen. jedenfalls könne die ziff. 5855 goä analog nicht für eine solche behandlung abgerechnet werden. einschlägig sei vielmehr die ziff. 1345 goä analog – bewertet mit dem 3,5-fachen wert. 13schließlich meint die beklagte, dass – selbst wenn man die abrechenbarkeit bejahen würde – ziff. 5855 goä nicht zum 2,7-fachen steigerungssatz liquidiert werden könne. 14das gericht hat gemäß beweisbeschlüssen vom 11.08.2020 (bl. 68 d.a.) sowie 08.12.2021 (bl. 212 r) durch die einholung eines schriftlichen sachverständigengutachtens, ergänzungsgutachtens nebst erläuterung im verhandlungstermin vom 08.12.2021 (bl. 212 ff. d.a.) beweis erhoben. hinsichtlich des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das schriftliche sachverständigengutachten des sachverständigen dr. fries vom 28.01.2021 (bl. 104 ff. d.a.), die ergänzende stellungnahme vom 06.05.2021 (bl. 149 ff. d.a.) sowie auf das protokoll der mündlichen verhandlung vom 08.12.2021 (bl. 212 ff. d.a.) verwiesen. das gericht hat mit verfügung vom 10.01.2021 (bl. 216 d.a.) hinweise erteilt. 15
16die zulässige klage ist unbegründet. 17i. 18der kläger hat gegen die beklagte unter keinem rechtlichen gesichtspunkt einen anspruch auf zahlung von 2.036,80 € (nebst zinsen). der anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 192 abs. 1 vvg i.v.m. dem versicherungsvertrag. denn der kläger war gegenüber den abrechnenden augenärzten – soweit die beklagte von der erstattung abgesehen hat – keiner verbindlichkeit ausgesetzt. die erfolgte abrechnung war insoweit nicht zulässig. 19aufwendungen für heilbehandlung, die der versicherer im versicherungsfall in der krankheitskostenversicherung zu ersetzen hat, entstehen dem versicherungsnehmer durch das eingehen von verbindlichkeiten (bgh, urt. v. 12.03.2003 – iv zr 278/01, njw 2003, 1596). allerdings verpflichtet die krankheitskostenversicherung als passivenversicherung den versicherer gegenüber dem versicherungsnehmer nur zum ersatz derjenigen aufwendungen, die diesem in bezug auf das versicherte risiko zur erfüllung von verpflichtungen aus berechtigten ansprüchen dritter erwachsen sind (bgh, urt. v. 12.03.2003 – iv zr 278/01, njw 2003, 1596). 20die abrechnenden ärzte waren vorliegend – soweit dies hier in streit steht – nicht zur abrechnung der ziff. 5855 goä analog berechtigt. die ziff. 441 sowie ziff. 1345 analog goä wurden durch die beklagte bereits berücksichtigt. 211. 22ob die die anwendung des femtosekundenlasers zur behandlung der hornhautverkrümmung an den augen des klägers medizinisch notwendig war, so wie es der sachverständige festgestellt hat, kann letztlich dahinstehen. 232. 24die medizinische notwendigkeit des lasereinsatzes stand in diesem rechtsstreit nicht in streit. 253. 26die ziff. 5855 goä analog war vorliegend nicht abrechenbar. der einsatz des femtosekundenlasers ist im vorliegenden fall nicht als selbstständige leistung zu qualifizieren. 27vergütungen (auch gebühren, § 3 goä) darf der arzt nur für leistungen berechnen, die nach den regeln der ärztlichen kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche versorgung erforderlich sind (§ 1 abs. 2 s. 1 goä). gebühren sind gem. § 4 abs. 1 goä vergütungen für die im gebührenverzeichnis (anlage) genannten ärztlichen leistungen. der arzt kann gebühren nur für selbständige ärztliche leistungen berechnen (§ 4 abs. 2 s. 1 goä). für eine leistung, die bestandteil (§ 4 abs. 2a s. 1 alt. 1 goä) oder eine besondere ausführung einer anderen leistung nach dem gebührenverzeichnis ist (§ 4 abs. 2a s. 1 alt. 1 goä), kann der arzt eine gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere leistung eine gebühr berechnet. dies gilt auch für die zur erbringung der im gebührenverzeichnis aufgeführten operativen leistungen methodisch notwendigen operativen einzelschritte (§ 4 abs. 2a s. 2 goä). 28selbständige ärztliche leistungen, die in das gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können entsprechend einer nach art, kosten- und zeitaufwand gleichwertigen leistung des gebührenverzeichnisses berechnet werden (§ 6 abs. 2 goä). 29wie der dritte zivilsenat des bgh in ständiger rechtsprechung entschieden hat, ist die selbstständigkeit einer ärztlichen leistung danach zu beurteilen, ob für sie eine eigenständige medizinische indikation besteht (bgh, urt. v. 21.01.2010 – iii zr 147/09, njw-rr 2010, 1355, 1356; urt. v. 14.10.2021 – iii zr 350/20, beckrs 2021, 36355; urt. v. 14.10.2021 – iii zr 353/20, beckrs 2021, 37435). der dritte zivilsenat hat damit insbesondere in das gebührenverzeichnis aufgenommene leistungen als nicht abrechenbar angesehen, deren zweck darin bestand, beim erreichen des operationsziels benachbarte strukturen zu schonen und nicht zu verletzen (bgh, urt. v. 21.01.2010 – iii zr 147/09, njw-rr 2010, 1355, 1356). 30für die anwendung des § 6 abs. 2 goä kommt es darauf an, ob die in rede stehende leistung eine andere als die im leistungsverzeichnis beschriebene ist und nicht nur eine besondere ausführung der letzteren (bgh, urt. v. 13.05.2004 – iii zr 344/03, njw-rr 2004, 1202, 1205). wo die grenze zwischen beidem liegt, lässt sich letztlich nicht ohne einbeziehung wertender gesichtspunkte bestimmen (bgh, urt. v. 13.05.2004 – iii zr 344/03, njw-rr 2004, 1202, 1205; urt. v. 14.10.2021 – iii zr 350/20, beckrs 2021, 36355; urt. v. 14.10.2021 – iii zr 353/20, beckrs 2021, 37435). 31a. 32in dem bereits zitierten urteil des dritten zivilsenats zu der sog. computerunterstützten navigationstechnik bei durchführung einer totalendoprothese des kniegelenks nach nr. 2153 goä (bgh, urt. v. 21.01.2010 – iii zr 147/09, njw-rr 2010, 1355; zahlungsanspruch aus einem dienstverhältnis/behandlungsvertrag) hat der senat über eine ärztliche leistung entschieden, welche „keinen neuartigen operativen einzelschritt, sondern ein hilfsmittel des arztes [darstellte], der sich nicht mehr allein auf seine augen, sein gefühl, seine fingerfertigkeit und seine erfahrung verlasse, sondern sich der modernen computertechnik bediene, um ein besseres operationsergebnis bzw. eine optimale zielleistung zu erreichen“. die navigationstechnik war ein „objektiver assistent“. der einsatz der navigationstechnik entfaltete sich „erst während der operation“ und war damit teil der zielleistung. die zielpunktbestimmung durch die technik wurde während des verlaufs der operation vorgenommen, hätte für sich genommen – ohne die operation – jedoch keinen sinn gehabt. sie war kein notwendiger bestandteil der operation, sondern eine besondere ausführungsart, die zu besseren ergebnissen/der optimierung der operation nach ziff. 2153 goä führte. die anwendung der navigationstechnik wurde mangels eigenständigkeit der leistung als nicht separat abrechenbar bewertet. 33es entspricht mittlerweile der höchstrichterlichen rechtsprechung, dass der vorliegende sachverhalt entsprechend zu bewerten ist (bgh, urt. v. 14.10.2021 – iii zr 350/20, beckrs 2021, 36355; urt. v. 14.10.2021 – iii zr 353/20, beckrs 2021, 37435). dies entspricht einem erheblichen teil der instanzgerichtlichen rechtsprechung (so auch olg naumburg, urt. v. 09.05.2019 – 4 u 28/16, versr 2019, 1348, 1349; lg heidelberg, urt. v. 10.12.2019 – 2 s 14/19, beckrs 2019, 38521 rz. 19-26; lg düsseldorf, urt. v. 16.07.2020 – 9 s 50/17, zitiert nach juris; olg düsseldorf, urt. v. 28.08.2020 – 4 u 162/18, zitiert nach juris) und auch der gefestigten rechtsprechung der 146. abteilung (vgl. die urteile vom 26.08.2020 – 146 c 192/19; 02.12.2020 – 146 c 173/19; 28.04.2021 – 146 c 113/20; 26.05.2021 – 146 c 108/20; 23.06.2021, 146 c 95/20; 23.06.2021 – 146 c 296/19; 30.06.2021 – 146 c 224/18) und 118. abteilung des amtsgericht köln (ag köln, urt. v. 20.01.2021 – 118 c 445/19, zitiert nach juris). 34das gericht ist nicht i.s.d. § 286 abs. 1 s. 1 zpo davon überzeugt, dass eine eigenständige medizinische indikation für den einsatz des femtosekundenlasers – im rahmen der katarakt-operationen – bestanden hat. 35§ 286 zpo verlangt einen so genannten „vollbeweis“ (münchkomm/prütting, zpo, 5. aufl. 2016, § 286 rn. 35). der richter darf sich nicht mit einer bloßen wahrscheinlichkeit begnügen (bgh, urt. v. 17.02.1970 – iii zr 139/67, njw 1970, 946, 948). eine von allen zweifeln freie überzeugung setzt das gesetz allerdings nicht voraus (bgh, urt. v. 17.02.1970 – iii zr 139/67, njw 1970, 946, 948). der richter darf und muss sich aber in tatsächlich zweifelhaften fällen mit einem für das praktische leben brauchbaren grad von gewissheit begnügen, der zweifeln schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (bgh, urt. v. 17.02.1970 – iii zr 139/67, njw 1970, 946, 948). diese überzeugung des richters erfordert keine – ohnehin nicht erreichbare – absolute oder unumstößliche, gleichsam mathematische gewissheit und auch keine „an sicherheit grenzende wahrscheinlichkeit“, sondern nur einen für das praktische leben brauchbaren grad von gewissheit, der zweifeln schweigen gebietet (olg münchen, urt. v. 14.02.2014 – 10 u 2815/13, nzv 2014, 416). 36die zitierte rechtsprechung zur abrechnung des laser-assistierten katarakt-operation führt – worauf bereits mehrfach hingewiesen wurde – nicht zu dem ergebnis, behandelnden ärzten „jedwede vergütung“ für den einsatz des femtosekundenlasers (im rahmen der kataraktoperation) zu „versagen“. in der rechtsprechung wurden bereits besondere medizinische indikationen für den einsatz des femtosekundenlasers diskutiert (bspw. operationen bei kindern/patienten mit verlagerten linsen oder anderen augen(vor)erkrankungen; vgl. olg naumburg, urt. v. 09.05.2019 – 4 u 28/16, versr 2019, 1348, 1349; lg heidelberg, urt. v. 10.12.2019 – 2 s 14/19, beckrs 2019, 38521 rz. 22; lg düsseldorf, urt. v. 23.07.2020 – 9 s 8/19, beckrs 2020, 44789; olg düsseldorf, urt. v. 28.08.2020 – 4 u 162/18, zitiert nach juris). 37eine solche indikation bestand vorliegend jedoch nicht. in seiner ergänzenden stellungnahme hat der sachverständige festgestellt, dass nicht feststellbar sei, dass die laser-assistierte kataraktchirurgie im hinblick auf ein postoperatives makolaödem dem konventionellen verfahren überlegen sei. ein zusammenhang zwischen epiretinaler gliose habe der sachverständige im rahmen einer wissenschaftlichen recherche nicht ausfindig machen können. beides würde letztlich eine individuelle indikation für den einsatz des femtosekundenlasers nicht begründen. im verhandlungstermin vom 08.12.2021 hat der sachverständige verneint, dass eine ausgeprägte gliose mit traktionssyndrom, eine kernsklerose und eine hintere rindentrübung im rahmen der ultraschallbehandlung bzw. der konventionellen behandlungsmethode ein risiko darstellen würden und dass es diesbezüglich vorteile der laser-assistierten chirurgie geben würde. die von dem klägervertreter in dem schriftsatz vom 04.01.2021 vorgebrachten neuen tatsachen (risiko einer hinteren kapselruptur, ggf. bessere ergebnisse einer laseroperation) sind zum einen i.s.d. § 296a s. 1 zpo neuer vortrag, der nicht nachgelassen war (keine stellungnahme zum ergebnis der beweisaufnahme) und zum anderen – selbst wenn sie berücksichtigt werden könnten – nicht geeignet, die frage der selbstständigkeit anders zu bewerten. 38b. 39auch im rahmen der korrektur der hornhautverkrümmung kommt eine abrechnung analog ziff. 5855 goä nach auffassung des abteilungsrichters nicht in betracht. 40der arzt darf auch ein und dieselbe leistung, die zugleich bestandteil einer von ihm gleichfalls vorgenommenen umfassenderen leistung ist, nicht zweimal abrechnen (bgh, urteil vom 05.06.2008 – iii zr 239/07, njw-rr 2008, 1278, 1279). daraus folgt zugleich die selbstverständlichkeit, dass leistungen, die nicht bestandteil einer anderen abgerechneten leistung sind, abrechenbar sind, soweit es sich um selbstständige leistungen handelt (bgh, a.a.o.). bei anwendung der genannten bestimmungen geht es um die verhinderung einer doppelhonorierung von leistungen (bgh, a.a.o.). nur dieser grund rechtfertigt es, eine erbrachte leistung, soweit sie selbstständig ist, nicht zu honorieren (bgh, a.a.o.). daran wird deutlich, dass es einer genaueren betrachtung der reichweite jeder in rede stehenden gebührenposition bedarf und aus dem umstand, dass nach ärztlicher kunst verschiedene leistungen in zeitlichem zusammenhang zu erbringen sind, nicht ohne weiteres zu schließen ist, es liege nur eine zielleistung vor, im verhältnis zu der sich die anderen als unselbstständige hilfs- oder begleitverrichtungen darstellten (bgh, urteil vom 05.06.2008 – iii zr 239/07, njw-rr 2008, 1278, 1279 f.). geben unterschiedliche gebührenpositionen, die ihrer legende nach durch den arzt erfüllt worden sind, keine näheren hinweise über ihr verhältnis zueinander, ist zu prüfen, ob es sich um jeweils selbstständige leistungen handelt oder ob eine oder mehrere von ihnen als zielleistung und die anderen als deren methodisch notwendigen bestandteile anzusehen sind (bgh, urteil vom 05.06.2008 – iii zr 239/07, njw-rr 2008, 1278, 1279 f.). 41sachverständig beraten geht das gericht davon aus, dass es sich bei der korrektur der hornhautkrümmung um eine „hornhautplastik“ i.s.d. ziff. 1345 goä handelt. insofern hat der sachverständige sich möglicherweise anders positioniert als der sachverständige, der in dem von dem landgericht köln entschiedenen rechtsstreits (urt. v. 19.10.2005 – 25 s 19/04, beckrs 2005, 151166) das gutachten erstattet hat. hier hat der sachverständige ausgeführt, dass ziff. 1345 goä durchaus die manuell durchgeführte hornhautkorrektur abbilden würde. hierbei handele es sich um die ursprüngliche variante, die heute jedoch als „historisch“ betrachtet werden könne. solche operationen habe man in den 1960er jahren vorgenommen. heute würde diese schnitte niemand mehr per skalpell durchführen. auch im vorliegenden fall wäre eine kombination der kataraktoperation mit der korrektur der hornhautverkrümmung mittels skalpell gefährlich gewesen („so etwas würde heute niemand machen.“). es wird also in der goä – insofern vergleichbar mit den ausführungen zu ziff. 1375 goä und dem verhältnis zum femtosekundenlaser – eine zielleistung definiert, welche sowohl die manuelle als auch die laser-assistierte behandlungsmethode abdeckt. 42angesichts der ausführungen des sachverständigen könnte man einerseits davon ausgehen, dass bei verwendung eines femtosekundenlasers im rahmen einer korrektur der hornhaut eine eigenständige neue methode zum einsatz kommt. insbesondere gelte hier nicht, dass der operateur zwischen einer „manuell-chirurgischen“ oder aber „femtosekundenlaser-assistierten“ ernsthaft wählen könnte. für diese sichtweise spricht auch die sichtweise des ausschusses „gebührenordnung“ der bundesärztekammer zur sog. „lasik“ (beschluss des ausschusses "gebührenordnung" der bundesärztekammer, stand: 18.01.2002, veröffentlicht in: deutsches ärzteblatt 99, heft 3 (18.01.2002), seite a-144-145). 43andererseits bleibt die zielleistung, auf die beide ausführungsarten zielen, unabhängig von der ausführungsart, dieselbe. insofern kann man auch hier davon ausgegangen werden, dass der einsatz des femtosekundenlasers zwar nicht notwendiger bestandteil der korrektur der hornhautverkrümmung ist (die zumindest theoretisch auch ohne einsatz dieser technik vorgenommen werden kann), aber eine besondere (unselbständige) ausführungsart. auch hier ist es unschädlich, dass diese lasertechnologie bei der bewertung der unter der ziff. 1345 goä erfassten leistung durch den verordnungsgeber noch nicht bekannt war. nicht anders als im rahmen der laser-assistierten katarakt-chirurgie handelt es sich bei dem lasereinsatz letztlich um keinen neuartigen operativen einzelschritt, sondern um ein hilfsmittel des arztes, der sich nicht mehr allein auf seine augen, sein gefühl, seine fingerfertigkeit und seine erfahrung verlasse, sondern sich der modernen computertechnik bediene, um ein besseres operationsergebnis bzw. eine optimale zielleistung zu erreichen. die zielleistung der operation „astigmatismus-beseitigung" ist in der ziff. 1345 goä enthalten (so bereits das ag düsseldorf, urt. v. 03.08.2017 – 43 c 157/15, beckrs 2017, 126110). 44hierbei wird nicht verkannt, dass ein – verglichen mit der laser-assistierten katarakt-chirurgie deutlich erhöhtes – bedürfnis der behandelnden ärzteschaft besteht, eine über ziff. 1345 goä analog nebst ziff. 441 goä hinausgehende vergütung für diese operation abrechnen zu können. doch die vergütung des einsatzes des femtosekundenlasers generell – unabhängig von einer wie soeben dargestellten besonderen medizinischen indikation – zu regeln, etwa weil es sich um die höherwertige behandlungsform handeln könnte (vgl. olg naumburg, urt. v. 09.05.2019 – 4 u 28/16, versr 2019, 1348), ist sache „des verordnungsgebers“. dessen aufgabe ist es, darüber zu befinden, wie ärztliche leistungen, gegebenenfalls auch unter berücksichtigung nach erlass der verordnung eingetretener veränderungen des technischen standards oder der fortentwicklung wissenschaftlicher erkenntnisse, zu bewerten sind (bgh, urt. v. 13.05.2004 – iii zr 344/03, njw-rr 2004, 1202, 1204). eine bindung an die verordnung besteht nur dann nicht, wenn sie wegen verstoßes gegen höherrangiges recht – etwa art. 3 gg oder art. 12 gg – nichtig ist, was der richter selbst feststellen kann (bgh, urt. v. 13.05.2004 – iii zr 344/03, njw-rr 2004, 1202, 1204). 45nach der rechtsprechung des bverfg sind vergütungsregelungen nur dann mit art. 12 gg abs. 1 gg vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen grundlage beruhen, die durch ausreichende gründe des gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem grundsatz der verhältnismäßigkeit genügt (bverfg, beschl. v. 25.10.2004 – 1 bvr 1437/02, njw 2005, 1036 f.). die grenzen der zumutbarkeit hat das bverfg dort gesehen, wo unangemessen niedrige einkünfte zugemutet werden und auf der grundlage der bestehenden vergütungsregelung eine wirtschaftliche existenz generell nicht möglich ist (bverfg, beschl. v. 25.10.2004 – 1 bvr 1437/02, njw 2005, 1036 f.). der dritte zivilsenat des bgh stellt an die (substantiierte) behauptung der unauskömmlichkeit – bezogen auf eine spezialoperation – besondere anforderungen: dass die vergütung objektiv nicht auskömmlich wäre, könne nur beurteilt werden, wenn aufwand und kostenstrukturen näher dargestellt wären (bgh, urt. v. 13.05.2004 – iii zr 344/03, njw-rr 2004, 1202, 1204). in diese überlegungen müssten auch die honorierung entsprechender leistungen in der vertragsärztlichen versorgung und – im falle einer stationären behandlung weitere umstände – einbezogen werden (bgh, urt. v. 13.05.2004 – iii zr 344/03, njw-rr 2004, 1202, 1204). dafür wird vorliegend von der klägerseite nicht – bzw. nicht hinreichend – vorgetragen. 46dass eine doppelte abrechnung der ziff. 1375 goä sowohl in dem vorliegenden als auch in vergleichbaren fällen nicht in betracht kommt, hat das gericht bereits mit urteil vom 26.08.2020 (146 c 192/19) zu dem inhaltsgleichen vortrag des klägervertreters entschieden. dies steht im einklang mit der rechtsprechung des dritten zivilsenats des bgh (urt. v. 10.2021 – iii zr 350/20, beckrs 2021, 36355; urt. v. 14.10.2021 – iii zr 353/20, beckrs 2021, 37435). 47überdies gibt es – jedenfalls wenn die korrektur der hornhaut-verkrümmung mit der katarakt-operation verbunden wird – eine letztlich auf heilung angelegte behandlungsalternative. als solche kommt, so der sachverständige, stets das einsetzen einer torischen intraokularlinse in betracht. diese methode sei unter umständen allerdings nicht preiswerter als der lasereingriff, sondern gegebenenfalls sogar teurer und aufwendiger. 48schließlich geht der abteilungsrichter – anders als der klägervertreter – davon aus, dass sich aus dem bereits zitierten urteil des dritten zivilsenats des bgh (urt. v. 14.10.2021 – iii zr 353/20, beckrs 2021, 37435) mittelbar ergibt, dass die vorliegende konstellation nicht analog ziff. 5855 goä abgerechnet werden kann. aus dem tatbestand ergibt sich, dass in dem dort entschiedenen fall „eine astigmatismus-operation (korrektur von hornhautverkrümmungen)“ vorgenommen worden war. die gegen diese auslegung des urteils vorgebrachten argumente des klägervertreters überzeugen nicht. insbesondere dürfte es angesichts der ausführungen des sachverständigen sowie den entscheidungsgründen des amtsgerichts düsseldorf (urt. v. 03.08.2017 – 43 c 157/15, beckrs 2017, 126110) nahezu ausgeschlossen sein, dass dort manuell und ohne laser gearbeitet worden sein könnte. 49ii. 50die voraussetzungen für den ersatz der außergerichtlichen rechtsanwaltskosten liegen ebenfalls unter keinem rechtlichen gesichtspunkt vor. insbesondere scheitert ein anspruch gem. §§ 280 abs. 1, abs. 2, 286 bgb an einer pflichtverletzung der beklagten. 51iii. 52die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 nr. 11, 711 zpo. 53der streitwert wird auf 2.036,08 eur festgesetzt. 54rechtsbehelfsbelehrung: 55a) gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 561. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 572. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 58die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht köln, luxemburger str. 101, 50939 köln, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 59die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht köln zu begründen. 60die parteien müssen sich vor dem landgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 61mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 62b) gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das amtsgericht köln statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt oder das amtsgericht die beschwerde zugelassen hat. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem amtsgericht köln, luxemburger str. 101, 50939 köln, schriftlich in deutscher sprache oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden. 63ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann die beschwerde noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 64hinweis zum elektronischen rechtsverkehr: 65die einlegung ist auch durch übertragung eines elektronischen dokuments an die elektronische poststelle des gerichts möglich. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 130a zpo nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (bgbl. 2017 i, s. 3803) eingereicht werden. auf die pflicht zur elektronischen einreichung durch professionelle einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das gesetz zum ausbau des elektronischen rechtsverkehrs mit den gerichten und zur änderung weiterer vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen. 66weitere informationen erhalten sie auf der internetseite www.justiz.de.
Verklagte*r
0
122,946
13 K 5625/14
2016-07-01T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Berufung wird zugelassen. 1 2Tatbestand: 3Der Kläger steht als Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht im Dienst des beklagten Landes und ist außerdem u.a. in der Ausbildung von Rechtsreferendaren tätig. 4Mit Verfügung vom 15. März 2013 wurde der Kläger durch den Präsidenten des Landgerichts X. mit der Leitung der Fortgeschrittenen-Arbeitsgemeinschaft für im Öffentlichen Recht (im Folgenden: F-AG) vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Januar 2014 beauftragt. Unter dem 6. Mai 2013 wurde der Kläger weiter mit der Leitung der F-AG vom 1. Juli 2013 bis zum 31. März 2014 beauftragt. Schließlich erfolgte am 18. September 2013 eine Beauftragung für die F-AG vom 1. November 2013 bis zum 31. Juli 2014. 5Mit Schreiben vom 6. April 2014 und Antragsformularen vom 27. März 2014 beantragte der Kläger die Anweisung einer Vergütung in Höhe von insgesamt 581,77 EUR unter Bezugnahme auf die folgenden Positionen: 67F-AG vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Januar 2014Erstellung der Abschlusszeugnisse (Zeitaufwand: 1 Stunde, 12 Minuten): 42,67 Euro 8F-AG vom 1. Juli 2013 bis zum 31. März 2014 9- Korrektur von 13 Klausuren vom 20. Februar 2014: Mindestens 16,00 Euro pro Klausur, insgesamt mindestens 208,00 Euro- Klausuraufsicht vom 20. Februar 2014 (Zeitaufwand: 5 Stunden): 8,62 Euro pro Stunde, insgesamt 43,10 Euro 1011F-AG vom 1. November 2013 bis zum 31. Juli 2014Korrektur von 18 Klausuren von 27. Februar 2014: Mindestens 16,00 Euro pro Klausur, insgesamt mindestens 288,00 Euro 12Zur Begründung seiner Anträge führte der Kläger aus, dass die Vergütung je korrigierter Klausur mit mindestens 16,00 Euro zu veranschlagen sei. Dieser Mindestbetrag ergebe sich unter Berücksichtigung der einem Arbeitsgemeinschaftsleiter zustehenden Vergütung von 24,00 Euro für 45 Minuten und einer mindestens zugrunde zu legenden Bearbeitungszeit von 30 Minuten für jede Klausur. Die in der Regel fünfstündige Klausuraufsicht werde mit pauschal 16,20 Euro ebenfalls nicht in ausreichendem Umfang vergütet. Hier sei der gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 8,62 Euro als Untergrenze für die stündliche Vergütung anzusetzen. Die fünfstündige Klausuraufsicht sei daher mit insgesamt 41,30 Euro zu vergüten. Darüber hinaus habe er einen Anspruch auf gesonderte Vergütung für die Erstellung von Abschlusszeugnissen für die Arbeitsgemeinschaften. Diese Vergütung sei ebenfalls an dem für die Durchführung der Arbeitsgemeinschaften veranschlagten Vergütungssatz von 24,00 Euro je 45 Minuten zu messen. Unter Zugrundelegung einer Arbeitszeit von einer Stunde und 20 Minuten stehe ihm hierfür ein Betrag von 42,67 Euro zu. 13Mit Bescheid vom 22. Juli 2014 teilte der Präsident des Landgerichts X. mit, dass er für die Korrektur der 18 Klausuren vom 27. Februar 2014 jeweils 10,00 Euro, also insgesamt 180,00 Euro angewiesen habe, und dass für die weiteren 13 Klausuren und die Aufsicht vom 20. Februar 2014 insgesamt 146,20 Euro gezahlt würden. In der Begründung des Bescheides heißt es, dass die Höhe der Vergütung für die Korrektur der Klausuren (180,00 Euro und 130,00 Euro) sich aus den Richtlinien über die Vergütung von Nebentätigkeiten bei der Ausbildung und Fortbildung, RV d. JM vom 3. April 2003 (2103 - IC. 53) in der Fassung vom 22. Oktober 2010 (nachfolgend RV JM (2103 - IC. 53) 2010) ergebe. Eine Vergütung von 16,00 Euro pro Klausurkorrektur könne nicht gewährt werden. Dem stehe die Regelung unter B. II der RV JM (2103 - IC. 53) 2010 entgegen. Die Erstellung der Zeugnisse könne nicht gesondert vergütet werden, sondern werde mit der Unterrichtsvergütung abgegolten. Hinsichtlich der Klausuraufsicht sei auf Ziffer 1 der Richtlinie über die Vergütung für die Führung von Klausuraufsichten, RV d. JM vom 31. Oktober 2003 (2223 - I C. 1) in der Fassung vom 17. Juni 2004 (nachfolgend RV JM (2223 - I C. 1) 2004) abzustellen, wonach ein Betrag von 16,20 Euro maßgeblich sei. Für eine am Mindestlohn orientierte Vergütung der Klausuraufsicht sei kein Raum. 14Am 27. August 2014 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. 15Zur Begründung trägt er vor: In dem angefochtenen Bescheid werde die Natur seiner Tätigkeit verkannt, wenn in weiten Bereichen auf die Regelungen des Landesbeamtengesetzes NRW (LBG NRW) über Nebentätigkeiten von Beamten verwiesen werde. Diese Regelungen seien auf die vorliegende Tätigkeit eines Leiters von Arbeitsgemeinschaften nicht anwendbar. Er sei im Hauptamt Richter. Gemäß § 42 Deutsches Richtergesetz (DRiG) könnten daher nur Nebentätigkeiten in der Gerichtsverwaltung und in der Rechtspflege abverlangt werden. Hierzu gehöre die Tätigkeit der Leitung einer Arbeitsgemeinschaft nicht. Dies zeige, dass er im Rahmen der hier streitigen Tätigkeit dem Beklagten nicht in einem Über-/Unterordnungsverhältnis gegenüberstehe, sondern gleichberechtigt mit der Folge, dass ein einseitiges Diktat der Vergütung bzw. Nichtvergütung von Arbeitsleistung auch nicht in Betracht komme. Die Tätigkeit als Arbeitsgemeinschaftsleiter werde zudem aufgrund der schon seit Jahren geänderten Regelungen über die Juristenausbildung nicht mehr nur von im öffentlichen Dienst Beschäftigten durchgeführt, sondern das Gesetz verlange auch den Einsatz von Freiberuflern, wie Rechtsanwälten und Notaren. Daher werde er, der Kläger, regelmäßig durch den Präsidenten des Landgerichts X. auch mit der Leitung einer Arbeitsgemeinschaft „beauftragt“. Insoweit könne sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, es bestehe sogar die Möglichkeit, Nebentätigkeiten der vorliegenden Art gegenüber Richtern überhaupt nicht zu vergüten. Damit stelle sich der Beklagte außerhalb der Rechtsordnung. Der Beklagte unterliege schon vom Ansatz her einem Irrtum, wenn er von der Nebentätigkeit aus versuche zu argumentieren. Dass eine Nebentätigkeit ins Spiel komme, beruhe nur darauf, dass eine Vielzahl der Arbeitsgemeinschaftsleiter Beschäftigte im öffentlichen Dienst seien.Es stehe dem Beklagten auch nicht zu, die Vergütung willkürlich, entsprechend der jeweiligen Haushaltslage zu bestimmen. Der Beklagte habe selbst durch die RV JM (2103 - IC. 53) 2010 bestimmt, dass eine Vergütung der Unterrichtstätigkeit im Rahmen der Referendarausbildung mit 24,00 Euro für 45 Minuten Unterricht als angemessen erachtet werde. Hierbei liege der seit Jahren ebenfalls nicht angepasste Satz von 24,00 Euro mittlerweile ebenfalls unterhalb einer angemessenen Vergütung. Bei dem genannten Satz gebe es jedenfalls keinen sachlichen Grund, die weiteren Tätigkeiten als Ausbilder im Rahmen des Vorbereitungsdienstes anders zu vergüten, jede andere Entscheidung sei ermessensfehlerhaft. Die hochgerechnet niedrigere Vergütung von Klausurkorrekturen, der vom Präsidenten des Landgerichts X. gewünschten Beaufsichtigung der Referendare bei der Anfertigung von Klausuren und die Nichtvergütung des Schreibens von Zeugnissen erfüllten daher die Voraussetzungen der Willkür.Die Begutachtung/Korrektur von Klausuren erfordere die gleichen fachlichen Qualifikationen wie die Unterrichtung der Referendare im Rahmen der jeweiligen Übungsstunden. In dem angegriffenen Bescheid werde auch nicht der in den Anträgen jeweils geltend gemachte Zeitaufwand bestritten. Einen sachlichen Grund, die Tätigkeit der Begutachtung/Korrektur von Klausuren mit einem mit 30 Minuten pro Klausur am untersten Rand des Machbaren liegenden Zeitaufwand mit nur 10,00 Euro zu vergüten, sei nicht ersichtlich. Bei dieser Zeitbemessung seien die Vorbereitung der Klausurkorrektur, das Aussuchen der Klausur, die Auseinandersetzung mit der Lösungsskizze des Prüfungsamtes und die Erwägung etwaiger alternativer Lösungswege noch gar nicht einbezogen. Auf die Zeiteinheit von 45 Minuten hochgerechnet läge die Vergütung bei 16,00 Euro. Dass ein Satz von 16,00 Euro für eine Klausurkorrektur angemessen sei, habe der Beklagte letztlich auch damit anerkannt, dass er mittlerweile nach den RV d. JM (2103 - IC. 53) in der Fassung vom 17. Dezember 2014 (nachfolgend RV JM (2103 - IC. 53) 2014) eine Mindestvergütung von 160,00 Euro für Leiter „kleiner“ Arbeitsgemeinschaft eingeführt habe, dies offenbar nur aus Angst, bei kleinen Arbeitsgemeinschaft keinen Korrektor zu finden. Eine nachvollziehbare Begründung für die unterschiedliche Vergütung der Übungsstunden einerseits und der Klausurkorrekturen andererseits habe der Beklagte jedenfalls nicht liefern können. Der Hinweis auf die Möglichkeit der freien Bestimmung von Zeit und Ort der Klausurkorrektur verfange insofern nicht.Auch die Vergütung für die Aufsichtstätigkeit während der Anfertigung der Klausuren sei willkürlich zu niedrig bemessen. Im Übrigen dürfte sich bei genauer Betrachtung des Textes von Ziffer A. 2.2 S. 2 der RV JM (2103 - IC. 53) 2010 („Dem Unterrichtenden wird die für die Anfertigung von Klausurarbeiten durch die auszubildenden Personen festgesetzte Zeit für je volle 45 Minuten wie Unterricht vergütet“) sogar ein Vergütungsanspruch in Höhe von 24,00 Euro für je 45 Minuten Aufsicht ergeben. Diese Regelung finde sich auch noch in der RV JM (2103 - IC. 53) 2014.Die Argumentation des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Fertigung von Zeugnissen für die Teilnehmer der Arbeitsgemeinschaften, dass diese Tätigkeit mit der Vergütung der Unterrichtsstunden schon abgegolten sei, sei nicht nachvollziehbar. Die Fertigung der Zeugnisse gehöre nicht zur Vor- oder Nachbereitung der Unterrichtsstunden. Hierunter könnten lediglich die Tätigkeiten der inhaltlichen Aufbereitung der jeweiligen Unterrichtseinheit zu verstehen sein. Zu berücksichtigen sei auch, dass bei der Erstellung der Zeugnisse auf Beurteilungsbeiträge anderer Leiter der Arbeitsgemeinschaftsabschnitte, namentlich die der Rechtsanwälte zurückgegriffen werden müsse. Schon von daher könne es sich begrifflich nicht um die Vor- und Nachbereitung der eigenen Unterrichtstunden handeln. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Präsident des Landgerichts X. weder personelle noch sachliche Mittel zur Anfertigung der Zeugnisse zur Verfügung stelle. Schließlich sei auch das Argument nicht tragfähig, dass die Erstellung der Zeugnisse in zeitlicher Hinsicht nur von untergeordnetem Aufwand sei. 16Der Kläger beantragt, 17das beklagte Land unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Präsidenten des Landgerichts X. vom 22. Juli 2014 zu verurteilen, ihm auf seine Anträge vom 27. März 2014 und vom 6. April 2014 eine weitere Vergütung in Höhe von 255,57 Euro zu zahlen, 18hilfsweise festzustellen, dass die in dem Bescheid des Präsidenten des Landgerichts X. vom 22. Juli 2014 festgesetzte Vergütung rechtswidrig ist. 19Das beklagte Land beantragt, 20die Klage abzuweisen. 21Zur Begründung trägt es vor: Soweit der Kläger geltend mache, dass sich bereits aus den Richtlinien, etwa in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung, ein Anspruch auf Zahlung höherer Beträge ergebe, dürfte zwar ein Leistungs- bzw. Verpflichtungsbegehren ohne weiteres statthaft sein. Jedenfalls hinsichtlich der Korrekturvergütung räume der Kläger aber selbst ein, dass die bisherige Verwaltungspraxis den Richtlinien entspreche. Er berufe sich also nicht auf eine vom Richtlinieninhalt abweichende und gegebenenfalls anspruchsbegründende Verwaltungspraxis, sondern vielmehr darauf, dass die Richtlinien zu einer unangemessenen Vergütung führten. Es sei zweifelhaft, ob in einer solchen Konstellation (etwa analog § 612 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB] wie bei sittenwidrigen Lohnvereinbarungen) unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 22. Juli 2014 die „übliche“ Vergütung zugesprochen werden könne. Jedenfalls im Besoldungsrecht gelte der Grundsatz, dass Beamte und Richter ihren auf eine höhere Alimentation zielenden Anspruch nur durch eine Feststellungsklage geltend machen könnten. Eine Leistungsklage auf Gewährung einer höheren, gesetzlich nicht vorgesehenen Besoldung scheide aus. Übertrage man dies auf den vorliegenden Rechtsstreit, wäre der Kläger zumindest teilweise auf die Feststellungsklage zu verweisen.Es dürfe unstreitig sein, dass es möglich sei, die Höhe der Vergütung von (freiwillig übernommenen) Ausbildungstätigkeiten im Rahmen von öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnissen durch Richtlinien zu regeln. Fraglich sei lediglich, inwieweit rechtliche Vorgaben zu beachten seien, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt für die Übernahme von (freiwilligen) (Neben-)Tätigkeiten eine Vergütung vorsehe oder hiervon absehen wolle. Insoweit sei lediglich das Willkürverbot oder Art. 12 GG zu beachten. Eine entsprechende Verletzung liege aber nicht vor. Der Höhe nach entspreche die dem Kläger gezahlte Vergütung den Richtlinien in der jeweils maßgeblichen Fassung. Die Richtlinien seien auch rechtmäßig, insbesondere verfassungskonform angewendet worden. Die RV JM (2103 - IC. 53) 2010 sähen für die Klausuraufsicht eine Vergütung mit 10,00 Euro pro Klausur vor. Eine Vergütung für die Erstellung von Zeugnissen sei nicht geregelt und damit auch nicht vorgesehen. Im Hinblick auf die Klausuraufsicht sei in den RV JM (2223 - I C. 1) 2004 eine Vergütung in Höhe von 16,20 EUR bei einer mindestens vierstündigen Aufsicht geregelt. Etwas anderes ergebe sich insoweit auch nicht aus den RV JM (2103 - IC. 53) 2010. Dort werde unter A. 2.4 Nr. 2 eine Vergütung für die Klausuraufsicht ausdrücklich ausgeschlossen. Insgesamt stehe damit die dem Kläger gewährte Vergütung im Einklang mit den Richtlinien. Hierbei werde auch eine absolute Mindestgrenze nicht unterschritten. Eine solche ergebe sich insbesondere nicht aus Art. 12 GG. Es gehe bei der Leitung von Arbeitsgemeinschaften nicht um die Schaffung oder Erhaltung einer Lebensgrundlage, so dass jedenfalls auf der Abwägungsebene eine stärkere Berücksichtigung des Interesses, die öffentlichen Kassen zu schonen, sachgerecht sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stehe aber dem Gesetzgeber gerade im Bereich des Nebentätigkeitsrechts ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Auch aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebe sich nichts anderes. Es sei nicht Aufgabe des beklagten Landes, den Lebensunterhalt des Klägers durch die Gewährung einer Vergütung für Nebentätigkeiten in der Juristenausbildung zu sichern. Für die unterschiedliche Vergütung von Übungsstunden einerseits und der Klausurkorrektur andererseits bestünden sachliche Gründe, ebenso für die niedrige Vergütung einer Klausuraufsicht und die fehlende gesonderte Vergütung für die Erstellung von Zeugnissen. Die Erstellung von Zeugnissen sei im Vergleich zu den übrigen Tätigkeiten von untergeordneter Bedeutung. Bei der Korrektur von Klausuren stehe es den Betroffenen frei, wann und wo diese vorgenommen werde. Bei der Klausuraufsicht stehe es dem Betroffenen frei, währenddessen seinem Hauptamt nachzugehen. 22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen. 23Entscheidungsgründe: 24Die Klage ist sowohl mit dem Haupt- als auch mit dem Hilfsantrag jedenfalls unbegründet. 25Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte für die in Rede stehenden Tätigkeiten des Klägers als Arbeitsgemeinschaftsleiter keine über den im Bescheid vom 22. Juli 2014 festgesetzten Betrag von insgesamt 326,20 Euro hinausgehende Vergütung zuerkannt hat. Eine Rechtsnorm, die dem Kläger einen Anspruch auf eine höhere Vergütung vermittelt, existiert nicht. 26Nach § 12 Abs. 1 der Verordnung über die Nebentätigkeit der Beamten und Richter im Lande Nordrhein-Westfalen (Nebentätigkeitsverordnung - NtV), die für Richter gemäß § 24 Satz 1NtV - abgesehen von den in Satz 2 geregelten Ausnahmen - entsprechend gilt, darf eine Vergütung für eine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst nicht gewährt werden, es sei denn, dass Rechtsvorschriften etwas anderes bestimmen. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 NtV darf eine Vergütung für Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst u.a. für Lehr-, Unterrichts- und Prüfungstätigkeiten gewährt werden. Diese (Ausnahme-)Vorschrift räumt dem Dienstherrn explizit („darf“) Ermessen ein. 27Von diesem Ermessen ist im Hinblick auf die Tätigkeit als Leiter von Referendar-Arbeitsgemeinschaften Gebrauch gemacht worden. Eine Vergütung wird hier gewährt nach den - im Hinblick die Arbeitsgemeinschaftsleitertätigkeit des Klägers im Zeitraum von Juli 2013 bis Februar 2014 maßgeblichen - RV JM (2103 - IC. 53) 2010 und RV JM (2223 - I C. 1) 2004. Es handelt sich insoweit um Verwaltungsvorschriften, durch die das dem Dienstherrn eingeräumte Ermessen näher ausgestaltet und gebunden worden ist (sog. ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften). Diese Verwaltungsvorschriften begründen in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG bei Vorliegen der in ihnen geregelten Voraussetzungen Rechtsansprüche. 28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2002 - 1 A 178/00 -, juris, zu den Beihilfevorschriften des Bundes (BhV). 29Die durch die hier einschlägigen Verwaltungsvorschriften ausgestaltete Verwaltungspraxis ist auch im Falle des Klägers zur Anwendung gelangt. 30Das gilt zunächst für die Klausurkorrektur. So heißt es unter B. II der RV JM (2103 - IC. 53) 2010, dass die Vergütung für die Korrektur einer Klausur, die im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft gemäß § 43 Abs. 2 Nr. 4 Juristenausbildungsgesetz Nordrhein-Westfalen (JAG NRW) zu absolvieren ist, 10,00 Euro beträgt. Der Kläger hat im Einklang damit für die Korrektur von 13 bzw. 18 Klausuren 130,00 Euro bzw. 180,00 Euro erhalten. 31Auch für die Klausuraufsicht erhielt der Kläger die insofern nach der Verwaltungspraxis des Beklagten vorgesehene Vergütung. Aus Ziffer 1 der RV JM (2223 - I C. 1) 2004 ergibt sich, dass Richter, die nebenamtlich bei den schriftlichen Aufsichtsarbeiten für die erste und zweite juristische Staatsprüfung sowie im Rahmen der Arbeitsgemeinschaften nach § 43 Abs. 2 Nr. 4 JAG NRW die Aufsicht führen, bei einer mindestens vierstündigen Aufsicht eine Vergütung von 16,20 Euro erhalten. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf Punkt A. 2.2 Satz 2 der RV JM (2103 - IC. 53) 2010 verweist, ergibt sich hieraus kein weitergehender Anspruch. Dort heißt es, dass dem Unterrichtenden die für die Anfertigung von Klausurarbeiten durch die auszubildenden Personen festgesetzte Zeit für je volle 45 Minuten wie Unterricht vergütet wird. In S. 3 heißt es jedoch weiter, dass damit auch die Korrektur der angefertigten Klausurarbeiten abgegolten ist. Ferner heißt es unter 2.4 Nr. 2 ausdrücklich, dass eine Vergütung für die Führung der Aufsicht bei der Fertigung von Klausurarbeiten nicht gezahlt wird. Letztlich ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig, dass sich die maßgebliche ständige Verwaltungspraxis allein an Ziffer 1 der RV JM (2223 - I C. 1) 2004 orientiert, wonach für eine mindestens vierstündige Klausuraufsicht pauschal ein Betrag von 16,20 Euro gezahlt wird. Jedenfalls hat der Kläger keine Fälle dargelegt, in denen abweichend von dieser Praxis eine höhere Vergütung geleistet wird. 32Für das Erstellen von Zeugnissen zum Abschluss der Arbeitsgemeinschaften sehen die genannten Verwaltungsvorschriften keinerlei Vergütung vor. Dementsprechend wurden dem Kläger insoweit auch keine Zahlungen geleistet. 33Die mithin auch im Falle des Klägers konsequent angewandte ständige Verwaltungspraxis im Zusammenhang mit der Vergütung von Tätigkeiten eines Arbeitsgemeinschaftsleiters begegnet auch ihrerseits keinen rechtlichen Bedenken. Insofern ist zunächst zu konstatieren, dass die gerichtliche Kontrolle insoweit beschränkt ist. 34Dies ergibt sich schon daraus, dass die Verwaltungspraxis die Ermessensebene betrifft, die nach § 114 Satz 1 VwGO nur eingeschränkt überprüfbar ist. Vorliegend ist auch zu berücksichtigen, dass dem Dienstherrn im Bereich des Nebentätigkeitsrechts ohnehin ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht, in welchen Tätigkeitsbereichen er Nebentätigkeiten seiner Beamten überhaupt zulässt, sie anzeigepflichtig gestaltet oder erhaltene Vergütungen der teilweisen Ablieferungspflicht unterwirft. Er kann deswegen etwa auch eine pauschalierende und typisierende Regelung treffen und bestimmen, welche Art von Nebentätigkeiten im öffentlichen Interesse von solchen Beschränkungen freizustellen sind, ohne dass gegen den Gleichheitssatz verstoßen würde. 35Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16. Januar 2007 - 2 BvR 1188/05 -, juris, und vom 1. September 2008- 2 BvR 1872/07 -, juris. 36In diesem Sinne restriktiv regelt auch § 12 Abs. 1 NtV, dass für eine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst eine Vergütung grundsätzlich nicht gewährt werden darf. Insofern unterliegt es keinen Zweifeln, dass der Kläger dieser Regelung unterfällt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass im Bereich der Referendarausbildung auch nicht im öffentlichen Dienst stehende und damit nicht dem Nebentätigkeitsrecht unterfallende Ausbilder und Arbeitsgemeinschaftsleiter, insbesondere Rechtsanwälte, tätig sind. 37Neben dem grundsätzlichen Ausschluss nach § 12 Abs. 1 NtV kommt Abs. 2 der Vorschrift mit den dort enumerativ aufgeführten Bereichen ein Ausnahmecharakter zu, der ebenfalls bei der Frage des Gestaltungsspielraums zu berücksichtigen ist. Wenn es schon im Ermessen des Dienstherrn steht, überhaupt eine Vergütung zu leisten, steht ihm - wenn er sich dafür entscheidet - bei der Ausgestaltung im Einzelnen und insbesondere auch bei der Frage der Höhe der Vergütung ein großer Spielraum zu. Insoweit ist durch das Gericht lediglich zu prüfen, inwieweit sich die Verwaltungspraxis und die zu deren Gestaltung erlassenen Richtlinien im Rahmen der Ermächtigung halten und das Willkürverbot nicht verletzt wird. 38Vgl. VG Köln, Urteil vom 25. Mai 2016 - 3 K 5438/15 -, zur Vergütung für die Klausurkorrektur in der ersten juristischen Staatsprüfung; siehe zum Maßstab der Willkür auch VG Köln, Gerichtsbescheid vom 13. April 2016 - 16 K 3849/15 -, juris. 39Ein anderer Maßstab ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung im Zusammenhang mit Besoldungsfragen. Aufgrund des Alimentationsprinzpips (Art. 33 Abs. 5 GG) ist der Dienstherr verpflichtet, dem Beamten einen amtsangemessenen Unterhalt zu leisten. Das Alimentationsprinzip ist insoweit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zuzurechnen. 40Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 Bvl 17/09 u.a. -, juris. 41Dies gilt im Hinblick auf die Vergütung von Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst allerdings mit Blick auf die oben beschriebene Konzeption des § 12 NtV, wonach die Vergütung letztlich eine Ausnahme darstellt, nicht. Die hier in Rede stehenden Vergütungen unterfallen nicht dem Alimentationsgrundsatz. 42Vgl. VG Köln, Urteil vom 25. Mai 2016 - 3 K 5438/15 -. 43Von daher gelten hier nicht die Anforderungen nach der soeben zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wobei selbst im dortigen Zusammenhang mit Art. 33 Abs. 5 GG der weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers betont und eine beschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit im Hinblick auf eine evident unzureichende Alimentierung angenommen wird. 44Eine Verletzung des im vorliegenden Fall mithin allein zugrunde zu legenden, aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Willkürverbots ist nicht gegeben. Eine solche Verletzung kommt nur dann in Betracht, wenn die angelegten Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen. 45Vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1934/93 -, BVerfGE 96, 189. 46Unter dem Gesichtspunkt von Art. 3 Abs. 1 GG ist die - durch die genannten Richtlinien ausgestaltete - Verwaltungspraxis des Beklagten bei der Vergütung von Arbeitsgemeinschaftsleitertätigkeiten zunächst insoweit nicht zu beanstanden, als hier - soweit ersichtlich - alle Betroffenen nach denselben Maßgaben behandelt werden. Eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Arbeitsgemeinschaftsleitern macht auch der Kläger nicht geltend. 47Im Übrigen hat der Beklagte in seiner Klageerwiderung die bestehende Praxis bzw. die Regelungen in den einschlägigen Richtlinien näher erläutert und - jedenfalls nicht evident unvertretbare - Gründe für die Vergütung bzw. Nichtvergütung der einzelnen, vom Kläger geltend gemachten Tätigkeiten aufgeführt. Die inhaltliche Bewertung der einzelnen Aspekte entzieht sich dabei einer näheren Kontrolle durch das Gericht. Insbesondere fällt es nicht in die Kompetenz des Gerichts, sinnvollere Regelungen im Zusammenhang mit der Vergütung von Arbeitsgemeinschaftsleitern zu erwägen, sondern es ist allein - unter Beachtung des weiten Spielraums des Beklagten - die Vertretbarkeit der vorhandenen Regelungen zu überprüfen. 48Insoweit ist es zunächst vertretbar, die Korrektur von Klausuren pauschaliert (mit 10,00 Euro bzw. nunmehr - nach den RV JM (2103 - IC. 53) 2014 - mit 12,00 Euro pro Klausur zu vergüten. Es erscheint keineswegs zwingend, sich hier an der Vergütung für die Unterrichtsstunden zu orientieren und die Vergütung der Klausurkorrekturen unter zeitlichen Gesichtspunkten hieran anzupassen. Die individuelle Betrachtungsweise des Klägers und seine Einschätzung zum zeitlichen Aufwand einer Klausurkorrektur sind insoweit nicht geeignet, die Pauschalierung als unvertretbar erscheinen zu lassen. Auch der Hinweis des Beklagten, dass die Korrektur von Klausuren zeitlich und örtlich flexibler durchgeführt werden kann als die Übungsstunden, erweist sich nicht als von vornherein sachwidrig. 49Es erscheint des Weiteren nicht als unvertretbar, für die Erstellung von Zeugnissen keine gesonderte Vergütung vorzusehen, sondern diese Tätigkeiten noch - aufgrund eines untergeordneten Umfangs - als Teil der Nachbereitung der Übungsstunden anzusehen. Die Auslegung des Begriffs der Nachbereitung obliegt insoweit dem Beklagten und nicht dem Kläger. 50Es ist auch nicht evident sachwidrig, die Klausuraufsicht mit einer Pauschale von 16,20 Euro zu vergüten. Eine Orientierung am Mindestlohn ist im Bereich der (freiwilligen) Ausübung von Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst nicht geboten. Auch erscheinen hier die Argumente des Beklagten (etwa Möglichkeit, Tätigkeiten des Hauptamtes wahrzunehmen) ungeachtet der diesbezüglichen Einschätzung des Klägers nicht von vornherein als unvertretbar. 51Die allgemeine Überlegung, den Haushalt zu schonen, ist im hiesigen Kontext ebenfalls durchaus legitim. 52Eine Verletzung des Willkürverbots liegt schließlich auch nicht insoweit vor, als die Tätigkeiten einzeln betrachtet bzw. zusammen genommen unterhalb einer Mindestgrenze vergütet würden. Die Notwendigkeit einer bestimmten Mindestgrenze ist mit Blick auf die oben dargestellte Konzeption nach § 12 NtV (grundsätzlich keine Vergütung; in bestimmten Fällen nach Ermessen) schon nicht ersichtlich. 53Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang schließlich, dass mit der RV JM (2103 - IC. 53) 2014 eine, wenn auch moderate Erhöhung der Vergütung für Arbeitsgemeinschaftsleiter vorgenommen wurde. Überdies zeigen die von dem Beklagten vorgelegten Informationen zur Vergütungspraxis in den anderen Bundesländern, ungeachtet der Frage der tatsächlichen Vergleichbarkeit mit Blick auf die strukturellen Unterschiede in den einzelnen Ländern, dass - auch wenn insoweit Art. 3 Abs. 1 GG keine Rolle spielt und allenfalls ein indizieller Charakter angenommen werden könnte - die Vergütung in Nordrhein-Westfalen keineswegs nach unten aus dem Rahmen fällt. 54Eine Verletzung des Willkürverbotes lässt sich nach allem nicht feststellen. 55Ein Verstoß der Verwaltungspraxis des Beklagten gegen Art. 12 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Ungeachtet der Frage der Einschlägigkeit des Schutzbereichs wäre ein etwaiger Eingriff jedenfalls nach den obigen Ausführungen gerechtfertigt. 56Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Absatz 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO. 57Die Berufung ist - trotz erfolgter Einzelrichterübertragung - gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die hier entschiedenen Fragen zum Ermessensspielraum des Dienstherrn bei der Vergütung von Nebentätigkeiten in Gestalt der Leitung von Rechtsreferendar-Arbeitsgemeinschaften und zum Verbot jedenfalls von Willkür erscheinen - insbesondere auch nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung - nach jetziger Auffassung des Einzelrichters im Sinne der Rechtseinheit klärungsbedürftig. Einschlägige Rechtsprechung des OVG NRW existiert hierzu bislang, soweit ersichtlich, nicht. 58Beschluss: 59Der Streitwert wird auf 255,57 Euro festgesetzt. 60Gründe: 61Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Absatz 1 und 3 GKG erfolgt.
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der kläger. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die berufung wird zugelassen. 1 2
3der kläger steht als vorsitzender richter am verwaltungsgericht im dienst des beklagten landes und ist außerdem u.a. in der ausbildung von rechtsreferendaren tätig. 4mit verfügung vom 15. märz 2013 wurde der kläger durch den präsidenten des landgerichts x. mit der leitung der fortgeschrittenen-arbeitsgemeinschaft für im öffentlichen recht (im folgenden: f-ag) vom 1. mai 2013 bis zum 31. januar 2014 beauftragt. unter dem 6. mai 2013 wurde der kläger weiter mit der leitung der f-ag vom 1. juli 2013 bis zum 31. märz 2014 beauftragt. schließlich erfolgte am 18. september 2013 eine beauftragung für die f-ag vom 1. november 2013 bis zum 31. juli 2014. 5mit schreiben vom 6. april 2014 und antragsformularen vom 27. märz 2014 beantragte der kläger die anweisung einer vergütung in höhe von insgesamt 581,77 eur unter bezugnahme auf die folgenden positionen: 67f-ag vom 1. mai 2013 bis zum 31. januar 2014erstellung der abschlusszeugnisse (zeitaufwand: 1 stunde, 12 minuten): 42,67 euro 8f-ag vom 1. juli 2013 bis zum 31. märz 2014 9- korrektur von 13 klausuren vom 20. februar 2014: mindestens 16,00 euro pro klausur, insgesamt mindestens 208,00 euro- klausuraufsicht vom 20. februar 2014 (zeitaufwand: 5 stunden): 8,62 euro pro stunde, insgesamt 43,10 euro 1011f-ag vom 1. november 2013 bis zum 31. juli 2014korrektur von 18 klausuren von 27. februar 2014: mindestens 16,00 euro pro klausur, insgesamt mindestens 288,00 euro 12zur begründung seiner anträge führte der kläger aus, dass die vergütung je korrigierter klausur mit mindestens 16,00 euro zu veranschlagen sei. dieser mindestbetrag ergebe sich unter berücksichtigung der einem arbeitsgemeinschaftsleiter zustehenden vergütung von 24,00 euro für 45 minuten und einer mindestens zugrunde zu legenden bearbeitungszeit von 30 minuten für jede klausur. die in der regel fünfstündige klausuraufsicht werde mit pauschal 16,20 euro ebenfalls nicht in ausreichendem umfang vergütet. hier sei der gesetzliche mindestlohn in höhe von 8,62 euro als untergrenze für die stündliche vergütung anzusetzen. die fünfstündige klausuraufsicht sei daher mit insgesamt 41,30 euro zu vergüten. darüber hinaus habe er einen anspruch auf gesonderte vergütung für die erstellung von abschlusszeugnissen für die arbeitsgemeinschaften. diese vergütung sei ebenfalls an dem für die durchführung der arbeitsgemeinschaften veranschlagten vergütungssatz von 24,00 euro je 45 minuten zu messen. unter zugrundelegung einer arbeitszeit von einer stunde und 20 minuten stehe ihm hierfür ein betrag von 42,67 euro zu. 13mit bescheid vom 22. juli 2014 teilte der präsident des landgerichts x. mit, dass er für die korrektur der 18 klausuren vom 27. februar 2014 jeweils 10,00 euro, also insgesamt 180,00 euro angewiesen habe, und dass für die weiteren 13 klausuren und die aufsicht vom 20. februar 2014 insgesamt 146,20 euro gezahlt würden. in der begründung des bescheides heißt es, dass die höhe der vergütung für die korrektur der klausuren (180,00 euro und 130,00 euro) sich aus den richtlinien über die vergütung von nebentätigkeiten bei der ausbildung und fortbildung, rv d. jm vom 3. april 2003 (2103 - ic. 53) in der fassung vom 22. oktober 2010 (nachfolgend rv jm (2103 - ic. 53) 2010) ergebe. eine vergütung von 16,00 euro pro klausurkorrektur könne nicht gewährt werden. dem stehe die regelung unter b. ii der rv jm (2103 - ic. 53) 2010 entgegen. die erstellung der zeugnisse könne nicht gesondert vergütet werden, sondern werde mit der unterrichtsvergütung abgegolten. hinsichtlich der klausuraufsicht sei auf ziffer 1 der richtlinie über die vergütung für die führung von klausuraufsichten, rv d. jm vom 31. oktober 2003 (2223 - i c. 1) in der fassung vom 17. juni 2004 (nachfolgend rv jm (2223 - i c. 1) 2004) abzustellen, wonach ein betrag von 16,20 euro maßgeblich sei. für eine am mindestlohn orientierte vergütung der klausuraufsicht sei kein raum. 14am 27. august 2014 hat der kläger die vorliegende klage erhoben. 15zur begründung trägt er vor: in dem angefochtenen bescheid werde die natur seiner tätigkeit verkannt, wenn in weiten bereichen auf die regelungen des landesbeamtengesetzes nrw (lbg nrw) über nebentätigkeiten von beamten verwiesen werde. diese regelungen seien auf die vorliegende tätigkeit eines leiters von arbeitsgemeinschaften nicht anwendbar. er sei im hauptamt richter. gemäß § 42 deutsches richtergesetz (drig) könnten daher nur nebentätigkeiten in der gerichtsverwaltung und in der rechtspflege abverlangt werden. hierzu gehöre die tätigkeit der leitung einer arbeitsgemeinschaft nicht. dies zeige, dass er im rahmen der hier streitigen tätigkeit dem beklagten nicht in einem über-/unterordnungsverhältnis gegenüberstehe, sondern gleichberechtigt mit der folge, dass ein einseitiges diktat der vergütung bzw. nichtvergütung von arbeitsleistung auch nicht in betracht komme. die tätigkeit als arbeitsgemeinschaftsleiter werde zudem aufgrund der schon seit jahren geänderten regelungen über die juristenausbildung nicht mehr nur von im öffentlichen dienst beschäftigten durchgeführt, sondern das gesetz verlange auch den einsatz von freiberuflern, wie rechtsanwälten und notaren. daher werde er, der kläger, regelmäßig durch den präsidenten des landgerichts x. auch mit der leitung einer arbeitsgemeinschaft „beauftragt“. insoweit könne sich der beklagte auch nicht darauf berufen, es bestehe sogar die möglichkeit, nebentätigkeiten der vorliegenden art gegenüber richtern überhaupt nicht zu vergüten. damit stelle sich der beklagte außerhalb der rechtsordnung. der beklagte unterliege schon vom ansatz her einem irrtum, wenn er von der nebentätigkeit aus versuche zu argumentieren. dass eine nebentätigkeit ins spiel komme, beruhe nur darauf, dass eine vielzahl der arbeitsgemeinschaftsleiter beschäftigte im öffentlichen dienst seien.es stehe dem beklagten auch nicht zu, die vergütung willkürlich, entsprechend der jeweiligen haushaltslage zu bestimmen. der beklagte habe selbst durch die rv jm (2103 - ic. 53) 2010 bestimmt, dass eine vergütung der unterrichtstätigkeit im rahmen der referendarausbildung mit 24,00 euro für 45 minuten unterricht als angemessen erachtet werde. hierbei liege der seit jahren ebenfalls nicht angepasste satz von 24,00 euro mittlerweile ebenfalls unterhalb einer angemessenen vergütung. bei dem genannten satz gebe es jedenfalls keinen sachlichen grund, die weiteren tätigkeiten als ausbilder im rahmen des vorbereitungsdienstes anders zu vergüten, jede andere entscheidung sei ermessensfehlerhaft. die hochgerechnet niedrigere vergütung von klausurkorrekturen, der vom präsidenten des landgerichts x. gewünschten beaufsichtigung der referendare bei der anfertigung von klausuren und die nichtvergütung des schreibens von zeugnissen erfüllten daher die voraussetzungen der willkür.die begutachtung/korrektur von klausuren erfordere die gleichen fachlichen qualifikationen wie die unterrichtung der referendare im rahmen der jeweiligen übungsstunden. in dem angegriffenen bescheid werde auch nicht der in den anträgen jeweils geltend gemachte zeitaufwand bestritten. einen sachlichen grund, die tätigkeit der begutachtung/korrektur von klausuren mit einem mit 30 minuten pro klausur am untersten rand des machbaren liegenden zeitaufwand mit nur 10,00 euro zu vergüten, sei nicht ersichtlich. bei dieser zeitbemessung seien die vorbereitung der klausurkorrektur, das aussuchen der klausur, die auseinandersetzung mit der lösungsskizze des prüfungsamtes und die erwägung etwaiger alternativer lösungswege noch gar nicht einbezogen. auf die zeiteinheit von 45 minuten hochgerechnet läge die vergütung bei 16,00 euro. dass ein satz von 16,00 euro für eine klausurkorrektur angemessen sei, habe der beklagte letztlich auch damit anerkannt, dass er mittlerweile nach den rv d. jm (2103 - ic. 53) in der fassung vom 17. dezember 2014 (nachfolgend rv jm (2103 - ic. 53) 2014) eine mindestvergütung von 160,00 euro für leiter „kleiner“ arbeitsgemeinschaft eingeführt habe, dies offenbar nur aus angst, bei kleinen arbeitsgemeinschaft keinen korrektor zu finden. eine nachvollziehbare begründung für die unterschiedliche vergütung der übungsstunden einerseits und der klausurkorrekturen andererseits habe der beklagte jedenfalls nicht liefern können. der hinweis auf die möglichkeit der freien bestimmung von zeit und ort der klausurkorrektur verfange insofern nicht.auch die vergütung für die aufsichtstätigkeit während der anfertigung der klausuren sei willkürlich zu niedrig bemessen. im übrigen dürfte sich bei genauer betrachtung des textes von ziffer a. 2.2 s. 2 der rv jm (2103 - ic. 53) 2010 („dem unterrichtenden wird die für die anfertigung von klausurarbeiten durch die auszubildenden personen festgesetzte zeit für je volle 45 minuten wie unterricht vergütet“) sogar ein vergütungsanspruch in höhe von 24,00 euro für je 45 minuten aufsicht ergeben. diese regelung finde sich auch noch in der rv jm (2103 - ic. 53) 2014.die argumentation des angefochtenen bescheides hinsichtlich der fertigung von zeugnissen für die teilnehmer der arbeitsgemeinschaften, dass diese tätigkeit mit der vergütung der unterrichtsstunden schon abgegolten sei, sei nicht nachvollziehbar. die fertigung der zeugnisse gehöre nicht zur vor- oder nachbereitung der unterrichtsstunden. hierunter könnten lediglich die tätigkeiten der inhaltlichen aufbereitung der jeweiligen unterrichtseinheit zu verstehen sein. zu berücksichtigen sei auch, dass bei der erstellung der zeugnisse auf beurteilungsbeiträge anderer leiter der arbeitsgemeinschaftsabschnitte, namentlich die der rechtsanwälte zurückgegriffen werden müsse. schon von daher könne es sich begrifflich nicht um die vor- und nachbereitung der eigenen unterrichtstunden handeln. ferner sei zu berücksichtigen, dass der präsident des landgerichts x. weder personelle noch sachliche mittel zur anfertigung der zeugnisse zur verfügung stelle. schließlich sei auch das argument nicht tragfähig, dass die erstellung der zeugnisse in zeitlicher hinsicht nur von untergeordnetem aufwand sei. 16der kläger beantragt, 17das beklagte land unter teilweiser aufhebung des bescheides des präsidenten des landgerichts x. vom 22. juli 2014 zu verurteilen, ihm auf seine anträge vom 27. märz 2014 und vom 6. april 2014 eine weitere vergütung in höhe von 255,57 euro zu zahlen, 18hilfsweise festzustellen, dass die in dem bescheid des präsidenten des landgerichts x. vom 22. juli 2014 festgesetzte vergütung rechtswidrig ist. 19das beklagte land beantragt, 20die klage abzuweisen. 21zur begründung trägt es vor: soweit der kläger geltend mache, dass sich bereits aus den richtlinien, etwa in verbindung mit dem grundsatz der selbstbindung der verwaltung, ein anspruch auf zahlung höherer beträge ergebe, dürfte zwar ein leistungs- bzw. verpflichtungsbegehren ohne weiteres statthaft sein. jedenfalls hinsichtlich der korrekturvergütung räume der kläger aber selbst ein, dass die bisherige verwaltungspraxis den richtlinien entspreche. er berufe sich also nicht auf eine vom richtlinieninhalt abweichende und gegebenenfalls anspruchsbegründende verwaltungspraxis, sondern vielmehr darauf, dass die richtlinien zu einer unangemessenen vergütung führten. es sei zweifelhaft, ob in einer solchen konstellation (etwa analog § 612 bürgerliches gesetzbuch [bgb] wie bei sittenwidrigen lohnvereinbarungen) unter entsprechender aufhebung des bescheides vom 22. juli 2014 die „übliche“ vergütung zugesprochen werden könne. jedenfalls im besoldungsrecht gelte der grundsatz, dass beamte und richter ihren auf eine höhere alimentation zielenden anspruch nur durch eine feststellungsklage geltend machen könnten. eine leistungsklage auf gewährung einer höheren, gesetzlich nicht vorgesehenen besoldung scheide aus. übertrage man dies auf den vorliegenden rechtsstreit, wäre der kläger zumindest teilweise auf die feststellungsklage zu verweisen.es dürfe unstreitig sein, dass es möglich sei, die höhe der vergütung von (freiwillig übernommenen) ausbildungstätigkeiten im rahmen von öffentlich-rechtlichen ausbildungsverhältnissen durch richtlinien zu regeln. fraglich sei lediglich, inwieweit rechtliche vorgaben zu beachten seien, wenn ein träger öffentlicher gewalt für die übernahme von (freiwilligen) (neben-)tätigkeiten eine vergütung vorsehe oder hiervon absehen wolle. insoweit sei lediglich das willkürverbot oder art. 12 gg zu beachten. eine entsprechende verletzung liege aber nicht vor. der höhe nach entspreche die dem kläger gezahlte vergütung den richtlinien in der jeweils maßgeblichen fassung. die richtlinien seien auch rechtmäßig, insbesondere verfassungskonform angewendet worden. die rv jm (2103 - ic. 53) 2010 sähen für die klausuraufsicht eine vergütung mit 10,00 euro pro klausur vor. eine vergütung für die erstellung von zeugnissen sei nicht geregelt und damit auch nicht vorgesehen. im hinblick auf die klausuraufsicht sei in den rv jm (2223 - i c. 1) 2004 eine vergütung in höhe von 16,20 eur bei einer mindestens vierstündigen aufsicht geregelt. etwas anderes ergebe sich insoweit auch nicht aus den rv jm (2103 - ic. 53) 2010. dort werde unter a. 2.4 nr. 2 eine vergütung für die klausuraufsicht ausdrücklich ausgeschlossen. insgesamt stehe damit die dem kläger gewährte vergütung im einklang mit den richtlinien. hierbei werde auch eine absolute mindestgrenze nicht unterschritten. eine solche ergebe sich insbesondere nicht aus art. 12 gg. es gehe bei der leitung von arbeitsgemeinschaften nicht um die schaffung oder erhaltung einer lebensgrundlage, so dass jedenfalls auf der abwägungsebene eine stärkere berücksichtigung des interesses, die öffentlichen kassen zu schonen, sachgerecht sei. nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts stehe aber dem gesetzgeber gerade im bereich des nebentätigkeitsrechts ein weiter gestaltungsspielraum zu. auch aus art. 33 abs. 5 gg ergebe sich nichts anderes. es sei nicht aufgabe des beklagten landes, den lebensunterhalt des klägers durch die gewährung einer vergütung für nebentätigkeiten in der juristenausbildung zu sichern. für die unterschiedliche vergütung von übungsstunden einerseits und der klausurkorrektur andererseits bestünden sachliche gründe, ebenso für die niedrige vergütung einer klausuraufsicht und die fehlende gesonderte vergütung für die erstellung von zeugnissen. die erstellung von zeugnissen sei im vergleich zu den übrigen tätigkeiten von untergeordneter bedeutung. bei der korrektur von klausuren stehe es den betroffenen frei, wann und wo diese vorgenommen werde. bei der klausuraufsicht stehe es dem betroffenen frei, währenddessen seinem hauptamt nachzugehen. 22wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten ergänzend bezug genommen. 23
24die klage ist sowohl mit dem haupt- als auch mit dem hilfsantrag jedenfalls unbegründet. 25es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der beklagte für die in rede stehenden tätigkeiten des klägers als arbeitsgemeinschaftsleiter keine über den im bescheid vom 22. juli 2014 festgesetzten betrag von insgesamt 326,20 euro hinausgehende vergütung zuerkannt hat. eine rechtsnorm, die dem kläger einen anspruch auf eine höhere vergütung vermittelt, existiert nicht. 26nach § 12 abs. 1 der verordnung über die nebentätigkeit der beamten und richter im lande nordrhein-westfalen (nebentätigkeitsverordnung - ntv), die für richter gemäß § 24 satz 1ntv - abgesehen von den in satz 2 geregelten ausnahmen - entsprechend gilt, darf eine vergütung für eine nebentätigkeit im öffentlichen dienst nicht gewährt werden, es sei denn, dass rechtsvorschriften etwas anderes bestimmen. nach § 12 abs. 2 nr. 2 ntv darf eine vergütung für nebentätigkeiten im öffentlichen dienst u.a. für lehr-, unterrichts- und prüfungstätigkeiten gewährt werden. diese (ausnahme-)vorschrift räumt dem dienstherrn explizit („darf“) ermessen ein. 27von diesem ermessen ist im hinblick auf die tätigkeit als leiter von referendar-arbeitsgemeinschaften gebrauch gemacht worden. eine vergütung wird hier gewährt nach den - im hinblick die arbeitsgemeinschaftsleitertätigkeit des klägers im zeitraum von juli 2013 bis februar 2014 maßgeblichen - rv jm (2103 - ic. 53) 2010 und rv jm (2223 - i c. 1) 2004. es handelt sich insoweit um verwaltungsvorschriften, durch die das dem dienstherrn eingeräumte ermessen näher ausgestaltet und gebunden worden ist (sog. ermessenslenkende verwaltungsvorschriften). diese verwaltungsvorschriften begründen in verbindung mit dem gleichheitsgrundsatz des art. 3 abs. 1 gg bei vorliegen der in ihnen geregelten voraussetzungen rechtsansprüche. 28vgl. ovg nrw, beschluss vom 4. juni 2002 - 1 a 178/00 -, juris, zu den beihilfevorschriften des bundes (bhv). 29die durch die hier einschlägigen verwaltungsvorschriften ausgestaltete verwaltungspraxis ist auch im falle des klägers zur anwendung gelangt. 30das gilt zunächst für die klausurkorrektur. so heißt es unter b. ii der rv jm (2103 - ic. 53) 2010, dass die vergütung für die korrektur einer klausur, die im rahmen einer arbeitsgemeinschaft gemäß § 43 abs. 2 nr. 4 juristenausbildungsgesetz nordrhein-westfalen (jag nrw) zu absolvieren ist, 10,00 euro beträgt. der kläger hat im einklang damit für die korrektur von 13 bzw. 18 klausuren 130,00 euro bzw. 180,00 euro erhalten. 31auch für die klausuraufsicht erhielt der kläger die insofern nach der verwaltungspraxis des beklagten vorgesehene vergütung. aus ziffer 1 der rv jm (2223 - i c. 1) 2004 ergibt sich, dass richter, die nebenamtlich bei den schriftlichen aufsichtsarbeiten für die erste und zweite juristische staatsprüfung sowie im rahmen der arbeitsgemeinschaften nach § 43 abs. 2 nr. 4 jag nrw die aufsicht führen, bei einer mindestens vierstündigen aufsicht eine vergütung von 16,20 euro erhalten. soweit der kläger in diesem zusammenhang auf punkt a. 2.2 satz 2 der rv jm (2103 - ic. 53) 2010 verweist, ergibt sich hieraus kein weitergehender anspruch. dort heißt es, dass dem unterrichtenden die für die anfertigung von klausurarbeiten durch die auszubildenden personen festgesetzte zeit für je volle 45 minuten wie unterricht vergütet wird. in s. 3 heißt es jedoch weiter, dass damit auch die korrektur der angefertigten klausurarbeiten abgegolten ist. ferner heißt es unter 2.4 nr. 2 ausdrücklich, dass eine vergütung für die führung der aufsicht bei der fertigung von klausurarbeiten nicht gezahlt wird. letztlich ist zwischen den beteiligten auch nicht streitig, dass sich die maßgebliche ständige verwaltungspraxis allein an ziffer 1 der rv jm (2223 - i c. 1) 2004 orientiert, wonach für eine mindestens vierstündige klausuraufsicht pauschal ein betrag von 16,20 euro gezahlt wird. jedenfalls hat der kläger keine fälle dargelegt, in denen abweichend von dieser praxis eine höhere vergütung geleistet wird. 32für das erstellen von zeugnissen zum abschluss der arbeitsgemeinschaften sehen die genannten verwaltungsvorschriften keinerlei vergütung vor. dementsprechend wurden dem kläger insoweit auch keine zahlungen geleistet. 33die mithin auch im falle des klägers konsequent angewandte ständige verwaltungspraxis im zusammenhang mit der vergütung von tätigkeiten eines arbeitsgemeinschaftsleiters begegnet auch ihrerseits keinen rechtlichen bedenken. insofern ist zunächst zu konstatieren, dass die gerichtliche kontrolle insoweit beschränkt ist. 34dies ergibt sich schon daraus, dass die verwaltungspraxis die ermessensebene betrifft, die nach § 114 satz 1 vwgo nur eingeschränkt überprüfbar ist. vorliegend ist auch zu berücksichtigen, dass dem dienstherrn im bereich des nebentätigkeitsrechts ohnehin ein weiter gestaltungsspielraum zusteht, in welchen tätigkeitsbereichen er nebentätigkeiten seiner beamten überhaupt zulässt, sie anzeigepflichtig gestaltet oder erhaltene vergütungen der teilweisen ablieferungspflicht unterwirft. er kann deswegen etwa auch eine pauschalierende und typisierende regelung treffen und bestimmen, welche art von nebentätigkeiten im öffentlichen interesse von solchen beschränkungen freizustellen sind, ohne dass gegen den gleichheitssatz verstoßen würde. 35vgl. bverfg, beschlüsse vom 16. januar 2007 - 2 bvr 1188/05 -, juris, und vom 1. september 2008- 2 bvr 1872/07 -, juris. 36in diesem sinne restriktiv regelt auch § 12 abs. 1 ntv, dass für eine nebentätigkeit im öffentlichen dienst eine vergütung grundsätzlich nicht gewährt werden darf. insofern unterliegt es keinen zweifeln, dass der kläger dieser regelung unterfällt. daran ändert auch der umstand nichts, dass im bereich der referendarausbildung auch nicht im öffentlichen dienst stehende und damit nicht dem nebentätigkeitsrecht unterfallende ausbilder und arbeitsgemeinschaftsleiter, insbesondere rechtsanwälte, tätig sind. 37neben dem grundsätzlichen ausschluss nach § 12 abs. 1 ntv kommt abs. 2 der vorschrift mit den dort enumerativ aufgeführten bereichen ein ausnahmecharakter zu, der ebenfalls bei der frage des gestaltungsspielraums zu berücksichtigen ist. wenn es schon im ermessen des dienstherrn steht, überhaupt eine vergütung zu leisten, steht ihm - wenn er sich dafür entscheidet - bei der ausgestaltung im einzelnen und insbesondere auch bei der frage der höhe der vergütung ein großer spielraum zu. insoweit ist durch das gericht lediglich zu prüfen, inwieweit sich die verwaltungspraxis und die zu deren gestaltung erlassenen richtlinien im rahmen der ermächtigung halten und das willkürverbot nicht verletzt wird. 38vgl. vg köln, urteil vom 25. mai 2016 - 3 k 5438/15 -, zur vergütung für die klausurkorrektur in der ersten juristischen staatsprüfung; siehe zum maßstab der willkür auch vg köln, gerichtsbescheid vom 13. april 2016 - 16 k 3849/15 -, juris. 39ein anderer maßstab ergibt sich auch nicht aus der rechtsprechung im zusammenhang mit besoldungsfragen. aufgrund des alimentationsprinzpips (art. 33 abs. 5 gg) ist der dienstherr verpflichtet, dem beamten einen amtsangemessenen unterhalt zu leisten. das alimentationsprinzip ist insoweit den hergebrachten grundsätzen des berufsbeamtentums zuzurechnen. 40vgl. bverfg, urteil vom 5. mai 2015 - 2 bvl 17/09 u.a. -, juris. 41dies gilt im hinblick auf die vergütung von nebentätigkeiten im öffentlichen dienst allerdings mit blick auf die oben beschriebene konzeption des § 12 ntv, wonach die vergütung letztlich eine ausnahme darstellt, nicht. die hier in rede stehenden vergütungen unterfallen nicht dem alimentationsgrundsatz. 42vgl. vg köln, urteil vom 25. mai 2016 - 3 k 5438/15 -. 43von daher gelten hier nicht die anforderungen nach der soeben zitierten entscheidung des bundesverfassungsgerichts, wobei selbst im dortigen zusammenhang mit art. 33 abs. 5 gg der weite gestaltungsspielraum des gesetzgebers betont und eine beschränkte gerichtliche überprüfbarkeit im hinblick auf eine evident unzureichende alimentierung angenommen wird. 44eine verletzung des im vorliegenden fall mithin allein zugrunde zu legenden, aus art. 3 abs. 1 gg abzuleitenden willkürverbots ist nicht gegeben. eine solche verletzung kommt nur dann in betracht, wenn die angelegten kriterien unter keinem denkbaren aspekt rechtlich vertretbar sind und sich daher der schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden erwägungen beruhen. 45vgl. bverfg, urteil vom 8. juli 1997 - 1 bvr 1934/93 -, bverfge 96, 189. 46unter dem gesichtspunkt von art. 3 abs. 1 gg ist die - durch die genannten richtlinien ausgestaltete - verwaltungspraxis des beklagten bei der vergütung von arbeitsgemeinschaftsleitertätigkeiten zunächst insoweit nicht zu beanstanden, als hier - soweit ersichtlich - alle betroffenen nach denselben maßgaben behandelt werden. eine ungleichbehandlung im vergleich zu anderen arbeitsgemeinschaftsleitern macht auch der kläger nicht geltend. 47im übrigen hat der beklagte in seiner klageerwiderung die bestehende praxis bzw. die regelungen in den einschlägigen richtlinien näher erläutert und - jedenfalls nicht evident unvertretbare - gründe für die vergütung bzw. nichtvergütung der einzelnen, vom kläger geltend gemachten tätigkeiten aufgeführt. die inhaltliche bewertung der einzelnen aspekte entzieht sich dabei einer näheren kontrolle durch das gericht. insbesondere fällt es nicht in die kompetenz des gerichts, sinnvollere regelungen im zusammenhang mit der vergütung von arbeitsgemeinschaftsleitern zu erwägen, sondern es ist allein - unter beachtung des weiten spielraums des beklagten - die vertretbarkeit der vorhandenen regelungen zu überprüfen. 48insoweit ist es zunächst vertretbar, die korrektur von klausuren pauschaliert (mit 10,00 euro bzw. nunmehr - nach den rv jm (2103 - ic. 53) 2014 - mit 12,00 euro pro klausur zu vergüten. es erscheint keineswegs zwingend, sich hier an der vergütung für die unterrichtsstunden zu orientieren und die vergütung der klausurkorrekturen unter zeitlichen gesichtspunkten hieran anzupassen. die individuelle betrachtungsweise des klägers und seine einschätzung zum zeitlichen aufwand einer klausurkorrektur sind insoweit nicht geeignet, die pauschalierung als unvertretbar erscheinen zu lassen. auch der hinweis des beklagten, dass die korrektur von klausuren zeitlich und örtlich flexibler durchgeführt werden kann als die übungsstunden, erweist sich nicht als von vornherein sachwidrig. 49es erscheint des weiteren nicht als unvertretbar, für die erstellung von zeugnissen keine gesonderte vergütung vorzusehen, sondern diese tätigkeiten noch - aufgrund eines untergeordneten umfangs - als teil der nachbereitung der übungsstunden anzusehen. die auslegung des begriffs der nachbereitung obliegt insoweit dem beklagten und nicht dem kläger. 50es ist auch nicht evident sachwidrig, die klausuraufsicht mit einer pauschale von 16,20 euro zu vergüten. eine orientierung am mindestlohn ist im bereich der (freiwilligen) ausübung von nebentätigkeiten im öffentlichen dienst nicht geboten. auch erscheinen hier die argumente des beklagten (etwa möglichkeit, tätigkeiten des hauptamtes wahrzunehmen) ungeachtet der diesbezüglichen einschätzung des klägers nicht von vornherein als unvertretbar. 51die allgemeine überlegung, den haushalt zu schonen, ist im hiesigen kontext ebenfalls durchaus legitim. 52eine verletzung des willkürverbots liegt schließlich auch nicht insoweit vor, als die tätigkeiten einzeln betrachtet bzw. zusammen genommen unterhalb einer mindestgrenze vergütet würden. die notwendigkeit einer bestimmten mindestgrenze ist mit blick auf die oben dargestellte konzeption nach § 12 ntv (grundsätzlich keine vergütung; in bestimmten fällen nach ermessen) schon nicht ersichtlich. 53zu berücksichtigen ist in diesem zusammenhang schließlich, dass mit der rv jm (2103 - ic. 53) 2014 eine, wenn auch moderate erhöhung der vergütung für arbeitsgemeinschaftsleiter vorgenommen wurde. überdies zeigen die von dem beklagten vorgelegten informationen zur vergütungspraxis in den anderen bundesländern, ungeachtet der frage der tatsächlichen vergleichbarkeit mit blick auf die strukturellen unterschiede in den einzelnen ländern, dass - auch wenn insoweit art. 3 abs. 1 gg keine rolle spielt und allenfalls ein indizieller charakter angenommen werden könnte - die vergütung in nordrhein-westfalen keineswegs nach unten aus dem rahmen fällt. 54eine verletzung des willkürverbotes lässt sich nach allem nicht feststellen. 55ein verstoß der verwaltungspraxis des beklagten gegen art. 12 abs. 1 gg liegt ebenfalls nicht vor. ungeachtet der frage der einschlägigkeit des schutzbereichs wäre ein etwaiger eingriff jedenfalls nach den obigen ausführungen gerechtfertigt. 56die kostenentscheidung beruht auf § 154 absatz 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 absatz 1 satz 1 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo. 57die berufung ist - trotz erfolgter einzelrichterübertragung - gemäß § 124 abs. 2 nr. 3 vwgo wegen grundsätzlicher bedeutung zuzulassen. die hier entschiedenen fragen zum ermessensspielraum des dienstherrn bei der vergütung von nebentätigkeiten in gestalt der leitung von rechtsreferendar-arbeitsgemeinschaften und zum verbot jedenfalls von willkür erscheinen - insbesondere auch nach den erörterungen in der mündlichen verhandlung - nach jetziger auffassung des einzelrichters im sinne der rechtseinheit klärungsbedürftig. einschlägige rechtsprechung des ovg nrw existiert hierzu bislang, soweit ersichtlich, nicht. 58beschluss: 59der streitwert wird auf 255,57 euro festgesetzt. 60gründe: 61die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 absatz 1 und 3 gkg erfolgt.
Verklagte*r
0
182,031
13 K 3877/13
2014-03-21T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des aus dem Urteil jeweils vollstreckbaren Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten, ihr die Kosten der Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren zu erstatten. 3Die am 00.0.1957 geborene Klägerin ist eine langjährige, tariflich nicht mehr kündbare Beschäftigte der Deutschen Post AG mit einem Grad der Schwerbehinderung von 50. Sie ist als Briefzustellerin in X. tätig. 4Die Deutsche Post AG beantragte mit Schreiben vom 13. Februar 2012 beim Beklagten die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Klägerin mit sozialer Auslauffrist von sieben Monaten zum 31. Oktober 2012 nach § 91 SGB IX aus personenbedingten Gründen. 5Nach Durchführung einer Kündigungsschutzverhandlung erteilte das Integrationsamt des Beklagten mit Bescheid vom 29. Februar 2012 die beantragte Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist. Die Deutsche Post AG sprach die entsprechende Kündigung mit Schreiben vom 13. März 2012 aus. 6Am 16. März 2012 erhob die Klägerin eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht X. und legte mit Schreiben vom 19. März 2012 Widerspruch gegen die Zustimmungsentscheidung des Beklagten ein, den sie mit Schreiben vom 18. April 2012, 22. Mai 2012 und 18. Juni 2012 begründete. 7Mit Urteil vom 28. Juni 2012 stellte das Arbeitsgericht X. die Unwirksamkeit der von der Deutschen Post AG ausgesprochenen Kündigung fest. Diese sei nicht unverzüglich im Sinne des § 91 Absatz 5 SGB IX ausgesprochen worden. Zudem fehle es an einem wichtigen Grund i.S.v. § 626 Absatz 1 BGB. U. a. beruhe die Eignungsbeurteilung vom 3. Januar 2012, auf die die Deutsche Post AG ihre Einschätzung stütze, dass die Klägerin dauernd zur Erbringung der vertragsgemäßen Leistung unfähig sei, nicht auf einer tatsächlichen ärztlichen Untersuchung der Klägerin. 8Die anhängig gemachte Berufung nahm die Deutsche Post AG ausweislich des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts E2. vom 3. Dezember 2012 zurück, nachdem das Gericht in der mündlichen Verhandlung am 15. November 2012 darauf hingewiesen hatte, dass im Kündigungszeitpunkt keine hinreichenden Indizien für eine krankheitsbedingte andauernde Arbeitsunfähigkeit der Klägerin vorgelegen haben dürften. 9Mit Schreiben vom 21. Januar 2013 teilte die Klägerin dem Beklagten den Ausgang des arbeitsgerichtlichen Verfahrens mit und bat darum, nunmehr über ihren Widerspruch gegen die Zustimmung zur Kündigung zu entscheiden. Zugleich beantragte sie, die Kosten des Widerspruchsverfahrens einschließlich der Kosten des bevollmächtigten Rechtsanwaltes dem Widerspruchsgegner aufzuerlegen. 10Der Beklagte führte mit Schreiben vom 4. Februar 2013 aus, dass sich der Widerspruch durch den Abschluss des arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzverfahrens und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Klägerin erledigt habe und daher unzulässig geworden sei. Er müsse daher zurückgewiesen werden. Gemäß § 63 SGB X sei keine Kostenentscheidung zugunsten der Klägerin möglich. Die gestellten Anträge wären daher insgesamt zurückzuweisen. Er rege daher an, den Widerspruch zurückzunehmen. 11Die Klägerin bat mit Schreiben vom 12. Februar 2013 erneut um Entscheidung über ihren Widerspruch. Der Beklagte sei nach § 118 SGB IX, § 73 VwGO verpflichtet, dem Widerspruch abzuhelfen oder einen Widerspruchsbescheid zu erlassen. Er habe über den Widerspruch nicht in angemessener Frist i.S.v. § 75 VwGO entschieden, denn ihre Widerspruchsbegründung habe ihm jedenfalls seit dem 18. April 2012 vorgelegen. In entsprechender Anwendung des § 161 Absatz 2 VwGO (gemeint sein dürfte § 161 Absatz 3 VwGO) habe daher er die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu tragen, da sie, die Klägerin, vor Klageerhebung mit einer Entscheidung über den Widerspruch habe rechnen dürfen. 12Mit Widerspruchsbescheid vom 21. März 2013, der beim Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25. März 2013 einging, wies der Widerspruchsausschuss des Beklagten den Widerspruch als unzulässig zurück und lehnte die Kostenerstattung ab. Zur Begründung führte er aus, dass das Rechtsschutzbedürfnis für eine Widerspruchsentscheidung fehle. Da das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Deutschen Post AG nach der rechtskräftigen Entscheidung im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht gekündigt sei, sondern fortgesetzt werde, bedürfe es des spezifischen Schutzes der schwerbehinderten Klägerin durch das SGB IX nicht mehr. Der Verwaltungsakt gehe zudem ins Leere, denn er könne die ihm zugedachte Regelungswirkung nicht mehr entfalten. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Aufhebung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung bestehe daher nicht mehr. Entfalle das Rechtsschutzbedürfnis für das Widerspruchsverfahren und gebe die Klägerin keine, eine Sachentscheidung im Übrigen beendende Erklärung ab, so sei der Widerspruch mit der entsprechenden Kostenfolge als unzulässig abzuweisen. Denn nach § 63 SGB X komme eine Kostenerstattung nur in Betracht, wenn der Widerspruch erfolgreich sei, d.h. wenn dem Widerspruch stattgegeben werde. 13Die Klägerin hat am 19. April 2013 die vorliegende Klage erhoben. Zu deren Begründung führt sie ergänzend aus: Der Beklagte verkenne, dass er zu einer Entscheidung verpflichtet sei und die Kosten des Prozessbevollmächtigten deshalb erstattungsfähig seien, weil die Zuziehung eines Rechtsanwalts notwendig gewesen sei. Im Übrigen verkenne er, dass allein die Untätigkeit über einen Zeitraum von fast einem Jahr dazu geführt habe, dass er sich nunmehr auf ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf die Ergebnisse der arbeitsgerichtlichen Urteile berufen könne. Wäre der Beklagte nicht untätig gewesen, hätte er in jedem Fall über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Anwalts im Vorverfahren entscheiden müssen. 14Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt, 151.16den Bescheid der Beklagten vom 29. Februar 2012 in Form des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 21. März 2013 aufzuheben, 2.17die Beklagte zu verpflichten, die der Klägerin im Vorverfahren entstandenen Kosten des verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwaltes zu erstatten. 18Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 19die Klage abzuweisen. 20Zur Begründung nimmt er auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses vom 21. März 2013 Bezug. 21Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 29. August 2013 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. 22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten (Beiakte Heft 1) Bezug genommen. 23Entscheidungsgründe: 24Die Einzelrichterin ist für die Entscheidung zuständig, nachdem ihr die Kammer den Rechtsstreit gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch Beschluss vom 5. März 2014 zur Entscheidung übertragen hat. 25Die Entscheidung konnte gemäß § 101 Absatz 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung ergehen, nachdem die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 29. August 2013 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben. 26Ausweislich der Ausführungen der Klägerin in der Klageschrift ist ihr Begehren auf eine Erstattung ihrer Kosten im isolierten Verwaltungsvorverfahren gerichtet. Dies erfordert, soweit die Behörde wie vorliegend die Erstattung ablehnt, erstens eine mit der Verpflichtungsklage zu erstreitende Kostenentscheidung des Beklagten zu ihren Gunsten nach § 63 Absatz 1 Satz 1 SGB X sowie zweitens den in der Kostenentscheidung enthaltenen zusätzlichen Ausspruch nach § 63 Absatz 2 SGB X, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war. Der auf die Kostenfolge nach § 63 Absatz 2 SGB X beschränkte Klageantrag der Klägerin war daher in diesem Sinne auszulegen. 27Die mit diesem Antrag zulässige Verpflichtungsklage ist jedoch unbegründet. 28Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der im Vorverfahren entstandenen Kosten. 29Nach § 63 Absatz 1 Satz 1 SGB X hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind unter dieser Voraussetzung erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war, § 63 Absatz 2 SGB X. 30Hiernach steht der Klägerin ein Erstattungsanspruch nicht zu. Ihr Widerspruch hatte keinen Erfolg im Sinne von § 63 Absatz 1 Satz 1 SGB X. 31Ob ein Widerspruch erfolgreich ist, ist am tatsächlichen (äußeren) Verfahrensgang der §§ 68 ff. VwGO zu messen. „Erfolgreich“ ist ein Widerspruch in diesem Sinne, wenn die Behörde das Widerspruchsverfahren durch eine Verwaltungsentscheidung abgeschlossen hat, die dem Widerspruch des Widerspruchsführers (ganz oder teilweise) abhilft oder ihm stattgibt, weil sie ihn in der Sache für begründet hält. Erledigt sich ein Widerspruch hingegen auf andere Weise, so war er nicht erfolgreich in diesem Sinne, 32vgl. zu dem insoweit mit § 63 SGB X strukturgleichen § 80 VwVfG: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 23. Februar 1982 – 7 C 72/79 -, juris, Rn 13, m.w.N., vom 18. April 1996- 4 C 6/95 -, juris, Rn 14 f., und vom 26. März 2003 – 6 C 24/02-, juris, Rn 22; VG Hannover, Urteil vom 23. September 2008 - 3 A 4599/06-, juris, Rn 16; VG E2. , Gerichtsbescheid vom 25. Juli 2003 - 17 K 113/01 -, juris, Rn 23 f.; zu § 63 SGB X: Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19. Juni 2012- B 4 A S 142/11 R -, juris, Rn 12. 33Der Beklagte hat dem Widerspruch der Klägerin nicht stattgegeben, sondern ihn zu Recht bereits als unzulässig zurückgewiesen, weil der Klägerin das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlte. Nachdem die Kündigungsschutzklage der Klägerin Erfolg hatte und das Fortbestehen ihres Arbeitsverhältnisses nach Rücknahme der Berufung durch den Arbeitgeber spätestens mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts E2. vom 3. Dezember 2012 rechtskräftig feststand, entfiel das Rechtsschutzbedürfnis für den auf die Aufhebung der Zustimmungsentscheidung des Integrationsamtes des Beklagten gerichteten Widerspruch vom 19. März 2012. Denn die begehrte Aufhebung der Zustimmungsentscheidung hätte der Klägerin wegen des bereits rechtskräftig festgestellten Fortbestandes ihres Arbeitsverhältnisses keine rechtlichen Vorteile mehr bringen können, 34vgl. VG E2. , 10. Juni 2013 – 13 K 6670/12 - , juris, Rn 47; VG München, Urteil vom 23. Juni 2005 – M 15 K 03.3092 -, juris, Rn 17. 35Der Zustimmungsbescheid hatte sich daher vor der Widerspruchsentscheidung des Beklagten erledigt und entfaltete für die Klägerin keine belastende Rechtswirkung mehr. Damit hatte die Klägerin sich zwar arbeitsrechtlich erfolgreich gegen die ausgesprochene Kündigung gewehrt; das Widerspruchsverfahren als solches hatte sich aber erledigt. War der Widerspruch der Klägerin daher aber im Sinne von § 63 Absatz 1 Satz 1 VwGO erfolglos, besteht kein Anspruch auf Erstattung der Kosten des Vorverfahrens und mithin auch kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwaltes nach § 63 Absatz 2 SGB X, 36vgl. auch Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 7. August 1990 – 8 A 603/88-, NVwZ-RR 1991, 223. 37Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt eine Kostenerstattung auch nicht in entsprechender Anwendung des § 161 Absatz 2 oder Absatz 3 VwGO in Betracht. Es besteht keine im Wege einer Analogie ausfüllungsbedürftige Gesetzeslücke. Das SGB X regelt selbständig und abschließend, in welchem Umfang die Kosten des Vorverfahrens zu erstatten sind. 38Für die mit § 63 SGB X insoweit vergleichbare Regelung des § 80 VwVfG vertritt das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung, dass diese Vorschrift die Kostenerstattung im isolierten Widerspruchsverfahren abschließend regelt und eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift oder der Kostenregelungen der §§ 154 ff. VwGO, insbesondere des § 161 Absatz 2 VwGO, nicht zulässig ist, 39vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Februar 1982 – 7 C 72/79 -, juris, Rn 14 f., und vom 11. Mai 1981- 6 C 121/80 -, juris, Rn 12 ff; OVG NRW, Urteil vom 7. August 1990 – 8 A 603/88-, NVwZ-RR 1991, 223. 40Da der Gesetzgeber in Kenntnis und trotz der vielfach als unbefriedigend angesehenen Rechtslage in § 80 VwVfG eine Regelung der Erstattung von Kosten und Auslagen nur für einen (teilweise) erfolgreichen, d.h. stattgebenden Widerspruch getroffen hat, kommt die Annahme einer im Wege einer Analogie zu füllenden Gesetzeslücke für die auch jetzt noch nicht geregelten Fälle der Erledigung eines Widerspruchsverfahrens in anderer Weise nicht in Betracht, 41vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 1982 – 7 C 72/79 -, juris, Rn 14. 42Dieser Auffassung schließt sich das erkennende Gericht an. Sie ist auf § 63 SGB X, der unter bewusster Übernahme des Wortlauts des § 80 VwVfG zeitlich nach diesem erlassen wurde, 43vgl. BT-Drucksache 08/2034, S. 36, http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/08/020/0802034.pdf, zu Artikel 1 § 61 des Entwurfs - heute § 63 SGB X, 44übertragbar mit der Folge, dass auch in seinem Geltungsbereich im Falle einer Erledigung eines Widerspruchs in sonstiger Weise die entsprechende Anwendung von Vorschriften der VwGO oder ZPO nicht in Betracht kommt, 45vgl. gegen eine entsprechende Anwendbarkeit von § 161 VwGO auch: OVG NRW, Urteil vom 7. August 1990 – 8 A 603/88-, NVwZ-RR 1991, 223; VG München, Urteil vom 17. Oktober 2001- M 18 K 01.30 - , juris, Rn 22 f.; VG E2. , Gerichtsbescheid vom 25. Juli 2003 – 17 K 113/01 -, juris, Rn 26 f, 28; VG Hannover, Urteil vom 23. September 2008 – 3 A 4599/06 -, juris, Rn 16. 46Entgegen der Auffassung der Klägerin kann daher ein Kostenerstattungsanspruch im isolierten Vorverfahren nicht auf § 161 Absatz 2 VwGO gestützt werden mit der Folge, dass eine Kostenerstattung nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der bisherigen Sach- und Rechtslage nicht in Betracht kommt. Gleiches gilt für die Regelung des § 161 Absatz 3 VwGO, so dass entgegen der Auffassung der Klägerin auch der Umstand, dass der Widerspruchsausschuss erst nach etwas mehr als einem Jahr und daher nicht in angemessener Frist im Sinne des § 75 Satz 1 VwGO über ihren Widerspruch entschieden hat, nicht zu einer Kostentragungspflicht des Beklagten führt. 47Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Absatz 1, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung des beklagten durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des aus dem urteil jeweils vollstreckbaren betrags leistet. 1
2die klägerin begehrt die verpflichtung des beklagten, ihr die kosten der rechtsverfolgung im widerspruchsverfahren zu erstatten. 3die am 00.0.1957 geborene klägerin ist eine langjährige, tariflich nicht mehr kündbare beschäftigte der deutschen post ag mit einem grad der schwerbehinderung von 50. sie ist als briefzustellerin in x. tätig. 4die deutsche post ag beantragte mit schreiben vom 13. februar 2012 beim beklagten die zustimmung zur außerordentlichen kündigung der klägerin mit sozialer auslauffrist von sieben monaten zum 31. oktober 2012 nach § 91 sgb ix aus personenbedingten gründen. 5nach durchführung einer kündigungsschutzverhandlung erteilte das integrationsamt des beklagten mit bescheid vom 29. februar 2012 die beantragte zustimmung zur außerordentlichen kündigung mit sozialer auslauffrist. die deutsche post ag sprach die entsprechende kündigung mit schreiben vom 13. märz 2012 aus. 6am 16. märz 2012 erhob die klägerin eine kündigungsschutzklage beim arbeitsgericht x. und legte mit schreiben vom 19. märz 2012 widerspruch gegen die zustimmungsentscheidung des beklagten ein, den sie mit schreiben vom 18. april 2012, 22. mai 2012 und 18. juni 2012 begründete. 7mit urteil vom 28. juni 2012 stellte das arbeitsgericht x. die unwirksamkeit der von der deutschen post ag ausgesprochenen kündigung fest. diese sei nicht unverzüglich im sinne des § 91 absatz 5 sgb ix ausgesprochen worden. zudem fehle es an einem wichtigen grund i.s.v. § 626 absatz 1 bgb. u. a. beruhe die eignungsbeurteilung vom 3. januar 2012, auf die die deutsche post ag ihre einschätzung stütze, dass die klägerin dauernd zur erbringung der vertragsgemäßen leistung unfähig sei, nicht auf einer tatsächlichen ärztlichen untersuchung der klägerin. 8die anhängig gemachte berufung nahm die deutsche post ag ausweislich des beschlusses des landesarbeitsgerichts e2. vom 3. dezember 2012 zurück, nachdem das gericht in der mündlichen verhandlung am 15. november 2012 darauf hingewiesen hatte, dass im kündigungszeitpunkt keine hinreichenden indizien für eine krankheitsbedingte andauernde arbeitsunfähigkeit der klägerin vorgelegen haben dürften. 9mit schreiben vom 21. januar 2013 teilte die klägerin dem beklagten den ausgang des arbeitsgerichtlichen verfahrens mit und bat darum, nunmehr über ihren widerspruch gegen die zustimmung zur kündigung zu entscheiden. zugleich beantragte sie, die kosten des widerspruchsverfahrens einschließlich der kosten des bevollmächtigten rechtsanwaltes dem widerspruchsgegner aufzuerlegen. 10der beklagte führte mit schreiben vom 4. februar 2013 aus, dass sich der widerspruch durch den abschluss des arbeitsgerichtlichen kündigungsschutzverfahrens und den fortbestand des arbeitsverhältnisses der klägerin erledigt habe und daher unzulässig geworden sei. er müsse daher zurückgewiesen werden. gemäß § 63 sgb x sei keine kostenentscheidung zugunsten der klägerin möglich. die gestellten anträge wären daher insgesamt zurückzuweisen. er rege daher an, den widerspruch zurückzunehmen. 11die klägerin bat mit schreiben vom 12. februar 2013 erneut um entscheidung über ihren widerspruch. der beklagte sei nach § 118 sgb ix, § 73 vwgo verpflichtet, dem widerspruch abzuhelfen oder einen widerspruchsbescheid zu erlassen. er habe über den widerspruch nicht in angemessener frist i.s.v. § 75 vwgo entschieden, denn ihre widerspruchsbegründung habe ihm jedenfalls seit dem 18. april 2012 vorgelegen. in entsprechender anwendung des § 161 absatz 2 vwgo (gemeint sein dürfte § 161 absatz 3 vwgo) habe daher er die kosten des widerspruchsverfahrens zu tragen, da sie, die klägerin, vor klageerhebung mit einer entscheidung über den widerspruch habe rechnen dürfen. 12mit widerspruchsbescheid vom 21. märz 2013, der beim prozessbevollmächtigten der klägerin am 25. märz 2013 einging, wies der widerspruchsausschuss des beklagten den widerspruch als unzulässig zurück und lehnte die kostenerstattung ab. zur begründung führte er aus, dass das rechtsschutzbedürfnis für eine widerspruchsentscheidung fehle. da das arbeitsverhältnis zwischen der klägerin und der deutschen post ag nach der rechtskräftigen entscheidung im arbeitsgerichtlichen verfahren nicht gekündigt sei, sondern fortgesetzt werde, bedürfe es des spezifischen schutzes der schwerbehinderten klägerin durch das sgb ix nicht mehr. der verwaltungsakt gehe zudem ins leere, denn er könne die ihm zugedachte regelungswirkung nicht mehr entfalten. ein rechtsschutzbedürfnis für die aufhebung der zustimmung zur außerordentlichen kündigung bestehe daher nicht mehr. entfalle das rechtsschutzbedürfnis für das widerspruchsverfahren und gebe die klägerin keine, eine sachentscheidung im übrigen beendende erklärung ab, so sei der widerspruch mit der entsprechenden kostenfolge als unzulässig abzuweisen. denn nach § 63 sgb x komme eine kostenerstattung nur in betracht, wenn der widerspruch erfolgreich sei, d.h. wenn dem widerspruch stattgegeben werde. 13die klägerin hat am 19. april 2013 die vorliegende klage erhoben. zu deren begründung führt sie ergänzend aus: der beklagte verkenne, dass er zu einer entscheidung verpflichtet sei und die kosten des prozessbevollmächtigten deshalb erstattungsfähig seien, weil die zuziehung eines rechtsanwalts notwendig gewesen sei. im übrigen verkenne er, dass allein die untätigkeit über einen zeitraum von fast einem jahr dazu geführt habe, dass er sich nunmehr auf ein fehlendes rechtsschutzbedürfnis im hinblick auf die ergebnisse der arbeitsgerichtlichen urteile berufen könne. wäre der beklagte nicht untätig gewesen, hätte er in jedem fall über die notwendigkeit der hinzuziehung eines anwalts im vorverfahren entscheiden müssen. 14die klägerin hat schriftsätzlich beantragt, 151.16den bescheid der beklagten vom 29. februar 2012 in form des widerspruchsbescheides der beklagten vom 21. märz 2013 aufzuheben, 2.17die beklagte zu verpflichten, die der klägerin im vorverfahren entstandenen kosten des verfahrensbevollmächtigten rechtsanwaltes zu erstatten. 18der beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 19die klage abzuweisen. 20zur begründung nimmt er auf die ausführungen im widerspruchsbescheid des widerspruchsausschusses vom 21. märz 2013 bezug. 21die beteiligten haben mit schriftsätzen vom 29. august 2013 auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet. 22wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakte sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs des beklagten (beiakte heft 1) bezug genommen. 23
24die einzelrichterin ist für die entscheidung zuständig, nachdem ihr die kammer den rechtsstreit gemäß § 6 absatz 1 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) durch beschluss vom 5. märz 2014 zur entscheidung übertragen hat. 25die entscheidung konnte gemäß § 101 absatz 2 vwgo ohne mündliche verhandlung ergehen, nachdem die beteiligten mit schriftsätzen vom 29. august 2013 auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet haben. 26ausweislich der ausführungen der klägerin in der klageschrift ist ihr begehren auf eine erstattung ihrer kosten im isolierten verwaltungsvorverfahren gerichtet. dies erfordert, soweit die behörde wie vorliegend die erstattung ablehnt, erstens eine mit der verpflichtungsklage zu erstreitende kostenentscheidung des beklagten zu ihren gunsten nach § 63 absatz 1 satz 1 sgb x sowie zweitens den in der kostenentscheidung enthaltenen zusätzlichen ausspruch nach § 63 absatz 2 sgb x, dass die zuziehung eines bevollmächtigten im vorverfahren notwendig war. der auf die kostenfolge nach § 63 absatz 2 sgb x beschränkte klageantrag der klägerin war daher in diesem sinne auszulegen. 27die mit diesem antrag zulässige verpflichtungsklage ist jedoch unbegründet. 28die klägerin hat keinen anspruch auf erstattung der im vorverfahren entstandenen kosten. 29nach § 63 absatz 1 satz 1 sgb x hat, soweit der widerspruch erfolgreich ist, der rechtsträger, dessen behörde den angefochtenen verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden rechtsverfolgung oder rechtsverteidigung notwendigen aufwendungen zu erstatten. die gebühren und auslagen eines rechtsanwalts oder eines sonstigen bevollmächtigten im vorverfahren sind unter dieser voraussetzung erstattungsfähig, wenn die zuziehung eines bevollmächtigten notwendig war, § 63 absatz 2 sgb x. 30hiernach steht der klägerin ein erstattungsanspruch nicht zu. ihr widerspruch hatte keinen erfolg im sinne von § 63 absatz 1 satz 1 sgb x. 31ob ein widerspruch erfolgreich ist, ist am tatsächlichen (äußeren) verfahrensgang der §§ 68 ff. vwgo zu messen. „erfolgreich“ ist ein widerspruch in diesem sinne, wenn die behörde das widerspruchsverfahren durch eine verwaltungsentscheidung abgeschlossen hat, die dem widerspruch des widerspruchsführers (ganz oder teilweise) abhilft oder ihm stattgibt, weil sie ihn in der sache für begründet hält. erledigt sich ein widerspruch hingegen auf andere weise, so war er nicht erfolgreich in diesem sinne, 32vgl. zu dem insoweit mit § 63 sgb x strukturgleichen § 80 vwvfg: bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteile vom 23. februar 1982 – 7 c 72/79 -, juris, rn 13, m.w.n., vom 18. april 1996- 4 c 6/95 -, juris, rn 14 f., und vom 26. märz 2003 – 6 c 24/02-, juris, rn 22; vg hannover, urteil vom 23. september 2008 - 3 a 4599/06-, juris, rn 16; vg e2. , gerichtsbescheid vom 25. juli 2003 - 17 k 113/01 -, juris, rn 23 f.; zu § 63 sgb x: bundessozialgericht (bsg), urteil vom 19. juni 2012- b 4 a s 142/11 r -, juris, rn 12. 33der beklagte hat dem widerspruch der klägerin nicht stattgegeben, sondern ihn zu recht bereits als unzulässig zurückgewiesen, weil der klägerin das erforderliche rechtsschutzbedürfnis fehlte. nachdem die kündigungsschutzklage der klägerin erfolg hatte und das fortbestehen ihres arbeitsverhältnisses nach rücknahme der berufung durch den arbeitgeber spätestens mit beschluss des landesarbeitsgerichts e2. vom 3. dezember 2012 rechtskräftig feststand, entfiel das rechtsschutzbedürfnis für den auf die aufhebung der zustimmungsentscheidung des integrationsamtes des beklagten gerichteten widerspruch vom 19. märz 2012. denn die begehrte aufhebung der zustimmungsentscheidung hätte der klägerin wegen des bereits rechtskräftig festgestellten fortbestandes ihres arbeitsverhältnisses keine rechtlichen vorteile mehr bringen können, 34vgl. vg e2. , 10. juni 2013 – 13 k 6670/12 - , juris, rn 47; vg münchen, urteil vom 23. juni 2005 – m 15 k 03.3092 -, juris, rn 17. 35der zustimmungsbescheid hatte sich daher vor der widerspruchsentscheidung des beklagten erledigt und entfaltete für die klägerin keine belastende rechtswirkung mehr. damit hatte die klägerin sich zwar arbeitsrechtlich erfolgreich gegen die ausgesprochene kündigung gewehrt; das widerspruchsverfahren als solches hatte sich aber erledigt. war der widerspruch der klägerin daher aber im sinne von § 63 absatz 1 satz 1 vwgo erfolglos, besteht kein anspruch auf erstattung der kosten des vorverfahrens und mithin auch kein anspruch auf erstattung der kosten für die einschaltung eines rechtsanwaltes nach § 63 absatz 2 sgb x, 36vgl. auch oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteil vom 7. august 1990 – 8 a 603/88-, nvwz-rr 1991, 223. 37entgegen der auffassung der klägerin kommt eine kostenerstattung auch nicht in entsprechender anwendung des § 161 absatz 2 oder absatz 3 vwgo in betracht. es besteht keine im wege einer analogie ausfüllungsbedürftige gesetzeslücke. das sgb x regelt selbständig und abschließend, in welchem umfang die kosten des vorverfahrens zu erstatten sind. 38für die mit § 63 sgb x insoweit vergleichbare regelung des § 80 vwvfg vertritt das bundesverwaltungsgericht die auffassung, dass diese vorschrift die kostenerstattung im isolierten widerspruchsverfahren abschließend regelt und eine entsprechende anwendung dieser vorschrift oder der kostenregelungen der §§ 154 ff. vwgo, insbesondere des § 161 absatz 2 vwgo, nicht zulässig ist, 39vgl. bverwg, urteile vom 23. februar 1982 – 7 c 72/79 -, juris, rn 14 f., und vom 11. mai 1981- 6 c 121/80 -, juris, rn 12 ff; ovg nrw, urteil vom 7. august 1990 – 8 a 603/88-, nvwz-rr 1991, 223. 40da der gesetzgeber in kenntnis und trotz der vielfach als unbefriedigend angesehenen rechtslage in § 80 vwvfg eine regelung der erstattung von kosten und auslagen nur für einen (teilweise) erfolgreichen, d.h. stattgebenden widerspruch getroffen hat, kommt die annahme einer im wege einer analogie zu füllenden gesetzeslücke für die auch jetzt noch nicht geregelten fälle der erledigung eines widerspruchsverfahrens in anderer weise nicht in betracht, 41vgl. bverwg, urteil vom 23. februar 1982 – 7 c 72/79 -, juris, rn 14. 42dieser auffassung schließt sich das erkennende gericht an. sie ist auf § 63 sgb x, der unter bewusster übernahme des wortlauts des § 80 vwvfg zeitlich nach diesem erlassen wurde, 43vgl. bt-drucksache 08/2034, s. 36, http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/08/020/0802034.pdf, zu artikel 1 § 61 des entwurfs - heute § 63 sgb x, 44übertragbar mit der folge, dass auch in seinem geltungsbereich im falle einer erledigung eines widerspruchs in sonstiger weise die entsprechende anwendung von vorschriften der vwgo oder zpo nicht in betracht kommt, 45vgl. gegen eine entsprechende anwendbarkeit von § 161 vwgo auch: ovg nrw, urteil vom 7. august 1990 – 8 a 603/88-, nvwz-rr 1991, 223; vg münchen, urteil vom 17. oktober 2001- m 18 k 01.30 - , juris, rn 22 f.; vg e2. , gerichtsbescheid vom 25. juli 2003 – 17 k 113/01 -, juris, rn 26 f, 28; vg hannover, urteil vom 23. september 2008 – 3 a 4599/06 -, juris, rn 16. 46entgegen der auffassung der klägerin kann daher ein kostenerstattungsanspruch im isolierten vorverfahren nicht auf § 161 absatz 2 vwgo gestützt werden mit der folge, dass eine kostenerstattung nach billigem ermessen unter berücksichtigung der bisherigen sach- und rechtslage nicht in betracht kommt. gleiches gilt für die regelung des § 161 absatz 3 vwgo, so dass entgegen der auffassung der klägerin auch der umstand, dass der widerspruchsausschuss erst nach etwas mehr als einem jahr und daher nicht in angemessener frist im sinne des § 75 satz 1 vwgo über ihren widerspruch entschieden hat, nicht zu einer kostentragungspflicht des beklagten führt. 47die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 absatz 1, 188 satz 2 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo.
Verklagte*r
0
122,896
2 K 1655/16
2016-07-05T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der auf Grund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % der jeweils vollstreckbaren Kosten leistet. 1 2Tatbestand: 3Der Kläger war Studierender an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: Fachhochschule) im Studiengang Polizeivollzugsdienst B.A. (Einstellungsjahrgang 2014). 4Am 9. September 2015 wiederholte er die nicht bestandene Klausur im Modul GS (Grundstudium) 3 (Einsatzlehre). Ihm wurde mit Bescheid vom 14. Oktober 2015 bekannt gegeben, dass die Klausur mit der Note nicht ausreichend (5,0) benotet und damit wegen des endgültigen Nichtbestehens des Moduls GS 3 die gesamte Bachelorprüfung als nicht bestanden bewertet wurde. 5Unter dem 14. Oktober 2015 erhob der Kläger dagegen Widerspruch. Zur Begründung führte er u. a. aus, die Erstkorrektorin, Frau C. -E. , habe bei der Korrektur seiner Bearbeitung der unter Ziffer 2.1 der Klausur gestellten Aufgabe die (Nicht-) Berücksichtigung von solchen Sachverhaltsangaben bemängelt, die sich erst aus der Lagefortschreibung in Ziffer 3 der Klausur ergäben und demnach bei der Aufgabe gemäß Ziffer 2.1 der Klausur nicht hätten berücksichtigt werden können. 6Daraufhin holte die Fachhochschule von beiden Korrektoren eine Stellungnahme ein. Sowohl die Erstkorrektorin in ihrem Gutachten vom 4. Januar 2016 als auch der Zweitkorrektor in seinem Gutachten vom 15. Januar 2016 verblieben jeweils bei der Bewertung der Klausur mit der Note nicht ausreichend. Die Zweitkorrektorin teilte mit, dass die Argumentation des Klägers, die Lagefortschreibung habe bei der Bearbeitung der Aufgabe unter Ziffer 2.1 der Klausur nicht einbezogen werden müssen, richtig sei; eine dies berücksichtigende erneute Korrektur führe jedoch zu keinem erheblich besseren Ergebnis bei der Aufgabe 2.1, welche im Folgenden insgesamt auch keine ausreichende Gesamtleistung ergebe. 7Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2016 wies die Fachhochschule den Widerspruch unter Hinweis auf die neuerlich eingeholten Korrekturen zurück. 8Der Kläger hat am 18. Februar 2016 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, dass die Zurückweisung des Widerspruchs nicht überzeuge, da sich die Fachhochschule mit seinen Einwendungen lediglich pauschal auseinandersetze und die damaligen Korrekturen formelhaft übernommen habe. 9Der Kläger beantragt, 10den Bescheid der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW vom 14. Oktober 2015 und den Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2016 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, die Klausur des Klägers vom 9. September 2015 (Wiederholungsklausur Modul GS 3) unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bewerten. 11Das beklagte Land beantragt schriftsätzlich, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung verweist es auf die Gründe des Ausgangs- und Widerspruchsbescheids sowie auf die im Klageverfahren erneut eingeholten Stellungnahmen der Erstkorrektorin vom 17. Juni 2016 und des Zweitkorrektors vom 8. Juni 2016. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubewertung der Wiederholungsklausur im Modul GS 3 vom 9. September 2015. Denn die angegriffene Prüfungsentscheidung vom 14. Oktober 2015 sowie der Widerspruchsbescheid der Fachhochschule vom 20. Januar 2016 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). 17Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist Teil A § 13 Abs. 2 Satz 3 der Studienordnung der Bachelorstudiengänge an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW. Hiernach ist eine Prüfung endgültig nicht bestanden, wenn in einer Modulprüfung auch in der Wiederholungsprüfung eine Bewertung von mindestens „ausreichend“ bzw. „bestanden“ nicht erreicht wird. Das ist hier der Fall. Nach erfolglosem ersten Versuch wurde auch der zweite und letzte Versuch (vgl. Teil A § 13 Abs. 2 Satz 1 der Studienordnung) der Klausur im Modul GS 3 mit nicht bestanden bewertet mit der Folge, dass der Kläger von der Fortsetzung des Studiums ausgeschlossen war (vgl. Teil A § 13 Abs. 2 Satz 4 der Studienordnung). Diese Entscheidung begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. 18Den Prüfungsbehörden verbleibt bei wie hier prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum. Die gerichtliche Kontrolle ist insoweit eingeschränkt. Der Bewertungsspielraum ist überschritten, wenn die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Gegenstand des prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraums ist die Zuordnung der festgestellten Leistungen zu einem standardisierten Leistungsbild, etwa zu einem vorgegebenen Punkte- und Notensystem, aufgrund von Kriterien, die der Prüfer durch persönliche Erfahrungen gewonnen hat. Die prüfungsspezifische Wertung erstreckt sich insbesondere auf die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Schwere einzelner Fehler und einzelner positiver Ausführungen, auf die Bedeutung einzelner Teile der Prüfungsarbeit für das Gesamtergebnis, auf den Gesamteindruck der Leistungen des Prüflings und nicht zuletzt auf die „durchschnittlichen" Anforderungen als Maßstab für Differenzierungen bei der Notenvergabe. 19Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. November 2015 – 6 A 147/14 –, juris, Rn. 7. 20Hiervon ausgehend bleiben die vom Kläger erhobenen Rügen ohne Erfolg. Wenn er in Ziffer I. der Klagebegründung moniert, die Erstkorrektorin habe die Trennung des chronologisch zweigeteilten Sachverhalts nicht beachtet und daher zu Unrecht die Nichtberücksichtigung von sich erst nach der Lagefortschreibung unter Ziffer 3 der Klausur ergebenden Sachverhaltsangaben bei Bearbeitung der Aufgabe unter Ziffer 2.1 der Klausur bemängelt, so ist diesem Umstand bei der erneuten Korrektur im Rahmen der im Widerspruchs- und Klageverfahren eingeholten Gutachten vom 4. Januar 2016 und 17. Juni 2016 abgeholfen worden. In diesen Stellungnahmen hat die Erstkorrektorin die Missachtung der Sachverhaltschronologie eingeräumt und eine neue, dies berücksichtigende Korrektur durchgeführt. Dass die Erstkorrektorin dabei weiterhin die Klausur als nicht ausreichend bewertet hat, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Eine Überschreitung des prüfungsrechtlichen Bewertungsspielraums ist nicht ersichtlich. Es ist auch in Ansehung der ursprünglichen Korrektur plausibel und nachvollziehbar, dass die Leistung des Klägers auch ohne die fälschlicherweise bemängelte Sachverhaltsberücksichtigung als nicht ausreichend benotet wurde. Die dort (vgl. Blatt 28 des beigezogenen Verwaltungsvorgangs) enthaltene und ebenfalls in den Randbemerkungen zum Ausdruck kommende Kritik, auffallend sei insgesamt die Bearbeitung von Kriterien, die bereits im Sachverhalt benannt seien, fügt sich ein in die Benennung einer Vielzahl von Leistungsmängeln, namentlich die nicht ausreichende Bearbeitung der Lagefelder Wetter, Störer und Gefahr (Absatz 1), nicht nur lückenhafte, sondern fachsprachliche auch inkorrekte Folgerungen (Absatz 2) sowie die nicht reichende Beschreibung der Aktionsphase, die in einen taktisch nicht vertretbaren Transport zu Angehörigen führe und schließlich eine lückenhafte Bearbeitung des Gefangenentransports (Absatz 3). Angesichts dieser weiteren erheblichen Mängel ist es bei einer Gesamtschau nicht unschlüssig, wenn die Erstkorrektorin auch bei Nichtberücksichtigung der irrtümlich beanstandeten Sachverhaltsauswertung nach wie vor von einer insgesamt nicht ausreichenden Leistung ausgeht, zumal sie in den weiteren Stellungnahmen vom 4. Januar 2016 und 17. Juni 2016 die Gründe für ihre Bewertung unter Berücksichtigung des Widerspruchsvorbringens des Klägers erneut dargelegt und erläutert hat. 21Die unter Ziffer II. der Klagebegründung vorgebrachten Einwände vermögen der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Sie betreffen fachliche Fragen, hinsichtlich derer eine Überschreitung des den beiden Korrektoren zukommenden prüfungsrechtlichen Bewertungsspielraums nicht erkennbar ist. Sie wurden vom Kläger bereits im Widerspruchsverfahren geltend gemacht und waren Gegenstand der weiteren Stellungnahmen der Erstkorrektorin vom 4. Januar 2016 und 17. Juni 2016 und des Zweitkorrektors vom 15. Januar 2016 und 8. Juni 2016, denen der Kläger nichts Durchgreifendes entgegen gesetzt hat. 22Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Hilfsbeweisantrag mit folgendem Wortlaut: 23„Hilfsweise für den Fall der Klageabweisung wird zum Beweis der Tatsache, dass die Zeugin C. -E. bei ihrer erneuten Überarbeitung der Erstkorrektur dem Umstand, dass in der Erstkorrektur Fehler enthalten waren, nicht bei der Bildung des Gesamtergebnisses ausreichend Rechnung getragen hat, die Vernehmung der Zeugin C. -E. beantragt.“ 24wird abgelehnt. Dass die Zeugin C. -E. bei ihrer erneuten Überarbeitung der Erstkorrektur dem Umstand, dass in der Erstkorrektur Fehler enthalten waren, nicht bei der Bildung des Gesamtergebnisses ausreichend Rechnung getragen hat, dürfte bereits keine geeignete Beweistatsache, sondern eine rechtliche Subsumtion und Wertung darstellen. Unabhängig davon ist der Sachverhalt hinsichtlich der Tatsachen und Gründe, die Frau C. -E. ihrer Bewertung der streitigen Klausur zugrunde gelegt hat, insbesondere nach ihren weiteren schriftlichen Stellungnahmen vom 4. Januar 2016 und 17. Juni 2016 hinreichend geklärt und es handelt sich bei dem vorgenannten Antrag um einen Ausforschungsantrag. 25Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 26Beschluss: 27Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt. 28Gründe: 29Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG erfolgt. Die Kammer orientiert sich hierbei an Ziffer 36.4 des Streitwertkatalogs 2013 der Verwaltungsgerichtsbarkeit. 30Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. August 2014 – 6 E 847/14 –, juris.
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der kläger. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar.der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % der auf grund des urteils vollstreckbaren kosten abwenden, wenn nicht das beklagte land vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % der jeweils vollstreckbaren kosten leistet. 1 2
3der kläger war studierender an der fachhochschule für öffentliche verwaltung des landes nordrhein-westfalen (im folgenden: fachhochschule) im studiengang polizeivollzugsdienst b.a. (einstellungsjahrgang 2014). 4am 9. september 2015 wiederholte er die nicht bestandene klausur im modul gs (grundstudium) 3 (einsatzlehre). ihm wurde mit bescheid vom 14. oktober 2015 bekannt gegeben, dass die klausur mit der note nicht ausreichend (5,0) benotet und damit wegen des endgültigen nichtbestehens des moduls gs 3 die gesamte bachelorprüfung als nicht bestanden bewertet wurde. 5unter dem 14. oktober 2015 erhob der kläger dagegen widerspruch. zur begründung führte er u. a. aus, die erstkorrektorin, frau c. -e. , habe bei der korrektur seiner bearbeitung der unter ziffer 2.1 der klausur gestellten aufgabe die (nicht-) berücksichtigung von solchen sachverhaltsangaben bemängelt, die sich erst aus der lagefortschreibung in ziffer 3 der klausur ergäben und demnach bei der aufgabe gemäß ziffer 2.1 der klausur nicht hätten berücksichtigt werden können. 6daraufhin holte die fachhochschule von beiden korrektoren eine stellungnahme ein. sowohl die erstkorrektorin in ihrem gutachten vom 4. januar 2016 als auch der zweitkorrektor in seinem gutachten vom 15. januar 2016 verblieben jeweils bei der bewertung der klausur mit der note nicht ausreichend. die zweitkorrektorin teilte mit, dass die argumentation des klägers, die lagefortschreibung habe bei der bearbeitung der aufgabe unter ziffer 2.1 der klausur nicht einbezogen werden müssen, richtig sei; eine dies berücksichtigende erneute korrektur führe jedoch zu keinem erheblich besseren ergebnis bei der aufgabe 2.1, welche im folgenden insgesamt auch keine ausreichende gesamtleistung ergebe. 7mit widerspruchsbescheid vom 20. januar 2016 wies die fachhochschule den widerspruch unter hinweis auf die neuerlich eingeholten korrekturen zurück. 8der kläger hat am 18. februar 2016 klage erhoben. zur begründung wiederholt er sein vorbringen aus dem widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, dass die zurückweisung des widerspruchs nicht überzeuge, da sich die fachhochschule mit seinen einwendungen lediglich pauschal auseinandersetze und die damaligen korrekturen formelhaft übernommen habe. 9der kläger beantragt, 10den bescheid der fachhochschule für öffentliche verwaltung nrw vom 14. oktober 2015 und den widerspruchsbescheid vom 20. januar 2016 aufzuheben und das beklagte land zu verpflichten, die klausur des klägers vom 9. september 2015 (wiederholungsklausur modul gs 3) unter berücksichtigung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu bewerten. 11das beklagte land beantragt schriftsätzlich, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung verweist es auf die gründe des ausgangs- und widerspruchsbescheids sowie auf die im klageverfahren erneut eingeholten stellungnahmen der erstkorrektorin vom 17. juni 2016 und des zweitkorrektors vom 8. juni 2016. 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs bezug genommen. 15
16die zulässige klage ist unbegründet. der kläger hat keinen anspruch auf neubewertung der wiederholungsklausur im modul gs 3 vom 9. september 2015. denn die angegriffene prüfungsentscheidung vom 14. oktober 2015 sowie der widerspruchsbescheid der fachhochschule vom 20. januar 2016 sind rechtmäßig und verletzen den kläger nicht in seinen rechten (vgl. § 113 abs. 5 vwgo). 17rechtsgrundlage des angefochtenen bescheides ist teil a § 13 abs. 2 satz 3 der studienordnung der bachelorstudiengänge an der fachhochschule für öffentliche verwaltung nrw. hiernach ist eine prüfung endgültig nicht bestanden, wenn in einer modulprüfung auch in der wiederholungsprüfung eine bewertung von mindestens „ausreichend“ bzw. „bestanden“ nicht erreicht wird. das ist hier der fall. nach erfolglosem ersten versuch wurde auch der zweite und letzte versuch (vgl. teil a § 13 abs. 2 satz 1 der studienordnung) der klausur im modul gs 3 mit nicht bestanden bewertet mit der folge, dass der kläger von der fortsetzung des studiums ausgeschlossen war (vgl. teil a § 13 abs. 2 satz 4 der studienordnung). diese entscheidung begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen bedenken. 18den prüfungsbehörden verbleibt bei wie hier prüfungsspezifischen wertungen ein entscheidungsspielraum. die gerichtliche kontrolle ist insoweit eingeschränkt. der bewertungsspielraum ist überschritten, wenn die prüfungsbehörden verfahrensfehler begehen, anzuwendendes recht verkennen, von einem unrichtigen sachverhalt ausgehen, allgemeingültige bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden erwägungen leiten lassen. gegenstand des prüfungsspezifischen beurteilungsspielraums ist die zuordnung der festgestellten leistungen zu einem standardisierten leistungsbild, etwa zu einem vorgegebenen punkte- und notensystem, aufgrund von kriterien, die der prüfer durch persönliche erfahrungen gewonnen hat. die prüfungsspezifische wertung erstreckt sich insbesondere auf die einordnung des schwierigkeitsgrades einer aufgabenstellung, bei stellung verschiedener aufgaben deren gewichtung untereinander, die würdigung der qualität der darstellung, die gewichtung der schwere einzelner fehler und einzelner positiver ausführungen, auf die bedeutung einzelner teile der prüfungsarbeit für das gesamtergebnis, auf den gesamteindruck der leistungen des prüflings und nicht zuletzt auf die „durchschnittlichen" anforderungen als maßstab für differenzierungen bei der notenvergabe. 19vgl. ovg nrw, beschluss vom 2. november 2015 – 6 a 147/14 –, juris, rn. 7. 20hiervon ausgehend bleiben die vom kläger erhobenen rügen ohne erfolg. wenn er in ziffer i. der klagebegründung moniert, die erstkorrektorin habe die trennung des chronologisch zweigeteilten sachverhalts nicht beachtet und daher zu unrecht die nichtberücksichtigung von sich erst nach der lagefortschreibung unter ziffer 3 der klausur ergebenden sachverhaltsangaben bei bearbeitung der aufgabe unter ziffer 2.1 der klausur bemängelt, so ist diesem umstand bei der erneuten korrektur im rahmen der im widerspruchs- und klageverfahren eingeholten gutachten vom 4. januar 2016 und 17. juni 2016 abgeholfen worden. in diesen stellungnahmen hat die erstkorrektorin die missachtung der sachverhaltschronologie eingeräumt und eine neue, dies berücksichtigende korrektur durchgeführt. dass die erstkorrektorin dabei weiterhin die klausur als nicht ausreichend bewertet hat, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen bedenken. eine überschreitung des prüfungsrechtlichen bewertungsspielraums ist nicht ersichtlich. es ist auch in ansehung der ursprünglichen korrektur plausibel und nachvollziehbar, dass die leistung des klägers auch ohne die fälschlicherweise bemängelte sachverhaltsberücksichtigung als nicht ausreichend benotet wurde. die dort (vgl. blatt 28 des beigezogenen verwaltungsvorgangs) enthaltene und ebenfalls in den randbemerkungen zum ausdruck kommende kritik, auffallend sei insgesamt die bearbeitung von kriterien, die bereits im sachverhalt benannt seien, fügt sich ein in die benennung einer vielzahl von leistungsmängeln, namentlich die nicht ausreichende bearbeitung der lagefelder wetter, störer und gefahr (absatz 1), nicht nur lückenhafte, sondern fachsprachliche auch inkorrekte folgerungen (absatz 2) sowie die nicht reichende beschreibung der aktionsphase, die in einen taktisch nicht vertretbaren transport zu angehörigen führe und schließlich eine lückenhafte bearbeitung des gefangenentransports (absatz 3). angesichts dieser weiteren erheblichen mängel ist es bei einer gesamtschau nicht unschlüssig, wenn die erstkorrektorin auch bei nichtberücksichtigung der irrtümlich beanstandeten sachverhaltsauswertung nach wie vor von einer insgesamt nicht ausreichenden leistung ausgeht, zumal sie in den weiteren stellungnahmen vom 4. januar 2016 und 17. juni 2016 die gründe für ihre bewertung unter berücksichtigung des widerspruchsvorbringens des klägers erneut dargelegt und erläutert hat. 21die unter ziffer ii. der klagebegründung vorgebrachten einwände vermögen der klage ebenfalls nicht zum erfolg zu verhelfen. sie betreffen fachliche fragen, hinsichtlich derer eine überschreitung des den beiden korrektoren zukommenden prüfungsrechtlichen bewertungsspielraums nicht erkennbar ist. sie wurden vom kläger bereits im widerspruchsverfahren geltend gemacht und waren gegenstand der weiteren stellungnahmen der erstkorrektorin vom 4. januar 2016 und 17. juni 2016 und des zweitkorrektors vom 15. januar 2016 und 8. juni 2016, denen der kläger nichts durchgreifendes entgegen gesetzt hat. 22der in der mündlichen verhandlung gestellte hilfsbeweisantrag mit folgendem wortlaut: 23„hilfsweise für den fall der klageabweisung wird zum beweis der tatsache, dass die zeugin c. -e. bei ihrer erneuten überarbeitung der erstkorrektur dem umstand, dass in der erstkorrektur fehler enthalten waren, nicht bei der bildung des gesamtergebnisses ausreichend rechnung getragen hat, die vernehmung der zeugin c. -e. beantragt.“ 24wird abgelehnt. dass die zeugin c. -e. bei ihrer erneuten überarbeitung der erstkorrektur dem umstand, dass in der erstkorrektur fehler enthalten waren, nicht bei der bildung des gesamtergebnisses ausreichend rechnung getragen hat, dürfte bereits keine geeignete beweistatsache, sondern eine rechtliche subsumtion und wertung darstellen. unabhängig davon ist der sachverhalt hinsichtlich der tatsachen und gründe, die frau c. -e. ihrer bewertung der streitigen klausur zugrunde gelegt hat, insbesondere nach ihren weiteren schriftlichen stellungnahmen vom 4. januar 2016 und 17. juni 2016 hinreichend geklärt und es handelt sich bei dem vorgenannten antrag um einen ausforschungsantrag. 25die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. der ausspruch über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 vwgo, 708 nr. 11, 711 zpo. 26beschluss: 27der streitwert wird auf 5.000 euro festgesetzt. 28gründe: 29die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 gkg erfolgt. die kammer orientiert sich hierbei an ziffer 36.4 des streitwertkatalogs 2013 der verwaltungsgerichtsbarkeit. 30vgl. ovg nrw, beschluss vom 15. august 2014 – 6 e 847/14 –, juris.
Verklagte*r
0
171,963
13 K 4740/13.A
2014-08-15T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 00.00.1987 in D. geborene Klägerin ist guineische Staatsangehörige und gehört der Volksgruppe der Forestière an. Sie reiste am 19. Oktober 2012 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein. 3Da die Kosten für das Flugticket von Casablanca über Singapur nach Frankfurt am Main nicht gedeckt waren, wurde sie in Begleitung von einer Angestellten der Fluggesellschaft M. , Frau C. N. , bei der Bundespolizei vorstellig. In diesem Zusammenhang äußerte die Klägerin ihr Asylbegehren. Im Rahmen einer telefonischen Dolmetscherbefragung gab sie an, dass ihr in ihrer Heimat die traditionelle Zwangsheirat sowie eine unfreiwillige Beschneidung drohten. Bei einer Rückkehr drohe ihr zudem der Mord seitens der Familie. Von ihrer Heimat sei sie bis nach Frankfurt am Main von einer Frau namens „M1. “ begleitet worden. Die Schleusung sei von einem Freund namens „S. T. “ aus Belgien bezahlt worden. Der Versuch, diesen unter der von der Klägerin genannten Telefonnummer zu erreichen, scheiterte. 4Am 21. Oktober 2012 gab die Klägerin im Rahmen der seitens der Bundespolizei bezüglich ihres Einreisebegehrens durchgeführten Befragungen folgendes an: 5Ihre Mutter sei bereits bei ihrer Geburt gestorben. Bis zum Tod ihres Vaters im Jahr 2009 habe sie bei diesem gelebt. Nach dessen Tod sei sie von der Familie des Freundes ihres Vaters (B. L. ) aufgenommen worden, da sie keine Verwandten mehr gehabt habe. Dieser sei politisch aktiv gewesen. Er habe den Vorgänger (Capitaine Moussa Dadis Camara) des derzeitigen guineischen Präsidenten (Professeur Alpha Condé) unterstützt, der dessen Anhänger habe eliminieren lassen. Vor sieben bis acht Monaten sei auch die Familie L. umgebracht worden. Sie habe die Leichen nach ihrer Rückkehr vom Markt entdeckt. 6Sie habe sodann bei einer Frau namens B1. C1. E. gearbeitet und gelebt. Vor etwa zwei Monaten sei ein älterer, reicher und einflussreicher Kommandant des Militärs zu dieser Frau gekommen und habe ihr viel Geld für die Klägerin versprochen. Sie solle seine vierte Frau werden. Da er Moslem sei, solle sie beschnitten werden und dann zum Islam konvertieren. Er habe der Klägerin gedroht sie umzubringen, sollte sie sich widersetzen. Mit Rasierklingen habe er ihr sichtbare Narben zugefügt. 7Ihre einzige Vertraute sei ihre Nachbarin gewesen. Ihren Namen kenne sie nicht; sie habe sie immer Tante gerufen. Etwa zwei Wochen vor ihrer Ausreise habe sie ihr zugesagt, alles versuchen zu wollen, um ihr zu helfen. Hierzu habe die Klägerin ihr Bilder von sich gegeben. Am 9. Oktober 2013 sei dann eine – ihr vorher nicht bekannte – Schleuserin namens M1. zu ihr gekommen. Sie habe ihr einen sierra-leonischen Reisepass besorgt und sie aus dem Land gebracht. Einen eigenen guineischen Reisepass habe die Klägerin dagegen nicht besessen. Die Klägerin wisse nicht, wer ihre Reise organisiert und finanziert habe, vermute aber, dass es eine Mitarbeiterin von UNICEF in D. gewesen sei. 8Am 22. Oktober 2012 beantragte die Klägerin ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Zur Begründung gab sie in ihrer Anhörung vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 25. Oktober 2012 im Wesentlichen folgendes an: 9Sie habe seit Anfang 2012 in der Stadt D. , im Stadtviertel M2. im Unterviertel D1. A. gelebt. Zuvor habe sie seit 2009 im Stadtviertel T1. im Unterviertel G. gelebt. Im Rahmen der Befragung ergänzte sie, dass sie mit der Familie L. in M3. gelebt habe. Sie habe nur noch eine Halbschwester, einen Halbruder und eine Tante. Sie wisse nicht, wo sie sich aufhielten. Seit dem Tod ihres Vaters – mithin seit dem 12. November 2009 – habe sie keinen Kontakt mehr zu ihnen gehabt. Ihre Halbgeschwister seien von ihren Eltern abgeholt worden. Der Freund ihres Vaters sei am 28. September 2010 gestorben. 10Sie habe dann zunächst für ca. drei Monate bei einer Freundin gelebt. Da sie aber kein Geld gehabt habe, habe sie sie verlassen und nach Arbeit suchen müssen. Sie habe dann für Frau B1. C1. E. gearbeitet und bei ihr gewohnt. Nachdem ihre Arbeitgeberin sie gegen Geld für Geschlechtsverkehr an einen ihrer Freunde zu vermitteln versucht habe, sei sie zu den Nachbarn geflohen. Ihre Arbeitgeberin habe sich aber diesen gegenüber als ihre Schwester ausgegeben und sie wieder mit zu sich genommen. Vor etwa drei bis vier Monaten sei ein anderer, älterer Mann vom Militär gekommen und habe sie heiraten wollen, da sie jung sei. Hierfür habe ihre Arbeitgeberin, die sich als eine Familienangehörige vorgestellt habe, von ihm Geld verlangt. Er habe eine Anzahlung geleistet und sich mit ihr geeinigt ihr eine weitere Hälfte nach Beschneidung der Klägerin zu geben. Der Tag der Beschneidung sei bereits festgelegt worden; die Klägerin wisse aber nicht wann diese habe stattfinden sollen. Eines Tages habe sie auf dem Markt mit einem Fremden gesprochen. Der Militärangehörige habe davon erfahren, sei wütend geworden und habe sie gefesselt und geschlagen. Er habe ihr mittels einer Rasierklinge eine Narbe an ihrem rechten Oberarm zugefügt, damit sie ihn nie vergesse. Der Mann heiße D2. B2. D3. D2. und gehöre der Volksgruppe der Malinké an. Er habe eine Halbglatze und graumeliertes Haar sowie eine Lücke zwischen den Schneidezähnen. Zudem sei er groß und muskulös gewesen. Er habe ein Barett getragen und sei manchmal in Uniform gekommen. Er sei mit dem Präsidenten verwandt und sehr bekannt. Sie habe daher nirgendwohin flüchten können, ohne dass er es erfahren hätte. 11Sie habe ihrer Nachbarin von ihrer Situation erzählt, die ihr habe helfen wollen. Ihre Nachbarin habe ihr am Tag ihrer Abreise gesagt, dass sie sie abends brauche. Sie sei dann zu ihr gegangen und habe die weiße Frau gesehen. Sie vermute, ihre Nachbarin habe ihre Reise organisiert, da nur sie – und ihr Freund in Belgien – ihre Situation gekannt und ihre Fotos besessen hätten. Wie ihre Nachbarin geheißen und was sie beruflich gemacht habe, wisse sie nicht. Da sie Kinder im Ausland gehabt habe, sei sie viel verreist. 12Auf Nachfrage des Bundesamtes im Hinblick auf die abweichenden Angaben gegenüber ihrer Erstbefragung vom 19. Oktober 2012 und ihrer weiteren Befragung vom 21. Oktober 2012 durch die Bundespolizei gab die Klägerin an, dass sie mit Daten ihre Probleme habe. Der 28. September 2010 sei das einzig wichtige Datum gewesen. Hätte sie gewusst, dass sie flüchten würde, hätte sie diese Daten registriert. Die telefonische Befragung sei ihr nicht rückübersetzt worden. Sie sei gefragt worden, ob sie jemanden kenne und habe dann den Namen ihres Freundes und dessen Telefonnummer genannt. Sie habe nur gedacht, dass die weiße Frau bei UNICEF arbeite, da sie ihr geholfen habe, ohne ihre Probleme zu kennen. Auf mehrfache Nachfrage des Bundesamtes, ob sie – wie in ihrer Erstbefragung durch die Bundespolizei angegeben – von ihrer Familie bedroht werde, trug die Klägerin vor, die Dame gemeint zu haben, bei der sie gewohnt habe. 13Mit Bescheid vom 7. Mai 2013, welcher am 10. Mai 2013 an die ehemalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin zugestellt wurde, lehnte das Bundesamt die Anerkennung der Klägerin als Asylberechtigte und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorlägen. Zugleich forderte es die Klägerin zur Ausreise auf und drohte die Abschiebung nach Guinea an. Die in der Rechtsbehelfsbelehrung angegebene Frist zur Klageerhebung betrug eine Woche. 14Mit Schreiben vom 10. Mai 2013 teilte die frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der Klägerin mit, dass ihr Asylgesuch vom Bundesamt abgelehnt worden und eine Klage bis zum 17. Mai 2014 zu erheben sei. Sofern sie Klageerhebung wünsche, solle sie sofort einen Besprechungstermin vereinbaren. In diesem Zusammenhang wies sie die Klägerin zudem darauf hin, dass sie für ihre Arbeit einen Kostenvorschuss in Höhe von 500 Euro verlange. 15Am 28. Mai 2013 hat die Klägerin durch den im Rubrum genannten Prozessbevollmächtigten gegen den Bescheid vom 7. Mai 2013 beim Verwaltungsgericht Klage erhoben. 16Die Klägerin ist der Ansicht, nicht in der Lage gewesen zu sein, rechtzeitig Klage zu erheben. Sie habe den angefochtenen Bescheid erst am 18. Mai 2013, mithin nach Ablauf der Klagefrist, von ihrer früheren Prozessbevollmächtigten erhalten. Sie sei weder der deutschen Sprache mächtig noch in der Lage gewesen, die geforderten 500,00 € zur Klageerhebung aufzubringen. Sie trägt weiter vor, die Entscheidung der Beklagten bestehe hauptsächlich aus belastenden Vermutungen. Dies zeige insbesondere die Annahme der bereits erfolgten Beschneidung. Eine einfache Untersuchung hätte schnell zeigen können, dass sie nicht beschnitten sei. Etwaige Differenzen im Sachvortrag seien möglicherweise den sprachlichen Differenzen und zumindest ihrer psychischen Traumatisierung geschuldet. 17Die Klägerin beantragt sinngemäß, 18die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 7. Mai 2013 in der Fassung vom 13. Juni 2013 zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und ihr die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG zuzuerkennen, 19hilfsweise subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen, 20hilfsweise festzustellen, dass in der Person der Klägerin Abschiebungsverbote nach § 60 Absatz 5 und 7 AufenthG bestehen. 21Die Beklagte beantragt, 22die Klage abzuweisen. 23Zur Begründung bezieht sie sich auf ihr Vorbingen aus dem Verwaltungsverfahren. 24Mit Bescheid vom 13. Juni 2013 hat das Bundesamt den angegriffenen Bescheid abgeändert, indem es die Offensichtlichkeitsentscheidung nach § 30 AsylVfG aufhob. Das Bundesamt sei zu Unrecht von einer Beschneidung der Klägerin ausgegangen. Vielmehr könne dieser Umstand mittels eines ärztlichen Attests leicht festgestellt werden. Der Bescheid war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, wonach Klage innerhalb von zwei Wochen zu erheben sei. 25Die Klägerin hat eine frauenärztliche Bescheinigung vom 12. August 2013 vorgelegt, woraus sich ergibt, dass sie nicht beschnitten ist (Bl. 36 d. Akte). 26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 27Entscheidungsgründe: 28Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Klägerin und des Vertreters des Bundesamtes in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ordnungsgemäß geladen worden sind und in den Ladungen vom 13. Juni 2014 zudem gemäß § 102 Absatz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) darauf hingewiesen worden sind, dass bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entscheiden werden kann. 29Die Klage ist zulässig (vgl. unter I.), aber unbegründet (vgl. unter II.). 30I. Die Klägerin hat die Klage rechtzeitig innerhalb der Klagefrist des § 74 Absatz 1 Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) erhoben. Da das Bundesamt mit Änderungsbescheid vom 13. Juni 2014 den Bescheid vom 7. Mai 2013 insoweit abgeändert hat, als es die Offensichtlichkeitsentscheidung nach § 30 AsylVfG aufgehoben hat, richtete sich die Klagefrist nicht mehr nach § 74 Absatz 1, 2. Alternative AsylVfG sondern nur noch nach § 74 Absatz 1, 1. Alternative AsylVfG. Die Klagefrist beträgt nach Aufhebung der Offensichtlichkeitsentscheidung mit anderen Worten nicht mehr eine Woche, sondern zwei Wochen. Diese Frist ist gewahrt worden. 31Zwar ist der Bescheid vom 7. Mai 2013 laut Aktenvermerk im Sinne des § 4 Absatz 2 Satz 4 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) am 8. Mai 2013 – adressiert an die frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin, die mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2012 eine schriftliche Vollmacht vorgelegt hat (vgl. § 7 Absatz 1 Satz 2 VwZG) – als Einschreiben zur Post gegeben worden. Bei einem Einschreiben durch Übergabe gilt das Dokument gemäß § 4 Absatz 2 Satz 2 VwZG am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post, mithin am 11. Mai 2013 als zugestellt. Dem steht nicht entgegen, dass der 11. Mai 2013 ein Samstag war. Die Vermutung der Zustellung gemäß § 4 Absatz 2 Satz 2 VwZG greift ebenso wie die Vermutung der Bekanntgabe nach § 41 Absatz 2 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) auch dann ein, wenn der für die Zustellung bzw. Bekanntgabe maßgebende dritte Tag nach der Aufgabe zur Post auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt. 32Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 7. März 2001 – 19 A 4216/99 –, juris, Rn. 8 ff. m.w.N.; Verwaltungsgericht München, Urteil vom 16. März 2011 ‑ M 18 K 10.1691 –, juris, Rn. 21; Sadler, VwVG VwZG, § 4 VwZG, 7. Aufl. 2010, Rn. 13 m.w.N. 33Da der letzte Tag der Frist, d.h. der 25. Mai 2013, auf einen Samstag fiel, wäre die Zweiwochenfrist am 27. Mai 2013 gemäß §§ 57 Absatz 2 VwGO, 222 Absatz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) abgelaufen; die Klageerhebung am 28. Mai 2013 mithin verfristet gewesen. 34Indes ist auch die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 7. Mai 2013, welcher eine Klagefrist von einer Woche benennt, infolge der Aufhebung der Offensichtlichkeitsentscheidung falsch (geworden), mit der Folge, dass die Klagefrist noch nicht zu laufen begonnen hat (§ 58 Absatz 1 VwGO). Insoweit hat das Bundesamt die Rechtsbehelfsbelehrung berichtigt, indem es dem Teilaufhebungsbescheid vom 13. Juni 2013 eine zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt hat. Die Rechtsbehelfsfrist begann damit erst mit der Bekanntgabe des Bescheides vom 13. Juni 2013 zu laufen. 35Vgl. hierzu Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2013, § 58, Rn. 70 m.w.N. 36Diese erfolgte ausweislich der Postzustellungsurkunde infolge der Zustellung durch Niederlegung gemäß § 3 Absatz 2 Satz 1 VwZG in Verbindung mit § 181 Absatz 1 ZPO am 20. Juni 2013. Zu diesem Zeitpunkt war die Klage bereits erhoben worden. Einer Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bedarf es daher nicht. 37II. Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 13. Juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Absatz 1 und 5 VwGO. 38Das Gericht entscheidet Asylstreitigkeiten nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Absatz 1 Satz 1 Asylverfahrensgesetz – AsylVfG). Deshalb findet die seit dem 1. Dezember 2013 durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474) veränderte Rechtslage Anwendung. Die Klägerin vermag auf dieser Grundlage mit Erfolg weder ihre Anerkennung als Asylberechtigte noch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG begehren, denn sie ist nicht politisch Verfolgte im Sinne der asylrechtlichen Vorschriften. 39Politisch Verfolgter ist, wer in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale, d.h. an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder an andere Merkmale, die für ihn unverfügbar sind und die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen ausgesetzt ist, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen. Voraussetzungen und Umfang des politischen Asyls sind wesentlich bestimmt von der Unverletzlichkeit der Menschenwürde. 40Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse vom 4. Dezember 2012 – 2 BvR 2954/09 –, juris, Rn. 24, vom 10. Juli 1989 – 2 BvR 502/86 –, juris, Rn. 38 ff., und vom 2. Juli 1980 – 1 BvR 147/80 –, juris, Rn. 46; OVG NRW, Urteil vom 14. Februar 2014 – 1 A 1139/13.A –, juris, Rn. 23. 41Nach § 3 Absatz 1 AsylVfG ist einem Ausländer weiter die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) – Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) – zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Eine Verfolgung kann dabei gemäß § 3c AsylVfG ausgehen von einem Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylVfG Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Weiter darf für den Ausländer keine innerstaatliche Fluchtalternative bestehen, § 3e AsylVfG. 42Maßgeblich ist, ob der Asylsuchende bei der Rückkehr in sein Heimatland der Gefahr politischer Verfolgung ausgesetzt wäre, wobei auf den Sachstand im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abzustellen ist (§ 77 Absatz 1 AsylVfG). Hat der Ausländer sein Heimatland bzw. den Staat seines gewöhnlichen Aufenthaltes auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen, besteht Anspruch auf Verfolgungsschutz bereits dann, wenn er bei einer Rückkehr vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher sein kann (herabgestufter Prognosemaßstab). Ist der Ausländer hingegen unverfolgt ausgereist, hat er einen Anspruch auf Schutz nur, wenn ihm aufgrund asylrechtlich beachtlicher Nachfluchttatbestände mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht (gewöhnlicher Prognosemaßstab), 43BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1989 – 2 BvR 502/86 u.a. –, BVerfGE 80, 315 (344); BVerwG, Urteil vom 15. Mai 1990 – 9 C 17.89 –, BVerwGE 85, 139 (140) und Urteil vom 20. November 1990 ‑ 9 C 74.90 –, InfAuslR 1991, 145 (146). 44Es ist Sache des Asylbewerbers, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Dazu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei verständiger Würdigung ergibt, dass ihm in seinem Heimatstaat politische Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass der Asylbewerber die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, so schildert, dass der behauptete Asylanspruch davon lückenlos getragen wird. Das Gericht muss dabei von der Wahrheit – nicht nur von der Wahrscheinlichkeit – des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals die volle Überzeugung gewinnen. Es muss beurteilen, ob eine solche Aussage des Asylbewerbers glaubhaft ist. Dies gehört zum Wesen der richterlichen Rechtsfindung, vor allem der freien Beweiswürdigung. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts sind u. a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Asylbewerbers zu berücksichtigen. 45BVerwG, Beschlüsse vom 3. August 1990 – 9 B 45.90 –, juris, Rn. 2, vom 26. Oktober 1989 ‑ 9 B 405.89 –, juris, Rn. 8, und vom 21. Juli 1989 – 9 B 239.89 –, juris, Rn. 3 f.; OVG NRW, Urteil vom 14. Februar 2014 – 1 A 1139/13.A –, juris, Rn. 35. 46Ausgehend von diesen Grundsätzen führt das Begehren der Klägerin nicht zum Erfolg. Es liegen weder die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigte noch die für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vor. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin vor ihrer Ausreise aus Guinea oder im Falle einer Rückkehr nach Guinea landesweit von politischer Verfolgung betroffen war bzw. bedroht sein würde. 47Zu den unverfügbaren Merkmalen im eben genannten Sinne gehört zwar auch die Geschlechtszugehörigkeit. Ein solcher Fall der geschlechtsspezifischen Verfolgung kann in einer drohenden Zwangsbeschneidung und Zwangsverheiratung bestehen. Bei einer Zwangsverheiratung ist von einer Bedrohung für die persönliche Freiheit und körperliche Unversehrtheit auszugehen. Diese weist eine asylerhebliche Intensität auf, weil sie die Frau in ihrem Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich der Wahl des Ehepartners und in der Folge wegen des vom Ehemann erwarteten ehelichen Geschlechtsverkehrs auch in ihrer sexuellen Integrität verletzt. Bei einer Verweigerung der Eheschließung oder Flucht droht der betroffenen Frau zudem unter Umständen körperliche Misshandlung oder gar die Tötung wegen der dadurch verursachten Entehrung. Jedenfalls aufgrund der Kumulation der Beeinträchtigungen liegt eine entsprechende Erheblichkeit der Verfolgungsgefahr vor. Die Zwangsbeschneidung weist eine verfolgungserhebliche Intensität auf, da der betroffenen Frau dabei schwere physische Leiden zugefügt werden und der erhebliche Eingriff in die körperliche Integrität auch gegen den Willen der Frauen vorgenommen wird. 48Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Februar 2014 – 1 A 1139/13.A –, juris, Rn. 25; Verwaltungsgericht Kassel, Urteil vom 26. März 2012 – 4 K 782/10.KS.A –, juris (Zwangsverheiratung); Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 24. September 2010 – 13 K 2350/10.A – m.w.N. n.v. (Zwangsverheiratung); Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 6. Juli 2009 – 13 K 4433/07.A –, juris (Zwangsheirat); und vom 28. September 2007, – 13 K 1441/05.A –, juris, Rn. 58 f. (Genitalverstümmelung); VerwaltungsgerichtBerlin, Urteil vom 3. September 2003 – 1 X 23/03 –, juris, Rn. 22 f. (Genitalverstümmelung); VerwaltungsgerichtAachen, Urteil vom 12. August 2003 ‑ 2 K 1924/00.A –, juris, Rn. 49 (Genitalverstümmelung); Verwaltungsgericht Frankfurt, Urteil vom 29. August 2001 – 3 E 30495/98.A (2) –,juris, Rn. 41 (Genitalverstümmelung); Verwaltungsgericht München, Urteil vom 20. Juni 2001 – M 21 K 98.50394 –, juris, Rn. 92 ff. (Genitalverstümmelung). 49Die Auskunftslage belegt, dass in Guinea sowohl die Praxis der Zwangsverheiratung als auch die Praxis von Zwangsverheiratung von (jungen) Mädchen und Frauen auch gegenwärtig noch weit verbreitet ist. 50Die Zwangsverheiratung kommt in erheblichem Umfang in allen guineischen Ethnien und sozialen Schichten vor. 51IAK vom 3. Dezember 2004 an Verwaltungsgericht Arnsberg, – 11 K 3182/04.A –; nach der Auskunft Auswärtigen Amtes (AA) vom 29. November 2004,508-516.80/43239, an Verwaltungsgericht Arnsberg, – 11 K 3182/04.A. – sind diese nur in Waldguinea unüblich; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 11.06, Guinea – Aktuelle Lage – Menschenrechte. 52Die Gesellschaft ist insgesamt sehr traditionell geprägt. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die vorherrschende Form des Islam als auch in Bezug auf die noch in großen Teilen der Bevölkerung und bei allen Ethnien verbreiteten traditionellen Sozialstrukturen. Religion und Sozialstrukturen bedingen eine streng hierarchische und patriarchalische Gliederung und gehen von der Unterordnung der Frauen unter die jeweiligen männlichen Vormünder aus. Dadurch sind die traditionellen Strukturen unerlässliche Voraussetzungen für dasÜberleben sowohl in ländlichen Regionen als auch in den Großstädten. 53Junge Mädchen und Frauen sehen sich einem erheblichen Druck ausgesetzt, den ausgewählten Kandidaten möglichst umgehend und ohne Widerstand zu heiraten. Dabei dient die – möglichst schnelle – Verheiratung der Versorgung der Abhängigen, strategischen Erwägungen im Hinblick auf die Großfamilie und der Abwälzung der Kosten für den Unterhalt der Mädchen und Frauen. 54IAK vom 3. Dezember 2004 an Verwaltungsgericht Arnsberg, – 11 K 3182/04.A –; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 11.06, Guinea – Aktuelle Lage – Menschenrechte. 55Gleiches gilt für die Verbreitung der Zwangsbeschneidung. Nach den der Kammer vorliegenden Erkenntnissen muss davon ausgegangen werden, dass der ganz überwiegende Anteil guineischer Frauen beschnitten ist. Während in den meisten Berichten von Beschneidungsraten deutlich über 90% gesprochen wird 56– WHO, IAK, BA: 99%, GTZ, epo: 98,6%, AA: über 90% – 57gehen amnesty international und das U.S. Departement of State von Spannen zwischen 65% bzw. 70% bis 90 % aus. Lediglich in einer tabellarischen Übersicht von UNICEF wird nur ein Anteil von 50% ausgewiesen. Dabei existieren keine Unterschiede nach ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit. Ebenso wenig sind regionale Unterschiede feststellbar. Auch in den größeren Städten ist Mädchenbeschneidung in gleicher Weise verbreitet, wenn auch hier die Tendenz steigt, bei Vorhandensein entsprechender finanzieller Mittel den Eingriff durch medizinisches Personal vornehmen zu lassen. Selbst engagierte Gegner der Mädchenbeschneidung lassen diese bei ihren Töchtern im Hinblick auf den gesellschaftlichen Druck dennoch vornehmen. In den meisten Fällen wird die Beschneidung in jugendlichem Alter durchgeführt, wobei früher eine Alterspanne bis zu 25 Jahren üblich war, während mittlerweile eher jüngere Mädchen zwischen acht und fünfzehn Jahren beschnitten werden. Allerdings kommt ebenfalls die Beschneidung von Kleinkindern sowie von älteren Frauen vor. 58Vgl. UNICEF, The progress of nations 1996, Women, 2 million girls a year mutilated; ai, Female genital mutilation in Africa: Information by country, ACT 77/07/97; WHO, Estimated prevalence rates for FGM, updated May 2001; US Department of State, Country Reports on Human Rights Practices, Guinea, 2003, Section 5, Women; BAFl, Weibliche Genitalverstümmelung, Stand: Februar 2003, S. 18; IAK, Auskunft vom 9. September 2003; AA, Auskunft vom 28. März 2007, Az.: 508-516.80/44975 und vom 25. September 2003, Az.: 508-516.80/41775; epo, Special, Guinea: Das Schweigen brechen; GTZ, Länder, Weibliche Genitalverstümmelung in Guinea. 59Insoweit kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass auch ältere Mädchen oder Frauen dem Brauch der Zwangsbeschneidung ausgesetzt werden, zumal wenn auch eine Zwangsverheiratung im Raume steht. Die Zwangsbeschneidung gilt in vielen Stammesgesellschaften als Heiratsvoraussetzung. Die Gemeinschaften, die ihn praktizieren, sehen in der Zwangsbeschneidung einen wichtigen Bestandteil ihrer kulturellen Identität und Tradition. 60Allerdings glaubt das Gericht der Klägerin ihr Vorbringen nicht, vor einer ihr drohenden Zwangsverheiratung und Zwangsbeschneidung geflohen und ausgereist zu sein. Das Gericht geht nach Lage der Akten vielmehr davon aus, dass sie ihr Heimatland unverfolgt verlassen und ein jedenfalls in maßgeblichen Teilen erfundenes Verfolgungsschicksal vorgetragen hat. 61Die Klägerin hat im Rahmen der bei der Bundespolizei und dem Bundesamt erfolgten Anhörungen keine in sich stimmige Schilderung der angeblich fluchtauslösenden Ereignisse gegeben. 62Die Klägerin hat in der Erstbefragung durch die Bundespolizei am Frankfurter Flughafen am 19. Oktober 2012, der am 21. Oktober 2012 durch die Frankfurter Bundespolizei durchgeführten Zusatzbefragung und der Befragung beim Bundesamt am 25. Oktober 2012, mithin binnen weniger Tagen, in Kernpunkten widersprüchliche Angaben gemacht. 63So führte sie bei der Bundespolizei zunächst aus, dass ihr bei einer Rückkehr in ihre Heimat neben der Zwangsheirat und Zwangsbeschneidung auch der Mord seitens der Familie drohe. In den nachfolgenden Befragungen hat sie ihr Asylbegehren indes nur noch auf die ihr drohende Zwangsheirat und Zwangsbeschneidung gestützt und von einer Bedrohung seitens ihrer Familie nicht mehr berichtet. Im Gegenteil: Seitdem auch ihr Vater im Jahr 2009 gestorben sei, habe sie keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie gehabt. Hierauf im Rahmen ihrer Befragung beim Bundesamt angesprochen, stellte sie schließlich ‑ nachdem ihr die Nachfrage mehrfach erläutert worden ist – klar, dass sie die Dame, bei der sie gewohnt habe, gemeint habe. Bei der Befragung durch die Bundespolizei am 21. Oktober 2012 schilderte die Klägerin zudem, dass die Familie des Freundes ihres Vaters, bei der sie nach dessen Tod im Jahr 2009 gelebt habe, vor sieben bis acht Monaten umgebracht worden sei und sie dann bei einer Frau namens B1. C1. E. gearbeitet habe. Beim Bundesamt gab sie hingegen an, dass der Freund ihres Vaters und dessen Familie am 28. September 2010 umgebracht worden seien. 64Hinzukommt, dass auch im Rahmen der Befragung beim Bundesamt die zeitlichen Angaben mehrfach variieren. Diese Divergenz besteht zunächst hinsichtlich des Zeitraums, in dem sie für ihre Arbeitgeberin B1. C1. E. tätig gewesen sein soll. Auf Seite 7 der Anhörungsniederschrift heißt es insoweit, dass sie Ende 2011/Anfang 2012 zu ihrer Arbeitgeberin gekommen sei. Auf Seite 8 der Anhörungsniederschrift heißt es hingegen, sie habe von Dezember 2010 bis zum 9. Oktober 2012 bei ihr gearbeitet. Überdies stimmen auch die zeitlichen Abläufe im Hinblick auf das geschilderte Kennenlernen des sie bedrohenden Militärangehörigen nicht überein. Während es bei der Befragung vom 21. Oktober 2012 noch heißt, der Militärangehörige sei vor zwei Monaten zu ihrer Arbeitgeberin gekommen, gab sie gegenüber dem Bundesamt an, er habe vor drei bis vier Monaten nach ihr verlangt (Seite 7 der Anhörungsniederschrift). An einer anderen Stelle heißt es dann, dass der erste Mann nach zwei Monaten gekommen sei, nachdem sie im Dezember 2010 zu arbeiten begonnen habe und nach weiteren drei Monaten der Militärangehörige gekommen sei (Seite 8 der Anhörungsniederschrift). Schließlich gab die Klägerin an, dass die Heirat ungefähr drei, vier, fünf Monate im Gespräch gewesen sei (Seite 11 der Anhörungsniederschrift). 65Damit einhergehend widersprechen sich auch die Angaben der Klägerin zu ihren letzten Wohnorten. Zunächst gab die Klägerin an, seit Anfang 2012 in D. im Stadtviertel M2. im Unterviertel D1. A. gelebt zu haben. Zuvor habe sie seit 2009 im Stadtviertel T1. im Unterviertel G. gelebt (Seite 3 der Anhörungsniederschrift). Indes gab die Klägerin am Ende der Befragung auf weitere Nachfrage an, mit ihren Pflegeeltern in M3. gelebt zu haben (Seite 11 der Anhörungsniederschrift). 66Die Klägerin konnte diese Widersprüche auch nicht überzeugend auflösen. Auf die zeitlichen Abweichungen beim Bundesamt angesprochen, gab sie lediglich an, mit Daten ihre Probleme zu haben. Das einzig wichtige Datum sei der 28. September 2009. Auch wenn von einem Asylbewerber sicherlich nicht erwartet werden kann, sämtliche zeitliche Abläufe der Erlebnisse in seinem Heimatland exakt wiedergeben zu können, lassen bereits die vorstehend aufgezeigten Widersprüche an der Glaubhaftigkeit des Vortrags zweifeln. Zum einen lagen die geschilderten Erlebnisse im Zeitpunkt der durchgeführten Befragungen nach den eigenen Angaben der Klägerin noch nicht lange zurück. Zum anderen ist bei Erlebnissen wie dem Todestag der Pflegefamilie und einer Bedrohung durch einen Militärangehörigen zu erwarten, dass diese – anders als alltägliche Situationen – auch nachhaltig im Gedächtnis bleiben und Angaben zum Zeitpunkt des behaupteten Geschehens nicht derart – noch dazu im Rahmen einer einzigen Befragung – variieren. 67Soweit die Klägerin etwaige sprachliche Differenzen und ihre psychische Traumatisierung für die aufgezeigten Widersprüche verantwortlich macht, genügt auch dieses Vorbringen dem Gericht nicht, um die vorhandenen Widersprüche zu plausibilisieren. 68Sprachliche Schwierigkeiten vermag das Gericht von vornherein nicht zu erkennen. Ausweislich der Anhörungsprotokolle der Bundespolizei und des Bundesamtes war bei allen Befragungen eine Sprachmittlerin für die Sprache Französisch anwesend. Die Klägerin hat auch jeweils angegeben, dass sie der französischen Sprache mächtig sei. So gab sie bereits bei der Bundespolizei an, die Sprachen Französisch und Mano zu sprechen (Bl. 11 Heft 2 der Beiakten). Auch gegenüber dem Bundesamt gab sie an, Französisch zu sprechen (Bl. 29 und 42 Heft 2 der Beiakten). Schließlich teilte die Klägerin auf die Anfrage des Gerichts vom 14. Januar 2014 mit Schreiben vom 27. Januar 2014 mit, dass sie eine weibliche Dolmetscherin in französischer Sprache benötige (Bl. 48 der Gerichtsakte). Zweifel daran, dass die Klägerin in Abweichung zu ihren Angaben der französischen Sprache nicht hinreichend mächtig ist, vermag das Gericht nicht zu erkennen. Französisch stellt die Amtssprache Guineas dar, während Mano nur von einer Minderheit in der Waldregion gesprochen wird. Da sich die Klägerin nach ihren eigenen Angaben seit 2009 in D. aufgehalten hat und zudem bis 2010 zur Schule gegangen ist, kann davon ausgegangen werden, dass sie sich bereits in ihrem Heimatland nicht nur auf Mano, sondern auch auf Französisch verständigt hat. Zudem hat die Klägerin bei den Befragungen von keinen Verständnisschwierigkeiten berichtet, sondern jeweils bestätigt, dass es solche nicht gegeben habe. Es wäre aber zu erwarten gewesen, dass die Klägerin auf etwaige Sprachschwierigkeiten bereits bei dieser Gelegenheit hingewiesen, bzw. auf entsprechende Nachfrage des Bundesamtes hinsichtlich der abweichenden Angaben sich dahingehend geäußert hätte. 69Die Klägerin hat auch nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, inwieweit die aufgezeigten Widersprüche auf einer psychischen Traumatisierung ihrerseits beruhen. Dass eine psychische Erkrankung vorliegt, ist bereits nicht hinreichend dargelegt worden. Insbesondere ist eine solche Erkrankung der Klägerin nicht durch ein fachärztliches Attest belegt, das eventuell eine weitere Sachaufklärung seitens des Gerichts erforderlich gemacht hätte. Die Klägerin hat nur eine ärztliche Verschreibung der Psychiaterin Dr. E1. T2. von der LVR-Klinik W. und eine Terminerinnerung vorgelegt (Bl. 63 der Gerichtsakte). Daraus geht aber nicht hervor, seit wann und weswegen sich die Klägerin in Behandlung befindet und wie bzw. ob sich ihr Leiden auf ihre Aussage bei der Bundespolizei und dem Bundesamt ausgewirkt haben könnte. Dies wird ebenso wenig aus dem ebenfalls vorlegten Laborblatt vom 6. Mai 2014 ersichtlich (Bl. 64 der Gerichtsakte). Überdies wäre auch diesbezüglich ein früherer Vortrag, beispielsweise als die Klägerin im Rahmen der Befragung auf ihre Widersprüche angesprochen worden ist, zu erwarten gewesen. 70Ungeachtet dessen können etwaige Aussageprobleme, die auf einer Traumatisierung gründen – und die selbstverständlich bei der Anhörung eines möglicherweise traumatisch erkrankten Asylbewerbers in den Blick zu nehmen und bei der Bewertung seiner Angaben durch das Bundesamt und die Gerichte als mögliche Ursache widersprüchlichen, fehlenden oder unlogischen Vortrags zu bedenken sind – jedoch nicht bewirken, dass jegliche Erklärungen und Schilderungen eines Asylbewerbers, aus denen sich die Unglaubhaftigkeit seines Asylvorbringens ergibt, mit Rücksicht auf die behauptete Traumatisierung bei der Bewertung der Glaubhaftigkeit des Asylvorbringens unberücksichtigt bleiben müssen. Vielmehr kann auch von traumatisierten Asylbewerbern jedenfalls zum "Rahmengeschehen", in das das Traumerlebnis eingebettet ist, erwartet werden, dass hierzu wahrheitsgemäße, vernünftige und lebensnahe Schilderungen erfolgen. Denn die aufgezeigten traumabedingten Beeinträchtigungen des Aussageverhaltens beziehen sich in aller Regel – nur – auf das Traumaerlebnis oder lediglich Teile des traumaauslösenden Ereignisses selbst, nicht aber auf das gesamte Erinnerungsvermögen des Traumatisierten. 71Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 21. März 2006 – 6 K 4260/04.A –, juris, Rn. 61. 72Gegen die Glaubhaftigkeit des geschilderten Verfolgungsschicksals spricht überdies, dass der zentrale Vortrag der Klägerin zu der ihr drohenden Zwangsbeschneidung und Zwangsheirat überaus vage und detailarm geblieben ist und daher nicht den Eindruck wirklich erlebter Begebenheiten erweckt. Insbesondere blieb die Schilderung der Klägerin hinsichtlich des Ablaufs eines Treffens mit dem Militärangehörigen sehr farblos (Seite 10 der Anhörungsniederschrift). Insoweit wären vor dem Hintergrund der ihr drohenden Gefahr und des nicht unerheblichen Zeitraums, in dem sie dieser Gefahr nach eigenen Angaben ausgesetzt gewesen ist, eine detaillierte Schilderung versehen mit mehreren originären Einzelheiten, zu erwarten gewesen. Gleiches gilt für die Annahme der Klägerin, der Militärangehörige werde sie landesweit verfolgen. 73Auch war es der Klägerin nicht möglich, auf Nachfrage weitere, substantiiertere Angaben zu machen: Sie schilderte zunächst, dass der Militärangehörige ihrer Arbeitgeberin für die Klägerin Geld gegeben habe und ihr eine weitere Hälfte – nach ihrer Beschneidung – geben sollte (Seite 5 der Anhörungsniederschrift). Die Frage, welche Summe vereinbart worden sei und wann die Beschneidung – dessen Tag nach ihren Angaben bereits festgelegt worden sei – erfolgen sollte, konnte sie nicht beantworten. Auch die Nachfrage, was ihre Arbeitgeberin beruflich gemacht habe, konnte sie nicht beantworten, obwohl sie dort nach ihren eigenen Angaben über einen längeren Zeitraum gelebt hat (Seite 6 der Anhörungsniederschrift). Ebenso wenig wusste sie den Namen und Beruf ihrer Nachbarin, der sie sich anvertraut und die ihre Ausreise organisiert habe. Die Nachfrage, wie lange sie den Militärangehörigen kenne, wollte sie nicht beantworten, da sie nicht lügen wolle. (Seite 7 der Anhörungsniederschrift). 74Schließlich erscheint es dem Gericht wenig plausibel, warum die Klägerin über einen so langen Zeitraum bei ihrer Arbeitgeberin, die sie nach eigenen Angaben für ihre Arbeit auch nicht bezahlt hat, geblieben ist. Zudem erscheint es dem Gericht lebensfremd, dass ein einflussreicher Militärangehöriger über einen so langen Zeitraum, wie von der Klägerin behauptet, zuwartet, bevor er seinen Willen durchsetzt. 75Die Möglichkeit, in der mündlichen Verhandlung nähere Angaben zu ihrem Verfolgungsschicksal zu machen und die vorhandenen Widersprüche aufzuklären und zu beseitigen, hat die Klägerin nicht wahrgenommen. Auch hat sie sich dadurch einer Beurteilung durch das erkennende Gericht hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit entzogen. 76Das Gericht ist nach alledem nicht zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin Guinea auf der Flucht vor politischer Verfolgung verlassen hat. Es geht vielmehr davon aus, dass die Klägerin Guinea allein aus wirtschaftlichen Gründen und in der Hoffnung, außerhalb Guineas ihren Lebensunterhalt verdienen zu können, verlassen hat. Nachfluchtgründe sind ebenfalls nicht ersichtlich. 77Der Klägerin ist auch nicht subsidiär schutzberechtigt im Sinne des § 4 AsylVfG. Nach dessen Satz 1 ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Die einzig denkbare in Betracht kommende Alternative der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Absatz 1 Nr. 2 AsylVfG) droht der Klägerin nach den obigen Ausführungen nicht. 78Grund für die Annahme von Abschiebungshindernissen nach § 60 Absatz 5 oder 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) besteht ebenfalls nicht. Sie ergeben sich auch nicht aus der derzeitigen Ebola Epidemie in Guinea. 79Zwar soll gemäß § 60 Absatz 7 Satz 1 AufenthG von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Indes sind nach § 60 Absatz 7 Satz 2 AufenthG Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Absatz 1 Satz 1 zu berücksichtigen. Aus der Sperrklausel des § 60 Absatz 7 Satz 2 AufenthG folgt der Ausschluss der Berufung auf das Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 7 Satz 1 AufenthG, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die zuständige Landesbehörde einen allgemeinen Abschiebestopp erlassen hat oder – wie vorliegend – nicht. Mit dieser Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr der ganzen Bevölkerung bzw. Bevölkerungsgruppe im Zielstaat gleichermaßen droht, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt und die Ausländerbehörde, sondern für die ganze Gruppe der potenziell Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung des Innenministeriums im Wege des § 60a AufenthG befunden wird. 80BVerwG, Urteil vom 13. Juni 2013 – 10 C 13.12 –, BVerwGE 147, 8-19 = juris, Rn. 13 m.w.N.; Heilbronner, Ausländerrecht, Stand. 86. Ergänzungslieferung, Juni 2014, § 60a AufenthG, Rn. 79 m.w.N. 81Vorliegend greift die Sperrwirkung des § 60 Absatz 7 Satz 2 AufenthG, da die Gefahr sich mit dem Ebola-Virus anzustecken, keine individuelle, nur der Klägerin drohende, sondern eine allgemeine Gefahr darstellt, der zurzeit die gesamte Bevölkerung in Guinea ausgesetzt ist. 82Diese Sperrwirkung kann zwar aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG im Wege einer verfassungskonformen Auslegung durchbrochen werden, wenn dies zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke erforderlich ist. Unabhängig davon, ob hier eine solche Schutzlücke besteht, liegt ein solcher Ausnahmefall nur vor, wenn der Ausländer bei einer Rückkehr einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Das Erfordernis des unmittelbaren – zeitlichen – Zusammenhangs zwischen Abschiebung und drohender Rechtsgutverletzung setzt zudem für die Annahme einer extremen Gefahrensituation voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann. 83BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 – 10 C 24.10 –, juris, Rn. 20; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 24. Oktober 2013 – 13a B 12.30421 –, juris, Rn. 19 m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 4. Januar 2013 – 13 A 2635/12.A –, juris, Rn. 11. 84Diese Voraussetzungen liegen – zumindest nach derzeitigem Erkenntnisstand – nicht vor. Der Klägerin droht trotz des nach den derzeitigen Erkenntnissen erschreckenden Ausmaßes der Ebola Epidemie in Guinea – und den Nachbarländern Sierra Leone, Liberia und Nigeria –, nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit nach ihrer Rückkehr nach Guinea in eine solche lebensgefährliche Situation zu gelangen. Ihr droht bereits nicht, sich nach ihrer Rückkehr mit hoher Wahrscheinlichkeit mit dem Virus zu infizieren. Denn es besteht durch die Meidung direkten Kontaktes mit Infizierten die Möglichkeit, sich vor Infektionen zu schützen. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist nur durch den ungeschützten Kontakt mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten von erkrankten Menschen oder Verstorbenen möglich. Es gibt bisher keine Hinweise auf eine Übertragung der Viren auf den Menschen durch die Atemluft. Schließlich korreliert das Übertragungsrisiko zu einen mit der Schwere der Erkrankung und zum anderen mit der Phase in der sie sich befindet. Das Übertragungsrisiko ist in der Spätphase der Erkrankung am größten. Die Ansteckung erfolgt häufig über den Kontakt zu den Körpern Verstorbener. 85http://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/E/Ebola/Uebersicht.html. 86Die in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes zugleich verfügte Abschiebungsandrohung und die festgesetzte Ausreisefrist stützen sich auf § 34 Absatz 1 AsylVfG und § 59 AufenthG. 87Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Die Nichterhebung von Gerichtskosten ergibt sich aus § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Absatz 1 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). 88Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Absatz 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch die beklagte durch sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 prozent des aufgrund des urteils jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die am 00.00.1987 in d. geborene klägerin ist guineische staatsangehörige und gehört der volksgruppe der forestière an. sie reiste am 19. oktober 2012 auf dem luftweg in die bundesrepublik deutschland ein. 3da die kosten für das flugticket von casablanca über singapur nach frankfurt am main nicht gedeckt waren, wurde sie in begleitung von einer angestellten der fluggesellschaft m. , frau c. n. , bei der bundespolizei vorstellig. in diesem zusammenhang äußerte die klägerin ihr asylbegehren. im rahmen einer telefonischen dolmetscherbefragung gab sie an, dass ihr in ihrer heimat die traditionelle zwangsheirat sowie eine unfreiwillige beschneidung drohten. bei einer rückkehr drohe ihr zudem der mord seitens der familie. von ihrer heimat sei sie bis nach frankfurt am main von einer frau namens „m1. “ begleitet worden. die schleusung sei von einem freund namens „s. t. “ aus belgien bezahlt worden. der versuch, diesen unter der von der klägerin genannten telefonnummer zu erreichen, scheiterte. 4am 21. oktober 2012 gab die klägerin im rahmen der seitens der bundespolizei bezüglich ihres einreisebegehrens durchgeführten befragungen folgendes an: 5ihre mutter sei bereits bei ihrer geburt gestorben. bis zum tod ihres vaters im jahr 2009 habe sie bei diesem gelebt. nach dessen tod sei sie von der familie des freundes ihres vaters (b. l. ) aufgenommen worden, da sie keine verwandten mehr gehabt habe. dieser sei politisch aktiv gewesen. er habe den vorgänger (capitaine moussa dadis camara) des derzeitigen guineischen präsidenten (professeur alpha condé) unterstützt, der dessen anhänger habe eliminieren lassen. vor sieben bis acht monaten sei auch die familie l. umgebracht worden. sie habe die leichen nach ihrer rückkehr vom markt entdeckt. 6sie habe sodann bei einer frau namens b1. c1. e. gearbeitet und gelebt. vor etwa zwei monaten sei ein älterer, reicher und einflussreicher kommandant des militärs zu dieser frau gekommen und habe ihr viel geld für die klägerin versprochen. sie solle seine vierte frau werden. da er moslem sei, solle sie beschnitten werden und dann zum islam konvertieren. er habe der klägerin gedroht sie umzubringen, sollte sie sich widersetzen. mit rasierklingen habe er ihr sichtbare narben zugefügt. 7ihre einzige vertraute sei ihre nachbarin gewesen. ihren namen kenne sie nicht; sie habe sie immer tante gerufen. etwa zwei wochen vor ihrer ausreise habe sie ihr zugesagt, alles versuchen zu wollen, um ihr zu helfen. hierzu habe die klägerin ihr bilder von sich gegeben. am 9. oktober 2013 sei dann eine – ihr vorher nicht bekannte – schleuserin namens m1. zu ihr gekommen. sie habe ihr einen sierra-leonischen reisepass besorgt und sie aus dem land gebracht. einen eigenen guineischen reisepass habe die klägerin dagegen nicht besessen. die klägerin wisse nicht, wer ihre reise organisiert und finanziert habe, vermute aber, dass es eine mitarbeiterin von unicef in d. gewesen sei. 8am 22. oktober 2012 beantragte die klägerin ihre anerkennung als asylberechtigte. zur begründung gab sie in ihrer anhörung vom bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) am 25. oktober 2012 im wesentlichen folgendes an: 9sie habe seit anfang 2012 in der stadt d. , im stadtviertel m2. im unterviertel d1. a. gelebt. zuvor habe sie seit 2009 im stadtviertel t1. im unterviertel g. gelebt. im rahmen der befragung ergänzte sie, dass sie mit der familie l. in m3. gelebt habe. sie habe nur noch eine halbschwester, einen halbruder und eine tante. sie wisse nicht, wo sie sich aufhielten. seit dem tod ihres vaters – mithin seit dem 12. november 2009 – habe sie keinen kontakt mehr zu ihnen gehabt. ihre halbgeschwister seien von ihren eltern abgeholt worden. der freund ihres vaters sei am 28. september 2010 gestorben. 10sie habe dann zunächst für ca. drei monate bei einer freundin gelebt. da sie aber kein geld gehabt habe, habe sie sie verlassen und nach arbeit suchen müssen. sie habe dann für frau b1. c1. e. gearbeitet und bei ihr gewohnt. nachdem ihre arbeitgeberin sie gegen geld für geschlechtsverkehr an einen ihrer freunde zu vermitteln versucht habe, sei sie zu den nachbarn geflohen. ihre arbeitgeberin habe sich aber diesen gegenüber als ihre schwester ausgegeben und sie wieder mit zu sich genommen. vor etwa drei bis vier monaten sei ein anderer, älterer mann vom militär gekommen und habe sie heiraten wollen, da sie jung sei. hierfür habe ihre arbeitgeberin, die sich als eine familienangehörige vorgestellt habe, von ihm geld verlangt. er habe eine anzahlung geleistet und sich mit ihr geeinigt ihr eine weitere hälfte nach beschneidung der klägerin zu geben. der tag der beschneidung sei bereits festgelegt worden; die klägerin wisse aber nicht wann diese habe stattfinden sollen. eines tages habe sie auf dem markt mit einem fremden gesprochen. der militärangehörige habe davon erfahren, sei wütend geworden und habe sie gefesselt und geschlagen. er habe ihr mittels einer rasierklinge eine narbe an ihrem rechten oberarm zugefügt, damit sie ihn nie vergesse. der mann heiße d2. b2. d3. d2. und gehöre der volksgruppe der malinké an. er habe eine halbglatze und graumeliertes haar sowie eine lücke zwischen den schneidezähnen. zudem sei er groß und muskulös gewesen. er habe ein barett getragen und sei manchmal in uniform gekommen. er sei mit dem präsidenten verwandt und sehr bekannt. sie habe daher nirgendwohin flüchten können, ohne dass er es erfahren hätte. 11sie habe ihrer nachbarin von ihrer situation erzählt, die ihr habe helfen wollen. ihre nachbarin habe ihr am tag ihrer abreise gesagt, dass sie sie abends brauche. sie sei dann zu ihr gegangen und habe die weiße frau gesehen. sie vermute, ihre nachbarin habe ihre reise organisiert, da nur sie – und ihr freund in belgien – ihre situation gekannt und ihre fotos besessen hätten. wie ihre nachbarin geheißen und was sie beruflich gemacht habe, wisse sie nicht. da sie kinder im ausland gehabt habe, sei sie viel verreist. 12auf nachfrage des bundesamtes im hinblick auf die abweichenden angaben gegenüber ihrer erstbefragung vom 19. oktober 2012 und ihrer weiteren befragung vom 21. oktober 2012 durch die bundespolizei gab die klägerin an, dass sie mit daten ihre probleme habe. der 28. september 2010 sei das einzig wichtige datum gewesen. hätte sie gewusst, dass sie flüchten würde, hätte sie diese daten registriert. die telefonische befragung sei ihr nicht rückübersetzt worden. sie sei gefragt worden, ob sie jemanden kenne und habe dann den namen ihres freundes und dessen telefonnummer genannt. sie habe nur gedacht, dass die weiße frau bei unicef arbeite, da sie ihr geholfen habe, ohne ihre probleme zu kennen. auf mehrfache nachfrage des bundesamtes, ob sie – wie in ihrer erstbefragung durch die bundespolizei angegeben – von ihrer familie bedroht werde, trug die klägerin vor, die dame gemeint zu haben, bei der sie gewohnt habe. 13mit bescheid vom 7. mai 2013, welcher am 10. mai 2013 an die ehemalige prozessbevollmächtigte der klägerin zugestellt wurde, lehnte das bundesamt die anerkennung der klägerin als asylberechtigte und die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass abschiebungsverbote nicht vorlägen. zugleich forderte es die klägerin zur ausreise auf und drohte die abschiebung nach guinea an. die in der rechtsbehelfsbelehrung angegebene frist zur klageerhebung betrug eine woche. 14mit schreiben vom 10. mai 2013 teilte die frühere prozessbevollmächtigte der klägerin, der klägerin mit, dass ihr asylgesuch vom bundesamt abgelehnt worden und eine klage bis zum 17. mai 2014 zu erheben sei. sofern sie klageerhebung wünsche, solle sie sofort einen besprechungstermin vereinbaren. in diesem zusammenhang wies sie die klägerin zudem darauf hin, dass sie für ihre arbeit einen kostenvorschuss in höhe von 500 euro verlange. 15am 28. mai 2013 hat die klägerin durch den im rubrum genannten prozessbevollmächtigten gegen den bescheid vom 7. mai 2013 beim verwaltungsgericht klage erhoben. 16die klägerin ist der ansicht, nicht in der lage gewesen zu sein, rechtzeitig klage zu erheben. sie habe den angefochtenen bescheid erst am 18. mai 2013, mithin nach ablauf der klagefrist, von ihrer früheren prozessbevollmächtigten erhalten. sie sei weder der deutschen sprache mächtig noch in der lage gewesen, die geforderten 500,00 € zur klageerhebung aufzubringen. sie trägt weiter vor, die entscheidung der beklagten bestehe hauptsächlich aus belastenden vermutungen. dies zeige insbesondere die annahme der bereits erfolgten beschneidung. eine einfache untersuchung hätte schnell zeigen können, dass sie nicht beschnitten sei. etwaige differenzen im sachvortrag seien möglicherweise den sprachlichen differenzen und zumindest ihrer psychischen traumatisierung geschuldet. 17die klägerin beantragt sinngemäß, 18die beklagte unter aufhebung des bescheides des bundesamtes vom 7. mai 2013 in der fassung vom 13. juni 2013 zu verpflichten, sie als asylberechtigte anzuerkennen und ihr die flüchtlingseigenschaft nach § 3 asylvfg zuzuerkennen, 19hilfsweise subsidiären schutz nach § 4 asylvfg zuzuerkennen, 20hilfsweise festzustellen, dass in der person der klägerin abschiebungsverbote nach § 60 absatz 5 und 7 aufenthg bestehen. 21die beklagte beantragt, 22die klage abzuweisen. 23zur begründung bezieht sie sich auf ihr vorbingen aus dem verwaltungsverfahren. 24mit bescheid vom 13. juni 2013 hat das bundesamt den angegriffenen bescheid abgeändert, indem es die offensichtlichkeitsentscheidung nach § 30 asylvfg aufhob. das bundesamt sei zu unrecht von einer beschneidung der klägerin ausgegangen. vielmehr könne dieser umstand mittels eines ärztlichen attests leicht festgestellt werden. der bescheid war mit einer rechtsbehelfsbelehrung versehen, wonach klage innerhalb von zwei wochen zu erheben sei. 25die klägerin hat eine frauenärztliche bescheinigung vom 12. august 2013 vorgelegt, woraus sich ergibt, dass sie nicht beschnitten ist (bl. 36 d. akte). 26wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 27
28das gericht konnte trotz ausbleibens der klägerin und des vertreters des bundesamtes in der mündlichen verhandlung entscheiden, da die beteiligten ordnungsgemäß geladen worden sind und in den ladungen vom 13. juni 2014 zudem gemäß § 102 absatz 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) darauf hingewiesen worden sind, dass bei ausbleiben eines beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entscheiden werden kann. 29die klage ist zulässig (vgl. unter i.), aber unbegründet (vgl. unter ii.). 30i. die klägerin hat die klage rechtzeitig innerhalb der klagefrist des § 74 absatz 1 asylverfahrensgesetzes (asylvfg) erhoben. da das bundesamt mit änderungsbescheid vom 13. juni 2014 den bescheid vom 7. mai 2013 insoweit abgeändert hat, als es die offensichtlichkeitsentscheidung nach § 30 asylvfg aufgehoben hat, richtete sich die klagefrist nicht mehr nach § 74 absatz 1, 2. alternative asylvfg sondern nur noch nach § 74 absatz 1, 1. alternative asylvfg. die klagefrist beträgt nach aufhebung der offensichtlichkeitsentscheidung mit anderen worten nicht mehr eine woche, sondern zwei wochen. diese frist ist gewahrt worden. 31zwar ist der bescheid vom 7. mai 2013 laut aktenvermerk im sinne des § 4 absatz 2 satz 4 verwaltungszustellungsgesetz (vwzg) am 8. mai 2013 – adressiert an die frühere prozessbevollmächtigte der klägerin, die mit schriftsatz vom 22. oktober 2012 eine schriftliche vollmacht vorgelegt hat (vgl. § 7 absatz 1 satz 2 vwzg) – als einschreiben zur post gegeben worden. bei einem einschreiben durch übergabe gilt das dokument gemäß § 4 absatz 2 satz 2 vwzg am dritten tag nach der aufgabe zur post, mithin am 11. mai 2013 als zugestellt. dem steht nicht entgegen, dass der 11. mai 2013 ein samstag war. die vermutung der zustellung gemäß § 4 absatz 2 satz 2 vwzg greift ebenso wie die vermutung der bekanntgabe nach § 41 absatz 2 satz 1 verwaltungsverfahrensgesetz (vwvfg) auch dann ein, wenn der für die zustellung bzw. bekanntgabe maßgebende dritte tag nach der aufgabe zur post auf einen samstag, sonntag oder feiertag fällt. 32oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 7. märz 2001 – 19 a 4216/99 –, juris, rn. 8 ff. m.w.n.; verwaltungsgericht münchen, urteil vom 16. märz 2011 ‑ m 18 k 10.1691 –, juris, rn. 21; sadler, vwvg vwzg, § 4 vwzg, 7. aufl. 2010, rn. 13 m.w.n. 33da der letzte tag der frist, d.h. der 25. mai 2013, auf einen samstag fiel, wäre die zweiwochenfrist am 27. mai 2013 gemäß §§ 57 absatz 2 vwgo, 222 absatz 2 zivilprozessordnung (zpo) abgelaufen; die klageerhebung am 28. mai 2013 mithin verfristet gewesen. 34indes ist auch die rechtsbehelfsbelehrung im bescheid vom 7. mai 2013, welcher eine klagefrist von einer woche benennt, infolge der aufhebung der offensichtlichkeitsentscheidung falsch (geworden), mit der folge, dass die klagefrist noch nicht zu laufen begonnen hat (§ 58 absatz 1 vwgo). insoweit hat das bundesamt die rechtsbehelfsbelehrung berichtigt, indem es dem teilaufhebungsbescheid vom 13. juni 2013 eine zutreffende rechtsbehelfsbelehrung beigefügt hat. die rechtsbehelfsfrist begann damit erst mit der bekanntgabe des bescheides vom 13. juni 2013 zu laufen. 35vgl. hierzu czybulka, in: sodan/ziekow, vwgo, 4. aufl. 2013, § 58, rn. 70 m.w.n. 36diese erfolgte ausweislich der postzustellungsurkunde infolge der zustellung durch niederlegung gemäß § 3 absatz 2 satz 1 vwzg in verbindung mit § 181 absatz 1 zpo am 20. juni 2013. zu diesem zeitpunkt war die klage bereits erhoben worden. einer wiedereinsetzung in den vorherigen stand bedarf es daher nicht. 37ii. der angegriffene bescheid des bundesamtes vom 13. juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 absatz 1 und 5 vwgo. 38das gericht entscheidet asylstreitigkeiten nach der sach- und rechtslage im zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung (§ 77 absatz 1 satz 1 asylverfahrensgesetz – asylvfg). deshalb findet die seit dem 1. dezember 2013 durch das gesetz zur umsetzung der richtlinie 2011/95/eu vom 28. august 2013 (bgbl. i s. 3474) veränderte rechtslage anwendung. die klägerin vermag auf dieser grundlage mit erfolg weder ihre anerkennung als asylberechtigte noch die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 asylvfg begehren, denn sie ist nicht politisch verfolgte im sinne der asylrechtlichen vorschriften. 39politisch verfolgter ist, wer in anknüpfung an asylerhebliche merkmale, d.h. an seine politische überzeugung, seine religiöse grundentscheidung oder an andere merkmale, die für ihn unverfügbar sind und die sein anderssein prägen, gezielt rechtsverletzungen ausgesetzt ist, die ihn ihrer intensität nach aus der übergreifenden friedensordnung der staatlichen einheit ausgrenzen. voraussetzungen und umfang des politischen asyls sind wesentlich bestimmt von der unverletzlichkeit der menschenwürde. 40bundesverfassungsgericht (bverfg), beschlüsse vom 4. dezember 2012 – 2 bvr 2954/09 –, juris, rn. 24, vom 10. juli 1989 – 2 bvr 502/86 –, juris, rn. 38 ff., und vom 2. juli 1980 – 1 bvr 147/80 –, juris, rn. 46; ovg nrw, urteil vom 14. februar 2014 – 1 a 1139/13.a –, juris, rn. 23. 41nach § 3 absatz 1 asylvfg ist einem ausländer weiter die flüchtlingseigenschaft im sinne des abkommens vom 28. juli 1951 über die rechtsstellung der flüchtlinge (bgbl. 1953 ii s. 559) – genfer flüchtlingskonvention (gfk) – zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe außerhalb des landes (herkunftsland) befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will oder in dem er als staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser furcht nicht zurückkehren will. eine verfolgung kann dabei gemäß § 3c asylvfg ausgehen von einem staat, parteien oder organisationen, die den staat oder wesentliche teile des staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen akteuren, sofern die zuvor genannten akteure einschließlich internationaler organisationen erwiesenermaßen nicht in der lage oder nicht willens sind, im sinne des § 3d asylvfg schutz vor der verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem land eine staatliche herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. weiter darf für den ausländer keine innerstaatliche fluchtalternative bestehen, § 3e asylvfg. 42maßgeblich ist, ob der asylsuchende bei der rückkehr in sein heimatland der gefahr politischer verfolgung ausgesetzt wäre, wobei auf den sachstand im zeitpunkt der letzten gerichtlichen tatsachenentscheidung abzustellen ist (§ 77 absatz 1 asylvfg). hat der ausländer sein heimatland bzw. den staat seines gewöhnlichen aufenthaltes auf der flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer verfolgung verlassen, besteht anspruch auf verfolgungsschutz bereits dann, wenn er bei einer rückkehr vor erneuter verfolgung nicht hinreichend sicher sein kann (herabgestufter prognosemaßstab). ist der ausländer hingegen unverfolgt ausgereist, hat er einen anspruch auf schutz nur, wenn ihm aufgrund asylrechtlich beachtlicher nachfluchttatbestände mit beachtlicher wahrscheinlichkeit politische verfolgung droht (gewöhnlicher prognosemaßstab), 43bverfg, beschluss vom 10. juli 1989 – 2 bvr 502/86 u.a. –, bverfge 80, 315 (344); bverwg, urteil vom 15. mai 1990 – 9 c 17.89 –, bverwge 85, 139 (140) und urteil vom 20. november 1990 ‑ 9 c 74.90 –, infauslr 1991, 145 (146). 44es ist sache des asylbewerbers, die gründe für seine furcht vor politischer verfolgung schlüssig vorzutragen. dazu hat er unter angabe genauer einzelheiten einen in sich stimmigen sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei verständiger würdigung ergibt, dass ihm in seinem heimatstaat politische verfolgung droht. hierzu gehört, dass der asylbewerber die in seine sphäre fallenden ereignisse, insbesondere seine persönlichen erlebnisse, so schildert, dass der behauptete asylanspruch davon lückenlos getragen wird. das gericht muss dabei von der wahrheit – nicht nur von der wahrscheinlichkeit – des vom asylsuchenden behaupteten individuellen verfolgungsschicksals die volle überzeugung gewinnen. es muss beurteilen, ob eine solche aussage des asylbewerbers glaubhaft ist. dies gehört zum wesen der richterlichen rechtsfindung, vor allem der freien beweiswürdigung. bei der bewertung der stimmigkeit des sachverhalts sind u. a. persönlichkeitsstruktur, wissensstand und herkunft des asylbewerbers zu berücksichtigen. 45bverwg, beschlüsse vom 3. august 1990 – 9 b 45.90 –, juris, rn. 2, vom 26. oktober 1989 ‑ 9 b 405.89 –, juris, rn. 8, und vom 21. juli 1989 – 9 b 239.89 –, juris, rn. 3 f.; ovg nrw, urteil vom 14. februar 2014 – 1 a 1139/13.a –, juris, rn. 35. 46ausgehend von diesen grundsätzen führt das begehren der klägerin nicht zum erfolg. es liegen weder die voraussetzungen für die anerkennung als asylberechtigte noch die für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft vor. es lässt sich nicht feststellen, dass die klägerin vor ihrer ausreise aus guinea oder im falle einer rückkehr nach guinea landesweit von politischer verfolgung betroffen war bzw. bedroht sein würde. 47zu den unverfügbaren merkmalen im eben genannten sinne gehört zwar auch die geschlechtszugehörigkeit. ein solcher fall der geschlechtsspezifischen verfolgung kann in einer drohenden zwangsbeschneidung und zwangsverheiratung bestehen. bei einer zwangsverheiratung ist von einer bedrohung für die persönliche freiheit und körperliche unversehrtheit auszugehen. diese weist eine asylerhebliche intensität auf, weil sie die frau in ihrem selbstbestimmungsrecht hinsichtlich der wahl des ehepartners und in der folge wegen des vom ehemann erwarteten ehelichen geschlechtsverkehrs auch in ihrer sexuellen integrität verletzt. bei einer verweigerung der eheschließung oder flucht droht der betroffenen frau zudem unter umständen körperliche misshandlung oder gar die tötung wegen der dadurch verursachten entehrung. jedenfalls aufgrund der kumulation der beeinträchtigungen liegt eine entsprechende erheblichkeit der verfolgungsgefahr vor. die zwangsbeschneidung weist eine verfolgungserhebliche intensität auf, da der betroffenen frau dabei schwere physische leiden zugefügt werden und der erhebliche eingriff in die körperliche integrität auch gegen den willen der frauen vorgenommen wird. 48vgl. ovg nrw, urteil vom 14. februar 2014 – 1 a 1139/13.a –, juris, rn. 25; verwaltungsgericht kassel, urteil vom 26. märz 2012 – 4 k 782/10.ks.a –, juris (zwangsverheiratung); verwaltungsgericht düsseldorf, urteil vom 24. september 2010 – 13 k 2350/10.a – m.w.n. n.v. (zwangsverheiratung); verwaltungsgericht düsseldorf, urteile vom 6. juli 2009 – 13 k 4433/07.a –, juris (zwangsheirat); und vom 28. september 2007, – 13 k 1441/05.a –, juris, rn. 58 f. (genitalverstümmelung); verwaltungsgerichtberlin, urteil vom 3. september 2003 – 1 x 23/03 –, juris, rn. 22 f. (genitalverstümmelung); verwaltungsgerichtaachen, urteil vom 12. august 2003 ‑ 2 k 1924/00.a –, juris, rn. 49 (genitalverstümmelung); verwaltungsgericht frankfurt, urteil vom 29. august 2001 – 3 e 30495/98.a (2) –,juris, rn. 41 (genitalverstümmelung); verwaltungsgericht münchen, urteil vom 20. juni 2001 – m 21 k 98.50394 –, juris, rn. 92 ff. (genitalverstümmelung). 49die auskunftslage belegt, dass in guinea sowohl die praxis der zwangsverheiratung als auch die praxis von zwangsverheiratung von (jungen) mädchen und frauen auch gegenwärtig noch weit verbreitet ist. 50die zwangsverheiratung kommt in erheblichem umfang in allen guineischen ethnien und sozialen schichten vor. 51iak vom 3. dezember 2004 an verwaltungsgericht arnsberg, – 11 k 3182/04.a –; nach der auskunft auswärtigen amtes (aa) vom 29. november 2004,508-516.80/43239, an verwaltungsgericht arnsberg, – 11 k 3182/04.a. – sind diese nur in waldguinea unüblich; bundesamt für migration und flüchtlinge, 11.06, guinea – aktuelle lage – menschenrechte. 52die gesellschaft ist insgesamt sehr traditionell geprägt. dies gilt sowohl im hinblick auf die vorherrschende form des islam als auch in bezug auf die noch in großen teilen der bevölkerung und bei allen ethnien verbreiteten traditionellen sozialstrukturen. religion und sozialstrukturen bedingen eine streng hierarchische und patriarchalische gliederung und gehen von der unterordnung der frauen unter die jeweiligen männlichen vormünder aus. dadurch sind die traditionellen strukturen unerlässliche voraussetzungen für dasüberleben sowohl in ländlichen regionen als auch in den großstädten. 53junge mädchen und frauen sehen sich einem erheblichen druck ausgesetzt, den ausgewählten kandidaten möglichst umgehend und ohne widerstand zu heiraten. dabei dient die – möglichst schnelle – verheiratung der versorgung der abhängigen, strategischen erwägungen im hinblick auf die großfamilie und der abwälzung der kosten für den unterhalt der mädchen und frauen. 54iak vom 3. dezember 2004 an verwaltungsgericht arnsberg, – 11 k 3182/04.a –; bundesamt für migration und flüchtlinge, 11.06, guinea – aktuelle lage – menschenrechte. 55gleiches gilt für die verbreitung der zwangsbeschneidung. nach den der kammer vorliegenden erkenntnissen muss davon ausgegangen werden, dass der ganz überwiegende anteil guineischer frauen beschnitten ist. während in den meisten berichten von beschneidungsraten deutlich über 90% gesprochen wird 56– who, iak, ba: 99%, gtz, epo: 98,6%, aa: über 90% – 57gehen amnesty international und das u.s. departement of state von spannen zwischen 65% bzw. 70% bis 90 % aus. lediglich in einer tabellarischen übersicht von unicef wird nur ein anteil von 50% ausgewiesen. dabei existieren keine unterschiede nach ethnischer oder religiöser zugehörigkeit. ebenso wenig sind regionale unterschiede feststellbar. auch in den größeren städten ist mädchenbeschneidung in gleicher weise verbreitet, wenn auch hier die tendenz steigt, bei vorhandensein entsprechender finanzieller mittel den eingriff durch medizinisches personal vornehmen zu lassen. selbst engagierte gegner der mädchenbeschneidung lassen diese bei ihren töchtern im hinblick auf den gesellschaftlichen druck dennoch vornehmen. in den meisten fällen wird die beschneidung in jugendlichem alter durchgeführt, wobei früher eine alterspanne bis zu 25 jahren üblich war, während mittlerweile eher jüngere mädchen zwischen acht und fünfzehn jahren beschnitten werden. allerdings kommt ebenfalls die beschneidung von kleinkindern sowie von älteren frauen vor. 58vgl. unicef, the progress of nations 1996, women, 2 million girls a year mutilated; ai, female genital mutilation in africa: information by country, act 77/07/97; who, estimated prevalence rates for fgm, updated may 2001; us department of state, country reports on human rights practices, guinea, 2003, section 5, women; bafl, weibliche genitalverstümmelung, stand: februar 2003, s. 18; iak, auskunft vom 9. september 2003; aa, auskunft vom 28. märz 2007, az.: 508-516.80/44975 und vom 25. september 2003, az.: 508-516.80/41775; epo, special, guinea: das schweigen brechen; gtz, länder, weibliche genitalverstümmelung in guinea. 59insoweit kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass auch ältere mädchen oder frauen dem brauch der zwangsbeschneidung ausgesetzt werden, zumal wenn auch eine zwangsverheiratung im raume steht. die zwangsbeschneidung gilt in vielen stammesgesellschaften als heiratsvoraussetzung. die gemeinschaften, die ihn praktizieren, sehen in der zwangsbeschneidung einen wichtigen bestandteil ihrer kulturellen identität und tradition. 60allerdings glaubt das gericht der klägerin ihr vorbringen nicht, vor einer ihr drohenden zwangsverheiratung und zwangsbeschneidung geflohen und ausgereist zu sein. das gericht geht nach lage der akten vielmehr davon aus, dass sie ihr heimatland unverfolgt verlassen und ein jedenfalls in maßgeblichen teilen erfundenes verfolgungsschicksal vorgetragen hat. 61die klägerin hat im rahmen der bei der bundespolizei und dem bundesamt erfolgten anhörungen keine in sich stimmige schilderung der angeblich fluchtauslösenden ereignisse gegeben. 62die klägerin hat in der erstbefragung durch die bundespolizei am frankfurter flughafen am 19. oktober 2012, der am 21. oktober 2012 durch die frankfurter bundespolizei durchgeführten zusatzbefragung und der befragung beim bundesamt am 25. oktober 2012, mithin binnen weniger tagen, in kernpunkten widersprüchliche angaben gemacht. 63so führte sie bei der bundespolizei zunächst aus, dass ihr bei einer rückkehr in ihre heimat neben der zwangsheirat und zwangsbeschneidung auch der mord seitens der familie drohe. in den nachfolgenden befragungen hat sie ihr asylbegehren indes nur noch auf die ihr drohende zwangsheirat und zwangsbeschneidung gestützt und von einer bedrohung seitens ihrer familie nicht mehr berichtet. im gegenteil: seitdem auch ihr vater im jahr 2009 gestorben sei, habe sie keinen kontakt mehr zu ihrer familie gehabt. hierauf im rahmen ihrer befragung beim bundesamt angesprochen, stellte sie schließlich ‑ nachdem ihr die nachfrage mehrfach erläutert worden ist – klar, dass sie die dame, bei der sie gewohnt habe, gemeint habe. bei der befragung durch die bundespolizei am 21. oktober 2012 schilderte die klägerin zudem, dass die familie des freundes ihres vaters, bei der sie nach dessen tod im jahr 2009 gelebt habe, vor sieben bis acht monaten umgebracht worden sei und sie dann bei einer frau namens b1. c1. e. gearbeitet habe. beim bundesamt gab sie hingegen an, dass der freund ihres vaters und dessen familie am 28. september 2010 umgebracht worden seien. 64hinzukommt, dass auch im rahmen der befragung beim bundesamt die zeitlichen angaben mehrfach variieren. diese divergenz besteht zunächst hinsichtlich des zeitraums, in dem sie für ihre arbeitgeberin b1. c1. e. tätig gewesen sein soll. auf seite 7 der anhörungsniederschrift heißt es insoweit, dass sie ende 2011/anfang 2012 zu ihrer arbeitgeberin gekommen sei. auf seite 8 der anhörungsniederschrift heißt es hingegen, sie habe von dezember 2010 bis zum 9. oktober 2012 bei ihr gearbeitet. überdies stimmen auch die zeitlichen abläufe im hinblick auf das geschilderte kennenlernen des sie bedrohenden militärangehörigen nicht überein. während es bei der befragung vom 21. oktober 2012 noch heißt, der militärangehörige sei vor zwei monaten zu ihrer arbeitgeberin gekommen, gab sie gegenüber dem bundesamt an, er habe vor drei bis vier monaten nach ihr verlangt (seite 7 der anhörungsniederschrift). an einer anderen stelle heißt es dann, dass der erste mann nach zwei monaten gekommen sei, nachdem sie im dezember 2010 zu arbeiten begonnen habe und nach weiteren drei monaten der militärangehörige gekommen sei (seite 8 der anhörungsniederschrift). schließlich gab die klägerin an, dass die heirat ungefähr drei, vier, fünf monate im gespräch gewesen sei (seite 11 der anhörungsniederschrift). 65damit einhergehend widersprechen sich auch die angaben der klägerin zu ihren letzten wohnorten. zunächst gab die klägerin an, seit anfang 2012 in d. im stadtviertel m2. im unterviertel d1. a. gelebt zu haben. zuvor habe sie seit 2009 im stadtviertel t1. im unterviertel g. gelebt (seite 3 der anhörungsniederschrift). indes gab die klägerin am ende der befragung auf weitere nachfrage an, mit ihren pflegeeltern in m3. gelebt zu haben (seite 11 der anhörungsniederschrift). 66die klägerin konnte diese widersprüche auch nicht überzeugend auflösen. auf die zeitlichen abweichungen beim bundesamt angesprochen, gab sie lediglich an, mit daten ihre probleme zu haben. das einzig wichtige datum sei der 28. september 2009. auch wenn von einem asylbewerber sicherlich nicht erwartet werden kann, sämtliche zeitliche abläufe der erlebnisse in seinem heimatland exakt wiedergeben zu können, lassen bereits die vorstehend aufgezeigten widersprüche an der glaubhaftigkeit des vortrags zweifeln. zum einen lagen die geschilderten erlebnisse im zeitpunkt der durchgeführten befragungen nach den eigenen angaben der klägerin noch nicht lange zurück. zum anderen ist bei erlebnissen wie dem todestag der pflegefamilie und einer bedrohung durch einen militärangehörigen zu erwarten, dass diese – anders als alltägliche situationen – auch nachhaltig im gedächtnis bleiben und angaben zum zeitpunkt des behaupteten geschehens nicht derart – noch dazu im rahmen einer einzigen befragung – variieren. 67soweit die klägerin etwaige sprachliche differenzen und ihre psychische traumatisierung für die aufgezeigten widersprüche verantwortlich macht, genügt auch dieses vorbringen dem gericht nicht, um die vorhandenen widersprüche zu plausibilisieren. 68sprachliche schwierigkeiten vermag das gericht von vornherein nicht zu erkennen. ausweislich der anhörungsprotokolle der bundespolizei und des bundesamtes war bei allen befragungen eine sprachmittlerin für die sprache französisch anwesend. die klägerin hat auch jeweils angegeben, dass sie der französischen sprache mächtig sei. so gab sie bereits bei der bundespolizei an, die sprachen französisch und mano zu sprechen (bl. 11 heft 2 der beiakten). auch gegenüber dem bundesamt gab sie an, französisch zu sprechen (bl. 29 und 42 heft 2 der beiakten). schließlich teilte die klägerin auf die anfrage des gerichts vom 14. januar 2014 mit schreiben vom 27. januar 2014 mit, dass sie eine weibliche dolmetscherin in französischer sprache benötige (bl. 48 der gerichtsakte). zweifel daran, dass die klägerin in abweichung zu ihren angaben der französischen sprache nicht hinreichend mächtig ist, vermag das gericht nicht zu erkennen. französisch stellt die amtssprache guineas dar, während mano nur von einer minderheit in der waldregion gesprochen wird. da sich die klägerin nach ihren eigenen angaben seit 2009 in d. aufgehalten hat und zudem bis 2010 zur schule gegangen ist, kann davon ausgegangen werden, dass sie sich bereits in ihrem heimatland nicht nur auf mano, sondern auch auf französisch verständigt hat. zudem hat die klägerin bei den befragungen von keinen verständnisschwierigkeiten berichtet, sondern jeweils bestätigt, dass es solche nicht gegeben habe. es wäre aber zu erwarten gewesen, dass die klägerin auf etwaige sprachschwierigkeiten bereits bei dieser gelegenheit hingewiesen, bzw. auf entsprechende nachfrage des bundesamtes hinsichtlich der abweichenden angaben sich dahingehend geäußert hätte. 69die klägerin hat auch nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, inwieweit die aufgezeigten widersprüche auf einer psychischen traumatisierung ihrerseits beruhen. dass eine psychische erkrankung vorliegt, ist bereits nicht hinreichend dargelegt worden. insbesondere ist eine solche erkrankung der klägerin nicht durch ein fachärztliches attest belegt, das eventuell eine weitere sachaufklärung seitens des gerichts erforderlich gemacht hätte. die klägerin hat nur eine ärztliche verschreibung der psychiaterin dr. e1. t2. von der lvr-klinik w. und eine terminerinnerung vorgelegt (bl. 63 der gerichtsakte). daraus geht aber nicht hervor, seit wann und weswegen sich die klägerin in behandlung befindet und wie bzw. ob sich ihr leiden auf ihre aussage bei der bundespolizei und dem bundesamt ausgewirkt haben könnte. dies wird ebenso wenig aus dem ebenfalls vorlegten laborblatt vom 6. mai 2014 ersichtlich (bl. 64 der gerichtsakte). überdies wäre auch diesbezüglich ein früherer vortrag, beispielsweise als die klägerin im rahmen der befragung auf ihre widersprüche angesprochen worden ist, zu erwarten gewesen. 70ungeachtet dessen können etwaige aussageprobleme, die auf einer traumatisierung gründen – und die selbstverständlich bei der anhörung eines möglicherweise traumatisch erkrankten asylbewerbers in den blick zu nehmen und bei der bewertung seiner angaben durch das bundesamt und die gerichte als mögliche ursache widersprüchlichen, fehlenden oder unlogischen vortrags zu bedenken sind – jedoch nicht bewirken, dass jegliche erklärungen und schilderungen eines asylbewerbers, aus denen sich die unglaubhaftigkeit seines asylvorbringens ergibt, mit rücksicht auf die behauptete traumatisierung bei der bewertung der glaubhaftigkeit des asylvorbringens unberücksichtigt bleiben müssen. vielmehr kann auch von traumatisierten asylbewerbern jedenfalls zum "rahmengeschehen", in das das traumerlebnis eingebettet ist, erwartet werden, dass hierzu wahrheitsgemäße, vernünftige und lebensnahe schilderungen erfolgen. denn die aufgezeigten traumabedingten beeinträchtigungen des aussageverhaltens beziehen sich in aller regel – nur – auf das traumaerlebnis oder lediglich teile des traumaauslösenden ereignisses selbst, nicht aber auf das gesamte erinnerungsvermögen des traumatisierten. 71verwaltungsgericht aachen, urteil vom 21. märz 2006 – 6 k 4260/04.a –, juris, rn. 61. 72gegen die glaubhaftigkeit des geschilderten verfolgungsschicksals spricht überdies, dass der zentrale vortrag der klägerin zu der ihr drohenden zwangsbeschneidung und zwangsheirat überaus vage und detailarm geblieben ist und daher nicht den eindruck wirklich erlebter begebenheiten erweckt. insbesondere blieb die schilderung der klägerin hinsichtlich des ablaufs eines treffens mit dem militärangehörigen sehr farblos (seite 10 der anhörungsniederschrift). insoweit wären vor dem hintergrund der ihr drohenden gefahr und des nicht unerheblichen zeitraums, in dem sie dieser gefahr nach eigenen angaben ausgesetzt gewesen ist, eine detaillierte schilderung versehen mit mehreren originären einzelheiten, zu erwarten gewesen. gleiches gilt für die annahme der klägerin, der militärangehörige werde sie landesweit verfolgen. 73auch war es der klägerin nicht möglich, auf nachfrage weitere, substantiiertere angaben zu machen: sie schilderte zunächst, dass der militärangehörige ihrer arbeitgeberin für die klägerin geld gegeben habe und ihr eine weitere hälfte – nach ihrer beschneidung – geben sollte (seite 5 der anhörungsniederschrift). die frage, welche summe vereinbart worden sei und wann die beschneidung – dessen tag nach ihren angaben bereits festgelegt worden sei – erfolgen sollte, konnte sie nicht beantworten. auch die nachfrage, was ihre arbeitgeberin beruflich gemacht habe, konnte sie nicht beantworten, obwohl sie dort nach ihren eigenen angaben über einen längeren zeitraum gelebt hat (seite 6 der anhörungsniederschrift). ebenso wenig wusste sie den namen und beruf ihrer nachbarin, der sie sich anvertraut und die ihre ausreise organisiert habe. die nachfrage, wie lange sie den militärangehörigen kenne, wollte sie nicht beantworten, da sie nicht lügen wolle. (seite 7 der anhörungsniederschrift). 74schließlich erscheint es dem gericht wenig plausibel, warum die klägerin über einen so langen zeitraum bei ihrer arbeitgeberin, die sie nach eigenen angaben für ihre arbeit auch nicht bezahlt hat, geblieben ist. zudem erscheint es dem gericht lebensfremd, dass ein einflussreicher militärangehöriger über einen so langen zeitraum, wie von der klägerin behauptet, zuwartet, bevor er seinen willen durchsetzt. 75die möglichkeit, in der mündlichen verhandlung nähere angaben zu ihrem verfolgungsschicksal zu machen und die vorhandenen widersprüche aufzuklären und zu beseitigen, hat die klägerin nicht wahrgenommen. auch hat sie sich dadurch einer beurteilung durch das erkennende gericht hinsichtlich ihrer glaubwürdigkeit entzogen. 76das gericht ist nach alledem nicht zu der überzeugung gelangt, dass die klägerin guinea auf der flucht vor politischer verfolgung verlassen hat. es geht vielmehr davon aus, dass die klägerin guinea allein aus wirtschaftlichen gründen und in der hoffnung, außerhalb guineas ihren lebensunterhalt verdienen zu können, verlassen hat. nachfluchtgründe sind ebenfalls nicht ersichtlich. 77der klägerin ist auch nicht subsidiär schutzberechtigt im sinne des § 4 asylvfg. nach dessen satz 1 ist ein ausländer subsidiär schutzberechtigter, wenn er stichhaltige gründe für die annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem herkunftsland ein ernsthafter schaden droht. die einzig denkbare in betracht kommende alternative der unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung oder bestrafung (§ 4 absatz 1 nr. 2 asylvfg) droht der klägerin nach den obigen ausführungen nicht. 78grund für die annahme von abschiebungshindernissen nach § 60 absatz 5 oder 7 satz 1 aufenthaltsgesetz (aufenthg) besteht ebenfalls nicht. sie ergeben sich auch nicht aus der derzeitigen ebola epidemie in guinea. 79zwar soll gemäß § 60 absatz 7 satz 1 aufenthg von der abschiebung eines ausländers in einen anderen staat abgesehen werden, wenn dort für diesen ausländer eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. indes sind nach § 60 absatz 7 satz 2 aufenthg gefahren nach satz 1, denen die bevölkerung oder die bevölkerungsgruppe, der der ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei anordnungen nach § 60a absatz 1 satz 1 zu berücksichtigen. aus der sperrklausel des § 60 absatz 7 satz 2 aufenthg folgt der ausschluss der berufung auf das abschiebungsverbot nach § 60 absatz 7 satz 1 aufenthg, und zwar ohne rücksicht darauf, ob die zuständige landesbehörde einen allgemeinen abschiebestopp erlassen hat oder – wie vorliegend – nicht. mit dieser regelung soll nach dem willen des gesetzgebers erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte gefahr der ganzen bevölkerung bzw. bevölkerungsgruppe im zielstaat gleichermaßen droht, über deren aufnahme oder nichtaufnahme nicht im einzelfall durch das bundesamt und die ausländerbehörde, sondern für die ganze gruppe der potenziell betroffenen einheitlich durch eine politische leitentscheidung des innenministeriums im wege des § 60a aufenthg befunden wird. 80bverwg, urteil vom 13. juni 2013 – 10 c 13.12 –, bverwge 147, 8-19 = juris, rn. 13 m.w.n.; heilbronner, ausländerrecht, stand. 86. ergänzungslieferung, juni 2014, § 60a aufenthg, rn. 79 m.w.n. 81vorliegend greift die sperrwirkung des § 60 absatz 7 satz 2 aufenthg, da die gefahr sich mit dem ebola-virus anzustecken, keine individuelle, nur der klägerin drohende, sondern eine allgemeine gefahr darstellt, der zurzeit die gesamte bevölkerung in guinea ausgesetzt ist. 82diese sperrwirkung kann zwar aufgrund der schutzwirkungen der grundrechte aus artikel 1 absatz 1 und artikel 2 absatz 2 satz 1 gg im wege einer verfassungskonformen auslegung durchbrochen werden, wenn dies zur vermeidung einer verfassungswidrigen schutzlücke erforderlich ist. unabhängig davon, ob hier eine solche schutzlücke besteht, liegt ein solcher ausnahmefall nur vor, wenn der ausländer bei einer rückkehr einer extremen gefahrenlage ausgesetzt wäre. wann allgemeine gefahren von verfassungs wegen zu einem abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den umständen des einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen betrachtung. die drohenden gefahren müssen jedoch nach art, ausmaß und intensität von einem solchen gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver betrachtung für den ausländer die begründete furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher weise ein opfer der extremen allgemeinen gefahrenlage zu werden. bezüglich der wahrscheinlichkeit des eintritts der drohenden gefahren ist von einem im vergleich zum prognosemaßstab der beachtlichen wahrscheinlichkeit erhöhten maßstab auszugehen. die gefahren müssen dem ausländer daher mit hoher wahrscheinlichkeit drohen. dieser wahrscheinlichkeitsgrad markiert die grenze, ab der seine abschiebung in den heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. das erfordernis des unmittelbaren – zeitlichen – zusammenhangs zwischen abschiebung und drohender rechtsgutverletzung setzt zudem für die annahme einer extremen gefahrensituation voraus, dass der ausländer mit hoher wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner rückkehr in sein heimatland in eine lebensgefährliche situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer hilfe anderer befreien kann. 83bverwg, urteil vom 29. september 2011 – 10 c 24.10 –, juris, rn. 20; bayerischer verwaltungsgerichtshof, urteil vom 24. oktober 2013 – 13a b 12.30421 –, juris, rn. 19 m.w.n.; ovg nrw, beschluss vom 4. januar 2013 – 13 a 2635/12.a –, juris, rn. 11. 84diese voraussetzungen liegen – zumindest nach derzeitigem erkenntnisstand – nicht vor. der klägerin droht trotz des nach den derzeitigen erkenntnissen erschreckenden ausmaßes der ebola epidemie in guinea – und den nachbarländern sierra leone, liberia und nigeria –, nicht mit hoher wahrscheinlichkeit nach ihrer rückkehr nach guinea in eine solche lebensgefährliche situation zu gelangen. ihr droht bereits nicht, sich nach ihrer rückkehr mit hoher wahrscheinlichkeit mit dem virus zu infizieren. denn es besteht durch die meidung direkten kontaktes mit infizierten die möglichkeit, sich vor infektionen zu schützen. eine übertragung von mensch zu mensch ist nur durch den ungeschützten kontakt mit blut oder anderen körperflüssigkeiten von erkrankten menschen oder verstorbenen möglich. es gibt bisher keine hinweise auf eine übertragung der viren auf den menschen durch die atemluft. schließlich korreliert das übertragungsrisiko zu einen mit der schwere der erkrankung und zum anderen mit der phase in der sie sich befindet. das übertragungsrisiko ist in der spätphase der erkrankung am größten. die ansteckung erfolgt häufig über den kontakt zu den körpern verstorbener. 85http://www.rki.de/de/content/infaz/e/ebola/uebersicht.html. 86die in dem angefochtenen bescheid des bundesamtes zugleich verfügte abschiebungsandrohung und die festgesetzte ausreisefrist stützen sich auf § 34 absatz 1 asylvfg und § 59 aufenthg. 87die kostenentscheidung beruht auf § 154 absatz 1 vwgo. die nichterhebung von gerichtskosten ergibt sich aus § 83b asylvfg. der gegenstandswert ergibt sich aus § 30 absatz 1 satz 1 rechtsanwaltsvergütungsgesetz (rvg). 88die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 absatz 1 satz 1 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo.
Verklagte*r
0
339,109
10 D 92/19.NE
2021-07-01T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bebauungsplan Nr. „C.“ der Gemeinde T. ist unwirksam. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 von Hundert des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 von Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. „C.“ der Antragsgegnerin (im Folgenden: Bebauungsplan). Er ist Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks M. 6 in T. 3Das circa 23.000 qm große Plangebiet befindet sich am östlichen Rand des Siedlungsbereichs der Antragsgegnerin am T1. C. Es reicht im Norden bis an die Straßen T2. und M1. sowie im Westen an die Straße C1. (Gemarkung T., Flur 6, Flurstück 579), die Grundstücke C1. 1 und 5 (Flurstücke 578 und 588) und die Grundstücke J. 17 (Flurstück 589) und J. 15 (Flurstücke 75 und 76). Die südliche Grenze des Plangebiets verläuft in östlicher Richtung zunächst entlang der Straße J1., knickt auf der Höhe des zur M1. führenden Feldwegs vor dem Grundstück, auf dem auf einem Sockel die Statue eines Schutzengels steht, nach Norden ab, um dann nach circa 40 Metern erneut in Richtung Osten abzuknicken. Sie verläuft weiter etwa parallel zur Straße J1. bis zu einem weiteren Feldweg, der die Straßen J1. und T2. verbindet. Dieser Feldweg bildet die östliche Grenze des Plangebiets. Das Gelände im Plangebiet steigt von Westen nach Osten stark an. 4Auf den Grundstücken nördlich und westlich des Plangebiets stehen Wohnhäuser. Das Plangebiet sowie die daran südlich und östlich angrenzenden Flächen werden landwirtschaftlich genutzt. In der Umgebung des Plangebiets gibt es mehrere Tierhaltungsanlagen und im Norden und Osten auf dem Rücken des T1. einige Windenergieanlagen. 5Der Regionalplan N. in der Bekanntmachung vom 27. Juni 2014 (im Folgenden: Regionalplan) stellt das Plangebiet als Allgemeinen Siedlungsbereich dar. 6Der Bebauungsplan setzt den überwiegenden Teil des Plangebiets als Allgemeines Wohngebiet fest. Nach Nr. 1 der textlichen Festsetzungen sind die Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 BauNVO nicht Bestandteil des Bebauungsplans. Der Bebauungsplan enthält Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung (Grundflächenzahl 0,4, maximal zwei Vollgeschosse und Begrenzung der Höhe baulicher Anlagen), zur überbaubaren Grundstücksfläche in Form von Baugrenzen und zur Bauweise (nur Einzel- und Doppelhäuser). Die Erschließungsstraßen, zu denen auch eine Verbindung zwischen den Straßen M1. und J1. gehört, sind als Straßenverkehrsflächen festgesetzt. Teilweise ist die Nutzung dieser Straßenverkehrsflächen auf Fußgänger und Radfahrer beschränkt. Im westlichen Teil des Plangebiets ist angrenzend an die Grundstücke C1. 1 und 5 eine Fläche für Anlagen zur Abwasserbeseitigung (Niederschlagswasser) vorgesehen. 7Der Rat beschloss am 19. Juni 2017 und erneut am 10. Juli 2017 die Aufstellung des Bebauungsplans im Verfahren nach § 13b BauGB. Der Planentwurf lag nach der Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses und der öffentlichen Auslegung im Amtsblatt vom 11. August 2017 mit dem Entwurf einer Begründung und weiteren Unterlagen in der Zeit vom 21. August 2017 bis 22. September 2017 öffentlich aus. Parallel dazu fand die Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange statt. Der Rat befand am 11. Juni 2018 über die zu den eingegangenen Stellungnahmen jeweils vorgeschlagenen Abwägungsentscheidungen und beschloss den Bebauungsplan unter Berücksichtigung der getroffenen Abwägungsentscheidungen mit 14 Ja-Stimmen und 12 Nein-Stimmen als Satzung. Zudem beschloss er die Abbindung der im Plangebiet vorgesehenen Verbindungsstraße zwischen den Straßen J1. und M1. ebenfalls mit 14 Ja-Stimmen und 12 Nein-Stimmen. 8Der Bebauungsplan wurde aufgrund der Bekanntmachungsanordnung vom 7. November 2018 im Amtsblatt vom 9. November 2018 öffentlich bekannt gemacht. 9Der Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin, der das Plangebiet zuvor als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt hatte, wurde angepasst. 10Ausweislich der Planbegründung sollen mit dem Bebauungsplan die örtliche Nachfrage nach Wohngrundstücken befriedigt und die Siedlungslage arrondiert werden. Möglichkeiten zur Nachverdichtung in der Ortslage seien weitgehend ausgeschöpft. Das Plangebiet werde über die M1. und die Straße J1. erschlossen. Der Ausbau der Planstraßen und die Festlegung von Durchfahrtsbeschränkungen blieben der Straßenausbauplanung vorbehalten. Der Grundbedarf für Löschwasser sei durch die öffentliche Trinkwasserversorgung mit 400 l/min zur Hälfte gewährleistet. Weitere 400 l/min aus anderen Quellen seien für zwei Stunden vorzuhalten. Das anfallende Schmutzwasser fließe in den Mischwasserkanal in der M1. Das Niederschlagswasser werde einem im Plangebiet vorgesehenen Regenrückhaltebecken zugeführt und gedrosselt in den Mischwasserkanal eingeleitet. Die Grundstücke im Plangebiet seien Lärmimmissionen durch die auf dem T1. C. errichteten Windenergieanlagen ausgesetzt. Deren Betreiber hätten im zugehörigen Genehmigungsverfahren schalltechnische Untersuchungen vorgelegt, nach denen davon auszugehen sei, dass im Plangebiet der Immissionsrichtwert für Allgemeine Wohngebiete von 40 dB(A) nachts unterschritten werde. Zur Beurteilung der im Plangebiet zu erwartenden Geruchsbelästigungen habe das Ingenieurbüro S. & I. eine Berechnung vorgenommen, nach der die Gesamtbelastung durch Gerüche bei höchstens 0,06 (6 Prozent der Jahresstunden) liege. Der Immissionsrichtwert für ein Allgemeines Wohngebiet von 0,10 (10 Prozent der Jahresstunden) werde deutlich unterschritten. Bei der Verwirklichung des Bebauungsplans sei mit Verstößen gegen Bestimmungen des Artenschutzrechts nicht zu rechnen. Sichtbeziehungen die im Zusammenhang mit den nächstgelegenen Baudenkmälern geschützt sein könnten, beeinträchtige die Planung nicht. 11Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers machte mit Schreiben vom 5. März 2019 für die Bürgerinitiative „Neubaugebiet am C.“ formelle und materielle Fehler des Bebauungsplans bei der Antragsgegnerin geltend. 12Der Antragsteller hat am 7. Oktober 2019 den Normenkontrollantrag gestellt. 13Auch er hat mit Schreiben an die Antragsgegnerin vom 6. November 2019 formelle und materielle Fehler des Bebauungsplans gerügt. 14Zur Begründung seines Normenkontrollantrags trägt er im Wesentlichen vor: 15Sein Grundstück befinde sich direkt an der M1., über die das neue Wohngebiet erschlossen werden solle. Die Belastung seines Grundstücks durch Verkehrslärm werde daher planbedingt zunehmen. Außerdem erhöhe die mit der Umsetzung der Planung verbundene Bodenversiegelung die Gefahr, dass sein Grundstück, das tiefer als das neue Wohngebiet liege, bei Starkregenereignissen überschwemmt werde. 16Der Bebauungsplan habe nicht im Verfahren nach § 13b BauGB aufgestellt werden dürfen. Die Vorschrift sei nur anzuwenden, wenn es um „tatsächliche Arrondierungsflächen“ gehe. Ein neuer Siedlungsbereich dürfe nicht entstehen. 17Die öffentliche Bekanntmachung des Planentwurfs habe nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt. Die darin enthaltene textliche Beschreibung des Plangebiets sei verwirrend. 18An der Beschlussfassung am 11. Juni 2018 habe das Ratsmitglied T3. mitgewirkt, obwohl in seiner Person ein Ausschlussgrund vorgelegen habe. Herr T3. habe jedenfalls bis zum Tag des Satzungsbeschlusses auf der Liste derjenigen gestanden, die am Erwerb eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks interessiert gewesen seien. 19Der Bebauungsplan sei nicht ordnungsgemäß ausgefertigt. 20Er habe zudem materielle Fehler. 21Er verstoße gegen das Ziel 3.2 des Regionalplans. Dort heiße es, dass die dargestellten Allgemeinen Siedlungsbereiche nur insoweit in Anspruch genommen werden dürften, wie dies dem nachweisbaren Bedarf in Anlehnung an die jeweils sich abzeichnende künftige Bevölkerungsentwicklung und der geordneten räumlichen Entwicklung der Kommunen entspreche. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. In der bebauten Ortslage der Gemeinde gebe es etwa noch diverse unbebaute Grundstücke. 22Überdies sei zu bezweifeln, dass eine unverbindliche Bewerberliste, wie sie die Antragsgegnerin angeblich führe, geeignet sei, einen tatsächlichen Bedarf an Bauplätzen nachzuweisen. Einen Bezug zu der sich abzeichnenden künftigen Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde, auf die das Ziel 3.2 des Regionalplans maßgeblich abstelle, hätte eine solche Liste ohnehin nicht. Das Ziel des Regionalplans, die künftige Bodenversiegelung effektiv zu begrenzen, würde verfehlt, wenn jede Gemeinde unter Verweis auf eine vermeintliche, von ihr unter Verschluss gehaltene Interessentenliste fortwährend neue Baugebiete festsetzen dürfte. Nach der Regionalplanung solle eine Flächenversiegelung nur dort zulässig sein, wo dies aufgrund einer objektiven und langfristigen Prognose notwendig erscheine. 23Die Bevölkerungsstatistik spreche gegen die Auffassung der Antragsgegnerin, es gebe für das geplante Baugebiet einen Bedarf. Die möglichen Schwierigkeiten bei der Prognose eines solchen Bedarfs befreie die jeweilige Gemeinde nicht von der Pflicht, die Ziele der Raumordnung zu beachten. Schon anhand der Fortschreibung der Bevölkerungsdaten durch IT.NRW habe die Antragsgegnerin erkennen können, dass die Bevölkerungsentwicklung in T. in den Jahren 2015 bis 2018 stagniert habe oder sogar rückläufig gewesen sei. Die Behauptung der Antragsgegnerin, T. werde im Jahr 2025 10.000 Einwohner haben, sei unbelegt und angesichts der aktuellen Einwohnerzahl fernliegend. Die Angaben im Regionalplan, auf die sich die Antragsgegnerin berufe, seien von der stark rückläufigen Bevölkerungsentwicklung längst überholt worden. Es sei sicher zu erwarten, dass T. im Jahr 2025 keine 10.000 Einwohner haben werde. Der in die amtliche Statistik des Kreises C2. für das Jahr 2019 eingestellte Wert (6.730 Einwohner) liege sehr nahe bei der Prognose von IT.NRW und entspreche dem mittelfristigen Trend. Die Prognose für die kommenden zehn Jahre sei weiter rückläufig, was insbesondere an der Altersstruktur der Einwohner T4. liegen dürfte. Dort seien 45 Prozent der Bevölkerung 65 Jahre und älter. Vor diesem Hintergrund sei ein Bedarf an weiterer Flächenversiegelung für Bauland auf der grünen Wiese schwerlich festzustellen. 24Einige der von der Planung berührten Belange seien fehlerhaft abgewogen worden. 25Ein die Erschließung des Plangebiets und die Auswirkungen des zusätzlichen planbedingten Verkehrs betreffendes Verkehrslärmgutachten sei erst nach dem Satzungsbeschluss eingeholt worden. Danach betrügen die auf den Wohngrundstücken entlang der M1. zu erwartenden Pegelerhöhungen mehr als 4 dB(A), sodass von einer Verdoppelung des Schalldrucks auszugehen sei, was eine erhebliche und deutlich wahrnehmbare Mehrbelastung für die dortigen Anwohner zur Folge haben werde. Diese planbedingten nachteiligen Auswirkungen hätten vor dem Satzungsbeschluss ermittelt werden müssen. Soweit das Verkehrslärmgutachten den Bereich zwischen der C3.-straße und der M1. als Allgemeines Wohngebiet einordne, sei es fragwürdig, da sich dort ausschließlich Wohnhäuser befänden. 26Der Rat habe auch erst nach dem Satzungsbeschluss beschlossen, die innerhalb des Plangebiets vorgesehene Verbindungsstraße zwischen der M1. und der Straße J1. abzubinden. Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses sei diese Abbindung, die die Verwaltung in ihren Abwägungsvorschlägen als alleinige Lösung der aufgeworfenen Verkehrslärmprobleme präsentiert habe, nicht gesichert gewesen. 27Soweit der Rat davon ausgegangen sei, ein Teil der Erschließung des neuen Plangebiets werde über die Straße J1. erfolgen, habe er außer Acht gelassen, dass es sich bei dieser Straße um einen einspurigen Hohlweg handele, der keinen zusätzlichen Verkehr aufnehmen könne. 28Der Rat habe in diesem Zusammenhang nicht abgewogen, dass der Hohlweg J1. nach dem Antrag eines T1. Bürgers, dem der Bauausschuss der Antragsgegnerin am 8. November 2018 zugestimmt habe, als geschützter Landschaftsbestandteil unter Schutz gestellt werden solle. Die insoweit erforderliche Beteiligung der Öffentlichkeit habe in der Zeit vom 11. März bis zum 11. April 2019 stattgefunden. Mit einer entsprechenden positiven Entscheidung des Kreises C2. sei alsbald zu rechnen. Durch die Unterschutzstellung des Hohlwegs werde der geplante Ausbau der Straße als Erschließungsstraße für das Plangebiet unmöglich. 29Der Rat habe sich keine Klarheit über die in dem Plangebiet zu erwartenden Belästigungen durch die von den landwirtschaftlichen Nutzungen beziehungsweise Tierhaltungsanlagen in der Umgebung ausgehenden Gerüche verschafft. Das Sachverständigenbüro S. & I. habe im Aufstellungsverfahren zwei Geruchsimmissionsprognosen erstellt. Die zweite Prognose habe insbesondere auch die in der Umgebung liegenden Hähnchenmastställe einbezogen und gehe von Geruchsbelastungen von bis 0,10 (10 Prozent der Jahresstunden) aus. In der Planbegründung sei diese zweite Prognose nicht erwähnt. Soweit es in der Planbegründung heiße, der Geruchsimmissionswert für Wohngebiete werde wesentlich unterschritten, sei dies falsch. Dass mithin Erweiterungen der im betrachteten Radius liegenden und Geruchsbelastungen verursachenden Betriebe künftig ausgeschlossen seien, habe der Rat mit keinem Wort erwähnt, sondern habe fälschlich suggeriert, es gäbe für solche Betriebserweiterungen noch ausreichend Spielraum. 30Die Gutachter hätten es für erforderlich gehalten, zu prüfen, ob sich in der Umgebung des Plangebiets weitere Geruchsquellen befänden, die mehr als unerheblich auf das Plangebiet einwirken könnten. Es sei unklar, ob eine solche Prüfung stattgefunden habe. Im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses sei die Geruchsimmissionsprognose, auf die die Planbegründung Bezug nehme, überdies schon zwei Jahre alt gewesen. 31Die von den Windenergieanlagen auf dem T1. C. ausgehenden Lärmimmissionen im Plangebiet seien im Aufstellungsverfahren nicht ausreichend ermittelt worden. Der Rat habe lediglich Bezug genommen auf eine Lärmimmissionsprognose des Ingenieurbüros Q. aus Dezember 2012. Bereits zum damaligen Zeitpunkt habe die Lärmbelastung im Plangebiet nur knapp unterhalb von 40 dB(A) gelegen. Es fehle jede Aussage oder Bewertung dazu, ob die vom Rat der Abwägung zugrunde gelegte Lärmimmissionsprognose aus dem Jahr 2012 die im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses aktuellen methodischen Anforderungen überhaupt noch erfüllt habe. 32Der Rat habe die von den planbedingten zusätzlichen Bodenversiegelungen ausgehende Gefahr der Überschwemmung benachbarter Flächen infolge von Starkregenereignissen nicht ausreichend ermittelt und im Übrigen fehlerhaft abgewogen. Er habe weder festgestellt noch festgesetzt, welches Volumen für das Regenrückhaltebecken, das für die Bewältigung der bei einem 20-jährigen Niederschlagsereignis anfallenden Wassermenge ausreichen solle, erforderlich sei. Die in den Abwägungsvorschlägen dokumentierten diesbezüglichen Annahmen der Verwaltung stünden im Widerspruch zu den Äußerungen des Ingenieurs H. in der Sitzung des Rates, in der der Bebauungsplan als Satzung beschlossen worden sei. Es sei weder geklärt noch planerisch abgesichert, dass sämtliches im Plangebiet anfallende Niederschlagswasser zunächst in das Regenrückhaltebecken und nicht unmittelbar in den Mischwasserkanal geleitet werde. Der Rat habe nicht berücksichtigt, dass im Plangebiet selbst bei Starkregen mit Überschwemmungen zu rechnen sei. 33Auch die vom Rat für nötig gehaltene Löschwasserreserve von rund 50.000 l sei planerisch nicht gesichert. Es sei auch nicht absehbar, dass im nachgelagerten Genehmigungsverfahren eine sachgerechte Lösung möglich sei. Rund um das Plangebiet gebe es keine Fließgewässer, geeignete Teiche oder Brunnen. 34Die artenschutzrechtliche Untersuchung des Plangebiets und seiner Umgebung sei unzureichend. In der dem Bebauungsplan zugrunde liegenden artenschutzrechtlichen Untersuchung heiße es, aus Mangel an geeigneten Habitatstrukturen gebe es im Untersuchungsraum keine planungsrelevanten Amphibien. Dieser Feststellung stehe entgegen, dass rund um das Plangebiet und an der Straße J1. Erdkröten gesehen worden seien. 35Die Festsetzung der an der Straße J1. nordöstlich der vorgesehenen Verbindungsstraße zur M1. gelegenen Fläche als Allgemeines Wohngebiet sei fehlerhaft, weil durch eine Bebauung dieser Fläche die Sicht auf die weiter nordöstlich errichtete Statue des Schutzengels übermäßig eingeschränkt werde. Der Rat habe angesichts entsprechender Einwendungen im Aufstellungsverfahren angekündigt, auf dem der Statue nächstgelegenen Grundstück einen Kinderspielplatz anzulegen. Planerisch gesichert sei dieses Abwägungsergebnis nicht. 36Der Antragsteller beantragt, 37den Bebauungsplan Nr. „C.“ der Gemeinde T. für unwirksam zu erklären. 38Die Antragsgegnerin beantragt, 39den Antrag abzulehnen. 40Sie trägt im Wesentlichen vor: 41Da die maßgebliche Grundfläche nach § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB, § 19 Abs. 2 BauNVO im Plangebiet bei 7.267 qm liege (Größe des festgesetzten Allgemeinen Wohngebiets: 18.167 qm; Grundflächenzahl: 0,4), das Plangebiet im Norden und Westen an im Zusammenhang bebaute Ortsteile angrenze und den vorhandenen Ortsrand abrunde, ohne sich von diesem in einer Weise abzusetzen, dass von einem neuen Siedlungsansatz gesprochen werden könne, seien die Voraussetzungen für die Aufstellung des Bebauungsplans im Verfahren nach § 13b BauGB gegeben. Die Festsetzungen ließen auch nur ausschließlich „Wohnnutzungen“ im Sinne von § 13b BauGB zu. 42Das Ratsmitglied T3. habe sich vor dem Satzungsbeschluss von der Liste derjenigen, die am Erwerb eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks interessiert seien, streichen lassen. Abgesehen davon hätte Herr T3. durch den Satzungsbeschluss keinen unmittelbaren Vorteil im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 1 GO NRW gehabt. Seine Mitwirkung sei auch nicht entscheidend gewesen, denn der Satzungsbeschluss sei mit 14 Ja-Stimmen zu 12 Nein-Stimmen gefasst worden. 43Den von ihm behaupteten vermeintlichen Ausfertigungsmangel habe der Antragsteller nicht näher konkretisiert. 44Der Bebauungsplan sei mit Blick auf die durch eine Bewerberliste mit 58 Interessenten belegte Nachfrage nach Wohngrundstücken städtebaulich erforderlich. 45Er sei an die Ziele der Raumordnung, namentlich an das Ziel 3.2 des Regionalplans, angepasst. Nach dem Siedlungsflächenmonitoring der Bezirksregierung Münster ergebe sich für T. ein absehbarer Bedarf von 15 ha zusätzlicher Wohnbaufläche. Die Bezirksregierung habe die Planung dementsprechend als bedarfsgerechte Entwicklung der in T. vorhandenen Wohnbauflächen bewertet. Die von dem Antragsteller angesprochene Bevölkerungsprognose des Kreises C2. habe demgegenüber nur eine eingeschränkte Aussagekraft. Nach der davon abweichenden Einschätzung der Bezirksregierung N1. sei in T. für den Zeitraum von 2011 bis 2025 mit einem Einwohnerzuwachs von 19,6 Prozent zu rechnen. 46Der Rat habe gesehen, dass es infolge der planbedingten Verkehrszunahme an den Grundstücken entlang der außerhalb des Plangebiets gelegenen Erschließungsstraßen zu erhöhten Verkehrslärmbelastungen kommen werde. In Abwägung mit der städtebaulichen Zielsetzung der Planung habe er diese jedoch als hinnehmbar bewertet. 47Dass der genaue Umfang der zu erwartenden Verkehrslärmzunahme im Aufstellungsverfahren nicht gutachterlich ermittelt worden sei, begründe für sich genommen keinen beachtlichen Abwägungsfehler. Ein etwaiges Ermittlungsdefizit wäre hier auf das Ergebnis der Abwägung nicht von Einfluss gewesen. Der Rat habe sich, wie sich den von ihm angenommenen Abwägungsvorschlägen der Verwaltung entnehmen lasse, an den Orientierungswerten der DIN 18005-1 ausrichten und unterhalb dieser Schwelle verbleibende Verkehrslärmimmissionen abwägend hinnehmen wollen. Dass die Orientierungswerte der DIN 18005-1 planbedingt nicht überschritten würden, belege die nachträglich eingeholte Immissionsprognose des Ingenieurbüros S. & I. vom 25. November 2020, die auf der ebenfalls nachträglich in Auftrag gegebenen Verkehrstechnischen Untersuchung der Ingenieurgesellschaft O. vom 5. Oktober 2020 beruhe. Danach würden die Orientierungswerte der DIN 18005-1 für Allgemeine Wohngebiete von 55 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts sowohl innerhalb als auch außerhalb des Plangebiets sicher unterschritten. 48Dass die Abbindung der Verbindungsstraße zwischen den Straßen J1. und M1. zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses noch nicht gesichert gewesen sei, mache die Abwägung nicht rechtswidrig. Die Umsetzung der Abbindung habe der nachfolgenden sachnäheren Straßenausbauplanung vorbehalten bleiben können. 49Die im Aufstellungsverfahren vielfach geäußerten Bedenken hinsichtlich der Kapazität der Straße J1. seien zur Kenntnis genommen und berücksichtigt worden. Schon in den Abwägungsvorschlägen sei insoweit auf die Möglichkeit verwiesen worden, die Straße auszubauen. Ausreichender Raum stehe hierfür zur Verfügung. Ein Antrag auf Unterschutzstellung der Straße J1. als geschützter Landschaftsbestandteil sei erst nach dem Satzungsbeschluss eingegangen und habe im Rahmen der Abwägung nicht berücksichtigt werden können. 50Im Aufstellungsverfahren seien zwei Geruchsausbreitungsrechnungen des Ingenieurbüros S. & I. vorgelegt worden. Die erste Berechnung habe die Hofstellen einbezogen, die sich in einem Radius von 600 m um das Plangebiet befänden, und für das Plangebiet eine maximale Geruchsimmissionsbelastung von 0,06 (6 Prozent der Jahresstunden) prognostiziert. Die zweite Berechnung, die die Hofstellen in einem Radius von 1.000 m berücksichtigt habe, habe eine maximale Geruchsimmissionsbelastung von 0,10 (10 Prozent der Jahresstunden) ergeben. Auch die zweite Berechnung sei Bestandteil des Abwägungsvorgangs gewesen, auch wenn sie keinen Eingang in die Planbegründung gefunden habe. Sie sei im Ratsinformationssystem als Gutachten zum Bebauungsplan eingestellt und damit allen Ratsmitgliedern zugänglich gemacht worden. Ungeachtet dessen wäre ein sich aus der Nichtberücksichtigung der zweiten Berechnung ergebender etwaiger Abwägungsmangel auf das Ergebnis der Abwägung ohne Einfluss gewesen. Dem Rat sei es darauf angekommen, den Geruchsimmissionswert der GIRL für Wohngebiete von 0,10 einzuhalten. Geruchsimmissionsbelastungen, die diesen Wert nicht überschritten, habe der Rat grundsätzlich als zumutbar bewertet. Zusätzliche Geruchsquellen, die bei den Berechnungen nicht berücksichtigt worden seien, habe man bei einer nachfolgenden erneuten Überprüfung nicht festgestellt. 51Auch im Zusammenhang mit den von den Windenergieanlagen in der Umgebung des Plangebiets herrührenden Lärmimmissionen sei die Abwägung in Ordnung gewesen. Ausgangspunkt für die Annahme des Rates, dass im Plangebiet insoweit der Immissionsrichtwert für Allgemeine Wohngebiete auch zur Nachtzeit unterschritten werde, sei das im Rahmen des seinerzeitigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens von den Betreibern der Windenergieanlagen eingereichte Gutachten des Ingenieurbüros Q., das dort einen maximalen Immissionspegel von weniger als 40 dB(A) ausweise. Da es Wohngrundstücke gebe, die einen geringeren Abstand zu den Windenergieanlagen hätten als das Plangebiet, verlange der Bebauungsplan den Windenergieanlagenbetreibern kein Mehr an Rücksichtnahme ab. 52Mit der Entwässerung des Plangebiets habe sich der Rat unter Berücksichtigung der topographischen Besonderheiten intensiv befasst. Die Entwässerungsprobleme würden durch den Bau eines Regenrückhaltebeckens am tiefsten Punkt des Plangebiets gelöst. Herr H. habe in der von dem Antragsteller als widersprüchlich eingestuften Äußerung gerade bestätigt, dass auch die bei den Regenereignissen am 1. Juli 2017 und 31. Mai 2018 angefallenen Niederschlagsmengen von dem geplanten Regenrückhaltebecken in den dafür vorgesehenen Dimensionen hätten aufgefangen werden können. Auch die zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels seien, soweit möglich, berücksichtigt worden. Dass bei der Planung des Regenrückhaltebeckens auf ein 20‑jähriges Regenereignis abgestellt worden sei, entspreche den Vorgaben der DIN EN 752. Da die Antragsgegnerin die Umsetzung der Planung insoweit selbst in der Hand habe, sei eine Festsetzung der Maße des Regenrückhaltebeckens in dem Bebauungsplan nicht notwendig. Der Regelungsbescheid der Bezirksregierung N1. als obere Wasserbehörde vom 8. November 2019 bestätige die Übereinstimmung der geplanten Abwasseranlagen mit den gesetzlichen Vorgaben der § 60 Abs. 1 WHG und § 56 Abs. 1 LWG NRW. 53Die artenschutzrechtlichen Belange habe der Rat fehlerfrei abgewogen. Erdkröten seien nur in der Umgebung und nicht im Plangebiet selbst gesehen worden. Wegen der vormaligen Nutzung der überplanten Flächen mit lediglich schmalen Ackerrändern ohne Gehölze und Laichplätze habe der Rat keinen Anlass gehabt, an der fachkundigen Einschätzung, wonach das Auftreten planungsrelevanter Amphibien und Reptilien sicher auszuschließen sei, zu zweifeln. 54Der Bedarf an Löschwasser und die notwendigen Maßnahmen zur Gewährleistung einer gesicherten Löschwasserversorgung seien im Aufstellungsverfahren ermittelt worden. Die konkrete Umsetzung der notwendigen Maßnahmen habe der Planverwirklichung vorbehalten bleiben können. Hindernisse außerhalb des Einflussbereichs der Antragsgegnerin bestünden auch insoweit nicht. 55Dies gelte auch für die Anlegung eines Kinderspielplatzes im Nahbereich der Statue des Schutzengels. Die Festsetzung der hierfür vorgesehenen Fläche als Allgemeines Wohngebiet stehe der Errichtung des Spielplatzes nicht entgegen, da dieser als Nebenanlage nach § 14 Abs. 1 Satz 1, Variante 2 BauNVO zulässig sei. 56Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Aufstellungsvorgänge Bezug genommen (Beiakten Hefte 1 bis 3). 57Entscheidungsgründe: 58Der Antrag hat Erfolg. 59Er ist zulässig. 60Der Antragsteller ist antragsbefugt. 61Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis ist, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung sind grundsätzlich auch dann keine höheren Anforderungen zu stellen, wenn es – wie hier – um das subjektive Recht des Antragstellers aus § 1 Abs. 7 BauGB auf fehlerfreie Berücksichtigung seiner privaten Belange im Rahmen der Abwägung geht. Auch insoweit reicht es aus, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung seiner Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen. Antragsbefugt ist hiernach, wer sich auf einen abwägungserheblichen privaten Belang, das heißt auf ein mehr als nur geringfügig schutzwürdiges Interesse, berufen kann. Denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass der Plangeber ihn bei der Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat. Die bloße Behauptung einer theoretischen Rechtsverletzung mag allerdings im Einzelfall dann nicht zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO genügen, wenn diese Behauptung nur vorgeschoben erscheint, tatsächliche eine Rechtsverletzung aber offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausscheidet. 62Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Juli 2013 – 4 BN 13.13 –, juris, Rn. 4, und vom 17. Dezember 2012 – 4 BN 19.12 –, juris, Rn. 3, jeweils mit weiteren Nachweisen. 63Ausgehend hiervon beruft sich der Antragsteller zur Begründung seiner Antragsbefugnis erfolgreich auf eine mögliche Verletzung in subjektiven Rechten wegen der von ihm befürchteten Auswirkungen der Planung auf sein zu Wohnzwecken genutztes Grundstück durch zusätzliche Verkehrslärmimmissionen infolge planbedingten Zusatzverkehrs auf der M1. (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 und Nr. 7 Buchstabe c BauGB). Das Interesse des Eigentümers eines außerhalb des Plangebiets liegenden Grundstücks, von Lärmimmissionen der im Plangebiet zugelassenen Nutzungen oder des durch sie verursachten Ziel- und Quellverkehrs verschont zu bleiben, ist grundsätzlich ein für die Abwägung erheblicher privater Belang. 64Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 2000 – 4 BN 59.00 –, juris, Rn. 7. 65Eine Verletzung subjektiver Rechte des Antragstellers durch eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms erweist sich hier auch nicht etwa als offensichtlich ausgeschlossen. 66Ein mit erhöhten Lärmimmissionen verbundenes erhöhtes Verkehrsaufkommen betrifft grundsätzlich die Immissionsschutzbelange der Anwohner, wenn es nicht nur das Ergebnis einer allgemeinen Veränderung der Verkehrslage, sondern eine planbedingte Folge ist. Allerdings begründet nicht jede planbedingte Verkehrszunahme die Antragsbefugnis für ein gegen den Bebauungsplan gerichtetes Normenkontrollverfahren. Nur Veränderungen, die die Geringfügigkeitsschwelle überschreiten, können eine solche Antragsbefugnis begründen, wobei auch eine mehr als geringfügige planbedingte Zunahme des Lärms unterhalb der maßgeblichen Grenzwerte grundsätzlich zum Abwägungsmaterial gehört. Was danach im Einzelfall gilt, lässt sich nur unter Einbeziehung des konkreten Sachverhalts wertend beurteilen und nicht anhand fester Maßstäbe. 67Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2013 – 4 CN 3.12 –, juris, Rn. 27; OVG NRW, Urteil vom 6. Februar 2014 – 2 D 104/12.NE –, juris, Rn. 41, jeweils mit weiteren Nachweisen. 68Hier erweist sich eine Rechtsverletzung wegen der planbedingten Zunahme des Verkehrslärms nicht etwa wegen Unterschreitens der Geringfügigkeitsschwelle als offensichtlich ausgeschlossen. Das Grundstück des Antragstellers liegt an der M1., über die ausweislich der nach dem Satzungsbeschluss erstellten Verkehrstechnischen Untersuchung der O1. Ingenieurgesellschaft vom 5. Oktober 2020 (im Folgenden: Verkehrsgutachten) 28 der 34 Baugrundstücke, die im Plangebiet parzelliert werden sollen, erschlossen werden. Entgegen der vom Rat seiner Abwägungsentscheidung zugrunde gelegten Annahme (vgl. etwa Seite 3 der Abwägungssynopse, Stand: 23. Mai 2018), der planbedingte Ziel- und Quellverkehr werde sich gleichmäßig auf die M1. und die Straße J1. verteilen, werden nach dem Verkehrsgutachten über die Straße J1. mangels einer befahrbaren Verbindung zur M1. lediglich sechs der 34 Baugrundstücke erschlossen. Das Verkehrsgutachten prognostiziert für das Jahr 2035 für das Grundstück des Antragstellers planbedingt eine durchschnittliche werktägliche Mehrbelastung von 279 Kfz-Fahrten pro 24 h, an allen Tagen eine durchschnittliche Mehrbelastung von 259 Kfz-Fahrten pro 24 h (siehe Seite 12 ff. des Verkehrsgutachtens). Im Vergleich zum Prognose-0-Fall (prognostizierte Belastung für das Jahr 2035 aufgrund der allgemeinen strukturellen Entwicklung) bedeutet dies eine Verdoppelung der durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke (DTV). Das auf dem Verkehrsgutachten aufbauende Schalltechnische Gutachten des Ingenieurbüros S. & I. vom 25. November 2020 (im Folgenden: Immissionsprognose) prognostiziert für das Grundstück des Antragstellers eine planbedingte Erhöhung der Beurteilungspegel tags von 46,6 dB(A) auf 51,2 dB(A) und nachts von 39,2 dB(A) auf 46,6 dB(A) (siehe die Immissionsprognose, Seite 15). Auch wenn damit die Anzahl der Fahrzeugbewegungen im maßgeblichen Abschnitt der M1. insgesamt und die zu erwartende Gesamtbelastung durch Straßenverkehrslärm auf dem Grundstück des Antragstellers noch immer auf einem niedrigen Niveau liegen mögen, überschreitet die planbedingte Zusatzbelastung bei wertender Berücksichtigung der Gesamtumstände die Schwelle der Geringfügigkeit. 69Der Antrag ist begründet. 70Der Bebauungsplan ist unwirksam. 71Er ist nicht ordnungsgemäß ausgefertigt. 72Bebauungspläne sind Satzungen (§ 10 Abs. 1 BauGB) und als solche auszufertigen, bevor sie gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB mit der Bekanntmachung in Kraft treten. Dies folgt aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich verankerten Rechtsstaatsprinzip. Mit der Ausfertigung wird die Satzung als Originalurkunde hergestellt und sichergestellt, dass der textliche und der zeichnerische Gegenstand der Satzung mit dem Willen des Rates im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung übereinstimmen. 73Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. November 2015 – 10 D 84/13.NE –, juris, Rn. 47. 74Welche Anforderungen im Einzelnen an eine Ausfertigung zu stellen sind, gibt das Bundesrecht nicht vor. Dies bestimmt sich vielmehr nach Maßgabe des Landesrechts. 75Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1998 – 4 NB 3.97 –, juris, Rn. 16. 76Dabei müssen fundamentale Elemente des Rechtsstaats und die Rechtsstaatlichkeit im Ganzen gewahrt bleiben. Das Rechtsstaatsgebot verlangt die Identität der anzuwendenden Norm und ihres Inhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen („Identitätsfunktion“, „Beurkundungs- und Gewährleistungsfunktion“), nicht jedoch die Bestätigung der Legalität des Normsetzungsverfahrens („Legalitätsfunktion“). Aus dieser Beurkundungs- und Gewährleistungsfunktion folgt, dass geprüft werden muss, ob die zu verkündende Fassung der Rechtsnorm mit der vom Normgeber beschlossenen Fassung der Norm übereinstimmt. Es muss erkennbar sein, dass der Normgeber die ihm obliegende Prüfung vorgenommen hat. Die Identität des Normtextes mit dem vom Normgeber Beschlossenen wird dabei durch seine Ausfertigung bestätigt. Folglich genügt etwa das bloße Herstellen einer gedruckten Fassung einer Rechtsnorm als Ausfertigung nicht. Weiteres, insbesondere zur Art und Weise der Prüfung und ihrer Beurkundung, also des geeigneten Nachweises, dass diese Identitätsprüfung stattgefunden hat, gibt das Bundesrecht nicht vor. 77Vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. September 2014 – 4 B 29.14 –, juris, Rn. 5. 78Für das nordrhein-westfälische Landesrecht ist in der Rechtsprechung geklärt, dass es mangels ausdrücklicher normativer Vorgaben für die Ausfertigung von Bebauungsplänen ausreichend, aber auch erforderlich ist, wenn eine Originalurkunde geschaffen wird, auf welcher der (Ober-)Bürgermeister als Vorsitzender des Rates, des zuständigen Beschlussorgans der Gemeinde, zeitlich nach dem Ratsbeschluss und vor der Verkündung der Satzung schriftlich bestätigt, dass der Rat an einem näher bezeichneten Tag diesen Bebauungsplan als Satzung beschlossen habe. 79Vgl. OVG NRW, Urteile vom 11. Oktober 2017 – 7 D 94/15.NE – juris, Rn. 33, vom 19. November 2015 – 10 D 84/13.NE –, juris, Rn. 51, und vom 8. März 2012 – 10 D 17/10.NE –, juris, Rn. 38, jeweils mit weiteren Nachweisen. 80Der Bekanntmachungsakt beginnt mit der Unterzeichnung der Bekanntmachung durch das zuständige Gemeindeorgan (§ 3 Abs. 2 Satz 3 BekanntmVO NRW). Infolgedessen ist es notwendig, dass der Ausfertigungsvermerk vorher unterzeichnet wird. Nur diese Reihenfolge genügt dem genannten Zweck der Ausfertigung, die Identität des Norminhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen sicherzustellen. Das zuständige Gemeindeorgan muss sich vor der Unterzeichnung der Bekanntmachung vergewissern, dass die Planurkunde den richtigen Inhalt hat. Auf den (späteren) Zeitpunkt, zu dem das Amtsblatt erscheint, oder in dem die öffentliche Bekanntmachung auf andere Weise vollzogen wird (§ 4 Abs. 1 BekanntmVO NRW), kommt es hingegen nicht an. 81Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Februar 2018 – 7 D 26/15.NE –, juris, Rn. 54. 82Dass diese Vorgaben hier beachtet worden sind, lässt sich anhand der von der Antragsgegnerin überreichten Planurkunde nicht feststellen. Die auf dieser Planurkunde angebrachten Verfahrensvermerke enthalten zwar die Bestätigung, dass dieser Bebauungsplan am 11. Juni 2018 als Satzung beschlossen worden ist. Die Verfahrensvermerke schließen jedoch mit der Datumsangabe „9. November 2018“ ab, auf die die Unterschrift des Bürgermeisters der Antragsgegnerin folgt. Die von diesem unterzeichnete Bekanntmachungsanordnung, die sich in den Aufstellungsvorgängen befindet, datiert jedoch auf den 7. November 2018. Die korrekte Reihenfolge der erforderlichen Verfahrensschritte ist damit nicht belegt. Der Hinweis auf der Planurkunde, dass dieser Plan am 3. Juli 2018 ausgefertigt worden sei, hilft nicht weiter, denn eine auf diesen Tag datierte Ausfertigung liegt nicht vor. 83Der Ausfertigungsmangel führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans, denn das Unterbleiben einer Ausfertigung stellt als Verstoß gegen ein verfassungsrechtliches Gültigkeitserfordernis einen stets beachtlichen Mangel dar. 84Vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. Oktober 2017 – 7 D 94/15.NE –, juris, Rn. 39. 85Der Bebauungsplan ist nicht gemäß § 1 Abs. 4 BauGB an die Ziele der Raumordnung angepasst. Der Regionalplan sieht ausweislich der zeichnerischen Darstellung für das Plangebiet einen Allgemeinen Siedlungsbereich vor. Nach Ziel 3.2 der textlichen Darstellung dürfen die dargestellten Allgemeinen Siedlungsbereiche durch die kommunalen Planungen nur insoweit in Anspruch genommen werden, wie dies dem nachweisbaren Bedarf in Anlehnung an die jeweils sich abzeichnende künftige Bevölkerungsentwicklung und der geordneten räumlichen Entwicklung der Kommunen entspricht. Zweifel an der Zielqualität der Bestimmung wurden von den Beteiligten nicht geäußert und bestehen nicht. 86Vgl. zu den Anforderungen an ein Ziel der Raumordnung allgemein etwa BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2010 – 4 C 8.10 –, juris, Rn. 7 ff. 87Der Senat kann nicht feststellen, dass der Rat zutreffend davon ausgegangen ist, dass ein solcher „nachweisbarer Bedarf in Anlehnung an die sich abzeichnende künftige Bevölkerungsentwicklung“ zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bestand. 88Zur Erläuterung und Begründung wird im Regionalplan diesbezüglich ausgeführt, die Siedlungsentwicklung solle sich entsprechend den Zielen des LEP NRW bedarfsgerecht und umweltverträglich innerhalb des Siedlungsraums vollziehen. Die dargestellten Siedlungsbereiche böten der gemeindlichen Bauleitplanung einen räumlich abgestimmten und dem aktuellen Erkenntnisstand über die künftige Bevölkerungsentwicklung entsprechenden ausreichend dimensionierten Rahmen. Bei zukünftigen Bauleitplänen seien die jeweils aktuellen Berechnungsgrundlagen zum demographischen Wandel heranzuziehen (Kapitel III. 1, Rn. 128). Grundlage für die Ermittlung der bis 2025 erforderlichen Bedarfe für Allgemeine Siedlungsbereiche sei unter anderem die gemeindebezogene Abschätzung der Wohnsiedlungsbedarfe anhand eines Modells, das auf der Grundlage der künftigen Einwohner- und Haushaltsentwicklung sowie des Wohnungsbestandes die Wohnungsbedarfe für verschiedene Bedarfskomponenten (Nachhol-, Ersatz-, Neu- und Auflockerungsbedarf) berechne und über planerisch anzustrebende Siedlungsdichten in Flächenbedarfe umsetze. Darüber hinaus werde über einen GIFPRO-ähnlichen Ansatz ein Flächenbedarf für die in den Allgemeinen Siedlungsbereichen unterzubringenden tertiären Wirtschaftszweige ermittelt (Kapitel III. 1, Rn. 129). Im Rahmen der Fortschreibung des Regionalplans seien zur Ermittlung des neu darzustellenden Bedarfes für Allgemeine Siedlungsbereiche in enger Zusammenarbeit mit den Kommunen umfassende Bestandserhebungen an noch freien und verfügbaren Bauflächen durchgeführt worden. Parallel hierzu sei eine Abschätzung der Siedlungsflächenbedarfe bis 2025 erfolgt. Die Differenz der ermittelten Flächenbedarfe und der noch verfügbaren freien Flächen in den einzelnen Kommunen ergebe die im Rahmen der Fortschreibung darzustellenden Siedlungsbereiche (Kapitel III. 1, Rn. 137; siehe zur Methodik der Bedarfsberechnungen Wolf/Henke, Der Siedlungsflächenbedarf im N. bis 2025. Aktualisierte Ergebnisse der Bedarfsberechnungen zur Fortschreibung des Regionalplans N. für Bereiche für gewerbliche und industrielle Nutzungen (GIB) und Allgemeine Siedlungsbereiche (ASB), Stand: September 2010, abrufbar über https://www.bezreg-muenster.de/de/regionalplanung/regionalplan/index.html (unter Downloads)). 89Die Darstellung von Allgemeinen Siedlungsbereichen im Regionalplan ist danach bereits das Ergebnis einer entsprechenden Bedarfsabschätzung unter Berücksichtigung der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung. Dies ist zu berücksichtigen, wenn Anforderungen, die auf der Ebene der Bauleitplanung an die Feststellung beziehungsweise Bestätigung des Vorliegens eines „nachweisbaren Bedarfs“ im Sinne des Ziels 3.2 des Regionalplans zu stellen sind, bestimmt werden. Der Plangeber muss, will er im Regionalplan als Allgemeine Siedlungsbereiche dargestellte Flächen für die Planung in Anspruch nehmen, nicht den seinerzeitigen Prozess der Flächenbedarfsermittlung insgesamt wiederholen. Das Ziel 3.2 des Regionalplans gibt ihm aber – ungeachtet der von dem Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung zu Recht bemängelten etwas unscharfen Formulierung – jedenfalls auf, aktuelle Entwicklungen, die für die Bedarfsermittlung relevant sind – hier konkret die Bevölkerungsentwicklung – daraufhin zu überprüfen, ob sie mit den seinerzeit bei der Festlegung der Allgemeine Siedlungsbereiche getroffenen Annahmen noch in Einklang zu bringen sind. Ist dies erkennbar nicht der Fall, bedarf es jedenfalls einer nachvollziehbaren Darlegung seitens des Plangebers, warum ein „nachweisbarer Bedarf“ im Sinne des Ziels 3.2 des Regionalplans auch in Ansehung einer von den seinerzeitigen Annahmen abweichenden (Bevölkerung-)Entwicklung gegeben ist. Die Anforderungen an eine solche Darlegung dürfen allerdings nicht überspannt werden. Sie werden jedoch umso größer sein, je deutlicher die der Regionalplanung zugrunde liegenden Annahmen zur Bevölkerungsentwicklung und damit zur Bedarfsentwicklung sich als fehlerhaft erwiesen haben und je mehr die aktuelle Entwicklung davon nach unten abweicht. 90Konkret für die Antragsgegnerin ergeben sich Anhaltspunkte für ein der Abschätzung der Bevölkerungsentwicklung 2011 von IT.NRW, die die Regionalplanung herangezogen hat, innewohnendes Fehlerpotential überdies bereits aus dem Regionalplan selbst. Im Kapitel IX – Datenanhang (siehe unter IX. 2) – heißt es zu der Bevölkerungsvorausschätzung 2011 von IT.NRW, dass danach die Bevölkerung des N2. noch circa zehn Jahre bis circa 2020 wachsen werde. Schon ab circa 2026 werde die Bevölkerungszahl wahrscheinlich unter dem heutigen Niveau liegen, weil die Zuwanderung nicht mehr ausreichen werde, die Sterbefallüberschüsse auszugleichen. Von den relativ kleinen Gemeinden könnten nur die Antragsgegnerin und die Gemeinde M2. Zuwächse über zehn Prozent erwarten. Bei der Interpretation der Zahlen gerade bei den besonders stark wachsenden beziehungsweise besonders stark schrumpfenden Kommunen müsse jedoch auf eine wichtige unterlegte Annahme hingewiesen werden: Die Beendigung der Übergangsregelung zur Arbeitnehmerfreizügigkeit für die Länder der EU-Osterweiterung und der erwartete Rückgang der Erwerbspersonen in Deutschland in Verbindung mit dem weiter bestehenden Bedarf an Facharbeitern werde eine stärkere Zunahme von Arbeitsmigration aus dem Ausland auslösen. Dies sei in der Vorausschätzung für das gesamte Land NRW mit einem jährlich steigenden Wanderungsgewinn gegenüber dem Ausland von 10.000 bis 18.000 Personen für die Jahre bis 2014 und circa 20.000 Personen ab 2015 berücksichtigt. Diese Annahme habe stärkere Auswirkungen auf einzelne Gemeinden, sofern sie im Referenzzeitraum einen hohen Anteil an Wanderungsgewinnen aus dem Ausland gehabt hätten. Denn die Bewegungen würden fortgeschrieben und beeinflussten das Ergebnis. Besonders starke Auswirkungen würden somit in der Gemeinde T. mit ihrer Aufnahmeeinrichtung für Spätaussiedler und Asylbewerber erwartet. Die für die Antragsgegnerin zugrunde gelegte prognostizierte Bevölkerungsentwicklung (19,6 Prozent mehr Einwohner bis 2025 = 10.000 Einwohner insgesamt und 34,9 Prozent mehr Einwohner bis 2030 = 11.300 Einwohner insgesamt, siehe Kapitel IX. 2) stand danach von Anfang an unter einem Vorbehalt. 91Hiervon ausgehend hat der Rat einen „nachweisbaren Bedarf in Anlehnung an die jeweils sich abzeichnende künftige Bevölkerungsentwicklung“ im Sinne des Ziels 3.2 des Regionalplans unter den konkreten Umständen nicht nachvollziehbar dargelegt. 92In der Planbegründung heißt es insoweit, die örtliche Wohnbaulandfrage halte unverändert an. Ausweislich der zum Inhalt der Entscheidung über den Bebauungsplan gemachten Abwägungsvorschläge der Verwaltung ist der Rat davon ausgegangen, die als Allgemeiner Siedlungsbereich dargestellten Flächen „bedarfsgerecht“ beziehungsweise der bestehenden Nachfrage entsprechend für die Errichtung von Ein- und Zweifamilienhäusern (siehe Abwägungssynopse, Stand: 23. Mai 2018, etwa Seiten 6, 11, 17, 19, 71, 79 und 234) zu nutzen. Mit der Inanspruchnahme von Innenbereichsflächen könne der Bedarf an Wohnraum nicht befriedigt werden (siehe Abwägungssynopse, Stand: 23. Mai 2018, etwa Seiten 6, 14, 19, 20, 52, 57, 59, 64 und 108). Mehr Wohnbedarf entstehe auch dadurch, dass Gewerbegebiete ausgewiesen würden, weil vorhandene Betriebe mehr Raum benötigten. Sie stellten mehr Mitarbeiter ein, wodurch auch mehr Wohnbedarf entstehe (siehe Abwägungssynopse, Stand: 23. Mai 2018, etwa Seite 19). Die Schulentwicklungsplanung, Schulbedarfsplanung und die Geburtenzahlen belegten eine Bevölkerungszunahme. Die Anzahl der notwendigen Kindergartenplätze steige, weswegen eine weitere Kindergartengruppe eingerichtet werde (siehe Abwägungssynopse, Stand: 23. Mai 2018, etwa Seiten 24, 81 und 111). 93Der Rat hat seine Einschätzung, es bestehe ein Wohnraumbedarf, dabei wohl insbesondere auf das Vorhandensein einer Liste mit Personen gestützt, die Interesse an dem Erwerb von Grundstücken im Gemeindegebiet bekundet haben. In den Abwägungsvorschlägen der Verwaltung wird darauf Bezug genommen, dass es etwa für alle noch nicht verkauften Grundstücke im Plangebiet des Bebauungsplans Nr. „V.“ Interessenten gebe. In der Sitzung des Rates am 11. Juni 2018 wurde seitens der Verwaltung erläutert, dass nach Zusage von 21 Grundstücken in diesem Baugebiet noch 25 Interessenten in der Bewerberliste für Baugrundstücke stünden. Sollten die restlichen drei Grundstücke in diesem Baugebiet zugesagt werden, seien noch 22 Bewerber zu verzeichnen. Bei der Vergabe der Baugrundstücke hätten sich insgesamt zwölf Bauwillige gegen ein Grundstück im Baugebiet „V.“ entschieden und erklärt, ein Grundstück im Baugebiet „C.“ erwerben zu wollen (siehe die Sitzungsniederschrift, Seite 5). In der Antragserwiderung vom 25. März 2021 heißt es, es gebe eine Bewerberliste mit 58 Kaufinteressenten. Ungeachtet dessen, dass unklar ist, wie viele Kaufinteressenten zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses auf einer auch nach Angaben der Antragsgegnerin „unverbindlichen“ Kaufinteressentenliste eingetragen waren, ist es ohne weitergehende Angaben nicht möglich, aus einer solchen Liste belastbare Anhaltspunkte für einen „nachweisbaren Bedarf“, wie ihn die Regionalplanung für eine Inanspruchnahme von Allgemeinen Siedlungsbereichen für die kommunale Planung voraussetzt, zu gewinnen. Unter welchen Voraussetzungen eine Liste von aktuell am Erwerb eines Wohngrundstücks im Gemeindegebiet und/oder Plangebiet interessierten Personen überhaupt geeignet sein kann, einen entsprechenden Bedarf zu plausibilisieren, kann offen bleiben. Dieser kann jedenfalls nicht schlicht mit einer aktuellen Nachfrage gleichgesetzt werden. 94Aus den zuletzt im Normenkontrollverfahren von der Antragsgegnerin ohne jegliche Erläuterung vorgelegten Unterlagen kann sich der Senat nicht erschließen, dass der Rat zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses einen entsprechenden Bedarf wegen einer sich abzeichnenden positiven Bevölkerungsentwicklung hätte annehmen können. 95Dass sich aus den von IT.NRW auf der Grundlage der Ergebnisse des Zensus 2011 zu diesem Zeitpunkt fortgeschriebenen Bevölkerungszahlen Anhaltpunkte allenfalls für eine Stagnation, eher noch für einen Rückgang, keinesfalls jedoch für ein den Darstellungen im Regionalplan zugrunde gelegtes besonders starkes Wachstum der Bevölkerungszahlen der Antragsgegnerin ergaben, hat auch diese nicht bestritten. IT.NRW weist für die Antragsgegnerin für das Jahr 2011 einen Bevölkerungsstand von 7.169 und nach einer zwischenzeitlichen moderaten Aufwärtsbewegung für das Jahr 2017 einen solchen von noch 7.066 aus. Aktuelle Bevölkerungsvorausberechnungen für den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses liegen dem Senat nicht vor. Der Antragsteller hat eine an die Zahlen von IT.NRW anknüpfende Modellrechnung zur Bevölkerungsentwicklung 2018 bis 2040 für die Städte und Gemeinden im Kreis C2. mit Stand 24. Juli 2020 eingereicht, die für die Antragsgegnerin einen stetigen Rückgang der Bevölkerungszahlen auf 5.398 bis zum Jahr 2025 und nach einem weiteren Rückgang und einem darauf folgenden leichten Anstieg eine Bevölkerung von 5.369 für das Jahr 2030 ausweist. Die Antragsgegnerin hält offenbar die von IT.NRW herausgegebenen Zahlen (insbesondere) mit Blick auf die besonderen Anforderungen an die Einwohnerstatistik, die sich aus dem Vorhandensein der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) auf ihrem Gemeindegebiet ergeben, für nicht belastbar. IT.NRW selbst hat für das Jahr 2016 keine Einwohnerzahl für die Antragsgegnerin angegeben, weil diesbezüglich Unstimmigkeiten festgestellt worden seien. Welche Schlussfolgerungen hieraus für die eigene Bevölkerungsentwicklung konkret herzuleiten sein sollen, hat auch der Bürgermeister der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung nicht zu erklären vermocht. Solche Schlussfolgerungen drängen sich auch unter Heranziehung des von der Antragsgegnerin übermittelten Aktenvermerks über ein Arbeitstreffen vom 13. März 2018 mit fünf weiteren Kommunen, die offenbar in vergleichbarer Weise von Unstimmigkeiten bezüglich der Erfassung von Einwohnerzahlen betroffen waren, nicht auf. Nichts anderes gilt für das Schreiben der I1. GmbH an die Gemeinde I2. zu „Einwohnerverlusten der Stadt I2. in der Einwohnerstatistik“ vom 27. Februar 2018. Eigene „bessere“ Daten hat die Antragsgegnerin nicht vorgelegt. 96Eine positive Bevölkerungsentwicklung vermag sie mit den von ihr in Bezug genommenen Geburtenzahlen der Jahre 2005 bis 2018 nicht zu belegen. Die Anzahl der Geburten ist ohnehin nur einer der für die Bevölkerungsentwicklung maßgeblichen Faktoren, der für sich allein ohne die Berücksichtigung von Sterbezahlen sowie Zu- und Abwanderungszahlen – insbesondere wenn es um die Bevölkerungsentwicklung im Kontext der Ermittlung des Wohnungsbedarfs geht – nicht viel aussagt. Im Übrigen lässt sich den Geburtenzahlen bis zum Jahr 2017 ein stabiler Trend nach oben – ungeachtet dessen, wie die sich zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses konkret abzeichnende Schließung der ZUE (siehe die Niederschrift der Ratssitzung vom 16. April 2018, Seite 12, TOP 11.1) in eine solche Betrachtung einzustellen wäre – schon nicht entnehmen. Zwar wird in der Bedarfsplanung des Fachbereichs Jugend und Familie für die Kindertagesbetreuung in T., die in der Sitzung des Rates am 16. April 2018 erörtert wurde, von Bevölkerungsgewinnen aus Zu- und Fortzügen inklusive des Zuzugs von Flüchtlingsfamilien ausgegangen (Anlage zu TOP 2 zur Niederschrift der Ratssitzung vom 16. April 2018). Die Datengrundlage für diese Annahme bleibt jedoch unklar. Davon, dass ein höherer Bedarf an Kinderbetreuungskapazitäten – geburtenzahlenunabhängig – auch dem gesteigerten Bedürfnis von Eltern nach (zeitlich ausgedehnter) Betreuung ihrer Kinder in Kinderbetreuungseinrichtungen geschuldet ist, geht die Bedarfsplanung selbst aus. Der Schulentwicklungsplan für die Region I3.-T.-M3. aus März 2018 zeigt allenfalls stagnierende Grundschülerzahlen für die Antragsgegnerin zwischen 2010/11 beziehungsweise 2012/2013 und 2016/17 und geht von einem Rückgang bis 2023/24 aus (Seiten 16, 37, 39 und 40). Der prognostizierten Entwicklung der Schülerzahlen auf den weiterführenden Schulen in der Region lässt sich ohne weitere Erklärungen nichts für eine positive Bevölkerungsentwicklung, aus der sich ein entsprechender Wohnungsbedarf herleiten ließe, entnehmen. Schließlich bleibt die Bezugnahme des Rates auf gesteigerten Wohnbedarf mit Blick auf anstehende Erweiterungen von im Gemeindegebiet angesiedelter Gewerbebetriebe ohne Substanz. Insoweit ist auch zu bedenken, dass die Regionalplanung den Zusammenhang zwischen Gewerbeflächen- und Wohnflächenbedarfen bereits berücksichtigt. 97Irgendeine schlüssige Darlegung seitens der Antragsgegnerin, warum trotz einer Bevölkerungsentwicklung, die deutlich von der Bevölkerungsprognose des Regionalplans abweicht, die im Regionalplanverfahren ermittelte Differenz zwischen den verfügbaren freien kommunalen Flächen und dem – unter Heranziehung der Bevölkerungsprognose – ermittelten Flächenbedarf (Kapitel III. 1, Rn. 137) weiterhin besteht und es deswegen der Inanspruchnahme der als Allgemeiner Siedlungsbereich dargestellten Flächen (des Plangebiets) bedarf, fehlt damit. Es liegt keine auch nur ansatzweise überprüfbare Begründung dafür vor, dass noch zur Verfügung stehende Flächen und deren Nachverdichtungspotentiale nicht ausreichten, einen auf der Grundlage der sich aktuell abzeichnenden Bevölkerungsentwicklung belastbar hergeleiteten Bedarf – nicht nur eine aktuelle Nachfrage – an Wohnbauflächen zu befriedigen. Auch das Schreiben der Bezirksregierung N1. vom 21. August 2019, in dem bestätigt wird, dass gegen den Bebauungsplan aus Sicht der Raumordnung keine Bedenken erhoben werden, enthält eine solche Begründung nicht. 98Der Bebauungsplan beruht zudem auf einem beachtlichen Fehler bei der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung. 99Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot umfasst als Verfahrensnorm das Gebot zur Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials (§ 2 Abs. 3 BauGB) und stellt inhaltlich Anforderungen an den Abwägungsvorgang und an das Abwägungsergebnis. Es ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungserfordernis genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet. 100Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. September 2015 – 10 D 82/13.NE –, juris, Rn. 30. 101Ausgehend hiervon hat der Rat die Interessen der zukünftigen Bewohner des Plangebiets, von Lärmbelästigungen, die von den auf dem T1. C. betriebenen Windenergieanlagen herrühren, möglichst verschont zu bleiben, nicht fehlerfrei abgewogen. Insoweit liegt ein Ermittlungsdefizit vor. 102Der Rat ist davon ausgegangen, dass auch der für die Nachtzeit für ein Allgemeines Wohngebiet maßgebliche Immissionsrichtwert nach der TA Lärm von 40 dB(A) im Plangebiet unterschritten werde. Er hat sich hierfür auf die im Aufstellungsverfahren eingeholte Stellungnahme des Kreises C2. als zuständige Immissionsschutzbehörde vom 20. September 2017 gestützt, wonach in den Verfahren zur Genehmigung der Windenergieanlagen Immissionsprognosen erstellt worden seien, die belegten, dass der Immissionsrichtwert von 40 dB(A) zur Nachtzeit auch im Plangebiet unterschritten werde (siehe auch die Abwägungssynopse, Stand: 23. Mai 2018, Seite 121). In den Akten befindet sich eine Darstellung eines Ergebnisses einer Gesamtbelastung vom 25. Januar 2013, die nach den Angaben der Antragsgegnerin der Immissionsprognose des Ingenieurbüros Q. entnommen sein soll, die mit dem aktuellsten Antrag auf Genehmigung von Repoweringmaßnahmen beim Kreis C2. eingereicht worden sei. Aus dieser Darstellung soll sich ergeben, dass die von den Windenergieanlagen auf dem T1. C. verursachten Geräuschimmissionen den Immissionsrichtwert von 40 dB(A) im Bereich des Plangebiets deutlich unterschritten. 103Gegen die Auffassung der Antragsgegnerin, hiervon ausgehend seien weitergehende Ermittlungen der von dem Betrieb des Windparks auf dem T1. C. auf die Grundstücke im Plangebiet einwirkenden Geräuschimmissionen nicht erforderlich gewesen, um die abwägungserheblichen Lärmschutzbelange zu ermitteln, wendet der Antragsteller zu Recht ein, dass die vorliegenden Immissionsprognosen nicht den aktuellen Anforderungen entsprechen. 104Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) empfahl in ihrer 134. Sitzung am 5. und 6. September 2017 den Ländern, die Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen mit Stand 30. Juni 2016 anzuwenden. Nach diesen Hinweisen werden die Anforderungen der TA Lärm an die Durchführung von Immissionsprognosen im Rahmen der Errichtung und des Betriebs von Windkraftanlagen durch eine vorläufige Anpassung des bisher angewandten Prognosemodells (so genanntes alternatives Verfahren) auf Basis neuerer Erkenntnisse konkretisiert. Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit Erlass vom 29. November 2017 die genannten LAI-Hinweise in die Verwaltungspraxis eingeführt und die nachgeordneten Behörden gebeten, diese Hinweise zukünftig bei der Genehmigung und Überwachung von Windenergieanlagen als Erkenntnisquelle anzuwenden. Auch der Windenergie-Erlass vom 8. Mai 2018 (MBl. NRW. Seiten 258 ff.) führt unter Nr. 5.2.1.1 aus, dass mit Erlass vom 29. November 2017 in Nordrhein-Westfalen die neuen von der LAI überarbeiteten „Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen“ eingeführt worden seien. Das unter anderem dort verankerte Prognosemodell auf Basis des Interimsverfahrens des DIN/VDI-Normenausschusses Akustik, Lärmminderung und Schwingungstechnik (NALS, Fassung 2015-05.1) gebe den aktuellen Erkenntnisstand wieder (dort Seite 273). Damit erfolgte insoweit für die verwaltungsbehördliche Praxis in Nordrhein-Westfalen eine ausdrückliche Abkehr von dem bisher im Rahmen von Schallimmissionsprognosen bei Windenergieanlagen angewandten alternativen Verfahren. 105Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 2020 – 8 E 862/20 –, juris, Rn. 12 ff. 106Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses gab jedenfalls nach der Einschätzung der zuständigen Behörden das Interimsverfahren den aktuellen Erkenntnisstand wieder, 107vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 2020 – 8 E 862/20 –, juris, Rn. 19, 108was dafür spricht, dass auch die planende Gemeinde sich zur Erfassung der Lärmbelastungen neu zu überplanender Grundstücke durch Windenergieanlagenlärm auf Berechnungen stützen beziehungsweise jedenfalls berücksichtigen muss, die auf dem Interimsverfahren beruhen. 109Dass die von der Antragsgegnerin herangezogene Schallimmissionsprognose, die auf den 25. Januar 2013 datiert, auf dem Interimsverfahren beruht, kann ausgeschlossen werden. Dass die Ergebnisse dieser Schallimmissionsprognose den sicheren Schluss zuließen, dass für den Windpark auf dem T1. C. nach dem Interimsverfahren prognostizierte Pegel ebenfalls den Immissionsrichtwert von 40 dB(A) einhielten, lässt sich demgegenüber nicht feststellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass pauschale Aussagen dazu, wie sich nach dem Interimsverfahren prognostizierte Pegel von nach dem alternativen Verfahren prognostizierten Pegeln unterscheiden, nicht getroffen werden können. 110Vgl. LANUV, Faktenpapier Schallprognosen für Windenergieanlagen nach dem „Interimsverfahren“, Seite 3 (abrufbar über https://www.lanuv.nrw.de/umwelt/laerm/geraeusche/geraeuschquellen/windenergie- 111anlagen). 112Relevante Pegelerhöhungen sollen sich jeweils abhängig von der Nabenhöhe und dem Frequenzspektrum des Anlagentyps insbesondere für Immissionspunkte, die in größeren Abständen von der Windenergieanlage entfernt liegen, ergeben können. 113Vgl. Agatz, Windenergie-Handbuch, 17. Ausgabe, Dezember 2020, Seite 108 ff. 114Zwar sollen aufgrund der Umstellung des Berechnungsverfahrens vom alternativen Verfahren auf das Interimsverfahren Pegeländerungen von mehr als 3 dB(A) in der Regel nicht zu erwarten sein. Die vorliegende Darstellung eines Gesamtbelastungsergebnisses weist für das Plangebiet aber eine Lärmbelastung aus, die sich eindeutig eher dem Immissionsrichtwert von 40 dB(A) als dem von 35 dB(A) nähert. 115Dass es, worauf der Rat sich im Rahmen seiner Abwägung gestützt hat, Wohnbebauung gibt, die eine geringere Entfernung zu einzelnen Windenergieanlagen des Windparks am T1. C. aufweist als das Plangebiet, hilft in diesem Zusammenhang nicht weiter (siehe auch die Abwägungssynopse, Stand: 23. Mai 2018, etwa Seiten 80, 120 und 121 f.), weil damit über die zu erwartende Lärmbelastung des Plangebiets durch den Betrieb der Windenergieanlagen, wie sie sich bei einer Berechnung mit dem Interimsverfahren darstellen würde, nichts ausgesagt ist. Im Übrigen lässt sich allein aus einer größeren Entfernung zu einzelnen Windenergieanlagen des Windparks nicht ohne Weiteres auf eine niedrigere Lärmbelastung schließen, wie sich aus der vorliegenden Darstellung eines Gesamtbelastungsergebnisses selbst ergibt. 116Das Ermittlungsdefizit stellt einen beachtlichen Abwägungsfehler dar. 117Gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des Baugesetzbuchs für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans nur beachtlich, wenn entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist. § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB sieht vor, dass Fehler im Abwägungsvorgang nur erheblich sind, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Ein Fehler im Abwägungsvorgang ist offensichtlich, wenn er – wie hier – auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Mitglieder des Rates über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist. Er ist auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. 118Vgl. zum Beispiel BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 – 4 CN 1.11 –, juris, Rn. 16, mit weiteren Nachweisen. 119Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Dass das offensichtliche Ermittlungsdefizit die Entscheidung des Rates in der Sache nicht beeinflusst hat, lässt sich nicht positiv feststellen. Eine nach Einschätzung der zuständigen Behörden den aktuellen Erkenntnisstand berücksichtigende Ermittlung der zu erwartenden Belastung des Plangebiets durch Windenergieanlagenlärm, aus der sich ergibt, dass – wie es dem Willen des Rates entspricht – der Immissionsrichtwert von 40 dB(A) eingehalten wird, liegt nicht vor. Dies ist – wie vorstehend ausgeführt – keinesfalls offenkundig. Es ist nicht Sache des Senats, im Normenkontrollverfahren diesbezüglich weitere Ermittlungen anzustellen. Der Rat hat auch nicht zu erkennen gegeben, dass er eine über dem Immissionsrichtwert von 40 dB(A) liegende Lärmbelastung durch den Betrieb der Windenergieanlagen in der konkreten Planungssituation für zumutbar halten würde. 120Der Antragsteller hat den Abwägungsfehler rechtzeitig gerügt (§ 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB). 121Die aufgezeigten Mängel führen jeder für sich zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans insgesamt. 122Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 123Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 124Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
der bebauungsplan nr. „c.“ der gemeinde t. ist unwirksam. die antragsgegnerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die antragsgegnerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 von hundert des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der antragsteller vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 von hundert des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2der antragsteller wendet sich gegen den bebauungsplan nr. „c.“ der antragsgegnerin (im folgenden: bebauungsplan). er ist eigentümer des mit einem einfamilienhaus bebauten grundstücks m. 6 in t. 3das circa 23.000 qm große plangebiet befindet sich am östlichen rand des siedlungsbereichs der antragsgegnerin am t1. c. es reicht im norden bis an die straßen t2. und m1. sowie im westen an die straße c1. (gemarkung t., flur 6, flurstück 579), die grundstücke c1. 1 und 5 (flurstücke 578 und 588) und die grundstücke j. 17 (flurstück 589) und j. 15 (flurstücke 75 und 76). die südliche grenze des plangebiets verläuft in östlicher richtung zunächst entlang der straße j1., knickt auf der höhe des zur m1. führenden feldwegs vor dem grundstück, auf dem auf einem sockel die statue eines schutzengels steht, nach norden ab, um dann nach circa 40 metern erneut in richtung osten abzuknicken. sie verläuft weiter etwa parallel zur straße j1. bis zu einem weiteren feldweg, der die straßen j1. und t2. verbindet. dieser feldweg bildet die östliche grenze des plangebiets. das gelände im plangebiet steigt von westen nach osten stark an. 4auf den grundstücken nördlich und westlich des plangebiets stehen wohnhäuser. das plangebiet sowie die daran südlich und östlich angrenzenden flächen werden landwirtschaftlich genutzt. in der umgebung des plangebiets gibt es mehrere tierhaltungsanlagen und im norden und osten auf dem rücken des t1. einige windenergieanlagen. 5der regionalplan n. in der bekanntmachung vom 27. juni 2014 (im folgenden: regionalplan) stellt das plangebiet als allgemeinen siedlungsbereich dar. 6der bebauungsplan setzt den überwiegenden teil des plangebiets als allgemeines wohngebiet fest. nach nr. 1 der textlichen festsetzungen sind die ausnahmen nach § 4 abs. 3 baunvo nicht bestandteil des bebauungsplans. der bebauungsplan enthält festsetzungen zum maß der baulichen nutzung (grundflächenzahl 0,4, maximal zwei vollgeschosse und begrenzung der höhe baulicher anlagen), zur überbaubaren grundstücksfläche in form von baugrenzen und zur bauweise (nur einzel- und doppelhäuser). die erschließungsstraßen, zu denen auch eine verbindung zwischen den straßen m1. und j1. gehört, sind als straßenverkehrsflächen festgesetzt. teilweise ist die nutzung dieser straßenverkehrsflächen auf fußgänger und radfahrer beschränkt. im westlichen teil des plangebiets ist angrenzend an die grundstücke c1. 1 und 5 eine fläche für anlagen zur abwasserbeseitigung (niederschlagswasser) vorgesehen. 7der rat beschloss am 19. juni 2017 und erneut am 10. juli 2017 die aufstellung des bebauungsplans im verfahren nach § 13b baugb. der planentwurf lag nach der bekanntmachung des aufstellungsbeschlusses und der öffentlichen auslegung im amtsblatt vom 11. august 2017 mit dem entwurf einer begründung und weiteren unterlagen in der zeit vom 21. august 2017 bis 22. september 2017 öffentlich aus. parallel dazu fand die beteiligung der behörden und sonstiger träger öffentlicher belange statt. der rat befand am 11. juni 2018 über die zu den eingegangenen stellungnahmen jeweils vorgeschlagenen abwägungsentscheidungen und beschloss den bebauungsplan unter berücksichtigung der getroffenen abwägungsentscheidungen mit 14 ja-stimmen und 12 nein-stimmen als satzung. zudem beschloss er die abbindung der im plangebiet vorgesehenen verbindungsstraße zwischen den straßen j1. und m1. ebenfalls mit 14 ja-stimmen und 12 nein-stimmen. 8der bebauungsplan wurde aufgrund der bekanntmachungsanordnung vom 7. november 2018 im amtsblatt vom 9. november 2018 öffentlich bekannt gemacht. 9der flächennutzungsplan der antragsgegnerin, der das plangebiet zuvor als fläche für die landwirtschaft dargestellt hatte, wurde angepasst. 10ausweislich der planbegründung sollen mit dem bebauungsplan die örtliche nachfrage nach wohngrundstücken befriedigt und die siedlungslage arrondiert werden. möglichkeiten zur nachverdichtung in der ortslage seien weitgehend ausgeschöpft. das plangebiet werde über die m1. und die straße j1. erschlossen. der ausbau der planstraßen und die festlegung von durchfahrtsbeschränkungen blieben der straßenausbauplanung vorbehalten. der grundbedarf für löschwasser sei durch die öffentliche trinkwasserversorgung mit 400 l/min zur hälfte gewährleistet. weitere 400 l/min aus anderen quellen seien für zwei stunden vorzuhalten. das anfallende schmutzwasser fließe in den mischwasserkanal in der m1. das niederschlagswasser werde einem im plangebiet vorgesehenen regenrückhaltebecken zugeführt und gedrosselt in den mischwasserkanal eingeleitet. die grundstücke im plangebiet seien lärmimmissionen durch die auf dem t1. c. errichteten windenergieanlagen ausgesetzt. deren betreiber hätten im zugehörigen genehmigungsverfahren schalltechnische untersuchungen vorgelegt, nach denen davon auszugehen sei, dass im plangebiet der immissionsrichtwert für allgemeine wohngebiete von 40 db(a) nachts unterschritten werde. zur beurteilung der im plangebiet zu erwartenden geruchsbelästigungen habe das ingenieurbüro s. & i. eine berechnung vorgenommen, nach der die gesamtbelastung durch gerüche bei höchstens 0,06 (6 prozent der jahresstunden) liege. der immissionsrichtwert für ein allgemeines wohngebiet von 0,10 (10 prozent der jahresstunden) werde deutlich unterschritten. bei der verwirklichung des bebauungsplans sei mit verstößen gegen bestimmungen des artenschutzrechts nicht zu rechnen. sichtbeziehungen die im zusammenhang mit den nächstgelegenen baudenkmälern geschützt sein könnten, beeinträchtige die planung nicht. 11der prozessbevollmächtigte des antragstellers machte mit schreiben vom 5. märz 2019 für die bürgerinitiative „neubaugebiet am c.“ formelle und materielle fehler des bebauungsplans bei der antragsgegnerin geltend. 12der antragsteller hat am 7. oktober 2019 den normenkontrollantrag gestellt. 13auch er hat mit schreiben an die antragsgegnerin vom 6. november 2019 formelle und materielle fehler des bebauungsplans gerügt. 14zur begründung seines normenkontrollantrags trägt er im wesentlichen vor: 15sein grundstück befinde sich direkt an der m1., über die das neue wohngebiet erschlossen werden solle. die belastung seines grundstücks durch verkehrslärm werde daher planbedingt zunehmen. außerdem erhöhe die mit der umsetzung der planung verbundene bodenversiegelung die gefahr, dass sein grundstück, das tiefer als das neue wohngebiet liege, bei starkregenereignissen überschwemmt werde. 16der bebauungsplan habe nicht im verfahren nach § 13b baugb aufgestellt werden dürfen. die vorschrift sei nur anzuwenden, wenn es um „tatsächliche arrondierungsflächen“ gehe. ein neuer siedlungsbereich dürfe nicht entstehen. 17die öffentliche bekanntmachung des planentwurfs habe nicht den gesetzlichen anforderungen genügt. die darin enthaltene textliche beschreibung des plangebiets sei verwirrend. 18an der beschlussfassung am 11. juni 2018 habe das ratsmitglied t3. mitgewirkt, obwohl in seiner person ein ausschlussgrund vorgelegen habe. herr t3. habe jedenfalls bis zum tag des satzungsbeschlusses auf der liste derjenigen gestanden, die am erwerb eines im plangebiet gelegenen grundstücks interessiert gewesen seien. 19der bebauungsplan sei nicht ordnungsgemäß ausgefertigt. 20er habe zudem materielle fehler. 21er verstoße gegen das ziel 3.2 des regionalplans. dort heiße es, dass die dargestellten allgemeinen siedlungsbereiche nur insoweit in anspruch genommen werden dürften, wie dies dem nachweisbaren bedarf in anlehnung an die jeweils sich abzeichnende künftige bevölkerungsentwicklung und der geordneten räumlichen entwicklung der kommunen entspreche. diese voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. in der bebauten ortslage der gemeinde gebe es etwa noch diverse unbebaute grundstücke. 22überdies sei zu bezweifeln, dass eine unverbindliche bewerberliste, wie sie die antragsgegnerin angeblich führe, geeignet sei, einen tatsächlichen bedarf an bauplätzen nachzuweisen. einen bezug zu der sich abzeichnenden künftigen bevölkerungsentwicklung der gemeinde, auf die das ziel 3.2 des regionalplans maßgeblich abstelle, hätte eine solche liste ohnehin nicht. das ziel des regionalplans, die künftige bodenversiegelung effektiv zu begrenzen, würde verfehlt, wenn jede gemeinde unter verweis auf eine vermeintliche, von ihr unter verschluss gehaltene interessentenliste fortwährend neue baugebiete festsetzen dürfte. nach der regionalplanung solle eine flächenversiegelung nur dort zulässig sein, wo dies aufgrund einer objektiven und langfristigen prognose notwendig erscheine. 23die bevölkerungsstatistik spreche gegen die auffassung der antragsgegnerin, es gebe für das geplante baugebiet einen bedarf. die möglichen schwierigkeiten bei der prognose eines solchen bedarfs befreie die jeweilige gemeinde nicht von der pflicht, die ziele der raumordnung zu beachten. schon anhand der fortschreibung der bevölkerungsdaten durch it.nrw habe die antragsgegnerin erkennen können, dass die bevölkerungsentwicklung in t. in den jahren 2015 bis 2018 stagniert habe oder sogar rückläufig gewesen sei. die behauptung der antragsgegnerin, t. werde im jahr 2025 10.000 einwohner haben, sei unbelegt und angesichts der aktuellen einwohnerzahl fernliegend. die angaben im regionalplan, auf die sich die antragsgegnerin berufe, seien von der stark rückläufigen bevölkerungsentwicklung längst überholt worden. es sei sicher zu erwarten, dass t. im jahr 2025 keine 10.000 einwohner haben werde. der in die amtliche statistik des kreises c2. für das jahr 2019 eingestellte wert (6.730 einwohner) liege sehr nahe bei der prognose von it.nrw und entspreche dem mittelfristigen trend. die prognose für die kommenden zehn jahre sei weiter rückläufig, was insbesondere an der altersstruktur der einwohner t4. liegen dürfte. dort seien 45 prozent der bevölkerung 65 jahre und älter. vor diesem hintergrund sei ein bedarf an weiterer flächenversiegelung für bauland auf der grünen wiese schwerlich festzustellen. 24einige der von der planung berührten belange seien fehlerhaft abgewogen worden. 25ein die erschließung des plangebiets und die auswirkungen des zusätzlichen planbedingten verkehrs betreffendes verkehrslärmgutachten sei erst nach dem satzungsbeschluss eingeholt worden. danach betrügen die auf den wohngrundstücken entlang der m1. zu erwartenden pegelerhöhungen mehr als 4 db(a), sodass von einer verdoppelung des schalldrucks auszugehen sei, was eine erhebliche und deutlich wahrnehmbare mehrbelastung für die dortigen anwohner zur folge haben werde. diese planbedingten nachteiligen auswirkungen hätten vor dem satzungsbeschluss ermittelt werden müssen. soweit das verkehrslärmgutachten den bereich zwischen der c3.-straße und der m1. als allgemeines wohngebiet einordne, sei es fragwürdig, da sich dort ausschließlich wohnhäuser befänden. 26der rat habe auch erst nach dem satzungsbeschluss beschlossen, die innerhalb des plangebiets vorgesehene verbindungsstraße zwischen der m1. und der straße j1. abzubinden. zum zeitpunkt des satzungsbeschlusses sei diese abbindung, die die verwaltung in ihren abwägungsvorschlägen als alleinige lösung der aufgeworfenen verkehrslärmprobleme präsentiert habe, nicht gesichert gewesen. 27soweit der rat davon ausgegangen sei, ein teil der erschließung des neuen plangebiets werde über die straße j1. erfolgen, habe er außer acht gelassen, dass es sich bei dieser straße um einen einspurigen hohlweg handele, der keinen zusätzlichen verkehr aufnehmen könne. 28der rat habe in diesem zusammenhang nicht abgewogen, dass der hohlweg j1. nach dem antrag eines t1. bürgers, dem der bauausschuss der antragsgegnerin am 8. november 2018 zugestimmt habe, als geschützter landschaftsbestandteil unter schutz gestellt werden solle. die insoweit erforderliche beteiligung der öffentlichkeit habe in der zeit vom 11. märz bis zum 11. april 2019 stattgefunden. mit einer entsprechenden positiven entscheidung des kreises c2. sei alsbald zu rechnen. durch die unterschutzstellung des hohlwegs werde der geplante ausbau der straße als erschließungsstraße für das plangebiet unmöglich. 29der rat habe sich keine klarheit über die in dem plangebiet zu erwartenden belästigungen durch die von den landwirtschaftlichen nutzungen beziehungsweise tierhaltungsanlagen in der umgebung ausgehenden gerüche verschafft. das sachverständigenbüro s. & i. habe im aufstellungsverfahren zwei geruchsimmissionsprognosen erstellt. die zweite prognose habe insbesondere auch die in der umgebung liegenden hähnchenmastställe einbezogen und gehe von geruchsbelastungen von bis 0,10 (10 prozent der jahresstunden) aus. in der planbegründung sei diese zweite prognose nicht erwähnt. soweit es in der planbegründung heiße, der geruchsimmissionswert für wohngebiete werde wesentlich unterschritten, sei dies falsch. dass mithin erweiterungen der im betrachteten radius liegenden und geruchsbelastungen verursachenden betriebe künftig ausgeschlossen seien, habe der rat mit keinem wort erwähnt, sondern habe fälschlich suggeriert, es gäbe für solche betriebserweiterungen noch ausreichend spielraum. 30die gutachter hätten es für erforderlich gehalten, zu prüfen, ob sich in der umgebung des plangebiets weitere geruchsquellen befänden, die mehr als unerheblich auf das plangebiet einwirken könnten. es sei unklar, ob eine solche prüfung stattgefunden habe. im zeitpunkt des satzungsbeschlusses sei die geruchsimmissionsprognose, auf die die planbegründung bezug nehme, überdies schon zwei jahre alt gewesen. 31die von den windenergieanlagen auf dem t1. c. ausgehenden lärmimmissionen im plangebiet seien im aufstellungsverfahren nicht ausreichend ermittelt worden. der rat habe lediglich bezug genommen auf eine lärmimmissionsprognose des ingenieurbüros q. aus dezember 2012. bereits zum damaligen zeitpunkt habe die lärmbelastung im plangebiet nur knapp unterhalb von 40 db(a) gelegen. es fehle jede aussage oder bewertung dazu, ob die vom rat der abwägung zugrunde gelegte lärmimmissionsprognose aus dem jahr 2012 die im zeitpunkt des satzungsbeschlusses aktuellen methodischen anforderungen überhaupt noch erfüllt habe. 32der rat habe die von den planbedingten zusätzlichen bodenversiegelungen ausgehende gefahr der überschwemmung benachbarter flächen infolge von starkregenereignissen nicht ausreichend ermittelt und im übrigen fehlerhaft abgewogen. er habe weder festgestellt noch festgesetzt, welches volumen für das regenrückhaltebecken, das für die bewältigung der bei einem 20-jährigen niederschlagsereignis anfallenden wassermenge ausreichen solle, erforderlich sei. die in den abwägungsvorschlägen dokumentierten diesbezüglichen annahmen der verwaltung stünden im widerspruch zu den äußerungen des ingenieurs h. in der sitzung des rates, in der der bebauungsplan als satzung beschlossen worden sei. es sei weder geklärt noch planerisch abgesichert, dass sämtliches im plangebiet anfallende niederschlagswasser zunächst in das regenrückhaltebecken und nicht unmittelbar in den mischwasserkanal geleitet werde. der rat habe nicht berücksichtigt, dass im plangebiet selbst bei starkregen mit überschwemmungen zu rechnen sei. 33auch die vom rat für nötig gehaltene löschwasserreserve von rund 50.000 l sei planerisch nicht gesichert. es sei auch nicht absehbar, dass im nachgelagerten genehmigungsverfahren eine sachgerechte lösung möglich sei. rund um das plangebiet gebe es keine fließgewässer, geeignete teiche oder brunnen. 34die artenschutzrechtliche untersuchung des plangebiets und seiner umgebung sei unzureichend. in der dem bebauungsplan zugrunde liegenden artenschutzrechtlichen untersuchung heiße es, aus mangel an geeigneten habitatstrukturen gebe es im untersuchungsraum keine planungsrelevanten amphibien. dieser feststellung stehe entgegen, dass rund um das plangebiet und an der straße j1. erdkröten gesehen worden seien. 35die festsetzung der an der straße j1. nordöstlich der vorgesehenen verbindungsstraße zur m1. gelegenen fläche als allgemeines wohngebiet sei fehlerhaft, weil durch eine bebauung dieser fläche die sicht auf die weiter nordöstlich errichtete statue des schutzengels übermäßig eingeschränkt werde. der rat habe angesichts entsprechender einwendungen im aufstellungsverfahren angekündigt, auf dem der statue nächstgelegenen grundstück einen kinderspielplatz anzulegen. planerisch gesichert sei dieses abwägungsergebnis nicht. 36der antragsteller beantragt, 37den bebauungsplan nr. „c.“ der gemeinde t. für unwirksam zu erklären. 38die antragsgegnerin beantragt, 39den antrag abzulehnen. 40sie trägt im wesentlichen vor: 41da die maßgebliche grundfläche nach § 13a abs. 1 satz 2 baugb, § 19 abs. 2 baunvo im plangebiet bei 7.267 qm liege (größe des festgesetzten allgemeinen wohngebiets: 18.167 qm; grundflächenzahl: 0,4), das plangebiet im norden und westen an im zusammenhang bebaute ortsteile angrenze und den vorhandenen ortsrand abrunde, ohne sich von diesem in einer weise abzusetzen, dass von einem neuen siedlungsansatz gesprochen werden könne, seien die voraussetzungen für die aufstellung des bebauungsplans im verfahren nach § 13b baugb gegeben. die festsetzungen ließen auch nur ausschließlich „wohnnutzungen“ im sinne von § 13b baugb zu. 42das ratsmitglied t3. habe sich vor dem satzungsbeschluss von der liste derjenigen, die am erwerb eines im plangebiet gelegenen grundstücks interessiert seien, streichen lassen. abgesehen davon hätte herr t3. durch den satzungsbeschluss keinen unmittelbaren vorteil im sinne des § 31 abs. 1 nr. 1 go nrw gehabt. seine mitwirkung sei auch nicht entscheidend gewesen, denn der satzungsbeschluss sei mit 14 ja-stimmen zu 12 nein-stimmen gefasst worden. 43den von ihm behaupteten vermeintlichen ausfertigungsmangel habe der antragsteller nicht näher konkretisiert. 44der bebauungsplan sei mit blick auf die durch eine bewerberliste mit 58 interessenten belegte nachfrage nach wohngrundstücken städtebaulich erforderlich. 45er sei an die ziele der raumordnung, namentlich an das ziel 3.2 des regionalplans, angepasst. nach dem siedlungsflächenmonitoring der bezirksregierung münster ergebe sich für t. ein absehbarer bedarf von 15 ha zusätzlicher wohnbaufläche. die bezirksregierung habe die planung dementsprechend als bedarfsgerechte entwicklung der in t. vorhandenen wohnbauflächen bewertet. die von dem antragsteller angesprochene bevölkerungsprognose des kreises c2. habe demgegenüber nur eine eingeschränkte aussagekraft. nach der davon abweichenden einschätzung der bezirksregierung n1. sei in t. für den zeitraum von 2011 bis 2025 mit einem einwohnerzuwachs von 19,6 prozent zu rechnen. 46der rat habe gesehen, dass es infolge der planbedingten verkehrszunahme an den grundstücken entlang der außerhalb des plangebiets gelegenen erschließungsstraßen zu erhöhten verkehrslärmbelastungen kommen werde. in abwägung mit der städtebaulichen zielsetzung der planung habe er diese jedoch als hinnehmbar bewertet. 47dass der genaue umfang der zu erwartenden verkehrslärmzunahme im aufstellungsverfahren nicht gutachterlich ermittelt worden sei, begründe für sich genommen keinen beachtlichen abwägungsfehler. ein etwaiges ermittlungsdefizit wäre hier auf das ergebnis der abwägung nicht von einfluss gewesen. der rat habe sich, wie sich den von ihm angenommenen abwägungsvorschlägen der verwaltung entnehmen lasse, an den orientierungswerten der din 18005-1 ausrichten und unterhalb dieser schwelle verbleibende verkehrslärmimmissionen abwägend hinnehmen wollen. dass die orientierungswerte der din 18005-1 planbedingt nicht überschritten würden, belege die nachträglich eingeholte immissionsprognose des ingenieurbüros s. & i. vom 25. november 2020, die auf der ebenfalls nachträglich in auftrag gegebenen verkehrstechnischen untersuchung der ingenieurgesellschaft o. vom 5. oktober 2020 beruhe. danach würden die orientierungswerte der din 18005-1 für allgemeine wohngebiete von 55 db(a) tags und 45 db(a) nachts sowohl innerhalb als auch außerhalb des plangebiets sicher unterschritten. 48dass die abbindung der verbindungsstraße zwischen den straßen j1. und m1. zum zeitpunkt des satzungsbeschlusses noch nicht gesichert gewesen sei, mache die abwägung nicht rechtswidrig. die umsetzung der abbindung habe der nachfolgenden sachnäheren straßenausbauplanung vorbehalten bleiben können. 49die im aufstellungsverfahren vielfach geäußerten bedenken hinsichtlich der kapazität der straße j1. seien zur kenntnis genommen und berücksichtigt worden. schon in den abwägungsvorschlägen sei insoweit auf die möglichkeit verwiesen worden, die straße auszubauen. ausreichender raum stehe hierfür zur verfügung. ein antrag auf unterschutzstellung der straße j1. als geschützter landschaftsbestandteil sei erst nach dem satzungsbeschluss eingegangen und habe im rahmen der abwägung nicht berücksichtigt werden können. 50im aufstellungsverfahren seien zwei geruchsausbreitungsrechnungen des ingenieurbüros s. & i. vorgelegt worden. die erste berechnung habe die hofstellen einbezogen, die sich in einem radius von 600 m um das plangebiet befänden, und für das plangebiet eine maximale geruchsimmissionsbelastung von 0,06 (6 prozent der jahresstunden) prognostiziert. die zweite berechnung, die die hofstellen in einem radius von 1.000 m berücksichtigt habe, habe eine maximale geruchsimmissionsbelastung von 0,10 (10 prozent der jahresstunden) ergeben. auch die zweite berechnung sei bestandteil des abwägungsvorgangs gewesen, auch wenn sie keinen eingang in die planbegründung gefunden habe. sie sei im ratsinformationssystem als gutachten zum bebauungsplan eingestellt und damit allen ratsmitgliedern zugänglich gemacht worden. ungeachtet dessen wäre ein sich aus der nichtberücksichtigung der zweiten berechnung ergebender etwaiger abwägungsmangel auf das ergebnis der abwägung ohne einfluss gewesen. dem rat sei es darauf angekommen, den geruchsimmissionswert der girl für wohngebiete von 0,10 einzuhalten. geruchsimmissionsbelastungen, die diesen wert nicht überschritten, habe der rat grundsätzlich als zumutbar bewertet. zusätzliche geruchsquellen, die bei den berechnungen nicht berücksichtigt worden seien, habe man bei einer nachfolgenden erneuten überprüfung nicht festgestellt. 51auch im zusammenhang mit den von den windenergieanlagen in der umgebung des plangebiets herrührenden lärmimmissionen sei die abwägung in ordnung gewesen. ausgangspunkt für die annahme des rates, dass im plangebiet insoweit der immissionsrichtwert für allgemeine wohngebiete auch zur nachtzeit unterschritten werde, sei das im rahmen des seinerzeitigen immissionsschutzrechtlichen genehmigungsverfahrens von den betreibern der windenergieanlagen eingereichte gutachten des ingenieurbüros q., das dort einen maximalen immissionspegel von weniger als 40 db(a) ausweise. da es wohngrundstücke gebe, die einen geringeren abstand zu den windenergieanlagen hätten als das plangebiet, verlange der bebauungsplan den windenergieanlagenbetreibern kein mehr an rücksichtnahme ab. 52mit der entwässerung des plangebiets habe sich der rat unter berücksichtigung der topographischen besonderheiten intensiv befasst. die entwässerungsprobleme würden durch den bau eines regenrückhaltebeckens am tiefsten punkt des plangebiets gelöst. herr h. habe in der von dem antragsteller als widersprüchlich eingestuften äußerung gerade bestätigt, dass auch die bei den regenereignissen am 1. juli 2017 und 31. mai 2018 angefallenen niederschlagsmengen von dem geplanten regenrückhaltebecken in den dafür vorgesehenen dimensionen hätten aufgefangen werden können. auch die zu erwartenden auswirkungen des klimawandels seien, soweit möglich, berücksichtigt worden. dass bei der planung des regenrückhaltebeckens auf ein 20‑jähriges regenereignis abgestellt worden sei, entspreche den vorgaben der din en 752. da die antragsgegnerin die umsetzung der planung insoweit selbst in der hand habe, sei eine festsetzung der maße des regenrückhaltebeckens in dem bebauungsplan nicht notwendig. der regelungsbescheid der bezirksregierung n1. als obere wasserbehörde vom 8. november 2019 bestätige die übereinstimmung der geplanten abwasseranlagen mit den gesetzlichen vorgaben der § 60 abs. 1 whg und § 56 abs. 1 lwg nrw. 53die artenschutzrechtlichen belange habe der rat fehlerfrei abgewogen. erdkröten seien nur in der umgebung und nicht im plangebiet selbst gesehen worden. wegen der vormaligen nutzung der überplanten flächen mit lediglich schmalen ackerrändern ohne gehölze und laichplätze habe der rat keinen anlass gehabt, an der fachkundigen einschätzung, wonach das auftreten planungsrelevanter amphibien und reptilien sicher auszuschließen sei, zu zweifeln. 54der bedarf an löschwasser und die notwendigen maßnahmen zur gewährleistung einer gesicherten löschwasserversorgung seien im aufstellungsverfahren ermittelt worden. die konkrete umsetzung der notwendigen maßnahmen habe der planverwirklichung vorbehalten bleiben können. hindernisse außerhalb des einflussbereichs der antragsgegnerin bestünden auch insoweit nicht. 55dies gelte auch für die anlegung eines kinderspielplatzes im nahbereich der statue des schutzengels. die festsetzung der hierfür vorgesehenen fläche als allgemeines wohngebiet stehe der errichtung des spielplatzes nicht entgegen, da dieser als nebenanlage nach § 14 abs. 1 satz 1, variante 2 baunvo zulässig sei. 56wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen aufstellungsvorgänge bezug genommen (beiakten hefte 1 bis 3). 57
58der antrag hat erfolg. 59er ist zulässig. 60der antragsteller ist antragsbefugt. 61erforderlich, aber auch ausreichend für die antragsbefugnis ist, dass der antragsteller hinreichend substantiiert tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die festsetzungen des bebauungsplans in einem subjektiven recht verletzt wird. an die geltendmachung einer rechtsverletzung sind grundsätzlich auch dann keine höheren anforderungen zu stellen, wenn es – wie hier – um das subjektive recht des antragstellers aus § 1 abs. 7 baugb auf fehlerfreie berücksichtigung seiner privaten belange im rahmen der abwägung geht. auch insoweit reicht es aus, dass der antragsteller tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte behandlung seiner belange in der abwägung als möglich erscheinen lassen. antragsbefugt ist hiernach, wer sich auf einen abwägungserheblichen privaten belang, das heißt auf ein mehr als nur geringfügig schutzwürdiges interesse, berufen kann. denn wenn es einen solchen belang gibt, besteht grundsätzlich auch die möglichkeit, dass der plangeber ihn bei der abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat. die bloße behauptung einer theoretischen rechtsverletzung mag allerdings im einzelfall dann nicht zur geltendmachung einer rechtsverletzung im sinne von § 47 abs. 2 satz 1 vwgo genügen, wenn diese behauptung nur vorgeschoben erscheint, tatsächliche eine rechtsverletzung aber offensichtlich und eindeutig nach jeder betrachtungsweise ausscheidet. 62vgl. bverwg, beschlüsse vom 29. juli 2013 – 4 bn 13.13 –, juris, rn. 4, und vom 17. dezember 2012 – 4 bn 19.12 –, juris, rn. 3, jeweils mit weiteren nachweisen. 63ausgehend hiervon beruft sich der antragsteller zur begründung seiner antragsbefugnis erfolgreich auf eine mögliche verletzung in subjektiven rechten wegen der von ihm befürchteten auswirkungen der planung auf sein zu wohnzwecken genutztes grundstück durch zusätzliche verkehrslärmimmissionen infolge planbedingten zusatzverkehrs auf der m1. (§ 1 abs. 6 nr. 1 und nr. 7 buchstabe c baugb). das interesse des eigentümers eines außerhalb des plangebiets liegenden grundstücks, von lärmimmissionen der im plangebiet zugelassenen nutzungen oder des durch sie verursachten ziel- und quellverkehrs verschont zu bleiben, ist grundsätzlich ein für die abwägung erheblicher privater belang. 64vgl. bverwg, beschluss vom 6. dezember 2000 – 4 bn 59.00 –, juris, rn. 7. 65eine verletzung subjektiver rechte des antragstellers durch eine planbedingte zunahme des verkehrslärms erweist sich hier auch nicht etwa als offensichtlich ausgeschlossen. 66ein mit erhöhten lärmimmissionen verbundenes erhöhtes verkehrsaufkommen betrifft grundsätzlich die immissionsschutzbelange der anwohner, wenn es nicht nur das ergebnis einer allgemeinen veränderung der verkehrslage, sondern eine planbedingte folge ist. allerdings begründet nicht jede planbedingte verkehrszunahme die antragsbefugnis für ein gegen den bebauungsplan gerichtetes normenkontrollverfahren. nur veränderungen, die die geringfügigkeitsschwelle überschreiten, können eine solche antragsbefugnis begründen, wobei auch eine mehr als geringfügige planbedingte zunahme des lärms unterhalb der maßgeblichen grenzwerte grundsätzlich zum abwägungsmaterial gehört. was danach im einzelfall gilt, lässt sich nur unter einbeziehung des konkreten sachverhalts wertend beurteilen und nicht anhand fester maßstäbe. 67vgl. bverwg, urteil vom 18. juli 2013 – 4 cn 3.12 –, juris, rn. 27; ovg nrw, urteil vom 6. februar 2014 – 2 d 104/12.ne –, juris, rn. 41, jeweils mit weiteren nachweisen. 68hier erweist sich eine rechtsverletzung wegen der planbedingten zunahme des verkehrslärms nicht etwa wegen unterschreitens der geringfügigkeitsschwelle als offensichtlich ausgeschlossen. das grundstück des antragstellers liegt an der m1., über die ausweislich der nach dem satzungsbeschluss erstellten verkehrstechnischen untersuchung der o1. ingenieurgesellschaft vom 5. oktober 2020 (im folgenden: verkehrsgutachten) 28 der 34 baugrundstücke, die im plangebiet parzelliert werden sollen, erschlossen werden. entgegen der vom rat seiner abwägungsentscheidung zugrunde gelegten annahme (vgl. etwa seite 3 der abwägungssynopse, stand: 23. mai 2018), der planbedingte ziel- und quellverkehr werde sich gleichmäßig auf die m1. und die straße j1. verteilen, werden nach dem verkehrsgutachten über die straße j1. mangels einer befahrbaren verbindung zur m1. lediglich sechs der 34 baugrundstücke erschlossen. das verkehrsgutachten prognostiziert für das jahr 2035 für das grundstück des antragstellers planbedingt eine durchschnittliche werktägliche mehrbelastung von 279 kfz-fahrten pro 24 h, an allen tagen eine durchschnittliche mehrbelastung von 259 kfz-fahrten pro 24 h (siehe seite 12 ff. des verkehrsgutachtens). im vergleich zum prognose-0-fall (prognostizierte belastung für das jahr 2035 aufgrund der allgemeinen strukturellen entwicklung) bedeutet dies eine verdoppelung der durchschnittlichen täglichen verkehrsstärke (dtv). das auf dem verkehrsgutachten aufbauende schalltechnische gutachten des ingenieurbüros s. & i. vom 25. november 2020 (im folgenden: immissionsprognose) prognostiziert für das grundstück des antragstellers eine planbedingte erhöhung der beurteilungspegel tags von 46,6 db(a) auf 51,2 db(a) und nachts von 39,2 db(a) auf 46,6 db(a) (siehe die immissionsprognose, seite 15). auch wenn damit die anzahl der fahrzeugbewegungen im maßgeblichen abschnitt der m1. insgesamt und die zu erwartende gesamtbelastung durch straßenverkehrslärm auf dem grundstück des antragstellers noch immer auf einem niedrigen niveau liegen mögen, überschreitet die planbedingte zusatzbelastung bei wertender berücksichtigung der gesamtumstände die schwelle der geringfügigkeit. 69der antrag ist begründet. 70der bebauungsplan ist unwirksam. 71er ist nicht ordnungsgemäß ausgefertigt. 72bebauungspläne sind satzungen (§ 10 abs. 1 baugb) und als solche auszufertigen, bevor sie gemäß § 10 abs. 3 satz 4 baugb mit der bekanntmachung in kraft treten. dies folgt aus dem in art. 20 abs. 3 gg verfassungsrechtlich verankerten rechtsstaatsprinzip. mit der ausfertigung wird die satzung als originalurkunde hergestellt und sichergestellt, dass der textliche und der zeichnerische gegenstand der satzung mit dem willen des rates im zeitpunkt seiner beschlussfassung übereinstimmen. 73vgl. ovg nrw, urteil vom 19. november 2015 – 10 d 84/13.ne –, juris, rn. 47. 74welche anforderungen im einzelnen an eine ausfertigung zu stellen sind, gibt das bundesrecht nicht vor. dies bestimmt sich vielmehr nach maßgabe des landesrechts. 75vgl. bverwg, beschluss vom 27. januar 1998 – 4 nb 3.97 –, juris, rn. 16. 76dabei müssen fundamentale elemente des rechtsstaats und die rechtsstaatlichkeit im ganzen gewahrt bleiben. das rechtsstaatsgebot verlangt die identität der anzuwendenden norm und ihres inhalts mit dem vom normgeber beschlossenen („identitätsfunktion“, „beurkundungs- und gewährleistungsfunktion“), nicht jedoch die bestätigung der legalität des normsetzungsverfahrens („legalitätsfunktion“). aus dieser beurkundungs- und gewährleistungsfunktion folgt, dass geprüft werden muss, ob die zu verkündende fassung der rechtsnorm mit der vom normgeber beschlossenen fassung der norm übereinstimmt. es muss erkennbar sein, dass der normgeber die ihm obliegende prüfung vorgenommen hat. die identität des normtextes mit dem vom normgeber beschlossenen wird dabei durch seine ausfertigung bestätigt. folglich genügt etwa das bloße herstellen einer gedruckten fassung einer rechtsnorm als ausfertigung nicht. weiteres, insbesondere zur art und weise der prüfung und ihrer beurkundung, also des geeigneten nachweises, dass diese identitätsprüfung stattgefunden hat, gibt das bundesrecht nicht vor. 77vgl. bverwg, beschluss vom 4. september 2014 – 4 b 29.14 –, juris, rn. 5. 78für das nordrhein-westfälische landesrecht ist in der rechtsprechung geklärt, dass es mangels ausdrücklicher normativer vorgaben für die ausfertigung von bebauungsplänen ausreichend, aber auch erforderlich ist, wenn eine originalurkunde geschaffen wird, auf welcher der (ober-)bürgermeister als vorsitzender des rates, des zuständigen beschlussorgans der gemeinde, zeitlich nach dem ratsbeschluss und vor der verkündung der satzung schriftlich bestätigt, dass der rat an einem näher bezeichneten tag diesen bebauungsplan als satzung beschlossen habe. 79vgl. ovg nrw, urteile vom 11. oktober 2017 – 7 d 94/15.ne – juris, rn. 33, vom 19. november 2015 – 10 d 84/13.ne –, juris, rn. 51, und vom 8. märz 2012 – 10 d 17/10.ne –, juris, rn. 38, jeweils mit weiteren nachweisen. 80der bekanntmachungsakt beginnt mit der unterzeichnung der bekanntmachung durch das zuständige gemeindeorgan (§ 3 abs. 2 satz 3 bekanntmvo nrw). infolgedessen ist es notwendig, dass der ausfertigungsvermerk vorher unterzeichnet wird. nur diese reihenfolge genügt dem genannten zweck der ausfertigung, die identität des norminhalts mit dem vom normgeber beschlossenen sicherzustellen. das zuständige gemeindeorgan muss sich vor der unterzeichnung der bekanntmachung vergewissern, dass die planurkunde den richtigen inhalt hat. auf den (späteren) zeitpunkt, zu dem das amtsblatt erscheint, oder in dem die öffentliche bekanntmachung auf andere weise vollzogen wird (§ 4 abs. 1 bekanntmvo nrw), kommt es hingegen nicht an. 81vgl. ovg nrw, urteil vom 22. februar 2018 – 7 d 26/15.ne –, juris, rn. 54. 82dass diese vorgaben hier beachtet worden sind, lässt sich anhand der von der antragsgegnerin überreichten planurkunde nicht feststellen. die auf dieser planurkunde angebrachten verfahrensvermerke enthalten zwar die bestätigung, dass dieser bebauungsplan am 11. juni 2018 als satzung beschlossen worden ist. die verfahrensvermerke schließen jedoch mit der datumsangabe „9. november 2018“ ab, auf die die unterschrift des bürgermeisters der antragsgegnerin folgt. die von diesem unterzeichnete bekanntmachungsanordnung, die sich in den aufstellungsvorgängen befindet, datiert jedoch auf den 7. november 2018. die korrekte reihenfolge der erforderlichen verfahrensschritte ist damit nicht belegt. der hinweis auf der planurkunde, dass dieser plan am 3. juli 2018 ausgefertigt worden sei, hilft nicht weiter, denn eine auf diesen tag datierte ausfertigung liegt nicht vor. 83der ausfertigungsmangel führt zur unwirksamkeit des bebauungsplans, denn das unterbleiben einer ausfertigung stellt als verstoß gegen ein verfassungsrechtliches gültigkeitserfordernis einen stets beachtlichen mangel dar. 84vgl. ovg nrw, urteil vom 11. oktober 2017 – 7 d 94/15.ne –, juris, rn. 39. 85der bebauungsplan ist nicht gemäß § 1 abs. 4 baugb an die ziele der raumordnung angepasst. der regionalplan sieht ausweislich der zeichnerischen darstellung für das plangebiet einen allgemeinen siedlungsbereich vor. nach ziel 3.2 der textlichen darstellung dürfen die dargestellten allgemeinen siedlungsbereiche durch die kommunalen planungen nur insoweit in anspruch genommen werden, wie dies dem nachweisbaren bedarf in anlehnung an die jeweils sich abzeichnende künftige bevölkerungsentwicklung und der geordneten räumlichen entwicklung der kommunen entspricht. zweifel an der zielqualität der bestimmung wurden von den beteiligten nicht geäußert und bestehen nicht. 86vgl. zu den anforderungen an ein ziel der raumordnung allgemein etwa bverwg, urteil vom 16. dezember 2010 – 4 c 8.10 –, juris, rn. 7 ff. 87der senat kann nicht feststellen, dass der rat zutreffend davon ausgegangen ist, dass ein solcher „nachweisbarer bedarf in anlehnung an die sich abzeichnende künftige bevölkerungsentwicklung“ zum zeitpunkt des satzungsbeschlusses bestand. 88zur erläuterung und begründung wird im regionalplan diesbezüglich ausgeführt, die siedlungsentwicklung solle sich entsprechend den zielen des lep nrw bedarfsgerecht und umweltverträglich innerhalb des siedlungsraums vollziehen. die dargestellten siedlungsbereiche böten der gemeindlichen bauleitplanung einen räumlich abgestimmten und dem aktuellen erkenntnisstand über die künftige bevölkerungsentwicklung entsprechenden ausreichend dimensionierten rahmen. bei zukünftigen bauleitplänen seien die jeweils aktuellen berechnungsgrundlagen zum demographischen wandel heranzuziehen (kapitel iii. 1, rn. 128). grundlage für die ermittlung der bis 2025 erforderlichen bedarfe für allgemeine siedlungsbereiche sei unter anderem die gemeindebezogene abschätzung der wohnsiedlungsbedarfe anhand eines modells, das auf der grundlage der künftigen einwohner- und haushaltsentwicklung sowie des wohnungsbestandes die wohnungsbedarfe für verschiedene bedarfskomponenten (nachhol-, ersatz-, neu- und auflockerungsbedarf) berechne und über planerisch anzustrebende siedlungsdichten in flächenbedarfe umsetze. darüber hinaus werde über einen gifpro-ähnlichen ansatz ein flächenbedarf für die in den allgemeinen siedlungsbereichen unterzubringenden tertiären wirtschaftszweige ermittelt (kapitel iii. 1, rn. 129). im rahmen der fortschreibung des regionalplans seien zur ermittlung des neu darzustellenden bedarfes für allgemeine siedlungsbereiche in enger zusammenarbeit mit den kommunen umfassende bestandserhebungen an noch freien und verfügbaren bauflächen durchgeführt worden. parallel hierzu sei eine abschätzung der siedlungsflächenbedarfe bis 2025 erfolgt. die differenz der ermittelten flächenbedarfe und der noch verfügbaren freien flächen in den einzelnen kommunen ergebe die im rahmen der fortschreibung darzustellenden siedlungsbereiche (kapitel iii. 1, rn. 137; siehe zur methodik der bedarfsberechnungen wolf/henke, der siedlungsflächenbedarf im n. bis 2025. aktualisierte ergebnisse der bedarfsberechnungen zur fortschreibung des regionalplans n. für bereiche für gewerbliche und industrielle nutzungen (gib) und allgemeine siedlungsbereiche (asb), stand: september 2010, abrufbar über https://www.bezreg-muenster.de/de/regionalplanung/regionalplan/index.html (unter downloads)). 89die darstellung von allgemeinen siedlungsbereichen im regionalplan ist danach bereits das ergebnis einer entsprechenden bedarfsabschätzung unter berücksichtigung der prognostizierten bevölkerungsentwicklung. dies ist zu berücksichtigen, wenn anforderungen, die auf der ebene der bauleitplanung an die feststellung beziehungsweise bestätigung des vorliegens eines „nachweisbaren bedarfs“ im sinne des ziels 3.2 des regionalplans zu stellen sind, bestimmt werden. der plangeber muss, will er im regionalplan als allgemeine siedlungsbereiche dargestellte flächen für die planung in anspruch nehmen, nicht den seinerzeitigen prozess der flächenbedarfsermittlung insgesamt wiederholen. das ziel 3.2 des regionalplans gibt ihm aber – ungeachtet der von dem prozessbevollmächtigte der antragsgegnerin in der mündlichen verhandlung zu recht bemängelten etwas unscharfen formulierung – jedenfalls auf, aktuelle entwicklungen, die für die bedarfsermittlung relevant sind – hier konkret die bevölkerungsentwicklung – daraufhin zu überprüfen, ob sie mit den seinerzeit bei der festlegung der allgemeine siedlungsbereiche getroffenen annahmen noch in einklang zu bringen sind. ist dies erkennbar nicht der fall, bedarf es jedenfalls einer nachvollziehbaren darlegung seitens des plangebers, warum ein „nachweisbarer bedarf“ im sinne des ziels 3.2 des regionalplans auch in ansehung einer von den seinerzeitigen annahmen abweichenden (bevölkerung-)entwicklung gegeben ist. die anforderungen an eine solche darlegung dürfen allerdings nicht überspannt werden. sie werden jedoch umso größer sein, je deutlicher die der regionalplanung zugrunde liegenden annahmen zur bevölkerungsentwicklung und damit zur bedarfsentwicklung sich als fehlerhaft erwiesen haben und je mehr die aktuelle entwicklung davon nach unten abweicht. 90konkret für die antragsgegnerin ergeben sich anhaltspunkte für ein der abschätzung der bevölkerungsentwicklung 2011 von it.nrw, die die regionalplanung herangezogen hat, innewohnendes fehlerpotential überdies bereits aus dem regionalplan selbst. im kapitel ix – datenanhang (siehe unter ix. 2) – heißt es zu der bevölkerungsvorausschätzung 2011 von it.nrw, dass danach die bevölkerung des n2. noch circa zehn jahre bis circa 2020 wachsen werde. schon ab circa 2026 werde die bevölkerungszahl wahrscheinlich unter dem heutigen niveau liegen, weil die zuwanderung nicht mehr ausreichen werde, die sterbefallüberschüsse auszugleichen. von den relativ kleinen gemeinden könnten nur die antragsgegnerin und die gemeinde m2. zuwächse über zehn prozent erwarten. bei der interpretation der zahlen gerade bei den besonders stark wachsenden beziehungsweise besonders stark schrumpfenden kommunen müsse jedoch auf eine wichtige unterlegte annahme hingewiesen werden: die beendigung der übergangsregelung zur arbeitnehmerfreizügigkeit für die länder der eu-osterweiterung und der erwartete rückgang der erwerbspersonen in deutschland in verbindung mit dem weiter bestehenden bedarf an facharbeitern werde eine stärkere zunahme von arbeitsmigration aus dem ausland auslösen. dies sei in der vorausschätzung für das gesamte land nrw mit einem jährlich steigenden wanderungsgewinn gegenüber dem ausland von 10.000 bis 18.000 personen für die jahre bis 2014 und circa 20.000 personen ab 2015 berücksichtigt. diese annahme habe stärkere auswirkungen auf einzelne gemeinden, sofern sie im referenzzeitraum einen hohen anteil an wanderungsgewinnen aus dem ausland gehabt hätten. denn die bewegungen würden fortgeschrieben und beeinflussten das ergebnis. besonders starke auswirkungen würden somit in der gemeinde t. mit ihrer aufnahmeeinrichtung für spätaussiedler und asylbewerber erwartet. die für die antragsgegnerin zugrunde gelegte prognostizierte bevölkerungsentwicklung (19,6 prozent mehr einwohner bis 2025 = 10.000 einwohner insgesamt und 34,9 prozent mehr einwohner bis 2030 = 11.300 einwohner insgesamt, siehe kapitel ix. 2) stand danach von anfang an unter einem vorbehalt. 91hiervon ausgehend hat der rat einen „nachweisbaren bedarf in anlehnung an die jeweils sich abzeichnende künftige bevölkerungsentwicklung“ im sinne des ziels 3.2 des regionalplans unter den konkreten umständen nicht nachvollziehbar dargelegt. 92in der planbegründung heißt es insoweit, die örtliche wohnbaulandfrage halte unverändert an. ausweislich der zum inhalt der entscheidung über den bebauungsplan gemachten abwägungsvorschläge der verwaltung ist der rat davon ausgegangen, die als allgemeiner siedlungsbereich dargestellten flächen „bedarfsgerecht“ beziehungsweise der bestehenden nachfrage entsprechend für die errichtung von ein- und zweifamilienhäusern (siehe abwägungssynopse, stand: 23. mai 2018, etwa seiten 6, 11, 17, 19, 71, 79 und 234) zu nutzen. mit der inanspruchnahme von innenbereichsflächen könne der bedarf an wohnraum nicht befriedigt werden (siehe abwägungssynopse, stand: 23. mai 2018, etwa seiten 6, 14, 19, 20, 52, 57, 59, 64 und 108). mehr wohnbedarf entstehe auch dadurch, dass gewerbegebiete ausgewiesen würden, weil vorhandene betriebe mehr raum benötigten. sie stellten mehr mitarbeiter ein, wodurch auch mehr wohnbedarf entstehe (siehe abwägungssynopse, stand: 23. mai 2018, etwa seite 19). die schulentwicklungsplanung, schulbedarfsplanung und die geburtenzahlen belegten eine bevölkerungszunahme. die anzahl der notwendigen kindergartenplätze steige, weswegen eine weitere kindergartengruppe eingerichtet werde (siehe abwägungssynopse, stand: 23. mai 2018, etwa seiten 24, 81 und 111). 93der rat hat seine einschätzung, es bestehe ein wohnraumbedarf, dabei wohl insbesondere auf das vorhandensein einer liste mit personen gestützt, die interesse an dem erwerb von grundstücken im gemeindegebiet bekundet haben. in den abwägungsvorschlägen der verwaltung wird darauf bezug genommen, dass es etwa für alle noch nicht verkauften grundstücke im plangebiet des bebauungsplans nr. „v.“ interessenten gebe. in der sitzung des rates am 11. juni 2018 wurde seitens der verwaltung erläutert, dass nach zusage von 21 grundstücken in diesem baugebiet noch 25 interessenten in der bewerberliste für baugrundstücke stünden. sollten die restlichen drei grundstücke in diesem baugebiet zugesagt werden, seien noch 22 bewerber zu verzeichnen. bei der vergabe der baugrundstücke hätten sich insgesamt zwölf bauwillige gegen ein grundstück im baugebiet „v.“ entschieden und erklärt, ein grundstück im baugebiet „c.“ erwerben zu wollen (siehe die sitzungsniederschrift, seite 5). in der antragserwiderung vom 25. märz 2021 heißt es, es gebe eine bewerberliste mit 58 kaufinteressenten. ungeachtet dessen, dass unklar ist, wie viele kaufinteressenten zum zeitpunkt des satzungsbeschlusses auf einer auch nach angaben der antragsgegnerin „unverbindlichen“ kaufinteressentenliste eingetragen waren, ist es ohne weitergehende angaben nicht möglich, aus einer solchen liste belastbare anhaltspunkte für einen „nachweisbaren bedarf“, wie ihn die regionalplanung für eine inanspruchnahme von allgemeinen siedlungsbereichen für die kommunale planung voraussetzt, zu gewinnen. unter welchen voraussetzungen eine liste von aktuell am erwerb eines wohngrundstücks im gemeindegebiet und/oder plangebiet interessierten personen überhaupt geeignet sein kann, einen entsprechenden bedarf zu plausibilisieren, kann offen bleiben. dieser kann jedenfalls nicht schlicht mit einer aktuellen nachfrage gleichgesetzt werden. 94aus den zuletzt im normenkontrollverfahren von der antragsgegnerin ohne jegliche erläuterung vorgelegten unterlagen kann sich der senat nicht erschließen, dass der rat zum zeitpunkt des satzungsbeschlusses einen entsprechenden bedarf wegen einer sich abzeichnenden positiven bevölkerungsentwicklung hätte annehmen können. 95dass sich aus den von it.nrw auf der grundlage der ergebnisse des zensus 2011 zu diesem zeitpunkt fortgeschriebenen bevölkerungszahlen anhaltpunkte allenfalls für eine stagnation, eher noch für einen rückgang, keinesfalls jedoch für ein den darstellungen im regionalplan zugrunde gelegtes besonders starkes wachstum der bevölkerungszahlen der antragsgegnerin ergaben, hat auch diese nicht bestritten. it.nrw weist für die antragsgegnerin für das jahr 2011 einen bevölkerungsstand von 7.169 und nach einer zwischenzeitlichen moderaten aufwärtsbewegung für das jahr 2017 einen solchen von noch 7.066 aus. aktuelle bevölkerungsvorausberechnungen für den zeitpunkt des satzungsbeschlusses liegen dem senat nicht vor. der antragsteller hat eine an die zahlen von it.nrw anknüpfende modellrechnung zur bevölkerungsentwicklung 2018 bis 2040 für die städte und gemeinden im kreis c2. mit stand 24. juli 2020 eingereicht, die für die antragsgegnerin einen stetigen rückgang der bevölkerungszahlen auf 5.398 bis zum jahr 2025 und nach einem weiteren rückgang und einem darauf folgenden leichten anstieg eine bevölkerung von 5.369 für das jahr 2030 ausweist. die antragsgegnerin hält offenbar die von it.nrw herausgegebenen zahlen (insbesondere) mit blick auf die besonderen anforderungen an die einwohnerstatistik, die sich aus dem vorhandensein der zentralen unterbringungseinrichtung (zue) auf ihrem gemeindegebiet ergeben, für nicht belastbar. it.nrw selbst hat für das jahr 2016 keine einwohnerzahl für die antragsgegnerin angegeben, weil diesbezüglich unstimmigkeiten festgestellt worden seien. welche schlussfolgerungen hieraus für die eigene bevölkerungsentwicklung konkret herzuleiten sein sollen, hat auch der bürgermeister der antragsgegnerin in der mündlichen verhandlung nicht zu erklären vermocht. solche schlussfolgerungen drängen sich auch unter heranziehung des von der antragsgegnerin übermittelten aktenvermerks über ein arbeitstreffen vom 13. märz 2018 mit fünf weiteren kommunen, die offenbar in vergleichbarer weise von unstimmigkeiten bezüglich der erfassung von einwohnerzahlen betroffen waren, nicht auf. nichts anderes gilt für das schreiben der i1. gmbh an die gemeinde i2. zu „einwohnerverlusten der stadt i2. in der einwohnerstatistik“ vom 27. februar 2018. eigene „bessere“ daten hat die antragsgegnerin nicht vorgelegt. 96eine positive bevölkerungsentwicklung vermag sie mit den von ihr in bezug genommenen geburtenzahlen der jahre 2005 bis 2018 nicht zu belegen. die anzahl der geburten ist ohnehin nur einer der für die bevölkerungsentwicklung maßgeblichen faktoren, der für sich allein ohne die berücksichtigung von sterbezahlen sowie zu- und abwanderungszahlen – insbesondere wenn es um die bevölkerungsentwicklung im kontext der ermittlung des wohnungsbedarfs geht – nicht viel aussagt. im übrigen lässt sich den geburtenzahlen bis zum jahr 2017 ein stabiler trend nach oben – ungeachtet dessen, wie die sich zum zeitpunkt des satzungsbeschlusses konkret abzeichnende schließung der zue (siehe die niederschrift der ratssitzung vom 16. april 2018, seite 12, top 11.1) in eine solche betrachtung einzustellen wäre – schon nicht entnehmen. zwar wird in der bedarfsplanung des fachbereichs jugend und familie für die kindertagesbetreuung in t., die in der sitzung des rates am 16. april 2018 erörtert wurde, von bevölkerungsgewinnen aus zu- und fortzügen inklusive des zuzugs von flüchtlingsfamilien ausgegangen (anlage zu top 2 zur niederschrift der ratssitzung vom 16. april 2018). die datengrundlage für diese annahme bleibt jedoch unklar. davon, dass ein höherer bedarf an kinderbetreuungskapazitäten – geburtenzahlenunabhängig – auch dem gesteigerten bedürfnis von eltern nach (zeitlich ausgedehnter) betreuung ihrer kinder in kinderbetreuungseinrichtungen geschuldet ist, geht die bedarfsplanung selbst aus. der schulentwicklungsplan für die region i3.-t.-m3. aus märz 2018 zeigt allenfalls stagnierende grundschülerzahlen für die antragsgegnerin zwischen 2010/11 beziehungsweise 2012/2013 und 2016/17 und geht von einem rückgang bis 2023/24 aus (seiten 16, 37, 39 und 40). der prognostizierten entwicklung der schülerzahlen auf den weiterführenden schulen in der region lässt sich ohne weitere erklärungen nichts für eine positive bevölkerungsentwicklung, aus der sich ein entsprechender wohnungsbedarf herleiten ließe, entnehmen. schließlich bleibt die bezugnahme des rates auf gesteigerten wohnbedarf mit blick auf anstehende erweiterungen von im gemeindegebiet angesiedelter gewerbebetriebe ohne substanz. insoweit ist auch zu bedenken, dass die regionalplanung den zusammenhang zwischen gewerbeflächen- und wohnflächenbedarfen bereits berücksichtigt. 97irgendeine schlüssige darlegung seitens der antragsgegnerin, warum trotz einer bevölkerungsentwicklung, die deutlich von der bevölkerungsprognose des regionalplans abweicht, die im regionalplanverfahren ermittelte differenz zwischen den verfügbaren freien kommunalen flächen und dem – unter heranziehung der bevölkerungsprognose – ermittelten flächenbedarf (kapitel iii. 1, rn. 137) weiterhin besteht und es deswegen der inanspruchnahme der als allgemeiner siedlungsbereich dargestellten flächen (des plangebiets) bedarf, fehlt damit. es liegt keine auch nur ansatzweise überprüfbare begründung dafür vor, dass noch zur verfügung stehende flächen und deren nachverdichtungspotentiale nicht ausreichten, einen auf der grundlage der sich aktuell abzeichnenden bevölkerungsentwicklung belastbar hergeleiteten bedarf – nicht nur eine aktuelle nachfrage – an wohnbauflächen zu befriedigen. auch das schreiben der bezirksregierung n1. vom 21. august 2019, in dem bestätigt wird, dass gegen den bebauungsplan aus sicht der raumordnung keine bedenken erhoben werden, enthält eine solche begründung nicht. 98der bebauungsplan beruht zudem auf einem beachtlichen fehler bei der nach § 1 abs. 7 baugb gebotenen abwägung. 99gemäß § 1 abs. 7 baugb sind die öffentlichen und privaten belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. das abwägungsgebot umfasst als verfahrensnorm das gebot zur ermittlung und bewertung des abwägungsmaterials (§ 2 abs. 3 baugb) und stellt inhaltlich anforderungen an den abwägungsvorgang und an das abwägungsergebnis. es ist verletzt, wenn eine sachgerechte abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die abwägung belange nicht eingestellt werden, die nach lage der dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die bedeutung der betroffenen belange verkannt oder wenn der ausgleich zwischen den von der planung berührten belangen in einer weise vorgenommen wird, die zur objektiven gewichtigkeit einzelner belange außer verhältnis steht. innerhalb des so gezogenen rahmens ist dem abwägungserfordernis genügt, wenn sich die zur planung berufene gemeinde im widerstreit verschiedener belange für die bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die zurückstellung des anderen belangs entscheidet. 100vgl. ovg nrw, urteil vom 22. september 2015 – 10 d 82/13.ne –, juris, rn. 30. 101ausgehend hiervon hat der rat die interessen der zukünftigen bewohner des plangebiets, von lärmbelästigungen, die von den auf dem t1. c. betriebenen windenergieanlagen herrühren, möglichst verschont zu bleiben, nicht fehlerfrei abgewogen. insoweit liegt ein ermittlungsdefizit vor. 102der rat ist davon ausgegangen, dass auch der für die nachtzeit für ein allgemeines wohngebiet maßgebliche immissionsrichtwert nach der ta lärm von 40 db(a) im plangebiet unterschritten werde. er hat sich hierfür auf die im aufstellungsverfahren eingeholte stellungnahme des kreises c2. als zuständige immissionsschutzbehörde vom 20. september 2017 gestützt, wonach in den verfahren zur genehmigung der windenergieanlagen immissionsprognosen erstellt worden seien, die belegten, dass der immissionsrichtwert von 40 db(a) zur nachtzeit auch im plangebiet unterschritten werde (siehe auch die abwägungssynopse, stand: 23. mai 2018, seite 121). in den akten befindet sich eine darstellung eines ergebnisses einer gesamtbelastung vom 25. januar 2013, die nach den angaben der antragsgegnerin der immissionsprognose des ingenieurbüros q. entnommen sein soll, die mit dem aktuellsten antrag auf genehmigung von repoweringmaßnahmen beim kreis c2. eingereicht worden sei. aus dieser darstellung soll sich ergeben, dass die von den windenergieanlagen auf dem t1. c. verursachten geräuschimmissionen den immissionsrichtwert von 40 db(a) im bereich des plangebiets deutlich unterschritten. 103gegen die auffassung der antragsgegnerin, hiervon ausgehend seien weitergehende ermittlungen der von dem betrieb des windparks auf dem t1. c. auf die grundstücke im plangebiet einwirkenden geräuschimmissionen nicht erforderlich gewesen, um die abwägungserheblichen lärmschutzbelange zu ermitteln, wendet der antragsteller zu recht ein, dass die vorliegenden immissionsprognosen nicht den aktuellen anforderungen entsprechen. 104die bund/länder-arbeitsgemeinschaft für immissionsschutz (lai) empfahl in ihrer 134. sitzung am 5. und 6. september 2017 den ländern, die hinweise zum schallimmissionsschutz bei windkraftanlagen mit stand 30. juni 2016 anzuwenden. nach diesen hinweisen werden die anforderungen der ta lärm an die durchführung von immissionsprognosen im rahmen der errichtung und des betriebs von windkraftanlagen durch eine vorläufige anpassung des bisher angewandten prognosemodells (so genanntes alternatives verfahren) auf basis neuerer erkenntnisse konkretisiert. das ministerium für umwelt, landwirtschaft, natur- und verbraucherschutz des landes nordrhein-westfalen hat mit erlass vom 29. november 2017 die genannten lai-hinweise in die verwaltungspraxis eingeführt und die nachgeordneten behörden gebeten, diese hinweise zukünftig bei der genehmigung und überwachung von windenergieanlagen als erkenntnisquelle anzuwenden. auch der windenergie-erlass vom 8. mai 2018 (mbl. nrw. seiten 258 ff.) führt unter nr. 5.2.1.1 aus, dass mit erlass vom 29. november 2017 in nordrhein-westfalen die neuen von der lai überarbeiteten „hinweise zum schallimmissionsschutz bei windkraftanlagen“ eingeführt worden seien. das unter anderem dort verankerte prognosemodell auf basis des interimsverfahrens des din/vdi-normenausschusses akustik, lärmminderung und schwingungstechnik (nals, fassung 2015-05.1) gebe den aktuellen erkenntnisstand wieder (dort seite 273). damit erfolgte insoweit für die verwaltungsbehördliche praxis in nordrhein-westfalen eine ausdrückliche abkehr von dem bisher im rahmen von schallimmissionsprognosen bei windenergieanlagen angewandten alternativen verfahren. 105vgl. ovg nrw, beschluss vom 17. dezember 2020 – 8 e 862/20 –, juris, rn. 12 ff. 106zum zeitpunkt des satzungsbeschlusses gab jedenfalls nach der einschätzung der zuständigen behörden das interimsverfahren den aktuellen erkenntnisstand wieder, 107vgl. ovg nrw, beschluss vom 17. dezember 2020 – 8 e 862/20 –, juris, rn. 19, 108was dafür spricht, dass auch die planende gemeinde sich zur erfassung der lärmbelastungen neu zu überplanender grundstücke durch windenergieanlagenlärm auf berechnungen stützen beziehungsweise jedenfalls berücksichtigen muss, die auf dem interimsverfahren beruhen. 109dass die von der antragsgegnerin herangezogene schallimmissionsprognose, die auf den 25. januar 2013 datiert, auf dem interimsverfahren beruht, kann ausgeschlossen werden. dass die ergebnisse dieser schallimmissionsprognose den sicheren schluss zuließen, dass für den windpark auf dem t1. c. nach dem interimsverfahren prognostizierte pegel ebenfalls den immissionsrichtwert von 40 db(a) einhielten, lässt sich demgegenüber nicht feststellen. dabei ist zu berücksichtigen, dass pauschale aussagen dazu, wie sich nach dem interimsverfahren prognostizierte pegel von nach dem alternativen verfahren prognostizierten pegeln unterscheiden, nicht getroffen werden können. 110vgl. lanuv, faktenpapier schallprognosen für windenergieanlagen nach dem „interimsverfahren“, seite 3 (abrufbar über https://www.lanuv.nrw.de/umwelt/laerm/geraeusche/geraeuschquellen/windenergie- 111anlagen). 112relevante pegelerhöhungen sollen sich jeweils abhängig von der nabenhöhe und dem frequenzspektrum des anlagentyps insbesondere für immissionspunkte, die in größeren abständen von der windenergieanlage entfernt liegen, ergeben können. 113vgl. agatz, windenergie-handbuch, 17. ausgabe, dezember 2020, seite 108 ff. 114zwar sollen aufgrund der umstellung des berechnungsverfahrens vom alternativen verfahren auf das interimsverfahren pegeländerungen von mehr als 3 db(a) in der regel nicht zu erwarten sein. die vorliegende darstellung eines gesamtbelastungsergebnisses weist für das plangebiet aber eine lärmbelastung aus, die sich eindeutig eher dem immissionsrichtwert von 40 db(a) als dem von 35 db(a) nähert. 115dass es, worauf der rat sich im rahmen seiner abwägung gestützt hat, wohnbebauung gibt, die eine geringere entfernung zu einzelnen windenergieanlagen des windparks am t1. c. aufweist als das plangebiet, hilft in diesem zusammenhang nicht weiter (siehe auch die abwägungssynopse, stand: 23. mai 2018, etwa seiten 80, 120 und 121 f.), weil damit über die zu erwartende lärmbelastung des plangebiets durch den betrieb der windenergieanlagen, wie sie sich bei einer berechnung mit dem interimsverfahren darstellen würde, nichts ausgesagt ist. im übrigen lässt sich allein aus einer größeren entfernung zu einzelnen windenergieanlagen des windparks nicht ohne weiteres auf eine niedrigere lärmbelastung schließen, wie sich aus der vorliegenden darstellung eines gesamtbelastungsergebnisses selbst ergibt. 116das ermittlungsdefizit stellt einen beachtlichen abwägungsfehler dar. 117gemäß § 214 abs. 1 satz 1 nr. 1 baugb ist eine verletzung von verfahrens- und formvorschriften des baugesetzbuchs für die rechtswirksamkeit eines bebauungsplans nur beachtlich, wenn entgegen § 2 abs. 3 baugb die von der planung berührten belange, die der gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der mangel offensichtlich und auf das ergebnis des verfahrens von einfluss gewesen ist. § 214 abs. 3 satz 2 halbsatz 2 baugb sieht vor, dass fehler im abwägungsvorgang nur erheblich sind, wenn sie offensichtlich und auf das abwägungsergebnis von einfluss gewesen sind. ein fehler im abwägungsvorgang ist offensichtlich, wenn er – wie hier – auf objektiv feststellbaren umständen beruht und ohne ausforschung der mitglieder des rates über deren planungsvorstellungen für den rechtsanwender erkennbar ist. er ist auf das abwägungsergebnis von einfluss gewesen, wenn nach den umständen des jeweiligen falles die konkrete möglichkeit besteht, dass ohne den mangel die planung anders ausgefallen wäre. 118vgl. zum beispiel bverwg, urteil vom 13. dezember 2012 – 4 cn 1.11 –, juris, rn. 16, mit weiteren nachweisen. 119diese voraussetzungen liegen hier vor. dass das offensichtliche ermittlungsdefizit die entscheidung des rates in der sache nicht beeinflusst hat, lässt sich nicht positiv feststellen. eine nach einschätzung der zuständigen behörden den aktuellen erkenntnisstand berücksichtigende ermittlung der zu erwartenden belastung des plangebiets durch windenergieanlagenlärm, aus der sich ergibt, dass – wie es dem willen des rates entspricht – der immissionsrichtwert von 40 db(a) eingehalten wird, liegt nicht vor. dies ist – wie vorstehend ausgeführt – keinesfalls offenkundig. es ist nicht sache des senats, im normenkontrollverfahren diesbezüglich weitere ermittlungen anzustellen. der rat hat auch nicht zu erkennen gegeben, dass er eine über dem immissionsrichtwert von 40 db(a) liegende lärmbelastung durch den betrieb der windenergieanlagen in der konkreten planungssituation für zumutbar halten würde. 120der antragsteller hat den abwägungsfehler rechtzeitig gerügt (§ 215 abs. 1 satz 1 baugb). 121die aufgezeigten mängel führen jeder für sich zur unwirksamkeit des bebauungsplans insgesamt. 122die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 123die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 vwgo in verbindung mit den §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 124die revision ist nicht zuzulassen, da die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen.
Klaeger*in
1
182,277
L 16 KR 597/13
2014-03-13T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 29.07.2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Streitig ist, ob die 1982 geborene Klägerin Anspruch auf Erstattung der ihr für eine Behandlung im Rahmen der so genannten CMD-Kieferorthopädie bisher entstandenen Kosten bzw. auf Übernahme noch entstehender Kosten hat. 3Die bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin beantragte bei der Beklagten Anfang April 2012 unter Vorlage eines funktionellen Heil- und Kostenplanes (des Kau-Schluckorgans/CMD-Kieferorthopädie) vom 26.03.2012/28.03.2012 die Übernahme der Kosten einer Behandlung durch den Facharzt für Kieferorthopädie (ganzheitliche Kieferorthopädie/CMD-Kieferorthopädie/Orthodontie/Spezialist für Kieferorthopädie der Universität A) Dr. S aus N i.H.v. 6.020,99 EUR. Dr. S nimmt nicht an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. 4Zur "Krankengeschichte/CMD" ist in dem Heil- und Kostenplan Folgendes ausgeführt: 2005 Beginn mit chronischer "Schlappheit" 2007 Chronische Nasennebenhöhlenentzündung, welche als Kopfschmerzen empfunden werden. Kortison hilfreich, jedoch keine Dauerlösung 2006 - 2009 Erschöpfungszustände, welche mit Konzentrationsschwächen verbunden sind und eine kontinuierliche Tätigkeit bis zu sechs Stunden ermöglichte, Aufsuchen diverser Allgemeinärzte, jedoch keine konkreten Befunde 2008 Neuraltherapie mit Spritzen in den Nacken bei C1 und im Bereich des Austritts des N. trigeminus II mit guter Wirkung für eine Woche, in zahnärztlicher Vorbehandlung einer craniomandibulären Dysfunktion 2011/2012 wegen Nacken-/Schulterschmerzen, chronischen Nasennebenhöhlenentzündungen, Neurodermitis, Schlappheit, Kniebeschwerden 5Als Krankheitsbilder werden aufgeführt: 6Kieferbereich Abrasion der Zähne, Bruxismus, Zähneknirschen, akute Parodontitis, Gingivaretraktion, Krankheiten des Parodonts durch Über- und Fehlbelastung (Okklusales Trauma), Pulpadegeneration durch okklusales Trauma, Wurzelresorptionen, Anomalien des Kiefer-Schädelbasis-Verhältnisses, transversale und vertikale Asymmetrie, Anomalien des Zahnbogenverhältnisses, Schwenkung des Bisses, zwanghafte Verschiebung der Mittellinie, Zahnstellungsanomalien, Rotationen, Kippungen mit abnormer Stellung derselben oder der benachbarten Zähne, fehlerhafte Okklusion, nicht näher bezeichnet, Okklusaler Zwangsbiss, traumatische Okklusionsabweichung, funktionelle dentofaziale Anomalien, abnormer Kieferschluss, fehlerhafte Okklusion mit Distalrotationen des UK und zwanghaftem abnormen Schluckakt, "Costensyndrom"/CMD, Craniomandibuläre Dysfunktion, Krankheiten des Zahnhalteapparates: irregulärer Alveolarfortsatz, Retraktion des Alveolarfortsatzes durch okklusales Trauma, 7Cranio Vertebraler Bereich/CVD Habituelle atlanto-axiale Subluxation mit Myelopathie, Spondylolisthesis: Okzipito-Atlanto-Axialbereich, Spondylolisthesis: Zervikalbereich; Spondylolisthesis: Zervikothorakalbereich, Radikulopathie, Wurzelneuritis, vertebragener Kopfschmerz, Rückenschmerz, Subluxation der Wirbelsäule, biomechanische Funktionsstörungen, Zervikalbereich, Zervikothorakal 8Interdisziplinär Kopfschmerzen vom Spannungstyp/Spannungskopfschmerzen, Mitochondriale Zythopathie/erworben durch Kopfgelenke-Instabilitäts-Syndrom, Nitrosativer Stress, Zervikalsyndrom. 9Als Behandlungsmittel/Therapie für die Dauer von sechs Quartalen wird benannt: "CMD-Kieferorthopädie/Orthodontie, "Feste Klammer" auf der Basis der Qualitätsleitlinien I, II, III der Biofunktionellen Orthodontie (BFO) und Biofunktionalität nach Vorschriften der funktionellen Anatomie (Näheres: www.cmd-institut.de)." 10Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 20.04.2012 ab. Dr. S sei kein zugelassener Kieferorthopäde. Deshalb könne er nicht direkt mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen und habe einen privaten Behandlungsplan erstellt. Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen sei eine Kostenübernahme bei diesem Behandler nur im Ausnahmefall möglich, wenn vor Beginn der Behandlung ein Antrag eingereicht werde und diesem durch die Kasse zugestimmt werde. Die Zustimmung sei im vorliegenden Fall nicht möglich, da es ausreichend vertragsärztlich zugelassene Kieferorthopäden gebe. Sofern ein als Vertragszahnarzt zugelassener Kieferorthopäde zu dem Ergebnis komme, dass die Voraussetzungen für eine vertragliche kieferorthopädische Erwachsenenbehandlung vorliegen, sei eine Beratung durch die Beklagte möglich. 11Zur Begründung ihres Widerspruchs vom 19.05.2012 übersandte die Klägerin ein Schreiben des Dr. S vom 22.06.2012. Der Beklagten sei hinreichend bekannt, dass der eingereichte Heil- und Kostenplan nicht mit der Kieferorthopädie identisch sei, welche die Beklagte anbieten könne. Dennoch versuche die Beklagte immer wieder, den Patienten durch formale Argumentationen in die Irre zu führen. Längst sei dem Vorstand der Beklagten aus einschlägiger Literatur bekannt, dass die kieferorthopädischen Vertragsregelungen nicht mehr den Grundregeln des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) entspreche. Der Widerspruch gegen die Ablehnung der Kostenerstattung medizinisch definierter Erkrankungen nach ICD-10-Codierung der Weltgesundheitsorganisation werde aufrechterhalten, da die kieferorthopädischen Indikationsgruppen der Beklagten keine Krankheitsbilder medizinischer Art definieren könnten. 12Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2013 zurück. Bei der gewünschten Behandlung handele sich um eine unkonventionelle Methode, für die der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) eine positive Empfehlung nicht ausgesprochen habe. Bei der CMD-Kieferorthopädie handele es sich nicht um eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlung. Eine Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen komme auch durch einen Vertragskieferorthopäden nicht in Betracht. Ein Systemmangel liege nicht vor. Dr. S sei nicht zur vertragszahnärztlichen Behandlung zugelassen und könne deshalb Patienten nicht zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung behandeln. Eine Zustimmung zu einer Behandlung bei Dr. S habe die Beklagte nicht erteilt. Zur kieferorthopädischen Behandlung stünden ausreichend Vertragszahnärzte zur Verfügung. 13Mit ihrer am 26.03.2013 beim Sozialgericht Münster erhobenen Klage hat die Klägerin an ihrem Begehren festgehalten. Zur Begründung hat sie eine weitere Stellungnahme des Dr. S vom 15.04.2013 übersandt. Dr. S hat ausgeführt, die Auslegung der rechtlichen Grundlagen des SGB V sei nicht neutral. Die Leistungen der Beklagten entsprächen nicht den Vorgaben des § 2 SGB V. Das Bundesministerium für Gesundheit habe in einer umfassenden Studie ("HTA-Studie 2008") das kieferorthopädische Leistungsangebot der gesetzlichen Krankenversicherungen so zerrissen, wie es in der Geschichte der Medizin einmalig sei. Die kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG) hätten keine ausreichende wissenschaftliche Basis. In der Welt der hierauf basierenden Kieferorthopädie gebe es keine Krankheitsbilder, keine Kodierungen, keine medizinisch relevanten Aufklärungen und keine Risikoaufklärung. Die KIG verstießen gegen Art. 2 und Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes. Die Auswirkungen der Kieferorthopädie gingen weit über den dentofazialen Bereich hinaus. Okklusale Dysfunktionen wirkten nachhaltig über Hebelwirkung auf die Kopfgelenke mit deren Inhalt, dem oberen Rückenmark, durch Verkantungen ein, woraus sich komplexe Folgeerkrankungen der Wirbelsäule als auch neuronale Erkrankungen zwingend ergeben könnten. Daraus ergebe sich eine interdisziplinäre medizinische Bedeutung der Kieferorthopädie, welche keineswegs mit 18 Jahren abgeschlossen sei. Die aktuelle Kieferorthopädie der gesetzlichen Krankenversicherung müsse völlig neu definiert werden. 14Auf einen Hinweis des Sozialgerichts, dass beabsichtigt sei, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, hat die Klägerin ausgeführt, insbesondere aus den Schreiben des Dr. S ergäben sich anspruchsbegründende gesundheitliche Beeinträchtigungen, denen Verwaltung und Sozialgericht von Amts wegen nachzugehen hätten. Es sei umfangreich dargelegt worden, dass das Leistungsangebot der Beklagten nicht den gesetzlichen Vorschriften entspreche und diesen in wesentlichen Grundlagen so stark widerspreche, dass in der Kieferorthopädie das Leistungsangebot der Beklagten in vielfältiger Weise in Diagnostik und Therapie eine Grundlage zur Fehlbehandlung im juristischen Sinne darstelle. 15Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29.07.2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Behandlung durch Dr. S stehe bereits entgegen, dass die Klägerin bei Antragstellung das 18. Lebensjahr deutlich überschritten habe. Nach dem eingereichten Behandlungsplan lägen auch keine schweren Kieferanomalien vor, die ein Ausmaß hätten, dass kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen erforderlich seien. Die Aufzählung in § 28 Abs. 2 Satz 7 SGB V i.V.m. B 4. der Kieferorthopädie-Richtlinien sei abschließend. Eine erweiternde Auslegung entspreche nicht der Zielsetzung des Gesetzgebers. Der umfassend geregelte Leistungsausschlusses § 28 Abs. 2 Satz 6 SGB V gelte grundsätzlich unabhängig von den Gründen, die im konkreten Fall zu einer Behandlungsnotwendigkeit erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres geführt hätten. Die so genannte CMD-Kieferorthopädie, die bei der Klägerin zur Anwendung gelangen solle, stelle eine kieferorthopädische Behandlung dar und unterliege damit den genannten gesetzlichen Vorgaben. 16Gegen den der Klägerin am 31.07.2013 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich deren Berufung vom 29.08.2013. Zur Begründung verweist die Klägerin auf eine Stellungnahme des Dr. S vom 24.08.2013. Das Sozialgericht habe keinen medizinischen Sachverstand zu Rate gezogen. Es sei nur eine formaljuristische Bewertung vorgenommen worden. Weder der medizinische Sachverhalt noch der rechtliche Sachverhalt seien geklärt. Das Sozialgericht hätte bereits aus dem eingereichten Heil- und Kostenplan entnehmen können, dass kein Heil- und Kostenplan nach kieferorthopädischem Muster vorliege. Die Therapie der im Heil- und Kostenplan dargestellten Krankheiten sei nicht auf ein bestimmtes Alter fixiert oder begrenzt. Zur Therapie medizinisch definierter Krankheitsbilder, insbesondere von Schmerzen, gälten keine vorgängigen Genehmigungsanfragen bei der Krankenkasse. Die Hilfe müsse unverzüglich erfolgen, andernfalls liege der Tatbestand unterlassener Hilfeleistung vor. Die bisherige Therapie der festgestellten Erkrankungen in den verschiedensten Disziplinen sei erfolglos geblieben. Bereits die Anamnese der Patientin zeige ein komplexes Krankheitsbild. Der bei der Erstvorstellung vorgefundene Zustand falle bereits in den durch das Neunte Buch des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) definierten Bereich der Behinderung. 17Es sei festzustellen, dass die Beklagte keine Leistung zur Heilung der diagnostizierten Krankheiten anbieten könne, das kieferorthopädische Leistungsangebot der Beklagten nach aktuellem Stand der Erkenntnisse der Wissenschaft sowie nach der Rechtslage und der aktuellen Gesetzgebung sowie dem Patientenrechtegesetz 2013 Körperverletzung aus den verschiedensten Sichtweisen darstelle, neben der Frage der Kostenerstattung das kieferorthopädische Pflicht-Leistungsangebot der Beklagten und Haftungsfragen der Beklagten zur Diskussion stünden. § 28 SGB V und die KIG stellten einen Verstoß gegen § 27 SGB V dar. Mit dem Ausschluss der Diagnostik von Dysfunktionen seien keine Krankheiten zu erkennen, die folgerichtig mangels Diagnose auch nicht gelindert oder geheilt werden könnten. Die gesetzlichen Krankenkassen seien seit Jahren nachhaltig auf Grundlagenfehler in dem kieferorthopädische Leistungsangebot hingewiesen worden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 05.07.1995 (1 RK 6/95) bestehe ein Anspruch, weil zur Behandlung der fortschreitenden Krankheitsbilder der Klägerin anerkannte Behandlungsmethoden nicht zur Verfügung stünden. Es liege ein Systemversagen vor. Die funktionellen Bezüge der Okklusion zu den Atlasgelenken bzw. zur Halswirbelsäule seien klinisch wie wissenschaftlich nicht zu leugnen. 18Dr. S hat seiner Stellungnahme ein Schreiben vom 31.07.2013 an den Präsidenten/Vorstand der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe beigefügt, mit dem eine offizielle Anmeldung einer neuen interdisziplinären Fachdisziplin im Funktionsbereich des Kauorgans nach Empfehlung des Wissenschaftsrates, WR, 2005 erfolgte. Die neue Fachdisziplin laute: CMD-Kieferorthopädie, CMD-KFO, KieferOrthopädie im Rahmen der sog. Craniomandibulären Dysfunktion, CMD, Dento-Craniale und Dento-Cervikale Orthopädie und Neurologie, DCC-ON. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf dieses Schreiben Bezug genommen. 19Die Klägerin beantragt, 20den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 29.07.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.02.2013 zu verurteilen, alle bisher entstandenen und künftig entstehenden der Behandlung durch Dr. S entsprechend dem Behandlungsplan vom 28.03.2012 zu übernehmen. 21Die Beklagte beantragt, 22die Berufung zurückzuweisen. 23Das Sozialgericht habe den Sachverhalt zutreffend gewürdigt. 24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie der Prozessakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung sein wird und diesem Votum zugrundeliegt. 25Entscheidungsgründe: 26Die statthafte (§§ 143 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin vom 29.08.2013 gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 29.07.2013 ist unbegründet. 27Das Sozialgericht hat die von der Klägerin in zulässiger Weise erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4, § 56 SGG) zu Recht abgewiesen. Die Klägerin ist durch den angefochtenen (Ablehnungs-) Bescheid vom 20.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.02.2013 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Sie hat weder einen Anspruch auf Freistellung von den ihr durch die Behandlung bei Dr. S bereits entstandenen Kosten noch auf Gewährung zukünftiger Behandlung als Sachleistung bzw. Übernahme der durch weitere Behandlung noch entstehenden Kosten. 28Der Senat verweist zur Begründung auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in der angefochtenen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Berufungsbegründung, die wie im Wesentlichen das gesamte Vorbringen der Klägerin im Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren, aus Schriftsätzen des behandelnden Arztes Dr. S besteht, rechtfertigt eine abweichende rechtliche Beurteilung nicht. 29Ob einem Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung bereits die Nichteinhaltung des so genannten Beschaffungsweges entgegensteht, wofür allerdings deren - im weiteren Verlauf relativierte - Angabe in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat spricht, sie habe die Behandlung bei Dr. S bereits im März 2012 und damit begonnen, ohne der Beklagten die Möglichkeit zu geben, einen vermeintlichen (Sachleistungs-) Anspruch zu prüfen, kann dahinstehen. 30Denn ein Behandlungsanspruch besteht gemäß §§ 27, 28 SGB V nicht. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V die (ambulante) zahnärztliche Behandlung. Gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 SGB V beinhaltet die (ambulante) zahnärztliche Behandlung die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist; sie umfasst auch konservierend-chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen, die im Zusammenhang mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen erbracht werden. Nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehört die kieferorthopädische Behandlung von Versicherten, die zu Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr vollendet haben (§ 28 Abs. 2 Satz 6 SGB V). Dies gilt nicht für Versicherte mit schweren Kieferanomalien, die ein Ausmaß haben, das kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen erfordert (§ 28 Abs. 2 Satz 7 SGB V). 31Nach § 29 Abs. 4 Satz 1 SGB V hat der G-BA in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V befundbezogen die objektiv überprüfbaren Indikationsgruppen, bei denen die in § 29 Abs. 1 SGB V genannten Voraussetzungen vorliegen, zu bestimmen. Das sind Indikationsgruppen, bei denen eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt, die das Kauen, Beißen, Sprechen oder Atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht. Dabei hat der G-BA auch einzuhaltende Standards zur kieferorthopädischen Befunderhebung und Diagnostik vorzugeben (§ 29 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Diesen gesetzlichen Auftrag zum Erlass normkonkretisierender und damit anspruchsbegründender Richtlinien hat der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen (seit 01.01.2004: G-BA) mit den am 01.01.2004 in Kraft getretenen "Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für die kieferorthopädische Behandlung" in der Fassung vom 04.06.2003 und vom 24.09.2003 (BAnz Nr. 226, S. 24966 (KFO-Richtlinien)) erfüllt. Schwere Kieferanomalien im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 7 SGB V liegen nach Maßgabe der Anlage 3 zu diesen Richtlinien vor bei angeborenen Missbildungen des Gesichts und der Kiefer, skelettalen Dysgnathien und verletzungsbedingten Kieferfehlstellungen, sofern eine Einstufung mindestens in die Behandlungsbedarfsgrade A5, D4, M4, O5, B4 oder K4 der Indikationsgruppen festgestellt wird. In diesen Fällen ist ein aufeinander abgestimmtes kieferchirurgisches und kieferorthopädisches Behandlungskonzept zu erstellen (vgl. B4 der KFO-Richtlinien). 32Nach diesen Maßgaben ist ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Behandlungskosten, die ihr durch die Therapie der CMD entstanden sind bzw. entstehen, ausgeschlossen. Sie hatte zu Beginn der Behandlung bereits das 18. Lebensjahr vollendet. Kieferanomalien, die eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlung erforderlich machten, liegen ausweislich der durch Dr. S mitgeteilten Befunde nicht vor. Dies wird von der Klägerin auch nicht behauptet. 33Wie bereits der 5. Senat (Urteil vom 10.10.2013 - L 5 KR 159/13) sowie der 1. Senat (Urteil vom 20.12.2012 - L 1 KR 276/11) des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen entschieden haben, zählt die CMD (craniomandibuläre Dysfunktion) nicht zu den in den Richtlinien des G-BA aufgeführten Kieferanomalien, die den gesetzgeberischen Vorgaben entsprechen (vgl. BT-Drucksache 12/3608 S. 79). Die Aufzählung in § 28 Abs. 2 Satz 7 SGB V i.V.m. B 4. der KFO-Richtlinien ist abschließend. (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.1997 - 1 RK 11/97 sowie Beschlüsse vom 20.06.2005 - B 1 KR 20/04 B und vom 19.07.2004 - B 1 KR 2/04 BH). Der umfassend geregelte Leistungsausschluss des § 28 Abs. 2 Satz 6 SGB V gilt grundsätzlich unabhängig von den Gründen, die im konkreten Fall zu einer Behandlungsnotwendigkeit erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres geführt haben. Aus diesem Grund bestehen Ansprüche des Versicherten weder bei Folgeerkrankungen noch im Hinblick auf Art oder Ursache der zu behandelnden Kieferanomalie (vgl. zu alledem auch LSG NRW, Urteil vom 20.12.2012, a.a.O., unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG). 34Dabei stellt die von Dr. S durchgeführte Behandlung der Klägerin zweifelsfrei eine kieferorthopädische Behandlung im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 6 SGB V erfasst dar. Davon geht nicht zuletzt auch der von Dr. S auf der Grundlage der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) erstellte Heil- und Kostenplan aus. Die Argumentation der Klägerin (bzw. von Dr. S) verkennt, dass nicht maßgeblich ist, welche Erkrankung Auslöser für die kieferorthopädische Behandlung ist. § 28 Abs. 2 Satz 6 SGB V schließt - unabhängig von Art oder Ursache der zu behandelnden Kieferanomalie (BSG, Beschluss vom 20.06.2005 - B 1 KR 20/04 B) - jegliche kieferorthopädische Behandlung im Erwachsenenalter außerhalb der aufgeführten Ausnahmeregelungen aus (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.1997 - 1 RK 11/97). Der umfassende Leistungsausschluss ist nach der Rechtsprechung des BSG auch verfassungsgemäß (vgl. BSG a.a.O.). 35Ginge man davon aus, dass es sich bei der CMD-Kieferorthopädie nicht um eine kieferorthopädische Behandlung handelte, sondern um eigenständiges (zahnärztliches) Therapieverfahren, das im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche bzw. zahnärztliche Leistungen nicht behandelt ist, wäre sie ggf. als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode - Dr. S beantragt ausweislich des im Berufungsverfahrens vorgelegten Schreibens an die Zahnärztekammer Westfalen-Lippe vom 31.07.2003 hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Behandlung die Anerkennung einer neuen Fachdisziplin - qualifizieren, für die der G-BA jedoch noch keine Empfehlung abgegeben hat. Ein Sachleistungsanspruch scheiterte damit an § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V (so auch LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013, a.a.O.). 36Scheidet der geltend gemachte Anspruch nach alledem aus rechtlichen Gründen aus, bedarf es - anders als die Klägerin meint - keiner weiteren medizinischen Abklärung des Sachverhalts. Ebenso bedarf es keiner weiteren Überlegungen dazu, inwieweit Dr. S, der ohnehin kein zur vertragsärztlichen Versorgung in der GKV zugelassener Leistungserbringer ist (vgl. zu diesem Aspekt auch SG Aachen, Urteil vom 08.10.2013 - S 13 KR 32/13), als Zahnmediziner berechtigt und befähigt ist, etwa orthopädische und neurologische Befunde zu erheben und ggf. behandeln. Gemäß § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG) ist Ausübung der Zahnheilkunde die berufsmäßige auf zahnärztlich wissenschaftliche Erkenntnisse gegründete Feststellung und Behandlung allein von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Als Krankheit ist dabei jede von der Norm abweichende Erscheinung im Bereich der Zähne, des Mundes und der Kiefer anzusehen, einschließlich der Anomalien der Zahnstellung und des Fehlens von Zähnen. 37Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. 38Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
die berufung der klägerin gegen das urteil des sozialgerichts münster vom 29.07.2013 wird zurückgewiesen. kosten sind auch im berufungsverfahren nicht zu erstatten. 1
2streitig ist, ob die 1982 geborene klägerin anspruch auf erstattung der ihr für eine behandlung im rahmen der so genannten cmd-kieferorthopädie bisher entstandenen kosten bzw. auf übernahme noch entstehender kosten hat. 3die bei der beklagten krankenversicherte klägerin beantragte bei der beklagten anfang april 2012 unter vorlage eines funktionellen heil- und kostenplanes (des kau-schluckorgans/cmd-kieferorthopädie) vom 26.03.2012/28.03.2012 die übernahme der kosten einer behandlung durch den facharzt für kieferorthopädie (ganzheitliche kieferorthopädie/cmd-kieferorthopädie/orthodontie/spezialist für kieferorthopädie der universität a) dr. s aus n i.h.v. 6.020,99 eur. dr. s nimmt nicht an der vertragszahnärztlichen versorgung teil. 4zur "krankengeschichte/cmd" ist in dem heil- und kostenplan folgendes ausgeführt: 2005 beginn mit chronischer "schlappheit" 2007 chronische nasennebenhöhlenentzündung, welche als kopfschmerzen empfunden werden. kortison hilfreich, jedoch keine dauerlösung 2006 - 2009 erschöpfungszustände, welche mit konzentrationsschwächen verbunden sind und eine kontinuierliche tätigkeit bis zu sechs stunden ermöglichte, aufsuchen diverser allgemeinärzte, jedoch keine konkreten befunde 2008 neuraltherapie mit spritzen in den nacken bei c1 und im bereich des austritts des n. trigeminus ii mit guter wirkung für eine woche, in zahnärztlicher vorbehandlung einer craniomandibulären dysfunktion 2011/2012 wegen nacken-/schulterschmerzen, chronischen nasennebenhöhlenentzündungen, neurodermitis, schlappheit, kniebeschwerden 5als krankheitsbilder werden aufgeführt: 6kieferbereich abrasion der zähne, bruxismus, zähneknirschen, akute parodontitis, gingivaretraktion, krankheiten des parodonts durch über- und fehlbelastung (okklusales trauma), pulpadegeneration durch okklusales trauma, wurzelresorptionen, anomalien des kiefer-schädelbasis-verhältnisses, transversale und vertikale asymmetrie, anomalien des zahnbogenverhältnisses, schwenkung des bisses, zwanghafte verschiebung der mittellinie, zahnstellungsanomalien, rotationen, kippungen mit abnormer stellung derselben oder der benachbarten zähne, fehlerhafte okklusion, nicht näher bezeichnet, okklusaler zwangsbiss, traumatische okklusionsabweichung, funktionelle dentofaziale anomalien, abnormer kieferschluss, fehlerhafte okklusion mit distalrotationen des uk und zwanghaftem abnormen schluckakt, "costensyndrom"/cmd, craniomandibuläre dysfunktion, krankheiten des zahnhalteapparates: irregulärer alveolarfortsatz, retraktion des alveolarfortsatzes durch okklusales trauma, 7cranio vertebraler bereich/cvd habituelle atlanto-axiale subluxation mit myelopathie, spondylolisthesis: okzipito-atlanto-axialbereich, spondylolisthesis: zervikalbereich; spondylolisthesis: zervikothorakalbereich, radikulopathie, wurzelneuritis, vertebragener kopfschmerz, rückenschmerz, subluxation der wirbelsäule, biomechanische funktionsstörungen, zervikalbereich, zervikothorakal 8interdisziplinär kopfschmerzen vom spannungstyp/spannungskopfschmerzen, mitochondriale zythopathie/erworben durch kopfgelenke-instabilitäts-syndrom, nitrosativer stress, zervikalsyndrom. 9als behandlungsmittel/therapie für die dauer von sechs quartalen wird benannt: "cmd-kieferorthopädie/orthodontie, "feste klammer" auf der basis der qualitätsleitlinien i, ii, iii der biofunktionellen orthodontie (bfo) und biofunktionalität nach vorschriften der funktionellen anatomie (näheres: www.cmd-institut.de)." 10die beklagte lehnte den antrag mit bescheid vom 20.04.2012 ab. dr. s sei kein zugelassener kieferorthopäde. deshalb könne er nicht direkt mit den gesetzlichen krankenkassen abrechnen und habe einen privaten behandlungsplan erstellt. aufgrund gesetzlicher bestimmungen sei eine kostenübernahme bei diesem behandler nur im ausnahmefall möglich, wenn vor beginn der behandlung ein antrag eingereicht werde und diesem durch die kasse zugestimmt werde. die zustimmung sei im vorliegenden fall nicht möglich, da es ausreichend vertragsärztlich zugelassene kieferorthopäden gebe. sofern ein als vertragszahnarzt zugelassener kieferorthopäde zu dem ergebnis komme, dass die voraussetzungen für eine vertragliche kieferorthopädische erwachsenenbehandlung vorliegen, sei eine beratung durch die beklagte möglich. 11zur begründung ihres widerspruchs vom 19.05.2012 übersandte die klägerin ein schreiben des dr. s vom 22.06.2012. der beklagten sei hinreichend bekannt, dass der eingereichte heil- und kostenplan nicht mit der kieferorthopädie identisch sei, welche die beklagte anbieten könne. dennoch versuche die beklagte immer wieder, den patienten durch formale argumentationen in die irre zu führen. längst sei dem vorstand der beklagten aus einschlägiger literatur bekannt, dass die kieferorthopädischen vertragsregelungen nicht mehr den grundregeln des fünften buches des sozialgesetzbuches - gesetzliche krankenversicherung (sgb v) entspreche. der widerspruch gegen die ablehnung der kostenerstattung medizinisch definierter erkrankungen nach icd-10-codierung der weltgesundheitsorganisation werde aufrechterhalten, da die kieferorthopädischen indikationsgruppen der beklagten keine krankheitsbilder medizinischer art definieren könnten. 12die beklagte wies den widerspruch der klägerin mit widerspruchsbescheid vom 27.02.2013 zurück. bei der gewünschten behandlung handele sich um eine unkonventionelle methode, für die der gemeinsame bundesausschuss (g-ba) eine positive empfehlung nicht ausgesprochen habe. bei der cmd-kieferorthopädie handele es sich nicht um eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische behandlung. eine kostenübernahme durch die gesetzlichen krankenkassen komme auch durch einen vertragskieferorthopäden nicht in betracht. ein systemmangel liege nicht vor. dr. s sei nicht zur vertragszahnärztlichen behandlung zugelassen und könne deshalb patienten nicht zulasten der gesetzlichen krankenversicherung behandeln. eine zustimmung zu einer behandlung bei dr. s habe die beklagte nicht erteilt. zur kieferorthopädischen behandlung stünden ausreichend vertragszahnärzte zur verfügung. 13mit ihrer am 26.03.2013 beim sozialgericht münster erhobenen klage hat die klägerin an ihrem begehren festgehalten. zur begründung hat sie eine weitere stellungnahme des dr. s vom 15.04.2013 übersandt. dr. s hat ausgeführt, die auslegung der rechtlichen grundlagen des sgb v sei nicht neutral. die leistungen der beklagten entsprächen nicht den vorgaben des § 2 sgb v. das bundesministerium für gesundheit habe in einer umfassenden studie ("hta-studie 2008") das kieferorthopädische leistungsangebot der gesetzlichen krankenversicherungen so zerrissen, wie es in der geschichte der medizin einmalig sei. die kieferorthopädischen indikationsgruppen (kig) hätten keine ausreichende wissenschaftliche basis. in der welt der hierauf basierenden kieferorthopädie gebe es keine krankheitsbilder, keine kodierungen, keine medizinisch relevanten aufklärungen und keine risikoaufklärung. die kig verstießen gegen art. 2 und art. 3 abs. 1 sowie art. 3 abs. 3 des grundgesetzes. die auswirkungen der kieferorthopädie gingen weit über den dentofazialen bereich hinaus. okklusale dysfunktionen wirkten nachhaltig über hebelwirkung auf die kopfgelenke mit deren inhalt, dem oberen rückenmark, durch verkantungen ein, woraus sich komplexe folgeerkrankungen der wirbelsäule als auch neuronale erkrankungen zwingend ergeben könnten. daraus ergebe sich eine interdisziplinäre medizinische bedeutung der kieferorthopädie, welche keineswegs mit 18 jahren abgeschlossen sei. die aktuelle kieferorthopädie der gesetzlichen krankenversicherung müsse völlig neu definiert werden. 14auf einen hinweis des sozialgerichts, dass beabsichtigt sei, durch gerichtsbescheid zu entscheiden, hat die klägerin ausgeführt, insbesondere aus den schreiben des dr. s ergäben sich anspruchsbegründende gesundheitliche beeinträchtigungen, denen verwaltung und sozialgericht von amts wegen nachzugehen hätten. es sei umfangreich dargelegt worden, dass das leistungsangebot der beklagten nicht den gesetzlichen vorschriften entspreche und diesen in wesentlichen grundlagen so stark widerspreche, dass in der kieferorthopädie das leistungsangebot der beklagten in vielfältiger weise in diagnostik und therapie eine grundlage zur fehlbehandlung im juristischen sinne darstelle. 15das sozialgericht hat die klage mit gerichtsbescheid vom 29.07.2013 abgewiesen. zur begründung hat es ausgeführt, dem anspruch auf übernahme der kosten für die behandlung durch dr. s stehe bereits entgegen, dass die klägerin bei antragstellung das 18. lebensjahr deutlich überschritten habe. nach dem eingereichten behandlungsplan lägen auch keine schweren kieferanomalien vor, die ein ausmaß hätten, dass kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische behandlungsmaßnahmen erforderlich seien. die aufzählung in § 28 abs. 2 satz 7 sgb v i.v.m. b 4. der kieferorthopädie-richtlinien sei abschließend. eine erweiternde auslegung entspreche nicht der zielsetzung des gesetzgebers. der umfassend geregelte leistungsausschlusses § 28 abs. 2 satz 6 sgb v gelte grundsätzlich unabhängig von den gründen, die im konkreten fall zu einer behandlungsnotwendigkeit erst nach vollendung des 18. lebensjahres geführt hätten. die so genannte cmd-kieferorthopädie, die bei der klägerin zur anwendung gelangen solle, stelle eine kieferorthopädische behandlung dar und unterliege damit den genannten gesetzlichen vorgaben. 16gegen den der klägerin am 31.07.2013 zugestellten gerichtsbescheid richtet sich deren berufung vom 29.08.2013. zur begründung verweist die klägerin auf eine stellungnahme des dr. s vom 24.08.2013. das sozialgericht habe keinen medizinischen sachverstand zu rate gezogen. es sei nur eine formaljuristische bewertung vorgenommen worden. weder der medizinische sachverhalt noch der rechtliche sachverhalt seien geklärt. das sozialgericht hätte bereits aus dem eingereichten heil- und kostenplan entnehmen können, dass kein heil- und kostenplan nach kieferorthopädischem muster vorliege. die therapie der im heil- und kostenplan dargestellten krankheiten sei nicht auf ein bestimmtes alter fixiert oder begrenzt. zur therapie medizinisch definierter krankheitsbilder, insbesondere von schmerzen, gälten keine vorgängigen genehmigungsanfragen bei der krankenkasse. die hilfe müsse unverzüglich erfolgen, andernfalls liege der tatbestand unterlassener hilfeleistung vor. die bisherige therapie der festgestellten erkrankungen in den verschiedensten disziplinen sei erfolglos geblieben. bereits die anamnese der patientin zeige ein komplexes krankheitsbild. der bei der erstvorstellung vorgefundene zustand falle bereits in den durch das neunte buch des sozialgesetzbuches - rehabilitation und teilhabe behinderter menschen (sgb ix) definierten bereich der behinderung. 17es sei festzustellen, dass die beklagte keine leistung zur heilung der diagnostizierten krankheiten anbieten könne, das kieferorthopädische leistungsangebot der beklagten nach aktuellem stand der erkenntnisse der wissenschaft sowie nach der rechtslage und der aktuellen gesetzgebung sowie dem patientenrechtegesetz 2013 körperverletzung aus den verschiedensten sichtweisen darstelle, neben der frage der kostenerstattung das kieferorthopädische pflicht-leistungsangebot der beklagten und haftungsfragen der beklagten zur diskussion stünden. § 28 sgb v und die kig stellten einen verstoß gegen § 27 sgb v dar. mit dem ausschluss der diagnostik von dysfunktionen seien keine krankheiten zu erkennen, die folgerichtig mangels diagnose auch nicht gelindert oder geheilt werden könnten. die gesetzlichen krankenkassen seien seit jahren nachhaltig auf grundlagenfehler in dem kieferorthopädische leistungsangebot hingewiesen worden. nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts vom 05.07.1995 (1 rk 6/95) bestehe ein anspruch, weil zur behandlung der fortschreitenden krankheitsbilder der klägerin anerkannte behandlungsmethoden nicht zur verfügung stünden. es liege ein systemversagen vor. die funktionellen bezüge der okklusion zu den atlasgelenken bzw. zur halswirbelsäule seien klinisch wie wissenschaftlich nicht zu leugnen. 18dr. s hat seiner stellungnahme ein schreiben vom 31.07.2013 an den präsidenten/vorstand der zahnärztekammer westfalen-lippe beigefügt, mit dem eine offizielle anmeldung einer neuen interdisziplinären fachdisziplin im funktionsbereich des kauorgans nach empfehlung des wissenschaftsrates, wr, 2005 erfolgte. die neue fachdisziplin laute: cmd-kieferorthopädie, cmd-kfo, kieferorthopädie im rahmen der sog. craniomandibulären dysfunktion, cmd, dento-craniale und dento-cervikale orthopädie und neurologie, dcc-on. wegen der weiteren einzelheiten wird auf dieses schreiben bezug genommen. 19die klägerin beantragt, 20den gerichtsbescheid des sozialgerichts münster vom 29.07.2013 aufzuheben und die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 20.04.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 27.02.2013 zu verurteilen, alle bisher entstandenen und künftig entstehenden der behandlung durch dr. s entsprechend dem behandlungsplan vom 28.03.2012 zu übernehmen. 21die beklagte beantragt, 22die berufung zurückzuweisen. 23das sozialgericht habe den sachverhalt zutreffend gewürdigt. 24wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt des verwaltungsvorgangs der beklagten sowie der prozessakte bezug genommen, der gegenstand der mündlichen verhandlung sein wird und diesem votum zugrundeliegt. 25
26die statthafte (§§ 143 ff. sozialgerichtsgesetz (sgg)) und auch im übrigen zulässige berufung der klägerin vom 29.08.2013 gegen den gerichtsbescheid des sozialgerichts münster vom 29.07.2013 ist unbegründet. 27das sozialgericht hat die von der klägerin in zulässiger weise erhobene kombinierte anfechtungs- und leistungsklage (§ 54 abs. 1 und 4, § 56 sgg) zu recht abgewiesen. die klägerin ist durch den angefochtenen (ablehnungs-) bescheid vom 20.04.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 27.02.2013 nicht beschwert im sinne von § 54 abs. 2 satz 1 sgg. sie hat weder einen anspruch auf freistellung von den ihr durch die behandlung bei dr. s bereits entstandenen kosten noch auf gewährung zukünftiger behandlung als sachleistung bzw. übernahme der durch weitere behandlung noch entstehenden kosten. 28der senat verweist zur begründung auf die zutreffenden ausführungen des sozialgerichts in der angefochtenen entscheidung (§ 153 abs. 2 sgg). die berufungsbegründung, die wie im wesentlichen das gesamte vorbringen der klägerin im verwaltungs-, widerspruchs- und klageverfahren, aus schriftsätzen des behandelnden arztes dr. s besteht, rechtfertigt eine abweichende rechtliche beurteilung nicht. 29ob einem anspruch der klägerin auf kostenerstattung bereits die nichteinhaltung des so genannten beschaffungsweges entgegensteht, wofür allerdings deren - im weiteren verlauf relativierte - angabe in der mündlichen verhandlung vor dem erkennenden senat spricht, sie habe die behandlung bei dr. s bereits im märz 2012 und damit begonnen, ohne der beklagten die möglichkeit zu geben, einen vermeintlichen (sachleistungs-) anspruch zu prüfen, kann dahinstehen. 30denn ein behandlungsanspruch besteht gemäß §§ 27, 28 sgb v nicht. nach § 27 abs. 1 satz 1 sgb v haben versicherte anspruch auf krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre verschlimmerung zu verhüten oder krankheitsbeschwerden zu lindern. die krankenbehandlung umfasst nach § 27 abs. 1 satz 2 nr. 2 sgb v die (ambulante) zahnärztliche behandlung. gemäß § 28 abs. 2 satz 1 sgb v beinhaltet die (ambulante) zahnärztliche behandlung die tätigkeit des zahnarztes, die zur verhütung, früherkennung und behandlung von zahn-, mund- und kieferkrankheiten nach den regeln der zahnärztlichen kunst ausreichend und zweckmäßig ist; sie umfasst auch konservierend-chirurgische leistungen und röntgenleistungen, die im zusammenhang mit zahnersatz einschließlich zahnkronen und suprakonstruktionen erbracht werden. nicht zur zahnärztlichen behandlung gehört die kieferorthopädische behandlung von versicherten, die zu beginn der behandlung das 18. lebensjahr vollendet haben (§ 28 abs. 2 satz 6 sgb v). dies gilt nicht für versicherte mit schweren kieferanomalien, die ein ausmaß haben, das kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische behandlungsmaßnahmen erfordert (§ 28 abs. 2 satz 7 sgb v). 31nach § 29 abs. 4 satz 1 sgb v hat der g-ba in den richtlinien nach § 92 abs. 1 sgb v befundbezogen die objektiv überprüfbaren indikationsgruppen, bei denen die in § 29 abs. 1 sgb v genannten voraussetzungen vorliegen, zu bestimmen. das sind indikationsgruppen, bei denen eine kiefer- oder zahnfehlstellung vorliegt, die das kauen, beißen, sprechen oder atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht. dabei hat der g-ba auch einzuhaltende standards zur kieferorthopädischen befunderhebung und diagnostik vorzugeben (§ 29 abs. 4 satz 2 sgb v). diesen gesetzlichen auftrag zum erlass normkonkretisierender und damit anspruchsbegründender richtlinien hat der bundesausschuss der zahnärzte und krankenkassen (seit 01.01.2004: g-ba) mit den am 01.01.2004 in kraft getretenen "richtlinien des bundesausschusses der zahnärzte und krankenkassen für die kieferorthopädische behandlung" in der fassung vom 04.06.2003 und vom 24.09.2003 (banz nr. 226, s. 24966 (kfo-richtlinien)) erfüllt. schwere kieferanomalien im sinne von § 28 abs. 2 satz 7 sgb v liegen nach maßgabe der anlage 3 zu diesen richtlinien vor bei angeborenen missbildungen des gesichts und der kiefer, skelettalen dysgnathien und verletzungsbedingten kieferfehlstellungen, sofern eine einstufung mindestens in die behandlungsbedarfsgrade a5, d4, m4, o5, b4 oder k4 der indikationsgruppen festgestellt wird. in diesen fällen ist ein aufeinander abgestimmtes kieferchirurgisches und kieferorthopädisches behandlungskonzept zu erstellen (vgl. b4 der kfo-richtlinien). 32nach diesen maßgaben ist ein anspruch der klägerin auf übernahme der behandlungskosten, die ihr durch die therapie der cmd entstanden sind bzw. entstehen, ausgeschlossen. sie hatte zu beginn der behandlung bereits das 18. lebensjahr vollendet. kieferanomalien, die eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische behandlung erforderlich machten, liegen ausweislich der durch dr. s mitgeteilten befunde nicht vor. dies wird von der klägerin auch nicht behauptet. 33wie bereits der 5. senat (urteil vom 10.10.2013 - l 5 kr 159/13) sowie der 1. senat (urteil vom 20.12.2012 - l 1 kr 276/11) des landessozialgerichts für das land nordrhein-westfalen entschieden haben, zählt die cmd (craniomandibuläre dysfunktion) nicht zu den in den richtlinien des g-ba aufgeführten kieferanomalien, die den gesetzgeberischen vorgaben entsprechen (vgl. bt-drucksache 12/3608 s. 79). die aufzählung in § 28 abs. 2 satz 7 sgb v i.v.m. b 4. der kfo-richtlinien ist abschließend. (vgl. bsg, urteil vom 09.12.1997 - 1 rk 11/97 sowie beschlüsse vom 20.06.2005 - b 1 kr 20/04 b und vom 19.07.2004 - b 1 kr 2/04 bh). der umfassend geregelte leistungsausschluss des § 28 abs. 2 satz 6 sgb v gilt grundsätzlich unabhängig von den gründen, die im konkreten fall zu einer behandlungsnotwendigkeit erst nach vollendung des 18. lebensjahres geführt haben. aus diesem grund bestehen ansprüche des versicherten weder bei folgeerkrankungen noch im hinblick auf art oder ursache der zu behandelnden kieferanomalie (vgl. zu alledem auch lsg nrw, urteil vom 20.12.2012, a.a.o., unter hinweis auf die rechtsprechung des bsg). 34dabei stellt die von dr. s durchgeführte behandlung der klägerin zweifelsfrei eine kieferorthopädische behandlung im sinne von § 28 abs. 2 satz 6 sgb v erfasst dar. davon geht nicht zuletzt auch der von dr. s auf der grundlage der gebührenordnung für zahnärzte (goz) erstellte heil- und kostenplan aus. die argumentation der klägerin (bzw. von dr. s) verkennt, dass nicht maßgeblich ist, welche erkrankung auslöser für die kieferorthopädische behandlung ist. § 28 abs. 2 satz 6 sgb v schließt - unabhängig von art oder ursache der zu behandelnden kieferanomalie (bsg, beschluss vom 20.06.2005 - b 1 kr 20/04 b) - jegliche kieferorthopädische behandlung im erwachsenenalter außerhalb der aufgeführten ausnahmeregelungen aus (vgl. bsg, urteil vom 09.12.1997 - 1 rk 11/97). der umfassende leistungsausschluss ist nach der rechtsprechung des bsg auch verfassungsgemäß (vgl. bsg a.a.o.). 35ginge man davon aus, dass es sich bei der cmd-kieferorthopädie nicht um eine kieferorthopädische behandlung handelte, sondern um eigenständiges (zahnärztliches) therapieverfahren, das im einheitlichen bewertungsmaßstab für ärztliche bzw. zahnärztliche leistungen nicht behandelt ist, wäre sie ggf. als neue untersuchungs- und behandlungsmethode - dr. s beantragt ausweislich des im berufungsverfahrens vorgelegten schreibens an die zahnärztekammer westfalen-lippe vom 31.07.2003 hinsichtlich der hier streitgegenständlichen behandlung die anerkennung einer neuen fachdisziplin - qualifizieren, für die der g-ba jedoch noch keine empfehlung abgegeben hat. ein sachleistungsanspruch scheiterte damit an § 135 abs. 1 satz 1 sgb v (so auch lsg nrw, urteil vom 10.10.2013, a.a.o.). 36scheidet der geltend gemachte anspruch nach alledem aus rechtlichen gründen aus, bedarf es - anders als die klägerin meint - keiner weiteren medizinischen abklärung des sachverhalts. ebenso bedarf es keiner weiteren überlegungen dazu, inwieweit dr. s, der ohnehin kein zur vertragsärztlichen versorgung in der gkv zugelassener leistungserbringer ist (vgl. zu diesem aspekt auch sg aachen, urteil vom 08.10.2013 - s 13 kr 32/13), als zahnmediziner berechtigt und befähigt ist, etwa orthopädische und neurologische befunde zu erheben und ggf. behandeln. gemäß § 1 abs. 3 des gesetzes über die ausübung der zahnheilkunde (zhg) ist ausübung der zahnheilkunde die berufsmäßige auf zahnärztlich wissenschaftliche erkenntnisse gegründete feststellung und behandlung allein von zahn-, mund- und kieferkrankheiten. als krankheit ist dabei jede von der norm abweichende erscheinung im bereich der zähne, des mundes und der kiefer anzusehen, einschließlich der anomalien der zahnstellung und des fehlens von zähnen. 37die kostenentscheidung beruht auf § 193 abs. 1 satz 1 sgg. 38gründe, die revision zuzulassen (§ 160 abs. 2 sgg), liegen nicht vor.
Verklagte*r
0
323,001
3 O 331/18
2019-09-11T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin macht mit ihrer Klage Schadensersatzansprüche wegen eines behaupteten Flohbefalls nach Betreuung einer Katze des Beklagten geltend. 3Die Klägerin und der Beklagte waren seit vielen Jahren miteinander befreundet. Sie verabredeten, dass die Klägerin – wie bereits in der Vergangenheit geschehen – während einer Ortsabwesenheit des Beklagten dessen Wohnung nutzen kann, womit zugleich eine Betreuung der Katze des Beklagten einhergehen sollte. Die Klägerin wollte damit auch ihren vorangegangen Urlaub in der Eifel „verlängern“. Die Klägerin erschien vereinbarungsgemäß am 10.08.2017 nach dem vorausgegangenen Urlaub in der Eifel gegen 15 Uhr im Haus des Beklagten, packte ihre Koffer aus und richtete sich ein. Unter anderem ging sie duschen und bezog das Bett des Beklagten mit einer von ihr mitgebrachten Matratzenauflage. Gegen 21.30 Uhr erreichte die Klägerin ein Anruf des Beklagten auf dem Handy, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Am Vormittag des 11.08.2017 verließ die Klägerin die Wohnung des Beklagten ohne die Katze, nachdem sie den Beklagten zuvor über einen Flohbefall telefonisch in Kenntnis setzte. Im weiteren Verlauf folgten mehrere Schriftwechsel und SMS zwischen den Parteien, in denen die Klägerin dem Beklagten vorwarf, einen Flohbefall ihrer Wohnung verschuldet zu haben. Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.03.2018 forderte die Klägerin den Beklagten auf, ihr durch den Flohbefall entstandene Schäden in Höhe von 5.342,07 € bis zum 26.03.2018 auszugleichen, was der Beklagte ablehnte. 4Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe ihr im Telefongespräch am Abend des 10.08.2017 mitgeteilt, dass er vergessen habe, sie darüber zu informieren, dass er in den Nächten zuvor heftig von Flöhen gestochen worden sei, die seine Katze eingeschleppt habe. Der Beklagte habe ihr empfohlen, das Hochbett abzusaugen und die Wohnung mit Flohmittel zu behandeln. Die Klägerin behauptet ferner, dass sie durch die anschließende Rückkehr in ihre Wohnung Flöhe in diese eingeschleppt habe. Die Flöhe hätten sich sodann rasch vermehrt. Auch Kammerjäger seien nicht in der Lage gewesen, das Problem zu beseitigen. Im Ergebnis habe sie praktisch nahezu ihre gesamte Kleidung, den Kühlschrank und ihr Kfz entsorgen müssen. Daneben habe sie Aufwendungen für Flohbeseitigungsmittel, Dampfreiniger und ähnliches gehabt. Letztlich sei sie aus ihrer Wohnung ausgezogen, weil der Flohbefall nicht zu beseitigen gewesen sei. Ihr sei ein materieller Schaden von mindestens 5.342,07 € entstanden. 5Die Klägerin beantragt, 6den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.342,07 € nebst 5%-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 27.03.2018 zu zahlen nebst 571,44 € an vorgerichtlichen Anwaltskosten ebenfalls nebst 5%-Punkten Zinsen seit dem 27.03.2018 zu zahlen. 7Der Beklagte beantragt, 8 die Klage abzuweisen. 9Der Beklagte bestreitet einen Flohbefall der Klägerin und behauptet, weder vor noch nach dem Vorfall mit der Klägerin habe es in seiner Wohnung ein Problem mit Flöhen gegeben. Seine Wohnung sei im damaligen Zeitraum von ihm, seiner damaligen Lebensgefährtin, anderen Musikern, Nachbarn und sonstigen Besuchern aufgesucht worden, dabei habe niemand über Flohbefall geklagt. Er behauptet, dass er in dem Telefongespräch vom Abend des 10.08.2017 mit der Klägerin allgemein gefragt habe, ob alles in Ordnung sei und nur abstrakt – ohne konkreten Anhaltspunkt seinerseits – über die Möglichkeit gesprochen worden sei, dass Katzen Flöhe haben können. Weder vor noch nach dem 10.08.2017 sei seine Katze von Flöhen befallen gewesen. Nur vorsorglich habe er nach den Schilderungen der Klägerin seine damalige Freundin gebeten, ein Flohspray zu benutzen. Die weitere Betreuung der Katze sei von den Nachbarn übernommen worden. Auch diesen sei kein Flohbefall aufgefallen. 10Zum Sach- und Streitstand im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 11Entscheidungsgründe: 12Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu. Er folgt weder aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 i.V.m. 694 BGB oder einer sonstigen vertraglichen Grundlage noch aus § 833 S. 1 BGB oder § 823 Abs. 1 BGB. 13Vertragliche Anspruchsgrundlagen kommen schon nicht in Betracht, weil die vereinbarte Betreuung der Katze nach dem Willen der Parteien und den gesamten Umständen keine vertraglichen Primär- oder Sekundäransprüche auslösen sollte. Es handelte sich vielmehr um einen unverbindlichen reinen Freundschaftsdienst. Aus der langjährigen Freundschaft der Parteien verstand es sich nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung von selbst, dass keine Vergütung – etwa für die Nutzung der Wohnung oder die Betreuung der Katze –geschuldet war. Beide empfanden es vielmehr als win-win-Situation, weil die Klägerin sich gerne in der Wohnung des Beklagten aufhielt und die Katze des Beklagten dadurch nicht allein war. Keine der Parteien war letztlich auf den Dienst des jeweils anderen angewiesen, so dass sich aus der Würdigung der Gesamtumstände ergibt, dass eine reine Gefälligkeit vorlag. 14Ein Anspruch der Klägerin scheitert unabhängig davon aber auch schon deshalb, weil die beweisbelastete Klägerin es nicht zu beweisen vermocht hat, dass sie von einem Floh der Katze des Beklagten befallen wurde. Dies ist zwar möglich und erscheint auch nicht fernliegend, kann von der Klägerin aber nicht bewiesen werden, weil ihr geeignete Beweismittel nicht zur Verfügung stehen und ein Flohbefall daneben multiple Ursachen haben kann. Denn es ist ebenso möglich, dass ein etwaiger Flohbefall durch anderweitigen Tier- oder Menschenkontakt entstanden ist. Schon nach dem Vorbringen der Klägerin, wonach der Flohbefall in ihrer Wohnung daher rühren soll, dass sie eine Nacht in der Wohnung des Beklagten verbracht hat – das Tier des Beklagten war auch nach ihrem Vortrag nie in ihrer Wohnung – ist ein Einschleppen von Flöhen durch Tierkontakt von Menschen an einem anderen Ort möglich. Denkbar ist daher, dass sie selbst oder Besucher ihrer Wohnung Flöhe eingeschleppt haben, etwa nach einem vorangegangenem Kontakt mit einer Katze oder einem Hund. Ein alleinursächlicher Zusammenhang eines etwaigen Flohbefalls ihrer Wohnung zu der Katze des Beklagten lässt sich nicht beweisen. 15Im Übrigen würde sich ein – unterstellt bewiesener – Flohbefall als Ergebnis des allgemeinen Risikos bei der Betreuung einer Katze darstellen, selbst wenn – was von dem Beklagten bestritten wird – die Katze des Beklagten in dem fraglichen Zeitraum tatsächlich von Flöhen befallen gewesen wäre. Denn ein Flohbefall ist bei einem Haustier, das die Wohnung verlassen darf, nicht ungewöhnlich und ist auch bei einwandfreien hygienischen Verhältnissen möglich. Das Risiko eines Befalls geht eine Person, die ein solches Haustier betreut, bewusst ein. 16Darüber hinaus ist aber auch eine fahrlässige Schadensverursachung durch den Beklagten nicht zu erkennen. Verschulden setzt Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des Erfolgs voraus. Insoweit ist aber allenfalls ein Flohbiss vorhersehbar. Ein Flohbefall der letztlich zur Entsorgung eines Autos und zum Auszug aus einer Wohnung zwingt ist hingegen nicht vorhersehbar, weil er außerhalb jeder Lebenserfahrung liegt. 17Nach alledem kommen weder vertragliche noch deliktische Ansprüche in Betracht. 18Die Nebenentscheidungen folgen aus § 91 Abs. 1 sowie §§ 708 Nr. 11, Alt. 1, 711 S. 1 und S. 2, 709 S. 2 ZPO. 19Der Streitwert wird auf 5.342,07 EUR festgesetzt.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung des beklagten durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die klägerin macht mit ihrer klage schadensersatzansprüche wegen eines behaupteten flohbefalls nach betreuung einer katze des beklagten geltend. 3die klägerin und der beklagte waren seit vielen jahren miteinander befreundet. sie verabredeten, dass die klägerin – wie bereits in der vergangenheit geschehen – während einer ortsabwesenheit des beklagten dessen wohnung nutzen kann, womit zugleich eine betreuung der katze des beklagten einhergehen sollte. die klägerin wollte damit auch ihren vorangegangen urlaub in der eifel „verlängern“. die klägerin erschien vereinbarungsgemäß am 10.08.2017 nach dem vorausgegangenen urlaub in der eifel gegen 15 uhr im haus des beklagten, packte ihre koffer aus und richtete sich ein. unter anderem ging sie duschen und bezog das bett des beklagten mit einer von ihr mitgebrachten matratzenauflage. gegen 21.30 uhr erreichte die klägerin ein anruf des beklagten auf dem handy, dessen inhalt zwischen den parteien streitig ist. am vormittag des 11.08.2017 verließ die klägerin die wohnung des beklagten ohne die katze, nachdem sie den beklagten zuvor über einen flohbefall telefonisch in kenntnis setzte. im weiteren verlauf folgten mehrere schriftwechsel und sms zwischen den parteien, in denen die klägerin dem beklagten vorwarf, einen flohbefall ihrer wohnung verschuldet zu haben. mit anwaltlichem schreiben vom 12.03.2018 forderte die klägerin den beklagten auf, ihr durch den flohbefall entstandene schäden in höhe von 5.342,07 € bis zum 26.03.2018 auszugleichen, was der beklagte ablehnte. 4die klägerin behauptet, der beklagte habe ihr im telefongespräch am abend des 10.08.2017 mitgeteilt, dass er vergessen habe, sie darüber zu informieren, dass er in den nächten zuvor heftig von flöhen gestochen worden sei, die seine katze eingeschleppt habe. der beklagte habe ihr empfohlen, das hochbett abzusaugen und die wohnung mit flohmittel zu behandeln. die klägerin behauptet ferner, dass sie durch die anschließende rückkehr in ihre wohnung flöhe in diese eingeschleppt habe. die flöhe hätten sich sodann rasch vermehrt. auch kammerjäger seien nicht in der lage gewesen, das problem zu beseitigen. im ergebnis habe sie praktisch nahezu ihre gesamte kleidung, den kühlschrank und ihr kfz entsorgen müssen. daneben habe sie aufwendungen für flohbeseitigungsmittel, dampfreiniger und ähnliches gehabt. letztlich sei sie aus ihrer wohnung ausgezogen, weil der flohbefall nicht zu beseitigen gewesen sei. ihr sei ein materieller schaden von mindestens 5.342,07 € entstanden. 5die klägerin beantragt, 6den beklagten zu verurteilen, an sie 5.342,07 € nebst 5%-punkten zinsen über dem basiszinssatz seit dem 27.03.2018 zu zahlen nebst 571,44 € an vorgerichtlichen anwaltskosten ebenfalls nebst 5%-punkten zinsen seit dem 27.03.2018 zu zahlen. 7der beklagte beantragt, 8 die klage abzuweisen. 9der beklagte bestreitet einen flohbefall der klägerin und behauptet, weder vor noch nach dem vorfall mit der klägerin habe es in seiner wohnung ein problem mit flöhen gegeben. seine wohnung sei im damaligen zeitraum von ihm, seiner damaligen lebensgefährtin, anderen musikern, nachbarn und sonstigen besuchern aufgesucht worden, dabei habe niemand über flohbefall geklagt. er behauptet, dass er in dem telefongespräch vom abend des 10.08.2017 mit der klägerin allgemein gefragt habe, ob alles in ordnung sei und nur abstrakt – ohne konkreten anhaltspunkt seinerseits – über die möglichkeit gesprochen worden sei, dass katzen flöhe haben können. weder vor noch nach dem 10.08.2017 sei seine katze von flöhen befallen gewesen. nur vorsorglich habe er nach den schilderungen der klägerin seine damalige freundin gebeten, ein flohspray zu benutzen. die weitere betreuung der katze sei von den nachbarn übernommen worden. auch diesen sei kein flohbefall aufgefallen. 10zum sach- und streitstand im übrigen wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 11
12die klage ist unbegründet. der klägerin steht der geltend gemachte schadensersatzanspruch nicht zu. er folgt weder aus §§ 280 abs. 1, 241 abs. 2 i.v.m. 694 bgb oder einer sonstigen vertraglichen grundlage noch aus § 833 s. 1 bgb oder § 823 abs. 1 bgb. 13vertragliche anspruchsgrundlagen kommen schon nicht in betracht, weil die vereinbarte betreuung der katze nach dem willen der parteien und den gesamten umständen keine vertraglichen primär- oder sekundäransprüche auslösen sollte. es handelte sich vielmehr um einen unverbindlichen reinen freundschaftsdienst. aus der langjährigen freundschaft der parteien verstand es sich nach dem übereinstimmenden vorbringen der parteien in der mündlichen verhandlung von selbst, dass keine vergütung – etwa für die nutzung der wohnung oder die betreuung der katze –geschuldet war. beide empfanden es vielmehr als win-win-situation, weil die klägerin sich gerne in der wohnung des beklagten aufhielt und die katze des beklagten dadurch nicht allein war. keine der parteien war letztlich auf den dienst des jeweils anderen angewiesen, so dass sich aus der würdigung der gesamtumstände ergibt, dass eine reine gefälligkeit vorlag. 14ein anspruch der klägerin scheitert unabhängig davon aber auch schon deshalb, weil die beweisbelastete klägerin es nicht zu beweisen vermocht hat, dass sie von einem floh der katze des beklagten befallen wurde. dies ist zwar möglich und erscheint auch nicht fernliegend, kann von der klägerin aber nicht bewiesen werden, weil ihr geeignete beweismittel nicht zur verfügung stehen und ein flohbefall daneben multiple ursachen haben kann. denn es ist ebenso möglich, dass ein etwaiger flohbefall durch anderweitigen tier- oder menschenkontakt entstanden ist. schon nach dem vorbringen der klägerin, wonach der flohbefall in ihrer wohnung daher rühren soll, dass sie eine nacht in der wohnung des beklagten verbracht hat – das tier des beklagten war auch nach ihrem vortrag nie in ihrer wohnung – ist ein einschleppen von flöhen durch tierkontakt von menschen an einem anderen ort möglich. denkbar ist daher, dass sie selbst oder besucher ihrer wohnung flöhe eingeschleppt haben, etwa nach einem vorangegangenem kontakt mit einer katze oder einem hund. ein alleinursächlicher zusammenhang eines etwaigen flohbefalls ihrer wohnung zu der katze des beklagten lässt sich nicht beweisen. 15im übrigen würde sich ein – unterstellt bewiesener – flohbefall als ergebnis des allgemeinen risikos bei der betreuung einer katze darstellen, selbst wenn – was von dem beklagten bestritten wird – die katze des beklagten in dem fraglichen zeitraum tatsächlich von flöhen befallen gewesen wäre. denn ein flohbefall ist bei einem haustier, das die wohnung verlassen darf, nicht ungewöhnlich und ist auch bei einwandfreien hygienischen verhältnissen möglich. das risiko eines befalls geht eine person, die ein solches haustier betreut, bewusst ein. 16darüber hinaus ist aber auch eine fahrlässige schadensverursachung durch den beklagten nicht zu erkennen. verschulden setzt vorhersehbarkeit und vermeidbarkeit des erfolgs voraus. insoweit ist aber allenfalls ein flohbiss vorhersehbar. ein flohbefall der letztlich zur entsorgung eines autos und zum auszug aus einer wohnung zwingt ist hingegen nicht vorhersehbar, weil er außerhalb jeder lebenserfahrung liegt. 17nach alledem kommen weder vertragliche noch deliktische ansprüche in betracht. 18die nebenentscheidungen folgen aus § 91 abs. 1 sowie §§ 708 nr. 11, alt. 1, 711 s. 1 und s. 2, 709 s. 2 zpo. 19der streitwert wird auf 5.342,07 eur festgesetzt.
Verklagte*r
0
126,942
S 17 KR 206/15
2016-01-20T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 29.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 verurteilt, der Klägerin eine bar-iatrische Operation (Schlauchmagen) zu gewähren. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Schlauchmagen-Operation. 3Die 1981 geborene Klägerin stellte am 14.11.2014 bei der Beklagten einen Antrag auf Übernahme einer Adipositas-Operation in Form eines Schlauchmagens. Die Operation solle im B.-Krankenhaus in F. stattfinden. Die Klägerin begründete ihren Antrag damit, dass sie an Adipositas Grad IV mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 60,8 kg/m², Asthma Bronchial, Schlafapnoe und Bluthochdruck leide und herzinfarktgefährdet sei. Sie habe alle konservativen Behandlungsversuche zur Gewichtsabnahme ausgeschöpft. Zudem liege bei ihr keine Suchterkrankung oder Essstörung vor. Dem Antrag beigefügt waren Gutachten der behandelnden Ärzte sowie ein Sport- und ein Ernährungstagebuch. 4Am 21.11.2014 übersandte die Beklagte der Klägerin ein Schreiben mit folgendem Inhalt: "Sehr geehrte Frau L., Ihren Antrag auf Kostenübernahme haben wir am 14.11.2014 erhalten und er wird bereits bearbeitet. Uns ist es wichtig, Sie über den aktuellen Verlauf zu informieren. Leider konnten wir Ihren Antrag noch nicht ganz abschließen. Der Grund dafür: Damit wir über eine Kostenübernahme abschließend entscheiden können, haben wir Ihren Antrag dem medizinischen Dienst zur Beratung vorgelegt. Sobald uns das Beratungsergebnis vorliegt, senden wir Ihnen einen schriftlichen Bescheid zur möglichen Kostenübernahme. Vielen Dank für Ihr Verständnis." 5Der von der Beklagten beauftragte Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) kam in seinem Gutachten vom 16.12.2014 nach einer ambulanten Untersuchung der Klägerin zu dem Ergebnis, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nicht erfüllt seien. Das Gewicht der Klägerin liege aktuell bei 162 Kilogramm (kg). Im Jahr 2014 seien bei Durchsicht des Diätlebenslaufes Gewichtsangaben von 160, 162 und 166 kg gemacht worden. Eine maßgebliche Gewichtsreduktion durch ein multimodales Behandlungskonzept sei im letzten Jahr nicht erreicht worden. Deshalb sei keine präoperative Änderung des Lebensstils zu erkennen. Bei Erreichen eines Gewichts von 156 kg liege eine präoperative Lebensstiländerung vor. Die Klägerin solle sich dann mit einem kurzen Brief an die Beklagte wenden. 6Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 29.12.2014 unter Bezugnahme auf das MDK-Gutachten vom 16.12.2014 ab. 7Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 23.01.2015 Widerspruch ein. Zur Begründung wies sie auf den Begutachtungsleitfaden des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes (MDS), Bund der Krankenkassen e. V. "bariatrische Chirurgie (Adipositas-Chirurgie) bei Erwachsenen" vom 21.12.2009 hin. Danach sei bei Vorliegen eines BMI von über 60 kg/m² nach der aktuell verfügbaren Literatur eine relative Gewichtsbeeinflussung auch unter multimodaler Therapie nicht zu erwarten. Es sei in dieser Konstellation nur sicherzustellen, dass keine Kontraindikation oder keine vorrangig zu behandelnde Grunderkrankung vorliegen würden und dass ernährungsmedizinische Betreuung als Vorbereitung auf eine postoperative Phase stattgefunden habe. Diese Voraussetzungen seien bei ihr erfüllt. Außerdem befinde sie sich auch weiterhin in einer Bewegungstherapie und in einer Ernährungsberatung. Eine weitere Abnahme von 6 kg sei für die Klägerin reine Willkür. Zudem habe sie ihren Lebensstil geändert. Sie treibe regelmäßig Sport und besuche eine Selbsthilfegruppe. Außerdem habe der Gutachter des MDK ihr während der Begutachtung am 16.12.2014 zu verstehen gegeben, dass er allen Ärzten und Gutachtern unterstelle, sie würden Gefälligkeitsatteste und - gutachten ausstellen. Sie habe erhebliche Zweifel an seiner Objektivität, weil er gegenüber der Adipositas-Chirurgie voreingenommen sei. 8Die Beklagte beauftrage den MDK erneut mit der Erstellung eines Gutachtens. Das MDK-Gutachten vom 09.02.2015 kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die medizinischen Vo-raussetzungen für eine Leistungsgewährung nicht erfüllt seien. Der Gutachter des MDK vertrat die Auffassung, dass die Klägerin zunächst an einem professionellen und struktu-rierten Ernährungsprogramm teilnehmen solle. Damit könne eine Compliancefähigkeit der Klägerin gegenüber der in ihrer Vorgeschichte wiederholt genannten Inkonsequenz, Resignation, Ärger und stressbedingtem Frustgefühl etc. realistisch erkennbar werden. Eine noch intensivere Schulung sei im Rahmen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in einer auf Adipositas spezialisierten Reha-Klinik möglich. Hier sei eine engmaschige Kontrolle und Korrektur des Ernährungsmodus der Klägerin mit gleichzeitiger Schulung eines adäquaten Bewegungstherapieprogramms durchführbar. 9Am 31.03.2015 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie habe einen Anspruch aus § 13 Abs. 3 a S. 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V). Der am 14.11.2014 bei der Beklagten eingegangene Antrag sei erst am 29.12.2014 beschieden worden. Es sei keine schriftliche Mitteilung der Beklagten an die Klägerin erfolgt, dass die Beklagte die 3 bzw. 5-Wochen-Frist nicht einhalten könne. Als Folge trete die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3 a Satz 6 SGB V ein. Die Genehmigung ersetze den Bewilligungsbescheid. Eine Prüfung der medizinischen Notwendigkeit finde nicht mehr statt. 10Die Beklagte hat am 12.05.2015 den Widerspruch der Klägerin unter Verweis auf ihre medizinischen Ermittlungen zurückgewiesen. 11Die Klägerin beantragt zuletzt, 12die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 zu verurteilen, ihr eine bariatrische Ope-ration (Schlauchmagen) zu gewähren. 13Die Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Zur Begründung führt die Beklagte aus, dass die 5-wöchige Fiktionsfrist im vorliegenden Fall nicht greife. Die Klägerin sei mit Schreiben vom 21.11.2014 darüber informiert wor-den, dass erst nach dem Beratungsergebnis des MDK über ihren Antrag entschieden werden könne. Der Klägerin sei somit bekannt gewesen, dass die Entscheidung über ihren Antrag erst nach Befunderhebung am 16.12.2014 habe erfolgen können. Außerdem fehle es an der Erforderlichkeit der Leistungen. Nach den Feststellungen des MDK vom 16.12.2014 sei zum Zeitpunkt der Befunderhebung eine präoperative Lebensstiländerung der Klägerin nicht bzw. noch nicht erkennbar gewesen. Eine Kostenerstattungspflicht sei bisher ebenfalls nicht eingetreten. Bisher habe sich die Klägerin die begehrte Leistung noch nicht selbst beschafft. Da der Anspruch nach § 13 Abs. 3 a S. 6 SGB V jedoch nicht weiter gefasst werden könne als S. 7, komme ein Anspruch nur unter diesen Voraussetzungen in Betracht. Wie generell in der Systematik des § 13 SGB V vorgesehen, trage der Versicherte zunächst die Kostenlast selbst. Die Selbstbeschaffung der Leistungen sei auch hier, wie in den Absätzen 2, 3 und 4 durchaus mit der Gefahr verbunden, die Kosten letztlich nicht oder nicht in voller Höhe erstattet zu bekommen. Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3 a SGB V ende spätestens mit der Bekanntgabe der Entscheidung der Beklagten und der deshalb bestehenden Kenntnis der Klägerin über die fehlende Erforderlichkeit und den fehlenden Leistungsanspruch, weil Genehmigungsfiktionen immer durch Tatsachen widerlegbar seien. Dies zeige sich beispielsweise bei Regelungen zur häuslichen Krankenpflege, Richtlinie und bei der Bekanntgabefiktion von Verwaltungsakten. Es widerspräche der bisherigen Anwendung von Fiktionen im Sozialrecht, ließe man die Genehmigungsfiktion fortwirken, obwohl mittlerweile Kenntnis darüber herrsche, dass ein Anspruch nicht bestehe. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte und den der Gerichtsakte verwiesen. 17Entscheidungsgründe: 18Die Klage ist zulässig und begründet. 19Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Mit der Leistungsklage kann gemäß § 54 Abs. 5 SGG eine Leistung begehrt werden, auf die ein Rechtsanspruch besteht, soweit ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da die Klägerin ihren Rechtsanspruch auf § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V stützt. Nach dieser Norm gilt die Leistung, soweit keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes erfolgt, nach Ablauf der Frist als genehmigt. Mit Eintritt der Fiktion besteht der Rechtsanspruch auf die beantragte Leistung, ohne dass hierüber noch ein Bescheid der Beklagten zu erteilen wäre. Die Fiktion der Genehmigung ersetzt den Genehmigungsbescheid. 20Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Gewährung der beantragten bariatrischen Operation nach § 13 Abs. 3a S. 6 in Verbindung mit S. 1 und S. 5 SGB V. Nach § 13 Abs. 3a S. 1 hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von 3 Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK eingeholt wird, innerhalb von 5 Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Nach S. 5 teilt die Krankenkasse, soweit sie Fristen nach S. 1 nicht einhalten kann, dies dem Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Nach S. 6 gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt, wenn keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes erfolgt. 21Die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V liegen bei der Klägerin zur Überzeugung der Kammer vor. Die Beklagte hat den Antrag der Klägerin nicht innerhalb der vorgegebenen Frist entschieden. Fristbeginn war nach § 187 Abs. 1, Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) am 15.11.2014. Das Fristende fiel auf Freitag, den 19.12.2014 (§ 188 Abs. 2 BGB), weil die Beklagte eine gutachtliche Stellungnahem des MDK eingeholt hat und die 5-Wochenfrist Anwendung findet. Da die Beklagte den Antrag erst am 29.12.2014 beschieden hat, ist die Frist verstrichen gewesen. 22Das Ergebnis des MDK lag der Beklagten am 16.12.2014 vor. Es wäre ihr möglich gewe-sen, bis zum 19.12.2014 über den Antrag der Klägerin zu entscheiden. Selbst wenn der MDK nicht in der für ihn maßgeblichen 3-Wochen-Frist Stellung zum Antrag der Klägerin genommen hätte, hätte die Beklagte die 5-Wochen-Frist auch einhalten müssen (vgl. Wagner in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 13 Rn. 41, BeckOnline). 23Die Beklagte hat der Klägerin nicht rechtzeitig unter Darlegung der Gründe mitgeteilt, dass sie die 5-wöchige Frist nicht einhalten könne. Das Schreiben der Beklagten vom 21.11.2014 enthält zur Überzeugung der Kammer keinen hinreichenden Grund. Ein hinreichender Grund liegt vor, wenn er außerhalb des Verantwortungsbereichs der Beklagten liegt (vgl. Helbig in: Juris-PK, SGB V, § 13, Rn. 66, zit. n. Juris). Weiterhin kann ein hinreichender Grund auch bei einem Verhalten des Antragstellers vorliegen, soweit dieser bewusst die Möglichkeit der Beklagten zur Entscheidung über den Antrag hinauszögert. Die Beklagte hat weder vorgetragen noch ist es ersichtlich, dass ein Grund für die Verzögerung vorliegt, der außerhalb ihres Verantwortungsbereichs liegt oder die Verzögerung auf ein Verhalten der Klägerin zurückzuführen ist. 24Rechtsfolge des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V ist, dass die beantragte Leistung als genehmigt gilt. 25Die Beklagte kann nicht mit ihrer Auffassung durchdringen, dass sich die Klägerin die begehrte Leistung bereits beschafft haben müsse, um einen Anspruch nach § 13 Abs. 3a S. 6 beiziehungsweise S. 7 SGB V zu haben. 26§ 13 Abs. 3a SGB V ist nicht lediglich auf einen Kostenerstattungsanspruch beschränkt. Nach dem klaren Wortlaut der Norm gewähren S. 6 und S. 7 mittels einer Genehmigungsfiktion einen Sachleistungsanspruch oder einen Kostenerstattungsanspruch für die erforderliche Leistung. Beide Sätze stehen ihrem Wortlaut nach gleichberechtigt nebeneinander. Bei einer anderen Betrachtungsweise käme Satz 6 kein eigener Regelungsgehalt zu. Zudem schlösse eine solche Auslegung mittellose Versicherte, die nach Ablauf der Frist nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, entgegen des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) praktisch aus dem Schutzbereich des § 13 Abs. 3 a SGB V aus (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen – LSG NRW -, Beschluss vom 23.05.2014 – L 5 KR 222/14 B ER –, Rn. 7, zit. n. Juris m.w.N.). 27Die Beklagte kann der Klägerin ferner nicht entgegenhalten, dass die begehrte Operation nicht erforderlich sei. Mit dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift und im Sinn und Zweck des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V ist eine solche Auslegung nicht vereinbar. Die Norm enthält keine Einschränkung der Leistung auf eine erforderliche. Soweit bei der Kostenerstattungsregel des § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V von einer erforderlichen Leistung die Rede ist, führt dies zu keiner abweichenden Beurteilung. S. 6 normiert einen uneingeschränkten Sachleistungsanspruch, der schon eintritt, wenn die Krankenkasse die Fristvorschriften nicht beachtet. Auf materielle Inhalte wird gerade nicht abgestellt (vgl. LSG Saarland, Urteil vom 17.06.2015 – L 2 KR 180/14 -, Rn. 24, zit. n. Juris). Die Erforderlichkeit der Leistung folgt schon aus der Rechtswirkung der Genehmigungsfiktion. Sinn und Zweck der Vorschrift stützen diese Auslegung. § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V wurde durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.02.2013 eingefügt. Sinn und Zweck der Gesetzesänderung war, dass der Versicherte zügig Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hat. Mit diesem Ziel ist es nicht vereinbar, dass die Beklagte gleichwohl eine nachträgliche Prüfung der beantragten Leistung verbleibt. Durch die Fiktion der Ge-nehmigung ist vielmehr die Leistungsberechtigung der Klägerin wirksam verfügt und die Beklagte mit allen Einwendungen – auch dem Einwand der Erforderlichkeit - ausgeschlossen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 23.05.2014 – L 5 KR 222/14 B ER -, Rn. 9, zit. n. Juris). 28Lediglich ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass der von der Beklagten vertretene Standpunkt, die Fiktion des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V ende mit dem Erlass des ablehnen-den Bescheids, nicht zutreffend ist. Fingierte Verwaltungsakte haben die gleichen Rechtswirkungen wie tatsächlich erlassene Verwaltungsakte (LSG NRW, Beschluss vom 23.05.2014 – L 5 KR 222/14 B ER-, Rn. 9, zit. n. Juris). Daraus folgt, dass eine Beendi-gung der Fiktion nur nach §§ 44 ff. Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren- und Sozialdatenschutz – (SGB X) erfolgen kann. Die Beklagte hat kein Ende der Fiktion herbeigeführt. Insbesondere kann in dem Bescheid vom 29.12.2014 keine rechtmäßige Rücknahmeentscheidung nach § 45 SGB X gesehen werden. Dies scheitert bereits daran, dass die Beklagte kein Ermessen bezüglich der Rücknahmeentscheidung ausgeübt hat. 29Das Klagebegehren bezüglich der Aufhebung des Bescheides vom 29.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 ist ebenfalls nach § 54 Abs. 1 SGG zulässig und begründet. Es liegt eine nach § 56 SGG zulässige objektive Klagehäufung vor. Nach § 54 Abs. 1 SGG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt werden. Da der Bescheid vom 29.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 jedenfalls einen formellen Verwaltungsakt darstellt und dem seitens der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Gewährung der Schlauchmagen-Operation entgegensteht, kann sie die Aufhebung des Bescheides geltend machen. 30Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.
die beklagte wird unter aufhebung des bescheides vom 29.12.2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 verurteilt, der klägerin eine bar-iatrische operation (schlauchmagen) zu gewähren. die beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen kosten der klägerin. 1
2die beteiligten streiten um die gewährung einer schlauchmagen-operation. 3die 1981 geborene klägerin stellte am 14.11.2014 bei der beklagten einen antrag auf übernahme einer adipositas-operation in form eines schlauchmagens. die operation solle im b.-krankenhaus in f. stattfinden. die klägerin begründete ihren antrag damit, dass sie an adipositas grad iv mit einem body-mass-index (bmi) von 60,8 kg/m², asthma bronchial, schlafapnoe und bluthochdruck leide und herzinfarktgefährdet sei. sie habe alle konservativen behandlungsversuche zur gewichtsabnahme ausgeschöpft. zudem liege bei ihr keine suchterkrankung oder essstörung vor. dem antrag beigefügt waren gutachten der behandelnden ärzte sowie ein sport- und ein ernährungstagebuch. 4am 21.11.2014 übersandte die beklagte der klägerin ein schreiben mit folgendem inhalt: "sehr geehrte frau l., ihren antrag auf kostenübernahme haben wir am 14.11.2014 erhalten und er wird bereits bearbeitet. uns ist es wichtig, sie über den aktuellen verlauf zu informieren. leider konnten wir ihren antrag noch nicht ganz abschließen. der grund dafür: damit wir über eine kostenübernahme abschließend entscheiden können, haben wir ihren antrag dem medizinischen dienst zur beratung vorgelegt. sobald uns das beratungsergebnis vorliegt, senden wir ihnen einen schriftlichen bescheid zur möglichen kostenübernahme. vielen dank für ihr verständnis." 5der von der beklagten beauftragte medizinische dienst der krankenversicherung (mdk) kam in seinem gutachten vom 16.12.2014 nach einer ambulanten untersuchung der klägerin zu dem ergebnis, dass die medizinischen voraussetzungen für die leistungsgewährung nicht erfüllt seien. das gewicht der klägerin liege aktuell bei 162 kilogramm (kg). im jahr 2014 seien bei durchsicht des diätlebenslaufes gewichtsangaben von 160, 162 und 166 kg gemacht worden. eine maßgebliche gewichtsreduktion durch ein multimodales behandlungskonzept sei im letzten jahr nicht erreicht worden. deshalb sei keine präoperative änderung des lebensstils zu erkennen. bei erreichen eines gewichts von 156 kg liege eine präoperative lebensstiländerung vor. die klägerin solle sich dann mit einem kurzen brief an die beklagte wenden. 6die beklagte lehnte den antrag durch bescheid vom 29.12.2014 unter bezugnahme auf das mdk-gutachten vom 16.12.2014 ab. 7gegen diesen bescheid legte die klägerin mit schreiben vom 23.01.2015 widerspruch ein. zur begründung wies sie auf den begutachtungsleitfaden des medizinischen dienstes des spitzenverbandes (mds), bund der krankenkassen e. v. "bariatrische chirurgie (adipositas-chirurgie) bei erwachsenen" vom 21.12.2009 hin. danach sei bei vorliegen eines bmi von über 60 kg/m² nach der aktuell verfügbaren literatur eine relative gewichtsbeeinflussung auch unter multimodaler therapie nicht zu erwarten. es sei in dieser konstellation nur sicherzustellen, dass keine kontraindikation oder keine vorrangig zu behandelnde grunderkrankung vorliegen würden und dass ernährungsmedizinische betreuung als vorbereitung auf eine postoperative phase stattgefunden habe. diese voraussetzungen seien bei ihr erfüllt. außerdem befinde sie sich auch weiterhin in einer bewegungstherapie und in einer ernährungsberatung. eine weitere abnahme von 6 kg sei für die klägerin reine willkür. zudem habe sie ihren lebensstil geändert. sie treibe regelmäßig sport und besuche eine selbsthilfegruppe. außerdem habe der gutachter des mdk ihr während der begutachtung am 16.12.2014 zu verstehen gegeben, dass er allen ärzten und gutachtern unterstelle, sie würden gefälligkeitsatteste und - gutachten ausstellen. sie habe erhebliche zweifel an seiner objektivität, weil er gegenüber der adipositas-chirurgie voreingenommen sei. 8die beklagte beauftrage den mdk erneut mit der erstellung eines gutachtens. das mdk-gutachten vom 09.02.2015 kam ebenfalls zu dem ergebnis, dass die medizinischen vo-raussetzungen für eine leistungsgewährung nicht erfüllt seien. der gutachter des mdk vertrat die auffassung, dass die klägerin zunächst an einem professionellen und struktu-rierten ernährungsprogramm teilnehmen solle. damit könne eine compliancefähigkeit der klägerin gegenüber der in ihrer vorgeschichte wiederholt genannten inkonsequenz, resignation, ärger und stressbedingtem frustgefühl etc. realistisch erkennbar werden. eine noch intensivere schulung sei im rahmen einer stationären rehabilitationsmaßnahme in einer auf adipositas spezialisierten reha-klinik möglich. hier sei eine engmaschige kontrolle und korrektur des ernährungsmodus der klägerin mit gleichzeitiger schulung eines adäquaten bewegungstherapieprogramms durchführbar. 9am 31.03.2015 hat die klägerin klage erhoben. sie habe einen anspruch aus § 13 abs. 3 a s. 6 sozialgesetzbuch fünftes buch – gesetzliche krankenversicherung - (sgb v). der am 14.11.2014 bei der beklagten eingegangene antrag sei erst am 29.12.2014 beschieden worden. es sei keine schriftliche mitteilung der beklagten an die klägerin erfolgt, dass die beklagte die 3 bzw. 5-wochen-frist nicht einhalten könne. als folge trete die genehmigungsfiktion des § 13 abs. 3 a satz 6 sgb v ein. die genehmigung ersetze den bewilligungsbescheid. eine prüfung der medizinischen notwendigkeit finde nicht mehr statt. 10die beklagte hat am 12.05.2015 den widerspruch der klägerin unter verweis auf ihre medizinischen ermittlungen zurückgewiesen. 11die klägerin beantragt zuletzt, 12die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 29.12.2014 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 zu verurteilen, ihr eine bariatrische ope-ration (schlauchmagen) zu gewähren. 13die beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen. 15zur begründung führt die beklagte aus, dass die 5-wöchige fiktionsfrist im vorliegenden fall nicht greife. die klägerin sei mit schreiben vom 21.11.2014 darüber informiert wor-den, dass erst nach dem beratungsergebnis des mdk über ihren antrag entschieden werden könne. der klägerin sei somit bekannt gewesen, dass die entscheidung über ihren antrag erst nach befunderhebung am 16.12.2014 habe erfolgen können. außerdem fehle es an der erforderlichkeit der leistungen. nach den feststellungen des mdk vom 16.12.2014 sei zum zeitpunkt der befunderhebung eine präoperative lebensstiländerung der klägerin nicht bzw. noch nicht erkennbar gewesen. eine kostenerstattungspflicht sei bisher ebenfalls nicht eingetreten. bisher habe sich die klägerin die begehrte leistung noch nicht selbst beschafft. da der anspruch nach § 13 abs. 3 a s. 6 sgb v jedoch nicht weiter gefasst werden könne als s. 7, komme ein anspruch nur unter diesen voraussetzungen in betracht. wie generell in der systematik des § 13 sgb v vorgesehen, trage der versicherte zunächst die kostenlast selbst. die selbstbeschaffung der leistungen sei auch hier, wie in den absätzen 2, 3 und 4 durchaus mit der gefahr verbunden, die kosten letztlich nicht oder nicht in voller höhe erstattet zu bekommen. die genehmigungsfiktion des § 13 abs. 3 a sgb v ende spätestens mit der bekanntgabe der entscheidung der beklagten und der deshalb bestehenden kenntnis der klägerin über die fehlende erforderlichkeit und den fehlenden leistungsanspruch, weil genehmigungsfiktionen immer durch tatsachen widerlegbar seien. dies zeige sich beispielsweise bei regelungen zur häuslichen krankenpflege, richtlinie und bei der bekanntgabefiktion von verwaltungsakten. es widerspräche der bisherigen anwendung von fiktionen im sozialrecht, ließe man die genehmigungsfiktion fortwirken, obwohl mittlerweile kenntnis darüber herrsche, dass ein anspruch nicht bestehe. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der verwaltungsakte und den der gerichtsakte verwiesen. 17
18die klage ist zulässig und begründet. 19die klage ist als leistungsklage nach § 54 abs. 5 sozialgerichtsgesetz (sgg) zulässig. mit der leistungsklage kann gemäß § 54 abs. 5 sgg eine leistung begehrt werden, auf die ein rechtsanspruch besteht, soweit ein verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. diese voraussetzungen liegen hier vor, da die klägerin ihren rechtsanspruch auf § 13 abs. 3a s. 6 sgb v stützt. nach dieser norm gilt die leistung, soweit keine mitteilung eines hinreichenden grundes erfolgt, nach ablauf der frist als genehmigt. mit eintritt der fiktion besteht der rechtsanspruch auf die beantragte leistung, ohne dass hierüber noch ein bescheid der beklagten zu erteilen wäre. die fiktion der genehmigung ersetzt den genehmigungsbescheid. 20die klage ist begründet. die klägerin hat einen anspruch auf gewährung der beantragten bariatrischen operation nach § 13 abs. 3a s. 6 in verbindung mit s. 1 und s. 5 sgb v. nach § 13 abs. 3a s. 1 hat die krankenkasse über einen antrag auf leistungen zügig, spätestens bis zum ablauf von 3 wochen nach antragseingang oder in fällen, in denen eine gutachtliche stellungnahme, insbesondere des mdk eingeholt wird, innerhalb von 5 wochen nach antragseingang zu entscheiden. nach s. 5 teilt die krankenkasse, soweit sie fristen nach s. 1 nicht einhalten kann, dies dem leistungsberechtigten unter darlegung der gründe rechtzeitig schriftlich mit. nach s. 6 gilt die leistung nach ablauf der frist als genehmigt, wenn keine mitteilung eines hinreichenden grundes erfolgt. 21die voraussetzungen der genehmigungsfiktion des § 13 abs. 3a s. 6 sgb v liegen bei der klägerin zur überzeugung der kammer vor. die beklagte hat den antrag der klägerin nicht innerhalb der vorgegebenen frist entschieden. fristbeginn war nach § 187 abs. 1, bürgerliches gesetzbuch (bgb) am 15.11.2014. das fristende fiel auf freitag, den 19.12.2014 (§ 188 abs. 2 bgb), weil die beklagte eine gutachtliche stellungnahem des mdk eingeholt hat und die 5-wochenfrist anwendung findet. da die beklagte den antrag erst am 29.12.2014 beschieden hat, ist die frist verstrichen gewesen. 22das ergebnis des mdk lag der beklagten am 16.12.2014 vor. es wäre ihr möglich gewe-sen, bis zum 19.12.2014 über den antrag der klägerin zu entscheiden. selbst wenn der mdk nicht in der für ihn maßgeblichen 3-wochen-frist stellung zum antrag der klägerin genommen hätte, hätte die beklagte die 5-wochen-frist auch einhalten müssen (vgl. wagner in: krauskopf, soziale krankenversicherung, § 13 rn. 41, beckonline). 23die beklagte hat der klägerin nicht rechtzeitig unter darlegung der gründe mitgeteilt, dass sie die 5-wöchige frist nicht einhalten könne. das schreiben der beklagten vom 21.11.2014 enthält zur überzeugung der kammer keinen hinreichenden grund. ein hinreichender grund liegt vor, wenn er außerhalb des verantwortungsbereichs der beklagten liegt (vgl. helbig in: juris-pk, sgb v, § 13, rn. 66, zit. n. juris). weiterhin kann ein hinreichender grund auch bei einem verhalten des antragstellers vorliegen, soweit dieser bewusst die möglichkeit der beklagten zur entscheidung über den antrag hinauszögert. die beklagte hat weder vorgetragen noch ist es ersichtlich, dass ein grund für die verzögerung vorliegt, der außerhalb ihres verantwortungsbereichs liegt oder die verzögerung auf ein verhalten der klägerin zurückzuführen ist. 24rechtsfolge des § 13 abs. 3a s. 6 sgb v ist, dass die beantragte leistung als genehmigt gilt. 25die beklagte kann nicht mit ihrer auffassung durchdringen, dass sich die klägerin die begehrte leistung bereits beschafft haben müsse, um einen anspruch nach § 13 abs. 3a s. 6 beiziehungsweise s. 7 sgb v zu haben. 26§ 13 abs. 3a sgb v ist nicht lediglich auf einen kostenerstattungsanspruch beschränkt. nach dem klaren wortlaut der norm gewähren s. 6 und s. 7 mittels einer genehmigungsfiktion einen sachleistungsanspruch oder einen kostenerstattungsanspruch für die erforderliche leistung. beide sätze stehen ihrem wortlaut nach gleichberechtigt nebeneinander. bei einer anderen betrachtungsweise käme satz 6 kein eigener regelungsgehalt zu. zudem schlösse eine solche auslegung mittellose versicherte, die nach ablauf der frist nicht in der lage sind, sich die begehrte leistung selbst zu beschaffen, entgegen des gleichbehandlungsgebots nach art. 3 abs. 1 grundgesetz (gg) praktisch aus dem schutzbereich des § 13 abs. 3 a sgb v aus (vgl. lsg nordrhein-westfalen – lsg nrw -, beschluss vom 23.05.2014 – l 5 kr 222/14 b er –, rn. 7, zit. n. juris m.w.n.). 27die beklagte kann der klägerin ferner nicht entgegenhalten, dass die begehrte operation nicht erforderlich sei. mit dem eindeutigen wortlaut der vorschrift und im sinn und zweck des § 13 abs. 3a s. 6 sgb v ist eine solche auslegung nicht vereinbar. die norm enthält keine einschränkung der leistung auf eine erforderliche. soweit bei der kostenerstattungsregel des § 13 abs. 3a s. 7 sgb v von einer erforderlichen leistung die rede ist, führt dies zu keiner abweichenden beurteilung. s. 6 normiert einen uneingeschränkten sachleistungsanspruch, der schon eintritt, wenn die krankenkasse die fristvorschriften nicht beachtet. auf materielle inhalte wird gerade nicht abgestellt (vgl. lsg saarland, urteil vom 17.06.2015 – l 2 kr 180/14 -, rn. 24, zit. n. juris). die erforderlichkeit der leistung folgt schon aus der rechtswirkung der genehmigungsfiktion. sinn und zweck der vorschrift stützen diese auslegung. § 13 abs. 3a s. 6 sgb v wurde durch das gesetz zur verbesserung der rechte von patientinnen und patienten vom 20.02.2013 eingefügt. sinn und zweck der gesetzesänderung war, dass der versicherte zügig rechtsklarheit und rechtssicherheit hat. mit diesem ziel ist es nicht vereinbar, dass die beklagte gleichwohl eine nachträgliche prüfung der beantragten leistung verbleibt. durch die fiktion der ge-nehmigung ist vielmehr die leistungsberechtigung der klägerin wirksam verfügt und die beklagte mit allen einwendungen – auch dem einwand der erforderlichkeit - ausgeschlossen (vgl. lsg nrw, beschluss vom 23.05.2014 – l 5 kr 222/14 b er -, rn. 9, zit. n. juris). 28lediglich ergänzend weist die kammer darauf hin, dass der von der beklagten vertretene standpunkt, die fiktion des § 13 abs. 3a s. 6 sgb v ende mit dem erlass des ablehnen-den bescheids, nicht zutreffend ist. fingierte verwaltungsakte haben die gleichen rechtswirkungen wie tatsächlich erlassene verwaltungsakte (lsg nrw, beschluss vom 23.05.2014 – l 5 kr 222/14 b er-, rn. 9, zit. n. juris). daraus folgt, dass eine beendi-gung der fiktion nur nach §§ 44 ff. sozialgesetzbuch zehntes buch – sozialverwaltungsverfahren- und sozialdatenschutz – (sgb x) erfolgen kann. die beklagte hat kein ende der fiktion herbeigeführt. insbesondere kann in dem bescheid vom 29.12.2014 keine rechtmäßige rücknahmeentscheidung nach § 45 sgb x gesehen werden. dies scheitert bereits daran, dass die beklagte kein ermessen bezüglich der rücknahmeentscheidung ausgeübt hat. 29das klagebegehren bezüglich der aufhebung des bescheides vom 29.12.2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 ist ebenfalls nach § 54 abs. 1 sgg zulässig und begründet. es liegt eine nach § 56 sgg zulässige objektive klagehäufung vor. nach § 54 abs. 1 sgg kann die aufhebung eines verwaltungsakts begehrt werden. da der bescheid vom 29.12.2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 jedenfalls einen formellen verwaltungsakt darstellt und dem seitens der klägerin geltend gemachten anspruch auf gewährung der schlauchmagen-operation entgegensteht, kann sie die aufhebung des bescheides geltend machen. 30die kostenentscheidung ergeht nach § 193 sgg.
Klaeger*in
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168,840
17 K 8287/14.A
2015-01-09T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 0. Januar 1990 geborene Kläger ist syrischer Staatsangehöriger. Nach eigenen Angaben verließ er Syrien am 1. September 2013 auf dem Landweg und reiste über die Türkei zunächst nach Bulgarien, wo er sich ca. zehn Monate aufhielt. Von Bulgarien reiste er über Rumänien und Ungarn weiter in die Bundesrepublik Deutschland. Dort traf er am 18. August 2014 ein und stellte am 15. Oktober 2014 einen Asylantrag. 3Durch einen Treffer in der EURODAC Datenbank wurde am 16. Oktober 2014 festgestellt, dass der Kläger bereits in Bulgarien einen Asylantrag gestellt hat. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2014 ersuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Bulgarien um die Wiederaufnahme des Klägers. 4Die bulgarischen Behörden teilten daraufhin am 11. November 2014 mit, dem Wiederaufnahmegesuch nach den Regeln der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III VO) werde nicht entsprochen, da dem Kläger mit Entscheidung vom 14. Dezember 2013 der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden sei. 5Mit Bescheid vom 20. November 2014 (Zustellung frühestens am 5. Dezember 2014) stellte das Bundesamt fest, dass dem Kläger in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht (Ziffer 1) und ordnete die Abschiebung nach Bulgarien an (Ziffer 2). Zur Begründung führte das Bundesamt aus, der Kläger habe bereits in Bulgarien internationalen Schutz erhalten und könne sich wegen seiner Einreise aus Bulgarien als sicherem Drittstaat nicht auf das Asylrecht berufen. 6Der Kläger hat am 10. Dezember 2014 Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. 7Das Gericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch unanfechtbaren Beschluss vom 8. Januar 2015 – 17 L 3023/14.A – abgelehnt. 8Zur Begründung seiner Klage führt der Kläger im Wesentlichen aus, eine Abschiebung nach Bulgarien sei nicht zulässig. Die Voraussetzungen für den Erlass der Abschiebungsanordnung seien nicht gegeben, weil die Übernahmebereitschaft Bulgariens nicht positiv geklärt sei. Darüber hinaus könne aufgrund der aktuellen Auskunftslage davon ausgegangen werden, dass in Bulgarien derzeit Missstände gegeben seien, die die Annahme rechtfertigten, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte dort einer erniedrigenden und unmenschlichen Behandlung ausgesetzt seien. 9Der Kläger beantragt, 10den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. November 2014 aufzuheben. 11Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung des Bundesamtes. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie den Inhalt der Gerichtsakte im Verfahren 17 L 3023/14.A ergänzend Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Das Gericht kann trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil die Beklagte mit der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde, § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 17Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig (I.) aber unbegründet (II.). 18I. Die Klage gegen den Bescheid vom 20. November 2014 ist als (isolierte) Anfechtungsklage statthaft. Rechtsgrundlage für die unter Ziffer 1 des Bescheides getroffene angefochtene Entscheidung ist § 26a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG), wonach sich ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) (sicherer Drittstaat) eingereist ist, nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen kann. Die mit diesem Ausspruch regelmäßig verbundene Abschiebungsanordnung findet ihre Grundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AsylVfG. Die Entscheidungen nach §§ 26a und 34a Abs. 1 AsylVfG stellen belastende Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar, deren isolierte Aufhebung – anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens – ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich ein weiteres Prüfprogramm des Bundesamtes auszulösen vermag, 19vgl. zu § 27a AsylVfG OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn. 28 ff. 20Das Bundesamt ist nach Aufhebung des Bescheides bereits gesetzlich verpflichtet, das Verfahren durchzuführen, §§ 31, 24 AsylVfG. 21In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob der Klage – wegen der Zuerkennung internationalen Schutzes in Bulgarien – teilweise, bezüglich der Aufhebung von Ziffer 1 des Bescheides, das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, 22in diese Richtung tendierend – allerdings nicht die Konstellation eines Bescheides nach §§ 26a, 31 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG betreffend – BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7.13 –, juris Rn. 28 ff. 23Denn die Klage hat – wie nachfolgend unter II. ausgeführt – jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. 24II. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 20. November 2014 ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 25Das Bundesamt hat zu Recht gemäß §§ 26a, 31 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG festgestellt, dass dem Kläger aufgrund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht und die Abschiebung nach Bulgarien gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AsylVfG angeordnet. 26Zur Begründung wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG auf die tragenden Feststellungen und die im Wesentlichen zutreffende Begründung des Bescheides des Bundesamtes vom 20. November 2014 Bezug genommen. Ergänzend wird auf die – auch unter dem Prüfungsmaßstab des Hauptsacheverfahrens fortgeltenden – Erwägungen des ausführlich begründeten Beschlusses vom 8. Januar 2015 – 17 L 3023/14.A – verwiesen, die sich das erkennende Gericht uneingeschränkt zu eigen macht. Den dortigen Ausführungen ist der Kläger im Hauptsacheverfahren nicht mehr entgegengetreten. Auch sonst sind keine beachtlichen Änderungen der Sach- und Rechtslage ersichtlich. 27III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. 28Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). 29Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
die klage wird abgewiesen. die kosten des gerichtskostenfreien verfahrens trägt der kläger. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der am 0. januar 1990 geborene kläger ist syrischer staatsangehöriger. nach eigenen angaben verließ er syrien am 1. september 2013 auf dem landweg und reiste über die türkei zunächst nach bulgarien, wo er sich ca. zehn monate aufhielt. von bulgarien reiste er über rumänien und ungarn weiter in die bundesrepublik deutschland. dort traf er am 18. august 2014 ein und stellte am 15. oktober 2014 einen asylantrag. 3durch einen treffer in der eurodac datenbank wurde am 16. oktober 2014 festgestellt, dass der kläger bereits in bulgarien einen asylantrag gestellt hat. mit schreiben vom 28. oktober 2014 ersuchte das bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) bulgarien um die wiederaufnahme des klägers. 4die bulgarischen behörden teilten daraufhin am 11. november 2014 mit, dem wiederaufnahmegesuch nach den regeln der verordnung (eu) nr. 604/2013 des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedstaats, der für die prüfung eines von einem drittstaatsangehörigen oder staatenlosen in einem mitgliedstaat gestellten antrags auf internationalen schutz zuständig ist (dublin iii vo) werde nicht entsprochen, da dem kläger mit entscheidung vom 14. dezember 2013 der subsidiäre schutzstatus zuerkannt worden sei. 5mit bescheid vom 20. november 2014 (zustellung frühestens am 5. dezember 2014) stellte das bundesamt fest, dass dem kläger in der bundesrepublik deutschland kein asylrecht zusteht (ziffer 1) und ordnete die abschiebung nach bulgarien an (ziffer 2). zur begründung führte das bundesamt aus, der kläger habe bereits in bulgarien internationalen schutz erhalten und könne sich wegen seiner einreise aus bulgarien als sicherem drittstaat nicht auf das asylrecht berufen. 6der kläger hat am 10. dezember 2014 klage erhoben und zugleich einen antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes gestellt. 7das gericht hat den antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes durch unanfechtbaren beschluss vom 8. januar 2015 – 17 l 3023/14.a – abgelehnt. 8zur begründung seiner klage führt der kläger im wesentlichen aus, eine abschiebung nach bulgarien sei nicht zulässig. die voraussetzungen für den erlass der abschiebungsanordnung seien nicht gegeben, weil die übernahmebereitschaft bulgariens nicht positiv geklärt sei. darüber hinaus könne aufgrund der aktuellen auskunftslage davon ausgegangen werden, dass in bulgarien derzeit missstände gegeben seien, die die annahme rechtfertigten, dass anerkannte flüchtlinge und subsidiär schutzberechtigte dort einer erniedrigenden und unmenschlichen behandlung ausgesetzt seien. 9der kläger beantragt, 10den bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 20. november 2014 aufzuheben. 11die beklagte beantragt schriftsätzlich, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung nimmt sie bezug auf die gründe der angefochtenen entscheidung des bundesamtes. 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge sowie den inhalt der gerichtsakte im verfahren 17 l 3023/14.a ergänzend bezug genommen. 15
16das gericht kann trotz ausbleibens eines vertreters der beklagten in der mündlichen verhandlung entscheiden, weil die beklagte mit der ladung auf diese rechtsfolge hingewiesen wurde, § 102 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 17die klage hat keinen erfolg. sie ist zulässig (i.) aber unbegründet (ii.). 18i. die klage gegen den bescheid vom 20. november 2014 ist als (isolierte) anfechtungsklage statthaft. rechtsgrundlage für die unter ziffer 1 des bescheides getroffene angefochtene entscheidung ist § 26a asylverfahrensgesetz (asylvfg), wonach sich ein ausländer, der aus einem drittstaat im sinne des artikels 16a abs. 2 satz 1 grundgesetz (gg) (sicherer drittstaat) eingereist ist, nicht auf art. 16a abs. 1 gg berufen kann. die mit diesem ausspruch regelmäßig verbundene abschiebungsanordnung findet ihre grundlage in § 34a abs. 1 satz 1 alt. 1 asylvfg. die entscheidungen nach §§ 26a und 34a abs. 1 asylvfg stellen belastende verwaltungsakte im sinne des § 35 verwaltungsverfahrensgesetz (vwvfg) dar, deren isolierte aufhebung – anders als in sonstigen fällen eines verpflichtungsbegehrens – ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre beseitigung grundsätzlich ein weiteres prüfprogramm des bundesamtes auszulösen vermag, 19vgl. zu § 27a asylvfg ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 7. märz 2014 – 1 a 21/12.a –, juris rn. 28 ff. 20das bundesamt ist nach aufhebung des bescheides bereits gesetzlich verpflichtet, das verfahren durchzuführen, §§ 31, 24 asylvfg. 21in diesem zusammenhang kann dahinstehen, ob der klage – wegen der zuerkennung internationalen schutzes in bulgarien – teilweise, bezüglich der aufhebung von ziffer 1 des bescheides, das rechtsschutzbedürfnis fehlt, 22in diese richtung tendierend – allerdings nicht die konstellation eines bescheides nach §§ 26a, 31 abs. 4 satz 1 asylvfg betreffend – bverwg, urteil vom 17. juni 2014 – 10 c 7.13 –, juris rn. 28 ff. 23denn die klage hat – wie nachfolgend unter ii. ausgeführt – jedenfalls in der sache keinen erfolg. 24ii. der angefochtene bescheid des bundesamtes vom 20. november 2014 ist zu dem für die rechtliche beurteilung maßgeblichen zeitpunkt der entscheidung des gerichts (vgl. § 77 abs. 1 satz 1 asylvfg) rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 25das bundesamt hat zu recht gemäß §§ 26a, 31 abs. 4 satz 1 asylvfg festgestellt, dass dem kläger aufgrund seiner einreise aus einem sicheren drittstaat kein asylrecht zusteht und die abschiebung nach bulgarien gemäß § 34a abs. 1 satz 1 alt. 1 asylvfg angeordnet. 26zur begründung wird gemäß § 77 abs. 2 asylvfg auf die tragenden feststellungen und die im wesentlichen zutreffende begründung des bescheides des bundesamtes vom 20. november 2014 bezug genommen. ergänzend wird auf die – auch unter dem prüfungsmaßstab des hauptsacheverfahrens fortgeltenden – erwägungen des ausführlich begründeten beschlusses vom 8. januar 2015 – 17 l 3023/14.a – verwiesen, die sich das erkennende gericht uneingeschränkt zu eigen macht. den dortigen ausführungen ist der kläger im hauptsacheverfahren nicht mehr entgegengetreten. auch sonst sind keine beachtlichen änderungen der sach- und rechtslage ersichtlich. 27iii. die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. gerichtskosten werden gemäß § 83b asylvfg nicht erhoben. 28die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zivilprozessordnung (zpo). 29der gegenstandswert der anwaltlichen tätigkeit ergibt sich aus § 30 abs. 1 rechtsanwaltsvergütungsgesetz (rvg).
Verklagte*r
0
120,517
S 4 SB 1221/13
2016-10-28T00:00:00
Gerichtsbescheid
Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Klägerin (d. Kl.) begehrt von der Beklagten (d. Bekl.) die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) als 30. 3Am 01.03.2013 beantragte d. Kl. die Feststellung eines GdB nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) IX. 4Mit Bescheid vom 17.05.2013 erklärte d. Bekl. nach Beiziehung von Berichten der behandelnden Ärzte , dass ein (Gesamt-) GdB von 30 gegeben sei. 5Hiergegen erhob d. Kl. Widerspruch. 6Den Widerspruch wies d. Bekl. durch Widerspruchsbescheid vom 25.06.2013 zurück. D. Bekl. beurteilte dabei (ausweislich Blatt 8 der Verwaltungsakte) die Erkrankungen d. Kl. wie folgt: - seelische Erkrankung Einzel-GdB 20 - Bluthochdruck Einzel-GdB 20 Gesamt-GdB 30 ab Antrag. 7Dagegen hat d. Kl. am 11.07.2013 Klage erhoben. 8D. Kl. begründet die Klage damit, die vorliegenden Erkrankungen insbesondere auf internistischem und nervenärztlichem Gebiet seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Den Berichten der behandelnden Ärzte und Therapeuten würde nicht ausreichend Rechnung getragen. 9D. Kl. beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen, 10die Bekl. unter Abänderung des Bescheides vom 01.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.05.2013 zu verpflichten, ihr einen Grad der Behinderung von mindestens 50, hilfsweise mehr 30 zuzuerkennen. D. Bekl. beantragt schriftsätzlich, 11die Klage abzuweisen. 12D. Bekl. hält die getroffenen Entscheidungen für zutreffend. Sie seien durch alle gutachterlichen Feststellungen bestätigt worden. 13Das Gericht hat informatorisch gemäß §§ 103, 106 SGG Befundberichte der d. Kl. behandelnden Ärzte beigezogen. 14Das Gericht hat gutachterlichen Beweis erhoben (§ 106 Abs. 3 SGG, §§ 402 ff ZPO). 15Es ließ dazu d. Kl. zunächst begutachten durch den Internisten G (als Hauptgutachter) und den Facharzt für Psychiatrie L. Diese Sachverständigen stellten folgende Diagnosen: - Hypertensive Herzerkrankung mit erhaltener systolischer Herzfunktion Einzel-GdB 20 - Leichtgradige rezidivierende depressive Störung mit phasenweise auftretenden Befürchtungsängsten Einzel-GdB 20 Daraus ergäbe sich ein Gesamt-GdB von 30. 16In ergänzenden Stellungnahmen sind G und Herr L bei ihren Beurteilungen geblieben. 17Das Gericht hat ein weiteres Gutachten eingeholt, nun von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie S. Er stellt folgende Diagnosen: - Angst und Depression, gemischt (F41.2), als leichtere psychische Störung Einzel-GdB 20 - Fachfremd, wie im Gutachten des Herrn G vom 22.04.2014 (Blatt 43 ff. GA beschrieben: Hypertensive Herzerkrankung mit erhaltener systolischer Herzfunktion, Einzel-GdB 20. Der Gesamtgrad der Behinderung werde auf 30 geschätzt. 18D. Kl. trug vor, es sei jetzt noch ein Nierenleiden hinzugetreten. 19Eine vom Gericht daraufhin angeordnete weitere internistische Begutachtung, nun durch den Arzt T, lehnte d. Kl. ab, auch nach Hinweis des Gerichtes, dass allein Berichte behandelnder Ärzte nicht geeignet seien, einen höheren GdB ausreichend objektiv zu beweisen. Sie möchte keine weiteren Gutachtertermine. 20D. Kl. teilte des weiteren mit, gegenüber einem Bericht vom Oktober 2015 habe sich an ihren Laborwerten nichts geändert. 21Das Gericht hat daraufhin ein weiteres internistisches Gutachten, nun nach Aktenlage, eingeholt von dem Arzt für Innere und Allgemeine sowie Sport - Medizin P. Dieser stellt folgende Diagnosen: 221. Bluthochdruck-Erkrankung mit Rückwirkung auf das Herz (ICD: I10.90) 2. Diabetes mellitus, mit Diät behandelt (IDC: E11.90) 3. Nieren-Leistungsschwäche (ICD: N 18.89) 4. Angst und Depression gemischt, leichte psychische Störung 23Daraus ergäben sich folgende Einzel-GdB, auch nach Funktionssystemen: 241. Funktionssystem Herz/Kreislauf GdB 20 (Bluthochdruck-Erkrankung mit Rückwirkung auf das Herz GdB 20) 2. Funktionssystem Stoffwechsel GdB 0 (Diabetes mellitus, mit Diät behandelt GdB 0) 3. Funktionssystem Ableitende Harnwege GdB 0 (Nieren-Leistungsschwäche GdB 0) 4. Funktionssystem Gehirn / Psyche GdB 20 (Angst und Depression gemischt, leichte psychische Störung GdB 20) 25Daraus folge (weiterhin) ein Gesamt-GdB von 30. 26Mit Schreiben vom 15.09.2016 hat das Gericht die Beteiligten dazu angehört, durch Gerichtsbescheid entscheiden und die Klage abweisen zu wollen. 27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. 28Entscheidungsgründe: 29Das Gericht konnte gemäß § 105 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid wie angekündigt entscheiden, nachdem die Beteiligten zu dieser Entscheidungsmöglichkeit angehört wurden und Gelegenheit zur Stellungnahme hatten. Die Einwände d. Kl. begründen kein Vetorecht. 30Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden. 31Die Klage ist jedoch in der Sache nicht begründet. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist nämlich rechtmäßig und verletzt d. Kl. nicht in ihren Rechten, soweit d. Bekl. die Feststellung eines höheren (Gesamt-) GdB als 30 abgelehnt hat. D. Kl. hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren (Gesamt-) GdB, der mehr als 30 beträgt. 32Zur Meidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Sozialgericht gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, erklärt diese für richtig und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. 33Ergänzend führt das Gericht noch folgendes aus: 34Nach § 69 Abs. 2 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten (bis 14.01.2015 nach der Rechtsprechung auch ohne ausdrückliche Regelung) die im Rahmen des § 30 Abs 1 Bundesversorgungsgesetzes (BVG) festgelegten Maßstäbe entsprechend (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehung festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Den Entscheidungen gemäß § 69 SGB IX waren im Einzelnen bis zum 31.12.2008 die " Anhaltspunkte" für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht" - AHP – zugrundezulegen, und sind ab dem 01.01.2009 die Versorgungsmedizinischen Grundsätze - VMG – (abgedruckt als Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin - Verordnung vom 10.12.2008, BGBl. I Nr. 57 vom 15.12.2008, in den Fassungen der Zweiten Verordnung zur Änderung vom 14.7.2010,BGBl. 2010, Teil I Nr. 37 vom 21.7.2010 und der Dritten Verordnung zur Änderung vom 17.12.2010,BGBl. 2010 Teil I Nr. 66 vom 22.12.2010 und der Vierten Verordnung vom 28.10.2011,BGBl. 2011 Teil I Nr. 55 vom 04.11.2011 und der Fünften Verordnung vom 11.10.2012,BGBl. 2012 Teil I Nr. 47 vom 16.10.2012) zugrunde zu legen (den Gesetzescharakter der VMG , auch bezüglich Teil A und B – also bezüglich des GdB - und bezüglich Teil D – also bezüglich der Merkzeichen , – ausdrücklich klarstellend jetzt auch § 70 Abs. 2, § 159 Abs. 7 SGB IX in der ab 15.01.2015 geltenden Fassung vom 07.01.2015). 35Nach den VMG (vgl. hierzu im Einzelnen Teil A Nr. 3, S. 10) ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB-Grad 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die einzelnen Werte dürfen jedoch nicht addiert werden. Zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzel-GdB von 10 bedingen, führen regelmäßig nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. 36Vorliegend ist mit den bei d. Kl. vorliegenden Leiden und damit verbundenen Funktionseinschränkungen, wie sie sich im Wesentlichen und im Einzelnen aus den Gutachten ergeben, ein (Gesamt-) GdB von 30 gegeben. Dies hat sich zur Überzeugung des Gerichts aus dem Gesamtergebnis des Verwaltungs- und Streitverfahrens ergeben, insbesondere aus den schlüssigen und überzeugend begründeten Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen. Die Gutachten von G, Herrn L und S sind aufgrund umfassender Untersuchung d. Kl. nach ausführlicher Anamnese- und Befunderhebung und unter Berücksichtigung sämtlicher in den Akten befindlicher medizinischer Unterlagen erstellt worden. Der weitere Gutachter P hat den gesamten Sachverhalt dann nochmals unter Berücksichtigung sämtlicher Unterlagen nach Aktenlage untersucht und beurteilt, nachdem d. Kl. weitere Untersuchungen trotz Hinweisen des Gerichts ablehnte, und nun auch die neueren Unterlagen zum Nierenleiden berücksichtigt. Das Gericht hatte letztlich keine Bedenken mehr, sich den Ausführungen der nunmehr 4 (vier) Sachverständigen vollinhaltlich anzuschließen und sie zur Grundlage seiner medizinischen Beurteilung zu machen, zumal sie alle im Wesentlichen zur gleichen Beurteilung kommen, welche Erkrankungen und Funktionseinschränkungen und GdB jeweils vorliegen. Die Gutachter sind dem Gericht zudem als besonders erfahrene Sachverständige auf dem Gebiet der Beurteilung nach dem Schwerbehindertenrecht bekannt. Die Bewertung - der Einzel-Grade der Behinderungen, wie auch die Bildung des Gesamt-GdB - orientiert sich auch zutreffend an Teil A und B der VMG. 37Aus den obigen Ausführungen folgt so zunächst, dass die gutachterlich festgestellten Einzel-GdB von lediglich 10 (oder weniger) an der Bildung des Gesamt-GdB schon nicht teilhaben. Die inzwischen hinzugetretene Nierenschwäche begründet also derzeit noch keinen relevanten Einzel-GdB, wie sich aus dem Gutachten des P – insoweit noch Einzel-GdB 0 (Null) - ergibt, und vermag deshalb den Gesamt-GdB nicht zu beeinflussen bzw,. zu erhöhen. 38Es liegen damit hier nur 2 wesentliche Einzel-GdB - von 20 für das Funktionssystem Herz/Kreislauf und 20 für das Funktionssystem Gehirn/Psyche - vor, aus denen wegen des oben genannten Additionsverbotes kein höherer Gesamt-GdB als 30 gebildet werden kann. Die Bewertung der Einzel-GdB für diese internistischen und neurologisch-psychiatrischen Leiden mit jeweils 20 ist auch nicht zu beanstanden; inzwischen sind schon vier unabhängige Gutachter zu denselben Ergebnissen gekommen, so dass die Bewertung behandelnder Ärzte und Therapeuten zurückzutreten hat. Zur nicht ausschlaggebenden (bzw. gerichtlichen Gutachten nur untergeordneten) Bedeutung von Berichten behandelnder Ärzte wird im Übrigen Bezug genommen auf den Artikel von Hausotter (Deut¬sches Ärzteblatt 1996, Heft 22, 04.06.1999). 39Den im Einzelnen begründeten Gutachten ist d. Kl. somit mit der Behauptung, den Gesamt-GdB bzw. die einzelnen GdB für fehlbewertet zu halten, nicht substanziiert entgegengetreten. Durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit der Gutachten liegen daher nicht vor. 40Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
1. die klage wird abgewiesen. 2. außergerichtliche kosten haben die beteiligten einander nicht zu erstatten. 1
2die klägerin (d. kl.) begehrt von der beklagten (d. bekl.) die feststellung eines höheren grades der behinderung (gdb) als 30. 3am 01.03.2013 beantragte d. kl. die feststellung eines gdb nach dem sozialgesetzbuch (sgb) ix. 4mit bescheid vom 17.05.2013 erklärte d. bekl. nach beiziehung von berichten der behandelnden ärzte , dass ein (gesamt-) gdb von 30 gegeben sei. 5hiergegen erhob d. kl. widerspruch. 6den widerspruch wies d. bekl. durch widerspruchsbescheid vom 25.06.2013 zurück. d. bekl. beurteilte dabei (ausweislich blatt 8 der verwaltungsakte) die erkrankungen d. kl. wie folgt: - seelische erkrankung einzel-gdb 20 - bluthochdruck einzel-gdb 20 gesamt-gdb 30 ab antrag. 7dagegen hat d. kl. am 11.07.2013 klage erhoben. 8d. kl. begründet die klage damit, die vorliegenden erkrankungen insbesondere auf internistischem und nervenärztlichem gebiet seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. den berichten der behandelnden ärzte und therapeuten würde nicht ausreichend rechnung getragen. 9d. kl. beantragt nach ihrem schriftsätzlichen vorbringen, 10die bekl. unter abänderung des bescheides vom 01.03.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 17.05.2013 zu verpflichten, ihr einen grad der behinderung von mindestens 50, hilfsweise mehr 30 zuzuerkennen. d. bekl. beantragt schriftsätzlich, 11die klage abzuweisen. 12d. bekl. hält die getroffenen entscheidungen für zutreffend. sie seien durch alle gutachterlichen feststellungen bestätigt worden. 13das gericht hat informatorisch gemäß §§ 103, 106 sgg befundberichte der d. kl. behandelnden ärzte beigezogen. 14das gericht hat gutachterlichen beweis erhoben (§ 106 abs. 3 sgg, §§ 402 ff zpo). 15es ließ dazu d. kl. zunächst begutachten durch den internisten g (als hauptgutachter) und den facharzt für psychiatrie l. diese sachverständigen stellten folgende diagnosen: - hypertensive herzerkrankung mit erhaltener systolischer herzfunktion einzel-gdb 20 - leichtgradige rezidivierende depressive störung mit phasenweise auftretenden befürchtungsängsten einzel-gdb 20 daraus ergäbe sich ein gesamt-gdb von 30. 16in ergänzenden stellungnahmen sind g und herr l bei ihren beurteilungen geblieben. 17das gericht hat ein weiteres gutachten eingeholt, nun von dem arzt für neurologie und psychiatrie s. er stellt folgende diagnosen: - angst und depression, gemischt (f41.2), als leichtere psychische störung einzel-gdb 20 - fachfremd, wie im gutachten des herrn g vom 22.04.2014 (blatt 43 ff. ga beschrieben: hypertensive herzerkrankung mit erhaltener systolischer herzfunktion, einzel-gdb 20. der gesamtgrad der behinderung werde auf 30 geschätzt. 18d. kl. trug vor, es sei jetzt noch ein nierenleiden hinzugetreten. 19eine vom gericht daraufhin angeordnete weitere internistische begutachtung, nun durch den arzt t, lehnte d. kl. ab, auch nach hinweis des gerichtes, dass allein berichte behandelnder ärzte nicht geeignet seien, einen höheren gdb ausreichend objektiv zu beweisen. sie möchte keine weiteren gutachtertermine. 20d. kl. teilte des weiteren mit, gegenüber einem bericht vom oktober 2015 habe sich an ihren laborwerten nichts geändert. 21das gericht hat daraufhin ein weiteres internistisches gutachten, nun nach aktenlage, eingeholt von dem arzt für innere und allgemeine sowie sport - medizin p. dieser stellt folgende diagnosen: 221. bluthochdruck-erkrankung mit rückwirkung auf das herz (icd: i10.90) 2. diabetes mellitus, mit diät behandelt (idc: e11.90) 3. nieren-leistungsschwäche (icd: n 18.89) 4. angst und depression gemischt, leichte psychische störung 23daraus ergäben sich folgende einzel-gdb, auch nach funktionssystemen: 241. funktionssystem herz/kreislauf gdb 20 (bluthochdruck-erkrankung mit rückwirkung auf das herz gdb 20) 2. funktionssystem stoffwechsel gdb 0 (diabetes mellitus, mit diät behandelt gdb 0) 3. funktionssystem ableitende harnwege gdb 0 (nieren-leistungsschwäche gdb 0) 4. funktionssystem gehirn / psyche gdb 20 (angst und depression gemischt, leichte psychische störung gdb 20) 25daraus folge (weiterhin) ein gesamt-gdb von 30. 26mit schreiben vom 15.09.2016 hat das gericht die beteiligten dazu angehört, durch gerichtsbescheid entscheiden und die klage abweisen zu wollen. 27wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts wird auf den inhalt der gerichtsakte und der verwaltungsakte der beklagten verwiesen. 28
29das gericht konnte gemäß § 105 sgg ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid wie angekündigt entscheiden, nachdem die beteiligten zu dieser entscheidungsmöglichkeit angehört wurden und gelegenheit zur stellungnahme hatten. die einwände d. kl. begründen kein vetorecht. 30die klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden. 31die klage ist jedoch in der sache nicht begründet. der angefochtene bescheid in der gestalt des widerspruchsbescheides ist nämlich rechtmäßig und verletzt d. kl. nicht in ihren rechten, soweit d. bekl. die feststellung eines höheren (gesamt-) gdb als 30 abgelehnt hat. d. kl. hat keinen anspruch auf feststellung eines höheren (gesamt-) gdb, der mehr als 30 beträgt. 32zur meidung unnötiger wiederholungen nimmt das sozialgericht gemäß § 136 abs. 3 sgg bezug auf die ausführungen der beklagten in den angefochtenen bescheiden, erklärt diese für richtig und sieht insoweit von einer weiteren darstellung der entscheidungsgründe ab. 33ergänzend führt das gericht noch folgendes aus: 34nach § 69 abs. 2 satz 4 sgb ix werden die auswirkungen auf die teilhabe am leben der gesellschaft nach zehnergraden abgestuft festgestellt. hierfür gelten (bis 14.01.2015 nach der rechtsprechung auch ohne ausdrückliche regelung) die im rahmen des § 30 abs 1 bundesversorgungsgesetzes (bvg) festgelegten maßstäbe entsprechend (§ 69 abs. 1 satz 5 sgb ix). liegen mehrere beeinträchtigungen der teilhabe am leben in der gesellschaft vor, wird der gdb nach den auswirkungen der beeinträchtigungen in ihrer gesamtheit unter berücksichtigung ihrer wechselseitigen beziehung festgestellt (§ 69 abs. 3 satz 1 sgb ix). den entscheidungen gemäß § 69 sgb ix waren im einzelnen bis zum 31.12.2008 die " anhaltspunkte" für die ärztliche gutachtertätigkeit im sozialen entschädigungsrecht" - ahp – zugrundezulegen, und sind ab dem 01.01.2009 die versorgungsmedizinischen grundsätze - vmg – (abgedruckt als anlage zu § 2 der versorgungsmedizin - verordnung vom 10.12.2008, bgbl. i nr. 57 vom 15.12.2008, in den fassungen der zweiten verordnung zur änderung vom 14.7.2010,bgbl. 2010, teil i nr. 37 vom 21.7.2010 und der dritten verordnung zur änderung vom 17.12.2010,bgbl. 2010 teil i nr. 66 vom 22.12.2010 und der vierten verordnung vom 28.10.2011,bgbl. 2011 teil i nr. 55 vom 04.11.2011 und der fünften verordnung vom 11.10.2012,bgbl. 2012 teil i nr. 47 vom 16.10.2012) zugrunde zu legen (den gesetzescharakter der vmg , auch bezüglich teil a und b – also bezüglich des gdb - und bezüglich teil d – also bezüglich der merkzeichen , – ausdrücklich klarstellend jetzt auch § 70 abs. 2, § 159 abs. 7 sgb ix in der ab 15.01.2015 geltenden fassung vom 07.01.2015). 35nach den vmg (vgl. hierzu im einzelnen teil a nr. 3, s. 10) ist bei der beurteilung des gesamt-gdb von der funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten einzel-gdb bedingt und dann im hinblick auf alle weiteren funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das ausmaß der behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren funktionsbeeinträchtigungen dem ersten gdb-grad 10 oder 20 oder mehr punkte hinzuzufügen sind, um der behinderung insgesamt gerecht zu werden. die einzelnen werte dürfen jedoch nicht addiert werden. zusätzliche leichte gesundheitsstörungen, die nur einen einzel-gdb von 10 bedingen, führen regelmäßig nicht zu einer zunahme des ausmaßes der gesamtbeeinträchtigung, die bei der gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. auch bei leichten funktionsbeeinträchtigungen mit einem gdb von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche zunahme des ausmaßes der behinderung zu schließen. 36vorliegend ist mit den bei d. kl. vorliegenden leiden und damit verbundenen funktionseinschränkungen, wie sie sich im wesentlichen und im einzelnen aus den gutachten ergeben, ein (gesamt-) gdb von 30 gegeben. dies hat sich zur überzeugung des gerichts aus dem gesamtergebnis des verwaltungs- und streitverfahrens ergeben, insbesondere aus den schlüssigen und überzeugend begründeten gutachten der gerichtlichen sachverständigen. die gutachten von g, herrn l und s sind aufgrund umfassender untersuchung d. kl. nach ausführlicher anamnese- und befunderhebung und unter berücksichtigung sämtlicher in den akten befindlicher medizinischer unterlagen erstellt worden. der weitere gutachter p hat den gesamten sachverhalt dann nochmals unter berücksichtigung sämtlicher unterlagen nach aktenlage untersucht und beurteilt, nachdem d. kl. weitere untersuchungen trotz hinweisen des gerichts ablehnte, und nun auch die neueren unterlagen zum nierenleiden berücksichtigt. das gericht hatte letztlich keine bedenken mehr, sich den ausführungen der nunmehr 4 (vier) sachverständigen vollinhaltlich anzuschließen und sie zur grundlage seiner medizinischen beurteilung zu machen, zumal sie alle im wesentlichen zur gleichen beurteilung kommen, welche erkrankungen und funktionseinschränkungen und gdb jeweils vorliegen. die gutachter sind dem gericht zudem als besonders erfahrene sachverständige auf dem gebiet der beurteilung nach dem schwerbehindertenrecht bekannt. die bewertung - der einzel-grade der behinderungen, wie auch die bildung des gesamt-gdb - orientiert sich auch zutreffend an teil a und b der vmg. 37aus den obigen ausführungen folgt so zunächst, dass die gutachterlich festgestellten einzel-gdb von lediglich 10 (oder weniger) an der bildung des gesamt-gdb schon nicht teilhaben. die inzwischen hinzugetretene nierenschwäche begründet also derzeit noch keinen relevanten einzel-gdb, wie sich aus dem gutachten des p – insoweit noch einzel-gdb 0 (null) - ergibt, und vermag deshalb den gesamt-gdb nicht zu beeinflussen bzw,. zu erhöhen. 38es liegen damit hier nur 2 wesentliche einzel-gdb - von 20 für das funktionssystem herz/kreislauf und 20 für das funktionssystem gehirn/psyche - vor, aus denen wegen des oben genannten additionsverbotes kein höherer gesamt-gdb als 30 gebildet werden kann. die bewertung der einzel-gdb für diese internistischen und neurologisch-psychiatrischen leiden mit jeweils 20 ist auch nicht zu beanstanden; inzwischen sind schon vier unabhängige gutachter zu denselben ergebnissen gekommen, so dass die bewertung behandelnder ärzte und therapeuten zurückzutreten hat. zur nicht ausschlaggebenden (bzw. gerichtlichen gutachten nur untergeordneten) bedeutung von berichten behandelnder ärzte wird im übrigen bezug genommen auf den artikel von hausotter (deut¬sches ärzteblatt 1996, heft 22, 04.06.1999). 39den im einzelnen begründeten gutachten ist d. kl. somit mit der behauptung, den gesamt-gdb bzw. die einzelnen gdb für fehlbewertet zu halten, nicht substanziiert entgegengetreten. durchgreifende zweifel an der richtigkeit der gutachten liegen daher nicht vor. 40die kostenentscheidung folgt aus § 193 sgg.
Verklagte*r
0
171,961
13 K 1117/14.A
2014-08-15T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 30. Januar 2014 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Be klagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterle gung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils voll streckbaren Be trages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Voll streckung Si cherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu voll streckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist guineischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 15. November 2012 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 4. Dezember 2012 die Anerkennung als Asylberechtigter. 3Er hatt t e nach eigenen Angaben in der Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 23. April 2013 und ausweislich der Abfrage des Bundesam tes in der Eurodac-Datenbank bereits am 13. Mai 2012 in Belgien Asyl beantragt; der An trag ist war abgelehnt worden. 4Das Bundesamt richtete am 26. November 2013 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin II-VO an Belgien. Die belgischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 3. Dezember 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e Dublin II-VO. 5Mit Bescheid vom 30. Januar 2014, dem Kläger zugestellt am 5. Februar 2014, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Belgien an. 6Am 18. Februar 2014 hat der Kläger Klage erhoben. 7Er ist der Ansicht, dass eine unangemessen lange Verfahrensdauer vorliege, da seit der Antragstellung am 4. Dezember 2012 und der Stellung des Übernahmeersuchens am 26. November 2013 knapp 12 Monate verstrichen seien. 8Ursprünglich hat der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 30. Januar 2014 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerken nen und ihm die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG zuzuerkennen. 9Nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts, beantragt er nunmehr, 10den Bescheid des Bundesamtes vom 30. Januar 2014 aufzuheben. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung bezieht sie sichdie Beklagte auf die angefochtene Entscheidung des Bundesamtes. 14Die Beteiligten haben übereinstimmend am 22. Juli und 7. August 2014 auf mündliche Ver handlung verzichtet (Bl. 37 und Bl. 39 d. Gerichtsakte). 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Ge richtsakte sowie der beigezogenen VerwaltungsvorgängeBezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Kammer konnte gemäß § 101 Absatz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierauf ver zichtet haben. 18Der Kläger konnte sein ursprüngliches Verpflichtungsbegehren zu einer Anfechtungsklage umstellen, ohne dass es auf die Voraussetzungen für eine Klageänderung nach § 91 VwGO ankommt. Es handelt sich um eine nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zulässige Beschränkung des Klageantrags. 19Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 91, Rn. 9. 20Die Klage ist zulässig (vgl. unter I.) und begründet (vgl. unter II.). 21I. Statthafte Klageart ist allein die Anfechtungsklage gemäß § 42 Absatz 1, 1. Variante VwGO. Der Erhebung einer vorrangigen Verpflichtungsklage bedarf es nicht. 22Der Kläger begehrt die Aufhebung des ihn belastenden Bescheides vom 30. Januar 2014, in welchem die Beklagte seinen Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abge lehnt hat. Gegen eine solche Unzulässigkeitsentscheidung ist ein isoliertes Aufhebungs begehren statthaft. Die Entscheidungen nach § 27a und § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG stellen Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar, deren isolierte Aufhebung – anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegeh rens – ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formel len und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrages und damit zu dem erstrebten Rechtschutzziel führt. Denn das Bundesamt ist nach Aufhebung des Bescheides bereits gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen, §§ 31, 24 AsylVfG. Das Bundes amt hat sich in den Fällen des § 27a AsylVfG lediglich mit der – einer materiellen Prüfung des Asylbegehrens vorgelagerten – Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvor schriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers zustän dig ist; eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache nicht erfolgt. Mit der Aufhebung des Bescheides wird ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegeh rens beseitigt, und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es zu Unrecht beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen. 23Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. März 2014 ‑ – 1 A 21/12.A –, juris, Rn. 28 ff.; Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2. Oktober 2013 – 3 L 643/12 –, juris, Rn. 21 f.; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2014 – 13 K 654/14.A –, Urteil vom 26. April 2013 – 17 K 1777/12.A –, juris, Rn. 14 und Urteil vom 15. Januar 2010, – 11 K 8136/09.A –, S. 4; VG Köln, Urteil vom 27. Mai 2014 – 2 K 2273/13.A –, juris, Rn. 14; VG München, Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 15 m.w.N.; VG Regensburg, Urteil vom 18. Juli 2013 – RN 5 K 13.30027 –, juris, Rn. 19; VG Hamburg, Urteil vom 15. März 2012, – 10 A 227/11 –, juris, Rn. 16; VG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 2. Februar 2012 – A 4 K 2203/11 –, juris, Rn. 2; VG Weimar, Urteil vom 23. November 2011 – 5 K 20196/10 –, juris, S. 5; VG Trier, Urteil vom 18. Mai 2011, – 5 K 198/11.TR– , juris, Rn. 16; VG Karlsruhe, Urteil vom 3. März 2010, – A 4 K 4052/08 –, S. 4; VG Ansbach, Urteil vom 16. September 2009 – AN 11 K 09.30200 –, juris, Rn. 22; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: 101. Erg.lieferg. Juni 2014, § 27a Rn. 21, § 34a Rn. 64 f. 24Eine Verpflichtungsklage, die unmittelbar auf die Anerkennung als Asylberechtigter, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG oder aber – hilfsweise – die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG und die Feststellung von Abschie bungsverboten nach § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) gerichtet ist, scheidet ebenso aus. Denn eine Verpflichtung für das Gericht, die Sache selbst spruchreif zu machen, besteht nur dann, wenn ein „mit seinem Asylantrag beim Bundes amt erfolglos gebliebener Ausländer“ den Klageweg beschreitet. 25Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 6. Juli 1998 – 9 C 45.97 – BVerwGE 107, 128 ff. = juris, Rn. 10. 26Zwar ist bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde im Falle eines gebundenen begünstigenden Verwaltungsakts regelmäßig die dem Rechtsschutz begehren des Klägers allein entsprechende Verpflichtungsklage die richtige Klageart mit der Konsequenz, dass das Gericht die Sache spruchreif zu machen hat und sich nicht auf eine Entscheidung über die Anfechtungsklage beschränken darf, die im Ergebnis einer Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde gleichkäme. 27Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 – 9 C 264.94 –, juris, Rn. 15. 28Dieser auch im Asylverfahren geltende Grundsatz kann jedoch auf behördliche Entschei dungen, die – wie hier – auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangen sind, keine Anwen dung finden. Denn im Falle einer fehlerhaften Ablehnung des Asylantrags als un zulässig mangels Zuständigkeit ist der Antrag in der Sache von der zuständigen Behörde noch gar nicht geprüft worden. Wäre nunmehr das Gericht verpflichtet, die Sache spruch reif zu machen und durchzuentscheiden, ginge dem Kläger eine Tatsacheninstanz verlo ren, die mit umfassenderen Verfahrensgarantien ausgestattet ist. Das gilt sowohl für die Verpflichtung der Behörde zur persönlichen Anhörung (§ 24 Absatz 1 Satz 3 AsylVfG) als auch zur umfassenden Sachaufklärung sowie der Erhebung der erforderlichen Beweise von Amts wegen (§ 24 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG) ohne die einmonatige Präklusionsfrist, wie sie für das Gerichtsverfahren in § 74 Absatz 2 AsylVfG in Verbindung mit § 87b Absatz 3 VwGO vorgesehen ist. Im Übrigen führte ein Durchentscheiden des Gerichts im Ergeb nis dazu, dass das Gericht nicht eine Entscheidung der Behörde kontrollieren würde, son dern anstelle der Behörde selbst entschiede, was im Hinblick auf den Grundsatz der Ge waltenteilung aus Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz (GG) zumindest bedenklich wäre. 29VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2014 – 13 K 654/14.A –, Urteil vom 26. April 2013 ‑ – 17 K 1777/12.A –, juris, Rn. 18 und Urteil vom 19. März 2013 – 6 K 2643/12.A –, juris, Rn. 16; VG München, Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 17 f.; VG Hamburg, Urteil vom 23. April 2014 – 10 A 1242/12 –, juris, Rn. 19; VG Regensburg, Urteil vom 18. Juli 2013 – RN 5 K 13.30027 –, juris, Rn. 20; VG Hannover, Urteil vom 7. November 2013 – 2 A 4696/12 –, juris, Rn. 20; VG Hamburg, Urteil vom 18. Juli 2013 – 10 A 581/13 –, juris, Rn. 18; VG Gießen, Urteil vom 24. Januar 2013 – 6 K 1329/12.GI.A –, juris, Rn. 16 f.; VG Stuttgart, Urteil vom 20. September 2012 – A 11 K 2519/12 –, juris, Rn. 15; VG Hamburg, Urteil vom 15. März 2012, 10 A 227/11, juris, Rn. 16; VG Karlsruhe, Urteil vom 3. März 2010, A 4 K 4052/08, S 5; vgl. zum vergleichbaren Fall der Verfahrenseinstellung nach § 33 AsylVfG: BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 – 9 C 264.94 –, juris, Rn. 15 ff. 30Überdies würden die vom Gesetzgeber im Bemühen um Verfahrensbeschleunigung dem Bundesamt zugewiesenen Gestaltungsmöglichkeiten unterlaufen, wenn eine Verpflichtung des Gerichts zur Spruchreifmachung und damit zum „Durchentscheiden“ bestünde. Ge langt das Bundesamt nämlich nach sachlicher Prüfung des Asylbegehrens zu dem Ergeb nis, das Begehren sei gemäß §§ 29a, 30 AsylVfG offensichtlich unbegründet, so bestimmt § 36 AsylVfG das weitere Verfahren und sieht eine starke Beschleunigung der gerichtli chen Kontrolle und ggf. eine kurzfristige Beendigung des Aufenthalts des Klägers vor. Eine vergleichbare Möglichkeit steht dem Gericht nicht zu. Stellt sich nämlich das Asylbegehren nach gerichtlicher Prüfung als schlicht unbegründet dar, bemisst § 38 Absatz 1 AsylVfG die Ausreisefrist auf 30 Tage. Allerdings müsste sie, da sie nicht vom Gericht ausgespro chen werden kann, nachträglich von der Behörde festgesetzt werden, was im Widerspruch zu dem Beschleunigungsgedanken des Asylverfahrensgesetzes stünde. 31VG München, Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 16. 32Im Falle der Aufhebung eines auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangenen Beschei des ist daher das Asylverfahren durch die Beklagte weiterzuführen und das Asylbegehren von ihr in der Sache zu prüfen. 33II. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 30. Januar 2014 ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Absatz 1 Asylverfahrensgesetz - AsylVfG) rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. 34Anders als von der Beklagten angenommen ist nicht Belgien, sondern (inzwischen) die Beklagte zur Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Eu ropäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG). 35Eine Zuständigkeit Belgiens besteht indes nicht (mehr). Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II-VO). Diese findet auf den Asylantrag des Antragstellers Anwendung, obwohl gemäß § 77 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung – bzw. in Eilverfahren auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist und die Nachfolgevorschrift der Dublin II-VO, die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-VO) bereits am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Denn gemäß Arti kel 49 Unterabsatz 2 Satz 2 Dublin III-VO bleibt die Dublin II-VO anwendbar für Asylan träge, die vor dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Anderes gilt allenfalls im Falle von Ge suchen um Aufnahme oder Wiederaufnahme, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden (Artikel 49 Absatz 2 Satz 1 Dublin III-VO). 36Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7.13 –, juris, Rn. 27, sowie bereits VG Düsseldorf, Be schluss vom 12. Februar 2014 – 13 L 2428/13.A –, juris Rn. 13 = NRWE. 37Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Das Übernahmeersuchen wurde am 26. November 2013 an Belgien gestellt. Der Überstellung an Belgien und damit seiner Zuständigkeit für die Durchführung des Asyl verfahrens steht entgegen, dass seit der Stellung des Asylantrags am 4. Dezember 2012 bis zur Stellung des Übernahmeersuchens an Belgien am 26. November 2013 knapp zwölf Monate vergangen sind. Fristvorgaben enthält die Dublin II-VO insoweit zwar allein für Aufnahmeersuchen (Artikel 17 Absatz 1 Dublin II-VO), also Ersuchen, die darauf gerichtet sind, dass der erstmalige Asylantrag von einem anderen Mitgliedstaat geprüft werde. Wird nach der Stellung eines Asylantrags in einem anderen Mitgliedstaat – vorliegend ausweislich des Eurodac-Treffers der Kategorie 1 und der eige nen Angaben des Antragstellers in der Anhörung beim Bundesamt am 23. April 2013 in Belgien – ein weiterer Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland gestellt und ersucht die Beklagte daraufhin den Staat der ersten Asylantragstellung um Übernahme des Asyl bewerbers, handelt es sich um ein Wiederaufnahmeersuchen nach Artikel 20 Dublin II-VO, das nicht der Fristregelung des Artikel 17 Dublin II-VO unterfällt. 38Vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 3. April 2014 – 13 L 390/14.A –, juris, Rn. 13 und vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13.A –, juris Rn. 40; VG Regensburg, Beschluss vom 5. Juli 2013 – RN 5 S 13.30273 –, juris Rn. 24; VG Berlin, Beschluss vom 7. Oktober 2013 – 33 L 403.13 A –, juris Rn. 8. 39Es liegt aber ein Fall vor, in dem es zum Schutz der Grundrechte des Klägers aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer der Beklagten verwehrt ist, sich auf die Zu ständigkeit eines anderen Mitgliedstaats zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Euro päischen Gerichtshofs hat der an sich nach der Dublin II-VO unzuständige Mitgliedstaat darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständi gen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Artikel 3 Absatz 2 Dublin II-VO selbst prüfen. 40Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 108. 41Diese Vorgabe ist nach Auffassung des Gerichts auch bei Wiederaufnahmeersuchen nach Artikel 20 Dublin II-VO zu beachten, auch wenn sich der Europäische Gerichtshof im konkreten Verfahren allein auf ein Aufnahmeersuchen nach Erstantragstellung im unzuständigen Mitgliedstaat bezog. Denn die grundrechtliche Belastung, welche durch die unangemessen lange Verfahrensdauer entsteht, dürfte in beiden Fällen vergleichbar sein. 42Vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 3. April 2014 – 13 L 390/14.A –, juris, Rn. 17 und vom 24. Februar 2014 – 13 L 2685/13.A – juris und www.nrwe.de; VG Göttingen, Beschluss vom 11. Oktober 2013 – 2 B 806/13 –, juris Rn. 10; A. A. VG Berlin, Beschluss vom 24. Oktober 2013 ‑ – 33 L 450.13 A –, juris Rn. 8. 43Anhaltspunkte, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäischen Gerichtshof nicht gegeben. Nach Auffassung des Gerichts ist insoweit aber zunächst zu berücksichtigen, dass schon die Regelung des Artikel 17 Dublin II-VO für Aufnahmeersuchen und nunmehr auch Artikel 23 Absatz 2 Dublin III-VO für Wie deraufnahmeersuchen eine regelmäßige Frist von zwei bzw. drei Monaten vorsieht. Deren Überschreiten kann dabei nicht gleichgesetzt werden mit der vom Europäischen Gerichts hof angesprochenen, die Grundrechte des Asylbewerbers beeinträchtigenden unange messen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Absatz 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeit raums, der der regelmäßigen Frist des Artikel 17 Dublin II-VO von drei Monaten zuzüglich der durch § 24 Absatz 4 AsylVfG für die innerstaatlich für die Entscheidung über den Asyl antrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von neun Mo naten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann. 44Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 3. April 2014 – 13 L 390/14.A –, juris, Rn. 19 sowie i. E. Urteil vom 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, S. 8 des Urteilsabdrucks, n. v. 45Hier sind zwischen der Stellung des Asylantrags und der Stellung des Übernahmeersuchens durch die Beklagte knapp zwölf Monate vergangen. Es sind auch keine Um stände erkennbar, die diese ungewöhnlich lange, nach der zitierten Rechtsprechung des Europäi schen Gerichtshofs die Grundrechte des Klägers verletzende Verfahrens dauer im Einzel fall rechtfertigen könnte. Die Beklagte ist daher verpflichtet, nach den Modalitäten des Arti kel 3 Absatz 2 Dublin II-VO den Asylantrag des Klägers selbst zu prüfen. 46Dem Kläger ist es auch nicht verwehrt sich hierauf zu berufen. Dahingestellt bleiben kann, ob und wann sich ein Asylbewerber auf die Nichtbeachtung der in der Dublin II-VO bzw. Dublin III-VO geregelten Fristen (vgl. Artikel 17 Absatz 1 und Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 Dublin II-VO) berufen kann. 47Vgl. zu dieser Problematik den Nachtrag des Vorsitzenden Richters am BVerwG, Prof. Dr. Uwe Berlit, zum Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6. / 14 –, juris. 48Jedenfalls besteht bei einer unangemessen langen Verfahrensdauer nach der vorzitierten Rechtsprechung des EuGH einunmittelbar aus den Grundrechten abzuleitendes subjekti ves Recht des Asylbewerbersauf Durchführung des Asylverfahrens in dem Mitgliedstaat, welcher die Verzögerung zu verantworten hat . Auch unter Berücksichtigung von Artikel 18 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) und den der Dublin II-VO vorangestellten Erwägungen 4 und 15 kann nicht jegliche Außerachtlassung der Oblie genheit, ein Übernahmeersuchen in angemessener Zeit nach Asylantragstellung an den für zuständig erachteten Mitgliedstaat zu richten, konsequenzlos bleiben. 49VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. April 2014 – 17 L 429/14.A –, juris, Rn. 30 m.w.N. 50Das BVerwG führt in der zitierten Entscheidung, 51Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris, Rn. 7 52a us, dass der Asylbewerber nach der Zustimmung zur Aufnahme durch den aufnehmen den Mitgliedstaat der auf Art ikel 10 Dublin II-VO gegründeten Zuständigkeit (Zuständigkeit wegen illegalen Grenzübertritts) n ur entgegenhalten kann, dass in dem übernehmenden Staat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen bestehen. Hierbei geht es aber nur um Abwehrrechte gegen die Überstellung in den konkreten Staat. Die Frage einer grundrechtsrelevanten unangemessenen Verfahrensdauer war dort nicht Gegenstand des Verfahrens und ist konsequenterweise vom BVerwG von vornherein nicht beantwortet worden. 53Ein anderes Verständnisstünde auch der Rechtsprechung des EuGH entgegen, von der sich das BVerwG nicht abgegrenzt hat . Danach hat 54„der Mitgliedstaat, in dem sich der Asylbewerber befindet, […] jedoch darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt wer den, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zustän digen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Artikels 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 343/2003 selbst prüfen“ 55EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 98 und 108. 56Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der neueren Rechtsprechung des EuGH, 57vgl. Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, juris, 58auf die sich das BVerwG in seiner Entscheidung vom 19. März 2014 indes ausdrücklich stützt. 59Vgl. BVerwG, Beschluss 19. März 2014 – 10 B 6/14 –, juris, Rn. 7. 60Mit der Problematik einer unangemessenen Verfahrensdauer setzt sich der EuGH in die ser Entscheidung nicht auseinander. Zwar heißt es in den Entscheidungsgründen, dass Artikel 19 Absatz 2 Dublin II-VO dahin auszulegen sei, dass in einem Fall, in dem ein Mit gliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung niedergelegten Kriteriums zugestimmt hat, d. h. als der Mitgliedstaat der ersten Einreise des Asylbewerbers in das Unionsgebiet, der Asylbewerber der Heranzie hung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten könne, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 der EU-GR-Charta ausgesetzt zu werden. 61EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, juris, Rn. 62. 62Indes ist diese Antwort in den Kontext des von dem vorlegenden Gericht zu entscheiden den Ausgangsverfahrens und der damit einhergehenden Vorlagenfrage zu setzen. Das von dem vorlegenden Gericht, dem österreichischen Asylgerichtshof, zu entscheidende Ausgangsverfahren betraf – vereinfacht dargestellt – die Situation, dass die Asylbewerbe rin, nachdem Ungarn einer Überstellung zugestimmt und das österreichische Bundesasyl amt daher ihren Asylantrag als unzulässig abgelehnt hatte, erstmals vorgetragen hat, dass nicht Ungarn sondern Griechenland der zuständige Mitgliedstaat sei. Dementsprechend hatte der vorlegende Asylgerichtshof im Ergebnis allein die Frage zu entscheiden, ob sich die Antragstellerin, nachdem Ungarn der Aufnahme der Asylbewerberin zugestimmt hat, noch darauf berufen konnte, dass die Voraussetzungen des Artikel 10 Absatz 1 Dublin II-VO im Hinblick auf den aufnahmebereiten Staat gar nicht erfüllt seien. Die vorliegend zu entscheidende Frage, ob eine unangemessen lange Verfahrensdauer ein subjektives Recht des Asylbewerbers begründet, lag dem Vorlageverfahren danach nicht zu Grunde. Insoweit ist auch nicht erkennbar, dass der EuGH diese Konstellation mitentscheiden und insofern von seiner vorherigen Rechtsprechung abweichen wollte. Dies schon deshalb nicht, weil es bei der Frage nach einer unangemessenen Verfahrensdauer nicht darum geht, welcher (andere) Mitgliedstaat nach der Dublin- Verordnung für die Prüfung eines Asylbegehrens zuständig ist. Es geht vielmehr um die Problematik, dass ein Mitgliedstaat bei einer unangemessen langen Verfahrensdauer zum Schutz der Grundrechte des Asyl bewerbers von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen muss. Der Asylbewerber macht mit anderen Worten nicht geltend, dass ein anderer Mitgliedstaat zuständig (gewor den) ist, sondern dass sich ein Mitgliedstaat infolge einer unangemessenen Verfahrens dauer nicht mehr auf die Zuständigkeitsregeln berufen kann und selbst über das Asylbegeh ren zu befinden hat. 63Vgl. auch VG Cottbus, Beschluss vom 24. Juli 2014 – 1 L 174/14.A –, juris, Rn. 21; VG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 7. Juli 2014 – 3 A 416/14 –, juris, Rn. 39 ff.; VG Göttingen, Beschluss vom 30. Juni 2014 – 2 B 86/14 –, juris, Rn. 22; VG Münster, Beschluss vom 25. Juni 2014 – 9 L 465/14.A –, juris, Rn. 12 ff. m.w.N. 64Liegen die Voraussetzungen des § 27a AsylVfG demnach nicht vor, ist die auf § 34a Ab satz 1 Satz 1 AsylVfG gestützte Abschiebungsanordnung ebenfalls rechtswidrig. 65Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absatz 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegen stands wert ergibt sich aus § 30 Absatz 1 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). 66Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
der bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 30. januar 2014 wird aufgehoben. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die be klagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterle gung in höhe von 110 prozent des auf grund des urteils voll streckbaren be trages abwenden, wenn nicht der kläger vor der voll streckung si cherheit in höhe von 110 prozent des jeweils zu voll streckenden betrages leistet. 1
2der kläger ist guineischer staatsangehöriger. er reiste nach eigenen angaben am 15. november 2012 in die bundesrepublik deutschland ein und beantragte am 4. dezember 2012 die anerkennung als asylberechtigter. 3er hatt t e nach eigenen angaben in der befragung durch das bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) vom 23. april 2013 und ausweislich der abfrage des bundesam tes in der eurodac-datenbank bereits am 13. mai 2012 in belgien asyl beantragt; der an trag ist war abgelehnt worden. 4das bundesamt richtete am 26. november 2013 ein übernahmeersuchen nach der dublin ii-vo an belgien. die belgischen behörden erklärten mit schreiben vom 3. dezember 2013 ihre zuständigkeit für die bearbeitung des asylantrags gemäß artikel 16 absatz 1 buchstabe e dublin ii-vo. 5mit bescheid vom 30. januar 2014, dem kläger zugestellt am 5. februar 2014, lehnte das bundesamt den asylantrag des klägers gemäß § 27a asylverfahrensgesetz (asylvfg) als unzulässig ab und ordnete die abschiebung nach belgien an. 6am 18. februar 2014 hat der kläger klage erhoben. 7er ist der ansicht, dass eine unangemessen lange verfahrensdauer vorliege, da seit der antragstellung am 4. dezember 2012 und der stellung des übernahmeersuchens am 26. november 2013 knapp 12 monate verstrichen seien. 8ursprünglich hat der kläger beantragt, die beklagte unter aufhebung des bescheides des bundesamtes vom 30. januar 2014 zu verpflichten, ihn als asylberechtigten anzuerken nen und ihm die flüchtlingseigenschaft nach § 3 asylvfg zuzuerkennen. 9nach einem entsprechenden hinweis des gerichts, beantragt er nunmehr, 10den bescheid des bundesamtes vom 30. januar 2014 aufzuheben. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung bezieht sie sichdie beklagte auf die angefochtene entscheidung des bundesamtes. 14die beteiligten haben übereinstimmend am 22. juli und 7. august 2014 auf mündliche ver handlung verzichtet (bl. 37 und bl. 39 d. gerichtsakte). 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der ge richtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgängebezug genommen. 16
17die kammer konnte gemäß § 101 absatz 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) über die klage ohne mündliche verhandlung entscheiden, nachdem die beteiligten hierauf ver zichtet haben. 18der kläger konnte sein ursprüngliches verpflichtungsbegehren zu einer anfechtungsklage umstellen, ohne dass es auf die voraussetzungen für eine klageänderung nach § 91 vwgo ankommt. es handelt sich um eine nach § 173 satz 1 vwgo in verbindung mit § 264 nr. 2 zivilprozessordnung (zpo) zulässige beschränkung des klageantrags. 19kopp/schenke, vwgo, 19. aufl. 2013, § 91, rn. 9. 20die klage ist zulässig (vgl. unter i.) und begründet (vgl. unter ii.). 21i. statthafte klageart ist allein die anfechtungsklage gemäß § 42 absatz 1, 1. variante vwgo. der erhebung einer vorrangigen verpflichtungsklage bedarf es nicht. 22der kläger begehrt die aufhebung des ihn belastenden bescheides vom 30. januar 2014, in welchem die beklagte seinen asylantrag gemäß § 27a asylvfg als unzulässig abge lehnt hat. gegen eine solche unzulässigkeitsentscheidung ist ein isoliertes aufhebungs begehren statthaft. die entscheidungen nach § 27a und § 34a absatz 1 satz 1 asylvfg stellen verwaltungsakte im sinne des § 35 satz 1 verwaltungsverfahrensgesetz (vwvfg) dar, deren isolierte aufhebung – anders als in sonstigen fällen eines verpflichtungsbegeh rens – ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre beseitigung grundsätzlich zur formel len und materiellen prüfung des gestellten asylantrages und damit zu dem erstrebten rechtschutzziel führt. denn das bundesamt ist nach aufhebung des bescheides bereits gesetzlich verpflichtet, das asylverfahren durchzuführen, §§ 31, 24 asylvfg. das bundes amt hat sich in den fällen des § 27a asylvfg lediglich mit der – einer materiellen prüfung des asylbegehrens vorgelagerten – frage befasst, welcher staat nach den rechtsvor schriften der europäischen union für die prüfung des asylbegehrens des klägers zustän dig ist; eine prüfung des asylbegehrens ist in der sache nicht erfolgt. mit der aufhebung des bescheides wird ein verfahrenshindernis für die inhaltliche prüfung des asylbegeh rens beseitigt, und das asylverfahren ist in dem stadium, in dem es zu unrecht beendet worden ist, durch das bundesamt weiterzuführen. 23vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, urteil vom 7. märz 2014 ‑ – 1 a 21/12.a –, juris, rn. 28 ff.; oberverwaltungsgericht des landes sachsen-anhalt, urteil vom 2. oktober 2013 – 3 l 643/12 –, juris, rn. 21 f.; vg düsseldorf, urteil vom 27. juni 2014 – 13 k 654/14.a –, urteil vom 26. april 2013 – 17 k 1777/12.a –, juris, rn. 14 und urteil vom 15. januar 2010, – 11 k 8136/09.a –, s. 4; vg köln, urteil vom 27. mai 2014 – 2 k 2273/13.a –, juris, rn. 14; vg münchen, gerichtsbescheid vom 21. mai 2014 – m 21 k 14.30286 –, juris, rn. 15 m.w.n.; vg regensburg, urteil vom 18. juli 2013 – rn 5 k 13.30027 –, juris, rn. 19; vg hamburg, urteil vom 15. märz 2012, – 10 a 227/11 –, juris, rn. 16; vg freiburg (breisgau), beschluss vom 2. februar 2012 – a 4 k 2203/11 –, juris, rn. 2; vg weimar, urteil vom 23. november 2011 – 5 k 20196/10 –, juris, s. 5; vg trier, urteil vom 18. mai 2011, – 5 k 198/11.tr– , juris, rn. 16; vg karlsruhe, urteil vom 3. märz 2010, – a 4 k 4052/08 –, s. 4; vg ansbach, urteil vom 16. september 2009 – an 11 k 09.30200 –, juris, rn. 22; funke-kaiser, in: gk-asylvfg, stand: 101. erg.lieferg. juni 2014, § 27a rn. 21, § 34a rn. 64 f. 24eine verpflichtungsklage, die unmittelbar auf die anerkennung als asylberechtigter, die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 asylvfg oder aber – hilfsweise – die zuerkennung subsidiären schutzes gemäß § 4 asylvfg und die feststellung von abschie bungsverboten nach § 60 absatz 5 und 7 des aufenthaltsgesetzes (aufenthg) gerichtet ist, scheidet ebenso aus. denn eine verpflichtung für das gericht, die sache selbst spruchreif zu machen, besteht nur dann, wenn ein „mit seinem asylantrag beim bundes amt erfolglos gebliebener ausländer“ den klageweg beschreitet. 25bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 6. juli 1998 – 9 c 45.97 – bverwge 107, 128 ff. = juris, rn. 10. 26zwar ist bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher entscheidung der behörde im falle eines gebundenen begünstigenden verwaltungsakts regelmäßig die dem rechtsschutz begehren des klägers allein entsprechende verpflichtungsklage die richtige klageart mit der konsequenz, dass das gericht die sache spruchreif zu machen hat und sich nicht auf eine entscheidung über die anfechtungsklage beschränken darf, die im ergebnis einer zurückverweisung an die verwaltungsbehörde gleichkäme. 27vgl. bverwg, urteil vom 7. märz 1995 – 9 c 264.94 –, juris, rn. 15. 28dieser auch im asylverfahren geltende grundsatz kann jedoch auf behördliche entschei dungen, die – wie hier – auf der grundlage von § 27a asylvfg ergangen sind, keine anwen dung finden. denn im falle einer fehlerhaften ablehnung des asylantrags als un zulässig mangels zuständigkeit ist der antrag in der sache von der zuständigen behörde noch gar nicht geprüft worden. wäre nunmehr das gericht verpflichtet, die sache spruch reif zu machen und durchzuentscheiden, ginge dem kläger eine tatsacheninstanz verlo ren, die mit umfassenderen verfahrensgarantien ausgestattet ist. das gilt sowohl für die verpflichtung der behörde zur persönlichen anhörung (§ 24 absatz 1 satz 3 asylvfg) als auch zur umfassenden sachaufklärung sowie der erhebung der erforderlichen beweise von amts wegen (§ 24 absatz 1 satz 1 asylvfg) ohne die einmonatige präklusionsfrist, wie sie für das gerichtsverfahren in § 74 absatz 2 asylvfg in verbindung mit § 87b absatz 3 vwgo vorgesehen ist. im übrigen führte ein durchentscheiden des gerichts im ergeb nis dazu, dass das gericht nicht eine entscheidung der behörde kontrollieren würde, son dern anstelle der behörde selbst entschiede, was im hinblick auf den grundsatz der ge waltenteilung aus artikel 20 absatz 2 grundgesetz (gg) zumindest bedenklich wäre. 29vg düsseldorf, urteil vom 27. juni 2014 – 13 k 654/14.a –, urteil vom 26. april 2013 ‑ – 17 k 1777/12.a –, juris, rn. 18 und urteil vom 19. märz 2013 – 6 k 2643/12.a –, juris, rn. 16; vg münchen, gerichtsbescheid vom 21. mai 2014 – m 21 k 14.30286 –, juris, rn. 17 f.; vg hamburg, urteil vom 23. april 2014 – 10 a 1242/12 –, juris, rn. 19; vg regensburg, urteil vom 18. juli 2013 – rn 5 k 13.30027 –, juris, rn. 20; vg hannover, urteil vom 7. november 2013 – 2 a 4696/12 –, juris, rn. 20; vg hamburg, urteil vom 18. juli 2013 – 10 a 581/13 –, juris, rn. 18; vg gießen, urteil vom 24. januar 2013 – 6 k 1329/12.gi.a –, juris, rn. 16 f.; vg stuttgart, urteil vom 20. september 2012 – a 11 k 2519/12 –, juris, rn. 15; vg hamburg, urteil vom 15. märz 2012, 10 a 227/11, juris, rn. 16; vg karlsruhe, urteil vom 3. märz 2010, a 4 k 4052/08, s 5; vgl. zum vergleichbaren fall der verfahrenseinstellung nach § 33 asylvfg: bverwg, urteil vom 7. märz 1995 – 9 c 264.94 –, juris, rn. 15 ff. 30überdies würden die vom gesetzgeber im bemühen um verfahrensbeschleunigung dem bundesamt zugewiesenen gestaltungsmöglichkeiten unterlaufen, wenn eine verpflichtung des gerichts zur spruchreifmachung und damit zum „durchentscheiden“ bestünde. ge langt das bundesamt nämlich nach sachlicher prüfung des asylbegehrens zu dem ergeb nis, das begehren sei gemäß §§ 29a, 30 asylvfg offensichtlich unbegründet, so bestimmt § 36 asylvfg das weitere verfahren und sieht eine starke beschleunigung der gerichtli chen kontrolle und ggf. eine kurzfristige beendigung des aufenthalts des klägers vor. eine vergleichbare möglichkeit steht dem gericht nicht zu. stellt sich nämlich das asylbegehren nach gerichtlicher prüfung als schlicht unbegründet dar, bemisst § 38 absatz 1 asylvfg die ausreisefrist auf 30 tage. allerdings müsste sie, da sie nicht vom gericht ausgespro chen werden kann, nachträglich von der behörde festgesetzt werden, was im widerspruch zu dem beschleunigungsgedanken des asylverfahrensgesetzes stünde. 31vg münchen, gerichtsbescheid vom 21. mai 2014 – m 21 k 14.30286 –, juris, rn. 16. 32im falle der aufhebung eines auf der grundlage von § 27a asylvfg ergangenen beschei des ist daher das asylverfahren durch die beklagte weiterzuführen und das asylbegehren von ihr in der sache zu prüfen. 33ii. der angefochtene bescheid des bundesamtes vom 30. januar 2014 ist zu dem für die rechtliche beurteilung maßgeblichen zeitpunkt der entscheidung des gerichts (vgl. § 77 absatz 1 asylverfahrensgesetz - asylvfg) rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten. 34anders als von der beklagten angenommen ist nicht belgien, sondern (inzwischen) die beklagte zur durchführung des asylverfahrens zuständig. gemäß § 27a asylvfg ist ein asylantrag unzulässig, wenn ein anderer staat auf grund von rechtsvorschriften der eu ropäischen gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen vertrages für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist. in einem solchen fall prüft die beklagte den asylantrag nicht, sondern ordnet die abschiebung in den zuständigen staat an (§ 34a absatz 1 satz 1 asylvfg). 35eine zuständigkeit belgiens besteht indes nicht (mehr). maßgebliche rechtsvorschrift zur bestimmung des zuständigen staates ist die verordnung (eg) nr. 343/2003 des rates vom 18. februar 2003 zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedstaats, der für die prüfung eines von einem drittstaatsangehörigen in einem mitgliedstaat gestellten asylantrags zuständig ist (dublin ii-vo). diese findet auf den asylantrag des antragstellers anwendung, obwohl gemäß § 77 absatz 1 satz 1 asylvfg auf die sach- und rechtslage im zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung – bzw. in eilverfahren auf den zeitpunkt der entscheidung abzustellen ist und die nachfolgevorschrift der dublin ii-vo, die verordnung (eu) nr. 604/2013 des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedstaats, der für die prüfung eines von einem drittstaatsangehörigen oder staatenlosen in einem mitgliedstaat gestellten antrags auf internationalen schutz zuständig ist (im folgenden: dublin iii-vo) bereits am 19. juli 2013 in kraft getreten ist. denn gemäß arti kel 49 unterabsatz 2 satz 2 dublin iii-vo bleibt die dublin ii-vo anwendbar für asylan träge, die vor dem 1. januar 2014 gestellt werden. anderes gilt allenfalls im falle von ge suchen um aufnahme oder wiederaufnahme, die ab dem 1. januar 2014 gestellt werden (artikel 49 absatz 2 satz 1 dublin iii-vo). 36vgl. bverwg, urteil vom 17. juni 2014 – 10 c 7.13 –, juris, rn. 27, sowie bereits vg düsseldorf, be schluss vom 12. februar 2014 – 13 l 2428/13.a –, juris rn. 13 = nrwe. 37dies ist hier jedoch nicht der fall. das übernahmeersuchen wurde am 26. november 2013 an belgien gestellt. der überstellung an belgien und damit seiner zuständigkeit für die durchführung des asyl verfahrens steht entgegen, dass seit der stellung des asylantrags am 4. dezember 2012 bis zur stellung des übernahmeersuchens an belgien am 26. november 2013 knapp zwölf monate vergangen sind. fristvorgaben enthält die dublin ii-vo insoweit zwar allein für aufnahmeersuchen (artikel 17 absatz 1 dublin ii-vo), also ersuchen, die darauf gerichtet sind, dass der erstmalige asylantrag von einem anderen mitgliedstaat geprüft werde. wird nach der stellung eines asylantrags in einem anderen mitgliedstaat – vorliegend ausweislich des eurodac-treffers der kategorie 1 und der eige nen angaben des antragstellers in der anhörung beim bundesamt am 23. april 2013 in belgien – ein weiterer asylantrag in der bundesrepublik deutschland gestellt und ersucht die beklagte daraufhin den staat der ersten asylantragstellung um übernahme des asyl bewerbers, handelt es sich um ein wiederaufnahmeersuchen nach artikel 20 dublin ii-vo, das nicht der fristregelung des artikel 17 dublin ii-vo unterfällt. 38vgl. vg düsseldorf, beschlüsse vom 3. april 2014 – 13 l 390/14.a –, juris, rn. 13 und vom 6. februar 2013 – 17 l 150/13.a –, juris rn. 40; vg regensburg, beschluss vom 5. juli 2013 – rn 5 s 13.30273 –, juris rn. 24; vg berlin, beschluss vom 7. oktober 2013 – 33 l 403.13 a –, juris rn. 8. 39es liegt aber ein fall vor, in dem es zum schutz der grundrechte des klägers aufgrund einer unangemessen langen verfahrensdauer der beklagten verwehrt ist, sich auf die zu ständigkeit eines anderen mitgliedstaats zu berufen. nach der rechtsprechung des euro päischen gerichtshofs hat der an sich nach der dublin ii-vo unzuständige mitgliedstaat darauf zu achten, dass eine situation, in der die grundrechte des asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes verfahren zur bestimmung des zuständi gen mitgliedstaats verschlimmert wird. erforderlichenfalls muss er den antrag nach den modalitäten des artikel 3 absatz 2 dublin ii-vo selbst prüfen. 40europäischer gerichtshof (eugh), urteil vom 21. dezember 2011 – c-411/10 et al. –, juris, rn. 108. 41diese vorgabe ist nach auffassung des gerichts auch bei wiederaufnahmeersuchen nach artikel 20 dublin ii-vo zu beachten, auch wenn sich der europäische gerichtshof im konkreten verfahren allein auf ein aufnahmeersuchen nach erstantragstellung im unzuständigen mitgliedstaat bezog. denn die grundrechtliche belastung, welche durch die unangemessen lange verfahrensdauer entsteht, dürfte in beiden fällen vergleichbar sein. 42vgl. vg düsseldorf, beschlüsse vom 3. april 2014 – 13 l 390/14.a –, juris, rn. 17 und vom 24. februar 2014 – 13 l 2685/13.a – juris und www.nrwe.de; vg göttingen, beschluss vom 11. oktober 2013 – 2 b 806/13 –, juris rn. 10; a. a. vg berlin, beschluss vom 24. oktober 2013 ‑ – 33 l 450.13 a –, juris rn. 8. 43anhaltspunkte, ab wann von einer unangemessen langen verfahrensdauer auszugehen ist, hat der europäischen gerichtshof nicht gegeben. nach auffassung des gerichts ist insoweit aber zunächst zu berücksichtigen, dass schon die regelung des artikel 17 dublin ii-vo für aufnahmeersuchen und nunmehr auch artikel 23 absatz 2 dublin iii-vo für wie deraufnahmeersuchen eine regelmäßige frist von zwei bzw. drei monaten vorsieht. deren überschreiten kann dabei nicht gleichgesetzt werden mit der vom europäischen gerichts hof angesprochenen, die grundrechte des asylbewerbers beeinträchtigenden unange messen langen verfahrensdauer. der gesetzlichen wertung des § 24 absatz 4 asylvfg folgend geht das gericht davon aus, dass frühestens nach dem verstreichen eines zeit raums, der der regelmäßigen frist des artikel 17 dublin ii-vo von drei monaten zuzüglich der durch § 24 absatz 4 asylvfg für die innerstaatlich für die entscheidung über den asyl antrag im regelfall vorgesehenen frist von sechs monaten, also insgesamt von neun mo naten, entspricht, von einer unangemessen langen verfahrensdauer ausgegangen werden kann. 44vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 3. april 2014 – 13 l 390/14.a –, juris, rn. 19 sowie i. e. urteil vom 27. august 2013 – 17 k 4737/12.a –, s. 8 des urteilsabdrucks, n. v. 45hier sind zwischen der stellung des asylantrags und der stellung des übernahmeersuchens durch die beklagte knapp zwölf monate vergangen. es sind auch keine um stände erkennbar, die diese ungewöhnlich lange, nach der zitierten rechtsprechung des europäi schen gerichtshofs die grundrechte des klägers verletzende verfahrens dauer im einzel fall rechtfertigen könnte. die beklagte ist daher verpflichtet, nach den modalitäten des arti kel 3 absatz 2 dublin ii-vo den asylantrag des klägers selbst zu prüfen. 46dem kläger ist es auch nicht verwehrt sich hierauf zu berufen. dahingestellt bleiben kann, ob und wann sich ein asylbewerber auf die nichtbeachtung der in der dublin ii-vo bzw. dublin iii-vo geregelten fristen (vgl. artikel 17 absatz 1 und artikel 19 absatz 4 satz 1 dublin ii-vo) berufen kann. 47vgl. zu dieser problematik den nachtrag des vorsitzenden richters am bverwg, prof. dr. uwe berlit, zum beschluss vom 19. märz 2014 – 10 b 6. / 14 –, juris. 48jedenfalls besteht bei einer unangemessen langen verfahrensdauer nach der vorzitierten rechtsprechung des eugh einunmittelbar aus den grundrechten abzuleitendes subjekti ves recht des asylbewerbersauf durchführung des asylverfahrens in dem mitgliedstaat, welcher die verzögerung zu verantworten hat . auch unter berücksichtigung von artikel 18 charta der grundrechte der europäischen union (eu-gr-charta) und den der dublin ii-vo vorangestellten erwägungen 4 und 15 kann nicht jegliche außerachtlassung der oblie genheit, ein übernahmeersuchen in angemessener zeit nach asylantragstellung an den für zuständig erachteten mitgliedstaat zu richten, konsequenzlos bleiben. 49vg düsseldorf, beschluss vom 24. april 2014 – 17 l 429/14.a –, juris, rn. 30 m.w.n. 50das bverwg führt in der zitierten entscheidung, 51beschluss vom 19. märz 2014 – 10 b 6.14 –, juris, rn. 7 52a us, dass der asylbewerber nach der zustimmung zur aufnahme durch den aufnehmen den mitgliedstaat der auf art ikel 10 dublin ii-vo gegründeten zuständigkeit (zuständigkeit wegen illegalen grenzübertritts) n ur entgegenhalten kann, dass in dem übernehmenden staat systemische mängel im asylverfahren und den aufnahmebedingungen bestehen. hierbei geht es aber nur um abwehrrechte gegen die überstellung in den konkreten staat. die frage einer grundrechtsrelevanten unangemessenen verfahrensdauer war dort nicht gegenstand des verfahrens und ist konsequenterweise vom bverwg von vornherein nicht beantwortet worden. 53ein anderes verständnisstünde auch der rechtsprechung des eugh entgegen, von der sich das bverwg nicht abgegrenzt hat . danach hat 54„der mitgliedstaat, in dem sich der asylbewerber befindet, […] jedoch darauf zu achten, dass eine situation, in der die grundrechte des asylbewerbers verletzt wer den, nicht durch ein unangemessen langes verfahren zur bestimmung des zustän digen mitgliedstaats verschlimmert wird. erforderlichenfalls muss er den antrag nach den modalitäten des artikels 3 absatz 2 der verordnung nr. 343/2003 selbst prüfen“ 55eugh, urteil vom 21. dezember 2011 – c-411/10 et al. –, juris, rn. 98 und 108. 56abweichendes ergibt sich auch nicht aus der neueren rechtsprechung des eugh, 57vgl. urteil vom 10. dezember 2013 – c-394/12 –, juris, 58auf die sich das bverwg in seiner entscheidung vom 19. märz 2014 indes ausdrücklich stützt. 59vgl. bverwg, beschluss 19. märz 2014 – 10 b 6/14 –, juris, rn. 7. 60mit der problematik einer unangemessenen verfahrensdauer setzt sich der eugh in die ser entscheidung nicht auseinander. zwar heißt es in den entscheidungsgründen, dass artikel 19 absatz 2 dublin ii-vo dahin auszulegen sei, dass in einem fall, in dem ein mit gliedstaat der aufnahme eines asylbewerbers nach maßgabe des in artikel 10 absatz 1 der verordnung niedergelegten kriteriums zugestimmt hat, d. h. als der mitgliedstaat der ersten einreise des asylbewerbers in das unionsgebiet, der asylbewerber der heranzie hung dieses kriteriums nur damit entgegentreten könne, dass er systemische mängel des asylverfahrens und der aufnahmebedingungen für asylbewerber in diesem mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch tatsachen bestätigte gründe für die annahme darstellen, dass er tatsächlich gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung im sinne von artikel 4 der eu-gr-charta ausgesetzt zu werden. 61eugh, urteil vom 10. dezember 2013 – c-394/12 –, juris, rn. 62. 62indes ist diese antwort in den kontext des von dem vorlegenden gericht zu entscheiden den ausgangsverfahrens und der damit einhergehenden vorlagenfrage zu setzen. das von dem vorlegenden gericht, dem österreichischen asylgerichtshof, zu entscheidende ausgangsverfahren betraf – vereinfacht dargestellt – die situation, dass die asylbewerbe rin, nachdem ungarn einer überstellung zugestimmt und das österreichische bundesasyl amt daher ihren asylantrag als unzulässig abgelehnt hatte, erstmals vorgetragen hat, dass nicht ungarn sondern griechenland der zuständige mitgliedstaat sei. dementsprechend hatte der vorlegende asylgerichtshof im ergebnis allein die frage zu entscheiden, ob sich die antragstellerin, nachdem ungarn der aufnahme der asylbewerberin zugestimmt hat, noch darauf berufen konnte, dass die voraussetzungen des artikel 10 absatz 1 dublin ii-vo im hinblick auf den aufnahmebereiten staat gar nicht erfüllt seien. die vorliegend zu entscheidende frage, ob eine unangemessen lange verfahrensdauer ein subjektives recht des asylbewerbers begründet, lag dem vorlageverfahren danach nicht zu grunde. insoweit ist auch nicht erkennbar, dass der eugh diese konstellation mitentscheiden und insofern von seiner vorherigen rechtsprechung abweichen wollte. dies schon deshalb nicht, weil es bei der frage nach einer unangemessenen verfahrensdauer nicht darum geht, welcher (andere) mitgliedstaat nach der dublin- verordnung für die prüfung eines asylbegehrens zuständig ist. es geht vielmehr um die problematik, dass ein mitgliedstaat bei einer unangemessen langen verfahrensdauer zum schutz der grundrechte des asyl bewerbers von seinem selbsteintrittsrecht gebrauch machen muss. der asylbewerber macht mit anderen worten nicht geltend, dass ein anderer mitgliedstaat zuständig (gewor den) ist, sondern dass sich ein mitgliedstaat infolge einer unangemessenen verfahrens dauer nicht mehr auf die zuständigkeitsregeln berufen kann und selbst über das asylbegeh ren zu befinden hat. 63vgl. auch vg cottbus, beschluss vom 24. juli 2014 – 1 l 174/14.a –, juris, rn. 21; vg oldenburg (oldenburg), urteil vom 7. juli 2014 – 3 a 416/14 –, juris, rn. 39 ff.; vg göttingen, beschluss vom 30. juni 2014 – 2 b 86/14 –, juris, rn. 22; vg münster, beschluss vom 25. juni 2014 – 9 l 465/14.a –, juris, rn. 12 ff. m.w.n. 64liegen die voraussetzungen des § 27a asylvfg demnach nicht vor, ist die auf § 34a ab satz 1 satz 1 asylvfg gestützte abschiebungsanordnung ebenfalls rechtswidrig. 65die kostenentscheidung folgt aus § 154 absatz 1 vwgo, § 83b asylvfg. der gegen stands wert ergibt sich aus § 30 absatz 1 satz 1 rechtsanwaltsvergütungsgesetz (rvg). 66die entscheidung hinsichtlich der vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo.
Klaeger*in
1
330,681
S 20 SO 127/19
2020-08-18T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 21.03.2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2019 verurteilt, der Klägerin 166,47 EUR zu zahlen. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen der Kläge-rin als Nothelfer gem. § 25 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für eine ambulante Behandlung am 08.03.2019 in Höhe von 166,47 EUR. 3Der am xx.xx.xxxx geborene polnische Staatsangehörige F. K. X. (im Folgenden: Patient) ist obdachlos und ohne festen Wohnsitz. Er hat ständig wechselnde Aufenthalte in Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und der Schweiz. In Aachen hält er sich häufig im Obdachlosen-"Cafe Plattform" auf. Er ist weder privat noch gesetzlich kran-kenversichert. Er ist bedürftig im sozialhilferechtlichen Sinne. Er erhält keine laufenden Sozialleistungen. Er leidet an psychischen und Verhaltensstörungen, Leberzirrhose und chronischer Bauchspeicheldrüsenentzündung als Folge einer Alkoholsucht sowie anderen Krankheiten. In den vergangenen Jahren wurde er häufig und wiederholt aus unterschied-lichen Anlässen durch Polizei und Rettungsdienst in die Notaufnahme verschiedener Kran-kenhäuser gebracht und dort teils stationär, teils ambulant behandelt. Der Patient hatte bei seinen verschiedenen Krankenhausaufenthalten bei ihr nicht über die notwendigste Grundausstattung verfügt, weshalb ihm immer wieder Kleidung sowie Körperpflegeutensi-lien zur Verfügung gestellt worden waren. Die Beklagte beglich – teilweise nach gerichtli-chen Auseinandersetzungen (vgl. Urteile des SG Aachen vom 07.02.2017 [S 20 SO 25/16] und vom 26.01.2018 [S 19 SO 135/16]) – die Rechnungen der Klägerin. 4Am Freitag, 08.03.2019, um 15:34 Uhr wurde der Patient in alkoholisiertem Zustand in der Notfallambulanz der Klägerin aufgenommen. Der Patient klagte über epigastrische und thorakale Schmerzen, Übelkeit sowie eine Ausstrahlung der Thoraxschmerzen in die linke Schulter. Es erfolgten eine ausführliche körperliche Untersuchung, ein EKG, eine Laborun-tersuchung und eine Blutgasanalyse. Die Ärzte diagnostizierten eine Alkoholintoxikation bei Verdacht auf Gastritis. Da die Untersuchungen keinen Anhalt für einen Herzinfarkt ergaben, die Schmerzen unter Medikamentengabe und Flüssigkeitszufuhr rückläufig wa-ren und bis zum folgenden Morgen Beschwerdefreiheit erreicht werden konnte, wurde der Patient entlassen. Die Klägerin teilte der Beklagten die Notfallaufnahme mit und beantrag-te die Übernahme der Kosten der ambulanten Behandlung in Höhe von 166,47 EUR (Rech-nung vom 14.08.2019). 5Durch Bescheid vom 21.03.2019 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten der Kran-kenbehandlung ab. Dagegen legte die Klägerin am 16.04.2029 Widerspruch ein, den die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15.07.2019 zurückwies. Die Beklagte begrün-dete ihre Entscheidungen damit, dass die bisherige Kostenübernahmepraxis aufgrund ei-ner gesetzlichen Änderung neu zu überprüfen sei. Mit Wirkung vom 29.12.2016 sei das Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen im SGB II und SGB XII in Kraft getreten. Hierin habe der Gesetzgeber in Reaktion auf die umstrittene Rechtspre-chung des Bundessozialgerichts zum Leistungsanspruch ausländischer Hilfesuchender umfangreiche Änderungen in § 23 SGB XII vorgenommen. Neben den bisherigen Aus-schlusstatbeständen sei in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII nunmehr geregelt, dass Aus-länder und ihre Familienangehörigen, die kein (materielles) Aufenthaltsrecht hätten oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe, keine Leis-tungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII erhielten. Zu den von § 23 Abs. 1 SGB XII umfassten Leistungen zähle auch die Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII. Das materielle Aufent-haltsrecht des Patienten als polnischer Staatsbürger bemesse sich nach den Vorgaben des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsge-setz/EU – FreizügG/EU). Nach § 4 Satz 1 FreizügG/EU hätten nicht erwerbstätige Uni-onsbürger und ihre Familienangehörigen, die den Unionsbürger begleiten oder ihm nach-ziehen, ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungs¬schutz und ausreichende Existenzmittel verfügten. Diese Voraus-setzungen erfülle der Patient offensichtlich nicht, da er weder über Einkommen noch Ver-mögen zur Sicherstellung seines Lebensunterhalts verfüge und darüber hinaus auch sein Krankenversicherungsschutz nicht sichergestellt sei. Diese Situation habe auch schon in der Vergangenheit vorgelegen, sodass der Patient kein materielles Aufenthaltsrecht als nicht erwerbstätiger Unionsbürger habe bzw. gehabt habe. Demnach habe er mangels materiellem Aufenthaltsrecht gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen der Krankenhilfe. Die Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII, wonach abweichend von Satz 1 Nr. 2 und 3 Ausländer und ihre Familien-angehörigen Leistungen nach Absatz 1 Satz 1 und 2 erhalten, wenn sie sich seit mindes-tens fünf Jahren ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten, führe zu keinem anderen Ergebnis, da diese Frist gemäß § 23 Abs. 3 Satz 8 SGB XII erst mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde beginne und der Patient zu keiner Zeit ein-wohnermelderechtlich registriert worden sei. Zwar seien mit der Änderung des § 23 SGB XII ab dem 29.12.2016 Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII neu eingeführt. Diese erhielten Ausländer, welche unter die Ausschlusstatbestände des § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII fallen, bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von einem Monat, einmalig innerhalb von zwei Jahren, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken. Voraussetzung zur Gewährung einer Überbrückungsleistung sei aber u.a. die grundsätzliche Bereitschaft des Antragstellers, in seine Heimat zurückzukehren. Er-klärt sich dieser zur Ausreise nicht bereit zu sein, scheide ein Anspruch auf Überbrü-ckungsleistungen aus. Nach § 23 Abs. 3 Satz 5 Nr. 3 SGB XII umfassten die Überbrü-ckungsleistungen auch die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linde-rung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen. Eine Gewährung von Überbrückungsleistungen scheide jedoch wegen mangelnder Bereitschaft des Patien-ten zur Rückkehr nach Polen aus. Sollte sich ein Leistungsanspruch nach dem Asylbe-werberleistungsgesetz (AsylbIG) ergebe, stünde auch dieser einem Sozialhilfeanspruch entgegen. Denn nach § 23 Abs. 2 SGB XII erhielten Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG keine Leistungen nach dem SGB XII. Der Leistungskata¬log des AsylbIG sei für diesen Personenkreis abschließend. 6Durch Bescheid vom 23.07.2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2019 lehnte die Beklagte den Antrag auf Übernahme der Kosten der Behandlung vom 08.03.2019 in Höhe von 166,47 EUR auch nach dem AsylbLG ab. Sie meinte, ein Not-helferanspruch der Klägerin gem. § 6a AsylbLG bestehe nicht, weil der Patient nicht voll-ziehbar ausreisepflichtig sei und nicht zum Personenkreis des § 1 AsylbLG gehöre. Er ge-nieße als polnischer Staatsbürger solange in Deutschland Freizügigkeit, bis diese seitens des Ausländeramtes formell entzogen werde. Die dagegen erhobene Klage (S 20 AY 48/19 – SG Aachen) nahm die Klägerin nach Hinweisen des Gerichts am 11.05.2020 zu-rück. 7Gegen den Bescheid der Beklagten vom 21.03.2019 in der Fassung des Widerspruchsbe-scheides vom 15.07.2019 hat die Klägerin am 14.08.2019 Klage erhoben. Ihr sei bekannt, dass sich Nothelferansprüche nach dem SGB XII und dem AsylbLG ausschlössen. Träfe jedoch die Auffassung der Beklagten zu, dass Personen wie der Patient weder nach dem SGB XII noch nach dem AsylbLG leistungsberechtigt seien, würden dadurch verfas-sungsmäßige Rechts der betroffenen EU-Bürger – hier: des Patienten – verletzt. EU-Bürger ohne materielles Aufenthaltsrecht seien sozialrechtlich sogar schlechter gestellt als Angehörige von Drittstaaten, denen die Beklagte in vergleichbarer wirtschaftlicher Lage Leistungen nach dem AsylbLG gewähren würde. Erst durch Feststellung des Nichtbeste-hens des Freizügigkeitsrechts würden die EU-Bürger ohne materielles Aufenthaltsrecht sozialrechtlich wieder den Angehörigen der Drittstaaten gleichgestellt. Selbst die Beklagte gestehe zu, dass dies "unlogisch" sei. Die Klägerin hält dies für einen Wertungswider-spruch, der nicht nur unlogisch, sondern auch europarechtlich bedenklich sei, da hier durch eine nationale Regelung EU-Bürger nicht nur schlechter behandelt würden als In-länder, sondern auch schlechter als Angehörige von Drittstaaten. In der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 11.11.2014 (C-333/13) werde zwar ausgeführt, dass Personen, denen nach der Richtlinie 2004/38 kein Aufenthaltsrecht zustehe, nicht unter den gleichen Voraussetzungen wie Inländer Sozialleistungen beanspruchen könnten. Im hier vorliegenden Fall gehe es jedoch auch um die Problematik, dass EU-Bürger ohne Aufenthaltsrecht faktisch auch nicht dieselben Sozialleistungen bekämen wie Angehörige von Drittstaaten, denen z.B. Leistungen nach dem AsylbLG zustünden. Hier finde eine faktische Besserstellung von Drittstaatlern und damit eine Diskriminierung von Unionsbür-gern statt, die europarechtlich so nicht gewollt sein kann. Die Klägerin räumt ein, dass der Ansatz des EuGH, dass ein Mitgliedstaat die Möglichkeit haben müsse, nicht erwerbstäti-gen Unionsbürgern, die von ihrer Freizügigkeit allein mit dem Ziel Gebrauch machten, in den Genuss der Sozialhilfe eines anderen Mitgliedstaates zu kommen, obwohl sie nicht über ausrei-chende Existenzmittel für die Beanspruchung eines Aufenthaltsrechts verfügen, Sozialleis-tungen zu versagen, grundsätzlich richtig sein mag, um nicht die Solidargemeinschaft mit den Kosten für den Lebensunterhalt von Personen ohne Aufenthaltsrecht zu belasten. Vorliegend gehe es aber nicht um den Lebensunterhalt. Wenn die betreffende Person kei-nen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt habe, bedrohe dies die physische Existenz mittel- bis langfristig, aber nicht unmittelbar. Hier gehe es um Krankenbehandlung in ei-nem medizinischen Notfall. Dieser bedrohe die physische Existenz des Betroffenen sofort und unmittelbar und sei daher anders zu bewerten als die Hilfe zum Lebensunterhalt. Der Betroffene verfolge auch nicht allein das Ziel, in den Genuss der Sozialhilfe zu kommen, sondern es gehe um die Akutversorgung im Krankheitsfall, ein Szenario, dass sicher von keinem der Betroffenen zielgerichtet geplant oder gewollt sei. Den Menschen in dieser Si-tuation die Krankenhilfe zu verweigern, stelle einen unmittelbaren Angriff auf die Men-schenwürde dar. Diese könne jedoch als höchstes verfassungsrechtliches Gut nicht durch migrationspolitische Erwägungen relativiert werden. Dass dem Betroffenen die notwendige Krankenbehandlung aufgrund der Pflicht zur Behandlung und Hilfeleistung letztlich immer zuteilwerde, belaste am Ende aber nicht die Solidargemeinschaft, sondern die Kranken-häuser, und zwar mit ganz erheblichen Kosten. In dem hier zu entscheidenden Fall seien die Behandlungskosten überschaubar; in der Summe aller Behandlungsfälle mit gleichem sozialrechtlichem Sachverhalt ergäben sich jedoch für die Klägerin jährlich Kosten im sechsstelligen Bereich, wobei dieser teilweise schon durch einen einzigen Behandlungsfall erreicht werde. Die Klägerin ist der Auffassung, bei verfassungskonformer Auslegung der Ausschlusstatbestände in § 23 Abs. 3 SGB XII sei – unabhängig vom Lebensunterhalt – Krankenhilfe im Akutfall zu gewähren. 8Die Klägerin beantragt, 9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.03.2019 in der Fassung des Wider-spruchsbescheides vom 15.07.2019 zu verurteilen, ihr 166,47 EUR für die Behandlung des Patienten F. K. X. am 08.03.2019 zu zahlen. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Sie wiederholt und vertieft ihre in den angefochtenen Bescheiden vertretene Auffassung. Sie räumt ein, dass EU-Bürger nach der Feststellung über den Verlust oder das Nichtbe-stehen des Freizügigkeitsrechtes leistungsberechtigt nach dem AsylbLG seien; ein we-sentlich schlechterer ausländerrechtlicher Sta¬tus habe also eine deutlich bessere sozial-rechtliche Stellung zur Folge; dies sei unlogisch, aber vom Gesetzgeber so geregelt. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG sei die generelle Freizügigkeitsvermu¬tung, nach der der Aufenthalt eines EU-Ausländers zumindest solange als rechtmäßig angesehen werden müsse, bis die zuständige Ausländerbehörde das Nichtbestehen des Freizügigkeitsrechtes festgestellt und damit die Ausrei¬sepflicht begründet hat, nicht ausreichend. Darüber hinaus gingen die Landessozialgerichte mehrheitlich davon aus, dass § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII nicht ausreisepflichtige Unionsbürger ohne ma¬terielles Aufenthaltsrecht in verfas-sungskonformer Weise von Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII ausschließe. Danach sei § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII sehr wohl mit dem Grundgesetz vereinbar. Auch das Grundrecht auf Ge¬währleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, das das BVerfG aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitet habe, begründe keinen un-be¬dingten Anspruch auf Fürsorgeleistungen. Die Verfassung gebiete nicht die Gewährung voraussetzungsloser Sozialleistungen. Daher mache der Gesetzge¬ber einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen und ähnlichen Leistungen nach dem SGB II, dem SGB XII und dem AsylbLG von zahlreichen formellen und materiellen Voraussetzungen abhängig. Ver-fassungsrechtlich zu rechtfertigen sei dieser Leistungsausschluss, da der Gesetzgeber EU-Bürger ohne materielles Aufenthaltsrecht auch nicht gänzlich von Leistungen ausge-schlossen, sondern für diesen Personenkreis diffe¬renzierte Leistungen vorgesehen habe. So gewährleiste er Überbrückungsleistungen sowie angemessene Kosten der Rückreise gemäß § 23 Abs. 3, 3a SGB XII und erforderlichenfalls Leistungen im Rahmen der Härte-fallregelung des § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII. Damit werde dem vom BVerfG umrissenen grundrechtli¬chen Anspruch auf existenzsichernde Leistungen hinreichend Rechnung getra-gen. Auf solche Leistungen habe der Patient aber keinen Anspruch; seine Ausreisebereit-schaft sei nicht ersichtlich und durch nichts belegt. Die Beklagte beruft sich für den vorlie-genden Fall auf den Ausschlussgrund nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. SGB XII. Der Gesetzgeber habe mit Wirkung ab 29.12.2016 diesen Ausschlussgrund in die Vorschrift aufgenommen. Er beträfe Personen ohne jedes materielle Aufenthaltsrecht. Vom materi-ellen Aufenthaltsrecht zu unterscheiden sei die formelle Freizügigkeitsvermutung für EU-Ausländer. Zu deren rechtmäßiger Einreise nach Deutschland genüge ein gültiger Pass. Aufgrund dieser generellen Freizügigkeitsvermutung müsse der Aufenthalt eines EU-Ausländers zumindest solange als rechtmäßig angesehen werden, bis die zuständige Aus-länderbehörde das Nichtbestehen des Freizügigkeitsrechts aufgrund von § 5 Abs. 4 Frei-zügG/EU festgestellt und damit nach § 7 Abs. 1 FreizügG/EU die sofortige Ausreisepflicht begründet habe. Die Beklagte meint, dass es auf eine solche formelle Freizügigkeit aber nicht ankomme; bei der Beurteilung des Leistungsausschlusses nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. SGB XII sei auf das materielle Aufenthaltsrecht abzustellen. Würde ein An-spruchsausschluss erst bestehen, wenn durch das Ausländeramt das Frei¬zügigkeitsrecht bestandskräftig entzogen sei, bedeute dies, dass jedem EU- Bürger, der mit einem gülti-gen Pass nach Deutschland einreise, bis dahin ein bedingungsloses Grundeinkommen nach dem SGB II und dem SGB XII zustehen würde. Letztlich würden dann auch § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 SGB XII ins Leere laufen. 13Auf ein entsprechendes Auskunftsersuchen des Gerichts hat das Ausländeramt der Städ-teregion Aachen mit Schreiben vom 27.04.2020 mitgeteilt, dass der Patient dort nicht be-kannt und auch nicht im Aus¬länderzentralregister (AZR) registriert sei. Insofern existiere auch keine Ausländerakte. Weiter hat das Ausländeramt erklärt: "Der Verlust des Freizügigkeitsrechts setzt eine Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 4 Frei-zügG/EU voraus. Diese erfolgt durch die zu ständige Ausländerbehörde per Ordnungsver-fügung, wenn ent¬sprechende Umstände bekannt werden (z.B. durch Mitteilung des job-centers). Das Entstehen eines Daueraufenthaltsrechts nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU setzt voraus, dass der Betroffene während einer Aufenthaltszeit von mindestens fünf Jahren ununter-brochen die Freizügigkeitsvoraussetzungen erfüllt hat (z.B. Arbeitnehmerstatus oder aus-reichende Existenzmittel und KV-Schutz). Eine Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 4 Frei-zügG/EU ist auch noch möglich, wenn sich der Unionsbürger zwar bereits fünf Jahre ständig im Bundes gebiet aufgehalten hat, ein Daueraufenthaltsrecht jedoch noch nicht entstanden ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 16.07.15 – 1 C 22.14)." 14Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung der Kammer durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwi-schen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsak-te, der beigezogenen Gerichtsakte S 20 AY 48/19 sowie der Verwaltungsakten der Be-klagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Kammer konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise übereinstimmend einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). 18Die Klage ist zulässig und begründet. 19Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 So-zialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie rechtswidrig sind. Die Klägerin hat gemäß § 25 SGB XII Anspruch auf Erstattung der Kosten in Höhe von 166,47 EUR, die ihr durch die ambulante Krankenbehandlung des Patienten am 08.03.2019 als Nothelferin entstanden sind. 20Nach § 25 SGB XII sind demjenigen, der in einem Eilfall einem Anderen Leistungen er-bracht hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen wären, die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat (Satz 1). Dies gilt nur, wenn die Erstattung in-nerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird (Satz 2). 21Die Klägerin hat dem Patienten Leistungen nach § 48 SGB XII (Hilfe bei Krankheit) er-bracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen der Sozialhilfe von der Beklagten zu erbringen ge-wesen wären. Die Klägerin hat die ambulant am 08.03.2019 – einem Freitag – ab 15:34 Uhr erbrachte Hilfe bereits mit Schreiben vom 11.03.2019 und damit innerhalb angemes-sener Frist beim zuständigen Sozialhilfeträger beantragt. 22Die Beklagte war gemäß §§ 97 Abs. 1, 98 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 3 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 2 SGB XII, §§ 1, 2 Landesausführungsgesetz zum SGB XII für das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) und der Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes NRW für den Nothelferanspruch sachlich und örtlich zuständig, da der Patient, als er im Krankenhaus der Klägerin behandelt wurde, seinen tatsächlichen Aufenthalt im Gebiet der Beklagten hatte. Für die örtliche Zuständigkeit ist wegen der Eilbedürftigkeit der Leistungserbringung durch den Nothelfer der tatsächliche Aufenthalt des Hilfebedürftigen maßgeblich, selbst wenn ein gewöhnlicher Aufenthalt in einem anderen Zuständigkeitsbereich besteht, der – den Eilfall weggedacht – die örtliche Zuständigkeit des dortigen Trägers begründen würde (BSG, Urteil vom 18.11.2014 – B 8 SO 9/13 R). 23Der Sozialhilfeanspruch des Patienten war begründet, weil die Krankenbehandlung not-wendig war, der Patient nicht krankenversichert war und er außerstande war, die Kosten der Krankenbehandlung aus eigenem Einkommen oder Vermögen – andere Einstands-verpflichtete sind nicht ersichtlich – aufzubringen (vgl. § 48 Satz 1 i.V.m. §§ 2 Abs. 1, 19 Abs. 3 SGB XII). 24Die Kammer geht aufgrund der ihr bekannt gewordenen Umstände davon aus, dass der Patient finanziell hilfebedürftig und nicht in der Lage gewesen ist, die Kosten der Kranken-hausbehandlung zu tragen. Er war ohne festen Wohnsitz, kam immer wieder in einer Ob-dachlosenunterkunft ("Cafe Plattform") unter, erhielt keine Sozialleistungen und war bei seinen verschiedenen Krankenhauseinlieferungen derart verarmt, dass er aus dem Fun-dus der Klägerin mit neuer Kleidung und Waschutensilien versorgt wurde. Diese Angaben sind zwar dürftig, weisen den Patienten aber hinreichend als bedürftig aus. 25Die Sozialhilfeleistung stand ihm gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII auch als Ausländer zu, weil er sich am 08.03.2019 in Deutschland aufhielt. Ein Leistungsausschluss gemäß § 23 Abs. 2 oder Abs. 3 SGB XII lag nicht vor. 26§ 23 Abs. 2 SGB XII bestimmt, dass Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG keine Leis-tungen nach Absatz 1 erhalten. Der Patient gehörte am 08.03.2019 nicht zum Personen-kreis der Leistungsberechtigten nach § 1 AsylbLG in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung. Insbesondere war er, wie die Beklagte im Bescheid vom 23.07.2019 und Wider-spruchsbescheid vom 28.11.2019, die Gegenstand des erledigten Gerichtsverfahrens S 20 AY 48/19 waren, zutreffend festgestellt hat, nicht vollziehbar ausreisepflichtig (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG) Zu den weiteren in § 1 AsylbLG genannten Person gehört der Pati-ent ganz offensichtlich nicht. 27Zwar hätte eine Ausreisepflicht des Patienten begründet werden können, wenn er kein Aufenthaltsrecht (mehr) besaß. Vollziehbar ist die Ausreisepflicht jedoch nur unter den Vo-raussetzungen des § 58 Abs. 2 AufenthG kraft Gesetzes, z.B. bei unerlaubter Einreise, die hier für einen polnischen Staatsangehörigen nicht bejaht werden kann. Einen aus-drücklichen Bescheid über den Verlust des Freizügigkeitsrechts (vgl. § 5 Abs. 4 Frei-zügG/EU) oder eine vollziehbare Ausreiseverfügung (vgl. § 7 Abs. 1 FreizügG/EU) lag nicht vor. Die von der Klägerin im Verfahren S 20 AY 48/19 angestellte Erwägung, die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG finde auf alle Ausländer, die sich "illegal" in Deutschland aufhalten, Anwendung, findet im Gesetz keine Stütze. Ausländer, die sich "legal" in Deutschland aufhalten, erfahren den Schutz der einschlägigen Gesetze, Flücht-linge z.B., indem sie die entsprechenden Anträge nach dem AsylbLG oder AufenthG stel-len und zum Personenkreis der Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG gehören. Dazu aber gehörte der Patient nach den dargelegten Umständen am 08.03.2019 nicht. 28Der Sozialhilfeanspruch des Patienten war auch nicht nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen. Danach erhalten Ausländer und ihre Familienangehörigen keine Leistun-gen nach Absatz 1 oder nach dem Vierten Kapitel, wenn 1. sie weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, 2. sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, 3. sie ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Nummer 2 aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Ra-tes vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S. 1) geändert worden ist, ableiten oder 4. sie eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen. 29Dafür, dass der Patient zu den Personen gehört, die unter § 23 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1, 2 (zweite Alternative), 3 oder 4 fallen, ist nichts ersichtlich; dies wird von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Entgegen ihrer Auffassung ist der Patient aber auch keine Person im Sinne von § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, erste Alternative SGB XII. Denn er hatte am 08.03.2019 ein Aufenthaltsrecht. 30Das Aufenthaltsrecht des Patienten, der Staatsangehöriger Polens, eines Mitgliedstaats der EU, ist, bemisst sich nach den Vorgaben des FreizügG/EU. Nach § 2 Abs. 1 Frei-zügG/EU haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. Nach § 4 Satz 1 Frei-zügG/EU haben nicht erwerbstätige Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen, das Recht nach § 2 Abs. 1, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen. Zwar verfügte der Patient am 08.03.2019 weder über einen ausreichenden Krankenversi-cherungsschutz und noch über ausreichende Existenzmittel. Dies allein führt jedoch nicht dazu, dass er kein Aufenthaltsrecht mehr besaß. Denn § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU bestimmt, dass der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 festgestellt werden kann, wenn die Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Abs. 1 innerhalb von fünf Jahren nach Begrün-dung des ständigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet entfallen sind oder nicht vorliegen. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU kann der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 unbeschadet des § 2 Absatz 7 und des § 5 Absatz 4 nur aus Gründen der öffentli-chen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit (Artikel 45 Absatz 3, Artikel 52 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union) festgestellt und die Bescheini-gung über das Daueraufenthaltsrecht oder die Aufenthaltskarte oder Daueraufenthaltskar-te eingezogen werden. Gemäß § 7 FreizügG/EU sind Unionsbürger oder ihre Familienan-gehörigen ausreisepflichtig, wenn die Ausländerbehörde festgestellt hat, dass das Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht. Aus diesen Vorschriften folgt, dass nicht nur der Verlust, sondern auch schon das Nichtbestehen des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts einer förmlichen Feststellung der zuständigen Behörde bedarf (vgl. auch Siefert in jurisPK-SGB XII, § 23 Rz. 83). Dies hat die zuständige Ausländerbehörde hat dem Gericht auf ein entsprechendes Auskunftsersuchen bestätigt. Auf die Fragen des Gerichts, ob ein Uni-onsbürger sein Aufenthaltsrecht nach dem FreizügG/EU automatisch verliert, sobald er weder über einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz noch über ausreichende Existenzmittel verfügt (vgl. § 4 Satz 1 FreizügG/EU) oder ob es für das Nichtbestehen bzw. den Verlust des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts einer förmlichen Feststellung des Nichtbestehens bzw. des Verlustes durch Verwaltungsakte der Ausländerbehörde be-darf, hat die Ausländerbehörde erklärt: "Der Verlust des Freizügigkeitsrechts setzt eine Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU voraus. Diese erfolgt durch die zu stän-dige Ausländerbehörde per Ordnungsverfügung, wenn ent¬sprechende Umstände bekannt werden (z.B. durch Mitteilung des jobcenters)." 31Der Leistungsausschlusstatbestand des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. SGB XII stellt da-rauf ab, ob der Ausländer ein Aufenthaltsrecht hat Das Gesetz es differenziert nicht zwi-schen einem "materiellen" und einem "formellen" Aufenthaltsrecht und auch nicht zwi-schen einer "materiellen" und einer "formellen" Freizügigkeitsberechtigung. Zwar wird in der Literatur und in diversen ober- und höchstgerichtlichen Entscheidungen die Begriffe "materielles Aufenthaltsrecht" und "materielle Freizügigkeitsberechtigung" verwendet. We-der der Kommentarliteratur (vgl. Siefert in jurisPK-SGB XII, § 23 Rz. 83) noch den Ent-scheidungen des LSG Berlin-Brandenburg vom 13.02.2017 (L 23 SO 30/17 B ER) und des LSG NRW vom 12.10.2018 (L 6 AS 500/18 B ER), auf die die Beklagte sich für ihre Auf-fassung beruft, noch irgendeiner anderen Quelle lässt sich entnehmen, dass ein freizügig-keitsberechtigter Bürger eines nichtdeutschen EU-Mitgliedstaates auch ohne Verlustfest-stellung "kein Aufenthaltsrecht" im Sinne von § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. SGB XII ha-ben könnte. Solange nicht von der zuständigen Behörde die Feststellung des Verlustes (oder Nichtbestehens) des Aufenthaltsrechts eines EU-Ausländers getroffen ist, hat er ein Aufenthaltsrecht und ist er keinem Leistungsausschluss gem. § 23 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. SGB XII ausgesetzt. So lag es bei dem Patienten zum hier streiterheblichen Zeitpunkt. 32Im Hinblick darauf kann dahinstehen, ob der Patient aufgrund der Dauer seines Aufenthal-tes in Deutschland ein Daueraufenthaltsrecht gem. § 4a FreizügG/EU und daraus abgelei-tet einen Anspruch auf Sozialhilfe gem. § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII hatte. Insofern sind auch die dazu ergangenen Beschlüsse der 19. Kammer des SG Aachen vom 05.09.2019 (S 19 SO 115/19 ER) und des LSG NRW vom 05.11.2019 (L 12 SO 379/19 B ER), auf die die Beklagte sich für ihre Auffassung beruft, nicht zielführend. Das LSG NRW hat sich mit der Frage, ob der Verlustes eines Aufenthaltsrechts eines feststellenden Verwaltungsak-tes bedarf, überhaupt nicht befasst. 33Der EuGH hat entschieden, dass ein Mitgliedstaat gemäß Art. 7 der Richtlinie 2004/38 die Möglichkeit haben muss, nicht erwerbstätigen Unionsbürgern, die von ihrer Freizügigkeit allein mit dem Ziel Gebrauch machen, in den Genuss der Sozialhilfe eines anderen Mit-gliedstaats zu kommen, obwohl sie nicht über ausreichende Existenzmittel für die Bean-spruchung eines Aufenthaltsrechts verfügen, Sozialleistungen zu versagen (EuGH, Urteil vom 11.11.2014 – C-333/13). Dies sieht auch das BSG so. In Bezug auf den Patienten ist aber bereits fraglich, ob er von seinem Recht auf Freizügigkeit allein mit dem Ziel Ge-brauch macht, in den Genuss der Sozialhilfe zu kommen. In Anbetracht des Krankheitsbil-des des Patienten ist ein auf die Erlangung Sozialhilfe gerichtetes Verhalten und Handeln höchst unwahrscheinlich; dem Gericht ist nicht bekannt, dass der Patient irgendwann ein-mal oder jedenfalls in den letzten Jahren Hilfe zum Lebensunterhalt; Grundsicherung, Krankenhilfe oder andere Leistungen nach dem SGB XII beantragt hätte. Der Gesetzge-ber hat in § 23 Abs. 3 SGB XII die Einzelheiten eines Leistungsausschlusses für Unions-bürger geregelt. Sind aber schon – wie im Fall des Patienten am 08.03.2019 – die Vo-raussetzungen für einen Ausschlussgrund nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, erste Alternative SGB XII nicht erfüllt, kommt es auf die Frage der Vereinbarkeit der konkreten Leistungs-ausschlussnorm mit supranationalem Gemeinschaftsrecht oder nationalem Verfassungs-recht nicht an. Insoweit bedarf es auch keiner gemeinschaftsrechts- oder verfassungskon-formen Auslegung der Vorschrift durch das Gericht. 34Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. 35Die Kammer hat die im Hinblick auf den Wert des Beschwerdegegenstandes an sich nicht statthafte Berufung zugelassen, weil sie der Rechtssache grundsätzlich Bedeutung bei-misst (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 SGG).
die beklagte wird unter aufhebung des bescheides vom 21.03.2019 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 15.07.2019 verurteilt, der klägerin 166,47 eur zu zahlen. die notwendigen außergerichtlichen kosten der klägerin trägt die beklagte. die berufung wird zugelassen. 1
2die beteiligten streiten über einen anspruch auf erstattung der aufwendungen der kläge-rin als nothelfer gem. § 25 zwölftes buch sozialgesetzbuch (sgb xii) für eine ambulante behandlung am 08.03.2019 in höhe von 166,47 eur. 3der am xx.xx.xxxx geborene polnische staatsangehörige f. k. x. (im folgenden: patient) ist obdachlos und ohne festen wohnsitz. er hat ständig wechselnde aufenthalte in deutschland, den niederlanden, belgien, luxemburg und der schweiz. in aachen hält er sich häufig im obdachlosen-"cafe plattform" auf. er ist weder privat noch gesetzlich kran-kenversichert. er ist bedürftig im sozialhilferechtlichen sinne. er erhält keine laufenden sozialleistungen. er leidet an psychischen und verhaltensstörungen, leberzirrhose und chronischer bauchspeicheldrüsenentzündung als folge einer alkoholsucht sowie anderen krankheiten. in den vergangenen jahren wurde er häufig und wiederholt aus unterschied-lichen anlässen durch polizei und rettungsdienst in die notaufnahme verschiedener kran-kenhäuser gebracht und dort teils stationär, teils ambulant behandelt. der patient hatte bei seinen verschiedenen krankenhausaufenthalten bei ihr nicht über die notwendigste grundausstattung verfügt, weshalb ihm immer wieder kleidung sowie körperpflegeutensi-lien zur verfügung gestellt worden waren. die beklagte beglich – teilweise nach gerichtli-chen auseinandersetzungen (vgl. urteile des sg aachen vom 07.02.2017 [s 20 so 25/16] und vom 26.01.2018 [s 19 so 135/16]) – die rechnungen der klägerin. 4am freitag, 08.03.2019, um 15:34 uhr wurde der patient in alkoholisiertem zustand in der notfallambulanz der klägerin aufgenommen. der patient klagte über epigastrische und thorakale schmerzen, übelkeit sowie eine ausstrahlung der thoraxschmerzen in die linke schulter. es erfolgten eine ausführliche körperliche untersuchung, ein ekg, eine laborun-tersuchung und eine blutgasanalyse. die ärzte diagnostizierten eine alkoholintoxikation bei verdacht auf gastritis. da die untersuchungen keinen anhalt für einen herzinfarkt ergaben, die schmerzen unter medikamentengabe und flüssigkeitszufuhr rückläufig wa-ren und bis zum folgenden morgen beschwerdefreiheit erreicht werden konnte, wurde der patient entlassen. die klägerin teilte der beklagten die notfallaufnahme mit und beantrag-te die übernahme der kosten der ambulanten behandlung in höhe von 166,47 eur (rech-nung vom 14.08.2019). 5durch bescheid vom 21.03.2019 lehnte die beklagte die übernahme der kosten der kran-kenbehandlung ab. dagegen legte die klägerin am 16.04.2029 widerspruch ein, den die beklagte durch widerspruchsbescheid vom 15.07.2019 zurückwies. die beklagte begrün-dete ihre entscheidungen damit, dass die bisherige kostenübernahmepraxis aufgrund ei-ner gesetzlichen änderung neu zu überprüfen sei. mit wirkung vom 29.12.2016 sei das gesetz zur regelung von ansprüchen ausländischer personen im sgb ii und sgb xii in kraft getreten. hierin habe der gesetzgeber in reaktion auf die umstrittene rechtspre-chung des bundessozialgerichts zum leistungsanspruch ausländischer hilfesuchender umfangreiche änderungen in § 23 sgb xii vorgenommen. neben den bisherigen aus-schlusstatbeständen sei in § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2 sgb xii nunmehr geregelt, dass aus-länder und ihre familienangehörigen, die kein (materielles) aufenthaltsrecht hätten oder deren aufenthaltsrecht sich allein aus dem zweck der arbeitssuche ergebe, keine leis-tungen nach § 23 abs. 1 sgb xii erhielten. zu den von § 23 abs. 1 sgb xii umfassten leistungen zähle auch die hilfe bei krankheit nach § 48 sgb xii. das materielle aufent-haltsrecht des patienten als polnischer staatsbürger bemesse sich nach den vorgaben des gesetzes über die allgemeine freizügigkeit von unionsbürgern (freizügigkeitsge-setz/eu – freizügg/eu). nach § 4 satz 1 freizügg/eu hätten nicht erwerbstätige uni-onsbürger und ihre familienangehörigen, die den unionsbürger begleiten oder ihm nach-ziehen, ein aufenthaltsrecht nach § 2 abs. 1 freizügg/eu, wenn sie über ausreichenden krankenversicherungs¬schutz und ausreichende existenzmittel verfügten. diese voraus-setzungen erfülle der patient offensichtlich nicht, da er weder über einkommen noch ver-mögen zur sicherstellung seines lebensunterhalts verfüge und darüber hinaus auch sein krankenversicherungsschutz nicht sichergestellt sei. diese situation habe auch schon in der vergangenheit vorgelegen, sodass der patient kein materielles aufenthaltsrecht als nicht erwerbstätiger unionsbürger habe bzw. gehabt habe. demnach habe er mangels materiellem aufenthaltsrecht gemäß § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2 sgb xii keinen anspruch auf gewährung von leistungen der krankenhilfe. die ausnahmeregelung des § 23 abs. 3 satz 7 sgb xii, wonach abweichend von satz 1 nr. 2 und 3 ausländer und ihre familien-angehörigen leistungen nach absatz 1 satz 1 und 2 erhalten, wenn sie sich seit mindes-tens fünf jahren ohne wesentliche unterbrechung im bundesgebiet aufhalten, führe zu keinem anderen ergebnis, da diese frist gemäß § 23 abs. 3 satz 8 sgb xii erst mit der anmeldung bei der zuständigen meldebehörde beginne und der patient zu keiner zeit ein-wohnermelderechtlich registriert worden sei. zwar seien mit der änderung des § 23 sgb xii ab dem 29.12.2016 überbrückungsleistungen nach § 23 abs. 3 satz 3 sgb xii neu eingeführt. diese erhielten ausländer, welche unter die ausschlusstatbestände des § 23 abs. 3 satz 1 sgb xii fallen, bis zur ausreise, längstens jedoch für einen zeitraum von einem monat, einmalig innerhalb von zwei jahren, um den zeitraum bis zur ausreise zu überbrücken. voraussetzung zur gewährung einer überbrückungsleistung sei aber u.a. die grundsätzliche bereitschaft des antragstellers, in seine heimat zurückzukehren. er-klärt sich dieser zur ausreise nicht bereit zu sein, scheide ein anspruch auf überbrü-ckungsleistungen aus. nach § 23 abs. 3 satz 5 nr. 3 sgb xii umfassten die überbrü-ckungsleistungen auch die zur behandlung akuter erkrankungen und schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche behandlung einschließlich der versorgung mit arznei- und verbandmitteln sowie sonstiger zur genesung, zur besserung oder zur linde-rung von krankheiten oder krankheitsfolgen erforderlichen leistungen. eine gewährung von überbrückungsleistungen scheide jedoch wegen mangelnder bereitschaft des patien-ten zur rückkehr nach polen aus. sollte sich ein leistungsanspruch nach dem asylbe-werberleistungsgesetz (asylbig) ergebe, stünde auch dieser einem sozialhilfeanspruch entgegen. denn nach § 23 abs. 2 sgb xii erhielten leistungsberechtigte nach § 1 asylblg keine leistungen nach dem sgb xii. der leistungskata¬log des asylbig sei für diesen personenkreis abschließend. 6durch bescheid vom 23.07.2019 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 28.11.2019 lehnte die beklagte den antrag auf übernahme der kosten der behandlung vom 08.03.2019 in höhe von 166,47 eur auch nach dem asylblg ab. sie meinte, ein not-helferanspruch der klägerin gem. § 6a asylblg bestehe nicht, weil der patient nicht voll-ziehbar ausreisepflichtig sei und nicht zum personenkreis des § 1 asylblg gehöre. er ge-nieße als polnischer staatsbürger solange in deutschland freizügigkeit, bis diese seitens des ausländeramtes formell entzogen werde. die dagegen erhobene klage (s 20 ay 48/19 – sg aachen) nahm die klägerin nach hinweisen des gerichts am 11.05.2020 zu-rück. 7gegen den bescheid der beklagten vom 21.03.2019 in der fassung des widerspruchsbe-scheides vom 15.07.2019 hat die klägerin am 14.08.2019 klage erhoben. ihr sei bekannt, dass sich nothelferansprüche nach dem sgb xii und dem asylblg ausschlössen. träfe jedoch die auffassung der beklagten zu, dass personen wie der patient weder nach dem sgb xii noch nach dem asylblg leistungsberechtigt seien, würden dadurch verfas-sungsmäßige rechts der betroffenen eu-bürger – hier: des patienten – verletzt. eu-bürger ohne materielles aufenthaltsrecht seien sozialrechtlich sogar schlechter gestellt als angehörige von drittstaaten, denen die beklagte in vergleichbarer wirtschaftlicher lage leistungen nach dem asylblg gewähren würde. erst durch feststellung des nichtbeste-hens des freizügigkeitsrechts würden die eu-bürger ohne materielles aufenthaltsrecht sozialrechtlich wieder den angehörigen der drittstaaten gleichgestellt. selbst die beklagte gestehe zu, dass dies "unlogisch" sei. die klägerin hält dies für einen wertungswider-spruch, der nicht nur unlogisch, sondern auch europarechtlich bedenklich sei, da hier durch eine nationale regelung eu-bürger nicht nur schlechter behandelt würden als in-länder, sondern auch schlechter als angehörige von drittstaaten. in der entscheidung des europäischen gerichtshofes (eugh) vom 11.11.2014 (c-333/13) werde zwar ausgeführt, dass personen, denen nach der richtlinie 2004/38 kein aufenthaltsrecht zustehe, nicht unter den gleichen voraussetzungen wie inländer sozialleistungen beanspruchen könnten. im hier vorliegenden fall gehe es jedoch auch um die problematik, dass eu-bürger ohne aufenthaltsrecht faktisch auch nicht dieselben sozialleistungen bekämen wie angehörige von drittstaaten, denen z.b. leistungen nach dem asylblg zustünden. hier finde eine faktische besserstellung von drittstaatlern und damit eine diskriminierung von unionsbür-gern statt, die europarechtlich so nicht gewollt sein kann. die klägerin räumt ein, dass der ansatz des eugh, dass ein mitgliedstaat die möglichkeit haben müsse, nicht erwerbstäti-gen unionsbürgern, die von ihrer freizügigkeit allein mit dem ziel gebrauch machten, in den genuss der sozialhilfe eines anderen mitgliedstaates zu kommen, obwohl sie nicht über ausrei-chende existenzmittel für die beanspruchung eines aufenthaltsrechts verfügen, sozialleis-tungen zu versagen, grundsätzlich richtig sein mag, um nicht die solidargemeinschaft mit den kosten für den lebensunterhalt von personen ohne aufenthaltsrecht zu belasten. vorliegend gehe es aber nicht um den lebensunterhalt. wenn die betreffende person kei-nen anspruch auf hilfe zum lebensunterhalt habe, bedrohe dies die physische existenz mittel- bis langfristig, aber nicht unmittelbar. hier gehe es um krankenbehandlung in ei-nem medizinischen notfall. dieser bedrohe die physische existenz des betroffenen sofort und unmittelbar und sei daher anders zu bewerten als die hilfe zum lebensunterhalt. der betroffene verfolge auch nicht allein das ziel, in den genuss der sozialhilfe zu kommen, sondern es gehe um die akutversorgung im krankheitsfall, ein szenario, dass sicher von keinem der betroffenen zielgerichtet geplant oder gewollt sei. den menschen in dieser si-tuation die krankenhilfe zu verweigern, stelle einen unmittelbaren angriff auf die men-schenwürde dar. diese könne jedoch als höchstes verfassungsrechtliches gut nicht durch migrationspolitische erwägungen relativiert werden. dass dem betroffenen die notwendige krankenbehandlung aufgrund der pflicht zur behandlung und hilfeleistung letztlich immer zuteilwerde, belaste am ende aber nicht die solidargemeinschaft, sondern die kranken-häuser, und zwar mit ganz erheblichen kosten. in dem hier zu entscheidenden fall seien die behandlungskosten überschaubar; in der summe aller behandlungsfälle mit gleichem sozialrechtlichem sachverhalt ergäben sich jedoch für die klägerin jährlich kosten im sechsstelligen bereich, wobei dieser teilweise schon durch einen einzigen behandlungsfall erreicht werde. die klägerin ist der auffassung, bei verfassungskonformer auslegung der ausschlusstatbestände in § 23 abs. 3 sgb xii sei – unabhängig vom lebensunterhalt – krankenhilfe im akutfall zu gewähren. 8die klägerin beantragt, 9die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 21.03.2019 in der fassung des wider-spruchsbescheides vom 15.07.2019 zu verurteilen, ihr 166,47 eur für die behandlung des patienten f. k. x. am 08.03.2019 zu zahlen. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12sie wiederholt und vertieft ihre in den angefochtenen bescheiden vertretene auffassung. sie räumt ein, dass eu-bürger nach der feststellung über den verlust oder das nichtbe-stehen des freizügigkeitsrechtes leistungsberechtigt nach dem asylblg seien; ein we-sentlich schlechterer ausländerrechtlicher sta¬tus habe also eine deutlich bessere sozial-rechtliche stellung zur folge; dies sei unlogisch, aber vom gesetzgeber so geregelt. nach ständiger rechtsprechung des bsg sei die generelle freizügigkeitsvermu¬tung, nach der der aufenthalt eines eu-ausländers zumindest solange als rechtmäßig angesehen werden müsse, bis die zuständige ausländerbehörde das nichtbestehen des freizügigkeitsrechtes festgestellt und damit die ausrei¬sepflicht begründet hat, nicht ausreichend. darüber hinaus gingen die landessozialgerichte mehrheitlich davon aus, dass § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2 sgb xii nicht ausreisepflichtige unionsbürger ohne ma¬terielles aufenthaltsrecht in verfas-sungskonformer weise von leistungen nach § 23 abs. 1 sgb xii ausschließe. danach sei § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2 sgb xii sehr wohl mit dem grundgesetz vereinbar. auch das grundrecht auf ge¬währleistung eines menschenwürdigen existenzminimums, das das bverfg aus art. 1 abs. 1 i.v.m. art. 20 abs. 3 gg abgeleitet habe, begründe keinen un-be¬dingten anspruch auf fürsorgeleistungen. die verfassung gebiete nicht die gewährung voraussetzungsloser sozialleistungen. daher mache der gesetzge¬ber einen anspruch auf grundsicherungsleistungen und ähnlichen leistungen nach dem sgb ii, dem sgb xii und dem asylblg von zahlreichen formellen und materiellen voraussetzungen abhängig. ver-fassungsrechtlich zu rechtfertigen sei dieser leistungsausschluss, da der gesetzgeber eu-bürger ohne materielles aufenthaltsrecht auch nicht gänzlich von leistungen ausge-schlossen, sondern für diesen personenkreis diffe¬renzierte leistungen vorgesehen habe. so gewährleiste er überbrückungsleistungen sowie angemessene kosten der rückreise gemäß § 23 abs. 3, 3a sgb xii und erforderlichenfalls leistungen im rahmen der härte-fallregelung des § 23 abs. 3 satz 6 sgb xii. damit werde dem vom bverfg umrissenen grundrechtli¬chen anspruch auf existenzsichernde leistungen hinreichend rechnung getra-gen. auf solche leistungen habe der patient aber keinen anspruch; seine ausreisebereit-schaft sei nicht ersichtlich und durch nichts belegt. die beklagte beruft sich für den vorlie-genden fall auf den ausschlussgrund nach § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2, 1. alt. sgb xii. der gesetzgeber habe mit wirkung ab 29.12.2016 diesen ausschlussgrund in die vorschrift aufgenommen. er beträfe personen ohne jedes materielle aufenthaltsrecht. vom materi-ellen aufenthaltsrecht zu unterscheiden sei die formelle freizügigkeitsvermutung für eu-ausländer. zu deren rechtmäßiger einreise nach deutschland genüge ein gültiger pass. aufgrund dieser generellen freizügigkeitsvermutung müsse der aufenthalt eines eu-ausländers zumindest solange als rechtmäßig angesehen werden, bis die zuständige aus-länderbehörde das nichtbestehen des freizügigkeitsrechts aufgrund von § 5 abs. 4 frei-zügg/eu festgestellt und damit nach § 7 abs. 1 freizügg/eu die sofortige ausreisepflicht begründet habe. die beklagte meint, dass es auf eine solche formelle freizügigkeit aber nicht ankomme; bei der beurteilung des leistungsausschlusses nach § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2, 1. alt. sgb xii sei auf das materielle aufenthaltsrecht abzustellen. würde ein an-spruchsausschluss erst bestehen, wenn durch das ausländeramt das frei¬zügigkeitsrecht bestandskräftig entzogen sei, bedeute dies, dass jedem eu- bürger, der mit einem gülti-gen pass nach deutschland einreise, bis dahin ein bedingungsloses grundeinkommen nach dem sgb ii und dem sgb xii zustehen würde. letztlich würden dann auch § 23 abs. 3 satz 1 nr. 1 und 3 sgb xii ins leere laufen. 13auf ein entsprechendes auskunftsersuchen des gerichts hat das ausländeramt der städ-teregion aachen mit schreiben vom 27.04.2020 mitgeteilt, dass der patient dort nicht be-kannt und auch nicht im aus¬länderzentralregister (azr) registriert sei. insofern existiere auch keine ausländerakte. weiter hat das ausländeramt erklärt: "der verlust des freizügigkeitsrechts setzt eine verlustfeststellung nach § 5 abs. 4 frei-zügg/eu voraus. diese erfolgt durch die zu ständige ausländerbehörde per ordnungsver-fügung, wenn ent¬sprechende umstände bekannt werden (z.b. durch mitteilung des job-centers). das entstehen eines daueraufenthaltsrechts nach § 4a abs. 1 freizügg/eu setzt voraus, dass der betroffene während einer aufenthaltszeit von mindestens fünf jahren ununter-brochen die freizügigkeitsvoraussetzungen erfüllt hat (z.b. arbeitnehmerstatus oder aus-reichende existenzmittel und kv-schutz). eine verlustfeststellung nach § 5 abs. 4 frei-zügg/eu ist auch noch möglich, wenn sich der unionsbürger zwar bereits fünf jahre ständig im bundes gebiet aufgehalten hat, ein daueraufenthaltsrecht jedoch noch nicht entstanden ist (vgl. bverwg, urteil v. 16.07.15 – 1 c 22.14)." 14die beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer entscheidung der kammer durch urteil ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der zwi-schen den beteiligten gewechselten schriftsätze und den sonstigen inhalt der gerichtsak-te, der beigezogenen gerichtsakte s 20 ay 48/19 sowie der verwaltungsakten der be-klagten, die bei der entscheidung vorgelegen haben, bezug genommen. 16
17die kammer konnte durch urteil ohne mündliche verhandlung entscheiden, weil sich die beteiligten mit dieser verfahrensweise übereinstimmend einverstanden erklärt haben (§ 124 abs. 2 sozialgerichtsgesetz – sgg). 18die klage ist zulässig und begründet. 19die klägerin wird durch die angefochtenen bescheide nicht im sinne des § 54 abs. 2 so-zialgerichtsgesetz (sgg) beschwert, da sie rechtswidrig sind. die klägerin hat gemäß § 25 sgb xii anspruch auf erstattung der kosten in höhe von 166,47 eur, die ihr durch die ambulante krankenbehandlung des patienten am 08.03.2019 als nothelferin entstanden sind. 20nach § 25 sgb xii sind demjenigen, der in einem eilfall einem anderen leistungen er-bracht hat, die bei rechtzeitigem einsetzen von sozialhilfe nicht zu erbringen wären, die aufwendungen in gebotenem umfang zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher pflicht selbst zu tragen hat (satz 1). dies gilt nur, wenn die erstattung in-nerhalb angemessener frist beim zuständigen träger der sozialhilfe beantragt wird (satz 2). 21die klägerin hat dem patienten leistungen nach § 48 sgb xii (hilfe bei krankheit) er-bracht, die bei rechtzeitigem einsetzen der sozialhilfe von der beklagten zu erbringen ge-wesen wären. die klägerin hat die ambulant am 08.03.2019 – einem freitag – ab 15:34 uhr erbrachte hilfe bereits mit schreiben vom 11.03.2019 und damit innerhalb angemes-sener frist beim zuständigen sozialhilfeträger beantragt. 22die beklagte war gemäß §§ 97 abs. 1, 98 abs. 1 s. 1 und abs. 2 s. 3 sgb xii i.v.m. § 3 abs. 2 sgb xii, §§ 1, 2 landesausführungsgesetz zum sgb xii für das land nordrhein-westfalen (nrw) und der ausführungsverordnung zum sgb xii des landes nrw für den nothelferanspruch sachlich und örtlich zuständig, da der patient, als er im krankenhaus der klägerin behandelt wurde, seinen tatsächlichen aufenthalt im gebiet der beklagten hatte. für die örtliche zuständigkeit ist wegen der eilbedürftigkeit der leistungserbringung durch den nothelfer der tatsächliche aufenthalt des hilfebedürftigen maßgeblich, selbst wenn ein gewöhnlicher aufenthalt in einem anderen zuständigkeitsbereich besteht, der – den eilfall weggedacht – die örtliche zuständigkeit des dortigen trägers begründen würde (bsg, urteil vom 18.11.2014 – b 8 so 9/13 r). 23der sozialhilfeanspruch des patienten war begründet, weil die krankenbehandlung not-wendig war, der patient nicht krankenversichert war und er außerstande war, die kosten der krankenbehandlung aus eigenem einkommen oder vermögen – andere einstands-verpflichtete sind nicht ersichtlich – aufzubringen (vgl. § 48 satz 1 i.v.m. §§ 2 abs. 1, 19 abs. 3 sgb xii). 24die kammer geht aufgrund der ihr bekannt gewordenen umstände davon aus, dass der patient finanziell hilfebedürftig und nicht in der lage gewesen ist, die kosten der kranken-hausbehandlung zu tragen. er war ohne festen wohnsitz, kam immer wieder in einer ob-dachlosenunterkunft ("cafe plattform") unter, erhielt keine sozialleistungen und war bei seinen verschiedenen krankenhauseinlieferungen derart verarmt, dass er aus dem fun-dus der klägerin mit neuer kleidung und waschutensilien versorgt wurde. diese angaben sind zwar dürftig, weisen den patienten aber hinreichend als bedürftig aus. 25die sozialhilfeleistung stand ihm gem. § 23 abs. 1 satz 1 sgb xii auch als ausländer zu, weil er sich am 08.03.2019 in deutschland aufhielt. ein leistungsausschluss gemäß § 23 abs. 2 oder abs. 3 sgb xii lag nicht vor. 26§ 23 abs. 2 sgb xii bestimmt, dass leistungsberechtigte nach § 1 asylblg keine leis-tungen nach absatz 1 erhalten. der patient gehörte am 08.03.2019 nicht zum personen-kreis der leistungsberechtigten nach § 1 asylblg in der zu diesem zeitpunkt geltenden fassung. insbesondere war er, wie die beklagte im bescheid vom 23.07.2019 und wider-spruchsbescheid vom 28.11.2019, die gegenstand des erledigten gerichtsverfahrens s 20 ay 48/19 waren, zutreffend festgestellt hat, nicht vollziehbar ausreisepflichtig (vgl. § 1 abs. 1 nr. 5 asylblg) zu den weiteren in § 1 asylblg genannten person gehört der pati-ent ganz offensichtlich nicht. 27zwar hätte eine ausreisepflicht des patienten begründet werden können, wenn er kein aufenthaltsrecht (mehr) besaß. vollziehbar ist die ausreisepflicht jedoch nur unter den vo-raussetzungen des § 58 abs. 2 aufenthg kraft gesetzes, z.b. bei unerlaubter einreise, die hier für einen polnischen staatsangehörigen nicht bejaht werden kann. einen aus-drücklichen bescheid über den verlust des freizügigkeitsrechts (vgl. § 5 abs. 4 frei-zügg/eu) oder eine vollziehbare ausreiseverfügung (vgl. § 7 abs. 1 freizügg/eu) lag nicht vor. die von der klägerin im verfahren s 20 ay 48/19 angestellte erwägung, die vorschrift des § 1 abs. 1 nr. 5 asylblg finde auf alle ausländer, die sich "illegal" in deutschland aufhalten, anwendung, findet im gesetz keine stütze. ausländer, die sich "legal" in deutschland aufhalten, erfahren den schutz der einschlägigen gesetze, flücht-linge z.b., indem sie die entsprechenden anträge nach dem asylblg oder aufenthg stel-len und zum personenkreis der leistungsberechtigten nach dem asylblg gehören. dazu aber gehörte der patient nach den dargelegten umständen am 08.03.2019 nicht. 28der sozialhilfeanspruch des patienten war auch nicht nach § 23 abs. 3 satz 1 sgb xii ausgeschlossen. danach erhalten ausländer und ihre familienangehörigen keine leistun-gen nach absatz 1 oder nach dem vierten kapitel, wenn 1. sie weder in der bundesrepublik deutschland arbeitnehmer oder selbständige noch auf grund des § 2 absatz 3 des freizügigkeitsgesetzes/eu freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei monate ihres aufenthalts, 2. sie kein aufenthaltsrecht haben oder sich ihr aufenthaltsrecht allein aus dem zweck der arbeitsuche ergibt, 3. sie ihr aufenthaltsrecht allein oder neben einem aufenthaltsrecht nach nummer 2 aus artikel 10 der verordnung (eu) nr. 492/2011 des europäischen parlaments und des ra-tes vom 5. april 2011 über die freizügigkeit der arbeitnehmer innerhalb der union (abl. l 141 vom 27.5.2011, s. 1), die durch die verordnung (eu) 2016/589 (abl. l 107 vom 22.4.2016, s. 1) geändert worden ist, ableiten oder 4. sie eingereist sind, um sozialhilfe zu erlangen. 29dafür, dass der patient zu den personen gehört, die unter § 23 abs. 3 satz 1 nrn. 1, 2 (zweite alternative), 3 oder 4 fallen, ist nichts ersichtlich; dies wird von der beklagten auch nicht geltend gemacht. entgegen ihrer auffassung ist der patient aber auch keine person im sinne von § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2, erste alternative sgb xii. denn er hatte am 08.03.2019 ein aufenthaltsrecht. 30das aufenthaltsrecht des patienten, der staatsangehöriger polens, eines mitgliedstaats der eu, ist, bemisst sich nach den vorgaben des freizügg/eu. nach § 2 abs. 1 frei-zügg/eu haben freizügigkeitsberechtigte unionsbürger und ihre familienangehörigen das recht auf einreise und aufenthalt nach maßgabe dieses gesetzes. nach § 4 satz 1 frei-zügg/eu haben nicht erwerbstätige unionsbürger und ihre familienangehörigen, die den unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen, das recht nach § 2 abs. 1, wenn sie über ausreichenden krankenversicherungsschutz und ausreichende existenzmittel verfügen. zwar verfügte der patient am 08.03.2019 weder über einen ausreichenden krankenversi-cherungsschutz und noch über ausreichende existenzmittel. dies allein führt jedoch nicht dazu, dass er kein aufenthaltsrecht mehr besaß. denn § 5 abs. 4 satz 1 freizügg/eu bestimmt, dass der verlust des rechts nach § 2 abs. 1 festgestellt werden kann, wenn die voraussetzungen des rechts nach § 2 abs. 1 innerhalb von fünf jahren nach begrün-dung des ständigen rechtmäßigen aufenthalts im bundesgebiet entfallen sind oder nicht vorliegen. gemäß § 6 abs. 1 satz 1 freizügg/eu kann der verlust des rechts nach § 2 abs. 1 unbeschadet des § 2 absatz 7 und des § 5 absatz 4 nur aus gründen der öffentli-chen ordnung, sicherheit oder gesundheit (artikel 45 absatz 3, artikel 52 absatz 1 des vertrages über die arbeitsweise der europäischen union) festgestellt und die bescheini-gung über das daueraufenthaltsrecht oder die aufenthaltskarte oder daueraufenthaltskar-te eingezogen werden. gemäß § 7 freizügg/eu sind unionsbürger oder ihre familienan-gehörigen ausreisepflichtig, wenn die ausländerbehörde festgestellt hat, dass das recht auf einreise und aufenthalt nicht besteht. aus diesen vorschriften folgt, dass nicht nur der verlust, sondern auch schon das nichtbestehen des unionsrechtlichen aufenthaltsrechts einer förmlichen feststellung der zuständigen behörde bedarf (vgl. auch siefert in jurispk-sgb xii, § 23 rz. 83). dies hat die zuständige ausländerbehörde hat dem gericht auf ein entsprechendes auskunftsersuchen bestätigt. auf die fragen des gerichts, ob ein uni-onsbürger sein aufenthaltsrecht nach dem freizügg/eu automatisch verliert, sobald er weder über einen ausreichenden krankenversicherungsschutz noch über ausreichende existenzmittel verfügt (vgl. § 4 satz 1 freizügg/eu) oder ob es für das nichtbestehen bzw. den verlust des unionsrechtlichen aufenthaltsrechts einer förmlichen feststellung des nichtbestehens bzw. des verlustes durch verwaltungsakte der ausländerbehörde be-darf, hat die ausländerbehörde erklärt: "der verlust des freizügigkeitsrechts setzt eine verlustfeststellung nach § 5 abs. 4 freizügg/eu voraus. diese erfolgt durch die zu stän-dige ausländerbehörde per ordnungsverfügung, wenn ent¬sprechende umstände bekannt werden (z.b. durch mitteilung des jobcenters)." 31der leistungsausschlusstatbestand des § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2, 1. alt. sgb xii stellt da-rauf ab, ob der ausländer ein aufenthaltsrecht hat das gesetz es differenziert nicht zwi-schen einem "materiellen" und einem "formellen" aufenthaltsrecht und auch nicht zwi-schen einer "materiellen" und einer "formellen" freizügigkeitsberechtigung. zwar wird in der literatur und in diversen ober- und höchstgerichtlichen entscheidungen die begriffe "materielles aufenthaltsrecht" und "materielle freizügigkeitsberechtigung" verwendet. we-der der kommentarliteratur (vgl. siefert in jurispk-sgb xii, § 23 rz. 83) noch den ent-scheidungen des lsg berlin-brandenburg vom 13.02.2017 (l 23 so 30/17 b er) und des lsg nrw vom 12.10.2018 (l 6 as 500/18 b er), auf die die beklagte sich für ihre auf-fassung beruft, noch irgendeiner anderen quelle lässt sich entnehmen, dass ein freizügig-keitsberechtigter bürger eines nichtdeutschen eu-mitgliedstaates auch ohne verlustfest-stellung "kein aufenthaltsrecht" im sinne von § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2, 1. alt. sgb xii ha-ben könnte. solange nicht von der zuständigen behörde die feststellung des verlustes (oder nichtbestehens) des aufenthaltsrechts eines eu-ausländers getroffen ist, hat er ein aufenthaltsrecht und ist er keinem leistungsausschluss gem. § 23 abs. 3 satz 1, 1. alt. sgb xii ausgesetzt. so lag es bei dem patienten zum hier streiterheblichen zeitpunkt. 32im hinblick darauf kann dahinstehen, ob der patient aufgrund der dauer seines aufenthal-tes in deutschland ein daueraufenthaltsrecht gem. § 4a freizügg/eu und daraus abgelei-tet einen anspruch auf sozialhilfe gem. § 23 abs. 3 satz 7 sgb xii hatte. insofern sind auch die dazu ergangenen beschlüsse der 19. kammer des sg aachen vom 05.09.2019 (s 19 so 115/19 er) und des lsg nrw vom 05.11.2019 (l 12 so 379/19 b er), auf die die beklagte sich für ihre auffassung beruft, nicht zielführend. das lsg nrw hat sich mit der frage, ob der verlustes eines aufenthaltsrechts eines feststellenden verwaltungsak-tes bedarf, überhaupt nicht befasst. 33der eugh hat entschieden, dass ein mitgliedstaat gemäß art. 7 der richtlinie 2004/38 die möglichkeit haben muss, nicht erwerbstätigen unionsbürgern, die von ihrer freizügigkeit allein mit dem ziel gebrauch machen, in den genuss der sozialhilfe eines anderen mit-gliedstaats zu kommen, obwohl sie nicht über ausreichende existenzmittel für die bean-spruchung eines aufenthaltsrechts verfügen, sozialleistungen zu versagen (eugh, urteil vom 11.11.2014 – c-333/13). dies sieht auch das bsg so. in bezug auf den patienten ist aber bereits fraglich, ob er von seinem recht auf freizügigkeit allein mit dem ziel ge-brauch macht, in den genuss der sozialhilfe zu kommen. in anbetracht des krankheitsbil-des des patienten ist ein auf die erlangung sozialhilfe gerichtetes verhalten und handeln höchst unwahrscheinlich; dem gericht ist nicht bekannt, dass der patient irgendwann ein-mal oder jedenfalls in den letzten jahren hilfe zum lebensunterhalt; grundsicherung, krankenhilfe oder andere leistungen nach dem sgb xii beantragt hätte. der gesetzge-ber hat in § 23 abs. 3 sgb xii die einzelheiten eines leistungsausschlusses für unions-bürger geregelt. sind aber schon – wie im fall des patienten am 08.03.2019 – die vo-raussetzungen für einen ausschlussgrund nach § 23 abs. 3 satz 1 nr. 2, erste alternative sgb xii nicht erfüllt, kommt es auf die frage der vereinbarkeit der konkreten leistungs-ausschlussnorm mit supranationalem gemeinschaftsrecht oder nationalem verfassungs-recht nicht an. insoweit bedarf es auch keiner gemeinschaftsrechts- oder verfassungskon-formen auslegung der vorschrift durch das gericht. 34die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. 35die kammer hat die im hinblick auf den wert des beschwerdegegenstandes an sich nicht statthafte berufung zugelassen, weil sie der rechtssache grundsätzlich bedeutung bei-misst (§ 144 abs. 1 s. 1 nr. 1, abs. 2 nr. 1 sgg).
Klaeger*in
1
343,323
6z K 3860/21
2022-02-01T00:00:00
Gerichtsbescheid
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Gerichtsbescheides vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 5. Dezember 2002 geborene Klägerin erwarb im Juli 2021 in L. die allgemeine Hochschulreife (Abitur) mit der Durchschnittsnote 2,3 (600 Punkte). 3Anschließend bewarb die Klägerin sich bei der Beklagten (unter anderem) um die Zulassung zum Studium der Zahnmedizin. Zugleich machte sie einen Härtefall geltend und legte neben einem Bescheid über ihre Schwerbehinderung (GdB: 50) ein „Fachärztliches Gutachten zur Vorlage bei Hochschulstart“ der Neurologin Prof. Dr. X. (Universitätsklinikum N. ) vor. Dem Gutachten zufolge leidet sie an einer „Gliedergürteldystrophie vom Typ 2E“, einer erblichen, unaufhaltsam fortschreitenden Erkrankung, die – so das Gutachten – dazu führen wird, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zukunft die Belastungen des Studiums nicht durchgestanden werden können. Die Erkrankung manifestiere sich in einer fortschreitenden Schwäche und Atrophie der Muskeln an den rumpfnahen Körperabschnitten, im Verlauf werde die Mobilität eingeschränkt. Im Verlauf kämen auch respiratorische Komplikationen und eine Herzbeteiligung hinzu. Es sei davon auszugehen, dass später der ärztliche Beruf „in einem geeigneten Setting“ ausgeübt werden könne. 4Mit Bescheiden vom 8. September 2021 lehnte die Beklagte den Zulassungsantrag der Klägerin ab und führte unter anderem aus: Der Härtefallantrag sei nicht anerkannt worden, da die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erforderlich sei. 5Die Klägerin hat am 6. Oktober 2021 Klage erhoben. 6Zur Begründung führt sie (im zugehörigen Eilverfahren) unter Vorlage einer ergänzenden Stellungnahme der Gutachterin Prof. Dr. X. vom 4. Oktober 2021 aus: Sie erfülle die Voraussetzungen für eine Härtefallzulassung. Das von ihr vorgelegte Gutachten zeige auf, dass ihre Krankheit unaufhaltsam voranschreiten werde. Aufgrund der individuellen Besonderheiten eines Krankheitsverlaufs blieben naturgemäß Unsicherheiten bestehen; ein exakter Zeitpunkt könne nicht benannt werden. Aus der fachärztlichen Beurteilung ergebe sich aber eindeutig, dass ein Abwarten ihr nicht zugemutet werden könne. 7Die Klägerin beantragt sinngemäß, 8die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 8. September 2021 zu verpflichten, ihr einen Zahnmedizinstudienplatz (erstes Fachsemester) nach den Sach- und Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2021/22 an der Universität in Ulm, hilfsweise in N. , hilfsweise in Greifswald zuzuweisen. 9Die Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Sie tritt der Klage entgegen. 12Die Kammer hat den Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 19. Oktober 2021 (6z L 1306/21) abgelehnt. 13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten übersandten Bewerbungsunterlagen ergänzend Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Die Kammer entscheidet über die Klage gemäß § 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, weil sie der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind dazu gehört worden. 16Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 17Der Ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuteilung des beantragten Studienplatzes im Studiengang Zahnmedizin nach den für das Wintersemester 2021/22 maßgeblichen Regeln und tatsächlichen Verhältnissen. 18Die Kammer hat dazu in ihrem den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (6z L 1306/21) betreffenden Beschluss vom 19. Oktober 2021 ausgeführt: 19„Studienplätze im Studiengang Zahnmedizin werden in einem zentralen Vergabeverfahren nach den Regelungen des in allen Bundesländern ratifizierten, am 1. Dezember 2019 in Kraft getretenen Staatsvertrages über die Hochschulzulassung (Vergabe-Staatsvertrag) in Verbindung mit den in den einzelnen Ländern erlassenen, die Vorgaben des Staatsvertrages konkretisierenden Rechtsverordnungen vergeben. Diese Verordnungen müssen nach Art. 12 Abs. 2 des Vergabe-Staatsvertrages in den für die zentrale Vergabe wesentlichen Punkten übereinstimmen. Im Folgenden wird – auch stellvertretend für die einschlägigen Verordnungen der übrigen Länder – auf die Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen (StudienplatzVVO NRW) vom 13. November 2020 (GVBl. NRW 2020, S. 1060), geändert durch Verordnung vom 29. April 2021 (GVBl. NRW 2021, S. 566), Bezug genommen. 20Die Studienplätze der in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengänge werden in verschiedenen, in Art. 9 und 10 des Vergabe-Staatsvertrages beschriebenen Zulassungsquoten vergeben. Während die Studienplätze der „Zusätzlichen Eignungsquote“ und der „Auswahlquote der Hochschulen“ von den einzelnen Hochschulen vergeben werden, die sich dabei der Unterstützung durch die Antragsgegnerin bedienen, werden die Studienplätze der „Vorabquoten“ und der „Abiturbestenquote“ von der Antragsgegnerin in eigener Verantwortung vergeben (Art. 5 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 Vergabe-Staatsvertrag). 21Die Studienplätze der Abiturbestenquote werden gemäß Artikel 10 Abs. 1 des Vergabe-Staatsvertrages in Verbindung mit § 15 StudienplatzVVO NRW nach dem Ergebnis der Hochschulzugangsberechtigung vergeben. Mit der von ihr im Abitur erreichten Punktzahl 600 (Abiturnote 2,3) erfüllt die Antragstellerin nicht die zum Wintersemester 2021/2022 in der Abiturbestenquote hinsichtlich der von ihr benannten Hochschulen jeweils maßgebliche Auswahlgrenze. 22Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf Auswahl nach Härtegesichtspunkten (§ 10 StudienplatzVVO NRW) glaubhaft gemacht. Die Studienplätze der Härtefallquote werden an Bewerber vergeben, für die es eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde, wenn sie keine Zulassung erhielten. Eine außergewöhnliche Härte liegt gemäß § 10 Satz 2 StudienplatzVVO NRW vor, wenn in der eigenen Person liegende besondere soziale oder familiäre Gründe die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erfordern. Da die Zulassung im Härtefallwege nach dem System des § 8 Abs. 2 StudienplatzVVO NRW zwangsläufig zur Zurückweisung eines anderen, noch nicht zugelassenen Erstbewerbers führt, ist eine strenge Betrachtungsweise geboten. 23Vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW, Beschlüsse vom 17. Mai 2010 - 13 B 504/10 -, und vom 2. Juli 2012 - 13 B 656/12 -, abrufbar auf www.nrwe.de; Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen, Urteil vom 17. August 2015 - 6z K 3872/14 - und Gerichtsbescheid vom 4. Juni 2018 - 6z K 10273/17 -; Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der BRD, 4. Aufl. 2003, § 21 VergabeVO Rn. 1. 24Im Blick zu behalten ist überdies die Funktion der Härtefallregelung. Sie soll – wie schon der Wortlaut der Vorschrift zeigt – innerhalb des notwendigerweise schematisierten Massenverfahrens der Studienzulassung einen Ausgleich für besondere Einzelfälle schaffen, in denen die Anwendung der regulären Auswahlkriterien dem Gebot der Chancengleichheit nicht gerecht wird; nach Möglichkeit soll niemand infolge wirtschaftlicher, gesundheitlicher, familiärer oder sonstiger sozialer Benachteiligungen an der Erreichung seines Berufsziels gehindert werden. Anderen Zwecken – etwa der Kompensation erlittener Schicksalsschläge oder erfahrenen Leids – darf die Härtefallzulassung hingegen nicht dienen. 25Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Juni 2013 - 13 B 440/13 -, vom 11. Dezember 2014 - 13 B 1297/14 - und vom 18. Dezember 2014 - 13 B 1360/14 -; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 21. Dezember 2016 - 6z L 2869/16 - und vom 24. November 2020 - 6z L 1418/20 -, alle auf www.nrwe.de und mit weiteren Nachweisen; Brehm/Maier, DVBl. 2016, 1166 (1169 ff.). 26Gemessen an diesen Überlegungen sind die Voraussetzungen für eine Zulassung nach § 10 StudienplatzVVO NRW vorliegend nicht dargetan. Eine solche Zulassung kommt unter anderem dann in Betracht, wenn nachgewiesen wird, dass eine Krankheit mit Tendenz zur Verschlimmerung vorliegt, die dazu führen wird, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einem späteren Studienbeginn die Belastungen des Studiums in diesem Studiengang nicht durchgestanden werden können. 27So auch die Antragsgegnerin selbst in der auf ihrer Homepage abrufbaren Publikation „Ergänzende Informationen für Ihre Studienplatzbewerbung im Zentralen Vergabeverfahren für bundesweit zulassungsbeschränkte Studiengänge“ (Stand: WS 2021/2022), S. 17 f. 28Insoweit ist als Nachweis ein fachärztliches Gutachten vorzulegen, das zu diesen Kriterien hinreichend Stellung nimmt und konkrete Aussagen über Entstehung, Schwere, Verlauf und Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung sowie eine fundierte Prognose über den weiteren Krankheitsverlauf enthält. 29Das von der Antragstellerin mit den Bewerbungsunterlagen eingereichte „Fachärztliche Gutachten zur Vorlage bei Hochschulstart“ der behandelnden Neurologin Prof. Dr. X. (Universitätsklinik N. ) vom 15. Februar 2021 genügt den vorgenannten Anforderungen nicht. Sie attestiert der Antragstellerin, an einer Gliedergürteldystrophie (Typ 2E) zu leiden. Dabei handele es sich um eine erbliche, unaufhaltsam fortschreitende, bislang nicht ursächlich heilbare Erkrankung, die dazu führen werde, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zukunft die Belastungen des Studiums nicht durchgestanden werden könnten. Die Erkrankung manifestiere sich mit einer fortschreitenden Schwäche und Atrophie der Muskulatur an den rumpfnahen Körperabschnitten. Im Verlauf werde die Mobilität beeinträchtigt und es kämen respiratorische Komplikationen sowie eine Herzbeteiligung hinzu. Es sei aber davon auszugehen, dass der ärztliche Beruf auch später mit zunehmender Behinderung in einem geeigneten Setting ausgeübt werden könne. 30Auf der Grundlage dieser Stellungnahme lässt sich nicht feststellen, dass der eng auszulegende Tatbestand der Härtefallregelung erfüllt ist, obwohl die Antragstellerin zweifellos an einer sehr ernsthaften chronischen Erkrankung leidet. Die Ausführungen zur Prognose des weiteren Krankheitsverlaufs und denkbaren Behandlungsmöglichkeiten reichen insoweit nicht aus. Hierbei verkennt das Gericht nicht, dass eine exakte Vorhersage der zukünftigen gesundheitlichen Entwicklung eines Patienten wegen des stets individuellen Verlaufs einer jeden Erkrankung häufig kaum möglich sein wird. Dennoch erfordert § 10 StudienplatzVVO NRW, dass der Facharzt eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Prognose abgibt und diese eingehend begründet. Denn die Antragsgegnerin und auch das Gericht sind im Interesse der Chancengleichheit der Mitbewerber um einen Medizinstudienplatz gehalten, die ihnen vorgelegten ärztlichen Atteste kritisch zu hinterfragen. Entscheidend ist, dass diejenigen Symptome, die für das Absolvieren des Studiums von besonderer Bedeutung sind und die Wahrscheinlichkeit ihres künftigen Auftretens im Gutachten konkret benannt werden. Angaben zu der Frage, welche Symptome zu welchem Zeitpunkt in der Zukunft nach statistischen Erkenntnissen oder nach der Erfahrung des Arztes mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, ob sie in massiver, die Unterbrechung des Studiums erzwingender Form und für einen mehr als unerheblichen Zeitraum einzutreten pflegen, inwieweit sie durch eine Therapie gelindert werden können und worauf die Prognose beruht, sind unverzichtbar, um die Voraussetzungen des Härtefalltatbestands feststellen und diejenigen Studienbewerber herausfiltern zu können, bei denen eine sofortige Zulassung zur Wahrung der Chancengleichheit geboten ist. 31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Dezember 2018 - 13 B 1561/18 -; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 15. Oktober 2014 - 6z L 1403/14 -, vom 31. März 2017 - 6z L 787/17 - und vom 25. März 2021 - 6z L 303/21 - sowie Urteil vom 17. August 2015 - 6 K 3872/14 -, juris. 32Vorliegend ist auf der Grundlage der Stellungnahme vom 15. Februar 2021 letztlich nicht konkret erkennbar, mit welcher weiteren Entwicklung im Falle der Antragstellerin wann zu rechnen ist und inwieweit diese – auch bei entsprechender Behandlung der zu erwartenden Symptome – den Verlauf eines Zahnmedizinstudiums beeinträchtigen würde. Die Angaben in der Stellungnahme zu diesen Fragen sind deutlich zu pauschal. Es könnte sich in diesem Zusammenhang im Übrigen auch die Frage stellen, ob die Antragstellerin nicht trotz ihres Gesundheitszustands in der Lage ist, durch die Absolvierung der einschlägigen Tests sowie eine einschlägige Berufsausbildung und -tätigkeit Zulassungschancen in der „Zusätzlichen Eignungsquote“ und im „Auswahlverfahren der Hochschulen“ zu erwerben. 33Die im gerichtlichen Verfahren vorgelegte ergänzende Stellungnahme der Neurologin Prof. Dr. X. vom 4. Oktober 2021 hat bei der vorliegenden Entscheidung außer Betracht zu bleiben. Erst im gerichtlichen Verfahren eingereichte Unterlagen dürfen von der Kammer nicht berücksichtigt werden. Denn die für das Auswahl- und Verteilungsverfahren maßgeblichen Unterlagen mussten in Bezug auf das Wintersemester 2021/2022 spätestens bis zum 5. August vorliegen (§ 6 Abs. 1 Satz 3 StudienplatzVVO NRW). Die Vorschrift statuiert eine gesetzliche Ausschlussfrist, so dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Antragsgegnerin über einen Zulassungsantrag auch vom Gericht ausschließlich anhand derjenigen Unterlagen zu prüfen ist, die innerhalb der Bewerbungs- bzw. Nachfrist bei der Antragsgegnerin vorgelegen haben. 34Vgl. auch OVG NRW, Beschlüsse vom 27. Dezember 2017 - 13 B 1333/17 -, www.nrwe.de, und vom 12. Dezember 2018 - 13 B 1561/18 -, n.v., mit weiteren Nachweisen. 35Nach ständiger Rechtsprechung ist die Statuierung der Ausschlussfristen mit Blick auf die Besonderheiten der Studienplatzvergabe sachgerecht und notwendig und unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Von der Antragsgegnerin ist innerhalb eines recht kurzen Zeitraums eine sehr große Zahl von Zulassungsanträgen (mehrere zehntausend) im Zentralen Verfahren zu bearbeiten und praktisch jede nachträgliche Veränderung des Datenbestandes führt zu einer Verschiebung in den Auswahllisten. Das durchzuführende Auswahl- und Verteilungsverfahren kann erst in Gang gesetzt werden, wenn sämtliche für die Auswahl und Verteilung erheblichen Daten aller Bewerber feststehen. Das Interesse der Allgemeinheit und auch der Studienbewerber selbst an einer funktionierenden und rechtzeitigen Vergabe der Studienplätze rechtfertigt eine strikte Handhabung der den Studienbewerbern gesetzten Fristen. 36Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. September 2011 - 13 A 1090/11 - und vom 7. Dezember 2010 - 13 B 1481/10 -, juris; VG Gelsenkirchen, Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2012 - 6z K 4229/12 - sowie Beschlüsse vom 1. Oktober 2015 - 6z L 1905/15 - und vom 10. September 2019 - 6z L 1304/19 -. 37Ohne dass es für die vorliegende Entscheidung darauf ankäme, merkt die Kammer an, dass auch bei Zugrundelegung der ergänzenden Stellungnahme der Neurologin Prof. Dr. X. vom 4. Oktober 2021 fraglich wäre, ob die strengen Voraussetzungen für eine Härtefallzulassung festgestellt werden können. Denn auch in ihren ergänzenden Erläuterungen deutet die Fachärztin letztlich nur vage an, welchen zukünftigen Verlauf die Erkrankung der Antragstellerin nehmen könnte.“ 38An diesen Überlegungen hält die Kammer nach nochmaliger Überprüfung fest. Die Klägerin ist ihnen im Übrigen auch nicht entgegen getreten. 39Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 40Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung. 41Rechtsmittelbelehrung: 42Gegen diesen Gerichtsbescheid können die Beteiligten die Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt. 43Belehrung für den Fall, dass die Zulassung der Berufung beantragt wird: 44Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Über den Antrag, der den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen muss, entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Gerichtsbescheides sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. 45Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 461. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids bestehen, 472. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 483. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 494. der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 505. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 51Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 52Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. 53Belehrung für den Fall, dass mündliche Verhandlung beantragt wird: 54Der Antrag auf mündliche Verhandlung ist bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu stellen. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, gilt der Gerichtsbescheid als nicht ergangen; sonst wirkt er als rechtskräftiges Urteil. 55Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. der gerichtsbescheid ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des gerichtsbescheides vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die am 5. dezember 2002 geborene klägerin erwarb im juli 2021 in l. die allgemeine hochschulreife (abitur) mit der durchschnittsnote 2,3 (600 punkte). 3anschließend bewarb die klägerin sich bei der beklagten (unter anderem) um die zulassung zum studium der zahnmedizin. zugleich machte sie einen härtefall geltend und legte neben einem bescheid über ihre schwerbehinderung (gdb: 50) ein „fachärztliches gutachten zur vorlage bei hochschulstart“ der neurologin prof. dr. x. (universitätsklinikum n. ) vor. dem gutachten zufolge leidet sie an einer „gliedergürteldystrophie vom typ 2e“, einer erblichen, unaufhaltsam fortschreitenden erkrankung, die – so das gutachten – dazu führen wird, dass mit hoher wahrscheinlichkeit in zukunft die belastungen des studiums nicht durchgestanden werden können. die erkrankung manifestiere sich in einer fortschreitenden schwäche und atrophie der muskeln an den rumpfnahen körperabschnitten, im verlauf werde die mobilität eingeschränkt. im verlauf kämen auch respiratorische komplikationen und eine herzbeteiligung hinzu. es sei davon auszugehen, dass später der ärztliche beruf „in einem geeigneten setting“ ausgeübt werden könne. 4mit bescheiden vom 8. september 2021 lehnte die beklagte den zulassungsantrag der klägerin ab und führte unter anderem aus: der härtefallantrag sei nicht anerkannt worden, da die klägerin nicht nachgewiesen habe, dass die sofortige aufnahme des studiums zwingend erforderlich sei. 5die klägerin hat am 6. oktober 2021 klage erhoben. 6zur begründung führt sie (im zugehörigen eilverfahren) unter vorlage einer ergänzenden stellungnahme der gutachterin prof. dr. x. vom 4. oktober 2021 aus: sie erfülle die voraussetzungen für eine härtefallzulassung. das von ihr vorgelegte gutachten zeige auf, dass ihre krankheit unaufhaltsam voranschreiten werde. aufgrund der individuellen besonderheiten eines krankheitsverlaufs blieben naturgemäß unsicherheiten bestehen; ein exakter zeitpunkt könne nicht benannt werden. aus der fachärztlichen beurteilung ergebe sich aber eindeutig, dass ein abwarten ihr nicht zugemutet werden könne. 7die klägerin beantragt sinngemäß, 8die beklagte unter aufhebung des ablehnungsbescheides vom 8. september 2021 zu verpflichten, ihr einen zahnmedizinstudienplatz (erstes fachsemester) nach den sach- und rechtsverhältnissen des wintersemesters 2021/22 an der universität in ulm, hilfsweise in n. , hilfsweise in greifswald zuzuweisen. 9die beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11sie tritt der klage entgegen. 12die kammer hat den antrag der klägerin auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes mit beschluss vom 19. oktober 2021 (6z l 1306/21) abgelehnt. 13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie die von der beklagten übersandten bewerbungsunterlagen ergänzend bezug genommen. 14
15die kammer entscheidet über die klage gemäß § 84 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid, weil sie der auffassung ist, dass die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. die beteiligten sind dazu gehört worden. 16die klage ist zulässig, aber unbegründet. 17der ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. die klägerin hat keinen anspruch auf zuteilung des beantragten studienplatzes im studiengang zahnmedizin nach den für das wintersemester 2021/22 maßgeblichen regeln und tatsächlichen verhältnissen. 18die kammer hat dazu in ihrem den antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes (6z l 1306/21) betreffenden beschluss vom 19. oktober 2021 ausgeführt: 19„studienplätze im studiengang zahnmedizin werden in einem zentralen vergabeverfahren nach den regelungen des in allen bundesländern ratifizierten, am 1. dezember 2019 in kraft getretenen staatsvertrages über die hochschulzulassung (vergabe-staatsvertrag) in verbindung mit den in den einzelnen ländern erlassenen, die vorgaben des staatsvertrages konkretisierenden rechtsverordnungen vergeben. diese verordnungen müssen nach art. 12 abs. 2 des vergabe-staatsvertrages in den für die zentrale vergabe wesentlichen punkten übereinstimmen. im folgenden wird – auch stellvertretend für die einschlägigen verordnungen der übrigen länder – auf die verordnung über die vergabe von studienplätzen in nordrhein-westfalen (studienplatzvvo nrw) vom 13. november 2020 (gvbl. nrw 2020, s. 1060), geändert durch verordnung vom 29. april 2021 (gvbl. nrw 2021, s. 566), bezug genommen. 20die studienplätze der in das zentrale vergabeverfahren einbezogenen studiengänge werden in verschiedenen, in art. 9 und 10 des vergabe-staatsvertrages beschriebenen zulassungsquoten vergeben. während die studienplätze der „zusätzlichen eignungsquote“ und der „auswahlquote der hochschulen“ von den einzelnen hochschulen vergeben werden, die sich dabei der unterstützung durch die antragsgegnerin bedienen, werden die studienplätze der „vorabquoten“ und der „abiturbestenquote“ von der antragsgegnerin in eigener verantwortung vergeben (art. 5 abs. 1, art. 10 abs. 1 vergabe-staatsvertrag). 21die studienplätze der abiturbestenquote werden gemäß artikel 10 abs. 1 des vergabe-staatsvertrages in verbindung mit § 15 studienplatzvvo nrw nach dem ergebnis der hochschulzugangsberechtigung vergeben. mit der von ihr im abitur erreichten punktzahl 600 (abiturnote 2,3) erfüllt die antragstellerin nicht die zum wintersemester 2021/2022 in der abiturbestenquote hinsichtlich der von ihr benannten hochschulen jeweils maßgebliche auswahlgrenze. 22die antragstellerin hat auch keinen anspruch auf auswahl nach härtegesichtspunkten (§ 10 studienplatzvvo nrw) glaubhaft gemacht. die studienplätze der härtefallquote werden an bewerber vergeben, für die es eine außergewöhnliche härte bedeuten würde, wenn sie keine zulassung erhielten. eine außergewöhnliche härte liegt gemäß § 10 satz 2 studienplatzvvo nrw vor, wenn in der eigenen person liegende besondere soziale oder familiäre gründe die sofortige aufnahme des studiums zwingend erfordern. da die zulassung im härtefallwege nach dem system des § 8 abs. 2 studienplatzvvo nrw zwangsläufig zur zurückweisung eines anderen, noch nicht zugelassenen erstbewerbers führt, ist eine strenge betrachtungsweise geboten. 23vgl. oberverwaltungsgericht (ovg) nrw, beschlüsse vom 17. mai 2010 - 13 b 504/10 -, und vom 2. juli 2012 - 13 b 656/12 -, abrufbar auf www.nrwe.de; verwaltungsgericht (vg) gelsenkirchen, urteil vom 17. august 2015 - 6z k 3872/14 - und gerichtsbescheid vom 4. juni 2018 - 6z k 10273/17 -; bahro/berlin, das hochschulzulassungsrecht in der brd, 4. aufl. 2003, § 21 vergabevo rn. 1. 24im blick zu behalten ist überdies die funktion der härtefallregelung. sie soll – wie schon der wortlaut der vorschrift zeigt – innerhalb des notwendigerweise schematisierten massenverfahrens der studienzulassung einen ausgleich für besondere einzelfälle schaffen, in denen die anwendung der regulären auswahlkriterien dem gebot der chancengleichheit nicht gerecht wird; nach möglichkeit soll niemand infolge wirtschaftlicher, gesundheitlicher, familiärer oder sonstiger sozialer benachteiligungen an der erreichung seines berufsziels gehindert werden. anderen zwecken – etwa der kompensation erlittener schicksalsschläge oder erfahrenen leids – darf die härtefallzulassung hingegen nicht dienen. 25vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 14. juni 2013 - 13 b 440/13 -, vom 11. dezember 2014 - 13 b 1297/14 - und vom 18. dezember 2014 - 13 b 1360/14 -; vg gelsenkirchen, beschlüsse vom 21. dezember 2016 - 6z l 2869/16 - und vom 24. november 2020 - 6z l 1418/20 -, alle auf www.nrwe.de und mit weiteren nachweisen; brehm/maier, dvbl. 2016, 1166 (1169 ff.). 26gemessen an diesen überlegungen sind die voraussetzungen für eine zulassung nach § 10 studienplatzvvo nrw vorliegend nicht dargetan. eine solche zulassung kommt unter anderem dann in betracht, wenn nachgewiesen wird, dass eine krankheit mit tendenz zur verschlimmerung vorliegt, die dazu führen wird, dass mit hoher wahrscheinlichkeit bei einem späteren studienbeginn die belastungen des studiums in diesem studiengang nicht durchgestanden werden können. 27so auch die antragsgegnerin selbst in der auf ihrer homepage abrufbaren publikation „ergänzende informationen für ihre studienplatzbewerbung im zentralen vergabeverfahren für bundesweit zulassungsbeschränkte studiengänge“ (stand: ws 2021/2022), s. 17 f. 28insoweit ist als nachweis ein fachärztliches gutachten vorzulegen, das zu diesen kriterien hinreichend stellung nimmt und konkrete aussagen über entstehung, schwere, verlauf und behandlungsmöglichkeiten der erkrankung sowie eine fundierte prognose über den weiteren krankheitsverlauf enthält. 29das von der antragstellerin mit den bewerbungsunterlagen eingereichte „fachärztliche gutachten zur vorlage bei hochschulstart“ der behandelnden neurologin prof. dr. x. (universitätsklinik n. ) vom 15. februar 2021 genügt den vorgenannten anforderungen nicht. sie attestiert der antragstellerin, an einer gliedergürteldystrophie (typ 2e) zu leiden. dabei handele es sich um eine erbliche, unaufhaltsam fortschreitende, bislang nicht ursächlich heilbare erkrankung, die dazu führen werde, dass mit hoher wahrscheinlichkeit in zukunft die belastungen des studiums nicht durchgestanden werden könnten. die erkrankung manifestiere sich mit einer fortschreitenden schwäche und atrophie der muskulatur an den rumpfnahen körperabschnitten. im verlauf werde die mobilität beeinträchtigt und es kämen respiratorische komplikationen sowie eine herzbeteiligung hinzu. es sei aber davon auszugehen, dass der ärztliche beruf auch später mit zunehmender behinderung in einem geeigneten setting ausgeübt werden könne. 30auf der grundlage dieser stellungnahme lässt sich nicht feststellen, dass der eng auszulegende tatbestand der härtefallregelung erfüllt ist, obwohl die antragstellerin zweifellos an einer sehr ernsthaften chronischen erkrankung leidet. die ausführungen zur prognose des weiteren krankheitsverlaufs und denkbaren behandlungsmöglichkeiten reichen insoweit nicht aus. hierbei verkennt das gericht nicht, dass eine exakte vorhersage der zukünftigen gesundheitlichen entwicklung eines patienten wegen des stets individuellen verlaufs einer jeden erkrankung häufig kaum möglich sein wird. dennoch erfordert § 10 studienplatzvvo nrw, dass der facharzt eine auf den konkreten einzelfall bezogene prognose abgibt und diese eingehend begründet. denn die antragsgegnerin und auch das gericht sind im interesse der chancengleichheit der mitbewerber um einen medizinstudienplatz gehalten, die ihnen vorgelegten ärztlichen atteste kritisch zu hinterfragen. entscheidend ist, dass diejenigen symptome, die für das absolvieren des studiums von besonderer bedeutung sind und die wahrscheinlichkeit ihres künftigen auftretens im gutachten konkret benannt werden. angaben zu der frage, welche symptome zu welchem zeitpunkt in der zukunft nach statistischen erkenntnissen oder nach der erfahrung des arztes mit einiger wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, ob sie in massiver, die unterbrechung des studiums erzwingender form und für einen mehr als unerheblichen zeitraum einzutreten pflegen, inwieweit sie durch eine therapie gelindert werden können und worauf die prognose beruht, sind unverzichtbar, um die voraussetzungen des härtefalltatbestands feststellen und diejenigen studienbewerber herausfiltern zu können, bei denen eine sofortige zulassung zur wahrung der chancengleichheit geboten ist. 31vgl. ovg nrw, beschluss vom 12. dezember 2018 - 13 b 1561/18 -; vg gelsenkirchen, beschlüsse vom 15. oktober 2014 - 6z l 1403/14 -, vom 31. märz 2017 - 6z l 787/17 - und vom 25. märz 2021 - 6z l 303/21 - sowie urteil vom 17. august 2015 - 6 k 3872/14 -, juris. 32vorliegend ist auf der grundlage der stellungnahme vom 15. februar 2021 letztlich nicht konkret erkennbar, mit welcher weiteren entwicklung im falle der antragstellerin wann zu rechnen ist und inwieweit diese – auch bei entsprechender behandlung der zu erwartenden symptome – den verlauf eines zahnmedizinstudiums beeinträchtigen würde. die angaben in der stellungnahme zu diesen fragen sind deutlich zu pauschal. es könnte sich in diesem zusammenhang im übrigen auch die frage stellen, ob die antragstellerin nicht trotz ihres gesundheitszustands in der lage ist, durch die absolvierung der einschlägigen tests sowie eine einschlägige berufsausbildung und -tätigkeit zulassungschancen in der „zusätzlichen eignungsquote“ und im „auswahlverfahren der hochschulen“ zu erwerben. 33die im gerichtlichen verfahren vorgelegte ergänzende stellungnahme der neurologin prof. dr. x. vom 4. oktober 2021 hat bei der vorliegenden entscheidung außer betracht zu bleiben. erst im gerichtlichen verfahren eingereichte unterlagen dürfen von der kammer nicht berücksichtigt werden. denn die für das auswahl- und verteilungsverfahren maßgeblichen unterlagen mussten in bezug auf das wintersemester 2021/2022 spätestens bis zum 5. august vorliegen (§ 6 abs. 1 satz 3 studienplatzvvo nrw). die vorschrift statuiert eine gesetzliche ausschlussfrist, so dass die rechtmäßigkeit der entscheidung der antragsgegnerin über einen zulassungsantrag auch vom gericht ausschließlich anhand derjenigen unterlagen zu prüfen ist, die innerhalb der bewerbungs- bzw. nachfrist bei der antragsgegnerin vorgelegen haben. 34vgl. auch ovg nrw, beschlüsse vom 27. dezember 2017 - 13 b 1333/17 -, www.nrwe.de, und vom 12. dezember 2018 - 13 b 1561/18 -, n.v., mit weiteren nachweisen. 35nach ständiger rechtsprechung ist die statuierung der ausschlussfristen mit blick auf die besonderheiten der studienplatzvergabe sachgerecht und notwendig und unterliegt keinen verfassungsrechtlichen bedenken. von der antragsgegnerin ist innerhalb eines recht kurzen zeitraums eine sehr große zahl von zulassungsanträgen (mehrere zehntausend) im zentralen verfahren zu bearbeiten und praktisch jede nachträgliche veränderung des datenbestandes führt zu einer verschiebung in den auswahllisten. das durchzuführende auswahl- und verteilungsverfahren kann erst in gang gesetzt werden, wenn sämtliche für die auswahl und verteilung erheblichen daten aller bewerber feststehen. das interesse der allgemeinheit und auch der studienbewerber selbst an einer funktionierenden und rechtzeitigen vergabe der studienplätze rechtfertigt eine strikte handhabung der den studienbewerbern gesetzten fristen. 36vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 12. september 2011 - 13 a 1090/11 - und vom 7. dezember 2010 - 13 b 1481/10 -, juris; vg gelsenkirchen, gerichtsbescheid vom 13. dezember 2012 - 6z k 4229/12 - sowie beschlüsse vom 1. oktober 2015 - 6z l 1905/15 - und vom 10. september 2019 - 6z l 1304/19 -. 37ohne dass es für die vorliegende entscheidung darauf ankäme, merkt die kammer an, dass auch bei zugrundelegung der ergänzenden stellungnahme der neurologin prof. dr. x. vom 4. oktober 2021 fraglich wäre, ob die strengen voraussetzungen für eine härtefallzulassung festgestellt werden können. denn auch in ihren ergänzenden erläuterungen deutet die fachärztin letztlich nur vage an, welchen zukünftigen verlauf die erkrankung der antragstellerin nehmen könnte.“ 38an diesen überlegungen hält die kammer nach nochmaliger überprüfung fest. die klägerin ist ihnen im übrigen auch nicht entgegen getreten. 39die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 40die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung. 41rechtsmittelbelehrung: 42gegen diesen gerichtsbescheid können die beteiligten die zulassung der berufung oder mündliche verhandlung beantragen; wird von beiden rechtsbehelfen gebrauch gemacht, findet mündliche verhandlung statt. 43belehrung für den fall, dass die zulassung der berufung beantragt wird: 44die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des gerichtsbescheids schriftlich bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. über den antrag, der den angefochtenen gerichtsbescheid bezeichnen muss, entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des gerichtsbescheides sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich einzureichen. 45die berufung ist nur zuzulassen, wenn 461. ernstliche zweifel an der richtigkeit des gerichtsbescheids bestehen, 472. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 483. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 494. der gerichtsbescheid von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 505. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 51auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 52im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. 53belehrung für den fall, dass mündliche verhandlung beantragt wird: 54der antrag auf mündliche verhandlung ist bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, innerhalb eines monats nach zustellung des gerichtsbescheids schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle zu stellen. wird der antrag rechtzeitig gestellt, gilt der gerichtsbescheid als nicht ergangen; sonst wirkt er als rechtskräftiges urteil. 55auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen.
Verklagte*r
0
325,058
6z K 4077/19
2020-01-02T00:00:00
Gerichtsbescheid
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Gerichtsbescheides vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 00.00.0000 geborene Klägerin erwarb am 00.00.0000 die Hochschulzugangsberechtigung mit einer Durchschnittsnote von 1,7. Am 00.00.0000 bewarb sie sich bei der Beklagten um die Zulassung zum Studium der Zahnmedizin für das Wintersemester 2019/20. Hierbei begehrte sie sowohl eine Teilnahme an der Auswahl in der Abiturbestenquote als auch am Auswahlverfahren der Hochschulen. 3Sie stellte zusätzlich einen Antrag auf Verbesserung der Durchschnittsnote (Antrag E) mit der Begründung, dass sie im Alter von 15 Jahren für ein Jahr in den Nationalkader (D/C-Kader) des alpinen Deutschen Skiverbandes aufgenommen worden sei und in dieser Zeit eine Eliteschule des Sports, das H. -Gymnasium in P. , besucht habe. Zur Qualifizierungsphase sei sie zurück an ein Gymnasium in H1. (Baden-Württemberg) gewechselt. Die Vorbereitung im Rahmen der letzten beiden abiturrelevanten Schuljahre sei durch jahrelange Lern- und Wissensdefizite geprägt gewesen. Zum Nachweis legte sie ein Gutachten des X. -Gymnasiums in H1. vor, in dem ausgeführt wird, dass die Abiturnote hätte besser ausfallen können, wenn die Klägerin mehr Zeit zum Lernen hätte investieren können und dass die erzielte Note durch ihr leistungssportliches Engagement ab der fünften Schulklasse bedingt sei. Eine Bezifferung der potentiellen Verbesserung sei nur schwer möglich, aber „anzuraten“. Indiziert werde dies durch die nahtlose Rückkehr der Klägerin in die baden-württembergische gymnasiale Oberstufe nach dem Besuch der Eliteschule des Sports in Bayern. Darüber hinaus legte die Klägerin eine Bestätigung des Deutschen Skiverbandes über ihre Zugehörigkeit zum D/C-Kader in der Zeit von N. 0000 bis B 0000 und über den Besuch des H. -Gymnasiums im Schuljahr 2016/17 sowie diverse, diesen Zeitraum betreffende Trainingspläne vor. 4Mit Bescheid vom 00.00.0000 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Zulassung zum Studium in der Abiturbestenquote mit der Begründung ab, sie habe die bestehende Auswahlgrenze nicht erreicht. Dem Antrag auf Nachteilsausgleich habe nicht entsprochen werden können, da die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass sie eine bessere Durchschnittsnote erreicht hätte, wenn die vorgetragenen Umstände nicht eingetreten wären. 5Dagegen hat die Klägerin am 00.00.0000 die vorliegende Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass sich ihre Mitgliedschaft in dem Nationalteam zweifelsfrei auf ihre Abiturnote ausgewirkt habe. Dies sei durch die vorgelegten Gutachten belegt. Ihr sei zudem zugesagt worden, dass die Abiturnote „nach menschlichem Ermessen bzw. Erfahrungswerten des täglichen Lebens“ angehoben werde, für den Fall, dass die Gutachter keine konkrete Empfehlung in Zahlen geben würden. Eine solche konkrete Angabe wäre auch rein spekulativ, weil nicht feststellbar sei, wie der Leistungssport die Abiturnote beeinflusst hätte. Vor allem sei ein Vergleich mit den Zeugnissen der Zeit vor der Kaderzugehörigkeit nicht hilfreich, weil ihre Noten während der gesamten Schulzeit durch ihr sportliches Engagement negativ beeinflusst worden seien. Jedenfalls die Schulwechsel in der Zeit vor den beiden Abiturjahren hätten sich fraglos, unter anderem wegen der unterschiedlichen Curricula in den beiden Bundesländern, negativ auf die Abschlussnote ausgewirkt. 6Die Klägerin beantragt (schriftsätzlich) sinngemäß, 7die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 00.00.0000 zu verpflichten, ihr einen Studienplatz im Fach Zahnmedizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2019/20 zuzuweisen. 8Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich), 9die Klage abzuweisen. 10Zur Begründung führt sie aus, die Klägerin habe zwar ihre Mitgliedschaft im D/C-Kader als möglicherweise leistungsbeeinträchtigenden Umstand nachgewiesen. Nicht hinreichend belegt sei jedoch, wie sich dieser Umstand konkret auf die von ihr erzielte Abiturdurchschnittsnote ausgewirkt habe. Hierfür sei unter anderem ein Gutachten der Schule beizubringen, das insbesondere Angaben dazu enthalte, welche Auswirkungen die für die Leistungsbeeinträchtigung maßgeblichen Umstände auf die Leistungen in den einzelnen Unterrichtsfächern nach dem Urteil der jeweiligen Fachlehrkräfte hatten und welche höhere Punktzahl ohne Beeinträchtigung zu erwarten gewesen wäre. Ein solches Gutachten sei von der Klägerin nicht vorgelegt worden. Das X. -Gymnasium sei objektiv nicht dazu in der Lage, Angaben zu den Leistungsbeeinträchtigungen aufgrund der Kaderzugehörigkeit zu machen, da die Klägerin zum Zeitpunkt des Besuchs dieser Schule den Kader bereits verlassen hatte. In dem Gutachten werde zudem von einer generellen Belastung aufgrund des Leistungssports während der Schulzeit ausgegangen. Im Rahmen des Nachteilsausgleichs könnten aber lediglich Nachteile berücksichtigt werden, die durch den Mehreinsatz im Rahmen der Kaderzugehörigkeit entstanden seien. Ein Nachteil durch den Besuch der Eliteschule des Sports, die darauf ausgerichtet sei, neben schulischen Leistungen sportliche Höchstleistungen zu fördern und beide Bereiche zu verbinden, sei nicht zu erkennen, zumal die Wahl der Schule eine selbst zu vertretende Entscheidung darstelle, die nicht ausgleichsfähig sei. 11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen. 12Entscheidungsgründe: 13Die Kammer entscheidet über die Klage gemäß § 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, weil sie der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. 14Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 15Der Ablehnungsbescheid verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuteilung des beantragten Studienplatzes im Studiengang Zahnmedizin nach den für das Wintersemester 2019/20 maßgeblichen Regeln und tatsächlichen Verhältnissen. 16Studienplätze im Studiengang Zahnmedizin werden gemäß § 1 Satz 2 der Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen – VergabeVO – in Verbindung mit ihrer Anlage 1 in einem zentralen Vergabeverfahren nach Maßgabe der §§ 6 ff. VergabeVO vergeben. Die Klägerin erreicht mit ihrer Abiturnote (1,7) nicht die maßgebliche Auswahlgrenze. Für eine Auswahl in der Abiturbestenquote war bei Abiturienten aus Baden-Württemberg zum Wintersemester 2019/20 eine Note von 1,2 erforderlich. 17Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Verbesserung ihrer Durchschnittsnote im Wege des Nachteilsausgleichs. § 11 Abs. 5 VergabeVO ermöglicht einen Nachteilsausgleich, wenn ein Studienbewerber durch in der eigenen Person liegende, nicht selbst zu vertretende Gründe daran gehindert war, eine bessere Durchschnittsnote zu erreichen. Bei der Auslegung dieses Tatbestandes ist zu berücksichtigen, dass 18die Abiturnote im Verfahren zur Vergabe von Medizinstudienplätzen eine überragende Rolle spielt. Sowohl in der Abiturbestenquote als auch im Auswahlverfahren der Hochschulen kann ein Unterschied im Umfang von einer Zehntelnotenstufe über die Frage nicht nur der Ortswahl sondern auch der Zulassung zum Studium überhaupt entscheiden, wobei die Auswahlgrenzen überwiegend im Einserbereich liegen. 19Vgl. dazu VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 19. März 2013 - 6z K 4171/12 -, abrufbar bei www.nrwe.de. 20Vor diesem Hintergrund sind an den Nachweis eines entsprechenden Nachteils strenge Anforderungen zu stellen. Denn es gilt, das Recht auf Chancengleichheit nicht nur der Klägerin, sondern auch der anderen Bewerber im Blick zu behalten, die durch eine Verbesserung der Abiturnote der Klägerin im Leistungsvergleich zurückfallen würden. Des eingehenden Nachweises bedarf daher nicht nur das Vorliegen eines Grundes, der sich leistungsmindernd ausgewirkt hat, sondern auch die hypothetische Note, die ohne den auszugleichenden Nachteil voraussichtlich erreicht worden wäre. 21Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2013 - 13 B 424/13 -, abrufbar auf www.nrwe.de; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. März 2011 - 6z K 4081/10 -, Gerichtsbescheid vom 3. Dezember 2012 - 6z K 4271/12 - sowie Beschlüsse vom 22. März 2013 - 6z L 187/13 - und vom 10. Oktober 2018 - 6z L 1689/18 - , abrufbar auf www.nrwe.de; Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungs-recht in der Bundesrepublik Deutschland, Kommentar, 4. Aufl. 2003, § 14 VergabeVO (alte Fassung), Rdnr. 7 f. 22Zentraler Bestandteil eines solchen Nachweises ist regelmäßig das von der Beklagten in ihren ergänzenden Informationen zur Antragstellung (abrufbar unter https:// ) bezüglich des Sonderantrags auf Verbesserung der Durchschnittsnote geforderte Gutachten. Bei diesem sollte es sich in erster Linie um ein Gutachten der Schule handeln, denn nur die Schule kann objektiv und mit der notwendigen Kenntnis seiner schulischen Vita beurteilen, ob und inwieweit ihr Abiturient ohne das Vorliegen bestimmter leistungsbeeinträchtigender Umstände eine bessere Abiturnote erreicht hätte. 23Vorliegend wurde zwar ein leistungsbeeinträchtigender Umstand, nämlich die Zugehörigkeit zu dem D/C-Kader des deutschen Skiverbandes, von mindestens einjähriger ununterbrochener Dauer belegt. Dieser Umstand ist nach den Hinweisen der Beklagten auch grundsätzlich dazu geeignet, eine Verbesserung der Durchschnittsnote 24zu rechtfertigen. Es fehlt aber der Nachweis, dass und wie sich dieser Umstand konkret leistungsmindernd ausgewirkt hat. In der Bescheinigung des H. -Gymnasiums vom 00.00.0000 wird nur pauschal auf die hohe Anzahl von Fehlzeiten verwiesen. Der Besuch dieser Schule in der 10. Klasse fiel zudem nicht in den für die Ermittlung der Abiturnote relevanten Zeitraum. Das vorgelegte Gutachten des X. -Gymnasiums bescheinigt der Klägerin zwar, dass sie ohne die sportlichen Belastungen bessere Ergebnisse erzielt hätte. Es fehlen aber nähere Erläuterungen dieser Annahme. Es wird pauschal auf Unterrichtsversäumnisse wegen des sportlichen Engagements seit der fünften Schulklasse verwiesen, ohne dass differenziert wird zwischen den konkreten Auswirkungen der Zugehörigkeit zum Kader und des vorherigen und anschließenden sportlichen Engagements auf die Abiturnote. Berücksichtigt werden kann im Rahmen des zu gewährenden Nachteilsausgleichs aber nur der Einsatz, der im Rahmen der Kaderzugehörigkeit erbracht wurde. Die sonstige sportliche Betätigung eines Studienbewerbers und die damit aufgrund des möglicherweise erheblichen Zeitaufwandes verbundene Beeinträchtigung der schulischen Leistungen sind hingegen nicht ausgleichsfähig. 25Hinzu kommt, dass sich das Gutachten des X. -Gymnasiums weder mit der konkreten Gesamtentwicklung der schulischen Leistungen der Klägerin, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Unterrichtsfächern, auseinandersetzt, noch eine bessere Durchschnittsnote angegeben wird. Ein entsprechender Nachteilsausgleich kann aber nur auf Grundlage solcher Angaben erfolgen. Gerade im Hinblick auf die zu gewährleistende Chancengleichheit bedarf es im Falle einer Notenverbesserung einer individuellen und ganz konkreten Auseinandersetzung mit der schulischen Laufbahn und den Leistungen der Klägerin. Hierfür genügt nicht, dass in den Stellungnahmen pauschal eine – nicht näher begründete und bezifferte – Notenverbesserung befürwortet wird. 26Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 27Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. der gerichtsbescheid ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des gerichtsbescheides vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die am 00.00.0000 geborene klägerin erwarb am 00.00.0000 die hochschulzugangsberechtigung mit einer durchschnittsnote von 1,7. am 00.00.0000 bewarb sie sich bei der beklagten um die zulassung zum studium der zahnmedizin für das wintersemester 2019/20. hierbei begehrte sie sowohl eine teilnahme an der auswahl in der abiturbestenquote als auch am auswahlverfahren der hochschulen. 3sie stellte zusätzlich einen antrag auf verbesserung der durchschnittsnote (antrag e) mit der begründung, dass sie im alter von 15 jahren für ein jahr in den nationalkader (d/c-kader) des alpinen deutschen skiverbandes aufgenommen worden sei und in dieser zeit eine eliteschule des sports, das h. -gymnasium in p. , besucht habe. zur qualifizierungsphase sei sie zurück an ein gymnasium in h1. (baden-württemberg) gewechselt. die vorbereitung im rahmen der letzten beiden abiturrelevanten schuljahre sei durch jahrelange lern- und wissensdefizite geprägt gewesen. zum nachweis legte sie ein gutachten des x. -gymnasiums in h1. vor, in dem ausgeführt wird, dass die abiturnote hätte besser ausfallen können, wenn die klägerin mehr zeit zum lernen hätte investieren können und dass die erzielte note durch ihr leistungssportliches engagement ab der fünften schulklasse bedingt sei. eine bezifferung der potentiellen verbesserung sei nur schwer möglich, aber „anzuraten“. indiziert werde dies durch die nahtlose rückkehr der klägerin in die baden-württembergische gymnasiale oberstufe nach dem besuch der eliteschule des sports in bayern. darüber hinaus legte die klägerin eine bestätigung des deutschen skiverbandes über ihre zugehörigkeit zum d/c-kader in der zeit von n. 0000 bis b 0000 und über den besuch des h. -gymnasiums im schuljahr 2016/17 sowie diverse, diesen zeitraum betreffende trainingspläne vor. 4mit bescheid vom 00.00.0000 lehnte die beklagte den antrag der klägerin auf zulassung zum studium in der abiturbestenquote mit der begründung ab, sie habe die bestehende auswahlgrenze nicht erreicht. dem antrag auf nachteilsausgleich habe nicht entsprochen werden können, da die klägerin nicht nachgewiesen habe, dass sie eine bessere durchschnittsnote erreicht hätte, wenn die vorgetragenen umstände nicht eingetreten wären. 5dagegen hat die klägerin am 00.00.0000 die vorliegende klage erhoben und zur begründung ausgeführt, dass sich ihre mitgliedschaft in dem nationalteam zweifelsfrei auf ihre abiturnote ausgewirkt habe. dies sei durch die vorgelegten gutachten belegt. ihr sei zudem zugesagt worden, dass die abiturnote „nach menschlichem ermessen bzw. erfahrungswerten des täglichen lebens“ angehoben werde, für den fall, dass die gutachter keine konkrete empfehlung in zahlen geben würden. eine solche konkrete angabe wäre auch rein spekulativ, weil nicht feststellbar sei, wie der leistungssport die abiturnote beeinflusst hätte. vor allem sei ein vergleich mit den zeugnissen der zeit vor der kaderzugehörigkeit nicht hilfreich, weil ihre noten während der gesamten schulzeit durch ihr sportliches engagement negativ beeinflusst worden seien. jedenfalls die schulwechsel in der zeit vor den beiden abiturjahren hätten sich fraglos, unter anderem wegen der unterschiedlichen curricula in den beiden bundesländern, negativ auf die abschlussnote ausgewirkt. 6die klägerin beantragt (schriftsätzlich) sinngemäß, 7die beklagte unter aufhebung ihres ablehnungsbescheides vom 00.00.0000 zu verpflichten, ihr einen studienplatz im fach zahnmedizin nach den rechtsverhältnissen des wintersemesters 2019/20 zuzuweisen. 8die beklagte beantragt (schriftsätzlich), 9die klage abzuweisen. 10zur begründung führt sie aus, die klägerin habe zwar ihre mitgliedschaft im d/c-kader als möglicherweise leistungsbeeinträchtigenden umstand nachgewiesen. nicht hinreichend belegt sei jedoch, wie sich dieser umstand konkret auf die von ihr erzielte abiturdurchschnittsnote ausgewirkt habe. hierfür sei unter anderem ein gutachten der schule beizubringen, das insbesondere angaben dazu enthalte, welche auswirkungen die für die leistungsbeeinträchtigung maßgeblichen umstände auf die leistungen in den einzelnen unterrichtsfächern nach dem urteil der jeweiligen fachlehrkräfte hatten und welche höhere punktzahl ohne beeinträchtigung zu erwarten gewesen wäre. ein solches gutachten sei von der klägerin nicht vorgelegt worden. das x. -gymnasium sei objektiv nicht dazu in der lage, angaben zu den leistungsbeeinträchtigungen aufgrund der kaderzugehörigkeit zu machen, da die klägerin zum zeitpunkt des besuchs dieser schule den kader bereits verlassen hatte. in dem gutachten werde zudem von einer generellen belastung aufgrund des leistungssports während der schulzeit ausgegangen. im rahmen des nachteilsausgleichs könnten aber lediglich nachteile berücksichtigt werden, die durch den mehreinsatz im rahmen der kaderzugehörigkeit entstanden seien. ein nachteil durch den besuch der eliteschule des sports, die darauf ausgerichtet sei, neben schulischen leistungen sportliche höchstleistungen zu fördern und beide bereiche zu verbinden, sei nicht zu erkennen, zumal die wahl der schule eine selbst zu vertretende entscheidung darstelle, die nicht ausgleichsfähig sei. 11wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte und den verwaltungsvorgang der beklagten bezug genommen. 12
13die kammer entscheidet über die klage gemäß § 84 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) nach anhörung der beteiligten ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid, weil sie der auffassung ist, dass die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. 14die klage ist zulässig, aber unbegründet. 15der ablehnungsbescheid verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. die klägerin hat keinen anspruch auf zuteilung des beantragten studienplatzes im studiengang zahnmedizin nach den für das wintersemester 2019/20 maßgeblichen regeln und tatsächlichen verhältnissen. 16studienplätze im studiengang zahnmedizin werden gemäß § 1 satz 2 der verordnung über die zentrale vergabe von studienplätzen – vergabevo – in verbindung mit ihrer anlage 1 in einem zentralen vergabeverfahren nach maßgabe der §§ 6 ff. vergabevo vergeben. die klägerin erreicht mit ihrer abiturnote (1,7) nicht die maßgebliche auswahlgrenze. für eine auswahl in der abiturbestenquote war bei abiturienten aus baden-württemberg zum wintersemester 2019/20 eine note von 1,2 erforderlich. 17die klägerin hat auch keinen anspruch auf verbesserung ihrer durchschnittsnote im wege des nachteilsausgleichs. § 11 abs. 5 vergabevo ermöglicht einen nachteilsausgleich, wenn ein studienbewerber durch in der eigenen person liegende, nicht selbst zu vertretende gründe daran gehindert war, eine bessere durchschnittsnote zu erreichen. bei der auslegung dieses tatbestandes ist zu berücksichtigen, dass 18die abiturnote im verfahren zur vergabe von medizinstudienplätzen eine überragende rolle spielt. sowohl in der abiturbestenquote als auch im auswahlverfahren der hochschulen kann ein unterschied im umfang von einer zehntelnotenstufe über die frage nicht nur der ortswahl sondern auch der zulassung zum studium überhaupt entscheiden, wobei die auswahlgrenzen überwiegend im einserbereich liegen. 19vgl. dazu vg gelsenkirchen, beschluss vom 19. märz 2013 - 6z k 4171/12 -, abrufbar bei www.nrwe.de. 20vor diesem hintergrund sind an den nachweis eines entsprechenden nachteils strenge anforderungen zu stellen. denn es gilt, das recht auf chancengleichheit nicht nur der klägerin, sondern auch der anderen bewerber im blick zu behalten, die durch eine verbesserung der abiturnote der klägerin im leistungsvergleich zurückfallen würden. des eingehenden nachweises bedarf daher nicht nur das vorliegen eines grundes, der sich leistungsmindernd ausgewirkt hat, sondern auch die hypothetische note, die ohne den auszugleichenden nachteil voraussichtlich erreicht worden wäre. 21vgl. ovg nrw, beschluss vom 14. juni 2013 - 13 b 424/13 -, abrufbar auf www.nrwe.de; vg gelsenkirchen, urteil vom 29. märz 2011 - 6z k 4081/10 -, gerichtsbescheid vom 3. dezember 2012 - 6z k 4271/12 - sowie beschlüsse vom 22. märz 2013 - 6z l 187/13 - und vom 10. oktober 2018 - 6z l 1689/18 - , abrufbar auf www.nrwe.de; bahro/berlin, das hochschulzulassungs-recht in der bundesrepublik deutschland, kommentar, 4. aufl. 2003, § 14 vergabevo (alte fassung), rdnr. 7 f. 22zentraler bestandteil eines solchen nachweises ist regelmäßig das von der beklagten in ihren ergänzenden informationen zur antragstellung (abrufbar unter https:// ) bezüglich des sonderantrags auf verbesserung der durchschnittsnote geforderte gutachten. bei diesem sollte es sich in erster linie um ein gutachten der schule handeln, denn nur die schule kann objektiv und mit der notwendigen kenntnis seiner schulischen vita beurteilen, ob und inwieweit ihr abiturient ohne das vorliegen bestimmter leistungsbeeinträchtigender umstände eine bessere abiturnote erreicht hätte. 23vorliegend wurde zwar ein leistungsbeeinträchtigender umstand, nämlich die zugehörigkeit zu dem d/c-kader des deutschen skiverbandes, von mindestens einjähriger ununterbrochener dauer belegt. dieser umstand ist nach den hinweisen der beklagten auch grundsätzlich dazu geeignet, eine verbesserung der durchschnittsnote 24zu rechtfertigen. es fehlt aber der nachweis, dass und wie sich dieser umstand konkret leistungsmindernd ausgewirkt hat. in der bescheinigung des h. -gymnasiums vom 00.00.0000 wird nur pauschal auf die hohe anzahl von fehlzeiten verwiesen. der besuch dieser schule in der 10. klasse fiel zudem nicht in den für die ermittlung der abiturnote relevanten zeitraum. das vorgelegte gutachten des x. -gymnasiums bescheinigt der klägerin zwar, dass sie ohne die sportlichen belastungen bessere ergebnisse erzielt hätte. es fehlen aber nähere erläuterungen dieser annahme. es wird pauschal auf unterrichtsversäumnisse wegen des sportlichen engagements seit der fünften schulklasse verwiesen, ohne dass differenziert wird zwischen den konkreten auswirkungen der zugehörigkeit zum kader und des vorherigen und anschließenden sportlichen engagements auf die abiturnote. berücksichtigt werden kann im rahmen des zu gewährenden nachteilsausgleichs aber nur der einsatz, der im rahmen der kaderzugehörigkeit erbracht wurde. die sonstige sportliche betätigung eines studienbewerbers und die damit aufgrund des möglicherweise erheblichen zeitaufwandes verbundene beeinträchtigung der schulischen leistungen sind hingegen nicht ausgleichsfähig. 25hinzu kommt, dass sich das gutachten des x. -gymnasiums weder mit der konkreten gesamtentwicklung der schulischen leistungen der klägerin, aufgeschlüsselt nach den einzelnen unterrichtsfächern, auseinandersetzt, noch eine bessere durchschnittsnote angegeben wird. ein entsprechender nachteilsausgleich kann aber nur auf grundlage solcher angaben erfolgen. gerade im hinblick auf die zu gewährleistende chancengleichheit bedarf es im falle einer notenverbesserung einer individuellen und ganz konkreten auseinandersetzung mit der schulischen laufbahn und den leistungen der klägerin. hierfür genügt nicht, dass in den stellungnahmen pauschal eine – nicht näher begründete und bezifferte – notenverbesserung befürwortet wird. 26die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 27die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung (zpo).
Verklagte*r
0
179,424
S 35 AS 804/14 ER
2014-05-05T00:00:00
Beschluss
Tenor Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, dem Antragsteller vorläufig im Hinblick auf eine rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache für den Zeitraum vom 03.03.2014 bis zum 31.08.2014 den Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß den §§ 20 Abs.1, 20 Abs.2 Satz 1 SGB II zu gewähren. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin. 1Tatbestand: 2I.) Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes darum, ob der Antragsteller aufgrund des Leistungsausschlusses des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuchs (SGB II) dem Grunde nach von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist. Der Antragsteller ist am 29.03.1977 geboren. Er ist bulgarischer Staatsangehöriger. Im Jahr 1995 absolvierte er sein Abitur an einem russischen Gymnasium in Bulgarien. Von 1999 bis 2005 war er als Bauarbeiter tätig. Im Jahr 2002 wurde er parallel zum Tischler ausgebildet. Ab 2006 lebte er in Griechenland und war dort bis 2010 als Bauarbeiter und an einer Tankstelle tätig. Seit dem Jahr 2011 ist er arbeitsuchend. Im Januar 2013 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein. Vom 03.02.2013 bis zum 10.09.2013 befand er sich in der Justizvollzugsanstalt Dortmund in Untersuchungshaft. Der zugrundeliegende Haftbefehl wurde nach dem Stand der Akte zwischenzeitlich aufgehoben. Im Rahmen einer Aufenthaltsanzeige beim Ausländeramt der Stadt Hagen erklärte der Antragsteller am 02.10.2013, dass er sich zur Arbeitsuche in Hagen aufhalte. Er legte hierbei eine Auflistung diverser Zeitarbeitsfirmen vor, bei denen er Arbeit gesucht habe. Der Antragsteller steht seit Oktober 2013 in Kontakt mit der Beratungsstelle für Wohnungslose Hagen der XXX. Mit Unterbringungsverfügung vom 20.01.2014 wies die Stadt Hagen dem Antragsteller eine Unterkunft im städtischen Männerasyl in der XXX in Hagen zu. Nach dem Aktenstand bewohnt der Antragsteller diese Unterkunft seitdem. Am 27.01.2014 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er erklärte, dass er kein Einkommen und keine Ersparnisse habe. Er habe aber bisher von seinem Ersparten gelebt, zusätzlich hätten ihm "Kollegen" etwas gegeben. Mit Bescheid vom 05.02.2014 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab. Das Aufenthaltsrecht des Antragstellers ergebe sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche, so dass er vom Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II erfasst sei. Unter dem 27.02.2014 erließ die Stadt Hagen eine weitere Einweisung des Antragstellers in das Männerasyl. Am 03.03.2014 erhob der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.02.2014. Der Antragsgegner hat diesen Widerspruch nach dem Stand der Akte bislang nicht beschieden. Ebenfalls am 03.03.2014 hat der Antragsteller bei der erkennenden Kammer einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel einer vorläufigen Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II gestellt. Mit Schriftsatz vom 07.03.2014 hat er den Antrag dahingehend konkretisiert, dass Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nur der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts sei. Der Antragsteller trägt vor, dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 SGB II nicht anwendbar sei. Dieser verstoße insbesondere gegen Art.1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA). Seit Anfang 2013 habe er etwa 40 Bewerbungen geschrieben. Aufgrund seiner Unterbringung im Männerasyl und wegen des fehlenden Führerscheins seien diese ohne Erfolg geblieben. Seine Kenntnisse der deutschen Sprache seien so ausgeprägt, dass er sich mühelos verständigen könne. Seine Motivation, eine Stelle zu finden, sei sehr hoch. Im Rahmen seiner ersten eidesstattlichen Versicherung (datiert auf den 25.02.2014) hat der Antragsteller im Hinblick auf seine Hilfebedürftigkeit zunächst vorgetragen, dass er völlig mittellos sei, was sich auch aus seinen Kontoauszügen ergebe. Mit Schriftsatz vom 07.03.2014 hat der Bevollmächtigte des Antragstellers sodann erklärt, dass der Antragsteller über gar kein Konto verfüge. Die eidesstattliche Versicherung stamme aus einem anderen Verfahren, in dem der Antragsteller ein Konto innegehabt habe. Mit Schriftsatz vom 18.03.2014 hat der Antragsteller eine neue eidesstattliche Versicherung übersandt. Auf Anfrage des Gerichts vom 14.04.2014 hat der Antragsteller weiter ausgeführt, dass er nicht krankenversichert sei. Er habe überdies weder in Deutschland noch in einem anderen EU-Mitgliedsstaat Bezug zu einem sozialen Sicherungssystem im Sinne von Art.3 der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Systeme der Sozialen Sicherheit (in der Folge VO (EG) 883/04) gehabt. Auf nochmalige Anfrage des Gerichts vom 16.04.2014 hat der anwaltlich vertretene Antragsteller diese Stellungnahme ausdrücklich wiederholt. Der Antragsteller beantragt sinngemäß, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihm vorläufig im Hinblick auf die rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache für den Zeitraum vom 03.03.2014 bis zum 31.08.2014 den Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß den §§ 20 Abs.1, 20 Abs.2 Satz 1 SGB II zu gewähren. 3Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen. Er ist der Auffassung, dass der Antragsteller vom Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II erfasst sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakte, die Verwaltungsakte des Antragsgegners und auf die vom Gericht mit dem Einverständnis der Beteiligten beigezogene Ausländerakte der Stadt Hagen Bezug genommen. 4Entscheidungsgründe: 5II. Streitgegenstand des vorliegenden Eilverfahrens ist ausweislich des Antrags des Antragstellers allein die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Regelleistungen gemäß § 20 SGB II für den Zeitraum vom 03.03.2014 bis zum 31.08.2014. Dieser zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist vollumfänglich begründet. Eine einstweilige Anordnung kann gemäß § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG hat der Antragsteller im Sinne von § 920 der Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen, dass ihm der umstrittene und zu sichernde Anspruch (Anordnungsanspruch) zusteht und die Regelung eines vorläufigen Zustands zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Anordnungsgrund). Nach den vorgenannten Maßgaben geht das Gericht nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage und unter Berücksichtigung einer im vorliegenden Verfahren vorzunehmenden Folgenabwägung zunächst von einem Anordnungsanspruch des Antragstellers auf die Gewährung der von ihm begehrten Leistungen nach dem SGB II aus. Er erfüllt hiernach zunächst die Tatbestandsvoraussetzungen der maßgeblichen Anspruchsgrundlagen der §§ 7 Abs.1 Satz 1, 9 Abs.1 SGB II. Gemäß § 7 Abs.1 Satz 1 SGB II erhalten Personen Leistungen nach dem SGB II, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Der am 29.03.1977 geborene Antragsteller gehört im Hinblick auf sein Lebensalter zunächst zu der § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB II genannten Personengruppe. Zweifel an der Erwerbsfähigkeit des Antragstellers in gesundheitlicher Hinsicht gemäß den § § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.2, 8 Abs.1 SGB II bestehen nicht. Der Antragsteller ist auch in rechtlicher Hinsicht gemäß den §§ 7 Abs.1 Satz 1 Nr.2, 8 Abs.2 SGB II erwerbsfähig. Als Staatsangehöriger des EU-Mitgliedsstaats Bulgarien genießt er in vollem Umfang das Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit gemäß Art.45 AEUV. Einschränkungen für die Ausübung einer Beschäftigung gemäß Art.45 Abs. 3 c.) AEUV sieht das deutsche Recht in den §§ 13 des Gesetzes über die Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) , 284 Abs.1 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuchs (SGB III) nur noch für kroatische Staatsangehörige vor. Der Antragsteller hat seine Hilfebedürftigkeit gemäß den §§ 7 Abs.1 Satz 1 Nr.3, 9 Abs.1 SGB II auch jedenfalls in dem im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen Umfang glaubhaft gemacht. Gemäß § 9 Abs.1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Anhaltspunkte für verwertbares Vermögen oder regelmäßiges Einkommen des Antragstellers bestehen nicht. Zwar hat der Antragsteller im Rahmen seiner Antragstellung beim Antragsgegner vorgetragen, dass er bisher von Erspartem gelebt habe. Gleichzeitig hat er aber ausgeführt, dass er bislang auch auf die Hilfe von "Kollegen" angewiesen gewesen sei und dass er nunmehr keine Ersparnisse mehr habe. Die Kammer geht insofern aus, dass der Antragsteller jedenfalls gegenwärtig über keine liquiden Mittel mehr verfügt. Auch die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren aufgetretenen Unstimmigkeiten im Hinblick auf ein mögliches Konto des Antragstellers begründen keine durchgreifenden Zweifel an seiner Hilfebedürftigkeit. Die Kammer hält die Stellungnahme des Bevollmächtigten des Antragstellers, dass er in der eidesstattlichen Versicherung eine Formulierung aus einem anderen Verfahren übernommen habe, im Hinblick auf die in zahlreichen Verfahren zu Tage tretenden Besonderheiten der anwaltlichen Prozessführung im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende durchaus für glaubhaft. Verbleibenden Zweifeln an der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers wird in einem möglichen Hauptsacheverfahren nachzugehen sein. Der Antragsteller hat gemäß § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.4 SGB II auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand gemäß § 30 Abs.3 Satz 2 SGB I dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Entscheidend ist, ob der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland ist. Die Dauerhaftigkeit des Aufenthalts ist anzunehmen, wenn und solange der Aufenthalt nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist (BSG, Urteil vom 30.01.2013, B 4 AS 54/12 R - juris (Rdnr. 18)). Eine solche Zukunftsoffenheit des Aufenthalts ist im Fall des Antragstellers anzunehmen. Der Antragsteller hält sich seit Januar 2013 durchgehend in der Bundesrepublik Deutschland auf. Anhaltspunkte für einen geplanten baldigen Wegzug aus der Bundesrepublik Deutschland bestehen nicht. Für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts gemäß § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.4 SGB II ist hingegen nicht zu prüfen, ob der Hilfebedürftige Inhaber eines definierten Aufenthaltsstatus ist (anders noch unter Bezugnahme auf die sogenannte "Einfärbungslehre" im Recht der Rentenversicherung BSG, Urteil vom 03.04.2001, B 4 RA 90/00 R - juris (Rdnr.17); hieran für den Bereich des SGB II anknüpfend SG Darmstadt, Beschluss vom 25 03.2013, S 16 AS 1089/12 ER- juris). Die Definition des gewöhnlichen Aufenthalts ergibt sich nämlich aus § 30 Abs.3 Satz 2 SGB I und gilt gemäß § 37 SGB I für alle Bücher des Sozialgesetzbuchs, soweit sich nicht aus seinen anderen Teilen etwas Besonderes ergibt. Diese Regelung knüpft ausweislich ihres Wortlauts aber allein an faktische Gesichtspunkte an. Im SGB II findet sich keine weitergehende Regelung, aus der sich die Erforderlichkeit zusätzlicher Tatbestandsvoraussetzungen für den Bezug von Leistungen zur Grundsicherung ableiten ließe. Eine vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen im tenorierten Umfang scheidet auch nicht aufgrund des in § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II normierten Leistungsausschlusses aus. Vom Leistungsbezug ausgenommen sind danach Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen. In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung und in der Fachliteratur wird aber kontrovers und mit verschiedensten Argumenten diskutiert, wie weit der Leistungsausschluss des § 7 Abs.2 Satz 1 Nr.2 SGB II rein tatbestandlich reicht, ob dieser Leistungsausschluss im Falle seiner Anwendbarkeit mit europäischem Recht vereinbar ist und welche Folgen sich aus einer etwaigen Unvereinbarkeit der Norm mit europäischen Recht ergeben. Da eine abschließende materiell-rechtliche Klärung dieser Fragen in der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen Eile nicht erfolgen kann, ist im vorliegenden Verfahren zur Überzeugung der Kammer im Rahmen einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05- juris). Zum Stand der Diskussion ist im Einzelnen auszuführen: Streitig ist zunächst, ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs.2 Satz 1 Nr.2 SGB II nur in solchen Fälle anwendbar ist, in denen ein Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Zweck der Arbeitssuche positiv festgestellt werden kann, oder ob er auch die Fälle erfasst, in denen jedenfalls kein anderes Aufenthaltsrecht besteht und in denen ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitssuche nie bestanden hat oder zwischenzeitlich entfallen ist. Eine teilweise in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung vertretene Auffassung geht davon aus, dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs.2 Satz 1 Nr.2 SGB II nur eingreife, sofern der (Fort-) Bestand des Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Zweck der Arbeitssuche positiv festgestellt werden kann (so zum Beispiel LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.10.2013, L 19 AS 129/13 - juris ; SG Dortmund, Beschluss vom 12.02.2014 - S 32 AS 5677/13 ER - juris (Rdnr.72 ff.). Diese Auffassung wird zunächst damit begründet, dass der Wortlaut des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II nur auf ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitssuche abstelle. Eine dahingehende erweiternde Auslegung, dass der Leistungsausschluss "erst recht" für EU-Ausländer ohne materielles Aufenthaltsrecht gelten müsse, sei nicht gangbar. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II weise einen Ausnahmecharakter auf und sei insbesondere auch deshalb eng auszulegen, weil das SGB II die verfassungsrechtliche Verpflichtung des Staates zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums umsetze. Ein "Erst-Recht-Schluss" scheide überdies bereits deshalb aus, weil dieser wie eine Analogie eine planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage voraussetze. Eine vergleichbare Interessenlage liege aber nicht vor. Art 14 Abs.4 b.) Satz 2 der die Freizügigkeit von Unionsbürgern betreffenden Richtlinie 2004/38 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 (in der Folge Richtlinie 2004/38 EG) regele, dass Unionsbürger und ihre Familienangehörigen nicht ausgewiesen werden dürften, solange sie weiterhin Arbeit suchten und eine begründete Aussicht hätten, eingestellt zu werden. Das Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Aufenthaltsrechts zum Zweck der Arbeitsuche vermittele mithin einen Ausweisungsschutz; im Falle des Nichtbestehens eines materiellen Aufenthaltsrechts habe die Ausländerbehörde dagegen die Möglichkeit zur Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen (vgl. hierzu insgesamt LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.10.2013, L 19 AS 129/13 - juris (Rdnr.59 ff.)). Überdies wird angeführt, dass das Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitssuche "kein bloßes Auffang-Aufenthaltsrecht" darstelle. Dies ergebe sich daraus, dass dieses an objektivierbare Gesichtspunkte, nämlich an hinreichende Aktivitäten zur Arbeitssuche und an die Möglichkeit anknüpfe, tatsächlich einen Arbeitsplatz zu finden. Sofern man diese außer acht lasse, könne der Ausländer allein durch die Angabe seines Willens zur Arbeitsuche ein Aufenthaltsrecht begründen. Weiter sei zu berücksichtigen, dass § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II vom Gesetzgeber mit der Zielrichtung verabschiedet worden sei, von der durch Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 EG normierten Möglichkeit einer Ausnahme vom Gleichbehandlungsgebot des Art.24 Abs.1 der Richtlinie 2004/38 EG Gebrauch zu machen. Art.24 Abs.2 der Richtlinie 2004/38 EG regele aber nur den Fall der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe b der vorgenannten Richtlinie, also dem Aufenthalt zum Zweck der Arbeitssuche. Es sei auch davon auszugehen, dass dieses "Schweigen" in Art. 24 Abs.2 der Richtlinie 2004/38 EG zum Fall des Fehlens oder Entfallene eines materiellen Aufenthaltsrechts bewusst erfolgt sei. Kommission und Rat hätten durch das Zusammenspiel von Art. 14 Abs.1 (Fortbestand des Aufenthaltsrechts, solange Sozialhilfeleistungen nicht unangemessen in Anspruch genommen werden) und Art.14 Abs.3 der Freizügigkeitsrichtlinie (kein Automatismus einer Ausweisung bei Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen) nämlich gezeigt, dass sie die Konstellation im Blick gehabt hätten, dass das Aufenthaltsrecht auch beim Wegfall seiner Voraussetzungen fortbestehe. Zudem müsse der Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II auch unter dem Gesichtspunkt eng ausgelegt werden, dass die europäische Rechtsprechung eine bestimmte finanzielle Solidarität der Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaats mit denen anderer Mitgliedsstaaten einfordere (vgl. Urteile des Landessozialgerichts Hessen vom 27.11.2013, L 6 AS 726/12, L 6 AS 378/12 - juris). Die Gegenauffassung, zu der auch die erkennende Kammer tendiert, nimmt eine Anwendbarkeit des Leistungsausschlusses gemäß § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB auch auf die Fälle an, in denen ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche nie bestanden hat oder fortgefallen ist und kein anderes Aufenthaltsrecht feststellbar ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.11.2013, L 15 As 365/13 B ER- juris, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26.03.2014, L 15 As 16/14 B ER-juris, LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.11.2013, L 6 AS 130/13- juris (Rdnr. 36.) Danach erscheint es unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs.1 des Grundgesetzes (GG) nicht vertretbar, Personen vom Leistungsbezug nach dem SGB II auszuschließen, die ein definiertes Aufenthaltsrecht, nämlich das zur Arbeitssuche besäßen, aber diejenigen einzubeziehen, die über gar kein Aufenthaltsrecht verfügten. Dies erscheine auch unter dem Gesichtspunkt widersinnig, dass bei den Personen, die keine Arbeit suchten oder deren Arbeitssuche objektiv wenig erfolgsgeneigt scheine, die geringste Chance zur Integration in den nationalen Arbeitsmarkt bestehe. Das Argument, dass beide Fallkonstellationen insofern nicht miteinander zu vergleichen seien, als gegen den Ausländer, der kein Aufenthaltsrecht mehr habe, aufenthaltsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden könnten, trage nicht. Aufgrund der §§ 5 Abs.5, 6 und 7 des FreizügigG/EU bestehe das Freizügigkeitsrecht nämlich so lange, bis sein Nichtbestehen oder sein Verlust gemäß § 5 Abs.4 FreizügG/ EU festgestellt werden sei. Zudem wird darauf hingewiesen (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.11.2013, a.a.O), dass der genaue Zeitpunkt des Verlust eines Aufenthaltsrechts zum Zweck der Arbeitssuche (so die Einstellung der Arbeitssuche, der Verlust der objektiven Erfolgsaussichten) gar nicht festgestellt werden könne. Die erkennende Kammer tendiert insbesondere deshalb zu der letztgenannten Auffassung, weil Wortlaut und Aufbau des § 7 Abs.1 SGB II darauf hindeuten, dass die Norm "stillschweigend" vom Bestehen eines Aufenthaltsrechts des EU-Ausländers ausgeht. Nach der Definition der allgemeinen (positiven) Voraussetzungen für einen Leistungsbezug nach dem SGB II formuliert § 7 Abs.1 Satz 2 SGB II Leistungsausschlüsse für bestimmte nach § 7 Abs.1 Satz 1 SGB II grundsätzlich leistungsberechtigte Personengruppen. Sowohl die Formulierung im Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.1 SGB II ("die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts") als auch im hier streitigen Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II ("deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt"), deuten nach Ansicht der Kammer aber daraufhin, dass der Gesetzgeber alle diejenigen Personengruppen vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausschließen wollte, die nicht zusätzlich zu ("allein") an niedrigschwellige Voraussetzungen angeknüpften Aufenthaltsrechten einen weiteren Aufenthaltstatbestand nachweisen können. Hierfür spricht auch, dass die im Zusammenhang mit § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.4 SGB II angesprochene "Einfärbungslehre", die einen legalen Aufenthalt bereits in das Tatbestandsmerkmal des "gewöhnlichen Aufenthalts" hineinlas, zum Zeitpunkt der Formulierung der Norm im Jahr 2004 noch herrschend gewesen sein dürfte. Der Verweis darauf, dass die Ausländerbehörde nach dem Entfallen eines Aufenthaltsrechts den Verlust der Freizügigkeit feststellen und aufenthaltsbeendende Maßnahmen ergreifen könne (so wohl auch Kingreen in Staatsangehörigkeit als Differenzierungskriterium im Sozialleistungsrecht - Zur Vereinbarkeit von § 7 Abs.1 S.2 Nr.2 SGB II mit europäischem Unions- und deutschen Verfassungsrecht, SGb 03/13, 132 (134)), scheint aufgrund der Möglichkeit des EU-Ausländers, sich nach einer kurzfristigen Ausreise gemäß § 2 Abs.5 Satz 1 FreizügG/EU erneut ohne weitere Bedingungen für drei Monate im Bundesgebiet aufhalten zu können, dagegen eher theoretischer Natur zu sein. Diese Diskussion ist im vorliegenden Fall auch von Bedeutung, weil jedenfalls zunächst kein anderes Aufenthaltsrecht des Antragstellers als das zum Zweck der Arbeitssuche festgestellt werden kann. Gemäß § 2 Abs.1 FreizügG/EU haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. Die einzelnen Tatbestände einer unionsrechtlichen Freizügigkeitsberechtigung sind in § 2 Abs.2 FreizügG/EU geregelt. In Betracht kommt hier allein eine unionsrechtliche Freizügigkeitsberechtigung des Antragstellers gemäß § 2 Abs.2 Nr.1 FreizügG/EU für Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer, zur Arbeitssuche oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen. Der Antragsteller hat nach dem Stand der Akte in der Bundesrepublik Deutschland aber bislang weder eine unselbständige Tätigkeit ausgeübt noch eine Berufsausbildung absolviert. Ob dem Antragsteller ein Recht zum Aufenthalt zum Zweck der Arbeitssuche gemäß § 2 Abs.2 Satz 1 Nr.1 FreizügG/EU zustand oder noch zusteht, ist indes unklar und im vorliegenden Eilverfahren nicht abschließend zu klären: Wie bereits vorab ausgeführt, ist der Bestand des Aufenthaltsrechts zum Zweck der Arbeitssuche an objektivierbare Voraussetzungen, nämlich an die Arbeitssuche und an die begründete Aussicht einer Einstellung geknüpft. Sofern man den Vortrag des Antragstellers und die zur Ausländerakte des Antragstellers gereichte Aufstellung über von ihm kontaktierte Arbeitgeber zugrundelegt, dürften zwar ausreichende Bemühungen des Antragstellers um einen Arbeitsplatz vorliegen. Im Rahmen des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist aber nicht eindeutig zu klären, ob auch die begründete Aussicht auf eine Einstellung des Antragstellers besteht: Hierfür sprechen zwar die nach seinem Vortrag vorhandenen Deutschkenntnisse und die Tatsache, dass er durchaus über gewisse Qualifikationen in Gestalt seines Abiturs und seiner Ausbildung zum Tischler verfügt. Der fehlende Führerschein des Antragstellers, sein Aufenthalt in einem Männerasyl und die mehrmonatige Untersuchungshaft im Jahr 2013 könnten sich dagegen als Hemmnis bei einer Einstellung erweisen. Selbst wann man von einer tatbestandlichen Anwendbarkeit des § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB II ausgeht, ist dessen Vereinbarkeit mit europäischem Recht aber in hohem Maße umstritten. Auch wenn aus Sicht der Kammer viel für eine solche Vereinbarkeit spricht, kann sie jedenfalls unter Berücksichtigung der in Rechtsprechung und Literatur vorgetragenen Argumente im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht abschließend geklärt werden. Zweifel an der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses mit europäischem Recht werden ganz maßgeblich im Hinblick auf den in Art.4 der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Systeme der Sozialen Sicherheit (in der Folge VO (EG) 883/04) normierten Gleichbehandlungsgrundsatz geäußert. Hiernach haben, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates. Eine mögliche Inkompatibilität von § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB II mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art.4 der VO (EG) 883/04 dürfte im vorliegenden Fall allerdings ohne Bedeutung sein, weil der Antragsteller nach seinem eigenen Vortrag nicht dem persönlichen Anwendungsbereich dieser Verordnung gemäß Art.2 Abs.1 der VO (EG) 883/04 unterfällt. Danach gilt die Verordnung für Staatsangehörige eines Mitgliedsstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedsstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedsstaaten gelten oder galten sowie für ihre Familienangehörigen oder Hinterbliebenen. Gefordert wird im Allgemeinen der Bezug des EU-Ausländers zu einem der in Art. 3 Abs.1 der VO (EG) 883/04 genannten Zweige der sozialen Sicherheit entweder in einem EU-Mitgliedsstaat. Einen solchen Bezug hat der Antragsteller aber auf die entsprechende Anfrage des Gerichts vom 14.04.2014 und nochmals auf einen ausführlicheren Hinweis des Gerichts vom 16.04.2014 hin ausdrücklich verneint. Zwar hält das Gericht es angesichts der Vorbeschäftigungen des Antragstellers in Bulgarien und Griechenland in den Jahren 1999 bis 2010 und der mehr als knappen Antwort auf die entsprechenden Anfragen der Kammer für zweifelhaft, ob die (frühere) Einbindung des Antragstellers in ein System der sozialen Sicherheit in einem europäischen Mitgliedsstaat tatsächlich mit der gebotenen anwaltlichen Sorgfalt geprüft worden ist. Da der anwaltlich vertretene Antragsteller eine für ihn günstige Tatsache aber trotz zweier entsprechender Anfragen des Gerichts in Abrede gestellt hat, sieht die Kammer sich an die entsprechende Ausführung gebunden. Gleichwohl hegt das Gericht auch im vorliegenden Fall aufgrund weiterer konträr diskutierter Fragestellungen Zweifel an der Vereinbarkeit des des § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB II mit europäischem Recht, die die vorgenommene Folgenabwägung rechtfertigen: Losgelöst von der Frage der Kompatibilität des Leistungsausschlusses des Art.4 der VO (EG) 883/04 wird nämlich zunächst auch eine Unvereinbarkeit des Leistungsausschlusses unmittelbar mit primärem Gemeinschaftsrecht diskutiert. Das Bundessozialgericht hat in seinem Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof vom 09.12.2013 (B 4 AS 9/13 R - juris (Rdnr. 44/45)) die Frage erörtert, ob der Leistungsausschluss mit dem Freizügigkeitsrecht aus Art.45 Abs.2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) im Lichte des Verbots der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gemäß Art. 18 AEUV vereinbar sei. Er hat diesbezüglich insbesondere auf die Entscheidung des EuGH in der Sache Vatsouras/ Koupatantze (Urteil vom 04.06.2009, C-22/08, Celex-Nr. 62008CJ0022 – juris) Bezug genommen. Der EuGH hatte in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass es nach der Einführung der Unionsbürgerschaft und unter Berücksichtigung der Art. 39 Abs.2 und 12 des früheren EG-Vertrages (EG) nicht mehr möglich sei, den Bürger eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union von einer Leistung auszuschließen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern solle (anknüpfend auch an die Sachen Collins, EuGH, Urteil vom 23.03.2004, C 138/02, Celex-Nr. 62002CJ0138 – juris - und Trojani, EuGH, Urteil vom 07.09.2004, C-456/02, Celex-Nr. 62002CJ0456 - juris). Bei Leistungen nach dem SGB II handele es sich in der Tendenz auch um solche Leistungen. Ein Mitgliedsstaat dürfe die Gewährung einer solchen Leistung aber von einer tatsächlichen Verbindung des Leistungsbegehrenden zum Arbeitsmarkt des Mitgliedsstaates abhängig machen (so der EuGH in der Tendenz auch schon in der Sache Bidar , Urteil vom 15.03.2005, C-209/03, Celex-Nr. 62003CJ0209 – juris). Das BSG thematisiert in diesem Zusammenhang nunmehr, ob die Regelung des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung insofern gegen die vorgenannten Artikel des AEUV verstoße, als sie eine entsprechende einzelfallbezogene Prüfung gar nicht zulasse. Zwar dürfte der Antragsteller im vorliegenden Fall mangels jeder Vorbeschäftigung keinerlei Bezug zum deutschen Arbeitsmarkt aufweisen. Sofern die vom Bundessozialgericht aufgeworfenen Bedenken durchdringen, dürfte die Anwendbarkeit des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II aufgrund einer Unvereinbarkeit mit europäischem Primärrecht indes abstrakt-generell in Frage zu stellen sein (zu weiteren Nachweisen im Hinblick auf Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses mit europäischem Primärrecht vgl. SG Dortmund, Beschluss vom 22.01.2014, S 19 AS 5107/13 ER - juris). Eine maßgeblich erörterte Rechtsfrage ist überdies, ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II in Übereinstimmung mit dem ihm zugrundeliegenden Art.24 Abs.2 der Richtlinie 2004/38 EG steht. Zentraler Gesichtspunkt der Diskussion war über lange Zeit, ob es sich bei Leistungen nach dem SGB II um überhaupt um Sozialhilfeleistungen gemäß Art.7 Abs.1 Buchstabe b der Richtlinie handele. Gegen diese Auffassung wurde vorgebracht, dass Ziel der Leistungen nicht nur die Sicherung des Lebensunterhalts, sondern auch die Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit durch Eingliederung in Arbeit sei (vgl. hierzu LSG Bayern, Urteil vom 19.06.2013, L 16 AS 847/12 - juris (Rdnr.54)) In der Tendenz hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) noch in der bereits vorab zitierten Sache Vatsouras/ Koupatantze (Urteil vom 04.06.2009, C-22/08, Celex-Nr. 62008CJ0022 - juris) angenommen, dass Leistungen nach dem SGB II keine Sozialhilfeleistungen seien. Die Anknüpfung an die Erwerbsfähigkeit könne dafür sprechen, dass es sich hierbei vielmehr um solche Leistungen handele, die den Zugang zur Beschäftigung erleichtern sollten. Die Kammer tendiert in diesem Zusammenhang dazu, dass Leistungen nach dem SGB II Sozialhilfeleistungen gemäß Art.7 b Abs.1 der Richtlinie 2004/38 EG darstellen. Diesbezüglich ist zunächst auf die vorab gemachten Ausführungen zum zentralen Element der Bedürftigkeit im Rahmen des SGB II zu verweisen. Diese Einschätzung wird nach Auffassung der Kammer auch durch die Entstehungsgeschichte des SGB II gestützt: Bei der Zusammenführung der früheren Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG; wohl eindeutig eine Sozialhilfeleistung) und der Arbeitslosenhilfe (Alhi; eine an den Vorbezug von Arbeitslosengeld geknüpfte - wenn auch teilweise bedarfsabhängige Versicherungsleistung) zum 01.01.2005 hat der Gesetzgeber sich hinsichtlich des ganz maßgeblichen Gesichtspunktes für die Konzeption des früheren BSHG entschieden: Die Leistungen knüpfen unabhängig von der Erwerbsbiographie oder vom Vorbezug anderer Leistungen an die Hilfebedürftigkeit an und sind ihrerseits der Höhe nach vom früheren Einkommen losgelöst und bedarfsorientiert. Dass das SGB II im Vergleich zum früheren BSG vermehrt Leistungen einbezieht, die der Integration in den Arbeitsmarkt dienen sollen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn hierbei handelt es sich im Wesentlichen (so z.B. bei Aus-, Weiterbildungs- und Eingliederungsmaßnahmen) um Leistungen, die so auch von anderen Trägern (Bundesagentur für Arbeit, Rentenversicherung) erbracht werden und die nur zur Vereinheitlichung der Trägerschaft bei bestehendem Leistungsbezug nach dem SGB II nahezu wortgleich in dieses einbezogen worden sind. Sie sind ihrem Charakter nach auch isoliert von den auf die Sicherung des Lebensunterhalts gerichteten Leistungen zu betrachten: Die Erbringung von Leistungen für den Lebensunterhalt oder die Übernahme von Kosten der Unterkunft ist für sich genommen nicht dazu geeignet, eine Integration des Hilfebedürftigen in den Arbeitsmarkt zu bewirken. Die diskutierte vorgenannte Fragestellung scheint in der Tendenz der jüngeren Rechtsprechung aber zwischenzeitlich dahingehend entschieden zu sein, dass Leistungen nach dem SGB II als Sozialhilfeleistungen gemäß Art.24 Abs.2 der Richtlinie 2004/38 EG anzusehen sind. Der EuGH hat in der Rechtssache Brey (Urteil vom 19. September 2013 – C-140/12 –juris) ausgeführt: "Daraus folgt, dass der Begriff der "Sozialhilfeleistungen" im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 nicht anhand von formalen Kriterien, sondern anhand des mit dieser Bestimmung verfolgten Ziels zu bestimmen ist, wie es in den Randnrn. 53 bis 57 des vorliegenden Urteils dargelegt worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Vatsouras und Koupatantze, Randnrn. 41 und 42, sowie vom 24. April 2012, Kamberaj, C-571/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 90 bis 92). 661. Folglich ist dieser Begriff so zu verstehen, dass er sich auf sämtliche von öffentlichen Stellen eingerichteten Hilfssysteme bezieht, die auf nationaler, regionaler oder örtlicher Ebene bestehen und die ein Einzelner in Anspruch nimmt, der nicht über ausreichende Existenzmittel zur Bestreitung seiner Grundbedürfnisse und derjenigen seiner Familie verfügt und deshalb während seines Aufenthalts möglicherweise die öffentlichen Finanzen des Aufnahmemitgliedstaats belasten muss, was Auswirkungen auf das gesamte Niveau der Beihilfe haben kann, die dieser Staat gewähren kann (vgl. in diesem Sinne Urteile Bidar, Randnr. 56, Eind, Randnr. 29, und Förster, Randnr. 48, sowie entsprechend Urteile vom 4. März 2010, Chakroun, C-578/08, Slg. 2010, I-1839, Randnr. 46, und Kamberaj, Randnr. 91)." Der Begriff der Sozialhilfeleistung dürfte nach dieser weiten Interpretation nicht mehr im Gegensatz zum Begriff der besonderen beitragsunabhängigen Leistung oder der Leistung zur Integration in den Arbeitsmarkt stehen. Dieser Bewertung hat sich das Bundessozialgericht in seinem Vorlagebeschluss vom 12.12.2013 (B 4 AS 9/13 R - juris) angeschlossen. Im Zusammenhang mit Art.24 Abs.2 der Richtlinie Art.2004/38 EG diskutiert es nunmehr zentral die Fragestellung, ob der pauschal an die Staatsangehörigkeit anknüpfende Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB den Anforderungen der Richtlinie genüge oder ob dieser die Möglichkeit einer Einzelfallprüfung gebiete, die dieser Leistungsausschluss nicht gewährleisten könne. Diesbezüglich geht das BSG insbesondere auf die Rechtsprechung des EuGH in der Sache Brey ein. Der EuGH hatte hierzu (Rdnr.78) ausgeführt: "Insbesondere muss es in einem Fall, wie er dem Ausgangsverfahren zugrunde liegt, den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats möglich sein, bei der Prüfung des Antrags eines wirtschaftlich nicht aktiven Unionsbürgers, der sich in einer Lage wie der von Herrn Brey befindet, u. a. die Höhe und die Regelmäßigkeit der ihm verfügbaren Einkünfte, den Umstand, dass diese Einkünfte die nationalen Behörden zur Ausstellung einer Anmeldebescheinigung bewogen haben, und den Zeitraum zu berücksichtigen, in dem ihm die beantragte Leistung voraussichtlich gezahlt werden wird. Im Übrigen kann es – wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat – zur genaueren Beurteilung des Ausmaßes der Belastung, die eine solche Zahlung für das nationale Sozialhilfesystem darstellen würde, von Bedeutung sein, den Anteil derjenigen Empfänger dieser Leistung zu ermitteln, die Unionsbürger und Empfänger einer Altersrente in einem anderen Mitgliedstaat sind." Unter Bezugnahme auf die vorgenannten Ausführungen hat das BSG in seinem Beschluss vom 12.12.2013 nunmehr problematisiert, ob sich das Erfordernis der Einzelfallprüfung im Rahmen eines nationalen Leistungsausschlusses aus der Formulierung "oder gegebenenfalls für einen längeren Zeitraum" im Rahmen des Art.24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 EG herauslesen lasse (- juris (Rdnr.43)). Das BSG hat anknüpfend an die vorab dargestellte Gesamtdiskussion dem EuGH in seinem Beschluss vom 12.12.2013 im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art.267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) folgende Fragen vorgelegt: "1. Gilt das Gleichbehandlungsgebot des Art 4 VO EG 883/2004- mit Ausnahme des Exportausschlusses des Art 70 VO EG 883/2004 auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen iS von Art 70 Abs 1, 2 VO EG 883/2004? 2. Falls 1) bejaht wird: Sind - gegebenenfalls in welchem Umfang - Einschränkungen des Gleichbehandlungsgebots des Art 4 durch Bestimmungen in nationalen Rechtsvorschriften in Umsetzung des Art 24 Abs 2 RL 2004/38 EG ) möglich, nach denen der Zugang zu diesen Leistungen ausnahmslos nicht besteht, wenn sich ein Aufenthaltsrecht des Unionsbürgers in dem anderen Mitgliedstaat allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt? 3. Steht Art 45 Abs 2 AEUV in Verbindung mit Art 18 AEUV einer nationalen Bestimmung entgegen, die Unionsbürgern, die sich als Arbeitsuchende auf die Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts berufen können, eine Sozialleistung, die der Existenzsicherung dient und gleichzeitig auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, ausnahmslos für die Zeit eines Aufenthaltsrechts nur zur Arbeitsuche und unabhängig von der Verbindung mit dem Aufnahmestaat verweigert?" Ganz unabhängig von der Frage der Europarechtskonformität des Leistungsausschlusses in 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II wird auch die Unvereinbarkeit dieser Vorschrift mit Art.1 Abs.1 i.V.m. Art.20 Abs.1 sowie Art.3 Abs.1 des Grundgesetzes (GG) diskutiert. Die Staatsangehörigkeit sei aufgrund der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kein zulässiges Differenzierungskriterium mehr (so wohl auch Kingreen in Staatsangehörigkeit als Differenzierungskriterium im Sozialleistungsrecht - Zur Vereinbarkeit von § 7 Abs.1 S.2 Nr.2 SGB II mit europäischem Unions- und deutschen Verfassungsrecht, SGb 03/13, 132 (139). Die dargestellten schwierigen und vielschichtigen Rechtsfragen verdeutlichen, dass das Gericht die Sach- und Rechtslage nicht abschließend in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren beurteilt werden kann. Die danach für die begehrte Regelung im Eilverfahren allein entscheidende Folgenabwägung (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - juris) fällt zugunsten des Antragstellers aus. Obwohl die Kammer die Tatbestandsvoraussetzungen des 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II in der Tendenz annimmt und erhebliche Anhaltspunkte für seine Anwendbarkeit sieht, reichen die verbleibenden Zweifel aus, um ein vorläufiges Obsiegen des Antragstellers zu rechtfertigen. Da es sich bei den begehrten Leistungen um Leistungen zur Grundsicherung handelt, drohen dem Antragsteller nämlich existentielle und irreversible Nachteile, sofern ihm die Leistungen vorläufig zu Unrecht verwehrt werden. Demgegenüber hat der Antragsgegner "nur" finanzielle Nachteile zu gewärtigen, wenn der Antragsteller im Hauptsacheverfahren mit seinem Begehren nicht durchdringen sollte. In diesem Fall erscheint es allerdings nicht ausgeschlossen, dass der Antragsgegner seinen Rückforderungsanspruch nicht realisieren kann und die Zuerkennung der Leistungen deshalb im Ergebnis einen Zustand schafft, der in seinen (wirtschaftlichen) Auswirkungen der Vorwegnahme in der Hauptsache gleichkommt. Da im vorliegenden Fall existenzsichernde Leistungen im Streit stehen, liegt auch ein Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit vor. Der Erlass einer Regelungsanordnung erscheint zur Abwendung wesentlicher Nachteile als erforderlich. Die Verpflichtung des Antragsgegners hatte antragsgemäß für den Zeitraum vom 03.03.2014 bis zum 31.08.2014 zu erfolgen. Die vorgenannte Zeitspanne entspricht einem üblichen Bewilligungszeitraum und erscheint bereits insofern angemessen. Der Antragsgegner wird in diesem Zeitraum die Situation des Antragstellers - insbesondere Veränderungen seiner Bedarfssituation und auch eine mögliche Verlagerung seines ständigen Aufenthalts - zu beobachten haben. Die Kammer geht weiter davon aus, dass der Antragsgegner zur Vermeidung weiterer Eilverfahren der Antragstellerin bei unveränderten Voraussetzungen auch für den Zeitraum ab dem 01.09.2014 Leistungen nach dem SGB II nach den vorgenannten Maßgaben bewilligen wird. Die Kostenentscheidung folgt aus einer analogen Anwendung von § 193 SGG.
dem antragsgegner wird im wege der einstweiligen anordnung aufgegeben, dem antragsteller vorläufig im hinblick auf eine rechtskräftige entscheidung in der hauptsache für den zeitraum vom 03.03.2014 bis zum 31.08.2014 den regelbedarf zur sicherung des lebensunterhalts gemäß den §§ 20 abs.1, 20 abs.2 satz 1 sgb ii zu gewähren. der antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen kosten der antragstellerin. 1
2i.) die beteiligten streiten im wege des einstweiligen rechtsschutzes darum, ob der antragsteller aufgrund des leistungsausschlusses des § 7 abs.1 satz 2 nr.2 des zweiten buchs sozialgesetzbuchs (sgb ii) dem grunde nach von leistungen nach dem sgb ii ausgeschlossen ist. der antragsteller ist am 29.03.1977 geboren. er ist bulgarischer staatsangehöriger. im jahr 1995 absolvierte er sein abitur an einem russischen gymnasium in bulgarien. von 1999 bis 2005 war er als bauarbeiter tätig. im jahr 2002 wurde er parallel zum tischler ausgebildet. ab 2006 lebte er in griechenland und war dort bis 2010 als bauarbeiter und an einer tankstelle tätig. seit dem jahr 2011 ist er arbeitsuchend. im januar 2013 reiste er in die bundesrepublik deutschland ein. vom 03.02.2013 bis zum 10.09.2013 befand er sich in der justizvollzugsanstalt dortmund in untersuchungshaft. der zugrundeliegende haftbefehl wurde nach dem stand der akte zwischenzeitlich aufgehoben. im rahmen einer aufenthaltsanzeige beim ausländeramt der stadt hagen erklärte der antragsteller am 02.10.2013, dass er sich zur arbeitsuche in hagen aufhalte. er legte hierbei eine auflistung diverser zeitarbeitsfirmen vor, bei denen er arbeit gesucht habe. der antragsteller steht seit oktober 2013 in kontakt mit der beratungsstelle für wohnungslose hagen der xxx. mit unterbringungsverfügung vom 20.01.2014 wies die stadt hagen dem antragsteller eine unterkunft im städtischen männerasyl in der xxx in hagen zu. nach dem aktenstand bewohnt der antragsteller diese unterkunft seitdem. am 27.01.2014 beantragte der antragsteller beim antragsgegner leistungen nach dem zweiten buch sozialgesetzbuch (sgb ii). er erklärte, dass er kein einkommen und keine ersparnisse habe. er habe aber bisher von seinem ersparten gelebt, zusätzlich hätten ihm "kollegen" etwas gegeben. mit bescheid vom 05.02.2014 lehnte der antragsgegner den antrag ab. das aufenthaltsrecht des antragstellers ergebe sich allein aus dem zweck der arbeitsuche, so dass er vom leistungsausschluss des § 7 abs.1 satz 2 nr.2 sgb ii erfasst sei. unter dem 27.02.2014 erließ die stadt hagen eine weitere einweisung des antragstellers in das männerasyl. am 03.03.2014 erhob der antragsteller widerspruch gegen den bescheid vom 05.02.2014. der antragsgegner hat diesen widerspruch nach dem stand der akte bislang nicht beschieden. ebenfalls am 03.03.2014 hat der antragsteller bei der erkennenden kammer einen antrag auf erlass einer einstweiligen anordnung mit dem ziel einer vorläufigen verpflichtung des antragsgegners zur gewährung von leistungen nach dem sgb ii gestellt. mit schriftsatz vom 07.03.2014 hat er den antrag dahingehend konkretisiert, dass gegenstand des einstweiligen rechtsschutzverfahrens nur der regelbedarf zur sicherung des lebensunterhalts sei. der antragsteller trägt vor, dass der leistungsausschluss des § 7 abs.1 satz 2 sgb ii nicht anwendbar sei. dieser verstoße insbesondere gegen art.1 des europäischen fürsorgeabkommens (efa). seit anfang 2013 habe er etwa 40 bewerbungen geschrieben. aufgrund seiner unterbringung im männerasyl und wegen des fehlenden führerscheins seien diese ohne erfolg geblieben. seine kenntnisse der deutschen sprache seien so ausgeprägt, dass er sich mühelos verständigen könne. seine motivation, eine stelle zu finden, sei sehr hoch. im rahmen seiner ersten eidesstattlichen versicherung (datiert auf den 25.02.2014) hat der antragsteller im hinblick auf seine hilfebedürftigkeit zunächst vorgetragen, dass er völlig mittellos sei, was sich auch aus seinen kontoauszügen ergebe. mit schriftsatz vom 07.03.2014 hat der bevollmächtigte des antragstellers sodann erklärt, dass der antragsteller über gar kein konto verfüge. die eidesstattliche versicherung stamme aus einem anderen verfahren, in dem der antragsteller ein konto innegehabt habe. mit schriftsatz vom 18.03.2014 hat der antragsteller eine neue eidesstattliche versicherung übersandt. auf anfrage des gerichts vom 14.04.2014 hat der antragsteller weiter ausgeführt, dass er nicht krankenversichert sei. er habe überdies weder in deutschland noch in einem anderen eu-mitgliedsstaat bezug zu einem sozialen sicherungssystem im sinne von art.3 der verordnung des europäischen parlaments und des rates zur koordinierung der systeme der sozialen sicherheit (in der folge vo (eg) 883/04) gehabt. auf nochmalige anfrage des gerichts vom 16.04.2014 hat der anwaltlich vertretene antragsteller diese stellungnahme ausdrücklich wiederholt. der antragsteller beantragt sinngemäß, dem antragsgegner im wege der einstweiligen anordnung aufzugeben, ihm vorläufig im hinblick auf die rechtskräftige entscheidung in der hauptsache für den zeitraum vom 03.03.2014 bis zum 31.08.2014 den regelbedarf zur sicherung des lebensunterhalts gemäß den §§ 20 abs.1, 20 abs.2 satz 1 sgb ii zu gewähren. 3der antragsgegner beantragt, den antrag abzulehnen. er ist der auffassung, dass der antragsteller vom leistungsausschluss des § 7 abs.1 satz 2 nr.2 sgb ii erfasst sei. wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts wird auf die verfahrensakte, die verwaltungsakte des antragsgegners und auf die vom gericht mit dem einverständnis der beteiligten beigezogene ausländerakte der stadt hagen bezug genommen. 4
5ii. streitgegenstand des vorliegenden eilverfahrens ist ausweislich des antrags des antragstellers allein die vorläufige verpflichtung des antragsgegners zur erbringung von regelleistungen gemäß § 20 sgb ii für den zeitraum vom 03.03.2014 bis zum 31.08.2014. dieser zulässige antrag auf erlass einer einstweiligen anordnung ist vollumfänglich begründet. eine einstweilige anordnung kann gemäß § 86b abs. 2 des sozialgerichtsgesetzes (sgg) zur regelung eines vorläufigen zustandes in bezug auf ein streitiges rechtsverhältnis ergehen, wenn eine solche regelung zur abwendung wesentlicher nachteile nötig erscheint. gemäß § 86b abs. 2 satz 4 sgg hat der antragsteller im sinne von § 920 der zivilprozessordnung (zpo) glaubhaft zu machen, dass ihm der umstrittene und zu sichernde anspruch (anordnungsanspruch) zusteht und die regelung eines vorläufigen zustands zur abwendung wesentlicher nachteile nötig erscheint (anordnungsgrund). nach den vorgenannten maßgaben geht das gericht nach der im einstweiligen rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen prüfung der sach- und rechtslage und unter berücksichtigung einer im vorliegenden verfahren vorzunehmenden folgenabwägung zunächst von einem anordnungsanspruch des antragstellers auf die gewährung der von ihm begehrten leistungen nach dem sgb ii aus. er erfüllt hiernach zunächst die tatbestandsvoraussetzungen der maßgeblichen anspruchsgrundlagen der §§ 7 abs.1 satz 1, 9 abs.1 sgb ii. gemäß § 7 abs.1 satz 1 sgb ii erhalten personen leistungen nach dem sgb ii, die 1. das 15. lebensjahr vollendet und die altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen aufenthalt in der bundesrepublik deutschland haben. der am 29.03.1977 geborene antragsteller gehört im hinblick auf sein lebensalter zunächst zu der § 7 abs.1 satz 1 nr.1 sgb ii genannten personengruppe. zweifel an der erwerbsfähigkeit des antragstellers in gesundheitlicher hinsicht gemäß den § § 7 abs.1 satz 1 nr.2, 8 abs.1 sgb ii bestehen nicht. der antragsteller ist auch in rechtlicher hinsicht gemäß den §§ 7 abs.1 satz 1 nr.2, 8 abs.2 sgb ii erwerbsfähig. als staatsangehöriger des eu-mitgliedsstaats bulgarien genießt er in vollem umfang das recht auf arbeitnehmerfreizügigkeit gemäß art.45 aeuv. einschränkungen für die ausübung einer beschäftigung gemäß art.45 abs. 3 c.) aeuv sieht das deutsche recht in den §§ 13 des gesetzes über die freizügigkeit von unionsbürgern (freizügg/eu) , 284 abs.1 des dritten buchs sozialgesetzbuchs (sgb iii) nur noch für kroatische staatsangehörige vor. der antragsteller hat seine hilfebedürftigkeit gemäß den §§ 7 abs.1 satz 1 nr.3, 9 abs.1 sgb ii auch jedenfalls in dem im einstweiligen rechtsschutzverfahren gebotenen umfang glaubhaft gemacht. gemäß § 9 abs.1 sgb ii ist hilfebedürftig, wer seinen lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden einkommen oder vermögen sichern kann und die erforderliche hilfe nicht von anderen, insbesondere von angehörigen oder von trägern anderer sozialleistungen, erhält. anhaltspunkte für verwertbares vermögen oder regelmäßiges einkommen des antragstellers bestehen nicht. zwar hat der antragsteller im rahmen seiner antragstellung beim antragsgegner vorgetragen, dass er bisher von erspartem gelebt habe. gleichzeitig hat er aber ausgeführt, dass er bislang auch auf die hilfe von "kollegen" angewiesen gewesen sei und dass er nunmehr keine ersparnisse mehr habe. die kammer geht insofern aus, dass der antragsteller jedenfalls gegenwärtig über keine liquiden mittel mehr verfügt. auch die im einstweiligen rechtsschutzverfahren aufgetretenen unstimmigkeiten im hinblick auf ein mögliches konto des antragstellers begründen keine durchgreifenden zweifel an seiner hilfebedürftigkeit. die kammer hält die stellungnahme des bevollmächtigten des antragstellers, dass er in der eidesstattlichen versicherung eine formulierung aus einem anderen verfahren übernommen habe, im hinblick auf die in zahlreichen verfahren zu tage tretenden besonderheiten der anwaltlichen prozessführung im recht der grundsicherung für arbeitsuchende durchaus für glaubhaft. verbleibenden zweifeln an der hilfebedürftigkeit des antragstellers wird in einem möglichen hauptsacheverfahren nachzugehen sein. der antragsteller hat gemäß § 7 abs.1 satz 1 nr.4 sgb ii auch seinen gewöhnlichen aufenthalt in der bundesrepublik deutschland. den gewöhnlichen aufenthalt hat jemand gemäß § 30 abs.3 satz 2 sgb i dort, wo er sich unter umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem ort oder in diesem gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. entscheidend ist, ob der örtliche schwerpunkt der lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im inland ist. die dauerhaftigkeit des aufenthalts ist anzunehmen, wenn und solange der aufenthalt nicht auf beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist (bsg, urteil vom 30.01.2013, b 4 as 54/12 r - juris (rdnr. 18)). eine solche zukunftsoffenheit des aufenthalts ist im fall des antragstellers anzunehmen. der antragsteller hält sich seit januar 2013 durchgehend in der bundesrepublik deutschland auf. anhaltspunkte für einen geplanten baldigen wegzug aus der bundesrepublik deutschland bestehen nicht. für die annahme eines gewöhnlichen aufenthalts gemäß § 7 abs.1 satz 1 nr.4 sgb ii ist hingegen nicht zu prüfen, ob der hilfebedürftige inhaber eines definierten aufenthaltsstatus ist (anders noch unter bezugnahme auf die sogenannte "einfärbungslehre" im recht der rentenversicherung bsg, urteil vom 03.04.2001, b 4 ra 90/00 r - juris (rdnr.17); hieran für den bereich des sgb ii anknüpfend sg darmstadt, beschluss vom 25 03.2013, s 16 as 1089/12 er- juris). die definition des gewöhnlichen aufenthalts ergibt sich nämlich aus § 30 abs.3 satz 2 sgb i und gilt gemäß § 37 sgb i für alle bücher des sozialgesetzbuchs, soweit sich nicht aus seinen anderen teilen etwas besonderes ergibt. diese regelung knüpft ausweislich ihres wortlauts aber allein an faktische gesichtspunkte an. im sgb ii findet sich keine weitergehende regelung, aus der sich die erforderlichkeit zusätzlicher tatbestandsvoraussetzungen für den bezug von leistungen zur grundsicherung ableiten ließe. eine vorläufige verpflichtung des antragsgegners zur erbringung von leistungen im tenorierten umfang scheidet auch nicht aufgrund des in § 7 abs.1 satz 2 nr.2 sgb ii normierten leistungsausschlusses aus. vom leistungsbezug ausgenommen sind danach ausländerinnen und ausländer, deren aufenthaltsrecht sich allein aus dem zweck der arbeitsuche ergibt, und ihre familienangehörigen. in der sozialgerichtlichen rechtsprechung und in der fachliteratur wird aber kontrovers und mit verschiedensten argumenten diskutiert, wie weit der leistungsausschluss des § 7 abs.2 satz 1 nr.2 sgb ii rein tatbestandlich reicht, ob dieser leistungsausschluss im falle seiner anwendbarkeit mit europäischem recht vereinbar ist und welche folgen sich aus einer etwaigen unvereinbarkeit der norm mit europäischen recht ergeben. da eine abschließende materiell-rechtliche klärung dieser fragen in der im einstweiligen rechtsschutzverfahren gebotenen eile nicht erfolgen kann, ist im vorliegenden verfahren zur überzeugung der kammer im rahmen einer folgenabwägung zu entscheiden (vgl. hierzu bundesverfassungsgericht, beschluss vom 12.05.2005 - 1 bvr 569/05- juris). zum stand der diskussion ist im einzelnen auszuführen: streitig ist zunächst, ob der leistungsausschluss des § 7 abs.2 satz 1 nr.2 sgb ii nur in solchen fälle anwendbar ist, in denen ein aufenthaltsrecht des ausländers zum zweck der arbeitssuche positiv festgestellt werden kann, oder ob er auch die fälle erfasst, in denen jedenfalls kein anderes aufenthaltsrecht besteht und in denen ein aufenthaltsrecht zum zweck der arbeitssuche nie bestanden hat oder zwischenzeitlich entfallen ist. eine teilweise in der sozialgerichtlichen rechtsprechung vertretene auffassung geht davon aus, dass der leistungsausschluss des § 7 abs.2 satz 1 nr.2 sgb ii nur eingreife, sofern der (fort-) bestand des aufenthaltsrecht des ausländers zum zweck der arbeitssuche positiv festgestellt werden kann (so zum beispiel lsg nordrhein-westfalen, urteil vom 10.10.2013, l 19 as 129/13 - juris ; sg dortmund, beschluss vom 12.02.2014 - s 32 as 5677/13 er - juris (rdnr.72 ff.). diese auffassung wird zunächst damit begründet, dass der wortlaut des § 7 abs.1 satz 2 nr.2 sgb ii nur auf ein aufenthaltsrecht zum zweck der arbeitssuche abstelle. eine dahingehende erweiternde auslegung, dass der leistungsausschluss "erst recht" für eu-ausländer ohne materielles aufenthaltsrecht gelten müsse, sei nicht gangbar. der leistungsausschluss des § 7 abs.1 satz 2 nr.2 sgb ii weise einen ausnahmecharakter auf und sei insbesondere auch deshalb eng auszulegen, weil das sgb ii die verfassungsrechtliche verpflichtung des staates zur sicherung eines menschenwürdigen existenzminimums umsetze. ein "erst-recht-schluss" scheide überdies bereits deshalb aus, weil dieser wie eine analogie eine planwidrige regelungslücke und eine vergleichbare interessenlage voraussetze. eine vergleichbare interessenlage liege aber nicht vor. art 14 abs.4 b.) satz 2 der die freizügigkeit von unionsbürgern betreffenden richtlinie 2004/38 eg des europäischen parlaments und des rates vom 29.04.2004 (in der folge richtlinie 2004/38 eg) regele, dass unionsbürger und ihre familienangehörigen nicht ausgewiesen werden dürften, solange sie weiterhin arbeit suchten und eine begründete aussicht hätten, eingestellt zu werden. das vorliegen der materiell-rechtlichen voraussetzungen eines aufenthaltsrechts zum zweck der arbeitsuche vermittele mithin einen ausweisungsschutz; im falle des nichtbestehens eines materiellen aufenthaltsrechts habe die ausländerbehörde dagegen die möglichkeit zur einleitung aufenthaltsbeendender maßnahmen (vgl. hierzu insgesamt lsg nordrhein-westfalen, urteil vom 10.10.2013, l 19 as 129/13 - juris (rdnr.59 ff.)). überdies wird angeführt, dass das aufenthaltsrecht zum zweck der arbeitssuche "kein bloßes auffang-aufenthaltsrecht" darstelle. dies ergebe sich daraus, dass dieses an objektivierbare gesichtspunkte, nämlich an hinreichende aktivitäten zur arbeitssuche und an die möglichkeit anknüpfe, tatsächlich einen arbeitsplatz zu finden. sofern man diese außer acht lasse, könne der ausländer allein durch die angabe seines willens zur arbeitsuche ein aufenthaltsrecht begründen. weiter sei zu berücksichtigen, dass § 7 abs.1 satz 2 nr.2 sgb ii vom gesetzgeber mit der zielrichtung verabschiedet worden sei, von der durch art. 24 abs. 2 der richtlinie 2004/38 eg normierten möglichkeit einer ausnahme vom gleichbehandlungsgebot des art.24 abs.1 der richtlinie 2004/38 eg gebrauch zu machen. art.24 abs.2 der richtlinie 2004/38 eg regele aber nur den fall der ersten drei monate des aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren zeitraums nach artikel 14 absatz 4 buchstabe b der vorgenannten richtlinie, also dem aufenthalt zum zweck der arbeitssuche. es sei auch davon auszugehen, dass dieses "schweigen" in art. 24 abs.2 der richtlinie 2004/38 eg zum fall des fehlens oder entfallene eines materiellen aufenthaltsrechts bewusst erfolgt sei. kommission und rat hätten durch das zusammenspiel von art. 14 abs.1 (fortbestand des aufenthaltsrechts, solange sozialhilfeleistungen nicht unangemessen in anspruch genommen werden) und art.14 abs.3 der freizügigkeitsrichtlinie (kein automatismus einer ausweisung bei inanspruchnahme von sozialhilfeleistungen) nämlich gezeigt, dass sie die konstellation im blick gehabt hätten, dass das aufenthaltsrecht auch beim wegfall seiner voraussetzungen fortbestehe. zudem müsse der leistungsausschluss des § 7 abs.1 satz 2 nr.2 sgb ii auch unter dem gesichtspunkt eng ausgelegt werden, dass die europäische rechtsprechung eine bestimmte finanzielle solidarität der staatsangehörigen eines mitgliedsstaats mit denen anderer mitgliedsstaaten einfordere (vgl. urteile des landessozialgerichts hessen vom 27.11.2013, l 6 as 726/12, l 6 as 378/12 - juris). die gegenauffassung, zu der auch die erkennende kammer tendiert, nimmt eine anwendbarkeit des leistungsausschlusses gemäß § 7 abs.1 satz 2 nr.2 sgb auch auf die fälle an, in denen ein aufenthaltsrecht zum zweck der arbeitsuche nie bestanden hat oder fortgefallen ist und kein anderes aufenthaltsrecht feststellbar ist (lsg niedersachsen-bremen, beschluss vom 15.11.2013, l 15 as 365/13 b er- juris, lsg niedersachsen-bremen, beschluss vom 26.03.2014, l 15 as 16/14 b er-juris, lsg nordrhein-westfalen, urteil vom 28.11.2013, l 6 as 130/13- juris (rdnr. 36.) danach erscheint es unter berücksichtigung des gleichheitsgrundsatzes des art. 3 abs.1 des grundgesetzes (gg) nicht vertretbar, personen vom leistungsbezug nach dem sgb ii auszuschließen, die ein definiertes aufenthaltsrecht, nämlich das zur arbeitssuche besäßen, aber diejenigen einzubeziehen, die über gar kein aufenthaltsrecht verfügten. dies erscheine auch unter dem gesichtspunkt widersinnig, dass bei den personen, die keine arbeit suchten oder deren arbeitssuche objektiv wenig erfolgsgeneigt scheine, die geringste chance zur integration in den nationalen arbeitsmarkt bestehe. das argument, dass beide fallkonstellationen insofern nicht miteinander zu vergleichen seien, als gegen den ausländer, der kein aufenthaltsrecht mehr habe, aufenthaltsrechtliche maßnahmen ergriffen werden könnten, trage nicht. aufgrund der §§ 5 abs.5, 6 und 7 des freizügigg/eu bestehe das freizügigkeitsrecht nämlich so lange, bis sein nichtbestehen oder sein verlust gemäß § 5 abs.4 freizügg/ eu festgestellt werden sei. zudem wird darauf hingewiesen (so lsg nordrhein-westfalen, urteil vom 28.11.2013, a.a.o), dass der genaue zeitpunkt des verlust eines aufenthaltsrechts zum zweck der arbeitssuche (so die einstellung der arbeitssuche, der verlust der objektiven erfolgsaussichten) gar nicht festgestellt werden könne. die erkennende kammer tendiert insbesondere deshalb zu der letztgenannten auffassung, weil wortlaut und aufbau des § 7 abs.1 sgb ii darauf hindeuten, dass die norm "stillschweigend" vom bestehen eines aufenthaltsrechts des eu-ausländers ausgeht. nach der definition der allgemeinen (positiven) voraussetzungen für einen leistungsbezug nach dem sgb ii formuliert § 7 abs.1 satz 2 sgb ii leistungsausschlüsse für bestimmte nach § 7 abs.1 satz 1 sgb ii grundsätzlich leistungsberechtigte personengruppen. sowohl die formulierung im leistungsausschluss des § 7 abs.1 satz 2 nr.1 sgb ii ("die weder in der bundesrepublik deutschland arbeitnehmerinnen, arbeitnehmer oder selbständige noch aufgrund des § 2 absatz 3 des freizügigkeitsgesetzes/eu freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei monate ihres aufenthalts") als auch im hier streitigen leistungsausschluss des § 7 abs.1 satz 2 nr.2 sgb ii ("deren aufenthaltsrecht sich allein aus dem zweck der arbeitssuche ergibt"), deuten nach ansicht der kammer aber daraufhin, dass der gesetzgeber alle diejenigen personengruppen vom leistungsbezug nach dem sgb ii ausschließen wollte, die nicht zusätzlich zu ("allein") an niedrigschwellige voraussetzungen angeknüpften aufenthaltsrechten einen weiteren aufenthaltstatbestand nachweisen können. hierfür spricht auch, dass die im zusammenhang mit § 7 abs.1 satz 1 nr.4 sgb ii angesprochene "einfärbungslehre", die einen legalen aufenthalt bereits in das tatbestandsmerkmal des "gewöhnlichen aufenthalts" hineinlas, zum zeitpunkt der formulierung der norm im jahr 2004 noch herrschend gewesen sein dürfte. der verweis darauf, dass die ausländerbehörde nach dem entfallen eines aufenthaltsrechts den verlust der freizügigkeit feststellen und aufenthaltsbeendende maßnahmen ergreifen könne (so wohl auch kingreen in staatsangehörigkeit als differenzierungskriterium im sozialleistungsrecht - zur vereinbarkeit von § 7 abs.1 s.2 nr.2 sgb ii mit europäischem unions- und deutschen verfassungsrecht, sgb 03/13, 132 (134)), scheint aufgrund der möglichkeit des eu-ausländers, sich nach einer kurzfristigen ausreise gemäß § 2 abs.5 satz 1 freizügg/eu erneut ohne weitere bedingungen für drei monate im bundesgebiet aufhalten zu können, dagegen eher theoretischer natur zu sein. diese diskussion ist im vorliegenden fall auch von bedeutung, weil jedenfalls zunächst kein anderes aufenthaltsrecht des antragstellers als das zum zweck der arbeitssuche festgestellt werden kann. gemäß § 2 abs.1 freizügg/eu haben freizügigkeitsberechtigte unionsbürger und ihre familienangehörigen das recht auf einreise und aufenthalt nach maßgabe dieses gesetzes. die einzelnen tatbestände einer unionsrechtlichen freizügigkeitsberechtigung sind in § 2 abs.2 freizügg/eu geregelt. in betracht kommt hier allein eine unionsrechtliche freizügigkeitsberechtigung des antragstellers gemäß § 2 abs.2 nr.1 freizügg/eu für unionsbürger, die sich als arbeitnehmer, zur arbeitssuche oder zur berufsausbildung aufhalten wollen. der antragsteller hat nach dem stand der akte in der bundesrepublik deutschland aber bislang weder eine unselbständige tätigkeit ausgeübt noch eine berufsausbildung absolviert. ob dem antragsteller ein recht zum aufenthalt zum zweck der arbeitssuche gemäß § 2 abs.2 satz 1 nr.1 freizügg/eu zustand oder noch zusteht, ist indes unklar und im vorliegenden eilverfahren nicht abschließend zu klären: wie bereits vorab ausgeführt, ist der bestand des aufenthaltsrechts zum zweck der arbeitssuche an objektivierbare voraussetzungen, nämlich an die arbeitssuche und an die begründete aussicht einer einstellung geknüpft. sofern man den vortrag des antragstellers und die zur ausländerakte des antragstellers gereichte aufstellung über von ihm kontaktierte arbeitgeber zugrundelegt, dürften zwar ausreichende bemühungen des antragstellers um einen arbeitsplatz vorliegen. im rahmen des vorliegenden einstweiligen rechtsschutzverfahrens ist aber nicht eindeutig zu klären, ob auch die begründete aussicht auf eine einstellung des antragstellers besteht: hierfür sprechen zwar die nach seinem vortrag vorhandenen deutschkenntnisse und die tatsache, dass er durchaus über gewisse qualifikationen in gestalt seines abiturs und seiner ausbildung zum tischler verfügt. der fehlende führerschein des antragstellers, sein aufenthalt in einem männerasyl und die mehrmonatige untersuchungshaft im jahr 2013 könnten sich dagegen als hemmnis bei einer einstellung erweisen. selbst wann man von einer tatbestandlichen anwendbarkeit des § 7 abs.1 satz 1 nr.2 sgb ii ausgeht, ist dessen vereinbarkeit mit europäischem recht aber in hohem maße umstritten. auch wenn aus sicht der kammer viel für eine solche vereinbarkeit spricht, kann sie jedenfalls unter berücksichtigung der in rechtsprechung und literatur vorgetragenen argumente im einstweiligen rechtsschutzverfahren nicht abschließend geklärt werden. zweifel an der vereinbarkeit des leistungsausschlusses mit europäischem recht werden ganz maßgeblich im hinblick auf den in art.4 der verordnung des europäischen parlaments und des rates zur koordinierung der systeme der sozialen sicherheit (in der folge vo (eg) 883/04) normierten gleichbehandlungsgrundsatz geäußert. hiernach haben, sofern in dieser verordnung nichts anderes bestimmt ist, personen, für die diese verordnung gilt, die gleichen rechte und pflichten aufgrund der rechtsvorschriften eines mitgliedstaats wie die staatsangehörigen dieses staates. eine mögliche inkompatibilität von § 7 abs.1 satz 1 nr.2 sgb ii mit dem gleichbehandlungsgebot des art.4 der vo (eg) 883/04 dürfte im vorliegenden fall allerdings ohne bedeutung sein, weil der antragsteller nach seinem eigenen vortrag nicht dem persönlichen anwendungsbereich dieser verordnung gemäß art.2 abs.1 der vo (eg) 883/04 unterfällt. danach gilt die verordnung für staatsangehörige eines mitgliedsstaats, staatenlose und flüchtlinge mit wohnort in einem mitgliedsstaat, für die die rechtsvorschriften eines oder mehrerer mitgliedsstaaten gelten oder galten sowie für ihre familienangehörigen oder hinterbliebenen. gefordert wird im allgemeinen der bezug des eu-ausländers zu einem der in art. 3 abs.1 der vo (eg) 883/04 genannten zweige der sozialen sicherheit entweder in einem eu-mitgliedsstaat. einen solchen bezug hat der antragsteller aber auf die entsprechende anfrage des gerichts vom 14.04.2014 und nochmals auf einen ausführlicheren hinweis des gerichts vom 16.04.2014 hin ausdrücklich verneint. zwar hält das gericht es angesichts der vorbeschäftigungen des antragstellers in bulgarien und griechenland in den jahren 1999 bis 2010 und der mehr als knappen antwort auf die entsprechenden anfragen der kammer für zweifelhaft, ob die (frühere) einbindung des antragstellers in ein system der sozialen sicherheit in einem europäischen mitgliedsstaat tatsächlich mit der gebotenen anwaltlichen sorgfalt geprüft worden ist. da der anwaltlich vertretene antragsteller eine für ihn günstige tatsache aber trotz zweier entsprechender anfragen des gerichts in abrede gestellt hat, sieht die kammer sich an die entsprechende ausführung gebunden. gleichwohl hegt das gericht auch im vorliegenden fall aufgrund weiterer konträr diskutierter fragestellungen zweifel an der vereinbarkeit des des § 7 abs.1 satz 1 nr.2 sgb ii mit europäischem recht, die die vorgenommene folgenabwägung rechtfertigen: losgelöst von der frage der kompatibilität des leistungsausschlusses des art.4 der vo (eg) 883/04 wird nämlich zunächst auch eine unvereinbarkeit des leistungsausschlusses unmittelbar mit primärem gemeinschaftsrecht diskutiert. das bundessozialgericht hat in seinem vorlagebeschluss an den europäischen gerichtshof vom 09.12.2013 (b 4 as 9/13 r - juris (rdnr. 44/45)) die frage erörtert, ob der leistungsausschluss mit dem freizügigkeitsrecht aus art.45 abs.2 des vertrages über die arbeitsweise der europäischen union (aeuv) im lichte des verbots der diskriminierung aus gründen der staatsangehörigkeit gemäß art. 18 aeuv vereinbar sei. er hat diesbezüglich insbesondere auf die entscheidung des eugh in der sache vatsouras/ koupatantze (urteil vom 04.06.2009, c-22/08, celex-nr. 62008cj0022 – juris) bezug genommen. der eugh hatte in diesem zusammenhang ausgeführt, dass es nach der einführung der unionsbürgerschaft und unter berücksichtigung der art. 39 abs.2 und 12 des früheren eg-vertrages (eg) nicht mehr möglich sei, den bürger eines mitgliedsstaates der europäischen union von einer leistung auszuschließen, die den zugang zum arbeitsmarkt erleichtern solle (anknüpfend auch an die sachen collins, eugh, urteil vom 23.03.2004, c 138/02, celex-nr. 62002cj0138 – juris - und trojani, eugh, urteil vom 07.09.2004, c-456/02, celex-nr. 62002cj0456 - juris). bei leistungen nach dem sgb ii handele es sich in der tendenz auch um solche leistungen. ein mitgliedsstaat dürfe die gewährung einer solchen leistung aber von einer tatsächlichen verbindung des leistungsbegehrenden zum arbeitsmarkt des mitgliedsstaates abhängig machen (so der eugh in der tendenz auch schon in der sache bidar , urteil vom 15.03.2005, c-209/03, celex-nr. 62003cj0209 – juris). das bsg thematisiert in diesem zusammenhang nunmehr, ob die regelung des § 7 abs.1 satz 2 nr.2 sgb ii unter berücksichtigung dieser rechtsprechung insofern gegen die vorgenannten artikel des aeuv verstoße, als sie eine entsprechende einzelfallbezogene prüfung gar nicht zulasse. zwar dürfte der antragsteller im vorliegenden fall mangels jeder vorbeschäftigung keinerlei bezug zum deutschen arbeitsmarkt aufweisen. sofern die vom bundessozialgericht aufgeworfenen bedenken durchdringen, dürfte die anwendbarkeit des § 7 abs.1 satz 2 nr.2 sgb ii aufgrund einer unvereinbarkeit mit europäischem primärrecht indes abstrakt-generell in frage zu stellen sein (zu weiteren nachweisen im hinblick auf vereinbarkeit des leistungsausschlusses mit europäischem primärrecht vgl. sg dortmund, beschluss vom 22.01.2014, s 19 as 5107/13 er - juris). eine maßgeblich erörterte rechtsfrage ist überdies, ob der leistungsausschluss des § 7 abs.1 satz 2 nr.2 sgb ii in übereinstimmung mit dem ihm zugrundeliegenden art.24 abs.2 der richtlinie 2004/38 eg steht. zentraler gesichtspunkt der diskussion war über lange zeit, ob es sich bei leistungen nach dem sgb ii um überhaupt um sozialhilfeleistungen gemäß art.7 abs.1 buchstabe b der richtlinie handele. gegen diese auffassung wurde vorgebracht, dass ziel der leistungen nicht nur die sicherung des lebensunterhalts, sondern auch die beendigung oder verringerung der hilfebedürftigkeit durch eingliederung in arbeit sei (vgl. hierzu lsg bayern, urteil vom 19.06.2013, l 16 as 847/12 - juris (rdnr.54)) in der tendenz hat der europäische gerichtshof (eugh) noch in der bereits vorab zitierten sache vatsouras/ koupatantze (urteil vom 04.06.2009, c-22/08, celex-nr. 62008cj0022 - juris) angenommen, dass leistungen nach dem sgb ii keine sozialhilfeleistungen seien. die anknüpfung an die erwerbsfähigkeit könne dafür sprechen, dass es sich hierbei vielmehr um solche leistungen handele, die den zugang zur beschäftigung erleichtern sollten. die kammer tendiert in diesem zusammenhang dazu, dass leistungen nach dem sgb ii sozialhilfeleistungen gemäß art.7 b abs.1 der richtlinie 2004/38 eg darstellen. diesbezüglich ist zunächst auf die vorab gemachten ausführungen zum zentralen element der bedürftigkeit im rahmen des sgb ii zu verweisen. diese einschätzung wird nach auffassung der kammer auch durch die entstehungsgeschichte des sgb ii gestützt: bei der zusammenführung der früheren leistungen nach dem bundessozialhilfegesetz (bshg; wohl eindeutig eine sozialhilfeleistung) und der arbeitslosenhilfe (alhi; eine an den vorbezug von arbeitslosengeld geknüpfte - wenn auch teilweise bedarfsabhängige versicherungsleistung) zum 01.01.2005 hat der gesetzgeber sich hinsichtlich des ganz maßgeblichen gesichtspunktes für die konzeption des früheren bshg entschieden: die leistungen knüpfen unabhängig von der erwerbsbiographie oder vom vorbezug anderer leistungen an die hilfebedürftigkeit an und sind ihrerseits der höhe nach vom früheren einkommen losgelöst und bedarfsorientiert. dass das sgb ii im vergleich zum früheren bsg vermehrt leistungen einbezieht, die der integration in den arbeitsmarkt dienen sollen, führt zu keiner anderen beurteilung. denn hierbei handelt es sich im wesentlichen (so z.b. bei aus-, weiterbildungs- und eingliederungsmaßnahmen) um leistungen, die so auch von anderen trägern (bundesagentur für arbeit, rentenversicherung) erbracht werden und die nur zur vereinheitlichung der trägerschaft bei bestehendem leistungsbezug nach dem sgb ii nahezu wortgleich in dieses einbezogen worden sind. sie sind ihrem charakter nach auch isoliert von den auf die sicherung des lebensunterhalts gerichteten leistungen zu betrachten: die erbringung von leistungen für den lebensunterhalt oder die übernahme von kosten der unterkunft ist für sich genommen nicht dazu geeignet, eine integration des hilfebedürftigen in den arbeitsmarkt zu bewirken. die diskutierte vorgenannte fragestellung scheint in der tendenz der jüngeren rechtsprechung aber zwischenzeitlich dahingehend entschieden zu sein, dass leistungen nach dem sgb ii als sozialhilfeleistungen gemäß art.24 abs.2 der richtlinie 2004/38 eg anzusehen sind. der eugh hat in der rechtssache brey (urteil vom 19. september 2013 – c-140/12 –juris) ausgeführt: "daraus folgt, dass der begriff der "sozialhilfeleistungen" im sinne von art. 7 abs. 1 buchst. b der richtlinie 2004/38 nicht anhand von formalen kriterien, sondern anhand des mit dieser bestimmung verfolgten ziels zu bestimmen ist, wie es in den randnrn. 53 bis 57 des vorliegenden urteils dargelegt worden ist (vgl. in diesem sinne urteile vatsouras und koupatantze, randnrn. 41 und 42, sowie vom 24. april 2012, kamberaj, c-571/10, noch nicht in der amtlichen sammlung veröffentlicht, randnrn. 90 bis 92). 661. folglich ist dieser begriff so zu verstehen, dass er sich auf sämtliche von öffentlichen stellen eingerichteten hilfssysteme bezieht, die auf nationaler, regionaler oder örtlicher ebene bestehen und die ein einzelner in anspruch nimmt, der nicht über ausreichende existenzmittel zur bestreitung seiner grundbedürfnisse und derjenigen seiner familie verfügt und deshalb während seines aufenthalts möglicherweise die öffentlichen finanzen des aufnahmemitgliedstaats belasten muss, was auswirkungen auf das gesamte niveau der beihilfe haben kann, die dieser staat gewähren kann (vgl. in diesem sinne urteile bidar, randnr. 56, eind, randnr. 29, und förster, randnr. 48, sowie entsprechend urteile vom 4. märz 2010, chakroun, c-578/08, slg. 2010, i-1839, randnr. 46, und kamberaj, randnr. 91)." der begriff der sozialhilfeleistung dürfte nach dieser weiten interpretation nicht mehr im gegensatz zum begriff der besonderen beitragsunabhängigen leistung oder der leistung zur integration in den arbeitsmarkt stehen. dieser bewertung hat sich das bundessozialgericht in seinem vorlagebeschluss vom 12.12.2013 (b 4 as 9/13 r - juris) angeschlossen. im zusammenhang mit art.24 abs.2 der richtlinie art.2004/38 eg diskutiert es nunmehr zentral die fragestellung, ob der pauschal an die staatsangehörigkeit anknüpfende leistungsausschluss des § 7 abs.1 satz 2 nr.2 sgb den anforderungen der richtlinie genüge oder ob dieser die möglichkeit einer einzelfallprüfung gebiete, die dieser leistungsausschluss nicht gewährleisten könne. diesbezüglich geht das bsg insbesondere auf die rechtsprechung des eugh in der sache brey ein. der eugh hatte hierzu (rdnr.78) ausgeführt: "insbesondere muss es in einem fall, wie er dem ausgangsverfahren zugrunde liegt, den zuständigen behörden des aufnahmemitgliedstaats möglich sein, bei der prüfung des antrags eines wirtschaftlich nicht aktiven unionsbürgers, der sich in einer lage wie der von herrn brey befindet, u. a. die höhe und die regelmäßigkeit der ihm verfügbaren einkünfte, den umstand, dass diese einkünfte die nationalen behörden zur ausstellung einer anmeldebescheinigung bewogen haben, und den zeitraum zu berücksichtigen, in dem ihm die beantragte leistung voraussichtlich gezahlt werden wird. im übrigen kann es – wie die kommission in der mündlichen verhandlung vorgetragen hat – zur genaueren beurteilung des ausmaßes der belastung, die eine solche zahlung für das nationale sozialhilfesystem darstellen würde, von bedeutung sein, den anteil derjenigen empfänger dieser leistung zu ermitteln, die unionsbürger und empfänger einer altersrente in einem anderen mitgliedstaat sind." unter bezugnahme auf die vorgenannten ausführungen hat das bsg in seinem beschluss vom 12.12.2013 nunmehr problematisiert, ob sich das erfordernis der einzelfallprüfung im rahmen eines nationalen leistungsausschlusses aus der formulierung "oder gegebenenfalls für einen längeren zeitraum" im rahmen des art.24 abs. 2 der richtlinie 2004/38 eg herauslesen lasse (- juris (rdnr.43)). das bsg hat anknüpfend an die vorab dargestellte gesamtdiskussion dem eugh in seinem beschluss vom 12.12.2013 im rahmen eines vorabentscheidungsverfahrens gemäß art.267 des vertrages über die arbeitsweise der europäischen union (aeuv) folgende fragen vorgelegt: "1. gilt das gleichbehandlungsgebot des art 4 vo eg 883/2004- mit ausnahme des exportausschlusses des art 70 vo eg 883/2004 auch für die besonderen beitragsunabhängigen geldleistungen is von art 70 abs 1, 2 vo eg 883/2004? 2. falls 1) bejaht wird: sind - gegebenenfalls in welchem umfang - einschränkungen des gleichbehandlungsgebots des art 4 durch bestimmungen in nationalen rechtsvorschriften in umsetzung des art 24 abs 2 rl 2004/38 eg ) möglich, nach denen der zugang zu diesen leistungen ausnahmslos nicht besteht, wenn sich ein aufenthaltsrecht des unionsbürgers in dem anderen mitgliedstaat allein aus dem zweck der arbeitsuche ergibt? 3. steht art 45 abs 2 aeuv in verbindung mit art 18 aeuv einer nationalen bestimmung entgegen, die unionsbürgern, die sich als arbeitsuchende auf die ausübung ihres freizügigkeitsrechts berufen können, eine sozialleistung, die der existenzsicherung dient und gleichzeitig auch den zugang zum arbeitsmarkt erleichtert, ausnahmslos für die zeit eines aufenthaltsrechts nur zur arbeitsuche und unabhängig von der verbindung mit dem aufnahmestaat verweigert?" ganz unabhängig von der frage der europarechtskonformität des leistungsausschlusses in 7 abs.1 satz 2 nr.2 sgb ii wird auch die unvereinbarkeit dieser vorschrift mit art.1 abs.1 i.v.m. art.20 abs.1 sowie art.3 abs.1 des grundgesetzes (gg) diskutiert. die staatsangehörigkeit sei aufgrund der jüngeren rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts kein zulässiges differenzierungskriterium mehr (so wohl auch kingreen in staatsangehörigkeit als differenzierungskriterium im sozialleistungsrecht - zur vereinbarkeit von § 7 abs.1 s.2 nr.2 sgb ii mit europäischem unions- und deutschen verfassungsrecht, sgb 03/13, 132 (139). die dargestellten schwierigen und vielschichtigen rechtsfragen verdeutlichen, dass das gericht die sach- und rechtslage nicht abschließend in einem vorläufigen rechtsschutzverfahren beurteilt werden kann. die danach für die begehrte regelung im eilverfahren allein entscheidende folgenabwägung (vgl. hierzu bundesverfassungsgericht, beschluss vom 12.05.2005 - 1 bvr 569/05 - juris) fällt zugunsten des antragstellers aus. obwohl die kammer die tatbestandsvoraussetzungen des 7 abs.1 satz 2 nr.2 sgb ii in der tendenz annimmt und erhebliche anhaltspunkte für seine anwendbarkeit sieht, reichen die verbleibenden zweifel aus, um ein vorläufiges obsiegen des antragstellers zu rechtfertigen. da es sich bei den begehrten leistungen um leistungen zur grundsicherung handelt, drohen dem antragsteller nämlich existentielle und irreversible nachteile, sofern ihm die leistungen vorläufig zu unrecht verwehrt werden. demgegenüber hat der antragsgegner "nur" finanzielle nachteile zu gewärtigen, wenn der antragsteller im hauptsacheverfahren mit seinem begehren nicht durchdringen sollte. in diesem fall erscheint es allerdings nicht ausgeschlossen, dass der antragsgegner seinen rückforderungsanspruch nicht realisieren kann und die zuerkennung der leistungen deshalb im ergebnis einen zustand schafft, der in seinen (wirtschaftlichen) auswirkungen der vorwegnahme in der hauptsache gleichkommt. da im vorliegenden fall existenzsichernde leistungen im streit stehen, liegt auch ein anordnungsgrund im sinne einer besonderen eilbedürftigkeit vor. der erlass einer regelungsanordnung erscheint zur abwendung wesentlicher nachteile als erforderlich. die verpflichtung des antragsgegners hatte antragsgemäß für den zeitraum vom 03.03.2014 bis zum 31.08.2014 zu erfolgen. die vorgenannte zeitspanne entspricht einem üblichen bewilligungszeitraum und erscheint bereits insofern angemessen. der antragsgegner wird in diesem zeitraum die situation des antragstellers - insbesondere veränderungen seiner bedarfssituation und auch eine mögliche verlagerung seines ständigen aufenthalts - zu beobachten haben. die kammer geht weiter davon aus, dass der antragsgegner zur vermeidung weiterer eilverfahren der antragstellerin bei unveränderten voraussetzungen auch für den zeitraum ab dem 01.09.2014 leistungen nach dem sgb ii nach den vorgenannten maßgaben bewilligen wird. die kostenentscheidung folgt aus einer analogen anwendung von § 193 sgg.
Klaeger*in
1
126,721
L 12 AS 1180/12
2016-01-27T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 20.04.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Höhe der der Klägerin in den Zeiträumen 01.01.2011 bis 31.05.2011 und 01.12.2011 bis 31.05.2012 zustehenden KdU sowie darüber hinaus im Zugunstenverfahren über die Rechtmäßigkeit aller seit 01.05.2009 ergangenen Bescheide. 3Die Klägerin bezieht nach vorherigem Bezug von Arbeitslosengeld I seit 05.05.2009 Leistungen nach dem SGB II von der Beklagten. KdU wurden zunächst in Höhe der tatsächlichen monatlichen Aufwendungen für die Wohnung im Gebäude E-straße 00 in X (615,00 EUR monatlich,z.B. Bescheid vom 17.12.2009) bewilligt (Grundmiete 418,20 EUR; Garagenmiete 20,45 EUR; Betriebskostenvorauszahlung 161,00 EUR; Hausflurreinigung 15,35 EUR). 4Mit Schreiben vom 15.05.2009 forderte die Beklagte die Klägerin zur Senkung der KdU auf. Nach dem Mietspiegel der Stadt X ergebe sich eine angemessene Kaltmiete von 4,80 EUR pro Quadratmeter, für einen Einpersonenhaushalt sei eine angemessene Größe von 45 m² zugrundezulegen, so dass sich eine Grundmiete von 216 EUR ergebe. Die Klägerin hingegen zahle 418,20 EUR Kaltmiete, demzufolge seien die Kosten für ihre Wohnung unangemessen. Bis auf weiteres würden die unangemessenen Kosten weiter gezahlt. Die Klägerin habe Ihre Bemühungen nachzuweisen, eine günstigere Wohnung zu finden. Ab 01.11. 2009 würden nur noch die angemessenen KdU anerkannt. 5Mit Schreiben vom Januar 2010 teilte die Klägerin unter Bezugnahme auf die Kostensenkungsaufforderung mit, ein Objekt gefunden zu haben, welches ihr auch die Möglichkeit biete, eine neue Existenz aufzubauen und damit letztlich aus dem Leistungsbezug auszuscheiden. Ausweislich des im Dezember 2009 abgeschlossenen Mietvertrages handelte es sich hierbei um das Objekt G-straße 00 in Aachen, ein freistehendes Wohnhaus mit vier Zimmern, Küche, Diele, Bad und WC und einer Wohnfläche von ca. 100 m² dazu gehörte ferner ein PKW Stellplatz an der Straße, ein Gartengrundstück von 800 m², ferner ein Kellerraum, ein Heizungsraum und zwei Schuppen. Der Mietvertrag war befristet auf den Zeitraum 01.04.2010 bis 31.03.2015. Der monatliche Mietzins betrug 380 EUR für die ersten 2,5 Jahre und danach (ab 01.10.2012) monatlich 400 EUR,die Betriebskostenvorauszahlung betrug 123 EUR. Die Beheizung des Hauses erfolgte mit Heizöl. Die von der Klägerin beantragte Zustimmung zum Umzug lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01.02.2010 ab. Das angemietete Objekt sei vom Mietpreis her mehr als unangemessen. Für eine Einzelperson sei eine Wohnfläche von maximal 50 m² angemessen, für die Stadt Aachen seien angemessene Unterkunftskosten von 5,07 EUR pro Quadratmeter anzunehmen, so dass sich eine Grundmiete von maximal 253,50 EUR ergäbe. Mit dem Umzug verbundene Kosten können ebenfalls nicht übernommen werden, da detaillierte Anträge nicht gestellt worden seien. Diese Kosten können auch deshalb nicht übernommen werden, da die Klägerin ohne Zustimmung und zu dem in eine unangemessen teure Wohnung umziehen wolle. Die Klägerin zog Ende März 2010 nach Aachen um. Ab 01.04.2010 bewilligte die Beklagte nur noch KdU in der von ihr für angemessen gehaltenen Höhe von insgesamt 296,10 EUR (238,29 EUR Kaltmiete (47 m²x 5,07 EUR zzgl. 57,81 EUR Betriebskosten 47/100 von 123 EUR). Später passte die Beklagte die bewilligten Leistungen hinsichtlich der veränderten Wohnfläche (50 m²) entsprechend an. So wurden z.B. mit Bescheid vom 03.09.2012 die Zeit ab 01.06.2011 KdU in Höhe von 389,50 EUR bewilligt (50 m²x 5,33 EUR pro Quadratmeter zzgl 123 EUR Betriebskosten). 6Mit Änderungsbescheid vom 04.02.2011 übernahm die Beklagte wegen der Erhöhung der Mietobergrenzen für den Zeitraum 01.01. 2011 bis 31.05.2011 als Kosten für Unterkunft und Heizung einen Betrag in Höhe von 373,51 EUR ( 250,51 EUR zzgl 123 EUR Betriebskosten). Den dagegen gerichteten Widerspruch der Klägerin, zu dessen Begründung sie sich im wesentlichen auf ein fehlendes schlüssiges Konzept berief, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2011 zurück. Für den Bereich Aachen würden die Werte des Mietspiegels zu Grunde gelegt. Maßgebend seien Wohnungen mittlerer Baujahreskategorie in mittlerer Wohnlage. Der maßgebende Baujahresbereich umfasse die Jahre 1961-1993. Danach betrage der höchste untere Wert 4,70 EUR zuzüglich eines Zuschlages in Höhe von 1/3 der Differenz zwischen diesen und dem höchsten oberen Wert (6,60 EUR), mithin 0,63 EUR, also 5,33 EUR. Er sei mit der angemessenen Wohnfläche von 47 m² zu multiplizieren, so dass sich der Betrag von 250,51 EUR Kaltmiete ergebe. Hiergegen hat die Klägerin am 22.04.2011 vor dem Sozialgericht Aachen Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt (Aktenzeichen S 21 AS 543/11). 7Mit Bescheid vom 14.10.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.11.2011 (Erhöhung der Regelleistung) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2012 bewilligte die Beklagte KdU in der bisherigen Höhe für den Zeitraum 01.12.2011 bis 31.05.2012. Hiergegen richtet sich die am 29.01.2012 vor dem Sozialgericht Aachen erhobene Klage (S 21 AS 83/12). Die Leistungsfestsetzung sei nicht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen erfolgt. 8Über die Kosten für die Beschaffung des erforderlichen Heizöls ergingen gesonderte Bescheide. Nachdem der Klägerin mit Bescheid vom 31.03.2010 (Zeitraum 01.04.2010 bis 31.12.2010) für die Beschaffung von Heizöl 634,50 EUR bewilligt worden waren, wurde die Beklagte mit Beschluss des 7. Senat vom 15.11.2010 (L7 AS 1911/10 B ER) verpflichtet , vorläufig 759,22 EUR zur Beschaffung von 1100 l Heizöl direkt an die Spedition zu zahlen. Die Lieferung erfolgte am 04.12.2010, die Zahlung durch die Beklagte sodann. Einen zuvor von der Klägerin am 21.09.2010 gestellten Antrag auf Übernahme der Heizkosten lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.11.2010 ab. Das Heizverhalten der Klägerin sei unwirtschaftlich. Ihren Widerspruch vom 21.12.2010 begründete die Klägerin damit, die Begründung zur Zahlung ergebe sich u.a. aus dem Beschluss des LSG, im übrigen sei die Pauschalierung von Heizkosten rechtswidrig, sie habe unabhängig von der Größe der Unterkunft zu erfolgen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.12.2010 (zugestellt am 23.03.2011, Blatt 759 VA 3) zurück. Hiergegen richtet sich die am 22.04.2011 vor dem Sozialgericht Aachen erhobene Klage S 21 AS 544/11). 9Mit Bescheid vom 01.03.2011 forderte die Beklagte die Klägerin auf, den aufgrund des Beschlusses des LSG vom 15.11.2010 vorläufig gezahlten Betrag von 759,22 EUR zu erstatten. Das LSG habe ausgeführt, ob und in welchem Umfang die Kosten letztlich zu tragen seien, bleibe der Hauptsache vorbehalten. Der ablehnende Bescheid vom 18.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2010 sei aber nicht angefochten worden. Der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16.06.2011 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die am 15.03.2011 vor dem Sozialgericht Aachen erhobene Klage ( S 21 AS 268/11). 10Mit Bescheid vom 21.04.2011 bewilligte die Beklagte für den Zeitraum 01.01.2011 bis 31.12.2011 einen Betrag in Höhe von 789,60 EUR zur Deckung des Bedarfs an Heizöl (monatlich 65,80 EUR). Den dagegen fristwahrend erhobenen Widerspruch vom 16.05.2011 beschied die Beklagte zunächst nicht, so dass die Klägerin am 16.08.2011 Untätigkeitsklage erhob (S 21 AS 781/11). Im Rahmen des Klageverfahrens wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.08.2011 zurück. Die Klägerin stellte die Klage um und führte das Verfahren fort. Mit weiterem Bescheid vom 15.11.2011 bewilligte die Beklagte zur Deckung des Bedarfs an Heizöl im Zeitraum 01.11.2011 bis 30.04.2012 einen weiteren Betrag in Höhe von 649,74 EUR. 11Am 19.12.2010 beantragte die Klägerin die Überprüfung aller seit September 2008 ergangenen Bescheide nach § 44 SGB X. Die Bescheide seien unrichtig. Diesen Antrag verwarf die Beklagte mit Bescheid vom 04.02.2011 für alle seit 05.05.2009 ergangenen Bescheide als unzulässig. Die Klägerin habe weder konkrete Einzelfälle genannt, in denen das Recht unrichtig angewandt oder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei noch habe sie verwertbare Angaben zur falschen Rechtsanwendung gemacht. Nach Aktenlage seien hierfür keine Anhaltspunkte erkennbar, zur Erhebung von Ermittlungen ins blaue sei die Beklagte nicht verpflichtet. Da die Leistungsansprüche der Klägerin auch Gegenstand zahlreicher Widerspruchs-, Klage-und Berufungsverfahren sowie Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gewesen seien, sei das Begehren zumindest für die Zeit ab 2010 als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2011 aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Hiergegen richtet sich die am 22.04.2011 vor dem Sozialgericht Aachen erhobene Klage (S 21 AS 542/11). 12Mit Beschlüssen vom 29.08.2011, 11.10.2011 und 23.02.2012 hat das Sozialgericht die genannten Streitverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (S 21 AS 57/11). 13Die Klägerin hat beantragt, 141. Die Beklagte unter Abänderung des Änderungsbescheides vom 04.02.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2011 zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem SGB II unter Zugrundelegung der tatsächlichen Kosten Ihrer Unterkunft auf der G-straße 00 in Aachen zu gewähren. 152. Die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 zu verurteilen, ihr für den Bewilligungszeitraum 01.12.2011 bis 31.05.2012 Leistungen nach dem SGB II unter Zugrundelegung der tatsächlichen Kosten für die Unterkunft auf der G-straße 00 in Aachen zu gewähren. 163. Die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2012 zu verurteilen, ihr die Stromkosten für den Betrieb der Heizungsanlage im Haus G-straße 00 in Aachen zu erstatten. 174. Die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.02.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2011 zu verpflichten, alle bislang ergangenen Bescheide seit dem 01.05.2009 zu überprüfen. 185. Die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. 12. 2010 und des Bescheides vom 21.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.8.2011 zu verurteilen, ihr für den Zeitraum 01.09.2010 bis 31.12.2011 Kosten für die Beschaffung von 3156 l Heizöl pro Jahr nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen. 196. Den Bescheid vom 10.03.2011 (Zusatz: richtig 01.03.2011) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2011 aufzuheben. 20Die Beklagte hat beantragt, 21die Klage abzuweisen. 22Sie hält die angefochtenen Bescheide für zutreffend. 23Das Sozialgericht hat zur Frage der Warmwassererzeugung und zum angemessenen Jahresverbrauch des Heizöls sowie zum Stromverbrauch der Heizungsanlage Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dr. I vom 22.03.2012. Auf den Inhalt wird Bezug genommen. 24Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. 25Zu 1. Ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen KdU bestehe nicht. Nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II würden Leistungen für KdU in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen seien. Für die Berechnung der Kaltmiete gelte die vom BSG aufgestellte Produkttheorie (Urteil vom 19.02.2009 - B4 AS 30/08 -). Für die Frage der Angemessenheit sei ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard zugrundezulegen, die Wohnung müsse hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen. Die festgestellte angemessene Referenzmiete oder die Mietobergrenze müsse so gewählt werden, dass es dem Hilfebedürftigen möglich sei, im konkreten Vergleichsraum eine angemessene Wohnung anzumieten (BSG Urteile vom 07.11.2006 - B 7b AS 1/06 R -, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06R -, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R -).Grundlage für die Prüfung sei ein schlüssiges Konzept, dass auch ein qualifizierter, aber auch einfacher Mietspiegel sein könne. Dieser müsse aber eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben würden. Das könne u.a. dann der Fall sein, wenn die Datenbasis auf mindestens 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruhe. Ferner müssten die Faktoren, die den Mietpreis bestimmten (Standard, Wohnungsgröße und Ausstattung) in die Auswertung eingeflossen sein (BSG Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06R -). I insbesondere müsste die Datenerhebung über den gesamten Vergleichsraum erfolgt und die einbezogenen Daten repräsentativ sein. Bei Mietspiegeln müsse zudem sichergestellt sein, dass der hinter den Werten stehende tatsächliche Wohnungsbestand im Vergleichsraum die Anmietung einer angemessenen Wohnung im gesamten Vergleichsraum ermögliche, ohne die Leistungsberechtigten auf bestimmte Stadtteile zu beschränken (BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R -). Eine Beschränkung auf Daten bestimmter Bauklassen sei nicht zulässig, solange nicht statistisch valides Material vorliege, das eine Aussage darüber zulasse, welche Bauklassen in welchem Umfang tatsächlich die gesamte Stadt als Vergleichsraum und nicht lediglich ganz bestimmte, als sozial problematisch einzuschätzende Teile einer Stadt prägten. Aus einem Mietspiegel allein lasse sich nicht ersehen, wie weit gerade Wohnungen einer bestimmten Baualtersklasse in einem Umfang zur Verfügung stünden, die den Rückschluss zuließen, im konkreten Vergleichsraum sei eine angemessene Wohnung tatsächlich anzumieten. Die Besetzung einzelner Tabellenfelder eines Mietspiegels lasse nur die Vermutung zu, dass zum Zeitpunkt der Datenerhebung ein bestimmter Wohnungsmietwert auf dem Gesamtwohnungsmarkt überhaupt vorhanden sei, sie enthalte keine Aussage zu dem dahinter stehenden Wohnungsbestand im Vergleichsraum. Auch erfülle die Bildung eines arithmetischen Mittelwertes aus den Mittelwerten der Bauklassen als abschließender Schritt zur Berechnung einer grundsicherungsrelevanten Nettovergleichsmiete die Anforderungen an ein mathematisch statistisch nachvollziehbares Konzept nicht. Die Bildung arithmetischer Werte biete gerade bei ausdifferenzierten Tabellenmietspiegeln nicht die Gewähr dafür, dass der abgebildete Wert als solcher tatsächlich den Schwerpunkt eines Mietpreises im einfachen Segment abbilde (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R -). Fehle ein schlüssiges Konzept, seien die tatsächlichen Aufwendungen der Unterkunft zu übernehmen (BSG Urteil vom 10.12.2009 - B4 AS 5/09 R -). Die Übernahme der tatsächlichen Kosten könne allerdings nicht unbegrenzt erfolgen, es gebe eine Angemessenheitsgrenze nach oben. Diese finde sich in den Tabellenwerten zu § 12 Abs. 1 Wohngeldgesetz (WoGG) (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R -). Die Bestimmung erfolge anhand der Anzahl der haushaltszugehörigen Personen und der Mietenstufe der jeweiligen Gemeinde, die in der Anlage zu § 1 Abs. 3 festgelegt sei. Für Aachen sei die Mietenstufe IV einschlägig. Danach ergebe sich für einen Einpersonenhaushalt ein Betrag von 358,00 EUR. Da die Beklagte für den Zeitraum 01.01.2011 bis 31.05.2011 bereits einen Betrag in Höhe von 373,51 EUR als angemessene KdU anerkenne, bestehe für die Klägerin kein Anspruch. 26Zu 2. Gleiches gelte für den Bewilligungszeitraum 01.12.2011 bis 31.05.2012. 27Zu 3. Entsprechend den Feststellungen des Sachverständigen Dr. I entstehe für den Betrieb der Heizungsanlage im Haus der Klägerin jährlich ein Stromverbrauch von 951,4 KW. Unter Berücksichtigung der von der Klägerin angegebenen Kosten für den Bezug von Strom erkenne die Beklagte einen jährlichen Bedarf in Höhe von 228,42 EUR dem Grunde nach an. Im Hinblick auf die bereits geleisteten Zahlungen für KdU seit 01.04.2010 stehe zu Gunsten der Klägerin kein Auszahlungsanspruch (dazu unter 5). 28Zu 4. Hinsichtlich des Zugunstenantrags nach § 44 SGB X gelte, dass die Bescheide, deren Aufhebung die Klägerin begehre und die schon Streitgegenstand anhängiger Verfahren seien, in diesem Verfahren überprüft werden könnten, insofern fehle dem Antrag das Rechtsschutzbedürfnis. Ferner ergebe sich aus dem Rechtscharakter des Verfahrens nach § 44 SGB X eine Darlegungslast des Antragstellers (Beschluss LSG NRW vom 27.12.2011 - L 19 AS 1558/11 B -). Anhand des Vortrags der Klägerin lasse sich nicht erkennen, in welchem konkreten Bescheid, der nicht Gegenstand eines rechtshängigen Verfahrens sei, das Recht unrichtig angewandt oder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Beklagte habe damit zurecht eine allgemeine Überprüfung abgelehnt. 29Zu 5. Die Gewährung der Heizkosten stünden unter dem Leistungsvorbehalt der Angemessenheit. Eklatant unwirtschaftliches oder kostspieliges Heizen sei vom Grundsicherungsträger nicht zu finanzieren. Nach dem eingeholten Gutachten vom 22.03.2012 seien für das Haus der Klägerin durchschnittlich 3156 EUR l Heizöl jährlich erforderlich. Davon entfielen 2869 l auf das Beheizen und 287 l auf die Warmwasserbereitung. Nach dem Gutachten betrage die Wohnfläche 122,61 m². Somit ergäbe sich ein durchschnittlicher Heizölbedarf von 23,4 l/pro m² Wohnfläche. Entsprechend der Gradtagstabelle nach DIN 4713 entfalle auf die Monate April bis Dezember ein Anteil von 550/1000 des Heizölbedarfs. Demnach ergebe sich für den Zeitraum 01.04.2010 bis 31.12.2010 ein angemessener Heizölbedarf von 12,87 l/ pro m² Wohnfläche. Die grundsicherungsrechtlich angemessene Wohnfläche betrage für einen 1-Personen Haushalt 50 m². Damit habe die Klägerin für den Zeitraum 01.04.2010 bis 31.12.2010 einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Beschaffung von 643,50 l Heizöl. Mit Bescheid vom 31.03.2010 seien ihr 634,50 EUR bewilligt worden. Am 13.04.2010 habe die Klägerin 1000 l Heizöl für 647,12 EUR bezogen, damit habe sie ihren Heizölbedarf sicherstellen können. 30Für das Jahr 2011 bestehe ein durchschnittlicher Jahresbedarf von 1457 l, wovon 1170 l auf das Beheizen und 287 l auf die Warmwasserbereitung entfielen. Die Beklagte habe der Klägerin 789,60 EUR bewilligt (Bescheid vom 21.04.2011) und mit weiterem Bescheid vom 15.11.2011 nochmals 649,74 EUR. Darüber hinaus habe sie ihr für die Monate Januar bis November 2011 jeweils acht Euro zur Deckung der Kosten für die Warmwasserbereitung gewährt. Unter Berücksichtigung des Preises von 78,50 EUR pro 100 l Heizöl zzgl Sicherheitspauschale und Umsatzsteuer, der sich aus dem von der Klägerin eingeholten Angebot der Firma M ergebe, habe die Klägerin auch im Jahr 2011 aus den erhaltenen Zahlungen den angemessenen Bedarf decken können. 31Zu 6. Da die Beklagte bereits mit Bescheid vom 31.03.2010 den Betrag für den angemessenen Heizölbedarf für die Zeit vom 01.04.2010 bis 31.12.2010 bewilligt habe, sei aufgrund der vorläufigen Leistungsgewährung nach dem Beschluss des LSG NRW vom 15.11.2010 der gewährte Betrag von der Klägerin zu erstatten. Den weiteren Antrag auf Gewährung von Heizkosten habe die Beklagte zu recht mit Bescheid vom 18.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2010 abgelehnt. 32Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 21.05.2012 zugestellt. 33Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 21.06.2012. 34Zur Begründung trägt die Klägerin vor, die vorgenommene Berechnung der von der Beklagten bewilligten KdU beruhe nicht auf einem schlüssigen Konzept. Das sei schon deshalb nicht der Fall, weil die Maximalgröße der Wohnung auf 47 m² gekappt worden sei, nach einer Entscheidung des BSG vom 16.05.2012 für einen Ein-Personen -Haushalt aber 50 m² zu berücksichtigen seien. Bei der Anwendung der Tabelle des Wohngeldgesetzes verkenne das Sozialgericht, dass der Tabellenwert um einen Sicherheitszuschlag von 10 % zu erhöhen sei, so dass sich ein Betrag zzgl Aufwendungen (Nettokaltmiete und Nebenkosten) von 393,80 EUR als Höchstgrenze ergebe. Auch die Heizkosten seien falsch berechnet, hier sei der bundesweite Heizkostenspiegel heranzuziehen. 35Die Klägerin beantragt nach dem Inhalt ihrer Schriftsätze 36das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 20.04.2012 abzuändern und die Beklagte entsprechend den erstinstanzlich gestellten Anträgen zu verurteilen. 37Die Beklagte beantragt, 38die Berufung zurückzuweisen. 39Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, dass ihrer Meinung nach das BSG nie entschieden habe, die Tabellenweret des Wohngeldgesetzes seien stets um einen Sicherheitszuschlag von 10 % zu erhöhen. Im übrigen sei die Rechtsprechung zu § 8 WoGG aF ergangen, seit 01.01.2009 hätten sich jedoch die Tabellenwerte des § 12 WoGG deutlich erhöht. Bezogen auf den früheren Betrag der rechten Spalte in Mietstufe IV (325 EUR) seien es nun 358 EUR. Die Erhöhung betrage exakt 10 %. Die Prüfung, ob auch die neuen Tabellenwerte um einen Sicherheitszuschlag von 10 % zu erhöhen sein, könne anhand der Gesetzesbegründung erfolgen. Daraus ergebe sich, das die bisherige Berücksichtigung von Baualtersklassen wegen der Modernisierung des Bestandes der Wohnungen in den vergangenen Jahren nicht mehr zeitgemäß sei, auch für die Berechnung des Mietenniveaus spiele der Wohnungstyp keine Rolle mehr. Insoweit sei durch Erhöhung der Tabellenwerte ab 2009 der Modernisierung des Baubestandes Rechnung getragen worden und bereits vom Gesetzgeber ein Zuschlag vorgenommen. Dies spreche dagegen, sowohl für die alten als auch die neuen Werte pauschal um einen Zuschlag von 10 % anzuheben. Im übrigen sei anzumerken, dass die bis 31.05.2012 als Bedarf berücksichtigten KdU der Klägerin tatsächlich immer über den Tabellenwerten lagen, nämlich 4 % und seit 01.06.2012 rund 9 %. 40Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Vorprozess-, Gerichts- und Verwaltungsakten, die der Senat beigezogen und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist sowie auf den Vortrag der Beteiligten im übrigen verwiesen. 41Entscheidungsgründe: 42Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Klägerin verhandeln und entscheiden, da die Klägerin unter Hinweis auf diese Möglichkeit mit Postzustellungsurkunde vom 02.12.2015 zum Termin geladen worden ist. Zwar hat die Klägerin am 25.01.2016 per Telefax um Terminsaufhebung gebeten, jedoch sah sich der Senat nicht veranlasst, dem Antrag stattzugeben, da der Senat davon ausgeht, dass er in der Absicht, den Prozess zu verschleppen, gestellt worden ist. Die Klägerin begründet den Antrag damit, sie wohne seit einem Jahr nicht mehr in Aachen, sondern in Norddeutschland und habe dort im Zusammenhang mit der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II die gleichen Probleme mit dem dort zuständigen Jobcenter und dem Gericht. Alle Gerichtsverfahren, die sie an ihrem neuen Wohnort geführt habe, seien ergebnislos verlaufen. Sie stehe völlig mittellos da. Aus diesem Grunde sehe sie sich nicht in der Lage, den Prozess derzeit zu betreiben und sei auch nicht in der Lage gewesen, der Aufforderung des Senats von Anfang November 2015, zu Fakten, die für die Entscheidung erforderlich seien, nachzukommen und weiter vorzutragen. Sie beantrage die Gewährung von Prozesskostenhilfe, da sie das Verfahren mit einem Prozessbevollmächtigten aus Freiburg weiterbetreiben wolle. 43Die für die Bitte um Terminsverlegung angeführten Gründe machen eine Terminsverlegung nicht erforderlich, denn es handelt sich sämtlich um Gründe, die der Klägerin schon seit Erhalt der Ladung am 02.12.2015 bekannt sind und nicht um solche Gründe, die erst kurzfristig entstanden sind und somit auch nicht früher hätten vorgetragen werden können. Das gilt auch für die noch mit Richterbrief vom 02.11.2015 erbetenen Angaben, die der Senat für seine Entscheidung benötigt. Der Senat hat das persönliche Erscheinen der Klägerin zum Termin am 20.01.2016 nicht für erforderlich gehalten und demzufolge auch nicht angeordnet. Die erbetenen Angaben kann die Klägerin schriftlich vortragen, hierzu hatte sie mehr als zwei Monate Zeit. Ihre wirtschaftliche Situation kann sie daran auch nicht gehindert haben, die Angaben schriftlich zu machen, denn sie war in der Lage, per Telefax um Terminsverlegung zu bitten, so dass sie auch in der Lage gewesen wäre, dem Senat die erbetenen Angaben in gleicher Weise zu übermitteln. Die Beschaffung der Informationen, die der Senat erbeten hat, verursacht ihrerseits auch keine Kosten, denn der Klägerin muss bekannt sein, welchen Teil des Hauses sie gewerblich genutzt hat und wie hoch die umzugsbedingten Kosten von ihrer früheren Unterkunft in das streitgegenständliche Objekt gewesen sind. Ungeachtet dessen war der Klägerin die Notwendigkeit, zu den im Richterbrief vom 02.11.2015 angesprochenen Punkten noch vorzutragen bzw von Seiten des Gerichts Amtsermittlungen einzuleiten., seit der Entscheidung des BSG vom 06.08.2014 bekannt, da dort auf die Bedeutung dieser Angaben hingewiesen worden ist. Ungeachtet dessen hat die Überprüfung des Senats ergeben, dass die Klägerin in der von ihr geführten großen Anzahl von Prozessen, die sich mittlerweile im zweistelligen Bereich bewegt, nie zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Gründe, die vorliegend eine Terminsverlegung geboten erscheinen lassen, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Die desolate wirtschaftliche Situation der Klägerin ist kein Grund, einen langfristig anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen. Gleiches gilt für die Bitte der Klägerin, ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen, um das Verfahren mit einem Rechtsanwalt weiterführen zu können. Zum einen bietet das Verfahren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, so dass schon aus diesem Grunde die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen war. Darüber hinaus hat die Klägerin auch nicht vorgetragen, den Prozess nur mit einem juristisch versierten Bevollmächtigten weiterführen zu können, so dass es geboten gewesen wäre, der Bitte um Terminsverlegung nachzukommen, vielmehr hat die Klägerin lediglich vorgetragen, nunmehr einen Anwalt beauftragen zu wollen. Aus welchem Grunde diese Bitte zwei Tage vor dem Termin an den Senat herangetragen wird und nicht gleich nach Erhalt der Ladung am 02.12.2015 ist nicht nachvollziehbar und auch nicht vorgetragen worden. Ungeachtet dessen hat der Senat auch nicht den Eindruck gewonnen, dass die Klägerin bei der Prozessführung auf juristischen Beistand angewiesen ist. Die Auswertung ihrer Schriftsätze in zahlreichen Verfahren lässt auf ausreichende Kenntnisse insbesondere der Rechtsprechung des BSG zur Angemessenheit von KdU und zum schlüssigen Konzept schließen. 44Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. 45Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat zunächst auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, die er sich nach Prüfung der Sach-und Rechtslage zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG 46Die von der Klägerin zur Begründung des Berufungsverfahrens vorgetragene Ansicht, die Berechnung der ihr bewilligten Leistungen beruhe nicht auf einem schlüssigen Konzept, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Die Beklagte hat von der Firma Analyse und Konzepte für die Städteregion Aachen ein Konzept erstellen lassen, das auf die Zeit ab 01.04.2013, dem Stichtag der Datenerhebung, Anwendung findet. Da das Konzept die Kriterien erfüllt, die in der Rechtsprechung des BSG für die Schlüssigkeit eines Konzepts aufgestellt worden sind (BSG: Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09R - Juris Ausdruck Rdz 18; Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09R - Juris Ausdruck Rdz 26; Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06R - Juris Ausdruck Rdz 7; Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - zum Mietspiegel als schlüssigem Konzept ) und an denen sich der Senat orientiert, hat er keine Veranlassung, dieses Konzept, das der Klägerin übersandt wurde, seiner Entscheidung nicht zugunde zu legen. 47Der Vergleichsraum, in dem die Datenerhebung erfolgt ist, ist die Städteregion Aachen (Seite 10 des Konzepts dort 3.1). Der Vergleichsraum umfasst laut Recherchen im Internet (Google, Stichwort Städteregion Aachen mit Hinweis auf Wikipedia) zehn Gemeinden, hat bei einer Länge von 50 km einen eigenen Verkehrsverbund und auch ansonsten eine eigene Infrastruktur. Da angesichts dieser Größe kein einheitlicher Wohnungsmarkt vorhanden ist, vielmehr regionale Unterschiede auftreten, wurden vor Ermittlung der Mieten regionale bzw strukturell homogene Untereinheiten gebildet. Dazu wurden Regionen mit strukturell vergleichbaren Wohnungsmärkten zu Wohnungsmarkttypen zusammengefasst und für diese Mietwerte ermittelt. Um die Zuordnung der Kommunen zu den einzelnen Wohnungsmarkttypen frei von subjektiven Einschätzungen sicherzustellen, erfolgte die Zusammenfassung von Kommunen mit vergleichbaren Wohnungsmarktstrukturen mittels des wissenschaftlich anerkannten und gebräuchlichen Verfahrens einer Clusteranalyse ( laut Wikipedia ein Verfahren zur Entdeckung von Ähnlichkeitsstrukturen in großen Datenbeständen; die Gruppen ähnlicher Objekte werden als Cluster bezeichnet, man nennt das Verfahren auch Ballungsanalyse). Das Haus der Klägerin liegt in der Stadt Aachen und unterfällt damit dem Wohnungsmarkt Typ I. Bedenken gegen die Festlegung eines homogenen Vergleichsraums bestehen daher nicht. Dem Recht des Leistungsempfängers auf Verbleib in seinem sozialen Umfeld ist damit Rechnung getragen, andererseits aber auch dem Umstand, dass in der gesamten Städteregion Aachen unterschiedliche Wohnungsmärkte vorhanden sind, für die eine valide Datenbasis erfasst wurde. Der Beobachtungszeitraum erstreckt sich von Februar bis September 2013, die Daten wurden zum Stichtag 01.04.2013 erhoben (Seite 26 ). Gegenstand der Beobachtung sind die genannten Wohnungsmarkttypen in den einzelnen Kommunen und die jeweiligen Mietpreisstrukturen (Seite 11 und 18 ). Erfasst wurden insgesamt 35.382 Wohnungen (Seite 26 ). Die Art und Weise der Datenerhebung erfolgte durch Abfrage der großen Wohnungsunternehmen und Befragungen kleiner privater Vermieter auf freiwilliger Basis (Seite 8 ). Insbesondere wurden auch Angebotsmieten erfasst (Seite 29 ). Die ermittelten Daten und Ergebnisse wurden dezidiert dargestellt, das ergibt sich bereits aus dem 19 Tabellen umfassenden Verzeichnis des Konzepts. Die Repräsentativität der Datenbasis ergibt sich aus den Ausführungen auf Seite 24 bzw 26 unten/ 27 oben. Es wurde der gesamte relevante Markt abgebildet, wofür nicht erforderlich ist, alle Wohnungen berücksichtigen zu müssen. Entscheidend ist nur, dass auf den Bereich Mietwohnungen abgestellt wird und nur Mieten berücksichtigt werden, die prinzipiell für alle Bevölkerungsgruppen zugänglich sind einschließlich der Wohnungen, die Zugangsbeschränkungen der sozialen Wohnraumförderung unterliegen, da diese ja auch gerade für Bedarfsgemeinschaften zur Verfügung stehen sollen (BSG Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R -). Ausgefiltert wurden Wohnungen mit Freundschaftsmieten, mietpreisreduzierte Werkswohnungen, Wohnungen in Wohn-und Pflegeheimen,(insbesondere Studentenwohnheime, gewerblich oder teilgewerblich genutzte Wohnungen, möblierte Wohnungen und Ferienwohnungen. Angesichts dessen kann auch auf eine Validität der Daten, also eine Gültigkeit bzw Verbindlichkeit, geschlossen werden. Bedenken gegen das Einhalten anerkannter statistisch mathematischer Grundsätze sind nicht ersichtlich. Angaben zu den gezogenen Schlüssen finden sich ebenfalls auf Seite 26, 27 und 30. 48Aus diesem Konzept ergibt sich für den Wohnungsmarkt Typ I (Stadt Aachen) für eine Person bei einer Wohnungsgröße bis 50 m² eine Nettokaltmiete von 5,88 EUR pro Quadratmeter zuzüglich kalter Betriebskosten in Höhe von maximal 1,73 EUR ,daraus errechnet sich eine Bruttomiete von 380,50 EUR (50 m² x 5,88 EUR = 294 EUR zzgl 50 × 1,73 EUR = 86,50 EUR). Damit hat die Klägerin für den zwei Jahre vor Inkrafttreten des schlüssigen Konzepts liegenden Zeitraums bereits monatlich 9 Euro mehr erhalten als ihr später als angemessene Bruttokaltmiete zugestanden hätte. Die Frage, ob das schlüssige Konzept noch auf weiter zurück liegende Zeiträume übertragen werden kann, kann daher unerörtert bleiben, denn es kann als allgemein bekannt unterstellt werden, dass in früher zurückliegenden Zeiträumen die Mieten und damit auch die Angemessenheitsgrenze eher niedriger waren als in dem später entwickelten schlüssigen Konzept. Der Senat hat daher keine Bedenken, es auch für die im zu Grunde liegenden Verfahren streitigen Zeiträume (Januar bis einschließlich Mai 2011 und Dezember 2011 bis einschließlich Mai 2012) als Parameter heranzuziehen. 49Bewilligt wurden der Klägerin in diesen Zeiträumen zunächst 373,51 EUR monatlich (Kaltmiete: 250,51 EUR sowie die laut Mietvertrag tatsächlichen Nebenkosten in Höhe von 123,00 EUR). Dabei ging die Beklagte wohl von einer angemessenen Wohnungsgröße von 45 m² aus. Nach dem in einem Parallelverfahren vor dem Sozialgericht Aachen am 06.01.2012 ein Unterwerfungsvergleich hinsichtlich der maximalen Obergrenze der Wohnungsgröße geschlossen wurde (S 21 AS 57/11), wurde der Klägerin für den Zeitraum 01.01. 2011 bis 31.5.2011 monatlich ein Betrag von 15,99 EUR nachgezahlt, so dass ihr damit insgesamt ab 01.01.2011 eine Bruttokaltmiete von 389,50 EUR bewilligt wurde. Ein Bescheid hierüber erging nicht, die Klägerin wurde formlos informiert, dass der Betrag angewiesen sei. Aus einem Schriftsatz vom 17.09.2012 im streitgegenständlichen Verfahren (Blatt 221 Klageakte) geht hervor, dass rückwirkend auch ab 01.06.2011 von den 50 m² ausgegangen wurde, sich somit eine Nettokaltmiete von 266,50 EUR ergab und mithin zzgl der tatsächlichen Nebenkosten in Höhe von 123 EUR der Bruttobetrag von 389,50 EUR monatlich. Widersprochen hat die Klägerin diesem Vortrag der Beklagten nicht. 50Auch unter Berücksichtigung der Tabellenwerte des Wohngeldgesetzes ergibt sich keine andere Beurteilung. Da der Beklagtenvertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, für vor dem 01.04.2013 liegende Zeiträume kein schlüssiges Konzept zur Verfügung gehabt zu haben und auch wegen fehlender Daten nicht mehr erstellen zu können, geht der Senat insofern von einem Erkenntnisausfall aus, so dass der Rückgriff auf die Tabellenwerte des Wohngeldgesetzes gestattet ist. Bis 31.12.2008 war § 8 WoGG aF maßgebliche Rechtsgrundlage, aus der sich für die Stadt Aachen ein Betrag von 325 EUR ergab. Seit 01.01.2009 gilt § 12 WoGG, nach dieser Vorschrift ist der maßgebliche Betrag nun mit 358 EUR zu veranschlagen. Da vorliegend Zeiträume ab 2011 und später streitig sind, ist von 358 EUR auszugehen. Würde man hierauf den zehnprozentigen Sicherheitszuschlag addieren, ergäbe sich ein Betrag von 393,80 EUR, das würde bedeuten, die Klägerin hätte 4,30 EUR pro Monat zu wenig bekommen. Der Sicherheitszuschlag ist aber nicht zwingend zu gewähren. Das ergibt sich nach Ansicht des erkennenden Senats aus der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17.12.2009 - B4 AS 50/09 R -). Dort hat das BSG als Begründung für den Sicherheitszuschlag angeführt, beim Fehlen eines schlüssigen Konzepts könne nicht mit Sicherheit beurteilt werden, wie hoch tatsächlich die angemessene Referenzmiete sei (Juris Ausdruck Rdz 27). Im vorliegenden Fall ist aber davon auszugehen, dass sie auf keinen Fall höher sein kann als die Miete nach dem schlüssigen Konzept, da dieses ja erst zwei Jahre später beginnende Zeiträume erfasst. Aus diesem Grunde gibt es vorliegend keine Rechtfertigung, den Sicherheitszuschlag noch auf den Betrag von 358 EUR zu addieren. Dessen ungeachtet bildet dieser Betrag im Vergleich zur Vorgängerregelung des § 8 WoGG schon den bis 31.12.2008 maßgeblichen Betrag von 325 EUR zuzüglich der zehnprozentigen Erhöhung ab. Der Senat geht daher davon aus,dass die Erhöhung nur im Zusammenhang mit § 8 WoGG vorzunehmen ist (vgl hierzu wohl auch Boerner in Löns/ Herold/ Tews, Kommentar zum SGB II, 3.Aufl 2011, § 22 Rdz 45). Auch insoweit ergibt sich daher keine Beschwer der Klägerin, da sie 389,50 EUR als Bruttokaltmiete monatlich erhalten hat. 51Da die Mieten über die Auswertung von Angebotsmieten erfolgte, ist zunächst für den Gültigkeitszeitraum des schlüssigen Konzepts von konkret vorhandenem Wohnraum auszugehen (vgl Löns/Herold/ Tews,a.a.O. § 22 Rdz 47/48). Für die hier streitige Zeit hat der Beklagte Unterlagen von Immoscout, der Klägerin zugeleitet worden sind, vorgelegt und aus denen sich das Vorhandensein einer ausreichenden Anzahl von Wohnungen im streitigen Zeitraum ergibt. 52Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. 53Revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 SGG).
die berufung der klägerin gegen das urteil des sozialgerichts aachen vom 20.04.2012 wird zurückgewiesen. außergerichtliche kosten sind auch im berufungsverfahren nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die beteiligten streiten über die höhe der der klägerin in den zeiträumen 01.01.2011 bis 31.05.2011 und 01.12.2011 bis 31.05.2012 zustehenden kdu sowie darüber hinaus im zugunstenverfahren über die rechtmäßigkeit aller seit 01.05.2009 ergangenen bescheide. 3die klägerin bezieht nach vorherigem bezug von arbeitslosengeld i seit 05.05.2009 leistungen nach dem sgb ii von der beklagten. kdu wurden zunächst in höhe der tatsächlichen monatlichen aufwendungen für die wohnung im gebäude e-straße 00 in x (615,00 eur monatlich,z.b. bescheid vom 17.12.2009) bewilligt (grundmiete 418,20 eur; garagenmiete 20,45 eur; betriebskostenvorauszahlung 161,00 eur; hausflurreinigung 15,35 eur). 4mit schreiben vom 15.05.2009 forderte die beklagte die klägerin zur senkung der kdu auf. nach dem mietspiegel der stadt x ergebe sich eine angemessene kaltmiete von 4,80 eur pro quadratmeter, für einen einpersonenhaushalt sei eine angemessene größe von 45 m² zugrundezulegen, so dass sich eine grundmiete von 216 eur ergebe. die klägerin hingegen zahle 418,20 eur kaltmiete, demzufolge seien die kosten für ihre wohnung unangemessen. bis auf weiteres würden die unangemessenen kosten weiter gezahlt. die klägerin habe ihre bemühungen nachzuweisen, eine günstigere wohnung zu finden. ab 01.11. 2009 würden nur noch die angemessenen kdu anerkannt. 5mit schreiben vom januar 2010 teilte die klägerin unter bezugnahme auf die kostensenkungsaufforderung mit, ein objekt gefunden zu haben, welches ihr auch die möglichkeit biete, eine neue existenz aufzubauen und damit letztlich aus dem leistungsbezug auszuscheiden. ausweislich des im dezember 2009 abgeschlossenen mietvertrages handelte es sich hierbei um das objekt g-straße 00 in aachen, ein freistehendes wohnhaus mit vier zimmern, küche, diele, bad und wc und einer wohnfläche von ca. 100 m² dazu gehörte ferner ein pkw stellplatz an der straße, ein gartengrundstück von 800 m², ferner ein kellerraum, ein heizungsraum und zwei schuppen. der mietvertrag war befristet auf den zeitraum 01.04.2010 bis 31.03.2015. der monatliche mietzins betrug 380 eur für die ersten 2,5 jahre und danach (ab 01.10.2012) monatlich 400 eur,die betriebskostenvorauszahlung betrug 123 eur. die beheizung des hauses erfolgte mit heizöl. die von der klägerin beantragte zustimmung zum umzug lehnte die beklagte mit bescheid vom 01.02.2010 ab. das angemietete objekt sei vom mietpreis her mehr als unangemessen. für eine einzelperson sei eine wohnfläche von maximal 50 m² angemessen, für die stadt aachen seien angemessene unterkunftskosten von 5,07 eur pro quadratmeter anzunehmen, so dass sich eine grundmiete von maximal 253,50 eur ergäbe. mit dem umzug verbundene kosten können ebenfalls nicht übernommen werden, da detaillierte anträge nicht gestellt worden seien. diese kosten können auch deshalb nicht übernommen werden, da die klägerin ohne zustimmung und zu dem in eine unangemessen teure wohnung umziehen wolle. die klägerin zog ende märz 2010 nach aachen um. ab 01.04.2010 bewilligte die beklagte nur noch kdu in der von ihr für angemessen gehaltenen höhe von insgesamt 296,10 eur (238,29 eur kaltmiete (47 m²x 5,07 eur zzgl. 57,81 eur betriebskosten 47/100 von 123 eur). später passte die beklagte die bewilligten leistungen hinsichtlich der veränderten wohnfläche (50 m²) entsprechend an. so wurden z.b. mit bescheid vom 03.09.2012 die zeit ab 01.06.2011 kdu in höhe von 389,50 eur bewilligt (50 m²x 5,33 eur pro quadratmeter zzgl 123 eur betriebskosten). 6mit änderungsbescheid vom 04.02.2011 übernahm die beklagte wegen der erhöhung der mietobergrenzen für den zeitraum 01.01. 2011 bis 31.05.2011 als kosten für unterkunft und heizung einen betrag in höhe von 373,51 eur ( 250,51 eur zzgl 123 eur betriebskosten). den dagegen gerichteten widerspruch der klägerin, zu dessen begründung sie sich im wesentlichen auf ein fehlendes schlüssiges konzept berief, wies die beklagte mit widerspruchsbescheid vom 18.03.2011 zurück. für den bereich aachen würden die werte des mietspiegels zu grunde gelegt. maßgebend seien wohnungen mittlerer baujahreskategorie in mittlerer wohnlage. der maßgebende baujahresbereich umfasse die jahre 1961-1993. danach betrage der höchste untere wert 4,70 eur zuzüglich eines zuschlages in höhe von 1/3 der differenz zwischen diesen und dem höchsten oberen wert (6,60 eur), mithin 0,63 eur, also 5,33 eur. er sei mit der angemessenen wohnfläche von 47 m² zu multiplizieren, so dass sich der betrag von 250,51 eur kaltmiete ergebe. hiergegen hat die klägerin am 22.04.2011 vor dem sozialgericht aachen klage erhoben, mit der sie ihr begehren weiterverfolgt (aktenzeichen s 21 as 543/11). 7mit bescheid vom 14.10.2011 in der fassung des änderungsbescheides vom 26.11.2011 (erhöhung der regelleistung) in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.01.2012 bewilligte die beklagte kdu in der bisherigen höhe für den zeitraum 01.12.2011 bis 31.05.2012. hiergegen richtet sich die am 29.01.2012 vor dem sozialgericht aachen erhobene klage (s 21 as 83/12). die leistungsfestsetzung sei nicht nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen erfolgt. 8über die kosten für die beschaffung des erforderlichen heizöls ergingen gesonderte bescheide. nachdem der klägerin mit bescheid vom 31.03.2010 (zeitraum 01.04.2010 bis 31.12.2010) für die beschaffung von heizöl 634,50 eur bewilligt worden waren, wurde die beklagte mit beschluss des 7. senat vom 15.11.2010 (l7 as 1911/10 b er) verpflichtet , vorläufig 759,22 eur zur beschaffung von 1100 l heizöl direkt an die spedition zu zahlen. die lieferung erfolgte am 04.12.2010, die zahlung durch die beklagte sodann. einen zuvor von der klägerin am 21.09.2010 gestellten antrag auf übernahme der heizkosten lehnte die beklagte mit bescheid vom 18.11.2010 ab. das heizverhalten der klägerin sei unwirtschaftlich. ihren widerspruch vom 21.12.2010 begründete die klägerin damit, die begründung zur zahlung ergebe sich u.a. aus dem beschluss des lsg, im übrigen sei die pauschalierung von heizkosten rechtswidrig, sie habe unabhängig von der größe der unterkunft zu erfolgen. den widerspruch wies die beklagte mit widerspruchsbescheid vom 22.12.2010 (zugestellt am 23.03.2011, blatt 759 va 3) zurück. hiergegen richtet sich die am 22.04.2011 vor dem sozialgericht aachen erhobene klage s 21 as 544/11). 9mit bescheid vom 01.03.2011 forderte die beklagte die klägerin auf, den aufgrund des beschlusses des lsg vom 15.11.2010 vorläufig gezahlten betrag von 759,22 eur zu erstatten. das lsg habe ausgeführt, ob und in welchem umfang die kosten letztlich zu tragen seien, bleibe der hauptsache vorbehalten. der ablehnende bescheid vom 18.11.2010 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 22.12.2010 sei aber nicht angefochten worden. der hiergegen gerichtete widerspruch der klägerin wurde mit widerspruchsbescheid vom 16.06.2011 zurückgewiesen. dagegen richtet sich die am 15.03.2011 vor dem sozialgericht aachen erhobene klage ( s 21 as 268/11). 10mit bescheid vom 21.04.2011 bewilligte die beklagte für den zeitraum 01.01.2011 bis 31.12.2011 einen betrag in höhe von 789,60 eur zur deckung des bedarfs an heizöl (monatlich 65,80 eur). den dagegen fristwahrend erhobenen widerspruch vom 16.05.2011 beschied die beklagte zunächst nicht, so dass die klägerin am 16.08.2011 untätigkeitsklage erhob (s 21 as 781/11). im rahmen des klageverfahrens wies die beklagte den widerspruch mit widerspruchsbescheid vom 23.08.2011 zurück. die klägerin stellte die klage um und führte das verfahren fort. mit weiterem bescheid vom 15.11.2011 bewilligte die beklagte zur deckung des bedarfs an heizöl im zeitraum 01.11.2011 bis 30.04.2012 einen weiteren betrag in höhe von 649,74 eur. 11am 19.12.2010 beantragte die klägerin die überprüfung aller seit september 2008 ergangenen bescheide nach § 44 sgb x. die bescheide seien unrichtig. diesen antrag verwarf die beklagte mit bescheid vom 04.02.2011 für alle seit 05.05.2009 ergangenen bescheide als unzulässig. die klägerin habe weder konkrete einzelfälle genannt, in denen das recht unrichtig angewandt oder von einem falschen sachverhalt ausgegangen worden sei noch habe sie verwertbare angaben zur falschen rechtsanwendung gemacht. nach aktenlage seien hierfür keine anhaltspunkte erkennbar, zur erhebung von ermittlungen ins blaue sei die beklagte nicht verpflichtet. da die leistungsansprüche der klägerin auch gegenstand zahlreicher widerspruchs-, klage-und berufungsverfahren sowie verfahren auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes gewesen seien, sei das begehren zumindest für die zeit ab 2010 als rechtsmissbräuchlich anzusehen. den widerspruch der klägerin wies die beklagte mit widerspruchsbescheid vom 18.03.2011 aus den gründen der angefochtenen entscheidung zurück. hiergegen richtet sich die am 22.04.2011 vor dem sozialgericht aachen erhobene klage (s 21 as 542/11). 12mit beschlüssen vom 29.08.2011, 11.10.2011 und 23.02.2012 hat das sozialgericht die genannten streitverfahren zur gemeinsamen verhandlung und entscheidung verbunden (s 21 as 57/11). 13die klägerin hat beantragt, 141. die beklagte unter abänderung des änderungsbescheides vom 04.02.2011 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 18.03.2011 zu verurteilen, ihr leistungen nach dem sgb ii unter zugrundelegung der tatsächlichen kosten ihrer unterkunft auf der g-straße 00 in aachen zu gewähren. 152. die beklagte unter abänderung des bescheides vom 14.10.2011 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 zu verurteilen, ihr für den bewilligungszeitraum 01.12.2011 bis 31.05.2012 leistungen nach dem sgb ii unter zugrundelegung der tatsächlichen kosten für die unterkunft auf der g-straße 00 in aachen zu gewähren. 163. die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 26.08.2011 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.01.2012 zu verurteilen, ihr die stromkosten für den betrieb der heizungsanlage im haus g-straße 00 in aachen zu erstatten. 174. die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 04.02.2011 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 18.03.2011 zu verpflichten, alle bislang ergangenen bescheide seit dem 01.05.2009 zu überprüfen. 185. die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 18.11.2010 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 22. 12. 2010 und des bescheides vom 21.04.2011 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 23.8.2011 zu verurteilen, ihr für den zeitraum 01.09.2010 bis 31.12.2011 kosten für die beschaffung von 3156 l heizöl pro jahr nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen zu bewilligen. 196. den bescheid vom 10.03.2011 (zusatz: richtig 01.03.2011) in gestalt des widerspruchsbescheides vom 16.06.2011 aufzuheben. 20die beklagte hat beantragt, 21die klage abzuweisen. 22sie hält die angefochtenen bescheide für zutreffend. 23das sozialgericht hat zur frage der warmwassererzeugung und zum angemessenen jahresverbrauch des heizöls sowie zum stromverbrauch der heizungsanlage beweis erhoben durch einholung eines gutachtens des sachverständigen dr. i vom 22.03.2012. auf den inhalt wird bezug genommen. 24das sozialgericht hat die klage abgewiesen. 25zu 1. ein anspruch auf übernahme der tatsächlichen kdu bestehe nicht. nach § 22 abs 1 s 1 sgb ii würden leistungen für kdu in höhe der tatsächlichen aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen seien. für die berechnung der kaltmiete gelte die vom bsg aufgestellte produkttheorie (urteil vom 19.02.2009 - b4 as 30/08 -). für die frage der angemessenheit sei ein einfacher, im unteren marktsegment liegender standard zugrundezulegen, die wohnung müsse hinsichtlich ihrer ausstattung, lage und bausubstanz einfachen und grundlegenden bedürfnissen genügen. die festgestellte angemessene referenzmiete oder die mietobergrenze müsse so gewählt werden, dass es dem hilfebedürftigen möglich sei, im konkreten vergleichsraum eine angemessene wohnung anzumieten (bsg urteile vom 07.11.2006 - b 7b as 1/06 r -, urteil vom 07.11.2006 - b 7b as 18/06r -, urteil vom 19.10.2010 - b 14 as 50/10 r -).grundlage für die prüfung sei ein schlüssiges konzept, dass auch ein qualifizierter, aber auch einfacher mietspiegel sein könne. dieser müsse aber eine hinreichende gewähr dafür bieten, dass die aktuellen verhältnisse des örtlichen mietwohnungsmarktes wiedergegeben würden. das könne u.a. dann der fall sein, wenn die datenbasis auf mindestens 10 % des regional in betracht zu ziehenden mietwohnungsbestandes beruhe. ferner müssten die faktoren, die den mietpreis bestimmten (standard, wohnungsgröße und ausstattung) in die auswertung eingeflossen sein (bsg urteil vom 18.06.2008 - b 14/7b as 44/06r -). i insbesondere müsste die datenerhebung über den gesamten vergleichsraum erfolgt und die einbezogenen daten repräsentativ sein. bei mietspiegeln müsse zudem sichergestellt sein, dass der hinter den werten stehende tatsächliche wohnungsbestand im vergleichsraum die anmietung einer angemessenen wohnung im gesamten vergleichsraum ermögliche, ohne die leistungsberechtigten auf bestimmte stadtteile zu beschränken (bsg urteil vom 20.12.2011 - b 4 as 19/11 r -). eine beschränkung auf daten bestimmter bauklassen sei nicht zulässig, solange nicht statistisch valides material vorliege, das eine aussage darüber zulasse, welche bauklassen in welchem umfang tatsächlich die gesamte stadt als vergleichsraum und nicht lediglich ganz bestimmte, als sozial problematisch einzuschätzende teile einer stadt prägten. aus einem mietspiegel allein lasse sich nicht ersehen, wie weit gerade wohnungen einer bestimmten baualtersklasse in einem umfang zur verfügung stünden, die den rückschluss zuließen, im konkreten vergleichsraum sei eine angemessene wohnung tatsächlich anzumieten. die besetzung einzelner tabellenfelder eines mietspiegels lasse nur die vermutung zu, dass zum zeitpunkt der datenerhebung ein bestimmter wohnungsmietwert auf dem gesamtwohnungsmarkt überhaupt vorhanden sei, sie enthalte keine aussage zu dem dahinter stehenden wohnungsbestand im vergleichsraum. auch erfülle die bildung eines arithmetischen mittelwertes aus den mittelwerten der bauklassen als abschließender schritt zur berechnung einer grundsicherungsrelevanten nettovergleichsmiete die anforderungen an ein mathematisch statistisch nachvollziehbares konzept nicht. die bildung arithmetischer werte biete gerade bei ausdifferenzierten tabellenmietspiegeln nicht die gewähr dafür, dass der abgebildete wert als solcher tatsächlich den schwerpunkt eines mietpreises im einfachen segment abbilde (bsg urteil vom 19.10.2010 - b 14 as 50/10 r - urteil vom 20.12.2011 - b 4 as 19/11 r -). fehle ein schlüssiges konzept, seien die tatsächlichen aufwendungen der unterkunft zu übernehmen (bsg urteil vom 10.12.2009 - b4 as 5/09 r -). die übernahme der tatsächlichen kosten könne allerdings nicht unbegrenzt erfolgen, es gebe eine angemessenheitsgrenze nach oben. diese finde sich in den tabellenwerten zu § 12 abs. 1 wohngeldgesetz (wogg) (bsg urteil vom 17.12.2009 - b 4 as 50/09 r -). die bestimmung erfolge anhand der anzahl der haushaltszugehörigen personen und der mietenstufe der jeweiligen gemeinde, die in der anlage zu § 1 abs. 3 festgelegt sei. für aachen sei die mietenstufe iv einschlägig. danach ergebe sich für einen einpersonenhaushalt ein betrag von 358,00 eur. da die beklagte für den zeitraum 01.01.2011 bis 31.05.2011 bereits einen betrag in höhe von 373,51 eur als angemessene kdu anerkenne, bestehe für die klägerin kein anspruch. 26zu 2. gleiches gelte für den bewilligungszeitraum 01.12.2011 bis 31.05.2012. 27zu 3. entsprechend den feststellungen des sachverständigen dr. i entstehe für den betrieb der heizungsanlage im haus der klägerin jährlich ein stromverbrauch von 951,4 kw. unter berücksichtigung der von der klägerin angegebenen kosten für den bezug von strom erkenne die beklagte einen jährlichen bedarf in höhe von 228,42 eur dem grunde nach an. im hinblick auf die bereits geleisteten zahlungen für kdu seit 01.04.2010 stehe zu gunsten der klägerin kein auszahlungsanspruch (dazu unter 5). 28zu 4. hinsichtlich des zugunstenantrags nach § 44 sgb x gelte, dass die bescheide, deren aufhebung die klägerin begehre und die schon streitgegenstand anhängiger verfahren seien, in diesem verfahren überprüft werden könnten, insofern fehle dem antrag das rechtsschutzbedürfnis. ferner ergebe sich aus dem rechtscharakter des verfahrens nach § 44 sgb x eine darlegungslast des antragstellers (beschluss lsg nrw vom 27.12.2011 - l 19 as 1558/11 b -). anhand des vortrags der klägerin lasse sich nicht erkennen, in welchem konkreten bescheid, der nicht gegenstand eines rechtshängigen verfahrens sei, das recht unrichtig angewandt oder von einem unzutreffenden sachverhalt ausgegangen worden sei. die beklagte habe damit zurecht eine allgemeine überprüfung abgelehnt. 29zu 5. die gewährung der heizkosten stünden unter dem leistungsvorbehalt der angemessenheit. eklatant unwirtschaftliches oder kostspieliges heizen sei vom grundsicherungsträger nicht zu finanzieren. nach dem eingeholten gutachten vom 22.03.2012 seien für das haus der klägerin durchschnittlich 3156 eur l heizöl jährlich erforderlich. davon entfielen 2869 l auf das beheizen und 287 l auf die warmwasserbereitung. nach dem gutachten betrage die wohnfläche 122,61 m². somit ergäbe sich ein durchschnittlicher heizölbedarf von 23,4 l/pro m² wohnfläche. entsprechend der gradtagstabelle nach din 4713 entfalle auf die monate april bis dezember ein anteil von 550/1000 des heizölbedarfs. demnach ergebe sich für den zeitraum 01.04.2010 bis 31.12.2010 ein angemessener heizölbedarf von 12,87 l/ pro m² wohnfläche. die grundsicherungsrechtlich angemessene wohnfläche betrage für einen 1-personen haushalt 50 m². damit habe die klägerin für den zeitraum 01.04.2010 bis 31.12.2010 einen anspruch auf übernahme der kosten für die beschaffung von 643,50 l heizöl. mit bescheid vom 31.03.2010 seien ihr 634,50 eur bewilligt worden. am 13.04.2010 habe die klägerin 1000 l heizöl für 647,12 eur bezogen, damit habe sie ihren heizölbedarf sicherstellen können. 30für das jahr 2011 bestehe ein durchschnittlicher jahresbedarf von 1457 l, wovon 1170 l auf das beheizen und 287 l auf die warmwasserbereitung entfielen. die beklagte habe der klägerin 789,60 eur bewilligt (bescheid vom 21.04.2011) und mit weiterem bescheid vom 15.11.2011 nochmals 649,74 eur. darüber hinaus habe sie ihr für die monate januar bis november 2011 jeweils acht euro zur deckung der kosten für die warmwasserbereitung gewährt. unter berücksichtigung des preises von 78,50 eur pro 100 l heizöl zzgl sicherheitspauschale und umsatzsteuer, der sich aus dem von der klägerin eingeholten angebot der firma m ergebe, habe die klägerin auch im jahr 2011 aus den erhaltenen zahlungen den angemessenen bedarf decken können. 31zu 6. da die beklagte bereits mit bescheid vom 31.03.2010 den betrag für den angemessenen heizölbedarf für die zeit vom 01.04.2010 bis 31.12.2010 bewilligt habe, sei aufgrund der vorläufigen leistungsgewährung nach dem beschluss des lsg nrw vom 15.11.2010 der gewährte betrag von der klägerin zu erstatten. den weiteren antrag auf gewährung von heizkosten habe die beklagte zu recht mit bescheid vom 18.11.2010 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 22.12.2010 abgelehnt. 32das urteil wurde dem bevollmächtigten der klägerin am 21.05.2012 zugestellt. 33hiergegen richtet sich die berufung der klägerin vom 21.06.2012. 34zur begründung trägt die klägerin vor, die vorgenommene berechnung der von der beklagten bewilligten kdu beruhe nicht auf einem schlüssigen konzept. das sei schon deshalb nicht der fall, weil die maximalgröße der wohnung auf 47 m² gekappt worden sei, nach einer entscheidung des bsg vom 16.05.2012 für einen ein-personen -haushalt aber 50 m² zu berücksichtigen seien. bei der anwendung der tabelle des wohngeldgesetzes verkenne das sozialgericht, dass der tabellenwert um einen sicherheitszuschlag von 10 % zu erhöhen sei, so dass sich ein betrag zzgl aufwendungen (nettokaltmiete und nebenkosten) von 393,80 eur als höchstgrenze ergebe. auch die heizkosten seien falsch berechnet, hier sei der bundesweite heizkostenspiegel heranzuziehen. 35die klägerin beantragt nach dem inhalt ihrer schriftsätze 36das urteil des sozialgerichts aachen vom 20.04.2012 abzuändern und die beklagte entsprechend den erstinstanzlich gestellten anträgen zu verurteilen. 37die beklagte beantragt, 38die berufung zurückzuweisen. 39die beklagte hält die angefochtene entscheidung für zutreffend. ergänzend weist sie darauf hin, dass ihrer meinung nach das bsg nie entschieden habe, die tabellenweret des wohngeldgesetzes seien stets um einen sicherheitszuschlag von 10 % zu erhöhen. im übrigen sei die rechtsprechung zu § 8 wogg af ergangen, seit 01.01.2009 hätten sich jedoch die tabellenwerte des § 12 wogg deutlich erhöht. bezogen auf den früheren betrag der rechten spalte in mietstufe iv (325 eur) seien es nun 358 eur. die erhöhung betrage exakt 10 %. die prüfung, ob auch die neuen tabellenwerte um einen sicherheitszuschlag von 10 % zu erhöhen sein, könne anhand der gesetzesbegründung erfolgen. daraus ergebe sich, das die bisherige berücksichtigung von baualtersklassen wegen der modernisierung des bestandes der wohnungen in den vergangenen jahren nicht mehr zeitgemäß sei, auch für die berechnung des mietenniveaus spiele der wohnungstyp keine rolle mehr. insoweit sei durch erhöhung der tabellenwerte ab 2009 der modernisierung des baubestandes rechnung getragen worden und bereits vom gesetzgeber ein zuschlag vorgenommen. dies spreche dagegen, sowohl für die alten als auch die neuen werte pauschal um einen zuschlag von 10 % anzuheben. im übrigen sei anzumerken, dass die bis 31.05.2012 als bedarf berücksichtigten kdu der klägerin tatsächlich immer über den tabellenwerten lagen, nämlich 4 % und seit 01.06.2012 rund 9 %. 40wegen der weiteren darstellung des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der vorprozess-, gerichts- und verwaltungsakten, die der senat beigezogen und deren inhalt gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist sowie auf den vortrag der beteiligten im übrigen verwiesen. 41
42der senat konnte trotz ausbleibens der klägerin verhandeln und entscheiden, da die klägerin unter hinweis auf diese möglichkeit mit postzustellungsurkunde vom 02.12.2015 zum termin geladen worden ist. zwar hat die klägerin am 25.01.2016 per telefax um terminsaufhebung gebeten, jedoch sah sich der senat nicht veranlasst, dem antrag stattzugeben, da der senat davon ausgeht, dass er in der absicht, den prozess zu verschleppen, gestellt worden ist. die klägerin begründet den antrag damit, sie wohne seit einem jahr nicht mehr in aachen, sondern in norddeutschland und habe dort im zusammenhang mit der gewährung von leistungen nach dem sgb ii die gleichen probleme mit dem dort zuständigen jobcenter und dem gericht. alle gerichtsverfahren, die sie an ihrem neuen wohnort geführt habe, seien ergebnislos verlaufen. sie stehe völlig mittellos da. aus diesem grunde sehe sie sich nicht in der lage, den prozess derzeit zu betreiben und sei auch nicht in der lage gewesen, der aufforderung des senats von anfang november 2015, zu fakten, die für die entscheidung erforderlich seien, nachzukommen und weiter vorzutragen. sie beantrage die gewährung von prozesskostenhilfe, da sie das verfahren mit einem prozessbevollmächtigten aus freiburg weiterbetreiben wolle. 43die für die bitte um terminsverlegung angeführten gründe machen eine terminsverlegung nicht erforderlich, denn es handelt sich sämtlich um gründe, die der klägerin schon seit erhalt der ladung am 02.12.2015 bekannt sind und nicht um solche gründe, die erst kurzfristig entstanden sind und somit auch nicht früher hätten vorgetragen werden können. das gilt auch für die noch mit richterbrief vom 02.11.2015 erbetenen angaben, die der senat für seine entscheidung benötigt. der senat hat das persönliche erscheinen der klägerin zum termin am 20.01.2016 nicht für erforderlich gehalten und demzufolge auch nicht angeordnet. die erbetenen angaben kann die klägerin schriftlich vortragen, hierzu hatte sie mehr als zwei monate zeit. ihre wirtschaftliche situation kann sie daran auch nicht gehindert haben, die angaben schriftlich zu machen, denn sie war in der lage, per telefax um terminsverlegung zu bitten, so dass sie auch in der lage gewesen wäre, dem senat die erbetenen angaben in gleicher weise zu übermitteln. die beschaffung der informationen, die der senat erbeten hat, verursacht ihrerseits auch keine kosten, denn der klägerin muss bekannt sein, welchen teil des hauses sie gewerblich genutzt hat und wie hoch die umzugsbedingten kosten von ihrer früheren unterkunft in das streitgegenständliche objekt gewesen sind. ungeachtet dessen war der klägerin die notwendigkeit, zu den im richterbrief vom 02.11.2015 angesprochenen punkten noch vorzutragen bzw von seiten des gerichts amtsermittlungen einzuleiten., seit der entscheidung des bsg vom 06.08.2014 bekannt, da dort auf die bedeutung dieser angaben hingewiesen worden ist. ungeachtet dessen hat die überprüfung des senats ergeben, dass die klägerin in der von ihr geführten großen anzahl von prozessen, die sich mittlerweile im zweistelligen bereich bewegt, nie zur mündlichen verhandlung erschienen ist. gründe, die vorliegend eine terminsverlegung geboten erscheinen lassen, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. die desolate wirtschaftliche situation der klägerin ist kein grund, einen langfristig anberaumten termin zur mündlichen verhandlung zu verlegen. gleiches gilt für die bitte der klägerin, ihr prozesskostenhilfe zu bewilligen, um das verfahren mit einem rechtsanwalt weiterführen zu können. zum einen bietet das verfahren keine hinreichende aussicht auf erfolg, so dass schon aus diesem grunde die bewilligung von prozesskostenhilfe abzulehnen war. darüber hinaus hat die klägerin auch nicht vorgetragen, den prozess nur mit einem juristisch versierten bevollmächtigten weiterführen zu können, so dass es geboten gewesen wäre, der bitte um terminsverlegung nachzukommen, vielmehr hat die klägerin lediglich vorgetragen, nunmehr einen anwalt beauftragen zu wollen. aus welchem grunde diese bitte zwei tage vor dem termin an den senat herangetragen wird und nicht gleich nach erhalt der ladung am 02.12.2015 ist nicht nachvollziehbar und auch nicht vorgetragen worden. ungeachtet dessen hat der senat auch nicht den eindruck gewonnen, dass die klägerin bei der prozessführung auf juristischen beistand angewiesen ist. die auswertung ihrer schriftsätze in zahlreichen verfahren lässt auf ausreichende kenntnisse insbesondere der rechtsprechung des bsg zur angemessenheit von kdu und zum schlüssigen konzept schließen. 44die berufung der klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. 45zur vermeidung von wiederholungen verweist der senat zunächst auf die zutreffenden gründe der erstinstanzlichen entscheidung, die er sich nach prüfung der sach-und rechtslage zu eigen macht (§ 153 abs. 2 sgg 46die von der klägerin zur begründung des berufungsverfahrens vorgetragene ansicht, die berechnung der ihr bewilligten leistungen beruhe nicht auf einem schlüssigen konzept, führt zu keiner abweichenden beurteilung. die beklagte hat von der firma analyse und konzepte für die städteregion aachen ein konzept erstellen lassen, das auf die zeit ab 01.04.2013, dem stichtag der datenerhebung, anwendung findet. da das konzept die kriterien erfüllt, die in der rechtsprechung des bsg für die schlüssigkeit eines konzepts aufgestellt worden sind (bsg: urteil vom 22.09.2009 - b 4 as 18/09r - juris ausdruck rdz 18; urteil vom 17.12.2009 - b 4 as 27/09r - juris ausdruck rdz 26; urteil vom 18.6.2008 - b 14/7b as 44/06r - juris ausdruck rdz 7; urteil vom 19.10.2010 - b 14 as 50/10 r - zum mietspiegel als schlüssigem konzept ) und an denen sich der senat orientiert, hat er keine veranlassung, dieses konzept, das der klägerin übersandt wurde, seiner entscheidung nicht zugunde zu legen. 47der vergleichsraum, in dem die datenerhebung erfolgt ist, ist die städteregion aachen (seite 10 des konzepts dort 3.1). der vergleichsraum umfasst laut recherchen im internet (google, stichwort städteregion aachen mit hinweis auf wikipedia) zehn gemeinden, hat bei einer länge von 50 km einen eigenen verkehrsverbund und auch ansonsten eine eigene infrastruktur. da angesichts dieser größe kein einheitlicher wohnungsmarkt vorhanden ist, vielmehr regionale unterschiede auftreten, wurden vor ermittlung der mieten regionale bzw strukturell homogene untereinheiten gebildet. dazu wurden regionen mit strukturell vergleichbaren wohnungsmärkten zu wohnungsmarkttypen zusammengefasst und für diese mietwerte ermittelt. um die zuordnung der kommunen zu den einzelnen wohnungsmarkttypen frei von subjektiven einschätzungen sicherzustellen, erfolgte die zusammenfassung von kommunen mit vergleichbaren wohnungsmarktstrukturen mittels des wissenschaftlich anerkannten und gebräuchlichen verfahrens einer clusteranalyse ( laut wikipedia ein verfahren zur entdeckung von ähnlichkeitsstrukturen in großen datenbeständen; die gruppen ähnlicher objekte werden als cluster bezeichnet, man nennt das verfahren auch ballungsanalyse). das haus der klägerin liegt in der stadt aachen und unterfällt damit dem wohnungsmarkt typ i. bedenken gegen die festlegung eines homogenen vergleichsraums bestehen daher nicht. dem recht des leistungsempfängers auf verbleib in seinem sozialen umfeld ist damit rechnung getragen, andererseits aber auch dem umstand, dass in der gesamten städteregion aachen unterschiedliche wohnungsmärkte vorhanden sind, für die eine valide datenbasis erfasst wurde. der beobachtungszeitraum erstreckt sich von februar bis september 2013, die daten wurden zum stichtag 01.04.2013 erhoben (seite 26 ). gegenstand der beobachtung sind die genannten wohnungsmarkttypen in den einzelnen kommunen und die jeweiligen mietpreisstrukturen (seite 11 und 18 ). erfasst wurden insgesamt 35.382 wohnungen (seite 26 ). die art und weise der datenerhebung erfolgte durch abfrage der großen wohnungsunternehmen und befragungen kleiner privater vermieter auf freiwilliger basis (seite 8 ). insbesondere wurden auch angebotsmieten erfasst (seite 29 ). die ermittelten daten und ergebnisse wurden dezidiert dargestellt, das ergibt sich bereits aus dem 19 tabellen umfassenden verzeichnis des konzepts. die repräsentativität der datenbasis ergibt sich aus den ausführungen auf seite 24 bzw 26 unten/ 27 oben. es wurde der gesamte relevante markt abgebildet, wofür nicht erforderlich ist, alle wohnungen berücksichtigen zu müssen. entscheidend ist nur, dass auf den bereich mietwohnungen abgestellt wird und nur mieten berücksichtigt werden, die prinzipiell für alle bevölkerungsgruppen zugänglich sind einschließlich der wohnungen, die zugangsbeschränkungen der sozialen wohnraumförderung unterliegen, da diese ja auch gerade für bedarfsgemeinschaften zur verfügung stehen sollen (bsg urteil vom 18.06.2008 - b 14/7b as 44/06 r -). ausgefiltert wurden wohnungen mit freundschaftsmieten, mietpreisreduzierte werkswohnungen, wohnungen in wohn-und pflegeheimen,(insbesondere studentenwohnheime, gewerblich oder teilgewerblich genutzte wohnungen, möblierte wohnungen und ferienwohnungen. angesichts dessen kann auch auf eine validität der daten, also eine gültigkeit bzw verbindlichkeit, geschlossen werden. bedenken gegen das einhalten anerkannter statistisch mathematischer grundsätze sind nicht ersichtlich. angaben zu den gezogenen schlüssen finden sich ebenfalls auf seite 26, 27 und 30. 48aus diesem konzept ergibt sich für den wohnungsmarkt typ i (stadt aachen) für eine person bei einer wohnungsgröße bis 50 m² eine nettokaltmiete von 5,88 eur pro quadratmeter zuzüglich kalter betriebskosten in höhe von maximal 1,73 eur ,daraus errechnet sich eine bruttomiete von 380,50 eur (50 m² x 5,88 eur = 294 eur zzgl 50 × 1,73 eur = 86,50 eur). damit hat die klägerin für den zwei jahre vor inkrafttreten des schlüssigen konzepts liegenden zeitraums bereits monatlich 9 euro mehr erhalten als ihr später als angemessene bruttokaltmiete zugestanden hätte. die frage, ob das schlüssige konzept noch auf weiter zurück liegende zeiträume übertragen werden kann, kann daher unerörtert bleiben, denn es kann als allgemein bekannt unterstellt werden, dass in früher zurückliegenden zeiträumen die mieten und damit auch die angemessenheitsgrenze eher niedriger waren als in dem später entwickelten schlüssigen konzept. der senat hat daher keine bedenken, es auch für die im zu grunde liegenden verfahren streitigen zeiträume (januar bis einschließlich mai 2011 und dezember 2011 bis einschließlich mai 2012) als parameter heranzuziehen. 49bewilligt wurden der klägerin in diesen zeiträumen zunächst 373,51 eur monatlich (kaltmiete: 250,51 eur sowie die laut mietvertrag tatsächlichen nebenkosten in höhe von 123,00 eur). dabei ging die beklagte wohl von einer angemessenen wohnungsgröße von 45 m² aus. nach dem in einem parallelverfahren vor dem sozialgericht aachen am 06.01.2012 ein unterwerfungsvergleich hinsichtlich der maximalen obergrenze der wohnungsgröße geschlossen wurde (s 21 as 57/11), wurde der klägerin für den zeitraum 01.01. 2011 bis 31.5.2011 monatlich ein betrag von 15,99 eur nachgezahlt, so dass ihr damit insgesamt ab 01.01.2011 eine bruttokaltmiete von 389,50 eur bewilligt wurde. ein bescheid hierüber erging nicht, die klägerin wurde formlos informiert, dass der betrag angewiesen sei. aus einem schriftsatz vom 17.09.2012 im streitgegenständlichen verfahren (blatt 221 klageakte) geht hervor, dass rückwirkend auch ab 01.06.2011 von den 50 m² ausgegangen wurde, sich somit eine nettokaltmiete von 266,50 eur ergab und mithin zzgl der tatsächlichen nebenkosten in höhe von 123 eur der bruttobetrag von 389,50 eur monatlich. widersprochen hat die klägerin diesem vortrag der beklagten nicht. 50auch unter berücksichtigung der tabellenwerte des wohngeldgesetzes ergibt sich keine andere beurteilung. da der beklagtenvertreter im termin zur mündlichen verhandlung vor dem senat erklärt hat, für vor dem 01.04.2013 liegende zeiträume kein schlüssiges konzept zur verfügung gehabt zu haben und auch wegen fehlender daten nicht mehr erstellen zu können, geht der senat insofern von einem erkenntnisausfall aus, so dass der rückgriff auf die tabellenwerte des wohngeldgesetzes gestattet ist. bis 31.12.2008 war § 8 wogg af maßgebliche rechtsgrundlage, aus der sich für die stadt aachen ein betrag von 325 eur ergab. seit 01.01.2009 gilt § 12 wogg, nach dieser vorschrift ist der maßgebliche betrag nun mit 358 eur zu veranschlagen. da vorliegend zeiträume ab 2011 und später streitig sind, ist von 358 eur auszugehen. würde man hierauf den zehnprozentigen sicherheitszuschlag addieren, ergäbe sich ein betrag von 393,80 eur, das würde bedeuten, die klägerin hätte 4,30 eur pro monat zu wenig bekommen. der sicherheitszuschlag ist aber nicht zwingend zu gewähren. das ergibt sich nach ansicht des erkennenden senats aus der rechtsprechung des bsg (urteil vom 17.12.2009 - b4 as 50/09 r -). dort hat das bsg als begründung für den sicherheitszuschlag angeführt, beim fehlen eines schlüssigen konzepts könne nicht mit sicherheit beurteilt werden, wie hoch tatsächlich die angemessene referenzmiete sei (juris ausdruck rdz 27). im vorliegenden fall ist aber davon auszugehen, dass sie auf keinen fall höher sein kann als die miete nach dem schlüssigen konzept, da dieses ja erst zwei jahre später beginnende zeiträume erfasst. aus diesem grunde gibt es vorliegend keine rechtfertigung, den sicherheitszuschlag noch auf den betrag von 358 eur zu addieren. dessen ungeachtet bildet dieser betrag im vergleich zur vorgängerregelung des § 8 wogg schon den bis 31.12.2008 maßgeblichen betrag von 325 eur zuzüglich der zehnprozentigen erhöhung ab. der senat geht daher davon aus,dass die erhöhung nur im zusammenhang mit § 8 wogg vorzunehmen ist (vgl hierzu wohl auch boerner in löns/ herold/ tews, kommentar zum sgb ii, 3.aufl 2011, § 22 rdz 45). auch insoweit ergibt sich daher keine beschwer der klägerin, da sie 389,50 eur als bruttokaltmiete monatlich erhalten hat. 51da die mieten über die auswertung von angebotsmieten erfolgte, ist zunächst für den gültigkeitszeitraum des schlüssigen konzepts von konkret vorhandenem wohnraum auszugehen (vgl löns/herold/ tews,a.a.o. § 22 rdz 47/48). für die hier streitige zeit hat der beklagte unterlagen von immoscout, der klägerin zugeleitet worden sind, vorgelegt und aus denen sich das vorhandensein einer ausreichenden anzahl von wohnungen im streitigen zeitraum ergibt. 52die kostenentscheidung folgt aus § 193 sgg. 53revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich (§ 160 abs. 2 sgg).
Verklagte*r
0
120,993
L 8 R 250/14
2016-10-05T00:00:00
Urteil
Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 19.12.2013 geändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird in beiden Rechtszügen auf 10.045,40 Euro festgesetzt. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) über die Rechtmäßigkeit eines Betriebsprüfungsbescheides der Beklagten, mit welchem diese von dem Kläger Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 10.045,40 Euro für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) im Prüfzeitraum vom 1.1.2002 bis zum 30.6.2006 nachfordert. 3Der Kläger betreibt seit 1977 die F-Apotheke in P als eingetragener Kaufmann ([e.K.], Amtsgericht E HRA 000). Bei der Beigeladenen zu 1) handelt es sich um seine Schwester, die ebenfalls approbierte Apothekerin ist. 4Sie wurde seit Ende der siebziger Jahre mit insbesondere familiär bedingten Unterbrechungen bis zum August 2007 in der Apotheke des Klägers tätig. Im Streitzeitraum arbeitete sie durchgängig, mit Ausnahme der Monate Juli bis November 2003, in dieser. Ein schriftlicher Vertrag wurde zwischen ihr und dem Kläger nicht geschlossen. Sie wurde in der Zeit vor Januar 2003 durchschnittlich an ca. 25 Wochenstunden in der Apotheke tätig, danach sank die durchschnittliche wöchentlich Stundenzahl auf etwa zehn Stunden. Für ihre Tätigkeit erhielt die jedenfalls ab Dezember 2002 durchgängig bei der Beigeladenen zu 2) als zuständiger Einzugsstelle gemeldete Beigeladene zu 1) monatliche Entgelte in folgender Höhe: 5Im Original: Tabelle 6Während der Kläger für sie im Jahr 2002 nur anteilige Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von insgesamt 416,53 Euro an die Beigeladene zu 2) abführte, geschah dies ab dem Jahr 2003 durchgehend bis zu der Beendigung ihrer Tätigkeit unter Berücksichtigung der monatlichen Entgelte. Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung wurden seinerseits für die Beigeladene zu 1) nicht entrichtet, nachdem ihr Entgelt im Jahr 2002 die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAE-Grenze) überschritten hatte. Die Beigeladene zu 1) war im Streitzeitraum Mitglied des Versorgungswerks der Apothekerkammer Nordrhein. Die Beiträge wurden durch den Kläger abgeführt. Ihre Entgelte wurden von Januar 2002 bis einschließlich April 2004 durchgängig der Einkommenssteuer unterworfen. In den Jahren 2005 und 2006 führte der Kläger für die Beigeladene zu 1) lediglich hinsichtlich der im November erfolgenden Sonderzahlung Einkommenssteuer ab. Die Gehaltskontenführung oblag dabei der Zeugin T, die als Buchhalterin in der M-Apotheke in P tätig und von dem Kläger beauftragt worden ist. Die M-Apotheke wird seit 2008 im Rahmen einer offenen Handelsgesellschaft (oHG) geführt, deren Gesellschafter u.a. der Vater und der Bruder des Klägers sowie die Beigeladene zu 1) sind. 7Die Beigeladene zu 1) gewährte dem Kläger zwei Darlehen in den Jahren 2001 und 2006, welche sich insgesamt nach übereinstimmender Erklärung des Klägers und der Beigeladenen zu 1) im Streitzeitraum auf ca. 300.000,00 Euro beliefen. Eines der Darlehen wurde aufgrund des schriftlichen Darlehensvertrags vom 1.10.2001, auf den Bezug genommen wird, gewährt. Sie erhielt Zinszahlungen durch den Kläger i.H.v. zweimal jährlich 7.912,46 Euro. 8Die Beklagte führte am 5.9.2006 bei dem Kläger eine Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 1.1.2002 bis 30.6.2006 durch. Dem trat der Kläger, vertreten durch das Steuerberaterbüro U, J & Sozien, im Rahmen eines unstreitig durchgeführten Anhörungsverfahrens zunächst entgegen, da die Beigeladene zu 1) nicht sozialversicherungspflichtig sei. Der Verwaltungsvorgang bzw. die eingereichten Unterlagen des Anhörungsverfahrens konnten durch die Beteiligten nicht mehr vorgelegt werden. Mit Bescheid vom 2.2.2007 forderte die Beklagte sodann Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 10.045,40 Euro für die Beigeladene zu 1) in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung aufgrund eines Unterschreitens der JAE-Grenze sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund des mangelnden Nachweises der Beitragszahlung an die Beigeladene zu 4) im Jahr 2002 nach. Auf die Begründung wird im Übrigen Bezug genommen. Der Bescheid wurde bestandskräftig und die Forderung durch den Kläger beglichen. Die Beigeladene zu 1) blieb bis zu ihrem Ausscheiden im August 2007 durch den Kläger bei der Beigeladenen zu 2) als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte gemeldet. 9Am 9.11./8.12.2010 führte die Beklagte bei dem Kläger eine weitere Betriebsprüfung nunmehr für den Prüfzeitraum vom 1.7.2006 bis zum 31.12.2009 durch. Mit Bescheid vom 10.12.2010 forderte sie erneut 3.579,54 Euro inklusive Säumniszuschlägen in Höhe von 1.057,00 Euro nach, denn es bestehe Versicherungspflicht für die Beigeladene zu 1) auch in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung, da die JAE-Grenze unterschritten werde. 10Der Kläger legte dagegen am 12.1.2011 Widerspruch ein und beantragte gleichzeitig die Überprüfung nach § 44 SGB X hinsichtlich des Betriebsprüfungsbescheides vom 2.2.2007. Die Beigeladene zu 1) sei bei ihm nicht abhängig beschäftigt sondern selbständig und gleichberechtigt mit ihm tätig gewesen. Es gebe keinen Arbeitsvertrag. Eine Weisungsgebundenheit bestehe nicht. Sie müsse sich allerdings an den Gegebenheiten bezüglich ihres Einsatzes orientieren. Sie habe zudem Eigenkapital in die Apotheke investiert. Im Jahr 2006 habe der Steuerberater die gesamte Abwicklung getätigt. 2007 habe es einen Wechsel des Steuerberaters gegeben. 11Im Rahmen eines Feststellungsbogens zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses unter Angehörigen teilten Kläger und Beigeladene zu 1) mit, dass ohne die Mitarbeit der Beigeladenen zu 1) eine fremde Arbeitskraft hätte angestellt werden müssen. Das monatliche Arbeitsentgelt entspreche nicht dem ortsüblichen bzw. tariflichen Entgelt. Es sei vielmehr frei vereinbart. Sonstige Bezüge würden nicht gewährt. Von dem auf das Girokonto der Beigeladenen zu 1) zur freien Verfügung überwiesenen Entgelt sei Lohnsteuer entrichtet und es sei als Betriebsausgabe gebucht worden. Eine Personengesellschaft liege nicht vor. Die Beigeladene zu 1) sei nicht am Betrieb beteiligt. Sie habe allerdings Darlehen im Wert von 263.748,96 Euro gewährt. 12Mit Bescheid vom 17.10.2011 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 2.2.2007 nach § 44 SGB X ab. Auf die Begründung wird Bezug genommen. Dagegen legte der Kläger am 7.11.2011 Widerspruch ein. Die Beigeladene zu 1) sei nur sporadisch nach Absprache bis August 2007 tätig geworden. Er zahle laufende Zinsen auf die gewährten Darlehen. Neben ihm, dem Kläger, sei die Beigeladene zu 1) die einzige Apothekerin in der F-Apotheke gewesen. Im Übrigen habe es nur Apothekenhelferinnen gegeben. Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 11.5.2012 den Widerspruch als unbegründet zurück. Auf die Begründung wird Bezug genommen. 13Dagegen hat der Kläger am 8.6.2012 vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg Klage erhoben. Er hat seinen Vortrag aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend hat er vorgetragen, dass der Beigeladenen zu 1) jeweils monatlich ein Entgelt in gleicher Höhe gezahlt werde. Dies geschehe unabhängig davon, ob tatsächlich eine Tätigkeit ausgeübt werde und unabhängig von deren Umfang. Die Beigeladene zu 1) finanziere ihren Unterhalt aus eigenen Quellen. Bis August 2007 habe sie durchschnittlich 10 Stunden wöchentlich gearbeitet. Innerhalb der Apotheke sei sie mit ihm gleichgestellt und nicht weisungsgebunden gewesen. Sie sei stets in der Apotheke anwesend gewesen, wenn er nicht da gewesen sei oder bei entsprechendem Arbeitsanfall gemeinsam mit ihm. Sie sei bei seiner Abwesenheit gegenüber dem Personal weisungsbefugt gewesen. Sie habe Eigenkapital investiert und sei für den Umbau der Apotheke im Jahr 2003 verantwortlich gewesen. Es sei für ihn nicht nachvollziehbar, weshalb sie steuerlich als Angestellte geführt worden sei. 14Der Kläger hat beantragt, 15die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.5.2012 zu verurteilen, den Bescheid vom 2.2.2007 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. 16Die Beklagte hat beantragt, 17die Klage abzuweisen. 18Sie hat auf ihre Bescheide verwiesen. Der klägerische Vortrag widerspreche sich mit der tatsächlichen Behandlung der Tätigkeit. Diese sei schließlich jahrelang als sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis gelebt worden. 19Die durch das SG mit Beschluss vom 15.11.2012 am Verfahren beteiligte Beigeladene zu 1), hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung keinen Antrag gestellt. 20Das SG hat am 24.1.2013 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten durchgeführt und ihm Rahmen dessen den Kläger und die Beigeladene zu 1) angehört. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Im Nachgang hat es die Lohnkonten der Zeit von 2003 bis 2006, einen unverschlüsselten Versicherungsverlauf der Beigeladenen zu 1) sowie die Befreiungsakte nach § 6 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) beigezogen. Mit Urteil vom 19.12.2013 hat es der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Aufhebung des Betriebsprüfungsbescheides vom 2.2.2007 verpflichtet. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. 21Gegen das ihr am 26.2.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26.3.2014 Berufung eingelegt. Ein hohes Maß an Arbeitszeitflexibilität und selbständiger Arbeitserledigung sei kein Zeichen von Selbständigkeit. Es bestehe für die Beigeladene zu 1) zudem kein unternehmerisches Risiko. Sie erhalte ein regelmäßiges Entgelt und habe sich nicht als (Mit-)Unternehmerin betätigen wollen. Das gewährte Darlehen sei nicht als Einlage gewollt gewesen und habe keiner Zweckbindung unterlegen. Dem Kläger als Inhaber der Apotheke habe die Möglichkeit oblegen, die Art und Weise der Tätigkeit zu regulieren. Die Beigeladene zu 1) sei eingegliedert in den klägerischen Betrieb tätig geworden und bereits nach dem Berufsrecht nicht zur Leitung der Apotheke befugt gewesen. 22Die Beklagte beantragt, 23das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 19.12.2013 zu ändern und die Klage abzuweisen. 24Der Kläger beantragt, 25die Berufung zurückzuweisen. 26Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und wiederholt und vertieft seinen bisherigen Vortrag. Ergänzend verweist er darauf, dass eine Weisungsfreiheit der Beigeladenen zu 1) hinsichtlich Zeit und Art der Tätigkeit bestanden habe. Die Beigeladene zu 1) habe das Darlehen im Übrigen für den Fortbestand und Erfolg der Apotheke gewährt. 27Die Beigeladene zu 1) stellt keinen Antrag. Die weiteren am Verfahren beteiligten Beigeladenen zu 2) bis 4) (Beschluss v. 2.10.2014) haben an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen. 28Der Senat hat zwei Termine zur Erörterung des Sachverhalts und der Beweisaufnahme durchgeführt. Er hat jeweils den Kläger und die Beigeladene zu 1) angehört und am 12.9.2014 Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen B T und E G sowie am 29.4.2016 durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen Q U und V M. Auf die jeweiligen Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen. Zudem hat der Senat die Personalakte der Beigeladenen zu 1) und den Betriebsprüfungsbescheid vom 21.11.2014 beigezogen. Weder Kläger noch Beklagte konnten Unterlagen zum Anhörungsverfahren gegen den Betriebsprüfungsbescheid vom 2.2.2007 vorlegen. 29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die beigezogenen weiteren Akten, die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen. 30Entscheidungsgründe: 31Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 4) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit ordnungsgemäßen Terminsnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen hat. 32Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Sie ist zunächst zulässig und insbesondere gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 151 Abs. 1, Abs. 3, 64 Abs. 1, 3, 63 SGG). Die vollständig abgefasste Entscheidung ist der Beklagten am 26.2.2014 zugestellt worden. Ihre Berufungsschrift ist bei dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen am 26.3.2014 eingegangen. 33Die Berufung der Beklagten ist zudem begründet. Denn das SG hat die gegen den Bescheid vom 17.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.5.2012, mit welchem die Rücknahme des Betriebsprüfungsbescheides vom 2.2.2007 abgelehnt worden ist, zulässig erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1, 4 i.V.m. § 56 SGG) zu Unrecht als begründet erachtet. Die streitigen Bescheide erweisen sich vielmehr als rechtmäßig und beschweren den Kläger damit nicht im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG in seinen Rechten, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Betriebsprüfungsbescheides der Beklagten vom 2.2.2007 nach § 44 SGB X. 34I. Zwar sind die formellen Anspruchsvoraussetzungen des § 44 SGB X erfüllt. Der Kläger hat zunächst einen Antrag gestellt. Ein erneutes Anhörungsverfahren ist durch die Beklagte zwar nicht mehr durchgeführt worden, jedoch ist dieser Mangel nach § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X durch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens geheilt worden. 35II. Jedoch liegen die materiellen Anspruchsvoraussetzungen nicht vor. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X bestimmt, dass ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist. 36Ob ein früherer Bescheid rechtswidrig ist, entscheidet sich anhand seines Verfügungssatzes. Im Verfahren nach § 44 SGB X werden nicht nur einzelne Begründungselemente überprüft sondern der gesamte Verwaltungsakt. Der Wortlaut von § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X umfasst sowohl Fehler des Verfahrens- als auch des materiellen Rechts (Steinwedel in: Kassler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB X, 90. Ergänzungslieferung 2016, § 44 Rdnr. 39). Grundsätzlich sind jedoch Fehler im Verwaltungsverfahrensrecht bei § 44 SGB X unbeachtlich. Dies entspricht dem Sinn und Zweck des § 44 SGB X. Insbesondere darf ein Betroffener nicht über diese (Wieder-) Einräumung eine ihm materiell-rechtlich nicht zustehende Position erlangen (Steinwedel in: Kassler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, a.a.O., § 44 Rdnr. 39ff; BSG, Urteil v. 22.3.1989, 7 RAr 122/87, juris). Die Beklagte hat indes in dem Bescheid vom 2.2.2007 weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. 371. Ermächtigungsgrundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitsgebern. 382. Der Bescheid vom 2.2.2007 ist formell rechtmäßig ergangen. Insbesondere ist der Bescheidbegründung - durch den Kläger unwidersprochen - zu entnehmen, dass die Beklagte ein Anhörungsverfahren durchgeführt und der Kläger von seinem Anhörungsrecht im Rahmen einer Stellungnahme Gebrauch gemacht hat. 393. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV), zu entrichten. Der - hier streitigen - Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]). 40a) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer solchen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 30.12.2013, B 12 KR 17/11 R, juris; Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17; Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). 41Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, das heißt den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R; BSG, Urteil v. 19.8.2015, B 12 KR 9/14 R, jeweils juris). 42Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, a.a.O., juris; ebenso Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f.): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O., juris; Senat, Urteil v. 29.6.2011, L 8 (16) R 55/08; Senat, Urteil v. 24.9.2014, L 8 R 1104/13; Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 376/12, jeweils juris). 43b) Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen Angehörigen besteht (BSG, Urteil v. 5.4.1956, 3 RK 65/55, SozR Nr. 18 § 164 SGG; BSG, Urteil v. 17.12.2002, B 7 AL 34/02 R, USK 2002-42; BSG, Urteil vom 10.5.2007, B 7a AL 8/06 R, USK 2007-53), wobei es jeweils auf die Umstände des Einzelfalls ankommt (Senat, Urteil v. 29.2.2012, L 8 R 166/10, juris). Größere Freiheiten des als Arbeitnehmer tätigen Familienangehörigen im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern sind dabei unschädlich (BSG, Urteil v. 31.7.1963, 3 RK 46/59, SozR Nr. 39 zu § 165 RVO; vgl. zu Ehegatten BSG, Urteil v. 10.5.2007, a.a.O.). Entscheidend für die Beurteilung der Eingliederung und der Weisungsgebundenheit ist insbesondere, ob die Arbeitskraft im Dienst des Unternehmers eingesetzt und dabei Aufgaben erfüllt werden, die sich aus der Organisation oder der direkten Anweisung des Arbeitgebers ergeben (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 3. Aufl., § 7 Rdnr. 146; Senat, Urteil v. 29.2.2012, a.a.O.; jeweils m.w.N.; Senat, Urteil v. 15.1.2014, L 8 R 42/09, juris). 44c) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls sowohl in vertraglicher als auch in tatsächlicher Hinsicht sprechen nach der Überzeugung des Senates die überwiegenden Gesichtspunkte dafür, dass die Beigeladene zu 1) im streitgegenständlichen Zeitraum im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses für den Kläger tätig geworden ist. 45aa) Auszugehen ist für die Beurteilung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für den Kläger mangels schriftlicher Verträge von den mündlich getroffenen Vereinbarungen und dem zwischen ihnen praktizierten Ablauf (vgl. BSG Urteil vom 9.1.2011, B 12 R 1/10 R, SozR 4-2600 § 2 Nr. 16; Senat, Urteil v. 17.8.2016, L 8 R 968/12, juris). Unter Berücksichtigung dessen ist die Beigeladene zu 1) zur Überzeugung des Senats im Streitzeitraum gegen Entgelt im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses für den Kläger tätig geworden. Dauer, Regelmäßigkeit, Umfang und Betriebsnotwendigkeit der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für den Kläger sowie die Gleichmäßigkeit der hierfür vom Kläger an die Beigeladene zu 1) gezahlten Entlohnung erlauben allein die Auslegung, dass die Beigeladene zu 1) nicht aufgrund - wie die Beteiligten nunmehr glauben machen wollen - freiwilliger Mitarbeit, sondern aufgrund einer mit Rechtsbindungswillen eingegangenen vertraglichen Verpflichtung im Unternehmen des Klägers tätig geworden ist. 46(1) Für dieses Verständnis spricht zunächst, dass die Beigeladene zu 1) in einem Ausmaß tatsächlich dauerhaft und zielgerichtet in der Apotheke des Klägers tätig geworden ist, das sich nicht mit der Annahme eines unverbindlichen Gefälligkeitsverhältnisses vereinbaren lässt. Dies tat die Beigeladene zu 1) - und zwar bedarforientiert - zunächst mit einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 25, später von zehn Stunden. Ihre regelmäßige Anwesenheit und Tätigkeit im klägerischen Betrieb hat dabei die Zeugin M bestätigt, die als geringfügig beschäftigte Apothekerin für den Kläger im Streitzeitraum tätig war. Danach nahm die Beigeladene zu 1) die in der Apotheke anfallenden Aufgaben einer Apothekerin wahr, war u.a. im Handverkauf tätig, kümmerte sich um Bestellungen, um die weiteren Mitarbeiter und die Zusammenarbeit mit den Ärzten, erstellte Dienstpläne, tätigte Überweisungen und koordinierte Botengänge mit Medikamentenbestellungen an Kunden. Sie führte Einstellungsgespräche und beaufsichtigte Handwerker. Sie war nach der Zeugin M Ansprechpartner für das Personal bei Problemen und zwar unabhängig von ihren tatsächlichen Anwesenheitszeiten in der Apotheke. 47Übereinstimmend haben daher der Kläger und die Beigeladene zu 1) auch noch im Feststellungsbogen der Beklagten angegeben, dass ohne die Mitarbeit der Beigeladenen zu 1) eine andere Arbeitskraft durch den Kläger hätte eingestellt werden müssen. Dass der Kläger davon im Berufungsverfahren Abstand genommen hat, weil die Beigeladene zu 1) neben der Tätigkeit als Apothekerin im Wesentlichen zu seiner eigenen Entlastung Leitungsaufgaben übernommen habe, für die sich die Einstellung ggf. eines Stellvertreters nicht gelohnt hätte, führt vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen nicht zu einem anderen Ergebnis und ist im Übrigen als verfahrensangepasster Vortrag zu bewerten. 48Auch der Einwand der Beigeladenen zu 1), dass eine jahrelang ausgeübte Tätigkeit nicht auf Regelhaftigkeit angelegt gewesen sei, ist nicht nur lebensfremd, sondern auch vor dem Hintergrund ihres tatsächlichen Verhaltens und ihres eigenen Vortrags widersprüchlich. So hat sich die Beigeladene zu 1) nach ihren Angaben im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes vor dem Senat am 12.9.2014 stets verpflichtet gesehen, den Kläger in seiner Tätigkeit in der Apotheke zu unterstützen. Zudem konnte der Senat längere Zeiträume der Abwesenheit der Beigeladenen zu 1) im Streitzeitraum, außer in den Monaten Juli bis November 2003, nicht feststellen. 49(2) Als Gegenleistung für die geleistete Arbeit und nicht etwa als unverbindliche Anerkennung derselben erhielt die Beigeladene zu 1) von dem Kläger ein monatliches Entgelt. Auch dieses haben beide im Feststellungsbogen der Beklagten bestätigt, in dem sie angegeben haben, dass das Arbeitsentgelt "frei vereinbart" worden sei. Dass sich der Kläger davon ohne nähere Begründung erneut im Berufungsverfahren distanziert hat, überzeugt nicht. Der Senat kann dies letztlich jedoch offen lassen, denn auch wenn die Höhe des Entgeltes nicht frei zwischen Kläger und Beigeladener zu 1) ausgehandelt worden ist, steht dies der Annahme einer einvernehmlichen synallagmatischen Leistung nicht entgegen. 50(a) Der Kläger vergütete die Leistungen der Beigeladenen zu 1) monatlich und übertariflich, wobei er sich an den Entgelten für festangestellte Mitarbeiter in seiner Apotheke orientierte. Sie nahm an Gratifikationen teil und erhielt einen Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung. 51(b) Das Entgelt stand der Beigeladenen zu 1) zur freien Verfügung. Es floss monatlich auf ihr Konto. Sie entschied über die jeweilige Verwendung. 52(c) Die Kopplung der Zahlungen an die jeweilige Tätigkeit zeigt sich insbesondere darin, dass das monatliche Entgelt reduziert oder gar nicht entrichtet worden ist, wenn nicht gleichzeitig im entsprechenden Umfang durch die Beigeladene zu 1) Tätigkeiten in der Apotheke erfolgt sind. 53(d) Der Senat konnte sich nicht im Ansatz von dem Vortrag der Beigeladenen zu 1) überzeugen, dass es sich bei dem Entgelt um eine Art der "aufgedrängten Bereicherung" gehandelt haben soll, welches sie - ohne Rechtsbindungswillen - habe akzeptieren müssen, da der Kläger darauf bestanden habe. Ob die Beigeladene zu 1) auch unentgeltlich für den Kläger tätig geworden wäre, ist vorliegend unerheblich. Denn diese Konstellation steht nicht zur Beurteilung durch den Senat. Die Beigeladene zu 1) hat stattdessen das Entgelt zur freien Verfügbarkeit vereinnahmt und damit akzeptiert. Sie ließ zu ihren Gunsten - für sie sichtbar in ihren Gehaltsabrechnungen - die Abführung von Beiträgen zum Versorgungswerk, zeitweilig der Einkommenssteuer und der Arbeitslosenversicherung durch den Kläger unbeanstandet. Dass sie auf diese Zahlungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes nicht angewiesen gewesen ist, hat sie im Gegenzug nicht dazu angehalten, die Zahlungen zu separieren und die - wie auch immer geartete - Rückzahlung an den Kläger zu veranlassen. Die von ihr dem Kläger zur Verfügung gestellten Beträge wurden vielmehr als Darlehen gewährt und vereinbarungsgemäß durch ihn mit jährlich zweimal knapp 8.000,00 Euro verzinst. 54bb) Zudem erfolgte auch die tatsächliche Umsetzung im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung. Der Kläger meldete die Beigeladene zu 1) bei der zuständigen Einzugsstelle als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte an. Dies wurde auch nicht etwa nach dem ab November 2006 durchgeführten Anhörungsverfahren und nach Erlass des Betriebsprüfungsbescheides vom 2.2.2007 korrigiert. Auch wenn er sich diesbezüglich der Zeugin T bediente, sind deren Handlungen ihm zuzurechnen. Diese hat zudem im Rahmen ihrer Zeugeneinvernahme bekundet, dass die Beigeladenen zu 1) bereits langjährig und damit schon vor Tätigkeitsbeginn der Zeugin T als angestellte Apothekerin buchhalterisch geführt worden ist. Die der Beigeladenen zu 1) zugewendeten Entgelte wurden im streitgegenständlichen Zeitraum zeitweilig der Einkommenssteuer unterworfen und vom Kläger als Betriebsausgaben berücksichtigt, was gleichfalls starke Indizien für eine abhängige Beschäftigung sind (Senat, Urteil v. 15.1.2014, a.a.O.). 55cc) Auf dieser Grundlage ist die Beigeladene zu 1) unter funktionsgerecht dienender Eingliederung in die klägerische Arbeitsorganisation entsprechend dessen Weisungen hinsichtlich Ort, Zeit und Art der Tätigkeit für ihn tätig geworden. 56(1) Die Beigeladene zu 1) war zunächst in die Arbeitsorganisation des Klägers eingegliedert. 57(a) Alleiniger Unternehmensinhaber bzw. Träger des Unternehmens war der Kläger als eingetragener Kaufmann. Die Beigeladene zu 1) ist nicht Mitinhaberin des Betriebes geworden. Entsprechende Vereinbarungen wurden nicht vorgetragen und im Rahmen des Feststellungsbogens der Beklagten sogar ausdrücklich verneint. Gleichfalls ergeben sich keine Anhaltspunkte für den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags zur Errichtung einer Innengesellschaft in Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechtes gemäß den §§ 705 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Zwar ist auch ein konkludenter Vertragsschluss grundsätzlich möglich (vgl. Bundesgerichtshof [BGH], Urteil v. 30.6.1999, XII ZR 230/96, NJW 1999, 2962), jedoch fehlt es an einem darauf gerichteten schlüssigen Verhalten des Klägers und der Beigeladenen zu 1). Nach eigenem Bekunden wollte die Beigeladene zu 1) keine Mitunternehmerschaft begründen. 58(b) Die Beigeladene zu 1) nahm die oben beschriebenen Tätigkeiten als Apothekerin im Wege des arbeitsteiligen Zusammenwirkens mit dem Kläger als Inhaber und seinen weiteren Mitarbeitern wahr. Insofern war sie in die betrieblichen Abläufe des klägerischen Unternehmens eingebunden und aufgrund der im Beschäftigungsverhältnis bestehenden Bevollmächtigung durch den Kläger ermächtigt, den weiteren Mitarbeitern Anweisungen zu erteilen. An Grenzen stießen sowohl ihr Zuständigkeitsbereich als auch ihre Bevollmächtigung, wenn es um die vertragliche Verpflichtung des Klägers ging. Denn bereits nach dem Vortrag des Klägers war die Beigeladene zu 1) nicht befugt, im Rahmen von Arbeitsverträgen Mitarbeiter zulasten des Klägers zu verpflichten. Zwar war sie in der Lage, Einstellungsgespräche zu führen, die Verträge schloss hingegen der Kläger ab, der auch gegenüber der Buchhaltung die Gehälter mitteilte. Anhaltspunkte dafür, dass sie als selbständige Apothekerin - ohne Mitunternehmerin zu sein - in diesem Zusammenhang nach außen im eigenen Namen und mit eigenen Betriebsmitteln auftrat, ergeben sich bereits aus dem Vortrag des Klägers und der Beigeladenen zu 1) nicht im Ansatz. 59(2) Die Beigeladene zu 1) unterlag dabei einem Weisungsrecht des Klägers hinsichtlich Art, Ort und Zeit der Tätigkeit. 60(a) Der Annahme eines solchen stehen zunächst Berufsausübungsvorschriften nicht entgegen. Zwar verpflichtet die Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke, die vorliegend im Übrigen nicht der Beigeladenen zu 1), sondern dem Kläger erteilt worden ist, nach § 7 Satz 1 Apothekengesetz (ApoG) i.V.m. § 2 der Apothekenbetriebsordnung zur persönlichen Leitung in eigener Verantwortung. Das sagt allerdings entgegen der offensichtlichen Ansicht des Zeugen U nichts darüber aus, dass der Beruf des Apothekers grundsätzlich nur selbständig ausgeübt werden kann. Gleiches gilt für Regelungen in den Berufsordnungen für Apotheker, die durch die Apothekerkammern erlassen werden, und wonach Apotheker in pharmazeutischen Fragen frei und eigenverantwortlich entscheiden (z.B. § 3 der Berufsordnung für Apotheker der Apothekerkammer Westfalen-Lippe [Stand 11/2013]). Denn auch eine (partielle) Entscheidungs- und Gestaltungsbefugnis bei der Ausgestaltung einer Tätigkeit führt regelmäßig nicht zur Selbständigkeit im Sinne einer unternehmerischen Tätigkeit. Eine eigenständige Arbeitsweise ist damit kein Synonym für eine zur Versicherungsfreiheit führende Selbständigkeit (Senat, Urteil v. 6.4.2016, L 8 R 355/14). Vielmehr ist es gerade auch für eine abhängige Beschäftigung typisch, dass der Grad der Eigenständigkeit der Ausführung mit der Qualifikation des Mitarbeiters und seiner Verantwortung wächst (Senat, Urteil v. 14.10.2015, L 8 R 480/12; Senat, Urteil v. 11.5.2016, L 8 R 975/12, jeweils juris), 61(b) Der Ort der Tätigkeit ergab sich aus der Natur der Sache. Im Gegenzug verfügte die Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitpunkt aber auch nicht über eine eigene Betriebsstätte. 62(c) Zwar verfügte die Beigeladene zu 1) in zeitlicher Hinsicht über diverse Freiheiten. Der Kläger nahm im Rahmen des familiären Miteinanders auf ihre Belange und Prioritäten Rücksicht. Allerdings ist im Gegenzug zu beachten, dass sie lediglich in Teilzeit tätig gewesen ist, nämlich zunächst ca. 25 und ab 2003 nur ca. zehn Wochenstunden im Durchschnitt. Es ist indessen nicht ungewöhnlich, dass auch der Arbeitgeber bei der Ausübung seines Weisungsrechtes auf Wünsche des Arbeitnehmers eingeht. Insbesondere bei Teilzeitkräften kann der Arbeitgeber nicht damit rechnen, dass sie im selben Ausmaß wie eine Vollzeitkraft zur Verfügung stehen (Senat, Urteil v. 20.4.2016, L 8 R 1136/13, juris m.w.N.). An dem Umstand, dass die Beigeladene zu 1) ihre Anwesenheitszeiten betriebsdienlich an einer von fremder Hand vorgegebenen Ordnung orientiert und bedarfsabhängig tätig geworden ist, ändert dies indessen nichts. 63(d) Die Art und Weise der Tätigkeit ergab sich zunächst aus der oben beschriebenen Aufgabenzuweisung und der eigenen Kompetenz der Beigeladenen zu 1) aufgrund ihrer Qualifikation als Apothekerin. Zwar nahm die Beigeladene zu 1) Leitungsaufgaben wahr. Aber auch weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbständigen (vgl. BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R; Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, jeweils juris). 64Unerheblich ist dabei, ob der Kläger in seiner Rolle als Betriebsinhaber in der täglichen Arbeitsroutine von seinem Weisungsrecht tatsächlich keinen Gebrauch gemacht hat oder ob die Beigeladene zu 1) ihren Bereich allein verantwortlich und regelmäßig ohne Weisungen ausgeführt hat bzw. die Ausübung des Weisungsrechts aufgrund familiärer Rücksichtnahme abgeschwächt war. Maßgeblich ist, dass der Kläger als Betriebsinhaber insoweit die alleinige abstrakte Rechtsmacht hatte. Diese entfiel auch nicht dadurch, dass "in guten Zeiten" Arbeitgeberrechte gegenüber der Beigeladenen zu 1) als Schwester faktisch nicht ausgeübt wurden. Im Konfliktfall konnte auf diese Befugnisse jederzeit wieder zurückgegriffen werden, insofern geschäftlich übertragene Vollmachten widerrufen, Weisungs- und Kündigungsrechte ausgeübt werden. Es ist daher konsequent und im Hinblick auf größtmögliche Rechtssicherheit geboten, eine von Anfang an bestehende Rechtsmacht auch dann als ein für abhängige Beschäftigung sprechendes Kriterium zu berücksichtigen, wenn von ihr konkret (noch) kein Gebrauch gemacht wurde (Senat, Urteil v. 15.1.2014, a.a.O.). Andernfalls hinge die versicherungsrechtliche Beurteilung im Wesentlich davon ab, ob die Tätigkeit aus Sicht des Rechtmachtsinhabers beanstandungsfrei ausgeübt wurde. Zurückhaltende Weisungen sind zudem unter Familienangehörigen typisch und stehen als dementsprechende Begleiterscheinungen der Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht entgegen. Ansonsten würde die Entscheidung des Gesetzgebers Arbeitsverhältnisse im familiären Bereich zuzulassen, faktisch unterlaufen. Derartige Umstände sind bei engen Verwandten nämlich so gut wie stets anzutreffen (Senat, Urteil v. 15.1.2014, a.a.O.). 65dd) Die Beigeladene zu 1) war zudem verpflichtet, die Tätigkeit höchstpersönlich auszuüben. Nach der Rechtsprechung des BSG haben Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen (vgl. BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 8/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 19), so dass daraus grundsätzlich ein Indiz für ein Arbeitsverhältnis folgt (BSG Urteil v. 17.12.2014, B 12 R 13/13 R, SozR 4-2400 § 28p Nr. 4; BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 KR 17/13 R, USK 2015-21). 66ee) Wesentliche Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen und im Rahmen der Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, sind nicht ersichtlich. 67(1) Zunächst verfügte die Beigeladene zu 1) nicht über eine eigene Betriebsstätte in Bezug auf ihre Tätigkeit in der klägerischen Apotheke. 68(2) In Bezug auf die ausgeübte Tätigkeit unterlag die Beigeladene zu 1) auch keinem maßgeblichen unternehmerischen Risiko. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45) ist maßgebliches Kriterium hierfür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 7 Rdnr. 94). Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O., BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.; Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 376/12, juris). 69(a) Die Beigeladene zu 1) erhielt eine monatliche, erfolgsunabhängige Vergütung, sodass sie ihre Arbeitskraft nicht mit der Gefahr des Verlustes einsetzte. Nach unbestrittener Auskunft des Klägers wurde sie übertariflich und in Anlehnung an die Gehälter seiner weiteren Mitarbeiter vergütet. 70(b) Die beiden nicht besicherten Darlehn stellen zwar ein erhebliches Haftungsrisiko dar. Indessen gewähren Darlehen typischerweise keine unternehmerische Position im eigentlichen Sinne, denn durch sie erhöhen sich nicht die rechtlichen Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft (BSG, Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R, juris; Senat, Urteil v. 20.4.2016, L 8 R 761/15). So war es auch im Fall der Beigeladenen zu 1), der trotz Gewährung der Darlehn gerade keine gesteigerte Einflussnahme in Bezug auf ihre Tätigkeit bei dem Kläger eingeräumt wurde. Zudem wurden die Darlehen verzinst und auf diesem Wege ihre Valutierung vergütet. 71(c) Soweit die Beigeladene zu 1) keinen Anspruch auf Urlaubsgeld und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hatte, gilt nichts anderes, denn die Überbürdung sozialer Risiken ist allenfalls Rechtsfolge einer rechtsirrigen Einschätzung und eröffnet zudem keine unternehmerischen Chancen. 72(d) Die Verfügbarkeit über die eigene Arbeitskraft in einem gewissen Umfang ist zwar anzunehmen. Allerdings sind flexible Absprachen auch bei Teilzeitarbeitsverhältnissen nicht ungewöhnlich. Das gilt umso mehr als die Beigeladene zu 1) ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch in einem Umfang von lediglich zehn Wochenstunden tätig wurde. 73d) Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich. Insgesamt zeigt die Bewertung und Gewichtung der relevanten Abgrenzungsmerkmale unter Berücksichtigung der durch den Senat festgestellten, tatsächlich praktizierten Rechtsbeziehung, dass diese im gesamten Streitzeitraum im Wesentlichen der einer abhängigen Beschäftigung entsprach, wogegen Aspekte, die für eine selbständige Tätigkeit stehen, nicht in einem im Rahmen der Gesamtabwägung überwiegenden Umfang vorhanden waren. 74e) Die Höhe der Nachforderung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. In der Kranken-, Pflege-, und Arbeitslosenversicherung ist grundsätzlich bei der Beitragsbemessung bei versicherungspflichtig Beschäftigten das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 226 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 SGB V, § 57 Abs. 1 SGB XI, § 342 SGB III). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. 75(1) Bedenken gegen die Höhe der Nachforderung und deren Berechnung wurden nicht erhoben. 76(2) Im Jahr 2002 wurden 2.355,12 Euro für die Beigeladene zu 4) nacherhoben. Dabei hat die Beklagte berücksichtigt, dass der Kläger das Entgelt der Beigeladenen zu 1) nach dem Recht der Arbeitsförderung bereits anteilig verbeitragt hatte. Aus diesem Grund hat sie ihrer Berechnung nicht das tatsächliche Jahresentgelt der Beigeladenen zu 1) von 49.048,83 Euro sondern lediglich i.H.v. 36.232,54 Euro zugrunde gelegt, was zu einer Beitragsnachforderung von nur 2.355,11 Euro führte (Beiträge zur AV i.H.v. 6,5% aus 49.048,83 Euro: 3.188,17 Euro, abzgl. der bereits erfolgten Zahlung i.H.v. 833,06 Euro). 77(3) Die Beklagte hat auch zu Recht angenommen, dass die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1.1.2003 bis zum 30.6.2006 nicht aufgrund eines Überschreitens der JAE-Grenze in der gesetzlichen Krankenversicherung und akzessorisch in der sozialen Pflegeversicherung versicherungsfrei gewesen ist. 78Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V i.d.F. vom 23.12.2002 waren Arbeiter und Angestellte versicherungsfrei, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die JAE-Grenze nach den § 6 Abs. 6 oder 7 SGB V überstieg. Das Entgelt der Beigeladenen zu 1) i.H.v. 49.048,83 Euro überschritt zwar im Jahr 2002 die JAE-Grenze, die bei 40.500,00 Euro lag (§ 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6, 7 SGB V i.d.F. vom 16.2.2001 75% der Beitragsbemessungsgrenze). Wird die JAE-Grenze überschritten, endet die Versicherungspflicht erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Das gilt jedoch dann nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende JAE-Grenze nicht übersteigt, § 6 Abs. 4 Satz 1, 2 SGB V (i.d.F. vom 16.2.2001 und 23.12.2002). Letzteres war hier der Fall. Da das Entgelt zum 1.1.2003 deutlich von 3.816,29 Euro auf nunmehr monatlich 1.652,07 Euro absank und somit nur noch ein Jahresentgelt i.H.v. maximal 19.824,84 Euro zzgl. Sonderzahlung zu erwarten gewesen ist (tatsächlich wurden lediglich 13.877,36 Euro erzielt) war ein erneutes Überschreiten der JAE-Grenze, die 2003 bei 45.900,00 Euro bzw. 41.400,00 Euro lag, bereits zum Jahreswechsel prognostisch nicht zu erwarten. 79f) Die Forderung ist zudem nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV verjähren Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. 80(1) Die Forderungen für die Jahre 2003 bis 2006 waren bei Bekanntgabe des Bescheides vom 2.2.2007 nicht verjährt. Durch diesen Bescheid ist die 30jährige Verjährungsfrist des § 52 Abs. 2 SGB X in Lauf gesetzt worden. 81(2) Auch die Nachforderung für das Jahr 2002 war bei Erlass des Bescheides vom 2.2.2007 nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist die Verjährung nämlich für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt. Dies gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat (Satz 3). Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung (Satz 4). 82Nach § 25 Abs. 2 Satz 4 SGB IV endet die Hemmung grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV, § 37 Abs. 2 SGB X), spätestens aber sechs Kalendermonate nach Abschluss der Prüfung. Den Abschluss der Prüfung markiert zwar grundsätzlich das so genannte Schlussgespräch, das die Funktion einer Anhörung i.S.d. § 24 SGB X hat. Erfolgt eine Anhörung allerdings - wie vorliegend auch - auf schriftlichem Wege, endet die Hemmung mit der Beendigung des Anhörungsverfahrens (vgl. Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 25 SGB IV, Rdnr. 57). Die Prüfung begann am 5.9.2006. Dem Bescheid zufolge wurde trotz Schlussbesprechung am 5.9.2006 unter dem 21.11.2006 ein Anhörungsschreiben mit einer Stellungnahmefrist bis zum 1.12.2006 versandt. 83Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird entsprechend § 209 BGB in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Die Hemmung beginnt mit dem Tag, an dem sich der Hemmungstatbestand verwirklicht hat, und endet mit dem Tag, an dem er weggefallen ist bzw. mit dem Tag, der ausdrücklich im Gesetz bezeichnet wird. Dabei werden der Tag, an dem der Hemmungsgrund entsteht, der Tag, an dem er entfällt, und die Tage dazwischen nicht in die Verjährung eingerechnet, die um 0 Uhr des folgenden Tages weiterläuft (OLG Köln v. 10.06.2008, 9 U 144/07, juris, Rdnr. 47). Die Hemmung endete mithin mit Ablauf des 1.12.2006. Die Verjährungsfrist lief dann noch 57 Tage über den 31.12.2006 hinaus und damit bis zum 26.2.2007. Der Bescheid wurde am 2.2.2007 erlassen. 84III. Die Kostenentscheidung beruht auch für das Berufungsverfahren auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. den §§ 154 Abs. 1, 3, 163 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. 85IV. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. 86V. Der Streitwert bestimmt sich gemäß § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 1, 3 Gerichtskostengesetz.
auf die berufung der beklagten wird das urteil des sozialgerichts duisburg vom 19.12.2013 geändert und die klage abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens in beiden rechtszügen mit ausnahme der kosten der beigeladenen, die ihre kosten selbst tragen. die revision wird nicht zugelassen. der streitwert wird in beiden rechtszügen auf 10.045,40 euro festgesetzt. 1
2die beteiligten streiten im rahmen eines überprüfungsverfahrens nach § 44 sozialgesetzbuch zehntes buch (sgb x) über die rechtmäßigkeit eines betriebsprüfungsbescheides der beklagten, mit welchem diese von dem kläger beiträge zur sozialversicherung in höhe von 10.045,40 euro für die tätigkeit der beigeladenen zu 1) im prüfzeitraum vom 1.1.2002 bis zum 30.6.2006 nachfordert. 3der kläger betreibt seit 1977 die f-apotheke in p als eingetragener kaufmann ([e.k.], amtsgericht e hra 000). bei der beigeladenen zu 1) handelt es sich um seine schwester, die ebenfalls approbierte apothekerin ist. 4sie wurde seit ende der siebziger jahre mit insbesondere familiär bedingten unterbrechungen bis zum august 2007 in der apotheke des klägers tätig. im streitzeitraum arbeitete sie durchgängig, mit ausnahme der monate juli bis november 2003, in dieser. ein schriftlicher vertrag wurde zwischen ihr und dem kläger nicht geschlossen. sie wurde in der zeit vor januar 2003 durchschnittlich an ca. 25 wochenstunden in der apotheke tätig, danach sank die durchschnittliche wöchentlich stundenzahl auf etwa zehn stunden. für ihre tätigkeit erhielt die jedenfalls ab dezember 2002 durchgängig bei der beigeladenen zu 2) als zuständiger einzugsstelle gemeldete beigeladene zu 1) monatliche entgelte in folgender höhe: 5im original: tabelle 6während der kläger für sie im jahr 2002 nur anteilige beiträge zur arbeitslosenversicherung in höhe von insgesamt 416,53 euro an die beigeladene zu 2) abführte, geschah dies ab dem jahr 2003 durchgehend bis zu der beendigung ihrer tätigkeit unter berücksichtigung der monatlichen entgelte. beiträge zur gesetzlichen kranken- und sozialen pflegeversicherung wurden seinerseits für die beigeladene zu 1) nicht entrichtet, nachdem ihr entgelt im jahr 2002 die jahresarbeitsentgeltgrenze (jae-grenze) überschritten hatte. die beigeladene zu 1) war im streitzeitraum mitglied des versorgungswerks der apothekerkammer nordrhein. die beiträge wurden durch den kläger abgeführt. ihre entgelte wurden von januar 2002 bis einschließlich april 2004 durchgängig der einkommenssteuer unterworfen. in den jahren 2005 und 2006 führte der kläger für die beigeladene zu 1) lediglich hinsichtlich der im november erfolgenden sonderzahlung einkommenssteuer ab. die gehaltskontenführung oblag dabei der zeugin t, die als buchhalterin in der m-apotheke in p tätig und von dem kläger beauftragt worden ist. die m-apotheke wird seit 2008 im rahmen einer offenen handelsgesellschaft (ohg) geführt, deren gesellschafter u.a. der vater und der bruder des klägers sowie die beigeladene zu 1) sind. 7die beigeladene zu 1) gewährte dem kläger zwei darlehen in den jahren 2001 und 2006, welche sich insgesamt nach übereinstimmender erklärung des klägers und der beigeladenen zu 1) im streitzeitraum auf ca. 300.000,00 euro beliefen. eines der darlehen wurde aufgrund des schriftlichen darlehensvertrags vom 1.10.2001, auf den bezug genommen wird, gewährt. sie erhielt zinszahlungen durch den kläger i.h.v. zweimal jährlich 7.912,46 euro. 8die beklagte führte am 5.9.2006 bei dem kläger eine betriebsprüfung für den prüfzeitraum vom 1.1.2002 bis 30.6.2006 durch. dem trat der kläger, vertreten durch das steuerberaterbüro u, j & sozien, im rahmen eines unstreitig durchgeführten anhörungsverfahrens zunächst entgegen, da die beigeladene zu 1) nicht sozialversicherungspflichtig sei. der verwaltungsvorgang bzw. die eingereichten unterlagen des anhörungsverfahrens konnten durch die beteiligten nicht mehr vorgelegt werden. mit bescheid vom 2.2.2007 forderte die beklagte sodann sozialversicherungsbeiträge in höhe von 10.045,40 euro für die beigeladene zu 1) in der gesetzlichen kranken- und sozialen pflegeversicherung aufgrund eines unterschreitens der jae-grenze sowie nach dem recht der arbeitsförderung aufgrund des mangelnden nachweises der beitragszahlung an die beigeladene zu 4) im jahr 2002 nach. auf die begründung wird im übrigen bezug genommen. der bescheid wurde bestandskräftig und die forderung durch den kläger beglichen. die beigeladene zu 1) blieb bis zu ihrem ausscheiden im august 2007 durch den kläger bei der beigeladenen zu 2) als sozialversicherungspflichtige beschäftigte gemeldet. 9am 9.11./8.12.2010 führte die beklagte bei dem kläger eine weitere betriebsprüfung nunmehr für den prüfzeitraum vom 1.7.2006 bis zum 31.12.2009 durch. mit bescheid vom 10.12.2010 forderte sie erneut 3.579,54 euro inklusive säumniszuschlägen in höhe von 1.057,00 euro nach, denn es bestehe versicherungspflicht für die beigeladene zu 1) auch in der gesetzlichen kranken- und sozialen pflegeversicherung, da die jae-grenze unterschritten werde. 10der kläger legte dagegen am 12.1.2011 widerspruch ein und beantragte gleichzeitig die überprüfung nach § 44 sgb x hinsichtlich des betriebsprüfungsbescheides vom 2.2.2007. die beigeladene zu 1) sei bei ihm nicht abhängig beschäftigt sondern selbständig und gleichberechtigt mit ihm tätig gewesen. es gebe keinen arbeitsvertrag. eine weisungsgebundenheit bestehe nicht. sie müsse sich allerdings an den gegebenheiten bezüglich ihres einsatzes orientieren. sie habe zudem eigenkapital in die apotheke investiert. im jahr 2006 habe der steuerberater die gesamte abwicklung getätigt. 2007 habe es einen wechsel des steuerberaters gegeben. 11im rahmen eines feststellungsbogens zur versicherungsrechtlichen beurteilung eines beschäftigungsverhältnisses unter angehörigen teilten kläger und beigeladene zu 1) mit, dass ohne die mitarbeit der beigeladenen zu 1) eine fremde arbeitskraft hätte angestellt werden müssen. das monatliche arbeitsentgelt entspreche nicht dem ortsüblichen bzw. tariflichen entgelt. es sei vielmehr frei vereinbart. sonstige bezüge würden nicht gewährt. von dem auf das girokonto der beigeladenen zu 1) zur freien verfügung überwiesenen entgelt sei lohnsteuer entrichtet und es sei als betriebsausgabe gebucht worden. eine personengesellschaft liege nicht vor. die beigeladene zu 1) sei nicht am betrieb beteiligt. sie habe allerdings darlehen im wert von 263.748,96 euro gewährt. 12mit bescheid vom 17.10.2011 lehnte die beklagte die rücknahme des bescheides vom 2.2.2007 nach § 44 sgb x ab. auf die begründung wird bezug genommen. dagegen legte der kläger am 7.11.2011 widerspruch ein. die beigeladene zu 1) sei nur sporadisch nach absprache bis august 2007 tätig geworden. er zahle laufende zinsen auf die gewährten darlehen. neben ihm, dem kläger, sei die beigeladene zu 1) die einzige apothekerin in der f-apotheke gewesen. im übrigen habe es nur apothekenhelferinnen gegeben. die beklagte wies mit widerspruchsbescheid vom 11.5.2012 den widerspruch als unbegründet zurück. auf die begründung wird bezug genommen. 13dagegen hat der kläger am 8.6.2012 vor dem sozialgericht (sg) duisburg klage erhoben. er hat seinen vortrag aus dem verwaltungs- und widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. ergänzend hat er vorgetragen, dass der beigeladenen zu 1) jeweils monatlich ein entgelt in gleicher höhe gezahlt werde. dies geschehe unabhängig davon, ob tatsächlich eine tätigkeit ausgeübt werde und unabhängig von deren umfang. die beigeladene zu 1) finanziere ihren unterhalt aus eigenen quellen. bis august 2007 habe sie durchschnittlich 10 stunden wöchentlich gearbeitet. innerhalb der apotheke sei sie mit ihm gleichgestellt und nicht weisungsgebunden gewesen. sie sei stets in der apotheke anwesend gewesen, wenn er nicht da gewesen sei oder bei entsprechendem arbeitsanfall gemeinsam mit ihm. sie sei bei seiner abwesenheit gegenüber dem personal weisungsbefugt gewesen. sie habe eigenkapital investiert und sei für den umbau der apotheke im jahr 2003 verantwortlich gewesen. es sei für ihn nicht nachvollziehbar, weshalb sie steuerlich als angestellte geführt worden sei. 14der kläger hat beantragt, 15die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 17.10.2011 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 11.5.2012 zu verurteilen, den bescheid vom 2.2.2007 mit wirkung für die vergangenheit zurückzunehmen. 16die beklagte hat beantragt, 17die klage abzuweisen. 18sie hat auf ihre bescheide verwiesen. der klägerische vortrag widerspreche sich mit der tatsächlichen behandlung der tätigkeit. diese sei schließlich jahrelang als sozialversicherungsrechtliches beschäftigungsverhältnis gelebt worden. 19die durch das sg mit beschluss vom 15.11.2012 am verfahren beteiligte beigeladene zu 1), hat im rahmen der mündlichen verhandlung keinen antrag gestellt. 20das sg hat am 24.1.2013 einen termin zur erörterung des sachverhaltes mit den beteiligten durchgeführt und ihm rahmen dessen den kläger und die beigeladene zu 1) angehört. auf die sitzungsniederschrift wird bezug genommen. im nachgang hat es die lohnkonten der zeit von 2003 bis 2006, einen unverschlüsselten versicherungsverlauf der beigeladenen zu 1) sowie die befreiungsakte nach § 6 abs. 1 sozialgesetzbuch sechstes buch (sgb vi) beigezogen. mit urteil vom 19.12.2013 hat es der klage stattgegeben und die beklagte zur aufhebung des betriebsprüfungsbescheides vom 2.2.2007 verpflichtet. auf die entscheidungsgründe wird bezug genommen. 21gegen das ihr am 26.2.2014 zugestellte urteil hat die beklagte am 26.3.2014 berufung eingelegt. ein hohes maß an arbeitszeitflexibilität und selbständiger arbeitserledigung sei kein zeichen von selbständigkeit. es bestehe für die beigeladene zu 1) zudem kein unternehmerisches risiko. sie erhalte ein regelmäßiges entgelt und habe sich nicht als (mit-)unternehmerin betätigen wollen. das gewährte darlehen sei nicht als einlage gewollt gewesen und habe keiner zweckbindung unterlegen. dem kläger als inhaber der apotheke habe die möglichkeit oblegen, die art und weise der tätigkeit zu regulieren. die beigeladene zu 1) sei eingegliedert in den klägerischen betrieb tätig geworden und bereits nach dem berufsrecht nicht zur leitung der apotheke befugt gewesen. 22die beklagte beantragt, 23das urteil des sozialgerichts duisburg vom 19.12.2013 zu ändern und die klage abzuweisen. 24der kläger beantragt, 25die berufung zurückzuweisen. 26er hält das erstinstanzliche urteil für zutreffend und wiederholt und vertieft seinen bisherigen vortrag. ergänzend verweist er darauf, dass eine weisungsfreiheit der beigeladenen zu 1) hinsichtlich zeit und art der tätigkeit bestanden habe. die beigeladene zu 1) habe das darlehen im übrigen für den fortbestand und erfolg der apotheke gewährt. 27die beigeladene zu 1) stellt keinen antrag. die weiteren am verfahren beteiligten beigeladenen zu 2) bis 4) (beschluss v. 2.10.2014) haben an der mündlichen verhandlung nicht teilgenommen. 28der senat hat zwei termine zur erörterung des sachverhalts und der beweisaufnahme durchgeführt. er hat jeweils den kläger und die beigeladene zu 1) angehört und am 12.9.2014 beweis erhoben durch die uneidliche vernehmung der zeugen b t und e g sowie am 29.4.2016 durch die uneidliche vernehmung der zeugen q u und v m. auf die jeweiligen sitzungsniederschriften wird bezug genommen. zudem hat der senat die personalakte der beigeladenen zu 1) und den betriebsprüfungsbescheid vom 21.11.2014 beigezogen. weder kläger noch beklagte konnten unterlagen zum anhörungsverfahren gegen den betriebsprüfungsbescheid vom 2.2.2007 vorlegen. 29wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten, der verwaltungsakte der beklagten sowie auf die beigezogenen weiteren akten, die jeweils gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind, bezug genommen. 30
31der senat hat in abwesenheit der beigeladenen zu 2) bis 4) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit ordnungsgemäßen terminsnachrichten auf diese möglichkeit hingewiesen hat. 32die berufung der beklagten hat erfolg. sie ist zunächst zulässig und insbesondere gemäß den §§ 143, 144 sozialgerichtsgesetz (sgg) und form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 151 abs. 1, abs. 3, 64 abs. 1, 3, 63 sgg). die vollständig abgefasste entscheidung ist der beklagten am 26.2.2014 zugestellt worden. ihre berufungsschrift ist bei dem landessozialgericht (lsg) nordrhein-westfalen am 26.3.2014 eingegangen. 33die berufung der beklagten ist zudem begründet. denn das sg hat die gegen den bescheid vom 17.10.2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 11.5.2012, mit welchem die rücknahme des betriebsprüfungsbescheides vom 2.2.2007 abgelehnt worden ist, zulässig erhobene anfechtungs- und verpflichtungsklage (§ 54 abs. 1, 4 i.v.m. § 56 sgg) zu unrecht als begründet erachtet. die streitigen bescheide erweisen sich vielmehr als rechtmäßig und beschweren den kläger damit nicht im sinne von § 54 abs. 1 satz 2 sgg in seinen rechten, denn der kläger hat keinen anspruch auf rücknahme des betriebsprüfungsbescheides der beklagten vom 2.2.2007 nach § 44 sgb x. 34i. zwar sind die formellen anspruchsvoraussetzungen des § 44 sgb x erfüllt. der kläger hat zunächst einen antrag gestellt. ein erneutes anhörungsverfahren ist durch die beklagte zwar nicht mehr durchgeführt worden, jedoch ist dieser mangel nach § 41 abs. 1 nr. 3, abs. 2 sgb x durch die durchführung des widerspruchsverfahrens geheilt worden. 35ii. jedoch liegen die materiellen anspruchsvoraussetzungen nicht vor. § 44 abs. 1 satz 1 sgb x bestimmt, dass ein verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit wirkung für die vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im einzelfall ergibt, dass bei erlass dieses verwaltungsaktes das recht unrichtig angewandt oder von einem sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist. 36ob ein früherer bescheid rechtswidrig ist, entscheidet sich anhand seines verfügungssatzes. im verfahren nach § 44 sgb x werden nicht nur einzelne begründungselemente überprüft sondern der gesamte verwaltungsakt. der wortlaut von § 44 abs. 1 satz 1 sgb x umfasst sowohl fehler des verfahrens- als auch des materiellen rechts (steinwedel in: kassler kommentar zum sozialversicherungsrecht, sgb x, 90. ergänzungslieferung 2016, § 44 rdnr. 39). grundsätzlich sind jedoch fehler im verwaltungsverfahrensrecht bei § 44 sgb x unbeachtlich. dies entspricht dem sinn und zweck des § 44 sgb x. insbesondere darf ein betroffener nicht über diese (wieder-) einräumung eine ihm materiell-rechtlich nicht zustehende position erlangen (steinwedel in: kassler kommentar zum sozialversicherungsrecht, a.a.o., § 44 rdnr. 39ff; bsg, urteil v. 22.3.1989, 7 rar 122/87, juris). die beklagte hat indes in dem bescheid vom 2.2.2007 weder das recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem unrichtigen sachverhalt ausgegangen. 371. ermächtigungsgrundlage für die feststellung der versicherungspflicht ist § 28p abs. 1 satz 5 sozialgesetzbuch viertes buch (sgb iv). danach erlassen die träger der rentenversicherung im rahmen der prüfung verwaltungsakte zur versicherungspflicht und beitragshöhe der arbeitnehmer in der sozialversicherung gegenüber den arbeitsgebern. 382. der bescheid vom 2.2.2007 ist formell rechtmäßig ergangen. insbesondere ist der bescheidbegründung - durch den kläger unwidersprochen - zu entnehmen, dass die beklagte ein anhörungsverfahren durchgeführt und der kläger von seinem anhörungsrecht im rahmen einer stellungnahme gebrauch gemacht hat. 393. der bescheid ist auch materiell rechtmäßig. nach § 28e abs. 1 sgb iv hat der arbeitgeber den gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen beschäftigten zu zahlenden beiträge zur kranken-, renten-, arbeitslosen- und pflegeversicherung (§ 28d sätze 1 und 2 sgb iv), zu entrichten. der - hier streitigen - versicherungspflicht in der kranken-, pflege- und arbeitslosenversicherung unterlagen personen, die gegen arbeitsentgelt beschäftigt waren (§ 5 abs. 1 nr. 1 sozialgesetzbuch fünftes buch [sgb v], § 20 abs. 1 satz 2 nr. 1 sozialgesetzbuch elftes buch [sgb xi], § 25 abs. 1 satz 1 sozialgesetzbuch drittes buch [sgb iii]). 40a) beurteilungsmaßstab für das vorliegen einer solchen beschäftigung ist § 7 abs. 1 sgb iv. beschäftigung im sinne von § 7 abs. 1 sgb iv ist die nichtselbständige arbeit, insbesondere in einem arbeitsverhältnis. anhaltspunkte für eine beschäftigung sind eine tätigkeit nach weisungen und eine eingliederung in die arbeitsorganisation des weisungsgebers. voraussetzung ist, dass der arbeitnehmer vom arbeitgeber persönlich abhängig ist. bei einer beschäftigung in einem fremden betrieb ist dies der fall, wenn der beschäftigte in den betrieb eingegliedert ist und er dabei einem zeit, dauer, ort und art der ausführung umfassenden weisungsrecht des arbeitgebers unterliegt. diese weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei diensten höherer art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden teilhabe am arbeitsprozess" verfeinert sein. demgegenüber ist eine selbständige tätigkeit vornehmlich durch das eigene unternehmerrisiko, das vorhandensein einer eigenen betriebsstätte, die verfügungsmöglichkeit über die eigene arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete tätigkeit und arbeitszeit gekennzeichnet. ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten umständen nach dem gesamtbild der arbeitsleistung und hängt davon ab, welche merkmale überwiegen (bsg, urteil v. 30.12.2013, b 12 kr 17/11 r, juris; urteil v. 30.4.2013, b 12 kr 19/11 r, sozr 4-2400 § 7 nr. 21; urteil v. 29.8.2012, b 12 kr 25/10 r, sozr 4-2400 § 7 nr. 17; urteil v. 25.4.2012, b 12 kr 24/10 r, sozr 4-2400 § 7 nr. 15; bsg, urteil v. 11.3.2009, b 12 kr 21/07 r, usk 2009-25; bsg, urteil v. 18.12.2001, b 12 kr 10/01 r, sozr 3-2400 § 7 nr. 20; jeweils m.w.n.; zur verfassungsmäßigkeit dieser abgrenzung: bverfg, beschluss v. 20.5.1996, 1 bvr 21/96, sozr 3-2400 § 7 nr. 11). 41die zuordnung einer tätigkeit nach deren gesamtbild zum rechtlichen typus der beschäftigung bzw. der selbständigen tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach lage des einzelfalls als indizien in betracht kommenden umstände festgestellt, in ihrer tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die gesamtschau mit diesem gewicht eingestellt und nachvollziehbar, das heißt den gesetzen der logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (bsg, urteil v. 29.7.2015, b 12 kr 23/13 r; bsg, urteil v. 19.8.2015, b 12 kr 9/14 r, jeweils juris). 42bei der feststellung des gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen verhältnissen nicht voraussetzungslos ein vorrang gegenüber den vertraglichen abreden zu (vgl. bsg, urteil v. 29.8.2012, a.a.o., juris; ebenso urteil v. 25.1.2006, b 12 kr 30/04 r, usk 2006-8; urteil v. 28.5.2008, b 12 kr 13/07 r, die beiträge, beilage 2008, 333, 341 f.): nach den vom bsg entwickelten grundsätzen sind die das gesamtbild bestimmenden tatsächlichen verhältnisse die rechtlich relevanten umstände, die im einzelfall eine wertende zuordnung zum typus der abhängigen beschäftigung erlauben. ob eine "beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem vertragsverhältnis der beteiligten, so wie es im rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. ausgangspunkt ist daher zunächst das vertragsverhältnis der beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten beziehung erschließen lässt. eine im widerspruch zu ursprünglich getroffenen vereinbarungen stehende tatsächliche beziehung und die hieraus gezogene schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte natur der rechtsbeziehung gehen der nur formellen vereinbarung vor, soweit eine - formlose - abbedingung rechtlich möglich ist. umgekehrt gilt, dass die nichtausübung eines rechts unbeachtlich ist, solange diese rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. zu den tatsächlichen verhältnissen in diesem sinne gehört daher unabhängig von ihrer ausübung auch die einem beteiligten zustehende rechtsmacht. in diesem sinne gilt, dass die tatsächlichen verhältnisse den ausschlag geben, wenn sie von vereinbarungen abweichen. maßgeblich ist die rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (bsg, urteil v. 28.9.2011, a.a.o., juris; senat, urteil v. 29.6.2011, l 8 (16) r 55/08; senat, urteil v. 24.9.2014, l 8 r 1104/13; senat, urteil v. 30.4.2014, l 8 r 376/12, jeweils juris). 43b) nach diesen grundsätzen richtet sich auch, ob ein beschäftigungsverhältnis zwischen angehörigen besteht (bsg, urteil v. 5.4.1956, 3 rk 65/55, sozr nr. 18 § 164 sgg; bsg, urteil v. 17.12.2002, b 7 al 34/02 r, usk 2002-42; bsg, urteil vom 10.5.2007, b 7a al 8/06 r, usk 2007-53), wobei es jeweils auf die umstände des einzelfalls ankommt (senat, urteil v. 29.2.2012, l 8 r 166/10, juris). größere freiheiten des als arbeitnehmer tätigen familienangehörigen im vergleich zu anderen arbeitnehmern sind dabei unschädlich (bsg, urteil v. 31.7.1963, 3 rk 46/59, sozr nr. 39 zu § 165 rvo; vgl. zu ehegatten bsg, urteil v. 10.5.2007, a.a.o.). entscheidend für die beurteilung der eingliederung und der weisungsgebundenheit ist insbesondere, ob die arbeitskraft im dienst des unternehmers eingesetzt und dabei aufgaben erfüllt werden, die sich aus der organisation oder der direkten anweisung des arbeitgebers ergeben (segebrecht in: jurispk-sgb iv, 3. aufl., § 7 rdnr. 146; senat, urteil v. 29.2.2012, a.a.o.; jeweils m.w.n.; senat, urteil v. 15.1.2014, l 8 r 42/09, juris). 44c) unter berücksichtigung dieser grundsätze und unter abwägung aller umstände des einzelfalls sowohl in vertraglicher als auch in tatsächlicher hinsicht sprechen nach der überzeugung des senates die überwiegenden gesichtspunkte dafür, dass die beigeladene zu 1) im streitgegenständlichen zeitraum im rahmen eines abhängigen beschäftigungsverhältnisses für den kläger tätig geworden ist. 45aa) auszugehen ist für die beurteilung der tätigkeit der beigeladenen zu 1) für den kläger mangels schriftlicher verträge von den mündlich getroffenen vereinbarungen und dem zwischen ihnen praktizierten ablauf (vgl. bsg urteil vom 9.1.2011, b 12 r 1/10 r, sozr 4-2600 § 2 nr. 16; senat, urteil v. 17.8.2016, l 8 r 968/12, juris). unter berücksichtigung dessen ist die beigeladene zu 1) zur überzeugung des senats im streitzeitraum gegen entgelt im rahmen eines dauerschuldverhältnisses für den kläger tätig geworden. dauer, regelmäßigkeit, umfang und betriebsnotwendigkeit der tätigkeit der beigeladenen zu 1) für den kläger sowie die gleichmäßigkeit der hierfür vom kläger an die beigeladene zu 1) gezahlten entlohnung erlauben allein die auslegung, dass die beigeladene zu 1) nicht aufgrund - wie die beteiligten nunmehr glauben machen wollen - freiwilliger mitarbeit, sondern aufgrund einer mit rechtsbindungswillen eingegangenen vertraglichen verpflichtung im unternehmen des klägers tätig geworden ist. 46(1) für dieses verständnis spricht zunächst, dass die beigeladene zu 1) in einem ausmaß tatsächlich dauerhaft und zielgerichtet in der apotheke des klägers tätig geworden ist, das sich nicht mit der annahme eines unverbindlichen gefälligkeitsverhältnisses vereinbaren lässt. dies tat die beigeladene zu 1) - und zwar bedarforientiert - zunächst mit einer durchschnittlichen wochenarbeitszeit von 25, später von zehn stunden. ihre regelmäßige anwesenheit und tätigkeit im klägerischen betrieb hat dabei die zeugin m bestätigt, die als geringfügig beschäftigte apothekerin für den kläger im streitzeitraum tätig war. danach nahm die beigeladene zu 1) die in der apotheke anfallenden aufgaben einer apothekerin wahr, war u.a. im handverkauf tätig, kümmerte sich um bestellungen, um die weiteren mitarbeiter und die zusammenarbeit mit den ärzten, erstellte dienstpläne, tätigte überweisungen und koordinierte botengänge mit medikamentenbestellungen an kunden. sie führte einstellungsgespräche und beaufsichtigte handwerker. sie war nach der zeugin m ansprechpartner für das personal bei problemen und zwar unabhängig von ihren tatsächlichen anwesenheitszeiten in der apotheke. 47übereinstimmend haben daher der kläger und die beigeladene zu 1) auch noch im feststellungsbogen der beklagten angegeben, dass ohne die mitarbeit der beigeladenen zu 1) eine andere arbeitskraft durch den kläger hätte eingestellt werden müssen. dass der kläger davon im berufungsverfahren abstand genommen hat, weil die beigeladene zu 1) neben der tätigkeit als apothekerin im wesentlichen zu seiner eigenen entlastung leitungsaufgaben übernommen habe, für die sich die einstellung ggf. eines stellvertreters nicht gelohnt hätte, führt vor dem hintergrund der obigen ausführungen nicht zu einem anderen ergebnis und ist im übrigen als verfahrensangepasster vortrag zu bewerten. 48auch der einwand der beigeladenen zu 1), dass eine jahrelang ausgeübte tätigkeit nicht auf regelhaftigkeit angelegt gewesen sei, ist nicht nur lebensfremd, sondern auch vor dem hintergrund ihres tatsächlichen verhaltens und ihres eigenen vortrags widersprüchlich. so hat sich die beigeladene zu 1) nach ihren angaben im termin zur erörterung des sachverhaltes vor dem senat am 12.9.2014 stets verpflichtet gesehen, den kläger in seiner tätigkeit in der apotheke zu unterstützen. zudem konnte der senat längere zeiträume der abwesenheit der beigeladenen zu 1) im streitzeitraum, außer in den monaten juli bis november 2003, nicht feststellen. 49(2) als gegenleistung für die geleistete arbeit und nicht etwa als unverbindliche anerkennung derselben erhielt die beigeladene zu 1) von dem kläger ein monatliches entgelt. auch dieses haben beide im feststellungsbogen der beklagten bestätigt, in dem sie angegeben haben, dass das arbeitsentgelt "frei vereinbart" worden sei. dass sich der kläger davon ohne nähere begründung erneut im berufungsverfahren distanziert hat, überzeugt nicht. der senat kann dies letztlich jedoch offen lassen, denn auch wenn die höhe des entgeltes nicht frei zwischen kläger und beigeladener zu 1) ausgehandelt worden ist, steht dies der annahme einer einvernehmlichen synallagmatischen leistung nicht entgegen. 50(a) der kläger vergütete die leistungen der beigeladenen zu 1) monatlich und übertariflich, wobei er sich an den entgelten für festangestellte mitarbeiter in seiner apotheke orientierte. sie nahm an gratifikationen teil und erhielt einen zuschuss zur kranken- und pflegeversicherung. 51(b) das entgelt stand der beigeladenen zu 1) zur freien verfügung. es floss monatlich auf ihr konto. sie entschied über die jeweilige verwendung. 52(c) die kopplung der zahlungen an die jeweilige tätigkeit zeigt sich insbesondere darin, dass das monatliche entgelt reduziert oder gar nicht entrichtet worden ist, wenn nicht gleichzeitig im entsprechenden umfang durch die beigeladene zu 1) tätigkeiten in der apotheke erfolgt sind. 53(d) der senat konnte sich nicht im ansatz von dem vortrag der beigeladenen zu 1) überzeugen, dass es sich bei dem entgelt um eine art der "aufgedrängten bereicherung" gehandelt haben soll, welches sie - ohne rechtsbindungswillen - habe akzeptieren müssen, da der kläger darauf bestanden habe. ob die beigeladene zu 1) auch unentgeltlich für den kläger tätig geworden wäre, ist vorliegend unerheblich. denn diese konstellation steht nicht zur beurteilung durch den senat. die beigeladene zu 1) hat stattdessen das entgelt zur freien verfügbarkeit vereinnahmt und damit akzeptiert. sie ließ zu ihren gunsten - für sie sichtbar in ihren gehaltsabrechnungen - die abführung von beiträgen zum versorgungswerk, zeitweilig der einkommenssteuer und der arbeitslosenversicherung durch den kläger unbeanstandet. dass sie auf diese zahlungen zur sicherung ihres lebensunterhaltes nicht angewiesen gewesen ist, hat sie im gegenzug nicht dazu angehalten, die zahlungen zu separieren und die - wie auch immer geartete - rückzahlung an den kläger zu veranlassen. die von ihr dem kläger zur verfügung gestellten beträge wurden vielmehr als darlehen gewährt und vereinbarungsgemäß durch ihn mit jährlich zweimal knapp 8.000,00 euro verzinst. 54bb) zudem erfolgte auch die tatsächliche umsetzung im rahmen einer abhängigen beschäftigung. der kläger meldete die beigeladene zu 1) bei der zuständigen einzugsstelle als sozialversicherungspflichtige beschäftigte an. dies wurde auch nicht etwa nach dem ab november 2006 durchgeführten anhörungsverfahren und nach erlass des betriebsprüfungsbescheides vom 2.2.2007 korrigiert. auch wenn er sich diesbezüglich der zeugin t bediente, sind deren handlungen ihm zuzurechnen. diese hat zudem im rahmen ihrer zeugeneinvernahme bekundet, dass die beigeladenen zu 1) bereits langjährig und damit schon vor tätigkeitsbeginn der zeugin t als angestellte apothekerin buchhalterisch geführt worden ist. die der beigeladenen zu 1) zugewendeten entgelte wurden im streitgegenständlichen zeitraum zeitweilig der einkommenssteuer unterworfen und vom kläger als betriebsausgaben berücksichtigt, was gleichfalls starke indizien für eine abhängige beschäftigung sind (senat, urteil v. 15.1.2014, a.a.o.). 55cc) auf dieser grundlage ist die beigeladene zu 1) unter funktionsgerecht dienender eingliederung in die klägerische arbeitsorganisation entsprechend dessen weisungen hinsichtlich ort, zeit und art der tätigkeit für ihn tätig geworden. 56(1) die beigeladene zu 1) war zunächst in die arbeitsorganisation des klägers eingegliedert. 57(a) alleiniger unternehmensinhaber bzw. träger des unternehmens war der kläger als eingetragener kaufmann. die beigeladene zu 1) ist nicht mitinhaberin des betriebes geworden. entsprechende vereinbarungen wurden nicht vorgetragen und im rahmen des feststellungsbogens der beklagten sogar ausdrücklich verneint. gleichfalls ergeben sich keine anhaltspunkte für den abschluss eines gesellschaftsvertrags zur errichtung einer innengesellschaft in form der gesellschaft bürgerlichen rechtes gemäß den §§ 705 ff. bürgerliches gesetzbuch (bgb). zwar ist auch ein konkludenter vertragsschluss grundsätzlich möglich (vgl. bundesgerichtshof [bgh], urteil v. 30.6.1999, xii zr 230/96, njw 1999, 2962), jedoch fehlt es an einem darauf gerichteten schlüssigen verhalten des klägers und der beigeladenen zu 1). nach eigenem bekunden wollte die beigeladene zu 1) keine mitunternehmerschaft begründen. 58(b) die beigeladene zu 1) nahm die oben beschriebenen tätigkeiten als apothekerin im wege des arbeitsteiligen zusammenwirkens mit dem kläger als inhaber und seinen weiteren mitarbeitern wahr. insofern war sie in die betrieblichen abläufe des klägerischen unternehmens eingebunden und aufgrund der im beschäftigungsverhältnis bestehenden bevollmächtigung durch den kläger ermächtigt, den weiteren mitarbeitern anweisungen zu erteilen. an grenzen stießen sowohl ihr zuständigkeitsbereich als auch ihre bevollmächtigung, wenn es um die vertragliche verpflichtung des klägers ging. denn bereits nach dem vortrag des klägers war die beigeladene zu 1) nicht befugt, im rahmen von arbeitsverträgen mitarbeiter zulasten des klägers zu verpflichten. zwar war sie in der lage, einstellungsgespräche zu führen, die verträge schloss hingegen der kläger ab, der auch gegenüber der buchhaltung die gehälter mitteilte. anhaltspunkte dafür, dass sie als selbständige apothekerin - ohne mitunternehmerin zu sein - in diesem zusammenhang nach außen im eigenen namen und mit eigenen betriebsmitteln auftrat, ergeben sich bereits aus dem vortrag des klägers und der beigeladenen zu 1) nicht im ansatz. 59(2) die beigeladene zu 1) unterlag dabei einem weisungsrecht des klägers hinsichtlich art, ort und zeit der tätigkeit. 60(a) der annahme eines solchen stehen zunächst berufsausübungsvorschriften nicht entgegen. zwar verpflichtet die erlaubnis zum betrieb einer apotheke, die vorliegend im übrigen nicht der beigeladenen zu 1), sondern dem kläger erteilt worden ist, nach § 7 satz 1 apothekengesetz (apog) i.v.m. § 2 der apothekenbetriebsordnung zur persönlichen leitung in eigener verantwortung. das sagt allerdings entgegen der offensichtlichen ansicht des zeugen u nichts darüber aus, dass der beruf des apothekers grundsätzlich nur selbständig ausgeübt werden kann. gleiches gilt für regelungen in den berufsordnungen für apotheker, die durch die apothekerkammern erlassen werden, und wonach apotheker in pharmazeutischen fragen frei und eigenverantwortlich entscheiden (z.b. § 3 der berufsordnung für apotheker der apothekerkammer westfalen-lippe [stand 11/2013]). denn auch eine (partielle) entscheidungs- und gestaltungsbefugnis bei der ausgestaltung einer tätigkeit führt regelmäßig nicht zur selbständigkeit im sinne einer unternehmerischen tätigkeit. eine eigenständige arbeitsweise ist damit kein synonym für eine zur versicherungsfreiheit führende selbständigkeit (senat, urteil v. 6.4.2016, l 8 r 355/14). vielmehr ist es gerade auch für eine abhängige beschäftigung typisch, dass der grad der eigenständigkeit der ausführung mit der qualifikation des mitarbeiters und seiner verantwortung wächst (senat, urteil v. 14.10.2015, l 8 r 480/12; senat, urteil v. 11.5.2016, l 8 r 975/12, jeweils juris), 61(b) der ort der tätigkeit ergab sich aus der natur der sache. im gegenzug verfügte die beigeladene zu 1) im streitigen zeitpunkt aber auch nicht über eine eigene betriebsstätte. 62(c) zwar verfügte die beigeladene zu 1) in zeitlicher hinsicht über diverse freiheiten. der kläger nahm im rahmen des familiären miteinanders auf ihre belange und prioritäten rücksicht. allerdings ist im gegenzug zu beachten, dass sie lediglich in teilzeit tätig gewesen ist, nämlich zunächst ca. 25 und ab 2003 nur ca. zehn wochenstunden im durchschnitt. es ist indessen nicht ungewöhnlich, dass auch der arbeitgeber bei der ausübung seines weisungsrechtes auf wünsche des arbeitnehmers eingeht. insbesondere bei teilzeitkräften kann der arbeitgeber nicht damit rechnen, dass sie im selben ausmaß wie eine vollzeitkraft zur verfügung stehen (senat, urteil v. 20.4.2016, l 8 r 1136/13, juris m.w.n.). an dem umstand, dass die beigeladene zu 1) ihre anwesenheitszeiten betriebsdienlich an einer von fremder hand vorgegebenen ordnung orientiert und bedarfsabhängig tätig geworden ist, ändert dies indessen nichts. 63(d) die art und weise der tätigkeit ergab sich zunächst aus der oben beschriebenen aufgabenzuweisung und der eigenen kompetenz der beigeladenen zu 1) aufgrund ihrer qualifikation als apothekerin. zwar nahm die beigeladene zu 1) leitungsaufgaben wahr. aber auch weitreichende entscheidungsbefugnisse eines "leitenden angestellten", der in funktionsgerecht dienender teilhabe am arbeitsprozess einem gemilderten weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem selbständigen (vgl. bsg, urteil v. 18.12.2001, b 12 kr 10/01 r; senat, urteil v. 17.10.2012, l 8 r 545/11, jeweils juris). 64unerheblich ist dabei, ob der kläger in seiner rolle als betriebsinhaber in der täglichen arbeitsroutine von seinem weisungsrecht tatsächlich keinen gebrauch gemacht hat oder ob die beigeladene zu 1) ihren bereich allein verantwortlich und regelmäßig ohne weisungen ausgeführt hat bzw. die ausübung des weisungsrechts aufgrund familiärer rücksichtnahme abgeschwächt war. maßgeblich ist, dass der kläger als betriebsinhaber insoweit die alleinige abstrakte rechtsmacht hatte. diese entfiel auch nicht dadurch, dass "in guten zeiten" arbeitgeberrechte gegenüber der beigeladenen zu 1) als schwester faktisch nicht ausgeübt wurden. im konfliktfall konnte auf diese befugnisse jederzeit wieder zurückgegriffen werden, insofern geschäftlich übertragene vollmachten widerrufen, weisungs- und kündigungsrechte ausgeübt werden. es ist daher konsequent und im hinblick auf größtmögliche rechtssicherheit geboten, eine von anfang an bestehende rechtsmacht auch dann als ein für abhängige beschäftigung sprechendes kriterium zu berücksichtigen, wenn von ihr konkret (noch) kein gebrauch gemacht wurde (senat, urteil v. 15.1.2014, a.a.o.). andernfalls hinge die versicherungsrechtliche beurteilung im wesentlich davon ab, ob die tätigkeit aus sicht des rechtmachtsinhabers beanstandungsfrei ausgeübt wurde. zurückhaltende weisungen sind zudem unter familienangehörigen typisch und stehen als dementsprechende begleiterscheinungen der bejahung eines beschäftigungsverhältnisses nicht entgegen. ansonsten würde die entscheidung des gesetzgebers arbeitsverhältnisse im familiären bereich zuzulassen, faktisch unterlaufen. derartige umstände sind bei engen verwandten nämlich so gut wie stets anzutreffen (senat, urteil v. 15.1.2014, a.a.o.). 65dd) die beigeladene zu 1) war zudem verpflichtet, die tätigkeit höchstpersönlich auszuüben. nach der rechtsprechung des bsg haben arbeitnehmer ihre arbeitsleistung in der regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht dritter als erfüllungsgehilfen bedienen (vgl. bsg, urteil v. 18.12.2001, b 12 kr 8/01 r, sozr 3-2400 § 7 nr. 19), so dass daraus grundsätzlich ein indiz für ein arbeitsverhältnis folgt (bsg urteil v. 17.12.2014, b 12 r 13/13 r, sozr 4-2400 § 28p nr. 4; bsg, urteil v. 31.3.2015, b 12 kr 17/13 r, usk 2015-21). 66ee) wesentliche merkmale, die für eine selbständige tätigkeit sprechen und im rahmen der gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen beschäftigung auszugehen ist, sind nicht ersichtlich. 67(1) zunächst verfügte die beigeladene zu 1) nicht über eine eigene betriebsstätte in bezug auf ihre tätigkeit in der klägerischen apotheke. 68(2) in bezug auf die ausgeübte tätigkeit unterlag die beigeladene zu 1) auch keinem maßgeblichen unternehmerischen risiko. nach der ständigen rechtsprechung des bsg (vgl. z.b. bsg, urteil v. 28.5.2008, b 12 kr 13/07 r, usk 2008-45) ist maßgebliches kriterium hierfür, ob eigenes kapital oder die eigene arbeitskraft auch mit der gefahr des verlustes eingesetzt wird, der erfolg des einsatzes der tatsächlichen und persönlichen mittel also ungewiss ist. erforderlich ist ein risiko, das über das risiko hinausgeht, für den arbeitseinsatz kein entgelt zu erzielen (segebrecht in: jurispk-sgb iv, 3. auflage, § 7 rdnr. 94). allerdings ist ein unternehmerisches risiko nur dann hinweis auf eine selbständige tätigkeit, wenn diesem risiko auch größere freiheiten in der gestaltung und der bestimmung des umfangs beim einsatz der eigenen arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. bsg, urteil v. 28.5.2008, a.a.o., bsg, urteil v. 28.9.2011, a.a.o.; senat, urteil v. 30.4.2014, l 8 r 376/12, juris). 69(a) die beigeladene zu 1) erhielt eine monatliche, erfolgsunabhängige vergütung, sodass sie ihre arbeitskraft nicht mit der gefahr des verlustes einsetzte. nach unbestrittener auskunft des klägers wurde sie übertariflich und in anlehnung an die gehälter seiner weiteren mitarbeiter vergütet. 70(b) die beiden nicht besicherten darlehn stellen zwar ein erhebliches haftungsrisiko dar. indessen gewähren darlehen typischerweise keine unternehmerische position im eigentlichen sinne, denn durch sie erhöhen sich nicht die rechtlichen einflussmöglichkeiten auf die gesellschaft (bsg, urteil v. 29.7.2015, b 12 kr 23/13 r, juris; senat, urteil v. 20.4.2016, l 8 r 761/15). so war es auch im fall der beigeladenen zu 1), der trotz gewährung der darlehn gerade keine gesteigerte einflussnahme in bezug auf ihre tätigkeit bei dem kläger eingeräumt wurde. zudem wurden die darlehen verzinst und auf diesem wege ihre valutierung vergütet. 71(c) soweit die beigeladene zu 1) keinen anspruch auf urlaubsgeld und entgeltfortzahlung im krankheitsfall hatte, gilt nichts anderes, denn die überbürdung sozialer risiken ist allenfalls rechtsfolge einer rechtsirrigen einschätzung und eröffnet zudem keine unternehmerischen chancen. 72(d) die verfügbarkeit über die eigene arbeitskraft in einem gewissen umfang ist zwar anzunehmen. allerdings sind flexible absprachen auch bei teilzeitarbeitsverhältnissen nicht ungewöhnlich. das gilt umso mehr als die beigeladene zu 1) ab einem gewissen zeitpunkt nur noch in einem umfang von lediglich zehn wochenstunden tätig wurde. 73d) weitere in die gesamtabwägung einzustellende gesichtspunkte sind nicht ersichtlich. insgesamt zeigt die bewertung und gewichtung der relevanten abgrenzungsmerkmale unter berücksichtigung der durch den senat festgestellten, tatsächlich praktizierten rechtsbeziehung, dass diese im gesamten streitzeitraum im wesentlichen der einer abhängigen beschäftigung entsprach, wogegen aspekte, die für eine selbständige tätigkeit stehen, nicht in einem im rahmen der gesamtabwägung überwiegenden umfang vorhanden waren. 74e) die höhe der nachforderung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. in der kranken-, pflege-, und arbeitslosenversicherung ist grundsätzlich bei der beitragsbemessung bei versicherungspflichtig beschäftigten das arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 226 abs.1 satz 1 nr. 1 sgb v, § 57 abs. 1 sgb xi, § 342 sgb iii). arbeitsentgelt sind nach § 14 abs. 1 satz 1 sgb iv alle laufenden oder einmaligen einnahmen aus einer beschäftigung, gleichgültig, ob ein rechtsanspruch auf die einnahmen besteht, unter welcher bezeichnung oder in welcher form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der beschäftigung oder im zusammenhang mit ihr erzielt werden. 75(1) bedenken gegen die höhe der nachforderung und deren berechnung wurden nicht erhoben. 76(2) im jahr 2002 wurden 2.355,12 euro für die beigeladene zu 4) nacherhoben. dabei hat die beklagte berücksichtigt, dass der kläger das entgelt der beigeladenen zu 1) nach dem recht der arbeitsförderung bereits anteilig verbeitragt hatte. aus diesem grund hat sie ihrer berechnung nicht das tatsächliche jahresentgelt der beigeladenen zu 1) von 49.048,83 euro sondern lediglich i.h.v. 36.232,54 euro zugrunde gelegt, was zu einer beitragsnachforderung von nur 2.355,11 euro führte (beiträge zur av i.h.v. 6,5% aus 49.048,83 euro: 3.188,17 euro, abzgl. der bereits erfolgten zahlung i.h.v. 833,06 euro). 77(3) die beklagte hat auch zu recht angenommen, dass die beigeladene zu 1) in der zeit vom 1.1.2003 bis zum 30.6.2006 nicht aufgrund eines überschreitens der jae-grenze in der gesetzlichen krankenversicherung und akzessorisch in der sozialen pflegeversicherung versicherungsfrei gewesen ist. 78nach § 6 abs. 1 nr. 1 sgb v i.d.f. vom 23.12.2002 waren arbeiter und angestellte versicherungsfrei, deren regelmäßiges jahresarbeitsentgelt die jae-grenze nach den § 6 abs. 6 oder 7 sgb v überstieg. das entgelt der beigeladenen zu 1) i.h.v. 49.048,83 euro überschritt zwar im jahr 2002 die jae-grenze, die bei 40.500,00 euro lag (§ 6 abs. 1 nr. 1, abs. 6, 7 sgb v i.d.f. vom 16.2.2001 75% der beitragsbemessungsgrenze). wird die jae-grenze überschritten, endet die versicherungspflicht erst mit ablauf des kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. das gilt jedoch dann nicht, wenn das entgelt die vom beginn des nächsten kalenderjahres an geltende jae-grenze nicht übersteigt, § 6 abs. 4 satz 1, 2 sgb v (i.d.f. vom 16.2.2001 und 23.12.2002). letzteres war hier der fall. da das entgelt zum 1.1.2003 deutlich von 3.816,29 euro auf nunmehr monatlich 1.652,07 euro absank und somit nur noch ein jahresentgelt i.h.v. maximal 19.824,84 euro zzgl. sonderzahlung zu erwarten gewesen ist (tatsächlich wurden lediglich 13.877,36 euro erzielt) war ein erneutes überschreiten der jae-grenze, die 2003 bei 45.900,00 euro bzw. 41.400,00 euro lag, bereits zum jahreswechsel prognostisch nicht zu erwarten. 79f) die forderung ist zudem nicht verjährt. nach § 25 abs. 1 satz 1 sgb iv verjähren ansprüche auf beiträge in vier jahren nach ablauf des kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. nach § 25 abs. 1 satz 2 sgb iv verjähren ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene beiträge in dreißig jahren nach ablauf des kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. 80(1) die forderungen für die jahre 2003 bis 2006 waren bei bekanntgabe des bescheides vom 2.2.2007 nicht verjährt. durch diesen bescheid ist die 30jährige verjährungsfrist des § 52 abs. 2 sgb x in lauf gesetzt worden. 81(2) auch die nachforderung für das jahr 2002 war bei erlass des bescheides vom 2.2.2007 nicht verjährt. nach § 25 abs. 2 satz 2 sgb iv ist die verjährung nämlich für die dauer einer prüfung beim arbeitgeber gehemmt. dies gilt nicht, wenn die prüfung unmittelbar nach ihrem beginn für die dauer von mehr als sechs monaten aus gründen unterbrochen wird, die die prüfende stelle zu vertreten hat (satz 3). die hemmung beginnt mit dem tag des beginns der prüfung beim arbeitgeber oder bei der vom arbeitgeber mit der lohn- und gehaltsabrechnung beauftragten stelle und endet mit der bekanntgabe des beitragsbescheides, spätestens nach ablauf von sechs kalendermonaten nach abschluss der prüfung (satz 4). 82nach § 25 abs. 2 satz 4 sgb iv endet die hemmung grundsätzlich mit der bekanntgabe des beitragsbescheides (§ 28p abs. 1 satz 5 sgb iv, § 37 abs. 2 sgb x), spätestens aber sechs kalendermonate nach abschluss der prüfung. den abschluss der prüfung markiert zwar grundsätzlich das so genannte schlussgespräch, das die funktion einer anhörung i.s.d. § 24 sgb x hat. erfolgt eine anhörung allerdings - wie vorliegend auch - auf schriftlichem wege, endet die hemmung mit der beendigung des anhörungsverfahrens (vgl. segebrecht in: jurispk-sgb iv, 3. aufl. 2016, § 25 sgb iv, rdnr. 57). die prüfung begann am 5.9.2006. dem bescheid zufolge wurde trotz schlussbesprechung am 5.9.2006 unter dem 21.11.2006 ein anhörungsschreiben mit einer stellungnahmefrist bis zum 1.12.2006 versandt. 83der zeitraum, während dessen die verjährung gehemmt ist, wird entsprechend § 209 bgb in die verjährungsfrist nicht eingerechnet. die hemmung beginnt mit dem tag, an dem sich der hemmungstatbestand verwirklicht hat, und endet mit dem tag, an dem er weggefallen ist bzw. mit dem tag, der ausdrücklich im gesetz bezeichnet wird. dabei werden der tag, an dem der hemmungsgrund entsteht, der tag, an dem er entfällt, und die tage dazwischen nicht in die verjährung eingerechnet, die um 0 uhr des folgenden tages weiterläuft (olg köln v. 10.06.2008, 9 u 144/07, juris, rdnr. 47). die hemmung endete mithin mit ablauf des 1.12.2006. die verjährungsfrist lief dann noch 57 tage über den 31.12.2006 hinaus und damit bis zum 26.2.2007. der bescheid wurde am 2.2.2007 erlassen. 84iii. die kostenentscheidung beruht auch für das berufungsverfahren auf § 197a abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. den §§ 154 abs. 1, 3, 163 abs. 3 verwaltungsgerichtsordnung. 85iv. gründe für die zulassung der revision gemäß § 160 abs. 2 sgg liegen nicht vor. 86v. der streitwert bestimmt sich gemäß § 197a sgg i.v.m. § 52 abs. 1, 3 gerichtskostengesetz.
Verklagte*r
0
341,801
5 O 117/21
2021-10-26T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Parteien um einen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen einer Quarantäneanordnung infolge eines Covid-19 Ansteckungsverdachts. 3Die Klägerin ist drei Jahre alt und besucht den Katholischen Kindergarten I, N-H-Str. 0-00, 00000 L. Sie befand sich am 08.03.2021 in der genannten Kindertagesstätte. Am 10.03.2021 wurde an die Beklagte ein positives Testergebnis aus dem Labor Dr. X auf SARS-CoV-2 übermittelt. Die Beklagte ermittelte daraufhin, dass es sich bei der getesteten Person um ein anderes Kind der Kindergartengruppe handelt, in dem sich auch die Klägerin befindet. Die Einzelheiten der weiteren Ermittlungen sind zwischen den Parteien streitig. 4Die Richtlinien des Robert-Koch-Institut (RKI) enthalten bezüglich der Anordnung von Quarantäne folgende Empfehlungen: 5„3.1. Definition enger Kontaktpersonen 61. Aufenthalt im Nahfeld des Falls (<1,5 m) länger als 10 Minuten ohne adäquaten Schutz (adäquater Schutz = Fall und Kontaktperson tragen durchgehend und korrekt MNS [Mund-Nasen-Schutz] oder FFP2-Maske). 72. Gespräch mit dem Fall (Face-to-face-Kontakt, <1,5 m, unabhängig von der Gesprächsdauer) ohne adäquaten Schutz oder direkter Kontakt (mit respiratorischem Sekret). 83. Aufenthalt von Kontaktperson (und Fall) im selben Raum mit wahrscheinlich hoher Konzentration infektiöser Aerosole unabhängig vom Abstand für länger als 10 Minuten, auch wenn durchgehend und korrekt MNS (Mund-Nasen-Schutz) oder FFP2-Maske getragen wurde. 9[…] 103.1.1 Beispielhafte Konstellationen für enge Kontaktpersonen 11[…] 12Optional können […] bei schwer zu überblickender Kontaktsituation oder nach Aufenthalt mit dem bestätigten COVID-19-Fall in einem Raum (auch für eine Dauer < 10 Minuten) eine ganze Gruppe als enge Kontaktpersonen klassifiziert werden.“ 13Die Empfehlungen des RKI sahen außerdem bis September 2021 unter Punkt 3.2.2 ausdrücklich vor, dass bei engen Kontaktpersonen keine Verkürzung der Quarantäne aufgrund eines Tests („Freitesten“) erfolgen soll. 14Die Beklagte stufte die Klägerin als enge Kontaktperson i.S.d. der genannten RKI-Kriterien ein und erließ infolgedessen eine Quarantäneanordnung. 15Diese erhielten die Eltern der Klägerin am 11.03.2021. In dem Schreiben wurde eine häusliche Quarantäne der Klägerin vom 10.03.2021 bis zum 22.03.2021 angeordnet. Das Schreiben war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Als Grund wurde genannt, dass die Klägerin Kontakt zu einer Person gehabt hatte, die mittels eines PCR-Tests positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getestet worden war oder eine entsprechende Symptomatik gezeigt hatte. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid (Bl. 31-33 d.A.) verwiesen. 16Die Klägerin behauptet, das Testergebnis der Indexperson sei nicht authentisch, da es nicht vollständig vorgelegt werde. Darüber hinaus sei der PCR-Test nicht zuverlässig bzw. nicht richtig ausgeführt worden. Daher sei schon keine Ansteckung der Indexperson nachgewiesen. Bezogen auf die Folgen der Quarantäne behauptet sie, dass sie von Tag zu Tag der Quarantäne aggressiver geworden sei und unter heftigen Schlafstörungen gelitten habe, sowie, dass der Verdacht einer posttraumatischen Belastungsstörung bestehe. 17Die Klägerin ist der Ansicht, die Voraussetzungen für die Anordnung hätten nicht vorgelegen. Sie hält den PCR-Test für ungeeignet zum Nachweis tatsächlicher Infektionen und geht davon aus, dass die Beklagte noch weitere Maßnahmen hätte treffen müssen, um den Verdacht einer möglichen Infektion zu validieren. Außerdem habe der CT-Wert des PCR-Tests über 25 betragen, weswegen nicht von einer Infektiosität der Indexperson auszugehen sei. Es sei ersichtlich, dass die Beklagte keine konkreten Nachforschungen getroffen habe, sondern direkt die ganze Kindergartengruppe in Quarantäne gesandt habe. Dies sei nicht rechtmäßig. Darüber hinaus sei die Anordnung auch ermessensfehlerbehaftet, da die Klägerin als Kleinkind von Covid-19 nicht besonders gefährdet. Die Anordnung der Quarantäne sei daher schon nicht notwendig, jedenfalls aber angesichts des Kindesaltes und der mit dem im Kindesalter verbundenen Einschränkungen nicht angemessen. Zudem sei die Quarantäne trotz negativen Tests zu Unrecht nicht verkürzt worden. 18Die Klägerin beantragt, 19die Beklagte zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch EUR 3.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 20Die Beklagte beantragt, 21die Klage abzuweisen. 22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. 23Entscheidungsgründe: 24Die zulässige Klage ist unbegründet. 25Der Klägerin steht kein Anspruch aus § 839 BGB i.V.m Art. 34 Abs. 1 S. 1 GG i.V.m. § 253 Abs. 2 BGB auf Schmerzensgeld gegen die Beklagte zu. 26Es fehlt schon an der dafür erforderlichen Amtspflichtverletzung. 27Eine Amtspflichtverletzung scheidet hier aus, da die Quarantäneanordnung vom 11.03.2021 auf einer gesetzmäßigen Ermächtigungsgrundlage beruhte, die Voraussetzungen für ihren Erlass vorlagen und keine Ermessensfehler ersichtlich sind. 28Gem. § 28 Abs. 1 IfSG sind die zuständigen Behörden befugt, die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor übertragbaren Krankheiten zu treffen. Insbesondere kann die zuständige Behörde gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG anordnen, dass Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige und Ausscheider in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise - hierzu gehört die eigene Wohnung - abgesondert werden. Die Beklagte war als zuständige Behörde zum Erlass der Anordnung zuständig. Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass nicht in § 32 IfSG. 29Die Klägerin wurde zurecht als „Ansteckungsverdächtige“ eingestuft. Es bestand der Verdacht, dass sie sich bei einer anderen Person mit Covid-19 angesteckt haben könnte. 30Die Klägerin wendet sich gegen die Annahme, dass sie als „Ansteckungsverdächtige“ eingestuft wurde. Ansteckungsverdächtiger ist eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein. Die Aufnahme von Krankheitserregern im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts "anzunehmen", wenn der Betroffene mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Kontakt zu einer infizierten Person oder einem infizierten Gegenstand hatte. Die Vermutung, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, muss naheliegen. Eine bloß entfernte Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Demzufolge ist die Annahme eines Ansteckungsverdachts nicht schon gerechtfertigt, wenn die Aufnahme von Krankheitserregern nicht auszuschließen ist. Daher kann im Fall eines hochansteckenden Krankheitserregers, der bei einer Infektion zu einer tödlich verlaufenden Erkrankung führen kann, gegen die eine wirksame medikamentöse Therapie nicht zur Verfügung steht, auch eine vergleichsweise geringe Übertragungswahrscheinlichkeit genügen (vgl. VG Köln, Beschlüsse vom 28.5.2021 – 7 L 957/21 juris, Rn. 13, vom 31.8.2020 – 7 L 1540/20 juris, Rn. 8 mit Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 22.3.2012 – 3 C 16/11 juris, Rn. 31) 31Ob gemessen daran ein Ansteckungsverdacht im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG zu bejahen ist, beurteilt sich unter Berücksichtigung der Eigenheiten der jeweiligen Krankheit und der verfügbaren epidemiologischen Erkenntnisse und Wertungen sowie anhand der Erkenntnisse über Zeitpunkt, Art und Umfang der möglichen Exposition der betreffenden Person und über deren Empfänglichkeit für die Krankheit. Es ist erforderlich, dass das zugrundeliegende Erkenntnismaterial belastbar und auf den konkreten Fall bezogen ist. Die Feststellung eines Ansteckungsverdachts setzt voraus, dass die Behörde zuvor Ermittlungen zu infektionsrelevanten Kontakten des Betroffenen angestellt hat; denn ohne aussagekräftige Tatsachengrundlage lässt sich nicht zuverlässig bewerten, ob eine Aufnahme von Krankheitserregern anzunehmen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, a.a.O., Rn. 33; OVG Lüneburg, Beschluss vom 11. Mai 2020 – 13 MN 143/20 –, Rn. 26, juris). 32Das Virus SARS-CoV-2 ist ein Krankheitserreger im Sinne von § 2 Nr. 1 IfSG, der zur Lungenkrankheit COVID-19, einer übertragbaren Krankheit im Sinne von § 2 Nr. 3 IfSG führen kann und rechtfertigt daher grundsätzlich die Anordnung einer Quarantäne als Schutzmaßnahme. Dies gilt schon vor dem Hintergrund, dass das RKI dessen Einschätzung der Gesetzgeber im Bereich des Infektionsschutzes mit § 4 IfSG besonderes Gewicht eingeräumt hat, ausdrücklich Quarantäneanordnung bei Verdacht auf SARS-CoV-2 Viren empfiehlt. (s. dazu https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Kontaktperson/Management.html;jsessionid=115C35D7B7B0AF8C96C660CC4F9D2BA1.internet081?nn=2386228#doc13516162bodyText14). 33Die Einstufung als „Ansteckungsverdächtige“ ist daher zulässig, wenn ein Ansteckungsverdacht für COVID-19 bestand. Ein solcher Verdacht hat sich hier daraus ergeben, dass die Klägerin am 08.03.2021 Kontakt zu einer infizierten Person (Indexperson) hatte. 34Die Indexperson war vorliegend ein anderes Kind der Kita-Gruppe. Dieses Kind der Gruppe wurde mittels PCR-Test auf Covid-19 getestet. Die Einstufung der Indexperson erfolgte aufgrund der Meldung des Labors über den Nachweis des SARS-CoV-2 Virus bei der Indexperson. Soweit die Klägerin bestritten hat, dass das Testergebnis authentisch sei, da die zweite Seite mit den weiteren Details des Testergebnisses nicht vorgelegt worden sei, war dies nicht erheblich. Auch wenn die zweite Seite des Tests nicht vorgelegt wurde, ändert dies nicht am deutlich erkennbaren Ergebnis des Tests. 35Der Einwand der Klägerin, dass eine tatsächliche Infektion der Indexperson nicht nachgewiesen, weil der PCR-Test grundsätzlich nicht zuverlässig sei, verfängt nicht. Ein PCR-Test gilt laut verbreiteter wissenschaftlicher Einschätzung und gerade des RKI als extrem zuverlässig. Jedenfalls ist ein falsches positives Testergebnis unwahrscheinlich. Aufgrund des Funktionsprinzips von PCR-Tests und der hohen Qualitätsanforderungen liegt die analytische Spezifität bei korrekter Durchführung und Bewertung bei nahezu 100 %. Im Rahmen von qualitätssichernden Maßnahmen nehmen diagnostische Labore an Ringversuchen teil. Die Herausgabe eines klinischen Befundes unterliegt einer fachkundigen Validierung. Nicht plausible Befunde werden in der Praxis durch Testwiederholung oder durch zusätzliche Testverfahren bestätigt oder verworfen. Bei korrekter Durchführung der Tests und fachkundiger Beurteilung der Ergebnisse geht das RKI nachvollziehbar von einer sehr geringen Zahl falscher positiver Befunde aus (siehe https://www.rki.de/SharedDocs/ FAQ/NCOV2019/gesamt.html sowie www.rki.de/covid-19-diagnostik; VG Regensburg, B.v. 28.10.2020 – RO 14 S 20.2590 – juris; B.v. 18.9.2020 – RO 14 S 20.2260 – juris). Aufgrund dessen war die Beklagte auch nicht gehalten noch weitere Maßnahme zu treffen, um das Vorliegen einer Infektion zu validieren. Sie durfte auf die Aussagekraft des PCR-Tests vertrauen. 36Auch die Tatsache, dass beim Test der sog. CT-Wert über 25 gelegen habe, ändert an dieser Einschätzung nichts. Insbesondere ergibt sich nicht – wie von der Klägerin vorgetragen - schon aus den vorgelegten Unterlagen des RKI, dass bei einem solchen CT-Wert nicht von einer Infektiosität der Indexperson auszugehen ist. Die von der Klägerin angeführten Richtlinien des RKI, bei denen der CT-Wert eine Rolle spielt, beziehen sich ausdrücklich nur auf Fragen des vorzeitigen Entlassens aus der Quarantäne und gerade nicht die Frage der Anordnung. 37Der darüberhinausgehende Einwand der Klägerin, dass der PCR-Test konkret nicht richtig angewandt worden sei, führt nicht zu einer Unrechtmäßigkeit der Maßnahme der Beklagten. Der PCR-Test wurde von dem betreffenden Labor ausgeführt und der Beklagten nur gemeldet. Das Labor handelte nicht aufgrund einer Anweisung der Beklagten, sondern hatte nur eine Meldepflicht. Daher kann ein möglicher Fehler bei der Durchführung des Tests durch das Labors nicht der Beklagten zugerechnet werden. Mit dem positiven Testergebnis lag für die Beklagte ein hinreichender Anhaltspunkt für eine Infektion der Indexperson vor. 38Die Beklagte stufte die Klägerin berechtigterweise als „enge Kontaktperson“ dieser Indexperson gemäß den RKI-Richtlinien ein. Es kommt daher auch nicht mehr auf den streitigen Umfang der weiteren Ermittlungen der Beklagten an, da objektiv eine Lage gegeben war, die den Erlass der Quarantäneordnung rechtfertigte. 39Nach den Richtlinien des RKI („3.1. Definition einer engen Kontaktperson“) ist von einer engen Kontaktperson u.a. auszugehen, wenn ein enger Kontakt (<1,5 m, Nahfeld) länger als 10 Minuten ohne adäquaten Schutz bestand oder sich beide Personen für längere Zeit als 10 Minuten im selben Raum mit wahrscheinlich hoher Konzentration von Aerosolen aufgehalten haben. Darüber hinaus sieht das RKI nach 3.1.1. auch die Möglichkeit der Einstufung als enger Kontakt vor, bei Personen mit Aufenthalt mit dem bestätigten COVID-19-Fall in relativ beengter Raumsituation oder schwer zu überblickender Kontaktsituation (zum Beispiel Schulklassen, gemeinsames Schulessen, Gruppenveranstaltungen). 40Bei lebensnaher Betrachtung ist davon auszugehen, dass ein „enger Kontakt“ schon nach der Definition in 3.1. anzunehmen ist. Bei zwei Vorschulkindern, die in eine Gruppe gehen, ist davon auszugehen, dass sich beide für längere Zeit als 10 Minuten im selben Raum mit wahrscheinlich hoher Konzentration von Aerosol befunden haben. Eine Lüftung von Kita-Räumen findet regelmäßig nicht so häufig statt, dass eine erhöhte Aerosolkonzentration ausgeschlossen werden kann. Darüber hinaus wurden auch Masken aufgrund des Alters der Kinder nicht benutzt. 41Weiterhin ist aber auch die Entscheidung der Beklagten, für die gesamte Kita-Gruppe Quarantäne anzuordnen, nach dem festgestellten Sachverhalt nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist es nicht per se unrechtmäßig ganze Gruppen in Quarantäne zu senden, wenn eine unübersichtliche Kontaktsituation gegeben ist. Die Richtlinien des RKI sehen es ausdrücklich vor, dass eine Einstufung von Gruppen als „enger Kontakt“ aufgrund eines Innenraumkontakts möglich ist. Auch wenn in den Richtlinien des RKI beispielhaft nur Schulklassen genannt sind, lässt sich dies nach dem Sinn und Zweck der Empfehlung nachvollziehbarerweise auf Kita-Gruppen übertragen. Mehr noch als bei Schulklassen lassen sich bei Kleinkindern Regeln zum Abstandhalten nicht einhalten. Zudem ist es in diesen Fällen praktisch nicht möglich, im Nachhinein zu ermitteln, wer mit wem für wie lange Kontakt hatte. In dieser Lage ist es zulässig und aus Gründen des effektiven Infektionsschutzes sogar notwendig, einzelne, klare umgrenzte Gruppen zu isolieren. 42In der Anordnung der Quarantäne liegt auch kein Verstoß gegen den Richtervorbehalt im Sinne von Art. 104 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Die häusliche Absonderung gemäß § 30 IfSG setzt die „Freiwilligkeit“ des Betroffenen voraus und begründet deshalb mangels physischer Zwangswirkungen keinen Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Bewegungsfreiheit. (Vgl. dazu BT-Drs. 14/2530, S. 75; OVG Münster Beschl. v. 13.7.2020 – 13 B 968/20.NE, BeckRS 2020, 17887 Rn. 11, beck-online). 43Die Anordnung der 14-tägigen Quarantäne vom 10.03.21 bis zum 22.03.21 ist nicht zu beanstanden. Nach den Regeln des RKI ist grundsätzlich eine 14-tägige Quarantäne vorzusehen. Dies erklärt sich mit der Inkubationszeit der Krankheit von maximal 14 Tagen. Maßgeblich für den Beginn der Quarantäne ist der letzte Kontakt zwischen Index- und Kontaktperson. Da die Klägerin und die Indexperson am 08.03.21 das letzte Mal zusammen in der Kita waren, ist eine Anordnung der Quarantäne bis zum 22.03 zu Recht ergangen. 44Die Klägerin wendet sich auch dagegen, dass keine Verkürzung der Quarantänedauer nach der Vorlage eines negativen Tests möglich war. Auch dieser Einwand greift jedoch nicht durch. Die Quarantäne war im vorliegenden Fall nicht zu verkürzen. Soweit die Klägerin sich darauf berufen hat, dass gemäß § 5 Abs. 2 der Verordnung zur Regelung von Absonderungen nach § 30 des Infektionsschutzgesetzes (Quarantäneverordnung NRW) grundsätzlich ein „Freitesten“ nach 10 Tagen möglich sein soll, greift dies im streitgegenständlichen Fall nicht. Denn gemäß § 5 Abs. 2 Quarantäneverordnung NRW soll dies ausdrücklich dann nicht erfolgen, wenn nach den RKI-Empfehlungen zu Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei SARS-CoV-2-Infektionen von der Möglichkeit des Freitestens abzusehen ist. Eben dies sahen die zum Zeitpunkt des Erlasses maßgeblichen RKI-Empfehlungen aber für „enge Kontakte“ wie den streitgegenständlichen vor. Die Empfehlungen des RKI sahen unter Punkt 3.2.2 - bis September 2021 und damit bis zum Erlass der Anordnung - ausdrücklich vor, dass bei engen Kontaktpersonen keine Verkürzung der Quarantäne aufgrund eines Tests erfolgen soll. Ein „Freitesten“ war daher in diesen Fällen auch beim Vorliegen eines negativen Tests nicht möglich. 45Die Beklagte hat hier von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht. Ermessenfehler gemäß §§ 40 Abs. 1 VwVfG NRW sind nicht ersichtlich. Die Maßnahme ist insbesondere verhältnismäßig. Unter Berücksichtigung der von einer Kontaktperson ausgehenden potentiellen Infektionsgefahr ist die schwerwiegende Einschränkung der Bewegungsfreiheit noch angemessen. Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Klägerin selbst kein erhöhtes Risiko einer schweren Erkrankung aufweist. Bei der Quarantäne geht es vorwiegend darum, Infektionsketten zu unterbrechen und so mögliche Erkrankungen einer unüberschaubaren Anzahl weiterer Personen zu verhindern. Bei der Abwägung ist auch einzufaktorieren, dass eine häusliche Quarantäne nicht mit einer stationären Unterbringung zu vergleichen ist. Das Kind blieb so in seiner gewohnten Umgebung mit seinen Eltern als Vertrauenspersonen. Auch wenn die Beschränkung, zwei Wochen nicht nach draußen zu dürfen und keinen Besuch zu empfangen, schwerwiegend ist, ist die Belastung angesichts des begrenzten Zeitraums noch angemessen. 46Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Maßnahme – wie die Klägerin meint, aufgrund der Unzuverlässigkeit des PCR-Tests oder unzureichender Ermittlungen der Beklagten - nicht rechtmäßig wäre, würde es jedoch jedenfalls am Verschulden der Beklagten mangeln. Die Beklagte hat sich an die maßgeblichen und seinerzeit aktuellen Vorgaben des RKI gehalten. Da das RKI schon vom Gesetzgeber als besonders fachkundig eingestuft wird, kann man der Beklagten das Handeln nach den dort vorgelegten Empfehlungen nicht vorwerfen. 47Darüber hinaus dürfte ein Anspruch (zumindest teilweise) auch gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen sein, da die Klägerin keine Mittel des einstweiligen Rechtsschutzes erhoben hat. Sie hätte einen Antrag auf Wiederherstellung der ausschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO stellen können. 48Die Einwände der Klägerin dagegen verfangen nicht. Insbesondere fehlt es nicht an einer Rechtsbehelfsbelehrung. Die Belehrung über den ordentlichen Rechtsweg gemäß § 58 VwGO ist erfolgt. Eine darüber hinausgehende Belehrung über die Möglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzes ist nicht notwendig (m.w.N. Schoch/Schneider/Schoch, 40. EL Februar 2021, VwGO § 80 Rn. 262). Allerdings dürfte der Ausschluss nur insoweit greifen wie der eingetretene Schaden kausal auf der Nichterhebung der Rechtsmittel beruht. Es dürfte unwahrscheinlich sein, dass das Verwaltungsgericht selbst bei einem Stellung eines entsprechenden Antrags noch am selben Tag entschieden hätte. Insofern wäre die Nichteinlegung nicht kausal für den gesamten eingetretenen Schaden. Für welchen Zeitraum eine solche Kausalität angenommen werden könnte, kann nach dem Vorstehenden jedoch im streitgegenständlichen Fall offenbleiben. 49Der Zinsanspruch teilt das Schicksal der Hauptforderung. 50Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus § 91 Abs. 1, 709 S. 1, S. 2, 711 ZPO. 51Der Streitwert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte zuvor sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die parteien um einen anspruch auf schmerzensgeld wegen einer quarantäneanordnung infolge eines covid-19 ansteckungsverdachts. 3die klägerin ist drei jahre alt und besucht den katholischen kindergarten i, n-h-str. 0-00, 00000 l. sie befand sich am 08.03.2021 in der genannten kindertagesstätte. am 10.03.2021 wurde an die beklagte ein positives testergebnis aus dem labor dr. x auf sars-cov-2 übermittelt. die beklagte ermittelte daraufhin, dass es sich bei der getesteten person um ein anderes kind der kindergartengruppe handelt, in dem sich auch die klägerin befindet. die einzelheiten der weiteren ermittlungen sind zwischen den parteien streitig. 4die richtlinien des robert-koch-institut (rki) enthalten bezüglich der anordnung von quarantäne folgende empfehlungen: 5„3.1. definition enger kontaktpersonen 61. aufenthalt im nahfeld des falls (<1,5 m) länger als 10 minuten ohne adäquaten schutz (adäquater schutz = fall und kontaktperson tragen durchgehend und korrekt mns [mund-nasen-schutz] oder ffp2-maske). 72. gespräch mit dem fall (face-to-face-kontakt, <1,5 m, unabhängig von der gesprächsdauer) ohne adäquaten schutz oder direkter kontakt (mit respiratorischem sekret). 83. aufenthalt von kontaktperson (und fall) im selben raum mit wahrscheinlich hoher konzentration infektiöser aerosole unabhängig vom abstand für länger als 10 minuten, auch wenn durchgehend und korrekt mns (mund-nasen-schutz) oder ffp2-maske getragen wurde. 9[…] 103.1.1 beispielhafte konstellationen für enge kontaktpersonen 11[…] 12optional können […] bei schwer zu überblickender kontaktsituation oder nach aufenthalt mit dem bestätigten covid-19-fall in einem raum (auch für eine dauer < 10 minuten) eine ganze gruppe als enge kontaktpersonen klassifiziert werden.“ 13die empfehlungen des rki sahen außerdem bis september 2021 unter punkt 3.2.2 ausdrücklich vor, dass bei engen kontaktpersonen keine verkürzung der quarantäne aufgrund eines tests („freitesten“) erfolgen soll. 14die beklagte stufte die klägerin als enge kontaktperson i.s.d. der genannten rki-kriterien ein und erließ infolgedessen eine quarantäneanordnung. 15diese erhielten die eltern der klägerin am 11.03.2021. in dem schreiben wurde eine häusliche quarantäne der klägerin vom 10.03.2021 bis zum 22.03.2021 angeordnet. das schreiben war mit einer rechtsbehelfsbelehrung versehen. als grund wurde genannt, dass die klägerin kontakt zu einer person gehabt hatte, die mittels eines pcr-tests positiv auf das coronavirus sars-cov-2 getestet worden war oder eine entsprechende symptomatik gezeigt hatte. für die weiteren einzelheiten wird auf den bescheid (bl. 31-33 d.a.) verwiesen. 16die klägerin behauptet, das testergebnis der indexperson sei nicht authentisch, da es nicht vollständig vorgelegt werde. darüber hinaus sei der pcr-test nicht zuverlässig bzw. nicht richtig ausgeführt worden. daher sei schon keine ansteckung der indexperson nachgewiesen. bezogen auf die folgen der quarantäne behauptet sie, dass sie von tag zu tag der quarantäne aggressiver geworden sei und unter heftigen schlafstörungen gelitten habe, sowie, dass der verdacht einer posttraumatischen belastungsstörung bestehe. 17die klägerin ist der ansicht, die voraussetzungen für die anordnung hätten nicht vorgelegen. sie hält den pcr-test für ungeeignet zum nachweis tatsächlicher infektionen und geht davon aus, dass die beklagte noch weitere maßnahmen hätte treffen müssen, um den verdacht einer möglichen infektion zu validieren. außerdem habe der ct-wert des pcr-tests über 25 betragen, weswegen nicht von einer infektiosität der indexperson auszugehen sei. es sei ersichtlich, dass die beklagte keine konkreten nachforschungen getroffen habe, sondern direkt die ganze kindergartengruppe in quarantäne gesandt habe. dies sei nicht rechtmäßig. darüber hinaus sei die anordnung auch ermessensfehlerbehaftet, da die klägerin als kleinkind von covid-19 nicht besonders gefährdet. die anordnung der quarantäne sei daher schon nicht notwendig, jedenfalls aber angesichts des kindesaltes und der mit dem im kindesalter verbundenen einschränkungen nicht angemessen. zudem sei die quarantäne trotz negativen tests zu unrecht nicht verkürzt worden. 18die klägerin beantragt, 19die beklagte zu verurteilen, an sie ein in das ermessen des gerichts gestelltes schmerzensgeld, mindestens jedoch eur 3.000,00 nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 20die beklagte beantragt, 21die klage abzuweisen. 22wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte bezug genommen. 23
24die zulässige klage ist unbegründet. 25der klägerin steht kein anspruch aus § 839 bgb i.v.m art. 34 abs. 1 s. 1 gg i.v.m. § 253 abs. 2 bgb auf schmerzensgeld gegen die beklagte zu. 26es fehlt schon an der dafür erforderlichen amtspflichtverletzung. 27eine amtspflichtverletzung scheidet hier aus, da die quarantäneanordnung vom 11.03.2021 auf einer gesetzmäßigen ermächtigungsgrundlage beruhte, die voraussetzungen für ihren erlass vorlagen und keine ermessensfehler ersichtlich sind. 28gem. § 28 abs. 1 ifsg sind die zuständigen behörden befugt, die notwendigen maßnahmen zum schutz der bevölkerung vor übertragbaren krankheiten zu treffen. insbesondere kann die zuständige behörde gemäß § 30 abs. 1 satz 2 ifsg anordnen, dass kranke, krankheitsverdächtige, ansteckungsverdächtige und ausscheider in einem geeigneten krankenhaus oder in sonst geeigneter weise - hierzu gehört die eigene wohnung - abgesondert werden. die beklagte war als zuständige behörde zum erlass der anordnung zuständig. entgegen der ansicht der beklagten liegt die ermächtigungsgrundlage für den erlass nicht in § 32 ifsg. 29die klägerin wurde zurecht als „ansteckungsverdächtige“ eingestuft. es bestand der verdacht, dass sie sich bei einer anderen person mit covid-19 angesteckt haben könnte. 30die klägerin wendet sich gegen die annahme, dass sie als „ansteckungsverdächtige“ eingestuft wurde. ansteckungsverdächtiger ist eine person, von der anzunehmen ist, dass sie krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder ausscheider zu sein. die aufnahme von krankheitserregern im sinne von § 2 nr. 7 ifsg ist nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts "anzunehmen", wenn der betroffene mit hinreichender wahrscheinlichkeit kontakt zu einer infizierten person oder einem infizierten gegenstand hatte. die vermutung, der betroffene habe krankheitserreger aufgenommen, muss naheliegen. eine bloß entfernte wahrscheinlichkeit genügt nicht. demzufolge ist die annahme eines ansteckungsverdachts nicht schon gerechtfertigt, wenn die aufnahme von krankheitserregern nicht auszuschließen ist. daher kann im fall eines hochansteckenden krankheitserregers, der bei einer infektion zu einer tödlich verlaufenden erkrankung führen kann, gegen die eine wirksame medikamentöse therapie nicht zur verfügung steht, auch eine vergleichsweise geringe übertragungswahrscheinlichkeit genügen (vgl. vg köln, beschlüsse vom 28.5.2021 – 7 l 957/21 juris, rn. 13, vom 31.8.2020 – 7 l 1540/20 juris, rn. 8 mit hinweis auf bverwg, urteil vom 22.3.2012 – 3 c 16/11 juris, rn. 31) 31ob gemessen daran ein ansteckungsverdacht im sinne von § 2 nr. 7 ifsg zu bejahen ist, beurteilt sich unter berücksichtigung der eigenheiten der jeweiligen krankheit und der verfügbaren epidemiologischen erkenntnisse und wertungen sowie anhand der erkenntnisse über zeitpunkt, art und umfang der möglichen exposition der betreffenden person und über deren empfänglichkeit für die krankheit. es ist erforderlich, dass das zugrundeliegende erkenntnismaterial belastbar und auf den konkreten fall bezogen ist. die feststellung eines ansteckungsverdachts setzt voraus, dass die behörde zuvor ermittlungen zu infektionsrelevanten kontakten des betroffenen angestellt hat; denn ohne aussagekräftige tatsachengrundlage lässt sich nicht zuverlässig bewerten, ob eine aufnahme von krankheitserregern anzunehmen ist (vgl. bverwg, urt. v. 22.3.2012, a.a.o., rn. 33; ovg lüneburg, beschluss vom 11. mai 2020 – 13 mn 143/20 –, rn. 26, juris). 32das virus sars-cov-2 ist ein krankheitserreger im sinne von § 2 nr. 1 ifsg, der zur lungenkrankheit covid-19, einer übertragbaren krankheit im sinne von § 2 nr. 3 ifsg führen kann und rechtfertigt daher grundsätzlich die anordnung einer quarantäne als schutzmaßnahme. dies gilt schon vor dem hintergrund, dass das rki dessen einschätzung der gesetzgeber im bereich des infektionsschutzes mit § 4 ifsg besonderes gewicht eingeräumt hat, ausdrücklich quarantäneanordnung bei verdacht auf sars-cov-2 viren empfiehlt. (s. dazu https://www.rki.de/de/content/infaz/n/neuartiges_coronavirus/kontaktperson/management.html;jsessionid=115c35d7b7b0af8c96c660cc4f9d2ba1.internet081?nn=2386228#doc13516162bodytext14). 33die einstufung als „ansteckungsverdächtige“ ist daher zulässig, wenn ein ansteckungsverdacht für covid-19 bestand. ein solcher verdacht hat sich hier daraus ergeben, dass die klägerin am 08.03.2021 kontakt zu einer infizierten person (indexperson) hatte. 34die indexperson war vorliegend ein anderes kind der kita-gruppe. dieses kind der gruppe wurde mittels pcr-test auf covid-19 getestet. die einstufung der indexperson erfolgte aufgrund der meldung des labors über den nachweis des sars-cov-2 virus bei der indexperson. soweit die klägerin bestritten hat, dass das testergebnis authentisch sei, da die zweite seite mit den weiteren details des testergebnisses nicht vorgelegt worden sei, war dies nicht erheblich. auch wenn die zweite seite des tests nicht vorgelegt wurde, ändert dies nicht am deutlich erkennbaren ergebnis des tests. 35der einwand der klägerin, dass eine tatsächliche infektion der indexperson nicht nachgewiesen, weil der pcr-test grundsätzlich nicht zuverlässig sei, verfängt nicht. ein pcr-test gilt laut verbreiteter wissenschaftlicher einschätzung und gerade des rki als extrem zuverlässig. jedenfalls ist ein falsches positives testergebnis unwahrscheinlich. aufgrund des funktionsprinzips von pcr-tests und der hohen qualitätsanforderungen liegt die analytische spezifität bei korrekter durchführung und bewertung bei nahezu 100 %. im rahmen von qualitätssichernden maßnahmen nehmen diagnostische labore an ringversuchen teil. die herausgabe eines klinischen befundes unterliegt einer fachkundigen validierung. nicht plausible befunde werden in der praxis durch testwiederholung oder durch zusätzliche testverfahren bestätigt oder verworfen. bei korrekter durchführung der tests und fachkundiger beurteilung der ergebnisse geht das rki nachvollziehbar von einer sehr geringen zahl falscher positiver befunde aus (siehe https://www.rki.de/shareddocs/ faq/ncov2019/gesamt.html sowie www.rki.de/covid-19-diagnostik; vg regensburg, b.v. 28.10.2020 – ro 14 s 20.2590 – juris; b.v. 18.9.2020 – ro 14 s 20.2260 – juris). aufgrund dessen war die beklagte auch nicht gehalten noch weitere maßnahme zu treffen, um das vorliegen einer infektion zu validieren. sie durfte auf die aussagekraft des pcr-tests vertrauen. 36auch die tatsache, dass beim test der sog. ct-wert über 25 gelegen habe, ändert an dieser einschätzung nichts. insbesondere ergibt sich nicht – wie von der klägerin vorgetragen - schon aus den vorgelegten unterlagen des rki, dass bei einem solchen ct-wert nicht von einer infektiosität der indexperson auszugehen ist. die von der klägerin angeführten richtlinien des rki, bei denen der ct-wert eine rolle spielt, beziehen sich ausdrücklich nur auf fragen des vorzeitigen entlassens aus der quarantäne und gerade nicht die frage der anordnung. 37der darüberhinausgehende einwand der klägerin, dass der pcr-test konkret nicht richtig angewandt worden sei, führt nicht zu einer unrechtmäßigkeit der maßnahme der beklagten. der pcr-test wurde von dem betreffenden labor ausgeführt und der beklagten nur gemeldet. das labor handelte nicht aufgrund einer anweisung der beklagten, sondern hatte nur eine meldepflicht. daher kann ein möglicher fehler bei der durchführung des tests durch das labors nicht der beklagten zugerechnet werden. mit dem positiven testergebnis lag für die beklagte ein hinreichender anhaltspunkt für eine infektion der indexperson vor. 38die beklagte stufte die klägerin berechtigterweise als „enge kontaktperson“ dieser indexperson gemäß den rki-richtlinien ein. es kommt daher auch nicht mehr auf den streitigen umfang der weiteren ermittlungen der beklagten an, da objektiv eine lage gegeben war, die den erlass der quarantäneordnung rechtfertigte. 39nach den richtlinien des rki („3.1. definition einer engen kontaktperson“) ist von einer engen kontaktperson u.a. auszugehen, wenn ein enger kontakt (<1,5 m, nahfeld) länger als 10 minuten ohne adäquaten schutz bestand oder sich beide personen für längere zeit als 10 minuten im selben raum mit wahrscheinlich hoher konzentration von aerosolen aufgehalten haben. darüber hinaus sieht das rki nach 3.1.1. auch die möglichkeit der einstufung als enger kontakt vor, bei personen mit aufenthalt mit dem bestätigten covid-19-fall in relativ beengter raumsituation oder schwer zu überblickender kontaktsituation (zum beispiel schulklassen, gemeinsames schulessen, gruppenveranstaltungen). 40bei lebensnaher betrachtung ist davon auszugehen, dass ein „enger kontakt“ schon nach der definition in 3.1. anzunehmen ist. bei zwei vorschulkindern, die in eine gruppe gehen, ist davon auszugehen, dass sich beide für längere zeit als 10 minuten im selben raum mit wahrscheinlich hoher konzentration von aerosol befunden haben. eine lüftung von kita-räumen findet regelmäßig nicht so häufig statt, dass eine erhöhte aerosolkonzentration ausgeschlossen werden kann. darüber hinaus wurden auch masken aufgrund des alters der kinder nicht benutzt. 41weiterhin ist aber auch die entscheidung der beklagten, für die gesamte kita-gruppe quarantäne anzuordnen, nach dem festgestellten sachverhalt nicht zu beanstanden. entgegen der ansicht der beklagten ist es nicht per se unrechtmäßig ganze gruppen in quarantäne zu senden, wenn eine unübersichtliche kontaktsituation gegeben ist. die richtlinien des rki sehen es ausdrücklich vor, dass eine einstufung von gruppen als „enger kontakt“ aufgrund eines innenraumkontakts möglich ist. auch wenn in den richtlinien des rki beispielhaft nur schulklassen genannt sind, lässt sich dies nach dem sinn und zweck der empfehlung nachvollziehbarerweise auf kita-gruppen übertragen. mehr noch als bei schulklassen lassen sich bei kleinkindern regeln zum abstandhalten nicht einhalten. zudem ist es in diesen fällen praktisch nicht möglich, im nachhinein zu ermitteln, wer mit wem für wie lange kontakt hatte. in dieser lage ist es zulässig und aus gründen des effektiven infektionsschutzes sogar notwendig, einzelne, klare umgrenzte gruppen zu isolieren. 42in der anordnung der quarantäne liegt auch kein verstoß gegen den richtervorbehalt im sinne von art. 104 abs. 2 gg i. v. m. art. 2 abs. 2 satz 2 gg. die häusliche absonderung gemäß § 30 ifsg setzt die „freiwilligkeit“ des betroffenen voraus und begründet deshalb mangels physischer zwangswirkungen keinen eingriff in das grundrecht auf körperliche bewegungsfreiheit. (vgl. dazu bt-drs. 14/2530, s. 75; ovg münster beschl. v. 13.7.2020 – 13 b 968/20.ne, beckrs 2020, 17887 rn. 11, beck-online). 43die anordnung der 14-tägigen quarantäne vom 10.03.21 bis zum 22.03.21 ist nicht zu beanstanden. nach den regeln des rki ist grundsätzlich eine 14-tägige quarantäne vorzusehen. dies erklärt sich mit der inkubationszeit der krankheit von maximal 14 tagen. maßgeblich für den beginn der quarantäne ist der letzte kontakt zwischen index- und kontaktperson. da die klägerin und die indexperson am 08.03.21 das letzte mal zusammen in der kita waren, ist eine anordnung der quarantäne bis zum 22.03 zu recht ergangen. 44die klägerin wendet sich auch dagegen, dass keine verkürzung der quarantänedauer nach der vorlage eines negativen tests möglich war. auch dieser einwand greift jedoch nicht durch. die quarantäne war im vorliegenden fall nicht zu verkürzen. soweit die klägerin sich darauf berufen hat, dass gemäß § 5 abs. 2 der verordnung zur regelung von absonderungen nach § 30 des infektionsschutzgesetzes (quarantäneverordnung nrw) grundsätzlich ein „freitesten“ nach 10 tagen möglich sein soll, greift dies im streitgegenständlichen fall nicht. denn gemäß § 5 abs. 2 quarantäneverordnung nrw soll dies ausdrücklich dann nicht erfolgen, wenn nach den rki-empfehlungen zu kontaktpersonen-nachverfolgung bei sars-cov-2-infektionen von der möglichkeit des freitestens abzusehen ist. eben dies sahen die zum zeitpunkt des erlasses maßgeblichen rki-empfehlungen aber für „enge kontakte“ wie den streitgegenständlichen vor. die empfehlungen des rki sahen unter punkt 3.2.2 - bis september 2021 und damit bis zum erlass der anordnung - ausdrücklich vor, dass bei engen kontaktpersonen keine verkürzung der quarantäne aufgrund eines tests erfolgen soll. ein „freitesten“ war daher in diesen fällen auch beim vorliegen eines negativen tests nicht möglich. 45die beklagte hat hier von ihrem ermessen gebrauch gemacht. ermessenfehler gemäß §§ 40 abs. 1 vwvfg nrw sind nicht ersichtlich. die maßnahme ist insbesondere verhältnismäßig. unter berücksichtigung der von einer kontaktperson ausgehenden potentiellen infektionsgefahr ist die schwerwiegende einschränkung der bewegungsfreiheit noch angemessen. hieran ändert auch die tatsache nichts, dass die klägerin selbst kein erhöhtes risiko einer schweren erkrankung aufweist. bei der quarantäne geht es vorwiegend darum, infektionsketten zu unterbrechen und so mögliche erkrankungen einer unüberschaubaren anzahl weiterer personen zu verhindern. bei der abwägung ist auch einzufaktorieren, dass eine häusliche quarantäne nicht mit einer stationären unterbringung zu vergleichen ist. das kind blieb so in seiner gewohnten umgebung mit seinen eltern als vertrauenspersonen. auch wenn die beschränkung, zwei wochen nicht nach draußen zu dürfen und keinen besuch zu empfangen, schwerwiegend ist, ist die belastung angesichts des begrenzten zeitraums noch angemessen. 46selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die maßnahme – wie die klägerin meint, aufgrund der unzuverlässigkeit des pcr-tests oder unzureichender ermittlungen der beklagten - nicht rechtmäßig wäre, würde es jedoch jedenfalls am verschulden der beklagten mangeln. die beklagte hat sich an die maßgeblichen und seinerzeit aktuellen vorgaben des rki gehalten. da das rki schon vom gesetzgeber als besonders fachkundig eingestuft wird, kann man der beklagten das handeln nach den dort vorgelegten empfehlungen nicht vorwerfen. 47darüber hinaus dürfte ein anspruch (zumindest teilweise) auch gemäß § 839 abs. 3 bgb ausgeschlossen sein, da die klägerin keine mittel des einstweiligen rechtsschutzes erhoben hat. sie hätte einen antrag auf wiederherstellung der ausschiebenden wirkung gemäß § 80 abs. 5 vwgo stellen können. 48die einwände der klägerin dagegen verfangen nicht. insbesondere fehlt es nicht an einer rechtsbehelfsbelehrung. die belehrung über den ordentlichen rechtsweg gemäß § 58 vwgo ist erfolgt. eine darüber hinausgehende belehrung über die möglichkeiten des einstweiligen rechtsschutzes ist nicht notwendig (m.w.n. schoch/schneider/schoch, 40. el februar 2021, vwgo § 80 rn. 262). allerdings dürfte der ausschluss nur insoweit greifen wie der eingetretene schaden kausal auf der nichterhebung der rechtsmittel beruht. es dürfte unwahrscheinlich sein, dass das verwaltungsgericht selbst bei einem stellung eines entsprechenden antrags noch am selben tag entschieden hätte. insofern wäre die nichteinlegung nicht kausal für den gesamten eingetretenen schaden. für welchen zeitraum eine solche kausalität angenommen werden könnte, kann nach dem vorstehenden jedoch im streitgegenständlichen fall offenbleiben. 49der zinsanspruch teilt das schicksal der hauptforderung. 50die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus § 91 abs. 1, 709 s. 1, s. 2, 711 zpo. 51der streitwert wird auf 3.000,00 eur festgesetzt.
Verklagte*r
0
173,494
L 14 R 551/12
2014-07-11T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 04.06.2012 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen die Bescheide vom 27.05.2010, 30.03.2011, 31.05.2011, 28.03.2012, 31.05.2012, 05.06.2013 und 25.11.2013 wird abgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Streitig ist die Höhe der Anrechnung der polnischen Altersrente des Klägers auf seine Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Fremdrentengesetz (FRG). 3Der am 00.00.1932 geborene, als Vertriebener anerkannte Kläger (Vertriebenenausweis A) lebt seit dem 22.08.1994 in der Bundesrepublik Deutschland. Mit Bescheid vom 26.07.1996 (zuletzt in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18.07.2008) bewilligte ihm die Beklagte mit Wirkung ab dem 01.02.1995 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Seine gesamten Versicherungszeiten legte er ausschließlich in Polen zurück. Er steht in Bezug einer polnischen Altersrente, die vom polnischen Versicherungsträger mit Bescheid vom 08.08.1997 gewährt wurde. 4Die Beklagte und der polnische Versicherungsträger hatten ursprünglich vereinbart, dass die polnischen Renten an in Deutschland lebende Berechtigte nicht an diese, sondern über den zuständigen deutschen Träger ausgezahlt werden. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung wurde der sich aus § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG ergebende Ruhensbetrag der deutschen Rente bei der überwiesenen polnischen Rente von der Beklagten einbehalten und gleichzeitig die deutsche Rente voll ausgezahlt. Auf Grund des zum 01.01.2005 in Kraft getretenen Deutsch-Polnischen Doppelbesteuerungsabkommens (BGBl. II 2005, S. 55) zieht der polnische Rentenversicherungsträger vor der Überweisung der polnischen Rente des Klägers nach Deutschland den in Polen anfallenden Steueranteil von der Rente vorweg ab. Mit Wirkung ab dem 01.12.2005 wurde das Rentenauszahlverfahren umgestellt. Der deutsche Rentenzahlbetrag wird nun um den nach § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG ruhenden Teil tatsächlich gemindert. Die polnischen Versicherungsleistungen werden seitdem unmittelbar an die Versicherten überwiesen. 5Mit Bescheid vom 09.06.2009 stellte die Beklagte die Altersrente des Klägers mit Wirkung ab dem 01.09.2007 neu fest. Für die Zeit vom 01.03.2008 bis 31.07.2009 wurde eine Überzahlung von 630,02 EUR festgesetzt, die zu erstatten sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich die Höhe der nach § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG anzurechnenden polnischen Rente ab 01.03.2008 und ab 01.03.2009 geändert habe. Die Aufhebung erfolge gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). 6Hiergegen erhob der Kläger am 13.07.2009 Widerspruch, der nicht begründet wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2010 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. 7Mit Änderungsbescheiden vom 27.05.2010, 30.03.2011, 31.05.2011, 31.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.2012, Bescheid vom 28.03.2012, Bescheid vom 05.06.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2013 und Bescheid vom 25.11.2013 wurde die Rentenhöhe ab 01.03.2010, 01.07.2010, 01.07.2011, 01.12.2011, 01.07.2012 bzw. 01.03.2013 aufgrund einer Änderung in der Höhe der anzurechnenden polnischen Rente jeweils neu festgestellt. 8Am 23.03.2010 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Köln (Az.: S 33 R 395/10) Klage erhoben. Er hat die Ansicht vertreten, dass für die Anrechnung der polnischen Rente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG der tatsächliche (Netto-)Auszahlungsbetrag maßgeblich sei. Die von den polnischen Behörden vorgenommenen Steuerabzüge und der vom polnischen Rentenversicherungsträger gewährte Pflegezuschlag dürften nicht zu seinen Lasten berücksichtigt werden. Die angerechnete Netto-Rente beinhalte - ausweislich einer Bescheinigung des polnischen Rentenversicherungsträgers vom 11.05.2011 - eine Pflegezulage in Höhe von 186,71 Zloty. Zudem seien bei der Umrechnung der polnischen Rente die Wechselkurse der polnischen Staatsbank zugrunde zu legen. Die Beklagte habe bis zum 01.01.2005 die gesamte Rentensumme an den Kläger ausgezahlt. Anschließend habe sie mitgeteilt, dass der Kläger nun den aus Polen ihm zustehenden Rentenanspruch direkt von der polnischen Rentenversicherung erhalten werde. In der ergänzenden Begründung des Bescheides vom 20.10.2005 habe die Beklagte dem Kläger zugesichert, dass die Ansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten im Ergebnis nicht zu seinem Nachteil verändert würden. Dem Kläger entstehe aber vorliegend ein Nachteil, sofern die Beklagte die polnische Bruttoleistung um- und anschließend anrechne. Denn der steuerliche Abzug bleibe davon unberücksichtigt, d.h. der Kläger erhalte im Ergebnis weniger als ihm früher von der Beklagten zugestanden und ausgezahlt worden sei. Die Umstellung durch die Beklagte, wonach der Kläger seit 2005 direkt aus Polen eine Rente beziehe, könne nicht dazu führen, dass sich seine bis dahin in Deutschland bezogene Rente mindere. Hier müsse dem Kläger die Differenz durch die Beklagte ausgeglichen werden. Ferner sei in einem früheren Verfahren beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen ein Vergleich geschlossen worden, der die Beklagte verpflichte, die Umrechnung der polnischen Rente nach dem offiziellen Umrechnungskurs der Europäischen Zentralbank bzw. der Deutschen Bundesbank taggenau zu ermitteln. Dem komme die Beklagte nicht nach, sondern lege den Umrechnungskurs der Citi Bank Warschau zugrunde. Hierdurch entstehe dem Kläger ein finanzieller Nachteil. Zudem vertrete die Beklagte zu Unrecht die Ansicht, sie müsse den Umtauschkurs zum Anpassungsjahr zugrunde legen. Denn der polnische Rentenversicherungsträger überweise die Rente nicht nach dem Jahreskurs, sondern nach dem Tageskurs der Überweisung. Dem Kläger dürfe kein Nachteil dadurch entstehen, dass die Rentenauszahlung zwischen dem polnischen und deutschen Rentenversicherungsträger aufgeteilt werde. Ausweislich des Schreibens vom 10.12.1991 habe die Beklagte dem Kläger versichert, dass er als Vertriebener Differenzen bei der Rentenzahlung vom deutschen Rentenversicherungsträger bezahlt bekomme. Hiermit stehe es in Einklang, dass die Beklagte mit Schreiben vom 27.06.2005 dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziales mitgeteilt habe, dass das vor und nach dem 01.01.2005 praktizierte Rentenauszahlverfahren in der Summe zum gleichen Rentenzahlbetrag führe. Gleiches habe die Beklagte im Bescheid vom 20.10.2005 geäußert. 9Der Kläger hat beantragt, 10den Bescheid vom 09.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2010 abzuändern und bei der Berechnung der deutschen Rente nur den vollen Nettobetrag der polnischen Rente (ohne Steuerabzüge und ohne Abzug der Pflegezulage) zugrunde zu legen. 11Die Beklagte hat beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Sie hat auf die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27.11.2009 (Az.: L 14 R 65/07) Bezug genommen. Bei den Neuberechnungen sei - unter Hinweis auf die polnischen Rentenbescheide - jeweils nur der im polnischen Rentenbescheid ausgewiesene Bruttorentenbetrag berücksichtigt worden. Von diesem Bruttorentenbetrag ziehe der polnische Versicherungsträger die Steuer ab und rechne dann erst die Pflegezulage hinzu. Bei Anwendung der Doppelleistungsbestimmungen sei grundsätzlich von dem Betrag auszugehen, der dem Berechtigten als Leistung der Rentenversicherung zustehe, also der Betrag der ausländischen Rente vor Abzug von Steuern oder sonstiger Abgaben oder Abzüge. Es sei allein auf die Leistung des Rentenversicherungsträgers abzustellen. Andernfalls würde die Beklagte die Steuerlast des Berechtigten in den Fällen übernehmen, in denen das ausländische Steuerrecht einen Vorwegabzug bei der Rente vorsehe. Die Verwendung des Wortes "ausgezahlt" in § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG stehe dem nicht entgegen. Dieser beziehe sich darauf, dass die ausländische Rente nicht nur bewilligt, sondern auch tatsächlich gezahlt werde. Die Umrechnung der Rente sei nach den von der Europäischen Zentralbank veröffentlichten Referenzwechselkursen für die jeweiligen Bezugszeitpunkte vorzunehmen. Die Umrechnung der polnischen Nettorente in Euro erfolge durch die Hausbank des Klägers zum Tageskurs im Zeitpunkt der Überweisung vom polnischen Versicherungsträger an den Kläger. Hieraus ergäben sich zwangsläufig Differenzen zwischen den tatsächlich überwiesenen Eurobeträgen und den auf die deutsche Rente anzurechnenden Beträgen. Die Änderung des Verfahrens zur Ruhensbestimmung des § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG im Jahre 2005 sei notwendig geworden, da der polnische Versicherungsträger auf Grund des zum 01.01.2005 in Kraft getretenen Deutsch-Polnischen Doppelbesteuerungsabkommens vor der Überweisung der polnischen Rente nach Deutschland den in Polen anfallenden Steueranteil von der Rente abgezogen habe und nur noch der dadurch verringerte Nettoauszahlungsbetrag der Rente nach Deutschland überwiesen worden sei. Dieser habe für die bis dahin aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung durchgeführte Einbehaltung des sich aus § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG ergebenen Ruhensbetrages der deutschen Rente bei der überwiesenen polnischen Rente (neben der gleichzeitigen Auszahlung der vollen deutschen Rente) nicht mehr ausgereicht. 14Mit Urteil vom 04.06.2012 hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert sei, denn die angefochtenen Bescheide seien nicht rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X für die Aufhebung bzw. Abänderung der früheren Bescheide seien gegeben. Nach dieser Vorschrift solle ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben werden, soweit nach AntragsteIlung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden sei, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Dies sei vorliegend der Fall, da sich die Höhe der anzurechnenden polnischen Rente ab 01.03.2008 und ab 01.03.2009 geändert habe. Die Beklagte habe auch bei der Berechnung der anzurechnenden polnischen Rente zutreffend den Betrag der polnischen Rente vor Abzug der Steuern zu Grunde gelegt. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG ruhe dann, wenn dem Berechtigten von einem Träger der Sozialversicherung oder einer anderen Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland für die nach Bundesrecht anzurechnenden Zeiten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder anstelle einer solchen eine andere Leistung gewährt werde, die Rente des in Euro umgerechneten Betrages, der als Leistung des Trägers der Sozialversicherung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausgezahlt werde. Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Regelung sei die Vermeidung von Doppelleistungen. Der Begriff "ausgezahlt" könne nur dahin verstanden werden, dass ein Ruhen der deutschen Rente in Höhe eines entsprechenden Anteils des Betrages erfolgen solle, der als tatsächliche Leistung des fremden Rentenversicherungsträgers - und nicht nur als fiktiv errechnete Leistung - zur Auszahlung komme. Dieser umfasse jede dem Versicherten direkt oder indirekt aus dem Versicherungsverhältnis seitens des ausländischen Versicherungsträgers zufließende Leistung, nicht dagegen nur die dem Kläger ausgezahlte Rentenleistung. Eine indirekte Leistung des Rentenversicherungsträgers könne auch in einer durch zulässige gesetzliche Bestimmungen angeordneten Tilgung einer Schuld des Versicherten gegenüber Dritten liegen. Dies sei bei der Erfüllung der in Polen entstandenen persönlichen Steuerschuld des Klägers durch den polnischen Versicherungsträger aufgrund gesetzlicher Anordnung der Fall, ähnlich wie auch im Fall einer Verrechnung nach § 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), bei der dem Versicherten der wirtschaftliche Wert des vollen Rentenanspruchs zufließe, ein Teil des Zahlbetrages infolge der Verrechnungserklärung aber nicht an ihn ausgekehrt werde, sondern den Untergang einer gegen ihn bestehenden Verrechnungsforderung bewirke. Unter dem vom ausländischen Versicherungsträger ausgezahlten Betrag im Rahmen von § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG sei daher der Bruttorentenbetrag zu verstehen. Dass nur diese Auslegung der Ruhensbestimmung zutreffe, ergebe sich weiter aus der Überlegung, dass es ohne Vorwegabzug der Steuerschuld bei voller Auszahlung des polnischen Rentenbetrages und erst nachträglicher Begleichung der individuellen polnischen Steuerschuld durch den Kläger - also ohne Vorwegabzug in Polen - ebenfalls zu einer Anrechnung des Bruttorentenbetrages im Rahmen von § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG käme. Es sei kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass die Beklagte und mit ihr die Versichertengemeinschaft diese dem Kläger obliegende polnische Steuerschuld zu tragen habe. Die dem Kläger vom polnischen Staat auferlegten Steuerpflichten könnten nicht dazu führen, dass sich die von der Beklagten auszuzahlende Rentenleistung erhöhe (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 13.11.2011, Az.: L 13 R 890/10; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 27.11.2009, Az.: L 14 R 65/07). Soweit der Kläger rüge, dass die Beklagte bei der Bruttorente ebenfalls den vom polnischen Rentenversicherungsträger gewährten Pflegezuschlag angerechnet habe, sei dies unzutreffend. Die vom polnischen Versicherungsträger ab September 2007 gewährte Pflegezulage sei zu keiner Zeit bei der Anrechnung des polnischen Bruttorentenbetrages mit eingerechnet worden. Bei den Neuberechnungen sei nämlich nur der im jeweiligen polnischen Rentenbescheid ausgewiesene Bruttorentenbetrag berücksichtigt worden. Von diesem Bruttorentenbetrag ziehe der polnische Versicherungsträger die Steuer ab und rechne erst dann die Pflegezulage hinzu. 15Nach Zustellung des Urteils am 18.06.2012 hat der Kläger am 04.07.2012 Berufung eingelegt. Er nimmt auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug und führt ergänzend aus, dass kein Einkommen oder Vermögen i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X erzielt worden sei, das zum Wegfall oder zur Minderung des Rentenanspruchs geführt habe. Denn der Kläger habe weniger Rentenleistungen erzielt als zuvor. Ferner rechne die Beklagte den Pflegezuschlag an, da dieser in der Netto-Rente enthalten sei. 16Nach rechtlichem Hinweis des Senats hat der Beklagten-Vertreter im Verhandlungstermin am 11.07.2014 die Widerspruchsbescheide vom 24.10.2012 und 11.10.2013 aufgehoben. 17Der Kläger beantragt, 18das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 04.06.2012 zu ändern und den Bescheid vom 09.06.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2010 und die Bescheide vom 27.05.2010, 30.03.2011, 31.05.2011, 28.03.2012, 31.05.2012, 05.06.2013 und 25.11.2013 dahingehend zu ändern, dass bei der Berechnung der deutschen Rente des Klägers nur der Netto-Betrag der polnischen Rente (ohne Steuerabzüge und ohne Abzug der Pflegezulage) zugrunde gelegt wird. 19Die Beklagte - die sich dem angefochtenen Urteil anschließt - beantragt, 20die Berufung zurückzuweisen. 21Sie nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug und führt ergänzend aus, dass sich die im Schreiben vom 10.12.1991 genannte "Differenz" darauf bezog, dass bei FRG-Berechtigten früher höhere deutsche Rentenleistungen aus den polnischen Zeiten nach dem FRG zu erwarten gewesen seien, als die polnische Rente aus diesen polnischen Zeiten. Keineswegs könne dem Schreiben entnommen werden, dass § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG nicht anzuwenden sei oder dass die Differenz zwischen der Brutto- und der Nettorente ausgeglichen würde. Diese Frage könne auf keinen Fall gemeint gewesen sein, da die polnischen Renten damals noch keinem Abzug von Steuern unterlegen hätten. Auch die Mitteilung aus dem Juni 2005 führe nicht weiter. Sie sei dem Bescheid beigefügt gewesen, in dem erstmalig die Berechnung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG durch die tatsächliche Kürzung der deutschen Rente bei gleichzeitiger Auszahlung der polnischen Rente erfolgt sei. Das bis 2005 durchgeführte vereinfachte Verfahren sei wegen der Einführung der Besteuerung der polnischen Renten umgestellt worden. 22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakten und der beigezogenen Gerichtsakten des Sozialgerichts Köln (Az.: S 5 R 1851/12, S 5 R 1675/13 ER, S 5 R 1674/13, S 5 R 1782/12, S 33 R 382/10), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen. 23Entscheidungsgründe: 24Die zulässige Berufung ist unbegründet. 251.) Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 09.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2010, mit dem die Beklagte die Rente ab 01.09.2007 neu festsetzte, die ursprüngliche Rentenbewilligung gemäß § 48 SGB X teilweise aufhob, eine Überzahlung für die Zeit vom 01.03.2008 bis 31.07.2009 feststellte und diese zurückforderte. Gemäß § 96 Abs. 1 SGG wurden jedoch auch die Bescheide vom 27.05.2010, 30.03.2011, 31.05.2011, 28.03.2012, 31.05.2012, 05.06.2013 und 25.11.2013 - noch während des laufenden sozialgerichtlichen Verfahrens - Gegenstand des Verfahrens, da diese Bescheide den Bescheid vom 09.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2010 jeweils abändern und teilweise für die Rentenbezugszeiten ab 01.03.2010, 01.07.2010, 01.07.2011, 01.12.2011, 01.07.2012 und 01.03.2013 ersetzt haben (§ 96 SGG, § 153 Abs. 1 SGG; vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 19.08.2009, Az.: L 13 R 434/09). Diese Bescheide sind damit insgesamt Gegenstand des Rechtsstreits geworden, auch soweit sie eine Überzahlung feststellen (vgl. Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 02.05.2012, Az.: L 10 R 169/09). 262.) Zu Recht hat das Sozialgericht die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage abgewiesen. Der Bescheid vom 09.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2010 in der Fassung der Bescheide vom 27.05.2010, 30.03.2011, 31.05.2011, 28.03.2012, 31.05.2012, 05.06.2013 und 25.11.2013 beschwert den Kläger nicht, weil er nicht rechtswidrig ist, § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der mit der von der Beklagten darin getroffenen Regelung verbundene Eingriff in die Rechtssphäre des Klägers ist durch eine (verfassungsgemäße) Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Die Beklagte hat gegen den monatlichen Rentenzahlungsanspruch des Klägers den Einwand der Doppelzahlung aus § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG auch insoweit zutreffend erhoben, als sie festgestellt hat, dass der monatliche Rentenzahlbetrag auch in Höhe desjenigen Betrages ruht, den der polnische Rentenversicherungsträger monatlich von der polnischen Altersrente als Vorauszahlung auf die (Jahres-)Steuerschuld des Klägers an die polnischen Finanzbehörden abführt. 27a) Für die Zeit ab Bekanntgabe des Bescheides vom 09.06.2009 bzw. der Änderungsbescheide vom 27.05.2010, 30.03.2011, 31.05.2011, 28.03.2012, 31.05.2012, 05.06.2013 und 25.11.2013 durfte die Beklagte die zuletzt mit Bescheid vom 18.07.2008 bewilligte Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufheben. Nach dieser Vorschrift ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung (aa.) vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (bb.), der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, ohne dass ein Ermessen bestünde (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2012, Az.: L 18 KN 249/11). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. 28aa.) Die Rentenbewilligung des Klägers gründet auf einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, da mit ihm ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten begründet worden ist. Die Rentenbewilligung war zunächst auch rechtmäßig, sodass sich die Rücknahme des Verwaltungsakts nach den Voraussetzungen des § 48 SGB X und nicht nach § 45 SGB X richtet. 29bb.) Der erhöhte Auszahlbetrag der polnischen Rente zum 01.03.2008 (bzw. 01.03.2010, 01.07.2010, 01.12.2011, 01.07.2011, 01.07.2012, 01.03.2013) stellt eine wesentliche, rechtserhebliche Änderung der Verhältnisse dar (vgl. BSG, Urteil vom 30.06.1997, Az.: 8 RKn 28/95), die nach dem Erlass des Rentenbescheids vom 18.07.2008 eingetreten ist. 30Das Recht des Klägers auf (deutsche) Altersrente für schwerbehinderte Menschen ruht in Höhe des vollen Betrags der polnischen Altersrente, der sich vor Abzug der polnischen Steuern ergibt. Dies folgt aus § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG ruht dann, wenn dem Berechtigten von einem Träger der Sozialversicherung oder einer anderen Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland für die nach Bundesrecht anzurechnenden Zeiten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder anstelle einer solchen eine andere Leistung gewährt wird, die Rente in Höhe des in Euro umgerechneten Betrages, der als Leistung des Trägers der Sozialversicherung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausgezahlt wird. Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Regelung ist die Vermeidung von Doppelleistungen (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 09.04.2013, Az.: L 13 R 821/11). 31(a) Diese Regelung findet auf den vorliegenden Sachverhalt Anwendung. Das Konkurrenzverhältnis der nebeneinander bestehenden Ansprüche auf Altersrente aus Deutschland und Polen bestimmt sich trotz Mitgliedschaft beider Staaten in der Europäischen Union (EU) nicht nach den Vorschriften der einschlägigen europäischen Verordnungen, sondern weiter nach Art. 19 Abs. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 08.12.1990 (im Folgenden: Abk. Polen SozSich. 1990), das durch das (Zustimmungs-)Gesetz vom 18.06.1991 (BGBl. II 741, geändert durch Art. 2 Nr. 10 des Gesetzes zur Umsetzung von Abkommen über Soziale Sicherheit und zur Änderung verschiedener Zustimmungsgesetze vom 27.04.2002, BGBl. I 1464) in innerstaatliches Recht transformiert worden und am 01.10.1991 in Kraft getreten ist (BGBl. II 1072). Art. 19 Abs. 4 Abk. Polen SozSich. 1990 bestimmt, dass die deutschen Auslandsrentenvorschriften (hinsichtlich der außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten Zeiten) und das Fremdrentengesetz auch in Abkommensfällen (weiter) anzuwenden sind. Diese Regelung des Abk. Polen SozSich. 1990 gilt nach dem 01.05.2004 (Beitritt Polens zur EU) weiter (vgl. hierzu ausführlich Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.11.2013, Az.: L 18 KN 206/10). 32(b) Hiernach darf (bzw. muss) die Beklagte den - aus dem bestandskräftig auch der Höhe nach festgestellten (Stamm-)Recht auf (Alters-)Rente sich ergebenden - monatlichen Zahlungsansprüchen des Klägers die Einwendung des Ruhens (wegen Doppelleistung) nach § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG - entgegen der Auffassung des Klägers - auch in Höhe der von dem polnischen Rentenversicherungsträger aus der polnischen Altersrente monatlich abgeführten Steuervorauszahlungen entgegenhalten (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.11.2013, Az.: L 18 KN 206/10). 33Der Begriff "ausgezahlt" in § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG stellt auf die tatsächliche Gewährung der ausländischen Rente ab (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.11.2013, Az.: L 18 KN 206/10). Er ist dahin zu verstehen, dass ein Ruhen der deutschen Rente in Höhe eines entsprechenden Anteils des Betrages erfolgen soll, der als tatsächliche Leistung des fremden Versicherungsträgers - und nicht nur als fiktiv errechnete Leistung - zur Auszahlung kommt. Diese umfasst jede dem Versicherten direkt oder indirekt aus dem Versicherungsverhältnis seitens des ausländischen Versicherungsträgers zufließende Leistung, nicht dagegen, wie der Kläger meint, nur die ihm ausgezahlte Rentenleistung. Eine indirekte Leistung des Rententrägers kann auch in einer durch zulässige gesetzliche Bestimmungen angeordneten Tilgung einer Schuld des Versicherten gegenüber Dritten liegen. Dies ist bei der Erfüllung der in Polen entstandenen persönlichen Steuerschuld des Klägers durch den polnischen Versicherungsträger auf Grund gesetzlicher Anordnung der Fall, ähnlich wie auch im Fall einer Verrechnung nach § 52 SGB I, bei der dem Versicherten der wirtschaftliche Wert des vollen Rentenanspruchs zufließt, ein Teil des Zahlbetrages infolge der Verrechnungserklärung aber nicht an ihn ausgekehrt wird, sondern den Untergang einer gegen ihn bestehenden Verrechnungsforderung bewirkt. Unter dem vom ausländischen Versicherungsträger "ausgezahlten" Betrag im Rahmen von § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG ist daher der Bruttorentenbetrag zu verstehen (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.11.2013, Az.: L 18 KN 206/10; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 09.04.2013, Az.: L 13 R 821/11; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 27.11.2009, Az.: L 14 R 65/07; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.12.2011, Az.: L 2 R 5754/10). 34Diese Auslegung des Wortlauts wird zunächst durch systematische steuerrechtliche Überlegungen bestätigt: Wenn die Steuervorauszahlung wie hier vom zustehenden Gesamtbetrag der Rente erhoben wird, zeigt das, dass dem Versicherten (zuvor) die gesamte Rente zufließt, sonst könnte sie der Steuerbemessung nicht zugrunde gelegt werden: Der ihm zustehende (vollständige) Anspruch auf Rente ist die Bemessungsgrundlage für seine Steuervorauszahlung (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.11.2013, Az.: L 18 KN 206/10). 35Es entspricht weiter einem allgemeinen rechtssystematischen (auch: europarechtlichen) Grundsatz, dass im Falle der Anrechnung von Sozialleistungen die Anrechnung des "Bruttobetrages" erfolgt. Dies ergibt sich beispielsweise europarechtlich aus den Regelungen in Art. 46a Abs. 2 b) der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und Art. 53 Abs. 3 b) der Verordnung (EG) Nr. 883/04. In beiden Vorschriften ist ausdrücklich geregelt, dass von einem anderen Mitgliedsstaat zu zahlende Leistungen "vor Abzug von Steuern" zu berücksichtigen sind. Auch im deutschen Recht gibt es zahlreiche Vorschriften, die (meist zur Vermeidung von Doppelleistungen) das Ruhen von Sozialleistungen regeln, z.B. §§ 142 ff. SGB III, § 49 SGB V, § 53 SGB VII und § 34 SGB XI. Soweit darin (z.B. in § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) die "Anrechnung" von steuerpflichtigen Leistungen wie Arbeitsentgelt geregelt ist, ist immer das Bruttoentgelt gemeint (vgl. § 14 Abs. 1 und 2 SGB IV; vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.11.2013, Az.: L 18 KN 206/10). 36Schließlich entspricht das Ergebnis auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Die Vorschrift dient der Vermeidung von Doppelleistungen (BT-Drucks. 3/1109, Begründung zu §§ 11, 31 FRG). Eine solche Doppelleistung liegt immer dann vor, wenn der Empfänger eine Leistung zweimal erhält. Würde, wie der Kläger meint, auf die deutsche Altersrente nur die polnische "Nettorente" angerechnet, erhielte der Kläger die Altersrente in Höhe des Differenzbetrags zur polnischen "Bruttorente" tatsächlich (aus den gleichen rentenrechtlichen Zeiten) zweifach, nämlich einmal von dem polnischen Rentenversicherungsträger (durch Überweisung auf sein "Steuerkonto") und erneut vom deutschen Rentenversicherungsträger durch Überweisung auf sein Girokonto. Genau das soll nach dem Sinn und Zweck der Norm verhindert werden. Der Kläger ist durch die Rentenleistungen aus zwei Staaten (bei Export der polnischen Rente) zwei verschiedenen Rechtsordnungen und deren jeweiligen Regelungen unterworfen. Dass die deutsche Versichertengemeinschaft die polnische Steuer des Klägers nicht zu tragen hat, folgt nicht etwa aus dem Sinn und Zweck der Regelung, sondern ist deren zwangsläufige Folge (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.11.2013, Az.: L 18 KN 206/10). 37Auf seine deutsche Staatsangehörigkeit und auf seine Vertriebeneneigenschaft kann sich der Kläger nicht berufen. Die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland auf Grund der individuellen Lebenssachverhalte bei dem Kläger entstandenen Steuer- und Abgabenlasten werden davon nicht berührt (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 09.04.2013, Az.: L 13 R 821/11). 38Ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Die durch das FRG begründeten Rentenanwartschaften unterliegen nach der Rspr. des BVerfG (Entscheidung vom 13.06.2006, Az.: 1 BvL 9/00) nicht dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, wenn ihnen - wie im Fall des Klägers - ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.11.2013, Az.: L 18 KN 206/10). 39b) Der Bescheid vom 09.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2010 in der Fassung der Bescheide vom 27.05.2010, 30.03.2011, 31.05.2011, 28.03.2012, 31.05.2012, 05.06.2013 und 25.11.2013 ist rechtmäßig, soweit - rückwirkend - der Zeitraum ab dem 01.09.2007 bis zur Bekanntgabe des streitgegenständlichen (Änderungs-)Bescheides betroffen ist. 40Die Entscheidung der Beklagten beruht auf § 48 Abs. 1 Satz 1, 2 und 3 SGB X i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll (vgl. nachfolgend bb.) ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den zum Zeitpunkt seines Erlasses vorgelegenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten ist, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X), nach Antragstellung oder Erlass des Bescheides Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs.1 Satz 2 Nr. 3 SGB X; vgl. nachfolgend aa.) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (§ 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X). 41Die Beklagte war hiernach zur Aufhebung berechtigt. 42aa.) Der Bescheid vom 18.07.2008 stellt einen Dauerverwaltungsakt dar nach dessen Erlass - wie vorstehend ausgeführt - durch die erhöhten polnischen Rentenleistungen eine wesentliche, rechtserhebliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. 43Die Aufhebung des Bewilligungsbescheides mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse kann auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X (analog) gestützt werden. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB X gilt nach dem Wortlaut zwar nur für die Berücksichtigung von Einkommen/Vermögen, das zum "Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs" geführt haben würde; er ist aber auf Ruhensregelungen, die wie § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG den Anspruch als solchen nicht berühren, analog anzuwenden (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 22.04.1992, Az.: 5 RJ 77/90; Bayerisches Landessozialgerichts, Urteil vom 19.08.2009, Az.: L 13 R 434/09). 44bb.) Die Beklagte war berechtigt, die Rentenbewilligung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X aufzuheben. 45Die angefochtenen Aufhebungsentscheidungen der Beklagten sind nicht als ermessensfehlerhaft anzusehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bedeutet das "soll" in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, dass der Rentenversicherungsträger den Verwaltungsakt im Regelfall ("typischer Fall") rückwirkend aufzuheben hat. Liegt jedoch ein Ausnahmefall (sog. "atypischer Fall") vor, so ist eine Ermessensentscheidung darüber zu treffen, ob und in welchem Umfang von der gegebenen Aufhebungsmöglichkeit abgesehen werden kann. Anders als bei § 45 SGB X enthält also § 48 SGB X nicht für alle, sondern nur für "atypische Fälle" eine Verpflichtung zur Ermessensausübung. Die Prüfung, ob ein solcher "atypischer Fall" vorliegt, ist nicht Teil der Ermessensentscheidung, sondern gerichtlich in vollem Umfang nachprüfbar. Das Gericht darf den angefochtenen Bescheid wegen fehlender Ermessensausübung aufheben, wenn die Prüfung ergibt, dass ein "atypischer Fall" gegeben ist und das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden ist (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 26.10.2012, Az.: L 5 R 111/12 unter Hinweis auf die stdg. Rspr. des BSG). Hier sind bereits keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass ein atypischer Fall vorliegt, der der Beklagten Ermessen einräumen könnte. Auch der Kläger hat dahingehend nichts vorgetragen. 46cc.) Die Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 SGB X ist gewahrt. Die Aufhebung war insbesondere gemäß § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X auch jenseits der 10-Jahresfrist möglich, da die Geldleistung in diesem Sinne bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Aufhebung gezahlt worden ist. 47Anhaltspunkte, dass die Jahresfristregelung nach § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X nicht gewahrt wurde, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil ging der Beklagten am 30.04.2009 die Erklärung des polnischen Versicherungsträgers bezüglich der geänderten Höhe der anrechenbaren polnischen Rente zu, die die Beklagte mit Bescheid vom 09.06.2009 fristgemäß umsetzte. 48c.) Die Beklagte setzt sich mit der streitgegenständlichen Aufhebungsentscheidung nicht in Widerspruch zu in der Vergangenheit zu Gunsten des Klägers erfolgten Zusicherungen i.S.v. § 34 SGB X. 49Entgegen der Ansicht des Klägers folgt aus dem Schreiben der Beklagten vom 10.12.1991 an den Kläger, dem Schreiben vom 27.06.2005 an das Bundesministerium für Gesundheit und Soziales und dem Bescheid vom 20.10.2005 keine Selbstbindung der Beklagten, die einer Aufhebung hier entgegenstünde. 50Zu unterscheiden ist diesbezüglich zwischen einer - unverbindlichen - Auskunft i.S. von § 15 SGB I und einer Zusicherung i.S. von § 34 SGB X. Auskunft und Zusicherung unterscheiden sich nach Inhalt und Wirkung voneinander. Während die Zusicherung einen Verwaltungsakt mit Verpflichtungswillen darstellt, gerichtet auf Erlass oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes, handelt es sich bei der Auskunft um eine "Wissenserklärung", die sich in der Mitteilung des Wissens erschöpft und sich vom Verwaltungsakt durch das Fehlen eines Regelungswillens unterscheidet. Es fehlt der Verpflichtungswille, weil die Auskunft nicht auf Setzung einer Rechtsfolge gerichtet ist. Eine Zusicherung i.S. des § 34 SGB X ist eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Sie hat die Aufgabe, dem Adressaten als verbindliche Zusage über das zukünftige Verhalten der Verwaltungsbehörde bei Erlass des Verwaltungsaktes Gewissheit zu verschaffen. Die Zusicherung ist demnach eine Selbstverpflichtung der Behörde zu einem späteren Tun oder Unterlassen. Die Auslegung, ob ein Verwaltungsakt erlassen werden sollte und mit welchem Inhalt, richtet sich nach den für Willenserklärungen maßgebenden Auslegungsgrundsätzen. Dabei ist § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) heranzuziehen. Hiernach ist das gesamte Verhalten des Erklärenden zu berücksichtigen; neben dem Erklärungswortlaut kommt es auch auf die Begleitumstände, insbesondere dem Zweck der Erklärung an. Das danach maßgebende Gesamtverhalten des Erklärenden ist vom Standpunkt dessen zu bewerten, für den die Erklärung bestimmt ist. Maßgebend ist somit nicht der innere, sondern der erklärte Wille, wie ihn bei objektiver Würdigung der Empfänger verstehen konnte. Entscheidend ist also nicht, was die Verwaltung mit ihrer Erklärung gewollt hat, sondern wie der Empfänger sie verstehen durfte; andererseits kann der Empfänger sich nicht darauf berufen, er habe die Erklärung in einem bestimmten Sinne verstanden, wenn diese objektiv - unter Berücksichtigung aller Umstände - nicht so verstanden werden konnte (vgl. m.w.N. BSG, Urteil vom 08.12.1993, Az.: 10 RKg 19/92). 51Ausgehend hiervon enthalten die vom Kläger in Bezug genommen Schreiben der Beklagten nur - unverbindliche - Auskünfte. 52aa) Das Schreiben vom 10.12.1991 führt zwar aus, dass "Differenzen bei der Rentennachzahlung vom deutschen Rentenversicherungsträger gezahlt werden". Hierbei wird indes nicht auf eine bereits geprüfte Rentenberechtigung des Klägers abgestellt. Eine dahingehende Prüfung hatte - für den Kläger erkennbar - zu diesem Zeitpunkt noch nicht stattgefunden. Das Schreiben ist seinem Inhalt nach allgemein gehalten und nicht auf den konkreten Fall bezogen. Es ist deshalb nicht geeignet, eine mit Sicherheit eintretende Regelung im Einzelfall des Klägers mit bestimmtem Inhalt in Aussicht zu stellen. Es wird dort nicht ausgesagt, unter welchen weiteren Voraussetzungen die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Rentenleistungen bewilligen werde. Vielmehr nahm die Beklagte Bezug auf eine Anfrage des Klägers vom 23.09.1991, in der er um Auskunft bat, welche Gesetze und Vorschriften seiner Rentenberechnung bei einer Übersiedlung in die Bundesrepublik zugrunde gelegt werden. Das Schreiben vom 10.12.1991 enthält nicht mal die Zusage, einen Rentenbescheid zu erlassen. Es ist inhaltlich auf die Darstellung der damaligen Rechtslage beschränkt. 53bb) Nichts anderes gilt in Bezug auf das Schreiben vom 27.06.2005 an das Bundesministerium für Gesundheit und Soziales. Ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger nicht Adressat dieses Schreibens ist, teilte die Beklagte mit, dass sowohl das bis zum 30.11.2005 praktizierte Auszahlverfahren als auch die ab 01.12.2005 geübte Praxis "zum gleichen Rentenzahlbetrag" führe. Hierbei handelt es sich bereits um keine unzutreffende Mitteilung, da der ausgezahlte Betrag jeweils identisch ist; einzig mit dem Unterschied, dass ab dem 01.12.2005 die polnische Rente anteilig zur Tilgung der polnischen Steuerschuld unmittelbar vom polnischen Versicherungsträger an die polnische Finanzverwaltung überwiesen wird. Gleiches wird im Bescheid vom 20.10.2005 bestätigt, wenn dort ausgeführt wird, dass "(die) Minderung der Summe der Rentenzahlbeträge aus deutscher und polnischer Rente ( ) ausschließlich auf dem von den polnischen Behörden vorgenommenen bzw. vorzunehmenden Steuerabzug (beruht)." 54d.) Da die Aufhebung der Bewilligung rechtmäßig ist, durfte die Beklagte insoweit die überzahlte Leistung nach § 50 Abs. 1 SGB X zurückfordern. 55aa) Soweit der Kläger rügt, dass die Beklagte bei der Bruttorente ebenfalls den vom polnischen Rentenversicherungsträger gewährten Pflegezuschlag angerechnet habe, ist dies unzutreffend. Die vom polnischen Versicherungsträger ab September 2007 gewährte Pflegezulage wurde zu keiner Zeit bei der Anrechnung des polnischen Bruttorentenbetrages mit eingerechnet. Bei den Neuberechnungen wurde nämlich nur der im jeweiligen polnischen Rentenbescheid ausgewiesene Bruttorentenbetrag berücksichtigt. Wie den zum Schriftsatz der Beklagten vom 08.09.2011 beigefügten polnischen Rentenbescheiden entnommen werden kann, zieht der polnische Versicherungsträger von diesem Bruttorentenbetrag die Steuer ab und rechnet erst dann die Pflegezulage hinzu. Demensprechend hat der Kläger-Bevollmächtigte im Verhandlungstermin am 04.06.2012 vor dem Sozialgericht eingeräumt, dass bezüglich der Pflegezulage die Berechnungen der Beklagten zutreffend seien. Warum nunmehr eine andere Ansicht vertreten wird, wird nicht substantiiert dargelegt. 56bb) Auch die Auffassung des Klägers, die Wechselkurse seien fehlerhaft berechnet worden, trifft nicht zu. Die Beklagte hat auch bei der Bestimmung der polnischen Rentenhöhe die Rechtslage zutreffend berücksichtigt. 57Einschlägig ist insoweit § 17a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Er regelt abschließend, wann sich ein geänderter Wechselkurs auf eine Sozialleistung auswirkt. Nach § 17a Abs. 3 SGB IV bleibt der angewandte Umrechnungskurs so lange maßgebend, bis 1. die Sozialleistung zu ändern ist, 582. sich das zu berücksichtigende Einkommen ändert oder 593. eine Kursveränderung von mehr als 10 vom Hundert gegenüber der letzten Umrechnung eintritt, jedoch nicht vor Ablauf von drei Kalendermonaten. 60Da sich die polnische Rente zum 01.03.2008 und 01.03.2009 geändert hatte (§ 17a Abs. 3 Nr. 1 SGB IV), war der Umrechnungskurs neu zu ermitteln. Die Kursumrechnung wird nach der vorrangigen Umrechnungsnorm des Art. 107 EWG-VO 574/72 (ab 01.05.2010 nach Art. 90 VO (EG) 987/2009) bestimmt. Nach diesen Vorschriften ist Bezugszeitraum 61- der Monat Januar für die ab dem darauffolgenden 1. April anzuwendenden Umrechnungskurse, - der Monat April für die ab dem darauffolgenden 1. Juli anzuwendenden Umrechnungskurse, - der Monat Juli für die ab dem darauffolgenden 1. Oktober anzuwendenden Umrechnungskurse, - der Monat Oktober für die ab dem darauffolgenden 1. Januar anzuwendenden Umrechnungskurse. 62Es gelten die Wechselkurse, die der Kommission zu ein und demselben Zeitpunkt von den Zentralbanken für die Berechnung des Ecu im Rahmen des Europäischen Währungssystems mitgeteilt werden. Die anzuwendenden Umrechnungskurse werden im vorletzten Monat vor dem Monatsersten, ab dem sie anzuwenden sind, im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. 63Auf dieser Grundlage gelten - in Bezug auf den Bescheid vom 09.06.2009 - folgende Kurse: 64- Bezugszeitraum Oktober 2007 - Anwendungszeitraum Januar, Februar und März 2008: 1 EUR = 3,7062 (PLN), - Bezugszeitraum Januar 2008 - Anwendungszeitraum April, Mai und Juni 2008: 1 EUR = 3,6092 (PLN), - Bezugszeitraum April 2008 - Anwendungszeitraum Juli, August und September 2008, 1 EUR = 3,4421 (PLN), - Bezugszeitraum Oktober 2008 - Anwendungszeitraum Januar, Februar und März 2009: 1 EUR = 3,5767 (PLN), - Bezugszeitraum Januar 2009 - Anwendungszeitraum April, Mai und Juni 2009: 1 EUR = 4,2300 (PLN), - Bezugszeitraum April 2009 - Anwendungszeitraum Juli, August und September 2009: 1 EUR = 4,4326 (PLN). 65Unter Anwendung der o.g. Kurse ergibt sich, dass die von der Beklagten im Bescheid vom 09.06.2009 (Anlage 7) herangezogenen Beträge der polnischen Rente richtig umgerechnet wurden: - zum 01.03.2008 mit 476,49 EUR, 66- zum 01.07.2008 mit 513,05 EUR, - zum 01.01.2009 mit 513,05 EUR, - zum 01.03.2009 mit 523,86 EUR, - zum 01.04.2009 mit 442,95 EUR, - zum 01.07.2009 mit 422,71 EUR. 67Anhaltspunkte, dass die Beklagte in Bezug auf die streitgegenständlichen Änderungsbescheide diese vorstehend dargelegten Berechnungsvorgänge fehlerhaft vollzogen hat, sind im Übrigen nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Kläger dahingehend keine substantiierten Einwände erhoben. 68Ein Anspruch auf eine weitergehende Berücksichtigung des monatlichen Wechselkurses bzw. anderer Wechselkurse, wie vom Kläger gefordert, besteht nicht (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23.11.2011, Az.: L 13 R 890/10). 69Nichts Gegenteiliges folgt aus dem vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in einem früheren Verfahren (Az.: L 18 R 88/08) am 30.09.2008 geschlossenen Vergleich, wonach sich die Beklagte verpflichtete, den Anrechnungsbetrag nach § 17a SGB IV nach dem offiziellen Umrechnungskurs der Europäischen Zentralbank bzw. der Deutschen Bundesbank zu ermitteln und den sodann errechneten Euro-Betrag als Anrechnungsbetrag zu Grunde zu legen. Bereits dem Wortlaut nach kann dem Vergleich nicht entnommen werden, dass eine taggenaue Wechselkursberechnung zu erfolgen hat. Auch ergibt sich aus dem Vergleich nicht, dass auch die streitgegenständlichen Bescheide hiervon erfasst werden. Dem Vergleich lagen vielmehr die Rentenbescheide vom 26.01.2005 und vom 20.10.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2005 zugrunde. Der Vergleich bezieht sich daher auf einen abgeschlossenen - nicht streitgegenständlichen - Rentenbezugszeitraum in der Vergangenheit. 70Die Berufung ist mit der sich aus § 193 SGG ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Die im Verhandlungstermin am 11.07.2014 durch die Beklagte erfolgte Aufhebung der Widerspruchsbescheide vom 24.10.2012 und 11.10.2013 stellt nur ein geringfügiges Obsiegen des Klägers dar, das eine Kostenbeteiligung der Beklagten nicht rechtfertigt. 71Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
die berufung des klägers gegen das urteil des sozialgerichts köln vom 04.06.2012 wird zurückgewiesen. die klage gegen die bescheide vom 27.05.2010, 30.03.2011, 31.05.2011, 28.03.2012, 31.05.2012, 05.06.2013 und 25.11.2013 wird abgewiesen. kosten sind auch im berufungsverfahren nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2streitig ist die höhe der anrechnung der polnischen altersrente des klägers auf seine altersrente aus der deutschen gesetzlichen rentenversicherung nach § 31 abs. 1 satz 1 fremdrentengesetz (frg). 3der am 00.00.1932 geborene, als vertriebener anerkannte kläger (vertriebenenausweis a) lebt seit dem 22.08.1994 in der bundesrepublik deutschland. mit bescheid vom 26.07.1996 (zuletzt in der fassung des änderungsbescheides vom 18.07.2008) bewilligte ihm die beklagte mit wirkung ab dem 01.02.1995 eine altersrente für schwerbehinderte menschen. seine gesamten versicherungszeiten legte er ausschließlich in polen zurück. er steht in bezug einer polnischen altersrente, die vom polnischen versicherungsträger mit bescheid vom 08.08.1997 gewährt wurde. 4die beklagte und der polnische versicherungsträger hatten ursprünglich vereinbart, dass die polnischen renten an in deutschland lebende berechtigte nicht an diese, sondern über den zuständigen deutschen träger ausgezahlt werden. aus gründen der verwaltungsvereinfachung wurde der sich aus § 31 abs. 1 satz 1 frg ergebende ruhensbetrag der deutschen rente bei der überwiesenen polnischen rente von der beklagten einbehalten und gleichzeitig die deutsche rente voll ausgezahlt. auf grund des zum 01.01.2005 in kraft getretenen deutsch-polnischen doppelbesteuerungsabkommens (bgbl. ii 2005, s. 55) zieht der polnische rentenversicherungsträger vor der überweisung der polnischen rente des klägers nach deutschland den in polen anfallenden steueranteil von der rente vorweg ab. mit wirkung ab dem 01.12.2005 wurde das rentenauszahlverfahren umgestellt. der deutsche rentenzahlbetrag wird nun um den nach § 31 abs. 1 satz 1 frg ruhenden teil tatsächlich gemindert. die polnischen versicherungsleistungen werden seitdem unmittelbar an die versicherten überwiesen. 5mit bescheid vom 09.06.2009 stellte die beklagte die altersrente des klägers mit wirkung ab dem 01.09.2007 neu fest. für die zeit vom 01.03.2008 bis 31.07.2009 wurde eine überzahlung von 630,02 eur festgesetzt, die zu erstatten sei. zur begründung wurde ausgeführt, dass sich die höhe der nach § 31 abs. 1 satz 1 frg anzurechnenden polnischen rente ab 01.03.2008 und ab 01.03.2009 geändert habe. die aufhebung erfolge gemäß § 48 abs. 1 satz 2 nr. 3 zehntes buch sozialgesetzbuch (sgb x). 6hiergegen erhob der kläger am 13.07.2009 widerspruch, der nicht begründet wurde. mit widerspruchsbescheid vom 18.02.2010 wurde der widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. 7mit änderungsbescheiden vom 27.05.2010, 30.03.2011, 31.05.2011, 31.05.2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 24.10.2012, bescheid vom 28.03.2012, bescheid vom 05.06.2013 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 11.10.2013 und bescheid vom 25.11.2013 wurde die rentenhöhe ab 01.03.2010, 01.07.2010, 01.07.2011, 01.12.2011, 01.07.2012 bzw. 01.03.2013 aufgrund einer änderung in der höhe der anzurechnenden polnischen rente jeweils neu festgestellt. 8am 23.03.2010 hat der kläger vor dem sozialgericht köln (az.: s 33 r 395/10) klage erhoben. er hat die ansicht vertreten, dass für die anrechnung der polnischen rente nach § 31 abs. 1 satz 1 frg der tatsächliche (netto-)auszahlungsbetrag maßgeblich sei. die von den polnischen behörden vorgenommenen steuerabzüge und der vom polnischen rentenversicherungsträger gewährte pflegezuschlag dürften nicht zu seinen lasten berücksichtigt werden. die angerechnete netto-rente beinhalte - ausweislich einer bescheinigung des polnischen rentenversicherungsträgers vom 11.05.2011 - eine pflegezulage in höhe von 186,71 zloty. zudem seien bei der umrechnung der polnischen rente die wechselkurse der polnischen staatsbank zugrunde zu legen. die beklagte habe bis zum 01.01.2005 die gesamte rentensumme an den kläger ausgezahlt. anschließend habe sie mitgeteilt, dass der kläger nun den aus polen ihm zustehenden rentenanspruch direkt von der polnischen rentenversicherung erhalten werde. in der ergänzenden begründung des bescheides vom 20.10.2005 habe die beklagte dem kläger zugesichert, dass die ansprüche des klägers gegenüber der beklagten im ergebnis nicht zu seinem nachteil verändert würden. dem kläger entstehe aber vorliegend ein nachteil, sofern die beklagte die polnische bruttoleistung um- und anschließend anrechne. denn der steuerliche abzug bleibe davon unberücksichtigt, d.h. der kläger erhalte im ergebnis weniger als ihm früher von der beklagten zugestanden und ausgezahlt worden sei. die umstellung durch die beklagte, wonach der kläger seit 2005 direkt aus polen eine rente beziehe, könne nicht dazu führen, dass sich seine bis dahin in deutschland bezogene rente mindere. hier müsse dem kläger die differenz durch die beklagte ausgeglichen werden. ferner sei in einem früheren verfahren beim landessozialgericht nordrhein-westfalen ein vergleich geschlossen worden, der die beklagte verpflichte, die umrechnung der polnischen rente nach dem offiziellen umrechnungskurs der europäischen zentralbank bzw. der deutschen bundesbank taggenau zu ermitteln. dem komme die beklagte nicht nach, sondern lege den umrechnungskurs der citi bank warschau zugrunde. hierdurch entstehe dem kläger ein finanzieller nachteil. zudem vertrete die beklagte zu unrecht die ansicht, sie müsse den umtauschkurs zum anpassungsjahr zugrunde legen. denn der polnische rentenversicherungsträger überweise die rente nicht nach dem jahreskurs, sondern nach dem tageskurs der überweisung. dem kläger dürfe kein nachteil dadurch entstehen, dass die rentenauszahlung zwischen dem polnischen und deutschen rentenversicherungsträger aufgeteilt werde. ausweislich des schreibens vom 10.12.1991 habe die beklagte dem kläger versichert, dass er als vertriebener differenzen bei der rentenzahlung vom deutschen rentenversicherungsträger bezahlt bekomme. hiermit stehe es in einklang, dass die beklagte mit schreiben vom 27.06.2005 dem bundesministerium für gesundheit und soziales mitgeteilt habe, dass das vor und nach dem 01.01.2005 praktizierte rentenauszahlverfahren in der summe zum gleichen rentenzahlbetrag führe. gleiches habe die beklagte im bescheid vom 20.10.2005 geäußert. 9der kläger hat beantragt, 10den bescheid vom 09.06.2009 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 18.02.2010 abzuändern und bei der berechnung der deutschen rente nur den vollen nettobetrag der polnischen rente (ohne steuerabzüge und ohne abzug der pflegezulage) zugrunde zu legen. 11die beklagte hat beantragt, 12die klage abzuweisen. 13sie hat auf die entscheidung des bayerischen landessozialgerichts vom 27.11.2009 (az.: l 14 r 65/07) bezug genommen. bei den neuberechnungen sei - unter hinweis auf die polnischen rentenbescheide - jeweils nur der im polnischen rentenbescheid ausgewiesene bruttorentenbetrag berücksichtigt worden. von diesem bruttorentenbetrag ziehe der polnische versicherungsträger die steuer ab und rechne dann erst die pflegezulage hinzu. bei anwendung der doppelleistungsbestimmungen sei grundsätzlich von dem betrag auszugehen, der dem berechtigten als leistung der rentenversicherung zustehe, also der betrag der ausländischen rente vor abzug von steuern oder sonstiger abgaben oder abzüge. es sei allein auf die leistung des rentenversicherungsträgers abzustellen. andernfalls würde die beklagte die steuerlast des berechtigten in den fällen übernehmen, in denen das ausländische steuerrecht einen vorwegabzug bei der rente vorsehe. die verwendung des wortes "ausgezahlt" in § 31 abs. 1 satz 1 frg stehe dem nicht entgegen. dieser beziehe sich darauf, dass die ausländische rente nicht nur bewilligt, sondern auch tatsächlich gezahlt werde. die umrechnung der rente sei nach den von der europäischen zentralbank veröffentlichten referenzwechselkursen für die jeweiligen bezugszeitpunkte vorzunehmen. die umrechnung der polnischen nettorente in euro erfolge durch die hausbank des klägers zum tageskurs im zeitpunkt der überweisung vom polnischen versicherungsträger an den kläger. hieraus ergäben sich zwangsläufig differenzen zwischen den tatsächlich überwiesenen eurobeträgen und den auf die deutsche rente anzurechnenden beträgen. die änderung des verfahrens zur ruhensbestimmung des § 31 abs. 1 satz 1 frg im jahre 2005 sei notwendig geworden, da der polnische versicherungsträger auf grund des zum 01.01.2005 in kraft getretenen deutsch-polnischen doppelbesteuerungsabkommens vor der überweisung der polnischen rente nach deutschland den in polen anfallenden steueranteil von der rente abgezogen habe und nur noch der dadurch verringerte nettoauszahlungsbetrag der rente nach deutschland überwiesen worden sei. dieser habe für die bis dahin aus gründen der verwaltungsvereinfachung durchgeführte einbehaltung des sich aus § 31 abs. 1 satz 1 frg ergebenen ruhensbetrages der deutschen rente bei der überwiesenen polnischen rente (neben der gleichzeitigen auszahlung der vollen deutschen rente) nicht mehr ausgereicht. 14mit urteil vom 04.06.2012 hat das sozialgericht die klage als unbegründet abgewiesen. zur begründung hat es ausgeführt, dass der kläger nicht im sinne des § 54 abs. 2 satz 1 sgg beschwert sei, denn die angefochtenen bescheide seien nicht rechtswidrig. die voraussetzungen des § 48 abs. 1 satz 2 nr. 3 sgb x für die aufhebung bzw. abänderung der früheren bescheide seien gegeben. nach dieser vorschrift solle ein verwaltungsakt mit wirkung für die vergangenheit aufgehoben werden, soweit nach antragsteilung oder erlass des verwaltungsaktes einkommen oder vermögen erzielt worden sei, das zum wegfall oder zur minderung des anspruchs geführt haben würde. dies sei vorliegend der fall, da sich die höhe der anzurechnenden polnischen rente ab 01.03.2008 und ab 01.03.2009 geändert habe. die beklagte habe auch bei der berechnung der anzurechnenden polnischen rente zutreffend den betrag der polnischen rente vor abzug der steuern zu grunde gelegt. gemäß § 31 abs. 1 satz 1 frg ruhe dann, wenn dem berechtigten von einem träger der sozialversicherung oder einer anderen stelle außerhalb der bundesrepublik deutschland für die nach bundesrecht anzurechnenden zeiten rente aus der gesetzlichen rentenversicherung oder anstelle einer solchen eine andere leistung gewährt werde, die rente des in euro umgerechneten betrages, der als leistung des trägers der sozialversicherung außerhalb der bundesrepublik deutschland ausgezahlt werde. sinn und zweck dieser gesetzlichen regelung sei die vermeidung von doppelleistungen. der begriff "ausgezahlt" könne nur dahin verstanden werden, dass ein ruhen der deutschen rente in höhe eines entsprechenden anteils des betrages erfolgen solle, der als tatsächliche leistung des fremden rentenversicherungsträgers - und nicht nur als fiktiv errechnete leistung - zur auszahlung komme. dieser umfasse jede dem versicherten direkt oder indirekt aus dem versicherungsverhältnis seitens des ausländischen versicherungsträgers zufließende leistung, nicht dagegen nur die dem kläger ausgezahlte rentenleistung. eine indirekte leistung des rentenversicherungsträgers könne auch in einer durch zulässige gesetzliche bestimmungen angeordneten tilgung einer schuld des versicherten gegenüber dritten liegen. dies sei bei der erfüllung der in polen entstandenen persönlichen steuerschuld des klägers durch den polnischen versicherungsträger aufgrund gesetzlicher anordnung der fall, ähnlich wie auch im fall einer verrechnung nach § 52 erstes buch sozialgesetzbuch (sgb i), bei der dem versicherten der wirtschaftliche wert des vollen rentenanspruchs zufließe, ein teil des zahlbetrages infolge der verrechnungserklärung aber nicht an ihn ausgekehrt werde, sondern den untergang einer gegen ihn bestehenden verrechnungsforderung bewirke. unter dem vom ausländischen versicherungsträger ausgezahlten betrag im rahmen von § 31 abs. 1 satz 1 frg sei daher der bruttorentenbetrag zu verstehen. dass nur diese auslegung der ruhensbestimmung zutreffe, ergebe sich weiter aus der überlegung, dass es ohne vorwegabzug der steuerschuld bei voller auszahlung des polnischen rentenbetrages und erst nachträglicher begleichung der individuellen polnischen steuerschuld durch den kläger - also ohne vorwegabzug in polen - ebenfalls zu einer anrechnung des bruttorentenbetrages im rahmen von § 31 abs. 1 satz 1 frg käme. es sei kein sachlicher grund dafür ersichtlich, dass die beklagte und mit ihr die versichertengemeinschaft diese dem kläger obliegende polnische steuerschuld zu tragen habe. die dem kläger vom polnischen staat auferlegten steuerpflichten könnten nicht dazu führen, dass sich die von der beklagten auszuzahlende rentenleistung erhöhe (vgl. bayerisches landessozialgericht, urteil vom 13.11.2011, az.: l 13 r 890/10; bayerisches landessozialgericht, urteil vom 27.11.2009, az.: l 14 r 65/07). soweit der kläger rüge, dass die beklagte bei der bruttorente ebenfalls den vom polnischen rentenversicherungsträger gewährten pflegezuschlag angerechnet habe, sei dies unzutreffend. die vom polnischen versicherungsträger ab september 2007 gewährte pflegezulage sei zu keiner zeit bei der anrechnung des polnischen bruttorentenbetrages mit eingerechnet worden. bei den neuberechnungen sei nämlich nur der im jeweiligen polnischen rentenbescheid ausgewiesene bruttorentenbetrag berücksichtigt worden. von diesem bruttorentenbetrag ziehe der polnische versicherungsträger die steuer ab und rechne erst dann die pflegezulage hinzu. 15nach zustellung des urteils am 18.06.2012 hat der kläger am 04.07.2012 berufung eingelegt. er nimmt auf sein erstinstanzliches vorbringen bezug und führt ergänzend aus, dass kein einkommen oder vermögen i.s.v. § 48 abs. 1 satz 2 nr. 3 sgb x erzielt worden sei, das zum wegfall oder zur minderung des rentenanspruchs geführt habe. denn der kläger habe weniger rentenleistungen erzielt als zuvor. ferner rechne die beklagte den pflegezuschlag an, da dieser in der netto-rente enthalten sei. 16nach rechtlichem hinweis des senats hat der beklagten-vertreter im verhandlungstermin am 11.07.2014 die widerspruchsbescheide vom 24.10.2012 und 11.10.2013 aufgehoben. 17der kläger beantragt, 18das urteil des sozialgerichts köln vom 04.06.2012 zu ändern und den bescheid vom 09.06.2009 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 18.02.2010 und die bescheide vom 27.05.2010, 30.03.2011, 31.05.2011, 28.03.2012, 31.05.2012, 05.06.2013 und 25.11.2013 dahingehend zu ändern, dass bei der berechnung der deutschen rente des klägers nur der netto-betrag der polnischen rente (ohne steuerabzüge und ohne abzug der pflegezulage) zugrunde gelegt wird. 19die beklagte - die sich dem angefochtenen urteil anschließt - beantragt, 20die berufung zurückzuweisen. 21sie nimmt auf ihr erstinstanzliches vorbringen bezug und führt ergänzend aus, dass sich die im schreiben vom 10.12.1991 genannte "differenz" darauf bezog, dass bei frg-berechtigten früher höhere deutsche rentenleistungen aus den polnischen zeiten nach dem frg zu erwarten gewesen seien, als die polnische rente aus diesen polnischen zeiten. keineswegs könne dem schreiben entnommen werden, dass § 31 abs. 1 satz 1 frg nicht anzuwenden sei oder dass die differenz zwischen der brutto- und der nettorente ausgeglichen würde. diese frage könne auf keinen fall gemeint gewesen sein, da die polnischen renten damals noch keinem abzug von steuern unterlegen hätten. auch die mitteilung aus dem juni 2005 führe nicht weiter. sie sei dem bescheid beigefügt gewesen, in dem erstmalig die berechnung gemäß § 31 abs. 1 satz 1 frg durch die tatsächliche kürzung der deutschen rente bei gleichzeitiger auszahlung der polnischen rente erfolgt sei. das bis 2005 durchgeführte vereinfachte verfahren sei wegen der einführung der besteuerung der polnischen renten umgestellt worden. 22wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte, der beigezogenen verwaltungsakten und der beigezogenen gerichtsakten des sozialgerichts köln (az.: s 5 r 1851/12, s 5 r 1675/13 er, s 5 r 1674/13, s 5 r 1782/12, s 33 r 382/10), die gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind, verwiesen. 23
24die zulässige berufung ist unbegründet. 251.) gegenstand des verfahrens ist der bescheid vom 09.06.2009 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 18.02.2010, mit dem die beklagte die rente ab 01.09.2007 neu festsetzte, die ursprüngliche rentenbewilligung gemäß § 48 sgb x teilweise aufhob, eine überzahlung für die zeit vom 01.03.2008 bis 31.07.2009 feststellte und diese zurückforderte. gemäß § 96 abs. 1 sgg wurden jedoch auch die bescheide vom 27.05.2010, 30.03.2011, 31.05.2011, 28.03.2012, 31.05.2012, 05.06.2013 und 25.11.2013 - noch während des laufenden sozialgerichtlichen verfahrens - gegenstand des verfahrens, da diese bescheide den bescheid vom 09.06.2009 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 18.02.2010 jeweils abändern und teilweise für die rentenbezugszeiten ab 01.03.2010, 01.07.2010, 01.07.2011, 01.12.2011, 01.07.2012 und 01.03.2013 ersetzt haben (§ 96 sgg, § 153 abs. 1 sgg; vgl. bayerisches landessozialgericht, urteil vom 19.08.2009, az.: l 13 r 434/09). diese bescheide sind damit insgesamt gegenstand des rechtsstreits geworden, auch soweit sie eine überzahlung feststellen (vgl. landessozialgericht sachsen-anhalt, urteil vom 02.05.2012, az.: l 10 r 169/09). 262.) zu recht hat das sozialgericht die kombinierte anfechtungs- und leistungsklage abgewiesen. der bescheid vom 09.06.2009 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 18.02.2010 in der fassung der bescheide vom 27.05.2010, 30.03.2011, 31.05.2011, 28.03.2012, 31.05.2012, 05.06.2013 und 25.11.2013 beschwert den kläger nicht, weil er nicht rechtswidrig ist, § 54 abs. 2 satz 1 sgg. der mit der von der beklagten darin getroffenen regelung verbundene eingriff in die rechtssphäre des klägers ist durch eine (verfassungsgemäße) ermächtigungsgrundlage gedeckt. die beklagte hat gegen den monatlichen rentenzahlungsanspruch des klägers den einwand der doppelzahlung aus § 31 abs. 1 satz 1 frg auch insoweit zutreffend erhoben, als sie festgestellt hat, dass der monatliche rentenzahlbetrag auch in höhe desjenigen betrages ruht, den der polnische rentenversicherungsträger monatlich von der polnischen altersrente als vorauszahlung auf die (jahres-)steuerschuld des klägers an die polnischen finanzbehörden abführt. 27a) für die zeit ab bekanntgabe des bescheides vom 09.06.2009 bzw. der änderungsbescheide vom 27.05.2010, 30.03.2011, 31.05.2011, 28.03.2012, 31.05.2012, 05.06.2013 und 25.11.2013 durfte die beklagte die zuletzt mit bescheid vom 18.07.2008 bewilligte altersrente für schwerbehinderte menschen nach § 48 abs. 1 satz 1 sgb x mit wirkung für die zukunft aufheben. nach dieser vorschrift ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen verhältnissen, die beim erlass eines verwaltungsaktes mit dauerwirkung (aa.) vorgelegen haben, eine wesentliche änderung eintritt (bb.), der verwaltungsakt mit wirkung für die zukunft aufzuheben, ohne dass ein ermessen bestünde (vgl. landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 18.12.2012, az.: l 18 kn 249/11). diese voraussetzungen liegen hier vor. 28aa.) die rentenbewilligung des klägers gründet auf einem verwaltungsakt mit dauerwirkung, da mit ihm ein auf dauer berechnetes oder in seinem bestand vom verwaltungsakt abhängiges rechtsverhältnis zwischen dem kläger und der beklagten begründet worden ist. die rentenbewilligung war zunächst auch rechtmäßig, sodass sich die rücknahme des verwaltungsakts nach den voraussetzungen des § 48 sgb x und nicht nach § 45 sgb x richtet. 29bb.) der erhöhte auszahlbetrag der polnischen rente zum 01.03.2008 (bzw. 01.03.2010, 01.07.2010, 01.12.2011, 01.07.2011, 01.07.2012, 01.03.2013) stellt eine wesentliche, rechtserhebliche änderung der verhältnisse dar (vgl. bsg, urteil vom 30.06.1997, az.: 8 rkn 28/95), die nach dem erlass des rentenbescheids vom 18.07.2008 eingetreten ist. 30das recht des klägers auf (deutsche) altersrente für schwerbehinderte menschen ruht in höhe des vollen betrags der polnischen altersrente, der sich vor abzug der polnischen steuern ergibt. dies folgt aus § 31 abs. 1 satz 1 frg. nach § 31 abs. 1 satz 1 frg ruht dann, wenn dem berechtigten von einem träger der sozialversicherung oder einer anderen stelle außerhalb der bundesrepublik deutschland für die nach bundesrecht anzurechnenden zeiten rente aus der gesetzlichen rentenversicherung oder anstelle einer solchen eine andere leistung gewährt wird, die rente in höhe des in euro umgerechneten betrages, der als leistung des trägers der sozialversicherung außerhalb der bundesrepublik deutschland ausgezahlt wird. sinn und zweck dieser gesetzlichen regelung ist die vermeidung von doppelleistungen (vgl. bayerisches landessozialgericht, urteil vom 09.04.2013, az.: l 13 r 821/11). 31(a) diese regelung findet auf den vorliegenden sachverhalt anwendung. das konkurrenzverhältnis der nebeneinander bestehenden ansprüche auf altersrente aus deutschland und polen bestimmt sich trotz mitgliedschaft beider staaten in der europäischen union (eu) nicht nach den vorschriften der einschlägigen europäischen verordnungen, sondern weiter nach art. 19 abs. 4 des abkommens zwischen der bundesrepublik deutschland und der republik polen über soziale sicherheit vom 08.12.1990 (im folgenden: abk. polen sozsich. 1990), das durch das (zustimmungs-)gesetz vom 18.06.1991 (bgbl. ii 741, geändert durch art. 2 nr. 10 des gesetzes zur umsetzung von abkommen über soziale sicherheit und zur änderung verschiedener zustimmungsgesetze vom 27.04.2002, bgbl. i 1464) in innerstaatliches recht transformiert worden und am 01.10.1991 in kraft getreten ist (bgbl. ii 1072). art. 19 abs. 4 abk. polen sozsich. 1990 bestimmt, dass die deutschen auslandsrentenvorschriften (hinsichtlich der außerhalb der bundesrepublik deutschland zurückgelegten zeiten) und das fremdrentengesetz auch in abkommensfällen (weiter) anzuwenden sind. diese regelung des abk. polen sozsich. 1990 gilt nach dem 01.05.2004 (beitritt polens zur eu) weiter (vgl. hierzu ausführlich landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 12.11.2013, az.: l 18 kn 206/10). 32(b) hiernach darf (bzw. muss) die beklagte den - aus dem bestandskräftig auch der höhe nach festgestellten (stamm-)recht auf (alters-)rente sich ergebenden - monatlichen zahlungsansprüchen des klägers die einwendung des ruhens (wegen doppelleistung) nach § 31 abs. 1 satz 1 frg - entgegen der auffassung des klägers - auch in höhe der von dem polnischen rentenversicherungsträger aus der polnischen altersrente monatlich abgeführten steuervorauszahlungen entgegenhalten (vgl. landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 12.11.2013, az.: l 18 kn 206/10). 33der begriff "ausgezahlt" in § 31 abs. 1 satz 1 frg stellt auf die tatsächliche gewährung der ausländischen rente ab (vgl. landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 12.11.2013, az.: l 18 kn 206/10). er ist dahin zu verstehen, dass ein ruhen der deutschen rente in höhe eines entsprechenden anteils des betrages erfolgen soll, der als tatsächliche leistung des fremden versicherungsträgers - und nicht nur als fiktiv errechnete leistung - zur auszahlung kommt. diese umfasst jede dem versicherten direkt oder indirekt aus dem versicherungsverhältnis seitens des ausländischen versicherungsträgers zufließende leistung, nicht dagegen, wie der kläger meint, nur die ihm ausgezahlte rentenleistung. eine indirekte leistung des rententrägers kann auch in einer durch zulässige gesetzliche bestimmungen angeordneten tilgung einer schuld des versicherten gegenüber dritten liegen. dies ist bei der erfüllung der in polen entstandenen persönlichen steuerschuld des klägers durch den polnischen versicherungsträger auf grund gesetzlicher anordnung der fall, ähnlich wie auch im fall einer verrechnung nach § 52 sgb i, bei der dem versicherten der wirtschaftliche wert des vollen rentenanspruchs zufließt, ein teil des zahlbetrages infolge der verrechnungserklärung aber nicht an ihn ausgekehrt wird, sondern den untergang einer gegen ihn bestehenden verrechnungsforderung bewirkt. unter dem vom ausländischen versicherungsträger "ausgezahlten" betrag im rahmen von § 31 abs. 1 satz 1 frg ist daher der bruttorentenbetrag zu verstehen (vgl. landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 12.11.2013, az.: l 18 kn 206/10; bayerisches landessozialgericht, urteil vom 09.04.2013, az.: l 13 r 821/11; bayerisches landessozialgericht, urteil vom 27.11.2009, az.: l 14 r 65/07; landessozialgericht baden-württemberg, urteil vom 14.12.2011, az.: l 2 r 5754/10). 34diese auslegung des wortlauts wird zunächst durch systematische steuerrechtliche überlegungen bestätigt: wenn die steuervorauszahlung wie hier vom zustehenden gesamtbetrag der rente erhoben wird, zeigt das, dass dem versicherten (zuvor) die gesamte rente zufließt, sonst könnte sie der steuerbemessung nicht zugrunde gelegt werden: der ihm zustehende (vollständige) anspruch auf rente ist die bemessungsgrundlage für seine steuervorauszahlung (vgl. landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 12.11.2013, az.: l 18 kn 206/10). 35es entspricht weiter einem allgemeinen rechtssystematischen (auch: europarechtlichen) grundsatz, dass im falle der anrechnung von sozialleistungen die anrechnung des "bruttobetrages" erfolgt. dies ergibt sich beispielsweise europarechtlich aus den regelungen in art. 46a abs. 2 b) der verordnung (ewg) nr. 1408/71 und art. 53 abs. 3 b) der verordnung (eg) nr. 883/04. in beiden vorschriften ist ausdrücklich geregelt, dass von einem anderen mitgliedsstaat zu zahlende leistungen "vor abzug von steuern" zu berücksichtigen sind. auch im deutschen recht gibt es zahlreiche vorschriften, die (meist zur vermeidung von doppelleistungen) das ruhen von sozialleistungen regeln, z.b. §§ 142 ff. sgb iii, § 49 sgb v, § 53 sgb vii und § 34 sgb xi. soweit darin (z.b. in § 49 abs. 1 nr. 1 sgb v) die "anrechnung" von steuerpflichtigen leistungen wie arbeitsentgelt geregelt ist, ist immer das bruttoentgelt gemeint (vgl. § 14 abs. 1 und 2 sgb iv; vgl. landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 12.11.2013, az.: l 18 kn 206/10). 36schließlich entspricht das ergebnis auch dem sinn und zweck der regelung. die vorschrift dient der vermeidung von doppelleistungen (bt-drucks. 3/1109, begründung zu §§ 11, 31 frg). eine solche doppelleistung liegt immer dann vor, wenn der empfänger eine leistung zweimal erhält. würde, wie der kläger meint, auf die deutsche altersrente nur die polnische "nettorente" angerechnet, erhielte der kläger die altersrente in höhe des differenzbetrags zur polnischen "bruttorente" tatsächlich (aus den gleichen rentenrechtlichen zeiten) zweifach, nämlich einmal von dem polnischen rentenversicherungsträger (durch überweisung auf sein "steuerkonto") und erneut vom deutschen rentenversicherungsträger durch überweisung auf sein girokonto. genau das soll nach dem sinn und zweck der norm verhindert werden. der kläger ist durch die rentenleistungen aus zwei staaten (bei export der polnischen rente) zwei verschiedenen rechtsordnungen und deren jeweiligen regelungen unterworfen. dass die deutsche versichertengemeinschaft die polnische steuer des klägers nicht zu tragen hat, folgt nicht etwa aus dem sinn und zweck der regelung, sondern ist deren zwangsläufige folge (vgl. landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 12.11.2013, az.: l 18 kn 206/10). 37auf seine deutsche staatsangehörigkeit und auf seine vertriebeneneigenschaft kann sich der kläger nicht berufen. die außerhalb der bundesrepublik deutschland auf grund der individuellen lebenssachverhalte bei dem kläger entstandenen steuer- und abgabenlasten werden davon nicht berührt (vgl. bayerisches landessozialgericht, urteil vom 09.04.2013, az.: l 13 r 821/11). 38ein verstoß gegen die eigentumsgarantie des art. 14 gg ist im vorliegenden fall nicht erkennbar. die durch das frg begründeten rentenanwartschaften unterliegen nach der rspr. des bverfg (entscheidung vom 13.06.2006, az.: 1 bvl 9/00) nicht dem schutz des art. 14 abs. 1 satz 1 gg, wenn ihnen - wie im fall des klägers - ausschließlich beitrags- und beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden (vgl. landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 12.11.2013, az.: l 18 kn 206/10). 39b) der bescheid vom 09.06.2009 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 18.02.2010 in der fassung der bescheide vom 27.05.2010, 30.03.2011, 31.05.2011, 28.03.2012, 31.05.2012, 05.06.2013 und 25.11.2013 ist rechtmäßig, soweit - rückwirkend - der zeitraum ab dem 01.09.2007 bis zur bekanntgabe des streitgegenständlichen (änderungs-)bescheides betroffen ist. 40die entscheidung der beklagten beruht auf § 48 abs. 1 satz 1, 2 und 3 sgb x i.v.m. § 50 abs. 1 satz 1 sgb x. soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen verhältnissen, die beim erlass eines verwaltungsaktes mit dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche änderung eintritt, ist der verwaltungsakt mit wirkung für die zukunft aufzuheben (§ 48 abs. 1 satz 1 sgb x). gemäß § 48 abs. 1 satz 2 sgb x soll (vgl. nachfolgend bb.) ein verwaltungsakt mit dauerwirkung, soweit in den zum zeitpunkt seines erlasses vorgelegenen tatsächlichen oder rechtlichen verhältnissen eine wesentliche änderung eingetreten ist, mit wirkung vom zeitpunkt der änderung der verhältnisse aufgehoben werden, soweit der betroffene einer durch rechtsvorschrift vorgeschriebenen pflicht zur mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger änderungen der verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 abs. 1 satz 2 nr. 2 sgb x), nach antragstellung oder erlass des bescheides einkommen oder vermögen erzielt worden ist, das zum wegfall oder minderung des anspruchs geführt haben würde (§ 48 abs.1 satz 2 nr. 3 sgb x; vgl. nachfolgend aa.) oder der betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche sorgfalt in besonders schwerem maße verletzt hat, dass der sich aus dem verwaltungsakt ergebende anspruch kraft gesetzes zum ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 abs. 1 satz 2 nr. 4 sgb x). als zeitpunkt der änderung der verhältnisse gilt in fällen, in denen einkommen oder vermögen auf einen zurückliegenden zeitraum auf grund der besonderen teile dieses gesetzbuches anzurechnen ist, der beginn des anrechnungszeitraumes (§ 48 abs. 1 satz 3 sgb x). 41die beklagte war hiernach zur aufhebung berechtigt. 42aa.) der bescheid vom 18.07.2008 stellt einen dauerverwaltungsakt dar nach dessen erlass - wie vorstehend ausgeführt - durch die erhöhten polnischen rentenleistungen eine wesentliche, rechtserhebliche änderung der verhältnisse eingetreten ist. 43die aufhebung des bewilligungsbescheides mit wirkung vom zeitpunkt der änderung der verhältnisse kann auf § 48 abs. 1 satz 2 nr. 3 sgb x (analog) gestützt werden. § 48 abs. 1 satz 1 nr. 3 sgb x gilt nach dem wortlaut zwar nur für die berücksichtigung von einkommen/vermögen, das zum "wegfall oder zur minderung des anspruchs" geführt haben würde; er ist aber auf ruhensregelungen, die wie § 31 abs. 1 satz 1 frg den anspruch als solchen nicht berühren, analog anzuwenden (vgl. bundessozialgericht - bsg -, urteil vom 22.04.1992, az.: 5 rj 77/90; bayerisches landessozialgerichts, urteil vom 19.08.2009, az.: l 13 r 434/09). 44bb.) die beklagte war berechtigt, die rentenbewilligung mit wirkung vom zeitpunkt der änderung der verhältnisse an nach § 48 abs. 1 satz 2 sgb x aufzuheben. 45die angefochtenen aufhebungsentscheidungen der beklagten sind nicht als ermessensfehlerhaft anzusehen. nach der ständigen rechtsprechung des bundessozialgerichts bedeutet das "soll" in § 48 abs. 1 satz 2 sgb x, dass der rentenversicherungsträger den verwaltungsakt im regelfall ("typischer fall") rückwirkend aufzuheben hat. liegt jedoch ein ausnahmefall (sog. "atypischer fall") vor, so ist eine ermessensentscheidung darüber zu treffen, ob und in welchem umfang von der gegebenen aufhebungsmöglichkeit abgesehen werden kann. anders als bei § 45 sgb x enthält also § 48 sgb x nicht für alle, sondern nur für "atypische fälle" eine verpflichtung zur ermessensausübung. die prüfung, ob ein solcher "atypischer fall" vorliegt, ist nicht teil der ermessensentscheidung, sondern gerichtlich in vollem umfang nachprüfbar. das gericht darf den angefochtenen bescheid wegen fehlender ermessensausübung aufheben, wenn die prüfung ergibt, dass ein "atypischer fall" gegeben ist und das ermessen fehlerhaft ausgeübt worden ist (vgl. hessisches landessozialgericht, urteil vom 26.10.2012, az.: l 5 r 111/12 unter hinweis auf die stdg. rspr. des bsg). hier sind bereits keine anhaltspunkte ersichtlich, dass ein atypischer fall vorliegt, der der beklagten ermessen einräumen könnte. auch der kläger hat dahingehend nichts vorgetragen. 46cc.) die frist des § 48 abs. 4 satz 1 sgb x i.v.m. § 45 abs. 3 satz 3 bis 5 sgb x ist gewahrt. die aufhebung war insbesondere gemäß § 45 abs. 3 satz 4 sgb x auch jenseits der 10-jahresfrist möglich, da die geldleistung in diesem sinne bis zum beginn des verwaltungsverfahrens über die aufhebung gezahlt worden ist. 47anhaltspunkte, dass die jahresfristregelung nach § 48 abs. 4 satz 1 i.v.m. § 45 abs. 4 satz 2 sgb x nicht gewahrt wurde, sind nicht ersichtlich. im gegenteil ging der beklagten am 30.04.2009 die erklärung des polnischen versicherungsträgers bezüglich der geänderten höhe der anrechenbaren polnischen rente zu, die die beklagte mit bescheid vom 09.06.2009 fristgemäß umsetzte. 48c.) die beklagte setzt sich mit der streitgegenständlichen aufhebungsentscheidung nicht in widerspruch zu in der vergangenheit zu gunsten des klägers erfolgten zusicherungen i.s.v. § 34 sgb x. 49entgegen der ansicht des klägers folgt aus dem schreiben der beklagten vom 10.12.1991 an den kläger, dem schreiben vom 27.06.2005 an das bundesministerium für gesundheit und soziales und dem bescheid vom 20.10.2005 keine selbstbindung der beklagten, die einer aufhebung hier entgegenstünde. 50zu unterscheiden ist diesbezüglich zwischen einer - unverbindlichen - auskunft i.s. von § 15 sgb i und einer zusicherung i.s. von § 34 sgb x. auskunft und zusicherung unterscheiden sich nach inhalt und wirkung voneinander. während die zusicherung einen verwaltungsakt mit verpflichtungswillen darstellt, gerichtet auf erlass oder unterlassung eines verwaltungsaktes, handelt es sich bei der auskunft um eine "wissenserklärung", die sich in der mitteilung des wissens erschöpft und sich vom verwaltungsakt durch das fehlen eines regelungswillens unterscheidet. es fehlt der verpflichtungswille, weil die auskunft nicht auf setzung einer rechtsfolge gerichtet ist. eine zusicherung i.s. des § 34 sgb x ist eine von der zuständigen behörde erteilte zusage, einen bestimmten verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. sie hat die aufgabe, dem adressaten als verbindliche zusage über das zukünftige verhalten der verwaltungsbehörde bei erlass des verwaltungsaktes gewissheit zu verschaffen. die zusicherung ist demnach eine selbstverpflichtung der behörde zu einem späteren tun oder unterlassen. die auslegung, ob ein verwaltungsakt erlassen werden sollte und mit welchem inhalt, richtet sich nach den für willenserklärungen maßgebenden auslegungsgrundsätzen. dabei ist § 133 bürgerliches gesetzbuch (bgb) heranzuziehen. hiernach ist das gesamte verhalten des erklärenden zu berücksichtigen; neben dem erklärungswortlaut kommt es auch auf die begleitumstände, insbesondere dem zweck der erklärung an. das danach maßgebende gesamtverhalten des erklärenden ist vom standpunkt dessen zu bewerten, für den die erklärung bestimmt ist. maßgebend ist somit nicht der innere, sondern der erklärte wille, wie ihn bei objektiver würdigung der empfänger verstehen konnte. entscheidend ist also nicht, was die verwaltung mit ihrer erklärung gewollt hat, sondern wie der empfänger sie verstehen durfte; andererseits kann der empfänger sich nicht darauf berufen, er habe die erklärung in einem bestimmten sinne verstanden, wenn diese objektiv - unter berücksichtigung aller umstände - nicht so verstanden werden konnte (vgl. m.w.n. bsg, urteil vom 08.12.1993, az.: 10 rkg 19/92). 51ausgehend hiervon enthalten die vom kläger in bezug genommen schreiben der beklagten nur - unverbindliche - auskünfte. 52aa) das schreiben vom 10.12.1991 führt zwar aus, dass "differenzen bei der rentennachzahlung vom deutschen rentenversicherungsträger gezahlt werden". hierbei wird indes nicht auf eine bereits geprüfte rentenberechtigung des klägers abgestellt. eine dahingehende prüfung hatte - für den kläger erkennbar - zu diesem zeitpunkt noch nicht stattgefunden. das schreiben ist seinem inhalt nach allgemein gehalten und nicht auf den konkreten fall bezogen. es ist deshalb nicht geeignet, eine mit sicherheit eintretende regelung im einzelfall des klägers mit bestimmtem inhalt in aussicht zu stellen. es wird dort nicht ausgesagt, unter welchen weiteren voraussetzungen die beklagte einen anspruch des klägers auf rentenleistungen bewilligen werde. vielmehr nahm die beklagte bezug auf eine anfrage des klägers vom 23.09.1991, in der er um auskunft bat, welche gesetze und vorschriften seiner rentenberechnung bei einer übersiedlung in die bundesrepublik zugrunde gelegt werden. das schreiben vom 10.12.1991 enthält nicht mal die zusage, einen rentenbescheid zu erlassen. es ist inhaltlich auf die darstellung der damaligen rechtslage beschränkt. 53bb) nichts anderes gilt in bezug auf das schreiben vom 27.06.2005 an das bundesministerium für gesundheit und soziales. ungeachtet des umstandes, dass der kläger nicht adressat dieses schreibens ist, teilte die beklagte mit, dass sowohl das bis zum 30.11.2005 praktizierte auszahlverfahren als auch die ab 01.12.2005 geübte praxis "zum gleichen rentenzahlbetrag" führe. hierbei handelt es sich bereits um keine unzutreffende mitteilung, da der ausgezahlte betrag jeweils identisch ist; einzig mit dem unterschied, dass ab dem 01.12.2005 die polnische rente anteilig zur tilgung der polnischen steuerschuld unmittelbar vom polnischen versicherungsträger an die polnische finanzverwaltung überwiesen wird. gleiches wird im bescheid vom 20.10.2005 bestätigt, wenn dort ausgeführt wird, dass "(die) minderung der summe der rentenzahlbeträge aus deutscher und polnischer rente ( ) ausschließlich auf dem von den polnischen behörden vorgenommenen bzw. vorzunehmenden steuerabzug (beruht)." 54d.) da die aufhebung der bewilligung rechtmäßig ist, durfte die beklagte insoweit die überzahlte leistung nach § 50 abs. 1 sgb x zurückfordern. 55aa) soweit der kläger rügt, dass die beklagte bei der bruttorente ebenfalls den vom polnischen rentenversicherungsträger gewährten pflegezuschlag angerechnet habe, ist dies unzutreffend. die vom polnischen versicherungsträger ab september 2007 gewährte pflegezulage wurde zu keiner zeit bei der anrechnung des polnischen bruttorentenbetrages mit eingerechnet. bei den neuberechnungen wurde nämlich nur der im jeweiligen polnischen rentenbescheid ausgewiesene bruttorentenbetrag berücksichtigt. wie den zum schriftsatz der beklagten vom 08.09.2011 beigefügten polnischen rentenbescheiden entnommen werden kann, zieht der polnische versicherungsträger von diesem bruttorentenbetrag die steuer ab und rechnet erst dann die pflegezulage hinzu. demensprechend hat der kläger-bevollmächtigte im verhandlungstermin am 04.06.2012 vor dem sozialgericht eingeräumt, dass bezüglich der pflegezulage die berechnungen der beklagten zutreffend seien. warum nunmehr eine andere ansicht vertreten wird, wird nicht substantiiert dargelegt. 56bb) auch die auffassung des klägers, die wechselkurse seien fehlerhaft berechnet worden, trifft nicht zu. die beklagte hat auch bei der bestimmung der polnischen rentenhöhe die rechtslage zutreffend berücksichtigt. 57einschlägig ist insoweit § 17a viertes buch sozialgesetzbuch (sgb iv). er regelt abschließend, wann sich ein geänderter wechselkurs auf eine sozialleistung auswirkt. nach § 17a abs. 3 sgb iv bleibt der angewandte umrechnungskurs so lange maßgebend, bis 1. die sozialleistung zu ändern ist, 582. sich das zu berücksichtigende einkommen ändert oder 593. eine kursveränderung von mehr als 10 vom hundert gegenüber der letzten umrechnung eintritt, jedoch nicht vor ablauf von drei kalendermonaten. 60da sich die polnische rente zum 01.03.2008 und 01.03.2009 geändert hatte (§ 17a abs. 3 nr. 1 sgb iv), war der umrechnungskurs neu zu ermitteln. die kursumrechnung wird nach der vorrangigen umrechnungsnorm des art. 107 ewg-vo 574/72 (ab 01.05.2010 nach art. 90 vo (eg) 987/2009) bestimmt. nach diesen vorschriften ist bezugszeitraum 61- der monat januar für die ab dem darauffolgenden 1. april anzuwendenden umrechnungskurse, - der monat april für die ab dem darauffolgenden 1. juli anzuwendenden umrechnungskurse, - der monat juli für die ab dem darauffolgenden 1. oktober anzuwendenden umrechnungskurse, - der monat oktober für die ab dem darauffolgenden 1. januar anzuwendenden umrechnungskurse. 62es gelten die wechselkurse, die der kommission zu ein und demselben zeitpunkt von den zentralbanken für die berechnung des ecu im rahmen des europäischen währungssystems mitgeteilt werden. die anzuwendenden umrechnungskurse werden im vorletzten monat vor dem monatsersten, ab dem sie anzuwenden sind, im amtsblatt der europäischen union veröffentlicht. 63auf dieser grundlage gelten - in bezug auf den bescheid vom 09.06.2009 - folgende kurse: 64- bezugszeitraum oktober 2007 - anwendungszeitraum januar, februar und märz 2008: 1 eur = 3,7062 (pln), - bezugszeitraum januar 2008 - anwendungszeitraum april, mai und juni 2008: 1 eur = 3,6092 (pln), - bezugszeitraum april 2008 - anwendungszeitraum juli, august und september 2008, 1 eur = 3,4421 (pln), - bezugszeitraum oktober 2008 - anwendungszeitraum januar, februar und märz 2009: 1 eur = 3,5767 (pln), - bezugszeitraum januar 2009 - anwendungszeitraum april, mai und juni 2009: 1 eur = 4,2300 (pln), - bezugszeitraum april 2009 - anwendungszeitraum juli, august und september 2009: 1 eur = 4,4326 (pln). 65unter anwendung der o.g. kurse ergibt sich, dass die von der beklagten im bescheid vom 09.06.2009 (anlage 7) herangezogenen beträge der polnischen rente richtig umgerechnet wurden: - zum 01.03.2008 mit 476,49 eur, 66- zum 01.07.2008 mit 513,05 eur, - zum 01.01.2009 mit 513,05 eur, - zum 01.03.2009 mit 523,86 eur, - zum 01.04.2009 mit 442,95 eur, - zum 01.07.2009 mit 422,71 eur. 67anhaltspunkte, dass die beklagte in bezug auf die streitgegenständlichen änderungsbescheide diese vorstehend dargelegten berechnungsvorgänge fehlerhaft vollzogen hat, sind im übrigen nicht ersichtlich. insbesondere hat der kläger dahingehend keine substantiierten einwände erhoben. 68ein anspruch auf eine weitergehende berücksichtigung des monatlichen wechselkurses bzw. anderer wechselkurse, wie vom kläger gefordert, besteht nicht (vgl. bayerisches landessozialgericht, urteil vom 23.11.2011, az.: l 13 r 890/10). 69nichts gegenteiliges folgt aus dem vor dem landessozialgericht nordrhein-westfalen in einem früheren verfahren (az.: l 18 r 88/08) am 30.09.2008 geschlossenen vergleich, wonach sich die beklagte verpflichtete, den anrechnungsbetrag nach § 17a sgb iv nach dem offiziellen umrechnungskurs der europäischen zentralbank bzw. der deutschen bundesbank zu ermitteln und den sodann errechneten euro-betrag als anrechnungsbetrag zu grunde zu legen. bereits dem wortlaut nach kann dem vergleich nicht entnommen werden, dass eine taggenaue wechselkursberechnung zu erfolgen hat. auch ergibt sich aus dem vergleich nicht, dass auch die streitgegenständlichen bescheide hiervon erfasst werden. dem vergleich lagen vielmehr die rentenbescheide vom 26.01.2005 und vom 20.10.2005 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 05.12.2005 zugrunde. der vergleich bezieht sich daher auf einen abgeschlossenen - nicht streitgegenständlichen - rentenbezugszeitraum in der vergangenheit. 70die berufung ist mit der sich aus § 193 sgg ergebenden kostenfolge zurückzuweisen. die im verhandlungstermin am 11.07.2014 durch die beklagte erfolgte aufhebung der widerspruchsbescheide vom 24.10.2012 und 11.10.2013 stellt nur ein geringfügiges obsiegen des klägers dar, das eine kostenbeteiligung der beklagten nicht rechtfertigt. 71gründe für die zulassung der revision (§ 160 abs. 2 sgg) sind nicht ersichtlich.
Verklagte*r
0
171,330
2 O 220/17
2018-12-17T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.799,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.09.2017 zu zahlen Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs V mit der Fahrgestellnummer xxxxxxxxxxxxxx. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des vorbezeichneten Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 300,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.08.2017 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 14.04.2014 von der B GmbH in R einen gebrauchten V mit der Fahrgestellnummer xxxxxxxxxxxxxx zu einem Kaufpreis von 22.600,00 EUR (brutto). Das Fahrzeug hatte damals 6.423 km gelaufen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage K 1 mit der Klageschrift zu den Akten gereichte Gebrauchtfahrzeugrechnung vom 14.04.2014 Bezug genommen. 3In dem Fahrzeug ist ein Motor des Typs C verbaut, den die Beklagte hergestellt hat. In dem Fahrzeug ist zudem serienmäßig eine von der Beklagten vorgegebene Motorensteuergerätesoftware installiert, die erkennt, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt, und dann einen besonderen Modus aktiviert. In diesem Modus wird die Rückführung von Abgasen im Vergleich zu dem normalen Betriebsmodus verändert, wodurch die nach der Euro-5-Norm vorgegebenen Grenzwerte – nur während des Durchfahrens des NEFZ – eingehalten werden. Anschließend wird der Modus wieder deaktiviert, sodass die Grenzwerte – insbesondere im normalen Straßenbetrieb - wieder überschritten werden. Durch Verwendung der Motorensteuergerätesoftware erlangte die Beklagte eine EU-Typengenehmigung, weil die Behörde davon ausging, dass der Fahrzeugtyp die Anforderungen der Euro-5-Norm erfüllt. 4Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses waren verschiedene Angestellte der Beklagten in das Vorgehen der Beklagten involviert, u.a. K (Leiterin der Funktions- und Softwareentwicklung innerhalb der Q), L (Leiter der Dieselmotoren-Entwicklungsabteilung) und N (Leiter der Dieselsystemanwendung innerhalb der Q). Wegen der Einzelheiten wird auf S. 7 und 8 des Schriftsatzes des Klägers vom 17.09.2018 Bezug genommen (Bl. 442 ff. d. A.). 5Nachdem im Rahmen des sogenannten „Abgasskandals“ öffentlich bekannt wurde, dass die Beklagte diese Software in einer Vielzahl von Fahrzeugtypen zum Einsatz brachte und dass alle Fahrzeuge der betroffenen Typen im normalen Straßenbetrieb die Grenzwerte überschritten, entwickelte die Beklagte ein Update für die Motorensteuergerätesoftware. Nach dem Update verfügt das Fahrzeug nur noch über einen einheitlichen Betriebsmodus. 6Das Kraftfahrtbundesamt erließ eine nachträgliche Nebenbestimmung zur Typengenehmigung des Fahrzeugs, nach welcher diese nicht widerrufen werde, jedoch das in der Nebenbestimmung bezeichnete Softwareupdate installiert werden müsse. 7Der Kläger beauftragte seine jetzigen Prozessbevollmächtigten, welche auch zahlreiche nahezu identische Verfahren für andere Mandanten führen, mit seiner außergerichtlichen Vertretung. Diese forderten die Beklagte mit vorgerichtlichem Schreiben vom 19.07.2017 unter Fristsetzung zum 02.08.2017 auf, an den Kläger 22.600,00 EUR abzüglich der gezogenen Nutzungen Zug-um-Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs sowie vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen. Wegen des genauen Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Ablichtung des vorgerichtlichen Schreibens vom 19.07.2017 Bezug genommen (Anlage K 4 zur Klageschrift). 8Der Kläger nutzte das Fahrzeug nach dem Kauf weiter. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung legte er mit dem Fahrzeug eine Strecke von 120.744 km zurück. 9Der Kläger ist der Ansicht, er könne von der Beklagten Schadensersatz gerichtet auf Rückgewähr des Fahrzeugs Zug-um-Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs verlangen. In diesem Zusammenhang behauptet er, er habe sich aufgrund der Täuschung der Beklagten über die Eigenschaften des Fahrzeugs geirrt, insbesondere über die Gesetzeskonformität der Software und über die Richtigkeit der von dem Fahrzeug auf dem Prüfstand erzielten Schadstoffwerte. Aufgrund dieses Irrtums habe er sich zum Kauf des Fahrzeugs entschlossen. Hätte er Kenntnis von den tatsächlichen Werten gehabt, hätte er das Fahrzeug nicht erworben. Als umweltbewusste und rechtstreue Person sei die Nutzung für ihn nicht hinnehmbar. 10Der Kläger hält das Vorgehen der Beklagten für sittenwidrig. Er behauptet, die Beklagte habe sich aus Gewinnstreben und zum Erlangen der Marktführerschaft entschlossen, Dieselmotoren zu entwickeln, die den Anforderungen der Euro-5-Norm entsprächen. Dies sei ihr jedoch nicht gelungen. Deshalb habe sie beschlossen, eine von der S GmbH zu Testzwecken entwickelte Software einzusetzen, um im Falle eines Abgastests die Messwerte zu manipulieren. Dadurch sollten auf dem Prüfstand ausreichende Messwerte erreicht werden, um die entsprechende EU-Typengenehmigung zu erlangen. Hierzu sei die Software serienmäßig in den Fahrzeugen – u.a. auch in das von dem Kläger erworbene Fahrzeug – eingebaut worden. Die Beklagte habe in Kauf genommen, auf Kosten der Umwelt und Gesundheit von Menschen Fahrzeuge mit zu hohen Schadstoffwerten in Verkehr zu bringen, um ihren Profit und ihre Marktanteile zu steigern. 11Die Beklagte habe auch vorsätzlich gehandelt. Die Anweisung, die Software in die Motoren zu integrieren, sei vom damaligen Entwicklungsvorstand I erteilt worden. Neben den unstreitig beteiligten Angestellten sei allen Vorstandsmitgliedern, insbesondere Dr. X, der Einsatz der Software bekannt gewesen. Sie hätten auch gewusst, dass es sich dabei um eine verbotene Abschalteinrichtung gehandelt habe und dass die Fahrzeuge infolge des Einsatzes nicht über eine wirksame EU-Typengenehmigung verfügten, dass die ausgestellten Übereinstimmungsbescheinigungen falsch und die Fahrzeuge nicht zulassungsfähig seien. 12Der Kläger behauptet, es sei von einer durchschnittlichen Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 500.000 km auszugehen. Der Marktwert des Fahrzeugs sei nach Bekanntwerden der Manipulation um mindestens 30 % gesunken. Diese Wertminderung sei den Verantwortlichen bei der Beklagten auch bewusst gewesen und von ihnen in Kauf genommen worden. Zudem bestehe die Gefahr, dass das Fahrzeug stillgelegt werde und der Versicherungsschutz erlösche. 13Das von der Beklagten angebotene Software-Update sei ungeeignet, den Schaden zu beseitigen; auch nach dem Update sei der NOx-Ausstoß zu hoch. Die Installation des Updates sei für den Kläger unzumutbar, weil es zu einer Erhöhung des Kraftstoffverbrauchs, einer Verminderung der Motorleistung sowie zu Schäden am Motor und zu einer Reduzierung der Haltbarkeitsdauer des Partikelfilters führe. Zudem sei eine Nacherfüllung durch das Unternehmen, welches zuvor die Software aufgespielt habe, unzumutbar. 14Der Kläger beantragt, 151. die Beklagte zu verurteilen, Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs V mit der Fahrgestellnummer xxxxxxxxxxxxxxxxx im Wege des Schadensersatzes an die Klägerpartei 22.600,00 EUR unter Anrechnung einer noch zu beziffernden Nutzungsentschädigung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 162. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 03.08.2017 in Annahmeverzug befindet; 173. die Beklagte zu verurteilen, außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.430,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.08.2017 zu zahlen. 18Die Beklagte beantragt, 19die Klage abzuweisen. 20Die Beklagte behauptet, sie habe nicht über die Eigenschaften des Fahrzeugs getäuscht, da sie – was unstreitig ist – überhaupt nicht die Herstellerin des Fahrzeugs sei. Sie habe auch niemals zugesichert, dass die auf dem Prüfstand erreichten Laborwerte auch im normalen Straßenbetrieb erzielt würden. Es sei vielmehr naturgemäß so, dass es im Straßenbetrieb zu Abweichungen komme. Zudem sei das Fahrzeug nicht fehlerbehaftet. Es sei technisch sicher und fahrbereit und verfüge über alle erforderlichen Genehmigungen, insbesondere wurde – was unstreitig ist – die EU-Typengenehmigung vom Kraftfahrtbundesamt nicht aufgehoben. 21Bei der installierten Software handele es sich nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung, weil die Rückführung der Abgase in den Motor lediglich eine innermotorische Maßnahme betreffe und die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems im realen Fahrzeugbetrieb nicht eingeschränkt werde, sondern lediglich um eine „Umschaltlogik“ ergänzt werde. Im Übrigen entspreche der Zustand des Fahrzeugs den gesetzlichen Vorgaben. Der Gesetzgeber habe sich bewusst dafür entschieden, Emissionsgrenzwerte allein unter Laborbedingungen festzulegen. Es gebe keine gesetzlichen Vorgaben, die die Einhaltung von Grenzwerten im normalen Straßenbetrieb festlegten. Auf dem Prüfstand würden die Grenzwerte jedoch – was unstreitig ist – durch die serienmäßig installierte Software eingehalten. 22Die Beklagte habe auch nicht vorsätzlich gehandelt. Kein Vorstandsmitglied habe zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses Kenntnis von der Verwendung der Software gehabt. 23Im Übrigen müsse sich der Kläger jedenfalls die erzielten Nutzungsvorteile anrechnen lassen. Die Beklagte ist insoweit der Auffassung, dass diese auf Grundlage einer Gesamtlaufleistung von 200.000 km bis 250.000 km erfolgen müsse. 24Die Beklagte meint außerdem, ein etwaiger Mangel an dem Fahrzeug sei unerheblich. Sie behauptet, nach Durchführung der von der Beklagten für den Kläger kostenlos angebotenen Maßnahmen werde das Fahrzeug stets alle Grenzwerte einhalten. Durch die Maßnahmen würden auch keine Verschlechterungen an dem Fahrzeug auftreten. Kraftstoffverbrauch, CO2-Emissionen, Motorleistung, Drehmoment und Geräuschemissionen würden sich nicht negativ verändern. Auch gebe es keine negativen Einflüsse auf die Haltbarkeit des Motors und seiner Komponenten. Dies beruhe auf neuen technischen Erkenntnissen, infolge derer der Verbrennungsprozesses durch das Software-Update optimiert worden sei. 25Die Beklagte ist zudem der Auffassung, der Kläger sei bezüglich des Antrags zu Ziffer 3 nicht aktivlegitimiert, da dieser - dies ist unstreitig - über eine Rechtsschutzversicherung verfügt und die Selbstbeteiligung i.H.v. 300,00 € gezahlt hat. 26Die Klage ist der Beklagten am 15.09.2017 zugestellt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst den dazugehörigen Anlagen Bezug genommen. 27Entscheidungsgründe: 28Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. 29I. 30Die Klage ist zulässig. 31Die sachliche Zuständigkeit folgt aus §§ 23, 71 GVG, weil der Streitwert 5.000,00 EUR übersteigt. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 32 ZPO. Im Rahmen von § 32 ZPO kann die Klage an jedem Ort erhoben werden, an dem ein Teilakt der unerlaubten Handlung begangen worden ist. Daher kann die Klage sowohl an dem Ort, an dem die unerlaubte Handlung begangen worden ist (Handlungsort), als auch an dem Ort, an dem der Erfolg eingetreten ist (Erfolgsort), erhoben werden. Gehört zum Tatbestand der Verletzungsnorm der Eintritt eines Vermögensschadens, so ist als Erfolgsort auch der Belegenheitsort des Vermögens des Verletzten, also regelmäßig dessen Wohnsitz anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 12.10.2010 - XI ZR 394/08 = BKR 2010, 509). Vorliegend ist nach diesen Grundsätzen ein Gerichtsstand auch am Wohnsitz des Klägers als Erfolgsort begründet, weil dieser seine Klage unter anderem auf einen Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) stützt und zum Tatbestand dieser Norm auch der Eintritt eines Vermögensschadens gehört. 32Das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse hinsichtlich des Antrags zu 2. folgt aus § 756 ZPO, weil der Kläger im Falle ihres Obsiegens die spätere Zwangsvollstreckung nur unter den erschwerten Voraussetzungen betreiben kann, solange der Annahmeverzug nicht rechtskräftig festgestellt ist. 33II. 34Die Klage ist überwiegend begründet. 351. 36Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von 13.799,40 EUR gegen die Beklagte gemäß § 826 BGB. 37a) 38Die Haftung besteht dem Grunde nach. 39aa) 40Die Beklagte hat dem Kläger einen Schaden zugefügt. Ein Schaden im Sinne des § 826 BGB ist entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht nur dann zu bejahen, wenn sich die Vermögenslage im Sinne der Differenzhypothese durch das schädigende Verhalten verschlechtert hat, sondern davon losgelöst auch dann, wenn Leistung und Gegenleistung zwar objektiv gleichwertig sind, der Geschädigte aber durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrags gebracht worden ist, den er sonst nicht geschlossen hätte (BGH, Urteil vom 21.12.2004 – VI ZR 306/03 = BGHZ 161, 361-371 m.w.N.). 41Dies ist hier der Fall. Es kommt nicht darauf an, ob das Fahrzeug des Klägers durch den Einsatz der Software oder durch das spätere Bekanntwerden der Manipulationen einen Wertverlust erlitten hat. Die Beklagte hat dem Kläger nämlich schon dadurch einen Schaden im vorgenannten Sinn zugefügt, indem sie ihn mittelbar zum Abschluss des Kaufvertrags über das Fahrzeug verleitet hat, den der Kläger sonst nicht geschlossen hätte. Dies hat sie getan, indem sie einen Motor produzierte und auf den Markt brachte, dessen tatsächliche Schadstoffausstoßwerte nicht mit den von der Beklagten bzw. der Herstellerin des Fahrzeugs suggerierten Werten übereinstimmten und sie zudem bei dem Kläger mittelbar durch die Veröffentlichung von falschen Produktdaten sowie durch die mittelbare Erwirkung einer falschen Typengenehmigung bzw. Übereinstimmungsbescheinigung den Irrtum erzeugte, dass das Fahrzeug die gesetzlichen Grenzwerte der Euro-5-Norm im normalen Straßenverkehr einhält. 42Die Beklagte hat einen Motor hergestellt und in Verkehr gebracht, dessen Schadstoffausstoßwerte aufgrund der in dem Fahrzeug verbauten Motorsteuersoftware nicht denjenigen Werten entsprachen, die die Beklagte suggeriert hat. Die Beklagte hat mittelbar durch die Angabe, das Fahrzeug halte die Grenzwerte der Euro-5-Norm ein, der Öffentlichkeit im Allgemeinen und jedem interessierten Fahrzeugkäufer im Besonderen den Eindruck vermittelt, das Fahrzeug halte diese Grenzwerte unter idealen Betriebsbedingungen stets – also auch im normalen Straßenbetrieb – ein, obwohl dies in Wahrheit nicht der Fall war. Dass die Beklagte nicht Herstellerin des Fahrzeugs ist, ist unerheblich, da die schädigende Handlung in der Herstellung des Motors C und der Vorgabe der Motorsteuergerätesoftware liegt. 43Der Einwand der Beklagten, das Fahrzeug sei gar nicht fehlerhaft und sie habe niemals zugesichert, dass die auf dem Prüfstand erreichten Laborwerte auch im normalen Straßenbetrieb erzielt würden, greift nicht durch. Jedermann und insbesondere jeder vernünftige Kaufinteressent, der sich über die Fahrzeugdaten informiert, geht selbstverständlich davon aus, dass das Fahrzeug auf dem Prüfstand in demselben Grundmodus betrieben wird, wie im normalen Straßenverkehr und dass es deshalb auch im normalen Betrieb jedenfalls unter optimalen Bedingungen die auf dem Prüfstand gemessenen Grenzwerte erreichen kann. Denn eine Prüfung der Fahrzeuge wäre gänzlich sinnlos, wenn mit dem Test nicht versucht würde, zumindest annäherungsweise den Schadstoffausstoß zu ermitteln, den die Fahrzeuge auch im normalen Betrieb erreichen bzw. unter optimalen Bedingungen erreichen können. Dass auf dem Prüfstand unter Laborbedingungen geringfügige Abweichungen vorkommen mögen, mag sein; bei diesen Abweichungen handelt es sich aber schon vom Grundsatz her um gänzlich andere Werte, als solche, die durch eine gezielte Manipulation des Prüfungsverfahrens durch die von der Beklagten eingesetzte Software erreicht werden. 44Durch dieses Verhalten hat die Beklagte den Kläger mittelbar zum Abschluss eines Vertrags verleitet, den er ansonsten nicht geschlossen hätte. Der Kläger hatte sich zu dem Kauf eines Fahrzeugs entschlossen, das von seiner Beschaffenheit her dem beworbenen Zustand entspricht und das insbesondere die Grenzwerte der Euro-5-Norm einhalten sollte. Diese Eigenschaften wies das streitgegenständliche Fahrzeug jedoch nicht auf, der Kläger hat vielmehr ein Fahrzeug erworben, das mit einer manipulierenden Software ausgestattet war und das tatsächlich die Grenzwerte nicht einhielt. 45Auf die Frage, ob zwischenzeitlich ein Softwareupdate die Mängel beheben kann, kommt es dabei nicht an, weil es im Rahmen eines Anspruchs aus § 826 BGB kein Recht zur Nachbesserung gibt. Indem der Kläger nicht das Fahrzeug erhielt, zu dessen Kauf er sich bei seiner Willensbildung entschlossen hatte, ist er an einer auf seiner freien Willensbildung beruhenden Teilnahme am Wirtschaftsleben gehindert worden, ohne dass es eines wirtschaftlichen Nachteils bedarf. 46Diese Hinderung der freien Willensbildung ist mittelbar von der Beklagten verursacht worden. Ohne die Entwicklung, Herstellung und das Inverkehrbringen des Motors hätte der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug nicht erwerben können. Ohne die vorgenannte öffentliche Suggestion der Beklagten, der Motor – und damit das Fahrzeug – halte die Grenzwerte der Euro-5-Norm stets ein, hätte der Kläger das Fahrzeug ebenfalls nicht erworben. Denn wenn die Beklagte bzw. der Hersteller des Fahrzeugs offen eingeräumt hätte, dass in dem Fahrzeug die in Rede stehende Software installiert ist und dass das Fahrzeug im normalen Straßenbetrieb die Grenzwerte nicht einhalten kann, weil es dort in einem alternativen Modus mit einem per se höheren Schadstoffausstoß betrieben wird, wäre das Fahrzeug bereits nicht zugelassen worden. Dies ergibt sich eindeutig aus der nachträglichen Nebenbestimmung des Kraftfahrbundesamtes, nach welcher die Aufrechterhaltung der Typengenehmigung an die Vornahme eines Softwareupdates geknüpft wird. 47Zudem ist davon auszugehen, dass der Kläger sich in Kenntnis der wahren Umstände nicht zum Kauf des Fahrzeugs entschlossen hätte. Hierfür spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins. Insoweit reicht es für die Darlegung eines Ursachenzusammenhangs zwischen einer Täuschung und der Abgabe einer Willenserklärung aus, dass der Getäuschte Umstände darlegt, die für seinen Entschluss von Bedeutung sein konnten und nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts Einfluss auf die Entschließung gehabt haben können (vgl. BGH Urteil vom 12.05.1995 – V ZR 34/94 = NJW 1995, 2361). Dann spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Täuschung auf die Willensentschließung Einfluss gehabt hat (vgl. BGH, Urteil vom 05.12.1975 – V ZR 34/74 = MDR 1976, 388). 48Diese Grundsätze sind auf den vorliegenden Fall anwendbar. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, dass er das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn er Kenntnis von der eingesetzten Software und den tatsächlichen Schadstoffwerten gehabt hätte. Das ist auch plausibel. So liegt es auf der Hand, dass kein Käufer ein solches Fahrzeug in dem Wissen erworben hätte, dass es nicht mit den gesetzlichen Bestimmungen in Einklang steht oder jedenfalls lediglich zu einem niedrigeren Kaufpreis. Den sich daraus ergebenden Anscheinsbeweis hat die Beklagte nicht erschüttert. Sie hat schon keine Tatsachen vorgetragen, die zur Erschütterung geeignet wären. 49Eine Haftung der Beklagten nach § 826 BGB scheidet auch nicht deshalb aus, weil die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen, gegen die die Beklagte durch den Einsatz der Software und die Manipulation des Prüfungsverfahrens verstoßen hat, nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen, sondern gesamtgesellschaftlichen Zielen diente, und deshalb Vermögensschäden im Zusammenhang mit dem Verstoß der Beklagten nicht unter den Schutzbereich des § 826 BGB fielen (so LG Köln, Urteil vom 07.10.2016 – 7 O 138/16; LG Ellwangen, Urteil vom 10.06.2016 – 5 O 385/15; LG Braunschweig, Urteil vom 19. Mai 2017 – 11 O 4153/16 – jeweils zitiert nach juris), da die Haftung aus § 826 BGB nicht davon abhängt, auf welchem Weg und unter Verstoß gegen welche gesetzlichen Vorschriften der Schädiger gehandelt hat (vgl. LG Hildesheim, Urteil vom 17.01.2017 – 3 O 139/16; LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 17.07.2017 – 13 O 174/16 – jeweils zitiert nach juris). 50Es steht auch nicht zu befürchten, dass es andernfalls zu einer Ausuferung der Haftung kommen würde: Der Schädiger haftet allein für die durch seine sittenwidrige Schädigung verursachten Vermögensschäden, der Kreis der Ersatzberechtigten wird dadurch eingegrenzt, dass der Schädiger hinsichtlich der Schädigung mit Vorsatz handeln muss (s.u.) und dadurch diejenigen Personen, deren Vermögensschäden zu ersetzen sind, von vornherein ausreichend genau bestimmt werden; erfasst werden im vorliegenden Fall nämlich nur die Erwerber der von der Manipulation betroffenen Fahrzeuge. 51Im Übrigen ist der Beklagten nicht allein ein Verstoß gegen das Genehmigungsverfahren anzulasten, sondern insbesondere, dass sie der Allgemeinheit und den betroffenen Fahrzeugkäufern mittelbar durch ihre öffentlichen Angaben und die – von ihr mittelbar zu verantwortenden Übereinstimmungsbescheinigungen – suggeriert, dass die Fahrzeuge bestimmte technische Eigenarten aufweisen, die tatsächlich nicht gegeben sind. Ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB hängt schließlich auch nicht davon ab, ob der Käufer seinen Vermögensschaden von einer anderen Person ersetzt verlangen kann. Das Bestehen von kaufrechtlichen Ansprüchen gegen den Verkäufer schließt deliktische Ansprüche gegen einen Dritten nämlich keinesfalls aus (LG Hildesheim, Urteil vom 17.01.2017 – 3 O 139/16; LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 17.07.2017 – 13 O 174/16 – jeweils zitiert nach juris). 52bb) 53Das Verhalten der Beklagten war auch sittenwidrig. Eine Sittenwidrigkeit liegt vor, wenn das Verhalten des Täters gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.1953 - IV ZR 242/52 = BGHZ 10, 228; Urteil vom 19.10.2010 - VI ZR 124/09 = VersR 2010, 1659; Urteil vom 03.12.2013 – XI ZR 295/12 = NJW 2014, 1098). Insoweit genügt zwar nicht jeder Gesetzesverstoß für die Annahme der Sittenwidrigkeit, es müssen besondere Umstände hinzukommen, die das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks oder wegen des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als „anständig“ Geltenden verwerflich machen (vgl. BGH, Urteil vom 10.07.2001 - VI ZR 160/00 = NJW 2001, 3702; Urteil vom 20.11.2012 – VI ZR 268/11 = NJW-RR 2013, 550; Urteil vom 15.10.2013 – VI ZR 124/12 = NJW 2014, 1380). 54Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das schädigende Verhalten der Beklagten ist sowohl wegen seines Zwecks als auch wegen des angewandten Mittels als auch mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung als verwerflich anzusehen. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte die Software eingebaut hat, weil sie nicht in der Lage war, auf andere Art und Weise mit vergleichbarem Aufwand Motoren zu entwickeln, die die Euro-5-Norm auch im normalen Straßenbetrieb einhalten. Dementsprechend diente der Einsatz der Software dazu, Motoren zu produzieren und zu verkaufen, die andernfalls keine oder zumindest weniger Abnehmer gefunden hätten. 55Das Verhalten der Beklagten diente damit dazu, auf Kosten der Umwelt und der Gesundheit von Menschen und anderen Lebewesen, die durch die (höheren) Schadstoffwerte gefährdet bzw. geschädigt werden, den Umsatz der Beklagten zu steigern, sich im Wettbewerb mit konkurrierenden Unternehmen durchzusetzen und die Marktmacht des Unternehmens der Beklagten weiter auszubauen. Der entsprechende Vortrag des Klägers gilt gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden, da die Beklagte ihn nicht ausreichend bestritten hat. Die Beklagte hat insoweit keinen vernünftigen Grund benannt, aus welchem anderen Grund sie die Software eingesetzt hat. 56Im Übrigen liegen diese Ziele der Beklagten angesichts der Art und Weise der Manipulation auf der Hand. Schon der Zweck, also das millionenfache Veräußern von Motoren, die den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprechen und einen zu hohen Schadstoffausstoß aufweisen, ist als verwerflich anzusehen, weil er mit den Regeln eines geordneten Zusammenlebens nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral nicht vereinbar ist. Auch die Mittel, nämlich durch den Einsatz der Software die technischen Unzulänglichkeiten der Fahrzeuge gegenüber den Prüfungs- und Zulassungsbehörden planmäßig zu verschleiern, sowie die sich daraus mittelbar ergebende Täuschung der Käufer über die zu erwartenden Eigenschaften der Fahrzeuge, sind nach den vorgenannten Grundsätzen als verwerflich anzusehen. 57Dasselbe gilt für die von rücksichtslosem Gewinnstreben auf Kosten der Umwelt, der Allgemeinheit und der einzelnen Käufer geprägte Gesinnung der Beklagten. Diese Umstände führen schon jeweils allein und erst recht in ihrem Zusammenspiel dazu, dass das Verhalten der Beklagten als grob sittenwidrig einzustufen ist (vgl. u.a. auch LG Hildesheim, Urteil vom 17.01.2017 – 3 O 139/16; LG Kleve, Urteil vom 31.03.2017 – 3 O 252/16; LG Offenburg, Urteil vom 12.05.2017 – 6 O 119/16; LG Dortmund, Urteil vom 06.06.2017 – 12 O 228/16; LG Arnsberg, Urteil vom 14.06.2017 – 1 O 25/17; LG Osnabrück, Urteil vom 28.06.2017 – 1 O 29/17; LG Saarbrücken, Urteil vom 14.07.2017 – 12 O 104/16; LG Frankfurt a. d. Oder, Urteil vom 17.07.2017 – 13 O 174/16; LG Köln, Urteil vom 18.07.2017 – 22 O 59/17; LG Krefeld, Urteil vom 19.07.2017 – 7 O 147/16; LG Essen, Urteil vom 28.08.2017 – 4 O 114/17; LG Bielefeld, Urteil vom 16.10.2017 – 6 O 149/16; im Ergebnis wohl ebenso: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.09.2017 – I-4 U 87/17 – jeweils zitiert nach juris). 58cc) 59Die Beklagte handelte auch vorsätzlich. Gemäß § 826 BGB muss die Zufügung des Schadens vorsätzlich erfolgt sein. Nach ganz herrschender Meinung muss sich der Vorsatz dabei sowohl auf die die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände als auch auf die Schädigung beziehen. Hinsichtlich der Schädigung ist der Vorsatz zu bejahen, wenn der Schädiger die Art und Richtung der Schadensfolgen vorausgesehen und gewollt oder zumindest billigend in Kauf genommen hat (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.1990 – VI ZR 6/90 = NJW 1991, 634; Urteil vom 15.09.1999 – I ZR 98/97 = NJW 2000, 393). 60Diese Voraussetzungen liegen vor. Die den Schadstoffausstoß beeinflussende Motorsteuersoftware kann nicht versehentlich vorgegeben worden sein, sondern muss willentlich entwickelt und für das streitgegenständliche Fahrzeug vorgegeben worden sein. Die Wirkungsweise der Software war ebenfalls gewollt. Sie ist gerade mit der Absicht eingebaut worden, das Durchlaufen des NEFZ zu erkennen und den Schadstoffausstoß während der behördlichen Prüfung zu senken, um so die erforderlichen Genehmigungen zu erhalten. Aus dem Umstand, dass die Software überhaupt entwickelt, eingebaut und genutzt worden ist, folgt, dass den verantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten bewusst war, dass der von ihr entwickelte Fahrzeugtyp die gesetzlich geforderten Grenzwerte nicht einhält und dass keine Genehmigung nach der Euro-5-Norm erteilt werden konnte. Andernfalls wäre der Einsatz einer Software, die die Schadstoffemissionen nur auf dem Prüfstand verbessert, überflüssig und sinnlos gewesen. 61Dass durch die Überschreitung der Grenzwerte bzw. den höheren Schadstoffausstoß höhere Gefahren für die Umwelt, den Menschen und anderen Lebewesen drohen, liegt aufgrund der Vorschriften, welche gerade aus diesen Gründen Grenzwerte des Schadstoffausstoßes festlegen, auf der Hand und muss jedem Mitarbeiter der Beklagten bewusst gewesen sein. Indem die Verantwortlichen den Motor trotzdem produziert und in Verkehr gebracht haben, haben sie die sich daraus ergebenden Schäden an den vorgenannten Rechtsgütern und Personen zumindest billigend in Kauf genommen. Dies geschah gerade in der Absicht, den Gewinn zu steigern und die Marktstellung der Beklagten zu verbessern, weil der Einsatz der Software gerade den Verkauf der Motoren und damit der Fahrzeuge ermöglichen bzw. fördern sollte. 62Aus dem Vorgenannten folgt im Übrigen, dass auch die Täuschung der Käufer und damit die Beeinflussung ihrer freien Willensbildung bei der Kaufentscheidung gewollt gewesen ist. Dass die Käufer eines Fahrzeugs, das mit Euro-5-Norm zugelassen ist, davon ausgehen, dass jedenfalls bei optimalem Betrieb die Grenzwerte dieser Norm eingehalten werden, ist jedermann, erst recht jedem Mitarbeiter eines Kraftfahrzeugherstellers, bekannt. Damit bestand auf Seiten der Beklagten auch Kenntnis davon, dass die verkauften Motoren und damit mittelbar die verkauften Fahrzeuge die am Markt erwarteten Eigenschaften nicht aufwiesen und dass dies den Käufern nicht bekannt war. 63Man wusste mithin, dass die Käufer ihre Kaufentscheidungen auf unzutreffender Tatsachengrundlage treffen würden. Indem die für die Beklagte in verantwortlicher Position Handelnden in diesem Wissen veranlassten bzw. hinnahmen, dass Fahrzeuge mit der manipulierenden Software verkauft wurden, ohne dass die Abweichung von den Erwartungen der Käufer offengelegt wurden, nahmen sie zumindest billigend in Kauf, dass die Käufer Fahrzeuge erhielten, deren Eigenschaften hinter deren berechtigten Erwartungen zurückblieben. 64Schließlich fand sich die Beklagte auch damit ab, dass dieser Irrtum nicht nur bei ihren unmittelbaren Vertragspartnern, sondern auch bei Käufern von Neuwagen bei Vertragshändlern und späteren Gebrauchtwagenkäufern auftreten würden. Denn die Beklagte wusste, dass die von ihr suggerierten Schadstoffausstoßwerte auch von solchen Käufern von Neu- oder Gebrauchtwagen wesentlich berücksichtigt werden, die die Fahrzeuge nicht unmittelbar von der Beklagten erwerben. Damit nahm die Beklagte die Schädigung des Klägers zumindest billigend in Kauf. Dass die Person des Klägers noch nicht bekannt war bzw. feststand, ist unerheblich, weil es ausreicht, dass sich der Vorsatz auf die Schädigung irgendeines Käufers bezog. 65dd) 66Das Verhalten und der Vorsatz ihrer Mitarbeiter ist der Beklagten auch zuzurechnen. Einem Unternehmen wird zunächst das Verhalten und Wissen von Organen gemäß § 31 BGB zugerechnet (BGH, Urteil vom 28.06.2016 - VI ZR 536/15 = WM 2016, 1975). Bei dem in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft betriebenen Unternehmen betrifft dies das Verhalten des Vorstands und aller Vorstandsmitglieder (vgl. § 76 AktG). 67Darüber hinaus haftet eine juristische Person auch für das Verhalten sonstiger verfassungsmäßig berufener Vertreter sowie für alle sonstigen Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, sodass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren (ständige Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 27.04.1962 – VI ZR 210/61 = VersR 62, 664; Urteil vom 30.10.1967 - VII ZR 82/65 = BGHZ 49, 19; Urteil vom 28.06.2016 - VI ZR 536/15 = WM 2016, 1975). 68Es ist nicht notwendig, dass die betreffende Person in der geschäftsführenden Verwaltung tätig ist. Entscheidend ist vielmehr, es sich um einen leitenden Angestellten handelt, der aufgrund der Organisation der juristischen Person eine gewisse Selbständigkeit der Entschließung und dementsprechend ein gewisses Maß von Eigenverantwortung für einen größeren Verwaltungsbereich hat. So hat etwa die Rechtsprechung die Haftung einer juristischen Person auf Sachbearbeiter erstreckt, denen wichtige Angelegenheit zur eigenverantwortlichen Erledigung übertragen worden sind (vgl. RG, Urteil vom 14.03.1939 – III 128/37 = RGZ 162, 129), sowie auf einen Chefarzt eines Krankenhauses und einer Krankenhausabteilung und dessen Vertreter, wenn sie im medizinischen Bereich weisungsfrei arbeiten (vgl. BGH, Urteil vom 22.04.1980 – VI ZR 121/78 = BGHZ 77, 74). 69In Anwendung dieser von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze haftet ein Unternehmen, das Kraftfahrzeuge entwickelt und herstellt, insbesondere für solche Personen, denen innerhalb der Unternehmensstruktur leitende und eigenverantwortliche Tätigkeiten bezüglich der Fahrzeugentwicklung – insbesondere hinsichtlich zentraler Bauteile wie Motoren –, der Produktsicherheit, der Genehmigungsverfahren und der Produktion übertragen sind. 70Gemessen an diesen Grundsätzen ist es der Beklagten zunächst zuzurechnen, dass ihre Mitarbeiter die Manipulationssoftware in dem hier in Rede stehenden Motorensystem installiert, mithilfe der Software mittelbar eine rechtswidrige EG-Typengenehmigung erhalten und anschließend mittelbar die Fahrzeuge in Verkehr gebracht haben. Bei den von dem Kläger auf S. 7 f. des Schriftsatzes vom 17.09.2018 namentlich benannten Personen, insbesondere bei der Leiterin der Funktions- und Softwareentwicklung bzw. dem Leiter der Dieselmotorenentwicklungsabteilung handelt es sich um leitende Angestellte im vorgenannten Sinne. 71Sie treffen für ihren jeweiligen Tätigkeitsbereich eigenverantwortliche Entscheidungen von erheblicher Tragweite für das Unternehmen der Beklagten. Das ergibt sich sowohl sinngemäß aus dem Vortrag des Klägers, den die Beklagte nicht bestritten hat, als auch aus der speziellen Art ihrer Tätigkeit. Bei der Motorenentwicklung einschließlich der Entwicklung der dazugehörigen Steuerungssoftware handelt es sich um einen Kernbereich eines Unternehmens, das Kraftfahrzeuge entwickelt und produziert. Die Leiter der entsprechenden Abteilungen haben eine derart zentrale und für den Unternehmenserfolg wesentliche Stellung, dass sie nach den eingangs genannten Grundsätzen über eine gewisse Selbständigkeit der Entschließung und ein erhebliches Maß von Eigenverantwortung verfügen. 72Die Beklagte behauptet auch nicht einmal, dass die Software ohne Wissen und Wollen wichtiger Entscheidungsträger in die Fahrzeuge gelangt wäre, sondern beschränkt sich auf die pauschale Verteidigung, dass der Vorstand keine Kenntnis gehabt habe. Die vorgenannten Personen handelten auch vorsätzlich, sodass sich die Beklagte auch den Vorsatz zurechnen lassen muss. Der Einsatz der Software und die sich daraus ergebenden Konsequenzen ist von ihnen in ihrer leitenden Funktion entweder selbst veranlasst bzw. gebilligt und mit getragen worden. Das ergibt sich ebenfalls aus der unbestrittenen Behauptung des Klägers, die benannten Personen seien „in den Betrug involviert“ gewesen. 73b) 74Die Beklagte hat gemäß § 249 Abs. 1 BGB den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. 75Der Schadensersatzanspruch des Klägers umfasst daher zunächst die Rückzahlung des Kaufpreises von unstreitig 22.600,00 EUR Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs. Denn ohne die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung hätte der Kläger das Fahrzeug nicht erworben und den Kaufpreis nicht zahlen müssen; im Gegenzug hätte er das Fahrzeug nicht übergeben und übereignet bekommen. 76Der Kläger muss sich allerdings im Wege der Vorteilsausgleichung die Vorteile anrechnen lassen, die er durch die Nutzung des Fahrzeugs erzielt hat. Denn andernfalls stände er durch das schädigende Ereignis besser, als er es ohne die Schädigung tun würde. 77Die Kammer schätzt den Wert der von dem Kläger gezogenen Nutzungen auf 8.800,60 EUR. Der Wert der Nutzung des Fahrzeugs berechnet sich anhand der Formel: Bruttokaufpreis multipliziert mit der gefahrenen Kilometerzahl dividiert durch die zu erwartende Gesamtrestlaufleistung zum Zeitpunkt des Eigentumserwerbs. Der Bruttokaufpreis betrug 22.600,00 EUR. Die Kammer legt der Schätzung eine zu erwartende Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 300.000 km zu Grunde, die für ein Dieselfahrzeug realistisch erscheint. Die Kilometerzahl zum Schluss der mündlichen Verhandlung betrug unstreitig 120.744 km. 78Insgesamt ergibt sich nach der vorgenannten Formel daher eine Nutzungsentschädigung von 8.800,60 EUR (22.600,00 EUR x 114.321 km / 293.577 km). Von dem Kaufpreis verbleibt damit noch ein Restbetrag von 13.799,40 EUR (22.600,00 EUR – 8.800,60 EUR). 792. 80Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288 BGB i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB analog. Die Klage wurde der Beklagten am 15.09.2017 zugestellt. 813. 82Der Feststellungsantrag ist ebenfalls begründet. Aus den unter Ziff. 1 ausgeführten Gründen war die Beklagte verpflichtet, den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung an den Kläger zu zahlen Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs. Mit der Annahme der von dem Kläger geschuldeten Gegenleistung befand sich die Beklagte seit dem 03.08.2017 in Verzug, nachdem sie auf das wörtliche Angebot des Klägers vom 19.07.2017 nicht reagiert und insbesondere ihrer Mitwirkungspflicht durch Annahme des Fahrzeugs nicht nachgekommen ist (§§ 293, 295 BGB). 834. 84Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 300,00 EUR gemäß § 826 BGB. Die grundsätzliche Haftung ergibt sich aus den unter Ziff. 1 dargestellten Erwägungen. Zu dem nach § 249 BGB zu ersetzenden Schaden gehören auch vorgerichtliche Anwaltskosten als Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. 85Der Kläger kann von der Beklagten nur diejenigen Kosten verlangen, die erforderlich waren, um einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Dabei handelt es sich in der Regel um die Kosten, die der Rechtsanwalt nach den Vorschriften des RVG in Rechnung stellen durfte. Die Klägervertreter konnten für ihre Tätigkeit nach den Vorschriften des RVG nur einen Betrag von 1.029,35 EUR abrechnen. Bei Zugrundelegung einer 1,3-Gebühr und einem Gegenstandswert von bis zu 16.000,00 EUR ergab sich nach Nr. 2300, 7002, 7008 VV RVG ein abrechenbares Honorar von 1.029,35 EUR. Dieser Betrag ist ab dem 03.08.2017 aufgrund des Verzuges der Beklagten mit dem gesetzlichen Verzugszinssatz zu verzinsen. 86Soweit der Kläger höhere Anwaltskosten von der Beklagten verlangt, ist die Klage aus den vorgenannten Gründen unbegründet. Die Abrechnung einer 1,5-Gebühr anstelle der regelmäßig nach Nr. 2300 VV RVG anzusetzenden 1,3-Gebühr kommt nicht in Betracht, weil die Sache weder besonders umfangreich noch schwierig war. Es handelt sich um einen Fall des allgemeinen Kauf- und Deliktsrechts, wobei auf Seiten der klägerischen Prozessbevollmächtigten zudem zu berücksichtigen ist, dass diese aufgrund der Bearbeitung zahlreicher nahezu identischer Mandate erhebliche Rationalisierungseffekte erzielen können. 87Dennoch kann dem Kläger nur ein Anspruch i.H.v. 300,00 EUR zugesprochen werden. Da er rechtsschutzversichert ist und selbst angab, nur die Selbstbeteiligung i.H.v. 300,00 EUR gezahlt zu haben, ist davon auszugehen, dass die Rechtsschutzversicherung die übrigen außergerichtlichen Kosten getragen hat. Damit sind die entsprechenden Ersatzansprüche allerdings auf die Rechtsschutzversicherung übergegangen (§ 86 Abs. 1 VVG), so dass dem Kläger für die über 300,00 EUR hinausgehenden Ansprüche die Aktivlegitimation fehlt. 88III. 89Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. 90Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. 91Der Streitwert wird auf 13.799,40 EUR festgesetzt.
die beklagte wird verurteilt, an den kläger 13.799,40 eur nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 16.09.2017 zu zahlen zug-um-zug gegen übergabe und übereignung des fahrzeugs v mit der fahrgestellnummer xxxxxxxxxxxxxx. es wird festgestellt, dass sich die beklagte mit der rücknahme des vorbezeichneten fahrzeugs im annahmeverzug befindet. die beklagte wird verurteilt, an den kläger vorgerichtliche rechtsanwaltskosten in höhe von 300,00 eur nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 03.08.2017 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die beklagte trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2der kläger erwarb mit kaufvertrag vom 14.04.2014 von der b gmbh in r einen gebrauchten v mit der fahrgestellnummer xxxxxxxxxxxxxx zu einem kaufpreis von 22.600,00 eur (brutto). das fahrzeug hatte damals 6.423 km gelaufen. wegen der weiteren einzelheiten wird auf die als anlage k 1 mit der klageschrift zu den akten gereichte gebrauchtfahrzeugrechnung vom 14.04.2014 bezug genommen. 3in dem fahrzeug ist ein motor des typs c verbaut, den die beklagte hergestellt hat. in dem fahrzeug ist zudem serienmäßig eine von der beklagten vorgegebene motorensteuergerätesoftware installiert, die erkennt, wenn das fahrzeug auf dem prüfstand den neuen europäischen fahrzyklus (nefz) durchfährt, und dann einen besonderen modus aktiviert. in diesem modus wird die rückführung von abgasen im vergleich zu dem normalen betriebsmodus verändert, wodurch die nach der euro-5-norm vorgegebenen grenzwerte – nur während des durchfahrens des nefz – eingehalten werden. anschließend wird der modus wieder deaktiviert, sodass die grenzwerte – insbesondere im normalen straßenbetrieb - wieder überschritten werden. durch verwendung der motorensteuergerätesoftware erlangte die beklagte eine eu-typengenehmigung, weil die behörde davon ausging, dass der fahrzeugtyp die anforderungen der euro-5-norm erfüllt. 4zum zeitpunkt des vertragsschlusses waren verschiedene angestellte der beklagten in das vorgehen der beklagten involviert, u.a. k (leiterin der funktions- und softwareentwicklung innerhalb der q), l (leiter der dieselmotoren-entwicklungsabteilung) und n (leiter der dieselsystemanwendung innerhalb der q). wegen der einzelheiten wird auf s. 7 und 8 des schriftsatzes des klägers vom 17.09.2018 bezug genommen (bl. 442 ff. d. a.). 5nachdem im rahmen des sogenannten „abgasskandals“ öffentlich bekannt wurde, dass die beklagte diese software in einer vielzahl von fahrzeugtypen zum einsatz brachte und dass alle fahrzeuge der betroffenen typen im normalen straßenbetrieb die grenzwerte überschritten, entwickelte die beklagte ein update für die motorensteuergerätesoftware. nach dem update verfügt das fahrzeug nur noch über einen einheitlichen betriebsmodus. 6das kraftfahrtbundesamt erließ eine nachträgliche nebenbestimmung zur typengenehmigung des fahrzeugs, nach welcher diese nicht widerrufen werde, jedoch das in der nebenbestimmung bezeichnete softwareupdate installiert werden müsse. 7der kläger beauftragte seine jetzigen prozessbevollmächtigten, welche auch zahlreiche nahezu identische verfahren für andere mandanten führen, mit seiner außergerichtlichen vertretung. diese forderten die beklagte mit vorgerichtlichem schreiben vom 19.07.2017 unter fristsetzung zum 02.08.2017 auf, an den kläger 22.600,00 eur abzüglich der gezogenen nutzungen zug-um-zug gegen herausgabe des fahrzeugs sowie vorgerichtliche anwaltskosten zu zahlen. wegen des genauen inhalts wird auf die zu den akten gereichte ablichtung des vorgerichtlichen schreibens vom 19.07.2017 bezug genommen (anlage k 4 zur klageschrift). 8der kläger nutzte das fahrzeug nach dem kauf weiter. bis zum schluss der mündlichen verhandlung legte er mit dem fahrzeug eine strecke von 120.744 km zurück. 9der kläger ist der ansicht, er könne von der beklagten schadensersatz gerichtet auf rückgewähr des fahrzeugs zug-um-zug gegen herausgabe und übereignung des fahrzeugs verlangen. in diesem zusammenhang behauptet er, er habe sich aufgrund der täuschung der beklagten über die eigenschaften des fahrzeugs geirrt, insbesondere über die gesetzeskonformität der software und über die richtigkeit der von dem fahrzeug auf dem prüfstand erzielten schadstoffwerte. aufgrund dieses irrtums habe er sich zum kauf des fahrzeugs entschlossen. hätte er kenntnis von den tatsächlichen werten gehabt, hätte er das fahrzeug nicht erworben. als umweltbewusste und rechtstreue person sei die nutzung für ihn nicht hinnehmbar. 10der kläger hält das vorgehen der beklagten für sittenwidrig. er behauptet, die beklagte habe sich aus gewinnstreben und zum erlangen der marktführerschaft entschlossen, dieselmotoren zu entwickeln, die den anforderungen der euro-5-norm entsprächen. dies sei ihr jedoch nicht gelungen. deshalb habe sie beschlossen, eine von der s gmbh zu testzwecken entwickelte software einzusetzen, um im falle eines abgastests die messwerte zu manipulieren. dadurch sollten auf dem prüfstand ausreichende messwerte erreicht werden, um die entsprechende eu-typengenehmigung zu erlangen. hierzu sei die software serienmäßig in den fahrzeugen – u.a. auch in das von dem kläger erworbene fahrzeug – eingebaut worden. die beklagte habe in kauf genommen, auf kosten der umwelt und gesundheit von menschen fahrzeuge mit zu hohen schadstoffwerten in verkehr zu bringen, um ihren profit und ihre marktanteile zu steigern. 11die beklagte habe auch vorsätzlich gehandelt. die anweisung, die software in die motoren zu integrieren, sei vom damaligen entwicklungsvorstand i erteilt worden. neben den unstreitig beteiligten angestellten sei allen vorstandsmitgliedern, insbesondere dr. x, der einsatz der software bekannt gewesen. sie hätten auch gewusst, dass es sich dabei um eine verbotene abschalteinrichtung gehandelt habe und dass die fahrzeuge infolge des einsatzes nicht über eine wirksame eu-typengenehmigung verfügten, dass die ausgestellten übereinstimmungsbescheinigungen falsch und die fahrzeuge nicht zulassungsfähig seien. 12der kläger behauptet, es sei von einer durchschnittlichen gesamtlaufleistung des fahrzeugs von 500.000 km auszugehen. der marktwert des fahrzeugs sei nach bekanntwerden der manipulation um mindestens 30 % gesunken. diese wertminderung sei den verantwortlichen bei der beklagten auch bewusst gewesen und von ihnen in kauf genommen worden. zudem bestehe die gefahr, dass das fahrzeug stillgelegt werde und der versicherungsschutz erlösche. 13das von der beklagten angebotene software-update sei ungeeignet, den schaden zu beseitigen; auch nach dem update sei der nox-ausstoß zu hoch. die installation des updates sei für den kläger unzumutbar, weil es zu einer erhöhung des kraftstoffverbrauchs, einer verminderung der motorleistung sowie zu schäden am motor und zu einer reduzierung der haltbarkeitsdauer des partikelfilters führe. zudem sei eine nacherfüllung durch das unternehmen, welches zuvor die software aufgespielt habe, unzumutbar. 14der kläger beantragt, 151. die beklagte zu verurteilen, zug-um-zug gegen übergabe und übereignung des fahrzeugs v mit der fahrgestellnummer xxxxxxxxxxxxxxxxx im wege des schadensersatzes an die klägerpartei 22.600,00 eur unter anrechnung einer noch zu beziffernden nutzungsentschädigung nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 162. festzustellen, dass sich die beklagte seit dem 03.08.2017 in annahmeverzug befindet; 173. die beklagte zu verurteilen, außergerichtliche anwaltskosten in höhe von 1.430,38 eur nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 03.08.2017 zu zahlen. 18die beklagte beantragt, 19die klage abzuweisen. 20die beklagte behauptet, sie habe nicht über die eigenschaften des fahrzeugs getäuscht, da sie – was unstreitig ist – überhaupt nicht die herstellerin des fahrzeugs sei. sie habe auch niemals zugesichert, dass die auf dem prüfstand erreichten laborwerte auch im normalen straßenbetrieb erzielt würden. es sei vielmehr naturgemäß so, dass es im straßenbetrieb zu abweichungen komme. zudem sei das fahrzeug nicht fehlerbehaftet. es sei technisch sicher und fahrbereit und verfüge über alle erforderlichen genehmigungen, insbesondere wurde – was unstreitig ist – die eu-typengenehmigung vom kraftfahrtbundesamt nicht aufgehoben. 21bei der installierten software handele es sich nicht um eine unzulässige abschalteinrichtung, weil die rückführung der abgase in den motor lediglich eine innermotorische maßnahme betreffe und die wirksamkeit des emissionskontrollsystems im realen fahrzeugbetrieb nicht eingeschränkt werde, sondern lediglich um eine „umschaltlogik“ ergänzt werde. im übrigen entspreche der zustand des fahrzeugs den gesetzlichen vorgaben. der gesetzgeber habe sich bewusst dafür entschieden, emissionsgrenzwerte allein unter laborbedingungen festzulegen. es gebe keine gesetzlichen vorgaben, die die einhaltung von grenzwerten im normalen straßenbetrieb festlegten. auf dem prüfstand würden die grenzwerte jedoch – was unstreitig ist – durch die serienmäßig installierte software eingehalten. 22die beklagte habe auch nicht vorsätzlich gehandelt. kein vorstandsmitglied habe zum zeitpunkt des kaufvertragsschlusses kenntnis von der verwendung der software gehabt. 23im übrigen müsse sich der kläger jedenfalls die erzielten nutzungsvorteile anrechnen lassen. die beklagte ist insoweit der auffassung, dass diese auf grundlage einer gesamtlaufleistung von 200.000 km bis 250.000 km erfolgen müsse. 24die beklagte meint außerdem, ein etwaiger mangel an dem fahrzeug sei unerheblich. sie behauptet, nach durchführung der von der beklagten für den kläger kostenlos angebotenen maßnahmen werde das fahrzeug stets alle grenzwerte einhalten. durch die maßnahmen würden auch keine verschlechterungen an dem fahrzeug auftreten. kraftstoffverbrauch, co2-emissionen, motorleistung, drehmoment und geräuschemissionen würden sich nicht negativ verändern. auch gebe es keine negativen einflüsse auf die haltbarkeit des motors und seiner komponenten. dies beruhe auf neuen technischen erkenntnissen, infolge derer der verbrennungsprozesses durch das software-update optimiert worden sei. 25die beklagte ist zudem der auffassung, der kläger sei bezüglich des antrags zu ziffer 3 nicht aktivlegitimiert, da dieser - dies ist unstreitig - über eine rechtsschutzversicherung verfügt und die selbstbeteiligung i.h.v. 300,00 € gezahlt hat. 26die klage ist der beklagten am 15.09.2017 zugestellt worden. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die wechselseitigen schriftsätze der parteien nebst den dazugehörigen anlagen bezug genommen. 27
28die klage ist zulässig und überwiegend begründet. 29i. 30die klage ist zulässig. 31die sachliche zuständigkeit folgt aus §§ 23, 71 gvg, weil der streitwert 5.000,00 eur übersteigt. die örtliche zuständigkeit ergibt sich aus § 32 zpo. im rahmen von § 32 zpo kann die klage an jedem ort erhoben werden, an dem ein teilakt der unerlaubten handlung begangen worden ist. daher kann die klage sowohl an dem ort, an dem die unerlaubte handlung begangen worden ist (handlungsort), als auch an dem ort, an dem der erfolg eingetreten ist (erfolgsort), erhoben werden. gehört zum tatbestand der verletzungsnorm der eintritt eines vermögensschadens, so ist als erfolgsort auch der belegenheitsort des vermögens des verletzten, also regelmäßig dessen wohnsitz anzusehen (vgl. bgh, urteil vom 12.10.2010 - xi zr 394/08 = bkr 2010, 509). vorliegend ist nach diesen grundsätzen ein gerichtsstand auch am wohnsitz des klägers als erfolgsort begründet, weil dieser seine klage unter anderem auf einen anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger schädigung (§ 826 bgb) stützt und zum tatbestand dieser norm auch der eintritt eines vermögensschadens gehört. 32das gemäß § 256 zpo erforderliche feststellungsinteresse hinsichtlich des antrags zu 2. folgt aus § 756 zpo, weil der kläger im falle ihres obsiegens die spätere zwangsvollstreckung nur unter den erschwerten voraussetzungen betreiben kann, solange der annahmeverzug nicht rechtskräftig festgestellt ist. 33ii. 34die klage ist überwiegend begründet. 351. 36der kläger hat einen anspruch auf zahlung von 13.799,40 eur gegen die beklagte gemäß § 826 bgb. 37a) 38die haftung besteht dem grunde nach. 39aa) 40die beklagte hat dem kläger einen schaden zugefügt. ein schaden im sinne des § 826 bgb ist entgegen der rechtsauffassung der beklagten nicht nur dann zu bejahen, wenn sich die vermögenslage im sinne der differenzhypothese durch das schädigende verhalten verschlechtert hat, sondern davon losgelöst auch dann, wenn leistung und gegenleistung zwar objektiv gleichwertig sind, der geschädigte aber durch ein haftungsbegründendes verhalten zum abschluss eines vertrags gebracht worden ist, den er sonst nicht geschlossen hätte (bgh, urteil vom 21.12.2004 – vi zr 306/03 = bghz 161, 361-371 m.w.n.). 41dies ist hier der fall. es kommt nicht darauf an, ob das fahrzeug des klägers durch den einsatz der software oder durch das spätere bekanntwerden der manipulationen einen wertverlust erlitten hat. die beklagte hat dem kläger nämlich schon dadurch einen schaden im vorgenannten sinn zugefügt, indem sie ihn mittelbar zum abschluss des kaufvertrags über das fahrzeug verleitet hat, den der kläger sonst nicht geschlossen hätte. dies hat sie getan, indem sie einen motor produzierte und auf den markt brachte, dessen tatsächliche schadstoffausstoßwerte nicht mit den von der beklagten bzw. der herstellerin des fahrzeugs suggerierten werten übereinstimmten und sie zudem bei dem kläger mittelbar durch die veröffentlichung von falschen produktdaten sowie durch die mittelbare erwirkung einer falschen typengenehmigung bzw. übereinstimmungsbescheinigung den irrtum erzeugte, dass das fahrzeug die gesetzlichen grenzwerte der euro-5-norm im normalen straßenverkehr einhält. 42die beklagte hat einen motor hergestellt und in verkehr gebracht, dessen schadstoffausstoßwerte aufgrund der in dem fahrzeug verbauten motorsteuersoftware nicht denjenigen werten entsprachen, die die beklagte suggeriert hat. die beklagte hat mittelbar durch die angabe, das fahrzeug halte die grenzwerte der euro-5-norm ein, der öffentlichkeit im allgemeinen und jedem interessierten fahrzeugkäufer im besonderen den eindruck vermittelt, das fahrzeug halte diese grenzwerte unter idealen betriebsbedingungen stets – also auch im normalen straßenbetrieb – ein, obwohl dies in wahrheit nicht der fall war. dass die beklagte nicht herstellerin des fahrzeugs ist, ist unerheblich, da die schädigende handlung in der herstellung des motors c und der vorgabe der motorsteuergerätesoftware liegt. 43der einwand der beklagten, das fahrzeug sei gar nicht fehlerhaft und sie habe niemals zugesichert, dass die auf dem prüfstand erreichten laborwerte auch im normalen straßenbetrieb erzielt würden, greift nicht durch. jedermann und insbesondere jeder vernünftige kaufinteressent, der sich über die fahrzeugdaten informiert, geht selbstverständlich davon aus, dass das fahrzeug auf dem prüfstand in demselben grundmodus betrieben wird, wie im normalen straßenverkehr und dass es deshalb auch im normalen betrieb jedenfalls unter optimalen bedingungen die auf dem prüfstand gemessenen grenzwerte erreichen kann. denn eine prüfung der fahrzeuge wäre gänzlich sinnlos, wenn mit dem test nicht versucht würde, zumindest annäherungsweise den schadstoffausstoß zu ermitteln, den die fahrzeuge auch im normalen betrieb erreichen bzw. unter optimalen bedingungen erreichen können. dass auf dem prüfstand unter laborbedingungen geringfügige abweichungen vorkommen mögen, mag sein; bei diesen abweichungen handelt es sich aber schon vom grundsatz her um gänzlich andere werte, als solche, die durch eine gezielte manipulation des prüfungsverfahrens durch die von der beklagten eingesetzte software erreicht werden. 44durch dieses verhalten hat die beklagte den kläger mittelbar zum abschluss eines vertrags verleitet, den er ansonsten nicht geschlossen hätte. der kläger hatte sich zu dem kauf eines fahrzeugs entschlossen, das von seiner beschaffenheit her dem beworbenen zustand entspricht und das insbesondere die grenzwerte der euro-5-norm einhalten sollte. diese eigenschaften wies das streitgegenständliche fahrzeug jedoch nicht auf, der kläger hat vielmehr ein fahrzeug erworben, das mit einer manipulierenden software ausgestattet war und das tatsächlich die grenzwerte nicht einhielt. 45auf die frage, ob zwischenzeitlich ein softwareupdate die mängel beheben kann, kommt es dabei nicht an, weil es im rahmen eines anspruchs aus § 826 bgb kein recht zur nachbesserung gibt. indem der kläger nicht das fahrzeug erhielt, zu dessen kauf er sich bei seiner willensbildung entschlossen hatte, ist er an einer auf seiner freien willensbildung beruhenden teilnahme am wirtschaftsleben gehindert worden, ohne dass es eines wirtschaftlichen nachteils bedarf. 46diese hinderung der freien willensbildung ist mittelbar von der beklagten verursacht worden. ohne die entwicklung, herstellung und das inverkehrbringen des motors hätte der kläger das streitgegenständliche fahrzeug nicht erwerben können. ohne die vorgenannte öffentliche suggestion der beklagten, der motor – und damit das fahrzeug – halte die grenzwerte der euro-5-norm stets ein, hätte der kläger das fahrzeug ebenfalls nicht erworben. denn wenn die beklagte bzw. der hersteller des fahrzeugs offen eingeräumt hätte, dass in dem fahrzeug die in rede stehende software installiert ist und dass das fahrzeug im normalen straßenbetrieb die grenzwerte nicht einhalten kann, weil es dort in einem alternativen modus mit einem per se höheren schadstoffausstoß betrieben wird, wäre das fahrzeug bereits nicht zugelassen worden. dies ergibt sich eindeutig aus der nachträglichen nebenbestimmung des kraftfahrbundesamtes, nach welcher die aufrechterhaltung der typengenehmigung an die vornahme eines softwareupdates geknüpft wird. 47zudem ist davon auszugehen, dass der kläger sich in kenntnis der wahren umstände nicht zum kauf des fahrzeugs entschlossen hätte. hierfür spricht bereits der beweis des ersten anscheins. insoweit reicht es für die darlegung eines ursachenzusammenhangs zwischen einer täuschung und der abgabe einer willenserklärung aus, dass der getäuschte umstände darlegt, die für seinen entschluss von bedeutung sein konnten und nach der lebenserfahrung bei der art des zu beurteilenden rechtsgeschäfts einfluss auf die entschließung gehabt haben können (vgl. bgh urteil vom 12.05.1995 – v zr 34/94 = njw 1995, 2361). dann spricht der beweis des ersten anscheins dafür, dass die täuschung auf die willensentschließung einfluss gehabt hat (vgl. bgh, urteil vom 05.12.1975 – v zr 34/74 = mdr 1976, 388). 48diese grundsätze sind auf den vorliegenden fall anwendbar. der kläger hat hinreichend dargelegt, dass er das fahrzeug nicht erworben hätte, wenn er kenntnis von der eingesetzten software und den tatsächlichen schadstoffwerten gehabt hätte. das ist auch plausibel. so liegt es auf der hand, dass kein käufer ein solches fahrzeug in dem wissen erworben hätte, dass es nicht mit den gesetzlichen bestimmungen in einklang steht oder jedenfalls lediglich zu einem niedrigeren kaufpreis. den sich daraus ergebenden anscheinsbeweis hat die beklagte nicht erschüttert. sie hat schon keine tatsachen vorgetragen, die zur erschütterung geeignet wären. 49eine haftung der beklagten nach § 826 bgb scheidet auch nicht deshalb aus, weil die verordnung (eg) nr. 715/2007 über die typgenehmigung von kraftfahrzeugen, gegen die die beklagte durch den einsatz der software und die manipulation des prüfungsverfahrens verstoßen hat, nicht dem schutz individueller vermögensinteressen, sondern gesamtgesellschaftlichen zielen diente, und deshalb vermögensschäden im zusammenhang mit dem verstoß der beklagten nicht unter den schutzbereich des § 826 bgb fielen (so lg köln, urteil vom 07.10.2016 – 7 o 138/16; lg ellwangen, urteil vom 10.06.2016 – 5 o 385/15; lg braunschweig, urteil vom 19. mai 2017 – 11 o 4153/16 – jeweils zitiert nach juris), da die haftung aus § 826 bgb nicht davon abhängt, auf welchem weg und unter verstoß gegen welche gesetzlichen vorschriften der schädiger gehandelt hat (vgl. lg hildesheim, urteil vom 17.01.2017 – 3 o 139/16; lg frankfurt (oder), urteil vom 17.07.2017 – 13 o 174/16 – jeweils zitiert nach juris). 50es steht auch nicht zu befürchten, dass es andernfalls zu einer ausuferung der haftung kommen würde: der schädiger haftet allein für die durch seine sittenwidrige schädigung verursachten vermögensschäden, der kreis der ersatzberechtigten wird dadurch eingegrenzt, dass der schädiger hinsichtlich der schädigung mit vorsatz handeln muss (s.u.) und dadurch diejenigen personen, deren vermögensschäden zu ersetzen sind, von vornherein ausreichend genau bestimmt werden; erfasst werden im vorliegenden fall nämlich nur die erwerber der von der manipulation betroffenen fahrzeuge. 51im übrigen ist der beklagten nicht allein ein verstoß gegen das genehmigungsverfahren anzulasten, sondern insbesondere, dass sie der allgemeinheit und den betroffenen fahrzeugkäufern mittelbar durch ihre öffentlichen angaben und die – von ihr mittelbar zu verantwortenden übereinstimmungsbescheinigungen – suggeriert, dass die fahrzeuge bestimmte technische eigenarten aufweisen, die tatsächlich nicht gegeben sind. ein schadensersatzanspruch aus § 826 bgb hängt schließlich auch nicht davon ab, ob der käufer seinen vermögensschaden von einer anderen person ersetzt verlangen kann. das bestehen von kaufrechtlichen ansprüchen gegen den verkäufer schließt deliktische ansprüche gegen einen dritten nämlich keinesfalls aus (lg hildesheim, urteil vom 17.01.2017 – 3 o 139/16; lg frankfurt (oder), urteil vom 17.07.2017 – 13 o 174/16 – jeweils zitiert nach juris). 52bb) 53das verhalten der beklagten war auch sittenwidrig. eine sittenwidrigkeit liegt vor, wenn das verhalten des täters gegen das anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden verstößt (vgl. bgh, urteil vom 09.07.1953 - iv zr 242/52 = bghz 10, 228; urteil vom 19.10.2010 - vi zr 124/09 = versr 2010, 1659; urteil vom 03.12.2013 – xi zr 295/12 = njw 2014, 1098). insoweit genügt zwar nicht jeder gesetzesverstoß für die annahme der sittenwidrigkeit, es müssen besondere umstände hinzukommen, die das schädigende verhalten wegen seines zwecks oder wegen des angewandten mittels oder mit rücksicht auf die dabei gezeigte gesinnung nach den maßstäben der allgemeinen geschäftsmoral und des als „anständig“ geltenden verwerflich machen (vgl. bgh, urteil vom 10.07.2001 - vi zr 160/00 = njw 2001, 3702; urteil vom 20.11.2012 – vi zr 268/11 = njw-rr 2013, 550; urteil vom 15.10.2013 – vi zr 124/12 = njw 2014, 1380). 54diese voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. das schädigende verhalten der beklagten ist sowohl wegen seines zwecks als auch wegen des angewandten mittels als auch mit rücksicht auf die dabei gezeigte gesinnung als verwerflich anzusehen. es ist davon auszugehen, dass die beklagte die software eingebaut hat, weil sie nicht in der lage war, auf andere art und weise mit vergleichbarem aufwand motoren zu entwickeln, die die euro-5-norm auch im normalen straßenbetrieb einhalten. dementsprechend diente der einsatz der software dazu, motoren zu produzieren und zu verkaufen, die andernfalls keine oder zumindest weniger abnehmer gefunden hätten. 55das verhalten der beklagten diente damit dazu, auf kosten der umwelt und der gesundheit von menschen und anderen lebewesen, die durch die (höheren) schadstoffwerte gefährdet bzw. geschädigt werden, den umsatz der beklagten zu steigern, sich im wettbewerb mit konkurrierenden unternehmen durchzusetzen und die marktmacht des unternehmens der beklagten weiter auszubauen. der entsprechende vortrag des klägers gilt gemäß § 138 abs. 3 zpo als zugestanden, da die beklagte ihn nicht ausreichend bestritten hat. die beklagte hat insoweit keinen vernünftigen grund benannt, aus welchem anderen grund sie die software eingesetzt hat. 56im übrigen liegen diese ziele der beklagten angesichts der art und weise der manipulation auf der hand. schon der zweck, also das millionenfache veräußern von motoren, die den gesetzlichen vorschriften nicht entsprechen und einen zu hohen schadstoffausstoß aufweisen, ist als verwerflich anzusehen, weil er mit den regeln eines geordneten zusammenlebens nach den maßstäben der allgemeinen geschäftsmoral nicht vereinbar ist. auch die mittel, nämlich durch den einsatz der software die technischen unzulänglichkeiten der fahrzeuge gegenüber den prüfungs- und zulassungsbehörden planmäßig zu verschleiern, sowie die sich daraus mittelbar ergebende täuschung der käufer über die zu erwartenden eigenschaften der fahrzeuge, sind nach den vorgenannten grundsätzen als verwerflich anzusehen. 57dasselbe gilt für die von rücksichtslosem gewinnstreben auf kosten der umwelt, der allgemeinheit und der einzelnen käufer geprägte gesinnung der beklagten. diese umstände führen schon jeweils allein und erst recht in ihrem zusammenspiel dazu, dass das verhalten der beklagten als grob sittenwidrig einzustufen ist (vgl. u.a. auch lg hildesheim, urteil vom 17.01.2017 – 3 o 139/16; lg kleve, urteil vom 31.03.2017 – 3 o 252/16; lg offenburg, urteil vom 12.05.2017 – 6 o 119/16; lg dortmund, urteil vom 06.06.2017 – 12 o 228/16; lg arnsberg, urteil vom 14.06.2017 – 1 o 25/17; lg osnabrück, urteil vom 28.06.2017 – 1 o 29/17; lg saarbrücken, urteil vom 14.07.2017 – 12 o 104/16; lg frankfurt a. d. oder, urteil vom 17.07.2017 – 13 o 174/16; lg köln, urteil vom 18.07.2017 – 22 o 59/17; lg krefeld, urteil vom 19.07.2017 – 7 o 147/16; lg essen, urteil vom 28.08.2017 – 4 o 114/17; lg bielefeld, urteil vom 16.10.2017 – 6 o 149/16; im ergebnis wohl ebenso: olg düsseldorf, beschluss vom 21.09.2017 – i-4 u 87/17 – jeweils zitiert nach juris). 58cc) 59die beklagte handelte auch vorsätzlich. gemäß § 826 bgb muss die zufügung des schadens vorsätzlich erfolgt sein. nach ganz herrschender meinung muss sich der vorsatz dabei sowohl auf die die sittenwidrigkeit begründenden umstände als auch auf die schädigung beziehen. hinsichtlich der schädigung ist der vorsatz zu bejahen, wenn der schädiger die art und richtung der schadensfolgen vorausgesehen und gewollt oder zumindest billigend in kauf genommen hat (vgl. bgh, urteil vom 20.11.1990 – vi zr 6/90 = njw 1991, 634; urteil vom 15.09.1999 – i zr 98/97 = njw 2000, 393). 60diese voraussetzungen liegen vor. die den schadstoffausstoß beeinflussende motorsteuersoftware kann nicht versehentlich vorgegeben worden sein, sondern muss willentlich entwickelt und für das streitgegenständliche fahrzeug vorgegeben worden sein. die wirkungsweise der software war ebenfalls gewollt. sie ist gerade mit der absicht eingebaut worden, das durchlaufen des nefz zu erkennen und den schadstoffausstoß während der behördlichen prüfung zu senken, um so die erforderlichen genehmigungen zu erhalten. aus dem umstand, dass die software überhaupt entwickelt, eingebaut und genutzt worden ist, folgt, dass den verantwortlichen mitarbeitern der beklagten bewusst war, dass der von ihr entwickelte fahrzeugtyp die gesetzlich geforderten grenzwerte nicht einhält und dass keine genehmigung nach der euro-5-norm erteilt werden konnte. andernfalls wäre der einsatz einer software, die die schadstoffemissionen nur auf dem prüfstand verbessert, überflüssig und sinnlos gewesen. 61dass durch die überschreitung der grenzwerte bzw. den höheren schadstoffausstoß höhere gefahren für die umwelt, den menschen und anderen lebewesen drohen, liegt aufgrund der vorschriften, welche gerade aus diesen gründen grenzwerte des schadstoffausstoßes festlegen, auf der hand und muss jedem mitarbeiter der beklagten bewusst gewesen sein. indem die verantwortlichen den motor trotzdem produziert und in verkehr gebracht haben, haben sie die sich daraus ergebenden schäden an den vorgenannten rechtsgütern und personen zumindest billigend in kauf genommen. dies geschah gerade in der absicht, den gewinn zu steigern und die marktstellung der beklagten zu verbessern, weil der einsatz der software gerade den verkauf der motoren und damit der fahrzeuge ermöglichen bzw. fördern sollte. 62aus dem vorgenannten folgt im übrigen, dass auch die täuschung der käufer und damit die beeinflussung ihrer freien willensbildung bei der kaufentscheidung gewollt gewesen ist. dass die käufer eines fahrzeugs, das mit euro-5-norm zugelassen ist, davon ausgehen, dass jedenfalls bei optimalem betrieb die grenzwerte dieser norm eingehalten werden, ist jedermann, erst recht jedem mitarbeiter eines kraftfahrzeugherstellers, bekannt. damit bestand auf seiten der beklagten auch kenntnis davon, dass die verkauften motoren und damit mittelbar die verkauften fahrzeuge die am markt erwarteten eigenschaften nicht aufwiesen und dass dies den käufern nicht bekannt war. 63man wusste mithin, dass die käufer ihre kaufentscheidungen auf unzutreffender tatsachengrundlage treffen würden. indem die für die beklagte in verantwortlicher position handelnden in diesem wissen veranlassten bzw. hinnahmen, dass fahrzeuge mit der manipulierenden software verkauft wurden, ohne dass die abweichung von den erwartungen der käufer offengelegt wurden, nahmen sie zumindest billigend in kauf, dass die käufer fahrzeuge erhielten, deren eigenschaften hinter deren berechtigten erwartungen zurückblieben. 64schließlich fand sich die beklagte auch damit ab, dass dieser irrtum nicht nur bei ihren unmittelbaren vertragspartnern, sondern auch bei käufern von neuwagen bei vertragshändlern und späteren gebrauchtwagenkäufern auftreten würden. denn die beklagte wusste, dass die von ihr suggerierten schadstoffausstoßwerte auch von solchen käufern von neu- oder gebrauchtwagen wesentlich berücksichtigt werden, die die fahrzeuge nicht unmittelbar von der beklagten erwerben. damit nahm die beklagte die schädigung des klägers zumindest billigend in kauf. dass die person des klägers noch nicht bekannt war bzw. feststand, ist unerheblich, weil es ausreicht, dass sich der vorsatz auf die schädigung irgendeines käufers bezog. 65dd) 66das verhalten und der vorsatz ihrer mitarbeiter ist der beklagten auch zuzurechnen. einem unternehmen wird zunächst das verhalten und wissen von organen gemäß § 31 bgb zugerechnet (bgh, urteil vom 28.06.2016 - vi zr 536/15 = wm 2016, 1975). bei dem in der rechtsform einer aktiengesellschaft betriebenen unternehmen betrifft dies das verhalten des vorstands und aller vorstandsmitglieder (vgl. § 76 aktg). 67darüber hinaus haftet eine juristische person auch für das verhalten sonstiger verfassungsmäßig berufener vertreter sowie für alle sonstigen personen, denen durch die allgemeine betriebsregelung und handhabung bedeutsame, wesensmäßige funktionen der juristischen person zur selbständigen, eigenverantwortlichen erfüllung zugewiesen sind, sodass sie die juristische person im rechtsverkehr repräsentieren (ständige rspr., vgl. bgh, urteil vom 27.04.1962 – vi zr 210/61 = versr 62, 664; urteil vom 30.10.1967 - vii zr 82/65 = bghz 49, 19; urteil vom 28.06.2016 - vi zr 536/15 = wm 2016, 1975). 68es ist nicht notwendig, dass die betreffende person in der geschäftsführenden verwaltung tätig ist. entscheidend ist vielmehr, es sich um einen leitenden angestellten handelt, der aufgrund der organisation der juristischen person eine gewisse selbständigkeit der entschließung und dementsprechend ein gewisses maß von eigenverantwortung für einen größeren verwaltungsbereich hat. so hat etwa die rechtsprechung die haftung einer juristischen person auf sachbearbeiter erstreckt, denen wichtige angelegenheit zur eigenverantwortlichen erledigung übertragen worden sind (vgl. rg, urteil vom 14.03.1939 – iii 128/37 = rgz 162, 129), sowie auf einen chefarzt eines krankenhauses und einer krankenhausabteilung und dessen vertreter, wenn sie im medizinischen bereich weisungsfrei arbeiten (vgl. bgh, urteil vom 22.04.1980 – vi zr 121/78 = bghz 77, 74). 69in anwendung dieser von der rechtsprechung entwickelten grundsätze haftet ein unternehmen, das kraftfahrzeuge entwickelt und herstellt, insbesondere für solche personen, denen innerhalb der unternehmensstruktur leitende und eigenverantwortliche tätigkeiten bezüglich der fahrzeugentwicklung – insbesondere hinsichtlich zentraler bauteile wie motoren –, der produktsicherheit, der genehmigungsverfahren und der produktion übertragen sind. 70gemessen an diesen grundsätzen ist es der beklagten zunächst zuzurechnen, dass ihre mitarbeiter die manipulationssoftware in dem hier in rede stehenden motorensystem installiert, mithilfe der software mittelbar eine rechtswidrige eg-typengenehmigung erhalten und anschließend mittelbar die fahrzeuge in verkehr gebracht haben. bei den von dem kläger auf s. 7 f. des schriftsatzes vom 17.09.2018 namentlich benannten personen, insbesondere bei der leiterin der funktions- und softwareentwicklung bzw. dem leiter der dieselmotorenentwicklungsabteilung handelt es sich um leitende angestellte im vorgenannten sinne. 71sie treffen für ihren jeweiligen tätigkeitsbereich eigenverantwortliche entscheidungen von erheblicher tragweite für das unternehmen der beklagten. das ergibt sich sowohl sinngemäß aus dem vortrag des klägers, den die beklagte nicht bestritten hat, als auch aus der speziellen art ihrer tätigkeit. bei der motorenentwicklung einschließlich der entwicklung der dazugehörigen steuerungssoftware handelt es sich um einen kernbereich eines unternehmens, das kraftfahrzeuge entwickelt und produziert. die leiter der entsprechenden abteilungen haben eine derart zentrale und für den unternehmenserfolg wesentliche stellung, dass sie nach den eingangs genannten grundsätzen über eine gewisse selbständigkeit der entschließung und ein erhebliches maß von eigenverantwortung verfügen. 72die beklagte behauptet auch nicht einmal, dass die software ohne wissen und wollen wichtiger entscheidungsträger in die fahrzeuge gelangt wäre, sondern beschränkt sich auf die pauschale verteidigung, dass der vorstand keine kenntnis gehabt habe. die vorgenannten personen handelten auch vorsätzlich, sodass sich die beklagte auch den vorsatz zurechnen lassen muss. der einsatz der software und die sich daraus ergebenden konsequenzen ist von ihnen in ihrer leitenden funktion entweder selbst veranlasst bzw. gebilligt und mit getragen worden. das ergibt sich ebenfalls aus der unbestrittenen behauptung des klägers, die benannten personen seien „in den betrug involviert“ gewesen. 73b) 74die beklagte hat gemäß § 249 abs. 1 bgb den zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum ersatz verpflichtende umstand nicht eingetreten wäre. 75der schadensersatzanspruch des klägers umfasst daher zunächst die rückzahlung des kaufpreises von unstreitig 22.600,00 eur zug-um-zug gegen übergabe und übereignung des fahrzeugs. denn ohne die vorsätzliche sittenwidrige schädigung hätte der kläger das fahrzeug nicht erworben und den kaufpreis nicht zahlen müssen; im gegenzug hätte er das fahrzeug nicht übergeben und übereignet bekommen. 76der kläger muss sich allerdings im wege der vorteilsausgleichung die vorteile anrechnen lassen, die er durch die nutzung des fahrzeugs erzielt hat. denn andernfalls stände er durch das schädigende ereignis besser, als er es ohne die schädigung tun würde. 77die kammer schätzt den wert der von dem kläger gezogenen nutzungen auf 8.800,60 eur. der wert der nutzung des fahrzeugs berechnet sich anhand der formel: bruttokaufpreis multipliziert mit der gefahrenen kilometerzahl dividiert durch die zu erwartende gesamtrestlaufleistung zum zeitpunkt des eigentumserwerbs. der bruttokaufpreis betrug 22.600,00 eur. die kammer legt der schätzung eine zu erwartende gesamtlaufleistung des fahrzeugs von 300.000 km zu grunde, die für ein dieselfahrzeug realistisch erscheint. die kilometerzahl zum schluss der mündlichen verhandlung betrug unstreitig 120.744 km. 78insgesamt ergibt sich nach der vorgenannten formel daher eine nutzungsentschädigung von 8.800,60 eur (22.600,00 eur x 114.321 km / 293.577 km). von dem kaufpreis verbleibt damit noch ein restbetrag von 13.799,40 eur (22.600,00 eur – 8.800,60 eur). 792. 80der zinsanspruch folgt aus §§ 280 abs. 1, abs. 2, 286, 288 bgb i.v.m. § 187 abs. 1 bgb analog. die klage wurde der beklagten am 15.09.2017 zugestellt. 813. 82der feststellungsantrag ist ebenfalls begründet. aus den unter ziff. 1 ausgeführten gründen war die beklagte verpflichtet, den kaufpreis abzüglich einer nutzungsentschädigung an den kläger zu zahlen zug-um-zug gegen übergabe und übereignung des fahrzeugs. mit der annahme der von dem kläger geschuldeten gegenleistung befand sich die beklagte seit dem 03.08.2017 in verzug, nachdem sie auf das wörtliche angebot des klägers vom 19.07.2017 nicht reagiert und insbesondere ihrer mitwirkungspflicht durch annahme des fahrzeugs nicht nachgekommen ist (§§ 293, 295 bgb). 834. 84der kläger hat gegen die beklagte einen anspruch auf zahlung von vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten in höhe von 300,00 eur gemäß § 826 bgb. die grundsätzliche haftung ergibt sich aus den unter ziff. 1 dargestellten erwägungen. zu dem nach § 249 bgb zu ersetzenden schaden gehören auch vorgerichtliche anwaltskosten als kosten der zweckentsprechenden rechtsverfolgung. 85der kläger kann von der beklagten nur diejenigen kosten verlangen, die erforderlich waren, um einen rechtsanwalt zu beauftragen. dabei handelt es sich in der regel um die kosten, die der rechtsanwalt nach den vorschriften des rvg in rechnung stellen durfte. die klägervertreter konnten für ihre tätigkeit nach den vorschriften des rvg nur einen betrag von 1.029,35 eur abrechnen. bei zugrundelegung einer 1,3-gebühr und einem gegenstandswert von bis zu 16.000,00 eur ergab sich nach nr. 2300, 7002, 7008 vv rvg ein abrechenbares honorar von 1.029,35 eur. dieser betrag ist ab dem 03.08.2017 aufgrund des verzuges der beklagten mit dem gesetzlichen verzugszinssatz zu verzinsen. 86soweit der kläger höhere anwaltskosten von der beklagten verlangt, ist die klage aus den vorgenannten gründen unbegründet. die abrechnung einer 1,5-gebühr anstelle der regelmäßig nach nr. 2300 vv rvg anzusetzenden 1,3-gebühr kommt nicht in betracht, weil die sache weder besonders umfangreich noch schwierig war. es handelt sich um einen fall des allgemeinen kauf- und deliktsrechts, wobei auf seiten der klägerischen prozessbevollmächtigten zudem zu berücksichtigen ist, dass diese aufgrund der bearbeitung zahlreicher nahezu identischer mandate erhebliche rationalisierungseffekte erzielen können. 87dennoch kann dem kläger nur ein anspruch i.h.v. 300,00 eur zugesprochen werden. da er rechtsschutzversichert ist und selbst angab, nur die selbstbeteiligung i.h.v. 300,00 eur gezahlt zu haben, ist davon auszugehen, dass die rechtsschutzversicherung die übrigen außergerichtlichen kosten getragen hat. damit sind die entsprechenden ersatzansprüche allerdings auf die rechtsschutzversicherung übergegangen (§ 86 abs. 1 vvg), so dass dem kläger für die über 300,00 eur hinausgehenden ansprüche die aktivlegitimation fehlt. 88iii. 89die kostenentscheidung beruht auf § 91 abs. 1 s. 1 zpo. 90die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 709 zpo. 91der streitwert wird auf 13.799,40 eur festgesetzt.
Klaeger*in
1
126,757
6 O 251/13
2016-01-26T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 83.736,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.418,10 EUR seit dem 03.02.2012, aus 2.693,60 EUR seit dem 09.05.2013 sowie aus 78.624,00 EUR seit dem 26.03.2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt zu 25 % die Klägerin und zu 75 % die Beklagte. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Beklagte errichtete in den Jahren 2001 bis 2003 die Eigentumswohnanlage Diesterwegstraße 6 in 40549 Düsseldorf. Mit Teilungserklärung vom 30.06.2002 zu UR-Nr. 1099 aus 2002 des Notars Dr. J teilte die Beklagte das errichtete Mehrfamilienhaus nach A auf. Nachfolgend schloss die Beklagte mit den neuen Sondereigentümern Kaufverträge unter Zugrundelegung der vorbezeichneten Teilungserklärung. Zu diesem Zeitpunkt war das aufgeteilte Mehrfamilienhaus überwiegend fertig gestellt. Lediglich die Tiefgarage sollte entsprechend der Teilungserklärung vom 30.06.2002 mit der dortigen Baubeschreibung noch errichtet werden. 3Im Jahre 2003 stellte die Beklagte die Eigentumsanlage fertig. Das Gemeinschaftseigentum ebenso wie das Sondereigentum wurde in der Folge dann auch in Gebrauch genommen. 4Unter dem 14.07.2004 übergab die Beklagte der Zeugin G, die zu diesem Zeitpunkt fest beabsichtigte, eine Eigentumswohnung von der Beklagten zu erwerben, einen Haustürschlüssel und einen Schlüssel zur Baustellentür für die von ihr später erworbenen Wohnung. 5Am 30.07.2004 schlossen die Zeugin G und die Beklagte den letzten notariellen Erwerbsvertrag über Miteigentumsanteile an der A Diesterwegstraße 6. Auf dieser Grundlage erfolgte die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch unter dem 29.10.2004. 6Unter dem 10.11.2005 wurde die Beklagte aufgefordert, zahlreiche an die Verwaltung herangetragene Mängelpositionen bis zum Jahresende zu beseitigen. Nachdem hierauf keine Reaktion zur Sache erfolgte, wurde mit Schreiben vom 11.02.2006 erneut um Mangelbeseitigung unter Fristsetzung bis zum 03.03.2006 gebeten. 7In dem notariellen Vertrag vereinbarte die Beklagte mit der Zeugin G Folgendes: 8„Der Verkäufer hat das vorgenannte Flurgrundstück mit einem Mehrfamilienhaus nebst Tiefgarage bebaut und hierbei u.a. den Kaufgegenstand errichtet. Die Beteiligten stellen ausdrücklich fest, dass die vollständige Fertigstellung des verkauften Wohnungseigentums erfolgt ist und keine weiteren Arbeiten vom Verkäufer geschuldet werden. Der Zustand des Kaufgegenstandes ist dem Käufer aufgrund mehrfach vorgenommener Besichtigung bekannt. Die Beteiligten vereinbarten, dass der heute vorhandene Zustand des Vertragsgegenstandes vertragsgemäß ist und als solcher vom Verkäufer geschuldet ist.“ 9In der Eigentümerversammlung vom 02.03.2006 wurde sodann mit 860 von 984 anwesenden Miteigentumsanteilen der folgende Beschluss gefasst: 10„Die Verwaltung wird seitens der Wohnungseigentümergemeinschaft bevollmächtigt und beauftragt, über Herrn Rechtsanwalt L in gewillkürter Prozessstandschaft ein selbstständiges Beweisverfahren zu den Mängeln am Gemeinschaftseigentum der Wohnanlage Diesterwegstraße 6, 40540 Düsseldorf gemäß der Mängelliste von Herrn Rechtsanwalt L vom 02.03.2006 beim zuständigen Landgericht Düsseldorf einzuleiten und entsprechende Erklärungen hinsichtlich des Liquidationsverfahrens der GAWO Bau Immobilien Consultant GmbH i.L. abzugeben“. 11Ein gleichlautender Beschluss erging am 18.07.2008 für die weiteren Mängel 82 bis 86. 12Durch die Verwaltung der Eigentumswohnanlage wurde sodann für die Klägerin in gewillkürter Prozessstandschaft vor dem Landgericht Düsseldorf zu Az. 14 d OH 2/06 ein selbstständiges Beweisverfahren geführt. Im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens bewertete der Sachverständige Müller insgesamt 86 Mangelpositionen. Die Begutachtung der Mängel 77-81 wurde mit Schriftsatz vom 12.03.2007 beantragt und der Beklagten zugestellt. Die Begutachtung der Mängel 82-86 wurde am 09.10.2008, am gleichen Tag per Fax eingegangen bei dem Landgericht Düsseldorf, beantragt. Unter dem 31. Oktober 2008 übersandte das Landgericht den Antrag der A-Verwaltung. Am 17.11.2008 ordnete das Landgericht Düsseldorf die Begutachtung der Beweisfragen an. Ein Ergänzungsgutachten des Sachverständigen wurde dem Gericht vorgelegt unter dem 26.07.2010 und der Klägerin zugestellt am 06.08.2010 mit dem beigefügten Beschluss vom 29.07.2010, wonach die Möglichkeit zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von vier Wochen eingeräumt wurde. Unter dem 01.09.2010 tätigte die Beklagte dann letztmalig Ausführungen in dem selbständigen Beweisverfahren, die der A-Verwaltung unter dem 08.10.2010 mit Zugang am 13.10.2010 zur Kenntnisnahme übersandt wurden. Unter dem 18.11.2010 erließ der zuständige Richter als letzte gerichtliche Handlung einen Streitwertbeschluss. 13Die Klägerin forderte die Beklagte mit Fristsetzung bis zum 20.12.2011 fruchtlos auf, die Mängel 83 und 86 (Sockelleiste im Treppenhaus und Fensterscheiben in der Wohnung Weichert) – aufgeführt in dem gerichtlichen Sachverständigengutachten – zu beseitigen. 14Die Beklagte erhob in Ihrer Klageerwiderung ausdrücklich die Einrede der Verjährung. 15Die Klägerin behauptet, die Zeugin G habe ihre Gewährleistungsansprüche an die Klägerin abgetreten. In der Eigentümergesellschaft vom 02.09.2011 habe sie ausdrücklich zu Protokoll erklärt: 16„Ich trete meine Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum gegen die GAWO Immobilien Consultant GmbH i.L. zur Geltendmachung an die Eigentümergemeinschaft Diesterwegstraße 6 ab.“ 17Die Eigentümergesellschaft habe sodann mit 868 von 1.000 Miteigentumsanteilen bei 16 Enthaltungen und 116 Gegenstimmen den Beschluss gefasst: 18„Die Eigentümergemeinschaft nimmt die Abtretung der Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum gegen die GAWO Immobilien Consultant GmbH i.L. von Frau G an.“ 19Sie ist der Ansicht, dass die Beklagte frühestens mit dem zwischen der Zeugin G und ihr geschlossenen Kaufvertrag ein mangelfreies Werk der Käuferin gegenüber schulde. Allerfrühestens zu diesem Zeitpunkt könne auch der Lauf der Verjährungsfrist beginnen. 20In dem Kaufvertrag hätten die Parteien auch geregelt, dass der Besitzübergang erst mit der vollständigen Zahlung des Kaufpreises erfolgten solle. Gleichzeitig sei in dem Vertrag auch geregelt worden, dass es der Zeugin G bereits vor Besitzübergang gestattet sei, das Kaufobjekt zu betreten um Vermessungs-, Einrichtung- und Ausstattungsmaßnahmen durchzuführen, hiermit ein Besitzübergang jedoch ausdrücklich nicht verbunden sein solle. 21Darüber hinaus ist die Klägerin auch der Ansicht, dass das eingeleitete selbstständige Beweisverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf durch den Verwalter die Verjährung der Ansprüche hemme. Die Verjährungsfrist habe darüber hinaus erst ab dem 01.10.2004 begonnen zu laufen, da die Zeugin G an diesem Tage erst den vollständigen Kaufpreis gezahlt habe. Da in dem notariellen Kaufvertrag geregelt gewesen sei, dass auch erst zu diesem Zeitpunkt der Besitz der Wohnung auf die Zeugin G übergehen soll, könne auch nur dies der entscheidende Zeitpunkt für den Lauf der Verjährung sein. 22Ihr seien im selbständigen Beweisverfahren Kosten für die Sachverständigengutachten, der Gerichtsgebühr sowie hinsichtlich der Rechnung des Prozessbevollmächtigten in Höhe von insgesamt 27.701,53 EUR entstanden. Diese habe sie auch bezahlt. 23Die Klägerin beantragt, 24die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 2.418,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 25Mit Schriftsatz vom 25.04.2013 hat die Klägerin die Klage um einen weiteren Zahlungsantrag erweitert und beantragt weiterhin, 26die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von weiteren 2.693,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 27Mit Schriftsatz vom 18.07.2013 hat die Klägerin die Klage um einen weiteren Zahlungsantrag erweitert und beantragt weiterhin, 28die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von weiteren 16.536,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 29Mit Schriftsatz vom 31.07.2013 hat die Klägerin die Klage um einen weiteren Zahlungsantrag erweitert und beantragt weiterhin, 30die Beklagte wird verurteilt, an sie einen Betrag in Höhe von weiteren 62.088,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 31Zuletzt hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.07.2014 die Klage um einen weiteren Zahlungsantrag erweitert und beantragt weiterhin, 32die Beklagte wird verurteilt, an sie einen Betrag in Höhe von weiteren 27.701,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 33Der Beklagte beantragt, 34die Klage abzuweisen. 35Sie ist der Ansicht, dass die Abtretung der Ansprüche durch die Zeugin G an die Klägerin unzulässig sei. Dies folge daraus, dass die Eigentümergemeinschaft bereits durch Mehrheitsbeschluss vom 02.03.2006 die Durchsetzung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der Erwerber an sich gezogen habe. 36Sie behauptet weiterhin, es handele sich bei den gerügten Mängeln um solche, die erst lange Zeit nach Ablauf der Gewährleistungsfrist aufgrund einer Abnutzung des Objektes entstanden seien. Wenn erst sieben Jahre nach der Fertigstellung eines Bauvorhabens sich in einem Treppenhaus die Sockelleiste in einer Länge von 13,5 m löse, sei dies wohl kein Baumangel, sondern ein Mangel, der auf die Abnutzung des Gebäudes zurückzuführen sei. 37Sie ist weiterhin der Ansicht, dass die Klägerin in Bezug auf die gerügten Fensterscheiben in der Wohnung Weichert nicht aktivlegitimiert sei, da diese zum Sondereigentum und nicht zum Gemeinschaftseigentum gehören würden. 38Die Mängel seien auch erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist gerügt worden. Bereits im Jahre 2003 sei das Gemeinschaftseigentum der zuvor gegründeten Eigentümergesellschaft übertragen worden. Zumindest sei aber der Besitz an der Wohnung auf die Zeugin G bereits am 15.07.2004 auf diese übergegangen, weil die Beklagte ihr zu diesem Zeitpunkt bereits die Wohnungsschlüssel übergeben habe. Die Verjährungsfrist für etwaige Mängel müsste daher spätestens zu diesem Zeitpunkt zu laufen beginnen. 39Das Beweissicherungsverfahren der DIS Dürener Immobilien Service GmbH gegen die Klägerin habe die Verjährung der Gewährleistungsansprüche nicht hemmen können. Dies deshalb, weil die gewillkürte Prozesstandschaft einer A Verwaltung schon seit dem Jahre 2005 nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht mehr zulässig sei. Wenn auf unzulässige Art und Weise von einer A Verwaltung im eigenen Nahmen ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt werde, führe dies zu keinerlei Rechtsfolgen im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten. Hierauf wies die Beklagte in dem Beweissicherungsverfahren – was unstreitig ist – auch nach Zustellung des Beweissicherungsantrages ausdrücklich hin. Zwischen der Klägerin und der Beklagten seien daher keine Mängel festgestellt worden. 40Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze, der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen, auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls sowie auf die beigezogene Akte in dem Beweissicherungsverfahren 14 d OH 2/06 Bezug genommen. 41Entscheidungsgründe: 42Die zulässige Klage ist teilweise begründet. 43I. 44Der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gegen die Beklagte aus §§ 437 Nr. 3 , 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB in Höhe von 83.736,35 EUR zu. 451. 46Die Klägerin ist aktivlegitimiert. 47Die Beklagte bestreitet die von der Klägerin behauptete Abtretung der Gewährleistungsansprüche durch die Zeugin G. Die Klägerin kann grundsätzlich Trägerin von Rechten gegenüber Dritten sein, § 10 Abs. 6 A. Sie kann daher auch die Abtretung fremder Rechte annehmen und durch die Abtretung Trägerin eines Rechtes sein. 48Darauf, ob die Abtretung vorliegend zulässig ist und keinem gesetzlichen bzw. vertraglichen Abtretungsverbot unterliegt, kommt es nicht an. Insoweit sich die Beklagte darauf beruft, dass die Gemeinschaft als Verband durch Mehrheitsbeschluss die Durchsetzung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte an sich gezogen hat, ist die Klägerin auch hiernach aktivlegitimiert. Es kann damit dahinstehen, ob die Klägerin durch Abtretung der Ansprüche oder durch Ansichziehen der Ansprüche aktivlegitimiert ist. Macht die Eigentümergemeinschaft nämlich von der Möglichkeit des Ansichziehens Gebrauch, begründet dies ihre alleinige Zuständigkeit (vgl. BGH NJW 2007, 1952). 492. 50Die Bauausführung durch die Beklagte war auch mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB. 51a) 52Die geltend gemachten Mängel liegen auch zur Überzeugung der Kammer, festgestellt durch das Sachverständigengutachten Müller, das im selbstständigen Beweisverfahren eingeholt wurde, vor. Die Begutachtung durch den Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren steht gem. § 493 ZPO einer Begutachtung im hiesigen Verfahren gleich. 53Das Sachverständigengutachten samt Ergänzungsgutachten kann auch im vorliegenden Verfahren verwertet werden. Dem steht nicht entgegen, dass das Beweissicherungsverfahren durch die Verwaltung der Klägerin und nicht durch die Klägerin selber geführt wurde. Zwar ist die A mit Gesetzesänderung vom 01.08.2007 teilrechtsfähig, wodurch grundsätzlich ab diesem Zeitpunkt die Möglichkeit bestand, dass die A die Rechte im Beweissicherungsverfahren selber geltend macht und die Verwaltung kein eigenes Interesse mehr für eine Prozessstandschaft hat. Das Beweissicherungsverfahren wurde aber bereits am 13.06.2006 und damit vor Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der A eingeleitet. Diesbezüglich kommt es auch nur auf die Gesetzesänderung im Jahre 2007 an. Denn die Ansprüche der Zeugin G sind bereits vor der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit durch den BGH am 02.06.2005 entstanden. Zu diesem Zeitpunkt war § 10 Abs. 6 S. 3 A noch nicht eingefügt. Die Gewährleistungsansprüche stehen originär den einzelnen Eigentümern zu und konnten erst nach Einführung des § 10 Abs. 6 S. 3 A durch Ansichziehen durch die A auf diese übertragen werden. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Eigentümer aber bereits die A-Verwaltung mit der Geltendmachung im selbständigen Beweisverfahren ermächtigt. Es bleibt daher festzuhalten, dass der Beschluss zur Ermächtigung der A-Verwaltung zu einem Zeitpunkt gefasst wurde, als die (Teil-) Rechtsfähigkeit der A noch nicht anerkannt war und demgemäß Ansprüche der A nicht durch sogenanntes Ansichziehen auf den Verband zur Ausübung übertragen und daher auch nicht von dieser prozessual durchgesetzt werden konnten. Insoweit war der Antrag auf Durchführung des Beweissicherungsverfahrens zu diesem Zeitpunkt noch zulässig. 54Diesbezüglich stellte der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 04.03.2010 zu V ZB 130/09 fest, dass es gängiger und rechtlich unbedenklicher Rechtspraxis entsprach, Ansprüche der Wohnungseigentümer über das Rechtsinstitut der Verfahrensstandschaft zu bündeln. 55Auch wenn der Antrag auf Begutachtung der letzten Mängel erst nach der Gesetzesänderung erfolgte, ist das Ergebnis dieses Gutachtens verwertbar. Der Bundesgerichtshof stellt hierzu in Bezug auf eine Verjährungsfrage klar, dass es unerheblich sei, ob die Beweiserhebung (noch) zulässig sei. Wird im selben Verfahren der Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens nicht abgelehnt, sondern antragsgemäß die Begutachtung angeordnet, nehme das Beweissicherungsverfahren seinen Fortgang (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.2000 – VII ZR 407/99). Wenn aber das Beweissicherungsverfahren seinen Fortgang nimmt, müssen auch die Ergebnisse dieses Beweissicherungsverfahren im hiesigen Hauptsacheverfahren verwertbar sein. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 28.01.2011 zu V ZR 145/10, denn dort hatte der Bundesgerichtshof über Hausgeldforderungen zu entscheiden. Ursprünglicher Inhaber von Hausgeldansprüchen ist aber im Unterschied zu Gewährleistungsansprüchen die teilrechtsfähige Eigentümergemeinschaft. 56Im Übrigen kommt es auf diese Frage nach § 493 ZPO auch nicht an, da Verfahrensfehler im selbstständigen Beweisverfahren vom Prozessgericht insoweit nicht zu beachten sind, als sie die Zulässigkeit dieses Verfahrens betrafen (vgl. Herget/Zöller, § 494, Rn. 3). Auf Beweiseinrede einer Partei können nur Verfahrensfehler hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der Beweiserhebung i.S.d. §§ 492 I, 355 eine Verwertungsverbot darstellen. Nur bei diesen Fehlern kommt eine Wiederholung der Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht in Betracht. 57b) 58Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich – nach Überzeugung der Kammer - bei dem Mangel 83 (Sockelleiste im Treppenhaus) auch nicht um eine Abnutzungserscheinung. Der Sachverständige hat vielmehr auf Seite 50 seines Gutachtens festgestellt, dass die lose Sockelleiste einen Mangel darstellt. Dies begründete er nachvollziehbar damit, dass die Trittschalldämmung eines Fußbodens sich setzt. Im Regelfall komme es dadurch zum Aufreißen der dauerelastischen Fuge. Hier sei aber offensichtlich die dauerelastische Fuge zwischen dem Sockelstein und dem Fußbodenbelag der Podeste zäher als die Verbindung des Ansatzmörtels des Sockels zur Wand gewesen, mit der Folge, dass sich zahlreiche Platten gelöst hätten. Hiermit stellt der Sachverständige eindeutig einen Mangel in der Bauausführung fest. Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Beklagte bei der Auswahl der dauerelastischen Fuge im Vergleich zum Ansatzmörtel des Sockels das Material der Fuge nicht elastisch genug ausgewählt hat. 59Die Beklagte kann hier auch nicht mit Erfolg einwenden, dass es sich bei dem Mangel Nr. 86 – die defekten Fensterscheiben – um Sondereigentum handelt. Nach dem Beschluss des OLG Düsseldorf vom 12.01.1998 zu 3 Wx 546/97 sind Fenster mit den Fensterscheiben zwingend nach § 5 Abs. 2 A dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen. Eine anderweitige „Zuordnung“ etwa in der Teilungserklärung wäre nichtig. 60Da die Beklagte hinsichtlich der sonstigen - vom Sachverständigen festgestellten Mängel - keine Einwände erhoben und auch die Kammer keine Zweifel an der Richtigkeit seiner Ausführungen hat, legt sie der hiesigen Entscheidung uneingeschränkt die Ergebnisse des Sachverständigen im selbstständigen Beweisverfahren zugrunde. 61Insgesamt hält der Sachverständige einen Betrag in Höhe von 83.736,35 EUR für erforderlich, um die streitgegenständlichen Mängel zu beseitigen. Diesbezüglich ist die Kammer aufgrund des nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Gutachtens von der Erforderlichkeit überzeugt. Auch die Parteien haben die Höhe der Kosten im hiesigen Verfahren nicht angegriffen. 62Die Klägerin hat der Beklagten auch jeweils eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gem. § 281 Abs. 1 BGB gesetzt. Dies wurde von der Beklagten hinsichtlich der einzelnen Mängel auch nicht in Zweifel gezogen. 633. 64Der Anspruch ist auch nicht verjährt. 65Die Verjährung richtet sich vorliegend nach § 438 Abs. 1 Nr. 1 a) BGB. Hiernach verjähren Ansprüche hinsichtlich eines Bauwerkes innerhalb einer Frist von fünf Jahren. 66Die Frist beginnt mit der Übergabe, d.h. mit Besitzübergang, der streitgegenständliche Wohnung. 67Diesbezüglich kommt es vorliegend auf den Zeitpunkt des Besitzübergangs des Gemeinschaftseigentums auf die Zeugin G an. Nicht entscheidend ist, wann die Wohnungseigentumsgemeinschaft das Gemeinschaftseigentum abnimmt. 68Zwar hat der Besteller das Werk nach § 640 Abs. 1 BGB abzunehmen. Besteller in diesem Sinne ist auch hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums der einzelne Erwerber des Wohnungseigentums, nicht etwa die Wohnungseigentümergesellschaft. Durch den Erwerbsvertrag erhält der einzelne Wohnungseigentümer einen eigenen Anspruch auf mangelfreies Gemeinschaftseigentum. Dem entsprechend liegt es grundsätzlich bei ihm, zu entscheiden, ob er das Werk als eine in der Hauptsache dem Vertrag entsprechende Erfüllung gelten lassen will. (vgl. BGH, Urteil vom 21.02.1985 – VII ZR 72/84). Haben die Erwerber das gemeinschaftliche Eigentum zu verschiedenen Zeiten abgenommen, sind Mängelansprüche hiernach erst verjährt, wenn für den letzten Erwerber Verjährungseintritt erfolgt ist (Werner/Pastor, Der Bauprozess, Rn. 507). Dies muss gleichfalls – wie vorliegend - auch für den Fall gelten, in dem der Bauträger die bereits fertig gestellten Wohnungen durch einen Kaufvertrag an die Erwerber veräußert. Insoweit ergeben sich aus Sicht der Kammer keine grundsätzlichen Unterschiede zu der Situation, in dem die Parteien einen Werkvertrag hinsichtlich der einzelnen Wohnungen schließen. 69Eine andere Bewertung ergibt sich aus Sicht der Kammer auch nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 15.04.2004 – VII ZR 130/03. In dem dortigen Fall hatten die Vertragsparteien vereinbart, dass die Verjährungsfrist mit der Übergabe der Wohnung beginnt und nicht mit der Abnahme. Es handelte sich im dortigen Fall um einen Werkvertrag zwischen dem Bauträger und dem Erwerber. Insoweit entschied der Bundesgerichtshof zugunsten des Bestellers der Wohnung, dass in allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht geregelt werden kann, dass es bei einem Werkvertrag auf die Übergabe zum Lauf der Verjährungsfrist ankommt. Dies ist bereits deswegen nicht relevant, weil vorliegend tatsächlich ein Kaufvertrag zwischen der Beklagten und der Zeugin G geschlossen wurde. 70Aus Sicht der Kammer kann die Verjährung frühestens mit Abschluss des Vertrages zwischen der Zeugin G und der Beklagten am 30.07.2004 zu laufen beginnen. Erst zu diesem Zeitpunkt konnten Ansprüche der Parteien gegeneinander entstehen. Ohne einen Kaufvertrag können keine Gewährleistungsansprüche entstehen. Ansprüche können aber auch nur verjähren, wenn potentielle Ansprüche entstanden sind. Im Ergebnis kommt es dann jedoch nicht darauf an, ob die Verjährungsfrist bereits am 30.07.2004 oder - wie von der Klägerin behauptet – mit vollständiger Kaufpreiszahlung am 01.10.2004 in Gang gesetzt worden ist. Denn unter Zugrundelegung beider Daten ist der Anspruch der Klägerin nicht verjährt. 71Wenn auf den früheren Zeitpunkt – den 30.07.2004 – abgestellt wird, wäre Verjährung eingetreten mit Ablauf des 30.07.2009. Grundsätzlich wäre die Klageerhebung zum 23. Dezember 2011 daher verfristet und der Anspruch verjährt. 72Die Durchführung des Beweissicherungsverfahrens durch die A-Verwaltung hat die Verjährung jedoch gem. § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB gehemmt. 73Nach Auffassung der Kammer ist das selbständige Beweisverfahren, das in gewillkürter Prozesstandschaft vor dem Landgericht Düsseldorf geführt wurde, geeignet die Hemmung der Verjährung herbeizuführen. 74Dies gilt auch hinsichtlich der Tatsache, dass das für eine gewillkürte Prozesstandschaft erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse des Verwalters sich seit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der A nicht mehr aus der Rechts- und Pflichtenstellung der A ergeben kann, sondern nur noch aus anderen Gründen (vgl. BGH NJW 2011, 1361). Welche Interessen die Verwaltung der Klägerin nach der Rechtsfähigkeit der A noch hatte, das Verfahren in ihrem Namen weiter zu führen, ist vorliegend nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Hierauf kommt es aber im Ergebnis nach Ansicht der Kammer nicht an: 75In seinem grundlegenden Urteil vom 03.07.1980 hat der Bundesgerichtshof zu IV a ZR 38/80 folgendes ausgeführt: 76„Ermächtigt der Rechtsinhaber einen Dritten, den Anspruch einzuziehen und einzuklagen, fehlt aber dem Ermächtigten, dass für die gewillkürte Prozessstandschaft erforderliche eigene Rechtsschutzinteresse, so kann seine infolgedessen unzulässige Klage dennoch die Verjährung unterbrechen.“ 77Hiernach kommt es nicht darauf an, ob der Bevollmächtigte prozessual zur Geltendmachung des Anspruchs berechtigt ist. Es kommt lediglich auf dessen materielle Berechtigung an. Dem BGH lag dort ebenfalls ein Fall zugrunde, in dem die prozessrechtliche Zulässigkeit wegen fehlendem Eigeninteresse nicht gegeben war. So liegt der Fall auch hier: Die einzelnen Eigentümer haben die A-Verwaltung mit Beschluss vom 02.03.2006 bevollmächtigt und beauftragt, „in gewillkürter Prozessstandschaft ein selbständiges Beweisverfahren zu den Mängeln am Gemeinschaftseigentum“ einzuleiten. Damit ist die materiell-rechtliche Berechtigung nachgewiesen. 78Weiterhin hat der BGH in seinem Urteil vom 28.05.2009 zu VII 206/07 diesbezüglich folgendes ausgeführt: 79„Insbesondere kommt den Umständen, aus denen die Rechtsprechung die fehlende Tauglichkeit der GbR als Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft ableitet, im Rahmen der Prozessstandschaft der GbR für die Wohnungseigentümergemeinschaft keine Bedeutung zu“. 80Weiter führt der BGH in seinem Urteil vom 09.10.2010 zu III ZR 56/10 Folgendes aus: 81„Berechtigter kann auch der materiell-rechtlich wirksam zur Durchsetzung einer Forderung Ermächtigte sein, selbst wenn das für die Klageerhebung in gewillkürter Prozessstandschaft als Zulässigkeitsvoraussetzung notwendige schutzwürdige rechtliche Interesse des Klägers fehlt […]. Jedoch hemmt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH auch die unzulässige Klage eines Berechtigten die Verjährung.“ 82Damit bestätigte der BGH auch nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der A, dass es lediglich auf die materiell-rechtliche Berechtigung zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zur Hemmung der Verjährung ankommt, nicht jedoch auf die Frage der Zulässigkeit der Klageerhebung. 83Zuletzt bestätigte der BGH diese Rechtsprechung auch mit Urteil vom 27.01.2011 zu VII ZR 186/09 wie folgt: 84„So reicht eine unzulässige, unschlüssige oder unsubstantiierte Klage zur Hemmung der Verjährung aus, weil mit ihr ausreichend zum Ausdruck gebracht wird, dass der Kläger den Anspruch weiterverfolgen will. Damit ist der Funktion der Hemmungshandlung, den Schuldner nachhaltig auf den Willen des Gläubigers zur Durchsetzung seines Rechtes hinzuweisen und ihn ausreichend für seine Entscheidung zu informieren, ob er sich gegen die Anspruchsstellung zur Wehr setzen will, genug getan.“ 85Im Ergebnis kommt es hier hinsichtlich der Verjährung nicht darauf an, ob die A-Verwaltung prozessführungsbefugt war. Auch die unzulässige Klage hat vorliegend die Verjährungsfrist gehemmt. 86Hierbei verkennt die Kammer auch keinesfalls, dass die Verwaltung die Klägerin nicht wirksam in einem solchen Beweissicherungsverfahren vertreten durfte und konnte, nachdem der Bundesgerichtshof die Wohnungseigentümergemeinschaft im Jahre 2005 als ein rechtsfähiges Rechtsobjekt anerkannt hat (BGH NJW 2005, 2061) und nur die Klage eines Berechtigen die Verjährung wirksam hemmen kann (BGH NJW 2010, 2270, 2271), denn die Kammer sieht die Verwaltung der Klägerin im Sinne dieser Rechtsprechung als Berechtigte an. Materiell-rechtlich war die Verwaltung der Klägerin berechtigt, dass Beweissicherungsverfahren zu führen. Lediglich prozessrechtlich fehlte ihr das insoweit notwendige eigene schutzwürdige Interesse an der Prozessführung. Dies hat zwar Einfluss darauf, dass das Beweissicherungsverfahren der Verwaltung der Klägerin unzulässig war, bedeutet aber nicht, dass dieses Verfahren nicht die Verjährung hemmen kann. 87Insoweit kann sich die Kammer nicht der kürzlich ergangenen Entscheidung des Landgerichts Duisburg vom 22.08.2013 – 8 O 22/13 anschließen. Aus Sicht der Kammer unterscheidet dieses Urteil nicht zwischen der materiell-rechtlichen und prozessualen Berechtigung der Prozessstandschaft. 88Wenn das Landgericht Duisburg ausführt, dass für 89„eine gewillkürte Prozessstandschaft [...] neben der Ermächtigung des Forderungsinhabers ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Prozessstandschafters an der Geltendmachung des fremden Anspruchs im eigenen Namen“ 90erforderlich ist, stimmt die Kammer dem zu. Nichtdestotrotz ist hiermit noch nicht die aus Sicht der Kammer entscheidende Frage beantwortet, ob bei Fehlen eines solchen Eigeninteresses auch eine Verjährungshemmung nicht eintritt. 91Sinn und Zweck der Verjährung ist es Rechtssicherheit herzustellen und nach Ablauf einer bestimmten Zeit die Wahrung des Rechtsfriedens. Wenn der Gläubiger über einen längeren Zeitpunkt nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass er dem ihm zustehenden Anspruch weiter verfolgen will, soll sich der Schuldner nach Ablauf einer bestimmten Frist hierauf verlassen können. Dieser Zweck wird nach Ansicht der Kammer nicht dadurch vereitelt, dass das unzulässige Beweissicherungsverfahren vorliegend zur Hemmung der Verjährungsfrist führt. Denn die Verwaltung der Klägerin hat im Beweissicherungsverfahren ausdrücklich in Prozessstandschaft für die Wohnungseigentümer gehandelt und damit zum Ausdruck gebracht, dass die Wohnungseigentümer den Anspruch gegenüber der Beklagten weiterverfolgen möchten. Dass der Verwaltung das notwendige Interesse an der Durchsetzung der Ansprüche fehlt, hat auf die Kenntnis der Beklagten, dass Mängelgewährleistungsansprüche gegen sie geltend gemacht werden, keinen Einfluss. 92Die Ansicht der Kammer steht auch nicht im Widerspruch zu dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 20.06.2013 – VII ZR 71/11. In dieser Entscheidung kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass nur der Antrag eines materiell Berechtigten auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens den Eintritt der Verjährung nach § 204 Nr. 7 BGB hemmt. Dem schließt sich die Kammer an, hält aber gleichwohl die Verwaltung der Klägerin als materiell Berechtigte, da diese zum damaligen Zeitpunkt wirksam zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche gegenüber der Beklagten ermächtigt wurde. Dies ist ausreichend, damit die Verwaltung der Klägerin materiell berechtigt ist. 93a) 94In Bezug auf die streitgegenständlichen Mängel 83 und 86 wurde von dem Verwalter am 09. Oktober 2008 - und damit vor Ablauf der Verjährungsfrist am 30.07.2009 - die Begutachtung der Mängel im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens beantragt. Die Verjährung konnte jedoch nicht ab diesem Zeitpunkt gehemmt werden, weil der Beklagten dieser Antrag erst unter dem 31. Oktober 2008 zugestellt wurde. Dies war nicht mehr „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO. Gem. § 167 ZPO tritt die Wirkung der Hemmung der Verjährung bereits mit Einreichen des Antrages ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt, d.h. in nicht allzu erheblichen zeitlichen Abstand vom Fristablauf, erfolgt. Maßgeblich ist, ob der Zustellungsbetreiber alles ihm Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan hat und der Rückwirkung keine schutzwürdigen Belange des Gegners entgegenstehen (BGH NJW 1999, 3125), denn die gerechte Abwägung der beteiligten Interessen ist auch davon abhängig, wer für die Dauer des Zustellungsverfahrens verantwortlich ist. 95Vorliegend ist mit Fax vom 09. Oktober 2008 seitens der A-Verwaltung der Antrag auf Durchführung des Beweissicherungsverfahrens hinsichtlich der Mängel 83 bis 86 gestellt worden. Eine Zustellung erfolgte nicht sofort, weil die A-Verwaltung noch nicht das Original des Antrags mit den beglaubigten Abschriften vorgelegt hat. Diese trafen erst am 28. Oktober 2008 bei dem Landgericht Düsseldorf ein. 96Bei alleine vom Zustellungsbetreiber verursachten Zustellungsverzögerungen von mehr als 14 Tagen schließt der BGH eine Rückwirkung aus (vgl. BGH NJW 2004, 3775). Demzufolge konnte die Verjährungsfrist erst ab Zustellung bei der Beklagten am 31. Oktober 2008 gehemmt werden. 97Das Ergänzungsgutachten in dem Beweissicherungsverfahren ist dem Prozessbevollmächtigten des Verwalters der Klägerin dann am 06.08.2010 mit der Möglichkeit zur Stellungnahme innerhalb von vier Wochen ab Zugang zugestellt worden. Damit endete die Stellungnahmefrist am 03.09.2010. Am 01.09.2010 erfolgte jedoch noch eine Stellungnahme der Beklagten zu dem Ergänzungsgutachten, die der A-Verwaltung am 13. Oktober 2010 zugestellt wurde. Damit kommt es auf diesen Zeitpunkt zur Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens an. 98Haben die Parteien rechtzeitig Einwendungen gegen das im selbständigen Beweisverfahren erstattete Gutachten erhoben, ist – sofern nicht eine weitere Beweisaufnahme stattfindet – das selbständige Beweisverfahren jedenfalls dann beendet, wenn der mit der Beweisaufnahme befasste Richter zum Ausdruck bringt, dass eine weitere Beweisaufnahme nicht stattfindet und dagegen innerhalb einer angemessenen Frist keine Einwendungen erhoben werden (vgl. BGH, Urteil vom 28.10.2010 – VII ZR 172/09). 99Vorliegend hat der zuständige Richter am 18. November 2010 als letzte Entscheidung in dem Beweissicherungsverfahren, einen Streitwertbeschluss erlassen. Damit hat er unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass das Verfahren aus seiner Sicht beendet ist. 100Gem. §§ 204 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB endete die Hemmungswirkung mit Ablauf des 18. Mai 2011. 101Im Hinblick auf die Hemmung der Verjährung zwischen dem 31.Oktober 2008 und dem 18. Mai 2011 wäre die fünfjährige Verjährung der Gewährleistungsansprüche der Zeugin G frühestens mit Ablauf des 18. Februar 2012 eingetreten. 102Vorliegend wurde die Klage mit Fax vom 20.12.2011 dem Gericht übersandt und die Zustellung erfolgte demnächst im Sinne des § 167 BGB, und zwar am 02.02.2012. Nicht mehr nachvollziehbar ist, warum das Amtsgericht die Klage erst so spät zustellte. Das Original der Klageschrift samt der beglaubigten Abschriften erreichte das Amtsgericht bereits am 23.12.2011. 103Bei nicht vom Zustellungsbetreiber verursachten Verzögerungen im Geschäftsbetrieb tendiert die Rechtsprechung bei der Anwendung von § 167 ZPO zu einer sehr weiten Auslegung des Tatbestandsmerkmals „demnächst“, so dass es keine starre Zeitgrenze gibt (vgl. BGHZ 168, 306; für mehr als zwei Monate BGH NJW 2000, 2282, 2011, 1227). Hiernach ist die Zustellung noch als demnächst erfolgt anzusehen, wenn die Klägerin alles ihr für eine fristgerechte Zustellung Zumutbare getan und die Verzögerung nicht schuldhaft herbei geführt hat. Dies ist vorliegend der Fall. Durch die Übersendung der Klage samt beglaubigter Abschriften hat die Klägerin alles ihr Zumutbare getan. 104b) 105In Bezug auf die Mängel 1-76 des Sachverständigengutachtens gilt Folgendes: 106Wie bereits festgestellt, kann die Verjährungsfrist erst frühestens mit Abschluss des Kaufvertrages durch die Zeugin G am 31. Juli 2004 begonnen haben. 107Die Mängel 1-76 wurden dem Landgericht Düsseldorf im Beweissicherungsverfahren mit der Antragsschrift vom 13. März 2006 (bei dem Landgericht eingegangen am 15. März 2006) – und damit innerhalb der laufenden Verjährungsfrist bis zum 31. Juli 2009 - zugeleitet. Unter dem 23. März 2006 und damit demnächst im Sinne des § 167 ZPO wurde die Antragsschrift der Beklagten zugestellt, so dass der Zeitpunkt der Hemmung der Verjährung auf den 15. März 2005 mit der Stellung des Antrages zurückwirkt. 108Wie oben erörtert, endete das Beweissicherungsverfahren am 18. November 2011 und die Hemmungswirkung daher gem. §§ 204 Abs. 2, 193 BGB am 18. Mai 2011. Damit war die Verjährung zwischen dem 15. März 2006 bis 18. Mai 2011 gem. § 204 Nr. 7 BGB gehemmt. Hinsichtlich der Beweisfragen 1 bis 76 ergibt sich damit ein Eintritt der fünfjährigen Verjährung der Gewährleistungsanspruches der Zeugin G frühestens zum 03. September 2014 (nach der Hemmung verblieben noch 3 Jahre, 3 Monate und 16 Tage). Mit Schriftsatz vom 31.07.2013, der der Beklagten spätestens am 09.05.2013 zugegangen sein muss, wurde die Verjährung abermals gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB und zwar vor Ablauf der Verjährungsfrist gehemmt. 109c) 110Hinsichtlich der Mängelpositionen 77 bis 81 gilt Folgendes: 111Auch hier begann die Verjährungsfrist frühestens – und unter Zugrundelegung des Vortrags der Beklagten - mit Abschluss des Kaufvertrages mit der Zeugin G, am 30. Juli 2004. Damit wäre Verjährung eingetreten am 30. Juli 2009. 112Der Antrag im selbständigen Beweisverfahren wurde mit Schriftsatz vom 12. März 2007 auf die oben genannten Mängelpositionen erweitert. Dieser ist am 23. März 2007 und damit vor Ende der Verjährungsfrist bei dem Landgericht Düsseldorf eingegangen. Am 05. April 2007 ließ der zuständige Richter die Anträge der Beklagten übersenden. Eine Zustellung erfolgte nicht, so dass nicht mehr nachvollzogen werden kann, wann der ergänzende Antrag rechtshängig wurde. Auf den Ergänzungsantrag hat die Beklagte aber zumindest mit Schriftsatz vom 17. April 2007 erwidert. Auch hier ist daher – mangels Verschulden an der verspäteten Zustellung - davon auszugehen, dass der Antrag „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO zugestellt wurde, so dass die Hemmung der Verjährung auf den 23. März 2007 zurückwirkt. 113Damit ist die Verjährung im Zeitraum vom 23. März 2006 bis zum 18. November 2010 gem. § 204 Nr. 7 BGB gehemmt. Die Hemmung der Verjährung endete daher gem. § 204 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 18. Mai 2011. 114Damit endete die fünfjährige Verjährungsfrist am 26. Juli 2014 (nach der Hemmung noch 3 Jahre, 2 Monate und 8 Tage). Mit Schriftsatz vom 18.07.2013 wurde die Klageerweiterung hinsichtlich der Positionen 77 bis 81 anhängig gemacht und damit vor Ablauf der Verjährungsfrist. 115Die Klage ist jedoch nicht bereits am 18.07.2013 in die Zustellung gegangen. Erst unter dem 04.09.2013 erfolgte ein Beschluss zur Streitwertfestsetzung und die Zustellung der Klageerweiterung. Da dies jedoch nicht von der Klägerin verschuldet wurde, ist auch hier § 167 BGB anwendbar, wonach die Hemmung der Verjährung auf den Erhalt der Klageerweiterung bei dem Gericht zurückwirkt. 116II. 117Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 Abs. 1 ZPO 118Hiernach hat der Schuldner eine Geldschuld von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen. 119Auf einen Teilbetrag in Höhe von 2.418,10 EUR hat die Beklagte in entsprechender Anwendung des § 187 Abs. 1 ZPO ab dem 03. Februar 2012, aus 2.693,60 EUR seit dem 09. Mai 2013 und aus 78.624,00 EUR seit dem 26.März 2014. 120Nicht mehr feststellbar ist, wann der Beklagten die zweite und dritte Klageerweiterung zugestellt wurde. Mit Schriftsatz vom 25. März 2014 hat die Beklagte jedoch in der Sache auf die Klageerweiterungen reagiert, so dass zu unterstellen ist, dass ihr die Klageerweiterungen spätestens zu diesem Zeitpunkt zugestellt waren. 121III. 122Der Klägerin hat jedoch keinen (materiellen) Anspruch auf Ersatz der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens vor dem Landgericht Düsseldorf zu 14 d OH 2/06 aus Verzugsgesichtspunkten gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB in Höhe von 27.701,53 EUR. Der Klägerin fehlt diesbezüglich das notwendige Rechtsschutzbedürfnis. 123Nach oben dargelegter Ansicht ist das Sachverständigengutachten vorliegend verwertbar, auch wenn es unzulässigerweise von der Verwaltung der Klägerin betrieben wurde. Kommt es jedoch im Nachgang zu einem selbstständigen Beweisverfahren zum Klageverfahren, so werden die vorab aufgewandten Kosten des Beweisverfahrens zu Bestandteilen der Kosten insgesamt, so dass derjenige die Kosten trägt, der verliert (sog. prozessrechtlicher Kostenerstattungsanspruch). Bei einem Teilobsiegen werden die Kosten nach Quote verteilt. 124IV. 125Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 92 Abs. 1 ZPO. 126Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. 127Der Streitwert wie folgt festgesetzt: 128bis zum 02.02.2012 auf 2.418,10 EUR 129ab dem 03.02.2012 bis zum 08.05.2013 auf 5.111,70 EUR 130ab dem 09.05.2013 bis zum 25.03.2014 auf 21.647,70 EUR 131ab dem 26.04.2014 bis zum 21.09.2014 auf 83.736,35 EUR 132und ab dem 22.09.2014 auf 111.437,88. 133Rechtsbehelfsbelehrung: 134Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 1351. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 1362. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist. 137Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 138Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Düsseldorf zu begründen. 139Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 140Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 83.736,35 eur nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz aus 2.418,10 eur seit dem 03.02.2012, aus 2.693,60 eur seit dem 09.05.2013 sowie aus 78.624,00 eur seit dem 26.03.2014 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt zu 25 % die klägerin und zu 75 % die beklagte. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die beklagte errichtete in den jahren 2001 bis 2003 die eigentumswohnanlage diesterwegstraße 6 in 40549 düsseldorf. mit teilungserklärung vom 30.06.2002 zu ur-nr. 1099 aus 2002 des notars dr. j teilte die beklagte das errichtete mehrfamilienhaus nach a auf. nachfolgend schloss die beklagte mit den neuen sondereigentümern kaufverträge unter zugrundelegung der vorbezeichneten teilungserklärung. zu diesem zeitpunkt war das aufgeteilte mehrfamilienhaus überwiegend fertig gestellt. lediglich die tiefgarage sollte entsprechend der teilungserklärung vom 30.06.2002 mit der dortigen baubeschreibung noch errichtet werden. 3im jahre 2003 stellte die beklagte die eigentumsanlage fertig. das gemeinschaftseigentum ebenso wie das sondereigentum wurde in der folge dann auch in gebrauch genommen. 4unter dem 14.07.2004 übergab die beklagte der zeugin g, die zu diesem zeitpunkt fest beabsichtigte, eine eigentumswohnung von der beklagten zu erwerben, einen haustürschlüssel und einen schlüssel zur baustellentür für die von ihr später erworbenen wohnung. 5am 30.07.2004 schlossen die zeugin g und die beklagte den letzten notariellen erwerbsvertrag über miteigentumsanteile an der a diesterwegstraße 6. auf dieser grundlage erfolgte die eintragung des eigentumswechsels im grundbuch unter dem 29.10.2004. 6unter dem 10.11.2005 wurde die beklagte aufgefordert, zahlreiche an die verwaltung herangetragene mängelpositionen bis zum jahresende zu beseitigen. nachdem hierauf keine reaktion zur sache erfolgte, wurde mit schreiben vom 11.02.2006 erneut um mangelbeseitigung unter fristsetzung bis zum 03.03.2006 gebeten. 7in dem notariellen vertrag vereinbarte die beklagte mit der zeugin g folgendes: 8„der verkäufer hat das vorgenannte flurgrundstück mit einem mehrfamilienhaus nebst tiefgarage bebaut und hierbei u.a. den kaufgegenstand errichtet. die beteiligten stellen ausdrücklich fest, dass die vollständige fertigstellung des verkauften wohnungseigentums erfolgt ist und keine weiteren arbeiten vom verkäufer geschuldet werden. der zustand des kaufgegenstandes ist dem käufer aufgrund mehrfach vorgenommener besichtigung bekannt. die beteiligten vereinbarten, dass der heute vorhandene zustand des vertragsgegenstandes vertragsgemäß ist und als solcher vom verkäufer geschuldet ist.“ 9in der eigentümerversammlung vom 02.03.2006 wurde sodann mit 860 von 984 anwesenden miteigentumsanteilen der folgende beschluss gefasst: 10„die verwaltung wird seitens der wohnungseigentümergemeinschaft bevollmächtigt und beauftragt, über herrn rechtsanwalt l in gewillkürter prozessstandschaft ein selbstständiges beweisverfahren zu den mängeln am gemeinschaftseigentum der wohnanlage diesterwegstraße 6, 40540 düsseldorf gemäß der mängelliste von herrn rechtsanwalt l vom 02.03.2006 beim zuständigen landgericht düsseldorf einzuleiten und entsprechende erklärungen hinsichtlich des liquidationsverfahrens der gawo bau immobilien consultant gmbh i.l. abzugeben“. 11ein gleichlautender beschluss erging am 18.07.2008 für die weiteren mängel 82 bis 86. 12durch die verwaltung der eigentumswohnanlage wurde sodann für die klägerin in gewillkürter prozessstandschaft vor dem landgericht düsseldorf zu az. 14 d oh 2/06 ein selbstständiges beweisverfahren geführt. im rahmen des selbstständigen beweisverfahrens bewertete der sachverständige müller insgesamt 86 mangelpositionen. die begutachtung der mängel 77-81 wurde mit schriftsatz vom 12.03.2007 beantragt und der beklagten zugestellt. die begutachtung der mängel 82-86 wurde am 09.10.2008, am gleichen tag per fax eingegangen bei dem landgericht düsseldorf, beantragt. unter dem 31. oktober 2008 übersandte das landgericht den antrag der a-verwaltung. am 17.11.2008 ordnete das landgericht düsseldorf die begutachtung der beweisfragen an. ein ergänzungsgutachten des sachverständigen wurde dem gericht vorgelegt unter dem 26.07.2010 und der klägerin zugestellt am 06.08.2010 mit dem beigefügten beschluss vom 29.07.2010, wonach die möglichkeit zur stellungnahme innerhalb einer frist von vier wochen eingeräumt wurde. unter dem 01.09.2010 tätigte die beklagte dann letztmalig ausführungen in dem selbständigen beweisverfahren, die der a-verwaltung unter dem 08.10.2010 mit zugang am 13.10.2010 zur kenntnisnahme übersandt wurden. unter dem 18.11.2010 erließ der zuständige richter als letzte gerichtliche handlung einen streitwertbeschluss. 13die klägerin forderte die beklagte mit fristsetzung bis zum 20.12.2011 fruchtlos auf, die mängel 83 und 86 (sockelleiste im treppenhaus und fensterscheiben in der wohnung weichert) – aufgeführt in dem gerichtlichen sachverständigengutachten – zu beseitigen. 14die beklagte erhob in ihrer klageerwiderung ausdrücklich die einrede der verjährung. 15die klägerin behauptet, die zeugin g habe ihre gewährleistungsansprüche an die klägerin abgetreten. in der eigentümergesellschaft vom 02.09.2011 habe sie ausdrücklich zu protokoll erklärt: 16„ich trete meine gewährleistungsansprüche wegen mängeln am gemeinschaftseigentum gegen die gawo immobilien consultant gmbh i.l. zur geltendmachung an die eigentümergemeinschaft diesterwegstraße 6 ab.“ 17die eigentümergesellschaft habe sodann mit 868 von 1.000 miteigentumsanteilen bei 16 enthaltungen und 116 gegenstimmen den beschluss gefasst: 18„die eigentümergemeinschaft nimmt die abtretung der gewährleistungsansprüche wegen mängeln am gemeinschaftseigentum gegen die gawo immobilien consultant gmbh i.l. von frau g an.“ 19sie ist der ansicht, dass die beklagte frühestens mit dem zwischen der zeugin g und ihr geschlossenen kaufvertrag ein mangelfreies werk der käuferin gegenüber schulde. allerfrühestens zu diesem zeitpunkt könne auch der lauf der verjährungsfrist beginnen. 20in dem kaufvertrag hätten die parteien auch geregelt, dass der besitzübergang erst mit der vollständigen zahlung des kaufpreises erfolgten solle. gleichzeitig sei in dem vertrag auch geregelt worden, dass es der zeugin g bereits vor besitzübergang gestattet sei, das kaufobjekt zu betreten um vermessungs-, einrichtung- und ausstattungsmaßnahmen durchzuführen, hiermit ein besitzübergang jedoch ausdrücklich nicht verbunden sein solle. 21darüber hinaus ist die klägerin auch der ansicht, dass das eingeleitete selbstständige beweisverfahren vor dem landgericht düsseldorf durch den verwalter die verjährung der ansprüche hemme. die verjährungsfrist habe darüber hinaus erst ab dem 01.10.2004 begonnen zu laufen, da die zeugin g an diesem tage erst den vollständigen kaufpreis gezahlt habe. da in dem notariellen kaufvertrag geregelt gewesen sei, dass auch erst zu diesem zeitpunkt der besitz der wohnung auf die zeugin g übergehen soll, könne auch nur dies der entscheidende zeitpunkt für den lauf der verjährung sein. 22ihr seien im selbständigen beweisverfahren kosten für die sachverständigengutachten, der gerichtsgebühr sowie hinsichtlich der rechnung des prozessbevollmächtigten in höhe von insgesamt 27.701,53 eur entstanden. diese habe sie auch bezahlt. 23die klägerin beantragt, 24die beklagte zu verurteilen, an sie einen betrag in höhe von 2.418,10 eur nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 25mit schriftsatz vom 25.04.2013 hat die klägerin die klage um einen weiteren zahlungsantrag erweitert und beantragt weiterhin, 26die beklagte zu verurteilen, an sie einen betrag in höhe von weiteren 2.693,60 eur nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 27mit schriftsatz vom 18.07.2013 hat die klägerin die klage um einen weiteren zahlungsantrag erweitert und beantragt weiterhin, 28die beklagte zu verurteilen, an die klägerin einen betrag in höhe von weiteren 16.536,00 eur nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 29mit schriftsatz vom 31.07.2013 hat die klägerin die klage um einen weiteren zahlungsantrag erweitert und beantragt weiterhin, 30die beklagte wird verurteilt, an sie einen betrag in höhe von weiteren 62.088,65 eur nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 31zuletzt hat die klägerin mit schriftsatz vom 18.07.2014 die klage um einen weiteren zahlungsantrag erweitert und beantragt weiterhin, 32die beklagte wird verurteilt, an sie einen betrag in höhe von weiteren 27.701,53 eur nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 33der beklagte beantragt, 34die klage abzuweisen. 35sie ist der ansicht, dass die abtretung der ansprüche durch die zeugin g an die klägerin unzulässig sei. dies folge daraus, dass die eigentümergemeinschaft bereits durch mehrheitsbeschluss vom 02.03.2006 die durchsetzung der auf die ordnungsgemäße herstellung des gemeinschaftseigentums gerichteten rechte der erwerber an sich gezogen habe. 36sie behauptet weiterhin, es handele sich bei den gerügten mängeln um solche, die erst lange zeit nach ablauf der gewährleistungsfrist aufgrund einer abnutzung des objektes entstanden seien. wenn erst sieben jahre nach der fertigstellung eines bauvorhabens sich in einem treppenhaus die sockelleiste in einer länge von 13,5 m löse, sei dies wohl kein baumangel, sondern ein mangel, der auf die abnutzung des gebäudes zurückzuführen sei. 37sie ist weiterhin der ansicht, dass die klägerin in bezug auf die gerügten fensterscheiben in der wohnung weichert nicht aktivlegitimiert sei, da diese zum sondereigentum und nicht zum gemeinschaftseigentum gehören würden. 38die mängel seien auch erst nach ablauf der gewährleistungsfrist gerügt worden. bereits im jahre 2003 sei das gemeinschaftseigentum der zuvor gegründeten eigentümergesellschaft übertragen worden. zumindest sei aber der besitz an der wohnung auf die zeugin g bereits am 15.07.2004 auf diese übergegangen, weil die beklagte ihr zu diesem zeitpunkt bereits die wohnungsschlüssel übergeben habe. die verjährungsfrist für etwaige mängel müsste daher spätestens zu diesem zeitpunkt zu laufen beginnen. 39das beweissicherungsverfahren der dis dürener immobilien service gmbh gegen die klägerin habe die verjährung der gewährleistungsansprüche nicht hemmen können. dies deshalb, weil die gewillkürte prozesstandschaft einer a verwaltung schon seit dem jahre 2005 nach der rechtsprechung des bundesgerichtshofes nicht mehr zulässig sei. wenn auf unzulässige art und weise von einer a verwaltung im eigenen nahmen ein beweissicherungsverfahren durchgeführt werde, führe dies zu keinerlei rechtsfolgen im verhältnis zwischen der klägerin und der beklagten. hierauf wies die beklagte in dem beweissicherungsverfahren – was unstreitig ist – auch nach zustellung des beweissicherungsantrages ausdrücklich hin. zwischen der klägerin und der beklagten seien daher keine mängel festgestellt worden. 40wegen des weiteren sach- und streitstands wird auf den vorgetragenen inhalt der gewechselten schriftsätze, der zur gerichtsakte gereichten anlagen, auf den inhalt des sitzungsprotokolls sowie auf die beigezogene akte in dem beweissicherungsverfahren 14 d oh 2/06 bezug genommen. 41
42die zulässige klage ist teilweise begründet. 43i. 44der klägerin steht ein anspruch auf schadensersatz statt der leistung gegen die beklagte aus §§ 437 nr. 3 , 280 abs. 1, abs. 3, 281 bgb in höhe von 83.736,35 eur zu. 451. 46die klägerin ist aktivlegitimiert. 47die beklagte bestreitet die von der klägerin behauptete abtretung der gewährleistungsansprüche durch die zeugin g. die klägerin kann grundsätzlich trägerin von rechten gegenüber dritten sein, § 10 abs. 6 a. sie kann daher auch die abtretung fremder rechte annehmen und durch die abtretung trägerin eines rechtes sein. 48darauf, ob die abtretung vorliegend zulässig ist und keinem gesetzlichen bzw. vertraglichen abtretungsverbot unterliegt, kommt es nicht an. insoweit sich die beklagte darauf beruft, dass die gemeinschaft als verband durch mehrheitsbeschluss die durchsetzung der auf die ordnungsgemäße herstellung des gemeinschaftseigentums gerichteten rechte an sich gezogen hat, ist die klägerin auch hiernach aktivlegitimiert. es kann damit dahinstehen, ob die klägerin durch abtretung der ansprüche oder durch ansichziehen der ansprüche aktivlegitimiert ist. macht die eigentümergemeinschaft nämlich von der möglichkeit des ansichziehens gebrauch, begründet dies ihre alleinige zuständigkeit (vgl. bgh njw 2007, 1952). 492. 50die bauausführung durch die beklagte war auch mangelhaft im sinne des § 434 abs. 1 s. 2 nr. 2 bgb. 51a) 52die geltend gemachten mängel liegen auch zur überzeugung der kammer, festgestellt durch das sachverständigengutachten müller, das im selbstständigen beweisverfahren eingeholt wurde, vor. die begutachtung durch den sachverständigen im selbständigen beweisverfahren steht gem. § 493 zpo einer begutachtung im hiesigen verfahren gleich. 53das sachverständigengutachten samt ergänzungsgutachten kann auch im vorliegenden verfahren verwertet werden. dem steht nicht entgegen, dass das beweissicherungsverfahren durch die verwaltung der klägerin und nicht durch die klägerin selber geführt wurde. zwar ist die a mit gesetzesänderung vom 01.08.2007 teilrechtsfähig, wodurch grundsätzlich ab diesem zeitpunkt die möglichkeit bestand, dass die a die rechte im beweissicherungsverfahren selber geltend macht und die verwaltung kein eigenes interesse mehr für eine prozessstandschaft hat. das beweissicherungsverfahren wurde aber bereits am 13.06.2006 und damit vor anerkennung der teilrechtsfähigkeit der a eingeleitet. diesbezüglich kommt es auch nur auf die gesetzesänderung im jahre 2007 an. denn die ansprüche der zeugin g sind bereits vor der anerkennung der teilrechtsfähigkeit durch den bgh am 02.06.2005 entstanden. zu diesem zeitpunkt war § 10 abs. 6 s. 3 a noch nicht eingefügt. die gewährleistungsansprüche stehen originär den einzelnen eigentümern zu und konnten erst nach einführung des § 10 abs. 6 s. 3 a durch ansichziehen durch die a auf diese übertragen werden. zu diesem zeitpunkt hatten die eigentümer aber bereits die a-verwaltung mit der geltendmachung im selbständigen beweisverfahren ermächtigt. es bleibt daher festzuhalten, dass der beschluss zur ermächtigung der a-verwaltung zu einem zeitpunkt gefasst wurde, als die (teil-) rechtsfähigkeit der a noch nicht anerkannt war und demgemäß ansprüche der a nicht durch sogenanntes ansichziehen auf den verband zur ausübung übertragen und daher auch nicht von dieser prozessual durchgesetzt werden konnten. insoweit war der antrag auf durchführung des beweissicherungsverfahrens zu diesem zeitpunkt noch zulässig. 54diesbezüglich stellte der bundesgerichtshof in seinem beschluss vom 04.03.2010 zu v zb 130/09 fest, dass es gängiger und rechtlich unbedenklicher rechtspraxis entsprach, ansprüche der wohnungseigentümer über das rechtsinstitut der verfahrensstandschaft zu bündeln. 55auch wenn der antrag auf begutachtung der letzten mängel erst nach der gesetzesänderung erfolgte, ist das ergebnis dieses gutachtens verwertbar. der bundesgerichtshof stellt hierzu in bezug auf eine verjährungsfrage klar, dass es unerheblich sei, ob die beweiserhebung (noch) zulässig sei. wird im selben verfahren der antrag auf einholung eines weiteren gutachtens nicht abgelehnt, sondern antragsgemäß die begutachtung angeordnet, nehme das beweissicherungsverfahren seinen fortgang (vgl. bgh, urteil vom 21.12.2000 – vii zr 407/99). wenn aber das beweissicherungsverfahren seinen fortgang nimmt, müssen auch die ergebnisse dieses beweissicherungsverfahren im hiesigen hauptsacheverfahren verwertbar sein. etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der entscheidung des bundesgerichtshofes vom 28.01.2011 zu v zr 145/10, denn dort hatte der bundesgerichtshof über hausgeldforderungen zu entscheiden. ursprünglicher inhaber von hausgeldansprüchen ist aber im unterschied zu gewährleistungsansprüchen die teilrechtsfähige eigentümergemeinschaft. 56im übrigen kommt es auf diese frage nach § 493 zpo auch nicht an, da verfahrensfehler im selbstständigen beweisverfahren vom prozessgericht insoweit nicht zu beachten sind, als sie die zulässigkeit dieses verfahrens betrafen (vgl. herget/zöller, § 494, rn. 3). auf beweiseinrede einer partei können nur verfahrensfehler hinsichtlich der gesetzmäßigkeit der beweiserhebung i.s.d. §§ 492 i, 355 eine verwertungsverbot darstellen. nur bei diesen fehlern kommt eine wiederholung der beweisaufnahme vor dem prozessgericht in betracht. 57b) 58entgegen der ansicht der beklagten handelt es sich – nach überzeugung der kammer - bei dem mangel 83 (sockelleiste im treppenhaus) auch nicht um eine abnutzungserscheinung. der sachverständige hat vielmehr auf seite 50 seines gutachtens festgestellt, dass die lose sockelleiste einen mangel darstellt. dies begründete er nachvollziehbar damit, dass die trittschalldämmung eines fußbodens sich setzt. im regelfall komme es dadurch zum aufreißen der dauerelastischen fuge. hier sei aber offensichtlich die dauerelastische fuge zwischen dem sockelstein und dem fußbodenbelag der podeste zäher als die verbindung des ansatzmörtels des sockels zur wand gewesen, mit der folge, dass sich zahlreiche platten gelöst hätten. hiermit stellt der sachverständige eindeutig einen mangel in der bauausführung fest. die kammer ist davon überzeugt, dass die beklagte bei der auswahl der dauerelastischen fuge im vergleich zum ansatzmörtel des sockels das material der fuge nicht elastisch genug ausgewählt hat. 59die beklagte kann hier auch nicht mit erfolg einwenden, dass es sich bei dem mangel nr. 86 – die defekten fensterscheiben – um sondereigentum handelt. nach dem beschluss des olg düsseldorf vom 12.01.1998 zu 3 wx 546/97 sind fenster mit den fensterscheiben zwingend nach § 5 abs. 2 a dem gemeinschaftseigentum zuzuordnen. eine anderweitige „zuordnung“ etwa in der teilungserklärung wäre nichtig. 60da die beklagte hinsichtlich der sonstigen - vom sachverständigen festgestellten mängel - keine einwände erhoben und auch die kammer keine zweifel an der richtigkeit seiner ausführungen hat, legt sie der hiesigen entscheidung uneingeschränkt die ergebnisse des sachverständigen im selbstständigen beweisverfahren zugrunde. 61insgesamt hält der sachverständige einen betrag in höhe von 83.736,35 eur für erforderlich, um die streitgegenständlichen mängel zu beseitigen. diesbezüglich ist die kammer aufgrund des nachvollziehbaren und in sich schlüssigen gutachtens von der erforderlichkeit überzeugt. auch die parteien haben die höhe der kosten im hiesigen verfahren nicht angegriffen. 62die klägerin hat der beklagten auch jeweils eine angemessene frist zur nacherfüllung gem. § 281 abs. 1 bgb gesetzt. dies wurde von der beklagten hinsichtlich der einzelnen mängel auch nicht in zweifel gezogen. 633. 64der anspruch ist auch nicht verjährt. 65die verjährung richtet sich vorliegend nach § 438 abs. 1 nr. 1 a) bgb. hiernach verjähren ansprüche hinsichtlich eines bauwerkes innerhalb einer frist von fünf jahren. 66die frist beginnt mit der übergabe, d.h. mit besitzübergang, der streitgegenständliche wohnung. 67diesbezüglich kommt es vorliegend auf den zeitpunkt des besitzübergangs des gemeinschaftseigentums auf die zeugin g an. nicht entscheidend ist, wann die wohnungseigentumsgemeinschaft das gemeinschaftseigentum abnimmt. 68zwar hat der besteller das werk nach § 640 abs. 1 bgb abzunehmen. besteller in diesem sinne ist auch hinsichtlich des gemeinschaftseigentums der einzelne erwerber des wohnungseigentums, nicht etwa die wohnungseigentümergesellschaft. durch den erwerbsvertrag erhält der einzelne wohnungseigentümer einen eigenen anspruch auf mangelfreies gemeinschaftseigentum. dem entsprechend liegt es grundsätzlich bei ihm, zu entscheiden, ob er das werk als eine in der hauptsache dem vertrag entsprechende erfüllung gelten lassen will. (vgl. bgh, urteil vom 21.02.1985 – vii zr 72/84). haben die erwerber das gemeinschaftliche eigentum zu verschiedenen zeiten abgenommen, sind mängelansprüche hiernach erst verjährt, wenn für den letzten erwerber verjährungseintritt erfolgt ist (werner/pastor, der bauprozess, rn. 507). dies muss gleichfalls – wie vorliegend - auch für den fall gelten, in dem der bauträger die bereits fertig gestellten wohnungen durch einen kaufvertrag an die erwerber veräußert. insoweit ergeben sich aus sicht der kammer keine grundsätzlichen unterschiede zu der situation, in dem die parteien einen werkvertrag hinsichtlich der einzelnen wohnungen schließen. 69eine andere bewertung ergibt sich aus sicht der kammer auch nicht aus dem urteil des bundesgerichtshofes vom 15.04.2004 – vii zr 130/03. in dem dortigen fall hatten die vertragsparteien vereinbart, dass die verjährungsfrist mit der übergabe der wohnung beginnt und nicht mit der abnahme. es handelte sich im dortigen fall um einen werkvertrag zwischen dem bauträger und dem erwerber. insoweit entschied der bundesgerichtshof zugunsten des bestellers der wohnung, dass in allgemeinen geschäftsbedingungen nicht geregelt werden kann, dass es bei einem werkvertrag auf die übergabe zum lauf der verjährungsfrist ankommt. dies ist bereits deswegen nicht relevant, weil vorliegend tatsächlich ein kaufvertrag zwischen der beklagten und der zeugin g geschlossen wurde. 70aus sicht der kammer kann die verjährung frühestens mit abschluss des vertrages zwischen der zeugin g und der beklagten am 30.07.2004 zu laufen beginnen. erst zu diesem zeitpunkt konnten ansprüche der parteien gegeneinander entstehen. ohne einen kaufvertrag können keine gewährleistungsansprüche entstehen. ansprüche können aber auch nur verjähren, wenn potentielle ansprüche entstanden sind. im ergebnis kommt es dann jedoch nicht darauf an, ob die verjährungsfrist bereits am 30.07.2004 oder - wie von der klägerin behauptet – mit vollständiger kaufpreiszahlung am 01.10.2004 in gang gesetzt worden ist. denn unter zugrundelegung beider daten ist der anspruch der klägerin nicht verjährt. 71wenn auf den früheren zeitpunkt – den 30.07.2004 – abgestellt wird, wäre verjährung eingetreten mit ablauf des 30.07.2009. grundsätzlich wäre die klageerhebung zum 23. dezember 2011 daher verfristet und der anspruch verjährt. 72die durchführung des beweissicherungsverfahrens durch die a-verwaltung hat die verjährung jedoch gem. § 204 abs. 1 nr. 7 bgb gehemmt. 73nach auffassung der kammer ist das selbständige beweisverfahren, das in gewillkürter prozesstandschaft vor dem landgericht düsseldorf geführt wurde, geeignet die hemmung der verjährung herbeizuführen. 74dies gilt auch hinsichtlich der tatsache, dass das für eine gewillkürte prozesstandschaft erforderliche schutzwürdige eigeninteresse des verwalters sich seit der anerkennung der rechtsfähigkeit der a nicht mehr aus der rechts- und pflichtenstellung der a ergeben kann, sondern nur noch aus anderen gründen (vgl. bgh njw 2011, 1361). welche interessen die verwaltung der klägerin nach der rechtsfähigkeit der a noch hatte, das verfahren in ihrem namen weiter zu führen, ist vorliegend nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. hierauf kommt es aber im ergebnis nach ansicht der kammer nicht an: 75in seinem grundlegenden urteil vom 03.07.1980 hat der bundesgerichtshof zu iv a zr 38/80 folgendes ausgeführt: 76„ermächtigt der rechtsinhaber einen dritten, den anspruch einzuziehen und einzuklagen, fehlt aber dem ermächtigten, dass für die gewillkürte prozessstandschaft erforderliche eigene rechtsschutzinteresse, so kann seine infolgedessen unzulässige klage dennoch die verjährung unterbrechen.“ 77hiernach kommt es nicht darauf an, ob der bevollmächtigte prozessual zur geltendmachung des anspruchs berechtigt ist. es kommt lediglich auf dessen materielle berechtigung an. dem bgh lag dort ebenfalls ein fall zugrunde, in dem die prozessrechtliche zulässigkeit wegen fehlendem eigeninteresse nicht gegeben war. so liegt der fall auch hier: die einzelnen eigentümer haben die a-verwaltung mit beschluss vom 02.03.2006 bevollmächtigt und beauftragt, „in gewillkürter prozessstandschaft ein selbständiges beweisverfahren zu den mängeln am gemeinschaftseigentum“ einzuleiten. damit ist die materiell-rechtliche berechtigung nachgewiesen. 78weiterhin hat der bgh in seinem urteil vom 28.05.2009 zu vii 206/07 diesbezüglich folgendes ausgeführt: 79„insbesondere kommt den umständen, aus denen die rechtsprechung die fehlende tauglichkeit der gbr als verwalterin einer wohnungseigentümergemeinschaft ableitet, im rahmen der prozessstandschaft der gbr für die wohnungseigentümergemeinschaft keine bedeutung zu“. 80weiter führt der bgh in seinem urteil vom 09.10.2010 zu iii zr 56/10 folgendes aus: 81„berechtigter kann auch der materiell-rechtlich wirksam zur durchsetzung einer forderung ermächtigte sein, selbst wenn das für die klageerhebung in gewillkürter prozessstandschaft als zulässigkeitsvoraussetzung notwendige schutzwürdige rechtliche interesse des klägers fehlt […]. jedoch hemmt nach der ständigen rechtsprechung des bgh auch die unzulässige klage eines berechtigten die verjährung.“ 82damit bestätigte der bgh auch nach anerkennung der teilrechtsfähigkeit der a, dass es lediglich auf die materiell-rechtliche berechtigung zur einleitung eines gerichtlichen verfahrens zur hemmung der verjährung ankommt, nicht jedoch auf die frage der zulässigkeit der klageerhebung. 83zuletzt bestätigte der bgh diese rechtsprechung auch mit urteil vom 27.01.2011 zu vii zr 186/09 wie folgt: 84„so reicht eine unzulässige, unschlüssige oder unsubstantiierte klage zur hemmung der verjährung aus, weil mit ihr ausreichend zum ausdruck gebracht wird, dass der kläger den anspruch weiterverfolgen will. damit ist der funktion der hemmungshandlung, den schuldner nachhaltig auf den willen des gläubigers zur durchsetzung seines rechtes hinzuweisen und ihn ausreichend für seine entscheidung zu informieren, ob er sich gegen die anspruchsstellung zur wehr setzen will, genug getan.“ 85im ergebnis kommt es hier hinsichtlich der verjährung nicht darauf an, ob die a-verwaltung prozessführungsbefugt war. auch die unzulässige klage hat vorliegend die verjährungsfrist gehemmt. 86hierbei verkennt die kammer auch keinesfalls, dass die verwaltung die klägerin nicht wirksam in einem solchen beweissicherungsverfahren vertreten durfte und konnte, nachdem der bundesgerichtshof die wohnungseigentümergemeinschaft im jahre 2005 als ein rechtsfähiges rechtsobjekt anerkannt hat (bgh njw 2005, 2061) und nur die klage eines berechtigen die verjährung wirksam hemmen kann (bgh njw 2010, 2270, 2271), denn die kammer sieht die verwaltung der klägerin im sinne dieser rechtsprechung als berechtigte an. materiell-rechtlich war die verwaltung der klägerin berechtigt, dass beweissicherungsverfahren zu führen. lediglich prozessrechtlich fehlte ihr das insoweit notwendige eigene schutzwürdige interesse an der prozessführung. dies hat zwar einfluss darauf, dass das beweissicherungsverfahren der verwaltung der klägerin unzulässig war, bedeutet aber nicht, dass dieses verfahren nicht die verjährung hemmen kann. 87insoweit kann sich die kammer nicht der kürzlich ergangenen entscheidung des landgerichts duisburg vom 22.08.2013 – 8 o 22/13 anschließen. aus sicht der kammer unterscheidet dieses urteil nicht zwischen der materiell-rechtlichen und prozessualen berechtigung der prozessstandschaft. 88wenn das landgericht duisburg ausführt, dass für 89„eine gewillkürte prozessstandschaft [...] neben der ermächtigung des forderungsinhabers ein schutzwürdiges eigeninteresse des prozessstandschafters an der geltendmachung des fremden anspruchs im eigenen namen“ 90erforderlich ist, stimmt die kammer dem zu. nichtdestotrotz ist hiermit noch nicht die aus sicht der kammer entscheidende frage beantwortet, ob bei fehlen eines solchen eigeninteresses auch eine verjährungshemmung nicht eintritt. 91sinn und zweck der verjährung ist es rechtssicherheit herzustellen und nach ablauf einer bestimmten zeit die wahrung des rechtsfriedens. wenn der gläubiger über einen längeren zeitpunkt nicht zum ausdruck gebracht hat, dass er dem ihm zustehenden anspruch weiter verfolgen will, soll sich der schuldner nach ablauf einer bestimmten frist hierauf verlassen können. dieser zweck wird nach ansicht der kammer nicht dadurch vereitelt, dass das unzulässige beweissicherungsverfahren vorliegend zur hemmung der verjährungsfrist führt. denn die verwaltung der klägerin hat im beweissicherungsverfahren ausdrücklich in prozessstandschaft für die wohnungseigentümer gehandelt und damit zum ausdruck gebracht, dass die wohnungseigentümer den anspruch gegenüber der beklagten weiterverfolgen möchten. dass der verwaltung das notwendige interesse an der durchsetzung der ansprüche fehlt, hat auf die kenntnis der beklagten, dass mängelgewährleistungsansprüche gegen sie geltend gemacht werden, keinen einfluss. 92die ansicht der kammer steht auch nicht im widerspruch zu dem urteil des bundesgerichtshofes vom 20.06.2013 – vii zr 71/11. in dieser entscheidung kommt der senat zu dem ergebnis, dass nur der antrag eines materiell berechtigten auf durchführung eines selbstständigen beweisverfahrens den eintritt der verjährung nach § 204 nr. 7 bgb hemmt. dem schließt sich die kammer an, hält aber gleichwohl die verwaltung der klägerin als materiell berechtigte, da diese zum damaligen zeitpunkt wirksam zur geltendmachung der streitgegenständlichen ansprüche gegenüber der beklagten ermächtigt wurde. dies ist ausreichend, damit die verwaltung der klägerin materiell berechtigt ist. 93a) 94in bezug auf die streitgegenständlichen mängel 83 und 86 wurde von dem verwalter am 09. oktober 2008 - und damit vor ablauf der verjährungsfrist am 30.07.2009 - die begutachtung der mängel im rahmen des beweissicherungsverfahrens beantragt. die verjährung konnte jedoch nicht ab diesem zeitpunkt gehemmt werden, weil der beklagten dieser antrag erst unter dem 31. oktober 2008 zugestellt wurde. dies war nicht mehr „demnächst“ im sinne des § 167 zpo. gem. § 167 zpo tritt die wirkung der hemmung der verjährung bereits mit einreichen des antrages ein, wenn die zustellung demnächst erfolgt, d.h. in nicht allzu erheblichen zeitlichen abstand vom fristablauf, erfolgt. maßgeblich ist, ob der zustellungsbetreiber alles ihm zumutbare für eine alsbaldige zustellung getan hat und der rückwirkung keine schutzwürdigen belange des gegners entgegenstehen (bgh njw 1999, 3125), denn die gerechte abwägung der beteiligten interessen ist auch davon abhängig, wer für die dauer des zustellungsverfahrens verantwortlich ist. 95vorliegend ist mit fax vom 09. oktober 2008 seitens der a-verwaltung der antrag auf durchführung des beweissicherungsverfahrens hinsichtlich der mängel 83 bis 86 gestellt worden. eine zustellung erfolgte nicht sofort, weil die a-verwaltung noch nicht das original des antrags mit den beglaubigten abschriften vorgelegt hat. diese trafen erst am 28. oktober 2008 bei dem landgericht düsseldorf ein. 96bei alleine vom zustellungsbetreiber verursachten zustellungsverzögerungen von mehr als 14 tagen schließt der bgh eine rückwirkung aus (vgl. bgh njw 2004, 3775). demzufolge konnte die verjährungsfrist erst ab zustellung bei der beklagten am 31. oktober 2008 gehemmt werden. 97das ergänzungsgutachten in dem beweissicherungsverfahren ist dem prozessbevollmächtigten des verwalters der klägerin dann am 06.08.2010 mit der möglichkeit zur stellungnahme innerhalb von vier wochen ab zugang zugestellt worden. damit endete die stellungnahmefrist am 03.09.2010. am 01.09.2010 erfolgte jedoch noch eine stellungnahme der beklagten zu dem ergänzungsgutachten, die der a-verwaltung am 13. oktober 2010 zugestellt wurde. damit kommt es auf diesen zeitpunkt zur beendigung des selbständigen beweisverfahrens an. 98haben die parteien rechtzeitig einwendungen gegen das im selbständigen beweisverfahren erstattete gutachten erhoben, ist – sofern nicht eine weitere beweisaufnahme stattfindet – das selbständige beweisverfahren jedenfalls dann beendet, wenn der mit der beweisaufnahme befasste richter zum ausdruck bringt, dass eine weitere beweisaufnahme nicht stattfindet und dagegen innerhalb einer angemessenen frist keine einwendungen erhoben werden (vgl. bgh, urteil vom 28.10.2010 – vii zr 172/09). 99vorliegend hat der zuständige richter am 18. november 2010 als letzte entscheidung in dem beweissicherungsverfahren, einen streitwertbeschluss erlassen. damit hat er unmissverständlich zum ausdruck gebracht, dass das verfahren aus seiner sicht beendet ist. 100gem. §§ 204 abs. 2, 188 abs. 2 bgb endete die hemmungswirkung mit ablauf des 18. mai 2011. 101im hinblick auf die hemmung der verjährung zwischen dem 31.oktober 2008 und dem 18. mai 2011 wäre die fünfjährige verjährung der gewährleistungsansprüche der zeugin g frühestens mit ablauf des 18. februar 2012 eingetreten. 102vorliegend wurde die klage mit fax vom 20.12.2011 dem gericht übersandt und die zustellung erfolgte demnächst im sinne des § 167 bgb, und zwar am 02.02.2012. nicht mehr nachvollziehbar ist, warum das amtsgericht die klage erst so spät zustellte. das original der klageschrift samt der beglaubigten abschriften erreichte das amtsgericht bereits am 23.12.2011. 103bei nicht vom zustellungsbetreiber verursachten verzögerungen im geschäftsbetrieb tendiert die rechtsprechung bei der anwendung von § 167 zpo zu einer sehr weiten auslegung des tatbestandsmerkmals „demnächst“, so dass es keine starre zeitgrenze gibt (vgl. bghz 168, 306; für mehr als zwei monate bgh njw 2000, 2282, 2011, 1227). hiernach ist die zustellung noch als demnächst erfolgt anzusehen, wenn die klägerin alles ihr für eine fristgerechte zustellung zumutbare getan und die verzögerung nicht schuldhaft herbei geführt hat. dies ist vorliegend der fall. durch die übersendung der klage samt beglaubigter abschriften hat die klägerin alles ihr zumutbare getan. 104b) 105in bezug auf die mängel 1-76 des sachverständigengutachtens gilt folgendes: 106wie bereits festgestellt, kann die verjährungsfrist erst frühestens mit abschluss des kaufvertrages durch die zeugin g am 31. juli 2004 begonnen haben. 107die mängel 1-76 wurden dem landgericht düsseldorf im beweissicherungsverfahren mit der antragsschrift vom 13. märz 2006 (bei dem landgericht eingegangen am 15. märz 2006) – und damit innerhalb der laufenden verjährungsfrist bis zum 31. juli 2009 - zugeleitet. unter dem 23. märz 2006 und damit demnächst im sinne des § 167 zpo wurde die antragsschrift der beklagten zugestellt, so dass der zeitpunkt der hemmung der verjährung auf den 15. märz 2005 mit der stellung des antrages zurückwirkt. 108wie oben erörtert, endete das beweissicherungsverfahren am 18. november 2011 und die hemmungswirkung daher gem. §§ 204 abs. 2, 193 bgb am 18. mai 2011. damit war die verjährung zwischen dem 15. märz 2006 bis 18. mai 2011 gem. § 204 nr. 7 bgb gehemmt. hinsichtlich der beweisfragen 1 bis 76 ergibt sich damit ein eintritt der fünfjährigen verjährung der gewährleistungsanspruches der zeugin g frühestens zum 03. september 2014 (nach der hemmung verblieben noch 3 jahre, 3 monate und 16 tage). mit schriftsatz vom 31.07.2013, der der beklagten spätestens am 09.05.2013 zugegangen sein muss, wurde die verjährung abermals gem. § 204 abs. 1 nr. 1 bgb und zwar vor ablauf der verjährungsfrist gehemmt. 109c) 110hinsichtlich der mängelpositionen 77 bis 81 gilt folgendes: 111auch hier begann die verjährungsfrist frühestens – und unter zugrundelegung des vortrags der beklagten - mit abschluss des kaufvertrages mit der zeugin g, am 30. juli 2004. damit wäre verjährung eingetreten am 30. juli 2009. 112der antrag im selbständigen beweisverfahren wurde mit schriftsatz vom 12. märz 2007 auf die oben genannten mängelpositionen erweitert. dieser ist am 23. märz 2007 und damit vor ende der verjährungsfrist bei dem landgericht düsseldorf eingegangen. am 05. april 2007 ließ der zuständige richter die anträge der beklagten übersenden. eine zustellung erfolgte nicht, so dass nicht mehr nachvollzogen werden kann, wann der ergänzende antrag rechtshängig wurde. auf den ergänzungsantrag hat die beklagte aber zumindest mit schriftsatz vom 17. april 2007 erwidert. auch hier ist daher – mangels verschulden an der verspäteten zustellung - davon auszugehen, dass der antrag „demnächst“ im sinne des § 167 zpo zugestellt wurde, so dass die hemmung der verjährung auf den 23. märz 2007 zurückwirkt. 113damit ist die verjährung im zeitraum vom 23. märz 2006 bis zum 18. november 2010 gem. § 204 nr. 7 bgb gehemmt. die hemmung der verjährung endete daher gem. § 204 abs. 2 bgb mit ablauf des 18. mai 2011. 114damit endete die fünfjährige verjährungsfrist am 26. juli 2014 (nach der hemmung noch 3 jahre, 2 monate und 8 tage). mit schriftsatz vom 18.07.2013 wurde die klageerweiterung hinsichtlich der positionen 77 bis 81 anhängig gemacht und damit vor ablauf der verjährungsfrist. 115die klage ist jedoch nicht bereits am 18.07.2013 in die zustellung gegangen. erst unter dem 04.09.2013 erfolgte ein beschluss zur streitwertfestsetzung und die zustellung der klageerweiterung. da dies jedoch nicht von der klägerin verschuldet wurde, ist auch hier § 167 bgb anwendbar, wonach die hemmung der verjährung auf den erhalt der klageerweiterung bei dem gericht zurückwirkt. 116ii. 117der zinsanspruch ergibt sich aus § 291 abs. 1 zpo 118hiernach hat der schuldner eine geldschuld von dem eintritt der rechtshängigkeit an zu verzinsen. 119auf einen teilbetrag in höhe von 2.418,10 eur hat die beklagte in entsprechender anwendung des § 187 abs. 1 zpo ab dem 03. februar 2012, aus 2.693,60 eur seit dem 09. mai 2013 und aus 78.624,00 eur seit dem 26.märz 2014. 120nicht mehr feststellbar ist, wann der beklagten die zweite und dritte klageerweiterung zugestellt wurde. mit schriftsatz vom 25. märz 2014 hat die beklagte jedoch in der sache auf die klageerweiterungen reagiert, so dass zu unterstellen ist, dass ihr die klageerweiterungen spätestens zu diesem zeitpunkt zugestellt waren. 121iii. 122der klägerin hat jedoch keinen (materiellen) anspruch auf ersatz der kosten des selbständigen beweisverfahrens vor dem landgericht düsseldorf zu 14 d oh 2/06 aus verzugsgesichtspunkten gem. §§ 437 nr. 3, 280 abs. 1, abs. 2, 286 bgb in höhe von 27.701,53 eur. der klägerin fehlt diesbezüglich das notwendige rechtsschutzbedürfnis. 123nach oben dargelegter ansicht ist das sachverständigengutachten vorliegend verwertbar, auch wenn es unzulässigerweise von der verwaltung der klägerin betrieben wurde. kommt es jedoch im nachgang zu einem selbstständigen beweisverfahren zum klageverfahren, so werden die vorab aufgewandten kosten des beweisverfahrens zu bestandteilen der kosten insgesamt, so dass derjenige die kosten trägt, der verliert (sog. prozessrechtlicher kostenerstattungsanspruch). bei einem teilobsiegen werden die kosten nach quote verteilt. 124iv. 125die kostenentscheidung richtet sich nach § 92 abs. 1 zpo. 126die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 709 zpo. 127der streitwert wie folgt festgesetzt: 128bis zum 02.02.2012 auf 2.418,10 eur 129ab dem 03.02.2012 bis zum 08.05.2013 auf 5.111,70 eur 130ab dem 09.05.2013 bis zum 25.03.2014 auf 21.647,70 eur 131ab dem 26.04.2014 bis zum 21.09.2014 auf 83.736,35 eur 132und ab dem 22.09.2014 auf 111.437,88. 133rechtsbehelfsbelehrung: 134gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 1351. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 1362. wenn die berufung in dem urteil durch das landgericht zugelassen worden ist. 137die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem oberlandesgericht düsseldorf, cecilienallee 3, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils (datum des urteils, geschäftsnummer und parteien) gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 138die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem oberlandesgericht düsseldorf zu begründen. 139die parteien müssen sich vor dem oberlandesgericht düsseldorf durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 140mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden.
Klaeger*in
1
164,236
562 C 166/14
2015-07-09T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 67,97 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 06.06.2014 zu zahlen. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von weiteren außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 201,71 EUR gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten freizustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 67,97 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 06.06.2014 zu zahlen. 2Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von weiteren außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 201,71 EUR gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten freizustellen. 3Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 4Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. 5Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 6Tatbestand: 7Die Parteien sind verbunden durch einen Verkehrsunfall, der sich am 08.11.2013 auf der X Straße in Moers zwischen dem klägerischen Pkw und dem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Citroen der Beklagten zu 1) ereignet hat. Im Unfallbereich sind 2 Geradeausspuren vorhanden, die auf eine Lichtzeichenanlage zuführen. 8Der Kläger behauptet, dass er wegen der Rot anzeigenden Lichtzeichenanlage auf der rechten Geradeausfahrspur angehalten habe. Er habe sodann bemerkt, dass sein Kofferraum nicht vollständig geschlossen gewesen sei. Wegen der Rot zeigenden Ampel habe er die Warnblinkleuchte angeschaltet und sei ausgestiegen und habe den Kofferraum richtig verschlossen. 9Er sei bereits wieder in sein Fahrzeug eingestiegen, nur der linke Fuß habe sich noch draußen befunden. Die Fahrertür sei weitestgehend wieder geschlossen gewesen. In diesem Moment habe die Beklagte in Vorbeifahrt auf der linken Geradeausfahrspur die wieder fast geschlossene Tür touchiert. 10Hierdurch sei sein Toyota beschädigt worden. Sein Schaden sei gemäß Gutachten der Y GmbH (Bl. 5 ff.GA.) auf insgesamt 3.876,93 EUR, zusammengesetzt aus den folgenden Positionen 11Reparaturkosten netto 3.050,49 EUR 12Kosten Sachverständigengutachten 685,44 EUR 13Nutzungsausfall 4 x 29,00 EUR 116,00 EUR 14Auslagenpauschale 25,00 EUR 15zu beziffern. Da die Beklagte zu 2) vorprozessual – unstreitig – nur einen Betrag in Höhe von 1.086,41 EUR geleistet habe, stünden noch weitere 2.790,52 EUR zum Ausgleich offen. Die Beklagten seien in vollem Umfang ausgleichspflichtig. 16Der Kläger beantragt, 171. 18die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 2.790,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen. 192. 20die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihn von weiteren außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 334,75 EUR gegenüber den Prozessbevollmächtigten freizustellen. 21Die Beklagten beantragen, 22die Klage abzuweisen. 23Die Beklagten behaupten, dass der Kläger seinen Toyota halb auf den neben den beiden Geradeausfahrspuren der X Straße befindlichen Radweg abgestellt habe. Nur die linken Räder hätten sich auf der rechten Fahrspur befunden. Die Beklagte zu 1) dagegen habe die rechte Fahrspur benutzt und habe sich in einem Rückstau zur Rot zeigenden Ampel befunden. 24Als die Ampel auf Grün umgeschaltet habe, habe sich die Beklagte mit ihrem Citroen zusammen mit der Fahrzeugschlange in Bewegung gesetzt. Dabei habe sie einen ausreichenden Seitenabstand eingehalten. Der Beklagte habe in sein Fahrzeug einsteigen wollen. Er habe die Türe leicht geöffnet und zu ihr Sichtkontakt aufgenommen. Als sie sich neben dem Toyota befunden habe, habe der Kläger plötzlich unvermittelt die Tür weit geöffnet, so dass sie eine Kollision nicht mehr habe vermeiden können. 25Die Beklagten bestreiten im Weitern, dass die Reparatur des klägerischen Toyota 4 Tage in Anspruch nimmt und behaupten, die Reparatur sei auch innerhalb von 3 Tagen durchzuführen. 26Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 11.08.2014 durch Parteianhörung und Vernehmung von Zeugen. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsprotokolle vom 25.09.2014 (Bl. 66 ff.GA.) und 04.12.2014 (Bl. 88 ff.GA.) Bezug genommen. 27Ferner hat das Gericht Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Diesbezüglich wird auf das Gutachten vom 30.03.2015, Bl. 103 ff.GA. Bezug genommen. 28Entscheidungsgründe: 29Die Klage hat nur im geringen Umfang Erfolg. 30Dem Kläger steht gegen die Beklagten aus §§ 7, 18 StVG, 115 VVG ein weiterer Schadensersatzanspruch in Höhe von 67,97 EUR zu. 31Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, § 17 Abs. 1 StVG. 32Bei der danach durchzuführenden Abwägung der Verursachungsbeiträge dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die unstreitig oder erwiesen sind. Bei der Abwägung hat insbesondere Berücksichtigung das Maß der Verursachung zu finden, d.h. insbesondere die Frage, inwieweit seitens einer der Unfallverursacher gegen Vorschriften der StVO verstoßen hat (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrechtskommentar, 42. Auflage, § 17 Rdnr. 4 ff.). 33Die Beweisaufnahme hat vorliegend ergeben, dass der Kläger gegen § 14 Abs. 1 StVO verstoßen hat. 34Nach dieser Vorschrift muss derjenige, der in einen Pkw ein- oder aussteigt, sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer am Verkehr Teilnehmender ausgeschlossen ist. 35Der Kläger hat zwar behauptet, dass er die Rot zeigende Ampel genutzt habe, um den nicht richtig verschlossenen Kofferraum zu verschließen. Zu diesem Zwecke sei er unter Einschalten der Warnlichtanlage ausgestiegen, habe den Kofferraum richtig verschlossen und sei sodann auch wieder in sein Fahrzeug eingestiegen, nur der linke Fuß habe sich noch draußen befunden, als die Beklagte zu 1) unter Nutzung der linken Geradeausfahrspur gegen seine fast verschlossene Fahrertür gefahren sei. Dies hat der Kläger auch im Rahmen seiner Parteianhörung im Termin vom 25.09.2014 nochmals bekräftigt. 36Die Beklagte zu 1) ist dem aber im Rahmen ihrer Anhörung entgegengetreten. Sie hat ausgeführt, dass sie sich auf der rechten Fahrspur befunden habe, während der Kläger sein Fahrzeug halb auf dem Radweg neben der rechten Fahrspur abgestellt habe. Sie hat erläutert, dass sie bei Umspringen der Rot zeigenden Ampel auf Grün sich zusammen mit den übrigen an der Ampel wartenden Fahrzeugen in Bewegung gesetzt habe. Sie habe sodann auch wahrgenommen, dass der Kläger die Tür zu seinem Toyota öffnete. Sie hat die geöffnete Türbreite auf etwa 50 cm eingeschätzt. Sie hat erläutert, dass der Kläger sodann den Blick in Richtung Verkehr wandte und sie deshalb meinte, dass er sie als herannahendes Fahrzeug sehe. Als sie sich unmittelbar neben dem klägerischen Fahrzeug befunden habe, habe er die geöffnete Tür aber noch weiter aufgemacht, so dass sie eine Kollision nicht habe verhindern können. 37Der Zeuge W. hat zu der Frage, wie weit der Kläger seine Tür geöffnet hatte, als es zum Unfall kam, keine Auskunft erteilen können. 38Das eingeholte Gutachten der D. hat den Vortrag der Beklagtenseite bestätigt. 39Der begutachtende Sachverständige A. hat den klägerischen Toyota besichtigt. Er hat vermessen, dass die erste Rastposition der Tür bei etwa 48 cm, die zweite Rastposition bei einer Türöffnungsweite von etwa 65 cm liegt. Bei vollständig geöffneter Fahrertür beträgt die Türöffnungsweite 108 cm (Seite 9 d. Gutachtens, Bl. 114 GA.). 40Desweiteren hat der Sachverständige das Lichtbildmaterial des beschädigten Citroen der Beklagten zu 1) ausgewertet. Dies hat ergeben, dass bei dem Unfallgeschehen die Frontstoßfängerverkleidung im vorderen rechten Bereich, der rechte Hauptscheinwerfer und der vordere rechte Kotflügel beschädigt wurden. Die Beschädigungen sind auf den Lichtbildern 11 bis 13 der Fotoanlage abgebildet. Aus diesen Beschädigungen lässt sich ableiten, dass sich die Kollision der beiden Fahrzeuge bei nahezu vollständig geöffneter Tür des klägerischen Citroen ereignete. Der Sachverständige A. hat den Türöffnungswinkel in der Anlage 1 (Bl. 127 GA.) rekonstruiert. Das Gericht nimmt auf diese Anlage 1 Bezug. 41Aus dem Gutachten folgt daher, dass entgegen der Darstellung der Klägerseite sich die Kollision nicht bei wieder fast geschlossener Tür ereignete, sondern entsprechend der Behauptung der Beklagtenseite die Tür nahezu vollständig geöffnet war. 42Dies ist in Übereinstimmung zu bringen mit der Darstellung der Beklagten zu 1) im Termin vom 25.09.2014, wonach der Kläger in seiner Absicht, in sein Fahrzeug wieder einzusteigen, die Tür zunächst ein wenig öffnete und sodann, als sie sich unmittelbar neben dem klägerischen Toyota befand, die Tür weit öffnete. Nicht dagegen ist dieses Beweisergebnis mit der klägerischen Darstellung in Übereinstimmung zu bringen, wonach der Kläger bereits wieder im Auto saß und die Türe schon fast wieder geschlossen hatte, weil nur noch der linke Fuß außerhalb des Fahrzeuges war. 43Daraus folgt ein Verstoß des Klägers gegen § 14 Abs. 1 StVO. Dabei spielt für den Verstoß gegen § 14 Abs. 1 StVO entgegen der Rechtsmeinung des Klägers keine Rolle, dass dieser nicht aus seinem Fahrzeug ausstieg, sondern beabsichtigte, in sein Fahrzeug wieder einzusteigen. Die Sorgfaltspflicht des § 14 StVO hat in gleicher Weise Geltung sowohl für den Ein- als auch für den Aussteigenden. Dabei spricht ein Beweis des ersten Anscheins für eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung des Einsteigenden, wenn beim Einsteigen ein anderer Verkehrsteilnehmer geschädigt wird (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrechtskommentar, 42. Auflage, § 14 Rdnr. 9). 44Diesen Anscheinsbeweis hat der Kläger nicht dadurch erschüttern können, indem er behauptet hat, die Beklagte zu 1) sei mit zu geringem Seitenabstand die linke der beiden Geradeausspuren nutzend an seinem auf der rechten Fahrspur befindlichen Pkw vorbeigefahren. 45Zwar hat das eingeholte Gutachten letztlich keinen Aufschluss darüber geben können, wo genau sich der Verkehrsunfall ereignete, d.h. ob sich der klägerische Toyota auf der rechten Fahrspur oder halb auf dem Radweg befand. 46Letztlich ist dies aber für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich. Jedenfalls hat das Gutachten nämlich ergeben, dass die Beklagte einen Seitenabstand von etwa 1 Meter eingehalten hat. Der Sachverständige A. hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass sich aus der Vermessung eines Vergleichsfahrzeugs konstruieren lässt, dass bei Übertragung der Beschädigungen eine Überdeckung von etwa 10 cm vorlag. Hieraus ableitend hat der Sachverständige ermittelt, dass der Pkw der Beklagten zu 1) mit einem seitlichen Abstand von etwa 1 Meter gegen die hintere Türkante der Fahrertür des klägerischen Toyota traf (Seite 15 oben d. Gutachtens, Bl. 120 GA.). 47Ein Verstoß der Beklagten zu 1) gegen die Vorschriften des § 2 Abs. 2 in Verbindung mit § 6 StVO (wonach grundsätzlich ein Seitenabstand zwischen 0,5 bis 1,0 Meter je nach Verkehrssituation einzuhalten ist, vgl. Hentschel/König/Dauer, § 2 Rdnr. 41 und § 6 Rdnr. 7) liegt daher nicht vor. 48Hat der Kläger daher gegen § 14 Abs. 1 StVG verstoßen, während der Beklagten zu 1) ein Verstoß gegen § 2 Abs. 2 in Verbindung mit § 6 StVO nicht zur Last zu legen ist, so führt dies dennoch nicht dazu, dass die Betriebsgefahr des Fahrzeugs der Beklagten zu 1) hinter dem klägerischen Verschulden zurückzutreten hat. 49Zu beachten ist nämlich, dass die Beklagte zu 1) den geplanten Einsteigvorgang des Klägers nach eigenen Darstellungen im Termin vom 25.09.2014 wahrnahm. 50Vor diesem Hintergrund ist der Beklagten zu 1) als Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot (§ 1 StVO) vorzuwerfen, dass sie den Seitenabstand von etwa 1 Meter nicht vergrößerte bzw. zunächst unter Zurückstellung der Weiterfahrt dem Kläger das Einsteigen in seinen Pkw ermöglichte. 51Allerdings ist das Verschulden des Klägers als weit überwiegend einzuschätzen, so dass die Abwägung der Verursachungsbeiträge eine Haftungsquote von 70 % zu 30 % zu Lasten der Klägerseite ergibt. 52Da die Reparatur entsprechend den Ausführungen des Gutachtens A. in seinem Gutachten auch in 3 Tagen durchführbar ist und der Kläger eine Reparaturdauer von 4 Tagen nicht nachgewiesen hat, ist der klägerische Schaden zu beziffern auf: 53Reparaturkosten netto 3.050,49 EUR 54Kosten Sachverständigengutachten 685,44 EUR 55Nutzungsausfall 3 x 29,00 EUR 87,00 EUR 56Auslagenpauschale 25,00 EUR 57Gesamtbetrag: 3.847,93 EUR. 58Ausgleichsfähig sind hiervon 30 %, mithin 1.154,38 EUR. Vorprozessual gezahlt hat die Beklagte zu 2) bereits 1.086,41 EUR, so dass weitere 67,97 EUR zur Zahlung offenstehen. 59Der Zinsausspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB. 60Der Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten folgt aus § 286 BGB in Verbindung mit den Vorschriften des RVG. Allerdings sind die Rechtsanwaltskosten der Höhe nach zu begrenzen aufgrund eines nur erstattungsfähigen Gesamtschadens von 1.154,38 EUR. Deswegen ist der Gegenstandswert auf bis 1.500,00 EUR zu begrenzen. 61Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 62Der Streitwert wird auf 2.790,52 EUR festgesetzt. 63Rechtsbehelfsbelehrung: 64Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 651. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 662. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 67Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Kleve, Schloßberg 1 (Schwanenburg), 47533 Kleve, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 68Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Kleve zu begründen. 69Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Kleve durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 70Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
die beklagten werden als gesamtschuldner verurteilt, an den kläger 67,97 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweils geltenden basiszinssatz seit dem 06.06.2014 zu zahlen. die beklagten werden als gesamtschuldner verurteilt, den kläger von weiteren außergerichtlich entstandenen rechtsanwaltsgebühren in höhe von 201,71 eur gegenüber ihrem prozessbevollmächtigten freizustellen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagten vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leisten. die beklagten können die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1die beklagten werden als gesamtschuldner verurteilt, an den kläger 67,97 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweils geltenden basiszinssatz seit dem 06.06.2014 zu zahlen. 2die beklagten werden als gesamtschuldner verurteilt, den kläger von weiteren außergerichtlich entstandenen rechtsanwaltsgebühren in höhe von 201,71 eur gegenüber ihrem prozessbevollmächtigten freizustellen. 3im übrigen wird die klage abgewiesen. 4die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. 5das urteil ist vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagten vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leisten. die beklagten können die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 6
7die parteien sind verbunden durch einen verkehrsunfall, der sich am 08.11.2013 auf der x straße in moers zwischen dem klägerischen pkw und dem bei der beklagten zu 2) haftpflichtversicherten citroen der beklagten zu 1) ereignet hat. im unfallbereich sind 2 geradeausspuren vorhanden, die auf eine lichtzeichenanlage zuführen. 8der kläger behauptet, dass er wegen der rot anzeigenden lichtzeichenanlage auf der rechten geradeausfahrspur angehalten habe. er habe sodann bemerkt, dass sein kofferraum nicht vollständig geschlossen gewesen sei. wegen der rot zeigenden ampel habe er die warnblinkleuchte angeschaltet und sei ausgestiegen und habe den kofferraum richtig verschlossen. 9er sei bereits wieder in sein fahrzeug eingestiegen, nur der linke fuß habe sich noch draußen befunden. die fahrertür sei weitestgehend wieder geschlossen gewesen. in diesem moment habe die beklagte in vorbeifahrt auf der linken geradeausfahrspur die wieder fast geschlossene tür touchiert. 10hierdurch sei sein toyota beschädigt worden. sein schaden sei gemäß gutachten der y gmbh (bl. 5 ff.ga.) auf insgesamt 3.876,93 eur, zusammengesetzt aus den folgenden positionen 11reparaturkosten netto 3.050,49 eur 12kosten sachverständigengutachten 685,44 eur 13nutzungsausfall 4 x 29,00 eur 116,00 eur 14auslagenpauschale 25,00 eur 15zu beziffern. da die beklagte zu 2) vorprozessual – unstreitig – nur einen betrag in höhe von 1.086,41 eur geleistet habe, stünden noch weitere 2.790,52 eur zum ausgleich offen. die beklagten seien in vollem umfang ausgleichspflichtig. 16der kläger beantragt, 171. 18die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn einen betrag in höhe von 2.790,52 eur nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweils geltenden basiszinssatz ab rechtshängigkeit zu zahlen. 192. 20die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, ihn von weiteren außergerichtlich entstandenen rechtsanwaltsgebühren in höhe von 334,75 eur gegenüber den prozessbevollmächtigten freizustellen. 21die beklagten beantragen, 22die klage abzuweisen. 23die beklagten behaupten, dass der kläger seinen toyota halb auf den neben den beiden geradeausfahrspuren der x straße befindlichen radweg abgestellt habe. nur die linken räder hätten sich auf der rechten fahrspur befunden. die beklagte zu 1) dagegen habe die rechte fahrspur benutzt und habe sich in einem rückstau zur rot zeigenden ampel befunden. 24als die ampel auf grün umgeschaltet habe, habe sich die beklagte mit ihrem citroen zusammen mit der fahrzeugschlange in bewegung gesetzt. dabei habe sie einen ausreichenden seitenabstand eingehalten. der beklagte habe in sein fahrzeug einsteigen wollen. er habe die türe leicht geöffnet und zu ihr sichtkontakt aufgenommen. als sie sich neben dem toyota befunden habe, habe der kläger plötzlich unvermittelt die tür weit geöffnet, so dass sie eine kollision nicht mehr habe vermeiden können. 25die beklagten bestreiten im weitern, dass die reparatur des klägerischen toyota 4 tage in anspruch nimmt und behaupten, die reparatur sei auch innerhalb von 3 tagen durchzuführen. 26das gericht hat beweis erhoben gemäß beweisbeschluss vom 11.08.2014 durch parteianhörung und vernehmung von zeugen. diesbezüglich wird auf die sitzungsprotokolle vom 25.09.2014 (bl. 66 ff.ga.) und 04.12.2014 (bl. 88 ff.ga.) bezug genommen. 27ferner hat das gericht beweis erhoben durch einholung eines sachverständigengutachtens. diesbezüglich wird auf das gutachten vom 30.03.2015, bl. 103 ff.ga. bezug genommen. 28
29die klage hat nur im geringen umfang erfolg. 30dem kläger steht gegen die beklagten aus §§ 7, 18 stvg, 115 vvg ein weiterer schadensersatzanspruch in höhe von 67,97 eur zu. 31wird ein schaden durch mehrere kraftfahrzeuge verursacht, so hängt im verhältnis der fahrzeughalter zueinander die verpflichtung zum ersatz sowie der umfang des zu leistenden ersatzes von den umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen teil verursacht worden ist, § 17 abs. 1 stvg. 32bei der danach durchzuführenden abwägung der verursachungsbeiträge dürfen nur solche umstände berücksichtigt werden, die unstreitig oder erwiesen sind. bei der abwägung hat insbesondere berücksichtigung das maß der verursachung zu finden, d.h. insbesondere die frage, inwieweit seitens einer der unfallverursacher gegen vorschriften der stvo verstoßen hat (vgl. hentschel/könig/dauer, straßenverkehrsrechtskommentar, 42. auflage, § 17 rdnr. 4 ff.). 33die beweisaufnahme hat vorliegend ergeben, dass der kläger gegen § 14 abs. 1 stvo verstoßen hat. 34nach dieser vorschrift muss derjenige, der in einen pkw ein- oder aussteigt, sich so verhalten, dass eine gefährdung anderer am verkehr teilnehmender ausgeschlossen ist. 35der kläger hat zwar behauptet, dass er die rot zeigende ampel genutzt habe, um den nicht richtig verschlossenen kofferraum zu verschließen. zu diesem zwecke sei er unter einschalten der warnlichtanlage ausgestiegen, habe den kofferraum richtig verschlossen und sei sodann auch wieder in sein fahrzeug eingestiegen, nur der linke fuß habe sich noch draußen befunden, als die beklagte zu 1) unter nutzung der linken geradeausfahrspur gegen seine fast verschlossene fahrertür gefahren sei. dies hat der kläger auch im rahmen seiner parteianhörung im termin vom 25.09.2014 nochmals bekräftigt. 36die beklagte zu 1) ist dem aber im rahmen ihrer anhörung entgegengetreten. sie hat ausgeführt, dass sie sich auf der rechten fahrspur befunden habe, während der kläger sein fahrzeug halb auf dem radweg neben der rechten fahrspur abgestellt habe. sie hat erläutert, dass sie bei umspringen der rot zeigenden ampel auf grün sich zusammen mit den übrigen an der ampel wartenden fahrzeugen in bewegung gesetzt habe. sie habe sodann auch wahrgenommen, dass der kläger die tür zu seinem toyota öffnete. sie hat die geöffnete türbreite auf etwa 50 cm eingeschätzt. sie hat erläutert, dass der kläger sodann den blick in richtung verkehr wandte und sie deshalb meinte, dass er sie als herannahendes fahrzeug sehe. als sie sich unmittelbar neben dem klägerischen fahrzeug befunden habe, habe er die geöffnete tür aber noch weiter aufgemacht, so dass sie eine kollision nicht habe verhindern können. 37der zeuge w. hat zu der frage, wie weit der kläger seine tür geöffnet hatte, als es zum unfall kam, keine auskunft erteilen können. 38das eingeholte gutachten der d. hat den vortrag der beklagtenseite bestätigt. 39der begutachtende sachverständige a. hat den klägerischen toyota besichtigt. er hat vermessen, dass die erste rastposition der tür bei etwa 48 cm, die zweite rastposition bei einer türöffnungsweite von etwa 65 cm liegt. bei vollständig geöffneter fahrertür beträgt die türöffnungsweite 108 cm (seite 9 d. gutachtens, bl. 114 ga.). 40desweiteren hat der sachverständige das lichtbildmaterial des beschädigten citroen der beklagten zu 1) ausgewertet. dies hat ergeben, dass bei dem unfallgeschehen die frontstoßfängerverkleidung im vorderen rechten bereich, der rechte hauptscheinwerfer und der vordere rechte kotflügel beschädigt wurden. die beschädigungen sind auf den lichtbildern 11 bis 13 der fotoanlage abgebildet. aus diesen beschädigungen lässt sich ableiten, dass sich die kollision der beiden fahrzeuge bei nahezu vollständig geöffneter tür des klägerischen citroen ereignete. der sachverständige a. hat den türöffnungswinkel in der anlage 1 (bl. 127 ga.) rekonstruiert. das gericht nimmt auf diese anlage 1 bezug. 41aus dem gutachten folgt daher, dass entgegen der darstellung der klägerseite sich die kollision nicht bei wieder fast geschlossener tür ereignete, sondern entsprechend der behauptung der beklagtenseite die tür nahezu vollständig geöffnet war. 42dies ist in übereinstimmung zu bringen mit der darstellung der beklagten zu 1) im termin vom 25.09.2014, wonach der kläger in seiner absicht, in sein fahrzeug wieder einzusteigen, die tür zunächst ein wenig öffnete und sodann, als sie sich unmittelbar neben dem klägerischen toyota befand, die tür weit öffnete. nicht dagegen ist dieses beweisergebnis mit der klägerischen darstellung in übereinstimmung zu bringen, wonach der kläger bereits wieder im auto saß und die türe schon fast wieder geschlossen hatte, weil nur noch der linke fuß außerhalb des fahrzeuges war. 43daraus folgt ein verstoß des klägers gegen § 14 abs. 1 stvo. dabei spielt für den verstoß gegen § 14 abs. 1 stvo entgegen der rechtsmeinung des klägers keine rolle, dass dieser nicht aus seinem fahrzeug ausstieg, sondern beabsichtigte, in sein fahrzeug wieder einzusteigen. die sorgfaltspflicht des § 14 stvo hat in gleicher weise geltung sowohl für den ein- als auch für den aussteigenden. dabei spricht ein beweis des ersten anscheins für eine fahrlässige sorgfaltspflichtverletzung des einsteigenden, wenn beim einsteigen ein anderer verkehrsteilnehmer geschädigt wird (vgl. hentschel/könig/dauer, straßenverkehrsrechtskommentar, 42. auflage, § 14 rdnr. 9). 44diesen anscheinsbeweis hat der kläger nicht dadurch erschüttern können, indem er behauptet hat, die beklagte zu 1) sei mit zu geringem seitenabstand die linke der beiden geradeausspuren nutzend an seinem auf der rechten fahrspur befindlichen pkw vorbeigefahren. 45zwar hat das eingeholte gutachten letztlich keinen aufschluss darüber geben können, wo genau sich der verkehrsunfall ereignete, d.h. ob sich der klägerische toyota auf der rechten fahrspur oder halb auf dem radweg befand. 46letztlich ist dies aber für die entscheidung des rechtsstreits unerheblich. jedenfalls hat das gutachten nämlich ergeben, dass die beklagte einen seitenabstand von etwa 1 meter eingehalten hat. der sachverständige a. hat in seinem gutachten ausgeführt, dass sich aus der vermessung eines vergleichsfahrzeugs konstruieren lässt, dass bei übertragung der beschädigungen eine überdeckung von etwa 10 cm vorlag. hieraus ableitend hat der sachverständige ermittelt, dass der pkw der beklagten zu 1) mit einem seitlichen abstand von etwa 1 meter gegen die hintere türkante der fahrertür des klägerischen toyota traf (seite 15 oben d. gutachtens, bl. 120 ga.). 47ein verstoß der beklagten zu 1) gegen die vorschriften des § 2 abs. 2 in verbindung mit § 6 stvo (wonach grundsätzlich ein seitenabstand zwischen 0,5 bis 1,0 meter je nach verkehrssituation einzuhalten ist, vgl. hentschel/könig/dauer, § 2 rdnr. 41 und § 6 rdnr. 7) liegt daher nicht vor. 48hat der kläger daher gegen § 14 abs. 1 stvg verstoßen, während der beklagten zu 1) ein verstoß gegen § 2 abs. 2 in verbindung mit § 6 stvo nicht zur last zu legen ist, so führt dies dennoch nicht dazu, dass die betriebsgefahr des fahrzeugs der beklagten zu 1) hinter dem klägerischen verschulden zurückzutreten hat. 49zu beachten ist nämlich, dass die beklagte zu 1) den geplanten einsteigvorgang des klägers nach eigenen darstellungen im termin vom 25.09.2014 wahrnahm. 50vor diesem hintergrund ist der beklagten zu 1) als verstoß gegen das rücksichtnahmegebot (§ 1 stvo) vorzuwerfen, dass sie den seitenabstand von etwa 1 meter nicht vergrößerte bzw. zunächst unter zurückstellung der weiterfahrt dem kläger das einsteigen in seinen pkw ermöglichte. 51allerdings ist das verschulden des klägers als weit überwiegend einzuschätzen, so dass die abwägung der verursachungsbeiträge eine haftungsquote von 70 % zu 30 % zu lasten der klägerseite ergibt. 52da die reparatur entsprechend den ausführungen des gutachtens a. in seinem gutachten auch in 3 tagen durchführbar ist und der kläger eine reparaturdauer von 4 tagen nicht nachgewiesen hat, ist der klägerische schaden zu beziffern auf: 53reparaturkosten netto 3.050,49 eur 54kosten sachverständigengutachten 685,44 eur 55nutzungsausfall 3 x 29,00 eur 87,00 eur 56auslagenpauschale 25,00 eur 57gesamtbetrag: 3.847,93 eur. 58ausgleichsfähig sind hiervon 30 %, mithin 1.154,38 eur. vorprozessual gezahlt hat die beklagte zu 2) bereits 1.086,41 eur, so dass weitere 67,97 eur zur zahlung offenstehen. 59der zinsausspruch folgt aus §§ 286, 288 bgb. 60der anspruch auf zahlung vorgerichtlicher rechtsanwaltskosten folgt aus § 286 bgb in verbindung mit den vorschriften des rvg. allerdings sind die rechtsanwaltskosten der höhe nach zu begrenzen aufgrund eines nur erstattungsfähigen gesamtschadens von 1.154,38 eur. deswegen ist der gegenstandswert auf bis 1.500,00 eur zu begrenzen. 61die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 abs. 2, 708 nr. 11, 711 zpo. 62der streitwert wird auf 2.790,52 eur festgesetzt. 63rechtsbehelfsbelehrung: 64gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 651. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 662. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 67die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht kleve, schloßberg 1 (schwanenburg), 47533 kleve, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 68die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht kleve zu begründen. 69die parteien müssen sich vor dem landgericht kleve durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 70mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden.
Klaeger*in
1
173,365
5 K 3060/13
2014-07-17T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 31. Mai 2013 verpflichtet, dem Kläger einen Bauvorbescheid für die Errichtung einer Kfz-Ausstellungsfläche auf dem Grundstück T. 170 (Flurstück 110) zu erteilen.Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung seitens des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger, der eine Kfz-Werkstatt in der F.------straße 35 in Essen betreibt, begehrt die Erteilung eines planungsrechtlichen Vorbescheides für eine Nutzungsänderung auf dem Grundstück in der T. in F1. , Gemarkung L. , Flur 1, Flurstück 110, dessen Eigentümer er ist, in eine Ausstellungsfläche für Kraftfahrzeuge. 3Die Straße T. verläuft von südöstlicher in nordwestliche Richtung und bildet mit der von südwestlich in nordöstliche Richtung verlaufenden H. Straße in etwa ein X. Etwa parallel in nordöstlicher Richtung zur Straße T. verläuft die Straße C. . Die von der T. etwas südlicher abzweigende Straße gehört ebenfalls zur Straße C. und stößt auf diese im rechten Winkel. Die Straße T. ist auf Höhe des Vorhabengrundstücks dreispurig, wovon zwei Spuren in nordwestliche Richtung und eine Spur in südöstliche Richtung verlaufen. Durch die T. führt in beide Richtungen eine Buslinie. Es befindet sich auf jeder Straßenseite etwa in Höhe des Grundstücks T. 164 eine Bushaltestelle. Die Fahrgastunterstände sind jeweils mit Werbeanlagen ausgestattet. Die H. Straße ist auf der Höhe, in der sie die Straße T. kreuzt, vierspurig. In der Mitte der H. Straße verlaufen Straßenbahnschienen. 4Die Grundstücke in dem Dreieck T. / C. sind mit Wohnhäusern bebaut. Das Vorhabengrundstück ist derzeit unbebaut. Das Grundstück des Beigeladenen, C. 14, grenzt im rückwärtigen Bereich unmittelbar an das Vorhabengrundstück des Klägers. Der Beigeladene nutzt einen Teil des auf seinem Grundstück errichteten Wohnhauses augenscheinlich als Büro. Baurechtlich genehmigt ist hier eine Arztpraxis. Auf dem Grundstück C. 33 befinden sich eine Grundschule sowie ein Teil einer Förderschule. Ausweislich der Homepage der jeweiligen Schulen lernen an der Grundschule rund 300 Kinder in zwölf Klassen und an der Förderschule rund 110 Schüler in sieben Klassen. Die Zufahrt zu den Schulen erfolgt aufgrund der Einbahnstraßenregelung ausschließlich über die Straße C. aus nordwestlicher Richtung von der H. Straße kommend. Der Abfahrtsverkehr von der Schule erfolgt über die Straße C. sowohl in nordwestliche als auch in südwestliche Richtung. 5Mit Bauantrag vom 11. Januar 2013 beantragte der Kläger die Erteilung eines Vorbescheides hinsichtlich der Herstellung einer Ausstellungsfläche für Kraftfahrzeuge auf dem Grundstück T. , Flurstück 110. Ausweislich des Bauantrags sowie der im weiteren Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nachgereichten Unterlagen, insbesondere der Bauzeichnung vom 29. April 2013, umfasst die herzurichtende Ausstellungsfläche 265 m² des insgesamt 469 m² großen Grundstücks. Das hintere Drittel des Grundstücks bleibt ungenutzt und wird durch eine Mauer abgegrenzt. Das Grundstück wird zur Straßenseite hin mit einem grünen Zaun umschlossen. An dem Zaun wird ein Schild mit den Öffnungszeiten sowie einer Telefonnummer und dem Hinweis an Interessenten, sich bei dem Kfz-Service I. in der F.------straße 35 zu melden, angebracht. An die Grundstücksgrenze zum Grundstück T. 170, das ebenfalls im Eigentum des Klägers steht, soll ein Tor errichtet werden, durch das die Anlieferung der Fahrzeuge erfolgen solle. Es werden nicht mehr als drei Fahrzeuge pro Woche angeliefert. Die Anlieferung erfolgt weder mittels Sattelschlepper noch durch einen Kfz-Anhänger, sondern die Fahrzeuge werden mit roten Kennzeichen von der Werkstatt in der F.------straße direkt auf die Ausstellungsfläche gefahren. Die an die jeweiligen Nachbargrundstücke grenzenden Grundstücksseiten werden zudem durch einen Pflanzstreifen begrünt. Auf der Ausstellungsfläche werden maximal 20 Kraftfahrzeuge bis zu einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen ausgestellt. Besichtigungen dürfen montags bis freitags von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr und samstags vom 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr stattfinden. An den Fahrzeugen werden Schilder mit den jeweiligen Fahrzeugdaten und dem Kaufpreis angebracht. Ein Verkaufsbüro wird auf dem Grundstück, abweichend von der Bauzeichnung vom 29. April 2013, nicht errichtet werden. Sämtliche geschäftliche Abwicklungen sollen in der Kfz-Werkstatt des Klägers in der F.------straße erfolgen, für die eine entsprechende Genehmigung noch beantragt wird. Auf der Ausstellungsfläche werden schließlich keine Reparaturen, tägliche Umrangiervorgänge oder Vorführung von Motorleistungen erfolgen. 6Die Beklagte lehnte den Bauantrag des Klägers mit Bescheid vom 31. Mai 2013 ab. Zur Begründung führte sie aus, die nähere Umgebung entspreche einem allgemeinen Wohngebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung. Der geplante Autohandel gehöre jedoch nicht zu den gemäß § 4 BauNVO in allgemeinen Wohngebieten allgemein zulässigen Nutzungen. Im Hinblick auf die vorhandene Wohnbebauung sowie die Vorbildwirkung für ähnliche Vorhaben im Bereich des Antragsgrundstückes und die damit zu erwartende negative städtebauliche Entwicklung, insbesondere für den Bereich südlich des Antragsgrundstückes mit überwiegender Wohnbebauung und dem Außenbereich als naturnahen Freiraum, sei eine ausnahmsweise Zulassung des Autohandels auf Basis des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO als sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb nicht möglich. Darüber hinaus sei das Grundstück aufgrund der beanspruchten Fläche von mindestens 330 m², bezogen auf die Grundstücksgröße von 469 m², übernutzt und füge sich daher nicht gemäß § 34 BauGB in die Umgebungsbebauung ein. Das Vorhaben sei daher insgesamt planungsrechtlich unzulässig. 7Der Kläger hat am 1. Juli 2013 Klage erhoben. 8Er ist der Ansicht, die nähere Umgebung sei als Mischgebiet im Sinne des § 6 BauNVO einzustufen, so dass die Kfz-Ausstellungsfläche als sonstiger Gewerbebetrieb, der das Wohnen nicht stört, zulässig sei. Die zahlreichen Nutzungen auf der T. sowie der H. Straße im Umkreis von bis zu 100 m seien zur Beurteilung der maßgeblichen näheren Umgebung heranzuziehen. Durch die Verkehrsinsel vor dem Antragsgrundstück sowie durch die H. Straße erfolge keine Trennung, da insbesondere die Bebauung auf der H. Straße, namentlich mehrere Geschäfte und weitere gewerblichen Nutzungen, vom Antragsgrundstück aus betrachtet in Luftlinie von etwa 10 m komplett einsehbar sei. Selbst wenn die nähere Umgebung nur auf das Dreieck C. 6-24 sowie T. 164-170 zu begrenzen sei, liege kein reines Wohngebiet, sondern ein allgemeines Wohngebiet vor, in dem die Ausstellungsfläche als sonstiger Gewerbebetrieb ausnahmsweise zulässig sei. Die gepflegte Ausstellungsfläche mit mäßigem Publikumsverkehr zu festgelegten Öffnungszeiten störe das Wohnen nicht wesentlich. Eine Belästigung durch das Rangieren oder Anliefern der Fahrzeuge sei ausgeschlossen. Das Grundstück solle lediglich als Stellplatz genutzt werden. Lärmimmissionen oder sonstige Immissionen seien durch diesen Betrieb nicht zu erwarten. Kaufinteressenten könnten das Grundstück auch nicht außerhalb der Betriebszeiten aufsuchen, da es dann verschlossen sei. In der näheren Umgebung seien dem Wohnen wesentlich abträglichere Gewerbebetriebe genehmigt worden. Vor dem auf dem Grundstück C. 14 ansässigen Betrieb des Beigeladenen, der auch optisch als Gewerbebetrieb hervorsteche, würden mit Firmenaufschrift versehen Einsatzwagen parken und starten. Auch die Zahnarztpraxis in dem Gebäude T. 170 habe starken Publikumsverkehr mit an- und abfahrenden Pkw der Patienten. 9Der Kläger beantragt, 10den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den beantragten planungsrechtlichen Bauvorbescheid zur Nutzungsänderung des Grundstücks T. 170 (Flurstück 110), zu erteilen. 11Die Beklagte beantragt, 12 die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung trägt sie in Abweichung zu den Gründen des angefochtenen Bescheides vor, die vorhandenen Nutzungen in der unmittelbaren Umgebung des Antragsgrundstückes entsprächen denen eines reinen Wohngebietes. Neben einer Arztpraxis im Gebäude T. 170 und einer Büronutzung im Kellergeschoss des Gebäudes C. 14, für die ebenfalls eine Arztpraxis baurechtlich genehmigt sei, befände sich in diesem Bereich ausschließlich Wohnnutzung. Der geplante Autohandel stelle eine gewerbliche Anlage dar, die im reinen Wohngebiet planungsrechtlich unzulässig sei. Die Einbeziehung der Bebauung entlang der H. Straße in die nähere Umgebung scheide hier aus, da die dazwischen liegende Straßen- und Grünfläche aufgrund ihrer Breite eine trennende Wirkung entfalte. Auch die Berücksichtigung noch weiter entfernt liegender Flächen in einem Umkreis von 1000 m sei nicht sachgerecht, da keine Sicht- oder funktionale Verbindung zum Antragsgrundstück bestehe. Die auf der Straße T. vorhandenen Bushaltestellen und andere Verkehrseinrichtungen seien für die planungsrechtliche Gebietseinstufung unerheblich und könnten auch in reinen Wohngebieten liegen. Bei den an den Wartehäuschen angebrachten Werbeanlagen handele es sich um untergeordnete Werbeanlagen, die über eine Abweichung gemäß § 73 Abs. 1 BauO NRW auch in einem reinen Wohngebiet zulässig seien. Gegen die illegale Nutzung der Räumlichkeiten im Gebäude C. 14 für das Büro einer Bautenschutzfirma beabsichtige die Beklagte ordnungsbehördlich vorzugehen. Ferner würden die Schulen auf dem Grundstück C. 33 nicht zur maßgeblichen Umgebung des Vorhabens gehören. Jedenfalls würden die Schulen einen Fremdkörper darstellen, der keine prägende Wirkung entfalten könne. Sie stünden, abgesehen von der Bauweise, in allen übrigen Einfügungskriterien des § 34 BauGB im krassen Widerspruch zur sonstigen Bebauung in diesem Bereich. Dass der Kläger beabsichtige, den Pkw-Verkauf auf der F.------straße 35 stattfinden zu lassen, sei angesichts der Entfernung der beiden Grundstücke völlig lebensfremd. Zudem sei auf dem Grundstück F.------straße 35 der Verkauf von Pkw baurechtlich nicht genehmigt. Schließlich würden auch von einem reinen Ausstellungsplatz ähnliche Auswirkungen wie von einem Verkaufsplatz ausgehen. Auch ein reiner Ausstellungsplatz werde von potentiellen Kunden zu allen Tages- und Abendzeiten angefahren und besucht. Der Umstand, dass mögliche Geschäftsabschlüsse am Hauptsitz der Firma in einem anderen Stadtteil getätigt würden, führe daher nicht zwangsläufig zu einer Entlastung der Umgebung von Störungen, die sich aus der geplanten Nutzung ergeben. 14Der Beigeladene stellt keinen Antrag. 15Er trägt vor, er nutze seine Wohnadresse C. 14 lediglich als Postadresse für sein Unternehmen. Das Büro des Unternehmens befinde sich jedoch seit jeher in der L1. -N. -Straße 121 in F1. , wo sich auch der Firmensitz der Firma M. befände. Auf dem Grundstück C. 14 finde keinerlei gewerbliche Nutzung statt. Es würden auch keine Einsatzwagen der Firma vor dem Grundstück parken und starten. Er ist ferner der Ansicht, die Umgebungsbebauung entspreche einem reinen Wohngebiet. Die Geschäfte an der H. Straße, sowie die Grundschule auf dem Grundstück C. 33 würden nicht mehr zur näheren Umgebung des Vorhabens gehören, da sie das Grundstück des Klägers aufgrund der gegebenen Verkehrsführung und des rückwärtig angeordneten Pausenhofs nicht beeinflussen würden. Selbst wenn man von einem allgemeinen Wohngebiet ausgehe, wäre das Vorhaben des Klägers auch nicht ausnahmsweise zulässig. Das Vorhaben stelle keinen nicht störenden Gewerbebetrieb im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO dar. Durch eine Kfz-Ausstellungsfläche komme es zu einem nicht unerheblichen zusätzlichen Verkehrsaufkommen. Insbesondere durch das Probefahren komme es zu erheblichen zusätzlichen Lärm durch Motorengeräusche und Türen zuschlagen. Es sei darüber hinaus realitätsfern, anzunehmen, dass wegen des fehlenden Verkaufsraums keine Verkaufsgespräche auf dem Gelände abgehalten würden. Das Vorhaben würde sich auch optisch nicht unterordnen, so wie es die Zweckbestimmung eines allgemeinen Wohngebiets verlange. Schließlich sei die Nutzung den Nachbarn nicht zumutbar, da es vor allem im belästigungsempfindlichen rückwärtigen Gartenbereich zu Kundenverkehr komme. Eine vergleichbare Nutzung gebe es bislang nicht im rückwärtigen Gartenbereich. Schließlich werde auch der öffentliche Straßenraum für die Bewohner des Baugebiets durch die Kunden des Klägers unzumutbar in Anspruch genommen, da der Kläger die notwendigen Kundenparkplätze nicht berücksichtigt habe. Die Einrichtung einer Kfz-Ausstellungsfläche würde die ordnungswidrige Nutzung des Bürgersteiges und damit die Behinderung der Passanten noch verstärken. Die Nutzung könne auch nicht ausnahmsweise genehmigt werden, da eine Ermessensreduzierung auf Null nicht gegeben sei. Schließlich sei bereits heute der Abzweig L. verkehrstechnisch überlastet, weshalb es dort häufig zu Unfällen komme. Das geplante Vorhaben würde die Situation vor Ort noch verschärfen und sich auch aus diesem Grund städtebaulich negativ auswirken. 16Die Berichterstatterin hat am 18. Februar 2014 einen Ortstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Ortsterminprotokoll nebst Fotomaterial verwiesen. 17Im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens hat der Kläger eine Zaunanlage auf dem Vorhabengrundstück entlang der vorderen Grundstücksgrenze errichtet, für die ihm die Beklagte unter dem 21. Mai 2014 eine nachträgliche Baugenehmigung erteilt hat. 18Unter dem 10. Juli 2014 hat die Beklagte ein Anhörungsschreiben an den Beigeladenen hinsichtlich der beabsichtigten Nutzungsuntersagung einer gewerblichen Büronutzung auf dem Grundstück C. 14 gerichtet. 19Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs verwiesen. 20Entscheidungsgründe: 21Die Klage ist zulässig und begründet. 22Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 31. Mai 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheides, da dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen, §§ 71 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 in Verbindung mit 75 Abs. 1 Satz 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW). 23Das Vorhaben des Klägers ist planungsrechtlich zulässig. 24Die Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich vorliegend nach § 34 des Baugesetzbuches (BauGB), da ein Bebauungsplan für diesen Bereich nicht existiert und das Grundstück des Klägers innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt. Nach Absatz 2 der Vorschrift beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO) allgemein zulässig wäre, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der BauNVO entspricht. 25Hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen Art der Nutzung, der grundsätzlich nachbarschützende Wirkung zukommt, kann ein Verstoß nicht festgestellt werden. Das Vorhaben fügt sich nach den in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Kriterien in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung und der Auswertung der beigezogenen Pläne entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem allgemeinen Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO. 26Die für die Beurteilung des Gebietscharakters maßgebliche nähere Umgebung eines Grundstücks wird dadurch ermittelt, dass in zwei Richtungen, nämlich in Richtung vom Vorhaben auf die Umgebung und in Richtung von der Umgebung auf das Vorhaben geprüft wird, wie weit die jeweiligen Auswirkungen reichen. Zu berücksichtigen ist die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann und zweitens insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. Bei der Ermittlung der näheren Umgebung ist die Betrachtung auf das Wesentliche zurückzuführen und sind Fremdkörper und Ausnahmen außer Acht zu lassen, solange beispielsweise die erkennbaren "Grundzüge der Planung" durch sie nicht berührt werden. Bei der für die Prüfung erforderlichen Bestandsaufnahme ist grundsätzlich alles tatsächlich Vorhandene in den Blick zu nehmen. Die Grenzen der näheren Umgebung sind nicht schematisch, sondern nach der jeweiligen städtebaulichen Situation zu bestimmen. Es darf aber nicht nur diejenige Bebauung als erheblich angesehen werden, die gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft des Baugrundstücks überwiegt, sondern es muss auch die Bebauung der weiteren Umgebung des Grundstücks insoweit berücksichtigt werden, als auch sie noch "prägend" auf dasselbe einwirkt. Wie weit die wechselseitige Prägung - und damit die "nähere Umgebung" - reicht, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls. Hierbei kann eine Straße sowohl trennende als auch verbindende Wirkung haben. Welche Wirkung sie jeweils entfaltet, kann stets nur das Ergebnis einer Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts sein. 27Vgl. bereits Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 26. Mai 1978 – IV C 9.77 -; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 2. Dezember 2013 – 2 A 1510/12 -, mit weiteren Nachweisen; zitiert nach juris. 28Die Grenze kann dort gezogen werden, wo zwei jeweils einheitlich geprägte Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen aneinanderstoßen. Der Grenzverlauf der näheren Umgebung kann durch eine künstliche oder natürliche Trennlinie, wie zum Beispiel eine Straße, markiert sein; dies ist allerdings nicht zwingend erforderlich. 29Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. August 2003 – 4 B 74.03 -; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16. September 2013 – 8 A 10558/13; VG Würzburg, Urteil vom 13. Mai 2014 – W 4 K 13.932 -; jeweils zitiert nach juris. 30Ausgehend von diesen Grundsätzen wird nach dem Eindruck der Berichterstatterin im Ortstermin, den sie der Kammer vermittelt hat, sowie dem vorliegenden Karten- und Bildmaterial die nähere Umgebung hier auf das Dreieck T. Nr. 164-172 und C. Nr. 6-24 beschränkt, wobei die Bebauung auf dem Grundstück C. 33 ebenfalls in die nähere Umgebung einzubeziehen ist. 31Entgegen der Ansicht des Klägers ist in die nähere Umgebung nicht die Bebauung auf der H. Straße einzubeziehen. Denn die H. Straße entfaltet gegenüber der dort vorhandenen Bebauung und Nutzung trennende Wirkung im oben dargestellten Sinne. Die H. Straße ist in diesem Bereich vierspurig, zudem verlaufen in der Mitte Straßenbahnschienen. Hinzu kommt der Verlauf der in diesem Bereich dreispurigen Straße T. . Zwar besteht eine Sichtbeziehung zwischen dem Vorhabengrundstück und der Bebauung auf der gegenüberliegenden Seite der H. Straße. Allein das Vorliegen einer Sichtbeziehung genügt jedoch nicht für die Annahme, die Nutzung präge die Umgebung des Vorhabengrundstücks. Darüber hinaus führt auch die auffällig unterschiedliche Bebauungs- und Nutzungsstruktur zu dem Schluss, dass die H. Straße trennende Wirkung entfaltet. Handelt es sich bei der Bebauung auf der T. überwiegend um Einfamilienhäuser, zeichnet sich die Bebauung auf der H. Straße durch gewerbliche Nutzung im Erdgeschoss und Wohnnutzung in den Obergeschossen aus. 32Entgegen der Ansicht der Beklagten und des Beigeladenen ist die Bebauung auf dem Grundstück C. 33 jedoch für die Umgebung des Vorhabengrundstücks prägend, so dass auch dieser Bereich bei der Beurteilung der näheren Umgebung berücksichtigt werden muss. Denn der gesamte Zu- und Abfahrtsverkehr zu der Grundschule sowie der Förderschule auf dem Grundstück C. 33, die insgesamt ausweislich der Mitteilung auf der jeweiligen homepage der Schulen 410 Schüler umfassen, führt über die Straße C. . Aufgrund der Einbahnstraßenregelung erfolgt der gesamte Zufahrtsverkehr über die von der H. Straße in südöstliche Richtung abzweigende Straße C. . Der Abfahrtsverkehr erfolgt sowohl über die Straße C. zurück zur H. Straße oder über die Straße C. in südwestliche Richtung auf die Straße T. stoßend. Da schließlich auch der Schulbus in beide Richtungen der T. auf Höhe des Vorhabengrundstücks fährt, sind die Auswirkungen der Schulen für die Umgebung prägend. 33Der Beklagten ist auch nicht darin zu folgen, dass es sich bei der Schule um einen so genannten Fremdkörper, der bei der Beurteilung des Gebietstyps nicht zu berücksichtigen ist, handelt. Fremdkörper bzw. Ausreißer in diesem Sinn sind solche Anlagen, die nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen, was namentlich dann anzunehmen ist, wenn eine singuläre Anlage in einem auffälligen – auch äußerlich erkennbaren – Kontrast zur übrigen Bebauung steht. Dabei ist für die Annahme eines Fremdkörpers als aus der beurteilungserheblichen Umgebungsbebauung auszuscheidenden Bestandteils des faktisch Vorhandenen Zurückhaltung geboten. 34Vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 27. Mai 2014 – 2 A 2/14; Bayerischer VGH, Urteil vom 16. März 2004 – 2 B 01.1195 -; mit weiteren Nachweisen; zitiert nach juris. 35Eine solche Singularität kann hier nicht bereits deshalb angenommen werden, weil es sich um die einzige nicht der Wohnnutzung dienende Bebauung in der maßgeblichen Umgebung handeln würde. Bereits der Baukörper als solcher und damit das Erscheinungsbild der Schulen fällt trotz der Größe des Objektes nicht aus dem Rahmen der sonstigen anzutreffenden Bebauung. 36Vgl. zu diesem Kriterium VG Gelsenkirchen, Urteil vom 7. Juni 2010 – 6 K 3008/08 -, zitiert nach juris. 37Hinzu kommt, dass bereits aufgrund des Umstands, dass der gesamte Zu- und Abfahrtsverkehr durch die Straße C. verläuft und damit erhebliche bodenrechtliche Spannungen ausgelöst werden, die Schulen nicht als Fremdkörper aus der Umgebung hinweg gedacht werden könnten, ohne dass dies den Umgebungscharakter ändern würde. Es handelt sich bei der Schule gerade nicht um eine nur zufällig in dem Gebiet entstandene Nutzung, die das Wohngebiet in nur unwesentlicher Weise beeinflusst. Gegen die Annahme eines singulären Fremdkörpers spricht schließlich auch, dass nicht nur eine Grundschule, sondern auch eine Förderschule und damit zwei Schulen auf dem Grundstück ansässig sind. 38Die so verstandene und hier maßgebliche „nähere Umgebung“ entspricht entgegen der von der Beklagten - erst im Klageverfahren – geäußerten Ansicht nicht der eines reinen Wohngebiets nach § 3 BauNVO, sondern der eines allgemeinen Wohngebietes nach § 4 BauNVO. 39Nach § 3 Abs. 1 BauNVO dienen reine Wohngebiete dem Wohnen. Nach Absatz 3 der Vorschrift können unter anderem ausnahmsweise dem Bedürfnis der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kulturelle Zwecke zugelassen werden. Allgemeine Wohngebiete dienen dagegen nach § 4 Abs. 1 BauNVO vorwiegend dem Wohnen. Nach Absatz 2 Nr. 2 der Vorschrift sind Anlagen für - unter anderem - kulturelle Zwecke zulässig. 40Es bedarf insofern keiner näheren Prüfung der Werbeanlagen an den Fahrgastunterständen und der Nutzung des Grundstücks C. 14. Denn die auf dem Grundstück C. 33 ansässige L2. schule , bei der es sich um eine Gemeinschaftsgrundschule handelt, sowie der Standort der D. -N1. -Förderschule, sind aufgrund ihrer Größe und vor allem der damit verbundenen An- und Abfahrtbewegungen in einem reinen Wohngebiet nicht mehr zulässig. 41Schulen sind im bauplanungsrechtlichen Sinne grundsätzlich unabhängig von dem Träger der Einrichtung als Anlagen für kulturelle Zwecke im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO zu verstehen. 42Vgl. König / Roeser / Stock, BauNVO, 3. Auflage 2014, § 4 Rn. 49. 43Nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO sind in reinen Wohngebieten Anlagen für kulturelle Zwecke ausnahmsweise nur insofern zulässig, als sie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen. Dagegen ist die Einschränkung der Bedarfsdeckung in allgemeinen Wohngebieten nach § 4 BauNVO nicht vorgesehen. Die auf dem Grundstück C. 33 ansässigen Schulen erfüllen bereits aufgrund ihrer Größe von insgesamt etwa 410 Schülern, wovon 300 Schüler die Grundschule und 110 Schüler die Förderschule besuchen, eine Funktion, welche nicht nur den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dient. Vor allem eine Förderschule ist grundsätzlich nicht nur auf den Bedarf der Bewohner in der näheren Umgebung, sondern auf den Bedarf über den Stadtteil hinaus ausgerichtet. Werden jedoch andere Stadtteile von der kulturellen Einrichtung mitversorgt, ist eine solche Einrichtung mit dem Charakter eines reinen Wohngebiets nicht mehr zu vereinbaren. 44Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 10. November 2009 – 1 LC 236/05; VG München, Beschluss vom 22. April 2013 – M 8 SN 12.5578; zitiert nach juris. 45Unter diesem Gesichtspunkt ist auch unabhängig von dem Vorhandensein der Förderschule selbst die hier ansässige Gemeinschaftsgrundschule für sich betrachtet in einem reinen Wohngebiet nicht mehr zulässig. Dass die auf dem Grundstück C. 33 ansässige Grundschule den Versorgungscharakter des § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht mehr wahrt, ergibt sich vor allem aus dem Verzeichnis der Schulbezirke der Grundschulen der Stadt F1. , das als Anlage zur Verordnung über die Bildung der Schulbezirke der Grundschulen der Stadt F1. vom 29. September 2006 aufgenommen wurde. Nach deren § 1 werden für alle Grundschulen der Stadt F1. räumlich abgegrenzte Gebiete als Schulbezirke gebildet. Die in diesem Verzeichnis der L2. schule zugewiesenen Straßen liegen in Bereichen, die allein räumlich betrachtet weit über die hier maßgebliche Umgebung hinausgehen. 46Verordnung sowie Verzeichnis der Schulbezirke abrufbar unter: www.essen.de/rathaus/aemter/ordner_15/satzungen/Satzungen_Schulen.de.html 47Nach alledem entspricht die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks einem allgemeinen Wohngebiet, so dass die Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens allein am Maßstab des § 4 BauNVO zu beurteilen ist. 48Die von dem Kläger beabsichtigte Errichtung einer Kfz-Ausstellungsfläche auf dem Grundstück in der T. ist ausnahmsweise als nicht störender Gewerbebetrieb nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bauplanungsrechtlich zulässig. 49Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO sind nicht zulässig, wenn ein sonstiger Gewerbebetrieb den Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets gefährdet und damit gebietsunverträglich ist. Das ist dann der Fall, wenn das Vorhaben ‑ bezogen auf den Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets ‑ aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt. Das Erfordernis der Gebietsverträglichkeit bestimmt nicht nur die regelhafte Zulässigkeit, sondern erst recht den vom Verordnungsgeber vorgesehenen Ausnahmebereich. Zwischen der jeweiligen spezifischen Zweckbestimmung des Baugebietstypus und dem jeweils zugeordneten Ausnahmekatalog besteht ein gewollter funktionaler Zusammenhang. Das bedeutet: Die normierte allgemeine Zweckbestimmung ist auch für Auslegung und Anwendung der tatbestandlich normierten Ausnahmen bestimmend. Das allgemeine Wohngebiet dient vorwiegend dem Wohnen. Es soll nach Möglichkeit ein ungestörtes Wohnen gewährleistet sein. Das prägt seinen Gebietscharakter. Anders als im reinen Wohngebiet sind aber unter den in § 4 Abs. 2 BauNVO genannten Voraussetzungen auch andere Nutzungsarten regelmäßig zulässig. Die Gebietsunverträglichkeit beurteilt sich für § 4 BauNVO in erster Linie nach dem Kriterium der gebietsunüblichen Störung. 50Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 2002 ‑ 4 C 1.02 ‑, zitiert nach juris. 51Es sollen Immissionsbelastungen vermieden werden, die nicht in ein allgemeines Wohngebiet passen. Bei der Beurteilung des Störgrades ist auf die typische Betriebsform und die sich daraus erfahrungsgemäß ergebenden Auswirkungen abzustellen. 52Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. Januar 1995 ‑ 3 S 3153/94 ‑, zitiert nach juris. 53In Anwendung dieser Grundsätze, sind von dem hier streitgegenständlichen Vorhaben nicht solche Immissionen zu erwarten, die in einem allgemeinen Wohngebiet nicht mehr hinzunehmen sind. Es handelt sich bei dem Vorhaben um eine reine Ausstellungsfläche für Kfz. Der Verkauf der Fahrzeuge und die jeweilige Abwicklung sollen ausweislich des Bauantrags und der weiteren Klarstellung des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht auf dem Vorhabengrundstück selbst, sondern auf dem Grundstück der Kfz-Werkstatt des Klägers stattfinden. Die Beklagte dringt auch nicht mit dem Argument durch, die Behauptung, auf dem Vorhabengrundstück fänden keine geschäftlichen Abwicklungen statt, sei lebensfremd. Denn für den Fall, dass über den Regelungsgehalt eines Vorbescheids bzw. einer sich daran anschließenden Baugenehmigung hinaus gleichwohl der Verkauf auf dem Vorhabengrundstück stattfindet, obliegt es der Beklagten, hiergegen ordnungsbehördlich einzuschreiten. 54Für die Annahme, dass das Vorhaben sich ausnahmsweise als nicht störender Gewerbebetrieb in ein allgemeines Wohngebiet einfügt, spricht auch, dass die Fahrzeuge nicht mittels Sattelschlepper oder Anhänger auf das Grundstück an- und abgeliefert werden sollen, sondern mit einem roten Kennzeichen von dem Grundstück des Klägers in der F.------straße aus überführt werden. Es kommt damit nur zu einzelnen Fahrzeugbewegungen und nicht zum gleichzeitigen und damit besonders immissionsträchtigen regelmäßigen Austausch aller Fahrzeuge. 55Zudem ist die Größe der Ausstellungsfläche, nach der Konkretisierung der Voranfrage durch den Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung, so bemessen, dass maximal 20 Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 Tonnen gleichzeitig ausgestellt werden können. Die reine Abstellfläche ist damit hinsichtlich ihrer Störwirkungen mit der Stellplatzanlage eines Mehrfamilien-Wohnhauses vergleichbar. 56Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 1 LA 49/13 -; zitiert nach juris. 57Auch die Öffnungszeiten lassen keine gebietsunverträglichen Immissionen erwarten. So können Interessenten das Grundstück wochentags von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr und samstags von 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr betreten. Diese Zeiten entsprechen in etwa auch den Zeiten, in denen die durch An- und Abfahrtverkehr der Schulen im C. 33 hervorgerufenen Immissionen in das Wohngebiet drängen. Von einer wesentlichen Steigerung der Lärmimmissionen durch den zu erwartenden Kundenverkehr ist daher nicht auszugehen. 58Schließlich spricht für die Annahme eines nicht störenden Gewerbebetriebes im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO auch der Umstand, dass der Bereich, in dem die Kfz-Ausstellungsfläche errichtet werden soll, ohnehin stark durch Kraftfahrzeugverkehr vorbelastet ist. Entlang des Grundstücks führt in beide Richtungen die Buslinie von und nach L. . Die Straße unmittelbar vor dem Grundstück ist dreispurig, durch eine schmale Verkehrsinsel davon getrennt ist die an dieser Stelle vierspurige H. Straße. Die Belastungen durch den An- und Abfahrtverkehr zum klägerischen Vorhaben werden demnach kaum von der Lärmkulisse von der H. Straße sowie der T. zu unterscheiden sein, so dass sie für das allgemeine Wohngebiet nicht als störend oder unzumutbar erfasst werden. 59Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 1 LA 49/13 -; zitiert nach juris. 60Entgegen der Ansicht des Beigeladenen ist auch keine Verschärfung der verkehrlich bereits angespannten Situation in der T. zu erwarten. Das Verkehrsaufkommen in der T. spricht bereits dafür, dass es sich in dieser Umgebung ohnehin um keinen beruhigten und lärmimmissionsfreien Raum handelt. Der Befürchtung, Interessenten könnten ihre Fahrzeuge in unzulässiger Weise auf den Bürgersteigen parken und damit den Verkehr behindern, kann durch ordnungsbehördlichen Maßnahmen begegnet werden, führt aber nicht zur planungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens. 61Die Errichtung der Kfz-Ausstellungsfläche auf dem Grundstück des Klägers verstößt schließlich auch nicht gegen das in § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 BauNVO enthaltene nachbarschützende Rücksichtnahmegebot. Das Gebot der Rücksichtnahme soll angesichts der gegenseitigen Verflechtung der baulichen Situation benachbarter Grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen Ausgleich schaffen, der einerseits dem Bauherrn ermöglicht, was von seiner Interessenlage her verständlich und unabweisbar ist und andererseits dem Nachbarn erspart, was an Belästigungen und Nachteilen für ihn zumutbar ist. Die Beachtung des Rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, aneinander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Die sich daraus ergebenden Anforderungen sind im Einzelfall festzustellen, wobei die konkreten Umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Nachbarn in Anwendung des Maßstabes der planungsrechtlichen Zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kann desto mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellen dessen sind, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, desto weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem Bauvorhaben verfolgten Interessen sind. 62Vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Januar 1983 – 4 C 59.79 ‑, vom 28. Oktober 1993 – 4 C 5.93 ‑ und vom 23. September 1999 ‑ 4 C 6.98 ‑, jeweils zitiert nach juris. 63In Anwendung dieser Grundsätze ergibt die rechtliche Würdigung in einer Gesamtschau der maßgeblichen Umstände nicht, dass der Beigeladene durch die Kfz-Ausstellungsfläche auf dem Grundstück des Klägers im dargestellten Sinne rücksichtslos beeinträchtigt wird. Wie bereits dargelegt, ist das Vorhaben des Klägers hinsichtlich seiner Störwirkungen mit der Stellplatzanlage eines Mehrfamilien-Wohnhauses vergleichbar. Aufgrund der geringen Größe der Ausstellungsfläche sowie die Begrenzung aus maximal 20 ausgestellte Fahrzeuge sind häufige Fahrzeugbewegungen nicht zu erwarten, zumal nur maximal drei Fahrzeuge pro Woche angeliefert werden. Eine andere Bewertung folgt auch nicht daraus, dass das Grundstück des Beigeladenen im besonders geschützten rückwärtigen Gartenbereich an das Vorhabengrundstück grenzt. Denn aufgrund der zu errichtenden Mauer wird ersichtlich, dass der hintere Grundstücksteil ungenutzt bleiben soll und damit selbst die ohnehin nicht intensiv störenden Lärmimmissionen von dem Grundstück des Beigeladenen abgehalten werden. Zudem soll entlang der gesamten Grundstücksgrenze ein Pflanzstreifen errichtet werden, der zusätzlich Störungen von den Nachbargrundstücken abhält. 64Die von Seiten des Beigeladenen aufgeworfenen bauordnungsrechtlichen Fragen, insbesondere zu der Anzahl der notwendigen Stellplätze, deren Zufahrtsmöglichkeit und Anordnung nach § 51 Abs. 7 BauO NRW, sind nicht Gegenstand des hier beantragten bauplanungsrechtlichen Vorbescheides, sondern werden im Rahmen eines etwaigen Verfahrens auf Erteilung einer Baugenehmigung zur Prüfung stehen. Hieraus folgende Beeinträchtigungen zu Lasten des Beigeladenen, die auch im Verfahren auf Erteilung eines planungsrechtlichen Vorbescheides im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu berücksichtigen sind, sind jedenfalls schon unter dem Gesichtspunkt nicht erkennbar, dass die Zufahrt zum Grundstück des Beigeladenen über die Straße C. erfolgt und er damit durch die Stellplatzsituation auf der T. in keinster Weise beeinträchtigt wird. 65Die Erteilung einer Ausnahme nach § 4 Abs. 3 BauNVO steht grundsätzlich im Ermessen der Beklagten. Allerdings ist hier von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen, da das Vorhaben ein nicht störender Gewerbebetrieb im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist und ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht festzustellen ist. Die Beklagte kann daher im Rahmen ihres Ermessens auf keine sachgerechten Kriterien abstellen, die zur Unzulässigkeit des Vorhabens führen. Die von dem Beigeladenen aufgeworfene Frage der Vereinbarkeit des Vorhabens mit Bauordnungsrecht führt zu keiner anderen Ermessensentscheidung. Denn die Berücksichtigung entgegenstehenden Bauordnungsrechts im Rahmen des behördlichen Ermessens, kann im Verfahren zur Erteilung eines Vorbescheides nur dann zu dessen Ablehnung führen, wenn sich die landesrechtlichen Hindernisse „schlechthin nicht ausräumen lassen“. 66Vgl. Gädtke / Temme / Heintz / Czepuck, BauO NRW, 11. Auflage 2008, § 71 Rn. 8a mit Verweis auf BVerwG, Urteile vom 23. Mai 1975 – IV C 28.72 – und vom 24. Oktober 1980 – 4 C 3.78 -. 67Dafür, dass die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an die Stellplatzpflicht im Baugenehmigungsverfahren offensichtlich nicht erfüllt werden könnte, ist nichts ersichtlich und liegen auch sonst keine Anhaltspunkte vor. Da die Sache spruchreif im Sinne des § 113 Abs. 5 VwGO ist, darf das Gericht die Beklagte verpflichten, den beantragten Vorbescheid zu erteilen. 68Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da er keinen Antrag gestellt hat und sich damit keinem Prozessrisiko ausgesetzt hat, §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3. VwGO. 69Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
die beklagte wird unter aufhebung des bescheides vom 31. mai 2013 verpflichtet, dem kläger einen bauvorbescheid für die errichtung einer kfz-ausstellungsfläche auf dem grundstück t. 170 (flurstück 110) zu erteilen.die kosten des verfahrens trägt die beklagte.das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung seitens des klägers durch sicherheitsleistung in höhe des auf grund des urteils jeweils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2der kläger, der eine kfz-werkstatt in der f.------straße 35 in essen betreibt, begehrt die erteilung eines planungsrechtlichen vorbescheides für eine nutzungsänderung auf dem grundstück in der t. in f1. , gemarkung l. , flur 1, flurstück 110, dessen eigentümer er ist, in eine ausstellungsfläche für kraftfahrzeuge. 3die straße t. verläuft von südöstlicher in nordwestliche richtung und bildet mit der von südwestlich in nordöstliche richtung verlaufenden h. straße in etwa ein x. etwa parallel in nordöstlicher richtung zur straße t. verläuft die straße c. . die von der t. etwas südlicher abzweigende straße gehört ebenfalls zur straße c. und stößt auf diese im rechten winkel. die straße t. ist auf höhe des vorhabengrundstücks dreispurig, wovon zwei spuren in nordwestliche richtung und eine spur in südöstliche richtung verlaufen. durch die t. führt in beide richtungen eine buslinie. es befindet sich auf jeder straßenseite etwa in höhe des grundstücks t. 164 eine bushaltestelle. die fahrgastunterstände sind jeweils mit werbeanlagen ausgestattet. die h. straße ist auf der höhe, in der sie die straße t. kreuzt, vierspurig. in der mitte der h. straße verlaufen straßenbahnschienen. 4die grundstücke in dem dreieck t. / c. sind mit wohnhäusern bebaut. das vorhabengrundstück ist derzeit unbebaut. das grundstück des beigeladenen, c. 14, grenzt im rückwärtigen bereich unmittelbar an das vorhabengrundstück des klägers. der beigeladene nutzt einen teil des auf seinem grundstück errichteten wohnhauses augenscheinlich als büro. baurechtlich genehmigt ist hier eine arztpraxis. auf dem grundstück c. 33 befinden sich eine grundschule sowie ein teil einer förderschule. ausweislich der homepage der jeweiligen schulen lernen an der grundschule rund 300 kinder in zwölf klassen und an der förderschule rund 110 schüler in sieben klassen. die zufahrt zu den schulen erfolgt aufgrund der einbahnstraßenregelung ausschließlich über die straße c. aus nordwestlicher richtung von der h. straße kommend. der abfahrtsverkehr von der schule erfolgt über die straße c. sowohl in nordwestliche als auch in südwestliche richtung. 5mit bauantrag vom 11. januar 2013 beantragte der kläger die erteilung eines vorbescheides hinsichtlich der herstellung einer ausstellungsfläche für kraftfahrzeuge auf dem grundstück t. , flurstück 110. ausweislich des bauantrags sowie der im weiteren verwaltungs- und gerichtsverfahren nachgereichten unterlagen, insbesondere der bauzeichnung vom 29. april 2013, umfasst die herzurichtende ausstellungsfläche 265 m² des insgesamt 469 m² großen grundstücks. das hintere drittel des grundstücks bleibt ungenutzt und wird durch eine mauer abgegrenzt. das grundstück wird zur straßenseite hin mit einem grünen zaun umschlossen. an dem zaun wird ein schild mit den öffnungszeiten sowie einer telefonnummer und dem hinweis an interessenten, sich bei dem kfz-service i. in der f.------straße 35 zu melden, angebracht. an die grundstücksgrenze zum grundstück t. 170, das ebenfalls im eigentum des klägers steht, soll ein tor errichtet werden, durch das die anlieferung der fahrzeuge erfolgen solle. es werden nicht mehr als drei fahrzeuge pro woche angeliefert. die anlieferung erfolgt weder mittels sattelschlepper noch durch einen kfz-anhänger, sondern die fahrzeuge werden mit roten kennzeichen von der werkstatt in der f.------straße direkt auf die ausstellungsfläche gefahren. die an die jeweiligen nachbargrundstücke grenzenden grundstücksseiten werden zudem durch einen pflanzstreifen begrünt. auf der ausstellungsfläche werden maximal 20 kraftfahrzeuge bis zu einem zulässigen gesamtgewicht von 3,5 tonnen ausgestellt. besichtigungen dürfen montags bis freitags von 8.00 uhr bis 18.00 uhr und samstags vom 9.00 uhr bis 14.00 uhr stattfinden. an den fahrzeugen werden schilder mit den jeweiligen fahrzeugdaten und dem kaufpreis angebracht. ein verkaufsbüro wird auf dem grundstück, abweichend von der bauzeichnung vom 29. april 2013, nicht errichtet werden. sämtliche geschäftliche abwicklungen sollen in der kfz-werkstatt des klägers in der f.------straße erfolgen, für die eine entsprechende genehmigung noch beantragt wird. auf der ausstellungsfläche werden schließlich keine reparaturen, tägliche umrangiervorgänge oder vorführung von motorleistungen erfolgen. 6die beklagte lehnte den bauantrag des klägers mit bescheid vom 31. mai 2013 ab. zur begründung führte sie aus, die nähere umgebung entspreche einem allgemeinen wohngebiet im sinne der baunutzungsverordnung. der geplante autohandel gehöre jedoch nicht zu den gemäß § 4 baunvo in allgemeinen wohngebieten allgemein zulässigen nutzungen. im hinblick auf die vorhandene wohnbebauung sowie die vorbildwirkung für ähnliche vorhaben im bereich des antragsgrundstückes und die damit zu erwartende negative städtebauliche entwicklung, insbesondere für den bereich südlich des antragsgrundstückes mit überwiegender wohnbebauung und dem außenbereich als naturnahen freiraum, sei eine ausnahmsweise zulassung des autohandels auf basis des § 4 abs. 3 nr. 2 baunvo als sonstiger nicht störender gewerbebetrieb nicht möglich. darüber hinaus sei das grundstück aufgrund der beanspruchten fläche von mindestens 330 m², bezogen auf die grundstücksgröße von 469 m², übernutzt und füge sich daher nicht gemäß § 34 baugb in die umgebungsbebauung ein. das vorhaben sei daher insgesamt planungsrechtlich unzulässig. 7der kläger hat am 1. juli 2013 klage erhoben. 8er ist der ansicht, die nähere umgebung sei als mischgebiet im sinne des § 6 baunvo einzustufen, so dass die kfz-ausstellungsfläche als sonstiger gewerbebetrieb, der das wohnen nicht stört, zulässig sei. die zahlreichen nutzungen auf der t. sowie der h. straße im umkreis von bis zu 100 m seien zur beurteilung der maßgeblichen näheren umgebung heranzuziehen. durch die verkehrsinsel vor dem antragsgrundstück sowie durch die h. straße erfolge keine trennung, da insbesondere die bebauung auf der h. straße, namentlich mehrere geschäfte und weitere gewerblichen nutzungen, vom antragsgrundstück aus betrachtet in luftlinie von etwa 10 m komplett einsehbar sei. selbst wenn die nähere umgebung nur auf das dreieck c. 6-24 sowie t. 164-170 zu begrenzen sei, liege kein reines wohngebiet, sondern ein allgemeines wohngebiet vor, in dem die ausstellungsfläche als sonstiger gewerbebetrieb ausnahmsweise zulässig sei. die gepflegte ausstellungsfläche mit mäßigem publikumsverkehr zu festgelegten öffnungszeiten störe das wohnen nicht wesentlich. eine belästigung durch das rangieren oder anliefern der fahrzeuge sei ausgeschlossen. das grundstück solle lediglich als stellplatz genutzt werden. lärmimmissionen oder sonstige immissionen seien durch diesen betrieb nicht zu erwarten. kaufinteressenten könnten das grundstück auch nicht außerhalb der betriebszeiten aufsuchen, da es dann verschlossen sei. in der näheren umgebung seien dem wohnen wesentlich abträglichere gewerbebetriebe genehmigt worden. vor dem auf dem grundstück c. 14 ansässigen betrieb des beigeladenen, der auch optisch als gewerbebetrieb hervorsteche, würden mit firmenaufschrift versehen einsatzwagen parken und starten. auch die zahnarztpraxis in dem gebäude t. 170 habe starken publikumsverkehr mit an- und abfahrenden pkw der patienten. 9der kläger beantragt, 10den bescheid der beklagten vom 31. mai 2013 aufzuheben und die beklagte zu verpflichten, den beantragten planungsrechtlichen bauvorbescheid zur nutzungsänderung des grundstücks t. 170 (flurstück 110), zu erteilen. 11die beklagte beantragt, 12 die klage abzuweisen. 13zur begründung trägt sie in abweichung zu den gründen des angefochtenen bescheides vor, die vorhandenen nutzungen in der unmittelbaren umgebung des antragsgrundstückes entsprächen denen eines reinen wohngebietes. neben einer arztpraxis im gebäude t. 170 und einer büronutzung im kellergeschoss des gebäudes c. 14, für die ebenfalls eine arztpraxis baurechtlich genehmigt sei, befände sich in diesem bereich ausschließlich wohnnutzung. der geplante autohandel stelle eine gewerbliche anlage dar, die im reinen wohngebiet planungsrechtlich unzulässig sei. die einbeziehung der bebauung entlang der h. straße in die nähere umgebung scheide hier aus, da die dazwischen liegende straßen- und grünfläche aufgrund ihrer breite eine trennende wirkung entfalte. auch die berücksichtigung noch weiter entfernt liegender flächen in einem umkreis von 1000 m sei nicht sachgerecht, da keine sicht- oder funktionale verbindung zum antragsgrundstück bestehe. die auf der straße t. vorhandenen bushaltestellen und andere verkehrseinrichtungen seien für die planungsrechtliche gebietseinstufung unerheblich und könnten auch in reinen wohngebieten liegen. bei den an den wartehäuschen angebrachten werbeanlagen handele es sich um untergeordnete werbeanlagen, die über eine abweichung gemäß § 73 abs. 1 bauo nrw auch in einem reinen wohngebiet zulässig seien. gegen die illegale nutzung der räumlichkeiten im gebäude c. 14 für das büro einer bautenschutzfirma beabsichtige die beklagte ordnungsbehördlich vorzugehen. ferner würden die schulen auf dem grundstück c. 33 nicht zur maßgeblichen umgebung des vorhabens gehören. jedenfalls würden die schulen einen fremdkörper darstellen, der keine prägende wirkung entfalten könne. sie stünden, abgesehen von der bauweise, in allen übrigen einfügungskriterien des § 34 baugb im krassen widerspruch zur sonstigen bebauung in diesem bereich. dass der kläger beabsichtige, den pkw-verkauf auf der f.------straße 35 stattfinden zu lassen, sei angesichts der entfernung der beiden grundstücke völlig lebensfremd. zudem sei auf dem grundstück f.------straße 35 der verkauf von pkw baurechtlich nicht genehmigt. schließlich würden auch von einem reinen ausstellungsplatz ähnliche auswirkungen wie von einem verkaufsplatz ausgehen. auch ein reiner ausstellungsplatz werde von potentiellen kunden zu allen tages- und abendzeiten angefahren und besucht. der umstand, dass mögliche geschäftsabschlüsse am hauptsitz der firma in einem anderen stadtteil getätigt würden, führe daher nicht zwangsläufig zu einer entlastung der umgebung von störungen, die sich aus der geplanten nutzung ergeben. 14der beigeladene stellt keinen antrag. 15er trägt vor, er nutze seine wohnadresse c. 14 lediglich als postadresse für sein unternehmen. das büro des unternehmens befinde sich jedoch seit jeher in der l1. -n. -straße 121 in f1. , wo sich auch der firmensitz der firma m. befände. auf dem grundstück c. 14 finde keinerlei gewerbliche nutzung statt. es würden auch keine einsatzwagen der firma vor dem grundstück parken und starten. er ist ferner der ansicht, die umgebungsbebauung entspreche einem reinen wohngebiet. die geschäfte an der h. straße, sowie die grundschule auf dem grundstück c. 33 würden nicht mehr zur näheren umgebung des vorhabens gehören, da sie das grundstück des klägers aufgrund der gegebenen verkehrsführung und des rückwärtig angeordneten pausenhofs nicht beeinflussen würden. selbst wenn man von einem allgemeinen wohngebiet ausgehe, wäre das vorhaben des klägers auch nicht ausnahmsweise zulässig. das vorhaben stelle keinen nicht störenden gewerbebetrieb im sinne des § 4 abs. 3 nr. 2 baunvo dar. durch eine kfz-ausstellungsfläche komme es zu einem nicht unerheblichen zusätzlichen verkehrsaufkommen. insbesondere durch das probefahren komme es zu erheblichen zusätzlichen lärm durch motorengeräusche und türen zuschlagen. es sei darüber hinaus realitätsfern, anzunehmen, dass wegen des fehlenden verkaufsraums keine verkaufsgespräche auf dem gelände abgehalten würden. das vorhaben würde sich auch optisch nicht unterordnen, so wie es die zweckbestimmung eines allgemeinen wohngebiets verlange. schließlich sei die nutzung den nachbarn nicht zumutbar, da es vor allem im belästigungsempfindlichen rückwärtigen gartenbereich zu kundenverkehr komme. eine vergleichbare nutzung gebe es bislang nicht im rückwärtigen gartenbereich. schließlich werde auch der öffentliche straßenraum für die bewohner des baugebiets durch die kunden des klägers unzumutbar in anspruch genommen, da der kläger die notwendigen kundenparkplätze nicht berücksichtigt habe. die einrichtung einer kfz-ausstellungsfläche würde die ordnungswidrige nutzung des bürgersteiges und damit die behinderung der passanten noch verstärken. die nutzung könne auch nicht ausnahmsweise genehmigt werden, da eine ermessensreduzierung auf null nicht gegeben sei. schließlich sei bereits heute der abzweig l. verkehrstechnisch überlastet, weshalb es dort häufig zu unfällen komme. das geplante vorhaben würde die situation vor ort noch verschärfen und sich auch aus diesem grund städtebaulich negativ auswirken. 16die berichterstatterin hat am 18. februar 2014 einen ortstermin durchgeführt. wegen der einzelheiten wird auf das ortsterminprotokoll nebst fotomaterial verwiesen. 17im weiteren verlauf des gerichtlichen verfahrens hat der kläger eine zaunanlage auf dem vorhabengrundstück entlang der vorderen grundstücksgrenze errichtet, für die ihm die beklagte unter dem 21. mai 2014 eine nachträgliche baugenehmigung erteilt hat. 18unter dem 10. juli 2014 hat die beklagte ein anhörungsschreiben an den beigeladenen hinsichtlich der beabsichtigten nutzungsuntersagung einer gewerblichen büronutzung auf dem grundstück c. 14 gerichtet. 19im übrigen wird wegen der einzelheiten auf den inhalt der gerichtsakte sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs verwiesen. 20
21die klage ist zulässig und begründet. 22der ablehnungsbescheid der beklagten vom 31. mai 2013 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten, § 113 abs. 5 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). der kläger hat einen anspruch auf erteilung des begehrten vorbescheides, da dem vorhaben öffentlich-rechtliche vorschriften nicht entgegenstehen, §§ 71 abs. 1 satz 1, abs. 2 in verbindung mit 75 abs. 1 satz 1 der bauordnung für das land nordrhein-westfalen (bauo nrw). 23das vorhaben des klägers ist planungsrechtlich zulässig. 24die zulässigkeit des vorhabens richtet sich vorliegend nach § 34 des baugesetzbuches (baugb), da ein bebauungsplan für diesen bereich nicht existiert und das grundstück des klägers innerhalb eines im zusammenhang bebauten ortsteils liegt. nach absatz 2 der vorschrift beurteilt sich die zulässigkeit des vorhabens nach seiner art allein danach, ob es nach der baunutzungsverordnung (baunvo) allgemein zulässig wäre, wenn die eigenart der näheren umgebung einem der baugebiete der baunvo entspricht. 25hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen art der nutzung, der grundsätzlich nachbarschützende wirkung zukommt, kann ein verstoß nicht festgestellt werden. das vorhaben fügt sich nach den in § 34 abs. 1 baugb genannten kriterien in die eigenart der näheren umgebung ein. nach dem ergebnis der ortsbesichtigung und der auswertung der beigezogenen pläne entspricht die eigenart der näheren umgebung einem allgemeinen wohngebiet im sinne des § 4 baunvo. 26die für die beurteilung des gebietscharakters maßgebliche nähere umgebung eines grundstücks wird dadurch ermittelt, dass in zwei richtungen, nämlich in richtung vom vorhaben auf die umgebung und in richtung von der umgebung auf das vorhaben geprüft wird, wie weit die jeweiligen auswirkungen reichen. zu berücksichtigen ist die umgebung einmal insoweit, als sich die ausführung des vorhabens auf sie auswirken kann und zweitens insoweit, als die umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen charakter des baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. bei der ermittlung der näheren umgebung ist die betrachtung auf das wesentliche zurückzuführen und sind fremdkörper und ausnahmen außer acht zu lassen, solange beispielsweise die erkennbaren "grundzüge der planung" durch sie nicht berührt werden. bei der für die prüfung erforderlichen bestandsaufnahme ist grundsätzlich alles tatsächlich vorhandene in den blick zu nehmen. die grenzen der näheren umgebung sind nicht schematisch, sondern nach der jeweiligen städtebaulichen situation zu bestimmen. es darf aber nicht nur diejenige bebauung als erheblich angesehen werden, die gerade in der unmittelbaren nachbarschaft des baugrundstücks überwiegt, sondern es muss auch die bebauung der weiteren umgebung des grundstücks insoweit berücksichtigt werden, als auch sie noch "prägend" auf dasselbe einwirkt. wie weit die wechselseitige prägung - und damit die "nähere umgebung" - reicht, ist eine frage des jeweiligen einzelfalls. hierbei kann eine straße sowohl trennende als auch verbindende wirkung haben. welche wirkung sie jeweils entfaltet, kann stets nur das ergebnis einer wertung und bewertung des konkreten sachverhalts sein. 27vgl. bereits bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 26. mai 1978 – iv c 9.77 -; oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteil vom 2. dezember 2013 – 2 a 1510/12 -, mit weiteren nachweisen; zitiert nach juris. 28die grenze kann dort gezogen werden, wo zwei jeweils einheitlich geprägte bebauungskomplexe mit voneinander verschiedenen bau- und nutzungsstrukturen aneinanderstoßen. der grenzverlauf der näheren umgebung kann durch eine künstliche oder natürliche trennlinie, wie zum beispiel eine straße, markiert sein; dies ist allerdings nicht zwingend erforderlich. 29vgl. bverwg, beschluss vom 28. august 2003 – 4 b 74.03 -; ovg rheinland-pfalz, beschluss vom 16. september 2013 – 8 a 10558/13; vg würzburg, urteil vom 13. mai 2014 – w 4 k 13.932 -; jeweils zitiert nach juris. 30ausgehend von diesen grundsätzen wird nach dem eindruck der berichterstatterin im ortstermin, den sie der kammer vermittelt hat, sowie dem vorliegenden karten- und bildmaterial die nähere umgebung hier auf das dreieck t. nr. 164-172 und c. nr. 6-24 beschränkt, wobei die bebauung auf dem grundstück c. 33 ebenfalls in die nähere umgebung einzubeziehen ist. 31entgegen der ansicht des klägers ist in die nähere umgebung nicht die bebauung auf der h. straße einzubeziehen. denn die h. straße entfaltet gegenüber der dort vorhandenen bebauung und nutzung trennende wirkung im oben dargestellten sinne. die h. straße ist in diesem bereich vierspurig, zudem verlaufen in der mitte straßenbahnschienen. hinzu kommt der verlauf der in diesem bereich dreispurigen straße t. . zwar besteht eine sichtbeziehung zwischen dem vorhabengrundstück und der bebauung auf der gegenüberliegenden seite der h. straße. allein das vorliegen einer sichtbeziehung genügt jedoch nicht für die annahme, die nutzung präge die umgebung des vorhabengrundstücks. darüber hinaus führt auch die auffällig unterschiedliche bebauungs- und nutzungsstruktur zu dem schluss, dass die h. straße trennende wirkung entfaltet. handelt es sich bei der bebauung auf der t. überwiegend um einfamilienhäuser, zeichnet sich die bebauung auf der h. straße durch gewerbliche nutzung im erdgeschoss und wohnnutzung in den obergeschossen aus. 32entgegen der ansicht der beklagten und des beigeladenen ist die bebauung auf dem grundstück c. 33 jedoch für die umgebung des vorhabengrundstücks prägend, so dass auch dieser bereich bei der beurteilung der näheren umgebung berücksichtigt werden muss. denn der gesamte zu- und abfahrtsverkehr zu der grundschule sowie der förderschule auf dem grundstück c. 33, die insgesamt ausweislich der mitteilung auf der jeweiligen homepage der schulen 410 schüler umfassen, führt über die straße c. . aufgrund der einbahnstraßenregelung erfolgt der gesamte zufahrtsverkehr über die von der h. straße in südöstliche richtung abzweigende straße c. . der abfahrtsverkehr erfolgt sowohl über die straße c. zurück zur h. straße oder über die straße c. in südwestliche richtung auf die straße t. stoßend. da schließlich auch der schulbus in beide richtungen der t. auf höhe des vorhabengrundstücks fährt, sind die auswirkungen der schulen für die umgebung prägend. 33der beklagten ist auch nicht darin zu folgen, dass es sich bei der schule um einen so genannten fremdkörper, der bei der beurteilung des gebietstyps nicht zu berücksichtigen ist, handelt. fremdkörper bzw. ausreißer in diesem sinn sind solche anlagen, die nach ihrer qualität völlig aus dem rahmen der sonst in der näheren umgebung anzutreffenden bebauung herausfallen, was namentlich dann anzunehmen ist, wenn eine singuläre anlage in einem auffälligen – auch äußerlich erkennbaren – kontrast zur übrigen bebauung steht. dabei ist für die annahme eines fremdkörpers als aus der beurteilungserheblichen umgebungsbebauung auszuscheidenden bestandteils des faktisch vorhandenen zurückhaltung geboten. 34vgl. ovg des saarlandes, urteil vom 27. mai 2014 – 2 a 2/14; bayerischer vgh, urteil vom 16. märz 2004 – 2 b 01.1195 -; mit weiteren nachweisen; zitiert nach juris. 35eine solche singularität kann hier nicht bereits deshalb angenommen werden, weil es sich um die einzige nicht der wohnnutzung dienende bebauung in der maßgeblichen umgebung handeln würde. bereits der baukörper als solcher und damit das erscheinungsbild der schulen fällt trotz der größe des objektes nicht aus dem rahmen der sonstigen anzutreffenden bebauung. 36vgl. zu diesem kriterium vg gelsenkirchen, urteil vom 7. juni 2010 – 6 k 3008/08 -, zitiert nach juris. 37hinzu kommt, dass bereits aufgrund des umstands, dass der gesamte zu- und abfahrtsverkehr durch die straße c. verläuft und damit erhebliche bodenrechtliche spannungen ausgelöst werden, die schulen nicht als fremdkörper aus der umgebung hinweg gedacht werden könnten, ohne dass dies den umgebungscharakter ändern würde. es handelt sich bei der schule gerade nicht um eine nur zufällig in dem gebiet entstandene nutzung, die das wohngebiet in nur unwesentlicher weise beeinflusst. gegen die annahme eines singulären fremdkörpers spricht schließlich auch, dass nicht nur eine grundschule, sondern auch eine förderschule und damit zwei schulen auf dem grundstück ansässig sind. 38die so verstandene und hier maßgebliche „nähere umgebung“ entspricht entgegen der von der beklagten - erst im klageverfahren – geäußerten ansicht nicht der eines reinen wohngebiets nach § 3 baunvo, sondern der eines allgemeinen wohngebietes nach § 4 baunvo. 39nach § 3 abs. 1 baunvo dienen reine wohngebiete dem wohnen. nach absatz 3 der vorschrift können unter anderem ausnahmsweise dem bedürfnis der bewohner des gebiets dienende anlagen für kulturelle zwecke zugelassen werden. allgemeine wohngebiete dienen dagegen nach § 4 abs. 1 baunvo vorwiegend dem wohnen. nach absatz 2 nr. 2 der vorschrift sind anlagen für - unter anderem - kulturelle zwecke zulässig. 40es bedarf insofern keiner näheren prüfung der werbeanlagen an den fahrgastunterständen und der nutzung des grundstücks c. 14. denn die auf dem grundstück c. 33 ansässige l2. schule , bei der es sich um eine gemeinschaftsgrundschule handelt, sowie der standort der d. -n1. -förderschule, sind aufgrund ihrer größe und vor allem der damit verbundenen an- und abfahrtbewegungen in einem reinen wohngebiet nicht mehr zulässig. 41schulen sind im bauplanungsrechtlichen sinne grundsätzlich unabhängig von dem träger der einrichtung als anlagen für kulturelle zwecke im sinne des § 4 abs. 2 nr. 3 baunvo zu verstehen. 42vgl. könig / roeser / stock, baunvo, 3. auflage 2014, § 4 rn. 49. 43nach § 3 abs. 3 nr. 2 baunvo sind in reinen wohngebieten anlagen für kulturelle zwecke ausnahmsweise nur insofern zulässig, als sie den bedürfnissen der bewohner des gebiets dienen. dagegen ist die einschränkung der bedarfsdeckung in allgemeinen wohngebieten nach § 4 baunvo nicht vorgesehen. die auf dem grundstück c. 33 ansässigen schulen erfüllen bereits aufgrund ihrer größe von insgesamt etwa 410 schülern, wovon 300 schüler die grundschule und 110 schüler die förderschule besuchen, eine funktion, welche nicht nur den bedürfnissen der bewohner des gebiets dient. vor allem eine förderschule ist grundsätzlich nicht nur auf den bedarf der bewohner in der näheren umgebung, sondern auf den bedarf über den stadtteil hinaus ausgerichtet. werden jedoch andere stadtteile von der kulturellen einrichtung mitversorgt, ist eine solche einrichtung mit dem charakter eines reinen wohngebiets nicht mehr zu vereinbaren. 44vgl. ovg lüneburg, urteil vom 10. november 2009 – 1 lc 236/05; vg münchen, beschluss vom 22. april 2013 – m 8 sn 12.5578; zitiert nach juris. 45unter diesem gesichtspunkt ist auch unabhängig von dem vorhandensein der förderschule selbst die hier ansässige gemeinschaftsgrundschule für sich betrachtet in einem reinen wohngebiet nicht mehr zulässig. dass die auf dem grundstück c. 33 ansässige grundschule den versorgungscharakter des § 3 abs. 3 nr. 2 baunvo nicht mehr wahrt, ergibt sich vor allem aus dem verzeichnis der schulbezirke der grundschulen der stadt f1. , das als anlage zur verordnung über die bildung der schulbezirke der grundschulen der stadt f1. vom 29. september 2006 aufgenommen wurde. nach deren § 1 werden für alle grundschulen der stadt f1. räumlich abgegrenzte gebiete als schulbezirke gebildet. die in diesem verzeichnis der l2. schule zugewiesenen straßen liegen in bereichen, die allein räumlich betrachtet weit über die hier maßgebliche umgebung hinausgehen. 46verordnung sowie verzeichnis der schulbezirke abrufbar unter: www.essen.de/rathaus/aemter/ordner_15/satzungen/satzungen_schulen.de.html 47nach alledem entspricht die nähere umgebung des vorhabengrundstücks einem allgemeinen wohngebiet, so dass die zulässigkeit des klägerischen vorhabens allein am maßstab des § 4 baunvo zu beurteilen ist. 48die von dem kläger beabsichtigte errichtung einer kfz-ausstellungsfläche auf dem grundstück in der t. ist ausnahmsweise als nicht störender gewerbebetrieb nach § 4 abs. 3 nr. 2 baunvo bauplanungsrechtlich zulässig. 49ausnahmen nach § 4 abs. 3 nr. 2 baunvo sind nicht zulässig, wenn ein sonstiger gewerbebetrieb den gebietscharakter des allgemeinen wohngebiets gefährdet und damit gebietsunverträglich ist. das ist dann der fall, wenn das vorhaben ‑ bezogen auf den gebietscharakter des allgemeinen wohngebiets ‑ aufgrund seiner typischen nutzungsweise störend wirkt. das erfordernis der gebietsverträglichkeit bestimmt nicht nur die regelhafte zulässigkeit, sondern erst recht den vom verordnungsgeber vorgesehenen ausnahmebereich. zwischen der jeweiligen spezifischen zweckbestimmung des baugebietstypus und dem jeweils zugeordneten ausnahmekatalog besteht ein gewollter funktionaler zusammenhang. das bedeutet: die normierte allgemeine zweckbestimmung ist auch für auslegung und anwendung der tatbestandlich normierten ausnahmen bestimmend. das allgemeine wohngebiet dient vorwiegend dem wohnen. es soll nach möglichkeit ein ungestörtes wohnen gewährleistet sein. das prägt seinen gebietscharakter. anders als im reinen wohngebiet sind aber unter den in § 4 abs. 2 baunvo genannten voraussetzungen auch andere nutzungsarten regelmäßig zulässig. die gebietsunverträglichkeit beurteilt sich für § 4 baunvo in erster linie nach dem kriterium der gebietsunüblichen störung. 50vgl. bverwg, urteil vom 21. märz 2002 ‑ 4 c 1.02 ‑, zitiert nach juris. 51es sollen immissionsbelastungen vermieden werden, die nicht in ein allgemeines wohngebiet passen. bei der beurteilung des störgrades ist auf die typische betriebsform und die sich daraus erfahrungsgemäß ergebenden auswirkungen abzustellen. 52vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 18. januar 1995 ‑ 3 s 3153/94 ‑, zitiert nach juris. 53in anwendung dieser grundsätze, sind von dem hier streitgegenständlichen vorhaben nicht solche immissionen zu erwarten, die in einem allgemeinen wohngebiet nicht mehr hinzunehmen sind. es handelt sich bei dem vorhaben um eine reine ausstellungsfläche für kfz. der verkauf der fahrzeuge und die jeweilige abwicklung sollen ausweislich des bauantrags und der weiteren klarstellung des klägers im rahmen der mündlichen verhandlung nicht auf dem vorhabengrundstück selbst, sondern auf dem grundstück der kfz-werkstatt des klägers stattfinden. die beklagte dringt auch nicht mit dem argument durch, die behauptung, auf dem vorhabengrundstück fänden keine geschäftlichen abwicklungen statt, sei lebensfremd. denn für den fall, dass über den regelungsgehalt eines vorbescheids bzw. einer sich daran anschließenden baugenehmigung hinaus gleichwohl der verkauf auf dem vorhabengrundstück stattfindet, obliegt es der beklagten, hiergegen ordnungsbehördlich einzuschreiten. 54für die annahme, dass das vorhaben sich ausnahmsweise als nicht störender gewerbebetrieb in ein allgemeines wohngebiet einfügt, spricht auch, dass die fahrzeuge nicht mittels sattelschlepper oder anhänger auf das grundstück an- und abgeliefert werden sollen, sondern mit einem roten kennzeichen von dem grundstück des klägers in der f.------straße aus überführt werden. es kommt damit nur zu einzelnen fahrzeugbewegungen und nicht zum gleichzeitigen und damit besonders immissionsträchtigen regelmäßigen austausch aller fahrzeuge. 55zudem ist die größe der ausstellungsfläche, nach der konkretisierung der voranfrage durch den kläger im rahmen der mündlichen verhandlung, so bemessen, dass maximal 20 fahrzeuge mit einem zulässigen gesamtgewicht von bis zu 3,5 tonnen gleichzeitig ausgestellt werden können. die reine abstellfläche ist damit hinsichtlich ihrer störwirkungen mit der stellplatzanlage eines mehrfamilien-wohnhauses vergleichbar. 56vgl. ovg schleswig-holstein, beschluss vom 29. juli 2013 – 1 la 49/13 -; zitiert nach juris. 57auch die öffnungszeiten lassen keine gebietsunverträglichen immissionen erwarten. so können interessenten das grundstück wochentags von 8.00 uhr bis 18.00 uhr und samstags von 9.00 uhr bis 14.00 uhr betreten. diese zeiten entsprechen in etwa auch den zeiten, in denen die durch an- und abfahrtverkehr der schulen im c. 33 hervorgerufenen immissionen in das wohngebiet drängen. von einer wesentlichen steigerung der lärmimmissionen durch den zu erwartenden kundenverkehr ist daher nicht auszugehen. 58schließlich spricht für die annahme eines nicht störenden gewerbebetriebes im sinne des § 4 abs. 3 nr. 2 baunvo auch der umstand, dass der bereich, in dem die kfz-ausstellungsfläche errichtet werden soll, ohnehin stark durch kraftfahrzeugverkehr vorbelastet ist. entlang des grundstücks führt in beide richtungen die buslinie von und nach l. . die straße unmittelbar vor dem grundstück ist dreispurig, durch eine schmale verkehrsinsel davon getrennt ist die an dieser stelle vierspurige h. straße. die belastungen durch den an- und abfahrtverkehr zum klägerischen vorhaben werden demnach kaum von der lärmkulisse von der h. straße sowie der t. zu unterscheiden sein, so dass sie für das allgemeine wohngebiet nicht als störend oder unzumutbar erfasst werden. 59vgl. ovg schleswig-holstein, beschluss vom 29. juli 2013 – 1 la 49/13 -; zitiert nach juris. 60entgegen der ansicht des beigeladenen ist auch keine verschärfung der verkehrlich bereits angespannten situation in der t. zu erwarten. das verkehrsaufkommen in der t. spricht bereits dafür, dass es sich in dieser umgebung ohnehin um keinen beruhigten und lärmimmissionsfreien raum handelt. der befürchtung, interessenten könnten ihre fahrzeuge in unzulässiger weise auf den bürgersteigen parken und damit den verkehr behindern, kann durch ordnungsbehördlichen maßnahmen begegnet werden, führt aber nicht zur planungsrechtlichen unzulässigkeit des vorhabens. 61die errichtung der kfz-ausstellungsfläche auf dem grundstück des klägers verstößt schließlich auch nicht gegen das in § 34 abs. 2 baugb i.v.m. § 15 abs. 1 baunvo enthaltene nachbarschützende rücksichtnahmegebot. das gebot der rücksichtnahme soll angesichts der gegenseitigen verflechtung der baulichen situation benachbarter grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen ausgleich schaffen, der einerseits dem bauherrn ermöglicht, was von seiner interessenlage her verständlich und unabweisbar ist und andererseits dem nachbarn erspart, was an belästigungen und nachteilen für ihn zumutbar ist. die beachtung des rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, nutzungen, die geeignet sind, spannungen und störungen hervorzurufen, aneinander so zuzuordnen, dass konflikte möglichst vermieden werden. die sich daraus ergebenden anforderungen sind im einzelfall festzustellen, wobei die konkreten umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen interessen des bauherrn und des nachbarn in anwendung des maßstabes der planungsrechtlichen zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. dabei kann desto mehr an rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die stellen dessen sind, dem die rücksichtnahme im gegebenen zusammenhang zu gute kommt; umgekehrt braucht derjenige, der das vorhaben verwirklichen will, desto weniger rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem bauvorhaben verfolgten interessen sind. 62vgl. bverwg, urteile vom 21. januar 1983 – 4 c 59.79 ‑, vom 28. oktober 1993 – 4 c 5.93 ‑ und vom 23. september 1999 ‑ 4 c 6.98 ‑, jeweils zitiert nach juris. 63in anwendung dieser grundsätze ergibt die rechtliche würdigung in einer gesamtschau der maßgeblichen umstände nicht, dass der beigeladene durch die kfz-ausstellungsfläche auf dem grundstück des klägers im dargestellten sinne rücksichtslos beeinträchtigt wird. wie bereits dargelegt, ist das vorhaben des klägers hinsichtlich seiner störwirkungen mit der stellplatzanlage eines mehrfamilien-wohnhauses vergleichbar. aufgrund der geringen größe der ausstellungsfläche sowie die begrenzung aus maximal 20 ausgestellte fahrzeuge sind häufige fahrzeugbewegungen nicht zu erwarten, zumal nur maximal drei fahrzeuge pro woche angeliefert werden. eine andere bewertung folgt auch nicht daraus, dass das grundstück des beigeladenen im besonders geschützten rückwärtigen gartenbereich an das vorhabengrundstück grenzt. denn aufgrund der zu errichtenden mauer wird ersichtlich, dass der hintere grundstücksteil ungenutzt bleiben soll und damit selbst die ohnehin nicht intensiv störenden lärmimmissionen von dem grundstück des beigeladenen abgehalten werden. zudem soll entlang der gesamten grundstücksgrenze ein pflanzstreifen errichtet werden, der zusätzlich störungen von den nachbargrundstücken abhält. 64die von seiten des beigeladenen aufgeworfenen bauordnungsrechtlichen fragen, insbesondere zu der anzahl der notwendigen stellplätze, deren zufahrtsmöglichkeit und anordnung nach § 51 abs. 7 bauo nrw, sind nicht gegenstand des hier beantragten bauplanungsrechtlichen vorbescheides, sondern werden im rahmen eines etwaigen verfahrens auf erteilung einer baugenehmigung zur prüfung stehen. hieraus folgende beeinträchtigungen zu lasten des beigeladenen, die auch im verfahren auf erteilung eines planungsrechtlichen vorbescheides im rahmen des rücksichtnahmegebots zu berücksichtigen sind, sind jedenfalls schon unter dem gesichtspunkt nicht erkennbar, dass die zufahrt zum grundstück des beigeladenen über die straße c. erfolgt und er damit durch die stellplatzsituation auf der t. in keinster weise beeinträchtigt wird. 65die erteilung einer ausnahme nach § 4 abs. 3 baunvo steht grundsätzlich im ermessen der beklagten. allerdings ist hier von einer ermessensreduzierung auf null auszugehen, da das vorhaben ein nicht störender gewerbebetrieb im sinne des § 4 abs. 3 nr. 2 baunvo ist und ein verstoß gegen das rücksichtnahmegebot nicht festzustellen ist. die beklagte kann daher im rahmen ihres ermessens auf keine sachgerechten kriterien abstellen, die zur unzulässigkeit des vorhabens führen. die von dem beigeladenen aufgeworfene frage der vereinbarkeit des vorhabens mit bauordnungsrecht führt zu keiner anderen ermessensentscheidung. denn die berücksichtigung entgegenstehenden bauordnungsrechts im rahmen des behördlichen ermessens, kann im verfahren zur erteilung eines vorbescheides nur dann zu dessen ablehnung führen, wenn sich die landesrechtlichen hindernisse „schlechthin nicht ausräumen lassen“. 66vgl. gädtke / temme / heintz / czepuck, bauo nrw, 11. auflage 2008, § 71 rn. 8a mit verweis auf bverwg, urteile vom 23. mai 1975 – iv c 28.72 – und vom 24. oktober 1980 – 4 c 3.78 -. 67dafür, dass die bauordnungsrechtlichen anforderungen an die stellplatzpflicht im baugenehmigungsverfahren offensichtlich nicht erfüllt werden könnte, ist nichts ersichtlich und liegen auch sonst keine anhaltspunkte vor. da die sache spruchreif im sinne des § 113 abs. 5 vwgo ist, darf das gericht die beklagte verpflichten, den beantragten vorbescheid zu erteilen. 68die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. die außergerichtlichen kosten des beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da er keinen antrag gestellt hat und sich damit keinem prozessrisiko ausgesetzt hat, §§ 154 abs. 3, 162 abs. 3. vwgo. 69die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung.
Klaeger*in
1
173,368
L 16 KR 160/13
2014-07-17T00:00:00
Urteil
Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 14.01.2013 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 23.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2012 verurteilt, dem Kläger auch für die Zeit vom 20.12.2011 bis 22.12.2011 und vom 01.01.2012 bis 22.09.2012 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Beklagte trägt die Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld (Krg) vom 20.12. - 22.12.2011 und über den 01.01.2012 hinaus bis zum 22.09.2012. 3Die Beklagte ist die Rechtsvorgängerin der früheren BKK T, mit der sie zum 01.01.2013 fusioniert hat. Der Kläger war Mitglied der BKK. 4Der 1960 geborene Kläger war zuletzt als Hochdruckarmaturenschlosser beschäftigt; dieses Beschäftigungsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31.10.2011. 5Der Kläger war ab dem 29.08.2011 wegen Lumboischialgie (ICD-10: M54.4) arbeitsunfähig (au) erkrankt, die der Orthopäde Dr. Q festgestellt hatte. In einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 17.11.2011 wurde festgestellt, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit beinhalte regelhaft körperlich schwere Arbeiten. Diese seien dem Versicherten aufgrund der schmerzhaften Minderbelastbarkeit des Achsorgans sicher nicht mehr zuzumuten. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit sei nicht leidensgerecht, es liege eine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vor, so dass die medizinischen Voraussetzungen des § 51 SGB V vorlägen. Aus medizinischer Sicht sei der Kläger auf Zeit au. 6Die Beklagte zahlte nach Auslaufen der Entgeltfortzahlung ab dem 10.10.2011 Krankengeld i.H.v. 52,49 EUR brutto/43,36 EUR netto. Die Zahlung erfolgte im Auszahlscheinverfahren, wobei Zahlungen monatsweise nachträglich erfolgten. Die Zahlung für den Zeitraum vom 10.10. bis 16.11.2011 erfolgte am 21.11.2011, die Zahlung für den Zeitraum 17.11. bis 05.12.2011 am 19.12.2011 und die abschließende Zahlung für den Zeitraum 06.12. bis 19.12.2011 am 27.12.2011. Die Beklagte hatte zu Beginn der Krg-Zahlung dem Kläger ein Informationsblatt übersandt, in dem es unter anderem unter der Überschrift "Einreichen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung" heißt: "Die Zahlung von Krankengeld setzt voraus, dass sie ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lückenlos und unverzüglich bei der T BKK einreichen. "Lückenlos" bedeutet, dass die folgende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am letzten Tag der vorherigen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt sein soll. Dieses Verfahren gilt auch bei Benutzung des Krankengeld-Auszahlscheins". 7Dr. Q bescheinigte auf einem Auszahlschein vom 05.12.2011 Arbeitsunfähigkeit (AU) bis 19.12.2011. Unter dem 22.12.2011 bescheinigte er weiter AU bis 05.01.2012 und in einem weiteren Auszahlschein vom 05.01.2012 AU bis 20.01.2012. 8Mit Bescheid vom 23.12.2011 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krg über den 19.12.2011 hinaus ab. Der Kläger sei aufgrund des Bezugs von Krg weiter Mitglied über das Ende seiner Beschäftigung hinaus gewesen. Man habe ihn zu Beginn der Krg-Zahlung informiert, dass die Zahlung von Krg voraussetze, dass lückenlose AU-Bescheinigungen eingereicht werden müssten. Dies bedeute, dass die folgende AU-Bescheinigung am letzten Tag des vorher bescheinigten Zeitraums ausgestellt sein müsse. In dem Auszahlschein vom 05.12.2011 sei AU bis 19.12.2011 attestiert worden. Im folgenden Auszahlschein sei erst am 22.12. AU festgestellt worden. Damit habe ab dem 20.12.2011 kein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krg mehr bestanden. 9Der Kläger machte mit seinem Widerspruch geltend, er sei wegen einer Magen-Darm-Erkrankung am 19.12.2011 gehindert gewesen, den Vorstellungstermin wahrzunehmen. Deswegen habe er ihn auf den 22.12.2011 verlegt. Er sei selbstverständlich weiter au gewesen, was sein Arzt auch bestätige. Es sei ihm unverständlich, dass trotz Fortbestehen der Krankschreibung die Gewährung von Krg verweigert werde. Er legte Bescheinigungen des Orthopäden Dr. Q vom 13.01.2012 und 30.01.2012 vor, wonach seit dem 29.08.2011 fortlaufend AU bestehe, auch in der Zeit vom 19. bis 22.12.2011. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. 10Der Kläger bezog seit dem 01.01.2012 Arbeitslosengeld (Alg) II. Der Kreis Düren als Grundsicherungsträger hat deswegen einen Erstattungsanspruch bei der Beklagten angemeldet. Seit dem 01.10.2012 bezieht der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. 11Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, er habe eine lückenlose AU nachgewiesen. Aufgrund seiner Erkrankung am 19.12.2011 sei er gehindert gewesen, bereits an diesem Tag die fortbestehende AU feststellen zu lassen. Ferner hat er unter Hinweis auf das Informationsblatt der Beklagten gerügt, er sei nicht zutreffend über die Folgen einer nicht rechtzeitigen Attestierung von AU aufgeklärt worden. In dem Merkblatt heißt es, dass die folgende AU-Bescheinigung am letzten Tag des vorhergehenden Zeitraums ausgestellt sein solle. Nunmehr mache die Beklagte aber geltend, dass diese Bescheinigung an diesem Tag ausgestellt sein müsse, so dass sie ihn nicht ausreichend auf die Folgen einer nicht rechtzeitigen Einreichung hingewiesen habe. 12Mit Urteil vom 14.01.2013 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, Krg noch für den Zeitraum vom 23.12. bis 31.12.2011 als nachgehenden Anspruch zu zahlen, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Nach der Rechtsprechung des BSG habe der Krg-Anspruch aufgrund der bis zum 19.12.2011 befristeten AU-Bescheinigung an diesem Tag geendet, aufgrund der Folgebescheinigung vom 22.12.2011 habe nach § 46 Satz 1 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ein neuer Krg-Anspruch erst am 23.12. entstehen können. Diese Regelung gelte bei zeitlich befristeter AU-Feststellung für jeden neuen Bewilligungsabschnitt. Am 23.12. sei die über den Krg-Anspruch aufrecht erhaltene Mitgliedschaft wegen des Wegfalls des Krg-Anspruchs am 19.12. beendet gewesen. Eine rückwirkende Feststellung der AU komme hier nicht in Betracht. Diese Möglichkeit sei auf eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt; mit den in der Literatur genannten Fällen wie einer mehrtägigen Bewusstlosigkeit oder eines Unfalls im Hochgebirge sei die geltend gemachte Magen-Darm-Erkrankung, die zudem nicht nachgewiesen sei, nicht vergleichbar. Ein Herstellungsanspruch scheide mangels Pflichtverletzung der Beklagten aus. Der Kläger sei schon nicht mit einem konkreten Beratungsbegehren an die Beklagte herangetreten. Ferner sehe die Kammer in der Formulierung des Informationsblattes keine Beratungspflichtverletzung. Zwar bestehe im juristischen Sprachgebrauch ein Unterschied zwischen "Soll" und "Muss", es sei aber für einen Laien eindeutig, dass AU-Bescheinigungen lückenlos sein müssten. Im Übrigen wäre eine Pflichtverletzung nicht kausal geworden, da der Kläger allein wegen der geltend gemachten Erkrankung den Arzt nicht aufgesucht habe. Der Kläger habe daher nur noch gem. § 19 Abs. 2 SGB V einen nachgehenden Anspruch für die Zeit vom 23.12. bis 31.12.2011. 13Gegen das ihm am 19.02.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.03.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, ihm sei das Krg im Wege eines Herstellungsanspruchs wegen der irreführenden Formulierung im Informationsschreiben zuzusprechen. Zudem trage er krankheitsbedingt an der Verzögerung der Feststellung keine Schuld. Er habe bis Renteneintritt AU-Bescheinigungen bei der Beklagten eingereicht. 14Der Kläger beantragt, 15das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 14.01.2013 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2012 zu verurteilen, ihm Krankengeld auch für die Zeit vom 20.12.2011 bis 22.12.2011 und vom 01.01.2012 bis 22.09.2012 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. 16Die Beklagte beantragt, 17die Berufung zurückzuweisen. 18Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Sie hat mitgeteilt, ihr lägen keine über den 20.01.2012 hinausreichenden AU-Bescheinigungen vor. Der Krg-Anspruch des Klägers wäre am 22.09.2012 erschöpft gewesen. 19Der Kläger hat am 24.03.2012 einen Schlaganfall erlitten, wegen dem er sich vom 24.03. bis. 10.04.2012 in stationärer Krankenhausbehandlung und vom 10.04. bis 28.04.2012 in einer von der Beklagten getragenen stationären Rehabilitations-Maßnahme befunden hat. Wegen der Folgen des Apoplex ist von den behandelnden Ärzten AU für den Zeitraum vom 24.03.2012 bis 01.11.2012 bescheinigt worden. Dr. Q hat bescheinigt (Attest vom 04.02.2013), der Kläger sei vom 29.08.2011 bis 24.03.2012 au erkrankt gewesen, die Behandlung sei dann durch den Apoplex unterbrochen worden. 20Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist. 21Entscheidungsgründe: 22I. Die Berufung des Klägers ist statthaft und auch sonst zulässig. 23II. Die Berufung des Klägers ist auch begründet. Der Bescheid vom 23.12.2011 ist rechtswidrig, denn dem Kläger steht Krg nicht nur als nachgehenden Anspruch für die Zeit vom 23.12. bis 31.12.2011, sondern auch für die Zeit vom 20.12. bis 22.12.2011 und vom 01.01.2012 bis zur Anspruchserschöpfung am 22.09.2012 zu, so dass das Sozialgericht die Klage insoweit zu Unrecht abgewiesen hat. 24Nach § 44 Abs. 1 1. Alt. SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn Krankheit sie au macht. Ob der Betreffende mit Anspruch auf Krg versichert ist, bestimmt sich nach seinem Status zum Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der AU (so jetzt BSGE 111, 18, Rn. 15; anders allerdings erneut BSG, Urteil vom 04.03.2014 - B 1 KR 17/13 R - Rn. 14, wo wieder die frühere Formulierung aufgegriffen wird, für den Umfang des Versicherungsschutzes sei auf den Tag abzustellen, der dem Tag der Feststellung der AU folge). Der Kläger war aufgrund seiner Beschäftigung als Hochdruckarmaturenschlosser mit Anspruch auf Krg versichert (§§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 44 SGB V). Seine Mitgliedschaft endete aber nicht mit dem Wegfall der Beschäftigung gegen Entgelt, sondern blieb nach Maßgabe des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V durch den Bezug von Krg bzw. einen Anspruch auf Krg erhalten. Somit bestand die Mitgliedschaft aus der Beschäftigtenversicherung bis zum 19.12.2011 schon aufgrund der Gewährung von Krg fort. Sie bestand aber auch im Zeitraum vom 20.12.2011 bis 22.09.2012 fort, da dem Kläger aufgrund der am 29.08.2011 eingetretenen und festgestellten AU ein durchgehender mitgliedschaftserhaltender Krg-Anspruch zustand, der unabhängig vom Zeitpunkt weiterer ärztlicher AU-Feststellungen bestand. 25Allerdings geht das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass auch bei fortdauernder AU, "aber abschnittsweiser Krg-Bewilligung" in jedem Bewilligungszeitraum rechtlich selbstständige Ansprüche auf Krg bestehen. Das BSG verlangt "bei zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krg-Gewährung", dass die Voraussetzungen des Krg-Anspruchs, vor allem ein Mitgliedschaftsverhältnis mit Anspruch auf Krg, für jeden Bewilligungsabschnitt erneut festgestellt werden müssen, wobei § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V uneingeschränkt auch dann Anwendung finden soll, wenn es um die Folge-AU wegen derselben Krankheit geht (vgl. BSGE 94, 247; 95, 219; SozR 4-2500 § 44 Nr. 12; SozR 4-2500 § 46 Nr. 12; Urteil vom 26.07.2007 - B 1 KR 2/07 R = USK 2007-33; SozR 4-2500 § 44 Nr. 14; SozR 4-2500 § 192 Nr. 4; BSGE 111, 9; 111, 18; Urteil vom 04.03.2014 - B 1 KR 17/13 R). Das BSG nimmt somit eine Kette rechtlich selbstständiger Ansprüche an, die jeweils neu entstehen müssen. Da nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V ein Krg-Anspruch am Tag nach der ärztlichen Feststellung der AU entsteht, muss die weitere AU vor Ablauf des Krg-Bewilligungsabschnitts (und zwar spätestens am letzten Tag des Bewilligungszeitraums) erneut ärztlich festgestellt werden, damit eine nahtlose Reihe von Krg-Ansprüchen besteht, die für die Erhaltung der Mitgliedschaft erforderlich ist. Wegen der verzögerten Anspruchsentstehung erst am Tag nach der ärztlichen Feststellung der AU (anders allerdings bei Versicherten im Rahmen der Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA), § 47b Abs. 1 Satz 2 SGB V, s. dazu unten 2 f) führt eine "Lücke" in den AU-Feststellungen (in Wahrheit liegt allerdings insoweit keine Lücke vor, weil eine AU-Feststellung am Tag nach dem zuletzt bescheinigten Zeitraum nahtlos an die vorangegangene Feststellung anknüpft; lediglich wegen der Anwendung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V kommt es zu einer Lücke in den Krg-Anspruchszeiträumen) dazu, dass mit dem Ende des Krg-Anspruchs auch die über ihn aufrecht erhaltene Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krg endet und anschließend allenfalls ein nachgehender Krg-Anspruch (§ 19 Abs. 2 SGB V) in Betracht kommt (s. dazu BSGE 111, 9 Rn. 30 ff.). 26Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung haben die Beklagte und das Sozialgericht angenommen, der Kläger sei am 22.12.2011 bei der erneuten ärztlichen Feststellung der AU nicht mehr mit Anspruch auf Krg versichert gewesen, da seine Mitgliedschaft mit dem Krg-Anspruch am 19.12.2012 geendet habe. Diese Annahme ist allerdings schon auf dem Boden der zitierten Rechtsprechung des BSG deshalb fragwürdig, weil dessen Argumentation immer auf das Ende des Krg-Bewilligungszeitraums abstellt. Da hier die Beklagte am 19.12.2011 Krg für den Zeitraum 17.11. bis 05.12.2011 gezahlt hat, gab es keinen am 19.12.2011 ablaufenden Krg-Bewilligungsabschnitt, so dass die Forderung nach erneuter AU-Feststellung "vor Ablauf des letzten Bewilligungsabschnitts" ins Leere geht. 27Der Senat, der bisher ebenso wie andere Obergerichte (s. nur LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.11.2011 - L 9 KR 563/11; LSG Hamburg, Urteil vom 04.12.2012 - L 1 KR 25/11; LSG Hessen, Urteil vom 24.10.2013 - L 8 KR 114/12; LSG NRW, Urteil vom 19.12.2012 - L 11 KR 538/12; Urteil vom 11.04.2013 - L 5 KR 462/12) der genannten Rechtsprechung des BSG gefolgt ist (s. etwa Senat, Urteil vom 14.07.2011 - L 16 KR 73/10; Urteil vom 15.03.2012 - L 16 KR 146/11), hält nach Überprüfung hieran nicht fest und ist der Auffassung, dass es der ärztlichen Feststellung der AU als Voraussetzung der Entstehung des Krg-Anspruchs nur für den Beginn des Krg-Anspruchs bedarf und dieser - unabhängig von ärztlichen Feststellungen und Bescheinigungen - so lange fortbesteht, wie objektiv AU wegen derselben Krankheit vorliegt (ebenso SG Trier, Urteil vom 24.04.2013 - S 5 KR 77/12; SG Mainz, Urteil vom 24.09.2013 - S 17 KR 247/12; SG Speyer, Urteil vom 22.11.2013 - S 19 KR 600/11). Es ist demnach unerheblich, dass hier nach der AU-Bescheinigung bis 19.12.2011 die Folgebescheinigung erst am 22.12.2011 erfolgte. 281. Das BSG hat erstmals im Urteil vom 22.03.2005 (BSGE 94, 247) angenommen, dass bei abschnittsweiser Gewährung von Krg das Vorliegen der leistungsrechtlichen Voraussetzungen für jeden weiteren Bewilligungsabschnitt zu prüfen sei. Es hat dabei an frühere Rechtsprechung angeknüpft (nach dem Leitsatz zu 1) wird das Urteil unter anderem als Fortführung von BSGE 70,31 bezeichnet), die allerdings nur den Inhalt von Krg-Bewilligungen betraf. Das BSG hatte insoweit entschieden, dass in einer Gewährung von Krg wegen AU auf der Grundlage einer befristeten AU-Bescheinigung vorbehaltlich einer abweichenden Bestimmung regelmäßig die Entscheidung der Kasse zu sehen sei, dass Krg für die Zeit der bescheinigten AU gewährt werde, so dass damit mit der Krg-Bewilligung auch über das - vorläufige - Ende der Krg-Bezugszeit entschieden werde (grundlegend BSG SozR 2200 § 182 Nr. 103; BSGE 70, 31). Rechtliche Bedeutung hat diese Aussage des BSG aber allein auf der verfahrensrechtlichen Ebene: Aufgrund der zeitlichen Begrenzung der Bewilligung kann die Kasse über die Weiterbewilligung von Krg ungeachtet der vorangegangenen Bewilligung ohne die Bindungen der §§ 45, 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) entscheiden. Sie kann also eigenständig prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des Krg-Anspruchs (weiter) vorliegen und dürfte ohne Rücksicht auf die vorangegangene Bewilligung eine Weitergewährung ablehnen, wenn etwa die AU unzutreffend beurteilt oder ein gesetzlicher Ausschlussgrund (s. § 50 Abs. 1 SGB V) nicht beachtet worden wäre. Ebenso liegt in der Ablehnung der Weitergewährung nicht der Entzug der Leistung, so dass § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht eingreift (s. Bayerisches LSG, NZS 2012, 341; Schleswig-Holsteinisches LSG, Breith. 2013, 657). In den genannten Entscheidungen wird dementsprechend auch nicht vom Ende des Krg-Anspruchs, sondern nur vom "Ende der Krg-Bezugszeit" gesprochen. 29Über diese Rechtsprechung geht das BSG im Urteil vom 22.03.2005 (und in den folgenden Entscheidungen) hinaus, wenn es ausführt, dass auch nach vorangegangener Krg-Gewährung "die rechtlichen Voraussetzungen des Krg-Anspruchs und damit ein neuer Leistungsfall" zu prüfen seien (juris Rn. 31). Es nimmt jetzt also an, dass mit Ablauf des bisher bewilligten Krg-Bezugs ein neuer Krg-Anspruch entstehen muss, so dass folgerichtig auch § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V zur Anwendung kommt (so ausdrücklich BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 12 Rn.16). 30Demgegenüber hatte das BSG im Urteil vom 26.11.1991 (BSGE 70, 31) noch betont, Entstehung und Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bestimmten sich nach dem Recht, das zur Zeit der Anspruchsentstehung gegolten habe, sofern nicht später entstandenes Recht etwas anderes bestimme (juris Rn. 14), so dass es in einem Fall, in dem ein (in der sechsten Blockfrist) im November 1988 wiederaufgelebter Krg-Anspruch für die Zeit ab Inkrafttreten des SGB V (01.01.1989) in Frage stand, ungeachtet einer abschnittsweisen Krg-Bewilligung entschieden hat, dass auf die weitere Dauer des wiederaufgelebten Krg-Anspruchs das alte Recht Anwendung finde (juris Rn. 16). Es war also ersichtlich der Ansicht, dass auch bei abschnittsweiser Krg-Bewilligung ein einheitlicher Leistungsanspruch vorliegt und nicht entsprechend den Bezugszeiträumen jeweils ein neuer selbstständiger Leistungsanspruch entsteht. Diese Sichtweise bestimmt auch noch das Urteil vom 08.02.2000 (BSGE 85, 271). Es beschäftigt sich nur mit der Frage, ob einem rückwirkend nach zwei Jahren erhobenen Anspruch auf Krg das Ruhen wegen der unterbliebenen Meldung (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) entgegenstehe. Das BSG hat zwar in der Entscheidung gefordert, dass die AU vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krg angezeigt werden müsse und dazu ausgeführt, auch wenn bei ununterbrochenem Leistungsbezug wegen der Befristung der bisherigen Krankschreibung über die Weitergewährung neu zu befinden sei, müsse der Versicherte die AU rechtzeitig vor Fristablauf feststellen lassen und seiner Krankenkasse melden, wenn er das Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden wolle (a.a.O. S. 275). Dass das BSG in diesem Zusammenhang aber nur das Ruhen des Anspruchs anspricht, zeigt, dass es offensichtlich die ärztliche Feststellung nicht als Entstehensvoraussetzung des weiteren Krg-Anspruchs angesehen hat, sondern (nur) als selbstverständliche Voraussetzung der Meldung (denn Ruhen kann nur ein entstandener Anspruch). 31Weshalb das BSG in dem Urteil vom 22.03.2005 hiervon abgerückt und - wie der Verweis auf BSGE 90, 72, 83, wo es um die erstmalige Entstehung des Krg-Anspruchs gegangen war, zeigt - jetzt annimmt, dass mit jedem Bewilligungszeitraum ein neuer Anspruch auf Krg entstehen muss, wird in der Entscheidung nicht näher begründet. Ohnehin ging es in der genannten Entscheidung auch nur um die Frage, ob bei einem während des Bezugs von Arbeitslosengeld (Alg) au gewordenen Versicherten die bei Beginn der AU geltenden Zumutbarkeitsbestimmungen des (damals geltenden) § 121 Drittes Buch Sozialgesetzbuch ((SGB III), jetzt § 140 Abs. 3 SGB III) maßgeblich für die Beurteilung der AU auch für die späteren Bewilligungsabschnitte sind. Insoweit hat das BSG sein Abrücken von dem Grundsatz, dass der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche nach dem zur Zeit der Anspruchsentstehung geltenden Recht zu beurteilen sei, u.a. damit begründet, es gehe hier nicht um eine Rechtsänderung, sondern um die Anwendung abgestufter Zumutbarkeitskriterien, die dem Anspruch auf Alg von vornherein innewohnten (juris Rn. 32). 32Im Urteil vom 08.11.2005 (BSGE 95,219) hat das BSG diese Rechtsprechung nunmehr auch auf das Mitgliedschaftsverhältnis bezogen. Da es zu Lücken bei der ärztlichen Feststellung der AU gekommen sei, habe es an einer den Krg-Anspruch erhaltenden ärztlichen Feststellung durchgehender AU gefehlt, so dass die an die frühere Beschäftigung anknüpfende Mitgliedschaft mangels durchgehenden Krg-Anspruchs bei der späteren Geltendmachung des Krg-Anspruchs nicht mehr bestanden habe (juris Rn. 14). 332. Der Senat hält diese Rechtsprechung des BSG nicht für überzeugend. 34a) Es fehlt schon an einer nachvollziehbaren Begründung, weshalb das BSG abweichend von seiner früheren Auffassung jetzt annimmt, dass trotz durchgehender AU bei den in der Praxis üblichen zeitlich befristeten AU-Bescheinigungen und Krg-Bewilligungen jeweils rechtlich selbstständige Leistungsansprüche bestehen, auf die jeweils § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V Anwendung findet. Der Wortlaut der Vorschrift spricht nur von der Entstehung "des" Anspruchs auf Krg. Das Gesetz bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass dieser Anspruch nur für die Dauer des prognostizierten Zeitraums entsteht oder an dessen Ende erlischt und damit bei Fortbestehen der AU eine Kette von Krg-Ansprüchen besteht. Regelungen zum Ende bzw. dem Wegfall des Krg-Anspruchs trifft das Gesetz in § 50 Abs. 1 SGB V und § 51 Abs. 3 SGB V. Gerade mit Blick auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach Krg wegen derselben Krankheit von Beginn der AU für begrenzte Zeit gezahlt wird, liegt es näher, dass der durch die Feststellung der AU ausgelöste Krg-Anspruch so lange besteht, wie die durch dieselbe Krankheit verursachte AU objektiv vorliegt. 35Dagegen spricht auch nicht der Zweck der Vorschrift. Sie soll den Versicherten bewegen, rechtzeitig die AU durch einen Arzt feststellen zu lassen, um damit Missbrauch und Unsicherheiten wegen eines behaupteten früheren Eintritts von AU vorzubeugen (BSGE 95, 219 Rn.16). Die Erforderlichkeit einer ärztlichen Feststellung der AU geht auf eine Neufassung der Vorgängerregelung in § 182 Abs. 3 RVO zurück. Während davor der Nachweis der AU auch rückwirkend geführt werden konnte, hat dann der Gesetzgeber aus Gründen der Praktikabilität und zur Missbrauchsabwehr die Feststellung durch den Arzt für maßgeblich erklärt. Es ging also bei der Neuregelung (nur) darum, der Eintritt des Versicherungsfalls zuverlässig feststellen zu können und die Zuerkennung von Krg vor Aufsuchen eines Arztes auszuschließen (vgl. BSGE 24, 278, 279; Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung - SGB V, § 46 Rdnr. 21). Dieses Ziel ist erreicht, wenn man die erstmalige Gewährung von Krg von der ärztlichen Feststellung abhängig macht, weil damit das Vorliegen des Versicherungsfalls festgestellt ist und von der Kasse überprüft werden kann. Im Folgenden geht es nur noch um die Prüfung, ob dieser Versicherungsfall weiter vorliegt. Daher ist die Auffassung überzeugend, dass nach der Erstfeststellung der AU alle weiteren Krg-Ansprüche allein in Abhängigkeit vom tatsächlichen Fortbestehen des Versicherungsfalles entstehen und die weiteren AU-Feststellungen nur dem Nachweis des Fortbestehens der AU und nicht der Feststellung einer neuen AU dienen (Berchtold, Krankengeld, 2004, Rn. 527; Schmidt, a.a.O., § 44 Rn. 35a, § 46 Rn.32, § 49 Rn. 110a). 36b) Auch die Leistungsentscheidungen der Krankenkasse können nicht bewirken, dass ein entstandener Krg-Anspruch bei fortbestehender AU erlischt und neu entstehen muss. Dass bei zeitlich befristeten Krg-Bewilligungen schon das Ende des Bezugszeitraums festgelegt wird und dementsprechend eine neue Entscheidung für den Folgezeitraum zu ergehen hat, bedeutet nur, dass über die Folgezeit neu entschieden werden muss, ist aber unerheblich für die Frage, ob auch für die Folgeperiode der Krg-Anspruch neu entstehen muss. Wie oben gezeigt, hat die Rechtsprechung, wonach Krg nur für die Dauer des bescheinigten Zeitraums bewilligt wird, verfahrensrechtliche Bedeutung. Zwar müssen auch für den weiteren Krg-Bezug die gesetzlichen Voraussetzungen, namentlich fortbestehende AU vorliegen und es dürfen keine entgegenstehende Gründe wie die Anspruchserschöpfung (§ 48 Abs. 1 SGB V) oder ein gesetzlicher Ausschlusstatbestand (§ 50 Abs. 1 SGB V) eingreifen. Damit wird aber nur der Fortbestand des materiellen Krg-Anspruchs geprüft. Mit Recht ist daher in den Ausgangsentscheidungen des BSG nicht vom Ende des Krg-Anspruchs, sondern des Krg-Bezugsraums die Rede. 37Wenn demgegenüber das BSG jetzt meint, der Krg-Anspruch müsse für jeden Bewilligungsabschnitt neu entstehen und eigenständig geprüft werden, werden die Fragen des Ent- bzw. Bestehens des materiellen Krg-Anspruchs und dessen Zuerkennung durch die Kasse miteinander vermengt. Der materielle Krg-Anspruch besteht unabhängig von der Entscheidung der Kasse; ein zu Unrecht abgelehnte Anspruch geht, wie schon § 44 SGB X zeigt, nicht unter, sondern muss nur gegen die Kasse durchgesetzt werden. Im Übrigen geht das BSG auch selbst davon aus, dass die Entscheidung der Kasse nicht maßgeblich für das Bestehen des materiellen Krg-Anspruchs ist, wenn es annimmt, dass eine zeitlich nicht eingegrenzte ärztliche AU-Bescheinigung auch einen über den gegenwärtigen Krg-Bewilligungsabschnitt hinausreichenden Anspruch für weitere Bewilligungsabschnitte begründen kann (BSGE 111, 18 Rn. 18; BSG, Urteil vom 12.03.2013 - B 1 KR 7/12 R juris Rn. 15). Demnach besteht der materielle Krg-Anspruch unabhängig von der Verwaltungsentscheidung der Kasse. 38c) Wenn das BSG von zeitlich befristeten AU-Bescheinigungen und dementsprechender Krg-Bewilligung spricht und fordert, dass die weitere Feststellung der AU vor Ablauf des Krg-Bewilligungsabschnitts erfolgen müsse, liegt dem offenbar die Vorstellung zugrunde, dass Krg im Voraus für die Zeit der ärztlich prognostizierten Dauer der AU gewährt werde (s. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.11.2011 - L 9 KR 563/07,juris Rn. 39 ff, das unter Zitierung der Rechtsprechung des BSG meint, nach der "gesetzlichen Konzeption" könne ein Anspruch auf Krg nur für zukünftige der Feststellung der AU folgende Zeiträume begründet werden, so dass es "grob fehlerhaft" sei, wenn eine Kasse für abgelaufene Zeiträume AU-Bescheinigungen verlange und nur für diese Zeiträume Krg zahle). 39Dem entspricht aber die sich auch in § 6 Abs. 2 Satz 2 der "Richtlinien des Gemeinsamen Bundesauschusses über die Beurteilung der AU und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 SGB V" ((AU-RL) i.d.F. vom 14.11.2013 (BAnz AT 27.01.2014 B4)) ausdrückende Praxis der Krankenkassen nicht. Nach Ablauf der Entgeltfortzahlung, während der der Krg-Anspruch ruht (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), erfolgt die Krg-Gewährung in der Praxis nach Kenntnis des Senats aus zahlreichen Verfahren verbreitet unter Verwendung von Auszahlscheinen. Dabei wird überwiegend - wie auch hier von der Beklagten - das Krg nur bis zum Zeitpunkt der Ausstellung des Auszahlscheins gezahlt, auch wenn der Arzt darüber hinaus für eine Folgezeit AU bescheinigt hat. Andere Kassen - wie in dem mit Urteil vom heutigen Tag entschiedenen Parallelverfahren L 16 KR 208/13 - zahlen das Krg auch über das Datum der Ausstellung hinausgehend bis zum Ende des Monats. In allen Fällen erfolgt aber immer die Gewährung von Krg rückwirkend für einen (zumindest weitgehend) bereits abgelaufenen Zeitraum. Wird - wie hier - von der Krankenkasse Krg nachträglich nur bis zum Datum der Ausstellung der letzten AU-Bescheinigung gezahlt, gibt es also nie einen Bewilligungsabschnitt, vor dessen Ablauf AU erneut festgestellt werden könnte. Dieser Praxis der Kassen entspricht § 6 Abs. 2 Satz 1 AU-RL, der vorsieht, dass die Bescheinigung für die Krg-Zahlung rückwirkend für einen nicht mehr als sieben Tage umfassenden Zeitraum (und nur für zwei Tage im Voraus) erfolgen soll, wobei Abs. 3 sogar davon ausgeht, dass rückwirkend AU auch dann bescheinigt werden darf, wenn der Versicherte mit triftigem Grund einen ärztlichen Behandlungstermin nicht wahrgenommen hat. Die Regelung geht also davon aus, dass es ausreicht, wenn rückblickend zuverlässig das objektive Bestehen von AU festgestellt werden kann. Auch wenn die AU-RL nicht einer gesetzlichen Regelung widersprechen oder sie modifizieren können, zeigen sie doch, dass die Praxis der Krg-Gewährung nicht (und noch nie) dem "Modell" des BSG einer Krg-Zahlung für einen der Bescheinigung nachfolgenden Zeitraum entspricht. Es ist somit festzustellen, dass die Krankenkassen zwar verbal die Rechtsprechung des BSG rezipieren, ihre Praxis der Krg-Zahlung aber einem anderen "Modell" folgt. Warum die Krankenkassen gleichwohl meinen, auf der Grundlage dieser Rechtsprechung Krg verweigern zu dürfen, wenn Versicherte zu einem späteren als dem im Auszahlschein angegebenen Datum den Arzt aufsuchen, um weiter AU bescheinigen zu lassen, bleibt offen. Sie können sich jedenfalls nicht darauf berufen, aufgrund ihrer befristeten Bewilligung habe der Krg-Anspruch mit dem Ende des Bewilligungszeitraums geendet, wenn sie ohnehin nicht für die voraussichtliche weitere Dauer der AU, sondern nur für den zurückliegenden Zeitraum Krg bewilligt haben (daher unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium der Krankenkasse die Berufung auf eine rückwirkende Feststellung von AU versagend, wenn bislang immer im Auszahlscheinverfahren Krg für rückwirkend bescheinigte AU-Zeiten gezahlt worden ist, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.04.2012 - L 11 KR 384/10, juris Rn. 38). 40d) In Wahrheit ist aber auch für das BSG die Krg-Bewilligung letztlich ohne rechtliche Bedeutung. Obwohl es immer die Formulierung von "zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krg-Gewährung" gebraucht bzw. die "Feststellung von AU vor Ablauf des Krg-Bewilligungsabschnitts" fordert, prüft es in den Entscheidungen nie, wann Bewilligungen erfolgt waren und welchen Inhalt diese hatten. Tatsächlich geht das BSG immer nur vom Inhalt der ärztlichen Bescheinigungen aus. Dies wird besonders deutlich in den Fällen, in denen überhaupt keine Krg-Bewilligung vorlag. So hatte in einem der am 26.06.2007 entschiedenen Fälle der Versicherte Entgeltfortzahlung auf der Grundlage einer entsprechend befristeten AU-Bescheinigung bis zum Ende der Beschäftigung am 31.05. erhalten. Die weitere ärztliche Feststellung der AU erfolgte dann am 01.06. Das BSG behauptet in der Entscheidung ohne weiteres, es gebe einen neuen Bewilligungsabschnitt ab dem 01.06., für den es dann an der Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft fehle (BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 12 Rn. 16), obwohl mit Sicherheit wegen der Entgeltfortzahlung keine Entscheidung über das Krg ergangen war und der noch während der Beschäftigung entstandene Krg-Anspruch lediglich wegen des Bezugs von Arbeitsentgelt geruht hatte (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Auch in dem dem Urteil vom 10.05.2012 (BSGE 111, 9) zugrunde liegenden Fall war keine Krg-Bewilligung erfolgt. Die Kasse hatte nämlich schon von Anfang an die Entstehung eines Krg-Anspruchs verneint, weil die AU erst am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt worden war, was die Kasse unter Hinweis auf ein Besprechungsergebnis der (früheren) Spitzenverbände der Krankenkassen (Besprechungsergebnis vom 07.05.2008, Die Leistungen 2008, 751) nicht für ausreichend gehalten hatte. Ebenso hatte in der Entscheidung vom 02.11.2007 die Krankenkasse aus Rechtsgründen von Anfang an die Zahlung von Krg abgelehnt - das BSG bejahte wohl grundsätzlich einen Krg-Anspruch, hielt aber bei der Prüfung dessen Dauer bei einer Lücke in den AU-Feststellungen den Verlust der Mitgliedschaft mit Krg-Anspruch für möglich (BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 14 Rn. 21). In allen diesen Fällen konnte es mangels Entscheidungen über das Krg auch keine Entscheidung der Kasse über das Ende des Anspruchs geben, so dass entgegen der Formel von "zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krg-Gewährung" allein der Inhalt der ärztlichen AU-Bescheinigungen über den Bestand des Krg-Anspruchs entscheiden sollte. Bezeichnenderweise verlangt das BSG in einem obiter dictum sogar bei einem Streit zwischen Kasse und Versichertem über das Bestehen von AU als Voraussetzung eines Krg-Anspruchs, dass der Versicherte sich bei befristeten AU-Bescheinigungen vor Fristablauf die AU erneut ärztlich bescheinigen lassen und der Kasse melden müsse, wenn er das Erlöschen oder das Ruhen des Anspruchs vermeiden wolle (BSGE 111, 18 Rn. 20), obwohl in dieser Zeit gerade keine "dementsprechenden" Krg-Bewilligungen erfolgen. Das behauptete Erlöschen des Krg-Anspruchs mit Ablauf des bescheinigten AU-Zeitraums konnte somit nicht durch eine das Ende des Krg-Anspruchs festlegende Entscheidung der Kasse über den Bezugszeitraum bewirkt worden sein. 41e) Wie dargelegt stellt somit das BSG allein auf den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung für den Bestand des Krg-Anspruchs ab. Bescheinigt der Arzt AU auf unbestimmte Zeit, bestünde demnach ein zeitlich nicht begrenzter Krg-Anspruch, während eine befristete Feststellung von AU dazu führen würde, dass auch nur ein entsprechend zeitlich begrenzter Anspruch auf Krg entsteht. Hierfür gibt aber weder der Wortlaut des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V etwas her, noch wäre diese Annahme mit der Bedeutung der ärztlichen Feststellung vereinbar. Die AU ist ein Rechtsbegriff, dessen Bestimmung jenseits der medizinischen Kompetenz des Arztes liegt (Tischler in BeckOK Sozialrecht SGB V, § 46 Rn.15). Der Arzt muss nur die medizinischen Anteile des AU-Begriffs feststellen, also Art und Schwere der Gesundheitsstörung und die damit verbundene Einschränkung des Leistungsvermögens. Demgegenüber obliegt die Entscheidung, ob der Versicherte damit au ist, weil er mit diesem Leistungsvermögen weder seine letzte noch eine ähnliche Tätigkeit verrichten kann, der Krankenkasse. Mit der Befristung trifft der Arzt nur eine prognostische Aussage, wie lange voraussichtlich die Einschränkung des Leistungsvermögens bestehen wird. Auch wenn er in der Bescheinigung eine Aussage über das Vorliegen von AU trifft, hat seine Bescheinigung nur die Bedeutung einer die Kasse nicht bindenden ärztlich-gutachterlichen Stellungnahme (BSGE 111, 18 Rn. 14; KassKomm/Brandts, § 46 SGB V Rn. 14). Dementsprechend hat das BSG in anderem Zusammenhang dezidiert ausgeführt, der Arzt habe nicht über das rechtliche Bestehen von Leistungsansprüchen - hier auf Krg - zu befinden oder gar hierüber Verwaltungsakte zu erlassen (BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 7 Rn. 28; BSGE 95, 219 Rn. 25). Mit dieser Aussage wäre unvereinbar, wenn die ärztliche Bescheinigung für die Dauer des entstandenen Anspruchs auf Krg maßgeblich wäre, weil damit faktisch der Arzt doch über den rechtlichen Bestand des Krg-Anspruchs "entscheiden" würde. Der Befristung einer ärztlichen Bescheinigung kann damit nicht die Bedeutung beigemessen werden, dass nur für den bescheinigten Zeitraum ein Krg-Anspruch entstanden ist. Damit fehlt es aber an einer tragfähigen Begründung für das Erlöschen des Krg-Anspruchs mit dem Ende des ärztlich bescheinigten AU-Zeitraums und die Notwendigkeit der Erfüllung aller leistungsrechtlichen Voraussetzungen einschließlich der ärztlichen Feststellung nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V für die Weiterbewilligung des Krg. 42f) Gegen die Auffassung des BSG ist auch einzuwenden, dass sie zu einer unterschiedlichen Behandlung von Versichertengruppen führt, die auch bei der Umsetzung der Rechtsprechung in der Praxis zu Verwirrungen führen kann. Für Versicherte in der KVdA gilt nämlich nicht § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V, sondern § 47b Abs. 1 Satz 2 SGB V, der ihnen einen Krg-Anspruch schon vom ersten Tag der AU an einräumt. Selbst wenn man entgegen dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, der nur auf das Bestehen von AU abstellt (daher einen Krg-Anspruch unabhängig von einer ärztlichen AU-Feststellung bejahend Just in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 47b Rn. 5; Joussen in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl., § 47b Rn. 2; Berchtold, Krankengeld, 2004, Rn. 888; Meyerhoff in jurisPK-SGB V, 2. Aufl., § 47b Rn. 35; Tischler in BeckOK-Sozialrecht, § 47b SGB V, Rn. 5; Krauskopf/Vay, Soz. Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 47b SGB V Rn. 7), mit dem BSG annimmt, "mit Rücksicht auf § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V" komme es auch bei § 47b Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht auf den wirklichen Beginn der AU, sondern deren ärztliche Feststellung an (BSGE 90, 72, 82; ebenso KassKomm/Brandts, § 47b SGB V, Rn. 13), entsteht der Krg-Anspruch bereits mit dem ersten Tag der AU-Feststellung. Bei Annahme rechtlich selbstständiger Einzelansprüche müsste die Vorschrift nach Ablauf der Leistungsfortzahlung (§ 146 SGB III) auch für die Folgeansprüche gelten, so dass bei befristeten AU-Bescheinigungen die Folgefeststellungen nicht schon am letzten Tag des bescheinigten Zeitraums erfolgen müssen, sondern eine Feststellung am folgenden Tag ausreichend wäre. Denn damit würde bereits für diesen Tag der (weitere) Anspruch auf Krg entstehen und somit eine nahtlose Reihe von Krg-Ansprüchen vorliegen, die zur Aufrechterhaltung der mit Krg-Anspruch verbundenen Mitgliedschaft in der KVdA ausreichen würde (so jetzt ausdrücklich BSGE 111, 9 Rn. 18 für die Beschäftigtenversicherung; soweit das BSG in einem Urteil vom 26.07.2007 (B 1 KR 2/07 R) gemeint hat, die Versicherung in der KVdA sei bei einem bis zum 14.08. bestehenden Krg-Anspruch am 15.08. bei der weiteren ärztlichen AU-Feststellung bereits beendet gewesen (juris Rn. 14), dürfte es entweder übersehen haben, dass unabhängig vom Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung an diesem Tag der Krg-Anspruch für den 15.08. entstanden war und dieser Anspruch sich damit nahtlos an den Krg-Bezug bis 14.08. anschloss oder es hat damals noch nicht eine nahtlose Kette von Krg-Ansprüchen für ausreichend gehalten). Es liegt auf der Hand, dass sowohl für Versicherte als auch Ärzte diese unterschiedlichen Voraussetzungen kaum verständlich sind und es damit zu Unsicherheiten hinsichtlich des Zeitpunkts eines Wiedervorstellungtermins kommen kann. 43Der Senat ist somit der Auffassung, dass lediglich für die erstmalige Entstehung des Krg-Anspruchs die ärztliche Feststellung der AU nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V erforderlich ist, während es bei durchgehender AU allein darauf ankommt, ob im gesamten Zeitraum objektiv AU bestanden hat. Aufgrund der vorliegenden AU-Bescheinigungen bzw. Atteste bestehen keine Zweifel, dass der Kläger auch im Zeitraum vom 19.12.2011 bis 22.09.2012 durchgehend au war, wobei ihm für die Zeit vom 24.03. bis 28.04.2012 ohnehin wegen der stationären Krankenhausbehandlung bzw. stationären Reha-Maßnahme unabhängig vom Vorliegen von AU ein Krg-Anspruch zusteht (§ 44 Abs. 1 2. Alt. SGB V). Der Annahme durchgehender AU steht nicht entgegen, dass zunächst AU wegen der Wirbelsäulenbeschwerden und dann (auch) wegen der Folgen des Schlaganfalls bestand. Davon unabhängig, dass hier grundsätzlich von einer auf Dauer bestehenden AU wegen der Wirbelsäulenbeschwerden auszugehen sein dürfte (s. unten zu 3. b) hat Dr. Q auch ausdrücklich bescheinigt, dass die Behandlung wegen dieser Krankheit durch den Schlaganfall unterbrochen worden sei, so dass diese neue Krankheit zu der weiter bestehenden Krankheit auf orthopädischem Gebiet hinzugetreten ist. Somit bilden beide Krankheiten gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V eine Einheit und es liegt ein einheitlicher Leistungsfall vor. Hiervon ist auch die Beklagte bei der Berechnung der Anspruchserschöpfung ausgegangen, die sie (zutreffend) unter Berücksichtigung der aufgrund der Wirbelsäulenleidens laufenden Blockfristen vorgenommen hat. Die Beklagte hat auch trotz ausdrücklicher Nachfrage des Senats das Vorliegen von AU nicht bestritten, so dass weitere Ermittlungen des Senats nicht veranlasst waren. Dem Kläger steht somit Krg über den 19.12.2011 hinaus nicht nur als nachgehender Anspruch zu. Dieser Anspruch besteht, da ein Krg-Anspruch nicht neu entstehen musste und damit § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V keine Anwendung findet, über den vom Sozialgericht zuerkannten Zeitraum hinaus auch schon für den 20.12. bis 22.12.2011 und vom 01.01.2012 bis 22.09.2012. 44Der Krg-Anspruch ruhte auch nicht in der Zeit nach dem 20.01.2012 wegen fehlender Meldung der AU (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V). Für die Zeit vom 24.03. bis 28.04.2012, für die dem Kläger Krg wegen der stationären Behandlung nach § 44 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB V zusteht, ist die Meldung ohne Belang. Hinsichtlich der weiteren Zeiträume hat die Beklagte zwar mitgeteilt, ihr lägen keine AU-Nachweise für die Zeit nach dem 20.01.2012 vor. Der Kläger hat dagegen behauptet, bis zum Renteneintritt AU-Bescheinigungen eingereicht zu haben. Insoweit hält es der Senat nach seiner Erfahrung mit der Aktenführung mancher Krankenkassen durchaus nicht für ausgeschlossen, dass, weil nach dem Bescheid vom 23.12.2011 kein laufender Krg-Fall mehr vorlag, Bescheinigungen nicht zu den Akten genommen worden sind oder dass auch nach der erfolgten Fusion nicht alle Unterlagen an die Beklagte gelangt sind. 45Einer Aufklärung bedarf es aber nicht, weil die Beklagte dem Kläger eine unterbliebene Meldung nicht entgegenhalten könnte. Das BSG verlangt zwar gegen den Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, wonach "die" AU innerhalb einer Woche "nach Beginn" gemeldet werden muss, auch bei ununterbrochenem Leistungsbezug eine erneute Meldung, wenn wegen Befristung der bisherigen Krankschreibung über die Weiterbewilligung von Krg neu zu befinden ist (BSGE 85, 271, 275; ablehnend SG Mainz, Urteil vom 24.9.2013 - S 17 KR 247/12, juris Rn. 49 ff.; SG Speyer, Urteil vom 22.11.2013 - S 19 KR 600/11, juris Rn. 47 ff.). Selbst wenn man im Regelfall bei befristeten AU-Bescheinigungen die weitere Meldung der AU fordert (im Auszahlscheinverfahren kommt es ohnehin nur zur Weiterzahlung von Krg, wenn der Kasse ein aktueller Auszahlschein vorgelegt wird), kann dies nicht gelten, wenn wie hier die Kasse schon aus Rechtsgründen die Zahlung von Krg verweigert. Die Beklagte hat wegen des von ihr angenommenen Endes der mit Krg-Anspruch verbundenen Mitgliedschaft aus der Beschäftigtenversicherung die Voraussetzungen für eine über den 20.12.2011 hinausreichende Krg-Gewährung unabhängig vom Leistungsvermögen des Klägers verneint. Vor diesem Hintergrund wäre die Forderung nach fortlaufender Meldung weiterer AU-Feststellungen bloße Förmelei und durch den Zweck der Vorschrift nicht geboten. Die Meldung soll die Krankenkasse davon freistellen, die Voraussetzungen eines verspätet angemeldeten Anspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen, und ihr die Möglichkeit erhalten, AU zeitnah durch den MDK überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen entgegentreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können (BSGE 85, 271, 275). Wenn aber schon aus Rechtsgründen die Krg-Gewährung abgelehnt wird, erfolgt ohnehin keine medizinische Überprüfung des Sachverhalts, denn die Krankenkasse hat damit eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie unabhängig von dem Gesundheitszustand des Versicherten kein Krg erbringen wird. Eine Meldung der fortbestehenden AU kann somit den mit der Vorschrift verfolgten Zweck nicht erfüllen. Das BSG hat selbst im Falle einer rechtlich unzutreffenden Bewertung der Kasse, dass sich die AU nach Aufgabe des Arbeitsplatzes nicht mehr an der zuletzt ausgeübten Tätigkeit auszurichten habe, die der Versicherte zunächst hingenommen hatte, den später geltend gemachten Krg-Anspruch nicht am Fehlen der AU-Meldung scheitern lassen, weil dies den Versicherten unangemessen benachteilige (BSGE 85, 271, 278). Nichts anderes kann gelten, wenn die Kasse fehlerhaft die weitere Krg-Zahlung wegen des Endes der Mitgliedschaft verweigert hat. Auch in diesem Fall kann vom Versicherten nicht verlangt werden, er habe den Fortbestand der AU laufend zu melden. 46Die Beklagte war daher zur Gewährung von Krg für den Zeitraum vom 20.12.2011 bis 22.12.2011 und vom 01.01.2012 bis 22.09.2012 zu verurteilen. Da der Kläger seit dem 01.01.2012 Alg II bezogen und der zuständige Träger deswegen einen Erstattungsanspruch bei der Beklagten angemeldet hat, gilt der Krg-Anspruch des Klägers in Höhe der Erstattungsforderung als erfüllt (§ 107 Abs. 1 SGB X), so dass ihm nur die Differenz zwischen den Alg II-Leistungen und dem Krg zusteht. 473. a) Von seiner Rechtsauffassung ausgehend kann der Senat dahinstehen lassen, ob hier die AU-Feststellung für den weiteren Bewilligungsabschnitt ab dem 20.12.2011 rückwirkend auf den letzten Tag des vorangegangenen Zeitraums nachgeholt werden könnte. Das BSG hält dies ausnahmsweise für möglich (vgl. zusammenfassend BSGE 95, 219 Rn. 18 ff), ohne hierfür eine dogmatische Grundlage zu nennen. Ob insoweit die behauptete Magen-Darm-Erkrankung - für die es bisher keinen Nachweis gibt - einen ausreichenden Grund für die Versäumung des Termins am 19.12.2011 bilden könnte, kann dahinstehen. 48b) Der Senat braucht auch nicht zu entscheiden, ob nicht ohnehin die AU auch über den 19.12.2011 hinaus ärztlich festgestellt war. Da die AU während der Beschäftigung als Armaturenschlosser eingetreten war und Bezugspunkt für die Beurteilung der AU die zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles konkret ausgeübte Arbeit ist, waren zwar nach dem Verlust des Arbeitsplatzes nicht mehr die konkreten Verhältnisse an diesem Arbeitsplatz für die Beurteilung der AU maßgebend, sondern war abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen. Insoweit konnte der Kläger aber nur auf Tätigkeiten "verwiesen" werden, die hinsichtlich der Art der Verrichtung, der körperlichen und geistigen Anforderungen, der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie der Höhe der Entlohnung im Wesentlichen mit der bisher verrichteten Arbeit übereinstimmen (vgl. BSGE 85, 271, 273; Urteil vom 12.3.2013 - B 1 KR 7/12 R, juris Rn. 14). Nach dem Gutachten des MDK vom 17.11.2011 waren dem Kläger schwere Arbeiten aufgrund der Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule nicht mehr möglich, so dass eine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit bejaht wurde. Diese Beurteilung bezog sich ersichtlich nicht (nur) auf den konkreten Arbeitsplatz, sondern generell auf Arbeiten als Armaturenschlosser, so dass nicht ersichtlich ist, welche "Verweisungstätigkeiten" für den Kläger in Betracht gekommen wären. Der Beurteilung des MDK könnte somit die Feststellung der AU auf Dauer bzw. zumindest auf nicht absehbare Zeit entnommen werden. Ob diese Annahme zutrifft und ob vor diesem Hintergrund die befristeten AU-Bescheinigungen (deren Befristungen kaum zugrundelag, dass bis Ablauf des bescheinigten Zeitraums von einer Besserung auszugehen sein würde) von Dr. Q keine Bedeutung hätten oder ob sie in jedem Fall die Feststellung des MDK "überlagerten", kann aber offen bleiben. 49Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. 50Der Senat hat die Revision wegen Abweichung von der Rechtsprechung des BSG und wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) zugelassen.
auf die berufung des klägers wird das urteil des sozialgerichts aachen vom 14.01.2013 geändert. die beklagte wird unter aufhebung des bescheides vom 23.12.2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.04.2012 verurteilt, dem kläger auch für die zeit vom 20.12.2011 bis 22.12.2011 und vom 01.01.2012 bis 22.09.2012 krankengeld nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen zu gewähren. die beklagte trägt die kosten des klägers in beiden rechtszügen. die revision wird zugelassen. 1
2die beteiligten streiten über die gewährung von krankengeld (krg) vom 20.12. - 22.12.2011 und über den 01.01.2012 hinaus bis zum 22.09.2012. 3die beklagte ist die rechtsvorgängerin der früheren bkk t, mit der sie zum 01.01.2013 fusioniert hat. der kläger war mitglied der bkk. 4der 1960 geborene kläger war zuletzt als hochdruckarmaturenschlosser beschäftigt; dieses beschäftigungsverhältnis endete durch kündigung des arbeitgebers zum 31.10.2011. 5der kläger war ab dem 29.08.2011 wegen lumboischialgie (icd-10: m54.4) arbeitsunfähig (au) erkrankt, die der orthopäde dr. q festgestellt hatte. in einem gutachten des medizinischen dienstes der krankenversicherung (mdk) vom 17.11.2011 wurde festgestellt, die zuletzt ausgeübte tätigkeit beinhalte regelhaft körperlich schwere arbeiten. diese seien dem versicherten aufgrund der schmerzhaften minderbelastbarkeit des achsorgans sicher nicht mehr zuzumuten. die zuletzt ausgeübte tätigkeit sei nicht leidensgerecht, es liege eine gefährdung der erwerbsfähigkeit vor, so dass die medizinischen voraussetzungen des § 51 sgb v vorlägen. aus medizinischer sicht sei der kläger auf zeit au. 6die beklagte zahlte nach auslaufen der entgeltfortzahlung ab dem 10.10.2011 krankengeld i.h.v. 52,49 eur brutto/43,36 eur netto. die zahlung erfolgte im auszahlscheinverfahren, wobei zahlungen monatsweise nachträglich erfolgten. die zahlung für den zeitraum vom 10.10. bis 16.11.2011 erfolgte am 21.11.2011, die zahlung für den zeitraum 17.11. bis 05.12.2011 am 19.12.2011 und die abschließende zahlung für den zeitraum 06.12. bis 19.12.2011 am 27.12.2011. die beklagte hatte zu beginn der krg-zahlung dem kläger ein informationsblatt übersandt, in dem es unter anderem unter der überschrift "einreichen der arbeitsunfähigkeitsbescheinigung" heißt: "die zahlung von krankengeld setzt voraus, dass sie ihre arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lückenlos und unverzüglich bei der t bkk einreichen. "lückenlos" bedeutet, dass die folgende arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am letzten tag der vorherigen arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt sein soll. dieses verfahren gilt auch bei benutzung des krankengeld-auszahlscheins". 7dr. q bescheinigte auf einem auszahlschein vom 05.12.2011 arbeitsunfähigkeit (au) bis 19.12.2011. unter dem 22.12.2011 bescheinigte er weiter au bis 05.01.2012 und in einem weiteren auszahlschein vom 05.01.2012 au bis 20.01.2012. 8mit bescheid vom 23.12.2011 lehnte die beklagte die gewährung von krg über den 19.12.2011 hinaus ab. der kläger sei aufgrund des bezugs von krg weiter mitglied über das ende seiner beschäftigung hinaus gewesen. man habe ihn zu beginn der krg-zahlung informiert, dass die zahlung von krg voraussetze, dass lückenlose au-bescheinigungen eingereicht werden müssten. dies bedeute, dass die folgende au-bescheinigung am letzten tag des vorher bescheinigten zeitraums ausgestellt sein müsse. in dem auszahlschein vom 05.12.2011 sei au bis 19.12.2011 attestiert worden. im folgenden auszahlschein sei erst am 22.12. au festgestellt worden. damit habe ab dem 20.12.2011 kein versicherungsverhältnis mit anspruch auf krg mehr bestanden. 9der kläger machte mit seinem widerspruch geltend, er sei wegen einer magen-darm-erkrankung am 19.12.2011 gehindert gewesen, den vorstellungstermin wahrzunehmen. deswegen habe er ihn auf den 22.12.2011 verlegt. er sei selbstverständlich weiter au gewesen, was sein arzt auch bestätige. es sei ihm unverständlich, dass trotz fortbestehen der krankschreibung die gewährung von krg verweigert werde. er legte bescheinigungen des orthopäden dr. q vom 13.01.2012 und 30.01.2012 vor, wonach seit dem 29.08.2011 fortlaufend au bestehe, auch in der zeit vom 19. bis 22.12.2011. mit widerspruchsbescheid vom 12.04.2012 wies die beklagte den widerspruch zurück. 10der kläger bezog seit dem 01.01.2012 arbeitslosengeld (alg) ii. der kreis düren als grundsicherungsträger hat deswegen einen erstattungsanspruch bei der beklagten angemeldet. seit dem 01.10.2012 bezieht der kläger eine rente wegen voller erwerbsminderung. 11zur begründung seiner klage hat der kläger geltend gemacht, er habe eine lückenlose au nachgewiesen. aufgrund seiner erkrankung am 19.12.2011 sei er gehindert gewesen, bereits an diesem tag die fortbestehende au feststellen zu lassen. ferner hat er unter hinweis auf das informationsblatt der beklagten gerügt, er sei nicht zutreffend über die folgen einer nicht rechtzeitigen attestierung von au aufgeklärt worden. in dem merkblatt heißt es, dass die folgende au-bescheinigung am letzten tag des vorhergehenden zeitraums ausgestellt sein solle. nunmehr mache die beklagte aber geltend, dass diese bescheinigung an diesem tag ausgestellt sein müsse, so dass sie ihn nicht ausreichend auf die folgen einer nicht rechtzeitigen einreichung hingewiesen habe. 12mit urteil vom 14.01.2013 hat das sozialgericht die beklagte verurteilt, krg noch für den zeitraum vom 23.12. bis 31.12.2011 als nachgehenden anspruch zu zahlen, im übrigen hat es die klage abgewiesen. nach der rechtsprechung des bsg habe der krg-anspruch aufgrund der bis zum 19.12.2011 befristeten au-bescheinigung an diesem tag geendet, aufgrund der folgebescheinigung vom 22.12.2011 habe nach § 46 satz 1 nr. 2 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v) ein neuer krg-anspruch erst am 23.12. entstehen können. diese regelung gelte bei zeitlich befristeter au-feststellung für jeden neuen bewilligungsabschnitt. am 23.12. sei die über den krg-anspruch aufrecht erhaltene mitgliedschaft wegen des wegfalls des krg-anspruchs am 19.12. beendet gewesen. eine rückwirkende feststellung der au komme hier nicht in betracht. diese möglichkeit sei auf eng begrenzte ausnahmefälle beschränkt; mit den in der literatur genannten fällen wie einer mehrtägigen bewusstlosigkeit oder eines unfalls im hochgebirge sei die geltend gemachte magen-darm-erkrankung, die zudem nicht nachgewiesen sei, nicht vergleichbar. ein herstellungsanspruch scheide mangels pflichtverletzung der beklagten aus. der kläger sei schon nicht mit einem konkreten beratungsbegehren an die beklagte herangetreten. ferner sehe die kammer in der formulierung des informationsblattes keine beratungspflichtverletzung. zwar bestehe im juristischen sprachgebrauch ein unterschied zwischen "soll" und "muss", es sei aber für einen laien eindeutig, dass au-bescheinigungen lückenlos sein müssten. im übrigen wäre eine pflichtverletzung nicht kausal geworden, da der kläger allein wegen der geltend gemachten erkrankung den arzt nicht aufgesucht habe. der kläger habe daher nur noch gem. § 19 abs. 2 sgb v einen nachgehenden anspruch für die zeit vom 23.12. bis 31.12.2011. 13gegen das ihm am 19.02.2013 zugestellte urteil hat der kläger am 18.03.2013 berufung eingelegt. zur begründung trägt er vor, ihm sei das krg im wege eines herstellungsanspruchs wegen der irreführenden formulierung im informationsschreiben zuzusprechen. zudem trage er krankheitsbedingt an der verzögerung der feststellung keine schuld. er habe bis renteneintritt au-bescheinigungen bei der beklagten eingereicht. 14der kläger beantragt, 15das urteil des sozialgerichts aachen vom 14.01.2013 abzuändern und die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 23.12.2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.04.2012 zu verurteilen, ihm krankengeld auch für die zeit vom 20.12.2011 bis 22.12.2011 und vom 01.01.2012 bis 22.09.2012 nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen zu gewähren. 16die beklagte beantragt, 17die berufung zurückzuweisen. 18sie hält die angefochtene entscheidung für zutreffend. sie hat mitgeteilt, ihr lägen keine über den 20.01.2012 hinausreichenden au-bescheinigungen vor. der krg-anspruch des klägers wäre am 22.09.2012 erschöpft gewesen. 19der kläger hat am 24.03.2012 einen schlaganfall erlitten, wegen dem er sich vom 24.03. bis. 10.04.2012 in stationärer krankenhausbehandlung und vom 10.04. bis 28.04.2012 in einer von der beklagten getragenen stationären rehabilitations-maßnahme befunden hat. wegen der folgen des apoplex ist von den behandelnden ärzten au für den zeitraum vom 24.03.2012 bis 01.11.2012 bescheinigt worden. dr. q hat bescheinigt (attest vom 04.02.2013), der kläger sei vom 29.08.2011 bis 24.03.2012 au erkrankt gewesen, die behandlung sei dann durch den apoplex unterbrochen worden. 20wegen weiterer einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der verwaltungsakte der beklagten verwiesen, der gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist. 21
22i. die berufung des klägers ist statthaft und auch sonst zulässig. 23ii. die berufung des klägers ist auch begründet. der bescheid vom 23.12.2011 ist rechtswidrig, denn dem kläger steht krg nicht nur als nachgehenden anspruch für die zeit vom 23.12. bis 31.12.2011, sondern auch für die zeit vom 20.12. bis 22.12.2011 und vom 01.01.2012 bis zur anspruchserschöpfung am 22.09.2012 zu, so dass das sozialgericht die klage insoweit zu unrecht abgewiesen hat. 24nach § 44 abs. 1 1. alt. sgb v haben versicherte anspruch auf krg, wenn krankheit sie au macht. ob der betreffende mit anspruch auf krg versichert ist, bestimmt sich nach seinem status zum zeitpunkt der ärztlichen feststellung der au (so jetzt bsge 111, 18, rn. 15; anders allerdings erneut bsg, urteil vom 04.03.2014 - b 1 kr 17/13 r - rn. 14, wo wieder die frühere formulierung aufgegriffen wird, für den umfang des versicherungsschutzes sei auf den tag abzustellen, der dem tag der feststellung der au folge). der kläger war aufgrund seiner beschäftigung als hochdruckarmaturenschlosser mit anspruch auf krg versichert (§§ 5 abs. 1 nr. 1, 44 sgb v). seine mitgliedschaft endete aber nicht mit dem wegfall der beschäftigung gegen entgelt, sondern blieb nach maßgabe des § 192 abs. 1 nr. 2 sgb v durch den bezug von krg bzw. einen anspruch auf krg erhalten. somit bestand die mitgliedschaft aus der beschäftigtenversicherung bis zum 19.12.2011 schon aufgrund der gewährung von krg fort. sie bestand aber auch im zeitraum vom 20.12.2011 bis 22.09.2012 fort, da dem kläger aufgrund der am 29.08.2011 eingetretenen und festgestellten au ein durchgehender mitgliedschaftserhaltender krg-anspruch zustand, der unabhängig vom zeitpunkt weiterer ärztlicher au-feststellungen bestand. 25allerdings geht das bsg in ständiger rechtsprechung davon aus, dass auch bei fortdauernder au, "aber abschnittsweiser krg-bewilligung" in jedem bewilligungszeitraum rechtlich selbstständige ansprüche auf krg bestehen. das bsg verlangt "bei zeitlich befristeter au-feststellung und dementsprechender krg-gewährung", dass die voraussetzungen des krg-anspruchs, vor allem ein mitgliedschaftsverhältnis mit anspruch auf krg, für jeden bewilligungsabschnitt erneut festgestellt werden müssen, wobei § 46 satz 1 nr. 2 sgb v uneingeschränkt auch dann anwendung finden soll, wenn es um die folge-au wegen derselben krankheit geht (vgl. bsge 94, 247; 95, 219; sozr 4-2500 § 44 nr. 12; sozr 4-2500 § 46 nr. 12; urteil vom 26.07.2007 - b 1 kr 2/07 r = usk 2007-33; sozr 4-2500 § 44 nr. 14; sozr 4-2500 § 192 nr. 4; bsge 111, 9; 111, 18; urteil vom 04.03.2014 - b 1 kr 17/13 r). das bsg nimmt somit eine kette rechtlich selbstständiger ansprüche an, die jeweils neu entstehen müssen. da nach § 46 satz 1 nr. 2 sgb v ein krg-anspruch am tag nach der ärztlichen feststellung der au entsteht, muss die weitere au vor ablauf des krg-bewilligungsabschnitts (und zwar spätestens am letzten tag des bewilligungszeitraums) erneut ärztlich festgestellt werden, damit eine nahtlose reihe von krg-ansprüchen besteht, die für die erhaltung der mitgliedschaft erforderlich ist. wegen der verzögerten anspruchsentstehung erst am tag nach der ärztlichen feststellung der au (anders allerdings bei versicherten im rahmen der krankenversicherung der arbeitslosen (kvda), § 47b abs. 1 satz 2 sgb v, s. dazu unten 2 f) führt eine "lücke" in den au-feststellungen (in wahrheit liegt allerdings insoweit keine lücke vor, weil eine au-feststellung am tag nach dem zuletzt bescheinigten zeitraum nahtlos an die vorangegangene feststellung anknüpft; lediglich wegen der anwendung des § 46 satz 1 nr. 2 sgb v kommt es zu einer lücke in den krg-anspruchszeiträumen) dazu, dass mit dem ende des krg-anspruchs auch die über ihn aufrecht erhaltene mitgliedschaft mit anspruch auf krg endet und anschließend allenfalls ein nachgehender krg-anspruch (§ 19 abs. 2 sgb v) in betracht kommt (s. dazu bsge 111, 9 rn. 30 ff.). 26auf der grundlage dieser rechtsprechung haben die beklagte und das sozialgericht angenommen, der kläger sei am 22.12.2011 bei der erneuten ärztlichen feststellung der au nicht mehr mit anspruch auf krg versichert gewesen, da seine mitgliedschaft mit dem krg-anspruch am 19.12.2012 geendet habe. diese annahme ist allerdings schon auf dem boden der zitierten rechtsprechung des bsg deshalb fragwürdig, weil dessen argumentation immer auf das ende des krg-bewilligungszeitraums abstellt. da hier die beklagte am 19.12.2011 krg für den zeitraum 17.11. bis 05.12.2011 gezahlt hat, gab es keinen am 19.12.2011 ablaufenden krg-bewilligungsabschnitt, so dass die forderung nach erneuter au-feststellung "vor ablauf des letzten bewilligungsabschnitts" ins leere geht. 27der senat, der bisher ebenso wie andere obergerichte (s. nur lsg berlin-brandenburg, urteil vom 23.11.2011 - l 9 kr 563/11; lsg hamburg, urteil vom 04.12.2012 - l 1 kr 25/11; lsg hessen, urteil vom 24.10.2013 - l 8 kr 114/12; lsg nrw, urteil vom 19.12.2012 - l 11 kr 538/12; urteil vom 11.04.2013 - l 5 kr 462/12) der genannten rechtsprechung des bsg gefolgt ist (s. etwa senat, urteil vom 14.07.2011 - l 16 kr 73/10; urteil vom 15.03.2012 - l 16 kr 146/11), hält nach überprüfung hieran nicht fest und ist der auffassung, dass es der ärztlichen feststellung der au als voraussetzung der entstehung des krg-anspruchs nur für den beginn des krg-anspruchs bedarf und dieser - unabhängig von ärztlichen feststellungen und bescheinigungen - so lange fortbesteht, wie objektiv au wegen derselben krankheit vorliegt (ebenso sg trier, urteil vom 24.04.2013 - s 5 kr 77/12; sg mainz, urteil vom 24.09.2013 - s 17 kr 247/12; sg speyer, urteil vom 22.11.2013 - s 19 kr 600/11). es ist demnach unerheblich, dass hier nach der au-bescheinigung bis 19.12.2011 die folgebescheinigung erst am 22.12.2011 erfolgte. 281. das bsg hat erstmals im urteil vom 22.03.2005 (bsge 94, 247) angenommen, dass bei abschnittsweiser gewährung von krg das vorliegen der leistungsrechtlichen voraussetzungen für jeden weiteren bewilligungsabschnitt zu prüfen sei. es hat dabei an frühere rechtsprechung angeknüpft (nach dem leitsatz zu 1) wird das urteil unter anderem als fortführung von bsge 70,31 bezeichnet), die allerdings nur den inhalt von krg-bewilligungen betraf. das bsg hatte insoweit entschieden, dass in einer gewährung von krg wegen au auf der grundlage einer befristeten au-bescheinigung vorbehaltlich einer abweichenden bestimmung regelmäßig die entscheidung der kasse zu sehen sei, dass krg für die zeit der bescheinigten au gewährt werde, so dass damit mit der krg-bewilligung auch über das - vorläufige - ende der krg-bezugszeit entschieden werde (grundlegend bsg sozr 2200 § 182 nr. 103; bsge 70, 31). rechtliche bedeutung hat diese aussage des bsg aber allein auf der verfahrensrechtlichen ebene: aufgrund der zeitlichen begrenzung der bewilligung kann die kasse über die weiterbewilligung von krg ungeachtet der vorangegangenen bewilligung ohne die bindungen der §§ 45, 48 zehntes buch sozialgesetzbuch (sgb x) entscheiden. sie kann also eigenständig prüfen, ob die gesetzlichen voraussetzungen des krg-anspruchs (weiter) vorliegen und dürfte ohne rücksicht auf die vorangegangene bewilligung eine weitergewährung ablehnen, wenn etwa die au unzutreffend beurteilt oder ein gesetzlicher ausschlussgrund (s. § 50 abs. 1 sgb v) nicht beachtet worden wäre. ebenso liegt in der ablehnung der weitergewährung nicht der entzug der leistung, so dass § 86a abs. 2 nr. 3 sgg nicht eingreift (s. bayerisches lsg, nzs 2012, 341; schleswig-holsteinisches lsg, breith. 2013, 657). in den genannten entscheidungen wird dementsprechend auch nicht vom ende des krg-anspruchs, sondern nur vom "ende der krg-bezugszeit" gesprochen. 29über diese rechtsprechung geht das bsg im urteil vom 22.03.2005 (und in den folgenden entscheidungen) hinaus, wenn es ausführt, dass auch nach vorangegangener krg-gewährung "die rechtlichen voraussetzungen des krg-anspruchs und damit ein neuer leistungsfall" zu prüfen seien (juris rn. 31). es nimmt jetzt also an, dass mit ablauf des bisher bewilligten krg-bezugs ein neuer krg-anspruch entstehen muss, so dass folgerichtig auch § 46 satz 1 nr. 2 sgb v zur anwendung kommt (so ausdrücklich bsg sozr 4-2500 § 44 nr. 12 rn.16). 30demgegenüber hatte das bsg im urteil vom 26.11.1991 (bsge 70, 31) noch betont, entstehung und fortbestand sozialrechtlicher ansprüche bestimmten sich nach dem recht, das zur zeit der anspruchsentstehung gegolten habe, sofern nicht später entstandenes recht etwas anderes bestimme (juris rn. 14), so dass es in einem fall, in dem ein (in der sechsten blockfrist) im november 1988 wiederaufgelebter krg-anspruch für die zeit ab inkrafttreten des sgb v (01.01.1989) in frage stand, ungeachtet einer abschnittsweisen krg-bewilligung entschieden hat, dass auf die weitere dauer des wiederaufgelebten krg-anspruchs das alte recht anwendung finde (juris rn. 16). es war also ersichtlich der ansicht, dass auch bei abschnittsweiser krg-bewilligung ein einheitlicher leistungsanspruch vorliegt und nicht entsprechend den bezugszeiträumen jeweils ein neuer selbstständiger leistungsanspruch entsteht. diese sichtweise bestimmt auch noch das urteil vom 08.02.2000 (bsge 85, 271). es beschäftigt sich nur mit der frage, ob einem rückwirkend nach zwei jahren erhobenen anspruch auf krg das ruhen wegen der unterbliebenen meldung (§ 49 abs. 1 nr. 5 sgb v) entgegenstehe. das bsg hat zwar in der entscheidung gefordert, dass die au vor jeder erneuten inanspruchnahme des krg angezeigt werden müsse und dazu ausgeführt, auch wenn bei ununterbrochenem leistungsbezug wegen der befristung der bisherigen krankschreibung über die weitergewährung neu zu befinden sei, müsse der versicherte die au rechtzeitig vor fristablauf feststellen lassen und seiner krankenkasse melden, wenn er das ruhen des leistungsanspruchs vermeiden wolle (a.a.o. s. 275). dass das bsg in diesem zusammenhang aber nur das ruhen des anspruchs anspricht, zeigt, dass es offensichtlich die ärztliche feststellung nicht als entstehensvoraussetzung des weiteren krg-anspruchs angesehen hat, sondern (nur) als selbstverständliche voraussetzung der meldung (denn ruhen kann nur ein entstandener anspruch). 31weshalb das bsg in dem urteil vom 22.03.2005 hiervon abgerückt und - wie der verweis auf bsge 90, 72, 83, wo es um die erstmalige entstehung des krg-anspruchs gegangen war, zeigt - jetzt annimmt, dass mit jedem bewilligungszeitraum ein neuer anspruch auf krg entstehen muss, wird in der entscheidung nicht näher begründet. ohnehin ging es in der genannten entscheidung auch nur um die frage, ob bei einem während des bezugs von arbeitslosengeld (alg) au gewordenen versicherten die bei beginn der au geltenden zumutbarkeitsbestimmungen des (damals geltenden) § 121 drittes buch sozialgesetzbuch ((sgb iii), jetzt § 140 abs. 3 sgb iii) maßgeblich für die beurteilung der au auch für die späteren bewilligungsabschnitte sind. insoweit hat das bsg sein abrücken von dem grundsatz, dass der fortbestand sozialrechtlicher ansprüche nach dem zur zeit der anspruchsentstehung geltenden recht zu beurteilen sei, u.a. damit begründet, es gehe hier nicht um eine rechtsänderung, sondern um die anwendung abgestufter zumutbarkeitskriterien, die dem anspruch auf alg von vornherein innewohnten (juris rn. 32). 32im urteil vom 08.11.2005 (bsge 95,219) hat das bsg diese rechtsprechung nunmehr auch auf das mitgliedschaftsverhältnis bezogen. da es zu lücken bei der ärztlichen feststellung der au gekommen sei, habe es an einer den krg-anspruch erhaltenden ärztlichen feststellung durchgehender au gefehlt, so dass die an die frühere beschäftigung anknüpfende mitgliedschaft mangels durchgehenden krg-anspruchs bei der späteren geltendmachung des krg-anspruchs nicht mehr bestanden habe (juris rn. 14). 332. der senat hält diese rechtsprechung des bsg nicht für überzeugend. 34a) es fehlt schon an einer nachvollziehbaren begründung, weshalb das bsg abweichend von seiner früheren auffassung jetzt annimmt, dass trotz durchgehender au bei den in der praxis üblichen zeitlich befristeten au-bescheinigungen und krg-bewilligungen jeweils rechtlich selbstständige leistungsansprüche bestehen, auf die jeweils § 46 satz 1 nr. 2 sgb v anwendung findet. der wortlaut der vorschrift spricht nur von der entstehung "des" anspruchs auf krg. das gesetz bietet keinen anhaltspunkt dafür, dass dieser anspruch nur für die dauer des prognostizierten zeitraums entsteht oder an dessen ende erlischt und damit bei fortbestehen der au eine kette von krg-ansprüchen besteht. regelungen zum ende bzw. dem wegfall des krg-anspruchs trifft das gesetz in § 50 abs. 1 sgb v und § 51 abs. 3 sgb v. gerade mit blick auf § 48 abs. 1 satz 1 sgb v, wonach krg wegen derselben krankheit von beginn der au für begrenzte zeit gezahlt wird, liegt es näher, dass der durch die feststellung der au ausgelöste krg-anspruch so lange besteht, wie die durch dieselbe krankheit verursachte au objektiv vorliegt. 35dagegen spricht auch nicht der zweck der vorschrift. sie soll den versicherten bewegen, rechtzeitig die au durch einen arzt feststellen zu lassen, um damit missbrauch und unsicherheiten wegen eines behaupteten früheren eintritts von au vorzubeugen (bsge 95, 219 rn.16). die erforderlichkeit einer ärztlichen feststellung der au geht auf eine neufassung der vorgängerregelung in § 182 abs. 3 rvo zurück. während davor der nachweis der au auch rückwirkend geführt werden konnte, hat dann der gesetzgeber aus gründen der praktikabilität und zur missbrauchsabwehr die feststellung durch den arzt für maßgeblich erklärt. es ging also bei der neuregelung (nur) darum, der eintritt des versicherungsfalls zuverlässig feststellen zu können und die zuerkennung von krg vor aufsuchen eines arztes auszuschließen (vgl. bsge 24, 278, 279; schmidt in peters, handbuch der krankenversicherung - sgb v, § 46 rdnr. 21). dieses ziel ist erreicht, wenn man die erstmalige gewährung von krg von der ärztlichen feststellung abhängig macht, weil damit das vorliegen des versicherungsfalls festgestellt ist und von der kasse überprüft werden kann. im folgenden geht es nur noch um die prüfung, ob dieser versicherungsfall weiter vorliegt. daher ist die auffassung überzeugend, dass nach der erstfeststellung der au alle weiteren krg-ansprüche allein in abhängigkeit vom tatsächlichen fortbestehen des versicherungsfalles entstehen und die weiteren au-feststellungen nur dem nachweis des fortbestehens der au und nicht der feststellung einer neuen au dienen (berchtold, krankengeld, 2004, rn. 527; schmidt, a.a.o., § 44 rn. 35a, § 46 rn.32, § 49 rn. 110a). 36b) auch die leistungsentscheidungen der krankenkasse können nicht bewirken, dass ein entstandener krg-anspruch bei fortbestehender au erlischt und neu entstehen muss. dass bei zeitlich befristeten krg-bewilligungen schon das ende des bezugszeitraums festgelegt wird und dementsprechend eine neue entscheidung für den folgezeitraum zu ergehen hat, bedeutet nur, dass über die folgezeit neu entschieden werden muss, ist aber unerheblich für die frage, ob auch für die folgeperiode der krg-anspruch neu entstehen muss. wie oben gezeigt, hat die rechtsprechung, wonach krg nur für die dauer des bescheinigten zeitraums bewilligt wird, verfahrensrechtliche bedeutung. zwar müssen auch für den weiteren krg-bezug die gesetzlichen voraussetzungen, namentlich fortbestehende au vorliegen und es dürfen keine entgegenstehende gründe wie die anspruchserschöpfung (§ 48 abs. 1 sgb v) oder ein gesetzlicher ausschlusstatbestand (§ 50 abs. 1 sgb v) eingreifen. damit wird aber nur der fortbestand des materiellen krg-anspruchs geprüft. mit recht ist daher in den ausgangsentscheidungen des bsg nicht vom ende des krg-anspruchs, sondern des krg-bezugsraums die rede. 37wenn demgegenüber das bsg jetzt meint, der krg-anspruch müsse für jeden bewilligungsabschnitt neu entstehen und eigenständig geprüft werden, werden die fragen des ent- bzw. bestehens des materiellen krg-anspruchs und dessen zuerkennung durch die kasse miteinander vermengt. der materielle krg-anspruch besteht unabhängig von der entscheidung der kasse; ein zu unrecht abgelehnte anspruch geht, wie schon § 44 sgb x zeigt, nicht unter, sondern muss nur gegen die kasse durchgesetzt werden. im übrigen geht das bsg auch selbst davon aus, dass die entscheidung der kasse nicht maßgeblich für das bestehen des materiellen krg-anspruchs ist, wenn es annimmt, dass eine zeitlich nicht eingegrenzte ärztliche au-bescheinigung auch einen über den gegenwärtigen krg-bewilligungsabschnitt hinausreichenden anspruch für weitere bewilligungsabschnitte begründen kann (bsge 111, 18 rn. 18; bsg, urteil vom 12.03.2013 - b 1 kr 7/12 r juris rn. 15). demnach besteht der materielle krg-anspruch unabhängig von der verwaltungsentscheidung der kasse. 38c) wenn das bsg von zeitlich befristeten au-bescheinigungen und dementsprechender krg-bewilligung spricht und fordert, dass die weitere feststellung der au vor ablauf des krg-bewilligungsabschnitts erfolgen müsse, liegt dem offenbar die vorstellung zugrunde, dass krg im voraus für die zeit der ärztlich prognostizierten dauer der au gewährt werde (s. auch lsg berlin-brandenburg, urteil vom 23.11.2011 - l 9 kr 563/07,juris rn. 39 ff, das unter zitierung der rechtsprechung des bsg meint, nach der "gesetzlichen konzeption" könne ein anspruch auf krg nur für zukünftige der feststellung der au folgende zeiträume begründet werden, so dass es "grob fehlerhaft" sei, wenn eine kasse für abgelaufene zeiträume au-bescheinigungen verlange und nur für diese zeiträume krg zahle). 39dem entspricht aber die sich auch in § 6 abs. 2 satz 2 der "richtlinien des gemeinsamen bundesauschusses über die beurteilung der au und die maßnahmen zur stufenweisen wiedereingliederung nach § 92 abs. 1 s. 2 nr. 7 sgb v" ((au-rl) i.d.f. vom 14.11.2013 (banz at 27.01.2014 b4)) ausdrückende praxis der krankenkassen nicht. nach ablauf der entgeltfortzahlung, während der der krg-anspruch ruht (§ 49 abs. 1 nr. 1 sgb v), erfolgt die krg-gewährung in der praxis nach kenntnis des senats aus zahlreichen verfahren verbreitet unter verwendung von auszahlscheinen. dabei wird überwiegend - wie auch hier von der beklagten - das krg nur bis zum zeitpunkt der ausstellung des auszahlscheins gezahlt, auch wenn der arzt darüber hinaus für eine folgezeit au bescheinigt hat. andere kassen - wie in dem mit urteil vom heutigen tag entschiedenen parallelverfahren l 16 kr 208/13 - zahlen das krg auch über das datum der ausstellung hinausgehend bis zum ende des monats. in allen fällen erfolgt aber immer die gewährung von krg rückwirkend für einen (zumindest weitgehend) bereits abgelaufenen zeitraum. wird - wie hier - von der krankenkasse krg nachträglich nur bis zum datum der ausstellung der letzten au-bescheinigung gezahlt, gibt es also nie einen bewilligungsabschnitt, vor dessen ablauf au erneut festgestellt werden könnte. dieser praxis der kassen entspricht § 6 abs. 2 satz 1 au-rl, der vorsieht, dass die bescheinigung für die krg-zahlung rückwirkend für einen nicht mehr als sieben tage umfassenden zeitraum (und nur für zwei tage im voraus) erfolgen soll, wobei abs. 3 sogar davon ausgeht, dass rückwirkend au auch dann bescheinigt werden darf, wenn der versicherte mit triftigem grund einen ärztlichen behandlungstermin nicht wahrgenommen hat. die regelung geht also davon aus, dass es ausreicht, wenn rückblickend zuverlässig das objektive bestehen von au festgestellt werden kann. auch wenn die au-rl nicht einer gesetzlichen regelung widersprechen oder sie modifizieren können, zeigen sie doch, dass die praxis der krg-gewährung nicht (und noch nie) dem "modell" des bsg einer krg-zahlung für einen der bescheinigung nachfolgenden zeitraum entspricht. es ist somit festzustellen, dass die krankenkassen zwar verbal die rechtsprechung des bsg rezipieren, ihre praxis der krg-zahlung aber einem anderen "modell" folgt. warum die krankenkassen gleichwohl meinen, auf der grundlage dieser rechtsprechung krg verweigern zu dürfen, wenn versicherte zu einem späteren als dem im auszahlschein angegebenen datum den arzt aufsuchen, um weiter au bescheinigen zu lassen, bleibt offen. sie können sich jedenfalls nicht darauf berufen, aufgrund ihrer befristeten bewilligung habe der krg-anspruch mit dem ende des bewilligungszeitraums geendet, wenn sie ohnehin nicht für die voraussichtliche weitere dauer der au, sondern nur für den zurückliegenden zeitraum krg bewilligt haben (daher unter dem gesichtspunkt des venire contra factum proprium der krankenkasse die berufung auf eine rückwirkende feststellung von au versagend, wenn bislang immer im auszahlscheinverfahren krg für rückwirkend bescheinigte au-zeiten gezahlt worden ist, lsg baden-württemberg, urteil vom 24.04.2012 - l 11 kr 384/10, juris rn. 38). 40d) in wahrheit ist aber auch für das bsg die krg-bewilligung letztlich ohne rechtliche bedeutung. obwohl es immer die formulierung von "zeitlich befristeter au-feststellung und dementsprechender krg-gewährung" gebraucht bzw. die "feststellung von au vor ablauf des krg-bewilligungsabschnitts" fordert, prüft es in den entscheidungen nie, wann bewilligungen erfolgt waren und welchen inhalt diese hatten. tatsächlich geht das bsg immer nur vom inhalt der ärztlichen bescheinigungen aus. dies wird besonders deutlich in den fällen, in denen überhaupt keine krg-bewilligung vorlag. so hatte in einem der am 26.06.2007 entschiedenen fälle der versicherte entgeltfortzahlung auf der grundlage einer entsprechend befristeten au-bescheinigung bis zum ende der beschäftigung am 31.05. erhalten. die weitere ärztliche feststellung der au erfolgte dann am 01.06. das bsg behauptet in der entscheidung ohne weiteres, es gebe einen neuen bewilligungsabschnitt ab dem 01.06., für den es dann an der aufrechterhaltung der mitgliedschaft fehle (bsg sozr 4-2500 § 44 nr. 12 rn. 16), obwohl mit sicherheit wegen der entgeltfortzahlung keine entscheidung über das krg ergangen war und der noch während der beschäftigung entstandene krg-anspruch lediglich wegen des bezugs von arbeitsentgelt geruht hatte (§ 49 abs. 1 nr. 1 sgb v). auch in dem dem urteil vom 10.05.2012 (bsge 111, 9) zugrunde liegenden fall war keine krg-bewilligung erfolgt. die kasse hatte nämlich schon von anfang an die entstehung eines krg-anspruchs verneint, weil die au erst am letzten tag des beschäftigungsverhältnisses festgestellt worden war, was die kasse unter hinweis auf ein besprechungsergebnis der (früheren) spitzenverbände der krankenkassen (besprechungsergebnis vom 07.05.2008, die leistungen 2008, 751) nicht für ausreichend gehalten hatte. ebenso hatte in der entscheidung vom 02.11.2007 die krankenkasse aus rechtsgründen von anfang an die zahlung von krg abgelehnt - das bsg bejahte wohl grundsätzlich einen krg-anspruch, hielt aber bei der prüfung dessen dauer bei einer lücke in den au-feststellungen den verlust der mitgliedschaft mit krg-anspruch für möglich (bsg sozr 4-2500 § 44 nr. 14 rn. 21). in allen diesen fällen konnte es mangels entscheidungen über das krg auch keine entscheidung der kasse über das ende des anspruchs geben, so dass entgegen der formel von "zeitlich befristeter au-feststellung und dementsprechender krg-gewährung" allein der inhalt der ärztlichen au-bescheinigungen über den bestand des krg-anspruchs entscheiden sollte. bezeichnenderweise verlangt das bsg in einem obiter dictum sogar bei einem streit zwischen kasse und versichertem über das bestehen von au als voraussetzung eines krg-anspruchs, dass der versicherte sich bei befristeten au-bescheinigungen vor fristablauf die au erneut ärztlich bescheinigen lassen und der kasse melden müsse, wenn er das erlöschen oder das ruhen des anspruchs vermeiden wolle (bsge 111, 18 rn. 20), obwohl in dieser zeit gerade keine "dementsprechenden" krg-bewilligungen erfolgen. das behauptete erlöschen des krg-anspruchs mit ablauf des bescheinigten au-zeitraums konnte somit nicht durch eine das ende des krg-anspruchs festlegende entscheidung der kasse über den bezugszeitraum bewirkt worden sein. 41e) wie dargelegt stellt somit das bsg allein auf den inhalt der ärztlichen bescheinigung für den bestand des krg-anspruchs ab. bescheinigt der arzt au auf unbestimmte zeit, bestünde demnach ein zeitlich nicht begrenzter krg-anspruch, während eine befristete feststellung von au dazu führen würde, dass auch nur ein entsprechend zeitlich begrenzter anspruch auf krg entsteht. hierfür gibt aber weder der wortlaut des § 46 satz 1 nr. 2 sgb v etwas her, noch wäre diese annahme mit der bedeutung der ärztlichen feststellung vereinbar. die au ist ein rechtsbegriff, dessen bestimmung jenseits der medizinischen kompetenz des arztes liegt (tischler in beckok sozialrecht sgb v, § 46 rn.15). der arzt muss nur die medizinischen anteile des au-begriffs feststellen, also art und schwere der gesundheitsstörung und die damit verbundene einschränkung des leistungsvermögens. demgegenüber obliegt die entscheidung, ob der versicherte damit au ist, weil er mit diesem leistungsvermögen weder seine letzte noch eine ähnliche tätigkeit verrichten kann, der krankenkasse. mit der befristung trifft der arzt nur eine prognostische aussage, wie lange voraussichtlich die einschränkung des leistungsvermögens bestehen wird. auch wenn er in der bescheinigung eine aussage über das vorliegen von au trifft, hat seine bescheinigung nur die bedeutung einer die kasse nicht bindenden ärztlich-gutachterlichen stellungnahme (bsge 111, 18 rn. 14; kasskomm/brandts, § 46 sgb v rn. 14). dementsprechend hat das bsg in anderem zusammenhang dezidiert ausgeführt, der arzt habe nicht über das rechtliche bestehen von leistungsansprüchen - hier auf krg - zu befinden oder gar hierüber verwaltungsakte zu erlassen (bsg sozr 4-2500 § 44 nr. 7 rn. 28; bsge 95, 219 rn. 25). mit dieser aussage wäre unvereinbar, wenn die ärztliche bescheinigung für die dauer des entstandenen anspruchs auf krg maßgeblich wäre, weil damit faktisch der arzt doch über den rechtlichen bestand des krg-anspruchs "entscheiden" würde. der befristung einer ärztlichen bescheinigung kann damit nicht die bedeutung beigemessen werden, dass nur für den bescheinigten zeitraum ein krg-anspruch entstanden ist. damit fehlt es aber an einer tragfähigen begründung für das erlöschen des krg-anspruchs mit dem ende des ärztlich bescheinigten au-zeitraums und die notwendigkeit der erfüllung aller leistungsrechtlichen voraussetzungen einschließlich der ärztlichen feststellung nach § 46 satz 1 nr. 2 sgb v für die weiterbewilligung des krg. 42f) gegen die auffassung des bsg ist auch einzuwenden, dass sie zu einer unterschiedlichen behandlung von versichertengruppen führt, die auch bei der umsetzung der rechtsprechung in der praxis zu verwirrungen führen kann. für versicherte in der kvda gilt nämlich nicht § 46 satz 1 nr. 2 sgb v, sondern § 47b abs. 1 satz 2 sgb v, der ihnen einen krg-anspruch schon vom ersten tag der au an einräumt. selbst wenn man entgegen dem eindeutigen wortlaut der vorschrift, der nur auf das bestehen von au abstellt (daher einen krg-anspruch unabhängig von einer ärztlichen au-feststellung bejahend just in eichenhofer/wenner, sgb v, § 47b rn. 5; joussen in becker/kingreen, sgb v, 4. aufl., § 47b rn. 2; berchtold, krankengeld, 2004, rn. 888; meyerhoff in jurispk-sgb v, 2. aufl., § 47b rn. 35; tischler in beckok-sozialrecht, § 47b sgb v, rn. 5; krauskopf/vay, soz. krankenversicherung, pflegeversicherung, § 47b sgb v rn. 7), mit dem bsg annimmt, "mit rücksicht auf § 46 satz 1 nr. 2 sgb v" komme es auch bei § 47b abs. 1 satz 2 sgb v nicht auf den wirklichen beginn der au, sondern deren ärztliche feststellung an (bsge 90, 72, 82; ebenso kasskomm/brandts, § 47b sgb v, rn. 13), entsteht der krg-anspruch bereits mit dem ersten tag der au-feststellung. bei annahme rechtlich selbstständiger einzelansprüche müsste die vorschrift nach ablauf der leistungsfortzahlung (§ 146 sgb iii) auch für die folgeansprüche gelten, so dass bei befristeten au-bescheinigungen die folgefeststellungen nicht schon am letzten tag des bescheinigten zeitraums erfolgen müssen, sondern eine feststellung am folgenden tag ausreichend wäre. denn damit würde bereits für diesen tag der (weitere) anspruch auf krg entstehen und somit eine nahtlose reihe von krg-ansprüchen vorliegen, die zur aufrechterhaltung der mit krg-anspruch verbundenen mitgliedschaft in der kvda ausreichen würde (so jetzt ausdrücklich bsge 111, 9 rn. 18 für die beschäftigtenversicherung; soweit das bsg in einem urteil vom 26.07.2007 (b 1 kr 2/07 r) gemeint hat, die versicherung in der kvda sei bei einem bis zum 14.08. bestehenden krg-anspruch am 15.08. bei der weiteren ärztlichen au-feststellung bereits beendet gewesen (juris rn. 14), dürfte es entweder übersehen haben, dass unabhängig vom zeitpunkt der ärztlichen feststellung an diesem tag der krg-anspruch für den 15.08. entstanden war und dieser anspruch sich damit nahtlos an den krg-bezug bis 14.08. anschloss oder es hat damals noch nicht eine nahtlose kette von krg-ansprüchen für ausreichend gehalten). es liegt auf der hand, dass sowohl für versicherte als auch ärzte diese unterschiedlichen voraussetzungen kaum verständlich sind und es damit zu unsicherheiten hinsichtlich des zeitpunkts eines wiedervorstellungtermins kommen kann. 43der senat ist somit der auffassung, dass lediglich für die erstmalige entstehung des krg-anspruchs die ärztliche feststellung der au nach § 46 satz 1 nr. 2 sgb v erforderlich ist, während es bei durchgehender au allein darauf ankommt, ob im gesamten zeitraum objektiv au bestanden hat. aufgrund der vorliegenden au-bescheinigungen bzw. atteste bestehen keine zweifel, dass der kläger auch im zeitraum vom 19.12.2011 bis 22.09.2012 durchgehend au war, wobei ihm für die zeit vom 24.03. bis 28.04.2012 ohnehin wegen der stationären krankenhausbehandlung bzw. stationären reha-maßnahme unabhängig vom vorliegen von au ein krg-anspruch zusteht (§ 44 abs. 1 2. alt. sgb v). der annahme durchgehender au steht nicht entgegen, dass zunächst au wegen der wirbelsäulenbeschwerden und dann (auch) wegen der folgen des schlaganfalls bestand. davon unabhängig, dass hier grundsätzlich von einer auf dauer bestehenden au wegen der wirbelsäulenbeschwerden auszugehen sein dürfte (s. unten zu 3. b) hat dr. q auch ausdrücklich bescheinigt, dass die behandlung wegen dieser krankheit durch den schlaganfall unterbrochen worden sei, so dass diese neue krankheit zu der weiter bestehenden krankheit auf orthopädischem gebiet hinzugetreten ist. somit bilden beide krankheiten gem. § 48 abs. 1 satz 2 sgb v eine einheit und es liegt ein einheitlicher leistungsfall vor. hiervon ist auch die beklagte bei der berechnung der anspruchserschöpfung ausgegangen, die sie (zutreffend) unter berücksichtigung der aufgrund der wirbelsäulenleidens laufenden blockfristen vorgenommen hat. die beklagte hat auch trotz ausdrücklicher nachfrage des senats das vorliegen von au nicht bestritten, so dass weitere ermittlungen des senats nicht veranlasst waren. dem kläger steht somit krg über den 19.12.2011 hinaus nicht nur als nachgehender anspruch zu. dieser anspruch besteht, da ein krg-anspruch nicht neu entstehen musste und damit § 46 satz 1 nr. 2 sgb v keine anwendung findet, über den vom sozialgericht zuerkannten zeitraum hinaus auch schon für den 20.12. bis 22.12.2011 und vom 01.01.2012 bis 22.09.2012. 44der krg-anspruch ruhte auch nicht in der zeit nach dem 20.01.2012 wegen fehlender meldung der au (§ 49 abs. 1 nr. 5 sgb v). für die zeit vom 24.03. bis 28.04.2012, für die dem kläger krg wegen der stationären behandlung nach § 44 abs. 1 satz 1 2. alt. sgb v zusteht, ist die meldung ohne belang. hinsichtlich der weiteren zeiträume hat die beklagte zwar mitgeteilt, ihr lägen keine au-nachweise für die zeit nach dem 20.01.2012 vor. der kläger hat dagegen behauptet, bis zum renteneintritt au-bescheinigungen eingereicht zu haben. insoweit hält es der senat nach seiner erfahrung mit der aktenführung mancher krankenkassen durchaus nicht für ausgeschlossen, dass, weil nach dem bescheid vom 23.12.2011 kein laufender krg-fall mehr vorlag, bescheinigungen nicht zu den akten genommen worden sind oder dass auch nach der erfolgten fusion nicht alle unterlagen an die beklagte gelangt sind. 45einer aufklärung bedarf es aber nicht, weil die beklagte dem kläger eine unterbliebene meldung nicht entgegenhalten könnte. das bsg verlangt zwar gegen den wortlaut des § 49 abs. 1 nr. 5 sgb v, wonach "die" au innerhalb einer woche "nach beginn" gemeldet werden muss, auch bei ununterbrochenem leistungsbezug eine erneute meldung, wenn wegen befristung der bisherigen krankschreibung über die weiterbewilligung von krg neu zu befinden ist (bsge 85, 271, 275; ablehnend sg mainz, urteil vom 24.9.2013 - s 17 kr 247/12, juris rn. 49 ff.; sg speyer, urteil vom 22.11.2013 - s 19 kr 600/11, juris rn. 47 ff.). selbst wenn man im regelfall bei befristeten au-bescheinigungen die weitere meldung der au fordert (im auszahlscheinverfahren kommt es ohnehin nur zur weiterzahlung von krg, wenn der kasse ein aktueller auszahlschein vorgelegt wird), kann dies nicht gelten, wenn wie hier die kasse schon aus rechtsgründen die zahlung von krg verweigert. die beklagte hat wegen des von ihr angenommenen endes der mit krg-anspruch verbundenen mitgliedschaft aus der beschäftigtenversicherung die voraussetzungen für eine über den 20.12.2011 hinausreichende krg-gewährung unabhängig vom leistungsvermögen des klägers verneint. vor diesem hintergrund wäre die forderung nach fortlaufender meldung weiterer au-feststellungen bloße förmelei und durch den zweck der vorschrift nicht geboten. die meldung soll die krankenkasse davon freistellen, die voraussetzungen eines verspätet angemeldeten anspruchs im nachhinein aufklären zu müssen, und ihr die möglichkeit erhalten, au zeitnah durch den mdk überprüfen zu lassen, um leistungsmissbräuchen entgegentreten und maßnahmen zur wiederherstellung der arbeitsfähigkeit einleiten zu können (bsge 85, 271, 275). wenn aber schon aus rechtsgründen die krg-gewährung abgelehnt wird, erfolgt ohnehin keine medizinische überprüfung des sachverhalts, denn die krankenkasse hat damit eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie unabhängig von dem gesundheitszustand des versicherten kein krg erbringen wird. eine meldung der fortbestehenden au kann somit den mit der vorschrift verfolgten zweck nicht erfüllen. das bsg hat selbst im falle einer rechtlich unzutreffenden bewertung der kasse, dass sich die au nach aufgabe des arbeitsplatzes nicht mehr an der zuletzt ausgeübten tätigkeit auszurichten habe, die der versicherte zunächst hingenommen hatte, den später geltend gemachten krg-anspruch nicht am fehlen der au-meldung scheitern lassen, weil dies den versicherten unangemessen benachteilige (bsge 85, 271, 278). nichts anderes kann gelten, wenn die kasse fehlerhaft die weitere krg-zahlung wegen des endes der mitgliedschaft verweigert hat. auch in diesem fall kann vom versicherten nicht verlangt werden, er habe den fortbestand der au laufend zu melden. 46die beklagte war daher zur gewährung von krg für den zeitraum vom 20.12.2011 bis 22.12.2011 und vom 01.01.2012 bis 22.09.2012 zu verurteilen. da der kläger seit dem 01.01.2012 alg ii bezogen und der zuständige träger deswegen einen erstattungsanspruch bei der beklagten angemeldet hat, gilt der krg-anspruch des klägers in höhe der erstattungsforderung als erfüllt (§ 107 abs. 1 sgb x), so dass ihm nur die differenz zwischen den alg ii-leistungen und dem krg zusteht. 473. a) von seiner rechtsauffassung ausgehend kann der senat dahinstehen lassen, ob hier die au-feststellung für den weiteren bewilligungsabschnitt ab dem 20.12.2011 rückwirkend auf den letzten tag des vorangegangenen zeitraums nachgeholt werden könnte. das bsg hält dies ausnahmsweise für möglich (vgl. zusammenfassend bsge 95, 219 rn. 18 ff), ohne hierfür eine dogmatische grundlage zu nennen. ob insoweit die behauptete magen-darm-erkrankung - für die es bisher keinen nachweis gibt - einen ausreichenden grund für die versäumung des termins am 19.12.2011 bilden könnte, kann dahinstehen. 48b) der senat braucht auch nicht zu entscheiden, ob nicht ohnehin die au auch über den 19.12.2011 hinaus ärztlich festgestellt war. da die au während der beschäftigung als armaturenschlosser eingetreten war und bezugspunkt für die beurteilung der au die zuletzt vor eintritt des versicherungsfalles konkret ausgeübte arbeit ist, waren zwar nach dem verlust des arbeitsplatzes nicht mehr die konkreten verhältnisse an diesem arbeitsplatz für die beurteilung der au maßgebend, sondern war abstrakt auf die art der zuletzt ausgeübten beschäftigung abzustellen. insoweit konnte der kläger aber nur auf tätigkeiten "verwiesen" werden, die hinsichtlich der art der verrichtung, der körperlichen und geistigen anforderungen, der notwendigen kenntnisse und fähigkeiten sowie der höhe der entlohnung im wesentlichen mit der bisher verrichteten arbeit übereinstimmen (vgl. bsge 85, 271, 273; urteil vom 12.3.2013 - b 1 kr 7/12 r, juris rn. 14). nach dem gutachten des mdk vom 17.11.2011 waren dem kläger schwere arbeiten aufgrund der minderbelastbarkeit der wirbelsäule nicht mehr möglich, so dass eine gefährdung der erwerbsfähigkeit bejaht wurde. diese beurteilung bezog sich ersichtlich nicht (nur) auf den konkreten arbeitsplatz, sondern generell auf arbeiten als armaturenschlosser, so dass nicht ersichtlich ist, welche "verweisungstätigkeiten" für den kläger in betracht gekommen wären. der beurteilung des mdk könnte somit die feststellung der au auf dauer bzw. zumindest auf nicht absehbare zeit entnommen werden. ob diese annahme zutrifft und ob vor diesem hintergrund die befristeten au-bescheinigungen (deren befristungen kaum zugrundelag, dass bis ablauf des bescheinigten zeitraums von einer besserung auszugehen sein würde) von dr. q keine bedeutung hätten oder ob sie in jedem fall die feststellung des mdk "überlagerten", kann aber offen bleiben. 49die kostenentscheidung folgt aus § 193 sgg. 50der senat hat die revision wegen abweichung von der rechtsprechung des bsg und wegen grundsätzlicher bedeutung (§ 160 abs. 2 nr. 1 und 2 sgg) zugelassen.
Klaeger*in
1
179,685
107 C 187/13
2014-04-23T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.041,17 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.155,00 Euro seit dem 10.05.2013 sowie aus weiteren 886,17 Euro seit dem 28.06.2013 sowie außergerichtliche Kosten ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 330,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.09.2013 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um Ersatz von Mietwagenkosten aus abgetretenem Recht aus zwei Verkehrsunfällen im Bezirk des Amtsgerichts Bonn, wobei die volle Haftung der Beklagten, der Haftpflichtversicherung der jeweiligen Schädiger, dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig ist. 3Am 22.03.2013 gegen 20:53 Uhr wurde das Kraftfahrzeug des Zeugen U2 der Marke Toyota Picnic, der im Januar 1997 erstmals zugelassen wurde und zum Unfallzeitpunkt nach dem Schadensgutachten vom 28.03.2013 einen Wiederbeschaffungswert von 2.450,00 Euro aufwies, bei einem Verkehrsunfall in C beschädigt. Der Zeuge mietete nach dem Unfall noch am gleichen Tag um 23.15 Uhr bei der Klägerin für die Zeit vom 22.03.2013 bis zum 11.04.2013 ein im Verhältnis zum geschädigten Fahrzeug klassentieferes Ersatzfahrzeug der Gruppe 5 des Schwacke-Automietpreisspiegels an. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 22.03.2013 (Bl. 20 GA) verwiesen. Zugleich trat der Zeuge den ihm zustehenden Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten an die Klägerin ab. Gemäß der Rechnung vom 13.04.2013 forderte die Klägerin hierfür Kosten in Höhe von 2.923,74 Euro. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Rechnung (Bl. 19 GA) Bezug genommen. Das Mietfahrzeug wurde zugestellt. Hierauf zahlte die Beklagte in der Folgezeit lediglich 768,74 Euro. Auch auf Mahnung der Klägerin mit Schreiben vom 02.05.2013 unter Fristsetzung bis zum 09.05.2013 sowie ein weiteres vorgerichtliches Mahnschreiben der klägerischen Prozessbevollmächtigten nach Ablauf der gesetzten Frist leistete die Beklagte keinerlei weitere Zahlungen. 4Am 20.05.2013 gegen 18:25 Uhr wurde das Kraftfahrzeug des Zeugen e T der Marke VW Golf VI bei einem Verkehrsunfall in C beschädigt. Der Zeuge mietete nach dem Unfall für die Zeit vom 23.05.2013 bis zum 01.06.2013 bei der Klägerin ein im Verhältnis zum geschädigten Fahrzeug klassentieferes Ersatzfahrzeug der Gruppe 4 des Schwacke-Automietpreisspiegels an. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 23.05.2013 (Bl. 23 GA) verwiesen. Zugleich trat der Zeuge den ihm zustehenden Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten an die Klägerin ab. Gemäß der Rechnung vom 05.06.2013 forderte die Klägerin hierfür Kosten in Höhe von 1415,72 Euro. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Rechnung (Bl. 22 GA) Bezug genommen. Das Mietfahrzeug wurde zugestellt und abgeholt. Hierauf zahlte die Beklagte in der Folgezeit lediglich 529,55 Euro. Auch auf Mahnung der Klägerin mit Schreiben vom 20.06.2013 unter Fristsetzung bis zum 27.06.2013 sowie ein weiteres vorgerichtliches Mahnschreiben der klägerischen Prozessbevollmächtigten nach Ablauf der gesetzten Frist leistete die Beklagte keinerlei weitere Zahlungen. 5In beiden Schadensfällen wurden Miete und Umsatzsteuer von der Klägerin vorfinanziert, die Fahrzeuge den Geschädigten ohne Sicherheitsleistung zur Verfügung gestellt und eine Vollkasko- und Teilkaskoversicherung mit einer Reduzierung auf einen Selbstbehalt von 300,00 Euro und 150,00 Euro vereinbart. Zudem stand zum Zeitpunkt der Anmietung die Dauer der Anmietung noch nicht fest. Schließlich wurde im zweiten Schadensfall das verunfallte Fahrzeug von mehreren Personen genutzt. 6Nach fruchtlosem Ablauf der Fristen mahnte die Klägerin die Beklagte durch ihre Prozessbevollmächtigten jeweils, wodurch ihr Kosten in Höhe von insgesamt 330,70 Euro entstanden. 7Sie meint, die Beklagte sei ihr zum vollen Ersatz der geforderten restlichen Mietwagenkosten verpflichtet. Der Normaltarif des Schwacke-Automietpreisspiegels stelle nach wie vor eine geeignete Grundlage zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten dar. Ebenso seien in den beiden Schadensfällen ein pauschaler Aufschlag für unfallspezifische Mehrleistungen sowie die geltend gemachten Nebenkosten für Versicherungen, Zusatzfahrer, Winterreifen, Vermietung außerhalb der Geschäftszeiten sowie Zustellung und Abholung erforderlich gewesen. 8Die Klägerin beantragt, 9die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.041,17 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.155,00 Euro seit dem 10.5.2013 sowie aus 886,17 Euro seit dem 28.06.2013 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 330,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.09.2013 zu zahlen. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Sie meint, die Mietwagenkosten in erforderlicher Höhe seien vollständig ausgeglichen worden. Jedenfalls habe der Geschädigte U2 gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, da er Mietwagenkosten in Kauf nahm, die höher als der Wiederbeschaffungswert waren. Zudem behauptet sie, den Geschädigten seien günstigere Anmiettarife ohne Weiteres zugänglich gewesen. 13Nach Zustimmung der Parteien hat das Gericht am 20.03.2014 beschlossen, im schriftlichen Verfahren zu entscheiden. 14Entscheidungsgründe: 15Die Klage ist begründet. 16I. 17Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung restlicher Mietwagenkosten in Höhe von 3.041,17 Euro gegen die Beklagte aus §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, 249 Abs. 2, 398 BGB i.V.m. 115 VVG. 181. 19Die vollständige Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. 202. 21Die geltend gemachten restlichen Mietwagenkosten in Höhe von 3.041,17 Euro sind auch erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB. 22a. 23Nach § 249 Abs. 2 BGB kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. der Haftpflichtversicherung als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, den ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (vgl. BGH, NJW 2010, 2569 m.w.N.; LG Bonn, Urteil vom 05.07.2009, 5 S 266/08, Beschluss vom 30.07.2012, 5 S 94/12, Urteile vom 02.04.2013, 5 S 200/12, und 07.05.2013, 8 S 288/12). Der Geschädigte ist dabei ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen (vgl. LG Bonn, Urteil vom 07.05.2013, 8 S 288/12). Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann (LG Bonn, a.a.O.). Ausgangspunkt für die Betrachtung bildet insoweit der ortsübliche Normaltarif (LG Bonn, a.a.O.). 24Diesen Normaltarif schätzt das Gericht auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Automietpreisspiegels 2013 (vgl. auch LG Bonn, a.a.O.; LG Bonn, Urteil vom 02.04.2013, 5 S 200/12). 25b. 26Die von der Beklagten vorgetragenen Einwendungen gegen den Schwacke-Automietpreisspiegel sind nicht geeignet, im konkreten Fall Zweifel an dessen Eignung als Schätzgrundlage zu begründen. 27aa. 28Die von der Beklagten vorgelegten Alternativangebote sind nicht geeignet, den hier herangezogenen Schwacke-Autopreismietspiegel als Schätzgrundlage für die Schadensbestimmung im konkreten Fall zu entkräften. Die fehlende Berücksichtigung der folgenden Punkte hindert die Vergleichbarkeit der Tarife: 29(1) 30Sämtliche von der Beklagten benannten Alternativangebote stammen aus einer Recherche in Internetportalen der jeweiligen Anbieter. Der Internetmarkt ist jedoch nicht zwingend und ohne Weiteres mit dem allgemeinen Mietwagenmarkt vergleichbar (vgl. BGH, Urteil vom 2.2.2010 – VI ZR 7/09; LG Bonn, a.a.O.). 31(2) 32Die von der Beklagten vorgelegten Alternativangebote betreffen nicht den in Rede stehenden Anmietzeiträume. Der pauschale Hinweis darauf, dass es den Geschädigten möglich gewesen sei, zu den in den Angeboten genannten Preisen eine Anmietung vorzunehmen, genügt nicht den an einen hinreichend substantiierten Sachvortrag zu stellenden Anforderungen (vgl. LG Bonn, Beschluss vom 30.07.2012, 5 S 94/12). 33(3) 34Schließlich kann den Angeboten nicht entnommen werden, ob die Anmietung bei den angegebenen Firmen die Vorlage einer Kreditkarte oder einer entsprechenden Barkaution voraussetzt. 35bb. 36Ebenso wenig sind auch die Erhebungen des Fraunhofer Instituts geeignet, die Annahme der Verlässlichkeit des Schwacke-Automietpreisspiegels als Schätzgrundlage im konkreten Fall zu erschüttern. Insbesondere genügt es nicht, dass die Erhebung des Fraunhofer Instituts zu anderen Ergebnissen als der Schwacke-Automietpreisspiegel führt, um Zweifel an der Richtigkeit der letztgenannten Erhebung zu rechtfertigen (vgl. LG Bonn, Urteil vom 07.05.2013, 8 S 288/12). Aus der Erhebung des Fraunhofer Instituts ist nicht ersichtlich, dass die von den Versicherern in Auftrag gegebene Untersuchung auf überzeugendere Weise zu verlässlicheren Schätzgrundlagen gekommen ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des Umstands, dass die Untersuchung des Fraunhofer Instituts mit einer Differenzierung nach nur zwei Postleitzahlziffern bei weitem nicht so breit gestreut ist wie der Mietpreisspiegel nach Schwacke. Zudem basiert die Erhebung nach Fraunhofer zum weit überwiegenden Teil auf den Angaben von sechs Internetanbietern. Marktrepräsentativer dürften dagegen jene Preise sein, die breit gestreut und möglichst ortsnah erhoben worden sind (vgl. LG Bonn, a.a.O.). Schließlich ist zu berücksichtigen, dass bei der Erhebung nach Fraunhofer eine Vorbuchungsfrist von einer Woche unterstellt wird. Demgegenüber ist bei Unfallersatzanmietungen die Prämisse gerechtfertigt, dass der Wagen - wie im konkreten Fall - sehr kurzfristig zur Verfügung stehen muss. Da eine längere Vorbuchungsfrist dem Markt für schnell zur Verfügung stehende Unfallersatzwagen jedoch nicht hinreichend gerecht werden, ist es sachgerechter, bei der Preisnachfrage auf solche Preise abzustellen, welche bei einer sofortigen Anmietung zu zahlen wären. 37cc. 38Das Gericht sieht schließlich auch unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung des OLG Köln (OLG Köln, Urteil vom 30.7.2013 -15 U 212/12) keine Veranlassung, vom Schwacke-Automietpreisspiegel als geeigneter Schätzgrundlage abzuweichen. 39In der genannten Entscheidung hat das OLG Köln seine bisherigen Rechtsprechung aufgegeben und die erforderlichen Mietwagenkosten nunmehr anhand des arithmetischen Mittels zwischen der Schwacke- und der Fraunhofer-Liste ermittelt. Begründet wird dies unter anderem damit, dass es die auf Grund der Preisentwicklung der Schwacke-Liste in den letzten Jahren nicht mehr für sachgerecht gehalten wird, diese als alleinige Schätzgrundlage heranzuziehen. 40Dem schließt sich das Gericht aus folgenden Gründen nicht an: 41(1) 42Die behaupteten Preissteigerungen werden in der vorgenannten Entscheidung nicht konkreter quantifiziert und sind insoweit auch nicht überprüfbar. Unabhängig davon bestehen angesichts des konkreten Vortrags der Klägerseite im Schriftsatz vom 10.12.2013, denen die Beklagtenseite nicht konkret entgegen getreten ist, Zweifel an der Richtigkeit dieser Annahmen. 43(2) 44Ebenso wenig vermag der Einwand die Eignung des Schwacke-Automietpreisspiegels als geeignete Schätzgrundlage zu erschüttern, dass die Mietwagenkosten für Selbstzahler bei der Schwacke-Liste durch Übersendung von Fragebögen an die Mietwagenunternehmen ermittelt werden, wobei der Verwendungszweck offengelegt wird. Grundlage für die Datenerfassung des Schwacke-Automietpreisspiegels bilden ausweislich des Vorworts die gedruckten bzw. auch auf Datenträgern oder im Internet vorhandenen hauseigenen Prospekte und Darstellungen, die einem Kunden offeriert werden. Darüber hinaus erfolgt eine Überprüfung der zugesandten Preisinformationen unter anderem durch anonyme Stichproben. 45(3) 46Die Kosten für die Senkung des Selbstbehalts auf unter 500,00 Euro sind schließlich plausibel dadurch erklärbar, dass es sich um eine zusätzliche Leistung des Autovermieters handelt, die - wie im konkreten Fall - gerade nicht mehr von dem dem Mietpreisspiegel zu Grunde liegenden Grundfall einer Vollkaskoversicherung mit einem Selbstbehalt von 500,00 Euro erfasst ist. Insoweit ist nachvollziehbar, dass für die Übernahme des Risikos, bei einem selbstverschuldeten Unfall des Mieters, von diesem keinen oder nur einen Selbstbehalt von unter 500,00 Euro verlangen zu können, eine entsprechende Prämie gezahlt werden muss. 47(4) 48Unabhängig davon erscheint es aber auch nicht nachvollziehbar, warum sich aus der Kombination zweier bedenklicher und für nicht hinreichend geeignet erachteter Methoden eine geeignete Schätzgrundlage ergeben soll (vgl. auch LG Bonn, Urteil vom 06.11.2012, 8 S 170/12). Einen Erfahrungssatz des Inhalts, dass "die Wahrheit in der Mitte liege", besteht in diesem Zusammenhang gerade nicht (vgl. LG Frankenthal, Urteil vom 23.12.2009, 2 S 136/09). 49c. 50Auf den durch die Schwacke-Liste bestimmten Normalpreis der Mietwagenkosten ist auch der hier geltend gemachte Aufschlag von 20 % im Hinblick auf die durch die besondere Unfallsituation veranlassten Leistungen der Klägerin begründet. 51Ein solcher Aufschlag ist grundsätzlich gerechtfertigt, wenn die Anmietung des Ersatzfahrzeugs im engen zeitlichen Zusammenhang zu dem Verkehrsunfall erfolgt. Die Anmietung des Ersatzfahrzeuges im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall indiziert bereits eine Not- oder Eilsituation, in der prima facie davon auszugehen ist, dass ersatzfähige Mehrkosten angefallen sind. (LG Bonn, Beschluss vom 30.07.2012, 5 S 94/12). Unabhängig davon erbrachte die Klägerin den Geschädigten durch die besondere Unfallsituation veranlasste Leistungen, die den vorgenannten Aufschlag rechtfertigen (vgl. LG Bonn, Urteil vom 17.07.2012, 8 S 30/12). 52Danach ist auch der vorgenannte Aufschlag vorliegend begründet. Für die Annahme einer Not- und Eilsituation im Schadensfall U2 spricht bereits, dass sich der Unfall am Abend des 22.03.2012 ereignet hat und das vom Kläger angemietete Ersatzfahrzeug noch am gleichen Abend angemietet wurde. In beiden Schadensfällen wurden zudem Miete und Umsatzsteuer von der Klägerin vorfinanziert und die Fahrzeuge den Geschädigten ohne Sicherheitsleistung zur Verfügung gestellt. Zudem stand zum Zeitpunkt der Anmietung die Dauer der Anmietung noch nicht fest. 53d. 54Auch die von der Klägerin schließlich geltend gemachten Nebenkosten, deren Höhe das Gericht auf der Grundlage des Schwacke Automietpreisspiegels gemäß § 287 ZPO schätzt, sind erforderlich gewesen. Da die Normaltarife der Schwacke-Liste keine Nebenkosten enthalten, werden diese hinzugerechnet, soweit sie tatsächlich angefallen sind. Für die Einbeziehung dieser Position kann auf die Nebenkostentabelle der Schwacke Liste zurückgegriffen werden (vgl. OLG Köln, Urteil vom 22.03.2011 - 3 U 47/10). 55aa. 56Die geltend gemachten Kosten für die Vollkaskoversicherung mit der weiteren Reduzierung des Selbstbehaltes auf 300,00 bzw. 150,00 Euro sind erstattungsfähig. Die Kosten einer Teil- bzw. Vollkaskoversicherung sind bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges grundsätzlich erstattungsfähig, weil der Geschädigte ein schutzwürdiges Interesse hat, für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des Mietfahrzeuges nicht selbst aufkommen zu müssen, zumal Mietwagen in der Regel neuer und damit höherwertiger sind als die beschädigten Fahrzeuge (vgl. OLG Köln, Urteil vom 2.3.2007 – 19 U 181/06; BGH, Urteil vom 15.2.2005 – VI ZR 74/04). Für Abzüge unter dem Gesichtspunkt eines Vorteilsausgleichs ist daher auch kein Raum (vgl. LG Köln, Beschluss vom 30.7.2012, 5 S 94/12). 57Diese Kosten schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage des vorgenannten Mietpreisspiegels auf 22,00 Euro pro Tag im Schadensfall U2 und 21,00 Euro pro Tag im Schadensfall Ferreira. 58bb. 59Auch die geltend gemachten Kosten für Winterreifen sind erstattungsfähig. Winterreifen gehören nach der Neuregelung in § 2 Abs. 3a StVO zu der für die Wintermonate erforderlichen Ausstattung eines Kfz und die Vermieter sind verpflichtet , den Mietern ein verkehrstaugliches Fahrzeug zur Verfügung zu stellen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.03.2011 - 19 U 145/10). Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Mietwagenfirmen erhöhte Aufwendungen haben, da sie für die Mietfahrzeuges sowohl Sommer- als auch Winterreifen vorrätig halten müssen, so dass erhöhte Anschaffung von Vorratskosten die Folge sind (OLG Köln, a.a.O.). 60Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Anmietung im Schadensfall U2 erfolgte am 22.3.2013 und damit vor Ostern 2013. Ein sorgfältiger Autofahrer nutzt sein Kraftfahrzeug im hiesigen Bereich zwischen Oktober und Ostern mit Winterreifen. Diese Kosten schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage des vorgenannten Mietpreisspiegels auf 10,00 Euro pro Tag. 61cc. 62Ebenso sind die gemachten Kosten für die Vermietung außerhalb der Geschäftszeiten im Schadensfall Theke erstattungsfähig. Auch insoweit handelt es sich um unstreitig entstandene Kosten. Darüber hinaus erfolgt die Anmietung im konkreten Fall am 22.3.2013 nach 23:00 Uhr. Deren erforderliche Höhe schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 60,00 Euro. 63dd. 64Ebenso die Kosten für Zustellung und Abholung sind in der geltend gemachten Höhe ersatzfähig, da sie angefallen und abgerechnet worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 2.2.2010 – VI ZR 7/09). Die Tatsachen sind insoweit zwischen den Parteien unstreitig. Die Höhe der hierbei angefallenen Kosten schätzt das Gericht auf der Grundlage des vorgenannten Mietpreisspiegels gemäß § 287 ZPO auf 23,00 Euro je Zustellung bzw. Abholung. 65ee. 66Die Kosten für einen Zusatzfahrer sind vorliegend schließlich ebenfalls ersatzfähig. Maßgeblich ist insoweit, ob das Unfallfahrzeug ebenfalls von einem zusätzlichen Fahrer genutzt wurde (vgl. OLG Köln, Urteil vom 26.2.2013, 3 U 141/12). 67Dies ist vorliegend im Schadensfall Ferreira unstreitig der Fall. Die erforderliche Höhe dieser Kosten schätzt das Gericht auf der Grundlage des vorgenannten Mietpreisspiegels gemäß § 287 ZPO auf 12,00 Euro pro Tag. 68e. 69Die Geschädigten müssen sich weiterhin auch keine ersparten Eigenaufwendungen anrechnen lassen. Sie haben ein im Vergleich zu den beschädigten Fahrzeugen ein mindestens eine Klassen niedrigeres Ersatzfahrzeug angemietet. Soweit der Geschädigte jedoch - wie hier - ein klassentieferes Mietfahrzeug anmietet, muss er sich grundsätzlich keine ersparten Eigenaufwendungen anrechnen lassen (vgl. BGH, NJW 2013, 1870 ff.). 70f. 71Ebenso wenig ist das vorsorgliche Bestreiten der Berechtigung der Dauer der Anmietzeit im Schadensfall U2 erheblich. Der Geschädigte kann nach § 249 Abs. 2 BGB bei Beschädigung einer Sache den zur Wiederherstellung erforderlichen Betrag bereits ab dem Zeitpunkt der Beschädigung verlangen (vgl. nur LG Köln, VersR 1977, 160, 161). Die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs für 16 Tage ist danach nicht zu beanstanden. Das Fahrzeug des Geschädigten war vorliegend bereits am 22.03.2013 verunfallt. Das Schadensgutachten datierte jedoch erst vom 28.03.2013; darin wird die Dauer der Reparatur mit mindestens zwölf Tagen angegeben. Dieses Gutachten lag dem Geschädigten unter Berücksichtigung von Postlaufzeiten aber frühestens am 30.03.2013 vor. Diesem konkreten Vortrag der Klägerseite ist die Beklagte im Übrigen auch nicht mehr entgegen getreten. 72g. 73Gleiches gilt schließlich auch für den Einwand der Beklagten, dass die Mietwagenkosten im Schadensfall U2 angesichts von Alter und Wiederbeschaffungswert des verunfallten Fahrzeugs unangemessen seien. Die streitgegenständlichen Mietwagenkosten sind Herstellungskosten gemäß § 249 Abs. 2 BGB, durch die der Verlust der Nutzungsmöglichkeit kompensiert werden soll. Alter und Wert haben aber grundsätzlich keinen Einfluss auf diese Nutzungsmöglichkeit. Vorliegend bestehen zudem auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die Gebrauchsvorteile, die dem Zeugen U2 durch die Beschädigung seines Fahrzeugs täglich entstanden sind, während der streitgegenständlichen Anmietzeit vermindert hätten. 743. 75Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen ergeben sich jedenfalls in der Summe die von der Klägerin in der Klageschrift geltend gemachten und von der Beklagten zu ersetzenden restlichen Mietwagenkosten. 76II. 77Die Klägerin hat gegen die Beklagte ferner einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins aus 2155,00 EUR seit dem 10.05.2013 sowie aus 886,17 Euro seit dem 28.06.2013 gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 BGB. Nach fruchtlosem Ablauf der mit den klägerischen Mahnschreiben vom 02.05.2013 und 20.06.2013 gesetzten Zahlungsfristen befand sich die Beklagte mit der Zahlung der vorgenannten Beträge in Verzug. 78III. 79Die Klägerin hat gegen die Beklagte schließlich auch einen Anspruch auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 330,70 Euro gemäß §§ 280, 286 BGB für die letzten vorprozessualen Mahnschreiben ihrer Prozessbevollmächtigten. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Beklagte im Verzug, da sie nach Ablauf der vorgenannten Fristen erfolgten. 80IV. 81Der Zinsanspruch bezüglich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB. 82V. 83Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO. 84Streitwert: 3.041,17 Euro. 85Rechtsbehelfsbelehrung: 86Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 87a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 88b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 89Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, 53111 Bonn, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 90Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bonn zu begründen. 91Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bonn durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 92Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 3.041,17 euro nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz aus 2.155,00 euro seit dem 10.05.2013 sowie aus weiteren 886,17 euro seit dem 28.06.2013 sowie außergerichtliche kosten ihrer prozessbevollmächtigten in höhe von 330,70 euro nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 25.09.2013 zu zahlen. die kosten des rechtsstreits trägt die beklagte. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die parteien streiten um ersatz von mietwagenkosten aus abgetretenem recht aus zwei verkehrsunfällen im bezirk des amtsgerichts bonn, wobei die volle haftung der beklagten, der haftpflichtversicherung der jeweiligen schädiger, dem grunde nach zwischen den parteien unstreitig ist. 3am 22.03.2013 gegen 20:53 uhr wurde das kraftfahrzeug des zeugen u2 der marke toyota picnic, der im januar 1997 erstmals zugelassen wurde und zum unfallzeitpunkt nach dem schadensgutachten vom 28.03.2013 einen wiederbeschaffungswert von 2.450,00 euro aufwies, bei einem verkehrsunfall in c beschädigt. der zeuge mietete nach dem unfall noch am gleichen tag um 23.15 uhr bei der klägerin für die zeit vom 22.03.2013 bis zum 11.04.2013 ein im verhältnis zum geschädigten fahrzeug klassentieferes ersatzfahrzeug der gruppe 5 des schwacke-automietpreisspiegels an. hinsichtlich der einzelheiten wird auf den mietvertrag vom 22.03.2013 (bl. 20 ga) verwiesen. zugleich trat der zeuge den ihm zustehenden schadensersatzanspruch auf erstattung der mietwagenkosten an die klägerin ab. gemäß der rechnung vom 13.04.2013 forderte die klägerin hierfür kosten in höhe von 2.923,74 euro. wegen der weiteren einzelheiten wird auf die rechnung (bl. 19 ga) bezug genommen. das mietfahrzeug wurde zugestellt. hierauf zahlte die beklagte in der folgezeit lediglich 768,74 euro. auch auf mahnung der klägerin mit schreiben vom 02.05.2013 unter fristsetzung bis zum 09.05.2013 sowie ein weiteres vorgerichtliches mahnschreiben der klägerischen prozessbevollmächtigten nach ablauf der gesetzten frist leistete die beklagte keinerlei weitere zahlungen. 4am 20.05.2013 gegen 18:25 uhr wurde das kraftfahrzeug des zeugen e t der marke vw golf vi bei einem verkehrsunfall in c beschädigt. der zeuge mietete nach dem unfall für die zeit vom 23.05.2013 bis zum 01.06.2013 bei der klägerin ein im verhältnis zum geschädigten fahrzeug klassentieferes ersatzfahrzeug der gruppe 4 des schwacke-automietpreisspiegels an. hinsichtlich der einzelheiten wird auf den mietvertrag vom 23.05.2013 (bl. 23 ga) verwiesen. zugleich trat der zeuge den ihm zustehenden schadensersatzanspruch auf erstattung der mietwagenkosten an die klägerin ab. gemäß der rechnung vom 05.06.2013 forderte die klägerin hierfür kosten in höhe von 1415,72 euro. wegen der weiteren einzelheiten wird auf die rechnung (bl. 22 ga) bezug genommen. das mietfahrzeug wurde zugestellt und abgeholt. hierauf zahlte die beklagte in der folgezeit lediglich 529,55 euro. auch auf mahnung der klägerin mit schreiben vom 20.06.2013 unter fristsetzung bis zum 27.06.2013 sowie ein weiteres vorgerichtliches mahnschreiben der klägerischen prozessbevollmächtigten nach ablauf der gesetzten frist leistete die beklagte keinerlei weitere zahlungen. 5in beiden schadensfällen wurden miete und umsatzsteuer von der klägerin vorfinanziert, die fahrzeuge den geschädigten ohne sicherheitsleistung zur verfügung gestellt und eine vollkasko- und teilkaskoversicherung mit einer reduzierung auf einen selbstbehalt von 300,00 euro und 150,00 euro vereinbart. zudem stand zum zeitpunkt der anmietung die dauer der anmietung noch nicht fest. schließlich wurde im zweiten schadensfall das verunfallte fahrzeug von mehreren personen genutzt. 6nach fruchtlosem ablauf der fristen mahnte die klägerin die beklagte durch ihre prozessbevollmächtigten jeweils, wodurch ihr kosten in höhe von insgesamt 330,70 euro entstanden. 7sie meint, die beklagte sei ihr zum vollen ersatz der geforderten restlichen mietwagenkosten verpflichtet. der normaltarif des schwacke-automietpreisspiegels stelle nach wie vor eine geeignete grundlage zur schätzung der erforderlichen mietwagenkosten dar. ebenso seien in den beiden schadensfällen ein pauschaler aufschlag für unfallspezifische mehrleistungen sowie die geltend gemachten nebenkosten für versicherungen, zusatzfahrer, winterreifen, vermietung außerhalb der geschäftszeiten sowie zustellung und abholung erforderlich gewesen. 8die klägerin beantragt, 9die beklagte zu verurteilen, an die klägerin 3.041,17 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz aus 2.155,00 euro seit dem 10.5.2013 sowie aus 886,17 euro seit dem 28.06.2013 sowie außergerichtliche rechtsanwaltskosten in höhe von insgesamt 330,70 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 25.09.2013 zu zahlen. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12sie meint, die mietwagenkosten in erforderlicher höhe seien vollständig ausgeglichen worden. jedenfalls habe der geschädigte u2 gegen seine schadensminderungspflicht verstoßen, da er mietwagenkosten in kauf nahm, die höher als der wiederbeschaffungswert waren. zudem behauptet sie, den geschädigten seien günstigere anmiettarife ohne weiteres zugänglich gewesen. 13nach zustimmung der parteien hat das gericht am 20.03.2014 beschlossen, im schriftlichen verfahren zu entscheiden. 14
15die klage ist begründet. 16i. 17die klägerin hat einen anspruch auf zahlung restlicher mietwagenkosten in höhe von 3.041,17 euro gegen die beklagte aus §§ 7 abs. 1, 17 stvg, 249 abs. 2, 398 bgb i.v.m. 115 vvg. 181. 19die vollständige haftung der beklagten dem grunde nach ist unstreitig. 202. 21die geltend gemachten restlichen mietwagenkosten in höhe von 3.041,17 euro sind auch erforderlich im sinne des § 249 abs. 2 bgb. 22a. 23nach § 249 abs. 2 bgb kann der geschädigte vom schädiger bzw. der haftpflichtversicherung als erforderlichen herstellungsaufwand den ersatz derjenigen mietwagenkosten verlangen, den ein verständiger, wirtschaftlich denkender mensch in der lage des geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (vgl. bgh, njw 2010, 2569 m.w.n.; lg bonn, urteil vom 05.07.2009, 5 s 266/08, beschluss vom 30.07.2012, 5 s 94/12, urteile vom 02.04.2013, 5 s 200/12, und 07.05.2013, 8 s 288/12). der geschädigte ist dabei ebenso wie in anderen fällen, in denen er die schadensbeseitigung selbst in die hand nimmt, nach dem aus dem grundsatz der erforderlichkeit hergeleiteten wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im rahmen des ihm zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren weg der schadensbeseitigung zu wählen (vgl. lg bonn, urteil vom 07.05.2013, 8 s 288/12). das bedeutet für den bereich der mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten markt - nicht nur für unfallgeschädigte - erhältlichen tarifen für die anmietung eines vergleichbaren ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigeren mietpreis ersetzt verlangen kann (lg bonn, a.a.o.). ausgangspunkt für die betrachtung bildet insoweit der ortsübliche normaltarif (lg bonn, a.a.o.). 24diesen normaltarif schätzt das gericht auf der grundlage des gewichteten mittels des schwacke-automietpreisspiegels 2013 (vgl. auch lg bonn, a.a.o.; lg bonn, urteil vom 02.04.2013, 5 s 200/12). 25b. 26die von der beklagten vorgetragenen einwendungen gegen den schwacke-automietpreisspiegel sind nicht geeignet, im konkreten fall zweifel an dessen eignung als schätzgrundlage zu begründen. 27aa. 28die von der beklagten vorgelegten alternativangebote sind nicht geeignet, den hier herangezogenen schwacke-autopreismietspiegel als schätzgrundlage für die schadensbestimmung im konkreten fall zu entkräften. die fehlende berücksichtigung der folgenden punkte hindert die vergleichbarkeit der tarife: 29(1) 30sämtliche von der beklagten benannten alternativangebote stammen aus einer recherche in internetportalen der jeweiligen anbieter. der internetmarkt ist jedoch nicht zwingend und ohne weiteres mit dem allgemeinen mietwagenmarkt vergleichbar (vgl. bgh, urteil vom 2.2.2010 – vi zr 7/09; lg bonn, a.a.o.). 31(2) 32die von der beklagten vorgelegten alternativangebote betreffen nicht den in rede stehenden anmietzeiträume. der pauschale hinweis darauf, dass es den geschädigten möglich gewesen sei, zu den in den angeboten genannten preisen eine anmietung vorzunehmen, genügt nicht den an einen hinreichend substantiierten sachvortrag zu stellenden anforderungen (vgl. lg bonn, beschluss vom 30.07.2012, 5 s 94/12). 33(3) 34schließlich kann den angeboten nicht entnommen werden, ob die anmietung bei den angegebenen firmen die vorlage einer kreditkarte oder einer entsprechenden barkaution voraussetzt. 35bb. 36ebenso wenig sind auch die erhebungen des fraunhofer instituts geeignet, die annahme der verlässlichkeit des schwacke-automietpreisspiegels als schätzgrundlage im konkreten fall zu erschüttern. insbesondere genügt es nicht, dass die erhebung des fraunhofer instituts zu anderen ergebnissen als der schwacke-automietpreisspiegel führt, um zweifel an der richtigkeit der letztgenannten erhebung zu rechtfertigen (vgl. lg bonn, urteil vom 07.05.2013, 8 s 288/12). aus der erhebung des fraunhofer instituts ist nicht ersichtlich, dass die von den versicherern in auftrag gegebene untersuchung auf überzeugendere weise zu verlässlicheren schätzgrundlagen gekommen ist. dies gilt insbesondere vor dem hintergrund des umstands, dass die untersuchung des fraunhofer instituts mit einer differenzierung nach nur zwei postleitzahlziffern bei weitem nicht so breit gestreut ist wie der mietpreisspiegel nach schwacke. zudem basiert die erhebung nach fraunhofer zum weit überwiegenden teil auf den angaben von sechs internetanbietern. marktrepräsentativer dürften dagegen jene preise sein, die breit gestreut und möglichst ortsnah erhoben worden sind (vgl. lg bonn, a.a.o.). schließlich ist zu berücksichtigen, dass bei der erhebung nach fraunhofer eine vorbuchungsfrist von einer woche unterstellt wird. demgegenüber ist bei unfallersatzanmietungen die prämisse gerechtfertigt, dass der wagen - wie im konkreten fall - sehr kurzfristig zur verfügung stehen muss. da eine längere vorbuchungsfrist dem markt für schnell zur verfügung stehende unfallersatzwagen jedoch nicht hinreichend gerecht werden, ist es sachgerechter, bei der preisnachfrage auf solche preise abzustellen, welche bei einer sofortigen anmietung zu zahlen wären. 37cc. 38das gericht sieht schließlich auch unter berücksichtigung der jüngsten rechtsprechung des olg köln (olg köln, urteil vom 30.7.2013 -15 u 212/12) keine veranlassung, vom schwacke-automietpreisspiegel als geeigneter schätzgrundlage abzuweichen. 39in der genannten entscheidung hat das olg köln seine bisherigen rechtsprechung aufgegeben und die erforderlichen mietwagenkosten nunmehr anhand des arithmetischen mittels zwischen der schwacke- und der fraunhofer-liste ermittelt. begründet wird dies unter anderem damit, dass es die auf grund der preisentwicklung der schwacke-liste in den letzten jahren nicht mehr für sachgerecht gehalten wird, diese als alleinige schätzgrundlage heranzuziehen. 40dem schließt sich das gericht aus folgenden gründen nicht an: 41(1) 42die behaupteten preissteigerungen werden in der vorgenannten entscheidung nicht konkreter quantifiziert und sind insoweit auch nicht überprüfbar. unabhängig davon bestehen angesichts des konkreten vortrags der klägerseite im schriftsatz vom 10.12.2013, denen die beklagtenseite nicht konkret entgegen getreten ist, zweifel an der richtigkeit dieser annahmen. 43(2) 44ebenso wenig vermag der einwand die eignung des schwacke-automietpreisspiegels als geeignete schätzgrundlage zu erschüttern, dass die mietwagenkosten für selbstzahler bei der schwacke-liste durch übersendung von fragebögen an die mietwagenunternehmen ermittelt werden, wobei der verwendungszweck offengelegt wird. grundlage für die datenerfassung des schwacke-automietpreisspiegels bilden ausweislich des vorworts die gedruckten bzw. auch auf datenträgern oder im internet vorhandenen hauseigenen prospekte und darstellungen, die einem kunden offeriert werden. darüber hinaus erfolgt eine überprüfung der zugesandten preisinformationen unter anderem durch anonyme stichproben. 45(3) 46die kosten für die senkung des selbstbehalts auf unter 500,00 euro sind schließlich plausibel dadurch erklärbar, dass es sich um eine zusätzliche leistung des autovermieters handelt, die - wie im konkreten fall - gerade nicht mehr von dem dem mietpreisspiegel zu grunde liegenden grundfall einer vollkaskoversicherung mit einem selbstbehalt von 500,00 euro erfasst ist. insoweit ist nachvollziehbar, dass für die übernahme des risikos, bei einem selbstverschuldeten unfall des mieters, von diesem keinen oder nur einen selbstbehalt von unter 500,00 euro verlangen zu können, eine entsprechende prämie gezahlt werden muss. 47(4) 48unabhängig davon erscheint es aber auch nicht nachvollziehbar, warum sich aus der kombination zweier bedenklicher und für nicht hinreichend geeignet erachteter methoden eine geeignete schätzgrundlage ergeben soll (vgl. auch lg bonn, urteil vom 06.11.2012, 8 s 170/12). einen erfahrungssatz des inhalts, dass "die wahrheit in der mitte liege", besteht in diesem zusammenhang gerade nicht (vgl. lg frankenthal, urteil vom 23.12.2009, 2 s 136/09). 49c. 50auf den durch die schwacke-liste bestimmten normalpreis der mietwagenkosten ist auch der hier geltend gemachte aufschlag von 20 % im hinblick auf die durch die besondere unfallsituation veranlassten leistungen der klägerin begründet. 51ein solcher aufschlag ist grundsätzlich gerechtfertigt, wenn die anmietung des ersatzfahrzeugs im engen zeitlichen zusammenhang zu dem verkehrsunfall erfolgt. die anmietung des ersatzfahrzeuges im engen zeitlichen zusammenhang mit dem verkehrsunfall indiziert bereits eine not- oder eilsituation, in der prima facie davon auszugehen ist, dass ersatzfähige mehrkosten angefallen sind. (lg bonn, beschluss vom 30.07.2012, 5 s 94/12). unabhängig davon erbrachte die klägerin den geschädigten durch die besondere unfallsituation veranlasste leistungen, die den vorgenannten aufschlag rechtfertigen (vgl. lg bonn, urteil vom 17.07.2012, 8 s 30/12). 52danach ist auch der vorgenannte aufschlag vorliegend begründet. für die annahme einer not- und eilsituation im schadensfall u2 spricht bereits, dass sich der unfall am abend des 22.03.2012 ereignet hat und das vom kläger angemietete ersatzfahrzeug noch am gleichen abend angemietet wurde. in beiden schadensfällen wurden zudem miete und umsatzsteuer von der klägerin vorfinanziert und die fahrzeuge den geschädigten ohne sicherheitsleistung zur verfügung gestellt. zudem stand zum zeitpunkt der anmietung die dauer der anmietung noch nicht fest. 53d. 54auch die von der klägerin schließlich geltend gemachten nebenkosten, deren höhe das gericht auf der grundlage des schwacke automietpreisspiegels gemäß § 287 zpo schätzt, sind erforderlich gewesen. da die normaltarife der schwacke-liste keine nebenkosten enthalten, werden diese hinzugerechnet, soweit sie tatsächlich angefallen sind. für die einbeziehung dieser position kann auf die nebenkostentabelle der schwacke liste zurückgegriffen werden (vgl. olg köln, urteil vom 22.03.2011 - 3 u 47/10). 55aa. 56die geltend gemachten kosten für die vollkaskoversicherung mit der weiteren reduzierung des selbstbehaltes auf 300,00 bzw. 150,00 euro sind erstattungsfähig. die kosten einer teil- bzw. vollkaskoversicherung sind bei der anmietung eines ersatzfahrzeuges grundsätzlich erstattungsfähig, weil der geschädigte ein schutzwürdiges interesse hat, für die kosten einer eventuellen beschädigung des mietfahrzeuges nicht selbst aufkommen zu müssen, zumal mietwagen in der regel neuer und damit höherwertiger sind als die beschädigten fahrzeuge (vgl. olg köln, urteil vom 2.3.2007 – 19 u 181/06; bgh, urteil vom 15.2.2005 – vi zr 74/04). für abzüge unter dem gesichtspunkt eines vorteilsausgleichs ist daher auch kein raum (vgl. lg köln, beschluss vom 30.7.2012, 5 s 94/12). 57diese kosten schätzt das gericht gemäß § 287 zpo auf der grundlage des vorgenannten mietpreisspiegels auf 22,00 euro pro tag im schadensfall u2 und 21,00 euro pro tag im schadensfall ferreira. 58bb. 59auch die geltend gemachten kosten für winterreifen sind erstattungsfähig. winterreifen gehören nach der neuregelung in § 2 abs. 3a stvo zu der für die wintermonate erforderlichen ausstattung eines kfz und die vermieter sind verpflichtet , den mietern ein verkehrstaugliches fahrzeug zur verfügung zu stellen (vgl. olg köln, urteil vom 18.03.2011 - 19 u 145/10). zu berücksichtigen ist ferner, dass die mietwagenfirmen erhöhte aufwendungen haben, da sie für die mietfahrzeuges sowohl sommer- als auch winterreifen vorrätig halten müssen, so dass erhöhte anschaffung von vorratskosten die folge sind (olg köln, a.a.o.). 60diese voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. die anmietung im schadensfall u2 erfolgte am 22.3.2013 und damit vor ostern 2013. ein sorgfältiger autofahrer nutzt sein kraftfahrzeug im hiesigen bereich zwischen oktober und ostern mit winterreifen. diese kosten schätzt das gericht gemäß § 287 zpo auf der grundlage des vorgenannten mietpreisspiegels auf 10,00 euro pro tag. 61cc. 62ebenso sind die gemachten kosten für die vermietung außerhalb der geschäftszeiten im schadensfall theke erstattungsfähig. auch insoweit handelt es sich um unstreitig entstandene kosten. darüber hinaus erfolgt die anmietung im konkreten fall am 22.3.2013 nach 23:00 uhr. deren erforderliche höhe schätzt das gericht gemäß § 287 zpo auf 60,00 euro. 63dd. 64ebenso die kosten für zustellung und abholung sind in der geltend gemachten höhe ersatzfähig, da sie angefallen und abgerechnet worden sind (vgl. bgh, urteil vom 2.2.2010 – vi zr 7/09). die tatsachen sind insoweit zwischen den parteien unstreitig. die höhe der hierbei angefallenen kosten schätzt das gericht auf der grundlage des vorgenannten mietpreisspiegels gemäß § 287 zpo auf 23,00 euro je zustellung bzw. abholung. 65ee. 66die kosten für einen zusatzfahrer sind vorliegend schließlich ebenfalls ersatzfähig. maßgeblich ist insoweit, ob das unfallfahrzeug ebenfalls von einem zusätzlichen fahrer genutzt wurde (vgl. olg köln, urteil vom 26.2.2013, 3 u 141/12). 67dies ist vorliegend im schadensfall ferreira unstreitig der fall. die erforderliche höhe dieser kosten schätzt das gericht auf der grundlage des vorgenannten mietpreisspiegels gemäß § 287 zpo auf 12,00 euro pro tag. 68e. 69die geschädigten müssen sich weiterhin auch keine ersparten eigenaufwendungen anrechnen lassen. sie haben ein im vergleich zu den beschädigten fahrzeugen ein mindestens eine klassen niedrigeres ersatzfahrzeug angemietet. soweit der geschädigte jedoch - wie hier - ein klassentieferes mietfahrzeug anmietet, muss er sich grundsätzlich keine ersparten eigenaufwendungen anrechnen lassen (vgl. bgh, njw 2013, 1870 ff.). 70f. 71ebenso wenig ist das vorsorgliche bestreiten der berechtigung der dauer der anmietzeit im schadensfall u2 erheblich. der geschädigte kann nach § 249 abs. 2 bgb bei beschädigung einer sache den zur wiederherstellung erforderlichen betrag bereits ab dem zeitpunkt der beschädigung verlangen (vgl. nur lg köln, versr 1977, 160, 161). die anmietung eines ersatzfahrzeugs für 16 tage ist danach nicht zu beanstanden. das fahrzeug des geschädigten war vorliegend bereits am 22.03.2013 verunfallt. das schadensgutachten datierte jedoch erst vom 28.03.2013; darin wird die dauer der reparatur mit mindestens zwölf tagen angegeben. dieses gutachten lag dem geschädigten unter berücksichtigung von postlaufzeiten aber frühestens am 30.03.2013 vor. diesem konkreten vortrag der klägerseite ist die beklagte im übrigen auch nicht mehr entgegen getreten. 72g. 73gleiches gilt schließlich auch für den einwand der beklagten, dass die mietwagenkosten im schadensfall u2 angesichts von alter und wiederbeschaffungswert des verunfallten fahrzeugs unangemessen seien. die streitgegenständlichen mietwagenkosten sind herstellungskosten gemäß § 249 abs. 2 bgb, durch die der verlust der nutzungsmöglichkeit kompensiert werden soll. alter und wert haben aber grundsätzlich keinen einfluss auf diese nutzungsmöglichkeit. vorliegend bestehen zudem auch keinerlei anhaltspunkte dafür, dass sich die gebrauchsvorteile, die dem zeugen u2 durch die beschädigung seines fahrzeugs täglich entstanden sind, während der streitgegenständlichen anmietzeit vermindert hätten. 743. 75unter zugrundelegung der vorstehenden ausführungen ergeben sich jedenfalls in der summe die von der klägerin in der klageschrift geltend gemachten und von der beklagten zu ersetzenden restlichen mietwagenkosten. 76ii. 77die klägerin hat gegen die beklagte ferner einen anspruch auf zahlung von zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszins aus 2155,00 eur seit dem 10.05.2013 sowie aus 886,17 euro seit dem 28.06.2013 gemäß §§ 286 abs. 1, 288 bgb. nach fruchtlosem ablauf der mit den klägerischen mahnschreiben vom 02.05.2013 und 20.06.2013 gesetzten zahlungsfristen befand sich die beklagte mit der zahlung der vorgenannten beträge in verzug. 78iii. 79die klägerin hat gegen die beklagte schließlich auch einen anspruch auf zahlung von vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten in höhe von 330,70 euro gemäß §§ 280, 286 bgb für die letzten vorprozessualen mahnschreiben ihrer prozessbevollmächtigten. zu diesem zeitpunkt befand sich die beklagte im verzug, da sie nach ablauf der vorgenannten fristen erfolgten. 80iv. 81der zinsanspruch bezüglich der vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten ergibt sich aus §§ 288, 291 bgb. 82v. 83die nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 zpo. 84streitwert: 3.041,17 euro. 85rechtsbehelfsbelehrung: 86gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 87a) wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 88b) wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 89die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht bonn, wilhelmstr. 21, 53111 bonn, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 90die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht bonn zu begründen. 91die parteien müssen sich vor dem landgericht bonn durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 92mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden.
Klaeger*in
1
126,669
L 9 AL 286/14
2016-01-28T00:00:00
Urteil
Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18.09.2014 abgeändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld. 3Die Beklagte bewilligte der im Jahre 1964 geborenen Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 01.10.2010 mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen. Wegen Anspruchs der Klägerin auf Krankengeld hob die Beklagte die Bewilligung ab dem 18.10.2010 auf, bewilligte Arbeitslosengeld ab dem 18.03.2011 weiter, stellte die Zahlung von Arbeitslosengeld wegen eines Rehabilitationsaufenthalts der Klägerin ab dem 18.10.2011 erneut ein und bewilligte zuletzt der Klägerin ab dem 16.11.2011 Arbeitslosengeld weiter, dies mit einer Restanspruchsdauer von 149 Tagen. 4Mit Bescheid vom 15.02.2012 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Rheinland der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, beginnend am 01.05.2012 und befristet bis zum 31.12.2013. Daraufhin hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 08.03.2012 auf mit der Begründung, dass die Klägerin nicht (mehr) mindestens 15 Stunden wöchentlich arbeiten könne und daher der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden sei. Zu diesem Zeitpunkt bestand noch ein Restanspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer von 37 Tagen. 5Am 05.12.2013 meldete sich die Klägerin mit Wirkung zum 01.01.2014 erneut arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld, nachdem die Deutsche Rentenversicherung Rheinland den Antrag der Klägerin auf Weiterzahlung der Erwerbsminderungsrente abgelehnt hatte. Mit Bescheid vom 02.01.2014 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld beginnend am 01.01.2014 für die Dauer von 37 Tagen. 6Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein. Der Widerspruch richte sich gegen die festgestellte Anspruchsdauer. Gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) seien Bezieher einer Rente wegen voller Erwerbsminderung versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung, wenn sie bis zum Beginn der Rentenzahlung ebenfalls versicherungspflichtig gewesen seien. Sie habe durch den Bezug der Rente wegen voller Erwerbsminderung einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld erwirtschaftet, der bei der Dauer des jetzt gewährten Arbeitslosengeldes zu berücksichtigen sei. In der Zeit vom 08.03.2012 bis zum 30.04.2012 habe sie zwar keine versicherungspflichtigen Leistungen erhalten. Die von § 26 Abs. 2 SGB III geforderte Unmittelbarkeit sei aber nicht so auszulegen, dass Versicherungspflicht bis zum Tag vor der ersten Rentenzahlung bestanden haben müsste. Die Klägerin verwies dabei auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 31.03.2011 unter dem Az. L 1 AL 43/10. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Innerhalb der Rahmenfrist vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2013 sei die Klägerin nicht versicherungspflichtig gewesen. Die Zeit des Bezugs von Erwerbsminderungsrente begründe keine Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung, insbesondere liege kein Fall des § 26 Abs. 2 Nr. 3 SGB III vor. Es mangele an der erforderlichen Unmittelbarkeit des Bezugs der laufenden Entgeltersatzleistung nach dem SGB III vor dem Bezug der Erwerbsminderungsrente. Das Merkmal der Unmittelbarkeit sei dann nicht erfüllt, wenn - wie hier - der Zeitraum von einem Monat überschritten werde. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung zu § 28a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB III. 7Die Klägerin hat am 28.04.2014 Klage beim Sozialgericht Aachen erhoben. Sie hat auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren verwiesen. 8Die Klägerin hat beantragt, 9die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2014 zu verurteilen, ihr ab 01.01.2014 Arbeitslosengeld für 240 Kalendertage zu gewähren. 10Die Beklagte hat beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Die Beklagte hat auf Entscheidungen der Landessozialgerichte Hessen und Berlin-Brandenburg hingewiesen, wonach der Begriff der Unmittelbarkeit eine Frist von einem Monat zum Ausdruck bringe. Die Beklagte hat zudem erneut auf die Gesetzesbegründung zu § 28a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB III verwiesen. 13Mit Urteil vom 18.09.2014 hat das Sozialgericht Aachen der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Abänderung des streitgegenständlichen Bescheides verurteilt, der Klägerin ab dem 01.01.2014 Arbeitslosengeld für 240 Tage zu gewähren. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Entgegen der Auffassung der Beklagten habe die Klägerin durch den Bezug der Rente wegen Erwerbsminderung einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben. Der Begriff der Unmittelbarkeit in § 26 Abs. 2 Nr. 3 SGB III sei zwar umstritten, nach Auffassung der Kammer könne der Begriff allerdings nicht im Sinne einer starren Monatsfrist ausgelegt werden. Vielmehr sei der Begriff vor dem Hintergrund von Sinn und Zweck der Regelung zu interpretieren. Ein enger Zusammenhang von früherer Beschäftigung und Leistungsbezug sei vorliegend zu bejahen, auch die Schutzbedürftigkeit. Die "Lücke" zwischen dem 07.03.2012 und dem Beginn der Rentenzahlung am 01.05.2012 beruhe vorliegend nicht darauf, dass die Klägerin ihren Status als Arbeitnehmerin aufgegeben hätte. Dies sei vielmehr ausschließlich der gesetzlichen Regelung geschuldet, dass einerseits bei festgestellter Erwerbsminderung Arbeitslosengeld mangels Verfügbarkeit nicht weitergewährt werden dürfe, andererseits die Rente wegen Erwerbsminderung auf Zeit aber erst ab dem siebten Monat nach Eintritt des Versicherungsfalls gezahlt werde. Wolle man die Unmittelbarkeit nur bei einer Unterbrechungszeit bis zu einem Monat bejahen, hinge die Frage der Versicherungspflicht des Rentenbezuges alleine davon ab, wie schnell der Rentenversicherungsträger seine Entscheidung treffe. 14Gegen dieses ihr am 13.10.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13.11.2014 Berufung eingelegt. Der Auslegung des § 26 Abs. 2 Nr. 3 SGB III durch das Sozialgericht sei nicht zu folgen. Der Zeitraum vom 08.03.2012 bis zum 30.04.2012 umfasse 54 Kalendertage und damit mehr als vier Wochen bzw. einen Monat. Der Begriff der Unmittelbarkeit sei in Rechtsprechung und Literatur bisher übereinstimmend mit einem Zeitraum von nicht (deutlich) mehr als einem Monat gleichgesetzt worden. Die Beklagte verweist auf frühere Regelungen im Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und frühere Regelungen im Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) sowie § 7 Abs. 3 S. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Der vom Sozialgericht gewählte Weg führe dazu, dass die in § 26 Abs. 2 SGB III enthaltene Begrenzung letztlich ohne Wirkung bliebe und die praktische Umsetzung erheblich erschwert wäre. Die Begriffe "Unterbrechung" und "Unmittelbarkeit" seien in ihrem Gehalt nicht gleichzusetzen. 15Die Beklagte beantragt, 16das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18.09.2014 abzuändern und die Klage abzuweisen. 17Die Klägerin beantragt, 18die Berufung zurückzuweisen. 19Die Klägerin wiederholt ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren und bezieht sich auch auf die Ausführungen im Urteil. Ergänzend merkt die Klägerin an, dass der Begriff der Unmittelbarkeit nicht nur eine zeitliche Dimension, sondern auch einen kausalen Bezug aufweise. Hiermit solle ein Ausgleich für bestimmte unverschuldete Beitragsausfälle bzw. fehlende Versicherungszeiten gewährt werden. Im Hinblick darauf, dass § 101 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) unter Berücksichtigung des Regelungskonzept der §§ 38, 40, 41 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) i.V.m. §§ 43, 102 SGB VI lediglich den Fälligkeitsbeginn hinausschiebe, habe unmittelbar vor Beginn der Leistung gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 3 SGB III Versicherungspflicht bestanden. 20Die Beklagte erwidert hierauf, dass nach dem Wortlaut des § 26 Abs. 2 SGB III nur Zeiten als versicherungspflichtig berücksichtigungsfähig seien, in den die in den Nr. 1-3 genannten Leistungen tatsächlich bezogen worden seien. Es käme so nicht auf die Entstehung des Anspruchs, sondern auf dessen Fälligkeit an. 21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. 22Entscheidungsgründe: 23Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere gem. § 151 Abs. 1, 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) fristgemäß eingelegt und gem. §§ 143 f. SGG statthaft. 24Die Berufung ist auch begründet, das Sozialgericht hat der Klage im Ergebnis zu Unrecht stattgegeben. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 4 SGG statthafte, fristgemäß nach § 87 SGG eingelegte und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 02.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2014 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert, da der formell rechtmäßige Bescheid auch materiell rechtmäßig ist. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld für eine Dauer von mehr als den von der Beklagten gewährten 37 Tagen (als Restanspruchsdauer für den am 01.10.2010 beginnenden Grundanspruch auf Arbeitslosengeld) zu. Die Voraussetzungen eines neuen Anspruchs auf Arbeitslosengeld liegen nicht vor. 25Gemäß §§ 136 f. SGB III in der hier anwendbaren aktuellen und im Zeitpunkt des gewünschten Leistungsbeginns (01.01.2014) schon geltenden Fassung setzte der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit voraus, dass Arbeitnehmer (1.) arbeitslos sind, (2.) sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und (3.) die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Die Klägerin war im streitigen Zeitraum arbeitslos (vgl. § 138 SGB III) und auch arbeitslos gemeldet (vgl. § 141 SGB III). Sie erfüllte jedoch nicht die Anwartschaftszeit. Dies setzte voraus, dass sie in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 142 Abs. 1 SGB III). Die Rahmenfrist betrug zwei Jahre und begann mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 143 Abs. 1 SGB III). 26Im vorliegenden Fall reichte die Rahmenfrist somit vom 01.01.2012 bis zum 31.12.2013 (und nicht - wie von der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 25.03.2014 ausgewiesen - vom "01.01.2011" bis 31.12.2013). In diesem Zeitraum stand die Klägerin nicht 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis nach dem SGB III (§§ 24, 26, 28a SGB III). In Betracht kommt insoweit nur ein Versicherungspflichtverhältnis nach § 26 Abs. 2 Nr. 3 SGB III (in der insoweit weiterhin gültigen Fassung vom 08.04.2013) wegen des Bezugs einer Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.05.2012 bis zum 31.12.2013. Diese Versicherungspflicht bestünde allerdings nur dann, wenn die Klägerin "unmittelbar vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig war[en], eine laufende Entgeltersatzleistung nach diesem Buch bezogen oder eine als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderte Beschäftigung ausgeübt [hat], die ein Versicherungspflichtverhältnis oder den Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung nach diesem Buch unterbrochen hat". 27Der allein in Betracht kommende Bezug von Arbeitslosengeld als Entgeltersatzleistung erfolgte bis zum 08.03.2012 und lag damit nicht "unmittelbar" im Sinne des § 26 Abs. 2 SGB III vor dem am 01.05.2012 beginnenden Bezug der vollen Erwerbsminderungsrente. 28Wie der Begriff der "Unmittelbarkeit" zu verstehen ist, ist streitig. Teils wird davon ausgegangen, dass noch am Tag vor Beginn der Leistung Versicherungspflicht - oder die anderen in § 26 Abs. 2 SGB III genannten Alternativen - bestanden haben müsse (so wohl Schlegel, in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 26 Rn. 103), teils wird eine "Unmittelbarkeit" noch bei einem sechswöchigen Ruhenszeitraum angenommen (so zu § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III LSG NRW, Urt. v. 22.05.2014 - L 16 AL 287/13 - juris Rn. 22 ff. -, siehe aber auch Rn. 35, wonach der Bezug "von Krg anders als [der] Bezug von Rente wegen voller Erwerbsminderung" zu behandeln sei; kritisch zu dieser Entscheidung Wehrhahn, in: jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 26 Rn. 32.1 f.), teils sogar auch ein zweimonatiger Zeitraum zwischen dem Ende der Versicherungspflicht und dem Beginn des Bezugs der Einkommensersatzleistung noch als unmittelbar angesehen (so LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 31.03.2011 - L 1 AL 43/10 - juris Rn. 41 ff.- zur Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten; siehe auch LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 16.12.2011 - L 3 AL 20/10 - juris Rn. 29 ff.). Der Senat folgt indessen der auch in der Literatur nahezu einhellig vertretenen Auffassung (vgl. etwa Wehrhahn, in: jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 26 Rn. 32; Brand, in: Brand, SGB III, 6. Aufl. 2012, § 26 Rn. 20; Fuchs, in: Gagel, SGB II/III, 59. EL [09/2015], § 26 Rn. 29), dass eine Frist von maximal einem Monat gilt (umfangreiche Nachweise dazu - und zur Frage, wie der "Monat" zu berechnen ist - beim Hessischen LSG, Urt. v. 15.07.2011 - L 9 AL 125/10 - juris Rn. 27 ff., das seinerseits eine kurzzeitige Überschreitung der Monatsfrist für unschädlich gehalten hat, die zugelassene Revision wurde nicht eingelegt; wie hier auch LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 25.04.2013 - L 8 AL 339/09 - juris Rn. 22 ff.). Eine andere Auslegung wäre vom Wortlaut der Norm nicht mehr gedeckt (Wortlautgrenze). Es gibt zudem unter systematischen Gesichtspunkten keinen Grund, den Begriff hier anders auszulegen als in dem gleichartig formulierten § 28a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB III, wo die "Unmittelbarkeit" den Zugang zur Pflichtversicherung auf Antrag eröffnet (siehe insoweit die Darstellung des Meinungsstandes in BSG, Urt. v. 30.03.2011 - B 12 AL 1/10 R - juris Rn. 19). Das BSG hat diesbezüglich unter Berufung auf die Motive zu § 28a SGB III einen Zeitraum von nicht mehr als einem Monat als unschädlich angesehen (BSG, Urt. v. 30.03.2011 - B 12 AL 1/10 R - juris Rn. 19 -; dies bestätigend BSG, Urt. v. 04.12.2014 - B 5 AL 1/14 R - juris Rn. 19; in der BT-Drucks. 15/1515 vom 05.09.2003 heißt es auf S. 78: "Ein unmittelbarer Anschluss im Sinne der Regelung liegt vor, wenn die Unterbrechung nicht mehr als einen Monat beträgt."). Für die Monatsfrist spricht in systematischer Hinsicht neben der Regelung des § 28a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB III auch § 7 Abs. 3 S. 1 SGB IV, nach welcher der Fortbestand einer Beschäftigung ohne Anspruch auf Entgelt bis zu einem Monat fingiert wird (so auch Wehrhahn, in: jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 26 Rn. 32 unter Hinweis auf Scheidt in: GK-SGB III, § 26 Rn. 41). Schließlich kann in systematischer Hinsicht ganz allgemein auf die Bedeutung der Monatsfrist im Sozial(versicherungs)recht verwiesen werden, vgl. etwa § 19 Abs. 2 SGB V. 29Im Hinblick auf die parallelen Vorschriften in § 28a SGB III und § 7 SGB IV ist zudem der Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung aus Art. 20 Abs. 3 GG zu bedenken (vgl. BSG, Urt. v. 15.05.2012 - B 2 U 4/11 R - juris Rn. 59). Bei der Wahl desselben Begriffs durch den Gesetzgeber kann daher angenommen werden, dass dieser Begriff auch dieselbe Bedeutung hat. Dies muss erst recht gelten, wenn es sich um dasselbe Gesetzbuch handelt, wie hier das Sozialgesetzbuch (so Wehrhahn, in: jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 26 Rn. 32.2). 30Soweit die Klägerin schließlich argumentiert, dass § 101 SGB VI unter Berücksichtigung der weiteren Regelungen auch im SGB I lediglich den Fälligkeitsbeginn hinausschiebe und so unmittelbar vor Beginn der Leistung gem. § 26 Abs. 2 Nr. 3 SGB III (doch) Versicherungspflicht bestanden habe, ist mit der Beklagten auf den eindeutigen Wortlaut des § 26 Abs. 2 SGB III zu verweisen. Demnach besteht die Versicherungspflicht nur dann, wenn die Personen die dort genannten Leistungen "beziehen". 31Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 S. 1, 193 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG. 32Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
auf die berufung der beklagten wird das urteil des sozialgerichts aachen vom 18.09.2014 abgeändert und die klage abgewiesen. außergerichtliche kosten sind auch im berufungsverfahren nicht zu erstatten. die revision wird zugelassen. 1
2die beteiligten streiten über die dauer des anspruchs auf arbeitslosengeld. 3die beklagte bewilligte der im jahre 1964 geborenen klägerin arbeitslosengeld ab dem 01.10.2010 mit einer anspruchsdauer von 360 tagen. wegen anspruchs der klägerin auf krankengeld hob die beklagte die bewilligung ab dem 18.10.2010 auf, bewilligte arbeitslosengeld ab dem 18.03.2011 weiter, stellte die zahlung von arbeitslosengeld wegen eines rehabilitationsaufenthalts der klägerin ab dem 18.10.2011 erneut ein und bewilligte zuletzt der klägerin ab dem 16.11.2011 arbeitslosengeld weiter, dies mit einer restanspruchsdauer von 149 tagen. 4mit bescheid vom 15.02.2012 bewilligte die deutsche rentenversicherung rheinland der klägerin eine rente wegen voller erwerbsminderung, beginnend am 01.05.2012 und befristet bis zum 31.12.2013. daraufhin hob die beklagte die bewilligung von arbeitslosengeld ab dem 08.03.2012 auf mit der begründung, dass die klägerin nicht (mehr) mindestens 15 stunden wöchentlich arbeiten könne und daher der klägerin eine rente wegen voller erwerbsminderung bewilligt worden sei. zu diesem zeitpunkt bestand noch ein restanspruch auf arbeitslosengeld für die dauer von 37 tagen. 5am 05.12.2013 meldete sich die klägerin mit wirkung zum 01.01.2014 erneut arbeitslos und beantragte die bewilligung von arbeitslosengeld, nachdem die deutsche rentenversicherung rheinland den antrag der klägerin auf weiterzahlung der erwerbsminderungsrente abgelehnt hatte. mit bescheid vom 02.01.2014 bewilligte die beklagte der klägerin arbeitslosengeld beginnend am 01.01.2014 für die dauer von 37 tagen. 6die klägerin legte hiergegen widerspruch ein. der widerspruch richte sich gegen die festgestellte anspruchsdauer. gemäß § 26 abs. 2 nr. 3 sozialgesetzbuch drittes buch (sgb iii) seien bezieher einer rente wegen voller erwerbsminderung versicherungspflichtig in der arbeitslosenversicherung, wenn sie bis zum beginn der rentenzahlung ebenfalls versicherungspflichtig gewesen seien. sie habe durch den bezug der rente wegen voller erwerbsminderung einen neuen anspruch auf arbeitslosengeld erwirtschaftet, der bei der dauer des jetzt gewährten arbeitslosengeldes zu berücksichtigen sei. in der zeit vom 08.03.2012 bis zum 30.04.2012 habe sie zwar keine versicherungspflichtigen leistungen erhalten. die von § 26 abs. 2 sgb iii geforderte unmittelbarkeit sei aber nicht so auszulegen, dass versicherungspflicht bis zum tag vor der ersten rentenzahlung bestanden haben müsste. die klägerin verwies dabei auf die entscheidung des landessozialgerichts rheinland-pfalz vom 31.03.2011 unter dem az. l 1 al 43/10. mit widerspruchsbescheid vom 25.03.2014 wies die beklagte den widerspruch als unbegründet zurück. innerhalb der rahmenfrist vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2013 sei die klägerin nicht versicherungspflichtig gewesen. die zeit des bezugs von erwerbsminderungsrente begründe keine versicherungspflicht in der arbeitslosenversicherung, insbesondere liege kein fall des § 26 abs. 2 nr. 3 sgb iii vor. es mangele an der erforderlichen unmittelbarkeit des bezugs der laufenden entgeltersatzleistung nach dem sgb iii vor dem bezug der erwerbsminderungsrente. das merkmal der unmittelbarkeit sei dann nicht erfüllt, wenn - wie hier - der zeitraum von einem monat überschritten werde. dies ergebe sich aus der gesetzesbegründung zu § 28a abs. 2 s. 1 nr. 2 sgb iii. 7die klägerin hat am 28.04.2014 klage beim sozialgericht aachen erhoben. sie hat auf ihr vorbringen im verwaltungsverfahren verwiesen. 8die klägerin hat beantragt, 9die beklagte unter abänderung des bescheides vom 02.01.2014 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 25.03.2014 zu verurteilen, ihr ab 01.01.2014 arbeitslosengeld für 240 kalendertage zu gewähren. 10die beklagte hat beantragt, 11die klage abzuweisen. 12die beklagte hat auf entscheidungen der landessozialgerichte hessen und berlin-brandenburg hingewiesen, wonach der begriff der unmittelbarkeit eine frist von einem monat zum ausdruck bringe. die beklagte hat zudem erneut auf die gesetzesbegründung zu § 28a abs. 2 s. 1 nr. 2 sgb iii verwiesen. 13mit urteil vom 18.09.2014 hat das sozialgericht aachen der klage stattgegeben und die beklagte unter abänderung des streitgegenständlichen bescheides verurteilt, der klägerin ab dem 01.01.2014 arbeitslosengeld für 240 tage zu gewähren. zur begründung hat das sozialgericht im wesentlichen folgendes ausgeführt: entgegen der auffassung der beklagten habe die klägerin durch den bezug der rente wegen erwerbsminderung einen neuen anspruch auf arbeitslosengeld erworben. der begriff der unmittelbarkeit in § 26 abs. 2 nr. 3 sgb iii sei zwar umstritten, nach auffassung der kammer könne der begriff allerdings nicht im sinne einer starren monatsfrist ausgelegt werden. vielmehr sei der begriff vor dem hintergrund von sinn und zweck der regelung zu interpretieren. ein enger zusammenhang von früherer beschäftigung und leistungsbezug sei vorliegend zu bejahen, auch die schutzbedürftigkeit. die "lücke" zwischen dem 07.03.2012 und dem beginn der rentenzahlung am 01.05.2012 beruhe vorliegend nicht darauf, dass die klägerin ihren status als arbeitnehmerin aufgegeben hätte. dies sei vielmehr ausschließlich der gesetzlichen regelung geschuldet, dass einerseits bei festgestellter erwerbsminderung arbeitslosengeld mangels verfügbarkeit nicht weitergewährt werden dürfe, andererseits die rente wegen erwerbsminderung auf zeit aber erst ab dem siebten monat nach eintritt des versicherungsfalls gezahlt werde. wolle man die unmittelbarkeit nur bei einer unterbrechungszeit bis zu einem monat bejahen, hinge die frage der versicherungspflicht des rentenbezuges alleine davon ab, wie schnell der rentenversicherungsträger seine entscheidung treffe. 14gegen dieses ihr am 13.10.2014 zugestellte urteil hat die beklagte am 13.11.2014 berufung eingelegt. der auslegung des § 26 abs. 2 nr. 3 sgb iii durch das sozialgericht sei nicht zu folgen. der zeitraum vom 08.03.2012 bis zum 30.04.2012 umfasse 54 kalendertage und damit mehr als vier wochen bzw. einen monat. der begriff der unmittelbarkeit sei in rechtsprechung und literatur bisher übereinstimmend mit einem zeitraum von nicht (deutlich) mehr als einem monat gleichgesetzt worden. die beklagte verweist auf frühere regelungen im arbeitsförderungsgesetz (afg) und frühere regelungen im sozialgesetzbuch fünftes buch (sgb v) sowie § 7 abs. 3 s. 1 sozialgesetzbuch viertes buch (sgb iv). der vom sozialgericht gewählte weg führe dazu, dass die in § 26 abs. 2 sgb iii enthaltene begrenzung letztlich ohne wirkung bliebe und die praktische umsetzung erheblich erschwert wäre. die begriffe "unterbrechung" und "unmittelbarkeit" seien in ihrem gehalt nicht gleichzusetzen. 15die beklagte beantragt, 16das urteil des sozialgerichts aachen vom 18.09.2014 abzuändern und die klage abzuweisen. 17die klägerin beantragt, 18die berufung zurückzuweisen. 19die klägerin wiederholt ihr vorbringen aus dem erstinstanzlichen verfahren und bezieht sich auch auf die ausführungen im urteil. ergänzend merkt die klägerin an, dass der begriff der unmittelbarkeit nicht nur eine zeitliche dimension, sondern auch einen kausalen bezug aufweise. hiermit solle ein ausgleich für bestimmte unverschuldete beitragsausfälle bzw. fehlende versicherungszeiten gewährt werden. im hinblick darauf, dass § 101 sozialgesetzbuch sechstes buch (sgb vi) unter berücksichtigung des regelungskonzept der §§ 38, 40, 41 sozialgesetzbuch erstes buch (sgb i) i.v.m. §§ 43, 102 sgb vi lediglich den fälligkeitsbeginn hinausschiebe, habe unmittelbar vor beginn der leistung gemäß § 26 abs. 2 nr. 3 sgb iii versicherungspflicht bestanden. 20die beklagte erwidert hierauf, dass nach dem wortlaut des § 26 abs. 2 sgb iii nur zeiten als versicherungspflichtig berücksichtigungsfähig seien, in den die in den nr. 1-3 genannten leistungen tatsächlich bezogen worden seien. es käme so nicht auf die entstehung des anspruchs, sondern auf dessen fälligkeit an. 21wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie die verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. diese unterlagen haben vorgelegen und sind gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen. 22
23die berufung der beklagten ist zulässig, insbesondere gem. § 151 abs. 1, 2 sozialgerichtsgesetz (sgg) fristgemäß eingelegt und gem. §§ 143 f. sgg statthaft. 24die berufung ist auch begründet, das sozialgericht hat der klage im ergebnis zu unrecht stattgegeben. die als kombinierte anfechtungs- und leistungsklage gem. § 54 abs. 4 sgg statthafte, fristgemäß nach § 87 sgg eingelegte und auch im übrigen zulässige klage ist unbegründet. die klägerin ist durch den angefochtenen bescheid vom 02.01.2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 25.03.2014 nicht im sinne des § 54 abs. 2 sgg beschwert, da der formell rechtmäßige bescheid auch materiell rechtmäßig ist. der klägerin steht kein anspruch auf arbeitslosengeld für eine dauer von mehr als den von der beklagten gewährten 37 tagen (als restanspruchsdauer für den am 01.10.2010 beginnenden grundanspruch auf arbeitslosengeld) zu. die voraussetzungen eines neuen anspruchs auf arbeitslosengeld liegen nicht vor. 25gemäß §§ 136 f. sgb iii in der hier anwendbaren aktuellen und im zeitpunkt des gewünschten leistungsbeginns (01.01.2014) schon geltenden fassung setzte der anspruch auf arbeitslosengeld bei arbeitslosigkeit voraus, dass arbeitnehmer (1.) arbeitslos sind, (2.) sich bei der agentur für arbeit arbeitslos gemeldet und (3.) die anwartschaftszeit erfüllt haben. die klägerin war im streitigen zeitraum arbeitslos (vgl. § 138 sgb iii) und auch arbeitslos gemeldet (vgl. § 141 sgb iii). sie erfüllte jedoch nicht die anwartschaftszeit. dies setzte voraus, dass sie in der rahmenfrist mindestens zwölf monate in einem versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 142 abs. 1 sgb iii). die rahmenfrist betrug zwei jahre und begann mit dem tag vor der erfüllung aller sonstigen voraussetzungen für den anspruch auf arbeitslosengeld (§ 143 abs. 1 sgb iii). 26im vorliegenden fall reichte die rahmenfrist somit vom 01.01.2012 bis zum 31.12.2013 (und nicht - wie von der beklagten im widerspruchsbescheid vom 25.03.2014 ausgewiesen - vom "01.01.2011" bis 31.12.2013). in diesem zeitraum stand die klägerin nicht 12 monate in einem versicherungspflichtverhältnis nach dem sgb iii (§§ 24, 26, 28a sgb iii). in betracht kommt insoweit nur ein versicherungspflichtverhältnis nach § 26 abs. 2 nr. 3 sgb iii (in der insoweit weiterhin gültigen fassung vom 08.04.2013) wegen des bezugs einer rente wegen voller erwerbsminderung für die zeit vom 01.05.2012 bis zum 31.12.2013. diese versicherungspflicht bestünde allerdings nur dann, wenn die klägerin "unmittelbar vor beginn der leistung versicherungspflichtig war[en], eine laufende entgeltersatzleistung nach diesem buch bezogen oder eine als arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderte beschäftigung ausgeübt [hat], die ein versicherungspflichtverhältnis oder den bezug einer laufenden entgeltersatzleistung nach diesem buch unterbrochen hat". 27der allein in betracht kommende bezug von arbeitslosengeld als entgeltersatzleistung erfolgte bis zum 08.03.2012 und lag damit nicht "unmittelbar" im sinne des § 26 abs. 2 sgb iii vor dem am 01.05.2012 beginnenden bezug der vollen erwerbsminderungsrente. 28wie der begriff der "unmittelbarkeit" zu verstehen ist, ist streitig. teils wird davon ausgegangen, dass noch am tag vor beginn der leistung versicherungspflicht - oder die anderen in § 26 abs. 2 sgb iii genannten alternativen - bestanden haben müsse (so wohl schlegel, in: eicher/schlegel, sgb iii, § 26 rn. 103), teils wird eine "unmittelbarkeit" noch bei einem sechswöchigen ruhenszeitraum angenommen (so zu § 26 abs. 2 nr. 1 sgb iii lsg nrw, urt. v. 22.05.2014 - l 16 al 287/13 - juris rn. 22 ff. -, siehe aber auch rn. 35, wonach der bezug "von krg anders als [der] bezug von rente wegen voller erwerbsminderung" zu behandeln sei; kritisch zu dieser entscheidung wehrhahn, in: jurispk-sgb iii, 1. aufl. 2014, § 26 rn. 32.1 f.), teils sogar auch ein zweimonatiger zeitraum zwischen dem ende der versicherungspflicht und dem beginn des bezugs der einkommensersatzleistung noch als unmittelbar angesehen (so lsg rheinland-pfalz, urt. v. 31.03.2011 - l 1 al 43/10 - juris rn. 41 ff.- zur berücksichtigung von kindererziehungszeiten; siehe auch lsg schleswig-holstein, urt. v. 16.12.2011 - l 3 al 20/10 - juris rn. 29 ff.). der senat folgt indessen der auch in der literatur nahezu einhellig vertretenen auffassung (vgl. etwa wehrhahn, in: jurispk-sgb iii, 1. aufl. 2014, § 26 rn. 32; brand, in: brand, sgb iii, 6. aufl. 2012, § 26 rn. 20; fuchs, in: gagel, sgb ii/iii, 59. el [09/2015], § 26 rn. 29), dass eine frist von maximal einem monat gilt (umfangreiche nachweise dazu - und zur frage, wie der "monat" zu berechnen ist - beim hessischen lsg, urt. v. 15.07.2011 - l 9 al 125/10 - juris rn. 27 ff., das seinerseits eine kurzzeitige überschreitung der monatsfrist für unschädlich gehalten hat, die zugelassene revision wurde nicht eingelegt; wie hier auch lsg berlin-brandenburg, urt. v. 25.04.2013 - l 8 al 339/09 - juris rn. 22 ff.). eine andere auslegung wäre vom wortlaut der norm nicht mehr gedeckt (wortlautgrenze). es gibt zudem unter systematischen gesichtspunkten keinen grund, den begriff hier anders auszulegen als in dem gleichartig formulierten § 28a abs. 2 s. 1 nr. 2 sgb iii, wo die "unmittelbarkeit" den zugang zur pflichtversicherung auf antrag eröffnet (siehe insoweit die darstellung des meinungsstandes in bsg, urt. v. 30.03.2011 - b 12 al 1/10 r - juris rn. 19). das bsg hat diesbezüglich unter berufung auf die motive zu § 28a sgb iii einen zeitraum von nicht mehr als einem monat als unschädlich angesehen (bsg, urt. v. 30.03.2011 - b 12 al 1/10 r - juris rn. 19 -; dies bestätigend bsg, urt. v. 04.12.2014 - b 5 al 1/14 r - juris rn. 19; in der bt-drucks. 15/1515 vom 05.09.2003 heißt es auf s. 78: "ein unmittelbarer anschluss im sinne der regelung liegt vor, wenn die unterbrechung nicht mehr als einen monat beträgt."). für die monatsfrist spricht in systematischer hinsicht neben der regelung des § 28a abs. 2 s. 1 nr. 2 sgb iii auch § 7 abs. 3 s. 1 sgb iv, nach welcher der fortbestand einer beschäftigung ohne anspruch auf entgelt bis zu einem monat fingiert wird (so auch wehrhahn, in: jurispk-sgb iii, 1. aufl. 2014, § 26 rn. 32 unter hinweis auf scheidt in: gk-sgb iii, § 26 rn. 41). schließlich kann in systematischer hinsicht ganz allgemein auf die bedeutung der monatsfrist im sozial(versicherungs)recht verwiesen werden, vgl. etwa § 19 abs. 2 sgb v. 29im hinblick auf die parallelen vorschriften in § 28a sgb iii und § 7 sgb iv ist zudem der gesichtspunkt der einheit der rechtsordnung aus art. 20 abs. 3 gg zu bedenken (vgl. bsg, urt. v. 15.05.2012 - b 2 u 4/11 r - juris rn. 59). bei der wahl desselben begriffs durch den gesetzgeber kann daher angenommen werden, dass dieser begriff auch dieselbe bedeutung hat. dies muss erst recht gelten, wenn es sich um dasselbe gesetzbuch handelt, wie hier das sozialgesetzbuch (so wehrhahn, in: jurispk-sgb iii, 1. aufl. 2014, § 26 rn. 32.2). 30soweit die klägerin schließlich argumentiert, dass § 101 sgb vi unter berücksichtigung der weiteren regelungen auch im sgb i lediglich den fälligkeitsbeginn hinausschiebe und so unmittelbar vor beginn der leistung gem. § 26 abs. 2 nr. 3 sgb iii (doch) versicherungspflicht bestanden habe, ist mit der beklagten auf den eindeutigen wortlaut des § 26 abs. 2 sgb iii zu verweisen. demnach besteht die versicherungspflicht nur dann, wenn die personen die dort genannten leistungen "beziehen". 31die kostenentscheidung beruht auf §§ 183 s. 1, 193 abs. 1 s. 1, abs. 4 sgg. 32der senat hat die revision wegen grundsätzlicher bedeutung der rechtssache zugelassen, § 160 abs. 2 nr. 1 sgg.
Verklagte*r
0
183,810
5 K 2864/13
2014-02-20T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet. 1Tatbestand:2Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks N. Straße 13 in I. . Das Haus wurde im Jahre 1974 als 2-Familienhaus mit einem Ladenlokal im Erdgeschoss und Gästezimmern im Obergeschoss und Dachgeschoss errichtet. Der Kläger bewahrt in seinem Haus nach eigenen Angaben die größte Gemäldesammlung im Ruhrgebiet in einer Größenordnung von „Tonnen“ auf. Der größte Gemäldebestand sei nach Angaben des Klägers bei einem Einbruchsdiebstahl mit Vandalismus im Jahre 2004 beschädigt worden und müsse restauriert werden.3Mit Grundsteuerbescheid vom 17. Januar 2013 zog die Beklagte den Kläger für das Jahr 2013 zur Zahlung von Grundsteuern in Höhe von 2.277,99 € heran. Dies stellte aufgrund der Erhöhung des Hebesatzes auf 825 % ab 2013 eine Erhöhung gegenüber 2012 um 1.035,45 € dar. Der Kläger wies die Beklagte unter Beschimpfungen des Bürgermeisters und seiner Mitarbeiter darauf hin, dass er von seiner Rente von 560 € nicht die Grundsteuern von 2.277,99 € aufbringen könne. Die Kosten für Reparatur und Unterhaltskosten überstiegen die bescheidenen Mieterlöse; er fordere eine Lösung.4Die Beklagte teilte dem Kläger mit, dass für die Prüfung eines Grundsteuererlasses aus persönlichen Billigkeitsgründen Nachweise zu den finanziellen Verhältnissen benötigt würden (Rentenbescheide, sonstige Einkünfte wie Mieten etc., gewerbliche Einkünfte, Kapitalvermögen, lfd. Ausgaben). Angaben für alle Familienmitglieder seien erforderlich.5Der Kläger hielt die Forderung nach Angaben zu den finanziellen der ganzen Familie für nicht gerechtfertigt. Mit seiner Ehefrau lebe der Kläger in Gütertrennung. Seine Frau sei durch Krankheit in der Pflegestufe 3; wenn sie in ein Pflegeheim müsse, könnten die Kosten von ihrer Rente von 578 € nicht mehr aufgebracht werden.6Warum werde nach Ersparnissen gefragt? Hierbei handele es sich lediglich um zweckgebundene Rücklagen für den Fall, dass die Ehefrau in ein Pflegeheim müsse.7Mit Schreiben vom 10. Februar 2013 übersandte der Kläger der Beklagten eine Zusammenstellung von Einnahmen und Ausgaben im Jahre 2011: Den Einnahmen (einschließlich Miete) von 24.286,23 € ständen Ausgaben von 31.007,10 € gegenüber, das bedeute einen Verlust von 6.714,87 € im Jahre 2011.8Nach dem Hinweis der Beklagten darauf, dass die vorgelegten Unterlagen ungeeignet, weil veraltet seien ‑ sie stammten aus den Jahren 2010 und 2011 ‑ übersandte der Kläger eine neue Aufstellung für das Jahr 2012. Die Einnahmen (einschließlich Miete) hätten bei 22.422,12 € gelegen, die Ausgaben (u.a. f. 4 Pkw, 1 Hänger, ohne Kosten für den Lebensunterhalt und für Benzin) bei 20.849,20 €. Außerdem seienKosten für wichtige Erhaltungsmaßnahmen am Haus in Höhe von pauschal 27.800,00 € zu berücksichtigen, außerdem der Verlustvortrag für das Jahr 2011 in Höhe von 6.714,87 €.9Die Beklagte stellte bei Überprüfungen fest, dass für das Haus des Klägers weitere vier Personen gemeldet sind, für die keine Mieteinnahmen angegeben wurden; außerdem wurde festgestellt, dass die Ehefrau des Klägers noch über zwei Nebenwohnungen verfügt. Des Weiteren stellte die Beklagte fest, dass der Kläger über Grundbesitz in der Stadt C. verfügte. Deshalb forderte sie vom Kläger mit Schreiben vom 18. April 2013 weitere Angaben. Zu dem Gewerbe des Klägers seien keine Nachweise vorgelegt, offenbar werde es vom Finanzamt nicht als Gewerbe anerkannt, die Kosten hierfür könnten deshalb nicht in die Berechnung einbezogen werden. Vier weitere Personen seien für die Anschrift des Hauses des Klägers gemeldet; aber die Aufstellungen des Klägers enthielten keine Angaben zu diesbezüglichen Mieteinnahmen. Die Mindereinnahmen bei dem Mieter T. (1,63 €/m² statt 2,51 €/m² NK) seien vom Kläger selbst zu vertreten, ebenso der teilweise Mietverzicht beim Mieter Q. . Den Grundbesitz in C. habe er ebenfalls nicht angegeben. Auch seien 4 Pkw, 1 Moped und 1 Hänger für einen 2‑Personenhaushalt nicht erforderlich. Nach den vorgelegten Unterlagen lägen die monatlichen Einnahmen nur 178,58 € über den Ausgaben. Unter Berücksichtigung der Einnahmen (ohne Gemälde- und Zeitschriftenverkauf von 1.988,73 € und den anzuerkennenden Ausgaben unter Berücksichtigung von 150 m² eigengenutzter Wohnfläche von 454,49 m² verblieben für 2012 1.534,24 €. Abzüglich 37 € monatlich der auf die selbstgenutzten 150 m² Wohnfläche entfallenden Grundsteuer blieben 1.497,24 €. Bei diesem Betrag wäre ein Grundsteuererlass abzulehnen.10Der Kläger machte demgegenüber geltend, dass er nicht nur einen Teilerlass der Grundsteuer wolle, sondern den vollen Erlass; schon der alte Hebesatz von 440 % habe ihn zu stark belastet. Bei seinem Haus handele es sich um ein 1-Familienhaus mit Gästezimmer; jedes Zimmer mit Wasser (ohne Küche und eigener Toilette). Notdürftig habe er 2 Notküchen eingerichtet; es habe noch nie eine zweite Familie in seinem Haus gewohnt. Zu den Gemälden: Bei einem Einbruch am 1. November 2004 seien Gemälde im Wert von ca. 140.000 € zum kleinen Teil gestohlen und zu 90 % zerstört worden; er sei nicht versichert gewesen. Seitdem habe er sein Gewerbe ruhend, aber nicht abgemeldet. Er habe aber noch das größte Gemäldelager im Ruhrgebiet mit Tonnen von Gemälden, die restauriert würden. Wenn ein Gemälde verkauft werde, werde es auch beim Finanzamt angegeben.11Der „Mieter“ C1. , der bei der Pflege der Frau des Klägers tags und nachts Unterstützung leiste, wohne unentgeltlich als Gast in einem 7 m² großen Zimmer.12Der „Mieter“ O. habe 2012 in Marl gelebt, seit 2013 wieder im Haus des Klägers. Er sei seit April 2013 wegen Krankheit arbeitslos und könne keine Miete mehr zahlen.13Der „Mieter“ S. sei schon seit 10 Jahren bei ihm als Postadresse gemeldet, er schlafe in S1. bei seiner Frau, wo auch die Frau des Klägers einen zweiten Wohnsitz innehalte.14Ein „Mieter“ A. sei unbekannt.15Notwendige Reparaturen seien keine Maßnahmen zur Vermögenserhaltung, sondern dienten dazu, das Gebäude bewohnbar und vermietbar zu erhalten.16Es seien keine Vermögenswerte vorhanden. Die Kfz seien alle über 14 Jahre alt. Für die Restaurierung der Gemälde sei ein Firmenwagen notwendig. Ein zweiter Wagen sei für das Zeitschriftengeschäft nötig. Der dritte Wagen mit Hänger sei für die Verwaltung des vollmöblierten Hauses und die Beschaffung von Brennholz notwendig. Der Krankentransporter werde für den Transport seiner schwerbehinderten Frau benötigt. Der vierte Wagen sei ein Notwagen für den Kläger und für lange Fahrten.17Die zweiten Wohnsitze seiner Frau seien Pflegestellen von Freunden, die keinen Pfennig kosteten.18Im Mai 2013 stellte die Beklagte fest, dass ein Büro im Hause des Klägers an die S2. & S3. Liegenschaftsverwaltung GmbH vermietet ist.19Mit Bescheid vom 4. Juni 2013 lehnte die Beklagte den Grundsteuererlass aus persönlichen Billigkeitsgründen ab. Beantragt werde ein Erlass des Mehrbetrags an Grundsteuer in Höhe von 1.035,45 €.20Nach den vom Kläger gemachten Angaben wären die Gesamteinnahmen im Jahre 2012 314,66 € geringer als die Ausgaben. Zur Finanzierung dieser Mehrausgaben habe der Kläger keine Angaben gemacht.21Bei dem Haus handele es sich um ein Wohnhaus mit Gewerbeanteil. Von den 400 m² Gesamtfläche habe der Kläger 126 m² an verschiedene Personen vermietet, 120 m² nutze er selbst. Der verbleibende Rest von 154 m² entfalle auf die sonstige Fläche (Gewerbe, Ladenlokal, Lager). Der Mehrbetrag an Grundsteuer teile sich deshalb wie folgt auf:22- Privatanteil: 310,64 € jährl.(= 25,89 € mtl.)23- Vermieteter Teil: 326,17 € jährl.(= 27,18 € mtl.)24- Gewerbl./Nutzfl: 398,64 € jährl.(= 33,22 € mtl.)25Das nach eigenen Angaben größte Gemäldelager im Ruhrgebiet ruhe seit Jahren. Wertmäßig könne es nicht beurteilt werden. Es stelle sich aber die Frage, wenn es sich um einen wertvollen Bestand halte, warum das Gewerbe ruhe, oder, wenn keine Gewinne erzielt werden könnten, warum das Gewerbe nicht beendet und das Geschäft/Lager aufgelöst und die nicht benötigten Flächen vermietet werden.26Zu Mieteinnahmen der S2. & S3. Liegenschaftsverwaltung GmbH seien keine Angaben gemacht worden.27Die auf die Gewerbeflächen entfallenden Hauskosten seien daher nicht berücksichtigungsfähig.28Die Miete des Mieters Q. sei zu berücksichtigen. Hinsichtlich des Mieters C1. sei nicht nachvollziehbar, weshalb zwei Personen dieser Familie mietfrei wohnen. Für den Mieter O. sei keine Mieteinnahme angegeben.29Pauschal angegebene Erhaltungs- und Renovierungskosten könnten nicht berücksichtigt werden.30Der Grundbesitz in C. sei nicht angegeben worden.31Von den Kfz-Kosten würden nur die Kosten für den Mercedes S4. ‑OS 1000 anerkannt. Die gewerblich genutzten Fahrzeuge könnten nicht berücksichtigt werden, weil keine gewerblichen Einnahmen erzielt würden. Für den Verkauf von Zeitschriften sei ein besonderes Fahrzeug nicht notwendig, ebenso wenig ein Notwagen für lange Fahrten. Lediglich das für den Krankentransport geeignete Fahrzeug sei berücksichtigungsfähig.32Zu den Heizkosten merkt die Beklagte an, dass hier umgerechnet 37,5 l/m² verbraucht worden seien; der Durchschnitt betrage 14,65 bzw. 17,55 l/m². Deshalb seien nur Kosten in Höhe von 25 l/m² berücksichtigt worden.33Danach errechneten sich verbleibende monatliche Einnahmen von 1.409,92 €. Diese wirtschaftlichen Verhältnisse begründeten keinen Anspruch aus Steuererlass.34Hiergegen richtet sich die am 17. Juni 2013 erhobene Klage. Der Kläger meint, das Verlangen der Beklagten, dass er mit 70 Jahren neben 16 Std. täglicher Krankenpflege auch noch ein Gemäldelager eröffnen und Gemälde verkaufen solle, sei ungeheuerlich.35Das Lager könne nicht untervermietet werden, weil seine Ehefrau in ihrem Rollstuhl durch Lager und Büro zur dortigen behindertengerechten Dusche transportiert werden müsse.36In einem weiteren Schreiben an die Beklagte vom 28. Juni 2013 erhebt der Kläger weitere Einwendungen: Wenn ihm vorgehalten werde, dass er höhere Ausgaben als Einnahmen habe, so sei auf die Überschuldung der Beklagten mit über 90 Mio. € zu verweisen.37Zum Gemäldelager: Es handele sich um Tonnen von Gemälden, die Hälfte mit kleinen Löchern könne er selbst restaurieren, das Lager bleibe belegt und könne nicht vermietet werden. Die Gemälde könne er aus Zeitmangel nicht verkaufen.38Wolle die Beklagte ihm vorrechnen, was er an Büromiete für 1-2 Std. im Monat kassieren solle?39Zum Grundstück in C. : Eine Ruine in einer Flussaue (51 €) sei mit Verlust aufgelöst worden.40Die drei Fahrzeuge seien zwingend erforderlich.41Zu den Heizkosten: Seine Ehefrau sei aufgrund ihrer schweren Erkrankungen und Behinderung hochempfindlich gegen kleinsten Wärmewechsel; auch im Sommer müsse bei Temperaturen unter 19° geheizt werden. Die zum Heizen benutzten Weichhölzer hätten nur die halbe Wärmekraft und brennten doppelt so schnell ab.42In den Ausgabenaufstellungen seien bisher keine Benzinkosten geltend gemacht. Deshalb würden nunmehr für ein Fahrzeug Fahrtkosten für 17.500 km jährlich in Höhe von 0,30 €/km (= 5.250 €) geltend gemacht. Darin seien keine Privatfahrten enthalten, nur zwingend notwendige, lebenserhaltende Fahrten.43Im Hinblick auf die Ablehnung verschiedener Ansätze des Klägers in dem Bescheid vom 4. Juni 2013 müsse der Kläger eine neue Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben vornehmen: Die Einnahmen betrügen 22.422,12 €, die Ausgaben 31.284,32 €, das bedeute einen Verlust von 8.862,20 €.44Der Kläger beantragt,45die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Juni 2013 zu verpflichten, dem Kläger die Grundsteuer für das Jahr 2013 für das Grundstück N1. Str, 13 in I. in Höhe von 1.035,45 € zu erlassen.46Die Beklagte beantragt,47die Klage abzuweisen.48Ergänzend zu den Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid weist die Beklagte darauf hin, dass die Vermietung von Büroräumen und Lager sinnvoll sei. Darüber hinaus sei vom Kläger zu erwarten, dass er seine gewerbliche Tätigkeit mit den Gemälden wieder aufnimmt, um seine Steuerschulden zu begleichen. Der Einwand der fehlenden Vermietbarkeit überzeuge nicht.49Wenn eine Vermietung ausgeschlossen sei, dann könne vom Kläger erwartet werden, das Gewerbe zur Gewinnerzielungsabsicht wiederaufzunehmen.50Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.51Entscheidungsgründe:52Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet.53Die Ablehnung des vom Kläger begehrten teilweisen Erlasses der Grundsteuern für das Jahr 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf teilweisen Erlass der Grundsteuern.54Das Erlassbegehren ist nach der Regelung in § 227 der Abgabenordnung ‑ AO ‑ zu beurteilen. Danach können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre.55Die Entscheidung über die Billigkeitsmaßnahme ist eine Ermessensentscheidung, die gerichtlich nur in den durch § 114 VwGO gezogenen Grenzen nachprüfbar ist. Danach ist eine gerichtliche Überprüfung des den Erlass ablehnenden Bescheides und des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides darauf beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.56Vgl. Gem. Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 19. Oktober 1971 – GmS-OGB 3/70 – Bundessteuerblatt Bd. 2, 1972 S. 603.57Für die Überprüfung der Billigkeitsentscheidung ist dabei auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen.58Vgl. Bundesverwaltungsgericht ‑ BVerwG ‑, Urteil vom 23. August 1990 – 8 C 42.88 –, NJW 1991, 1073 = DVBl 1990, 1405.59Hier sind keine sachlichen, sondern ausschließlich persönliche Billigkeitsgründe geltend gemacht. Billigkeitsmaßnahmen aus persönlichen Gründen setzen zum einen die sog. Erlassbedürftigkeit voraus, die dann gegeben ist, wenn durch die Erhebung der Steuer die wirtschaftliche Existenz des Steuerpflichtigen vorübergehend oder dauernd gefährdet sein würde. Daneben ist zum anderen die sog. Erlasswürdigkeit des Steuerpflichtigen erforderlich, die dann gegeben ist, wenn der Steuerpflichtige seine mangelnde Leistungsfähigkeit nicht selbst herbeigeführt hat oder durch sein Verhalten nicht in eindeutiger Weise gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen hat.60Das Gericht lässt die Frage offen, ob der Kläger erlassbedürftig ist. Denn vorliegend fehlt es jedenfalls an der Erlasswürdigkeit; auf diesen Gesichtspunkt hat die Beklagte ihre Entscheidung in der mündlichen Verhandlung ergänzend gestützt. Auch im Erlassverfahren muss die Steuerbehörde gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 AO den Sachverhalt von Amts wegen ermitteln und hat die Untersuchungsmaxime gerade bei Ermessensentscheidungen erhebliche Bedeutung, weil die Behörde ihr Ermessen nur dann sachgerecht ausüben kann, wenn sie den entscheidungserheblichen Sachverhalt zuvor vollständig und zutreffend ermittelt hat. Aber auch die Beteiligten sind gemäß § 90 Abs. 1 Satz 1 AO zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhaltes verpflichtet, der sie nach Satz 2 dieser Vorschrift insbesondere dadurch nachkommen, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen. Der Umfang der Ermittlungspflichten der Steuerbehörde einerseits bzw. der Umfang der Mitwirkungspflichten andererseits kann dabei aber nicht schematisch festgelegt werden, sondern richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles (§ 88 Abs. 1 Satz 3 AO bzw. § 90 Abs. 1 Satz 3 AO).61Beruft sich ein Steuerpflichtiger im Verfahren nach § 227 AO auf persönliche Billigkeitsgründe, dann ist die Steuerbehörde gehalten, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse näher zu überprüfen. Hierbei treffen den Steuerpflichtigen nach dem oben Gesagten gesteigerte Mitwirkungspflichten. Denn insoweit ergibt sich bereits aus der Bezeichnung „persönliche“ Billigkeitsgründe, dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Steuerschuldners ihre Ursache in den persönlichen Verhältnissen haben bzw. sich auf diese auswirken; mit anderen Worten: Die persönlichen Billigkeitsgründe liegen allein in der privaten Sphäre des Steuerpflichtigen. Ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen kommt deshalb nur in Betracht, wenn der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflicht dergestalt erfüllt, dass er seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zeitnah, vollständig und wahrheitsgemäß offenlegt und sachdienliche Unterlagen vorlegt, aus denen sich seine Erlassbedürftigkeit ergibt.62Vgl. Bundesfinanzhof ‑ BFH ‑, Beschluss vom 7. Mai 2007 ‑ X B 222/06 ‑, juris, RN 9).63Nicht ausreichende Angaben rechtfertigen eine negative Sachentscheidung64Vgl. BFH, Beschluss vom 28. November 1990 ‑ II S 12/90 ‑, Juris, RN 11 f.; VG Potsdam, Urteil vom 3. Dezember 2013 ‑ 11 K 199/07 ‑, juris.65Hiervon ausgehend ist die Erlasswürdigkeit des Klägers nicht gegeben. Das Gericht ist der Überzeugung, dass der Kläger seine Einkommens- und Vermögenssituation nicht vollständig und wahrheitsgemäß aufgedeckt hat. Dies ergibt sich aus Folgendem:66Schon der Umstand, dass der Kläger nach eigenen Angaben über zwei Jahre mehr Ausgaben als Einnahmen hatte, wobei bei den Ausgabenposten Kosten für den Lebensunterhalt sowie für Treibstoff für die diversen Fahrzeuge nicht enthalten waren, lässt nur den Schluss zu, dass er über weitere verschwiegene Einkünfte verfügte. Denn es drängt sich die Frage auf, von welchen Geldmitteln er den Lebensunterhalt für sich und seine Ehefrau bestritten hat, wenn er keine weiteren Einkünfte hatte.67Hinzu tritt, dass der Kläger Aufwendungen, u. a. für Kraftfahrzeuge für zwei verschiedene gewerbliche Tätigkeiten geltend macht, ohne dass dem nennenswerte gewerbliche Einnahmen gegenüberstehen. Für den Hyundai (S4. ‑KM 213), der als Arbeitsfahrzeug für Zeitschriften oder Gemälde dient, fielen im Jahre 2011 neben Kosten für Kfz-Steuer und –versicherung von vermutlich 453,87 € (wie in 2012) weitere 295,60 € an Reparaturkosten, zusammen also 749,47 € an. Für den Sharan (S4. ‑HS2. 7777) lagen die (nachgewiesenen) Kosten bei 1.360,22 €. Das ergibt ohne Kosten für Kraftstoff Gesamtkosten für die dem Gewerbe dienenden Fahrzeuge von 2.109,69 €. Dem standen im Jahre 2011 Einnahmen aus dem Zeitschriftengewerbe von 843,59 € und aus dem Gemäldeverkauf von 640 €, zusammen 1.483,59 € gegenüber. Für das Jahr 2012 sieht die Rechnung wie folgt aus: (Nachgewiesene) Ausgaben für den Hyundai 549 €, für den Sharan 587,57 €, zusammen 1.136,57 €, wiederum ohne Kraftstoffkosten. Im Zeitschriftengewerbe hat der Kläger nach eigenen Angaben in diesem Jahr 571,76 € eingenommen, durch Gemäldeverkauf 125 €, zusammen 696,76 €.68Das bedeutet, dass die Ausgaben für die gewerblich genutzten Fahrzeuge insbesondere unter Berücksichtigung der nicht angegebenen Kraftstoffkosten die durch die Gewerbe erzielten Einnahmen in beiden Jahren in ganz erheblicher Weise überstiegen.69Auch dies rechtfertigt die Annahme, dass der Kläger aus seiner gewerblichen Tätigkeit weitaus höhere Einnahmen erzielt hat. Denn kein wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch hält sich zwei Fahrzeuge für gewerbliche Zwecke, wenn die Ausgaben regelmäßig erheblich höher sind als die Einnahmen.70Hinzu tritt, dass der Kläger seine Vermögenssituation nicht annähernd dargelegt hat. Dies gilt insbesondere für den Grundbesitz in C. , den der Kläger zumindest bis zum Jahre 2011 innehatte. Das Grundstück war, wie die Beklagte bei der Stadt C. in Erfahrung gebracht hat, mit einem Mietwohnhaus bebaut, das zwischenzeitlich entfernt worden ist. Jedenfalls handelte es sich bei diesem Grundstück um Bauland. Wenn der Kläger hierzu lediglich erklärt, dass eine Ruine in einer Flussaue mit Verlust aufgelöst worden und Geld hieraus nicht vorhanden sei, so erscheint dies in keiner Weise nachvollziehbar.71Die Klage ist deshalb mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
die klage wird abgewiesen.der kläger trägt die kosten des verfahrens.das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar.der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte zuvor sicherheit in derselben höhe leistet. 1
2der kläger ist eigentümer des mit einem wohnhaus bebauten grundstücks n. straße 13 in i. . das haus wurde im jahre 1974 als 2-familienhaus mit einem ladenlokal im erdgeschoss und gästezimmern im obergeschoss und dachgeschoss errichtet. der kläger bewahrt in seinem haus nach eigenen angaben die größte gemäldesammlung im ruhrgebiet in einer größenordnung von „tonnen“ auf. der größte gemäldebestand sei nach angaben des klägers bei einem einbruchsdiebstahl mit vandalismus im jahre 2004 beschädigt worden und müsse restauriert werden.3mit grundsteuerbescheid vom 17. januar 2013 zog die beklagte den kläger für das jahr 2013 zur zahlung von grundsteuern in höhe von 2.277,99 € heran. dies stellte aufgrund der erhöhung des hebesatzes auf 825 % ab 2013 eine erhöhung gegenüber 2012 um 1.035,45 € dar. der kläger wies die beklagte unter beschimpfungen des bürgermeisters und seiner mitarbeiter darauf hin, dass er von seiner rente von 560 € nicht die grundsteuern von 2.277,99 € aufbringen könne. die kosten für reparatur und unterhaltskosten überstiegen die bescheidenen mieterlöse; er fordere eine lösung.4die beklagte teilte dem kläger mit, dass für die prüfung eines grundsteuererlasses aus persönlichen billigkeitsgründen nachweise zu den finanziellen verhältnissen benötigt würden (rentenbescheide, sonstige einkünfte wie mieten etc., gewerbliche einkünfte, kapitalvermögen, lfd. ausgaben). angaben für alle familienmitglieder seien erforderlich.5der kläger hielt die forderung nach angaben zu den finanziellen der ganzen familie für nicht gerechtfertigt. mit seiner ehefrau lebe der kläger in gütertrennung. seine frau sei durch krankheit in der pflegestufe 3; wenn sie in ein pflegeheim müsse, könnten die kosten von ihrer rente von 578 € nicht mehr aufgebracht werden.6warum werde nach ersparnissen gefragt? hierbei handele es sich lediglich um zweckgebundene rücklagen für den fall, dass die ehefrau in ein pflegeheim müsse.7mit schreiben vom 10. februar 2013 übersandte der kläger der beklagten eine zusammenstellung von einnahmen und ausgaben im jahre 2011: den einnahmen (einschließlich miete) von 24.286,23 € ständen ausgaben von 31.007,10 € gegenüber, das bedeute einen verlust von 6.714,87 € im jahre 2011.8nach dem hinweis der beklagten darauf, dass die vorgelegten unterlagen ungeeignet, weil veraltet seien ‑ sie stammten aus den jahren 2010 und 2011 ‑ übersandte der kläger eine neue aufstellung für das jahr 2012. die einnahmen (einschließlich miete) hätten bei 22.422,12 € gelegen, die ausgaben (u.a. f. 4 pkw, 1 hänger, ohne kosten für den lebensunterhalt und für benzin) bei 20.849,20 €. außerdem seienkosten für wichtige erhaltungsmaßnahmen am haus in höhe von pauschal 27.800,00 € zu berücksichtigen, außerdem der verlustvortrag für das jahr 2011 in höhe von 6.714,87 €.9die beklagte stellte bei überprüfungen fest, dass für das haus des klägers weitere vier personen gemeldet sind, für die keine mieteinnahmen angegeben wurden; außerdem wurde festgestellt, dass die ehefrau des klägers noch über zwei nebenwohnungen verfügt. des weiteren stellte die beklagte fest, dass der kläger über grundbesitz in der stadt c. verfügte. deshalb forderte sie vom kläger mit schreiben vom 18. april 2013 weitere angaben. zu dem gewerbe des klägers seien keine nachweise vorgelegt, offenbar werde es vom finanzamt nicht als gewerbe anerkannt, die kosten hierfür könnten deshalb nicht in die berechnung einbezogen werden. vier weitere personen seien für die anschrift des hauses des klägers gemeldet; aber die aufstellungen des klägers enthielten keine angaben zu diesbezüglichen mieteinnahmen. die mindereinnahmen bei dem mieter t. (1,63 €/m² statt 2,51 €/m² nk) seien vom kläger selbst zu vertreten, ebenso der teilweise mietverzicht beim mieter q. . den grundbesitz in c. habe er ebenfalls nicht angegeben. auch seien 4 pkw, 1 moped und 1 hänger für einen 2‑personenhaushalt nicht erforderlich. nach den vorgelegten unterlagen lägen die monatlichen einnahmen nur 178,58 € über den ausgaben. unter berücksichtigung der einnahmen (ohne gemälde- und zeitschriftenverkauf von 1.988,73 € und den anzuerkennenden ausgaben unter berücksichtigung von 150 m² eigengenutzter wohnfläche von 454,49 m² verblieben für 2012 1.534,24 €. abzüglich 37 € monatlich der auf die selbstgenutzten 150 m² wohnfläche entfallenden grundsteuer blieben 1.497,24 €. bei diesem betrag wäre ein grundsteuererlass abzulehnen.10der kläger machte demgegenüber geltend, dass er nicht nur einen teilerlass der grundsteuer wolle, sondern den vollen erlass; schon der alte hebesatz von 440 % habe ihn zu stark belastet. bei seinem haus handele es sich um ein 1-familienhaus mit gästezimmer; jedes zimmer mit wasser (ohne küche und eigener toilette). notdürftig habe er 2 notküchen eingerichtet; es habe noch nie eine zweite familie in seinem haus gewohnt. zu den gemälden: bei einem einbruch am 1. november 2004 seien gemälde im wert von ca. 140.000 € zum kleinen teil gestohlen und zu 90 % zerstört worden; er sei nicht versichert gewesen. seitdem habe er sein gewerbe ruhend, aber nicht abgemeldet. er habe aber noch das größte gemäldelager im ruhrgebiet mit tonnen von gemälden, die restauriert würden. wenn ein gemälde verkauft werde, werde es auch beim finanzamt angegeben.11der „mieter“ c1. , der bei der pflege der frau des klägers tags und nachts unterstützung leiste, wohne unentgeltlich als gast in einem 7 m² großen zimmer.12der „mieter“ o. habe 2012 in marl gelebt, seit 2013 wieder im haus des klägers. er sei seit april 2013 wegen krankheit arbeitslos und könne keine miete mehr zahlen.13der „mieter“ s. sei schon seit 10 jahren bei ihm als postadresse gemeldet, er schlafe in s1. bei seiner frau, wo auch die frau des klägers einen zweiten wohnsitz innehalte.14ein „mieter“ a. sei unbekannt.15notwendige reparaturen seien keine maßnahmen zur vermögenserhaltung, sondern dienten dazu, das gebäude bewohnbar und vermietbar zu erhalten.16es seien keine vermögenswerte vorhanden. die kfz seien alle über 14 jahre alt. für die restaurierung der gemälde sei ein firmenwagen notwendig. ein zweiter wagen sei für das zeitschriftengeschäft nötig. der dritte wagen mit hänger sei für die verwaltung des vollmöblierten hauses und die beschaffung von brennholz notwendig. der krankentransporter werde für den transport seiner schwerbehinderten frau benötigt. der vierte wagen sei ein notwagen für den kläger und für lange fahrten.17die zweiten wohnsitze seiner frau seien pflegestellen von freunden, die keinen pfennig kosteten.18im mai 2013 stellte die beklagte fest, dass ein büro im hause des klägers an die s2. & s3. liegenschaftsverwaltung gmbh vermietet ist.19mit bescheid vom 4. juni 2013 lehnte die beklagte den grundsteuererlass aus persönlichen billigkeitsgründen ab. beantragt werde ein erlass des mehrbetrags an grundsteuer in höhe von 1.035,45 €.20nach den vom kläger gemachten angaben wären die gesamteinnahmen im jahre 2012 314,66 € geringer als die ausgaben. zur finanzierung dieser mehrausgaben habe der kläger keine angaben gemacht.21bei dem haus handele es sich um ein wohnhaus mit gewerbeanteil. von den 400 m² gesamtfläche habe der kläger 126 m² an verschiedene personen vermietet, 120 m² nutze er selbst. der verbleibende rest von 154 m² entfalle auf die sonstige fläche (gewerbe, ladenlokal, lager). der mehrbetrag an grundsteuer teile sich deshalb wie folgt auf:22- privatanteil: 310,64 € jährl.(= 25,89 € mtl.)23- vermieteter teil: 326,17 € jährl.(= 27,18 € mtl.)24- gewerbl./nutzfl: 398,64 € jährl.(= 33,22 € mtl.)25das nach eigenen angaben größte gemäldelager im ruhrgebiet ruhe seit jahren. wertmäßig könne es nicht beurteilt werden. es stelle sich aber die frage, wenn es sich um einen wertvollen bestand halte, warum das gewerbe ruhe, oder, wenn keine gewinne erzielt werden könnten, warum das gewerbe nicht beendet und das geschäft/lager aufgelöst und die nicht benötigten flächen vermietet werden.26zu mieteinnahmen der s2. & s3. liegenschaftsverwaltung gmbh seien keine angaben gemacht worden.27die auf die gewerbeflächen entfallenden hauskosten seien daher nicht berücksichtigungsfähig.28die miete des mieters q. sei zu berücksichtigen. hinsichtlich des mieters c1. sei nicht nachvollziehbar, weshalb zwei personen dieser familie mietfrei wohnen. für den mieter o. sei keine mieteinnahme angegeben.29pauschal angegebene erhaltungs- und renovierungskosten könnten nicht berücksichtigt werden.30der grundbesitz in c. sei nicht angegeben worden.31von den kfz-kosten würden nur die kosten für den mercedes s4. ‑os 1000 anerkannt. die gewerblich genutzten fahrzeuge könnten nicht berücksichtigt werden, weil keine gewerblichen einnahmen erzielt würden. für den verkauf von zeitschriften sei ein besonderes fahrzeug nicht notwendig, ebenso wenig ein notwagen für lange fahrten. lediglich das für den krankentransport geeignete fahrzeug sei berücksichtigungsfähig.32zu den heizkosten merkt die beklagte an, dass hier umgerechnet 37,5 l/m² verbraucht worden seien; der durchschnitt betrage 14,65 bzw. 17,55 l/m². deshalb seien nur kosten in höhe von 25 l/m² berücksichtigt worden.33danach errechneten sich verbleibende monatliche einnahmen von 1.409,92 €. diese wirtschaftlichen verhältnisse begründeten keinen anspruch aus steuererlass.34hiergegen richtet sich die am 17. juni 2013 erhobene klage. der kläger meint, das verlangen der beklagten, dass er mit 70 jahren neben 16 std. täglicher krankenpflege auch noch ein gemäldelager eröffnen und gemälde verkaufen solle, sei ungeheuerlich.35das lager könne nicht untervermietet werden, weil seine ehefrau in ihrem rollstuhl durch lager und büro zur dortigen behindertengerechten dusche transportiert werden müsse.36in einem weiteren schreiben an die beklagte vom 28. juni 2013 erhebt der kläger weitere einwendungen: wenn ihm vorgehalten werde, dass er höhere ausgaben als einnahmen habe, so sei auf die überschuldung der beklagten mit über 90 mio. € zu verweisen.37zum gemäldelager: es handele sich um tonnen von gemälden, die hälfte mit kleinen löchern könne er selbst restaurieren, das lager bleibe belegt und könne nicht vermietet werden. die gemälde könne er aus zeitmangel nicht verkaufen.38wolle die beklagte ihm vorrechnen, was er an büromiete für 1-2 std. im monat kassieren solle?39zum grundstück in c. : eine ruine in einer flussaue (51 €) sei mit verlust aufgelöst worden.40die drei fahrzeuge seien zwingend erforderlich.41zu den heizkosten: seine ehefrau sei aufgrund ihrer schweren erkrankungen und behinderung hochempfindlich gegen kleinsten wärmewechsel; auch im sommer müsse bei temperaturen unter 19° geheizt werden. die zum heizen benutzten weichhölzer hätten nur die halbe wärmekraft und brennten doppelt so schnell ab.42in den ausgabenaufstellungen seien bisher keine benzinkosten geltend gemacht. deshalb würden nunmehr für ein fahrzeug fahrtkosten für 17.500 km jährlich in höhe von 0,30 €/km (= 5.250 €) geltend gemacht. darin seien keine privatfahrten enthalten, nur zwingend notwendige, lebenserhaltende fahrten.43im hinblick auf die ablehnung verschiedener ansätze des klägers in dem bescheid vom 4. juni 2013 müsse der kläger eine neue gegenüberstellung von einnahmen und ausgaben vornehmen: die einnahmen betrügen 22.422,12 €, die ausgaben 31.284,32 €, das bedeute einen verlust von 8.862,20 €.44der kläger beantragt,45die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 4. juni 2013 zu verpflichten, dem kläger die grundsteuer für das jahr 2013 für das grundstück n1. str, 13 in i. in höhe von 1.035,45 € zu erlassen.46die beklagte beantragt,47die klage abzuweisen.48ergänzend zu den ausführungen in dem angefochtenen bescheid weist die beklagte darauf hin, dass die vermietung von büroräumen und lager sinnvoll sei. darüber hinaus sei vom kläger zu erwarten, dass er seine gewerbliche tätigkeit mit den gemälden wieder aufnimmt, um seine steuerschulden zu begleichen. der einwand der fehlenden vermietbarkeit überzeuge nicht.49wenn eine vermietung ausgeschlossen sei, dann könne vom kläger erwartet werden, das gewerbe zur gewinnerzielungsabsicht wiederaufzunehmen.50wegen der weiteren einzelheiten wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der von der beklagten vorgelegten verwaltungsvorgänge bezug genommen.51
52die zulässige verpflichtungsklage ist unbegründet.53die ablehnung des vom kläger begehrten teilweisen erlasses der grundsteuern für das jahr 2013 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (vgl. § 113 abs. 5 vwgo). der kläger hat keinen anspruch auf teilweisen erlass der grundsteuern.54das erlassbegehren ist nach der regelung in § 227 der abgabenordnung ‑ ao ‑ zu beurteilen. danach können ansprüche aus dem steuerschuldverhältnis ganz oder zum teil erlassen werden, wenn deren einziehung nach lage des einzelnen falles unbillig wäre.55die entscheidung über die billigkeitsmaßnahme ist eine ermessensentscheidung, die gerichtlich nur in den durch § 114 vwgo gezogenen grenzen nachprüfbar ist. danach ist eine gerichtliche überprüfung des den erlass ablehnenden bescheides und des hierzu ergangenen widerspruchsbescheides darauf beschränkt, ob die behörde bei ihrer entscheidung die grenzen des ermessens überschritten oder von dem ihr eingeräumten ermessen in einer dem zweck der ermächtigung nicht entsprechenden weise gebrauch gemacht hat.56vgl. gem. senat der obersten gerichtshöfe des bundes, beschluss vom 19. oktober 1971 – gms-ogb 3/70 – bundessteuerblatt bd. 2, 1972 s. 603.57für die überprüfung der billigkeitsentscheidung ist dabei auf die tatsächlichen verhältnisse im zeitpunkt der letzten behördenentscheidung abzustellen.58vgl. bundesverwaltungsgericht ‑ bverwg ‑, urteil vom 23. august 1990 – 8 c 42.88 –, njw 1991, 1073 = dvbl 1990, 1405.59hier sind keine sachlichen, sondern ausschließlich persönliche billigkeitsgründe geltend gemacht. billigkeitsmaßnahmen aus persönlichen gründen setzen zum einen die sog. erlassbedürftigkeit voraus, die dann gegeben ist, wenn durch die erhebung der steuer die wirtschaftliche existenz des steuerpflichtigen vorübergehend oder dauernd gefährdet sein würde. daneben ist zum anderen die sog. erlasswürdigkeit des steuerpflichtigen erforderlich, die dann gegeben ist, wenn der steuerpflichtige seine mangelnde leistungsfähigkeit nicht selbst herbeigeführt hat oder durch sein verhalten nicht in eindeutiger weise gegen die interessen der allgemeinheit verstoßen hat.60das gericht lässt die frage offen, ob der kläger erlassbedürftig ist. denn vorliegend fehlt es jedenfalls an der erlasswürdigkeit; auf diesen gesichtspunkt hat die beklagte ihre entscheidung in der mündlichen verhandlung ergänzend gestützt. auch im erlassverfahren muss die steuerbehörde gemäß § 88 abs. 1 satz 1 ao den sachverhalt von amts wegen ermitteln und hat die untersuchungsmaxime gerade bei ermessensentscheidungen erhebliche bedeutung, weil die behörde ihr ermessen nur dann sachgerecht ausüben kann, wenn sie den entscheidungserheblichen sachverhalt zuvor vollständig und zutreffend ermittelt hat. aber auch die beteiligten sind gemäß § 90 abs. 1 satz 1 ao zur mitwirkung bei der ermittlung des sachverhaltes verpflichtet, der sie nach satz 2 dieser vorschrift insbesondere dadurch nachkommen, dass sie die für die besteuerung erheblichen tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen. der umfang der ermittlungspflichten der steuerbehörde einerseits bzw. der umfang der mitwirkungspflichten andererseits kann dabei aber nicht schematisch festgelegt werden, sondern richtet sich nach den umständen des einzelfalles (§ 88 abs. 1 satz 3 ao bzw. § 90 abs. 1 satz 3 ao).61beruft sich ein steuerpflichtiger im verfahren nach § 227 ao auf persönliche billigkeitsgründe, dann ist die steuerbehörde gehalten, seine einkommens- und vermögensverhältnisse näher zu überprüfen. hierbei treffen den steuerpflichtigen nach dem oben gesagten gesteigerte mitwirkungspflichten. denn insoweit ergibt sich bereits aus der bezeichnung „persönliche“ billigkeitsgründe, dass die wirtschaftlichen schwierigkeiten des steuerschuldners ihre ursache in den persönlichen verhältnissen haben bzw. sich auf diese auswirken; mit anderen worten: die persönlichen billigkeitsgründe liegen allein in der privaten sphäre des steuerpflichtigen. ein erlass aus persönlichen billigkeitsgründen kommt deshalb nur in betracht, wenn der steuerpflichtige seine mitwirkungspflicht dergestalt erfüllt, dass er seine einkommens- und vermögensverhältnisse zeitnah, vollständig und wahrheitsgemäß offenlegt und sachdienliche unterlagen vorlegt, aus denen sich seine erlassbedürftigkeit ergibt.62vgl. bundesfinanzhof ‑ bfh ‑, beschluss vom 7. mai 2007 ‑ x b 222/06 ‑, juris, rn 9).63nicht ausreichende angaben rechtfertigen eine negative sachentscheidung64vgl. bfh, beschluss vom 28. november 1990 ‑ ii s 12/90 ‑, juris, rn 11 f.; vg potsdam, urteil vom 3. dezember 2013 ‑ 11 k 199/07 ‑, juris.65hiervon ausgehend ist die erlasswürdigkeit des klägers nicht gegeben. das gericht ist der überzeugung, dass der kläger seine einkommens- und vermögenssituation nicht vollständig und wahrheitsgemäß aufgedeckt hat. dies ergibt sich aus folgendem:66schon der umstand, dass der kläger nach eigenen angaben über zwei jahre mehr ausgaben als einnahmen hatte, wobei bei den ausgabenposten kosten für den lebensunterhalt sowie für treibstoff für die diversen fahrzeuge nicht enthalten waren, lässt nur den schluss zu, dass er über weitere verschwiegene einkünfte verfügte. denn es drängt sich die frage auf, von welchen geldmitteln er den lebensunterhalt für sich und seine ehefrau bestritten hat, wenn er keine weiteren einkünfte hatte.67hinzu tritt, dass der kläger aufwendungen, u. a. für kraftfahrzeuge für zwei verschiedene gewerbliche tätigkeiten geltend macht, ohne dass dem nennenswerte gewerbliche einnahmen gegenüberstehen. für den hyundai (s4. ‑km 213), der als arbeitsfahrzeug für zeitschriften oder gemälde dient, fielen im jahre 2011 neben kosten für kfz-steuer und –versicherung von vermutlich 453,87 € (wie in 2012) weitere 295,60 € an reparaturkosten, zusammen also 749,47 € an. für den sharan (s4. ‑hs2. 7777) lagen die (nachgewiesenen) kosten bei 1.360,22 €. das ergibt ohne kosten für kraftstoff gesamtkosten für die dem gewerbe dienenden fahrzeuge von 2.109,69 €. dem standen im jahre 2011 einnahmen aus dem zeitschriftengewerbe von 843,59 € und aus dem gemäldeverkauf von 640 €, zusammen 1.483,59 € gegenüber. für das jahr 2012 sieht die rechnung wie folgt aus: (nachgewiesene) ausgaben für den hyundai 549 €, für den sharan 587,57 €, zusammen 1.136,57 €, wiederum ohne kraftstoffkosten. im zeitschriftengewerbe hat der kläger nach eigenen angaben in diesem jahr 571,76 € eingenommen, durch gemäldeverkauf 125 €, zusammen 696,76 €.68das bedeutet, dass die ausgaben für die gewerblich genutzten fahrzeuge insbesondere unter berücksichtigung der nicht angegebenen kraftstoffkosten die durch die gewerbe erzielten einnahmen in beiden jahren in ganz erheblicher weise überstiegen.69auch dies rechtfertigt die annahme, dass der kläger aus seiner gewerblichen tätigkeit weitaus höhere einnahmen erzielt hat. denn kein wirtschaftlich vernünftig denkender mensch hält sich zwei fahrzeuge für gewerbliche zwecke, wenn die ausgaben regelmäßig erheblich höher sind als die einnahmen.70hinzu tritt, dass der kläger seine vermögenssituation nicht annähernd dargelegt hat. dies gilt insbesondere für den grundbesitz in c. , den der kläger zumindest bis zum jahre 2011 innehatte. das grundstück war, wie die beklagte bei der stadt c. in erfahrung gebracht hat, mit einem mietwohnhaus bebaut, das zwischenzeitlich entfernt worden ist. jedenfalls handelte es sich bei diesem grundstück um bauland. wenn der kläger hierzu lediglich erklärt, dass eine ruine in einer flussaue mit verlust aufgelöst worden und geld hieraus nicht vorhanden sei, so erscheint dies in keiner weise nachvollziehbar.71die klage ist deshalb mit der sich aus § 154 abs. 1 vwgo ergebenden kostenfolge abzuweisen. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung.
Verklagte*r
0
168,260
13 K 570/14
2015-01-30T00:00:00
Urteil
Tenor Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Widerspruchbescheides vom 4. September 2013 verurteilt, an den Kläger eine Schichtzulage nach § 20 Absatz 5 EZulV hinsichtlich der urlaubs- und krankheitsbedingten Unterbrechung der zulageberechtigenden Tätigkeit für den Zeitraum 16. Dezember 2010 bis zum 31. Juli 2013 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 28. Dezember 2013 zu zahlen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der durch die Verweisung an das Verwaltungsgericht Düsseldorf entstandenen Kosten, welche der Kläger trägt. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist Hauptlokomotivführer bei der Deutschen Bahn AG. 3Mit Schreiben vom 3. August 2013 bat der Kläger um Nachzahlung der Zulage aus § 20 Absatz 5 der Verordnung über die Gewährung von Erschwerniszulagen in der bis zum 30. September 2013 gültigen Fassung (Erschwerniszulagenverordnung – EZulV a.F.) in Höhe von 1.124,82 Euro. Zur Begründung verwies er auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 27. Oktober 2011 (2 C 73.10). Dem Schreiben war eine Auflistung beigefügt, aus der sich die anzurechnenden Zeiten ergäben. 4Der Beklagte lehnte die begehrte Nachzahlung mit Schreiben vom 4. September 2013 ab. § 20 Absatz 5 EZulV a.F. stelle eine Sonderregelung für den Bereich der Bahn dar. Die Schichtzulage werde nicht als feststehender Monatsbetrag bezahlt, sondern knüpfe an die geleisteten Stunden innerhalb eines Monats an und schließe daher eine Weiterzahlung bei einer Unterbrechung im Sinne des § 19 Absatz 1 Satz 1 EZulV a.F. aus. 5Der Kläger hat am 27. Dezember 2013 Klage beim Verwaltungsgericht Köln erhoben. Das Verwaltungsgericht Köln hat das Verfahren mit Beschluss vom 23. Januar 2014 an das Verwaltungsgericht Düsseldorf verwiesen. 6Der Kläger ist der Ansicht, die Klage sei nicht mangels Widerspruchs unzulässig. Vielmehr sei sein Schreiben vom 3. August 2013 als Widerspruch auszulegen. Jedenfalls habe er ‑ insoweit unstreitig – am 6. Januar 2014 vorsorglich Widerspruch erhoben. 7Zudem sei die Klage auch begründet. Das BVerwG habe mit Urteil vom 27. Oktober 2011 entschieden, dass Nachtschichten, die der Beamte aus den in § 19 Absatz 1 Satz 1 EZulV a.F. genannten Gründen nicht absolviert habe, bei der Berechnung des Nachtschichtenpensums, das nach § 20 Absatz 1 Satz 1 EZulV a.F. für die Gewährung der Wechselschichtzulage erforderlich sei, zu berücksichtigen seien. § 19 Absatz 1 Satz 1 EZulV a.F. finde danach auch auf § 20 Absatz 5 EZulV a.F. Anwendung. 8Nachdem der Kläger ursprünglich sinngemäß beantragt hat, den Beklagten unter teilweiser Aufhebung der Bezügemitteilungen des Beklagten und seines Widerspruchsbescheides vom 4. September 2013 zu verurteilen, an den Kläger eine Schichtzulage nach § 20 Absatz 5 EZulV a.F. in Höhe von 1.124,82 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 28. Dezember 2013 zu zahlen, beantragt der Kläger nunmehr sinngemäß, 9den Beklagten unter Aufhebung seines Widerspruchsbescheides vom 4. September 2013 zu verurteilen, dem Kläger eine Schichtzulage nach § 20 Absatz 5 EZulV a.F. hinsichtlich der urlaubs- und krankheitsbedingten Unterbrechung der zulageberechtigenden Tätigkeit für den Zeitraum 16. Dezember 2010 bis zum 31. Juli 2013 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 28. Dezember 2013 zu zahlen. 10Der Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Das BVerwG habe in seiner Entscheidung vom 27. Oktober 2011 keine Aussage zu der Zulage nach § 20 Absatz 5 EZulV a.F. getroffen. Der Ausschluss der Anwendung von § 19 Absatz 1 Satz 1 EZulV a.F. auf diese Zulage entspreche auch der Begründung des Verordnungsgebers. Dieser habe klar zum Ausdruck gebracht, dass die Weiterzahlung einer Zulage, die nicht als pauschalisierte Abgeltung von Erschwernissen durch feste Monatsbeträge erfolge, von § 19 EZulV a.F. nicht habe erfasst werden sollen. Der Ausschluss der Anwendung von § 19 Absatz 1 Satz 1 EZulV a.F. sei auch mit Blick auf die Höhe der Zulage nach § 20 Absatz 5 EZulV a.F. sachgerecht. Nichts anderes folge aus § 22a Absatz 3 Satz 2 EZulV a.F. Insoweit sei vielmehr eine Analogie angebracht. Abweichendes ergebe sich auch nicht aus § 24 Absatz 1 EZulV in der ab dem 1. Oktober 2013 geltenden Fassung (n.F.). Vielmehr folge aus der Bezugnahme auf § 19 Absatz 1 EZulV a.F., dass die Zahlung nach § 20 Absatz 5 EZulV a.F. in Fällen des § 19 Absatz 1 Satz 1 EZulV a.F. nicht weiter zu gewähren sei, weil die Abweichung des § 20 Absatz 5 a.F. von der Grundsatzbestimmung des § 19 Absatz 1 EZulV a.F. auch nach der Änderung des § 19 Absatz 1 EZulV a.F. zu beachten sei. Schließlich stünde einem Zinsanspruch § 3 Absatz 5 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) entgegen. 13Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 15. und 22. Dezember 2014 (Bl. 114 und 116 der Gerichtsakte) übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. 14Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Ergänzend Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Das Gericht konnte gemäß § 101 Absatz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierauf verzichtet haben. 17Die Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.). 18I. Die Klage ist zulässig. 191. Richtige Klageart ist im vorliegenden Verfahren nicht die Verpflichtungsklage, sondern die allgemeine Leistungsklage. Der Anspruch auf die Zulage gemäß § 47 Absatz 1 BBesG i.V.m. §§ 19 Absatz 1 Nr. 1 und 3, 20 Absatz 5 EZulV a.F. folgt unmittelbar aus dem Gesetz. Einer Entscheidung des Beklagten über die Gewährung der Zulage durch Verwaltungsakt bedarf es nicht. Insbesondere sind Bezügemitteilungen mangels Regelungscharakter keine Verwaltungsakte im Sinne von § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). 202. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Dem steht insbesondere nicht das in § 126 Absatz 2 Satz 1 Bundesbeamtengesetz (BBG) geregelte Erfordernis, vor jeder Klage eine Vorverfahren durchzuführen, entgegen. 21Dahingestellt bleiben kann, ob bereits in dem Schreiben des Klägers vom 3. August 2013 ein Widerspruch zu sehen ist oder es sich um einen bloßen Antrag handelt. 22Vgl. zur Auslegung nach § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 30. Oktober 2013 – 2 C 23.12 –, BVerwGE 148, 217-230 = juris, Rn. 23. 23Denn der Kläger hat zumindest mit Schreiben vom 6. Januar 2014 Widerspruch erhoben. Zwar ist nach dem Wortlaut des § 126 Absatz 2 Satz 1 BBG „vor“ allen Klagen ein Vorverfahren durchzuführen. Indes genügt es, wenn diese Sachurteilsvoraussetzung im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgeschlossen ist. Denn die innerhalb der Widerspruchsfrist erhobene Klage verhindert den Eintritt der Bestandskraft und hält die Widerspruchsfrist damit offen. 24Dolde/Porsch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 68, Rn. 35 m.w.N. 25Die Widerspruchsfrist war in diesem Zeitpunkt auch noch nicht abgelaufen. § 70 Absatz 1 Satz 1 VwGO, wonach der Widerspruch innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben ist, findet keine Anwendung, da es an einem bekanntgegebenen Verwaltungsakt fehlt (s.o.). 26Ebenfalls kann dahingestellt bleiben, ob das Schreiben des Beklagten vom 4. September 2013 als ein Widerspruchsbescheid auszulegen ist. Selbst wenn hierin kein Widerspruchsbescheid zu sehen sein sollte, wäre die Klage nicht unzulässig. Denn § 75 Satz 1 VwGO regelt, dass die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig ist, wenn über einen Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht sachlich entschieden worden ist. Das ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung der Fall, da zureichende Gründe für die fehlende Entscheidung über den Widerspruch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind. Vielmehr hat sich der Beklagte mit Schriftsatz vom 7. April 2014 vorbehaltlos auf die Klage eingelassen und die Abweisung der Klage beantragt hat. 27Vgl. zur ausnahmsweisen Entbehrlichkeit eines Vorverfahrens bei sachlichen Einlassung BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – 2 C 23.12 –, BVerwGE 148, 217-230 = juris, Rn. 38. 28II. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 4. September 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Absatz 5 Satz 1 VwGO). 29Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung einer Schichtzulage nach § 47 BBesG i.V.m. §§ 19 Absatz 1 Nr. 1 und 3, 20 Absatz 5 EZulV a.F., für Zeiten in dem Zeitraum vom 16. Dezember 2010 bis zum 31. Juli 2013, in denen er nach dem Dienstplan in der Zeit zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr gearbeitet hätte, wenn er nicht aufgrund Erholungsurlaubs oder Krankheit hieran gehindert gewesen wäre. 30Nach § 20 Absatz 5 EZulV a.F. erhalten die Beamten der Deutsche Bahn Aktiengesellschaft sowie einer gemäß § 2 Absatz 1 und § 3 Absatz 3 des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2386) ausgegliederten Gesellschaft zugewiesenen Beamten des Bundeseisenbahnvermögens und bei den Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost beschäftigte Beamte bei ständigem Schichtdienst eine Schichtzulage in den nachfolgend aufgeführten Stufen. Der Kläger ist bei der Deutschen Bahn AG tätig und war im streitgegenständlichen Zeitraum in ständigem Schichtdienst nach einem Dienstplan eingesetzt. Gemäß § 19 Absatz 1 Nr. 1 und 3 EZulV a.F. wird die Zulage bei einer Unterbrechung der zulageberechtigenden Tätigkeit im Falle eines Erholungsurlaubs und einer Erkrankung weitergewährt, soweit in den §§ 20 bis 26 nichts anderes bestimmt ist. An einer solchen Regelung fehlt es vorliegend. 31Das BVerwG hat § 19 Absatz 1 Satz 1 EZulV a.F. in seinem Urteil vom 27. Oktober 2011 wie folgt ausgelegt: 32„Die in Satz 1 gebrauchte Formulierung, die Zulage werde bei einer Unterbrechung "weitergewährt", kann nur im Sinne von Weiterzahlen verstanden werden. Ansonsten käme der Unterbrechungsregelung des § 19 Abs. 1 EZulV neben den einzelnen Zulagetatbeständen der §§ 20 bis 26 EZulV keine Bedeutung zu. Diese Regelung soll verhindern, dass das berechtigte Fernbleiben vom Dienst aus einem der in § 19 Abs. 1 Satz 1 EZulV genannten Gründe Nachteile für die Gewährung der Zulage zur Folge hat. Der Beamte soll die Zulage trotz der Unterbrechung der dienstlichen Tätigkeit erhalten. Diesem Verschlechterungsverbot kann nur Rechnung getragen werden, wenn er in Bezug auf die Zulage so gestellt wird, als habe er während der Unterbrechungszeiten Dienst geleistet. Diese Zeiten müssen in den Grenzen des § 19 Abs. 1 Satz 2 EZulV wie absolvierte Dienstzeiten behandelt werden. 33Nach dem Wortlaut des Satzes 1 gilt dies nicht, wenn in den Zulagetatbeständen der §§ 20 bis 26 EZulV etwas anderes bestimmt ist. Eine derartige andere Bestimmung ist nur anzunehmen, wenn ein Zulagetatbestand die Geltung des § 19 EZulV ausdrücklich, d.h. unter Verweis oder Bezugnahme auf diese Vorschrift, ausschließt (vgl. auch Leihkauff, a.a.O. § 20 EZulV Rn. 26.3). Dieses restriktive Begriffsverständnis mit der Folge eines grundsätzlich umfassenden Geltungsanspruchs des § 19 EZulV für alle Erschwerniszulagen der §§ 20 bis 26 EZulV ergibt sich aus der systematischen Stellung und dem Regelungsgehalt des § 19 EZulV, der Ausschlussregelung des § 22a Abs. 3 Satz 3 EZulV sowie aus Zweck und Zielsetzung der §§ 20 bis 26 EZulV. 34Die Bedeutung des § 19 Abs. 1 EZulV als allgemeine Regelung des 3. Abschnitts der Verordnung wird aus der Stellung am Beginn dieses Abschnitts und aus ihrem Regelungsgehalt deutlich. Die Vorschrift ist den Zulagetatbeständen des 3. Abschnitts (§§ 20 bis 26 EZulV) vorangestellt. Diese Erschwerniszulagen sind unabhängig von den jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen Regelungsgegenstand des § 19 Abs. 1 EZulV. Die Vorschrift bezieht sich inhaltlich auf die nachfolgenden Zulagetatbestände der §§ 20 bis 26 EZulV, indem sie sie um eine Regelung für Zeiten der Unterbrechung der zulageberechtigenden dienstlichen Tätigkeit ergänzt. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass § 19 EZulV für die anderen, nicht im 3. Abschnitt aufgeführten Erschwerniszulagen nicht gilt. 35Der umfassende Geltungsanspruch des § 19 Abs. 1 EZulV für die Zulagetatbestände der §§ 20 bis 26 EZulV wird durch § 22a Abs. 3 Satz 3 EZulV belegt. Danach findet § 19 EZulV auf die Erschwerniszulage für Polizeivollzugsbeamte als fliegendes Personal keine Anwendung. Daraus kann geschlossen werden, dass es einer ausdrücklichen Anordnung bedarf, um die Anwendung des § 19 EZulV auf einen Zulagetatbestand auszuschließen. 36Hierfür sprechen auch Zweck und Zielsetzung der Erschwerniszulagen der §§ 20 bis 26 EZulV. Diese Zulagen werden in festen Monatsbeträgen gezahlt, weil sie Erschwernisse im Sinne des § 47 Satz 1 BBesG pauschal abgelten, die nach der Einschätzung des Verordnungsgebers bei der dienstlichen Tätigkeit typischerweise wiederkehrend auftreten (BRDrucks 187/98 S. 19; vgl. Leihkauff, a.a.O. § 19 EZulV, Rn. 1). Ihre Gewährung hängt von der Wahrnehmung eines bestimmten Dienstpostens, d.h. von den Aufgaben des Amtes des Beamten im konkret-funktionellen Sinne, ab. Der Dienstposten muss entweder durch Aufgaben, deren Erfüllung typischerweise mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten oder Härten verbunden ist, oder durch besonders schwierige Arbeitsbedingungen gekennzeichnet sein. 37Dieser Anknüpfung an den Dienstposten entspricht, dass die von den Erschwerniszulagen des 3. Abschnitts abgegoltenen dienstlichen Belastungen typischerweise im Lauf der Zeit zunehmen und dauerhaft auftreten. So tragen die Schichtzulagen nach § 20 Abs. 1 und 2 EZulV den gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen des Schichtdienstes Rechnung. Der regelmäßige Wechsel der Arbeitszeiten zwingt zu einer permanenten Umstellung des Lebensrhythmus, die insbesondere beim Wechselschichtdienst mit erheblichen Nachtschichtanteilen erfahrungsgemäß zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt und sich besonders nachteilig auf die Lebensgestaltung auswirkt. Es kann als gesicherte arbeitsmedizinische Erkenntnis gelten, dass eine Anpassung oder Gewöhnung an den unregelmäßigen Lebensrhythmus nicht vollständig möglich ist und regelmäßige Nachtarbeit typischerweise vegetative Störungen, Krankheiten der Kreislauforgane sowie Schlafstörungen zur Folge hat (Urteile vom 25. Januar 2007 - BVerwG 2 C 28.05 - Buchholz 237.8 § 208 RhPLBG Nr. 1 Rn. 39 und vom 26. März 2009 ‑ BVerwG 2 C 12.08 - Buchholz 240 § 47 BBesG Nr. 11 Rn. 8). 38Mit dem Zweck der Erschwerniszulagen des 3. Abschnitts als Abgeltung dauerhaft auftretender dienstlicher Belastungen lässt sich nicht vereinbaren, die Zulagen wegen einer Unterbrechung im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 EZulV vorübergehend nicht zu zahlen. Diese regelmäßig kurzzeitigen Unterbrechungen sind nicht geeignet, die dauerhaften Belastungen der Dienstausübung zu beseitigen oder spürbar zu vermindern. Dies gilt in besonderem Maß für die typischen Belastungen des ständigen Wechselschichtdienstes. Sie wirken sich bei Beamten, die diesen Dienst ständig leisten, auch dann aus, wenn sie das erforderliche Nachtschichtpensum wegen Unterbrechungen des Dienstes in einzelnen Berechnungszeiträumen nicht absolvieren (so auch BAG, Urteil vom 24. März 2010 - 10 AZR 58/09 - NZA 2010, 958 Rn. 32 ). Längeren Unterbrechungen trägt die zeitliche Grenze des § 19 Abs. 1 Satz 2 EZulV für die Weitergewährung der Zulage Rechnung. 39Die Erschwerniszulagen der §§ 20 bis 26 EZulV sind nach Zweck und Zielsetzung den Stellenzulagen im Sinne des § 42 Abs.1 Satz 1 BBesG vergleichbar. Für Stellenzulagen ist anerkannt, dass die Verknüpfung mit einem Dienstposten mit herausgehobenen Funktionen ihre Zahlung rechtfertigt, solange der Beamte diesen Dienstposten innehat. Die Zulagen werden bei rechtlich anerkannten Unterbrechungen der dienstlichen Tätigkeit, etwa wegen Erholungsurlaubs, Krankheit oder Fortbildung, weitergezahlt, ohne dass dies einer normativen Regelung bedarf (Urteile vom 6. April 1989 - BVerwG 2 C 10.87 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 3 S. 8 f., vom 18. April 1991 - BVerwG 2 C 31.90 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 4 S. 11 und vom 24. August 1995 - BVerwG 2 C 1.95 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 16 S. 15 f.). 40Nach alledem kann aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 Satz 1 EZulV, wonach die Beamten die Wechselschichtzulage erhalten, wenn sie das erforderliche Nachtschichtpensum leisten, nicht geschlossen werden, § 19 Abs. 1 EZulV finde auf die Gewährung der Wechselschichtzulage keine Anwendung. Der Begriff des Leistens schließt die Weitergewährung dieser Zulage in Fällen von Unterbrechungen der dienstlichen Tätigkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 EZulV nicht aus. Da die Anwendung dieser allgemeinen Regelung in § 20 EZulV nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist, ergänzt sie aufgrund ihres umfassenden Geltungsanspruchs für die Erschwerniszulagen des 3. Abschnitts der Verordnung auch den Tatbestand der Wechselschichtzulage. Daher werden Dienstzeiten in dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschichten, die ein Beamter aus den in § 19 Abs. 1 EZulV genannten Gründen versäumt, für die Berechnung des erforderlichen Nachtschichtpensums einbezogen, als hätte der Beamte Dienst verrichtet. 41Nichts anderes folgt aus der Normierung verschiedener Schichtzulagen mit unterschiedlich hohen Monatsbeträgen nach § 20 Abs. 1 und 2 EZulV. Diese Abstufungen tragen dem unterschiedlichen Ausmaß der dauerhaften Belastungen Rechnung, die bei ständigem Dienst in den verschiedenen Schichtsystemen typischerweise zu erwarten sind. Es sind keine normativen Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass für die Schichtzulagen ein anderes Regelungskonzept gelten soll als für die übrigen Zulagen nach §§ 20 bis 26 EZulV. Daher ergänzt § 19 Abs. 1 EZulV jeden Schichtzulagentatbestand, indem er Unterbrechungszeiten den Zeiten der Dienstleistung gleichstellt.“ 42 BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2011 – 2 C 73/10 –, juris, Rn. 17 ff. 43Wenngleich das BVerwG in der vorstehend zitierten Entscheidung nicht über die Schicht- bzw. Wechselschichtzulage nach § 20 Absatz 5 EZulV a.F. entschieden hat, sondern § 19 Absatz 1 Satz 1 EZulV a.F. im Rahmen von § 20 Absatz 1 EZulV a.F. ausgelegt hat, schließt sich das Gericht den Ausführungen des BVerwG zu § 19 Absatz 1 EZulV a.F. an und überträgt sie auf den vorliegenden Fall. 44Neben dem Wortlaut des § 19 Absatz 1 EZulV a.F. und den systematischen Überlegungen des BVerwG spricht zudem die historische Auslegung der einschlägigen Normen für die Anwendung des § 19 Absatz 1 EZulV a.F. auf die in § 20 Absatz 5 EZulV a.F. geregelte Schichtzulage: 45Zwar lässt sich nach den älteren einschlägigen Verordnungsbegründungen auf den ersten Blick auch dahingehend argumentieren, dass es sich bei § 20 Absatz 5 EZulV a.F. um eine Sonderregelung handelt, die von vornherein nicht in den Anwendungsbereich des § 19 EZulV a.F. fällt. 46So noch BVerwG, Beschluss vom 3. August 2006 – 2 B 22.06 –, juris, Rn. 1; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 21. Februar 2006 – 14 BV 02.1076 –, juris, Rn. 16 ff. 47In der Begründung zur Verordnung zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften (Besoldungsänderungsverordnung 1998 – BesÄndV98) heißt es zunächst, 48„Neuregelung der Entstehung des Anspruchs (§18) und der Weiterzahlung der in festen Monatsbeträgen gewährten Zulagen bei einer Unterbrechung der zulagenberechtigenden Tätigkeit (§ 19). Da es sich nicht um einzeln abzugeltende Erschwernisse handelt, sondern um eine pauschalierte Abgeltung von Erschwernissen durch feste Monatsbeträge, ist es gerechtfertigt, im Falle einer Unterbrechung der zulageberechtigten Tätigkeit die Weiterzahlung für einen begrenzten Zeitraum vorzusehen.“ 49Der Verordnungsgeber hielt danach die Weiterzahlung der in festen Monatsbeträgen gewährten Zulagen bei einer Unterbrechung für gerechtfertigt, um zu verhindern, dass das berechtigte Fernbleiben vom Dienst aus einem der dort genannten Gründe Nachteile für die Gewährung der Zulage zur Folge hat. 50Beamte der Deutschen Bahn AG und Deutschen Bundespost verrichten indes keinen solch „klassischen“ Schicht- und Wechselschichtdienst. Daher bedurfte es der Sonderregelung in § 20 Absatz 5 EZulV a.F., wonach es – anders als bei der Regelung in § 20 Absatz 1 und 2 EZulV a.F. – nicht Voraussetzung ist, dass die Beamten ständig nach einem Schicht- und Dienstplan eingesetzt werden. Maßgeblich für die Höhe der Schichtzulage ist vielmehr die tatsächlich im Nachtdienst abgeleistete Stundenzahl, weshalb diese auch höher als die nach monatlichen Festbeträgen gemäß § 20 Absatz 1 und 2 EZulV a.F. zu gewährende Zulage ausfallen konnte. 51Vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 21. Februar 2006 – 14 BV 02.1076 –, juris, Rn. 16; bestätigt vom BVerwG, Beschluss vom 3. August 2006 – 2 B 22.06 –, juris, Rn. 1 52Dementsprechend wird in der Begründung zum Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1991 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1991 – BBVAnpG 91) bezüglich § 20 Absatz 5 EZulV a.F. von einer Sonderregelung gesprochen, die es aufgrund der Besonderheiten der Dienstplangestaltung der Deutschen Bundesbahn bedurfte. 53„Besonders bei der Deutschen Bundesbahn und Deutschen Bundespost, aber auch in anderen Bereichen, wird ein sog. unregelmäßiger Wechseldienst geleistet, der von den bisherigen Regelungen nicht erfasst wird. Dieser Dienst, der es mit sich bringt, dass die Arbeitszeit zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten beginnt und endet, ist sehr belastend für die Beschäftigten und sollte daher in die Zulagenregelung einbezogen werden.“ 54BT-Drs. 12/732, S. 27 und 12/1455, S. 4, 52. 55Da sich die Zulage nach § 20 Absatz 5 EZulV a.F. demnach nicht nach festen Monatsbeträgen, sondern nach den tatsächlich erbrachten Leistungen bemisst, ließe sich zwar vertreten, dass § 19 Absatz 1 Satz 1 EZulV a.F. nach dem ursprünglichen Willen des Verordnungsgebers keine Anwendung finden sollte. Indes hat der Verordnungsgeber in Kenntnis des § 20 Absatz 5 EZulV a.F. § 19 EZulV a.F. auf den gesamten 3. Abschnitt a.F. für anwendbar erklärt, sofern in den Vorschriften des Abschnitts nichts anderes bestimmt ist und in § 20 Absatz 5 EZulV a.F. – anders als in § 22 Absatz 3 Satz 2 EZulV a.F. – nicht ausdrücklich geregelt, dass § 19 EZulV a.F. keine Anwendung finden soll. Anhaltspunkte dafür, dass es sich hierbei um ein redaktionelles Versehen des Verordnungsgebers gehandelt hat und daher Raum für eine analoge Anwendung des § 22 Absatz 3 Satz 2 EZulV a.F. besteht, oder der Verordnungsgeber eine ausdrückliche Ausnahmeregelung für nicht erforderlich hielt, liegen nicht vor. Vielmehr sprechen die nachfolgenden Ausführungen für die Weitergewährung der Zulage nach § 20 Absatz 5 EZulV a.F. bei einer Unterbrechung im Sinne des § 19 Absatz 1 Satz 1 EZulV a.F.: 56Durch die „Verordnung zur Änderung von Vorschriften für Dienst zu wechselnden Zeiten“ vom 20. August 2013 (BGBl. I S. 3286) hat der Verordnungsgeber die EZulV grundlegend geändert, um das derzeitige Ausgleichssystem „unter Berücksichtigung der heutigen Schichtdienstentwicklung“ weiterzuentwickeln. 57„An die Seite des „klassischen“ Schicht- und Wechselschichtdienstes treten zunehmend flexible Schichtdienste sowie auch andere Dienstformen mit ebenfalls wechselnden Arbeitszeiten und vergleichbaren Belastungen. Für die tatsächliche individuelle Belastung ist somit nicht mehr ausschließlich die formale Zugehörigkeit zu bestimmten Schichtmodellen entscheidend.“ 58Verordnungsentwurf des Bundesministeriums des Inneren (BMI) vom 24. Mai 2013, S. 1, http://www.gdpbundespolizei.de/wp-content/uploads/2013/06/130523_Entwurf-Endfassung.pdf; Ziffer 1.4.1 der Durchführungshinweise zur Verordnung zur Änderung von Vorschriften für Dienst zu wechselnden Zeiten vom 20. August 2013, Rundschreiben des BMI vom 12. November 2013 - D 3 – 30200/41#10 / D2 – 30105/7#1 -, http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_12112013_D3302004110.htm. 59Die bisherige Zulage für Wechselschichtdienst und Schichtdienst (§ 20 EZulV a. F.) wird in den §§ 17a bis 17d EZulV n.F. komplett neu gefasst. Maßgeblich für die Höhe der Zulage ist nach der Neuregelung der EZulV grds. allein die Anzahl der tatsächlich geleisteten Dienste. Eine Weitergewährung der Zulage bei Unterbrechung der zulageberechtigenden Tätigkeit ist nach dem im Abschnitt 4 enthaltenen § 19 EZulV n.F. ausdrücklich nur noch vorgesehen, wenn die Zulage in festen Monatsbeträgen gewährt wird. 60„Die Regelungen über das Entstehen des Anspruchs (§ 18 EZulV) und über die Weitergewährung bei Unterbrechung der zulageberechtigenden Tätigkeit (§ 19 EZulV) sind nicht mehr anzuwenden. Die Zulagenhöhe ergibt sich – unabhängig von der Aufnahme, der Beendigung und der Unterbrechung einer zulageberechtigenden Tätigkeit – ausschließlich aufgrund der in einem Kalendermonat tatsächlich geleisteten Dienste. Die Zulage wird bei Unterbrechungen – zum Beispiel für die Zeit einer Erkrankung – nicht mehr fortgezahlt (Ausnahme: § 17d EZulV).“ 61Ziffer 1.4.1 der Durchführungshinweise zur Verordnung zur Änderung von Vorschriften für Dienst zu wechselnden Zeiten vom 20. August 2013, Rundschreiben des BMI vom 12. November 2013 - D 3 – 30200/41#10 / D2 – 30105/7#1 -, http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_12112013_D3302004110.htm. 62Der Verordnungsgeber hat erst im Rahmen dieser Änderung eine klare Unterscheidung getroffen zwischen Zulagen in festen Monatsbeträgen und sonstigen Zulagen und nur bei ersteren eine Weitergewährung bei Unterbrechung der zulageberechtigenden Tätigkeit entsprechend § 19 Absatz 1 EZulV a.F. vorgesehen. Dies wird insbesondere durch die in § 24 EZulV n.F. enthaltene Übergangsregelung für Beamte der Bundeseisenbahnvermögens und der Postfolgeunternehmen verdeutlicht. Danach gelten abweichend von Abschnitt 3 § 19 Absatz 1 und § 20 Absatz 5 in der bis zum 30. September 2013 geltenden Fassung für Beamte des Bundeseisenbahnvermögens, die der Deutschen Bahn Aktiengesellschaft […] zugewiesen sind, fort. In Ziffer 1.6.1 der Durchführungshinweise des BMI vom 20. August 2013 heißt es hierzu, dass für den Bereich der privatisierten Unternehmen die bisherige Zulagenregelung für Wechselschichtdienst und Schichtdienst erhalten bleibt, jedoch in einem bestimmten Rahmen modifiziert werden kann. Entgegen der mit Schriftsatz vom 29. Januar 2015 geäußerten Ansicht des Beklagten veranschaulicht diese Regelung, dass der Verordnungsgeber § 19 Absatz 1 Satz 1 EZulV a.F. auch bei einer Zulage nach § 20 Absatz 5 EZulV a.F. für anwendbar hielt („gelten fort“). 63Vgl. Bayerisches Verwaltungsgericht München, Urteil vom 21. August 2014 – M 21 K 13.2048 –, S. 16 f. des Urteilsabdrucks, n.v. 64§ 19 Absatz 1 EZulV n.F. wurde zwar vom Wortlaut her nur geringfügig geändert. Indes wurde der Anwendungsbereich der Norm durch die Neuregelung der EZulV, insbesondere durch das Einfügen eines neuen 3. Abschnitts, in dem eine Fortzahlung der Zulage bei Unterbrechung der zulagenberechtigenden Tätigkeit nicht mehr vorgesehen ist, sehr stark reduziert. Der Vortrag des Beklagten, die Bezugnahme in § 24 Absatz 1 Nr. 1 EZulV n.F. auf §§ 19 Absatz 1 und 20 Absatz 5 EZulV a.F. bewirke, dass § 19 Absatz 1 EZulV a.F. ‑ weiterhin – auf § 20 Absatz 5 EZulV a.F. keine Anwendung finde, vermag das Gericht vor dem vorstehend dargestellten Hintergrund der Neuregelung der EZulV und dem eindeutigen Wortlaut der Norm sowie den hierzu erlassenen Durchführungshinweisen nicht zu überzeugen. Vielmehr wäre der Verweis in § 24 Absatz 1 Nr. 1 EZulV n.F. auf § 19 Absatz 1 EZulV a.F. entbehrlich gewesen, wenn der Verordnungsgeber § 19 Absatz 1 Satz 1 EZulV a.F. nicht (mehr) im Rahmen des § 20 Absatz 5 EZulV a.F. für anwendbar gehalten hätte. 65Danach steht zu der Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung einer Schichtzulage für Zeiten in dem Zeitraum vom 16. Dezember 2010 bis zum 31. Juli 2013, in denen er nach dem Dienstplan in der Zeit zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr gearbeitet hätte, wenn er nicht aufgrund Erholungsurlaubs oder Krankheit hieran gehindert gewesen wäre, hat. Die Berechnung der konkreten Höhe des Anspruchs des Klägers auf Zahlung einer Schichtzulage für den streitgegenständlichen Zeitraum obliegt dem Beklagten. 66Der Kläger hat schließlich einen Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen seit dem 28. Dezember 2013 nach §§ 291, 187 Absatz 1 BGB, § 90 VwGO. 67§ 291 BGB findet auf öffentlich-rechtliche Geldforderungen entsprechende Anwendung, 68Grüneberg, in: Palandt, 73. Aufl. 2014, § 291, Rn. 2 m.w.N. 69Entgegen der Ansicht der Beklagten steht auch § 3 Absatz 5 BBesG der Anwendung des § 291 BGB nicht entgegen. Danach besteht kein Anspruch auf Verzugszinsen, wenn Bezüge nach dem Tag der Fälligkeit gezahlt werden. Diese Regelung steht aber nur einem Anspruch auf Verzugszinsen, der im Rahmen der Erfüllung gesetzlicher öffentlich-rechtlicher Geldforderungen grundsätzlich ohnehin nicht besteht, entgegen, nicht einem solchen auf Prozesszinsen. 70Vgl. hierzu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 27. April 2012 – 3 ZB 10.1354 –, juris, Rn. 5. m.w.N. 71Gemäß § 291 BGB hat der Schuldner eine Geldschuld von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, wobei gemäß § 187 Absatz 1 BGB die Zinsfälligkeit erst am Folgetag der Rechtshängigkeit eintritt. Rechtshängigkeit der Klage ist mit Erhebung der Klage am 27. Dezember 2013 eingetreten (§ 90 VwGO). Die Wirkung der Rechtshängigkeit ist auch nicht durch die Verweisung des Rechtstreits aufgehoben worden (§ 17b Absatz 1 Satz 2 Gerichtsverfahrensgesetz – GVG). 72Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Absatz 1, 155 Absatz 4 VwGO. Der Kläger trägt nach § 155 Absatz 4 VwGO die durch die Verweisung entstandenen Kosten, da diese durch sein Verschulden entstanden sind. § 155 Absatz 4 VwGO stellt insoweit eine Spezialregelung gegenüber § 17b Absatz 2 VwGO dar. 73Kopp/Schenke, VwGO, 20 Aufl. 2014, § 155, Rn. 19 m.w.N. 74Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). 75Beschluss: 76Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 1.200,00 Euro festgesetzt. 77Gründe: 78Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Absatz 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) erfolgt.
der beklagte wird unter aufhebung seines widerspruchbescheides vom 4. september 2013 verurteilt, an den kläger eine schichtzulage nach § 20 absatz 5 ezulv hinsichtlich der urlaubs- und krankheitsbedingten unterbrechung der zulageberechtigenden tätigkeit für den zeitraum 16. dezember 2010 bis zum 31. juli 2013 nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz ab dem 28. dezember 2013 zu zahlen. der beklagte trägt die kosten des verfahrens, mit ausnahme der durch die verweisung an das verwaltungsgericht düsseldorf entstandenen kosten, welche der kläger trägt. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der beklagte darf die vollstreckung durch den kläger durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 prozent des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der kläger ist hauptlokomotivführer bei der deutschen bahn ag. 3mit schreiben vom 3. august 2013 bat der kläger um nachzahlung der zulage aus § 20 absatz 5 der verordnung über die gewährung von erschwerniszulagen in der bis zum 30. september 2013 gültigen fassung (erschwerniszulagenverordnung – ezulv a.f.) in höhe von 1.124,82 euro. zur begründung verwies er auf eine entscheidung des bundesverwaltungsgerichts (bverwg) vom 27. oktober 2011 (2 c 73.10). dem schreiben war eine auflistung beigefügt, aus der sich die anzurechnenden zeiten ergäben. 4der beklagte lehnte die begehrte nachzahlung mit schreiben vom 4. september 2013 ab. § 20 absatz 5 ezulv a.f. stelle eine sonderregelung für den bereich der bahn dar. die schichtzulage werde nicht als feststehender monatsbetrag bezahlt, sondern knüpfe an die geleisteten stunden innerhalb eines monats an und schließe daher eine weiterzahlung bei einer unterbrechung im sinne des § 19 absatz 1 satz 1 ezulv a.f. aus. 5der kläger hat am 27. dezember 2013 klage beim verwaltungsgericht köln erhoben. das verwaltungsgericht köln hat das verfahren mit beschluss vom 23. januar 2014 an das verwaltungsgericht düsseldorf verwiesen. 6der kläger ist der ansicht, die klage sei nicht mangels widerspruchs unzulässig. vielmehr sei sein schreiben vom 3. august 2013 als widerspruch auszulegen. jedenfalls habe er ‑ insoweit unstreitig – am 6. januar 2014 vorsorglich widerspruch erhoben. 7zudem sei die klage auch begründet. das bverwg habe mit urteil vom 27. oktober 2011 entschieden, dass nachtschichten, die der beamte aus den in § 19 absatz 1 satz 1 ezulv a.f. genannten gründen nicht absolviert habe, bei der berechnung des nachtschichtenpensums, das nach § 20 absatz 1 satz 1 ezulv a.f. für die gewährung der wechselschichtzulage erforderlich sei, zu berücksichtigen seien. § 19 absatz 1 satz 1 ezulv a.f. finde danach auch auf § 20 absatz 5 ezulv a.f. anwendung. 8nachdem der kläger ursprünglich sinngemäß beantragt hat, den beklagten unter teilweiser aufhebung der bezügemitteilungen des beklagten und seines widerspruchsbescheides vom 4. september 2013 zu verurteilen, an den kläger eine schichtzulage nach § 20 absatz 5 ezulv a.f. in höhe von 1.124,82 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz ab dem 28. dezember 2013 zu zahlen, beantragt der kläger nunmehr sinngemäß, 9den beklagten unter aufhebung seines widerspruchsbescheides vom 4. september 2013 zu verurteilen, dem kläger eine schichtzulage nach § 20 absatz 5 ezulv a.f. hinsichtlich der urlaubs- und krankheitsbedingten unterbrechung der zulageberechtigenden tätigkeit für den zeitraum 16. dezember 2010 bis zum 31. juli 2013 nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz ab dem 28. dezember 2013 zu zahlen. 10der beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12das bverwg habe in seiner entscheidung vom 27. oktober 2011 keine aussage zu der zulage nach § 20 absatz 5 ezulv a.f. getroffen. der ausschluss der anwendung von § 19 absatz 1 satz 1 ezulv a.f. auf diese zulage entspreche auch der begründung des verordnungsgebers. dieser habe klar zum ausdruck gebracht, dass die weiterzahlung einer zulage, die nicht als pauschalisierte abgeltung von erschwernissen durch feste monatsbeträge erfolge, von § 19 ezulv a.f. nicht habe erfasst werden sollen. der ausschluss der anwendung von § 19 absatz 1 satz 1 ezulv a.f. sei auch mit blick auf die höhe der zulage nach § 20 absatz 5 ezulv a.f. sachgerecht. nichts anderes folge aus § 22a absatz 3 satz 2 ezulv a.f. insoweit sei vielmehr eine analogie angebracht. abweichendes ergebe sich auch nicht aus § 24 absatz 1 ezulv in der ab dem 1. oktober 2013 geltenden fassung (n.f.). vielmehr folge aus der bezugnahme auf § 19 absatz 1 ezulv a.f., dass die zahlung nach § 20 absatz 5 ezulv a.f. in fällen des § 19 absatz 1 satz 1 ezulv a.f. nicht weiter zu gewähren sei, weil die abweichung des § 20 absatz 5 a.f. von der grundsatzbestimmung des § 19 absatz 1 ezulv a.f. auch nach der änderung des § 19 absatz 1 ezulv a.f. zu beachten sei. schließlich stünde einem zinsanspruch § 3 absatz 5 bundesbesoldungsgesetz (bbesg) entgegen. 13die beteiligten haben mit schriftsätzen vom 15. und 22. dezember 2014 (bl. 114 und 116 der gerichtsakte) übereinstimmend auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet. 14hinsichtlich des weiteren sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie den der beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 15
16das gericht konnte gemäß § 101 absatz 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung entscheiden, da die beteiligten hierauf verzichtet haben. 17die klage ist zulässig (i.) und begründet (ii.). 18i. die klage ist zulässig. 191. richtige klageart ist im vorliegenden verfahren nicht die verpflichtungsklage, sondern die allgemeine leistungsklage. der anspruch auf die zulage gemäß § 47 absatz 1 bbesg i.v.m. §§ 19 absatz 1 nr. 1 und 3, 20 absatz 5 ezulv a.f. folgt unmittelbar aus dem gesetz. einer entscheidung des beklagten über die gewährung der zulage durch verwaltungsakt bedarf es nicht. insbesondere sind bezügemitteilungen mangels regelungscharakter keine verwaltungsakte im sinne von § 35 satz 1 verwaltungsverfahrensgesetz (vwvfg). 202. die klage ist auch im übrigen zulässig. dem steht insbesondere nicht das in § 126 absatz 2 satz 1 bundesbeamtengesetz (bbg) geregelte erfordernis, vor jeder klage eine vorverfahren durchzuführen, entgegen. 21dahingestellt bleiben kann, ob bereits in dem schreiben des klägers vom 3. august 2013 ein widerspruch zu sehen ist oder es sich um einen bloßen antrag handelt. 22vgl. zur auslegung nach § 133 bürgerliches gesetzbuch (bgb) bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 30. oktober 2013 – 2 c 23.12 –, bverwge 148, 217-230 = juris, rn. 23. 23denn der kläger hat zumindest mit schreiben vom 6. januar 2014 widerspruch erhoben. zwar ist nach dem wortlaut des § 126 absatz 2 satz 1 bbg „vor“ allen klagen ein vorverfahren durchzuführen. indes genügt es, wenn diese sachurteilsvoraussetzung im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung abgeschlossen ist. denn die innerhalb der widerspruchsfrist erhobene klage verhindert den eintritt der bestandskraft und hält die widerspruchsfrist damit offen. 24dolde/porsch, in: schoch/schneider/bier, vwgo, § 68, rn. 35 m.w.n. 25die widerspruchsfrist war in diesem zeitpunkt auch noch nicht abgelaufen. § 70 absatz 1 satz 1 vwgo, wonach der widerspruch innerhalb eines monats nach der bekanntgabe des verwaltungsaktes zu erheben ist, findet keine anwendung, da es an einem bekanntgegebenen verwaltungsakt fehlt (s.o.). 26ebenfalls kann dahingestellt bleiben, ob das schreiben des beklagten vom 4. september 2013 als ein widerspruchsbescheid auszulegen ist. selbst wenn hierin kein widerspruchsbescheid zu sehen sein sollte, wäre die klage nicht unzulässig. denn § 75 satz 1 vwgo regelt, dass die klage abweichend von § 68 vwgo zulässig ist, wenn über einen widerspruch ohne zureichenden grund in angemessener frist nicht sachlich entschieden worden ist. das ist im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung der fall, da zureichende gründe für die fehlende entscheidung über den widerspruch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind. vielmehr hat sich der beklagte mit schriftsatz vom 7. april 2014 vorbehaltlos auf die klage eingelassen und die abweisung der klage beantragt hat. 27vgl. zur ausnahmsweisen entbehrlichkeit eines vorverfahrens bei sachlichen einlassung bverwg, urteil vom 30. oktober 2013 – 2 c 23.12 –, bverwge 148, 217-230 = juris, rn. 38. 28ii. die klage hat auch in der sache erfolg. der bescheid des beklagten vom 4. september 2013 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten (§ 113 absatz 5 satz 1 vwgo). 29der kläger hat gegen den beklagten einen anspruch auf zahlung einer schichtzulage nach § 47 bbesg i.v.m. §§ 19 absatz 1 nr. 1 und 3, 20 absatz 5 ezulv a.f., für zeiten in dem zeitraum vom 16. dezember 2010 bis zum 31. juli 2013, in denen er nach dem dienstplan in der zeit zwischen 20:00 uhr und 6:00 uhr gearbeitet hätte, wenn er nicht aufgrund erholungsurlaubs oder krankheit hieran gehindert gewesen wäre. 30nach § 20 absatz 5 ezulv a.f. erhalten die beamten der deutsche bahn aktiengesellschaft sowie einer gemäß § 2 absatz 1 und § 3 absatz 3 des deutsche bahn gründungsgesetzes vom 27. dezember 1993 (bgbl. i s. 2378, 2386) ausgegliederten gesellschaft zugewiesenen beamten des bundeseisenbahnvermögens und bei den nachfolgeunternehmen der deutschen bundespost beschäftigte beamte bei ständigem schichtdienst eine schichtzulage in den nachfolgend aufgeführten stufen. der kläger ist bei der deutschen bahn ag tätig und war im streitgegenständlichen zeitraum in ständigem schichtdienst nach einem dienstplan eingesetzt. gemäß § 19 absatz 1 nr. 1 und 3 ezulv a.f. wird die zulage bei einer unterbrechung der zulageberechtigenden tätigkeit im falle eines erholungsurlaubs und einer erkrankung weitergewährt, soweit in den §§ 20 bis 26 nichts anderes bestimmt ist. an einer solchen regelung fehlt es vorliegend. 31das bverwg hat § 19 absatz 1 satz 1 ezulv a.f. in seinem urteil vom 27. oktober 2011 wie folgt ausgelegt: 32„die in satz 1 gebrauchte formulierung, die zulage werde bei einer unterbrechung "weitergewährt", kann nur im sinne von weiterzahlen verstanden werden. ansonsten käme der unterbrechungsregelung des § 19 abs. 1 ezulv neben den einzelnen zulagetatbeständen der §§ 20 bis 26 ezulv keine bedeutung zu. diese regelung soll verhindern, dass das berechtigte fernbleiben vom dienst aus einem der in § 19 abs. 1 satz 1 ezulv genannten gründe nachteile für die gewährung der zulage zur folge hat. der beamte soll die zulage trotz der unterbrechung der dienstlichen tätigkeit erhalten. diesem verschlechterungsverbot kann nur rechnung getragen werden, wenn er in bezug auf die zulage so gestellt wird, als habe er während der unterbrechungszeiten dienst geleistet. diese zeiten müssen in den grenzen des § 19 abs. 1 satz 2 ezulv wie absolvierte dienstzeiten behandelt werden. 33nach dem wortlaut des satzes 1 gilt dies nicht, wenn in den zulagetatbeständen der §§ 20 bis 26 ezulv etwas anderes bestimmt ist. eine derartige andere bestimmung ist nur anzunehmen, wenn ein zulagetatbestand die geltung des § 19 ezulv ausdrücklich, d.h. unter verweis oder bezugnahme auf diese vorschrift, ausschließt (vgl. auch leihkauff, a.a.o. § 20 ezulv rn. 26.3). dieses restriktive begriffsverständnis mit der folge eines grundsätzlich umfassenden geltungsanspruchs des § 19 ezulv für alle erschwerniszulagen der §§ 20 bis 26 ezulv ergibt sich aus der systematischen stellung und dem regelungsgehalt des § 19 ezulv, der ausschlussregelung des § 22a abs. 3 satz 3 ezulv sowie aus zweck und zielsetzung der §§ 20 bis 26 ezulv. 34die bedeutung des § 19 abs. 1 ezulv als allgemeine regelung des 3. abschnitts der verordnung wird aus der stellung am beginn dieses abschnitts und aus ihrem regelungsgehalt deutlich. die vorschrift ist den zulagetatbeständen des 3. abschnitts (§§ 20 bis 26 ezulv) vorangestellt. diese erschwerniszulagen sind unabhängig von den jeweiligen anspruchsvoraussetzungen regelungsgegenstand des § 19 abs. 1 ezulv. die vorschrift bezieht sich inhaltlich auf die nachfolgenden zulagetatbestände der §§ 20 bis 26 ezulv, indem sie sie um eine regelung für zeiten der unterbrechung der zulageberechtigenden dienstlichen tätigkeit ergänzt. daraus folgt im umkehrschluss, dass § 19 ezulv für die anderen, nicht im 3. abschnitt aufgeführten erschwerniszulagen nicht gilt. 35der umfassende geltungsanspruch des § 19 abs. 1 ezulv für die zulagetatbestände der §§ 20 bis 26 ezulv wird durch § 22a abs. 3 satz 3 ezulv belegt. danach findet § 19 ezulv auf die erschwerniszulage für polizeivollzugsbeamte als fliegendes personal keine anwendung. daraus kann geschlossen werden, dass es einer ausdrücklichen anordnung bedarf, um die anwendung des § 19 ezulv auf einen zulagetatbestand auszuschließen. 36hierfür sprechen auch zweck und zielsetzung der erschwerniszulagen der §§ 20 bis 26 ezulv. diese zulagen werden in festen monatsbeträgen gezahlt, weil sie erschwernisse im sinne des § 47 satz 1 bbesg pauschal abgelten, die nach der einschätzung des verordnungsgebers bei der dienstlichen tätigkeit typischerweise wiederkehrend auftreten (brdrucks 187/98 s. 19; vgl. leihkauff, a.a.o. § 19 ezulv, rn. 1). ihre gewährung hängt von der wahrnehmung eines bestimmten dienstpostens, d.h. von den aufgaben des amtes des beamten im konkret-funktionellen sinne, ab. der dienstposten muss entweder durch aufgaben, deren erfüllung typischerweise mit außergewöhnlichen schwierigkeiten oder härten verbunden ist, oder durch besonders schwierige arbeitsbedingungen gekennzeichnet sein. 37dieser anknüpfung an den dienstposten entspricht, dass die von den erschwerniszulagen des 3. abschnitts abgegoltenen dienstlichen belastungen typischerweise im lauf der zeit zunehmen und dauerhaft auftreten. so tragen die schichtzulagen nach § 20 abs. 1 und 2 ezulv den gesundheitlichen und sozialen auswirkungen des schichtdienstes rechnung. der regelmäßige wechsel der arbeitszeiten zwingt zu einer permanenten umstellung des lebensrhythmus, die insbesondere beim wechselschichtdienst mit erheblichen nachtschichtanteilen erfahrungsgemäß zu gesundheitlichen beeinträchtigungen führt und sich besonders nachteilig auf die lebensgestaltung auswirkt. es kann als gesicherte arbeitsmedizinische erkenntnis gelten, dass eine anpassung oder gewöhnung an den unregelmäßigen lebensrhythmus nicht vollständig möglich ist und regelmäßige nachtarbeit typischerweise vegetative störungen, krankheiten der kreislauforgane sowie schlafstörungen zur folge hat (urteile vom 25. januar 2007 - bverwg 2 c 28.05 - buchholz 237.8 § 208 rhplbg nr. 1 rn. 39 und vom 26. märz 2009 ‑ bverwg 2 c 12.08 - buchholz 240 § 47 bbesg nr. 11 rn. 8). 38mit dem zweck der erschwerniszulagen des 3. abschnitts als abgeltung dauerhaft auftretender dienstlicher belastungen lässt sich nicht vereinbaren, die zulagen wegen einer unterbrechung im sinne des § 19 abs. 1 satz 1 ezulv vorübergehend nicht zu zahlen. diese regelmäßig kurzzeitigen unterbrechungen sind nicht geeignet, die dauerhaften belastungen der dienstausübung zu beseitigen oder spürbar zu vermindern. dies gilt in besonderem maß für die typischen belastungen des ständigen wechselschichtdienstes. sie wirken sich bei beamten, die diesen dienst ständig leisten, auch dann aus, wenn sie das erforderliche nachtschichtpensum wegen unterbrechungen des dienstes in einzelnen berechnungszeiträumen nicht absolvieren (so auch bag, urteil vom 24. märz 2010 - 10 azr 58/09 - nza 2010, 958 rn. 32 ). längeren unterbrechungen trägt die zeitliche grenze des § 19 abs. 1 satz 2 ezulv für die weitergewährung der zulage rechnung. 39die erschwerniszulagen der §§ 20 bis 26 ezulv sind nach zweck und zielsetzung den stellenzulagen im sinne des § 42 abs.1 satz 1 bbesg vergleichbar. für stellenzulagen ist anerkannt, dass die verknüpfung mit einem dienstposten mit herausgehobenen funktionen ihre zahlung rechtfertigt, solange der beamte diesen dienstposten innehat. die zulagen werden bei rechtlich anerkannten unterbrechungen der dienstlichen tätigkeit, etwa wegen erholungsurlaubs, krankheit oder fortbildung, weitergezahlt, ohne dass dies einer normativen regelung bedarf (urteile vom 6. april 1989 - bverwg 2 c 10.87 - buchholz 240.1 bbeso nr. 3 s. 8 f., vom 18. april 1991 - bverwg 2 c 31.90 - buchholz 240.1 bbeso nr. 4 s. 11 und vom 24. august 1995 - bverwg 2 c 1.95 - buchholz 240.1 bbeso nr. 16 s. 15 f.). 40nach alledem kann aus dem wortlaut des § 20 abs. 1 satz 1 ezulv, wonach die beamten die wechselschichtzulage erhalten, wenn sie das erforderliche nachtschichtpensum leisten, nicht geschlossen werden, § 19 abs. 1 ezulv finde auf die gewährung der wechselschichtzulage keine anwendung. der begriff des leistens schließt die weitergewährung dieser zulage in fällen von unterbrechungen der dienstlichen tätigkeit im sinne des § 19 abs. 1 satz 1 ezulv nicht aus. da die anwendung dieser allgemeinen regelung in § 20 ezulv nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist, ergänzt sie aufgrund ihres umfassenden geltungsanspruchs für die erschwerniszulagen des 3. abschnitts der verordnung auch den tatbestand der wechselschichtzulage. daher werden dienstzeiten in dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen nachtschichten, die ein beamter aus den in § 19 abs. 1 ezulv genannten gründen versäumt, für die berechnung des erforderlichen nachtschichtpensums einbezogen, als hätte der beamte dienst verrichtet. 41nichts anderes folgt aus der normierung verschiedener schichtzulagen mit unterschiedlich hohen monatsbeträgen nach § 20 abs. 1 und 2 ezulv. diese abstufungen tragen dem unterschiedlichen ausmaß der dauerhaften belastungen rechnung, die bei ständigem dienst in den verschiedenen schichtsystemen typischerweise zu erwarten sind. es sind keine normativen anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass für die schichtzulagen ein anderes regelungskonzept gelten soll als für die übrigen zulagen nach §§ 20 bis 26 ezulv. daher ergänzt § 19 abs. 1 ezulv jeden schichtzulagentatbestand, indem er unterbrechungszeiten den zeiten der dienstleistung gleichstellt.“ 42 bverwg, urteil vom 27. oktober 2011 – 2 c 73/10 –, juris, rn. 17 ff. 43wenngleich das bverwg in der vorstehend zitierten entscheidung nicht über die schicht- bzw. wechselschichtzulage nach § 20 absatz 5 ezulv a.f. entschieden hat, sondern § 19 absatz 1 satz 1 ezulv a.f. im rahmen von § 20 absatz 1 ezulv a.f. ausgelegt hat, schließt sich das gericht den ausführungen des bverwg zu § 19 absatz 1 ezulv a.f. an und überträgt sie auf den vorliegenden fall. 44neben dem wortlaut des § 19 absatz 1 ezulv a.f. und den systematischen überlegungen des bverwg spricht zudem die historische auslegung der einschlägigen normen für die anwendung des § 19 absatz 1 ezulv a.f. auf die in § 20 absatz 5 ezulv a.f. geregelte schichtzulage: 45zwar lässt sich nach den älteren einschlägigen verordnungsbegründungen auf den ersten blick auch dahingehend argumentieren, dass es sich bei § 20 absatz 5 ezulv a.f. um eine sonderregelung handelt, die von vornherein nicht in den anwendungsbereich des § 19 ezulv a.f. fällt. 46so noch bverwg, beschluss vom 3. august 2006 – 2 b 22.06 –, juris, rn. 1; bayerischer verwaltungsgerichtshof, beschluss vom 21. februar 2006 – 14 bv 02.1076 –, juris, rn. 16 ff. 47in der begründung zur verordnung zur änderung besoldungsrechtlicher vorschriften (besoldungsänderungsverordnung 1998 – besändv98) heißt es zunächst, 48„neuregelung der entstehung des anspruchs (§18) und der weiterzahlung der in festen monatsbeträgen gewährten zulagen bei einer unterbrechung der zulagenberechtigenden tätigkeit (§ 19). da es sich nicht um einzeln abzugeltende erschwernisse handelt, sondern um eine pauschalierte abgeltung von erschwernissen durch feste monatsbeträge, ist es gerechtfertigt, im falle einer unterbrechung der zulageberechtigten tätigkeit die weiterzahlung für einen begrenzten zeitraum vorzusehen.“ 49der verordnungsgeber hielt danach die weiterzahlung der in festen monatsbeträgen gewährten zulagen bei einer unterbrechung für gerechtfertigt, um zu verhindern, dass das berechtigte fernbleiben vom dienst aus einem der dort genannten gründe nachteile für die gewährung der zulage zur folge hat. 50beamte der deutschen bahn ag und deutschen bundespost verrichten indes keinen solch „klassischen“ schicht- und wechselschichtdienst. daher bedurfte es der sonderregelung in § 20 absatz 5 ezulv a.f., wonach es – anders als bei der regelung in § 20 absatz 1 und 2 ezulv a.f. – nicht voraussetzung ist, dass die beamten ständig nach einem schicht- und dienstplan eingesetzt werden. maßgeblich für die höhe der schichtzulage ist vielmehr die tatsächlich im nachtdienst abgeleistete stundenzahl, weshalb diese auch höher als die nach monatlichen festbeträgen gemäß § 20 absatz 1 und 2 ezulv a.f. zu gewährende zulage ausfallen konnte. 51vgl. bayerischer verwaltungsgerichtshof, beschluss vom 21. februar 2006 – 14 bv 02.1076 –, juris, rn. 16; bestätigt vom bverwg, beschluss vom 3. august 2006 – 2 b 22.06 –, juris, rn. 1 52dementsprechend wird in der begründung zum gesetz über die anpassung von dienst- und versorgungsbezügen in bund und ländern 1991 (bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1991 – bbvanpg 91) bezüglich § 20 absatz 5 ezulv a.f. von einer sonderregelung gesprochen, die es aufgrund der besonderheiten der dienstplangestaltung der deutschen bundesbahn bedurfte. 53„besonders bei der deutschen bundesbahn und deutschen bundespost, aber auch in anderen bereichen, wird ein sog. unregelmäßiger wechseldienst geleistet, der von den bisherigen regelungen nicht erfasst wird. dieser dienst, der es mit sich bringt, dass die arbeitszeit zu sehr unterschiedlichen zeitpunkten beginnt und endet, ist sehr belastend für die beschäftigten und sollte daher in die zulagenregelung einbezogen werden.“ 54bt-drs. 12/732, s. 27 und 12/1455, s. 4, 52. 55da sich die zulage nach § 20 absatz 5 ezulv a.f. demnach nicht nach festen monatsbeträgen, sondern nach den tatsächlich erbrachten leistungen bemisst, ließe sich zwar vertreten, dass § 19 absatz 1 satz 1 ezulv a.f. nach dem ursprünglichen willen des verordnungsgebers keine anwendung finden sollte. indes hat der verordnungsgeber in kenntnis des § 20 absatz 5 ezulv a.f. § 19 ezulv a.f. auf den gesamten 3. abschnitt a.f. für anwendbar erklärt, sofern in den vorschriften des abschnitts nichts anderes bestimmt ist und in § 20 absatz 5 ezulv a.f. – anders als in § 22 absatz 3 satz 2 ezulv a.f. – nicht ausdrücklich geregelt, dass § 19 ezulv a.f. keine anwendung finden soll. anhaltspunkte dafür, dass es sich hierbei um ein redaktionelles versehen des verordnungsgebers gehandelt hat und daher raum für eine analoge anwendung des § 22 absatz 3 satz 2 ezulv a.f. besteht, oder der verordnungsgeber eine ausdrückliche ausnahmeregelung für nicht erforderlich hielt, liegen nicht vor. vielmehr sprechen die nachfolgenden ausführungen für die weitergewährung der zulage nach § 20 absatz 5 ezulv a.f. bei einer unterbrechung im sinne des § 19 absatz 1 satz 1 ezulv a.f.: 56durch die „verordnung zur änderung von vorschriften für dienst zu wechselnden zeiten“ vom 20. august 2013 (bgbl. i s. 3286) hat der verordnungsgeber die ezulv grundlegend geändert, um das derzeitige ausgleichssystem „unter berücksichtigung der heutigen schichtdienstentwicklung“ weiterzuentwickeln. 57„an die seite des „klassischen“ schicht- und wechselschichtdienstes treten zunehmend flexible schichtdienste sowie auch andere dienstformen mit ebenfalls wechselnden arbeitszeiten und vergleichbaren belastungen. für die tatsächliche individuelle belastung ist somit nicht mehr ausschließlich die formale zugehörigkeit zu bestimmten schichtmodellen entscheidend.“ 58verordnungsentwurf des bundesministeriums des inneren (bmi) vom 24. mai 2013, s. 1, http://www.gdpbundespolizei.de/wp-content/uploads/2013/06/130523_entwurf-endfassung.pdf; ziffer 1.4.1 der durchführungshinweise zur verordnung zur änderung von vorschriften für dienst zu wechselnden zeiten vom 20. august 2013, rundschreiben des bmi vom 12. november 2013 - d 3 – 30200/41#10 / d2 – 30105/7#1 -, http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_12112013_d3302004110.htm. 59die bisherige zulage für wechselschichtdienst und schichtdienst (§ 20 ezulv a. f.) wird in den §§ 17a bis 17d ezulv n.f. komplett neu gefasst. maßgeblich für die höhe der zulage ist nach der neuregelung der ezulv grds. allein die anzahl der tatsächlich geleisteten dienste. eine weitergewährung der zulage bei unterbrechung der zulageberechtigenden tätigkeit ist nach dem im abschnitt 4 enthaltenen § 19 ezulv n.f. ausdrücklich nur noch vorgesehen, wenn die zulage in festen monatsbeträgen gewährt wird. 60„die regelungen über das entstehen des anspruchs (§ 18 ezulv) und über die weitergewährung bei unterbrechung der zulageberechtigenden tätigkeit (§ 19 ezulv) sind nicht mehr anzuwenden. die zulagenhöhe ergibt sich – unabhängig von der aufnahme, der beendigung und der unterbrechung einer zulageberechtigenden tätigkeit – ausschließlich aufgrund der in einem kalendermonat tatsächlich geleisteten dienste. die zulage wird bei unterbrechungen – zum beispiel für die zeit einer erkrankung – nicht mehr fortgezahlt (ausnahme: § 17d ezulv).“ 61ziffer 1.4.1 der durchführungshinweise zur verordnung zur änderung von vorschriften für dienst zu wechselnden zeiten vom 20. august 2013, rundschreiben des bmi vom 12. november 2013 - d 3 – 30200/41#10 / d2 – 30105/7#1 -, http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_12112013_d3302004110.htm. 62der verordnungsgeber hat erst im rahmen dieser änderung eine klare unterscheidung getroffen zwischen zulagen in festen monatsbeträgen und sonstigen zulagen und nur bei ersteren eine weitergewährung bei unterbrechung der zulageberechtigenden tätigkeit entsprechend § 19 absatz 1 ezulv a.f. vorgesehen. dies wird insbesondere durch die in § 24 ezulv n.f. enthaltene übergangsregelung für beamte der bundeseisenbahnvermögens und der postfolgeunternehmen verdeutlicht. danach gelten abweichend von abschnitt 3 § 19 absatz 1 und § 20 absatz 5 in der bis zum 30. september 2013 geltenden fassung für beamte des bundeseisenbahnvermögens, die der deutschen bahn aktiengesellschaft […] zugewiesen sind, fort. in ziffer 1.6.1 der durchführungshinweise des bmi vom 20. august 2013 heißt es hierzu, dass für den bereich der privatisierten unternehmen die bisherige zulagenregelung für wechselschichtdienst und schichtdienst erhalten bleibt, jedoch in einem bestimmten rahmen modifiziert werden kann. entgegen der mit schriftsatz vom 29. januar 2015 geäußerten ansicht des beklagten veranschaulicht diese regelung, dass der verordnungsgeber § 19 absatz 1 satz 1 ezulv a.f. auch bei einer zulage nach § 20 absatz 5 ezulv a.f. für anwendbar hielt („gelten fort“). 63vgl. bayerisches verwaltungsgericht münchen, urteil vom 21. august 2014 – m 21 k 13.2048 –, s. 16 f. des urteilsabdrucks, n.v. 64§ 19 absatz 1 ezulv n.f. wurde zwar vom wortlaut her nur geringfügig geändert. indes wurde der anwendungsbereich der norm durch die neuregelung der ezulv, insbesondere durch das einfügen eines neuen 3. abschnitts, in dem eine fortzahlung der zulage bei unterbrechung der zulagenberechtigenden tätigkeit nicht mehr vorgesehen ist, sehr stark reduziert. der vortrag des beklagten, die bezugnahme in § 24 absatz 1 nr. 1 ezulv n.f. auf §§ 19 absatz 1 und 20 absatz 5 ezulv a.f. bewirke, dass § 19 absatz 1 ezulv a.f. ‑ weiterhin – auf § 20 absatz 5 ezulv a.f. keine anwendung finde, vermag das gericht vor dem vorstehend dargestellten hintergrund der neuregelung der ezulv und dem eindeutigen wortlaut der norm sowie den hierzu erlassenen durchführungshinweisen nicht zu überzeugen. vielmehr wäre der verweis in § 24 absatz 1 nr. 1 ezulv n.f. auf § 19 absatz 1 ezulv a.f. entbehrlich gewesen, wenn der verordnungsgeber § 19 absatz 1 satz 1 ezulv a.f. nicht (mehr) im rahmen des § 20 absatz 5 ezulv a.f. für anwendbar gehalten hätte. 65danach steht zu der überzeugung des gerichts fest, dass der kläger dem grunde nach einen anspruch auf zahlung einer schichtzulage für zeiten in dem zeitraum vom 16. dezember 2010 bis zum 31. juli 2013, in denen er nach dem dienstplan in der zeit zwischen 20:00 uhr und 6:00 uhr gearbeitet hätte, wenn er nicht aufgrund erholungsurlaubs oder krankheit hieran gehindert gewesen wäre, hat. die berechnung der konkreten höhe des anspruchs des klägers auf zahlung einer schichtzulage für den streitgegenständlichen zeitraum obliegt dem beklagten. 66der kläger hat schließlich einen anspruch auf zahlung von prozesszinsen seit dem 28. dezember 2013 nach §§ 291, 187 absatz 1 bgb, § 90 vwgo. 67§ 291 bgb findet auf öffentlich-rechtliche geldforderungen entsprechende anwendung, 68grüneberg, in: palandt, 73. aufl. 2014, § 291, rn. 2 m.w.n. 69entgegen der ansicht der beklagten steht auch § 3 absatz 5 bbesg der anwendung des § 291 bgb nicht entgegen. danach besteht kein anspruch auf verzugszinsen, wenn bezüge nach dem tag der fälligkeit gezahlt werden. diese regelung steht aber nur einem anspruch auf verzugszinsen, der im rahmen der erfüllung gesetzlicher öffentlich-rechtlicher geldforderungen grundsätzlich ohnehin nicht besteht, entgegen, nicht einem solchen auf prozesszinsen. 70vgl. hierzu bayerischer verwaltungsgerichtshof, beschluss vom 27. april 2012 – 3 zb 10.1354 –, juris, rn. 5. m.w.n. 71gemäß § 291 bgb hat der schuldner eine geldschuld von dem eintritt der rechtshängigkeit an zu verzinsen, wobei gemäß § 187 absatz 1 bgb die zinsfälligkeit erst am folgetag der rechtshängigkeit eintritt. rechtshängigkeit der klage ist mit erhebung der klage am 27. dezember 2013 eingetreten (§ 90 vwgo). die wirkung der rechtshängigkeit ist auch nicht durch die verweisung des rechtstreits aufgehoben worden (§ 17b absatz 1 satz 2 gerichtsverfahrensgesetz – gvg). 72die kostenentscheidung beruht auf §§ 154 absatz 1, 155 absatz 4 vwgo. der kläger trägt nach § 155 absatz 4 vwgo die durch die verweisung entstandenen kosten, da diese durch sein verschulden entstanden sind. § 155 absatz 4 vwgo stellt insoweit eine spezialregelung gegenüber § 17b absatz 2 vwgo dar. 73kopp/schenke, vwgo, 20 aufl. 2014, § 155, rn. 19 m.w.n. 74die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zivilprozessordnung (zpo). 75beschluss: 76der streitwert wird auf die wertstufe bis 1.200,00 euro festgesetzt. 77gründe: 78die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 absatz 3 satz 1 gerichtskostengesetz (gkg) erfolgt.
Klaeger*in
1
168,297
12 K 3909/11 E
2015-01-29T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Streitig ist, ob bei der Einkommensteuer (ESt)-Veranlagung für 2005 und 2006 verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) bei Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers (Kl.) zu erfassen sind (§ 20 Abs. 1 Nr.1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG)). 3Der Kläger (Kl.) war in den Streitjahren neben seinem Bruder, Herrn M 2, zu 50 v. H. als Gesellschafter an der A GmbH (A-GmbH) mit Sitz in L (AG S, HRB ) beteiligt. Unternehmensgegenstand der GmbH war die Herstellung und der Vertrieb von ...technik. Die GmbH war im Jahr 1994 gegründet worden. Bei der Gründung der A-GmbH war neben dem Kläger und seinem Bruder auch der Vater beteiligt, der als Gesellschafter im Jahr 2000 ausschied. Der Vater ist verstorben. 4Der Bruder des Klägers war für den technischen Bereich (Produktion und Entwicklung) und der Kläger als gelernter Bankkaufmann für den kaufmännischen Bereich zuständig. 5Geschäftsführer der A-GmbH waren in den Streitjahren der Bruder des Klägers sowie der Vater des Klägers, Herr M 3; der Kläger war Prokurist. 6Der Unternehmensgegenstand der A-GmbH geht auf ein vom Vater, einem gelernten Meister, in 1981 gegründetes Einzelunternehmen und die nachfolgend in 1987 vom Vater gegründete B GmbH (B-GmbH) AG L, HRB ; später AG N, HRB ) zurück. 7Nach einem Herzinfarkt des Vaters im Jahr 1985 gab der Kläger seine Tätigkeit als Bankkaufmann auf und übernahm die Geschäftsführung der B-GmbH und verantwortete den kaufmännischen Bereich. 8Die B-GmbH hatte ihren Geschäftsbetrieb im Jahr 2000 eingestellt und wurde abgewickelt. Zwischen der A-GmbH und der B-GmbH GmbH bestanden in den Streitjahren (2005 und 2006) keine Geschäftsbeziehungen. 9Bis zum Jahr 2005 lief ein finanzgerichtliches Verfahren der B-GmbH wegen Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1994 bis 1997; wegen der Steuerschulden war Aussetzung der Vollziehung gewährt worden. Nachdem die B-GmbH im finanzgerichtlichen Verfahren unterlegen war, forderten das Finanzamt und die Stadt L die B-GmbH zur Zahlung der Steuern und Aussetzungszinsen auf. Die B-GmbH meldete in 2005 Insolvenz an; das Verfahren wurde im Oktober 2005 eröffnet. 10Der Vater des Kl war für die A-GmbH aufgrund Vertrag vom Juni 2004 über eine „freie Mitarbeit“ auf Honorarbasis als Berater tätig; der Vertrag löste einen vorausgegangenen Vertrag aus dem Jahre 1996 ab. 11Nach dem in 2004 geschlossenen Vertrag erhielt der Vater für seine Tätigkeit (freie Mitarbeit) ein Stundenhonorar (102,26 EUR zzgl. USt) gemäß monatlich zu erstellenden Abrechnungen zuzüglich Aufwendungsersatz. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag samt Zusatzvereinbarung Bezug genommen. Der Vater war im Streitzeitraum maßgeblich für die Weiterentwicklung der DieselTechniktechnik im Unternehmen verantwortlich. Er erhielt in den Streitjahren gemäß monatlicher Abrechnungen ein durchschnittliches Honrar i. H. v. rund 20.000 EUR. 12Ausgehend von einer produktionskostensparenden Weiterentwicklung der Technik durch den Vater konnte der Umsatz der A-GmbH beginnend in den Streitjahren in diesem Sektor stark gesteigert werden; der Marktanteil der GmbH stieg auf bis zu 75 v. H. im Jahr 2007. Die positive Entwicklung wurde u. a. durch die Förderung der ...technik seit 2005 stark begünstigt. 13Die Produktion der weiterentwickelten Technik erfolgte in der dafür gegründeten C-GmbH mit Sitz in I. 14Im Jahr 2007 wurde gegen den Bruder des Klägers ein Strafverfahren eingeleitet wegen der Manipulation von Genehmigungsunterlagen bei der Beantragung der allgemeinen Betriebserlaubnis für die …technik. Der Bruder wurde zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Mit dem Strafverfahren brach der Umsatz des Unternehmens ein und es kam zu hohen Erstattungen und Schadensersatzzahlungen gegenüber Großkunden. Die Banken kündigten gegenüber der A-GmbH die bestehenden Kreditlinien. 15Im Mai 2010 wurde über das Vermögen der A-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet (AG N, Az. IN /). 16Die A-GmbH überwies in 2005 X EUR auf ein Konto des Insolvenzverwalters der B-GmbH und in 2006 X EUR und X EUR auf ein Konto der Prozessbevollmächtigten des Klägers, welche in den Streitjahren auch steuerliche Berater der Unternehmen der ABC-Unternehmensgruppe sowie des Vaters und des Klägers persönlich waren. Die Überweisung vom 30.11.2005 (X EUR) erfolgte auf das Anderkonto des Rechtsanwalts R mit dem Verwendungszweck „Darlehen M 3 Insolvenz B-GmbH i.L.“. Die Überweisung vom 20.01.2006 (X EUR) erfolgte an die K GmbH mit dem Verwendungszweck „Darlehen gemäß Vertrag M 3“. Die Überweisung vom 06.04.2006 (X EUR) erfolgte an die K GmbH mit dem Verwendungszweck „M 3, Az.: Ermittlungsverfahren“. Die Überweisungen wurden allein vom Kläger veranlasst. Der Bruder des Klägers hatte keine Kenntnis von den Überweisungen. 17Die vorgenannten Überweisungsbeträge buchte die A-GmbH auf einem Darlehenskonto des M 3. In 2008 wurde der Restsaldo in voller Höhe als Aufwand abgeschrieben. 18Im Rahmen einer bei der A-GmbH durchgeführten Betriebsprüfung qualifizierte der Prüfer die Zahlungen unter Berücksichtigung eines Verrechnungsbetrags in 2005 wie folgt als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA): 19 2005 / € 2006 / € Überweisung 30.11.2005 Verrechnung Überweisung 20.01.2006 Überweisung 06.04.2006 Summe 50 % - entsprechend Geschäftsanteil Kläger an A-GmbH X X X X X X X X X Kindergartenbeiträge (unstrittig) X X vGA X X 20Zu den Auszahlungen lagen in der Buchführung schriftliche Darlehensverträge ohne Unterschriften vor (Bl. 65 bis 67 der Gerichtsakte zum Verfahren des M 2, Az. 11 K 2089/11 E). Diese wurden im Rahmen der im Januar 2010 durchgeführten Schlussbesprechung zu der bei der A-GmbH durchgeführten Betriebsprüfung (Bp) vorgelegt (vgl. Bp-Bericht, Bl. 14 GA): 21a) Darlehensvertragstext vom 30.11.2005 22In den Vorbemerkungen wird als Begründung der Darlehensgewährung angegeben, dass der Vater des Klägers als Gesellschafter der B-GmbH in Gemeinschaft mit seiner Ehefrau Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der GmbH habe. Über das Vermögen der GmbH sei am 25. Oktober 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet worden und der Insolvenzverwalter habe die Verbindlichkeiten fällig gestellt. Zur Befriedigung der Verbindlichkeiten werde dem Vater ein Darlehen i. H. v. X EUR gewährt. Die Auszahlung solle unmittelbar an den Insolvenzverwalter für Rechnung des Vaters erfolgen. Der Vertragstext sah eine Verzinsung i. H. v. 5 v. H. und eine vierteljährliche Rate i. H. v. X € ab dem 01.06.2006 vor. Eine Besicherung des Darlehens war nach dem Vertragstext nicht vorgesehen. Der vorliegende Vertragstext (Bl. 65 GA 11 K 2089/11 E) ist nicht unterschrieben. 23b) Darlehensvertragstext vom 16.01.2006 24In der Vorbemerkung wird als Begründung der Darlehensgewährung angegeben, dass das Darlehen dazu dienen soll, Steuerschulden der insolventen B-GmbH betreffend Körperschaftsteuer (KSt) und Gewerbesteuer (GewSt) zu bedienen. Der Vater sei bereit, in die Kapitalrücklage der GmbH X EUR einzuzahlen, um „rechtliche und wirtschaftliche Nachteile -gleich welcher Art-“ zu vermeiden. Zum Zwecke der Finanzierung der Einzahlung werde dem Vater ein Darlehen i. H. v. X EUR gewährt. Die Auszahlung sollte unmittelbar an den Steuergläubiger in enger Abstimmung mit den Rechtsberatern des Vaters erfolgen. Der Vertragstext sah eine Verzinsung i. H. v. 5 v. H. und eine vierteljährliche Rate i. H. v. X € ab dem 30.06.2006 vor. Eine Besicherung des Darlehens war nach dem Vertragstext nicht vorgesehen. Der vorliegende Vertragstext (Bl. 67 GA 11 K 2089/11 E) ist nicht unterschrieben. 25c) Darlehensvertragstext vom 05.04.2006 26In der Vorbemerkung wird als Begründung der Darlehensgewährung angegeben, dass im Nachgang zu einer Betriebsprüfung und einem finanzgerichtlichen Verfahren ein steuerliches Ermittlungsverfahren gegen Herrn M 3 eingeleitet worden sei. Dieses Verfahren solle gegen Zahlung einer Geldauflage i. H. v. X € eingestellt werden. Zur Erfüllung der Geldauflage werde das Darlehen i. H. v. X € gewährt. Der Vertragstext sah eine Verzinsung i. H. v. 5 v. H. und eine vierteljährliche Rate i. H. v. X € ab dem 01.06.2006 vor. Eine Besicherung des Darlehens war nach dem Vertragstext nicht vorgesehen. Der vorliegende Vertragstext (Bl. 66 GA 11 K 2089/11 E) war nicht unterschrieben. 27Im Jahr 2008 ergaben sich in Folge des Strafverfahrens gegen den Bruder des Klägers Warenrückläufer und Schadensersatzforderungen von Kunden; zudem kündigten die Banken die Kreditlinien. Dadurch ergab sich bei der A-GmbH ein erhöhter Liquiditätsbedarf. Vor diesem Hintergrund verhandelte der Kläger mit seinem Vater erstmals über die Rückzahlung der „Darlehensbeträge“. Im Jahr 2008 schlossen die A-GmbH, vertreten durch den Kläger als (seit 2007 bestellten) Geschäftsführer, und der Vater des Klägers eine Vereinbarung (Bl. 93 GA 11 K 2089/11 E). Nach der Präambel der Vereinbarung bestand zwischen den Beteiligten Streit über das Bestehen von Darlehensforderungen der GmbH gegen den Vater dem Grund und der Höhe nach. 28In der Buchhaltung der GmbH waren Darlehensforderungen gegen den Vater i. H. v. X EUR nebst 5 % Zinsen für die Zeit 1. Januar bis 31. Oktober 2008 i. H. v. X EUR erfasst. Der Vater bestritt das Bestehen von Darlehensforderungen oder Forderungen in dieser Höhe aus anderem Rechtsgrund. Zur Vermeidung eines Prozesses wurde ein „Vergleich“ geschlossen, wonach der Vater bis zum 31. Oktober 2008 zur Erledigung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche --ausgenommen wiederkehrende Beratungshonorare-- X EUR an die GmbH zahlt. 29In den nach § 164 Abs. 2 AO geänderten ESt-Bescheiden schloss sich das Finanzamt (FA) A der Auffassung des Betriebsprüfers an und berücksichtigte die Darlehensgewährungen der A-GmbH als vGA an den Kl. Die Einnahmen aus Kapitalvermögen des Kl. für 2005 wurden in Höhe von 50 % von X € und für 2008 in Höhe von 50 % von X € erhöht. 30Die andere Hälfte der Darlehensbeträge war dem Bruder des Klägers, Herrn M 2, als vGA zugerechnet worden. Im Klageverfahren des Bruders (FG Münster, Az. 11 K 2089/11 E) wurde der Kläger als Zeuge vernommen. Der Kläger sagte aus, dass sein Bruder, Herr M 2, von den Zahlungen der A-GmbH an den Vater keine Kenntnis hatte und dass diese vom Kläger veranlasst worden waren. Er habe die Zahlungen geleistet, um einen Imageschaden von der A-GmbH abzuwenden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung in dem Verfahren 11 K 2089/11 E (Bl. 81 ff GA) Bezug genommen. Das Finanzamt erließ gegenüber dem Bruder geänderte Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006, in denen keine vGA angesetzt wurden. 31Mit nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheiden 2005 und 2006 jeweils vom 14. Oktober 2013 rechnete der Beklagte die vGA in voller Höhe dem Kläger zu und berücksichtigte die Beträge abzüglich Werbungskosten-Pauschbetrag (102 EUR) und Sparer-Freibetrag (2005: 2.440 EUR; 2006: 2.307 EUR) als Einkünfte aus Kapitalvermögen (Bl. 48 ff., 52 ff GA). 32Mit seiner nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung 05.10.2011) erhobenen Klage wendet sich der Kl. weiter gegen den Ansatz der vGA; für die Zahlungen lägen überwiegende betriebliche Gründen vor. 33Zunächst machte der Kläger geltend, die Darlehen Buchstabe a) und c) laut Tz. 2.4.4 des Bp-Berichtes vom 25.03.2010 seien zwar auch im Interesse des Vaters gewährt worden, jedoch habe ein überwiegendes betriebliches Interesse der A-GmbH bestanden, da der Vater der ABC-Unternehmensgruppe als Berater habe erhalten bleiben sollen. 34Das Darlehen Buchstabe b) laut Tz. 2.2.4 des Bp-Berichtes vom 25.03.2010 sei dem Vater gewährt worden, um negative Einflüsse aus der Insolvenz der B-GmbH auf die A-GmbH zu vermeiden. Ein betriebliches Interesse am Erhalt der B-GmbH habe seitens der A-GmbH allerdings nicht bestanden. 35Es fehle insbesondere an einer Vermögensminderung bei der GmbH. Aufgrund der wirksam abgeschlossenen Darlehensverträge, die keiner Schriftform bedurft hätten, seien nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB werthaltige Forderungen begründet worden. Der Vermögensminderung durch Abfluss der Darlehensbeträge habe daher ein gleich hoher Anspruch der GmbH gegen den Vater gegenübergestanden. Herr M 3 sei nicht zahlungsunfähig gewesen; er habe über Privatvermögen und monatliche Einnahmen i. H. v. X EUR aus seiner Beratertätigkeit verfügt. 36Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Darlehensverbindlichkeit nicht ernsthaft habe begründet werden sollen. 37Im Erörterungstermin machte der Kl geltend, die Zahlungen zu den „Darlehen a) und b) seien zur Begleichung der Steuerschulden der B-GmbH aus dem Klageverfahren betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuermessbescheide geleistet worden. Die Hauptforderungen hätten rund X EUR betragen. Da die Stadt L bei der Auswahl der Betriebsgrundstücke in der Vergangenheit sehr kooperativ gewesen sei, habe das gute Klima nicht beschwert werden sollen. Insoweit habe die A-GmbH als operativ tätige „Nachfolgegesellschaft“ ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Begleichung der Steuerschulden der B-GmbH gehabt. Es sei mit dem Finanzamt und der Stadt vereinbart gewesen, dass die Steuerschulden in zwei Raten über ein Zwischenkonto des Prozessbevollmächtigten beglichen werden sollten; die Zahlung i. H. v. rund X EUR sei die erste Gesamtrate und die Zahlung i. H. v. X EUR die zweite Gesamtrate gewesen. 38Sein Vater habe auch jede Verantwortung für die Steuerschulden der B-GmbH von sich gewiesen. Er habe zudem darauf hingewiesen, nicht in der Lage zu sein, die Steuerschulden der B-GmbH aus eigenen Mitteln zu begleichen. 39Im Hinblick auf die Zahlung i. H. v. X EUR machte der Kl zuletzt geltend, sein Vater habe die zu erwartende negative Medienwirkung eines Strafverfahrens gegen den für die A-GmbH maßgeblich als Entwickler tätigen Berater unterschätzt und sei nicht bereit gewesen, eine Geldauflage zu bezahlen. Insoweit habe aus seiner, des Kl. Sicht die Notwendigkeit bestanden, die Zahlung zu leisten, um den Ruf der A-GmbH nicht dadurch zu gefährden, dass sein Vater im Rahmen einer mehrtägigen Hauptverhandlung „strafrechtlich vorgeführt“ werde. Es habe aus seiner Sicht auch die Gefahr bestanden, dass ausstehende Genehmigungen für die allgemeine Betriebserlaubnis der …technik durch das … versagt würden. 40Die Darlehensvertragsentwürfe seien parallel zu den Verhandlungen vom Prozessbevollmächtigten aufgesetzt worden und seien als Buchungsbelege verwendet worden. Die Vertragsentwürfe seien mit seinem, des Klägers, Vater nicht im Einzelnen besprochen, ihm allerdings vorgelegt worden; unterschrieben worden seien die Vertragstexte von den Vertragsbeteiligten nicht. 41In den Verhandlungen mit seinem Vater im Jahr 2008 habe dieser eine Verantwortung für die Steuerschulden der B-GmbH weiter zurückgewiesen, sich jedoch im Hinblick auf die Zahlung für die Geldauflage einsichtig gezeigt. Schlussendlich sei eine Zahlung i. H. v. X EUR vereinbart und vom Vater geleistet worden; darüber hinaus seien keine weiteren Zahlungen des Vaters erfolgt. 42Der Kläger beantragt, 43unter Abänderung der ESt-Änderungsbescheide für 2005 und 2006 jeweils vom 14.10.2013, die Einkommensteuer ohne Ansatz von Einkünfte aus Kapitalvermögen neu festzusetzen. 44Der Bekl. beantragt, 45die Klage abzuweisen. 46Aufgrund der Aussage des Beigeladenen im Verfahren 11 K 2089/11 E seien die verdeckten Gewinnausschüttungen zu 100% dem Kl. in den ESt-Änderungsbescheiden für 2005 und 2006 vom 14.10.2013 zugerechnet worden. 47Die strittigen Zahlungen seien einem Dritten, dem Vater des Kl., zugeflossen, um eine Geldauflage leisten und um Steuerschulden der B-GmbH begleichen zu können. Die Zahlungen seien wirtschaftlich nicht im Interesse der A-GmbH oder im Interesse des Zahlungsempfängers, des Vaters, erfolgt, sondern im Interesse des Kl. Wirtschaftlich gesehen seien die Leistungen durch das Gesellschaftsverhältnis des Klägers veranlasst. Es liege auch ein Zufluss bei einer dem Kläger nahe stehenden Person vor; insoweit sei wirtschaftlich betrachtet von einem abgekürzten Zahlungsweg auszugehen. 48Insoweit sei bei der A-GmbH das Einkommen – wie geschehen – außerbilanziell um die Zahlungsbeträge zu erhöhen. Dem Kläger seien die Zahlungen als Vermögensmehrung und Einkünfte aus der Beteiligung zuzurechnen. Die Weitergabe der Beträge an den Vater sei ertragssteuerlich beim Kläger ohne Auswirkung, da seine Beteiligung an der A-GmbH im Privatvermögen gehalten werde. Beim Vater ergäben sich ebenfalls keine ertragsteuerlichen Auswirkungen. 49Im Übrigen sei zu beachten, dass etwaige Steuerzahlungen der B-GmbH sich steuerlich bereits durch Bildung entsprechender Rückstellungen ausgewirkt hätten. 50Eine durch Beschluss vom 08. Januar 2014 (Bl. 71 ff. GA) erfolgte Beiladung des Bruders, Herrn M 2, wurde durch den Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 01. Juli 2014 (Bl. 101 ff. GA) aufgehoben, da der Ansatz einer vGA beim Bruder aufgrund der übereinstimmenden Erledigung des Klagefahrens 11 K 2089/11 E nicht mehr in Betracht komme. 51Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den Inhalt der beigezogenen Steuerakten, der Gerichtsakte zum Verfahren 11 K 2089/11 E, 12 V 396/12 E und 12 K 3909/11 E Bezug genommen. 52Der Berichterstatter hat die Sache mit den Beteiligten am 3. Dezember 2014 erörtert. Der Senat hat in der Sache am 29. Januar 2015 verhandelt. Auf die Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen. 53Entscheidungsgründe: 541. Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte ist bei den strittigen Überweisungen der A-GmbH im Ergebnis zu Recht von vGA ausgegangen, die dem Kläger als Gesellschafter mittelbar zugeflossen sind. Auch konnte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzungen gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern und dem Kläger die zuvor seinem Bruder anteilig zugeordneten Beträge als vGA zurechnen. 55a. Eine vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ist gegeben, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschluss in BFHE 186, 379, m.w.N.; BFH-Urteil vom 25. Mai 2004 VIII R 4/01, BFHE 207, 103). 56Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist die vGA beim Gesellschafter zu erfassen, wenn ihm der Vermögensvorteil zufließt (ebenfalls ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss in BFHE 186, 379, und zum Zufluss bei mittelbarer Zuwendung u.a. BFH-Urteile vom 19. März 1991 VIII R 2/85, BFH/NV 1992, 19; vom 25. Mai 2004 VIII R 4/01, BFHE 207, 103). 57Dabei muss der Gesellschafter aus der Zuwendung selbst keinen unmittelbaren Vorteil ziehen; eine vGA kann auch dann gegeben sein, wenn der Vorteil dem Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine ihm nahe stehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht. Die Zuwendung an eine dem Gesellschafter nahestehende Person wertet die Rechtsprechung als Indiz für die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis (vgl. BFH-Urteile vom 18. Dezember 1996 I R 139/94, BFHE 182, 184; vom 6. Dezember 1967 I 98/65, BFHE 91, 239, BStBl II 1968, 322; vom 27. Januar 1972 I R 28/69, BFHE 104, 353, BStBl II 1972, 320; vom 27. November 1974 I R 250/72, BFHE 114, 236, BStBl II 1975, 306; vom 6. April 1977 I R 86/75, BFHE 122, 98; vom 13. April 1988 I R 284/82, BFH/NV 1989, 395). Das "Nahestehen" in diesem Sinne kann familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein (BFH-Urteile vom 18. Dezember 1996 I R 139/94, BFHE 182, 184, BStBl II 1997, 301, unter II.A.1.a der Gründe; vom 25. Mai 2004 VIII R 4/01, BFHE 207, 103). Entscheidend ist in diesem Fall, ob die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1996 I R 139/94, BFHE 182, 184, BStBl II 1997, 301). 58Mit Urteil vom 31. Juli 1974 I R 238/72 (BFHE 113, 434, BStBl II 1975, 48) hat der BFH ausgeführt, dem Gesellschafter nahestehende Personen könnten auch juristische Personen sein, an denen Verwandte des Gesellschafters beteiligt sind. Der Vorteil --in jenem Fall die Gewährung eines ungesicherten Darlehens--, welcher der dem Gesellschafter nahestehenden Person in diesem Fall gewährt werde, bestehe darin, dass deren Beteiligung an der durch die Leistung begünstigten Kapitalgesellschaft in ihrem Wert erhöht werde. Dabei komme es nicht darauf an, ob unter Berücksichtigung der gesamten betrieblichen Verhältnisse dieser unmittelbar begünstigten Kapitalgesellschaft der Zweck der Vorteilsgewährung letzten Endes erreicht worden sei (vgl. BFH-Beschluss vom 17. August 2007 VIII B 36/06, BFH/NV 2007, 2293). Im Ergebnis hat der BFH in dieser Entscheidung auf die Vermögensmehrung auf der Ebene der natürlichen Person, des Verwandten, abgestellt. 59Die Zuwendung eines Vermögensvorteils an eine nahe stehende Person soll nach neuerer Rechtsprechung des BFH stets unabhängig davon als vGA zu beurteilen sein, ob auch der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat. Der I. Senat des BFH hat dies für die vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) angenommen (BFH-Urteil in BFHE 182, 184, BStBl II 1997, 301, II.A.1.b der Gründe); für die vGA i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gilt nach der Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH nichts anderes (BFH-Urteil vom 25. Mai 2004 VIII R 4/01, BFHE 207, 103 m. w. N.; vom 22. Februar 2005 VIII R 24/03, BFH/NV 2005, 1266; vom 19. Juni 2007 VIII R 54/05, BFHE 218, 244, BStBl II 2007, 830). 60Der Beweis des ersten Anscheins für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis kann durch die Feststellung erschüttert werden, dass die Zuwendung des Vorteils ihre Ursache ausschließlich in einer vom Gesellschaftsverhältnis zum nahestehenden Gesellschafter unabhängigen Beziehung der Kapitalgesellschaft zum Empfänger der Zuwendung hat (BFH-Urteile vom 27. November 1974 I R 250/72, BFHE 114, 236, BStBl II 1975, 306; in BFH/NV 2005, 1266). 61Der für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis sprechende Anscheins-beweis ist ferner dann erschüttert, wenn die Zuwendung des Vorteils auf der Beziehung zu einem anderen, dem Empfänger ebenfalls nahestehenden Gesellschafter beruhen kann. Ist unmittelbarer Empfänger der Zuwendung ein nahestehender anderer Gesellschafter, so ist die vGA ausschließlich diesem zuzurechnen, soweit ihm nicht (auch) sein Mitgesellschafter etwas zuwenden wollte (BFH-Urteil vom 29. September 1981 VIII R 8/77, BFHE 135, 31, BStBl II 1982, 248). Dasselbe gilt, wenn der unmittelbare Empfänger der Zuwendung (auch) einem anderen Gesellschafter nahesteht und anzunehmen ist, dass nur dieser ihm etwas zuwenden wollte; die vGA ist in diesem Fall nicht auf die Gesellschafter zu verteilen. Vielmehr ist in derartigen Fällen --ohne Beweiserleichterung-- festzustellen, wer die vGA veranlasst hat (BFH-Urteil vom 19. Juni 2007 VIII R 54/05, BFHE 218, 244, BStBl II 2007, 830). 62b. Nach diesen Maßstäben sind die drei vom Kläger veranlassten Überweisungen als vGA zu werten und ihm allein zuzurechnen. 63aa. Soweit zwischen den Beteiligten zuletzt unstreitig war, dass die Zahlungen über X EUR und X EUR an den Insolvenzverwalter der B-GmbH bzw. den Prozessbevollmächtigten erfolgten, um damit Steuerschulden der B-GmbH zu begleichen, während die Zahlung i. H. v. X EUR an den Prozessbevollmächtigten erfolgte, um damit eine Geldauflage des Vaters in einem gegen ihn gerichteten Strafverfahren zu bedienen, verblieben hinsichtlich der Verwendung des erstgenannten Überweisungsbetrags des Jahres 2005 Zweifel. 64Der Vortrag des Klägers im Hinblick auf die erste Überweisung wechselte im Verlauf des Verfahrens, da zunächst im Einklang mit dem Text des Vertragsentwurfs behauptet worden war, die Zahlung sei an den Vater erfolgt, damit dieser Darlehensschulden gegenüber der B-GmbH bedienen könne. 65Im Ergebnis konnte dahin gestellt bleiben, welchen Verwendungszweck die Zahlung hatte, da in beiden Fällen von einer vGA auszugehen ist. Entweder erfolgte die Zuwendung direkt zugunsten des Vermögens der B-GmbH, an der der Vater als Angehöriger beteiligt war, oder direkt in das Vermögen des Vaters, der von einer Verbindlichkeit befreit wurde. Die Zuwendung war in beiden denkbaren Fällen durch das Gesellschaftsverhältnis des Klägers zur A-GmbH veranlasst. 66Die Zuwendungen kamen dem Vermögen der B-GmbH (Tilgung von Steuerschulden) bzw. dem Vermögen des Vaters (Tilgung Darlehensverbindlichkeit gegenüber der B-GmbH und Erfüllung einer Geldauflage im Strafverfahren) zugute. 67Die B-GmbH selbst ist wie der Vater des Klägers als Zuwendungsempfänger als dem Kläger nahe stehende Person zu qualifizieren. Zwar war der Kl selbst nicht Gesellschafter der B-GmbH, jedoch war der Vater Gesellschafter der B-GmbH und damit ein (naher) Angehöriger des Klägers i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 3 AO. 68Auch wenn der Begründungsansatz des BFH in seinem Urteils vom 31. Juli 1974 (I R 238/72, BFHE 113, 434) im Streitfall nicht trägt, um eine vGA zu begründen, ergibt sich eine dem Kläger mittelbar zuzurechnende Vermögensmehrung nach Ansicht des Senats dadurch, dass das Vermögen einer Kapitalgesellschaft (Insolvenzmasse) gemehrt wurde, an der ein naher Angehöriger beteiligt war. 69Im Streitfall ist nach den Feststellungen des Senats allein das Vermögen der B-GmbH bzw. die Insolvenzmasse durch die strittigen Zahlungen gemehrt worden, nicht jedoch der Wert der Beteiligung des Vaters an der B-GmbH. Die strittigen Zahlungen erfolgten am 30. November 2005 und 20. Januar 2006. Zu diesen Zeitpunkten war die B-GmbH nicht mehr operativ tätig und befand sich in Liquidation. Im Oktober 2005 war über das Vermögen der B-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Später wurde die B-GmbH wegen Vermögenslosigkeit gelöscht. Die Beteiligung des Vaters an der B-GmbH war im Zeitpunkt der Zahlungen wertlos; er konnte weder ernsthaft mit Auskehrungen auf sein eingezahltes Kapital nach Abschluss der Liquidation noch mit einem Ertrag im Falle der Veräußerung seines Geschäftsanteils rechnen. 70Ein Vermögensvorteil beim Vater ergab sich hingegen, soweit mit dem Zahlbetrag i. H. v. X EUR Darlehensverbindlichkeiten des Vaters gegenüber der B-GmbH befriedigt wurden und im Hinblick auf die Zahlung von X EUR im Jahr 2006, die zur Erfüllung einer Geldauflage des Vaters in dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren verwendet wurde. 71Soweit die Zahlung i. H. v. X EUR und der Betrag i. H. v. X EUR für Steuerschulden der B-GmbH verwendet wurden, ergab sich ein aus Sicht des Vaters allenfalls abstrakter Vermögensvorteil in seiner Beteiligung, der sich in der Mehrung der Insolvenzmasse erschöpfte. 72Nach Ansicht des Senats ergibt sich aus der Zuwendung eines Vermögensvorteil, der bei einer juristischen Person eintritt, an der ein Angehöriger des Gesellschafters beteiligt ist, ein Indiz für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis unabhängig von der Frage, ob der Wert der Beteiligung des nahen Angehörigen dadurch steigt oder nicht. Entscheidend ist, ob für die Vermögensverlagerung überwiegende betriebliche Interessen sprechen – dann liegt keine vGA vor – oder nicht – dann greift der für eine vGA sprechende Anscheinsbeweis. Der gesamte Vorgang ist wirtschaftlich so zu werten, als wenn der Gesellschafter seinem Angehörigen den Vermögensvorteil direkt zuwendet, der ihn seinerseits in seine Gesellschaft einlegt (vgl. u. a. Stolze, Verdeckte Gewinnausschüttung und nahestehende Person, S. 124 m. w. N.). 73ab. Der Senat konnte keine betriebliche Veranlassung der Zuwendungen feststellen. Der Kläger hat den für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis sprechenden Anscheinsbeweis nicht erschüttert. 74Eine Zuwendung hat ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil unter sonst gleichen Umständen einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte (BFH-Urteile vom 09. Dezember 2009 X R 52/06, a.a.O.; vom 25. Mai 2004 VIII R 4/01, BFHE 207, 103; vom 13. Dezember 2006 VIII R 31/05, BStBl II 2007, 393; Wrede in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Rz 240; Blümich/Stuhrmann, § 20 EStG Rz 75; Schmidt/ Weber-Grellet EStG § 20 Rz 60 f.). Insoweit gelten besondere Grundsätze für beherrschende Gesellschafter (vgl. dazu stRspr. vgl. z.B. BFH-Urteil vom 09. November 2005 I R 89/04, BFHE 211, 287, BStBl. II 2008, 523), die im Streitfall nicht einschlägig sind, da Kl. nur zu 50 % beteiligt war und Prokurist der A-GmbH war. 75Kriterien für den vorzunehmenden Fremdvergleich sind bei der Gewährung von Darlehen die Vereinbarung eines Rückzahlungszeitpunktes und die Gestellung von Sicherheiten bei hohen Darlehnsbeträgen (vgl. BFH-Urteil vom 16. September 1958 I 88/57 U, BFHE 67, 468, BStBl. III 1958, 451; BFH-Rspr. Urteil vom 16. September 1958 – I 88/57 U –, BFHE 67, 468). Das Fehlen von Sicherheiten bei hohen Darlehensbeträgen hat der BFH als nicht fremdüblich angesehen (vgl. BFH-Urteil vom 14. März 1990 I R 6/89, BFHE 160, 459, BStBl. II 1990, 795 (750.000 DM). 76Einem fremden Dritten bzw. einer Kapitalgesellschaft, an der ein fremder Dritter beteiligt war, hätte die A-GmbH keine Zahlungen i. H. v. insgesamt rund X EUR geleistet, ohne bankenübliche Sicherheiten zu fordern. Dieser Umstand bestärkt den sich bereits aus dem Näheverhältnis zwischen Kläger und Vater ergebenden Anscheinsbeweis. 77Der Anscheinsbeweis kann im Allgemeinen nur durch die Feststellung erschüttert werden, dass die Zuwendung des Vorteils ihre Ursache ausschließlich in einer vom Gesellschaftsverhältnis zum nahe stehenden Gesellschafter unabhängigen Beziehung der Kapitalgesellschaft zum Empfänger der Zuwendung hat; die Kapitalgesellschaft bzw. der nahe stehende Gesellschafter haben dies darzulegen (BFH-Urteil vom 22. Februar 2005 VIII R 24/03, BFH/NV 2005, 1266 m. w. N.). Aus den vom Kläger geltend gemachten Gründen ergibt sich keine ausschließliche betriebliche Veranlassung. 78ba. Zahlungen für Steuerschulden der B-GmbH 79Soweit die Zahlungen auf Steuerschulden der B-GmbH geleistet wurden, bestand kein hinreichendes eigenbetriebliches Interesse der A-GmbH. 80Zwischen beiden Gesellschaften bestanden keine geschäftlichen Beziehungen. Der Geschäftsbetrieb der B-GmbH war seit dem Jahr 2000 eingestellt worden und die Gesellschaft befand sich in Insolvenz. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass mit der B-GmbH ein wirtschaftlich relevanter Kunde/Lieferant der A-GmbH hätte wirtschaftlich gestützt hätte werden sollen. 81Soweit der Kläger vorträgt, der Ruf der A-GmbH habe geschützt werden sollen, überzeugt dies nicht. Eine etwaige Rufschädigung wäre bereits mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B-GmbH eingetreten und konnte allein durch die Zahlungen nicht mehr beseitigt werden. Nicht behauptet wurde, dass die Zahlungen einer Sanierung der B-GmbH hätten dienen können und sollen. 82Auch die Begründung, die Tilgung der Gewerbesteuerschuld bei der Stadt L sei betrieblich veranlasst gewesen, da die Stadt in der Vergangenheit bei der Standortwahl der A-GmbH kooperativ gewesen sei, ist nicht hinreichend substantiiert. Insoweit ist bereits nicht dargelegt worden, dass die A-GmbH eine Vergrößerung des Standortes L im fraglichen Zeitraum geplant und die Stadt L die Tilgung der Steuerschulden der B-GmbH zur Bedingung für ein wie auch immer geartetes „Entgegenkommen“ gemacht hätte. Die Produktion der ...technik erfolgte nicht in L sondern in I durch die C-GmbH, so dass eine Ausweitung der Produktion kein Grund gewesen sein kann. 83Der Umstand, dass nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens mit den Zahlungen weder die B-GmbH als vom Vater gegründete Gesellschaft gerettet werden konnte („Lebenswerk des Vaters“), noch der Vater selbst einen eigenen Vermögensvorteil (Wertsteigerung seines Geschäftsanteils) hatte, steht der Annahme einer vGA nicht entgegen. Der sich aus dem Verwandtschaftsverhältnis und der fehlenden Besicherung ergebende Beweis des ersten Anscheins für eine Veranlassung aus dem Gesellschaftsverhältnis muss nicht etwa durch weitere konkretere Feststellungen erhärtet werden; vielmehr muss der Anscheinsbeweis vom Gesellschafter, der sich gegen die vGA wendet, erschüttert werden. Dies ist dem Kläger nicht gelungen. 84bb. Zahlungen für Darlehensverbindlichkeiten des Vaters und/oder Geldauflagen des Vaters im Strafverfahren 85Soweit die Zahlungen direkt zu Gunsten des Vaters gleistet wurden, konnte der Kläger im Ergebnis ebenfalls keine überzeugenden eigenbetrieblichen Gründe der A-GmbH anführen. 86Soweit zunächst geltend gemacht wurde, der Vater habe dem Unternehmen als Berater erhalten bleiben sollen, ist nicht näher dargelegt worden, dass der Vater mit einer längeren Haftstrafe habe rechnen müssen. Im Übrigen bleibt in derartigen Fällen die Schwierigkeit der Abgrenzung, ob tragendes Motiv die Verschonung der Person des Vaters vor einer Haftstrafe war oder das unternehmerische Moment des Erhalts eines wichtigen Mitarbeiters/Beraters für das Unternehmen war. In derartigen Fällen müssen daher substantiierte Gründe angeführt werden, aus denen sich ein ganz ausschließlich betriebliches Interesse ergibt. 87Soweit der Kläger zuletzt im Wesentlichen auf den Ruf des Unternehmens abgestellt hat, wenn der Vater im Rahmen eines Strafverfahrens medial „vorgeführt“ und vorverurteilt werden würde, stellt dies ebenfalls ein nicht hinreichendes („weiches“) Argument für eine betriebliche Veranlassung dar. Auch insoweit besteht eine Konkurrenz zum ebenfalls sehr nahe liegenden Bestreben des Klägers, seinen gesundheitlich vorbelasteten Vater (Herzinfarkt) zu schonen. Auch ist denkbar und nahe liegend, dass der Ruf des Vaters in der Öffentlichkeit gewahrt werden sollte und nicht der Ruf der A-GmbH. 88ac. Dem Abfluss von Vermögen bei der A-GmbH stand auch kein gleich hoher Vermögenszufluss in Gestalt von Darlehensforderungen gegenüber. 89Grundsätzlich ist in Fällen einer Darlehensgewährung in der Auszahlung des Darlehenskapitals an den Gesellschafter keine vGA zu sehen, da der Gesellschaft eine Forderung gegen Gesellschafter auf Rückzahlung zusteht (vgl. BFH-Urteil vom 23. Juni 1981 VIII R 102/80, BFHE 134, 541, BStBl. II. 1982, 245). Gleiches gilt bei Darlehen an nahe Angehörige des Gesellschafters oder sonstige nahe stehende Personen. 90Voraussetzung ist jedoch, dass es sich um eine echtes Darlehensverhältnis handelt, d. h. bei der Auszahlung muss ein Rechtsbindungswillen der Beteiligten bestanden haben, ein Darlehensverhältnis (ob mündlich oder schriftlich) zu vereinbaren. Als Indiz dafür wird gesehen, wenn der Gesellschafter bzw. der nahe Angehöriger von Anfang an ernstlich bestrebt war, die erhaltenen Mittel in absehbarer Zeit wieder zurückzuzahlen (vgl. BFH-Beschluss vom 22. März 2010 VIII B 204/09, BFH/NV 2010, 1112 m. w. N.; vom 02. Februar 2005 VIII B 191/03, BFH/NV 2005, 1318). Daran fehlt es im Streitfall. 91Nach BFH-Rspr. ist bei Einmann-GmbH oder Familiengesellschaft kritisch zu prüfen, ob ein echtes „Darlehen“ vorliegt. Prüfungsmaßstab ist der Fremdvergleich, d. h. die Frage, ob die Gesellschaft auch einem fremden Nichtgesellschafter unter sonst gleichen Verhältnissen das Darlehen gewährt hätte. Dies ist im Streitfall zu verneinen. 92Vorliegend waren die schriftlichen Vertragstexte/-entwürfe vom Vater nicht unterschrieben worden. Die Vertragstexte waren nach Aussage des Klägers auch nicht mit dem Ziel aufgesetzt worden, ein Darlehensverhältnis zu begründen, sondern um einen Buchungsbeleg für die Überweisungen zu haben. 93Der Vater sah sich von Beginn an nicht in der Pflicht die Zahlungen zu leisten; weder ursprünglich gegenüber den Gläubigern noch später gegenüber der A-GmbH. Erst im Jahr 2008 war der Vater erstmals aufgrund der Zahlungsschwierigkeiten der A-GmbH bereit, einen Teilbetrag zurück zu zahlen. In der Gesamtschau kann nicht von einvernehmlich vereinbarten Darlehensverhältnissen ausgegangen werden, da dem Vater für den Kläger erkennbar ein dahin gehender Rechtsbindungswillen fehlte. 94Hinzu kommt, dass die Zahlungen i. H. v. insgesamt X EUR nicht durch Sicherheiten gedeckt wurden. Selbst wenn der Vater über hohe Einkünfte und über vollstreckbares Vermögen verfügt haben sollte, muss das Fehlen banküblicher Sicherheiten bei einer Gesamtdarlehensumme von weit über X EUR als jedenfalls nicht mehr fremdüblich gewertet werden. 95Stellt man auf die B-GmbH als Rückzahlungsschuldner ab, stand bereits im Zeitpunkt der Zahlungen fest, dass Rückzahlungen nicht erfolgen werden, da über deren Vermögen bereits ein Insolvenzverfahren eröffnet worden war. 96Ferner wäre auch eine vertragsgemäße Durchführung der „Darlehensverträge“ nicht festzustellen, da der Vater bis auf die Einmalzahung i. H. v. X EUR im Jahr 2008 keine Zahlungen geleistet hatte, während die Vertragstexte quartalsweise Zahlungen vorsahen. 97ad. Die vGA waren auch in den Streitjahren anzusetzen. 98Eine vGA ist zeitlich beim Gesellschafter in dem Jahr des (mittelbaren) Zuflusses des Vermögensvorteils zu erfassen (BFH-Urteil vom 22. Februar 2005, Az.: VIII R 24/03, BFH/NV 2005, 1266). Der Zuflusszeitpunkt richtet sich unabhängig von der Besteuerung bei der Gesellschaft bei einem privaten, nicht beherrschenden Anteilseigner wie dem Kläger grundsätzlich nach § 11 Abs. 1 EStG. 99Selbst bei der Hingabe von Darlehen ist das Jahr der Auszahlung maßgeblich, wenn eine Rückzahlung von Beginn an nicht ernsthaft gewollt war bzw. nicht ernsthaft mit einer Rückzahlung zu rechnen war (dazu Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 6. Aufl. 1993, Rn. 550 f. m. w. N.). 100Nach diesen Maßstäben waren die vGA in den Streitjahren anzusetzen. Der Zufluss des Vermögensvorteils beim Vater bzw. der B-GmbH, welcher dem Kläger als mittelbarer Vermögenszuwachs zuzurechnen ist, erfolgte in den Streitjahren 2005 (X EUR) und 2006 (X EUR). 101c. Der Beklagte hat die Steuerfestsetzungen zudem zutreffend nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert und dem Kläger damit 100 v. H. der Zahlungen als vGA zugerechnet. 102Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. 103Der Beklagte erfuhr erst aufgrund der Vernehmung des Klägers als Zeuge im Terim am 15. März 2013 im finanzgerichtlichen Verfahren des Bruders (FG Münster, Az. 11 K 2089/11 E) davon, dass der Bruder keine Kenntnis von den gesamten Zahlungsvorgängen hatte und dass der Kläger die Überweisungsträger unterzeichnet hatte. Damit erhielt der Beklagte erst nach Ergehen der Einspruchsentscheidung vom 05. Oktober 2011 Kenntnis von für die Zurechnung der vGA rechtserheblichen Tatsachen. 104Wären die Zahlungen als vom Bruder mit veranlasst zu qualifizieren, wäre eine Zurechnung allein beim Kläger rechtsfehlerhaft. Wie bereits ausgeführt wurde, kann der für eine gesellschaftliche Veranlassung sprechende Anscheinsbeweis auch dann geführt werden, wenn die Zuwendung des Vorteils auch auf der persönlichen Beziehung zu einem anderen, dem Empfänger ebenfalls nahe stehenden Gesellschafter beruhen kann. Dies nimmt der BFH für den Fall an, dass unmittelbarer Empfänger der vGA ein nahe stehender Mitgesellschafter oder in dem Fall, dass unmittelbarer Empfänger der vGA eine (auch) dem Mitgesellschafter nahe stehende Person ist. In derartigen Fällen ist --ohne Beweiserleichterung-- festzustellen, wer in diesem Fall die vGA veranlasst hat. Es handelt sich dann um eine mittelbare Zuwendung an diesen Gesellschafter (BFH-Urteil vom 22. Februar 2005 VIII R 24/03, BFH/NV 2005, 1266). 105Nach diesen Maßstäben waren die vGA allein dem Kläger zuzurechnen, da der Bruder des Klägers als zweiter Gesellschafter der A-GmbH in den Streitjahren keine Kenntnis von den Zahlungen hatte und diese auch nicht veranlasst hatte. Veranlasst wurden die Zahlungen allein vom Kläger. 106Dem Beklagten ist insoweit auch keine Verletzung seiner Pflicht zur Amtsermittlung vorzuwerfen, welche einer nachträglichen Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO entgegen stehen könnte. 107Der Grundsatz von Treu und Glauben steht einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO entgegen, wenn dem FA Tatsachen aufgrund einer Verletzung seiner Ermittlungspflichten unbekannt geblieben sind, der Steuerpflichtige seinerseits aber die ihm obliegenden Mitwirkungspflichten in zumutbarer Weise erfüllt hat. Im Falle einer beiderseitigen Pflichtverletzung ist nach ständiger Rechtsprechung eine Abwägung vorzunehmen (z.B. BFH-Urteile vom 16. Juni 2004 X R 56/01, BFH/NV 2004, 1502, und vom 26. Februar 2009 II R 4/08, BFH/NV 2009, 1599, m.w.N.). 108Im Streitfall hatte der Kläger bis zu seiner Vernehmung im Verfahren des Bruders keine Angaben darüber gemacht, dass sein Bruder von dem gesamten Vorgängen keine Kenntnis hatte. Dies stellt eine überwiegende Mitwirkungspflichtverletzung des Klägers dar, der insoweit bis dahin im eigenen steuerlichen Interesse geschwiegen hatte. Soweit für den Beklagten die Möglichkeit bestanden hätte, den Sachverhalt durch Vernehmung des Bruders und Vaters aufzuklären, stellt das Unterlassen insoweit keinen die Mitwirkungspflichtverletzung des Klägers überwiegenden Pflichtenverstoß dar. 109d. Der Änderung steht auch die bei der A-GmbH durchgeführte Betriebsprüfung nicht entgegen. Die sog. Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 AO tritt nur nach Maßgabe der Prüfungsanordnung hinsichtlich des geprüften Steuerpflichtigen (BFH BStBl. II. 1998, 552) und der geprüften Steuer ein (vgl dazu Rüsken, in Gräber, AO, § 173 Rn. 152 m. w. N.). 110e. Soweit der Vater im Jahr 2008 an die A-GmbH X EUR zurückgezahlt hat, führt dies insoweit nicht zu einem (rückwirkenden) Entfallen der vGA in den Streitjahren 2005 und 2006. 111Grundsätzlich kann eine Rückzahlung einer vGA die einmal eingetretene Rechtsfolge nicht beseitigen (BFH-Urteil vom 14. Juli 2009 VIII R 10/07, BFH/NV 2009, 1815; vgl. auch Intemann, in H/H/R, § 20 EStG Anm. 93 m. w. N.). Vielmehr ist eine Rückzahlung aus Sicht der Gesellschaft und des Gesellschafters als Einlage zu behandeln, wenn die Rückzahlung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Als Kehrseite zur vGA ist dabei regelmäßig von einer Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auszugehen (vgl. Intemann, in H/H/R, § 20 EStG Anm. 93 m. w. N.). 1122. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. 1133. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zuzulassen, ob der Anscheinsbeweis für eine Veranlassung aus dem Gesellschaftsverhältnis bei Zuwendungen an eine juristische Personen, an der eine dem Gesellschafter nahe stehende natürliche Person beteiligt ist, voraussetzt, dass die Beteiligung der nahe stehenden natürlichen Person an der durch die Leistung begünstigten Kapitalgesellschaft in ihrem Wert erhöht wird.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. die revision wird zugelassen. 1
2streitig ist, ob bei der einkommensteuer (est)-veranlagung für 2005 und 2006 verdeckte gewinnausschüttungen (vga) bei einkünften aus kapitalvermögen des klägers (kl.) zu erfassen sind (§ 20 abs. 1 nr.1 satz 2 einkommensteuergesetz (estg)). 3der kläger (kl.) war in den streitjahren neben seinem bruder, herrn m 2, zu 50 v. h. als gesellschafter an der a gmbh (a-gmbh) mit sitz in l (ag s, hrb ) beteiligt. unternehmensgegenstand der gmbh war die herstellung und der vertrieb von ...technik. die gmbh war im jahr 1994 gegründet worden. bei der gründung der a-gmbh war neben dem kläger und seinem bruder auch der vater beteiligt, der als gesellschafter im jahr 2000 ausschied. der vater ist verstorben. 4der bruder des klägers war für den technischen bereich (produktion und entwicklung) und der kläger als gelernter bankkaufmann für den kaufmännischen bereich zuständig. 5geschäftsführer der a-gmbh waren in den streitjahren der bruder des klägers sowie der vater des klägers, herr m 3; der kläger war prokurist. 6der unternehmensgegenstand der a-gmbh geht auf ein vom vater, einem gelernten meister, in 1981 gegründetes einzelunternehmen und die nachfolgend in 1987 vom vater gegründete b gmbh (b-gmbh) ag l, hrb ; später ag n, hrb ) zurück. 7nach einem herzinfarkt des vaters im jahr 1985 gab der kläger seine tätigkeit als bankkaufmann auf und übernahm die geschäftsführung der b-gmbh und verantwortete den kaufmännischen bereich. 8die b-gmbh hatte ihren geschäftsbetrieb im jahr 2000 eingestellt und wurde abgewickelt. zwischen der a-gmbh und der b-gmbh gmbh bestanden in den streitjahren (2005 und 2006) keine geschäftsbeziehungen. 9bis zum jahr 2005 lief ein finanzgerichtliches verfahren der b-gmbh wegen körperschaftsteuer und gewerbesteuer 1994 bis 1997; wegen der steuerschulden war aussetzung der vollziehung gewährt worden. nachdem die b-gmbh im finanzgerichtlichen verfahren unterlegen war, forderten das finanzamt und die stadt l die b-gmbh zur zahlung der steuern und aussetzungszinsen auf. die b-gmbh meldete in 2005 insolvenz an; das verfahren wurde im oktober 2005 eröffnet. 10der vater des kl war für die a-gmbh aufgrund vertrag vom juni 2004 über eine „freie mitarbeit“ auf honorarbasis als berater tätig; der vertrag löste einen vorausgegangenen vertrag aus dem jahre 1996 ab. 11nach dem in 2004 geschlossenen vertrag erhielt der vater für seine tätigkeit (freie mitarbeit) ein stundenhonorar (102,26 eur zzgl. ust) gemäß monatlich zu erstellenden abrechnungen zuzüglich aufwendungsersatz. wegen der einzelheiten wird auf den vertrag samt zusatzvereinbarung bezug genommen. der vater war im streitzeitraum maßgeblich für die weiterentwicklung der dieseltechniktechnik im unternehmen verantwortlich. er erhielt in den streitjahren gemäß monatlicher abrechnungen ein durchschnittliches honrar i. h. v. rund 20.000 eur. 12ausgehend von einer produktionskostensparenden weiterentwicklung der technik durch den vater konnte der umsatz der a-gmbh beginnend in den streitjahren in diesem sektor stark gesteigert werden; der marktanteil der gmbh stieg auf bis zu 75 v. h. im jahr 2007. die positive entwicklung wurde u. a. durch die förderung der ...technik seit 2005 stark begünstigt. 13die produktion der weiterentwickelten technik erfolgte in der dafür gegründeten c-gmbh mit sitz in i. 14im jahr 2007 wurde gegen den bruder des klägers ein strafverfahren eingeleitet wegen der manipulation von genehmigungsunterlagen bei der beantragung der allgemeinen betriebserlaubnis für die …technik. der bruder wurde zu einer freiheitsstrafe verurteilt. mit dem strafverfahren brach der umsatz des unternehmens ein und es kam zu hohen erstattungen und schadensersatzzahlungen gegenüber großkunden. die banken kündigten gegenüber der a-gmbh die bestehenden kreditlinien. 15im mai 2010 wurde über das vermögen der a-gmbh das insolvenzverfahren eröffnet (ag n, az. in /). 16die a-gmbh überwies in 2005 x eur auf ein konto des insolvenzverwalters der b-gmbh und in 2006 x eur und x eur auf ein konto der prozessbevollmächtigten des klägers, welche in den streitjahren auch steuerliche berater der unternehmen der abc-unternehmensgruppe sowie des vaters und des klägers persönlich waren. die überweisung vom 30.11.2005 (x eur) erfolgte auf das anderkonto des rechtsanwalts r mit dem verwendungszweck „darlehen m 3 insolvenz b-gmbh i.l.“. die überweisung vom 20.01.2006 (x eur) erfolgte an die k gmbh mit dem verwendungszweck „darlehen gemäß vertrag m 3“. die überweisung vom 06.04.2006 (x eur) erfolgte an die k gmbh mit dem verwendungszweck „m 3, az.: ermittlungsverfahren“. die überweisungen wurden allein vom kläger veranlasst. der bruder des klägers hatte keine kenntnis von den überweisungen. 17die vorgenannten überweisungsbeträge buchte die a-gmbh auf einem darlehenskonto des m 3. in 2008 wurde der restsaldo in voller höhe als aufwand abgeschrieben. 18im rahmen einer bei der a-gmbh durchgeführten betriebsprüfung qualifizierte der prüfer die zahlungen unter berücksichtigung eines verrechnungsbetrags in 2005 wie folgt als verdeckte gewinnausschüttungen (vga): 19 2005 / € 2006 / € überweisung 30.11.2005 verrechnung überweisung 20.01.2006 überweisung 06.04.2006 summe 50 % - entsprechend geschäftsanteil kläger an a-gmbh x x x x x x x x x kindergartenbeiträge (unstrittig) x x vga x x 20zu den auszahlungen lagen in der buchführung schriftliche darlehensverträge ohne unterschriften vor (bl. 65 bis 67 der gerichtsakte zum verfahren des m 2, az. 11 k 2089/11 e). diese wurden im rahmen der im januar 2010 durchgeführten schlussbesprechung zu der bei der a-gmbh durchgeführten betriebsprüfung (bp) vorgelegt (vgl. bp-bericht, bl. 14 ga): 21a) darlehensvertragstext vom 30.11.2005 22in den vorbemerkungen wird als begründung der darlehensgewährung angegeben, dass der vater des klägers als gesellschafter der b-gmbh in gemeinschaft mit seiner ehefrau darlehensverbindlichkeiten gegenüber der gmbh habe. über das vermögen der gmbh sei am 25. oktober 2005 das insolvenzverfahren eröffnet worden und der insolvenzverwalter habe die verbindlichkeiten fällig gestellt. zur befriedigung der verbindlichkeiten werde dem vater ein darlehen i. h. v. x eur gewährt. die auszahlung solle unmittelbar an den insolvenzverwalter für rechnung des vaters erfolgen. der vertragstext sah eine verzinsung i. h. v. 5 v. h. und eine vierteljährliche rate i. h. v. x € ab dem 01.06.2006 vor. eine besicherung des darlehens war nach dem vertragstext nicht vorgesehen. der vorliegende vertragstext (bl. 65 ga 11 k 2089/11 e) ist nicht unterschrieben. 23b) darlehensvertragstext vom 16.01.2006 24in der vorbemerkung wird als begründung der darlehensgewährung angegeben, dass das darlehen dazu dienen soll, steuerschulden der insolventen b-gmbh betreffend körperschaftsteuer (kst) und gewerbesteuer (gewst) zu bedienen. der vater sei bereit, in die kapitalrücklage der gmbh x eur einzuzahlen, um „rechtliche und wirtschaftliche nachteile -gleich welcher art-“ zu vermeiden. zum zwecke der finanzierung der einzahlung werde dem vater ein darlehen i. h. v. x eur gewährt. die auszahlung sollte unmittelbar an den steuergläubiger in enger abstimmung mit den rechtsberatern des vaters erfolgen. der vertragstext sah eine verzinsung i. h. v. 5 v. h. und eine vierteljährliche rate i. h. v. x € ab dem 30.06.2006 vor. eine besicherung des darlehens war nach dem vertragstext nicht vorgesehen. der vorliegende vertragstext (bl. 67 ga 11 k 2089/11 e) ist nicht unterschrieben. 25c) darlehensvertragstext vom 05.04.2006 26in der vorbemerkung wird als begründung der darlehensgewährung angegeben, dass im nachgang zu einer betriebsprüfung und einem finanzgerichtlichen verfahren ein steuerliches ermittlungsverfahren gegen herrn m 3 eingeleitet worden sei. dieses verfahren solle gegen zahlung einer geldauflage i. h. v. x € eingestellt werden. zur erfüllung der geldauflage werde das darlehen i. h. v. x € gewährt. der vertragstext sah eine verzinsung i. h. v. 5 v. h. und eine vierteljährliche rate i. h. v. x € ab dem 01.06.2006 vor. eine besicherung des darlehens war nach dem vertragstext nicht vorgesehen. der vorliegende vertragstext (bl. 66 ga 11 k 2089/11 e) war nicht unterschrieben. 27im jahr 2008 ergaben sich in folge des strafverfahrens gegen den bruder des klägers warenrückläufer und schadensersatzforderungen von kunden; zudem kündigten die banken die kreditlinien. dadurch ergab sich bei der a-gmbh ein erhöhter liquiditätsbedarf. vor diesem hintergrund verhandelte der kläger mit seinem vater erstmals über die rückzahlung der „darlehensbeträge“. im jahr 2008 schlossen die a-gmbh, vertreten durch den kläger als (seit 2007 bestellten) geschäftsführer, und der vater des klägers eine vereinbarung (bl. 93 ga 11 k 2089/11 e). nach der präambel der vereinbarung bestand zwischen den beteiligten streit über das bestehen von darlehensforderungen der gmbh gegen den vater dem grund und der höhe nach. 28in der buchhaltung der gmbh waren darlehensforderungen gegen den vater i. h. v. x eur nebst 5 % zinsen für die zeit 1. januar bis 31. oktober 2008 i. h. v. x eur erfasst. der vater bestritt das bestehen von darlehensforderungen oder forderungen in dieser höhe aus anderem rechtsgrund. zur vermeidung eines prozesses wurde ein „vergleich“ geschlossen, wonach der vater bis zum 31. oktober 2008 zur erledigung sämtlicher wechselseitiger ansprüche --ausgenommen wiederkehrende beratungshonorare-- x eur an die gmbh zahlt. 29in den nach § 164 abs. 2 ao geänderten est-bescheiden schloss sich das finanzamt (fa) a der auffassung des betriebsprüfers an und berücksichtigte die darlehensgewährungen der a-gmbh als vga an den kl. die einnahmen aus kapitalvermögen des kl. für 2005 wurden in höhe von 50 % von x € und für 2008 in höhe von 50 % von x € erhöht. 30die andere hälfte der darlehensbeträge war dem bruder des klägers, herrn m 2, als vga zugerechnet worden. im klageverfahren des bruders (fg münster, az. 11 k 2089/11 e) wurde der kläger als zeuge vernommen. der kläger sagte aus, dass sein bruder, herr m 2, von den zahlungen der a-gmbh an den vater keine kenntnis hatte und dass diese vom kläger veranlasst worden waren. er habe die zahlungen geleistet, um einen imageschaden von der a-gmbh abzuwenden. wegen der weiteren einzelheiten wird auf das protokoll zur mündlichen verhandlung in dem verfahren 11 k 2089/11 e (bl. 81 ff ga) bezug genommen. das finanzamt erließ gegenüber dem bruder geänderte einkommensteuerbescheide 2005 und 2006, in denen keine vga angesetzt wurden. 31mit nach § 173 abs. 1 satz 1 nr. 1 ao geänderten einkommensteuerbescheiden 2005 und 2006 jeweils vom 14. oktober 2013 rechnete der beklagte die vga in voller höhe dem kläger zu und berücksichtigte die beträge abzüglich werbungskosten-pauschbetrag (102 eur) und sparer-freibetrag (2005: 2.440 eur; 2006: 2.307 eur) als einkünfte aus kapitalvermögen (bl. 48 ff., 52 ff ga). 32mit seiner nach erfolglosem einspruchsverfahren (einspruchsentscheidung 05.10.2011) erhobenen klage wendet sich der kl. weiter gegen den ansatz der vga; für die zahlungen lägen überwiegende betriebliche gründen vor. 33zunächst machte der kläger geltend, die darlehen buchstabe a) und c) laut tz. 2.4.4 des bp-berichtes vom 25.03.2010 seien zwar auch im interesse des vaters gewährt worden, jedoch habe ein überwiegendes betriebliches interesse der a-gmbh bestanden, da der vater der abc-unternehmensgruppe als berater habe erhalten bleiben sollen. 34das darlehen buchstabe b) laut tz. 2.2.4 des bp-berichtes vom 25.03.2010 sei dem vater gewährt worden, um negative einflüsse aus der insolvenz der b-gmbh auf die a-gmbh zu vermeiden. ein betriebliches interesse am erhalt der b-gmbh habe seitens der a-gmbh allerdings nicht bestanden. 35es fehle insbesondere an einer vermögensminderung bei der gmbh. aufgrund der wirksam abgeschlossenen darlehensverträge, die keiner schriftform bedurft hätten, seien nach § 488 abs. 1 satz 2 bgb werthaltige forderungen begründet worden. der vermögensminderung durch abfluss der darlehensbeträge habe daher ein gleich hoher anspruch der gmbh gegen den vater gegenübergestanden. herr m 3 sei nicht zahlungsunfähig gewesen; er habe über privatvermögen und monatliche einnahmen i. h. v. x eur aus seiner beratertätigkeit verfügt. 36es bestünden auch keine anhaltspunkte dafür, dass eine darlehensverbindlichkeit nicht ernsthaft habe begründet werden sollen. 37im erörterungstermin machte der kl geltend, die zahlungen zu den „darlehen a) und b) seien zur begleichung der steuerschulden der b-gmbh aus dem klageverfahren betreffend körperschaft- und gewerbesteuermessbescheide geleistet worden. die hauptforderungen hätten rund x eur betragen. da die stadt l bei der auswahl der betriebsgrundstücke in der vergangenheit sehr kooperativ gewesen sei, habe das gute klima nicht beschwert werden sollen. insoweit habe die a-gmbh als operativ tätige „nachfolgegesellschaft“ ein eigenes wirtschaftliches interesse an der begleichung der steuerschulden der b-gmbh gehabt. es sei mit dem finanzamt und der stadt vereinbart gewesen, dass die steuerschulden in zwei raten über ein zwischenkonto des prozessbevollmächtigten beglichen werden sollten; die zahlung i. h. v. rund x eur sei die erste gesamtrate und die zahlung i. h. v. x eur die zweite gesamtrate gewesen. 38sein vater habe auch jede verantwortung für die steuerschulden der b-gmbh von sich gewiesen. er habe zudem darauf hingewiesen, nicht in der lage zu sein, die steuerschulden der b-gmbh aus eigenen mitteln zu begleichen. 39im hinblick auf die zahlung i. h. v. x eur machte der kl zuletzt geltend, sein vater habe die zu erwartende negative medienwirkung eines strafverfahrens gegen den für die a-gmbh maßgeblich als entwickler tätigen berater unterschätzt und sei nicht bereit gewesen, eine geldauflage zu bezahlen. insoweit habe aus seiner, des kl. sicht die notwendigkeit bestanden, die zahlung zu leisten, um den ruf der a-gmbh nicht dadurch zu gefährden, dass sein vater im rahmen einer mehrtägigen hauptverhandlung „strafrechtlich vorgeführt“ werde. es habe aus seiner sicht auch die gefahr bestanden, dass ausstehende genehmigungen für die allgemeine betriebserlaubnis der …technik durch das … versagt würden. 40die darlehensvertragsentwürfe seien parallel zu den verhandlungen vom prozessbevollmächtigten aufgesetzt worden und seien als buchungsbelege verwendet worden. die vertragsentwürfe seien mit seinem, des klägers, vater nicht im einzelnen besprochen, ihm allerdings vorgelegt worden; unterschrieben worden seien die vertragstexte von den vertragsbeteiligten nicht. 41in den verhandlungen mit seinem vater im jahr 2008 habe dieser eine verantwortung für die steuerschulden der b-gmbh weiter zurückgewiesen, sich jedoch im hinblick auf die zahlung für die geldauflage einsichtig gezeigt. schlussendlich sei eine zahlung i. h. v. x eur vereinbart und vom vater geleistet worden; darüber hinaus seien keine weiteren zahlungen des vaters erfolgt. 42der kläger beantragt, 43unter abänderung der est-änderungsbescheide für 2005 und 2006 jeweils vom 14.10.2013, die einkommensteuer ohne ansatz von einkünfte aus kapitalvermögen neu festzusetzen. 44der bekl. beantragt, 45die klage abzuweisen. 46aufgrund der aussage des beigeladenen im verfahren 11 k 2089/11 e seien die verdeckten gewinnausschüttungen zu 100% dem kl. in den est-änderungsbescheiden für 2005 und 2006 vom 14.10.2013 zugerechnet worden. 47die strittigen zahlungen seien einem dritten, dem vater des kl., zugeflossen, um eine geldauflage leisten und um steuerschulden der b-gmbh begleichen zu können. die zahlungen seien wirtschaftlich nicht im interesse der a-gmbh oder im interesse des zahlungsempfängers, des vaters, erfolgt, sondern im interesse des kl. wirtschaftlich gesehen seien die leistungen durch das gesellschaftsverhältnis des klägers veranlasst. es liege auch ein zufluss bei einer dem kläger nahe stehenden person vor; insoweit sei wirtschaftlich betrachtet von einem abgekürzten zahlungsweg auszugehen. 48insoweit sei bei der a-gmbh das einkommen – wie geschehen – außerbilanziell um die zahlungsbeträge zu erhöhen. dem kläger seien die zahlungen als vermögensmehrung und einkünfte aus der beteiligung zuzurechnen. die weitergabe der beträge an den vater sei ertragssteuerlich beim kläger ohne auswirkung, da seine beteiligung an der a-gmbh im privatvermögen gehalten werde. beim vater ergäben sich ebenfalls keine ertragsteuerlichen auswirkungen. 49im übrigen sei zu beachten, dass etwaige steuerzahlungen der b-gmbh sich steuerlich bereits durch bildung entsprechender rückstellungen ausgewirkt hätten. 50eine durch beschluss vom 08. januar 2014 (bl. 71 ff. ga) erfolgte beiladung des bruders, herrn m 2, wurde durch den bundesfinanzhof mit beschluss vom 01. juli 2014 (bl. 101 ff. ga) aufgehoben, da der ansatz einer vga beim bruder aufgrund der übereinstimmenden erledigung des klagefahrens 11 k 2089/11 e nicht mehr in betracht komme. 51wegen der weiteren einzelheiten wird auf die gewechselten schriftsätze sowie den inhalt der beigezogenen steuerakten, der gerichtsakte zum verfahren 11 k 2089/11 e, 12 v 396/12 e und 12 k 3909/11 e bezug genommen. 52der berichterstatter hat die sache mit den beteiligten am 3. dezember 2014 erörtert. der senat hat in der sache am 29. januar 2015 verhandelt. auf die sitzungsniederschriften wird bezug genommen. 53
541. die klage ist unbegründet. der beklagte ist bei den strittigen überweisungen der a-gmbh im ergebnis zu recht von vga ausgegangen, die dem kläger als gesellschafter mittelbar zugeflossen sind. auch konnte der beklagte die einkommensteuerfestsetzungen gem. § 173 abs. 1 nr. 1 ao ändern und dem kläger die zuvor seinem bruder anteilig zugeordneten beträge als vga zurechnen. 55a. eine vga i.s. des § 20 abs. 1 nr. 1 satz 2 estg ist gegeben, wenn die kapitalgesellschaft ihrem gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen gewinnverteilung einen vermögensvorteil zuwendet und diese zuwendung ihren anlass im gesellschaftsverhältnis hat (ständige rechtsprechung, vgl. u.a. bfh-beschluss in bfhe 186, 379, m.w.n.; bfh-urteil vom 25. mai 2004 viii r 4/01, bfhe 207, 103). 56im rahmen des § 20 abs. 1 nr. 1 estg ist die vga beim gesellschafter zu erfassen, wenn ihm der vermögensvorteil zufließt (ebenfalls ständige rechtsprechung, vgl. bfh-beschluss in bfhe 186, 379, und zum zufluss bei mittelbarer zuwendung u.a. bfh-urteile vom 19. märz 1991 viii r 2/85, bfh/nv 1992, 19; vom 25. mai 2004 viii r 4/01, bfhe 207, 103). 57dabei muss der gesellschafter aus der zuwendung selbst keinen unmittelbaren vorteil ziehen; eine vga kann auch dann gegeben sein, wenn der vorteil dem gesellschafter mittelbar in der weise zugewendet wird, dass eine ihm nahe stehende person aus der vermögensverlagerung nutzen zieht. die zuwendung an eine dem gesellschafter nahestehende person wertet die rechtsprechung als indiz für die veranlassung durch das gesellschaftsverhältnis (vgl. bfh-urteile vom 18. dezember 1996 i r 139/94, bfhe 182, 184; vom 6. dezember 1967 i 98/65, bfhe 91, 239, bstbl ii 1968, 322; vom 27. januar 1972 i r 28/69, bfhe 104, 353, bstbl ii 1972, 320; vom 27. november 1974 i r 250/72, bfhe 114, 236, bstbl ii 1975, 306; vom 6. april 1977 i r 86/75, bfhe 122, 98; vom 13. april 1988 i r 284/82, bfh/nv 1989, 395). das "nahestehen" in diesem sinne kann familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher art sein (bfh-urteile vom 18. dezember 1996 i r 139/94, bfhe 182, 184, bstbl ii 1997, 301, unter ii.a.1.a der gründe; vom 25. mai 2004 viii r 4/01, bfhe 207, 103). entscheidend ist in diesem fall, ob die kapitalgesellschaft dem dritten einen vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei anwendung der sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften geschäftsleiters einer person, die dem betreffenden gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte (vgl. bfh-urteil vom 18. dezember 1996 i r 139/94, bfhe 182, 184, bstbl ii 1997, 301). 58mit urteil vom 31. juli 1974 i r 238/72 (bfhe 113, 434, bstbl ii 1975, 48) hat der bfh ausgeführt, dem gesellschafter nahestehende personen könnten auch juristische personen sein, an denen verwandte des gesellschafters beteiligt sind. der vorteil --in jenem fall die gewährung eines ungesicherten darlehens--, welcher der dem gesellschafter nahestehenden person in diesem fall gewährt werde, bestehe darin, dass deren beteiligung an der durch die leistung begünstigten kapitalgesellschaft in ihrem wert erhöht werde. dabei komme es nicht darauf an, ob unter berücksichtigung der gesamten betrieblichen verhältnisse dieser unmittelbar begünstigten kapitalgesellschaft der zweck der vorteilsgewährung letzten endes erreicht worden sei (vgl. bfh-beschluss vom 17. august 2007 viii b 36/06, bfh/nv 2007, 2293). im ergebnis hat der bfh in dieser entscheidung auf die vermögensmehrung auf der ebene der natürlichen person, des verwandten, abgestellt. 59die zuwendung eines vermögensvorteils an eine nahe stehende person soll nach neuerer rechtsprechung des bfh stets unabhängig davon als vga zu beurteilen sein, ob auch der gesellschafter selbst ein vermögenswertes interesse an dieser zuwendung hat. der i. senat des bfh hat dies für die vga i.s. von § 8 abs. 3 satz 2 des körperschaftsteuergesetzes (kstg) angenommen (bfh-urteil in bfhe 182, 184, bstbl ii 1997, 301, ii.a.1.b der gründe); für die vga i.s. von § 20 abs. 1 nr. 1 satz 2 estg gilt nach der rechtsprechung des viii. senats des bfh nichts anderes (bfh-urteil vom 25. mai 2004 viii r 4/01, bfhe 207, 103 m. w. n.; vom 22. februar 2005 viii r 24/03, bfh/nv 2005, 1266; vom 19. juni 2007 viii r 54/05, bfhe 218, 244, bstbl ii 2007, 830). 60der beweis des ersten anscheins für eine veranlassung durch das gesellschaftsverhältnis kann durch die feststellung erschüttert werden, dass die zuwendung des vorteils ihre ursache ausschließlich in einer vom gesellschaftsverhältnis zum nahestehenden gesellschafter unabhängigen beziehung der kapitalgesellschaft zum empfänger der zuwendung hat (bfh-urteile vom 27. november 1974 i r 250/72, bfhe 114, 236, bstbl ii 1975, 306; in bfh/nv 2005, 1266). 61der für eine veranlassung durch das gesellschaftsverhältnis sprechende anscheins-beweis ist ferner dann erschüttert, wenn die zuwendung des vorteils auf der beziehung zu einem anderen, dem empfänger ebenfalls nahestehenden gesellschafter beruhen kann. ist unmittelbarer empfänger der zuwendung ein nahestehender anderer gesellschafter, so ist die vga ausschließlich diesem zuzurechnen, soweit ihm nicht (auch) sein mitgesellschafter etwas zuwenden wollte (bfh-urteil vom 29. september 1981 viii r 8/77, bfhe 135, 31, bstbl ii 1982, 248). dasselbe gilt, wenn der unmittelbare empfänger der zuwendung (auch) einem anderen gesellschafter nahesteht und anzunehmen ist, dass nur dieser ihm etwas zuwenden wollte; die vga ist in diesem fall nicht auf die gesellschafter zu verteilen. vielmehr ist in derartigen fällen --ohne beweiserleichterung-- festzustellen, wer die vga veranlasst hat (bfh-urteil vom 19. juni 2007 viii r 54/05, bfhe 218, 244, bstbl ii 2007, 830). 62b. nach diesen maßstäben sind die drei vom kläger veranlassten überweisungen als vga zu werten und ihm allein zuzurechnen. 63aa. soweit zwischen den beteiligten zuletzt unstreitig war, dass die zahlungen über x eur und x eur an den insolvenzverwalter der b-gmbh bzw. den prozessbevollmächtigten erfolgten, um damit steuerschulden der b-gmbh zu begleichen, während die zahlung i. h. v. x eur an den prozessbevollmächtigten erfolgte, um damit eine geldauflage des vaters in einem gegen ihn gerichteten strafverfahren zu bedienen, verblieben hinsichtlich der verwendung des erstgenannten überweisungsbetrags des jahres 2005 zweifel. 64der vortrag des klägers im hinblick auf die erste überweisung wechselte im verlauf des verfahrens, da zunächst im einklang mit dem text des vertragsentwurfs behauptet worden war, die zahlung sei an den vater erfolgt, damit dieser darlehensschulden gegenüber der b-gmbh bedienen könne. 65im ergebnis konnte dahin gestellt bleiben, welchen verwendungszweck die zahlung hatte, da in beiden fällen von einer vga auszugehen ist. entweder erfolgte die zuwendung direkt zugunsten des vermögens der b-gmbh, an der der vater als angehöriger beteiligt war, oder direkt in das vermögen des vaters, der von einer verbindlichkeit befreit wurde. die zuwendung war in beiden denkbaren fällen durch das gesellschaftsverhältnis des klägers zur a-gmbh veranlasst. 66die zuwendungen kamen dem vermögen der b-gmbh (tilgung von steuerschulden) bzw. dem vermögen des vaters (tilgung darlehensverbindlichkeit gegenüber der b-gmbh und erfüllung einer geldauflage im strafverfahren) zugute. 67die b-gmbh selbst ist wie der vater des klägers als zuwendungsempfänger als dem kläger nahe stehende person zu qualifizieren. zwar war der kl selbst nicht gesellschafter der b-gmbh, jedoch war der vater gesellschafter der b-gmbh und damit ein (naher) angehöriger des klägers i. s. v. § 15 abs. 1 nr. 3 ao. 68auch wenn der begründungsansatz des bfh in seinem urteils vom 31. juli 1974 (i r 238/72, bfhe 113, 434) im streitfall nicht trägt, um eine vga zu begründen, ergibt sich eine dem kläger mittelbar zuzurechnende vermögensmehrung nach ansicht des senats dadurch, dass das vermögen einer kapitalgesellschaft (insolvenzmasse) gemehrt wurde, an der ein naher angehöriger beteiligt war. 69im streitfall ist nach den feststellungen des senats allein das vermögen der b-gmbh bzw. die insolvenzmasse durch die strittigen zahlungen gemehrt worden, nicht jedoch der wert der beteiligung des vaters an der b-gmbh. die strittigen zahlungen erfolgten am 30. november 2005 und 20. januar 2006. zu diesen zeitpunkten war die b-gmbh nicht mehr operativ tätig und befand sich in liquidation. im oktober 2005 war über das vermögen der b-gmbh das insolvenzverfahren eröffnet worden. später wurde die b-gmbh wegen vermögenslosigkeit gelöscht. die beteiligung des vaters an der b-gmbh war im zeitpunkt der zahlungen wertlos; er konnte weder ernsthaft mit auskehrungen auf sein eingezahltes kapital nach abschluss der liquidation noch mit einem ertrag im falle der veräußerung seines geschäftsanteils rechnen. 70ein vermögensvorteil beim vater ergab sich hingegen, soweit mit dem zahlbetrag i. h. v. x eur darlehensverbindlichkeiten des vaters gegenüber der b-gmbh befriedigt wurden und im hinblick auf die zahlung von x eur im jahr 2006, die zur erfüllung einer geldauflage des vaters in dem gegen ihn gerichteten strafverfahren verwendet wurde. 71soweit die zahlung i. h. v. x eur und der betrag i. h. v. x eur für steuerschulden der b-gmbh verwendet wurden, ergab sich ein aus sicht des vaters allenfalls abstrakter vermögensvorteil in seiner beteiligung, der sich in der mehrung der insolvenzmasse erschöpfte. 72nach ansicht des senats ergibt sich aus der zuwendung eines vermögensvorteil, der bei einer juristischen person eintritt, an der ein angehöriger des gesellschafters beteiligt ist, ein indiz für eine veranlassung durch das gesellschaftsverhältnis unabhängig von der frage, ob der wert der beteiligung des nahen angehörigen dadurch steigt oder nicht. entscheidend ist, ob für die vermögensverlagerung überwiegende betriebliche interessen sprechen – dann liegt keine vga vor – oder nicht – dann greift der für eine vga sprechende anscheinsbeweis. der gesamte vorgang ist wirtschaftlich so zu werten, als wenn der gesellschafter seinem angehörigen den vermögensvorteil direkt zuwendet, der ihn seinerseits in seine gesellschaft einlegt (vgl. u. a. stolze, verdeckte gewinnausschüttung und nahestehende person, s. 124 m. w. n.). 73ab. der senat konnte keine betriebliche veranlassung der zuwendungen feststellen. der kläger hat den für eine veranlassung durch das gesellschaftsverhältnis sprechenden anscheinsbeweis nicht erschüttert. 74eine zuwendung hat ihren anlass im gesellschaftsverhältnis wenn ein ordentlicher und gewissenhafter geschäftsführer diesen vorteil unter sonst gleichen umständen einem nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte (bfh-urteile vom 09. dezember 2009 x r 52/06, a.a.o.; vom 25. mai 2004 viii r 4/01, bfhe 207, 103; vom 13. dezember 2006 viii r 31/05, bstbl ii 2007, 393; wrede in herrmann/heuer/raupach, § 20 estg rz 240; blümich/stuhrmann, § 20 estg rz 75; schmidt/ weber-grellet estg § 20 rz 60 f.). insoweit gelten besondere grundsätze für beherrschende gesellschafter (vgl. dazu strspr. vgl. z.b. bfh-urteil vom 09. november 2005 i r 89/04, bfhe 211, 287, bstbl. ii 2008, 523), die im streitfall nicht einschlägig sind, da kl. nur zu 50 % beteiligt war und prokurist der a-gmbh war. 75kriterien für den vorzunehmenden fremdvergleich sind bei der gewährung von darlehen die vereinbarung eines rückzahlungszeitpunktes und die gestellung von sicherheiten bei hohen darlehnsbeträgen (vgl. bfh-urteil vom 16. september 1958 i 88/57 u, bfhe 67, 468, bstbl. iii 1958, 451; bfh-rspr. urteil vom 16. september 1958 – i 88/57 u –, bfhe 67, 468). das fehlen von sicherheiten bei hohen darlehensbeträgen hat der bfh als nicht fremdüblich angesehen (vgl. bfh-urteil vom 14. märz 1990 i r 6/89, bfhe 160, 459, bstbl. ii 1990, 795 (750.000 dm). 76einem fremden dritten bzw. einer kapitalgesellschaft, an der ein fremder dritter beteiligt war, hätte die a-gmbh keine zahlungen i. h. v. insgesamt rund x eur geleistet, ohne bankenübliche sicherheiten zu fordern. dieser umstand bestärkt den sich bereits aus dem näheverhältnis zwischen kläger und vater ergebenden anscheinsbeweis. 77der anscheinsbeweis kann im allgemeinen nur durch die feststellung erschüttert werden, dass die zuwendung des vorteils ihre ursache ausschließlich in einer vom gesellschaftsverhältnis zum nahe stehenden gesellschafter unabhängigen beziehung der kapitalgesellschaft zum empfänger der zuwendung hat; die kapitalgesellschaft bzw. der nahe stehende gesellschafter haben dies darzulegen (bfh-urteil vom 22. februar 2005 viii r 24/03, bfh/nv 2005, 1266 m. w. n.). aus den vom kläger geltend gemachten gründen ergibt sich keine ausschließliche betriebliche veranlassung. 78ba. zahlungen für steuerschulden der b-gmbh 79soweit die zahlungen auf steuerschulden der b-gmbh geleistet wurden, bestand kein hinreichendes eigenbetriebliches interesse der a-gmbh. 80zwischen beiden gesellschaften bestanden keine geschäftlichen beziehungen. der geschäftsbetrieb der b-gmbh war seit dem jahr 2000 eingestellt worden und die gesellschaft befand sich in insolvenz. insoweit ist nicht ersichtlich, dass mit der b-gmbh ein wirtschaftlich relevanter kunde/lieferant der a-gmbh hätte wirtschaftlich gestützt hätte werden sollen. 81soweit der kläger vorträgt, der ruf der a-gmbh habe geschützt werden sollen, überzeugt dies nicht. eine etwaige rufschädigung wäre bereits mit der eröffnung des insolvenzverfahrens über das vermögen der b-gmbh eingetreten und konnte allein durch die zahlungen nicht mehr beseitigt werden. nicht behauptet wurde, dass die zahlungen einer sanierung der b-gmbh hätten dienen können und sollen. 82auch die begründung, die tilgung der gewerbesteuerschuld bei der stadt l sei betrieblich veranlasst gewesen, da die stadt in der vergangenheit bei der standortwahl der a-gmbh kooperativ gewesen sei, ist nicht hinreichend substantiiert. insoweit ist bereits nicht dargelegt worden, dass die a-gmbh eine vergrößerung des standortes l im fraglichen zeitraum geplant und die stadt l die tilgung der steuerschulden der b-gmbh zur bedingung für ein wie auch immer geartetes „entgegenkommen“ gemacht hätte. die produktion der ...technik erfolgte nicht in l sondern in i durch die c-gmbh, so dass eine ausweitung der produktion kein grund gewesen sein kann. 83der umstand, dass nach dem gesamtergebnis des verfahrens mit den zahlungen weder die b-gmbh als vom vater gegründete gesellschaft gerettet werden konnte („lebenswerk des vaters“), noch der vater selbst einen eigenen vermögensvorteil (wertsteigerung seines geschäftsanteils) hatte, steht der annahme einer vga nicht entgegen. der sich aus dem verwandtschaftsverhältnis und der fehlenden besicherung ergebende beweis des ersten anscheins für eine veranlassung aus dem gesellschaftsverhältnis muss nicht etwa durch weitere konkretere feststellungen erhärtet werden; vielmehr muss der anscheinsbeweis vom gesellschafter, der sich gegen die vga wendet, erschüttert werden. dies ist dem kläger nicht gelungen. 84bb. zahlungen für darlehensverbindlichkeiten des vaters und/oder geldauflagen des vaters im strafverfahren 85soweit die zahlungen direkt zu gunsten des vaters gleistet wurden, konnte der kläger im ergebnis ebenfalls keine überzeugenden eigenbetrieblichen gründe der a-gmbh anführen. 86soweit zunächst geltend gemacht wurde, der vater habe dem unternehmen als berater erhalten bleiben sollen, ist nicht näher dargelegt worden, dass der vater mit einer längeren haftstrafe habe rechnen müssen. im übrigen bleibt in derartigen fällen die schwierigkeit der abgrenzung, ob tragendes motiv die verschonung der person des vaters vor einer haftstrafe war oder das unternehmerische moment des erhalts eines wichtigen mitarbeiters/beraters für das unternehmen war. in derartigen fällen müssen daher substantiierte gründe angeführt werden, aus denen sich ein ganz ausschließlich betriebliches interesse ergibt. 87soweit der kläger zuletzt im wesentlichen auf den ruf des unternehmens abgestellt hat, wenn der vater im rahmen eines strafverfahrens medial „vorgeführt“ und vorverurteilt werden würde, stellt dies ebenfalls ein nicht hinreichendes („weiches“) argument für eine betriebliche veranlassung dar. auch insoweit besteht eine konkurrenz zum ebenfalls sehr nahe liegenden bestreben des klägers, seinen gesundheitlich vorbelasteten vater (herzinfarkt) zu schonen. auch ist denkbar und nahe liegend, dass der ruf des vaters in der öffentlichkeit gewahrt werden sollte und nicht der ruf der a-gmbh. 88ac. dem abfluss von vermögen bei der a-gmbh stand auch kein gleich hoher vermögenszufluss in gestalt von darlehensforderungen gegenüber. 89grundsätzlich ist in fällen einer darlehensgewährung in der auszahlung des darlehenskapitals an den gesellschafter keine vga zu sehen, da der gesellschaft eine forderung gegen gesellschafter auf rückzahlung zusteht (vgl. bfh-urteil vom 23. juni 1981 viii r 102/80, bfhe 134, 541, bstbl. ii. 1982, 245). gleiches gilt bei darlehen an nahe angehörige des gesellschafters oder sonstige nahe stehende personen. 90voraussetzung ist jedoch, dass es sich um eine echtes darlehensverhältnis handelt, d. h. bei der auszahlung muss ein rechtsbindungswillen der beteiligten bestanden haben, ein darlehensverhältnis (ob mündlich oder schriftlich) zu vereinbaren. als indiz dafür wird gesehen, wenn der gesellschafter bzw. der nahe angehöriger von anfang an ernstlich bestrebt war, die erhaltenen mittel in absehbarer zeit wieder zurückzuzahlen (vgl. bfh-beschluss vom 22. märz 2010 viii b 204/09, bfh/nv 2010, 1112 m. w. n.; vom 02. februar 2005 viii b 191/03, bfh/nv 2005, 1318). daran fehlt es im streitfall. 91nach bfh-rspr. ist bei einmann-gmbh oder familiengesellschaft kritisch zu prüfen, ob ein echtes „darlehen“ vorliegt. prüfungsmaßstab ist der fremdvergleich, d. h. die frage, ob die gesellschaft auch einem fremden nichtgesellschafter unter sonst gleichen verhältnissen das darlehen gewährt hätte. dies ist im streitfall zu verneinen. 92vorliegend waren die schriftlichen vertragstexte/-entwürfe vom vater nicht unterschrieben worden. die vertragstexte waren nach aussage des klägers auch nicht mit dem ziel aufgesetzt worden, ein darlehensverhältnis zu begründen, sondern um einen buchungsbeleg für die überweisungen zu haben. 93der vater sah sich von beginn an nicht in der pflicht die zahlungen zu leisten; weder ursprünglich gegenüber den gläubigern noch später gegenüber der a-gmbh. erst im jahr 2008 war der vater erstmals aufgrund der zahlungsschwierigkeiten der a-gmbh bereit, einen teilbetrag zurück zu zahlen. in der gesamtschau kann nicht von einvernehmlich vereinbarten darlehensverhältnissen ausgegangen werden, da dem vater für den kläger erkennbar ein dahin gehender rechtsbindungswillen fehlte. 94hinzu kommt, dass die zahlungen i. h. v. insgesamt x eur nicht durch sicherheiten gedeckt wurden. selbst wenn der vater über hohe einkünfte und über vollstreckbares vermögen verfügt haben sollte, muss das fehlen banküblicher sicherheiten bei einer gesamtdarlehensumme von weit über x eur als jedenfalls nicht mehr fremdüblich gewertet werden. 95stellt man auf die b-gmbh als rückzahlungsschuldner ab, stand bereits im zeitpunkt der zahlungen fest, dass rückzahlungen nicht erfolgen werden, da über deren vermögen bereits ein insolvenzverfahren eröffnet worden war. 96ferner wäre auch eine vertragsgemäße durchführung der „darlehensverträge“ nicht festzustellen, da der vater bis auf die einmalzahung i. h. v. x eur im jahr 2008 keine zahlungen geleistet hatte, während die vertragstexte quartalsweise zahlungen vorsahen. 97ad. die vga waren auch in den streitjahren anzusetzen. 98eine vga ist zeitlich beim gesellschafter in dem jahr des (mittelbaren) zuflusses des vermögensvorteils zu erfassen (bfh-urteil vom 22. februar 2005, az.: viii r 24/03, bfh/nv 2005, 1266). der zuflusszeitpunkt richtet sich unabhängig von der besteuerung bei der gesellschaft bei einem privaten, nicht beherrschenden anteilseigner wie dem kläger grundsätzlich nach § 11 abs. 1 estg. 99selbst bei der hingabe von darlehen ist das jahr der auszahlung maßgeblich, wenn eine rückzahlung von beginn an nicht ernsthaft gewollt war bzw. nicht ernsthaft mit einer rückzahlung zu rechnen war (dazu lange, verdeckte gewinnausschüttungen, 6. aufl. 1993, rn. 550 f. m. w. n.). 100nach diesen maßstäben waren die vga in den streitjahren anzusetzen. der zufluss des vermögensvorteils beim vater bzw. der b-gmbh, welcher dem kläger als mittelbarer vermögenszuwachs zuzurechnen ist, erfolgte in den streitjahren 2005 (x eur) und 2006 (x eur). 101c. der beklagte hat die steuerfestsetzungen zudem zutreffend nach § 173 abs. 1 nr. 1 ao geändert und dem kläger damit 100 v. h. der zahlungen als vga zugerechnet. 102nach § 173 abs. 1 nr. 1 ao sind steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit tatsachen oder beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren steuer führen. 103der beklagte erfuhr erst aufgrund der vernehmung des klägers als zeuge im terim am 15. märz 2013 im finanzgerichtlichen verfahren des bruders (fg münster, az. 11 k 2089/11 e) davon, dass der bruder keine kenntnis von den gesamten zahlungsvorgängen hatte und dass der kläger die überweisungsträger unterzeichnet hatte. damit erhielt der beklagte erst nach ergehen der einspruchsentscheidung vom 05. oktober 2011 kenntnis von für die zurechnung der vga rechtserheblichen tatsachen. 104wären die zahlungen als vom bruder mit veranlasst zu qualifizieren, wäre eine zurechnung allein beim kläger rechtsfehlerhaft. wie bereits ausgeführt wurde, kann der für eine gesellschaftliche veranlassung sprechende anscheinsbeweis auch dann geführt werden, wenn die zuwendung des vorteils auch auf der persönlichen beziehung zu einem anderen, dem empfänger ebenfalls nahe stehenden gesellschafter beruhen kann. dies nimmt der bfh für den fall an, dass unmittelbarer empfänger der vga ein nahe stehender mitgesellschafter oder in dem fall, dass unmittelbarer empfänger der vga eine (auch) dem mitgesellschafter nahe stehende person ist. in derartigen fällen ist --ohne beweiserleichterung-- festzustellen, wer in diesem fall die vga veranlasst hat. es handelt sich dann um eine mittelbare zuwendung an diesen gesellschafter (bfh-urteil vom 22. februar 2005 viii r 24/03, bfh/nv 2005, 1266). 105nach diesen maßstäben waren die vga allein dem kläger zuzurechnen, da der bruder des klägers als zweiter gesellschafter der a-gmbh in den streitjahren keine kenntnis von den zahlungen hatte und diese auch nicht veranlasst hatte. veranlasst wurden die zahlungen allein vom kläger. 106dem beklagten ist insoweit auch keine verletzung seiner pflicht zur amtsermittlung vorzuwerfen, welche einer nachträglichen änderung nach § 173 abs. 1 nr. 1 ao entgegen stehen könnte. 107der grundsatz von treu und glauben steht einer änderung nach § 173 abs. 1 nr. 1 ao entgegen, wenn dem fa tatsachen aufgrund einer verletzung seiner ermittlungspflichten unbekannt geblieben sind, der steuerpflichtige seinerseits aber die ihm obliegenden mitwirkungspflichten in zumutbarer weise erfüllt hat. im falle einer beiderseitigen pflichtverletzung ist nach ständiger rechtsprechung eine abwägung vorzunehmen (z.b. bfh-urteile vom 16. juni 2004 x r 56/01, bfh/nv 2004, 1502, und vom 26. februar 2009 ii r 4/08, bfh/nv 2009, 1599, m.w.n.). 108im streitfall hatte der kläger bis zu seiner vernehmung im verfahren des bruders keine angaben darüber gemacht, dass sein bruder von dem gesamten vorgängen keine kenntnis hatte. dies stellt eine überwiegende mitwirkungspflichtverletzung des klägers dar, der insoweit bis dahin im eigenen steuerlichen interesse geschwiegen hatte. soweit für den beklagten die möglichkeit bestanden hätte, den sachverhalt durch vernehmung des bruders und vaters aufzuklären, stellt das unterlassen insoweit keinen die mitwirkungspflichtverletzung des klägers überwiegenden pflichtenverstoß dar. 109d. der änderung steht auch die bei der a-gmbh durchgeführte betriebsprüfung nicht entgegen. die sog. änderungssperre nach § 173 abs. 2 ao tritt nur nach maßgabe der prüfungsanordnung hinsichtlich des geprüften steuerpflichtigen (bfh bstbl. ii. 1998, 552) und der geprüften steuer ein (vgl dazu rüsken, in gräber, ao, § 173 rn. 152 m. w. n.). 110e. soweit der vater im jahr 2008 an die a-gmbh x eur zurückgezahlt hat, führt dies insoweit nicht zu einem (rückwirkenden) entfallen der vga in den streitjahren 2005 und 2006. 111grundsätzlich kann eine rückzahlung einer vga die einmal eingetretene rechtsfolge nicht beseitigen (bfh-urteil vom 14. juli 2009 viii r 10/07, bfh/nv 2009, 1815; vgl. auch intemann, in h/h/r, § 20 estg anm. 93 m. w. n.). vielmehr ist eine rückzahlung aus sicht der gesellschaft und des gesellschafters als einlage zu behandeln, wenn die rückzahlung durch das gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. als kehrseite zur vga ist dabei regelmäßig von einer veranlassung durch das gesellschaftsverhältnis auszugehen (vgl. intemann, in h/h/r, § 20 estg anm. 93 m. w. n.). 1122. die kostenentscheidung folgt aus § 135 abs. 1 fgo. 1133. die revision war nach § 115 abs. 2 nr. 1 fgo wegen grundsätzlicher bedeutung der rechtsfrage zuzulassen, ob der anscheinsbeweis für eine veranlassung aus dem gesellschaftsverhältnis bei zuwendungen an eine juristische personen, an der eine dem gesellschafter nahe stehende natürliche person beteiligt ist, voraussetzt, dass die beteiligung der nahe stehenden natürlichen person an der durch die leistung begünstigten kapitalgesellschaft in ihrem wert erhöht wird.
Verklagte*r
0
165,532
10 K 2954/14 Kg,AO
2015-05-12T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. 1 Tatbestand: 2Der Kläger ist der Vater des ….1995 geborenen Kindes A und erhielt für diesen seit dessen Geburt Kindergeld. Darüber hinaus ist der Kläger auch der Vater der Kinder B, C und D, für die ursprünglich ebenfalls zu seinen Gunsten Kindergeld festgesetzt war. 3Der Kläger ist mit der Kindesmutter, Frau E, verheiratet und wohnt mit dieser zusammen in … F-Stadt. Im Januar 2010 stellte die Kindesmutter einen eigenen Antrag auf Kindergeld für die o.g. vier Kinder. 4Die Familienkasse (Beklagte) gab dem Antrag der Kindesmutter beginnend mit März 2010 statt. Zudem hob sie unter Hinweis darauf, dass die Kindesmutter gemäß § 64 Abs. 2 S. 2 EStG zur vorrangig Kindergeldberechtigten bestimmt worden sei, die Kindergeldfestsetzung für alle vier Kinder ab März 2010 gegenüber dem Kläger auf. 5Im September 2013 beantragte die Kindesmutter die Fortzahlung von Kindergeld für das Kind A über dessen 18. Lebensjahr hinaus. Dabei gab sie an, dass A bei den Großeltern in der Türkei wohne und dort zur Schule gehe. Auf Nachfrage der Familienkasse teilte sie ergänzend mit, dass sich A seit Sommer 2008 bis voraussichtlich 2015 in der Türkei aufhalten werde. Ihr Ehemann – der Kläger – sei dort die meiste Zeit bei ihm. Ihr Sohn komme einmal pro Jahr in den Sommerferien nach Deutschland zurück und halte sich hier dann drei Monate auf. 6Mit Bescheid vom 05.05.2014 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für das Kind A gegenüber dem Kläger unter Verweis auf § 70 Abs. 2 EStG ab August 2010 auf und forderte das für den Zeitraum August 2008 bis Februar 2010 gezahlte Kindergeld i.H.v. 3.700 € von dem Kläger zurück. Zudem erließ die Beklagte betreffend den Zeitraum ab März 2010 einen Rückforderungsbescheid gegenüber der Kindesmutter; diesbezüglich ist unter dem Aktenzeichen 10 K 3174/14 Kg,AO eine Klage der Kindesmutter anhängig. 7Der Kläger legte gegen den an ihn gerichteten Bescheid Einspruch ein und erhob unter anderem die Einrede der Verjährung. Eine Aufhebung komme aus Verjährungsgründen allenfalls ab Januar 2010 in Betracht. Aber auch ab diesem Zeitpunkt könne keine Rückforderung erfolgen, da Vertrauensschutzgesichtspunkte greifen würden. Denn die Antragsgegnerin habe das Kindergeld weitergezahlt, obwohl ihr schon seit dem Jahr 2008 positiv bekannt gewesen sei, dass der Sohn A in der Türkei zur Schule gehe. Als der Schulwechsel im Jahr 2008 angestanden habe, habe er - der Kläger - gemeinsam mit seiner Ehefrau sämtliche Stellen aufgesucht und dort Mitteilung macht. Da die Familie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten habe, hätten sie unter anderem bei der ARGE F-Stadt vorgesprochen und mitgeteilt, dass A nicht mehr in die Bedarfsgemeinschaft falle. Der dortige Sachbearbeiter habe darauf hingewiesen, dass dies auch der Kindergeldstelle mitgeteilt werden müsse, weshalb sich die Eheleute einige Tage später - noch im September 2008 - gemeinsam zur Familienkasse begeben hätten. Auch dort hätten sie mitgeteilt, dass A ab September 2008 in der Türkei zur Schule gehe. Eine schriftliche Empfangsbestätigung für diese Mitteilung hätten sie nicht erhalten, jedoch seien beide Eheleute bei dem Gespräch anwesend gewesen. Der Sachbearbeiter bei der Familienkasse habe erklärt, dass Kindergeld so lange weiter gewährt werde, wie ein Elternteil auf Steuerkarte arbeite und A in Deutschland gemeldet sei. Da beides der Fall gewesen sei und auch heute noch sei, sei er - der Kläger - davon ausgegangen, seine Pflicht gegenüber der Familienkasse erfüllt und das Kindergeld auch zu Recht bezogen zu haben. Er habe auf die Aussagen des Mitarbeiters der Familienkasse vertraut. 8Das Gleiche gelte auch für seine Ehefrau. Dass diese gutgläubig gewesen sei, zeige sich schon daran, dass sie anlässlich der Volljährigkeit von A einen neuen Antrag auf Gewährung von Kindergeld gestellt habe und dabei eine türkische Schulbescheinigung beigefügt habe. Hätte sie gewusst, dass kein Anspruch besteht, hätte sie dies sicher nicht getan. 9Darüber hinaus dürfte auch § 814 BGB analog greifen. Da die Familienkasse bereits seit 2008 Kenntnis von dem Schulbesuch in der Türkei gehabt habe, hätte sie mit September 2008 die Kindergeldzahlung einstellen müssen. Wenn sie trotz Kenntnis der Nichtschuld weiter zahle, könne das Geld jetzt jedenfalls nicht mehr zurückgefordert werden. Der Anspruch sei verwirkt. Außerdem stelle sich die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs als illoyale Rechtsausübung dar, da der Mitarbeiter der Familienkasse deutlich zum Ausdruck gebracht habe, dass er trotz der Tatsache des Schulwechsels in die Türkei von einem Fortbestehen des Kindergeldanspruchs ausgehe. Zudem sei er - der Kläger - auch entreichert. 10Die Familienkasse erließ am 08.08.2014 einen Änderungsbescheid, mit dem die Rückforderung auf den Zeitraum Januar und Februar 2010 und den Betrag von 430 € begrenzt wurde. Im Übrigen wies sie den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 26.08.2014 als unbegründet zurück. 11Der Kläger hat sodann Klage erhoben. Er hält unter Wiederholung seines bisherigen Vortrags daran fest, dass der Familienkasse kein Rückforderungsanspruch zusteht. Ergänzend trägt er vor, dass er und seine Ehefrau bei der Familienkasse keinen Termin vereinbart hätten, sondern zur Antragsannahmestelle gegangen seien und dort eine Nummer gezogen hätten. Wenn man aufgerufen werde, werde man in eine Kabine gebeten. Sie seien zu einer etwa 45 bis 50 Jahre alten Frau gekommen, deren Namen er nicht mehr wisse. Dieser hätten sie mitgeteilt, dass A ab September 2010 in der Türkei zur Schule gehe und der Aufenthalt bis zum Ende der 12. Klasse, also etwa 4 bis 6 Jahre, dauern solle. 12Der Kläger beantragt, 13den Rückforderungsbescheid vom 05.05.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.08.2014 aufzuheben. 14Die Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Sie ist weiterhin der Auffassung, dass die Rückforderung zu Recht erfolgt ist. 17Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung von Frau E als Zeugin. Die Zeugin gab u.a. an, dass es eine Absprache mit dem Schulamt gegeben habe, wonach A bis zum Ablauf von drei Monaten in seine alte Klasse habe zurückkehren können. Hierüber sei im September 2008 auch mit einer Mitarbeiterin der Beklagten gesprochen worden. Sie hätten die Mitarbeiterin darauf hingewiesen, dass ihr Sohn aufgrund schulischer und familiärer Schwierigkeiten künftig in der Türkei zur Schule gehen solle, und zwar zunächst für drei Monate. Wenn es dort nicht klappe, solle er nach Deutschland zurückkommen, und ansonsten bis zum Abschluss seiner Schulausbildung in der Türkei bleiben. Die Mitarbeiterin habe daraufhin erwidert, dass das kein Problem sei, solange sie – die Zeugin – in Deutschland arbeite und ihr Sohn hier gemeldet sei. Nachdem sich herausgestellt habe, dass der Schulaufenthalt in der Türkei gut verlaufe, seien sie und ihr Ehemann nochmal beim Schulamt gewesen und hätten dort mitgeteilt, dass A in der Türkei bleibe. 18Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die in den Verfahren 10 K 2954/14 Kg,AO und 10 K 3174/14 Kg,AO vorgelegten Kindergeldakten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. 211. Der Aufhebungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. 22a) Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 3 EStG hat derjenige, der im Inland über einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verfügt, einen Kindergeldanspruch nur für diejenigen Kinder, die ebenfalls im Inland, in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt innehaben. Die Türkei zählt nicht zu den in § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG genannten Staaten. 23Dass der Kläger im Streitzeitraum einen Wohnsitz im Inland hatte, ist unstreitig. Sein Sohn A verfügte in den Monaten Januar und Februar 2010 jedoch weder über einen Wohnsitz noch über einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. 24Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 8 AO). Der Begriff des Wohnsitzes setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumlichkeiten das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit – wenn auch in größeren Zeitabständen – aufsucht. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Erholungszwecken reicht nicht aus. Ebenso wenig reicht es aus, beim Einwohnermeldeamt mit einem bestimmten Wohnsitz gemeldet zu sein. 25Kinder können bei einem längerfristigen Schulbesuch im Ausland abweichend von ihren Eltern ihren inländischen Wohnsitz aufgeben und einen eigenständigen Wohnsitz im Ausland begründen, wobei es für die Entscheidung, ob das Kind den inländischen Wohnsitz beibehalten hat, u.a. darauf ankommt, wie oft und wie lange sich das Kind zwischenzeitlich im Inland aufgehalten hat (vgl. BFH, Beschluss vom 27.08.2010 – III B 30/09, BFH/NV 2010, 2272). Hält sich das Kind lediglich in den Schulferien in der inländischen Wohnung der Eltern auf, wird hierdurch ein Wohnsitz grundsätzlich nicht begründet oder beibehalten (vgl. BFH, Urteil vom 23.11.2000 - VI R 165/99, BStBl. II 2001, 279). Denn solche kurzfristigen Aufenthalte haben typischerweise keinen Wohncharakter, sondern dienen primär Besuchszwecken. 26Insbesondere in den Fällen, in denen ein minderjähriges Kind für mehrere Jahre zum Besuch der Schule bei Verwandten im Heimatland der Eltern untergebracht wird, ist zu beachten, dass ein solcher Auslandsaufenthalt nicht in erster Linie durch den Zweck der Schulausbildung bestimmt wird. Nach der Lebenserfahrung dient ein solcher Aufenthalt vielmehr vor allem auch dem Zweck, die Heimat der Familie genauer kennenzulernen und sich längerfristig in die dortigen Lebensverhältnisse einzuleben. Die Bindungen in sprachlicher, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht an den heimatlichen Kulturkreis werden hergestellt oder wiederhergestellt und gefestigt. Das Entstehen neuer Beziehungen und die Lockerung der bisher bestehenden Bindungen führen regelmäßig zu einer Verwurzelung im Ausland (Heimatland), verbunden mit einer entsprechenden Einschränkung der bisherigen familiären Wohn- und Lebensgemeinschaft zwischen Kindern und Eltern. Diese Umstände schließen es dann regelmäßig aus, weiterhin vom Innehaben einer Wohnung bei den Eltern im Inland unter Umständen auszugehen, die darauf hinweisen, dass die Wohnung beibehalten und als solche genutzt werden soll und wird (BFH, Urteil vom 22.04.1994 – III R 22/92, BStBl II 1994, 887). 27Ob ein Wohnsitz begründet oder beibehalten wurde bzw. ob das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ist vom Finanzgericht als Tatsacheninstanz zu ermitteln. Dabei sind die konkreten Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Die Feststellungslast (objektive Beweislast) dafür, dass ein inländischer Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt vorliegt, trägt der Kindergeldberechtigte. 28Unter Berücksichtigung der o.g. Grundsätze ist nach Aktenlage nicht davon auszugehen, dass A im Streitzeitraum noch einen Wohnsitz im Inland hatte. Zu beachten ist insoweit zunächst, dass es nach den Angaben, die der Kläger und die Kindesmutter in der mündlichen Verhandlung gemacht haben, von vornherein beabsichtigt war, dass A – ein gutes Gelingen der Probezeit von drei Monaten vorausgesetzt – bis zum Abschluss seiner Schulausbildung, d.h. für vier bis sechs Jahre in der Türkei bleiben sollte. Davon waren zu Beginn des Streitzeitraums bereits 1,5 Jahre abgelaufen. Es handelte sich mithin sowohl beabsichtigt als auch tatsächlich nicht um einen nur kurzfristigen Auslandsaufenthalt. Zu beachten ist zudem, dass A im Zeitpunkt des Schulwechsels erst 12 Jahre alt war und bei Verwandten untergebracht wurde. Zurück nach Deutschland ist er nach dem Vortrag des Klägers nur in den Sommerschulferien gekommen. Damit liegen im Streitfall genau die Umstände vor, die grundsätzlich gegen das (weitere) Innehaben eines Wohnsitzes in der Wohnung bei den Eltern im Inland sprechen. Besondere Anhaltspunkte dafür, dass A in der Wohnung seiner Eltern in F-Stadt trotzdem einen Wohnsitz beibehalten hat, sind nicht ersichtlich. 29Auch hatte A seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland. Nach § 9 Satz 1 AO hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht nur vorübergehend verweilt. Die Sechsmonatsfrist in § 9 Satz 2 AO enthält einen Anhaltspunkt dafür, welche Aufenthaltsdauer nicht mehr als nur vorübergehend anzusehen ist. Entscheidend ist, ob ursprünglich ein mehr als sechs Monate dauernder Aufenthalt im Inland geplant war. Daran fehlt es im Streitfall, denn A sollte nach eigenem Vortrag des Klägers nur während der Sommerschulferien – d.h. für maximal drei Monate - nach Deutschland kommen. 30b) Die Beklagte war auch berechtigt, die Kindergeldfestsetzung gem. § 70 Abs. 2 EStG nachträglich aufzuheben. 31Nach § 70 Abs. 2 FGO ist die Festsetzung des Kindergeldes zu ändern, soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, und zwar mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn ein Kind - wie hier der Sohn A - die besonderen Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 EStG nicht mehr erfüllt. Die Änderung der Verhältnisse ist auch nachträglich eingetreten, denn im Zeitpunkt der gegenüber dem Kläger ursprünglich erfolgten Kindergeldfestsetzung hatte A noch einen Wohnsitz im Inland. Dieser ist erst anlässlich des im September 2008 erfolgten Schulwechsels weggefallen. 322. Der Rückforderungsbescheid ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. 33Ist Kindergeld ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO i.V.m. § 31 Satz 3 EStG derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist (hier: die Beklagte), gegenüber dem Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrags. 34Dass der Kläger der Leistungsempfänger im Sinne des § 37 Abs. 2 AO ist, ist nicht zweifelhaft. Der Kindergeldbetrag wurde auf das von ihm im Kindergeldantrag benannte Konto überwiesen. 35Darauf, ob der Kläger erkannt hat, dass ihm zu viel Kindergeld ausgezahlt worden ist, kommt es nicht an. Denn § 37 Abs. 2 AO setzt kein Verschulden auf Seiten des Leistungsempfängers voraus. Der Rückforderungsanspruch besteht vielmehr auch dann, wenn den Leistungsempfänger an der Fehlleistung kein Verschulden trifft bzw. wenn er diese nicht einmal erkannt hat. 36Damit liegen die Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 AO dem Grunde nach vor. 37Mit seinen Einwänden kann der Kläger letztlich nicht durchdringen. Insbesondere kann er sich nicht auf Entreicherung berufen. Denn der Rechtsgedanke des § 818 Abs. 3 BGB ist im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Rückforderungsanspruchs nach § 37 Abs. 2 AO nicht anwendbar (z.B. BFH, Beschlüsse vom 19.09.1997 – V B 39/97, BFH/NV 1998, 280 und vom 27.04.1998 – VII B 296/97, BStBl II 1998, 499). 38Auch kann sich der Kläger nicht auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen. In der Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass die bloße Auszahlung von Kindergeld zur Schaffung eines Vertrauenstatbestandes allein nicht ausreicht. Hinzu kommen müssen vielmehr besondere Umstände, die die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs als illoyale Rechtsausübung erscheinen lassen. Bei einem Massenverfahren wie im Kindergeldrecht ist dabei ein besonders eindeutiges Verhalten der Familienkasse zu fordern, dem zu entnehmen ist, dass sie auch nach Prüfung des Falls unter Berücksichtigung veränderter Umstände von einem Fortbestehen des Kindergeldanspruchs ausgeht und ein anderer Eindruck bei dem Kindergeldempfänger nicht entstehen kann. Dem Verhalten der Familienkasse muss also die konkludente Zusage zu entnehmen sein, dass der Kindergeldempfänger mit einer Rückforderung des Kindergeldes nicht zu rechnen brauche (vgl. Beschluss vom 28.01.2010 - III B 37/09, BFH/NV 2010, 837 m.w.N.). 39Der Kläger sieht ein solches Verhalten in der von ihm behaupteten Aussage einer Mitarbeiterin der Beklagten, dass Kindergeld so lange weiter gewährt werde, wie ein Elternteil auf Steuerkarte arbeite und A in Deutschland gemeldet sei. Ob eine solche Aussage tatsächlich getätigt wurde, kann letztlich dahinstehen. Denn selbst dann, wenn der komplette Vortrag des Klägers als wahr unterstellt wird, greift der Grundsatz von Treu und Glauben nicht ein, da sich nicht feststellen lässt, ob es sich bei der Mitarbeiterin, mit der der Kläger gesprochen haben will, überhaupt um eine zu einer abschließenden Entscheidung über die Kindergeldfestsetzung des Klägers berufene Person handelte. Da sich der Kläger und dessen Ehefrau nicht an den Namen der Mitarbeiterin zu erinnern vermochten, ließ sich die sachliche Zuständigkeit dieser Person nicht beurteilen. In diesem Zusammenhang war allerdings zu beachten, dass das von dem Kläger und der Zeugin geschilderte Geschehen – nämlich dass sie bei der Antragsannahmestelle eine Nummer gezogen hätten und bei Aufruf in die ihnen zugewiesene Kabine gegangen seien – in ganz erheblichem Maße dafür spricht, dass sie mit einer zufälligen Person gesprochen haben, deren Aufgabe sich darauf beschränkte, Anträge entgegen zu nehmen. Eine solche Person kann jedoch grundsätzlich keine rechtlich verbindlichen Aussagen für die Familienkasse treffen. 40Zudem liegt das vom BFH geforderte besonders eindeutige Verhalten der Familienkasse, dem zu entnehmen ist, dass sie auch nach Prüfung des Falls unter Berücksichtigung veränderter Umstände von einem Fortbestehen des Kindergeldanspruchs ausgeht und ein anderer Eindruck bei dem Kindergeldempfänger nicht entstehen kann, bei einer solchen Ausgangslage schon deshalb nicht vor, weil für den Kindergeldberechtigten aus dem Namen „Antragsannahmestelle“ ersichtlich ist, dass die Anträge dort im Wesentlichen nur angenommen werden, d.h. gerade noch nicht abschließend bearbeitet werden. Dass es sich bei etwaigen rechtlichen Äußerungen von Mitarbeitern der Antragsannahmestelle, die in kurzer Folge mit einer Vielzahl unterschiedlicher Sachverhalte konfrontiert werden, ohne die dazugehörenden Akten zu kennen, gerade nicht um das Ergebnis einer abschließenden Prüfung handelt, sondern lediglich um spontane rechtliche Einschätzungen, ist offensichtlich und auch für den Kindergeldberechtigten erkennbar. Vertrauensschutz kann aus solchen spontanen Äußerungen nicht ableitet werden. 413. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der kläger. 1
2der kläger ist der vater des ….1995 geborenen kindes a und erhielt für diesen seit dessen geburt kindergeld. darüber hinaus ist der kläger auch der vater der kinder b, c und d, für die ursprünglich ebenfalls zu seinen gunsten kindergeld festgesetzt war. 3der kläger ist mit der kindesmutter, frau e, verheiratet und wohnt mit dieser zusammen in … f-stadt. im januar 2010 stellte die kindesmutter einen eigenen antrag auf kindergeld für die o.g. vier kinder. 4die familienkasse (beklagte) gab dem antrag der kindesmutter beginnend mit märz 2010 statt. zudem hob sie unter hinweis darauf, dass die kindesmutter gemäß § 64 abs. 2 s. 2 estg zur vorrangig kindergeldberechtigten bestimmt worden sei, die kindergeldfestsetzung für alle vier kinder ab märz 2010 gegenüber dem kläger auf. 5im september 2013 beantragte die kindesmutter die fortzahlung von kindergeld für das kind a über dessen 18. lebensjahr hinaus. dabei gab sie an, dass a bei den großeltern in der türkei wohne und dort zur schule gehe. auf nachfrage der familienkasse teilte sie ergänzend mit, dass sich a seit sommer 2008 bis voraussichtlich 2015 in der türkei aufhalten werde. ihr ehemann – der kläger – sei dort die meiste zeit bei ihm. ihr sohn komme einmal pro jahr in den sommerferien nach deutschland zurück und halte sich hier dann drei monate auf. 6mit bescheid vom 05.05.2014 hob die beklagte die kindergeldfestsetzung für das kind a gegenüber dem kläger unter verweis auf § 70 abs. 2 estg ab august 2010 auf und forderte das für den zeitraum august 2008 bis februar 2010 gezahlte kindergeld i.h.v. 3.700 € von dem kläger zurück. zudem erließ die beklagte betreffend den zeitraum ab märz 2010 einen rückforderungsbescheid gegenüber der kindesmutter; diesbezüglich ist unter dem aktenzeichen 10 k 3174/14 kg,ao eine klage der kindesmutter anhängig. 7der kläger legte gegen den an ihn gerichteten bescheid einspruch ein und erhob unter anderem die einrede der verjährung. eine aufhebung komme aus verjährungsgründen allenfalls ab januar 2010 in betracht. aber auch ab diesem zeitpunkt könne keine rückforderung erfolgen, da vertrauensschutzgesichtspunkte greifen würden. denn die antragsgegnerin habe das kindergeld weitergezahlt, obwohl ihr schon seit dem jahr 2008 positiv bekannt gewesen sei, dass der sohn a in der türkei zur schule gehe. als der schulwechsel im jahr 2008 angestanden habe, habe er - der kläger - gemeinsam mit seiner ehefrau sämtliche stellen aufgesucht und dort mitteilung macht. da die familie leistungen zur sicherung des lebensunterhalts erhalten habe, hätten sie unter anderem bei der arge f-stadt vorgesprochen und mitgeteilt, dass a nicht mehr in die bedarfsgemeinschaft falle. der dortige sachbearbeiter habe darauf hingewiesen, dass dies auch der kindergeldstelle mitgeteilt werden müsse, weshalb sich die eheleute einige tage später - noch im september 2008 - gemeinsam zur familienkasse begeben hätten. auch dort hätten sie mitgeteilt, dass a ab september 2008 in der türkei zur schule gehe. eine schriftliche empfangsbestätigung für diese mitteilung hätten sie nicht erhalten, jedoch seien beide eheleute bei dem gespräch anwesend gewesen. der sachbearbeiter bei der familienkasse habe erklärt, dass kindergeld so lange weiter gewährt werde, wie ein elternteil auf steuerkarte arbeite und a in deutschland gemeldet sei. da beides der fall gewesen sei und auch heute noch sei, sei er - der kläger - davon ausgegangen, seine pflicht gegenüber der familienkasse erfüllt und das kindergeld auch zu recht bezogen zu haben. er habe auf die aussagen des mitarbeiters der familienkasse vertraut. 8das gleiche gelte auch für seine ehefrau. dass diese gutgläubig gewesen sei, zeige sich schon daran, dass sie anlässlich der volljährigkeit von a einen neuen antrag auf gewährung von kindergeld gestellt habe und dabei eine türkische schulbescheinigung beigefügt habe. hätte sie gewusst, dass kein anspruch besteht, hätte sie dies sicher nicht getan. 9darüber hinaus dürfte auch § 814 bgb analog greifen. da die familienkasse bereits seit 2008 kenntnis von dem schulbesuch in der türkei gehabt habe, hätte sie mit september 2008 die kindergeldzahlung einstellen müssen. wenn sie trotz kenntnis der nichtschuld weiter zahle, könne das geld jetzt jedenfalls nicht mehr zurückgefordert werden. der anspruch sei verwirkt. außerdem stelle sich die geltendmachung des rückforderungsanspruchs als illoyale rechtsausübung dar, da der mitarbeiter der familienkasse deutlich zum ausdruck gebracht habe, dass er trotz der tatsache des schulwechsels in die türkei von einem fortbestehen des kindergeldanspruchs ausgehe. zudem sei er - der kläger - auch entreichert. 10die familienkasse erließ am 08.08.2014 einen änderungsbescheid, mit dem die rückforderung auf den zeitraum januar und februar 2010 und den betrag von 430 € begrenzt wurde. im übrigen wies sie den einspruch mit einspruchsentscheidung vom 26.08.2014 als unbegründet zurück. 11der kläger hat sodann klage erhoben. er hält unter wiederholung seines bisherigen vortrags daran fest, dass der familienkasse kein rückforderungsanspruch zusteht. ergänzend trägt er vor, dass er und seine ehefrau bei der familienkasse keinen termin vereinbart hätten, sondern zur antragsannahmestelle gegangen seien und dort eine nummer gezogen hätten. wenn man aufgerufen werde, werde man in eine kabine gebeten. sie seien zu einer etwa 45 bis 50 jahre alten frau gekommen, deren namen er nicht mehr wisse. dieser hätten sie mitgeteilt, dass a ab september 2010 in der türkei zur schule gehe und der aufenthalt bis zum ende der 12. klasse, also etwa 4 bis 6 jahre, dauern solle. 12der kläger beantragt, 13den rückforderungsbescheid vom 05.05.2014 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 26.08.2014 aufzuheben. 14die beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16sie ist weiterhin der auffassung, dass die rückforderung zu recht erfolgt ist. 17das gericht hat beweis erhoben durch die vernehmung von frau e als zeugin. die zeugin gab u.a. an, dass es eine absprache mit dem schulamt gegeben habe, wonach a bis zum ablauf von drei monaten in seine alte klasse habe zurückkehren können. hierüber sei im september 2008 auch mit einer mitarbeiterin der beklagten gesprochen worden. sie hätten die mitarbeiterin darauf hingewiesen, dass ihr sohn aufgrund schulischer und familiärer schwierigkeiten künftig in der türkei zur schule gehen solle, und zwar zunächst für drei monate. wenn es dort nicht klappe, solle er nach deutschland zurückkommen, und ansonsten bis zum abschluss seiner schulausbildung in der türkei bleiben. die mitarbeiterin habe daraufhin erwidert, dass das kein problem sei, solange sie – die zeugin – in deutschland arbeite und ihr sohn hier gemeldet sei. nachdem sich herausgestellt habe, dass der schulaufenthalt in der türkei gut verlaufe, seien sie und ihr ehemann nochmal beim schulamt gewesen und hätten dort mitgeteilt, dass a in der türkei bleibe. 18hinsichtlich der weiteren einzelheiten wird auf die schriftsätze der beteiligten, die in den verfahren 10 k 2954/14 kg,ao und 10 k 3174/14 kg,ao vorgelegten kindergeldakten sowie das protokoll der mündlichen verhandlung bezug genommen. 19
20die klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. 211. der aufhebungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten. 22a) nach § 62 abs. 1 nr. 1 i.v.m. § 63 abs. 1 satz 1 nr. 1, abs. 1 satz 3 estg hat derjenige, der im inland über einen wohnsitz oder gewöhnlichen aufenthalt verfügt, einen kindergeldanspruch nur für diejenigen kinder, die ebenfalls im inland, in einem mitgliedsstaat der europäischen union oder in einem staat, auf den das abkommen über den europäischen wirtschaftsraum anwendung findet, einen wohnsitz oder gewöhnlichen aufenthalt innehaben. die türkei zählt nicht zu den in § 63 abs. 1 satz 3 estg genannten staaten. 23dass der kläger im streitzeitraum einen wohnsitz im inland hatte, ist unstreitig. sein sohn a verfügte in den monaten januar und februar 2010 jedoch weder über einen wohnsitz noch über einen gewöhnlichen aufenthalt im inland. 24einen wohnsitz hat jemand dort, wo er eine wohnung unter umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 8 ao). der begriff des wohnsitzes setzt neben zum dauerhaften wohnen geeigneten räumlichkeiten das innehaben der wohnung in dem sinne voraus, dass der steuerpflichtige tatsächlich über sie verfügen kann und sie als bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen regelmäßigkeit – wenn auch in größeren zeitabständen – aufsucht. ein nur gelegentliches verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer zeiträume zu erholungszwecken reicht nicht aus. ebenso wenig reicht es aus, beim einwohnermeldeamt mit einem bestimmten wohnsitz gemeldet zu sein. 25kinder können bei einem längerfristigen schulbesuch im ausland abweichend von ihren eltern ihren inländischen wohnsitz aufgeben und einen eigenständigen wohnsitz im ausland begründen, wobei es für die entscheidung, ob das kind den inländischen wohnsitz beibehalten hat, u.a. darauf ankommt, wie oft und wie lange sich das kind zwischenzeitlich im inland aufgehalten hat (vgl. bfh, beschluss vom 27.08.2010 – iii b 30/09, bfh/nv 2010, 2272). hält sich das kind lediglich in den schulferien in der inländischen wohnung der eltern auf, wird hierdurch ein wohnsitz grundsätzlich nicht begründet oder beibehalten (vgl. bfh, urteil vom 23.11.2000 - vi r 165/99, bstbl. ii 2001, 279). denn solche kurzfristigen aufenthalte haben typischerweise keinen wohncharakter, sondern dienen primär besuchszwecken. 26insbesondere in den fällen, in denen ein minderjähriges kind für mehrere jahre zum besuch der schule bei verwandten im heimatland der eltern untergebracht wird, ist zu beachten, dass ein solcher auslandsaufenthalt nicht in erster linie durch den zweck der schulausbildung bestimmt wird. nach der lebenserfahrung dient ein solcher aufenthalt vielmehr vor allem auch dem zweck, die heimat der familie genauer kennenzulernen und sich längerfristig in die dortigen lebensverhältnisse einzuleben. die bindungen in sprachlicher, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher hinsicht an den heimatlichen kulturkreis werden hergestellt oder wiederhergestellt und gefestigt. das entstehen neuer beziehungen und die lockerung der bisher bestehenden bindungen führen regelmäßig zu einer verwurzelung im ausland (heimatland), verbunden mit einer entsprechenden einschränkung der bisherigen familiären wohn- und lebensgemeinschaft zwischen kindern und eltern. diese umstände schließen es dann regelmäßig aus, weiterhin vom innehaben einer wohnung bei den eltern im inland unter umständen auszugehen, die darauf hinweisen, dass die wohnung beibehalten und als solche genutzt werden soll und wird (bfh, urteil vom 22.04.1994 – iii r 22/92, bstbl ii 1994, 887). 27ob ein wohnsitz begründet oder beibehalten wurde bzw. ob das kind seinen gewöhnlichen aufenthalt im inland hat, ist vom finanzgericht als tatsacheninstanz zu ermitteln. dabei sind die konkreten umstände des einzelfalls zu würdigen. die feststellungslast (objektive beweislast) dafür, dass ein inländischer wohnsitz oder gewöhnlicher aufenthalt vorliegt, trägt der kindergeldberechtigte. 28unter berücksichtigung der o.g. grundsätze ist nach aktenlage nicht davon auszugehen, dass a im streitzeitraum noch einen wohnsitz im inland hatte. zu beachten ist insoweit zunächst, dass es nach den angaben, die der kläger und die kindesmutter in der mündlichen verhandlung gemacht haben, von vornherein beabsichtigt war, dass a – ein gutes gelingen der probezeit von drei monaten vorausgesetzt – bis zum abschluss seiner schulausbildung, d.h. für vier bis sechs jahre in der türkei bleiben sollte. davon waren zu beginn des streitzeitraums bereits 1,5 jahre abgelaufen. es handelte sich mithin sowohl beabsichtigt als auch tatsächlich nicht um einen nur kurzfristigen auslandsaufenthalt. zu beachten ist zudem, dass a im zeitpunkt des schulwechsels erst 12 jahre alt war und bei verwandten untergebracht wurde. zurück nach deutschland ist er nach dem vortrag des klägers nur in den sommerschulferien gekommen. damit liegen im streitfall genau die umstände vor, die grundsätzlich gegen das (weitere) innehaben eines wohnsitzes in der wohnung bei den eltern im inland sprechen. besondere anhaltspunkte dafür, dass a in der wohnung seiner eltern in f-stadt trotzdem einen wohnsitz beibehalten hat, sind nicht ersichtlich. 29auch hatte a seinen gewöhnlichen aufenthalt nicht im inland. nach § 9 satz 1 ao hat jemand seinen gewöhnlichen aufenthalt dort, wo er sich unter umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht nur vorübergehend verweilt. die sechsmonatsfrist in § 9 satz 2 ao enthält einen anhaltspunkt dafür, welche aufenthaltsdauer nicht mehr als nur vorübergehend anzusehen ist. entscheidend ist, ob ursprünglich ein mehr als sechs monate dauernder aufenthalt im inland geplant war. daran fehlt es im streitfall, denn a sollte nach eigenem vortrag des klägers nur während der sommerschulferien – d.h. für maximal drei monate - nach deutschland kommen. 30b) die beklagte war auch berechtigt, die kindergeldfestsetzung gem. § 70 abs. 2 estg nachträglich aufzuheben. 31nach § 70 abs. 2 fgo ist die festsetzung des kindergeldes zu ändern, soweit in den verhältnissen, die für den anspruch auf kindergeld erheblich sind, änderungen eintreten, und zwar mit wirkung vom zeitpunkt der änderung der verhältnisse. ein solcher fall liegt insbesondere dann vor, wenn ein kind - wie hier der sohn a - die besonderen voraussetzungen des § 63 abs. 1 estg nicht mehr erfüllt. die änderung der verhältnisse ist auch nachträglich eingetreten, denn im zeitpunkt der gegenüber dem kläger ursprünglich erfolgten kindergeldfestsetzung hatte a noch einen wohnsitz im inland. dieser ist erst anlässlich des im september 2008 erfolgten schulwechsels weggefallen. 322. der rückforderungsbescheid ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten. 33ist kindergeld ohne rechtlichen grund gezahlt worden, so hat nach § 37 abs. 2 satz 1 ao i.v.m. § 31 satz 3 estg derjenige, auf dessen rechnung die zahlung bewirkt worden ist (hier: die beklagte), gegenüber dem leistungsempfänger einen anspruch auf erstattung des gezahlten betrags. 34dass der kläger der leistungsempfänger im sinne des § 37 abs. 2 ao ist, ist nicht zweifelhaft. der kindergeldbetrag wurde auf das von ihm im kindergeldantrag benannte konto überwiesen. 35darauf, ob der kläger erkannt hat, dass ihm zu viel kindergeld ausgezahlt worden ist, kommt es nicht an. denn § 37 abs. 2 ao setzt kein verschulden auf seiten des leistungsempfängers voraus. der rückforderungsanspruch besteht vielmehr auch dann, wenn den leistungsempfänger an der fehlleistung kein verschulden trifft bzw. wenn er diese nicht einmal erkannt hat. 36damit liegen die voraussetzungen des § 37 abs. 2 ao dem grunde nach vor. 37mit seinen einwänden kann der kläger letztlich nicht durchdringen. insbesondere kann er sich nicht auf entreicherung berufen. denn der rechtsgedanke des § 818 abs. 3 bgb ist im rahmen des öffentlich-rechtlichen rückforderungsanspruchs nach § 37 abs. 2 ao nicht anwendbar (z.b. bfh, beschlüsse vom 19.09.1997 – v b 39/97, bfh/nv 1998, 280 und vom 27.04.1998 – vii b 296/97, bstbl ii 1998, 499). 38auch kann sich der kläger nicht auf den grundsatz von treu und glauben berufen. in der rechtsprechung des bfh ist geklärt, dass die bloße auszahlung von kindergeld zur schaffung eines vertrauenstatbestandes allein nicht ausreicht. hinzu kommen müssen vielmehr besondere umstände, die die geltendmachung des rückforderungsanspruchs als illoyale rechtsausübung erscheinen lassen. bei einem massenverfahren wie im kindergeldrecht ist dabei ein besonders eindeutiges verhalten der familienkasse zu fordern, dem zu entnehmen ist, dass sie auch nach prüfung des falls unter berücksichtigung veränderter umstände von einem fortbestehen des kindergeldanspruchs ausgeht und ein anderer eindruck bei dem kindergeldempfänger nicht entstehen kann. dem verhalten der familienkasse muss also die konkludente zusage zu entnehmen sein, dass der kindergeldempfänger mit einer rückforderung des kindergeldes nicht zu rechnen brauche (vgl. beschluss vom 28.01.2010 - iii b 37/09, bfh/nv 2010, 837 m.w.n.). 39der kläger sieht ein solches verhalten in der von ihm behaupteten aussage einer mitarbeiterin der beklagten, dass kindergeld so lange weiter gewährt werde, wie ein elternteil auf steuerkarte arbeite und a in deutschland gemeldet sei. ob eine solche aussage tatsächlich getätigt wurde, kann letztlich dahinstehen. denn selbst dann, wenn der komplette vortrag des klägers als wahr unterstellt wird, greift der grundsatz von treu und glauben nicht ein, da sich nicht feststellen lässt, ob es sich bei der mitarbeiterin, mit der der kläger gesprochen haben will, überhaupt um eine zu einer abschließenden entscheidung über die kindergeldfestsetzung des klägers berufene person handelte. da sich der kläger und dessen ehefrau nicht an den namen der mitarbeiterin zu erinnern vermochten, ließ sich die sachliche zuständigkeit dieser person nicht beurteilen. in diesem zusammenhang war allerdings zu beachten, dass das von dem kläger und der zeugin geschilderte geschehen – nämlich dass sie bei der antragsannahmestelle eine nummer gezogen hätten und bei aufruf in die ihnen zugewiesene kabine gegangen seien – in ganz erheblichem maße dafür spricht, dass sie mit einer zufälligen person gesprochen haben, deren aufgabe sich darauf beschränkte, anträge entgegen zu nehmen. eine solche person kann jedoch grundsätzlich keine rechtlich verbindlichen aussagen für die familienkasse treffen. 40zudem liegt das vom bfh geforderte besonders eindeutige verhalten der familienkasse, dem zu entnehmen ist, dass sie auch nach prüfung des falls unter berücksichtigung veränderter umstände von einem fortbestehen des kindergeldanspruchs ausgeht und ein anderer eindruck bei dem kindergeldempfänger nicht entstehen kann, bei einer solchen ausgangslage schon deshalb nicht vor, weil für den kindergeldberechtigten aus dem namen „antragsannahmestelle“ ersichtlich ist, dass die anträge dort im wesentlichen nur angenommen werden, d.h. gerade noch nicht abschließend bearbeitet werden. dass es sich bei etwaigen rechtlichen äußerungen von mitarbeitern der antragsannahmestelle, die in kurzer folge mit einer vielzahl unterschiedlicher sachverhalte konfrontiert werden, ohne die dazugehörenden akten zu kennen, gerade nicht um das ergebnis einer abschließenden prüfung handelt, sondern lediglich um spontane rechtliche einschätzungen, ist offensichtlich und auch für den kindergeldberechtigten erkennbar. vertrauensschutz kann aus solchen spontanen äußerungen nicht ableitet werden. 413. die kostenentscheidung beruht auf § 135 abs. 1 fgo.
Verklagte*r
0
164,281
S 25 AS 1278/12
2015-07-08T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Streitgegenständlich sind Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit von einschließlich Januar 2011 bis Juli 2011. 3Der 1947 geborene Kläger beantragte am 31.01.2011 beim Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Er gab hierbei im Rahmen seiner persönlichen Vorsprache am 09.02.2011 unter anderem an, er sei freiberuflich tätig und unterrichte an der Volkshochschule in Köln. Aufgrund einer Umstrukturierung seien die bislang von ihm unterrichteten Kurse seit Anfang des Jahres weggefallen. Ob er für neue Kurse, die ab März 2011 eingeplant seien, eingesetzt werden könne, stehe noch nicht fest. Mit Mitwirkungsaufforderung vom 09.02.2011 forderte der Beklagte umfangreiche Unterlagen vom Kläger an und lehnte nach Nichteingang dieser Unterlagen sodann mit Bescheid vom 01.03.2011 den Antrag auf Leistungen zu Sicherung des Lebensunterhaltes vom 31.01.2011 ab. Unter dem Bescheid-Datum befindet sich auf Blatt 7 der Verwaltungsakte des Beklagten ein nicht genau lesbarer handschriftlicher Kürzel. Am 10.05.2011 ging ein vom Kläger nicht unterschriebenes Antragsformular betreffend die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten ein. Am 25.05.2011 sprach der Kläger persönlich beim Beklagten vor. Leistungen wurden in der Folge zunächst nicht bewilligt. Am 26.08.2011 beantragte der Kläger (erneut) Leistungen nach dem SGB II. Er gab hierbei unter anderem an, seine Tochter, Frau F wohne seit dem 15.07.2011 in seiner Wohnung, sie sei Vollzeit erwerbstätig. Mit Schreiben vom 26.08.2011 forderte der Beklagte sodann erneut den Kläger zur Mitwirkung unter Vorlage umfangreicher Unterlagen auf. Mit Bescheid vom 22.09.2011 bewilligte der Beklagte sodann Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.08.2011 bis 31.01.2012 in Höhe von monatlich 628,33 €. Die Bewilligung erfolgte vorläufig aufgrund der Einnahmen aus der Tätigkeit bei der Volkshochschule. 4Dem Bewilligungsbescheid vom 22.09.2011 wiedersprach der Kläger am 26.10.2011. Er führte zur Begründung unter anderem aus, sein „Einspruch“ richte sich gegen die Gewährung der Leistungen erst ab dem 01.08.2011. Durch eine fehlende bzw. unzureichende Beratung sei ihm ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstanden. Freibeträge und Versicherungspauschalen sowie Entfernungspauschalen seien in den Monaten Januar bis August 2011 zu Unrecht nicht in Ansatz gebracht worden. Wegen der fälschlichen Anrechnung der erst im Nachhinein ausgezahlten Honorare habe er monatelang Schulden machen müssen. Mit Widerspruchsbescheid vom 01.03.2012 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 22.09.2011 als unbegründet zurück. Er führte zur Begründung unter anderem aus, über den erstmaligen Antrag vom 31.01.2011 sei bereits mit Bescheid vom 01.03.2011 bestandskräftig entschieden worden. Daher könne im Widerspruchsverfahren über die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.07.2011 keine Entscheidung getroffen werden. Dementsprechend müsse auch der inhaltliche Vortrag betreffend diese Zeit unberücksichtigt bleiben. Aufgrund des nochmaligen Antrages seien dem Kläger ab Anfang August 2011 Leistungen bewilligt worden. Soweit im Rahmen der Leistungsbewilligung die Anrechnung der Witwerrente als Einkommen erfolgt sei, sei dies rechtmäßig. 5Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 30.03.2012 erhobenen Klage. Er habe einen Versagungsbescheid vom 01.03.2011 nie erhalten oder gesehen. Er habe einen Anspruch darauf, die Fakten richtig zu stellen und habe einen Anspruch auf die Gewährung von Arbeitslosengeld II für die Zeit von Januar bis Juli 2011. Er habe seine Antragsunterlagen rechtzeitig eingereicht bzw. nachgereicht und es habe eine vertrauensvolle Beziehung Anfang des Jahres 2011 zu den Mitarbeitern des Beklagten gegeben. Es sei abgesprochen gewesen, dass angesichts laufender Bewerbungen mit guten Erfolgschancen seinerseits nicht sofort einen Ablehnungsbescheid ergehe, sondern zunächst abgewartet werden sollte, wie sich seine berufliche Situation entwickelt. Die anschuldigende Argumentation im Widerspruchsbescheid vom 01.03.2012 widerspreche den nachgewiesenen Fakten, sei herabwürdigend und verletzend. 6Nach umfangreichem Vortrag des Klägers zu seinen Einkommensverhältnissen in der ersten Hälfte des Jahres 2011 hat der Beklagte am 03.10.2012 einen Bescheid auf Grundlage von § 44 Sozialgesetzbuch Zehnten Buch (SGB X) betreffend den Leistungszeitraum Januar 2011 bis Juli 2011 erlassen. Die Überprüfung des Anspruches habe ergeben, dass ein Leistungsanspruch im vorgenannten Zeitraum nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) nicht gegeben sei. Aufgrund der zugeflossenen Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit sei der Kläger nicht hilfebedürftig gewesen. Der Kläger hat hierzu mit Schreiben vom 11.01.2013 Stellung genommen und erklärt, er sei seit Mitte Dezember 2012 bis einschließlich Ende der Woche krankgeschrieben (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt am 09.01.2013, welche Arbeitsunfähigkeit seit dem 18.12.2012 attestiert, Blatt 52 Gerichtsakte). Für den Fall der Verfristung beantrage er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit Schreiben vom 10.02.2013, eingegangen beim Gericht am 11.02.2013, erklärte der Kläger sich mit dem Bescheid vom 03.10.2012 nicht einverstanden. Die Berechnung des Beklagten sei völlig unzutreffend, wie sich aus der von ihm gefertigen Berechnung ergebe (Blatt 55 Gerichtsakte). 7Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 08.07.2015 hat der Beklagte erklärt, dass auch er davon ausgehe, dass der Bescheid vom 01.03.2011 dem Kläger nicht zugegangen und damit rechtlich nicht existent ist. Nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden sei allerdings der Bescheid vom 03.10.2012. 8Der Kläger beantragt, 9 dass mit Rücksichtnahme auf alle relevanten Fakten dieses 10 Falles 111.) der Bescheid vom 22.09.2011 in Gestalt des Wider- 12 spruchsbescheides vom 01.03.2012 dergestalt ge- 13 ändert wird, dass der Beklagte verpflichtet wird, 14 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe 15 auch für die Zeit von einschließlich Januar bis Juli 16 2011 zu zahlen, 172.) den Bescheid vom 03.10.2012 aufzuheben und 18Leistungen nach dem SGB II in vorgenannter Höhe 19basierend auf dieser Aufhebung für die Zeit von 20Januar bis Juli 2011 zu zahlen. 21Der Beklagte beantragt, 22 die Klage abzuweisen. 23Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten sowie den Inhalt der beigezogenen Gerichtsakten zu den Verfahren S 27 SO 465/12 ER, L 9 SO 373/14 sowie L 9 SO 102/14 Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung der Kammer gewesen. 24Entscheidungsgründe: 25Die als Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz ) erhobene Klage, die sich zum einen gegen den Bescheid vom 22.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides 01.03.2012 und zum anderen gegen den Bescheid vom 03.10.2012 richtet, bleibt ohne Erfolg, da sie unzulässig ist. 26Soweit sich der Kläger gegen den Bescheid vom 22.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides 01.03.2012 wendet, ist er durch diesen Bescheid betreffend die von ihm geltend gemachten Leistungsansprüche für die Zeit von Januar bis Juli 2011 nicht i.S.v. § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Denn der angefochtene Bescheid verhält sich zu diesem Leistungszeitraum nicht und enthält daher insoweit keine anfechtbare Regelung. Die bindende Wirkung eines Bescheides (§ 77 SGG) bezieht sich auf den Ausspruch im Bescheid (Beschiedtenor), der seinerseits der Auslegung fähig ist. Ausgehend von dem in § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) enthaltenen allgemeinen Rechtsgedanken ist hierzu bei der Auslegung eines Verwaltungsaktes nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern zu erforschen, was nach Treu und Glauben aus Sicht eines objektiven Empfängers als Inhalt des dem Bescheid innehaltenden Erklärungsmoments anzusehen ist, wobei bei Unklarheiten die Bescheidgründe zur Auslegung heranzuziehen sind (vgl etwa: LSG NRW, Urteil vom 01.10.1996, L 11 Ka 24/96, juris Rn. 23 m.w.N). 27Soweit der Bescheid vom 22.09.2011 Leistungen für die Zeit ab August 2011 bewilligt, enthält dies aus Sicht eines objektiven Empfängers keine - wenn auch nur konkludente - Ablehnung der Leistungen für einen zeitlich davor liegenden Zeitraum. Zum einen erfolgte die Bewilligung im Bescheid vom 22.09.2011 „aufgrund“ des Antrages vom 26.08.2011. Da Leistungen nach dem SGB II nicht für Zeiten vor der Antragstellung bewilligt werden dürfen (§ 37 Abs. 2 SGB II) ist nicht erkennbar, dass der angefochtene Bescheid sich in irgendeiner Weise regelnd zu Zeiten vor August 2011 verhalten soll. Auch aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nichts anderes. Wie sich überdies aus dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 01.03.2012 erhalten hat (§ 95 SGG) ergibt, hat der Beklagte angenommen, den vorangegangenen Leistungszeitraum bereits durch Bescheid vom 01.03.2011 geregelt zu haben. Er hat in der Begründung des Widerspruchsbescheides ausdrücklich festgehalten, dass im Widerspruchsverfahren über die Zeit von Januar bis Juli 2011 keine Entscheidung getroffen werden kann. Insoweit ist irrelevant, ob die diesbezügliche Entscheidung des Beklagten materiell „richtig“ war. Insbesondere ist irrelevant, ob der vom Beklagten genannte Bescheid vom 01.03.2011 wie von ihm angenommen „bestandskräftig“ geworden ist (wovon der Beklagte im Übrigen zwischenzeitlich Abstand genommen hat und - der Auffassung des Klägers folgend - nicht mehr von der Wirksamkeit des Bescheides vom 01.03.2011 ausgeht). Denn auch wenn der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 01.03.2012 zu Unrecht die Wirksamkeit des Bescheides vom 01.03.2011 unterstellt hat, so hat er gleichwohl darauf aufbauend eine Sachentscheidung bezogen auf die Monate Januar bis Juli 2011 ausdrücklich nicht vorgenommen. Allein dies ist für die Frage, ob der Kläger hinsichtlich dieser Monate durch den angefochtenen Bescheid vom 22.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides 01.03.2012 beschwert ist, relevant. 28Soweit sich der Kläger gegen den Bescheid vom 03.10.2012 - der eine Regelung betreffend die streitgegenständliche Zeit von Januar bis Juli 2011 enthält - richtet, ist die Klage mangels Durchführung eines Vorverfahrens (§ 78 ff. SGG) unzulässig. Nach § 78 Abs. 1 SGG sind vor Erhebung der Anfechtungsklage Recht- und im Falle einer Ermessensentscheidung auch die Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsaktes in einem verwaltungsinternen Vorverfahren zu überprüfen. Das Vorverfahren beginnt mit Erhebung des Widerspruchs (§ 83 SGG) und wird durch einen Abhilfe– bzw. Widerspruchsbescheid (§ 85 SGG) abgeschlossen. Einen solchen Widerspruchsbescheid hat der Beklagte bislang nicht erlassen. Die Durchführung eines Vorverfahrens war nicht deshalb entbehrlich, weil der Bescheid vom 03.10.2012 auf Grundlage von § 96 SGG „automatisch“ Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist. Hiernach wird nach Klageerhebung eine neuer Bescheid Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er den angefochtenen Bescheid abändert oder ersetzt (§ 96 Abs. 1 SG). Keine der beiden Konstellationen liegt vor, da der Bescheid vom 03.10.2012 zeitlich lediglich den Leistungszeitraum Januar 2011 bis Juli 2011 erfasst und der (zunächst) allein angefochtene Bescheid vom 22.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2012 wie ausgeführt hierzu gerade keine Regelung trifft. 29Ein Tatbestand, der ausnahmsweise ein Vorverfahren entbehrlich machen würde, liegt nicht vor. Weder ist einer der Katalogfälle des § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG einschlägig, noch ist dem Zweck des Vorverfahrens - der noch verwirklicht werden kann - bereits Rechnung getragen worden (vgl. allg. zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens: Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 78, Rn. 8b). Die Durchführung eines Vorverfahrens wäre auch nicht eine blosse „Förmelei“ (vgl. hierzu: Hessisches LSG, Urteil vom 25.03.2014, L 3 U 42/10, juris Rn. 43), da die mit dem Vorverfahren bezweckte Selbstkontrolle der Verwaltung und mögliche Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens durchaus noch erreicht werden kann. Der Beklagte hat mit dem Bescheid vom 03.10.2012 erstmals eine Sachentscheidung betreffend die Monate Januar bis Juli 2011 getroffen; der Bescheid vom 01.03.2011 erfolgte unter Hinweis auf die fehlende Mitwirkung (§ 60 ff. SGB I) des Klägers. Da dem Bescheid vom 03.10.2012 und den nachfolgenden Einlassungen des Beklagten während des gerichtlichen Verfahrens eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den vom Kläger im Nachgang geltend gemachten umfangreichen Betriebsausgaben und den vom Kläger behaupteten lediglich darlehensweise Zuwendungen der Tochter nicht zu entnehmen ist, die anlässlich eines Widerspruchsverfahrens aber nachgeholt werden kann, erscheint die Durchführung des Vorverfahrens keineswegs zwecklos. 30Von einer Aussetzung des Verfahrens (§ 114 Abs. 2 SGG in entsprechender Anwendung) zwecks Abschluss des Vorverfahrens war abzusehen, da der Kläger sowohl im Erörterungstermin als auch im Verhandlungstermin deutlich gemacht hat, dass er nunmehr auf eine gerichtliche Entscheidung besteht und nicht bereit ist, eine weitere Verzögerung in Kauf zu nehmen. Daher kann auch dahingestellt bleiben, ob die Klage, soweit sie sich gegen den Bescheid vom 03.10.2012 richtet, als nicht zulässige Klageänderung (§ 99 SGG) anzusehen war. 31Rechtsmittelbelehrung: 32Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. 33Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim 34Landessozialgericht 35Nordrhein-Westfalen, 36Zweigertstraße 54, 3745130 Essen, 38schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. 39Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem 40Sozialgericht Köln, 41An den Dominikanern 2, 4250668 Köln, 43schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. 44Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. 45Die Einreichung in elektronischer Form erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Diese ist über die Internetseite www.sg-koeln.nrw.de erreichbar. Die elektronische Form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte Datei, die den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO SG) vom 07.11.2012 (GV.NRW, 551) entspricht. Hierzu sind die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten Signatur nach § 2 Nummer 3 des Signaturgesetzes vom 16.05.2001 (BGBl. I, 876) in der jeweils geltenden Fassung zu versehen. Die qualifizierte elektronische Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat müssen durch das Gericht überprüfbar sein. Auf der Internetseite www.justiz.nrw.de sind die Bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben. 46Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. 47Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Köln schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen. 48Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war. 49Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat. 50Schneider 51Richterin am Sozialgericht
die klage wird abgewiesen. außergerichtliche kosten haben die beteiligten einander nicht zu erstatten. 1
2streitgegenständlich sind leistungen nach dem sozialgesetzbuch zweites buch (sgb ii) für die zeit von einschließlich januar 2011 bis juli 2011. 3der 1947 geborene kläger beantragte am 31.01.2011 beim beklagten leistungen nach dem sgb ii. er gab hierbei im rahmen seiner persönlichen vorsprache am 09.02.2011 unter anderem an, er sei freiberuflich tätig und unterrichte an der volkshochschule in köln. aufgrund einer umstrukturierung seien die bislang von ihm unterrichteten kurse seit anfang des jahres weggefallen. ob er für neue kurse, die ab märz 2011 eingeplant seien, eingesetzt werden könne, stehe noch nicht fest. mit mitwirkungsaufforderung vom 09.02.2011 forderte der beklagte umfangreiche unterlagen vom kläger an und lehnte nach nichteingang dieser unterlagen sodann mit bescheid vom 01.03.2011 den antrag auf leistungen zu sicherung des lebensunterhaltes vom 31.01.2011 ab. unter dem bescheid-datum befindet sich auf blatt 7 der verwaltungsakte des beklagten ein nicht genau lesbarer handschriftlicher kürzel. am 10.05.2011 ging ein vom kläger nicht unterschriebenes antragsformular betreffend die gewährung von leistungen nach dem sgb ii beim beklagten ein. am 25.05.2011 sprach der kläger persönlich beim beklagten vor. leistungen wurden in der folge zunächst nicht bewilligt. am 26.08.2011 beantragte der kläger (erneut) leistungen nach dem sgb ii. er gab hierbei unter anderem an, seine tochter, frau f wohne seit dem 15.07.2011 in seiner wohnung, sie sei vollzeit erwerbstätig. mit schreiben vom 26.08.2011 forderte der beklagte sodann erneut den kläger zur mitwirkung unter vorlage umfangreicher unterlagen auf. mit bescheid vom 22.09.2011 bewilligte der beklagte sodann leistungen nach dem sgb ii für die zeit vom 01.08.2011 bis 31.01.2012 in höhe von monatlich 628,33 €. die bewilligung erfolgte vorläufig aufgrund der einnahmen aus der tätigkeit bei der volkshochschule. 4dem bewilligungsbescheid vom 22.09.2011 wiedersprach der kläger am 26.10.2011. er führte zur begründung unter anderem aus, sein „einspruch“ richte sich gegen die gewährung der leistungen erst ab dem 01.08.2011. durch eine fehlende bzw. unzureichende beratung sei ihm ein erheblicher wirtschaftlicher schaden entstanden. freibeträge und versicherungspauschalen sowie entfernungspauschalen seien in den monaten januar bis august 2011 zu unrecht nicht in ansatz gebracht worden. wegen der fälschlichen anrechnung der erst im nachhinein ausgezahlten honorare habe er monatelang schulden machen müssen. mit widerspruchsbescheid vom 01.03.2012 wies der beklagte den widerspruch des klägers gegen den bescheid vom 22.09.2011 als unbegründet zurück. er führte zur begründung unter anderem aus, über den erstmaligen antrag vom 31.01.2011 sei bereits mit bescheid vom 01.03.2011 bestandskräftig entschieden worden. daher könne im widerspruchsverfahren über die zeit vom 01.01.2011 bis 31.07.2011 keine entscheidung getroffen werden. dementsprechend müsse auch der inhaltliche vortrag betreffend diese zeit unberücksichtigt bleiben. aufgrund des nochmaligen antrages seien dem kläger ab anfang august 2011 leistungen bewilligt worden. soweit im rahmen der leistungsbewilligung die anrechnung der witwerrente als einkommen erfolgt sei, sei dies rechtmäßig. 5hiergegen wendet sich der kläger mit seiner am 30.03.2012 erhobenen klage. er habe einen versagungsbescheid vom 01.03.2011 nie erhalten oder gesehen. er habe einen anspruch darauf, die fakten richtig zu stellen und habe einen anspruch auf die gewährung von arbeitslosengeld ii für die zeit von januar bis juli 2011. er habe seine antragsunterlagen rechtzeitig eingereicht bzw. nachgereicht und es habe eine vertrauensvolle beziehung anfang des jahres 2011 zu den mitarbeitern des beklagten gegeben. es sei abgesprochen gewesen, dass angesichts laufender bewerbungen mit guten erfolgschancen seinerseits nicht sofort einen ablehnungsbescheid ergehe, sondern zunächst abgewartet werden sollte, wie sich seine berufliche situation entwickelt. die anschuldigende argumentation im widerspruchsbescheid vom 01.03.2012 widerspreche den nachgewiesenen fakten, sei herabwürdigend und verletzend. 6nach umfangreichem vortrag des klägers zu seinen einkommensverhältnissen in der ersten hälfte des jahres 2011 hat der beklagte am 03.10.2012 einen bescheid auf grundlage von § 44 sozialgesetzbuch zehnten buch (sgb x) betreffend den leistungszeitraum januar 2011 bis juli 2011 erlassen. die überprüfung des anspruches habe ergeben, dass ein leistungsanspruch im vorgenannten zeitraum nach dem sozialgesetzbuch zweites buch (sgb ii) nicht gegeben sei. aufgrund der zugeflossenen einnahmen aus freiberuflicher tätigkeit sei der kläger nicht hilfebedürftig gewesen. der kläger hat hierzu mit schreiben vom 11.01.2013 stellung genommen und erklärt, er sei seit mitte dezember 2012 bis einschließlich ende der woche krankgeschrieben (arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt am 09.01.2013, welche arbeitsunfähigkeit seit dem 18.12.2012 attestiert, blatt 52 gerichtsakte). für den fall der verfristung beantrage er wiedereinsetzung in den vorigen stand. mit schreiben vom 10.02.2013, eingegangen beim gericht am 11.02.2013, erklärte der kläger sich mit dem bescheid vom 03.10.2012 nicht einverstanden. die berechnung des beklagten sei völlig unzutreffend, wie sich aus der von ihm gefertigen berechnung ergebe (blatt 55 gerichtsakte). 7im termin zur mündlichen verhandlung am 08.07.2015 hat der beklagte erklärt, dass auch er davon ausgehe, dass der bescheid vom 01.03.2011 dem kläger nicht zugegangen und damit rechtlich nicht existent ist. nicht gegenstand des gerichtlichen verfahrens geworden sei allerdings der bescheid vom 03.10.2012. 8der kläger beantragt, 9 dass mit rücksichtnahme auf alle relevanten fakten dieses 10 falles 111.) der bescheid vom 22.09.2011 in gestalt des wider- 12 spruchsbescheides vom 01.03.2012 dergestalt ge- 13 ändert wird, dass der beklagte verpflichtet wird, 14 leistungen nach dem sgb ii in gesetzlicher höhe 15 auch für die zeit von einschließlich januar bis juli 16 2011 zu zahlen, 172.) den bescheid vom 03.10.2012 aufzuheben und 18leistungen nach dem sgb ii in vorgenannter höhe 19basierend auf dieser aufhebung für die zeit von 20januar bis juli 2011 zu zahlen. 21der beklagte beantragt, 22 die klage abzuweisen. 23für die weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten, den inhalt der beigezogenen verwaltungsakte des beklagten sowie den inhalt der beigezogenen gerichtsakten zu den verfahren s 27 so 465/12 er, l 9 so 373/14 sowie l 9 so 102/14 bezug genommen. diese sind gegenstand der mündlichen verhandlung und der beratung der kammer gewesen. 24
25die als anfechtungs- und leistungsklage (§ 54 abs. 1 und 4 sozialgerichtsgesetz ) erhobene klage, die sich zum einen gegen den bescheid vom 22.09.2011 in gestalt des widerspruchsbescheides 01.03.2012 und zum anderen gegen den bescheid vom 03.10.2012 richtet, bleibt ohne erfolg, da sie unzulässig ist. 26soweit sich der kläger gegen den bescheid vom 22.09.2011 in gestalt des widerspruchsbescheides 01.03.2012 wendet, ist er durch diesen bescheid betreffend die von ihm geltend gemachten leistungsansprüche für die zeit von januar bis juli 2011 nicht i.s.v. § 54 abs. 2 sgg beschwert. denn der angefochtene bescheid verhält sich zu diesem leistungszeitraum nicht und enthält daher insoweit keine anfechtbare regelung. die bindende wirkung eines bescheides (§ 77 sgg) bezieht sich auf den ausspruch im bescheid (beschiedtenor), der seinerseits der auslegung fähig ist. ausgehend von dem in § 133 bürgerliches gesetzbuch (bgb) enthaltenen allgemeinen rechtsgedanken ist hierzu bei der auslegung eines verwaltungsaktes nicht an dem buchstäblichen sinn des ausdrucks zu haften, sondern zu erforschen, was nach treu und glauben aus sicht eines objektiven empfängers als inhalt des dem bescheid innehaltenden erklärungsmoments anzusehen ist, wobei bei unklarheiten die bescheidgründe zur auslegung heranzuziehen sind (vgl etwa: lsg nrw, urteil vom 01.10.1996, l 11 ka 24/96, juris rn. 23 m.w.n). 27soweit der bescheid vom 22.09.2011 leistungen für die zeit ab august 2011 bewilligt, enthält dies aus sicht eines objektiven empfängers keine - wenn auch nur konkludente - ablehnung der leistungen für einen zeitlich davor liegenden zeitraum. zum einen erfolgte die bewilligung im bescheid vom 22.09.2011 „aufgrund“ des antrages vom 26.08.2011. da leistungen nach dem sgb ii nicht für zeiten vor der antragstellung bewilligt werden dürfen (§ 37 abs. 2 sgb ii) ist nicht erkennbar, dass der angefochtene bescheid sich in irgendeiner weise regelnd zu zeiten vor august 2011 verhalten soll. auch aus der begründung des angefochtenen bescheides ergibt sich nichts anderes. wie sich überdies aus dem angefochtenen bescheid in der gestalt, die er durch den widerspruchsbescheid vom 01.03.2012 erhalten hat (§ 95 sgg) ergibt, hat der beklagte angenommen, den vorangegangenen leistungszeitraum bereits durch bescheid vom 01.03.2011 geregelt zu haben. er hat in der begründung des widerspruchsbescheides ausdrücklich festgehalten, dass im widerspruchsverfahren über die zeit von januar bis juli 2011 keine entscheidung getroffen werden kann. insoweit ist irrelevant, ob die diesbezügliche entscheidung des beklagten materiell „richtig“ war. insbesondere ist irrelevant, ob der vom beklagten genannte bescheid vom 01.03.2011 wie von ihm angenommen „bestandskräftig“ geworden ist (wovon der beklagte im übrigen zwischenzeitlich abstand genommen hat und - der auffassung des klägers folgend - nicht mehr von der wirksamkeit des bescheides vom 01.03.2011 ausgeht). denn auch wenn der beklagte im widerspruchsbescheid vom 01.03.2012 zu unrecht die wirksamkeit des bescheides vom 01.03.2011 unterstellt hat, so hat er gleichwohl darauf aufbauend eine sachentscheidung bezogen auf die monate januar bis juli 2011 ausdrücklich nicht vorgenommen. allein dies ist für die frage, ob der kläger hinsichtlich dieser monate durch den angefochtenen bescheid vom 22.09.2011 in gestalt des widerspruchsbescheides 01.03.2012 beschwert ist, relevant. 28soweit sich der kläger gegen den bescheid vom 03.10.2012 - der eine regelung betreffend die streitgegenständliche zeit von januar bis juli 2011 enthält - richtet, ist die klage mangels durchführung eines vorverfahrens (§ 78 ff. sgg) unzulässig. nach § 78 abs. 1 sgg sind vor erhebung der anfechtungsklage recht- und im falle einer ermessensentscheidung auch die zweckmäßigkeit eines verwaltungsaktes in einem verwaltungsinternen vorverfahren zu überprüfen. das vorverfahren beginnt mit erhebung des widerspruchs (§ 83 sgg) und wird durch einen abhilfe– bzw. widerspruchsbescheid (§ 85 sgg) abgeschlossen. einen solchen widerspruchsbescheid hat der beklagte bislang nicht erlassen. die durchführung eines vorverfahrens war nicht deshalb entbehrlich, weil der bescheid vom 03.10.2012 auf grundlage von § 96 sgg „automatisch“ gegenstand des klageverfahrens geworden ist. hiernach wird nach klageerhebung eine neuer bescheid gegenstand des klageverfahrens, wenn er den angefochtenen bescheid abändert oder ersetzt (§ 96 abs. 1 sg). keine der beiden konstellationen liegt vor, da der bescheid vom 03.10.2012 zeitlich lediglich den leistungszeitraum januar 2011 bis juli 2011 erfasst und der (zunächst) allein angefochtene bescheid vom 22.09.2011 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 01.03.2012 wie ausgeführt hierzu gerade keine regelung trifft. 29ein tatbestand, der ausnahmsweise ein vorverfahren entbehrlich machen würde, liegt nicht vor. weder ist einer der katalogfälle des § 78 abs. 1 satz 2 sgg einschlägig, noch ist dem zweck des vorverfahrens - der noch verwirklicht werden kann - bereits rechnung getragen worden (vgl. allg. zur entbehrlichkeit des vorverfahrens: leitherer in: meyer-ladewig/keller/leitherer, sgg, 11. aufl., § 78, rn. 8b). die durchführung eines vorverfahrens wäre auch nicht eine blosse „förmelei“ (vgl. hierzu: hessisches lsg, urteil vom 25.03.2014, l 3 u 42/10, juris rn. 43), da die mit dem vorverfahren bezweckte selbstkontrolle der verwaltung und mögliche vermeidung eines gerichtlichen verfahrens durchaus noch erreicht werden kann. der beklagte hat mit dem bescheid vom 03.10.2012 erstmals eine sachentscheidung betreffend die monate januar bis juli 2011 getroffen; der bescheid vom 01.03.2011 erfolgte unter hinweis auf die fehlende mitwirkung (§ 60 ff. sgb i) des klägers. da dem bescheid vom 03.10.2012 und den nachfolgenden einlassungen des beklagten während des gerichtlichen verfahrens eine inhaltliche auseinandersetzung mit den vom kläger im nachgang geltend gemachten umfangreichen betriebsausgaben und den vom kläger behaupteten lediglich darlehensweise zuwendungen der tochter nicht zu entnehmen ist, die anlässlich eines widerspruchsverfahrens aber nachgeholt werden kann, erscheint die durchführung des vorverfahrens keineswegs zwecklos. 30von einer aussetzung des verfahrens (§ 114 abs. 2 sgg in entsprechender anwendung) zwecks abschluss des vorverfahrens war abzusehen, da der kläger sowohl im erörterungstermin als auch im verhandlungstermin deutlich gemacht hat, dass er nunmehr auf eine gerichtliche entscheidung besteht und nicht bereit ist, eine weitere verzögerung in kauf zu nehmen. daher kann auch dahingestellt bleiben, ob die klage, soweit sie sich gegen den bescheid vom 03.10.2012 richtet, als nicht zulässige klageänderung (§ 99 sgg) anzusehen war. 31rechtsmittelbelehrung: 32dieses urteil kann mit der berufung angefochten werden. 33die berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des urteils beim 34landessozialgericht 35nordrhein-westfalen, 36zweigertstraße 54, 3745130 essen, 38schriftlich oder mündlich zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. 39die berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die berufung innerhalb der frist bei dem 40sozialgericht köln, 41an den dominikanern 2, 4250668 köln, 43schriftlich oder mündlich zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle eingelegt wird. 44die berufungsschrift muss bis zum ablauf der frist bei einem der vorgenannten gerichte eingegangen sein. sie soll das angefochtene urteil bezeichnen, einen bestimmten antrag enthalten und die zur begründung dienenden tatsachen und beweismittel angeben. 45die einreichung in elektronischer form erfolgt durch die übertragung des elektronischen dokuments in die elektronische poststelle. diese ist über die internetseite www.sg-koeln.nrw.de erreichbar. die elektronische form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte datei, die den maßgaben der verordnung über den elektronischen rechtsverkehr bei den sozialgerichten im lande nordrhein-westfalen (ervvo sg) vom 07.11.2012 (gv.nrw, 551) entspricht. hierzu sind die elektronischen dokumente mit einer qualifizierten signatur nach § 2 nummer 3 des signaturgesetzes vom 16.05.2001 (bgbl. i, 876) in der jeweils geltenden fassung zu versehen. die qualifizierte elektronische signatur und das ihr zugrunde liegende zertifikat müssen durch das gericht überprüfbar sein. auf der internetseite www.justiz.nrw.de sind die bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben. 46zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem beteiligten auf seinen antrag für das verfahren vor dem landessozialgericht unter bestimmten voraussetzungen prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. 47gegen das urteil steht den beteiligten die revision zum bundessozialgericht unter übergehung der berufungsinstanz zu, wenn der gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem sozialgericht auf antrag durch beschluss zugelassen wird. der antrag auf zulassung der revision ist innerhalb eines monats nach zustellung des urteils bei dem sozialgericht köln schriftlich zu stellen. die zustimmung des gegners ist dem antrag beizufügen. 48lehnt das sozialgericht den antrag auf zulassung der revision durch beschluss ab, so beginnt mit der zustellung dieser entscheidung der lauf der berufungsfrist von neuem, sofern der antrag auf zulassung der revision in der gesetzlichen form und frist gestellt und die zustimmungserklärung des gegners beigefügt war. 49die einlegung der revision und die zustimmung des gegners gelten als verzicht auf die berufung, wenn das sozialgericht die revision zugelassen hat. 50schneider 51richterin am sozialgericht
Verklagte*r
0
342,805
29 K 7114/20
2022-01-17T00:00:00
Gerichtsbescheid
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in derselben Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist Schülerin der B. -M. -Grundschule in L. . Nach Schulschluss besucht sie die dort eingerichtete Betreuung. 3Mit Übersendung des Laborbefunds vom 20. November 2020 wurde dem Gesundheitsamt des Beklagten bekannt, dass eine Betreuerin positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2 (COVID 19) getestet worden war. Bei den Ermittlungen des Gesundheitsamtes stellte sich heraus, dass die Betreuerin am 17. November 2020 die Mittagsbetreuung in der B. -M. -Grundschule wahrgenommen hatte und zu den anwesenden Schülerinnen und Schülern auch die Klägerin zählte. Daraufhin sprach der Beklagte eine mündliche Quarantäneanordnung aus. Diese wurde mit Bescheid vom 24. November 2020 bestätigt und gegenüber den Eltern der Klägerin als Sorgeberechtigten angeordnet, dass sich die Klägerin nach dem Kontakt für die Zeit vom 18. November 2020 bis einschließlich 1. Dezember 2020 in das häusliche Umfeld abzusondern habe (Quarantäne). 4Hiergegen hat die Klägerin am 26. November 2020 Klage erhoben und einen Eilantrag gestellt (29 L 2393/20), der mit Beschluss der Kammer vom 27. November 2020 abgelehnt wurde. Die Beschwerde gegen den Beschluss wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 1. Dezember 2020 zurück (13 B 1887/20). 5Nach Ablauf des Absonderungszeitraums stellte die Klägerin die ursprünglich auf Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 24. November 2020 gerichtete Klage auf die Feststellung von dessen Rechtswidrigkeit um. Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor: Sie habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts. Dieses ergebe sich bereits aus den unzulässigen erheblichen Eingriffen in ihre Freiheitsrechte und dem Interesse an Genugtuung. Das außergerichtliche Verhalten des Beklagten, wonach dieser sich strikt geweigert habe, sich die offenbar nicht bekannten Voraussetzungen und Grenzen von freiheitsentziehenden Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz zu verschaffen, lasse zudem befürchten, dass zukünftig ähnliche rechtswidrige Anordnungen ergingen. Ein berechtigtes Interesse bestehe zudem im Hinblick auf bestehende Schadenersatz- und Entschädigungsansprüche gegenüber dem Beklagten. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Bund und Länder hätten bereits am 23. November 2020 festgestellt, dass eine Absonderung von zehn Tagen mit anschließendem Negativattest ebenso wirksam sei wie eine 14-tägige Quarantäne. Der Beklagte habe rechtsfehlerhaft davon abgesehen, der Klägerin diese Möglichkeit zu eröffnen. Das von der Klägerin bereits am Abend des 26. November 2020 abgenommene Probenmaterial ändere nichts an der Rechtswidrigkeit der ausnahmslosen Absonderungsanordnung des Beklagten. Zudem lasse sich eine Bewertung der Klägerin als Kontaktperson nicht begründen. 6Die Klägerin beantragt, 7festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 24. November 2020 rechtswidrig war, 8hilfsweise festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. 9Der Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Er verteidigt den angefochtenen Bescheid und macht geltend, der letzte Kontakt der Klägerin zur infizierten Person sei am 17. November 2020 gewesen, sodass die Quarantänezeit vom 18. November 2020 bis zum 1. Dezember 2020, somit 14 Tage, festgelegt worden sei. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher gehört worden (§ 84 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). 15Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist bereits unzulässig. 16Nach § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO kann ein Kläger bei Vorliegen eines berechtigten Interesses die Feststellung beantragen, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn sich ein angefochtener Verwaltungsakt vorher, d. h. vor einer Entscheidung über einen auf seine Aufhebung gerichteten Antrag, durch Zurücknahme oder anders erledigt hat. 17Für das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO genügt jedes nach vernünftigen Erwägungen schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art. 18Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 5. Juli 2012 – 12 A 1423/11 –, juris Rn. 24 m.w.N. 19Dabei muss der Kläger ein berechtigtes Feststellungsinteresse so substantiiert darlegen, dass das Gericht beurteilen kann, welchen Bedeutungsgehalt die begehrte Feststellung für den Kläger hat. 20Vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl., § 113 Rn. 267, m.w.N. 21Das berechtigte Feststellungsinteresse geht in all diesen Fällen über das bloße Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit der Verfügung hinaus. Dies gilt unabhängig von der Intensität des erledigten Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen waren. 22Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 16. Mai 2013 – 8 C 14/12 –, juris Rn. 30. 23Maßgeblich ist stets, ob die Inanspruchnahme des Gerichts dem Kläger noch etwas nützt, also zur Verbesserung seiner Situation in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Hinsicht geeignet ist. Das Bestreben nach persönlicher Genugtuung oder das Bestreben, eine vom Kläger für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage gerichtlich klären zu lassen, reicht nicht aus. 24Vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 6. Juli 2016 – 1 BvR 1705/15 –, juris Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 39.12 –, juris Rn. 28; BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 2018 – 6 B 133/18 –, juris Rn. 10. 25Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann auf ein Rehabilitierungsinteresse, auf eine Wiederholungsgefahr oder auf die Absicht gestützt werden, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. 26Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 39.12 –, juris Rn. 28. 27In den Fällen fehlender tatsächlicher Fortwirkung des beanstandeten Hoheitsakts ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ausnahmsweise auch dann zu bejahen, wenn ein tief greifender Grundrechtseingriff vorliegt und die direkte Belastung durch die Maßnahme sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene entgegen seinem in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann. 28Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 30. April 1997 – 2 BvR 817/90, 2 BvR 728/92, 2 BvR 802/95, 2 BvR 1065/95 –, juris Rn. 49; OVG NRW, Urteil vom 30. Oktober 2003 – 21 A 2602/02 –, juris Rn. 12 m.w.N. 29Nach Maßgabe dieser Kriterien ist die Klage zwar als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Die angefochtene Quarantäneanordnung vom 24. November 2020, bei der es sich um einen Verwaltungsakt gemäß § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) handelt, hat sich nach Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt. Der Absonderungszeitraum endete am 1. Dezember 2020 mit der Folge, dass die Klägerin durch die Anordnung nicht mehr beschwert ist. 30Die Klägerin hat jedoch kein berechtigtes Interesse an der von ihr begehrten nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Quarantäneanordnung. Die von ihr angeführten Gründe sind nicht geeignet, ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Überprüfung der Anordnung zu begründen. 31Ein Rehabilitationsinteresse ist nicht ersichtlich. Ein derartiges Interesse besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern. 32BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 2018 – 6 B 133/18 –, juris Rn. 13, m.w.N. 33An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Außer einem nicht näher konkretisierten „Interesse an Genugtuung“, das für sich genommen von vorneherein nicht ausreicht, hat die Klägerin nichts zu einer etwaigen Stigmatisierung ihrer Person vorgetragen. Es liegen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Anordnung der häuslichen Absonderung dem Ansehen der Klägerin abträglich sein könnte. Vielmehr erging die Anordnung nur deshalb, weil die Klägerin, ebenso wie unzählige andere, zufällig Kontakt zu einer infizierten Person hatte. Die häusliche Absonderung stellt keine Maßregelung der Klägerin dar, sondern dient allein dazu, eine weitere Verbreitung von COVID-19 zu verhindern. 34Auch aus der konkreten Begründung der Quarantäneverfügung ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für eine die Ehre und Würde der Klägerin beeinträchtigende Wirkung. In ihr finden sich lediglich Ausführungen allgemeiner Art zur Wahrscheinlichkeit einer Infektion der Klägerin als Kontaktperson und zur Gefahr der Weiterverbreitung des Virus. 35Soweit die Klägerin auf „bestehende Schadenersatz- und Entschädigungsansprüche gegenüber dem Beklagten“ abstellt und sie damit sinngemäß einen Amtshaftungsanspruch geltend macht, begründet dies ebenfalls kein Feststellungsinteresse. Zwar dürfen an den Vortrag im Hinblick auf das Fortsetzungsfeststellungsinteresse als Zulässigkeitsvoraussetzung keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Jedoch muss der Vortrag zur Rechtfertigung des mit der Fortsetzung des begonnenen Prozesses verbundenen Aufwandes über die bloße Behauptung hinaus nachvollziehbar erkennen lassen, dass der Kläger einen Staatshaftungsprozess tatsächlich anstrebt und dass dieser nicht offensichtlich aussichtslos ist. Hierzu gehört auch, dass der geltend zu machende Schaden jedenfalls abgrenzbar bezeichnet und ferner substantiiert dargelegt wird, dass dieser Schaden auf der behaupteten Rechtswidrigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes beruht bzw. beruhen kann. 36OVG NRW, Beschluss vom 5. Juli 2012 – 12 A 1423/11 –, juris, Rn. 26 f. m.w.N.. 37Die Klägerin hat hierzu nicht einmal ansatzweise vorgetragen. Sie behauptet weder, einen Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozess anstrengen zu wollen noch hat sie Angaben zu einem möglichen Schaden gemacht. 38Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine konkrete Wiederholungsgefahr berufen. Die Annahme einer Wiederholungsgefahr setzt die konkret absehbare hinreichende Möglichkeit voraus, dass in naher Zukunft eine gleiche oder gleichartige Entscheidung oder Maßnahme zulasten des Klägers zu erwarten ist. Dabei müssen im Wesentlichen die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse bestehen wie bei der erledigten Entscheidung oder Maßnahme. 39Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. April 2008 – 1 WB 11.07 –, juris, Rn. 21; OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2018 – 5 A 557/16 –, juris Rn. 12, m.w.N. 40Das ist hier nicht der Fall. Zwar besteht die Corona-Pandemie fort. Gegenüber dem Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Quarantäneanordnung am 24. November 2020 haben sich jedoch sowohl die tatsächlichen als auch die rechtlichen Umstände wesentlich verändert. Es ist völlig ungewiss, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse eintreten werden wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsakts. 41Die Quarantäneregeln wurden sowohl in zeitlicher als auch in persönlicher Hinsicht mehrfach geändert. So sah die während des laufenden Zeitraums der angeordneten Quarantäne in Kraft getretene Verordnung zur Regelung von Absonderungen nach § 30 des Infektionsschutzgesetzes vom 30. November 2020 (GV.NRW 2020, S. 1059a) in ihrem § 5 vor, dass die Dauer der Quarantäne 14 Tage nach Kontakt zur positiv getesteten Person beträgt, aber auf zehn Tage verkürzt werden kann, wenn ein negatives Testergebnis vorgelegt werden kann; dabei durfte die Testung frühestens 10 Tage nach Beginn der angeordneten Quarantäne erfolgen. Mit der seit 16. Januar 2022 geltenden Fassung der Verordnung zur Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 und zur Regelung von Absonderungen nach § 30 des Infektionsschutzgesetzes (Corona-Test-und-Quarantäneverordnung – CoronaTestQuarantäneVO) vom 24. November 2021 wurden die Absonderungspflichten vollständig neu geregelt und deutlich aufgeweicht. Kontaktpersonen, die keine Haushaltsangehörigen sind, „sollen sich 10 Tage nach dem Kontakt bestmöglich absondern“ (§ 17 Abs. 1 Satz 1 CoronaTestQuarantäneVO). Dies gilt nicht, wenn sie nach § 6 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung einer Ausnahme von der Quarantänepflicht unterliegen, wie beispielsweise Personen mit einer Auffrischungsimpfung oder genesene Personen (vgl. zu den weiteren Ausnahmen § 17 Abs. 1 Satz 2 CoronaTestQuarantäneVO). 42Darüber hinaus hat das Robert-Koch-Institut seine Kriterien für die Einstufung von Kontaktpersonen geändert. Anders als noch zum Zeitpunkt der angeordneten Quarantäne wird eine Unterscheidung von Kontaktpersonen der Kategorien 1 und 2 nicht mehr vorgenommen. An die Stelle dieser Einteilung sind Kriterien für eine Einstufung als enge Kontaktperson, die ein erhöhtes Infektionsrisiko hat, getreten. 43Vgl. „Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei SARS-CoV-2-Infektionen“, dort 3., Stand: 14.12.2021, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Kontaktperson/Management.html, zuletzt abgerufen am 14. Januar 2022. 44Die allgemeinen Vorschriften für Schüler unterlagen und unterliegen ebenfalls ständigen Änderungen. Während im Herbst 2020, als die Klägerin unter Quarantäne gestellt wurde, an Schulen in Nordrhein-Westfalen noch nicht auf das Corona-Virus getestet wurde, wurden im März 2021 eine Testpflicht eingeführt und Corona-Selbsttests zur Verfügung gestellt. Die Schülerinnen und Schüler an Grundschulen werden seit dem 10. Mai 2021 mit einem „Lolli-Test“ getestet. 45Seit dem 10. Januar 2022 ist der Zugang zum Schulgebäude nur immunisierten oder getesteten Personen gestattet; angesichts der Ausbreitung der Omikron-Variante müssen sich auch immunisierte Personen testen lassen. Innerhalb von Schulgebäuden müssen alle Personen medizinische Masken tragen (§§ 2 und 3 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 im Bereich der Betreuungsinfrastruktur (Coronabetreuungsverordnung – CoronaBetrVO vom 24. November 2021 in der ab dem 10. Januar 2022 geltenden Fassung). Die Maskenpflicht am Sitzplatz wurde ab dem 2. Dezember 2021 wieder eingeführt, nachdem die Pflicht im Oktober 2021 gestrichen worden war. Nach der aktuell gültigen Fassung der Corona-Betreuungsverordnung wird der Präsenzunterricht inzidenzunabhängig gewährleistet, während bis Mai 2021 erst bei einer Inzidenz von unter 100 durchgängiger Präsenzunterricht stattfand. Für die Klassen 1-7 war den Eltern ab dem 14. Dezember 2020 die Entscheidung über die Teilnahme ihrer Kinder am Präsenzunterricht freigestellt. 46https://www.schulministerium.nrw/angepasster-schulbetrieb-corona-zeiten, abgerufen am 14. Januar 2022. 47Auch in tatsächlicher Hinsicht unterscheiden sich die Umstände im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung verglichen mit der Situation bei der mündlichen Anordnung der Absonderungspflicht deutlich. Seit Erlass der streitgegenständlichen Quarantäneanordnung hat sich das Infektionsgeschehen immer wieder sowohl in positiver als auch in negativer Weise verändert. Während das Auftreten der Omikron-Variante derzeit zur erheblichen Verstärkung des Infektionsgeschehens führt, wirken sich der Impffortschritt, die Ausweitung der Testmöglichkeiten und bessere Schutzmaßnahmen, wie beispielsweise die in vielen Bereichen eingeführte Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske, positiv auf das Infektionsgeschehen aus. Von in absehbarer Zukunft im Wesentlichen gleichbleibenden tatsächlichen Umständen kann vor diesem Hintergrund nicht ausgegangen werden. 48Mit dem Eintritt einer mit den Umständen im November 2020 vergleichbaren Situation kann deshalb in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden. Sowohl die erneute Einordnung der Klägerin als enge Kontaktperson als auch die Frage der Anordnung einer Quarantäne wären im Einzelfall anhand der für diesen Zeitpunkt aktuellen rechtlichen und tatsächlichen Umstände zu beurteilen und gegebenenfalls einer erneuten gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen. Vor dem Hintergrund der dynamischen Entwicklung des Pandemiegeschehens kann sich die Klägerin die vorliegend begehrte Sachentscheidung in Bezug auf das Situationsgeschehen im Herbst 2020 in einem solchen Folgeprozess nicht zunutze machen. Ein besonderes Interesse an der Sachentscheidung wegen hinreichend konkreter Wiederholungsgefahr besteht demnach nicht. 49Ebenso: VG Augsburg , Urteil vom 26. April 2021 – Au 9 K 21.70 – juris Rn. 29 ff.; VG Hamburg, Urteil vom 27. Juli 2021 – 3 K 2485/21 –, juris Rn. 21 ff. 50Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht aus den von der Klägerin geltend gemachten „unzulässigen erheblichen Eingriffen in ihre Freiheitsrechte“. 51Die Art eines mit der Klage gerügten Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, kann die Anerkennung eines Feststellungsinteresses rechtfertigen, wenn sich die unmittelbare Belastung durch den schwerwiegenden Hoheitsakt auf eine Zeitspanne beschränkt, in der die Entscheidung des Gerichts kaum zu erlangen ist. Hierzu zählen vor allem Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand haben. Darüber hinaus kann etwa auch für eine Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Speicherung personenbezogener Daten in einem vergangenen Zeitraum wegen des damit verbundenen tiefgreifenden Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) ein berechtigtes Interesse anzuerkennen sein, wenn sich dieses Rechtsschutzziel nicht in gleicher Weise durch die Geltendmachung eines Löschungsanspruchs erreichen lässt. 52Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 2018 – 6 B 133/18 – juris, Rn. 14. 53Zwar ergibt sich das fehlende Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung nicht bereits daraus, dass es ihr möglich war, Eilrechtsschutz zu suchen und somit eine gerichtliche Überprüfung einzuleiten. 54A.A. VG Augsburg, Urteil vom 26. April 2021 – Au 9 K 21.70 – juris, Rn. 31. 55Denn Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährt einen Anspruch auf Rechtsschutz in der Hauptsache und nicht nur auf Rechtsschutz im Eilverfahren. 56BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 – 1 BvR 461/03 – juris, Rn. 29 ff. 57Bei der häuslichen Quarantäne, wie sie hier angeordnet wurde, liegt jedoch keine mit den oben genannten Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe vergleichbare Fallkonstellation vor. 58Anders als die so genannte Zwangsabsonderung nach § 30 Abs. 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) setzt die häusliche Absonderung nach § 30 Abs. 1 IfSG die Freiwilligkeit des Betroffenen im Sinne seiner Einsicht in das Notwendige und der Bereitschaft, der Absonderungsanordnung (vgl. Rn. 7) Folge zu leisten, voraus, 59BT-Drucksache 14/2530, S. 75; Gerhardt, IfSG, 5. Aufl., § 30 Rn. 1, 60und begründet deshalb mangels physischer Zwangswirkungen keinen Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Bewegungsfreiheit. 61Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2020 – 13 B 968/20.NE –, juris Rn. 41, m.w.N.; VG Augsburg, Urteil vom 26. April 2021 – Au 9 K 21.70 – juris, Rn. 36 f.; Erbs/Kohlhaas/Lutz IfSG § 30 Rn. 2; Gerhardt, IfSG, 5. Aufl., § 30 Rn. 1; ähnlich: OVG Niedersachsen, Beschluss vom 5. Juni 2020 - 13 MN 195/20 -, juris, Rn. 38 (Freiheitsbeschränkung, aber keine Freiheitsentziehung); a. M. VG Hamburg, Beschluss vom 13. Mai 2020 - 15 E 1967/20 -, juris, Rn. 35 (Freiheitsentziehung oder zumindest Freiheitsbeschränkung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und 104 Abs. 1 GG); BeckOK InfSchR/Johann/Gabriel IfSG § 30 Rn. 2 (besonders intensiver Grundrechtseingriff). 62Soweit ein Verstoß gegen die Absonderungspflicht bußgeldbewährt ist, kann dies zwar eine psychische Zwangswirkung auf die Betroffenen ausüben. Die Verpflichtung wird aber nicht durch weitere Vorkehrungen begleitet, die einen zur Eröffnung des Schutzbereichs des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG erforderlichen physischen Zwang bewirken könnten. 63OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2020 – 13 B 968/20.NE –, juris Rn. 42; VG Augsburg, Urteil vom 26. April 2021 – Au 9 K 21.70 – juris, Rn. 36. 64Der Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg. Die hilfsweise begehrte Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist unzulässig, denn ein primär zur Entscheidung gestellter Fortsetzungsfeststellungsantrag schließt es aus, die Hauptsache für erledigt zu erklären. 65BVerwG, Urteil vom 20. April 1994 – 11 C 60/92 –, juris Rn. 14 m.w.N. 66Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 67Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung. 68Rechtsmittelbelehrung: 69Gegen diesen Gerichtsbescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung (1) oder mündliche Verhandlung (2) beantragt werden. Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt. 70(1) Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich einzureichen. Er muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. 71Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 72Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Gerichtsbescheides sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 73Die Berufung ist nur zuzulassen, 741. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheides bestehen, 752. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 763. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 774. wenn der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 785. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 79Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. 80Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 81Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 82Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 83(2) Anstelle des Antrags auf Zulassung der Berufung kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen. 84Der Antrag ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. 85Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 86Der Antrag soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 87Beschluss: 88Der Streitwert wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt. 89Gründe: 90Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt. 91Rechtsmittelbelehrung: 92Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 93Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 94Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 95Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 96Die Beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 97War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. der gerichtsbescheid ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die zwangsvollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vorher sicherheit in derselben höhe leistet. 1
2die klägerin ist schülerin der b. -m. -grundschule in l. . nach schulschluss besucht sie die dort eingerichtete betreuung. 3mit übersendung des laborbefunds vom 20. november 2020 wurde dem gesundheitsamt des beklagten bekannt, dass eine betreuerin positiv auf das coronavirus sars-cov-2 (covid 19) getestet worden war. bei den ermittlungen des gesundheitsamtes stellte sich heraus, dass die betreuerin am 17. november 2020 die mittagsbetreuung in der b. -m. -grundschule wahrgenommen hatte und zu den anwesenden schülerinnen und schülern auch die klägerin zählte. daraufhin sprach der beklagte eine mündliche quarantäneanordnung aus. diese wurde mit bescheid vom 24. november 2020 bestätigt und gegenüber den eltern der klägerin als sorgeberechtigten angeordnet, dass sich die klägerin nach dem kontakt für die zeit vom 18. november 2020 bis einschließlich 1. dezember 2020 in das häusliche umfeld abzusondern habe (quarantäne). 4hiergegen hat die klägerin am 26. november 2020 klage erhoben und einen eilantrag gestellt (29 l 2393/20), der mit beschluss der kammer vom 27. november 2020 abgelehnt wurde. die beschwerde gegen den beschluss wies das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen mit beschluss vom 1. dezember 2020 zurück (13 b 1887/20). 5nach ablauf des absonderungszeitraums stellte die klägerin die ursprünglich auf aufhebung des bescheides des beklagten vom 24. november 2020 gerichtete klage auf die feststellung von dessen rechtswidrigkeit um. zur begründung ihrer klage trägt die klägerin vor: sie habe ein berechtigtes interesse an der feststellung der rechtswidrigkeit des verwaltungsakts. dieses ergebe sich bereits aus den unzulässigen erheblichen eingriffen in ihre freiheitsrechte und dem interesse an genugtuung. das außergerichtliche verhalten des beklagten, wonach dieser sich strikt geweigert habe, sich die offenbar nicht bekannten voraussetzungen und grenzen von freiheitsentziehenden maßnahmen nach dem infektionsschutzgesetz zu verschaffen, lasse zudem befürchten, dass zukünftig ähnliche rechtswidrige anordnungen ergingen. ein berechtigtes interesse bestehe zudem im hinblick auf bestehende schadenersatz- und entschädigungsansprüche gegenüber dem beklagten. der angefochtene bescheid sei rechtswidrig. bund und länder hätten bereits am 23. november 2020 festgestellt, dass eine absonderung von zehn tagen mit anschließendem negativattest ebenso wirksam sei wie eine 14-tägige quarantäne. der beklagte habe rechtsfehlerhaft davon abgesehen, der klägerin diese möglichkeit zu eröffnen. das von der klägerin bereits am abend des 26. november 2020 abgenommene probenmaterial ändere nichts an der rechtswidrigkeit der ausnahmslosen absonderungsanordnung des beklagten. zudem lasse sich eine bewertung der klägerin als kontaktperson nicht begründen. 6die klägerin beantragt, 7festzustellen, dass der bescheid des beklagten vom 24. november 2020 rechtswidrig war, 8hilfsweise festzustellen, dass sich der rechtsstreit in der hauptsache erledigt hat. 9der beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11er verteidigt den angefochtenen bescheid und macht geltend, der letzte kontakt der klägerin zur infizierten person sei am 17. november 2020 gewesen, sodass die quarantänezeit vom 18. november 2020 bis zum 1. dezember 2020, somit 14 tage, festgelegt worden sei. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs bezug genommen. 13
14das gericht kann ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid entscheiden, da die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. die beteiligten sind vorher gehört worden (§ 84 abs. 1 sätze 1 und 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo)). 15die klage hat keinen erfolg. sie ist bereits unzulässig. 16nach § 113 abs. 1 s. 4 vwgo kann ein kläger bei vorliegen eines berechtigten interesses die feststellung beantragen, dass ein verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn sich ein angefochtener verwaltungsakt vorher, d. h. vor einer entscheidung über einen auf seine aufhebung gerichteten antrag, durch zurücknahme oder anders erledigt hat. 17für das fortsetzungsfeststellungsinteresse im sinne des § 113 abs. 1 satz 4 vwgo genügt jedes nach vernünftigen erwägungen schutzwürdige interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller art. 18oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 5. juli 2012 – 12 a 1423/11 –, juris rn. 24 m.w.n. 19dabei muss der kläger ein berechtigtes feststellungsinteresse so substantiiert darlegen, dass das gericht beurteilen kann, welchen bedeutungsgehalt die begehrte feststellung für den kläger hat. 20vgl. wolff, in: sodan/ziekow, verwaltungsgerichtsordnung, 5. aufl., § 113 rn. 267, m.w.n. 21das berechtigte feststellungsinteresse geht in all diesen fällen über das bloße interesse an der klärung der rechtswidrigkeit der verfügung hinaus. dies gilt unabhängig von der intensität des erledigten eingriffs und vom rang der rechte, die von ihm betroffen waren. 22bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 16. mai 2013 – 8 c 14/12 –, juris rn. 30. 23maßgeblich ist stets, ob die inanspruchnahme des gerichts dem kläger noch etwas nützt, also zur verbesserung seiner situation in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller hinsicht geeignet ist. das bestreben nach persönlicher genugtuung oder das bestreben, eine vom kläger für bedeutsam gehaltene rechtsfrage gerichtlich klären zu lassen, reicht nicht aus. 24vgl. bundesverfassungsgericht, beschluss vom 6. juli 2016 – 1 bvr 1705/15 –, juris rn. 11; bverwg, urteil vom 20. juni 2013 – 8 c 39.12 –, juris rn. 28; bverwg, beschluss vom 14. dezember 2018 – 6 b 133/18 –, juris rn. 10. 25das fortsetzungsfeststellungsinteresse kann auf ein rehabilitierungsinteresse, auf eine wiederholungsgefahr oder auf die absicht gestützt werden, einen schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. 26vgl. bverwg, urteil vom 20. juni 2013 – 8 c 39.12 –, juris rn. 28. 27in den fällen fehlender tatsächlicher fortwirkung des beanstandeten hoheitsakts ist ein fortsetzungsfeststellungsinteresse ausnahmsweise auch dann zu bejahen, wenn ein tief greifender grundrechtseingriff vorliegt und die direkte belastung durch die maßnahme sich nach dem typischen verfahrensablauf auf eine zeitspanne beschränkt, in welcher der betroffene entgegen seinem in art. 19 abs. 4 grundgesetz (gg) verfassungsrechtlich garantierten anspruch auf effektiven rechtsschutz eine gerichtliche entscheidung kaum erlangen kann. 28vgl. bundesverfassungsgericht (bverfg), beschluss vom 30. april 1997 – 2 bvr 817/90, 2 bvr 728/92, 2 bvr 802/95, 2 bvr 1065/95 –, juris rn. 49; ovg nrw, urteil vom 30. oktober 2003 – 21 a 2602/02 –, juris rn. 12 m.w.n. 29nach maßgabe dieser kriterien ist die klage zwar als fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 abs. 1 satz 4 vwgo statthaft. die angefochtene quarantäneanordnung vom 24. november 2020, bei der es sich um einen verwaltungsakt gemäß § 35 satz 1 des verwaltungsverfahrensgesetzes für das land nordrhein-westfalen (vwvfg nrw) handelt, hat sich nach klageerhebung durch zeitablauf erledigt. der absonderungszeitraum endete am 1. dezember 2020 mit der folge, dass die klägerin durch die anordnung nicht mehr beschwert ist. 30die klägerin hat jedoch kein berechtigtes interesse an der von ihr begehrten nachträglichen feststellung der rechtswidrigkeit der erledigten quarantäneanordnung. die von ihr angeführten gründe sind nicht geeignet, ein berechtigtes interesse an der gerichtlichen überprüfung der anordnung zu begründen. 31ein rehabilitationsinteresse ist nicht ersichtlich. ein derartiges interesse besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen maßnahme eine stigmatisierung des betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein ansehen in der öffentlichkeit oder im sozialen umfeld herabzusetzen. diese stigmatisierung muss außenwirkung erlangt haben und noch in der gegenwart andauern. 32bverwg, beschluss vom 14. dezember 2018 – 6 b 133/18 –, juris rn. 13, m.w.n. 33an diesen voraussetzungen fehlt es hier. außer einem nicht näher konkretisierten „interesse an genugtuung“, das für sich genommen von vorneherein nicht ausreicht, hat die klägerin nichts zu einer etwaigen stigmatisierung ihrer person vorgetragen. es liegen auch keinerlei anhaltspunkte dafür vor, dass die anordnung der häuslichen absonderung dem ansehen der klägerin abträglich sein könnte. vielmehr erging die anordnung nur deshalb, weil die klägerin, ebenso wie unzählige andere, zufällig kontakt zu einer infizierten person hatte. die häusliche absonderung stellt keine maßregelung der klägerin dar, sondern dient allein dazu, eine weitere verbreitung von covid-19 zu verhindern. 34auch aus der konkreten begründung der quarantäneverfügung ergeben sich keinerlei anhaltspunkte für eine die ehre und würde der klägerin beeinträchtigende wirkung. in ihr finden sich lediglich ausführungen allgemeiner art zur wahrscheinlichkeit einer infektion der klägerin als kontaktperson und zur gefahr der weiterverbreitung des virus. 35soweit die klägerin auf „bestehende schadenersatz- und entschädigungsansprüche gegenüber dem beklagten“ abstellt und sie damit sinngemäß einen amtshaftungsanspruch geltend macht, begründet dies ebenfalls kein feststellungsinteresse. zwar dürfen an den vortrag im hinblick auf das fortsetzungsfeststellungsinteresse als zulässigkeitsvoraussetzung keine überzogenen anforderungen gestellt werden. jedoch muss der vortrag zur rechtfertigung des mit der fortsetzung des begonnenen prozesses verbundenen aufwandes über die bloße behauptung hinaus nachvollziehbar erkennen lassen, dass der kläger einen staatshaftungsprozess tatsächlich anstrebt und dass dieser nicht offensichtlich aussichtslos ist. hierzu gehört auch, dass der geltend zu machende schaden jedenfalls abgrenzbar bezeichnet und ferner substantiiert dargelegt wird, dass dieser schaden auf der behaupteten rechtswidrigkeit des angegriffenen verwaltungsaktes beruht bzw. beruhen kann. 36ovg nrw, beschluss vom 5. juli 2012 – 12 a 1423/11 –, juris, rn. 26 f. m.w.n.. 37die klägerin hat hierzu nicht einmal ansatzweise vorgetragen. sie behauptet weder, einen amtshaftungs- oder entschädigungsprozess anstrengen zu wollen noch hat sie angaben zu einem möglichen schaden gemacht. 38die klägerin kann sich auch nicht auf eine konkrete wiederholungsgefahr berufen. die annahme einer wiederholungsgefahr setzt die konkret absehbare hinreichende möglichkeit voraus, dass in naher zukunft eine gleiche oder gleichartige entscheidung oder maßnahme zulasten des klägers zu erwarten ist. dabei müssen im wesentlichen die gleichen tatsächlichen und rechtlichen verhältnisse bestehen wie bei der erledigten entscheidung oder maßnahme. 39vgl. bverwg, beschluss vom 29. april 2008 – 1 wb 11.07 –, juris, rn. 21; ovg nrw, beschluss vom 30. januar 2018 – 5 a 557/16 –, juris rn. 12, m.w.n. 40das ist hier nicht der fall. zwar besteht die corona-pandemie fort. gegenüber dem zeitpunkt des erlasses der angefochtenen quarantäneanordnung am 24. november 2020 haben sich jedoch sowohl die tatsächlichen als auch die rechtlichen umstände wesentlich verändert. es ist völlig ungewiss, ob in zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen und rechtlichen verhältnisse eintreten werden wie im zeitpunkt des erlasses des erledigten verwaltungsakts. 41die quarantäneregeln wurden sowohl in zeitlicher als auch in persönlicher hinsicht mehrfach geändert. so sah die während des laufenden zeitraums der angeordneten quarantäne in kraft getretene verordnung zur regelung von absonderungen nach § 30 des infektionsschutzgesetzes vom 30. november 2020 (gv.nrw 2020, s. 1059a) in ihrem § 5 vor, dass die dauer der quarantäne 14 tage nach kontakt zur positiv getesteten person beträgt, aber auf zehn tage verkürzt werden kann, wenn ein negatives testergebnis vorgelegt werden kann; dabei durfte die testung frühestens 10 tage nach beginn der angeordneten quarantäne erfolgen. mit der seit 16. januar 2022 geltenden fassung der verordnung zur testung in bezug auf einen direkten erregernachweis des coronavirus sars-cov-2 und zur regelung von absonderungen nach § 30 des infektionsschutzgesetzes (corona-test-und-quarantäneverordnung – coronatestquarantänevo) vom 24. november 2021 wurden die absonderungspflichten vollständig neu geregelt und deutlich aufgeweicht. kontaktpersonen, die keine haushaltsangehörigen sind, „sollen sich 10 tage nach dem kontakt bestmöglich absondern“ (§ 17 abs. 1 satz 1 coronatestquarantänevo). dies gilt nicht, wenn sie nach § 6 der covid-19-schutzmaßnahmen-ausnahmenverordnung einer ausnahme von der quarantänepflicht unterliegen, wie beispielsweise personen mit einer auffrischungsimpfung oder genesene personen (vgl. zu den weiteren ausnahmen § 17 abs. 1 satz 2 coronatestquarantänevo). 42darüber hinaus hat das robert-koch-institut seine kriterien für die einstufung von kontaktpersonen geändert. anders als noch zum zeitpunkt der angeordneten quarantäne wird eine unterscheidung von kontaktpersonen der kategorien 1 und 2 nicht mehr vorgenommen. an die stelle dieser einteilung sind kriterien für eine einstufung als enge kontaktperson, die ein erhöhtes infektionsrisiko hat, getreten. 43vgl. „kontaktpersonen-nachverfolgung bei sars-cov-2-infektionen“, dort 3., stand: 14.12.2021, abrufbar unter https://www.rki.de/de/content/infaz/n/neuartiges_coronavirus/kontaktperson/management.html, zuletzt abgerufen am 14. januar 2022. 44die allgemeinen vorschriften für schüler unterlagen und unterliegen ebenfalls ständigen änderungen. während im herbst 2020, als die klägerin unter quarantäne gestellt wurde, an schulen in nordrhein-westfalen noch nicht auf das corona-virus getestet wurde, wurden im märz 2021 eine testpflicht eingeführt und corona-selbsttests zur verfügung gestellt. die schülerinnen und schüler an grundschulen werden seit dem 10. mai 2021 mit einem „lolli-test“ getestet. 45seit dem 10. januar 2022 ist der zugang zum schulgebäude nur immunisierten oder getesteten personen gestattet; angesichts der ausbreitung der omikron-variante müssen sich auch immunisierte personen testen lassen. innerhalb von schulgebäuden müssen alle personen medizinische masken tragen (§§ 2 und 3 der verordnung zum schutz vor neuinfizierungen mit dem coronavirus sars-cov-2 im bereich der betreuungsinfrastruktur (coronabetreuungsverordnung – coronabetrvo vom 24. november 2021 in der ab dem 10. januar 2022 geltenden fassung). die maskenpflicht am sitzplatz wurde ab dem 2. dezember 2021 wieder eingeführt, nachdem die pflicht im oktober 2021 gestrichen worden war. nach der aktuell gültigen fassung der corona-betreuungsverordnung wird der präsenzunterricht inzidenzunabhängig gewährleistet, während bis mai 2021 erst bei einer inzidenz von unter 100 durchgängiger präsenzunterricht stattfand. für die klassen 1-7 war den eltern ab dem 14. dezember 2020 die entscheidung über die teilnahme ihrer kinder am präsenzunterricht freigestellt. 46https://www.schulministerium.nrw/angepasster-schulbetrieb-corona-zeiten, abgerufen am 14. januar 2022. 47auch in tatsächlicher hinsicht unterscheiden sich die umstände im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung verglichen mit der situation bei der mündlichen anordnung der absonderungspflicht deutlich. seit erlass der streitgegenständlichen quarantäneanordnung hat sich das infektionsgeschehen immer wieder sowohl in positiver als auch in negativer weise verändert. während das auftreten der omikron-variante derzeit zur erheblichen verstärkung des infektionsgeschehens führt, wirken sich der impffortschritt, die ausweitung der testmöglichkeiten und bessere schutzmaßnahmen, wie beispielsweise die in vielen bereichen eingeführte pflicht zum tragen einer ffp2-maske, positiv auf das infektionsgeschehen aus. von in absehbarer zukunft im wesentlichen gleichbleibenden tatsächlichen umständen kann vor diesem hintergrund nicht ausgegangen werden. 48mit dem eintritt einer mit den umständen im november 2020 vergleichbaren situation kann deshalb in absehbarer zeit nicht gerechnet werden. sowohl die erneute einordnung der klägerin als enge kontaktperson als auch die frage der anordnung einer quarantäne wären im einzelfall anhand der für diesen zeitpunkt aktuellen rechtlichen und tatsächlichen umstände zu beurteilen und gegebenenfalls einer erneuten gerichtlichen überprüfung zu unterziehen. vor dem hintergrund der dynamischen entwicklung des pandemiegeschehens kann sich die klägerin die vorliegend begehrte sachentscheidung in bezug auf das situationsgeschehen im herbst 2020 in einem solchen folgeprozess nicht zunutze machen. ein besonderes interesse an der sachentscheidung wegen hinreichend konkreter wiederholungsgefahr besteht demnach nicht. 49ebenso: vg augsburg , urteil vom 26. april 2021 – au 9 k 21.70 – juris rn. 29 ff.; vg hamburg, urteil vom 27. juli 2021 – 3 k 2485/21 –, juris rn. 21 ff. 50ein berechtigtes feststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht aus den von der klägerin geltend gemachten „unzulässigen erheblichen eingriffen in ihre freiheitsrechte“. 51die art eines mit der klage gerügten eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten bereich, verbunden mit dem durch art. 19 abs. 4 gg garantierten anspruch auf effektiven rechtsschutz, kann die anerkennung eines feststellungsinteresses rechtfertigen, wenn sich die unmittelbare belastung durch den schwerwiegenden hoheitsakt auf eine zeitspanne beschränkt, in der die entscheidung des gerichts kaum zu erlangen ist. hierzu zählen vor allem feststellungsbegehren, die polizeiliche maßnahmen zum gegenstand haben. darüber hinaus kann etwa auch für eine feststellung der rechtswidrigkeit einer speicherung personenbezogener daten in einem vergangenen zeitraum wegen des damit verbundenen tiefgreifenden eingriffs in das persönlichkeitsrecht (art. 2 abs. 1 i.v.m. art. 1 abs. 1 gg) ein berechtigtes interesse anzuerkennen sein, wenn sich dieses rechtsschutzziel nicht in gleicher weise durch die geltendmachung eines löschungsanspruchs erreichen lässt. 52vgl. bverwg, beschluss vom 14. dezember 2018 – 6 b 133/18 – juris, rn. 14. 53zwar ergibt sich das fehlende interesse der klägerin an der begehrten feststellung nicht bereits daraus, dass es ihr möglich war, eilrechtsschutz zu suchen und somit eine gerichtliche überprüfung einzuleiten. 54a.a. vg augsburg, urteil vom 26. april 2021 – au 9 k 21.70 – juris, rn. 31. 55denn art. 19 abs. 4 satz 1 gg gewährt einen anspruch auf rechtsschutz in der hauptsache und nicht nur auf rechtsschutz im eilverfahren. 56bverfg, beschluss vom 3. märz 2004 – 1 bvr 461/03 – juris, rn. 29 ff. 57bei der häuslichen quarantäne, wie sie hier angeordnet wurde, liegt jedoch keine mit den oben genannten fällen tiefgreifender grundrechtseingriffe vergleichbare fallkonstellation vor. 58anders als die so genannte zwangsabsonderung nach § 30 abs. 2 des gesetzes zur verhütung und bekämpfung von infektionskrankheiten beim menschen (infektionsschutzgesetz – ifsg) setzt die häusliche absonderung nach § 30 abs. 1 ifsg die freiwilligkeit des betroffenen im sinne seiner einsicht in das notwendige und der bereitschaft, der absonderungsanordnung (vgl. rn. 7) folge zu leisten, voraus, 59bt-drucksache 14/2530, s. 75; gerhardt, ifsg, 5. aufl., § 30 rn. 1, 60und begründet deshalb mangels physischer zwangswirkungen keinen eingriff in das grundrecht auf körperliche bewegungsfreiheit. 61vgl. ovg nrw, beschluss vom 13. juli 2020 – 13 b 968/20.ne –, juris rn. 41, m.w.n.; vg augsburg, urteil vom 26. april 2021 – au 9 k 21.70 – juris, rn. 36 f.; erbs/kohlhaas/lutz ifsg § 30 rn. 2; gerhardt, ifsg, 5. aufl., § 30 rn. 1; ähnlich: ovg niedersachsen, beschluss vom 5. juni 2020 - 13 mn 195/20 -, juris, rn. 38 (freiheitsbeschränkung, aber keine freiheitsentziehung); a. m. vg hamburg, beschluss vom 13. mai 2020 - 15 e 1967/20 -, juris, rn. 35 (freiheitsentziehung oder zumindest freiheitsbeschränkung im sinne von art. 2 abs. 2 satz 2 und 104 abs. 1 gg); beckok infschr/johann/gabriel ifsg § 30 rn. 2 (besonders intensiver grundrechtseingriff). 62soweit ein verstoß gegen die absonderungspflicht bußgeldbewährt ist, kann dies zwar eine psychische zwangswirkung auf die betroffenen ausüben. die verpflichtung wird aber nicht durch weitere vorkehrungen begleitet, die einen zur eröffnung des schutzbereichs des art. 2 abs. 2 satz 2 gg erforderlichen physischen zwang bewirken könnten. 63ovg nrw, beschluss vom 13. juli 2020 – 13 b 968/20.ne –, juris rn. 42; vg augsburg, urteil vom 26. april 2021 – au 9 k 21.70 – juris, rn. 36. 64der hilfsantrag hat ebenfalls keinen erfolg. die hilfsweise begehrte feststellung der erledigung des rechtsstreits in der hauptsache ist unzulässig, denn ein primär zur entscheidung gestellter fortsetzungsfeststellungsantrag schließt es aus, die hauptsache für erledigt zu erklären. 65bverwg, urteil vom 20. april 1994 – 11 c 60/92 –, juris rn. 14 m.w.n. 66die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 67die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 der zivilprozessordnung. 68rechtsmittelbelehrung: 69gegen diesen gerichtsbescheid kann innerhalb eines monats nach zustellung die zulassung der berufung (1) oder mündliche verhandlung (2) beantragt werden. wird von beiden rechtsbehelfen gebrauch gemacht, findet mündliche verhandlung statt. 70(1) der antrag auf zulassung der berufung ist bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich einzureichen. er muss den angefochtenen gerichtsbescheid bezeichnen. 71auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 72innerhalb von zwei monaten nach zustellung des gerichtsbescheides sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 73die berufung ist nur zuzulassen, 741. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des gerichtsbescheides bestehen, 752. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 763. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 774. wenn der gerichtsbescheid von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 785. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 79die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich einzureichen. 80über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 81im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 82die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 83(2) anstelle des antrags auf zulassung der berufung kann mündliche verhandlung beantragt werden. der gerichtsbescheid wirkt als urteil; wird rechtzeitig mündliche verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen. 84der antrag ist schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) zu stellen. 85auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 86der antrag soll möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 87beschluss: 88der streitwert wird auf 5.000,-- euro festgesetzt. 89gründe: 90die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 2 gkg erfolgt. 91rechtsmittelbelehrung: 92gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 93auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 94die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 95die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 96die beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 97war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Verklagte*r
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