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2023-04-12
Alle Wahlen von 1946 bis 2023
Wahlen in Deutschland
Welche Partei feierte wann und wo Erfolge? Wo begann wessen Aufstieg oder Abstieg in der Wählergunst? Alle Landtags-, Bundestags- und Europawahlen in chronologischer Reihenfolge. mehr
Welche Partei feierte wann und wo Erfolge? Wo begann wessen Aufstieg oder Abstieg in der Wählergunst? Alle Landtags-, Bundestags- und Europawahlen in chronologischer Reihenfolge. 2023 2022 2021 2020 2019 2018 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 1995 1994 1993 1992 1991 1990 1989 1988 1987 1986 1985 1984 1983 1982 1981 1980 1979 1978 1977 1976 1975 1974 1973 1972 1971 1970 1969 1968 1967 1966 1965 1964 1963 1962 1961 1960 1959 1958 1957 1956 1955 1954 1953 1952 1951 1950 1949 1948 1947 1946
/wahlarchiv/chronologie
2023-04-12
Wirtschaftsprüfer EY stoppt Aufspaltung
"Project Everest"
Der Wirtschaftsprüfungskonzern EY hat die geplante Abspaltung des Beratungsgeschäfts gestoppt. Offenbar waren die internen Widerstände gegen das Projekt zu groß - vor allem in den Vereinigten Staaten. mehr
Der Wirtschaftsprüfungskonzern EY hat die geplante Abspaltung des Beratungsgeschäfts gestoppt. Offenbar waren die internen Widerstände gegen das Projekt zu groß - vor allem in den Vereinigten Staaten. Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY spaltet sich nun doch nicht auf. Der Konzern gab gestern bekannt, dass das sogenannte "Project Everest", in das nach Informationen der "Financial Times" bereits mehr als 100 Millionen Dollar geflossen sind, abgeblasen wurde. Geplant war eigentlich, dass die 13.000 Partner des früher als Ernst & Young bekannten Konzerns im April über die Abtrennung des lukrativen Beratungsgeschäfts abstimmen sollten. Es sollte anschließend an die Börse gebracht werden. Noch Mitte Februar hatte ein Mitglied der Unternehmensführung der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, es werde eine "riesige Zustimmung" zu "Project Everest" erwartet. Die Partner, die an EY beteiligt sind, hätten in der Folge Millionenerlöse erwarten können. US-Einheit stellte sich gegen Aufspaltung Doch offenbar waren die internen Widerstände gegen die Aufspaltung zu groß. In einer Notiz des 18-köpfigen globalen Führungsteams von EY, die der "Financial Times" vorliegt, heißt es: "Wir wurden darüber informiert, dass das US-Exekutivkomitee beschlossen hat, das Design des Everest-Projekts nicht voranzutreiben. Angesichts der strategischen Bedeutung der US-Mitgliedsfirma für das Projekt Everest stellen wir die Arbeit an dem Projekt ein." In den USA erwirtschaftet EY 40 Prozent der weltweiten Erlöse. Die Geschäftseinheit in den Vereinigten Staaten ist die größte Landesgesellschaft von EY. Dort war man offenbar besorgt, dass die Abspaltung des lukrativen Steuerberatungsgeschäfts mehr Schaden als Nutzen bringen würde. Die US-Einheit fürchtete demnach um ihre Wettbewerbsfähigkeit Warnung vor Interessenkonflikten Mit der im September angekündigten Abspaltung wollte EY mit Sitz in London den Forderungen vieler Aufsichtsbehörden entgegenkommen. Als problematisch gelten mögliche Interessenkonflikte, wenn Wirtschaftsprüfer die von ihnen geprüften Unternehmen zugleich beraten. Das brisanteste Beispiel dafür in den vergangenen Jahren dürfte der Fall Wirecard in Deutschland gewesen sein. Dass die Aufspaltung nun in ihrer bereits geplanten Form gescheitert ist, wirft auch Fragen zur Zukunft von EY-Chef Carmine Di Sibio auf: Er hatte die Umstrukturierung des Konzerns vorangetrieben und sollte offenbar das Beratungsgeschäft nach der Trennung leiten. Der Nachrichtenagentur Reuters sagte ein Insider, dass es ohne einen Neuanfang an der Spitze keinen neuen Anlauf für die Aufspaltung geben könne, an der die meisten Partner weiterhin interessiert seien.
/wirtschaft/unternehmen/ey-wirtschaftspruefer-aufspaltung-101.html
2023-04-12
Kassenärztechef für Notaufnahmegebühr
Bei unangemessener Inanspruchnahme
Wer die Notaufnahme in Anspruch nimmt, ohne dass es nötig wäre, solle eine Gebühr bezahlen - so Kassenärztechef Gassen. Gesundheitsminister Lauterbach wies den Vorschlag zurück, auch von anderen Seiten kam Kritik. mehr
Wer die Notaufnahme in Anspruch nimmt, ohne dass es nötig wäre, solle eine Gebühr bezahlen - so Kassenärztechef Gassen. Gesundheitsminister Lauterbach wies den Vorschlag zurück, auch von anderen Seiten kam Kritik. Der Chef der Kassenärzte, Andreas Gassen, befürwortet eine Gebühr für Patientinnen und Patienten, die künftig ohne vorherige telefonische Ersteinschätzung in die Notaufnahme kommen. "Wer weiterhin direkt in die Notaufnahme geht, ohne vorher die Leitstelle anzurufen, muss gegebenenfalls eine Notfallgebühr entrichten, denn das kostet die Solidargemeinschaft unterm Strich mehr Geld und bindet unnötig medizinische Ressourcen", sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Gassen: Könne das Leben anderer Menschen gefährden Es werde immer argumentiert, derartige Gebühren seien unsozial. "Unsozial ist in meinen Augen jedoch, den Notdienst unangemessen in Anspruch zu nehmen und damit das Leben anderer Menschen zu gefährden", sagte er. "Wer noch selbst in eine Notaufnahme gehen kann, ist oft kein echter medizinischer Notfall." Gassen begrüßte zudem die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), den Rettungsdienst unter der Nummer 112 und den ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Nummer 116 117 virtuell zusammenzuschalten, um dort eine Ersteinschätzung vorzunehmen und den Anrufer anschließend richtig zu leiten. Lauterbach: Vorschlag wird nicht umgesetzt Lauterbach erteilte der Idee einer Notaufnahme-Gebühr bereits eine Absage. Es gebe aktuell intensive Beratungen über die Neustrukturierung der Notfallversorgung in Deutschland, sagte der SPD-Politiker in Berlin. Über eine Gebühr werde aber nicht diskutiert: "Daher wird der Vorschlag, der hier von der kassenärztlichen Bundesvereinigung, von Herrn Gassen, vorgetragen wird, keine Umsetzung finden." Kritik der Stiftung Patientenschutz Zuvor hatte die Deutsche Stiftung Patientenschutz den Vorschlag als unberechtigt abgelehnt. "Denn von massenhaftem Missbrauch der Notaufnahmen kann keine Rede sein", sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Schließlich würde sich fast jeder Zweite bei nicht lebensbedrohlichen Beschwerden an den ärztlichen Bereitschaftsdienst wenden. Patientinnen und Patienten könnten die Schwere ihrer Symptome oft nicht deuten. Auch für Mediziner sei es nicht selten schwierig, eine fachfremde Diagnose zu stellen. "Deshalb müssen zunächst die Verbände der Kassenärzte ihre Hausaufgaben machen", verlangte Brysch. Das gelte neben dem Ausbau und der Spezialisierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes auch für ausreichende Öffnungszeiten der niedergelassenen Arztpraxen sowie das Angebot von Hausbesuchen. Dahmen: "Gebühren sind patientengefährdend" Scharfe Kritik kommt auch von den Grünen. Der Vorstoß sei "irreführend und gefährlich", sagte der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen. "Menschen mit einem akuten medizinischen Problem müssen sich darauf verlassen können, dass ihnen unabhängig vom Geldbeutel in der Notaufnahme jederzeit geholfen wird", sagte Dahmen. Auch er verwies auf oft wochenlange Wartezeiten bei Ärzten, dadurch würde manches medizinische Problem erst zum Notfall. Die Versorgung durch Haus- und Kinderärzte müsse gestärkt werden, und auch der Ausbau von Notdienstpraxen in den Notaufnahmen müsse jetzt Vorrang haben. Für Menschen in Not dürfe es keine Rolle spielen, welche Nummer man wähle oder wo man sich im Gesundheitswesen hinbegebe. "Man muss Hilfe zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort bekommen. Gebühren sind da patientengefährdend und führen in eine Sackgasse."
/inland/kassenaerzte-gassen-notaufnahme-101.html
2023-04-12
Mit den Feiertagen kommen Rekordpreise
Jahreshoch bei Benzin
Benzin ist in Deutschland aktuell so teuer wie seit fast fünf Monaten nicht mehr, während die Dieselpreise nicht weiter steigen. In einigen EU-Ländern kann man derzeit noch billiger tanken, es gibt aber auch noch höhere Preise. mehr
Benzin ist in Deutschland aktuell so teuer wie seit fast fünf Monaten nicht mehr, während die Dieselpreise nicht weiter steigen. In einigen EU-Ländern kann man derzeit noch billiger tanken, es gibt aber auch noch höhere Preise. In den vergangenen drei Wochen ist der Preis für einen Liter Super E10 um fast neun Cent gestiegen. Das teilte der ADAC mit. Im bundesweiten Tagesdurchschnitt kostete der Liter Benzin am Dienstag 1,82 Euro pro Liter - zwei Cent mehr als eine Woche zuvor. Damit setzt sich der Trend fort, der sich schon vor den Osterfeiertagen angekündigt hatte. Die Benzinpreise sind aktuell so hoch wie zuletzt Mitte November 2022. Der Dieselpreis hat sich dagegen nur minimal verändert. Am Dienstag kostete ein Liter 1,70 Euro. Vor drei Wochen war der Kraftstoff 0,6 Cent billiger. Damit nähert sich die Differenz zwischen Diesel und E10 langsam wieder ihrem langfristigen Durchschnitt an. Starke Preisunterschiede in Nachbarländern In den vergangenen rund zehn Jahren war Diesel immer etwa 15 Cent günstiger als Benzin. Derzeit liegt die Differenz bei 12,1 Cent. Im vergangenen Jahr hatte sich das Bild gewendet und die Dieselpreise stiegen zum Teil sogar über die Preise von Benzin. Seit Februar ist der Kraftstoff, der deutlich niedriger besteuert wird, wieder billiger. Im europäischen Ausland ist die Situation ähnlich, fast überall sind die Spritpreise aktuell hoch. Nur in Polen und in Kroatien kostet der Liter Benzin derzeit noch weniger als 1,50 Euro, wohingegen der Benzinpreis pro Liter in Dänemark schon über die Zwei-Euro-Marke gesprungen ist.
/wirtschaft/verbraucher/benzinpreis-105.html
2023-04-12
Schauspielerin Maria Sebaldt ist tot
Trauer um Komödiantin
Ob "Das Traumschiff", "Die Wicherts von nebenan" oder "Ich heirate eine Familie": Sie spielte in zahlreichen deutschen Fernsehserien eine Rolle. Der Theater- und TV-Star Maria Sebaldt ist nun im Alter von 92 Jahren gestorben. mehr
Ob "Das Traumschiff", "Die Wicherts von nebenan" oder "Ich heirate eine Familie": Sie spielte in zahlreichen deutschen Fernsehserien eine Rolle. Der Theater- und TV-Star Maria Sebaldt ist nun im Alter von 92 Jahren gestorben. Die Schauspielerin Maria Sebaldt ist im Alter von 92 Jahren gestorben. Das teilte das ZDF unter Berufung auf die Familie der Verstorbenen mit. Sebaldt sei schon am 4. April gestorben. Den Angaben zufolge wurde Sebaldt, die zuletzt im Landkreis München lebte, bereits beerdigt. Zuerst hatte die "Bild"-Zeitung darüber berichtet. Zu den bekanntesten Rollen der gebürtigen Berlinerin gehörten Auftritte in ZDF-Serien. So spielte sie in der Erfolgsserie "Ich heirate eine Familie" die exaltierte Sybille, die mit Angelika - gespielt von Thekla Carola Wieds - befreundet ist. In der Vorabendserie "Die Wicherts von nebenan" war sie die Mutter namens Hannelore. Auch in der Reihe "Das Traumschiff" war sie ein beliebter Gast. In etlichen Krimiserien wirkte sie mit, darunter "Derrick", "Der Kommissar" und "Der Alte". Talent für Komödien Sebaldt kam am 25. April 1930 in Berlin zur Welt, wo sie in den 50-er Jahren auch Theater spielte. Bald wurde man beim Film auf die Darstellerin aufmerksam, die insbesondere mit ihrem komödiantischen Talent beeindruckte. Sebaldt spielte in Produktionen wie "Charleys Tante" oder "Das schwarze Schaf", aber auch "Die Buddenbrooks" und "Der Hauptmann von Köpenick" mit. In München war sie in der Komödie im Bayerischen Hof zu sehen.
/inland/maria-sebaldt-103.html
2023-04-12
Neue Warnstreiks bei Galeria
Festgefahrene Tarifverhandlungen
Die Auseinandersetzung über die Zukunft der insolventen Kaufhauskette Galeria geht weiter. Die Gewerkschaft ver.di hat erneut zu Warnstreiks aufgerufen. Rund zwei Dutzend Filialen in mehreren Bundesländern sind betroffen. mehr
Die Auseinandersetzung über die Zukunft der insolventen Kaufhauskette Galeria geht weiter. Die Gewerkschaft ver.di hat erneut zu Warnstreiks aufgerufen. Rund zwei Dutzend Filialen in mehreren Bundesländern sind betroffen. Die Gewerkschaft ver.di hat Galeria-Beschäftigte wegen des Sanierungskurses in dem Warenhauskonzern für heute zu weiteren Warnstreiks aufgerufen. Geplant waren Streiks in knapp 30 Filialen in Bayern, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, wie ver.di-Verhandlungsführer Marcel Schäuble der Nachrichtenagentur dpa sagte. Laut dem Unternehmen wurden Arbeitsniederlegungen in 22 Filialen gemeldet. Ein Galeria-Sprecher betonte aber: "Alle Warenhäuser sind offen, und so wird es auch bleiben." Die Warnstreiks sind die zweite Arbeitsniederlegung nach Karsamstag. In der vergangenen Woche hatten nach Gewerkschaftsangaben knapp 1000 Galeria-Beschäftigte in Hamburg, Baden-Württemberg und Hessen die Arbeit niedergelegt. Unternehmen hält Streiks für rechtswidrig Der Galeria-Vorstand hatte bereits die Warnstreiks vor Ostern als rechtswidrig kritisiert. "Die geplanten Streikmaßnahmen sind offensichtlich rechtswidrig und drohen ruinöse Schäden zu verursachen, für die Sie haftbar zu machen wären", so Konzernchef Miguel Müllenbach und der Galeria-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz in einem Brief an die ver-di-Spitze, über den das Portal "Business Insider" berichtet. Bei den Protestaktionen geht es nach Angaben der Gewerkschaft nicht um den Sanierungsplan für Galeria, der bundesweit die Schließung von 47 der 129 Filialen und den Verlust von etwa 4000 Arbeitsplätzen vorsieht. Im Vordergrund stünden vielmehr die laufenden Tarifverhandlungen für die derzeit noch rund 17.000 Beschäftigten, die ver.di als festgefahren ansieht. Zurück in den Flächentarifvertrag? Die Gewerkschaft verlangt etwa die Anerkennung der regionalen Flächentarifverträge des Einzelhandels. Außerdem sollten Ansprüche der Beschäftigten, die nicht mit ihrem monatlichen Gehalt zusammenhängen, nach Auffassung der Gewerkschaft in den Insolvenzschutz aufgenommen werden. Dabei geht es um Zeitgutschriften und Zahlungsansprüche, die nicht mit der monatlichen Vergütung fällig sind. Die Unternehmensführung hatte dagegen erklärt, eine Rückkehr in den auf den Lebensmitteleinzelhandel ausgelegten Flächentarifvertrag sei "in absehbarer Zeit finanziell unmöglich". Galeria strebt stattdessen einen "passenderen Warenhaus-Tarifvertrag" an. Die Tarifverhandlungen sollen Ende April fortgesetzt werden.
/wirtschaft/unternehmen/warnstreik-galeria-verdi-101.html
2023-04-12
Junta steht zu verheerendem Luftangriff
Myanmar
Bis zu 100 Menschen sollen bei einem Luftangriff in Myanmar getötet worden sein. Darunter offenbar auch Kinder. Die Junta räumte den Angriff ein, UN-Generalsekretär Guterres verurteilte ihn. Von J. Johnston.
Bis zu 100 Menschen sollen bei einem Luftangriff in Myanmar getötet worden sein. Darunter offenbar auch Kinder. Die Junta räumte den Angriff ein, UN-Generalsekretär Guterres verurteilte ihn. Helfer steigen über ausgebrannte Motorräder, gehen vorbei an einer Hütte, von der nur noch das Holzgerippe steht. Sie suchen nach Überlebenden. Ein Helfer erzählt dem Sender Radio Free Asia: "Wir sammeln die Leichen ein. Manche haben keinen Kopf mehr (…) Bei einigen können wir nur die Hälfte des Körpers finden." Er selbst habe mit anderen Helfern mehr als 20 Kinderleichen identifiziert. Sie seien fünf bis acht Jahre alt gewesen. Die Menschen waren am Morgen zusammengekommen, um die Eröffnung eines Verwaltungsgebäudes zu feiern. Das Büro gehörte einer Widerstandsgruppe, die gegen das myanmarische Militär kämpft. "Da es eine Eröffnungsfeier eines lokalen Büros war, waren auch Zivilisten anwesend", sagt der Helfer, der anonym bleiben möchte. Mehr als 200 Menschen seien dort gewesen. Normalerweise bekämen sie vor Angriffen Informationen - dieses Mal sei es nicht so gewesen. Militärjunta bestätigte den Angriff Militärjets warfen zunächst Bomben in die Menschenmenge ab. Danach sollen Soldaten aus einem Hubschrauber auf fliehende Dorfbewohner geschossen haben. Das berichten mehrere Medien unter Berufung auf Augenzeugen. Ein Sprecher der Militärjunta bestätigte inzwischen den Angriff. Ihr Ziel seien die bewaffneten Rebellen gewesen, sagte General Zaw Min Tun im staatlichen Fernsehen. "Ja, natürlich sind wir für den Angriff verantwortlich", sagte der General. "Uns wurde mitgeteilt, dass Mitglieder der Volksverteidigungskräfte bei dem Angriff getötet wurden. Sie sind gegen unsere Regierung." Eine Spirale der Gewalt Seitdem die Militärjunta im Februar 2021 die zivile Regierung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi gestürzt hat, versinkt Myanmar in Gewalt. Proteste gegen den Putsch schlägt die Militärjunta gewaltsam nieder. Sie brennt ganze Dörfer ab und fliegt immer häufiger Luftangriffe, teils mit Dutzenden Toten. Die anfangs friedliche Widerstandsbewegung hat inzwischen selbst zu den Waffen gegriffen und geht gewaltsam gegen das Militär vor. In der Region des Angriffs, in Sagaing, gibt es besonders heftigen Widerstand gegen die Militärjunta.  Angriff auf die Zivilbevölkerung Organisiert wird der Widerstand teils von einer Schattenregierung. Ihr Minister für Menschenrechte sagte heute zu dem Angriff: "Der Vorfall ist, wie jeder weiß, ein absichtlicher Bombenangriff auf die Zivilbevölkerung." Und ergänzte: "Es ist furchtbar und sehr grausam. Das Schlimmste ist, dass viele Frauen und Kinder an dem Ort waren." Da es viele Schwerverletzte gebe und man nicht genügend medizinische Versorgung habe, befürchtet der Helfer vor Ort, dass die Zahl der Toten noch steigen werde. UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte den Angriff "der myanmarischen Streitkräfte aufs Schärfste" und forderte, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Seit dem Militärputsch vor mehr als zwei Jahren wurden mehr als 3000 Menschen getötet, mehr als 20.000 Menschen inhaftiert und mehr als 1,5 Millionen Menschen vertrieben.
/ausland/myanmar-luftangriff-105.html
2023-04-12
Handwerk bildet weniger aus
Fachkräftemangel
Die Zahl neuer Azubis wächst nach dem Corona-Einbruch nur sehr langsam. Im Handwerk haben 2022 weniger junge Menschen eine Ausbildung begonnen. Der Fachkräftemangel droht sich weiter zu verschärfen. mehr
Die Zahl neuer Azubis wächst nach dem Corona-Einbruch nur sehr langsam. Im Handwerk haben 2022 weniger junge Menschen eine Ausbildung begonnen. Der Fachkräftemangel droht sich weiter zu verschärfen. Mehr neue Azubis in der Industrie, aber weniger im Handwerk - so lautet die Bilanz des Ausbildungsjahrs 2022. Insgesamt haben im vergangenen Jahr etwas mehr junge Menschen eine Ausbildung begonnen als 2021, wie das Statistische Bundesamt bekannt gab. Damit ist der starke Einbruch, der durch die Corona-Krise verursacht wurde, allerdings bei Weitem noch nicht ausgeglichen. Laut Statistikamt stieg die Zahl neuer Ausbildungsverträge sehr langsam um 2700 auf 468.900 - ein Plus von 0,6 Prozent. Weniger Menschen in der Ausbildung Im Jahr 2019 hatten noch 510.900 junge Menschen eine Ausbildung begonnen. Zum Jahresende 2022 befanden sich damit 1,22 Millionen Personen in den mehrjährigen Berufsausbildungen, drei Prozent weniger als im Jahr 2021. Ein Blick auf die verschiedenen Branchen zeigt, dass vor allem in Industrie und Handel fast drei Prozent mehr Ausbildungsverträge (insgesamt 269.800) abgeschlossen wurden. Dagegen ging die Zahl der neuen Verträge im Handwerk um 2,3 Prozent auf 127.400 neu begonnene Ausbildungen zurück. Auch in der Landwirtschaft (minus fünf Prozent auf 13.000 Verträge) wurden weniger Ausbildungen begonnen. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) erwartet einen Fachkräftemangel, der die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft bedrohe. "Nur mit genügend qualifizierten Handwerkerinnen und Handwerkern kann Klimaschutz, die Energie- und Mobilitätswende, der Infrastrukturausbau gelingen und umgesetzt und die tägliche Versorgung sichergestellt werden", hieß es kürzlich vom Verband. Männliche Azubis weiter in der Mehrheit Weiterhin sind es vor allem junge Männer, die eine Ausbildung im Handwerk starten. 2022 lag der Anteil bei 81 Prozent. Allerdings verschiebt sich die Verteilung langsam, denn während insgesamt drei Prozent weniger Männer eine handwerkliche Ausbildung begonnen haben, unterschrieben zwei Prozent mehr Frauen einen Ausbildungsvertrag in einem Handwerksbetrieb. Auch über alle Branchen hinweg steigt der Frauenanteil in der dualen Ausbildung leicht: Der Anstieg der neuen Ausbildungsverträge war bei Frauen mit 1,1 Prozent höher als bei Männern mit einem Plus von 0,3 Prozent. Demographie-Folgen für die Duale Ausbildung Die duale Ausbildung in Betrieb und Berufsschule hat seit Jahren tendenziell mit Nachwuchssorgen zu kämpfen. Dafür sorgt einerseits die demographische Entwicklung, durch die die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber auf Ausbildungsplätze stetig zurückgeht. Aber auch die akademischen Bildungsangebote wie ein duales Studium oder eine Ausbildung an Fachhochschulen und Universitäten erscheinen vielen jungen Menschen attraktiver. Der Anteil der Betriebe in Deutschland, die ausbilden, geht zudem nach Erhebungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zurück.
/wirtschaft/unternehmen/ausbildungsplaetze-handwerk-duale-ausbildung-101.html
2023-04-12
Nawalny wieder in Einzelhaft
Inhaftierter Kremlgegner
Der in Russland inhaftierte Kremlgegner Nawalny ist nach Angaben seines Anwalts erneut schwer erkrankt. Er habe stark abgenommen, eine "unbekannte Krankheit" werde nicht behandelt. Nun wurde Nawalny erneut in eine Einzelzelle verlegt. mehr
Der in Russland inhaftierte Kremlgegner Nawalny ist nach Angaben seines Anwalts erneut schwer erkrankt. Er habe stark abgenommen, eine "unbekannte Krankheit" werde nicht behandelt. Nun wurde Nawalny erneut in eine Einzelzelle verlegt. Trotz der Klagen seine Anwalts über akute Gesundheitsbeschwerden ist der in Russland inhaftierte Kremlgegner Alexej Nawalny erneut in eine Einzelzelle verlegt worden. Am Freitag sei er erst aus der Isolationshaft herausgekommen und am Montag zu weiteren 15 Tagen dort eingewiesen worden, teilte das Team des Oppositionspolitikers mit. Zudem sei er mit weiteren Schikanen konfrontiert worden. So sei Nawalnys täglicher Ausgang im engen Gefängnishof auf 7 Uhr morgens verlegt worden. Den Angaben zufolge gibt es zudem neue Beschränkungen beim Kauf von Essen und für das Briefeschreiben von Nawalny. Strafe für Recherche über Korruption? Der 46-Jährige sieht seine neue Einzelhaft als Strafe für eine Recherche über Korruption in der Gefängnisbehörde. Der von Nawalny geleitete Fonds für Korruptionsbekämpfung (FBK) hatte zuvor einen Beitrag über den überteuerten Ankauf von Lebensmitteln in russsischen Gefängnissen veröffentlicht. "Unbekannte Krankheit" Nawalny ist nach Angaben seines Anwalts bei schlechter Gesundheit. Er leide an "einer unbekannten Krankheit, die niemand behandelt", schrieb der Anwalt Wadim Kobsew am Dienstag im Onlinedienst Twitter.  Am Wochenende sei ein Krankenwagen zu Nawalnys Zelle gerufen worden, weil sich sein Magenleiden verschlimmert habe, erklärte der Anwalt. Sein Mandant habe laut seiner medizinischen Akte in den vergangenen zwei Wochen acht Kilo abgenommen, fügte er hinzu. Von Nawalnys Mutter geschickte Medikamente würden "an sie zurückgeschickt". Kobsew erklärte, Nawalny leide unter "Krisen". Er halte es für möglich, dass die Behörden seinen Gesundheitszustand sich "nicht plötzlich, sondern schrittweise" verschlechtern lassen wollen.   Seit zwei Jahren im Straflager Nawalny sitzt seit mehr als zwei Jahren unter besonders harten Haftbedingungen in einem Straflager etwa 260 Kilometer nordöstlich von Moskau. Verurteilt wurde er von einem russischen Gericht wegen angeblichen Betrugs, international gilt der prominente Putin-Gegner aber als politischer Gefangener. Nawalny war 2020 nur knapp einem Mordanschlag mit dem Nervengift "Nowitschok" entgangen.
/ausland/nawalny-russland-krankheit-einzelzelle-101.html
2023-04-12
WHO meldet ersten H3N8-Todesfall
Vogelgrippevirus in China
Bei Vögeln kommt der Vogelgrippe-Subtyp H3N8 häufig vor und verursacht kaum Symptome. Menschen stecken sich nur sehr selten an. Laut WHO starb nun aber eine Frau in China an dem Virus. mehr
Bei Vögeln kommt der Vogelgrippe-Subtyp H3N8 häufig vor und verursacht kaum Symptome. Menschen stecken sich nur sehr selten an. Laut WHO starb nun aber eine Frau in China an dem Virus. In China ist erstmals ein Mensch an einer seltenen Form der Vogelgrippe gestorben. Die 56-jährige Frau aus der südlichen Provinz Guangdong war überhaupt erst der dritte Mensch, der sich mit dem Subtyp H3N8 der Vogelgrippe infizierte, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) laut Nachrichtenagentur Reuters mitteilte. Alle diese Fälle traten in China auf, wobei die ersten beiden Fälle bereits im vergangenen Jahr gemeldet wurden. Das Zentrum für Seuchenkontrolle und -prävention der Provinz Guangdong hatte die dritte Infektion bereits Ende vergangenen Monats bekanntgegeben, machte aber keine Angaben zum Tod der Frau. Diese hatte nach Angaben der WHO mehrere Vorerkrankungen und war in der Vergangenheit mit lebendem Geflügel in Kontakt gekommen. Im Umfeld der Frau wurden laut WHO aber keine weiteren Infektionen gefunden. Risiko einer internationalen Ausbreitung gering Sporadische Infektionen von Menschen mit Vogelgrippe sind in China nicht unüblich, da dort Vogelgrippeviren in großen Geflügel- und Wildvogelpopulationen weit verbreitet sind. H3N8 gehört zu den am häufigsten bei Vögeln vorkommenden Subtypen, ruft bei diesen aber kaum oder gar keine Krankheitsanzeichen hervor. Bekannt sind auch Fälle einer Übertragung auf Säugetiere wie Hunde und Pferde. Nach Angaben der WHO überträgt sich das Virus aber wohl nicht leicht unter Menschen. Das Risiko einer Ausbreitung auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene werde daher als gering eingeschätzt. Da sich Influenzaviren jedoch ständig weiterentwickelten, sei eine weltweite Überwachung nötig, um Veränderungen bei Influenzaviren zu erkennen, die die Gesundheit beeinträchtigen könnten.
/ausland/who-vogelgrippe-todesfall-china-101.html
2023-04-12
Die neue Kraft der FPÖ
Österreich
Die rechtspopulistische FPÖ hat sich von den Skandalen der Vergangenheit mehr als erholt. In Umfragen ist sie die stärkste Partei in Österreich. Wenn jetzt gewählt würde, käme sie auf 30 Prozent. Woran liegt das? Von Silke Hahne.
Die rechtspopulistische FPÖ hat sich von den Skandalen der Vergangenheit mehr als erholt. In Umfragen ist sie die stärkste Partei in Österreich. Wenn jetzt gewählt würde, käme sie auf 30 Prozent. Woran liegt das? Österreichs Politik steckt in einer massiven Vertrauenskrise. Das zeigen Umfragen immer wieder. Laut dem Demokratiemonitor des sozialwissenschaftlichen SORA-Instituts denkt nur etwas mehr als ein Drittel der Menschen in Österreich, dass das politische System gut funktioniert.   Hintergrund sind unter anderem die politischen Skandale der vergangenen Jahre, angefangen mit dem Ibiza-Video: Aufgenommen 2017 in einer Villa auf der Ferieninsel Ibiza, zeigt es den damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, seinen politischen Ziehsohn Johann Gudenus und eine angebliche russische Oligarchen-Nichte. Sie reden darüber, wie man unabhängige Medien unter Kontrolle bringt, auch mittels möglicher staatlicher Aufträge gegen verdeckte Parteispenden. Die Koalition aus FPÖ und ÖVP ging nach der Veröffentlichung 2019 zu Bruch.   Mittlerweile ist "Ibiza" aber nur noch ein Puzzleteil von vielen. Der Skandal hat sich vor allem zu einem Problem für die konservative ÖVP entwickelt. Es geht um die Frage, ob mittels Inseraten in Medien - bezahlt von Bundesministerien, also mit Steuergeld - Einfluss auf Berichterstattung genommen wurde. Das sollte, so der Vorwurf, vor allem der Karriere des späteren Bundeskanzlers Sebastian Kurz dienen. Wer von der Vertrauenskrise profitiert Von der politischen Vertrauenskrise profitiere die FPÖ enorm, sagt die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle von der Fachhochschule Kärnten in Villach. Die Partei habe sich über Jahre mit einem Anti-Establishment-Wahlkampf positioniert, auch wenn sie selbst zu eben jenem Establishment gehöre. Außerdem hat sich die FPÖ zügig und endgültig von den Personen distanziert, die im Ibiza-Video zu sehen sind. Der ehemalige Parteichef Strache etwa wurde aus der Partei ausgeschlossen.   Unterscheidungsmerkmal: Dagegen-Sein Die FPÖ wird von Menschen gewählt, die kein Vertrauen mehr haben und "dagegen" wählen. Denn die FPÖ wirbt mit Positionen, die denen der anderen Parteien diametral entgegenstehen. Beispiele sind die Corona-Politik der vergangenen Jahre, der Ukraine-Krieg und der Klimawandel. Bei all diesen Themen ist die FPÖ in der Fundamentalopposition: Sie war während der Pandemie gegen jegliche Maßnahmen zur Eindämmung der Gesundheitskrise. Sie ist gegen Russland-Sanktionen. Und sie beschimpft Klimaaktivisten als Terroristen. Damit steht sie alleine da, hat also das "Proteststimmen-Monopol", so Stainer-Hämmerle.   Das stärkt die Partei momentan über ihre Stammwählerschaft hinaus. Die liegt laut dem Rechtsextremismus-Forscher Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands bei rund 20 Prozent. So groß ist also der Anteil der Wählerinnen und Wähler, die immer FPÖ wählen.  Ausschluss stärkt den Rand Viele Menschen, die in Österreich leben, dürfen im Übrigen gar nicht wählen. Fast jeder fünfte Einwohner des Landes ist Ausländer. Das gilt auch für viele Menschen, die in Österreich geboren sind. Das Land hat ein sehr restriktives Staatsbürgerschaftsrecht. 1,4 Millionen Menschen im Wahlalter sind dadurch von Wahlen ausgeschlossen. Auch das stärkt nach Ansicht einiger Experten den rechten Rand.   Nur halbherzige Abgrenzung Dazu kommt die Schwäche der anderen großen Parteien sowie ihr Verhalten gegenüber der FPÖ. Die konservative ÖVP hat sich von den Inseraten-Skandalen bisher nicht freischwimmen können. Die sozialdemokratische SPÖ streitet seit Monaten öffentlich um die Parteispitze. Beides kommt nicht gut an. Außerdem grenzen sich beide Parteien nur halbherzig von der FPÖ ab. Das Koalieren mit der FPÖ gilt in Österreich schon lange nicht mehr als Tabubruch. Die Partei war schon an Landes- wie Bundesregierungen beteiligt.   Kein Interesse mehr an großer Koalition Das hat auch mit einer politisch-historischen Besonderheit zu tun: ÖVP und SPÖ haben rund 50 Jahre gemeinsamen Regierens hinter sich. In dieser Zeit, sagt Stainer-Hämmerle, hätten sich die Parteien "aneinander abgearbeitet". Das Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit sei gering, beide suchten eher nach anderen Optionen.  Zudem übernähmen ÖVP und SPÖ zum Teil schon seit den 1990er-Jahren die Positionen der FPÖ, gerade in Migrationsfragen. Es gibt also inhaltlich und parteipolitisch keine klare Abgrenzung zur FPÖ.   Das Beispiel Niederösterreich Zu beobachten war das zuletzt in Niederösterreich. Der FPÖ-Landesverband dort gilt als besonders weit rechts stehend. Trotzdem ging die ÖVP entgegen vorherigen Absagen eine Koalition mit der FPÖ ein.   Das Arbeitsabkommen der beiden Parteien hat es in sich: So soll auf niederösterreichischen Schulhöfen künftig nur noch Deutsch gesprochen werden. Restaurants sollen nur noch Fördermittel vom Land bekommen können, wenn sie traditionelle österreichische Küche anbieten. Menschen müssen "integriert" sein, um eine öffentlich geförderte Wohnung beziehen zu dürfen. Ein Coronafonds soll aufgesetzt werden, mit dem angebliche Opfer der Pandemiepolitik entschädigt werden sollen. Zum Beispiel Menschen, die gegen Corona-Auflagen verstoßen haben und dafür Strafen zahlen mussten.  Nehammer grenzt sich ab - vom Koalitionspartner Viele sehen in der Niederösterreich-Koalition einen Vorboten für die nächste Bundesregierung. Dazu kommt, dass Bundeskanzler Karl Nehammer sich zuletzt zunehmend vom grünen Koalitionspartner auf Bundesebene distanzierte und sich zum Beispiel beim Migrationsthema als Hardliner positionierte. Beobachter rechnen damit, dass die offenen Vorhaben der Bundesregierung vor der nächsten Wahl nicht mehr umgesetzt werden. Darunter ist etwa ein Klimaschutzgesetz.  Was macht der Präsident? Voraussichtlich im Herbst 2024 wird in Österreich ein neues Parlament gewählt. Sollte die FPÖ stärkste Kraft werden, will Bundespräsident Alexander Van der Bellen den FPÖ-Parteichef Herbert Kickl aber nicht zum Kanzler machen. Das liegt durchaus im Entscheidungsspielraum des Präsidenten. Ob es allerdings realpolitisch machbar ist, sollte die FPÖ die Wahl gewinnen, ist offen. Den Aufwärtstrend der FPÖ gestoppt hat Van der Bellens Ansage jedenfalls bisher nicht.  Anmerkung: In einer früheren Version des Beitrags hieß es, das Ibiza-Video habe ein Treffen des früheren FPÖ-Chefs Strache und seines politischen Ziehsohns Gudenus mit einer angeblichen russischen Oligarchen-Tochter gezeigt. Tatsächlich hatten sich Strache und Gudenus 2017 in einer Villa auf Ibiza mit einer angeblichen Oligarchen-Nichte getroffen. Wir haben den Text entsprechend korrigiert.
/ausland/europa/oesterreich-fpoe-103.html
2023-04-12
"Reise von großer geopolitischer Relevanz"
Lula bei Xi
Brasiliens Präsident reist mit großer Delegation nach China. Er will die Beziehungen zum wichtigsten Handelspartner vertiefen. Und sieht sich als Brückenbauer - auch mit Blick auf die Ukraine. Von A. Herrberg und L. Shewafera.
Brasiliens Präsident reist mit großer Delegation nach China. Er will die Beziehungen zum ohnehin wichtigsten Handelspartner vertiefen. Und sieht sich als Brückenbauer - auch mit Blick auf den Krieg in der Ukraine. Sieben Minister und fünf Gouverneure fliegen mit, dazu der mächtige Senatspräsident und mehr als 200 Unternehmer und Manager, vor allem aus dem Agrarsektor. Es ist eine beeindruckende Delegation, von der sich Brasiliens Präsident Lula da Silva nach China begleiten lässt. Allein das zeigt die Bedeutung dieses fünftägigen Staatsbesuches. Nach Reisen ins Nachbarland Argentinien und in die USA ist es der dritte seit Lulas Amtsantritt im Januar. Lula will Brasiliens Beziehungen zu strategischen Partnern normalisieren, nachdem sein Vorgänger Jair Bolsonaro das Land diplomatisch ins Abseits gespielt hatte. China ist Brasiliens wichtigster Handelspartner. Die große Delegation zeige aber, dass Brasilia die Zusammenarbeit mit China auf ein neues Niveau heben möchte, sagt Politologe Oliver Stuenkel von der renommierten Getulio-Vargas-Stiftung. Die Reise habe eine große geopolitische Relevanz. "In Zeiten zunehmender Spannungen zwischen dem Westen und China setzt Lula damit ein klares Zeichen." Vision der Blockfreiheit Denn Washington und Brüssel beobachten den wachsenden Einfluss Chinas in der Region mit Sorge. Dass sich Lula in Shanghai mit Vertretern des Technologieriesen Huawei treffen will, zeigt, dass er sich von diesen Bedenken nicht leiten lassen will. Lula sieht sich als neutraler Vermittler in einer multipolaren Welt und folgt damit der außenpolitischen Linien, die schon seine ersten Amtszeiten prägten. "Lula signalisiert mit seiner Reise, dass er an seiner Vision der Blockfreiheit festhält - und Bande mit allen schmiedet", meint Stuenkel. Brasilien sei es immer wichtig, Alternativen zu haben, und damit eine bessere Verhandlungsposition. Ein Beispiel seien die aktuellen Gespräche mit der EU über ein Freihandelsabkommen. Brasilien ist außerdem Teil der BRICS-Staatengruppe, der neben China auch Russland, Indien und Südafrika angehören. Gerade hat Brasiliens Ex-Präsidentin und enge Lula-Vetraute Dilma Rousseff den Vorsitz der Neuen Entwicklungsbank (NDB) der BRICS-Gruppe übernommen, mit Sitz in Peking. Die Staaten erwägen den Aufbau neuartiger Finanzstrukturen, um die Abhängigkeit vom übermächtigen US-Dollar zu verringern. Diversifizierung der Beziehungen In Peking und Shanghai wirbt Lula nun um mehr Investitionen in Zugstrecken, Satelliten oder neue Fabriken. Mehr als 20 Kooperationsabkommen könnten unterzeichnet werden, heißt es aus Brasilia. So soll ein Ford-Werk im Bundesstaat Bahia von einem chinesischen Autobauer übernommen werden, der dort Elektrofahrzeuge bauen will. Auch vom Ausbau einer gemeinsamen Satellitenüberwachung in der Amazonasregion ist die Rede. Hauptsächlich dürfte es aber auch bei dieser Reise um Kooperationen mit dem Agrarsektor gehen. Südamerikas größte Volkswirtschaft habe sich zunehmen in eine Asymmetrie manövriert, beklagen Kritiker. "Brasilien wurde zur Geisel seiner Agenda", so sieht es Ana Garcia. Anders als der exportorientierte Agrarsektor kann Brasiliens Industrie dem Wettbewerb mit China oder anderen asiatischen Ländern nicht standhalten. Annäherung an den Agrarsektor Seit einigen Jahren schon findet eine schleichende Deindustrialisierung statt. "Diese Entwicklung umzukehren, wie Lula das versprochen hat, ist eine große Herausforderung", sagt Garcia. Sie dürfte derzeit weder im Interesse Chinas liegen, noch im Interesse von Brasiliens Agrarsektor, der inzwischen auch politisch zu einem Schwergewicht geworden ist. Lula, der beim Antritt seiner Chinareise genau 100 Tage im Amt ist, braucht den Agrarsektor, um die Wirtschaft zu stabilisieren und so zügig seine Wahlversprechen umzusetzen: mehr Arbeitsplätze, mehr Geld für Soziales und Gesundheit. Für Alleingänge fehlt ihm im Kongress die politische Macht. Daher stelle die Reise auch dafür eine Chance dar, glaubt Stuenkel. "Der Agrarsektor hat mehrheitlich Präsident Bolsonaro unterstützt. Nun viele Chefs des Agrarbusiness mitnehmen zu können, dient ihm auch als Möglichkeit, sich anzunähern und zu zeigen, dass seine Politik positive Ergebnisse für diese zunehmend einflussreiche Gruppe bringt." "Brasilien darf Einfluss nicht überschätzen" Im Vorfeld der Reise hatte Lula zudem erneut einen "Friedensclub" vorschlagen, die Bildung einer Gruppe von Ländern, die im Krieg gegen die Ukraine vermitteln könnten - mit Beteilung Chinas. Dafür sei jetzt jedoch nicht der richtige Zeitpunkt, glaubt Marcos Azambuja, langjähriger Diplomat des südamerikanischen Landes. Brasilien könne sich anbieten, dürfe seinen Einfluss aber nicht überschätzen. Russland zeige derzeit kein Interesse an Verhandlungen. Brasilia würde zudem von der Ukraine nicht als unparteiisch wahrgenommen, sagt Stuenkel. Einen brasilianischen Vorschlag zum Verzicht auf die von Russland annektierte Halbinsel Krim lehnte die Ukraine vergangene Woche strikt ab. "Zunächst ist es natürlich etwas Positives, dass Länder den Dialog fördern wollen. Aber es besteht die Gefahr, vielleicht auch unbeabsichtigt, dass die brasilianische Initiative am Ende ein chinesisches Narrativ legitimiert, dass der Westen angeblich kein Friedensabkommen aushandeln will", so Stuenkel. Ob und inwieweit Lula das Thema bei seiner China-Reise anspricht, wird sich wohl erst am Freitag zeigen, beim Treffen mit Staatspräsident Xi Jinping.
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2023-04-12
EU hinkt bei Windkraftausbau hinterher
Globaler Vergleich
Die EU hinkt beim Ausbau der Windkraft im globalen Vergleich hinterher. Das geht aus einem neuen Bericht hervor. Insgesamt hat die EU bei der Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien aber die Nase vorn. mehr
Die EU hinkt beim Ausbau der Windkraft im globalen Vergleich hinterher. Das geht aus einem neuen Bericht hervor. Insgesamt hat die EU bei der Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien aber die Nase vorn. Beim Ausbau der Windkraft hinkt die EU im globalen Vergleich hinterher. Während der weltweite Zuwachs im vergangenen Jahr 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr betrug, lag er in den EU-Ländern nur bei neun Prozent, wie aus einer Analyse der Denkfabrik Ember hervorgeht. Insgesamt hat die EU bei der Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien im globalen Vergleich aber die Nase vorn: 22 Prozent des Stroms der EU-Staaten stammten 2022 aus Wind- oder Solarkraft (2015: 13 Prozent). Weltweit betrug der Anteil 12 Prozent - so viel wie nie zuvor (2015: fünf Prozent). In Deutschland kamen dem Bericht zufolge 32 Prozent des Stroms aus Solar- und Windkraft. Bürokratie verlangsamt den Bau von Windrädern "Die EU hat den Wettlauf um die Erneuerbaren Energien früh begonnen, aber angesichts der weltweiten Beschleunigung kann sie sich keine Selbstzufriedenheit leisten", sagte die Europa-Chefin von Ember, Sarah Brown. Insbesondere die Hindernisse, die den raschen Ausbau der Onshore-Windenergie verhindern, müssten beseitigt werden. In Deutschland etwa muss ein Windrad genehmigt werden, danach gibt es eine Ausschreibung, danach den Bau. Nach Angaben des Bundesverbands Windenergie dauert es nach einer Genehmigung im günstigsten Fall im Durchschnitt 20 Monate, bis ein neues Windrad ans Netz geht. Solarkraft am schnellsten wachsende Energiequelle Solarkraft sei die am schnellsten wachsende Energiequelle, heißt es in dem Bericht - der weltweite Ausbau habe im vergangenen Jahr 24 Prozent betragen. Auch in der EU ging es demnach um 24 Prozent nach oben. Zum Vergleich: Den Experten zufolge haben die Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr bei Windkraft um 15 Prozent zugelegt, bei Solarkraft um 25 Prozent. Für die Analyse betrachteten die Experten Daten von 78 Ländern, in denen 93 Prozent des globalen Stromverbrauchs anfallen.
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2023-04-12
So viele Tote wie seit 2017 nicht mehr
Flucht über das Mittelmeer
Das Mittelmeer gilt als die gefährlichste Fluchtroute der Welt. Allein im ersten Quartal dieses Jahres starben den UN zufolge 441 Menschen bei der Überfahrt - ein neuer trauriger Höchstwert seit 2017. mehr
Das Mittelmeer gilt als die gefährlichste Fluchtroute der Welt. Allein im ersten Quartal dieses Jahres starben den UN zufolge 441 Menschen bei der Überfahrt - ein neuer trauriger Höchstwert seit 2017. Von Januar bis März 2023 starben so viele Menschen bei der Flucht über das Mittelmeer wie seit sechs Jahren nicht mehr. Das geht aus einem Bericht der Internationalen Organisation für Migration (IOM) hervor. Laut der UN-Behörde wurden im ersten Quartal dieses Jahres 441 Tote registriert. "Die menschliche Katastrophe, die sich im Mittelmeer ereignet, ist nicht hinnehmbar", sagte IOM-Generaldirektor Antonio Vitorino. Mehr als 20.000 Menschen seien seit 2014 auf der zentralen Mittelmeerroute ums Leben gekommen. Wie viele auf der Strecke tatsächlich sterben, ist unklar. Viele Leichen werden mutmaßlich nie geborgen. IOM sieht Versäumnisse bei staatlicher Seenotrettung Ein Grund für die hohen Opferzahlen seien verzögerte staatliche Rettungsaktionen, so die IOM. Ihr zufolge starben allein in diesem Jahr mindestens 127 Menschen bei sechs Schiffbrüchen unter anderem weil staatlich geleitete Rettungsaktionen verzögert waren. In einem siebten Fall, bei dem 73 Menschen ertranken, habe es überhaupt keine Reaktion gegeben. Vitorino fordert "eine proaktive Koordination der EU-Staaten" bei der Suche und Rettung von in Seenot geratenen Migranten. Solche Einsätze hätten die EU-Staaten in den vergangenen Monaten stark zurückgefahren. Mindestens zehn Tote vor Tunesien Erst gestern hatte die tunesische Marine 76 Menschen aus Seenot gerettet und zehn Leichen geborgen. Den Behörden zufolge waren darunter neben Menschen aus Ländern südlich der Sahara auch viele Tunesier. Das nordafrikanische Land gilt inzwischen als wichtigstes Transitland für Flüchtlinge auf dem Weg nach Italien - noch vor dem Bürgerkriegsland Libyen. Auf Mallorca und der balearischen Nachbarinsel Formentera kamen in der vergangenen Nacht sechs Boote mit insgesamt 134 Menschen an Bord an. Italien hat Notstand ausgerufen Die meisten Flüchtlinge, die über das Mittelmeer kommen, landen Italien. Seit Beginn des Jahres registrierte das südeuropäische Land etwa 31.000. Die Regierung hat daher einen sechsmonatigen Notstand erklärt. Das bedeutet, dass die Regierung Maßnahmen per Verordnung beschließen und so den meist langwierigen parlamentarischen Prozess für Finanzierungen und Regulierungen umgehen. Außerdem soll ein Sonderbeauftragter ernannt und zunächst mit fünf Millionen Euro für seine Arbeit ausgestattet werden.
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2023-04-12
Der langsame Abschied aus der Krisenregion
Bundeswehr in der Sahelregion
Verteidigungsminister Pistorius und Entwicklungsministerin Schulze besuchen Niger und Mali. Der Abzug der Bundeswehr aus Mali ist bereits beschlossen - aber welche Folgen hat das für die Region? Von Kai Küstner.
Verteidigungsminister Pistorius und Entwicklungsministerin Schulze besuchen Niger und Mali. Der Abzug der Bundeswehr aus Mali ist bereits beschlossen - aber welche Folgen hat das für die Region? Es wird eine Rückkehr im doppelten Sinne: Wenn im Mai 2024 der letzte deutsche Soldat den Krisenstaat Mali verlässt, dann markiert das auch die endgültige Rückkehr der Bundeswehr zu ihren Wurzeln. Die wird sich künftig mit voller Kraft der Verteidigung der deutschen und der NATO-Grenzen in Europa widmen. Der nach dem Afghanistan-Abzug größte und gefährlichste Auslandseinsatz der Bundeswehr wird dann Geschichte sein. Aus Sicht des verteidigungspolitischen Sprechers der Unions-Fraktion, Florian Hahn, sollte der Einsatz allerdings deutlich schneller zu den Akten gelegt werden: "Entscheidend ist, dass die 1000 Mann und Frauen der Bundeswehr im Moment nichts leisten können, was der Region hilft und in unserem Interesse ist", sagt Hahn im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio: "Während wir an anderer Stelle - beispielsweise an der Nordostfront zur Russischen Föderation hin - gleichzeitig jeden Mann und Maus brauchen." Sich mit Mann und Maus aus allen Weltregionen zurückzuziehen, ist aus Sicht des Auswärtigen Amtes keine kluge Politik. Auch weil man damit das Vertrauen von Partnern zu verspielen droht, denen man einst Unterstützung zugesagt hatte. Nur so ist auch zu erklären, dass der Kompromiss - ein Verbleib in Mali als Teil der UN-Mission MINUSMA bis Ende Mai 2024 - zwischen dem eher auf Bleiben geeichten Außen- und dem abzugswilligen Verteidigungsressort zustande gekommen war. Gründe für den Zeitplan Aus Sicht von Denis Tull, Experte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) gibt es auch gute Gründe, sich an den verabredeten und den Vereinten Nationen zugesagten Zeitplan zu halten. Haben doch die Militärmachthaber in Mali für 2024 Wahlen versprochen: "Wenn die Tatsache, dass in Mali ein Putschregime regiert, Teil des Problems ist, dann macht es für Deutschland, die EU und die Vereinten Nationen Sinn, diesen Prozess der Transition zu fördern, statt die Brocken hinzuwerfen", erklärt Tull. Nun waren es aber nicht nur die Unionsparteien, die mit einem - allerdings gescheiterten - Antrag im Bundestag unlängst einen Abzug der Bundeswehr aus Mali noch in diesem Jahr forderten. Auch die ehemalige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht genau wie ihr Nachfolger Boris Pistorius, beide SPD, hatten mit Äußerungen Zweifel am Zeitplan gesät und laut über eine frühere Rückkehr der Bundeswehr, also vor Mai 2024, nachgedacht. "Müssen auch nicht der letzte Idiot sein" Zuletzt allerdings war davon kaum mehr etwas zu hören. Eine Fahrplanänderung scheint nicht mehr vorgesehen: "Natürlich müssen wir ein verlässlicher Partner sein - aber wir müssen auch nicht der letzte Idiot sein", warnt CSU-Mann Hahn mit Verweis darauf, dass Frankreich, Großbritannien und andere Partner ihre Truppen bereits nach Hause geholt hätten. Hinzu kommt eine ganze Reihe anderer Probleme: Die "Heron"-Aufklärungsdrohne der Bundeswehr ist vom deutschen Lager in Gao aus zuletzt kurz vor Weihnachten aufgestiegen, weil die malischen Behörden diese Flüge verweigern. Die Zusammenarbeit der Militärjunta in Mali mit russischen Wagner-Söldnertruppen ist ungebrochen. Dass Mali bei der UN-Vollversammlung zuletzt gegen eine Resolution stimmte, die den russischen Einmarsch in der Ukraine verurteilt, ist da fast nur noch eine Randnotiz. Brüskieren - wo es nur geht Jedenfalls scheint sich die Militärregierung zumindest nach außen hin alle Mühe zu geben, die internationalen Partner inklusive Deutschland zu brüskieren, wo es nur geht. Auch Sahel-Experte Denis Tull hält die Mission derzeit rein militärisch für wenig sinnvoll - die Diskussion darüber jedoch für eine Scheindebatte: "Denn die Bundeswehr wird ja ohnehin jetzt beginnen, diesen Abzug einzuleiten. Insofern ist die Frage, ob man zwei bis drei Monate früher aussteigt, im Grunde hinfällig."  In der Tat startet die Bundeswehr bereits Anfang Juni langsam aber sicher mit dem Abzug. Nicht mehr zwingend notwendiges Material wird in Container verpackt und ausgeflogen.  Die bange Frage, die man sich nicht nur in Deutschland stellt: Wie kann und soll es mit der immer instabiler werdenden Sahel-Region weitergehen, wenn die Bundeswehr in etwas mehr als einem Jahr Mali verlassen hat? Im Nachbarland Niger startet die EU nun eine neue Ausbildungsinitiative für die Streitkräfte - an der sich vorbehaltlich der Zustimmung des Bundestags auch Deutschland beteiligen soll. Kleinere Mission in Niger Doch verglichen mit dem Einsatz in Mali handelt es sich um eine Mini-Mission, mit 60 geplanten Soldatinnen und Soldaten ist der Bundeswehr-Fußabdruck mit dem im Nachbarland kaum zu vergleichen. Was die deutsche Entwicklungshilfe angeht, so wird die auch nach dem Truppen-Abzug in der Region weitergehen - um so der Ausbreitung des Terrorismus etwas entgegenzusetzen. Ob das gelingt, ist offen. Für die Rückkehr im doppelten Sinne der deutschen Streitkräfte mag es aus deutscher und NATO-Sicht schon wegen der gestiegenen russischen Bedrohung gute Argumente geben - die Frage ist aber, was danach aus der mehrere 1000 Soldaten starken UN-Mission in Mali wird. Denn auch wenn der Vergleich des Sahel-Wüstengürtels mit dem Hindukusch hinkt - was ein vollständiger Abzug internationaler Truppen bedeuten kann, lässt sich gerade in Afghanistan beobachten.
/inland/innenpolitik/niger-mali-bundeswehr-101.html
2023-04-12
Gebühr für Notaufnahme stößt auf Ablehnung
Vorschlag des Kassenärzte-Chefs
Der Vorschlag von Kassenärzte-Chef Gassen, unter bestimmten Bedingungen einer Notaufnahme-Gebühr zu verlangen, stößt auf Widerspruch. Gesundheitsminister Lauterbach sieht keine Chance für eine Umsetzung.   mehr
Der Vorschlag von Kassenärzte-Chef Gassen, unter bestimmten Bedingungen einer Notaufnahme-Gebühr zu verlangen, stößt auf Widerspruch. Gesundheitsminister Lauterbach sieht keine Chance für eine Umsetzung.   Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat der Idee von Kassenärzte-Chef Andreas Gassen für eine Notaufnahme-Gebühr eine Absage erteilt. Es werde intensiv über die Neustrukturierung der Notfallversorgung diskutiert - über eine Gebühr jedoch nicht, weswegen der Vorschlag keine Aussicht auf Umsetzung habe, sagte er.  Gassen hatte sich dafür ausgesprochen, dass Patientinnen und Patienten eine Gebühr entrichten sollten, wenn sie direkt in die Notaufnahme gehen, ohne vorher die Leitstelle anzurufen und ohne dass es nötig ist: "Wer noch selbst in eine Notaufnahme gehen kann, ist oft kein echter medizinischer Notfall", sagte Gassen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das kostet die Solidargemeinschaft unterm Strich mehr Geld und binde unnötig medizinische Ressourcen.  Massive Kritik aus Fachverbänden Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte den Vorstoß. Der Vorschlag sei unberechtigt, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. "Denn von massenhaftem Missbrauch der Notaufnahmen kann keine Rede sein. Schließlich würde sich fast jeder Zweite bei nicht lebensbedrohlichen Beschwerden an den ärztlichen Bereitschaftsdienst wenden."   Patientinnen und Patienten könnten die Schwere ihrer Symptome oft nicht deuten. Auch für Mediziner sei es oftmals schwierig, eine fachfremde Diagnose zu stellen. "Deshalb müssen zunächst die Verbände der Kassenärzte ihre Hausaufgaben machen", verlangte Brysch. Das gelte neben dem Ausbau und der Spezialisierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes auch für ausreichende Öffnungszeiten der niedergelassenen Arztpraxen sowie das Angebot von Hausbesuchen.  Gerald Gaß, Vorstandschef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), sagte, "wenn wir über Sanktionierungen sprechen, müssen zuerst einmal die Bedingungen erfüllt sein, die gewährleisten, dass alle Patientinnen und Patienten in einer Notfallsituation ideal beraten und gesteuert werden. Doch in einer solchen Situation sind wir noch lange nicht." Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, bezeichnete Gassens Vorschlag als überraschend. Nach ihrer Erfahrung verweise der ärztliche Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigungen erkrankte Menschen schnell an die Notaufnahmen, "da er offenbar personell nicht optimal aufgestellt ist." Auch Bentele lehnt eine Gebühr ab.  Politiker ebenfalls gegen Gebührenerhebung Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Bundestag, äußerte ebenfalls Kritik an dem Vorstoß. Notaufnahmen seien hoffnungslos überlastet, aber Patienten dafür den Schwarzen Peter in die Schuhe zu schieben, grenze an Schäbigkeit, schrieb der Politiker auf Twitter. Er forderte einen "180-Grad-Schwenk weg vom Profitdenken in der Gesundheitspolitik". Krankenhäuser müssten sich nicht in erster Linie rechnen, sondern müssten Menschen gesund machen.  Als "irreführend und gefährlich" wies der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen den Vorstoß für eine Notaufnahme-Gebühr zurück. "Menschen mit einem akuten medizinischen Problem müssen sich darauf verlassen können, dass ihnen unabhängig vom Geldbeutel in der Notaufnahme jederzeit geholfen wird", sagte er.
/inland/kassenaerzte-gassen-notaufnahme-103.html
2023-04-12
Immer mehr private Flüge in Europa
Studie zu Flugverkehr
Greenpeace schlägt angesichts der steigenden Zahl von Flügen mit Privatjets in Europa Alarm. Auch in Deutschland werden wieder mehr Maschinen privat genutzt - dadurch werden Hunderttausende Tonnen an CO2 verursacht. mehr
Greenpeace schlägt angesichts der steigenden Zahl von Flügen mit Privatjets in Europa Alarm. Auch in Deutschland werden wieder mehr Maschinen privat genutzt - dadurch werden Hunderttausende Tonnen an CO2 verursacht. Daten einer aktuellen Studie zum Flugverkehr in Europa rufen bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace massive Kritik hervor. Hintergrund ist die den Erhebungen zufolge deutlich steigende Anzahl an Flügen in Privatjets und die damit einhergehende zunehmende Belastung für das Klima durch den erhöhten Ausstoß an Treibhausgasen. Der von dem Forschungsinstitut CE Delft veröffentlichten Studie zufolge wurden im vergangenen Jahr in Europa knapp 572.800 Flüge in privaten Maschinen zurückgelegt. 2021 seien rund 350.000 solcher Flugverbindungen registriert worden, und 2020 waren es etwa 118.750. Dabei sei die niedrige Zahl vorrangig auf die in dem Jahr geltenden Reisebeschränkungen wegen der Corona-Pandemie zurückzuführen. Durch die privaten Maschinen wurden laut Studienergebnissen im vergangenen Jahr fast 3,4 Millionen Tonnen an CO2 ausgestoßen. Zum Vergleich: Im Vorjahr betrug die Menge demnach rund 1,6 Millionen Tonnen. Für 2020 führt die Studie 354.690 Tonnen an klimaschädlichem CO2 an, welches durch Flüge mit privaten Jets verursacht wurde. Die Erhebung von CE Delft basiert auf Informationen des Luftfahrtanalyseunternehmens Cirium. Diese beinhalten dem Institut zufolge Daten zu sämtlichen in europäischen Ländern ankommenden und startenden privaten Flügen. Die Datengrundlage umfasst demnach alle EU-Staaten sowie Norwegen, die Schweiz und Großbritannien. Erfasst wurden Verbindungen, bei denen Maschinen mit mindestens drei Sitzen eingesetzt wurden. Greenpeace fordert EU-weites Verbot von Privatjets Angesichts der starken Zunahme von Flügen in privaten Flugzeugen pocht Greenpeace erneut auf ein Verbot von Privatjets in der gesamten EU. "Klimaschädliche Privatjets sind die rücksichtsloseste Form der Mobilität", betonte Lena Donat von Greenpeace. Die Mobilitätsexpertin der Organisation mahnte: Während Superreiche mit Privatjets fliegen, als gäbe es kein Morgen, leiden ärmere Menschen aus dem globalen Süden am stärksten unter den Konsequenzen der Klimakrise. Mehr als 58.000 private Flugverbindungen in Deutschland Laut Studie sind in Deutschland im vergangenen Jahr 58.424 private Maschinen gestartet oder gelandet. Damit liege die Bundesrepublik im europaweiten Vergleich auf Platz drei - nur in Großbritannien und Frankreich werden Privatjets noch häufiger genutzt. Durch den Betrieb der privaten Flugzeuge seien in Deutschland 2022 rund 208.645 Tonnen an CO2 angefallen. Im Vorjahr wurden knapp 33.250 private Flüge in Deutschland verzeichnet mit einem CO2-Ausstoß von circa 108.976 Tonnen. Und 2020 wurden bundesweit laut Studienergebnissen 12.765 private Maschinen genutzt, wodurch eine Menge von 29.725 Tonnen an CO2 produziert wurden. Die meisten privaten Flugzeuge starteten 2022 vom Flughafen Berlin Brandenburg (BER). Am häufigsten geflogen wurde die Strecke zwischen Berlin und Köln, gefolgt von Verbindungen zwischen der Hauptstadt und London oder zwischen München und London. Laut CE Delf war die kürzeste Flugroute von einem deutschen Airport aus die Strecke von Friedrichshafen nach St. Gallen-Altenrhein - was 22 Kilometer Luftlinie sind. Recherche von NDR und SZ: Privatflüge auf Rekordniveau Bereits Mitte Januar hatten auch der NDR und die "Süddeutsche Zeitung" über die steigende Zahl an Privatjet-Flügen berichtet, allerdings basierend auf einer anderen Datengrundlage. Die gemeinsamen Recherchen bezogen sich auf Zahlen der Luftkontroll-Organisation Eurocontrol. Und die fielen sogar noch deutlich höher aus als die Ergebnisse der CE Delft-Studie. Demnach starteten 2022 mehr als 94.000 Flugzeuge aus dem sogenannten Business-Segment von deutschen Flughäfen - und damit etwa 260 Flüge täglich, ein Zuwachs von neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Privatjet-Flüge machten laut Eurocontrol im vergangenen Jahr etwa zwölf Prozent des gesamten Flugverkehrs in Deutschland aus. Ausgehend von diesen Recherchen fielen allein in Deutschland 2022 durch private Flüge mehr als eine Million Tonnen an Treibhausgasen an. Europaweit seien es etwa zehn Millionen Tonnen gewesen. Im Vergleich gehen die Erhebungen von Eurocontrol und Cirium von unterschiedlichen Kenngrößen aus. Während Cirium Maschinen mit mindestens drei Sitzen erfasst hat, beziehen sich die Daten von Eurocontrol auf Flugzeuge mit mindestens vier Sitzen. In einer ersten Version dieses Artikels hieß es, die kürzeste Flugroute in Deutschland sei die Strecke Stuttgart-Böblingen gewesen. Tatsächlich wurde der Flugbetrieb in Böblingen bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg eingestellt. Das Institut CE Delft hat diesen Fehler in seiner Studie korrigiert. Wir haben auch unseren Artikel berichtigt.
/wirtschaft/flugverkehr-privatjets-eu-101.html
2023-04-12
"Elitärer und selbstgerechter Protest"
Kritik an Klimaaktivisten
Mit Aktionen wie Straßenblockaden will die "Letzte Generation" unter anderem Sofortmaßnahmen gegen den Klimawandel erreichen. An der Protestform gibt es massive Kritik - nun auch von "Fridays for Future" und den Grünen. mehr
Mit Aktionen wie Straßenblockaden will die "Letzte Generation" unter anderem Sofortmaßnahmen gegen den Klimawandel erreichen. An der Protestform gibt es massive Kritik - nun auch von "Fridays for Future" und den Grünen. Die Klimaschutzbewegung "Fridays for Future" wirft den Aktivisten der "Letzten Generation" vor, mit ihren Protestaktionen die Gesellschaft zu spalten. "Die Klimakrise braucht gesamtgesellschaftliche Lösungen und die finden und erstreiten wir nur gemeinsam und nicht, indem wir Menschen im Alltag gegeneinander aufbringen", sagte Sprecherin Annika Rittmann der Nachrichtenagentur dpa. Von Blockaden in Hamburg seien insbesondere Pendler und Pendlerinnen betroffen gewesen, "die es sich weder leisten können, in der Hamburger Innenstadt zu wohnen, noch durch den mangelnden Ausbau den ÖPNV nehmen können. Ähnliches ist in Berlin zu befürchten." Aus gutem Grund setze "Fridays for Future" seit jeher auf andere Protestformen. Die Klima-Demos von "Fridays for Future" wurden von der Schwedin Greta Thunberg inspiriert, die sich im August 2018 erstmals zu einem "Schulstreik fürs Klima" vor das Parlament in Stockholm gesetzt hatte. Grüne: Menschen durch Aktionen nicht verprellen Auch aus der Grünen-Bundestagsfraktion gab es Kritik an der "Letzten Generation". Mit ihrem "elitären und selbstgerechten Protest" bewirke die "Letzte Generation" das Gegenteil dessen, was in der aktuellen Lage gebraucht würde, "nämlich eine breite Bewegung in der Gesellschaft, für konsequente Klimaschutzpolitik", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin, Irene Mihalic, der dpa. "Der Klimawandel ist menschengemacht, deshalb braucht es die Menschen, wenn wir ihn, so gut es geht, aufhalten wollen. Wir sollten sie nicht verprellen durch Aktionen, die den ohnehin harten Alltag noch zusätzlich erschweren", so Mihalic. "Fridays for Future" sei es dagegen vor allem in der Zeit vor Corona gelungen, sehr viele Menschen auf die Straßen zu bringen, die die Breite der Gesellschaft repräsentiert hätten. "Letzte Generation" kündigt Blockaden in Berlin an Die "Letzte Generation" macht mit Straßenblockaden von sich reden, aber auch mit anderen umstrittenen Aktionen etwa in Museen. Aktivisten der Gruppe hatten in Hamburg den beginnenden Oster-Reiseverkehr an wichtigen Stellen behindert - etwa vor dem Elbtunnel. In der letzten Aprilwoche will die Gruppe bis in den Mai hinein Straßen in Berlin blockieren. "Ab Montag, dem 24. April, bringen wir Berlin friedlich durch Straßenblockaden zum Stillstand", heißt es auf der Homepage. Am 23. April sei am Nachmittag am Brandenburger Tor eine Versammlung geplant. Die Aktivisten fordern als Sofortmaßnahmen gegen den drohenden "Klimakollaps" ein Tempolimit von 100 Stundenkilometern auf den deutschen Autobahnen sowie ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket für Bus und Bahn.
/inland/gruene-letzte-generation-fridays-101.html
2023-04-12
Wasserstoff-Züge statt Diesel-Loks?
Klimaziele der Bahn
Gerade im Verkehrssektor muss CO2 eingespart werden - die Deutsche Bahn sieht großes Potenzial in Wasserstoff-Zügen. Allerdings ist dafür eine eigene Infrastruktur nötig. Und die Entwicklung der Züge steht noch am Anfang. Von Rupert Wiederwald.
Gerade im Verkehrssektor muss CO2 eingespart werden - die Deutsche Bahn sieht großes Potenzial in Wasserstoff-Zügen. Allerdings ist dafür eine eigene Infrastruktur nötig. Und die Entwicklung der Züge steht noch am Anfang. Eigentlich hatte Albrecht Neumann eine Erfolgsgeschichte präsentieren wollen: den Mireo H - den Wasserstoff-Zug der Siemens Eisenbahnsparte Siemens Mobility. Doch jetzt steht der auf dem Areal des Testgeländes von Siemens in Wegberg in Nordrhein-Westfalen und will nicht mehr. Siemens Manager Neumann versucht, gelassen zu bleiben: "Dafür testen wir ja, damit solche Dinge hier passieren und nicht später im Passagierbetrieb." Tatsächlich aber ist das jetzt ein Problem: der Mireo-H sollte den deutschen Eisenbahn-Hersteller Siemens wieder nach vorne bringen, nachdem Wettbewerber wie Alstom bereits seit einiger Zeit mit Wasserstoff-Zügen am Markt sind. Doch pünktlich zur Vorführung für ausgewählte Journalistinnen und Journalisten streikt die Brennstoffzelle. "Wahrscheinlich ein Software-Fehler", mutmaßt Neumann. Erst mit einer Stunde Verzögerung und einem leistungsmäßig abgespeckten Zug kann die Vorführung weitergehen. Technik-Probleme bremsen Entwicklung Immerhin hat Siemens solche Probleme mit seinen Wettbewerbern gemein. Der französische Eisenbahn-Konzern Alstom hatte bereits im vergangenen Jahr in Deutschland einen großen Erfolg gelandet: 27 Züge mit Wasserstoff-Antrieb sollten ab 2022 für den Rhein-Main-Verkehrsverbund auf der Taunusbahn fahren. Doch immer neue technische Schwierigkeiten brachten das Projekt ins Stocken - und Wasserstoff als Antrieb in Verruf. Züge mit Wasserstoff-Antrieb gelten als eine Möglichkeit, den CO2-Ausstoß im Verkehr zu senken. Sie können überall dort eingesetzt werden, wo bislang veraltete Diesel-Loks ihren Dienst tun. Das sind vor allem die Bahnstrecken, an denen keine Oberleitungen liegen. Derzeit knapp ein Drittel der etwa 33.000 Bahnkilometer in Deutschland. Vor allem im Personennahverkehr werden mehr als ein Viertel aller Fahrten mit Diesel-Loks gemacht. Es sind die schwer zugänglichen Nebenstrecken, bei denen die Elektrifizierung fehlt. Alle diese mit Oberleitungen auszustatten, dauert zu lange und ist auch nicht wirtschaftlich. Wenn dort die Diesel-Lok eingespart werden soll, dann geht dies nur mit batteriebetriebenen Zügen oder eben einem Wasserstoff-Zug wie dem Mireo H. Batterie - und Wasserstoff-Züge "Batterie-Züge und Wasserstoff-Züge sind eigentlich vom Prinzip her identisch", erklärt Siemens-Manager Neumann. "Der große Unterschied ist die Reichweite: Mit einem batteriebetriebenen Zug kommt man je nach Größe und Passagierzahl zwischen 50 und 100 Kilometer weit. Mit Wasserstoff sind es aber 800 Kilometer." Batterie-Züge eignen sich vor allem für kurze, ebene Strecken. Wasserstoff-Züge können lange Strecken, auch mit Steigung etwa im Gebirge, überwinden. Deutsche Bahn setzt auf "grünen" Wasserstoff Erst seit 2019 haben sich die großen Zughersteller und auch die Bahn auf das einstige Nischenprojekt Wasserstoff konzentriert. Das größte Problem: die Infrastruktur. Noch gibt es keine zuverlässige Wasserstoff-Versorgung, die tatsächlich CO2-neutral ist. Mehr als 90 Prozent des in Deutschland verbrauchten Wasserstoffs ist sogenannter "grauer" Wasserstoff, der durch die Verarbeitung von fossilen Brennstoffen wie Erdgas, Erdöl oder Kohle entsteht. Auch die Wasserstoff-Züge der Taunus Bahn von Alstom fahren derzeit mit diesem nicht klimaneutral hergestellten Wasserstoff, wie Siemens Mobility Eisenbahn Chef Neumann gerne betont. Die Deutsche Bahn will für ihre Wasserstoff-Züge eigene Wasserstoff-Tankstellen bauen, bei denen durch Elektrolyse der Wasserstoff gewonnen wird - der sogenannte "grüne" Wasserstoff. Hier wird Wasser mit Hilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. "Der dafür eingesetzte Strom wird aus regenerativen Energien kommen," betont Marc-Andre Sahba, der bei der Bahn für die Wasserstoff-Strategie zuständig ist. Am Ende aber ist die Deutsche Bahn auch darauf angewiesen, dass genügend Strom aus Erneuerbaren Energien verfügbar ist, um die benötigten Mengen Wasserstoff klimaneutral herzustellen. Der Bedarf steigt Wasserstoff gilt vielen als das Wundermittel, um die Wirtschaft CO2-neutral zu machen. Doch die große Frage ist: Woher nehmen? Denn schon jetzt wird von schätzungsweise einer Million Tonnen Wasserstoff, die in Deutschland jährlich genutzt werden, nur der geringste Teil durch Elektrolyse gewonnen - nur etwa sieben Prozent. Die Bundesregierung möchte bis 2030 den Anteil auf etwa 50 Prozent steigern. Es wird also importiert werden müssen. Es gibt zwar viele Planspiele, wie gerade aus nordafrikanischen und arabischen Ländern Wasserstoff zu uns gelangen könnte, aber da ist vieles noch im frühen Planungsstadium. Gleichzeitig gehen alle Akteure davon aus, dass der Bedarf an Wasserstoff sprungartig ansteigen wird. Konservative Schätzungen gehen davon aus, dass er sich in Deutschland bis 2050 verdoppeln wird, Industrie-Vertreter wie der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hingegen gehen von einem dreimal so hohen Bedarf aus. Mobile Wasserstofftankstellen Die Technik an sich ist nicht das Problem: Brennstoffzellen, die Wasserstoff in elektrische Energie umwandeln, sind keine neue Technik. Und auch den flüchtigen und hochbrennbaren Stoff selbst unter Kontrolle zu halten, ist ebenfalls kein Problem mehr. Die Bahn zeigt sehr stolz ihre neuen, mobilen Wasserstofftankstellen, die es möglich machen, einen Wasserstoff-Zug so schnell wie eine Diesel-Lok zu befüllen: "Wir brauchen auch genau diese Schnellbetankung", betont Bahn-Manager Sahba. Im Betrieb müssten sich die Fahrpläne wie im Dieselverkehr einhalten lassen. Das sei auch ein Kriterium, ob die Besteller des Nahverkehrs sich am Ende für Wasserstoff-Züge entscheiden oder nicht. Auch eine Frage des politischen Willens Denn ob sich Wasserstoff als Antrieb bei Zügen durchsetzen kann, sei vor allem eine Frage des politischen Willens, so Sahba. In Deutschland entscheiden die Nahverkehrsunternehmen wie Deutsche Bahn oder andere nur bedingt über die eingesetzten Zug-Arten. Jede Nahverkehrsstrecke wird von den Bundesländern ausgeschrieben - mit sehr genauen Vorgaben. Darin steht dann auch, ob Wasserstoff oder Batterie oder eben Diesel-Loks eingesetzt werden sollen. Eine Frage des Preises sollte es nicht sein. Wasserstoff-Züge seien zwar derzeit die teuerste Alternative, verrät Neumann vom Hersteller Siemens Mobility - sowohl in der Anschaffung als auch im Betrieb. Das ändere sich aber, wenn man sie langfristig mit den Diesel-Loks vergleiche, die sie ersetzen sollen. Durch die CO2-Bepreisung sei schon jetzt klar, dass Diesel auf Dauer der teuerste Antrieb von allen sein werde.
/wirtschaft/technologie/deutsche-bahn-wasserstoff-zuege-101.html
2023-04-12
Vom Revoluzzer zum Berater des Establishments
Joschka Fischer wird 75
Er trat in Turnschuhen zur Vereidigung an. Seine schlechten Launen sind legendär. Und auch als Außenminister musste er mit Krisen und Katastrophen umgehen. Nun wird der Revoluzzer von einst 75. Von Sabine Henkel.
Er trat in Turnschuhen zur Vereidigung an. Seine schlechten Launen sind legendär. Und auch als Außenminister musste er mit Krisen und Katastrophen umgehen. Nun wird der Revoluzzer von einst 75. "Ein gewisser persönlicher Radikalismus ist mir nicht fremd, das kann ich nicht leugnen. (...) Ich hatte immer ein Autoritätsproblem", sagt Josef Martin Fischer, aka Joschka, der Revoluzzer mit Autoritätsproblem. Er war der erste Politiker, der sich in Turnschuhen vereidigen lässt. Ein Minister in Sneakern - respektlos sagen sie in Hessen und ahnen noch nicht, wie Fischer später in Bonn die Autorität des Bundestagsvizepräsidenten torpedieren wird. Richard Stücklen hatte ihn wegen mehrerer Zwischenrufe von der Sitzung ausgeschlossen. In Pepe Danquarts Kino-Dokumentation "Joschka und Herr Fischer" erinnert sich Fischer: "Dann bin ich aufgestanden und es fielen die Worte, die nicht mehr im Protokoll sind: Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch." Es sind die Zeiten, als die Grünen noch als seltsame Spezies gelten: Ostermarschierer, Feministinnen, Rauschebärte, Ökoschlappen. Und eben Fischer: Er steht mit Sonnenbrille und ausgebeulten Hosen am Rednerpult. Sein Auftritt ist in den Anfangszeiten pure Provokation. Er - der Schulabbrecher, Taxifahrer, Steinewerfer - fällt aus allen Rahmen. Wie heute Robert Habeck, aber doch ganz anders. "Wir sind unterschiedlich, sehr unterschiedlich. Ich schätze Robert sehr, aber ich bin ein völlig anderer Typ", meint Fischer. Wandlung im Laufe der Jahre Der Typ Fischer wandelt sich im Laufe der Jahre. Tauscht Turnschuhe gegen Budapester. Mal ist er dick, mal ist er dünn. Und selten ist er gut gelaunt. Seine schlechte Laune ist legendär. Vor allem Journalisten und Journalistinnen bekommen sie zu spüren. "Wenn ich Sie alle hier so sehe, frage ich mich, was Sie eigentlich von mir wollen", sagte er einmal zu ein paar von ihnen. Bei den Grünen kämpft Fischer gegen die Fundis - sie stellen seine Autorität in Frage. Beim Parteitag in Bielefeld 1999 fliegen Farbbeutel - weil Fischer, im Außenminister-Establishment angekommen, deutsche Soldaten in den Krieg auf den Balkan schicken will. Kritik daran bolzt er unwirsch weg: "Ja, jetzt kommt, ich hab nur darauf gewartet. 'Hier spricht ein Kriegshetzer' und Herrn Milosevic schlagt ihr demnächst für den Friedensnobelpreis vor, nicht wahr?" Autorität der USA offen infrage gestellt Krisen, Konflikte, Katastrophen sind der Job des Joschka Fischer. Im Irak-Krieg lernen die Vereinigten Staaten einen deutschen Außenminister kennen, der ihrer Linie nicht folgt und die Autorität der USA offen infrage stellt. Es ist das erste Mal, dass sich eine Bundesregierung gegen die USA positioniert. Das war 2003. Zwei Jahre später ist Rot-Grün abgewählt. Der Außenminister Fischer verlässt die politische Bühne und versilbert seine Karriere. Der Revoluzzer von einst berät heute das Establishment. Unternehmer und Politikerinnen suchen seinen Rat. "Insgesamt kann ich mich nicht beschweren", ist er zufrieden.
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2023-04-12
Musik - aber ohne Musiker
KI-generierte Songs
Künstliche Intelligenz dringt in alle Lebensbereiche vor - auch in die Musik und komponiert sogar selbst. Doch auf Basis bereits veröffentlichter Werke. Universal Music will dagegen nun vorgehen. mehr
Künstliche Intelligenz dringt in alle Lebensbereiche vor - auch in die Musik und komponiert sogar selbst. Doch auf Basis bereits veröffentlichter Werke. Universal Music will dagegen nun vorgehen. Immer schneller entwickelt sich die Künstliche Intelligenz (KI), immer besser werden ihre Anwendung. Nun tauchen auf den Plattformen von Musik-Streamingdiensten offenbar vermehrt Songs auf, die von Künstlicher Intelligenz aus generiert wurden - aus Liedern von bekannten Künstlern, die auf diesen Plattformen veröffentlicht wurden. Die Universal Music Group, selbst eines der größten Musiklabels, hat wichtige Streamingdienste für Musik nun offenbar aufgefordert, zu handeln. Wie aus internen E-Mails, die der "Financial Times" vorliegen, hervorgeht, verlangt Universal Music, dass Plattformen wie Spotify oder Apple gezielt gegen die Verbreitung von KI-generierter Musik vorgehen. "Wir werden nicht zögern, Schritte zu unternehmen, um unsere Rechte und die unserer Künstler zu schützen", schrieb Universal Music bereits im März an die Streamingdienste. "Moralische und kommerzielle Verantwortung" Nach Informationen der "Financial Times" sei man bei Universal Music besorgt darüber, dass KI-Bots vermehrt Songs populärer Künstler, die auf Streaming-Plattformen zu finden sind, nutzen, um sich selbst das komponieren beizubringen. Das Problem daran: Die Bots würden laut Informationen der "Finanical Times" besonders die Pop-Songs nutzen, um sich selbst das Komponieren beizubringen - und klingen dann auch wie die derzeit erfolgreichen Künstlerinnen und Künstler. "Wir haben eine moralische und kommerzielle Verantwortung gegenüber unseren Künstlern, daran zu arbeiten, die unbefugte Nutzung ihrer Musik zu verhindern und Plattformen daran zu hindern, Inhalte aufzunehmen, die die Rechte von Künstlern und anderen Urhebern verletzen", sagte ein Sprecher der Universal Music Group gegenüber der "Financial Times". Universal Music hat bekannte deutsche und internationale Künstler unter Vertrag, etwa die deutsche Sängerin Sarah Conner, Rammstein, Eminem oder Billie Eilish. Ihre Rechte will der US-Musikkonzern, der neben Sony Music und der Warner Music Group eines der wichtigsten Musiklabels weltweit ist, schützen. Wenn Musik aus Text entsteht Denn die Programme, die in der Lage sind, KI-generierte Musikstücke zu erzeugen, häufen sich. Auch der US-Konzern Google hat ein solches Programm entwickelt: MusicLM. Aus Beschreibungen generiert das Programm Musikstücke, die dann etwa so klingen können "Langsamer, Bass-und Schlagzeug-geführter Reggae-Song". Dies ist auf der Webseite zum neuen Programm zu hören. "Unsere Experimente zeigen, dass MusicLM sowohl in der Audioqualität als auch in der Einhaltung der Textbeschreibung bisherige Systeme übertrifft", heißt es von den Entwicklern. "Beethovens X" von der KI vollendet Und es gibt bereits großartige Erfolge zu feiern: 2021 wurde die von dem deutschen Komponisten Ludwig van Beethoven zu seinen Lebzeiten nicht vollendete 10. Sinfonie uraufgeführt. Eine KI hatte "Beethovens X" zu Ende geschrieben, der Dirigent zeigte sich vor zwei Jahren aber noch skeptisch: "Die KI verarbeitet Dinge, die schon passiert sind. Die Frage ist, ob sie etwas originäres Neues schafft, was aus der Seele des Menschen einen Zeitgeist auffängt und daraus ein unverwechselbares Kunstwerk macht. Da hätte ich meine ganz, ganz großen Zweifel", sagte Dirigent Dirk Kaftan. Dass KI in ihrer Kreativität der Menschlichen allerdings in nichts nachsteht, konnte jüngst eine Studie der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und der Universität in Essex belegen: Sie ließ 100 Menschen und sechs KI-Programme einen Kreativitätstest ablegen, mit dem verblüffenden Ergebnis, dass es zwischen den menschlichen und den KI-basierten Kreativ-Erzeugnissen kaum Unterschiede gab. KI könnte Künstlern "schaden" Auch wenn KI laut Antonio Krüger, Direktor des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz, nicht in der Lage sei, selbst "völlig abstraktes Neuland zu betreten", ist die Musik-Branche aufgeschreckt. "Wir gehen davon aus, dass unsere Plattformpartner verhindern wollen, dass ihre Dienste auf eine Weise genutzt werden, die den Künstlern schadet", sagte ein Sprecher der Universal Music Group der "Finanical Times". Und meint damit eindeutig, KI-generierte Musik, die auf Basis bereits veröffentlichter Werke Ähnliches reproduziert. Die Streaming-Dienste selbst haben sich bislang nicht zu den Vorgängen geäußert - auch nicht dazu, ob und wie sie gegen KI-generierte Musikstücke vorgehen wollen.
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2023-04-12
Kippt der Einstieg beim Hamburger Hafen?
Chinas Beteiligung
Das Kanzleramt hatte den Einstieg eines chinesischen Staatskonzerns beim Hamburger Hafen fast schon durchgesetzt: Doch nun gilt das Container-Terminal Tollerort nach Informationen von NDR, WDR und SZ doch als kritische Infrastruktur. Kippt der Deal? mehr
Das Kanzleramt hatte den Einstieg eines chinesischen Staatskonzerns beim Hamburger Hafen fast schon durchgesetzt: Doch nun gilt das Container-Terminal Tollerort nach Informationen von NDR, WDR und SZ doch als kritische Infrastruktur. Kippt der Deal? Im Streit um den möglichen Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco bei einem Hamburger Container-Terminal ist die Bundesregierung mit neuen Tatsachen konfrontiert: Nach einer Recherche von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" stuft das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) das Terminal Tollerort mittlerweile als kritische Infrastruktur und damit als besonders schützenswert ein. Die korrigierte Einstufung bedeutet nicht, dass das Geschäft nun automatisch untersagt wird. Aber für die Bundesregierung stellt sich die politisch heikle Frage, ob sie das Geschäft mit Cosco genehmigen will. Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) als Betreiberin des Terminals bestätigte die Recherche auf Anfrage. Demnach gelte das Terminal Tollerort seit Anfang 2023 als kritische Infrastruktur, und zwar als "Betrieb einer Umschlaganlage in See- und Binnenhäfen mit einer Frachtmenge von 3,27 Millionen Tonnen pro Jahr". In Tollerort liegt der jährliche Umschlag deutlich darüber. In Abstimmung mit dem BSI habe man das Terminal als kritische Infrastruktur registriert, erklärte eine HHLA-Sprecherin. Auf Anfrage verwiesen Kanzleramt und Wirtschaftsministerium auf das fürs BSI zuständige Innenministerium. Dort hieß es, dass man sich zu Einstufungen nicht äußere, etwa aus Sicherheitsgründen. Nach Veröffentlichung der Recherche von NDR, WDR und SZ erklärte die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums: "Da sich die Voraussetzungen geändert haben, prüfen wir als BMWK die Auswirkungen auf den Sachverhalt". Terminal bislang keine kritische Infrastruktur In der Vergangenheit war das Container-Terminal Tollerort nicht als kritische Infrastruktur betrachtet worden. Für Befürworter des Cosco-Einstiegs war dies im vergangenen Jahr ein zentrales Argument. So hatte SPD-Chef Lars Klingbeil erklärt, es gehe "um eine Minderheitenbeteiligung an einem Terminal" und "nicht darum, dass man die Chinesen in die kritische Infrastruktur reinlässt". Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) betonte seinerseits: "Weder China noch andere Länder sollten Zugriff auf die kritische Infrastruktur in Deutschland haben." Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte allgemein erklärt, es sei ein berechtigtes Anliegen zu sagen, dass es keinen falschen Einfluss auf Infrastrukturen geben dürfe. "Das ist in diesem Fall in keiner Weise gegeben." Prüfung verzögerte sich Warum die strengere Einstufung des Terminals durch das BSI offenbar erst jetzt vorgenommen wurde, ist noch unklar: Nach Recherchen von NDR, WDR und SZ soll es in der Vergangenheit Schwierigkeiten beim Informationsfluss zwischen BSI und Hamburger Hafenbetreiberfirma HHLA gegeben haben. In Berliner Regierungskreisen sorgte das offenbar schon im vergangenen Jahr für Unmut. Die HHLA ging darauf auf Anfrage nicht ein, sondern teilte mit, dass die Neu-Einstufung erfolgt sei, weil sich eine gesetzliche Verordnung geändert habe. Laut Internetseite des BSI gelten jene Organisationen oder Einrichtungen als kritische Infrastruktur, die eine besondere Bedeutung für das "staatliche Gemeinwesen" besitzen. Bei Ausfall oder Beeinträchtigung würden "nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten". HHLA befürwortet Investition Der Hamburger Hafen ist einer der größten in Europa mit herausragender Bedeutung für die deutsche Wirtschaft. HHLA-Chefin Angela Titzrath betonte zuletzt die Bedeutung des möglichen Einstiegs von Cosco. Die Bundesregierung müsse sich der Verantwortung für den Hamburger Hafen bewusst sein. Die HHLA strebt die Beteiligung von Cosco an, um auch künftig Ladung an die Hansestadt zu binden. China sei mit Abstand größter Handelspartner des Hafens. Wie die HHLA zuletzt erklärte, habe man in den Verträgen mit Cosco alle von der Bundesregierung gemachten Auflagen umgesetzt und warte nun nur noch auf eine Rückmeldung des Bundeswirtschaftsministeriums. Die HHLA erklärte nun zudem, Cosco würde mit einer Beteiligung am Terminal Tollerort "keinen Zugriff und keine Entscheidungsrechte erlangen - ebenso wenig wie in Bezug auf Grund und Boden des Terminals". Streit in der Bundesregierung um Cosco-Beteiligung Das Kanzleramt hatte das chinesische Investitionsvorhaben im vergangenen Jahr zur Chefsache gemacht. Nach Informationen von NDR und WDR wollte das Haus von Olaf Scholz die Beteiligung gegen das Votum der sechs Fachministerien sowie der EU-Kommission durchsetzen. Der Streit wurde schließlich durch ein Machtwort des Kanzleramts vorerst entschieden. Da die Ministerien sich nicht gegen das Kanzleramt durchsetzen konnten, einigte sich das Kabinett im Oktober, dass Cosco statt wie geplant 35 Prozent an der Betreibergesellschaft des Terminals lediglich 24,9 Prozent erwerben könne. Cosco schon heute weltgrößter Terminalbetreiber Der Hamburger Hafen wäre nicht der erste, bei dem China investiert hat. Tatsächlich befinden sich laut Schätzungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) rund zehn Prozent der Hafenkapazitäten Europas in Coscos Händen, zum Beispiel bei Hamburgs Konkurrenten in Rotterdam oder Antwerpen. Das chinesische Unternehmen gilt schon heute als weltgrößter Terminalbetreiber. Experten des China-Instituts Merics hatten schon früh gewarnt, dass ein Einstieg in Hamburg durchaus Risiken für die Sicherheit Deutschlands bergen könnte, da Cosco von Chinas Machthabern für die Umsetzung ihrer politischen Strategie genutzt werde. In den USA gab es zuletzt Medienberichte, wonach das US-Verteidigungsministerium offenbar chinesische Technologie an amerikanischen Häfen, etwa Kräne und deren Computersysteme, als potenzielles Sicherheitsrisiko erachtet. Demnach bestehe die Sorge, dass chinesische Geheimdienste über den Zugang zu den IT-Systemen von Häfen an sensible Informationen über den Transport von militärischen Gütern für US-Operationen oder an verbündete Nationen gelangen könnten. Das Außenministerium in Peking wies solche Vorwürfe als "überzogen paranoid" zurück. Umgang mit China weiter umstritten Der Umgang mit China ist innerhalb der Bundesregierung umstritten. Noch immer fehlt zum Beispiel eine China-Strategie, die im Koalitionsvertrag der Ampel angekündigt worden war. Im Kabinett stehen vor allem Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) für einen strengeren Kurs gegenüber China. Das Land solle nicht mehr nur als einer der wichtigsten Wirtschafts- und Handelspartner der Bundesrepublik, sondern zunehmend als Kontrahent und etwaiges Sicherheitsrisiko betrachtet werden. Im Fall Russland habe man gesehen, wie verwundbar Deutschland sei, wenn ein autokratisches Regime mit einem Mal die eigenen Interessen durchsetzt, heißt es von jenen, die im Umgang mit China auf eine größere Unabhängigkeit pochen. Das Kanzleramt wiederum will offenbar mehr das Verbindende zu China betonen. In dieser Woche will Außenministerin Baerbock nach China reisen. Ob es bei den Gesprächen auch um den Hamburger Hafen gehen wird, ist unklar. Von chinesischer Seite aber könnte es durchaus einige Fragen zum deutschen Prüfvorgang und einer endgültigen Entscheidung der Bundesregierung geben.
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2023-04-12
"Man ist kognitiv immer bei der Arbeit"
Studie zu Arbeitssucht
Sie arbeiten exzessiv und können in der Freizeit kaum abschalten: Rund zehn Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland sind einer Studie zufolge arbeitssüchtig. Die möglichen langfristigen Folgen sind vielfältig. mehr
Sie arbeiten exzessiv und können in der Freizeit kaum abschalten: Rund zehn Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland sind einer Studie zufolge arbeitssüchtig. Die möglichen langfristigen Folgen sind vielfältig. Großer Workload, später Feierabend - und selbst der nur mit schlechtem Gewissen. Arbeitssucht ist ein Problem für die eigene Gesundheit - und betrifft in Deutschland mittlerweile ein Zehntel der Erwerbstätigen. Zu diesem Ergebnis kam gerade eine gemeinsame Studie von Forscherinnen und Forschern des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Technischen Universität Braunschweig. Beatrice van Berk, Mitautorin der Studie, verweist auf den Unterschied zwischen Arbeitssucht und dem sogenannten work engagement: Während das Verhalten von Arbeitssüchtigen exzessiv und zwanghaft sei, sie häufig ein schlechtes Gewissen hätten und sich in ihrer Freizeit nicht von der Arbeit trennen könnten, empfänden Arbeitsengagierte Leidenschaft und hätten Spaß. Folgen: Müdigkeit, Erschöpfung - Burnout Anzeichen für eine Arbeitssucht sei etwa die Unfähigkeit, abends oder im Urlaub abschalten zu können, weil man kognitiv noch immer bei der Arbeit sei, so van Berk. "Das ist ein Indiz dafür, dass man vielleicht ein Problem damit hat, sich von seiner Arbeit zu lösen. Und dieses Problem hängt mit gesundheitlichen Beschwerden zusammen." So litten suchthaft Arbeitende deutlich häufiger als andere unter körperlichen oder psychosomatischen Beschwerden - etwa Müdigkeit, Niedergeschlagenheit und körperlicher Erschöpfung. "Und das ist sehr problematisch, weil wir wissen aus anderen Studien, dass körperliche und emotionale Erschöpfung mit Burnout und Depressionen zusammenhängen", so van Berk. Führungskräfte besonders betroffen Besonders häufig betroffen sind der Studie zufolge Führungskräfte. Sie seien zu 12,4 Prozent arbeitssüchtig, andere Erwerbstätige nur zu 8,7 Prozent. Dabei sei suchthaftes Arbeiten "umso stärker ausgeprägt, je höher die Führungsebene ist". Auch Erwerbstätige in Landwirtschaft und Gartenbau haben demnach ein höheres Risiko für suchthaftes Arbeiten, "weil in der Landwirtschaft Arbeit und Leben ja nicht so stark getrennt sind wie in anderen Berufsbereichen", so van Berk. "Und da mal den Kopf freizukriegen und nicht daran zu denken, dass es Tieren und Pflanzen gut geht und man einen guten Ertrag aus seiner Arbeit hat, ist vielleicht noch mal schwieriger als in anderen Berufsbereichen." Laut Wissenschaftlerin van Berk ist bei dem Thema vor allem Prävention geboten: "Insbesondere in Bezug aufs exzessive Arbeiten sind Betriebskulturen wichtig, wo es in Ordnung ist, alle Urlaubstage zu nehmen, wo es in Ordnung ist, ab einer bestimmten Uhrzeit mal nicht mehr auf Emails zu antworten und wo es auch in Ordnung ist, sich mal einen Tag krankzumelden, wenn man krank ist, wenn man sich schlecht fühlt und wenn man Regenerationszeit braucht." Das sei nicht überall gegeben und das fördere suchthaftes Arbeiten.
/wissen/studie-arbeitssucht-101.html
2023-04-12
Ein Blick in den Spionage-Maschinenraum
Pentagon Leaks
Die im Internet aufgetauchten Papiere der US-Geheimdienste bringen Washington in Erklärungsnot. Sie zeigen aber auch, wie schlagkräftig US-Spione sind - und dass auch verbündete Nationen weiterhin bespitzelt werden. Von Florian Flade.
Die im Internet aufgetauchten Papiere der US-Geheimdienste bringen Washington in Erklärungsnot. Sie zeigen aber auch, wie schlagkräftig US-Spione sind - und dass auch verbündete Nationen weiterhin bespitzelt werden. Wer die Geheimpapiere ins Internet gestellt hat, die aktuell nicht nur für erheblichen Wirbel in Washington sorgen, ist noch unklar. Während das FBI nun nach der undichten Stelle sucht, ist man bei den amerikanischen Geheimdiensten um Schadensbegrenzung bemüht. "Zutiefst unglücklich", nannte CIA-Chef William Burns das Datenleck. Jetzt gelte es, die richtigen Lehren aus dem Vorfall zu ziehen. Er habe jedoch in seinem Beruf auch gelernt, mit schlaflosen Nächten zu leben. Über die genauen Hintergründe der "Pentagon Leaks", wie die Veröffentlichung der Geheimpapiere aus dem US-Verteidigungsressort mittlerweile genannt wird, ist bislang wenig bekannt. Aber es scheint, als habe jemand Anfang März, vielleicht sogar schon früher, rund einhundert Dokumente des US-Militärs und der Geheimdienste einfach im Internet veröffentlicht. Und zwar in den Untiefen des Netzes, auf der Plattform Discord, einem Forum für Computerspieler. Geheimpapiere aus dem Gamerforum Die Geheimpapiere aus dem Gamerforum liefern einen seltenen Einblick in den Maschinenraum des amerikanischen Spionageapparats. Sie zeigen zwar nur einen kleinen Ausschnitt dessen, was die Agenten, die Satelliten und die Abhörtechnik von CIA, NSA & Co. tagtäglich liefern, aber schon die wenigen Tagesmeldungen aus dem Frühjahr verdeutlichen: Die US-Geheimdienste haben offenbar beachtliche Zugänge in Russland, China, Iran oder Nordkorea - und sie bespitzeln wohl auch zehn Jahre nach den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden weiterhin verbündete Nationen. Es geht um abfotografierte Papiere, darunter mehrere Lagebilder und Analysen zum Kriegsverlauf in der Ukraine. Aber auch das "Daily Intelligence Update" stand plötzlich im Netz, eine tagesaktuelle Zusammenfassung von geheimdienstlichen Erkenntnissen. Nahezu alle Dokumente sind als "geheim" oder sogar "streng geheim" eingestuft, sie enthalten Informationen aus technischen Abhörmaßnahmen und von menschlichen Quellen. Sogar ein bislang unbekanntes Satellitensystem namens "LAPIS" wird erwähnt. Nicht bekannt ist, ob die Person, die die Unterlagen fotografiert hatte, auch die gleiche Person ist, die sie letztendlich ins Netz stellte. Der Nutzer aus dem Discord-Forum jedenfalls hat seinen Account inzwischen gelöscht. Unklarheit besteht außerdem weiterhin darüber, ob die Geheimpapiere wirklich allesamt echt sind, oder ob einzelne Inhalte womöglich doch verfälscht wurden. Die US-Regierung will sich dazu bislang nicht äußern. Allerdings haben Vertreter des Weißen Hauses und des Pentagon bereits durchblicken lassen, dass es sich wohl grundsätzlich um authentische Unterlagen handelt. Wagner und der Kreml offenbar umfassend ausspioniert Und aus denen geht hervor, dass die russischen Streitkräfte, die Söldnertruppe Wagner und der Kreml augenscheinlich umfassend von den Amerikanern ausspioniert werden. In den Papieren wurden russische Militäraktionen, etwa Raketenangriffe auf die Ukraine beschrieben, die noch gar nicht stattgefunden hatten, aber wohl bereits angeordnet waren. Es werden russische Geheimdienstler zitiert, die davon berichten, dass man mit den Spionen der Vereinigten Arabischen Emirate eine Zusammenarbeit gegen die USA und Großbritannien beschlossen habe. Außerdem heißt es, der ägyptische Machthaber Abdel Fatah El-Sisi plane offenbar, Russland heimlich mit Raketen und Munition zu unterstützen. Die US-Dienste verfügen laut den Papieren außerdem über Erkenntnisse darüber, dass die Wagner-Söldner versuchen, Waffen in der Türkei zu erwerben und dass der Anführer der Militärjunta in Mali angeboten habe, dabei zu helfen. Und dass die russischen Söldner im Karibik-Staat Haiti aktiv werden wollen - direkt vor Amerikas Haustür. Doch abgesehen von der umfassenden Aufklärung des Kriegsgeschehens in der Ukraine, des iranischen Atomprogramms oder Nordkoreas Raketenprojekten zeigen die Geheimpapiere auch, dass die USA offenbar weiterhin verbündete Nationen bespitzeln. Sogar der Mossad wird wohl abgehört Über Südkorea etwa heißt es in den Papieren, man habe Erkenntnisse darüber, dass die Regierung in Seoul intern uneinig über einen geplanten Waffenexport nach Osteuropa sei. Es gehe um mehr als 300.000 Artilleriegeschosse. Es wird ein Gespräch zweier südkoreanischer Sicherheitsbeamten zitiert, in dem vorgeschlagen worden sein soll, die Munition zunächst an Polen zu liefern, tatsächlich aber seien sie für die Ukraine bestimmt. In Israel wird wohl sogar der legendäre Auslandsgeheimdienst Mossad von den Amerikanern abgehört. Zumindest heißt es in einem der Papiere, laut CIA gebe es durch technische Aufklärung darüber Erkenntnisse, dass die Mossad-Leitung die Mitarbeitenden zu Protesten gegen die umstrittene Justiz-Reform der Regierung von Benjamin Netanyahu angehalten habe. Auch ein EU-Staat kommt in den Geheimpapieren vor. So soll Ungarns Regierungschef Viktor Orban im Februar bei einer internen Parteiveranstaltung die USA als einen der drei Hauptfeinde seiner Partei Fidesz bezeichnet haben. Dass die amerikanischen Dienste trotz - oder gerade wegen der westlichen Unterstützung - ein besonderes Augenmerk auch auf die Ukraine legen, dürfte hingegen kaum überraschen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, so ist in den nun geleakten Papieren zu lesen, habe Ende Februar in Gesprächen mit seinen Militärs vorgeschlagen, militärische Stellungen in Russland, beispielsweise nahe Rostow, anzugreifen. Und zwar mit bewaffneten Drohnen, da die Ukraine bislang nicht über Raketensystemen mit solcher Reichweite verfügt. In einem anderen Dokument heißt es, es gebe Erkenntnisse darüber, dass der ukrainische Geheimdienst SBU davon ausgehe, dass "seine Agenten in Belarus Befehle missachtet haben" und am 28. Februar ein russisches Militärflugzeug auf einem belarussischen Flugplatz mit Drohnen angegriffen hätten. Für Amerikas Dienste sind die Veröffentlichungen unangenehm und durchaus schädlich. Immerhin wirkt sich das Bekanntwerden von Quellen und Zugängen oft direkt auf die nachrichtendienstliche Arbeit aus. Zudem wird sich die Biden-Regierung nun darum bemühen müssen, die Spitzeleien gegenüber den Partnernationen zu erklären. Ein Argument könnte sein, dass Vertrauen gerade in Kriegszeiten sehr wertvoll sein kann - der Blick hinter die Kulisse mitunter allerdings auch.
/ausland/usa-leaks-105.html
2023-04-12
"Frieden und wirtschaftliche Chancen gehen zusammen"
US-Präsident Biden in Nordirland
In einer Rede in Belfast hat US-Präsident Biden an die Bedeutung des Karfreitagsabkommens erinnert. Nordirland sagte er wirtschaftlich eine große Zukunft voraus - und lobte das Brexit-Abkommen zwischen London und Brüssel. mehr
In einer Rede in Belfast hat US-Präsident Biden an die Bedeutung des Karfreitagsabkommens erinnert. Nordirland sagte er wirtschaftlich eine große Zukunft voraus - und lobte das Brexit-Abkommen zwischen London und Brüssel. US-Präsident Joe Biden hat bei einer Rede zum 25. Jahrestag des Karfreitagsabkommens in Belfast den Mut und die Entschlossenheit der Menschen in Nordirland gewürdigt. "Im Rückblick vergessen wir, wie hart erarbeitet und wie erstaunlich der Frieden damals war", sagte Biden bei einer Ansprache an der Ulster University in der nordirischen Hauptstadt Belfast. Die USA hatten beim Zustandekommen des historischen Friedensschlusses eine wichtige Vermittlerrolle gespielt. Biden prognostiziert Wirtschaftswachstum für Nordirland "Ihre Geschichte ist unsere Geschichte", sagte Biden, der irische Vorfahren hat, an die Menschen in Nordirland gewandt. "Aber was noch wichtiger ist: Ihre Zukunft ist Amerikas Zukunft." "Die einfache Wahrheit ist, dass Frieden und wirtschaftliche Chancen zusammengehen", betonte Biden. "Erhalten Sie den Frieden aufrecht, setzen Sie dieses unglaubliche wirtschaftliche Potenzial frei, das sich gerade erst auftut", mahnte er und sagte zu, die USA stünden beim Aufbau der Zukunft weiter an der Seite des britischen Landesteils. Das Bruttoinlandsprodukt Nordirlands habe sich seit dem Friedensschluss 1998 verdoppelt, sagte Biden und betonte: "Ich sage voraus, dass es sich verdreifachen wird, wenn sich die Dinge weiter in die richtige Richtung bewegen." Viele amerikanische Unternehmen seien interessiert daran, in Nordirland zu investieren. Frieden in Nordirland hat Priorität in den USA Biden lobte die im Februar geschlossene Vereinbarung zur Beilegung des Streits zwischen London und Brüssel infolge des Brexits. Der US-Präsident bekräftigte zudem die Hoffnung, dass das Regionalparlament und die Regierung in Nordirland, die auf Grund einer Blockade der protestantisch-unionistischen Partei DUP derzeit handlungsunfähig ist, bald wieder funktionierten. Den Frieden in dem britischen Landesteil zu bewahren sei eine Priorität für beide Parteien in den USA. 25 Jahre Karfreitagsabkommen Das Karfreitagsabkommen von 1998 beendete den jahrzehntelangen blutigen Konflikt zwischen mehrheitlich katholischen Befürwortern der Vereinigung beider Teile Irlands und den überwiegend protestantischen Anhängern der Union Nordirlands mit Großbritannien. Der US-Präsident rief dazu auf, das Jubiläum des Abkommens zu feiern und Schäden aus der Vergangenheit zu reparieren. Biden bemühte sich bei seiner Rede, Aufbruchstimmung zu verbreiten. Dort wo einst Stacheldraht die Stadt geteilt habe, stehe heute die Ulster-Universität als Kathedrale des Lernens. Belfast sei heute ein Ort für Handel, Kunst und Inspiration. "Die Dividenden des Friedens sind überall um uns herum." Das Land ist noch gespalten Doch auch ein Vierteljahrhundert danach leidet Nordirland unter Spannungen und politischer Lähmung. Die DUP ist nicht mit den Brexit-Regeln einverstanden und weigert sich, in eine Regierung einzutreten. Auch das Parlament kann nicht zusammentreten. In Belfast und Londonderry, das Katholiken nur Derry nennen, leben Katholiken und Protestanten noch immer in unterschiedlichen Stadtvierteln - getrennt durch meterhohe Mauern und Zäune, den "peace walls". Selbst Kindergärten und Schulen sind nach Konfessionen getrennt. Kurz vor dem Besuch Bidens kam es vereinzelt zu Ausschreitungen, bei denen ein Polizeiauto in Brand gesetzt wurde. Biden wollte direkt nach der Rede in Belfast nach Dublin aufbrechen. In Irland will er neben Gesprächen mit verschiedenen Politikern auch auf Spurensuche seiner Vorfahren gehen. Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung hieß es, dass laut Biden "Frieden und Wohlstand zusammengehören". Richtig ist, dass er in diesem Zusammenhang von "wirtschaftlichen Chancen" und nicht von Wohlstand sprach. Wir haben das Zitat entsprechend korrigiert.
/ausland/europa/usa-biden-nordirland-101.html
2023-04-12
Wall Street kann sich nicht befreien
Trotz sinkender Inflation
Nach neuen Inflationsdaten hat sich die Wall Street heute schwer getan. Anfängliche Gewinne gingen am Ende wieder verloren. Zwar sinkt die Inflation in den USA, die Risiken bleiben aber weiter hoch. mehr
Nach neuen Inflationsdaten hat sich die Wall Street heute schwer getan. Anfängliche Gewinne gingen am Ende wieder verloren. Zwar sinkt die Inflation in den USA, die Risiken bleiben aber weiter hoch. Die Aussicht auf das baldige Erreichen des Zinsgipfels hat die Wall Street heute nur zeitweise gestützt. Rückläufige Verbraucherpreise sorgten zunächst dafür, dass sich der Markt stabilisierte und Zinsängste zumindest etwas abebbten. Allerdings blieben die Anleger insgesamt vorsichtig, gegen Ende der Sitzung weiteten sich die Abgaben deutlicher aus. Zwar sinkt die Inflation derzeit, insgesamt liegt das Preisniveau auf der Verbraucherebene mit 5,0 Prozent aber noch weit über dem Zielkorridor der US-Notenbank Fed von 2,0 Prozent. Die Fed-Präsidentin von San Francisco, Mary Daly, sagte, es gebe "mehr zu tun" bei den Zinserhöhungen der Fed. Entwarnung kann also noch nicht gegeben werden, auch wenn die Rate etwas besser ausfiel als die von Experten prognostizierten 5,1 Prozent. Volkswirt Edoardo Campanella von UniCredit schrieb, die Inflation gehe in die richtige Richtung, aber es sei noch zu früh, um zu feiern. Standardwerte erneut die Gewinner Die großen Aktienindizes boten letztlich ein ähnliches Bild wie in den letzten Handelstagen. Zwar legten sie im frühen Geschäft zunächst allesamt zu, im Gefolge fielen aber besonders die hochbewerteten Technologieaktien wieder zurück. Damit taten sich die Anleger den ganzen Tag über mit der Richtungsfindung schwer. Etwas besser hielt sich am Ende erneut der Dow Jones, der Leitindex der Standardwerte. Er schloss bei 33.646 Punkten um 0,11 Prozent nur leicht schwächer, aber nahe seines Tagestiefs bei 33.593 Punkten. Der marktbreite S&P-500-Index ging bei 4091 Punkten um 0,4 Prozent schwächer aus dem Handel. Ebenso wie die besonders zinssensitive Technologiebörse Nasdaq, die am deutlichsten um 0,85 Prozent nachgab. Auch der Auswahlindex Nasdaq 100 schloss 0,89 Prozent schwächer. Gewinne gab es dafür am Rentenmarkt, wo die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihe auf 3,40 Prozent sank. Damit honorierten die Anlegerinnen und Anleger die Aussicht, dass der Zinsgipfel im Land bald erreicht sein dürfte. Kerninflation bleibt hoch Beim zweiten Blick auf die Inflationsdaten zeigte sich zudem, dass die Kerninflationsrate mit 5,6 Prozent weiter auf hohem Niveau liegt. Im Februar hatte sie noch 5,5 Prozent betragen. Bei der Kerninflation werden volatile Energie- und Lebensmittelpreise herausgerechnet. Im Monatsvergleich stiegen die Verbraucherpreise im März um 0,1 Prozent. Hier waren 0,2 Prozent erwartet worden. Führende Fed-Banker haben zuletzt stets drauf hingewiesen, dass auch die Kernrate noch deutlich sinken müsse. Die Kernteuerung bleibe unangenehm hoch, sagte Helaba-Stratege Ulrich Wortberg. "Dies dürfte den Währungshütern Kopfschmerzen bereiten, denn sie erfordert womöglich einen weiteren Zinsschritt." "Wir beginnen endlich, die sich summierenden Auswirkungen der unerbittlichen Zinserhöhungen zu sehen", sagte Peter Andersen, Gründer von Andersen Capital Management. Fed dachte über Zinspause nach Mehrere US-Währungshüter haben auf der geldpolitischen Sitzung im März angesichts des Bankenbebens eine Zinspause erwogen. Dies geht aus den am Abend veröffentlichten Sitzungsprotokollen der Fed aus dem März hervor. Letztlich verwarfen sie die Idee einer Pause allerdings. Auf der Sitzung fand der kleine Zinsschritt von 0,25 Prozentpunkten große Zustimmung, wie dem Protokoll der Fed weiter zu entnehmen ist. Alle Mitglieder hätten dies unterstützt. Dies auch, weil die Notenbanker die Krisenmaßnahmen der Fed nach dem Zusammenbruch zweier US-Regionalbanken als ausreichend erachteten, um die Lage im Finanzsektor zu beruhigen. Die Fed setzte vorigen Monat trotz der Finanzturbulenzen ihre Serie an Zinserhöhungen fort. Der geldpolitische Schlüsselsatz wurde zum neunten Mal in Folge angehoben - und zwar um einen Viertel-Prozentpunkt auf die Spanne von 4,75 bis 5,0 Prozent. DAX-Gewinne bröckeln wieder Nach besser als erwartet ausgefallenen US-Preisdaten sprang der DAX am Nachmittag in einer ersten Reaktion bis auf das neue Jahreshoch von 15.827 Punkten, konnte das hohe Niveau im Gefolge aber nicht behaupten. Der Index folgte einer abbröckelnden Wall Street und schloss letztlich bei 15.703 Punkten um 0,31 Prozent höher und blieb damit auf Basis der Schlusskurse auch unter seinem bisherigen Jahreshoch bei 15.737 Punkten. Damit sind die Anlegerinnen und Anleger zwar nicht euphorisch, sie halten den deutschen Leitindex aber weiter auf sehr hohem Niveau. Das Rekordhoch bei 16.290 Punkten ist weiter in Sicht. In den USA waren die Verbraucherpreise im März um 5,0 Prozent gestiegen nach 6,0 Prozent im Februar. Expertinnen und Experten hatten mit 5,1 Prozent eine höhere Rate erwartet. "Alles in allem dürfte der Inflationsbericht für den März die Nerven der Fed etwas beruhigen", sagen Christoph Balz und Bernd Weidensteiner von der Commerzbank. "Damit dürfte die Fed ihr Augenmerk jetzt verstärkt darauf richten, den sich abzeichnenden positiven Trend zu unterstützen. Ein aggressiveres Vorgehen ist in Anbetracht der Fortschritte wohl nicht mehr nötig. Die Fed nähert sich ihrem Zinsgipfel. Wir erwarten nur noch zwei Erhöhungsschritte zu je 0,25 Prozentpunkten", so die Experten weiter. BASF mit Umsatzeinbruch, aber über Erwartungen Unter den Einzelwerten im DAX legte der Ludwigshafener Chemieriese BASF am Nachmittag Zahlen für das erste Quartal vor. Trotz eines operativen Gewinneinbruchs schnitt das Unternehmen dabei deutlich besser ab, als von Analysten erwartet. Das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Sondereinflüssen (Ebit) sei zwar um fast ein Drittel auf 1,93 (2022: 2,82) Milliarden Euro gesunken, teilte BASF am Nachmittag mit. Vom Unternehmen befragte Analysten hatten aber im Schnitt nur mit 1,6 Milliarden gerechnet. Vor allem das Agrar-Geschäft sei deutlich besser ausgefallen als erwartet, wogegen die Nahrungsmittelsparte schwächer abschnitt als gedacht. Der Umsatz ging um 13 Prozent auf 19,99 Milliarden Euro zurück und lag damit deutlich unter den Analystenprognosen. Unter dem Strich schnellte der Gewinn um 28 Prozent auf 1,56 Milliarden Euro, wie BASF auf Basis vorläufiger Zahlen erklärte. Vor einem Jahr hatten Abschreibungen auf die Beteiligung am Öl- und Gasförderer Wintershall Dea im Zuge des Ukraine-Krieges das Ergebnis belastet. Die Aktie schwankte nach den Zahlen, ehe sie am Ende ins Plus drehte und um 0,64 Prozent höher bei 49,42 Euro schloss. Merck-Aktie bricht ein Mit Abstand größter Verlierer im DAX war die Aktie von Merck KGaA mit einem Minus von über sieben Prozent. Das Darmstädter Parma- und Technologieunternehmen muss einen Dämpfer in der entscheidenden klinischen Studie (Phase III) mit seinem Mutiple-Sklerose-Mittel Evobrutinib hinnehmen. Die US-Arzneimittelbehörde FDA habe eine teilweise Aussetzung der klinischen Prüfung von Evobrutinib angeordnet, teilte Merck mit. Grund sei der Verdacht auf Leberschädigung durch das Mittel. Euro bei 1,10 Dollar - Holzmann plädiert für weiteren Zinsschritt Der Euro profitierte nach den US-Preisdaten von der Aussicht auf das Ende des US-Zinszyklus, im Gegenzug setzte sich die jüngste Kursschwäche des Dollar fort. Zuletzt handelte die europäische Devise im US-Handel bei 1,0991 Dollar und in der Spitze bei 1,1000 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0922 (Dienstag: 1,0905) Dollar fest. Gestützt wird der Euro derzeit durch die Aussicht auf weitere Zinserhöhungen der EZB. Die Bank kann sich im Kampf gegen die hohe Inflation auch nach sechs Zinserhöhungen aus Sicht von Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann (EZB) noch nicht zurücklehnen. So wie sich die Lage aktuell darstelle, sei eine weitere Zinserhöhung im Mai sehr wahrscheinlich, sagte Holzmann in einem heute veröffentlichten Interview der "Börsen-Zeitung". Eine weitere Erhöhung um 0,5 Prozentpunkte sei sicher nicht ausgeschlossen. "Die Hartnäckigkeit der Inflation spricht aus meiner Sicht derzeit für erneut 50 Basispunkte", merkte er an. Die nächste Zinssitzung der EZB ist am 4. Mai. Ölpreise steigen weiter Die Ölpreise zogen weiter an. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juni kostete 1,8 Prozent mehr, die US-Leichtölsorte WTI verteuerte sich um 2,0 Prozent. Gestützt wurden die Ölpreise durch einen schwächeren Dollarkurs nach den Inflationszahlen. Ein schwächerer Dollarkurs macht Rohöl für Anleger in anderen Währungsräumen günstiger und stützt so die Nachfrage. Die in den USA in der vergangenen Woche überraschenderweise gestiegenen Rohöllagerbestände belasteten die Ölpreise in diesem Umfeld nicht. Die Ölförderung legte etwas zu. Siemens-Chef setzt auf mehr Software und Digitalgeschäft Siemens will die Bedeutung seines Software- und Digitalgeschäfts deutlich ausweiten. "Ich kann mir vorstellen, dass wir längerfristig um die 20 Prozent liegen werden", sagte Vorstandschef Roland Busch dem "Handelsblatt" (Donnerstagausgabe) mit Blick auf deren Umsatzanteil. Zuletzt lag dieser noch unter zehn Prozent. Zu dem Wachstum beitragen soll vor allem die neue Digitalplattform Xcelerator, die Busch im vergangenen Jahr vorgestellt hatte. Über den Xcelerator will Siemens künftig Hardware- und Softwaremodule vertreiben und zugleich externe Partner anbinden. TUI-Bezugsrechte am letzten Handelstag unter Druck Heute endete der Handel mit den Bezugsrechten aus der Kapitalerhöhung des Reisekonzerns TUI. Der Preis der Bezugsrechte brach bis zum Handelsschluss am Mittag um mehr als die Hälfte auf 0,85 Euro ein - und weitete damit seine herbe Verluststrecke seit Beginn des Handels Ende März noch aus. Zum Vergleich: Tui hatte den Preis für die Bezugsrechte ursprünglich auf 5,55 Euro festgesetzt. Mit frischen 1,8 Milliarden Euro von Anlegerinnen und Anlegern will Tui den Rest der milliardenschweren Staatshilfen aus der Corona-Krise zurückzahlen und die eigene Schuldenlast deutlich senken. Konzernchef Sebastian Ebel möchte das Geld aus dem laufenden Betrieb statt in Zinszahlungen lieber in den Ausbau des Geschäfts mit dem Urlaub stecken. Doch an der Börse werden die Pläne bislang nicht goutiert. Analyst Jamie Rollo von der Investmentbank Morgan Stanley hatte am Vortag geraten, Tui-Aktien weiterhin zu meiden. Der Experte rechnet mit einer schwachen Aufnahme der neuen Aktien durch Investoren. Cosco-Einsteig bei HHLA wackelt Der umstrittene Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco bei einem Hamburger Container-Terminal steht ein halbes Jahr nach einer Grundsatzentscheidung der Bundesregierung wieder in Frage. Grund ist, dass das Terminal Tollerort inzwischen als kritische Infrastruktur eingestuft wird. Eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte am Mittwoch in Berlin, da sich die Voraussetzungen geändert hätten, prüfe das Ministerium nun die Auswirkungen auf den Sachverhalt. Welche Folgen das haben könnte und ob der Deal doch noch vollständig untersagt werden könnte, ist unklar. Adler Groupbekommt von britischem Gericht grünes Licht Der angeschlagene Immobilienkonzern Adler Group darf nach einem Gerichtsurteil aus London an seiner geplanten Umstrukturierung festhalten. Ein Sprecher des Judicial Office bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, der High Court of England and Wales habe grünes Licht für diesen Plan gegeben. Ein vollständiges schriftliches Urteil samt Begründung sollte zu einem späteren Zeitpunkt folgen. Zunächst hatte das "Handelsblatt" berichtet. Demnach darf Adler infolge der Entscheidung Hunderte Millionen Euro neue Schulden machen und erhält mehr Zeit für die Rückzahlung von Anleihen. Hohe Abschreibungen bei Leoni Der Autozulieferer Leoni steht infolge seiner Sanierung vor einem riesigen Verlust. Der Kabel- und Bordnetz-Spezialist geht für das abgelaufene Jahr inzwischen von hohen dreistelligen Millionen-Abschreibungen aus, wie er heute in Nürnberg mitteilte. Bisher war nur von einem niedrigen bis mittleren dreistelligen Millionenbetrag die Rede. Weil damit das Grundkapital völlig aufgezehrt ist, muss Leoni - wie bereits angekündigt - eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen, die für den zweiten Juni geplant ist. Dass die Leoni-Aktionäre ihr eingesetztes Kapital verlieren, war bereits klar. Der Konzern hatte mit einem Expansionskurs über Jahre Milliardenschulden angehäuft, die ihn zu erdrücken drohen. Der österreichische Großaktionär Stefan Pierer (KTM, Husqvarna) will Leoni mit einer Kapitalspritze um 150 Millionen Euro auffangen und zugleich entschulden, indem die Gläubiger auf die Rückzahlung von knapp der Hälfte der Kredite und Anleihen verzichten und stattdessen an künftigen Gewinnen beteiligt werden. Operativ hat Leoni bei einem Umsatz von 5,1 Milliarden Euro 2022 knapp schwarze Zahlen geschrieben. LVMH mit gutem Jahresstart Gute Geschäfte mit Leder und Mode haben dem Luxusgüter-Konzern LVMH einen glänzenden Jahresstart beschert. Im ersten Quartal wuchs der Umsatz im Jahresvergleich um 17 Prozent auf gut 21 Milliarden Euro, wie der Anbieter von Modemarken wie Louis Vuitton, Rimowa-Koffern und Hennessy Cognac am Abend in Paris mitteilte. Der weltgrößte Luxuskonzern hat vor allem dank einer kräftigen Erholung der Nachfrage in China zugelegt. Die Zahlen erlauben eine erste Einschätzung, wie sich die Geschäfte von Luxusartikel-Herstellern in China nach dem Ende der Corona-Lockdowns entwickelt haben. Der Quartalsumsatz übertraf die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten um mehr als eine Milliarde Euro. Am Finanzmarkt kamen die Nachrichten gut an: Im nachbörslichen Handel auf der Plattform Tradegate legte die im Eurozonen-Index EuroStoxx 50 gelistete LVMH-Aktie im Vergleich zum Börsen-Schlusskurs um knapp zwei Prozent zu. Volvo schneidet besser ab als erwartet Der schwedische Lastwagen- und Bushersteller Volvo hat im ersten Quartal vorläufigen Zahlen zufolge mehr umgesetzt und verdient als von Experten erwartet. Der Erlös lag bei 131,4 Milliarden schwedische Kronen. Das bereinigte operative Ergebnis betrug 18,4 Milliarden Kronen. Bei beiden Kennziffern hatten Expertinnen und Experten weniger erwartet. Parlament lehnt Finanzgarantien für Credit Suisse ab Die große Schweizer Parlamentskammer, der Nationalrat, hat in der Nacht die beim Notverkauf der Bank Credit Suisse erteilte Staatsgarantie abgelehnt. Die Regierung, der Bundesrat, hatte für mögliche Ausfälle 109 Milliarden Franken zugesagt. Konkrete Folgen hat das Parlamentsvotum nicht, die Ablehnung ist aber eine Rüge für die Regierung. Musk: Twitter-Belegschaft von fast 8000 auf 1500 eingedampft Twitter hat nach den Entlassungswellen unter dem neuen Besitzer Elon Musk nur noch etwa 1500 Mitarbeiter nach zuvor knapp 8000. Musk nannte die Zahlen in einem Interview des britischen Senders BBC. Es sei "schmerzhaft" gewesen, so viele Leute zu entlassen, aber ohne radikale Sparmaßnahmen habe Twitter nur "vier Monate zu leben" gehabt, sagte Musk.
/wirtschaft/finanzen/marktberichte/marktbericht-dax-rally-gold-dow-jones-inflation-fed-101.html
2023-04-12
Sorge um Zustand von Nawalny
Inhaftierter Kremlgegner
Mit "sehr großer Besorgnis" hat die Bundesregierung auf Meldungen zur Gesundheit des inhaftierten Kremlkritikers Nawalny reagiert. Dieser war in eine Einzelzelle verlegt worden - trotz einer schweren Erkrankung. mehr
Mit "sehr großer Besorgnis" hat die Bundesregierung auf Meldungen zur Gesundheit des inhaftierten Kremlkritikers Nawalny reagiert. Dieser war in eine Einzelzelle verlegt worden - trotz einer schweren Erkrankung. Die Bundesregierung hat sich besorgt über den Gesundheitszustand des inhaftierten russischen Regierungskritikers Alexej Nawalny geäußert. Man habe Berichte, wonach sich der Zustand des Kreml-Kritikers verschlechtert hat, "mit sehr großer Besorgnis zur Kenntnis genommen", erklärte die stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung, Christiane Hoffmann. Die Bundesregierung fordere, dass die "unmenschliche Behandlung, die er offenbar in der Haft erfährt, aufgehoben wird" und Nawalny Zugang zu Ärzten erhalte, so Hoffmann. Davon unabhängig fordere Deutschland weiterhin Nawalnys Freilassung. Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Renata Alt, nannte den Gesundheitszustand von Nawalny "besorgniserregend". "Es wäre nicht das erste Mal, dass der Kreml versucht, die kritische Stimme Nawalnys gezielt zum Schweigen zu bringen", erklärte die FDP-Abgeordnete. Gesundheitszustand von @navalny ist besorgniserregend. Er braucht dringend umfassende klinisch-toxikologische & radiologische Untersuchungen. #Nawalny ist unschuldig, er sollte umgehend freigelassen werden & Zugang zu unabhängiger medizinischer Versorgung erhalten. #FreeNavalny https://t.co/mX3Tp1NQe1 Anwalt berichtet von unbehandelter Krankheit Trotz Klagen über Nawalnys Gesundheit ist der Oppositionspolitiker erneut in eine Einzelzelle verlegt worden. Am Freitag sei er erst aus der Isolationshaft herausgekommen und am Montag zu weiteren 15 Tagen dort eingewiesen worden, teilte das Team des Oppositionspolitikers auf dessen Telegram-Kanal mit. Zuvor hatte Nawalnys Anwalt berichtet, der Kreml-Kritiker leide an einer nicht diagnostizierten und unbehandelten Krankheit und habe in zwei Wochen mehr als acht Kilo abgenommen. Seit dem vergangenen Sommer ist es bereits das 13. Mal, dass Nawalny in den so genannten Strafisolator verlegt wurde. Maximal 15 Tage darf ein Gefangener dort eingewiesen werden. In der engen Einzelzelle herrschen besonders schwere Haftbedingungen: So dürfen Gefangene in der Zeit keine Besuche oder Päckchen empfangen und nicht telefonieren. Das Mitbringen von Lebensmitteln und persönlichen Gegenständen ist ebenfalls verboten. Offenbar noch schärfere Haftbedingungen Der aktuelle Anlass für die Rückverlegung in die Strafzelle ist nicht bekannt. In der Vergangenheit dienten oft Kleinigkeiten wie ein offener Knopf, ein falscher Gruß oder die auf Kommando nicht schnell genug auf den Rücken gelegten Hände als Vorwand für die Einweisung. Diesmal sind zudem auch andere Haftbedingungen verschärft worden. So sei Nawalnys täglicher Ausgang im engen Gefängnishof auf 7 Uhr morgens verlegt worden. Den Angaben zufolge gibt es darüber hinaus neue Beschränkungen beim Kauf von Essen und für das Briefeschreiben von Nawalny. Zudem sei im gleichen Zellentrakt eine Nähmaschine aufgebaut worden, damit er den Strafblock nicht einmal zur Arbeit verlassen könne. Der 46-Jährige sieht nach Angaben auf dem Nawalny-Kanal auf Telegram seine neue Einzelhaft als Strafe für eine Recherche über Korruption in der Gefängnisbehörde. Der von Nawalny gegründete Fonds für Korruptionsbekämpfung (FBK) hatte zuvor einen Beitrag über den überteuerten Ankauf von Lebensmitteln in russischen Gefängnissen veröffentlicht. So sei Kohl - das Hauptnahrungsmittel der Häftlinge - zum mehr als Vierfachen des Großhandelspreises von der Behörde bestellt worden. Weitere 15 Jahre Haft drohen Nawalny sitzt seit mehr als zwei Jahren im Gefängnis. Der bekannteste Gegner von Kremlchef Putin war im Sommer 2020 bei einer Reise nach Sibirien mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok vergiftet worden. Er wurde damals im Koma liegend nach Deutschland ausgeflogen, wo er in der Berliner Charité behandelt wurde. Laut dem Investigativnetzwerk Bellingcat steckt der russische Geheimdienst FSB hinter der Vergiftung. Der Kreml weist die Vorwürfe zurück. Nach seiner Genesung kehrte Nawalny im Januar 2021 nach Russland zurück und wurde direkt bei seiner Ankunft auf dem Flughafen festgenommen, zunächst wegen angeblicher Verstöße gegen Bewährungsauflagen aus einem früheren Urteil. Im vergangenen Jahr wurde er wegen Betrugs zu weiteren neun Jahren Gefängnis unter besonders harten Haftbedingungen verurteilt. Er sitzt im Straflager Melechowo im Gebiet Wladimir etwa 260 Kilometer nordöstlich von Moskau. Derzeit bereiten die Behörden ein neues Verfahren gegen den Politiker wegen mutmaßlicher Bildung einer extremistischen Vereinigung vor. Damit drohen Nawalny weitere 15 Jahre Haft.
/ausland/europa/nawalny-russland-krankheit-einzelzelle-103.html
2023-04-12
Endlich langfristig gedacht
Eckpunkte zur Cannabis-Legalisierung
"Cannabis-Clubs" und Modellversuche mit wissenschaftlicher Auswertung: Die Pläne zur Cannabis-Legalisierung sind kompliziert. Doch das ist kein Nachteil, findet Bianca Schwarz. Denn es ist langfristig gedacht. mehr
"Cannabis-Clubs" und Modellversuche mit wissenschaftlicher Auswertung: Die Pläne zur Cannabis-Legalisierung sind kompliziert. Doch das ist kein Nachteil. Denn es ist langfristig gedacht. Was für ein Glück, dass es so kompliziert ist mit der Cannabis-Freigabe. Denn hier wird endlich mal langfristig und groß gedacht, an eine EU-weite Regelung nach deutschem Vorbild. Damit die kommen kann, muss es erst mal kompliziert sein.  Dass Cannabis freigegeben werden soll, ist eine gute Nachricht. Die bisherige Politik hat Millionen von Menschen kriminalisiert und ihre Gesundheit durch verunreinigte Ware gefährdet. Die alte Politik hat den Schwarzmarkt gestärkt und einen effektiven Kinder- und Jugendschutz nicht wirklich mitgedacht. Zudem war sie erfolglos: Die Zahl der Konsumenten steigt seit Jahren, Cannabis konnte nicht ansatzweise aus Deutschland verdrängt werden.  Deutschland wählt den sicheren Weg Die neuen Pläne sind eine gute Sache, weil sie die Vogel-Strauß-Politik beenden könnten. Nur klingt die Regelung, die Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Agrarminister Cem Özdemir vorgestellt haben, zunächst furchtbar kompliziert. "Cannabis-Club" hier, lokale Modellversuche da, wissenschaftliche Auswertung der Daten, dann eventuell kommerzielle Shops überall: Warum denn das alles?  Weil nach EU-Recht Cannabis verboten ist. Die Niederlande, Luxemburg, Portugal - sie alle haben sich Gesetzeslücken gesucht, in deren Rahmen sie Cannabis irgendwie teil-legalisiert haben und verkaufen können. Deutschland geht am ehesten den luxemburgischen Weg. Der gilt als der sicherste, der Weg der Niederlande als der wackeligste.  Eine gemeinschaftliche EU-Drogenpolitik Aber die Bundesregierung will in dieser Frage noch ein bisschen mehr. Gesundheitsminister Lauterbach hat gesagt: Deutschland soll eine Vorreiterrolle einnehmen und andere EU-Länder davon überzeugen, mitzumachen und letzten Endes zu einer neuen, gemeinschaftlichen EU-Drogenpolitik zu kommen.  Das ist ein guter Plan, weil er zukunftsorientiert ist. Die Niederlande zum Beispiel können schon lange ein Lied davon singen, dass Drogenkriminalität nicht an Landesgrenzen halt macht. Wenn es zu einer starken EU-Regelung kommen kann, die Kinder und Jugendliche, aber auch erwachsene Konsumenten besser schützt, die einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Genussmittel Cannabis postuliert - dann gerne auch so kompliziert und langfristig gedacht, wie das gerade klingt.  An einen Gedanken muss man sich noch gewöhnen: Deutschland als Vorreiter einer liberalen Drogenpolitik - ein gutes Gefühl, weil die Politik der Schlupflöcher damit beendet wäre.
/kommentar/cannabis-legalisierung-115.html
2023-04-12
Entsetzen über Enthauptungsvideo
Krieg gegen die Ukraine
In der Ukraine herrscht Entsetzen über ein Video, das die Enthauptung eines ukrainischen Soldaten durch russisches Militär zeigen soll. Ob das Video echt ist, ist noch unklar. Präsident Selenskyj sieht darin keinen Einzelfall. Von Rebecca Barth.
In der Ukraine herrscht Entsetzen über ein Video, das die Enthauptung eines ukrainischen Soldaten durch russisches Militär zeigen soll. Ob das Video echt ist, ist noch unklar. Präsident Selenskyj sieht darin keinen Einzelfall. "Ich kann mir das nicht anschauen", sagt Anna Kyjanko aus Kiew. Aber auch sie hat von dem grauenhaften Video gehört, das die Menschen in der Ukraine schockiert. Darauf zu sehen: ein Mann in grüner Uniform, offenbar ein Soldat der ukrainischen Armee. Er liegt am Boden, schreit, zappelt - kämpft um sein Leben. Auf ihm kniet ein Mann mit weißen Armbändern wie sie die Soldaten der russischen Armee tragen und trennt seinem Opfer mit einem Messer den Kopf ab. "Pack ihn ein und schick ihn dem Kommandeur", tönt eine Stimme im Hintergrund. Dann hält der Mann den abgetrennten Kopf in die Kamera. Der ukrainische Geheimdienst SBU hat nach eigenen Angaben Ermittlungen eingeleitet. Dem Boden und den Blätter im Video nach zu urteilen, könnte es im Sommer aufgenommen worden sein. Selenskyj: "Ein Video von Russland, wie es ist" Ob es echt ist und wen es zeigt, ist bisher unabhängig noch nicht überprüft worden. Man versuche, den Getöteten zu identifizieren, gibt die ukrainische Regierung an. Am Mittag meldet sich der ukrainische Präsident zu Wort. Die Welt müsse sehen, wie leichtfertig "diese Bestien töten", so Wolodymyr Selenskyj: "Das ist ein Video von Russland, wie es ist, was für Kreaturen das sind. Für sie gibt es keine Menschen." Russland versuche, genau das zur neuen Norm zu machen, sagte Selenskyj. Eine solche Gewohnheit, Leben zu zerstören sei kein Unfall, kein Einzelfall. Es kursieren weitere Videos und Fotos Tatsächlich zeigen auch andere Videos und Bilder enthauptete Leichen im Krieg in der Ukraine. Ein zweites Video, das in den sozialen Netzwerken kursiert, soll die verstümmelten Leichen von zwei ukrainischen Soldaten zeigen - ebenfalls ohne Köpfe. Auch Fotos kursieren in russischen Telegram-Kanälen. Eines zeigt einen verwesten, abgetrennten Kopf aufgespießt auf einem Zaun. Das Foto soll bei Bachmut aufgenommen worden sein. Eine Machtdemonstration? Maria Klymyk arbeitet bei der Menschenrechtsorganisation Zmina. Sie sehe viele solche Aufnahmen in Telegramm-Kanälen, sagt sie im Interview mit der ARD: "Für sie ist das eine Art Machtdemonstration. Also, wir haben das schwer fassbare ukrainische Militär erwischt. Und schaut her, wie wir die Entnazifizierung durchführen." Auf diese Weise wolle das russische Militär wahrscheinlich das ukrainische einschüchtern und ihrem eigenen zeigen, dass es solche Trophäen gewinnen könne, so Klymyk. Kreml-Sprecher bezeichnet Video als "schrecklich" Der Menschenrechtlerin liegen keine Belege dafür vor, dass auch ukrainische Soldaten derartige Verbrechen begangen haben. Es handele sich dabei zum aktuellen Zeitpunkt um Gerüchte, sagt Klymyk. Auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hat das veröffentliche Video als "schrecklich" bezeichnet. Seine Echtheit müsse jedoch noch überprüft werden, man lebe in einer Welt der Fälschungen.
/ausland/europa/ukraine-enthauptungsvideo-103.html
2023-04-12
Kaili unter Auflagen aus Haft entlassen
EU-Korruptionsskandal
Sie ist die prominenteste Beschuldigte im EU-Korruptionsskandal: die ehemalige Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Eva Kaili. Nun darf die Griechin das Gefängnis unter Auflagen verlassen. mehr
Sie ist die prominenteste Beschuldigte im EU-Korruptionsskandal: die ehemalige Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Eva Kaili. Nun darf die Griechin das Gefängnis unter Auflagen verlassen. Im EU-Korruptionsskandal ist die ehemalige Vize-Präsidentin des Europaparlaments, Eva Kaili, nach vier Monaten aus dem Gefängnis entlassen worden. Wie die Brüsseler Staatsanwaltschaft mitteilte, darf sie ihre weitere Untersuchungshaft in Hausarrest verbringen. Dabei werde die 44-Jährige mit einer elektronischen Fußfessel überwacht. Anfang Dezember waren Kaili, ihr Lebensgefährte und weitere Verdächtige im Zuge der Ermittlungen im EU-Korruptionsskandal festgenommen worden. Kurz darauf setzte das Europaparlament Kaili als Vizepräsidentin ab. Außerdem verlor sie das Abgeordnetenmandat ihrer sozialistischen Partei Pasok in Griechenland. Kaili soll Schmiergeld angenommen haben In dem Bestechungsskandal geht es um mutmaßliche Einflussnahme auf Entscheidungen des EU-Parlaments durch die Regierungen von Katar und Marokko. Die Staatsanwaltschaft wirft Kaili und den anderen Beschuldigten Korruption, Geldwäsche und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vor. Kaili soll Geschenke und Schmiergeld aus Katar angenommen haben. Die Ermittler fanden bei der Politikerin "Taschen voller Bargeld". Insgesamt wurden bei den Untersuchungen fast 1,5 Millionen Euro sichergestellt. Alle Verdächtigen nun unter Hausarrest Kaili ist die letzte der fünf Verdächtigen, die unter Auflagen aus dem Gefängnis kommt. Der mutmaßliche Drahtzieher, Antonio Panzeri, durfte bereits in der vergangenen Woche nach Hause. Er hatte eine Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft unterzeichnet, in der er umfassende Zusammenarbeit zur Aufklärung des Skandals zusagt. Der belgische Europaabgeordnete Marc Tarabella wurde gestern in den Hausarrest entlassen. Kailis Lebensgefährte Francesco Giorgi befindet sich schon seit Ende Februar nicht mehr im Gefängnis. Auch der Europaparlamentarier Andrea Cozzolino ist zu Hause.
/ausland/europa/kaili-hausarrest-eu-korruptionsskandal-101.html
2023-04-12
"Müssen keinen Cannabis-Tourismus befürchten"
Lauterbach zur Cannabis-Freigabe
Kinder- und Jugendärzte haben die geplante Cannabis-Freigabe kritisiert. Im tagesthemen-Interview verteidigte Gesundheitsminister Lauterbach das Vorhaben und beruhigte: Ein Modell wie in den Niederlanden wolle man nicht. mehr
Kinder- und Jugendärzte haben die geplante Cannabis-Freigabe kritisiert. Im tagesthemen-Interview verteidigte Gesundheitsminister Lauterbach das Vorhaben und beruhigte: Ein Modell wie in den Niederlanden wolle man nicht. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat in den tagesthemen die Pläne der Bundesregierung zur Legalisierung von Cannabis verteidigt. "Mit der jetzigen Verbotspolitik haben wir keine Erfolge", sagte der SPD-Politiker. Es sei ein guter Kompromiss, dass der Anbau über eine Mitgliedschaft im Verein organisiert werde. Zuvor hatte Lauterbach zusammen mit Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) Pläne der Ampelkoalition für eine Legalisierung von Cannabis vorgestellt. Demnach soll die Abgabe von Cannabis an bestimmte Voraussetzungen gebunden sein. So sollen Verbraucher einem Verein - einem sogenannten Cannabis-Social-Club - beitreten, auch werde die tägliche und monatliche Abgabe rationiert. Lauterbach: Schwarzmarkt wird einbrechen Lauterbach verteidigte diese Form der kontrollierten, nicht gewerbsmäßigen Abgabe. Das Produkt sei sauber und nicht verunreinigt, betonte Lauterbach. Lauterbach hofft, dass der Schwarzmarkt dadurch einbrechen und kollabieren wird. Der Handel auf dem Schwarzmarkt lohne nicht mehr, wenn "es hier ein zum Selbstkostenpreis, quasi wie in einer Genossenschaft angebotenes Produkt gibt". Kritik der Kinder- und Jugendärzte Angesprochen auf die Warnung des Bundesverbands der Kinder- und Jugendärzte, Cannabis an unter 25-Jährige abzugeben, da der Konsum dauerhafte Hirnschäden zur Folge haben könnte, sagte der Gesundheitsminister: "Der Rat ist richtig, aber das ist nicht die Situation, in der wir derzeit sind." Die Dealer und Schwarzmarkthändler würden derzeit nicht fragen, ob jemand 16, 17 oder 18 sei. "Die geben ab, wo sie können." Nach den neuen Regeln sei eine Abgabe unter 18 nicht möglich und man prüfe auch, ob man in der Altersgruppe der unter 21-Jährigen mit "geringeren Konzentrationen" arbeiten werde. Man verfolge mit den Kinder- und Jugendärzten das gleiche Ziel - doch die bisherige Strategie habe nicht gewirkt. Konsum von Cannabis werde zurückgehen Lauterbach ist außerdem überzeugt, dass der Konsum von Cannabis insgesamt zurückgehen wird. Durch den Wegfall des Schwarzmarktes würden keine Abhängigkeiten bei den jugendlichen Konsumenten mehr erzeugt. Außerdem solle es Präventionsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche geben. Die neuen Regeln sehen außerdem eine Legalisierung des Eigenanbaus vor - allerdings flankiert von einer Dokumentationspflicht. Auch hier sieht Lauterbach eine Verbesserung des Status quo, der keine oder nur sehr wenige Kontrollen vorsieht. Er räumt aber auch ein: "Es wird immer Missbrauch geben." Niederlande kein Vorbild für Deutschland Nach den Vorstellungen der Regierung soll eine kommerzielle Verbreitung von Cannabis zunächst in einem Modellprojekt in verschiedenen Modellregionen geprüft werden. Dazu gebe es nach der parlamentarischen Sommerpause einen Entwurf. Die Auswertung des Modell werde etwa fünf Jahre lang dauern. Zur Sorge, dass viele Menschen nach Deutschland reisen werden, die hier Cannabis konsumieren wollen, sagte der Gesundheitsminister: "Wir wollen keine neue Gelegenheit zum gemeinsamen Kiffen bieten." Das Modell in den Niederlanden sei dabei kein Vorbild für Deutschland, sondern eher abschreckend. Wegen der geringen Menge, die nur für den Eigenkonsum reiche, werde es keinen Cannabis-Tourismus geben. "Wir müssen einen solchen Tourismus nicht befürchten", sagte er.
/inland/gesellschaft/lauterbach-cannabis-113.html
2023-04-12
Italien sucht Bärin JJ4
Nach tödlichem Angriff
In Italien konnte die Bärin identifiziert werden, die einen Jogger tödlich verletzt hat. Es soll sich um die Schwester des 2006 in Bayern erschossenen "Problembären" handeln. Sie hatte bereits früher Menschen angegriffen. mehr
In Italien konnte die Bärin identifiziert werden, die einen Jogger tödlich verletzt hat. Es soll sich um die Schwester des 2006 in Bayern erschossenen "Problembären" handeln. Sie hatte bereits früher Menschen angegriffen. Laut Angaben der Staatsanwaltschaft Trient konnte der Bär, der vergangene Woche in Norditalien einen Jogger angegriffen und getötet hat, identifiziert werden. Wie die Behörde mitteilte, stehe nach einem DNA-Abgleich fest, dass es sich um das Tier JJ4 handele. Die Bärin sei schon öfter auffällig geworden. Sie ist den Angaben zufolge die Schwester des 2006 in Bayern erschossenen "Problembären" Bruno. Die Bärin hatte den 26-Jährigen bei einer Lauftour attackiert. Wenige Stunden später wurde er an einem Forstweg tot aufgefunden. Kratzer und Bisswunden legten nahe, dass es sich um die Attacke eines Bären handeln könnte. Eine Autopsie bestätigte den Verdacht. Schon am Samstag hatte der Regionalpräsident von Trentino-Südtirol, Maurizio Fugatti, entschieden, dass das Tier gesucht und erlegt werden soll, "um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten". Funkhalsband defekt Die gesuchte Bärin hat laut Staatsanwaltschaft unter anderem bereits im Sommer 2020 zwei Menschen, einen Vater und seinen Sohn, auf dem Berg Monte Peller angegriffen. Schon damals sollte sie getötet werden, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Ein Verwaltungsgericht hob die Entscheidung jedoch auf. Das Tier wurde mit einem Funkhalsband ausgestattet. Das Gerät funktioniere jedoch derzeit nicht und übermittle keine Bewegungsdaten, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Der Bruder der Bärin, Bruno, auch bekannt unter dem Code JJ1, hat in Bayern Bekanntheit erlangt. Er riss Schafe, plünderte Bienenstöcke und Kaninchenställe. Seine Bezeichnung als "Problembär" durch den damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber wurde vor 17 Jahren zum geflügelten Wort. Die Eltern von JJ4 und JJ1 sind zwei slowenische Bären die zwischen 2000 und 2001 im Rahmen des EU-Wiederansiedlungsprojekts "Life Ursus" nach Italien gebracht wurden. Sono molto soddisfatto dell’incontro che ho avuto con il ministro all'ambiente Gilberto Pichetto. Oltre alla massima condivisione delle procedure che porteranno all’individuazione dei soggetti ritenuti potenzialmente pericolosi per l’uomo, Ispra… https://t.co/YvKyQ5MNSo https://t.co/nYDiU3aEXm Grundsatzdebatte über Zusammenleben In Italien hat mit dem Ereignis eine neue Debatte über das Zusammenleben von Mensch und Bär begonnen. Gestern trafen sich Regionalpräsident Fugatti und Italiens Umweltminister Gilberto Pichetto Fratin zu Gesprächen. Fugatti plädierte für den Massentransfer von Bären aus dem Trentino in andere Gebiete, um die Population in der Gegend zu halbieren. Er sei mit dem Treffen "sehr zufrieden", twitterte Fugatti. Es sei um Verfahren gegangen, mit denen potenziell gefährliche Tiere identifiziert werden könnten. Auch die Möglichkeit, Sicherheitskräfte mit Abwehrmitteln wie Anti-Aggressions-Sprays auszustatten, sei in Betracht gezogen worden. Schätzungen der Provinz zufolge gibt es im Trentino derzeit 100 Bären.
/ausland/europa/baeren-angriffe-italien-101.html
2023-04-12
++ Großbritannien weitet Sanktionen aus ++
Krieg gegen die Ukraine
Großbritannien sanktioniert Geschäftsleute, die den russischen Oligarchen Abramowitsch und Usmanow nahestehen. Russlands Oberhaus billigt ein Gesetz zur elektronischen Einberufung von Soldaten. Alle aktuellen Entwicklungen im Liveblog. mehr
Großbritannien sanktioniert Geschäftsleute, die den russischen Oligarchen Abramowitsch und Usmanow nahestehen. Russlands Oberhaus billigt ein Gesetz zur elektronischen Einberufung von Soldaten. Die Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen. UN-Menschenrechtkommission entsetzt über mutmaßliches EnthauptungsvideosGroßbritannien erweitert Sanktionen gegen GeschäftsleuteRussisches Oberhaus billigt Gesetz zur elektronischen Einberufung WehrpflichtigerRussische Führung hebt Wirtschaftsprognosen anSelenskyj ruft zum Durchhalten auf Ende des heutigen Liveblogs Wir beenden an dieser Stelle für heute unseren Ukraine-Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse. Tschechischer Präsident vergleicht Russland mit IS Der tschechische Präsident Petr Pavel hat entsetzt auf Berichte über ein Video reagiert, das mutmaßlich die Enthauptung eines ukrainischen Kriegsgefangenen durch russische Soldaten zeigen soll. "Falls sich dieses Video als authentisch erweisen sollte, dann haben sich russische Soldaten damit in eine Reihe gestellt mit dem Islamischen Staat, was wir alle weltweit verurteilen sollten", sagte er. Pavel merkte an, dass es zahlreiche gut dokumentierte Fälle des brutalen Vorgehens der russischen Kräfte in der Ukraine gebe. Ein solches Verhalten gehöre nicht ins 21. Jahrhundert. Der 61-Jährige, der früher auch einmal Generalstabschef seines Landes war, leitete von 2015 bis 2018 den NATO-Militärausschuss. Selenskyj ruft zu Schweigeminute auf Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach der Veröffentlichung eines Videos, das mutmaßlich die Enthauptung eines ukrainischen Kriegsgefangenen durch russische Soldaten zeigt, zu einer Schweigeminute aufgerufen. Zugeschaltet zu einem Runden Tisch zur Ukraine während der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank sagte er: "Ich bitte Sie nun, mit einer Schweigeminute des ukrainischen Soldaten zu gedenken, dessen Tod wir gestern alle miterlebt haben". Selenskyj erinnerte auch an die weiteren Opfer des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. US-Sanktionen gegen russische Bank in Budapest Das US-Finanzministerium hat die von Russland kontrollierte in Budapest ansässige Internationale Investitionsbank (IIB) mit Sanktionen belegt. Die IIB war früher eine Entwicklungsbank des ehemaligen Ostblocks. 2019 verlegte sie auf Einladung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban ihren Hauptsitz von Moskau nach Budapest. Nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor mehr als einem Jahr zogen sich Tschechien, die Slowakei, Rumänien und Bulgarien aus der IIB zurück. Ungarn ist das einzige EU- und NATO-Land, das noch in der Bank verblieben ist. Die Sanktionen richten sich auch gegen das Führungspersonal der IIB, zwei Russen und einen Ungarn. Sie bedeuten unter anderem, dass Konten und Guthaben der betroffenen Institutionen und Personen in den USA eingefroren werden und dass die betroffenen Personen nicht in die USA einreisen dürfen. Resnikow zu US-Dokumenten: "Mischung aus Wahrheit und Unwahrheit" Die Ukraine hat die Bedeutung der mutmaßlich durchgestochenen US-Geheimdokumente erneut in Zweifel gezogen. Es handle sich um eine Mischung aus echten und gefälschten Informationen, sagte Verteidigungsminister Olexij Resnikow bei einem Besuch in Madrid. "Viele Informationen darin entsprechen nicht der Wirklichkeit", so Resnikow. "Die Informationen, die der Wirklichkeit entsprechen, haben ihre Relevanz verloren. Es ist also eine Mischung aus Wahrheit und Unwahrheit." Resnikow sprach von einem Versuch, zum Nutzen Russlands Zwietracht unter den Verbündeten der Ukraine zu sähen. Russlands Vize-Außenminister Sergej Rjabkow wiederum erklärte, die online gestellten Dokumente der US-Geheimdienste könnten gefälscht und ein Versuch sein, Russland in die Irre zu führen. UN-Menschenrechtskommission zeigt sich entsetzt über Videos UN-Beobachter in der Ukraine haben sich entsetzt über die mutmaßlich grausame Behandlung ukrainischer Kriegsgefangener gezeigt, die durch kürzlich veröffentlichte Videos belegt werden soll. Eines der Videos zeige die "brutale Exekution eines Mannes, der ein ukrainischer Kriegsgefangener zu sein scheint", während das andere verstümmelte Körper offensichtlich ukrainischer Soldaten zeige, heißt es in einer Mitteilung der UN-Menschenrechtsbeobachtungsmission. "Bedauerlicherweise ist das kein Einzelfall", hieß es weiter. In der Nacht war in sozialen Netzwerken ein Video aufgetaucht, das zeigen soll, wie ein mutmaßlich ukrainischer Kriegsgefangener durch einen wohl russischen Soldaten enthauptet wird. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zu internationalen Reaktionen auf dieses Video aufgefordert. In einem zweiten, davor aufgetauchten Video waren verstümmelte Leichen von - so die Annahme - ebenso ukrainischen Soldaten zu sehen. Echtheit und Zeitpunkt der Aufnahmen lassen sich nicht überprüfen. Widersprüchliche Angaben zu Truppenbewegungen in Bachmut Das ukrainische Militär hat eine Behauptung der russischen Seite, mehr als 80 Prozent der Stadt Bachmut eingenommen zu haben, als unwahr zurückgewiesen. Kiews Streitkräfte würden "erheblich mehr" als 20 Prozent kontrollieren, so Serhiy Cherevatyi, Sprecher des östlichen Militärkommandos, im Gespräch mit der Nachrichtenagtnur Reuters. Russische Truppen versuchen seit Monaten, die schwer umkämpfte Stadt unter ihre Kontrolle zu bringen. Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hatte in einem Video gesagt, in Bachmut befände sich "der Großteil, das sind mehr als 80 Prozent, unter unserer Kontrolle". Unabhängig überprüft werden können die Angaben nicht. Großbritannien erweitert Sanktionen gegen Geschäftsleute Großbritannien sanktioniert das Umfeld der russischen Unternehmer Roman Abramowitsch und Alischer Usmanow. Die neuen Beschränkungen gelten laut dem Außenministerium in London Geschäftsleuten und Firmen, die Abramowitsch und Usmanow bei der Umgehung von Strafmaßnahmen helfen. "Wir ziehen die Schlinge um die russische Elite und diejenigen zu, die ihr helfen, ihr Geld für den Krieg zu verstecken", sagte Außenminister James Cleverly. Konkrete Ziele der Sanktionen sind dem Ministerium zufolge unter anderem zwei Geschäftsleute aus Zypern, die beim Aufbau von Offshore-Unternehmen und -Stiftungen geholfen haben sollen. Großbritannien hatte die Vermögenswerte der beiden bekannten Großunternehmer Abramowitsch und Usmanow im vergangenen Jahr eingefroren. Today we are cracking down on oligarch enablers, including the financial fixers for Abramovich and Usmanov.We are closing the net on the Russian elite and those who try to help them hide their money for war.We won't stop until Putin does. Russland auf dem Weg zur elektronischen Einberufung Nach der russischen Staatsduma hat auch das Oberhaus in Moskau eine Gesetzesvorlage gebilligt, die eine elektronische Einberufung von Wehrpflichtigen und Reservisten ermöglicht. Die Vorlage wird nun Präsident Wladimir Putin zugeleitet, damit er sie mit seiner Unterschrift in Kraft setzt. Angesichts einer in den kommenden Wochen erwarteten ukrainischen Gegenoffensive, auf die sich das russische Militär vorbereitet, wurde das Gesetz im Eilverfahren durch das Parlament gebracht. Das Unterhaus hatte die Maßnahme gestern gebilligt. Bislang sahen die Regeln für den Militärdienst vor, dass Einberufungen Wehrpflichtigen und Reservisten persönlich zugestellt werden müssen. In der Vergangenheit umgingen viele Russen die Einberufung, indem sie sich von ihrer Meldeanschrift fernhielten. US-Beauftragter: Balkan durch Desinformation "ernsthaft vergiftet" Der US-Spitzendiplomat James Rubin hat Russland eine Desinformationskampagne auf dem Balkan vorgeworfen. Der westliche Balkan sei durch die russischen Einflussnahmeversuche "ziemlich ernsthaft vergiftet", sagte der Sonderbeauftragte im Kampf gegen Desinformationskampagnen am Abend in der nordmazedonischen Hauptstadt Skopje. "Die Hauptquelle der Bedrohung in diesem Teil der Welt sind von Russland verbreitete Desinformationen, die oft über serbische Medienplattformen wiederholt werden", so Rubin. Special Envoy for @TheGEC James P. Rubin is visiting North Macedonia for meetings with government officials & media representatives. He discussed support for countering disinformation initiatives, & how our nations can collectively counter threats in the information space. https://t.co/KtaCNXu7R0 Der Diplomat war im Dezember auf seinen jetzigen Posten berufen worden. Die US-Regierung gibt an, sich Sorgen wegen russischer Desinformationskampagnen gegen die Unterstützung des Westens für die Ukraine zu machen. Rubins Amt hilft nach eigenen Angaben verbündeten Regierungen beim Identifizieren von Desinformationskampagnen, die auf ihre Länder abzielen, und bietet Hilfe bei der Analyse und technologische Unterstützung. Russland droht mit Ende des Getreideabkommens Russland droht mit einem Ende des Getreideabkommens mit der Ukraine. Die im kommenden Monat zur Verlängerung anstehende Vereinbarung funktioniere für Russland nicht, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Die Zusagen, die Hindernisse für russische Agrar- und Düngemittelausfuhren zu beseitigen, seien nicht erfüllt worden. Auch einige Bemühungen der Vereinten Nationen (UN) hätten daran nichts geändert. "Kein Abkommen kann auf einem Bein stehen, es muss auf zwei Beinen stehen", sagte Peskow. In dieser Hinsicht seien die Aussichten auf eine Verlängerung "nach dem heutigen Stand der Dinge natürlich nicht so groß". Das Abkommen soll trotz des Krieges den Export von Getreide und Düngemitteln aus der Ukraine über das Schwarze Meer ermöglichen. Es wurde erstmals im Juli vorigen Jahres von Russland und der Ukraine unter Vermittlung der Türkei und den UN vereinbart und seitdem zweimal verlängert. Nach Ansicht der Regierung in Moskau werden die russischen Lebensmittel- und Düngemittelausfuhren jedoch durch Hindernisse - etwa bei Versicherungen und der Zahlungsabwicklung - beeinträchtigt. Die jetzige Vereinbarung läuft am 18. Mai aus. EU und Ukraine: gemeinsame Sitzung von Parlamentariern Abgeordnete des Europäischen Parlamentes und des Parlamentes der Ukraine, der Werchowna Rada, sind heute zu einer gemeinsamen Sitzung in Brüssel zusammengekommen. Das Treffen, das von EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola und ihrem ukrainischen Amtskollegen Ruslan Stefantschuk eröffnet wurde, bildete den Auftakt einer längerfristigen Zusammenarbeit, wie das Europäische Parlament mitteilte. Ukraine's future is in the European Union.Today, @Europarl_EN and @ua_parliament held its first joint meeting, building on the strong bond and cooperation we have already established.We will continue to walk this path together 🇪🇺🇺🇦 https://t.co/BlRNNBFj2q Dabei wollen die Parlamentarier über den "Wiederaufbau einer europäischen Ukraine" und den weiteren Weg des EU-Beitrittsverfahrens für das von Russland angegriffene Land beraten. Themenschwerpunkte seien Wirtschaftspolitik, Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung, wie es weiter hieß. Auch die Angleichung des ukrainischen Rechts an das EU-Recht stehe auf der Tagesordnung. Kreml: Video ist "schrecklich", Echtheit müsse überprüft werden Der Kreml hat sich laut Angaben der Nachrichtenagentur Reuters zu dem in sozialen Netzwerken zirkulierenden Video geäußert, das die Enthauptung eines ukrainischen Soldaten zeigen soll. Das Video sei schrecklich, seine Echtheit müsse geprüft werden. "Wir leben in einer Welt der Fälschungen", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur AFP zufolge. Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Welt zu Reaktionen auf das Video aufgefordert. Berichte: Leaks deuten auf westliche Spezialkräfte in Ukraine hin Die geleakten mutmaßlichen US-Geheimdienstdokumente zum Ukraine-Krieg deuten nach britischen Medienberichten darauf hin, dass westliche militärische Spezialkräfte in der Ukraine im Einsatz sein könnten. Die BBC und der "Guardian" berichteten übereinstimmend unter Berufung auf eines der Dokumente, dass Großbritannien in dem Kriegsland rund 50 Kräfte seiner Eliteeinheit einsetze. Andere NATO-Staaten sollen demnach mit ähnlichen Einheiten vor Ort sein - so etwa Frankreich und die USA mit jeweils rund 15 Kräften. Aus dem Dokument geht den Berichten zufolge nicht hervor, wo die Spezialkräfte sich genau aufhalten und was sie dort tun. Das britische Verteidigungsministerium macht traditionell keine Angaben zu solchen Missionen der Spezialkräfte und wollte die Berichte auf Anfrage nicht kommentieren. Deutsche Bank verringert Aktivitäten in russischem IT-Zentrum Mehr als ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hat sich die Deutsche Bank einem Bericht zufolge von ihrem russischen Technologiezentrum weitgehend unabhängig gemacht. "Wir reduzieren unsere Aktivitäten im russischen Technologiezentrum", sagte ein Sprecher des Instituts auf Anfrage. "Deshalb haben wir dort die verfügbaren Optionen für unsere Beschäftigten erweitert und bieten an, neben einer Standortversetzung oder einer Weiterbeschäftigung vor Ort auch das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen zu beenden." Nach einem Bericht des "Handelsblatts" könnten die Standorte in Moskau und Sankt Petersburg in absehbarer Zeit geschlossen werden. Die bisherigen Aufgaben sowie das Know-how seien weitgehend auf andere Standorte der Bank übertragen worden, berichtete das Blatt unter Berufung auf mehrere mit dem Sachverhalt vertraute Personen. Von den ursprünglich 1500 Beschäftigten arbeiten dem Bericht zufolge mittlerweile mehr als 700 Mitarbeiter außerhalb Russlands für die Bank, weitere 300 haben sich neue Jobs gesucht. Bislang geblieben seien damit weniger als 500 russische Mitarbeiter. Selenskyj fordert weltweite Reaktionen auf Enthauptungsvideo Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Welt zu Reaktionen auf ein veröffentlichtes Video aufgefordert, das die mutmaßliche Enthauptung eines ukrainischen Kriegsgefangenen durch einen russischen Soldaten zeigen soll. "Das ist ein Video von Russland, wie es ist", unterstrich der Staatschef in einer Videobotschaft. Es handle sich weder um einen Unfall, noch um einen Einzelfall. Der Terror müsse verlieren. Niemand würde es verstehen, wenn die Staatsführer nicht auf das Video reagierten. "Es muss jetzt gehandelt werden", forderte der 45-Jährige. Die Ukrainer müssten sich derweil auf die Front konzentrieren und die Besatzer aus dem Land vertreiben. "Die Zerschlagung des Besatzers, Urteile für die Mörder und ein Tribunal für den Staat des Bösen", sind laut Selenskyj jetzt die Hauptaufgaben. In der Nacht war das Video in sozialen Netzwerken aufgetaucht. Aufgrund der grünen Blätter an den Bäumen im Hintergrund des Videos ist davon auszugehen, dass es bereits im vorigen Jahr aufgenommen wurde. Der ukrainische Geheimdienst ermittelt. The execution of a Ukrainian captive…This is a video of Russia as it is. This is a video of 🇷🇺 trying to make just that the new norm.Everyone must react. Every leader. Don't expect it to be forgotten.We are not going to forget anything. The defeat of 🇷🇺 terror is necessary. https://t.co/H8Or6HJnYW Russische Führung hebt Wirtschaftsprognosen an Die russische Regierung hat trotz der westlichen Sanktionen ihre Wirtschaftsprognosen für das laufende Jahr angehoben. "Die russische Wirtschaft entwickelt sich im Rahmen des neuen Wachstumsmodells aktiv", zitiert die Tageszeitung "Kommersant" Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Zwar nannte er keine Zahlen, doch zuvor hatte Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow bereits gesagt, er gehe davon aus, dass die Wirtschaft um mehr als 0,1 bis 0,2 Prozent wachse. Die offizielle Prognose stand bislang bei einem BIP-Minus von 0,8 Prozent. Putin begründete den Optimismus mit steigenden Umsatzzahlen im Einzelhandel und der stärkeren Auslastung der Bahn im April, die auf eine Belebung der Wirtschaft schließen ließen. Zugleich zeigte sich der Kremlchef optimistisch, dass die Ölpreise im zweiten Quartal wieder anziehen und damit Russlands Exporteinnahmen steigen. Russlands Regierung hat nach Beginn seines Kriegs einen Teil ihrer Wirtschaftsdaten unter Verschluss genommen. Es ist unklar, auf welcher Basis sie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) berechnet. Mehrere Sektoren klagen über Probleme. Die Rüstungsindustrie hingegen arbeitet seit Monaten im Hochbetrieb. US-Geheimdokument: Serbien offenbar zu Waffenlieferung an Ukraine bereit Serbien hat trotz seiner Ablehnung von Sanktionen gegen Russland laut einem als geheim eingestuften Dokument des US-Verteidigungsministeriums offenbar Waffen an die Ukraine geliefert oder dem zumindest zugestimmt. Das geht aus einer Zusammenfassung von Antworten europäischer Regierungen auf die Bitten der Ukraine um militärische Ausbildung und Waffen hervor. Das Schreiben gehört zu den Dutzenden als vertraulich oder geheim eingestuften Dokumenten, die in den vergangenen Wochen bei dem schwerwiegendsten Leck von US-Regierungsdaten seit Jahren ins Internet gestellt wurden. Politisch brisant ist die Information über Serbien, weil die Regierung in Belgrad traditionell ein enges Verhältnis zu Russland pflegt und sich trotz des EU-Beitrittsprozesses nicht an den wegen des Angriffs auf die Ukraine erlassenen Sanktionen beteiligt. London: Verstärkte russische Verteidigungslinien im Süden der Ukraine Nach Einschätzung britischer Geheimdienste hat Russland seine Verteidigungslinien im Süden der Ukraine deutlich verstärkt. Dies sei ein Zeichen dafür, dass Moskau verstärkt Ressourcen dafür einsetze, um sich auf eine mögliche Gegenoffensive der Ukrainer in Richtung der Küstenstadt Melitopol vorzubereiten, hieß es im Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. Russland habe in der Region Saporischschja in den vergangenen Wochen über eine Strecke von schätzungsweise 120 Kilometern drei Verteidigungslinien vervollständigt, die jeweils rund zehn bis 20 Kilometer auseinander lägen, schrieben die Briten. Die vorderste beinhalte Stellungen für Angriffe, während die hinteren beiden durchgängige, besser ausgebaute Verteidigungsanlagen hätten. Die Verteidigungslinien hätten das Potenzial, enorme Hürden für die Ukraine darzustellen, hieß es aus London. Allerdings könnten sie sich nur dann als wirksam erweisen, wenn sie auch ausreichend mit Truppen und Munition ausgestattet würden. Es sei unklar, ob dies derzeit für die zuständige Einheit möglich sei. Latest Defence Intelligence update on the situation in Ukraine - 12 April 2023.Find out more about Defence Intelligence's use of language: https://t.co/oww9kSTDjf 🇺🇦 #StandWithUkraine 🇺🇦 https://t.co/Jb1vXCAaSS Selenskyj ruft Ukrainer zum Durchhalten auf Angesichts der schweren Lage an der Front hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seine Landsleute zum Durchhalten aufgerufen. "Wir befinden uns jetzt in einem Stadium des Krieges, in dem es für unsere Gesellschaft und unsere Partner wichtig ist, das Gefühl für den Weg, der vor uns liegt, nicht zu verlieren", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. "Im Vergleich zum vorigen Jahr ist es jetzt an vielen Orten ruhiger", sagte Selenskyj. "Das heißt aber nicht, dass Sie den Krieg irgendwo ignorieren oder sich weniger darauf konzentrieren können, dem Staat zu helfen", richtete er sich an die ukrainische Bevölkerung. Es sei nun keinesfalls an der Zeit, "sich auf den Lorbeeren auszuruhen", betonte der ukrainische Staatschef. "Der Weg liegt noch vor uns." Mehr als ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskriegs steht die ukrainische Armee derzeit insbesondere im Osten rund um die Stadt Bachmut unter Druck, wo seit Monaten verlustreiche Kämpfe toben. Weltbank: Westeuropäische Länder müssen Wiederaufbau mittragen Die internationalen Finanzinstitutionen können nach den Worten des Weltbank-Präsidenten David Malpass die Kosten des Wiederaufbaus der Ukraine nur mithilfe der westeuropäischen Länder schultern. "Die Beträge für den Wiederaufbau des Elektrizitätssektors, des Straßensektors und des Eisenbahnsektors sind im Verhältnis zur Größe der Bilanzen der internationalen Finanzinstitutionen viel größer", sagte er. "Das Ausmaß ist erschreckend." Die Europäische Union verfüge über große Finanzierungssummen, die eingesetzt werden könnten. Die von der Weltbank, den Vereinten Nationen, der Europäischen Kommission und der Ukraine errechnete aktuelle Schätzung, wonach der Wiederaufbau der ukrainischen Wirtschaft 411 Milliarden Dollar kosten würde, liegt deutlich über der im September vergangenen Jahres berechneten Summe von 349 Milliarden Dollar. USA betonen Unterstützung für die Ukraine Nach dem Durchsickern von US-Geheimdokumenten haben die Vereinigten Staaten ihre Unterstützung für die Ukraine betont. US-Außenminister Antony Blinken sagte, er habe mit seinem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba gesprochen und "unsere anhaltende Unterstützung für die Ukraine und ihre Bemühungen, ihre territoriale Integrität, ihre Souveränität und ihre Unabhängigkeit zu verteidigen, bekräftigt". US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sagte, er habe mit seinem ukrainischen Kollegen Oleksij Resnikow gesprochen. "Er und die Führung konzentrieren sich weiterhin auf die anstehende Aufgabe", sagte Austin. Die Ukraine verfüge über "viele der Fähigkeiten, die sie braucht, um weiterhin erfolgreich zu sein", sagte Austin. Moskau meldet Test einer Interkontinentalrakete Russland hat eigenen Angaben zufolge eine Interkontinentalrakete getestet. In der Region Astrachan am Kaspischen Meer sei die ballistische Langstreckenwaffe auf dem Übungsplatz Kapustin Jar erfolgreich von einem bodengestützten Raketensystem aus abgefeuert worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau in der Nacht mit. Der Trainingssprengkopf sei später planmäßig auf einem Testgelände im verbündeten Nachbarland Kasachstan in Zentralasien eingeschlagen, hieß es in der Mitteilung - und weiter: "Das Ziel bestand darin, die perspektivische Kampfausrüstung von Interkontinentalraketen zu testen." Insbesondere seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine vor mehr als einem Jahr werfen internationale Beobachter Russland immer wieder vor, militärische Drohkulissen aufzubauen. Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen Der russische Präsident Putin rechnet mit steigenden Einkünften aus Öl- und Gasverkäufen. Die Ukraine exportiert nach eigenen Angaben wieder Strom - demnach soll Moldau als erstes Land Lieferungen erhalten. Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen.
/newsticker/liveblog-ukraine-mittwoch-231.html
2023-04-12
Lindner optimistischer als der IWF
Wachstumsprognose für Deutschland
Finanzminister Lindner hält die aktuelle IWF-Konjunkturprognose für Deutschland für zu pessimistisch. Zwar sei die deutsche Wirtschaft weiterhin in einer Schwächephase, er gehe aber trotzdem von einem leichten Wachstum aus.  mehr
Finanzminister Lindner hält die aktuelle IWF-Konjunkturprognose für Deutschland für zu pessimistisch. Zwar sei die deutsche Wirtschaft weiterhin in einer Schwächephase, er gehe aber trotzdem von einem leichten Wachstum aus.  Gestern hatte der Internationalen Währungsfonds (IWF) verkündet, dass er für Deutschland in diesem Jahr mit einem leichten Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent rechnet - und löste heute damit den Widerspruch von Finanzminister Christian Lindner aus. Zwar sei die deutsche Wirtschaft weiterhin in einer Schwächephase, sagte Lindner am Rande der IWF-Tagung in Washington. Deutschland wachse nicht so stark und entwickele sich nicht so gut wie andere. "Unsere Partner, unsere Freunde, unsere Wettbewerber entwickeln sich teils dynamischer als Deutschland". Dennoch sei die Rezessionsprognose des IWF zu pessimistisch. "Das deckt sich nicht mit den Erwartungen, die wir hinsichtlich der Wachstumsperspektive der deutschen Wirtschaft haben", sagte er. Auch die deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute seien optimistischer. Die deutschen Institute hatten Anfang April ein Mini-Wachstum des Bruttoinlandsprodukts um 0,3 Prozent vorhergesagt. Lindner deutete an, dass die Ampel-Koalition bei der nächsten Aktualisierung ihrer Wirtschaftsprognosen noch zuversichtlicher werden dürfte. Die neue Prognose werde womöglich näher bei den jüngsten Schätzungen der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute liegen.  Lindner fühlt sich von IWF im Kurs bestätigt Bestätigt fühlt sich Lindner durch die Empfehlung des IWF, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren und die Inflation auch dadurch zu bekämpfen, dass Staatsausgaben zurückgenommen werden. "Diesen Rat sollte man sehr ernst nehmen. Die Bundesregierung nimmt diesen Hinweis, wie Sie wissen, außerordentlich ernst", betonte er.  Die Zeit der reinen Verteilungspolitik in Deutschland sei vorbei. "Wir müssen jetzt wieder investieren, erneuern, strukturelle Reformen auf den Weg bringen", sagte Lindner. "Denn mit dem Wohlstand der Vergangenheit können wir die soziale Sicherheit von heute und morgen eben nicht mehr darstellen."  Erneut warb Lindner für ein steuerliches Wachstumspaket, das die Wettbewerbsfähigkeit und die Produktivität der deutschen Wirtschaft stärken solle. Zuletzt hatte er unter anderem Investitionsprämien, steuerliche Forschungsförderung und neue Abschreibungsmöglichkeiten angeregt.
/wirtschaft/konjunktur/iwf-lindner-101.html
2023-04-12
US-Inflation geht stärker als erwartet zurück
Teuerung
In den USA sind die Verbraucherpreise im März um 5,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen. Im Februar hatte die Inflationsrate noch 6,0 Prozent betragen. mehr
In den USA sind die Verbraucherpreise im März um 5,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen. Im Februar hatte die Inflationsrate noch 6,0 Prozent betragen. In den USA hat die Inflation nachgelassen. Wie das Arbeitsministerium mitteilte, sank die Rate im März auf 5,0 Prozent. Im Februar hatte die sie noch bei 6,0 Prozent gelegen. Analysten hatten mit einem durchschnittlichen Rückgang auf 5,1 Prozent gerechnet. US-Präsident Joe Biden sagte, "auch wenn die Inflation immer noch zu hoch ist, bedeutet dieser Fortschritt mehr Spielraum für hart arbeitende Amerikaner." Nun müsse man weiter die Kosten für Familien senken. Kern-Inflation bleibt hoch Die US-Notenbank Fed kann das Abebben der Inflationswelle nach einer Serie von Zinserhöhungen als Etappensieg feiern. Aber ihr macht die hohe Kern-Inflation zu schaffen, bei der die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Lebensmittel herausgerechnet werden. Diese stieg im März auf 5,6 Prozent. Im Februar lag sie bei 5,5 Prozent. An den Finanzmärkten wurde zuletzt überwiegend mit einer Leitzinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte im Mai gerechnet. Aber auch ein unveränderter Zins wird nicht ausgeschlossen. Noch ist unsicher, wie stark sich die jüngsten Bankenturbulenzen auf die Kreditvergabe und die Inflationsentwicklung auswirken.
/ausland/us-inflation-rueckgang-101.html
2023-04-12
Dutzende Hildmann-Accounts weiter verfügbar
Sperrungen auf Telegram
Obwohl Attila Hildmann von Sperrungen auf Telegram betroffen war, verbreitet er über zahlreiche Kanäle weiterhin Antisemitismus und Gewaltaufrufe. Telegrams Maßnahmen seien "willkürlich und unsystematisch", so Experten. Von C. Reveland
Obwohl Attila Hildmann von Sperrungen auf Telegram betroffen war, verbreitet er über zahlreiche Kanäle weiterhin Antisemitismus und Gewaltaufrufe. Telegrams Maßnahmen seien "willkürlich und unsystematisch", so Experten. Antisemitische Hetze, Gewaltaufrufe oder falsche Informationen über die Corona-Impfung verbreitet Attila Hildmann weiterhin auch in Deutschland über Telegram. Obwohl seine Telegram-Kanäle und Gruppen im Februar 2022 aufgrund von Verletzungen gegen lokale Gesetze gesperrt wurden und von Nutzerinnen und Nutzern mit deutscher Telefonnummer nicht mehr abrufbar sind, erreichen Hildmanns Inhalte weiterhin bis zu fünfstellige Abrufzahlen. Das ist möglich, da Hildmann zahlreiche Zweit- und Drittkanäle sowohl unter Klarnamen als auch unter Pseudonymen betreibt. Seinem reichweitenstärksten Ausweichkanal folgen knapp 45.000 Abonnentinnen und Abonnenten. Viele der Kanäle erinnern stark an Hildmanns Namen, es fehlen beispielsweise nur die Vokale. Doch nicht immer ist der direkte Bezug sofort offensichtlich. So gibt es Kanäle, die sich im Titel auf Ereignisse wie die Flutkatastrophe im Ahrtal beziehen oder sich thematisch eindeutig gegen die Covid-19-Impfungen positionieren. Hildmann gebe sich jedoch inhaltlich keine Mühe, seine Urheberschaft zu verschleiern, sagt Josef Holnburger, Geschäftsführer vom Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS). "Es ist ziemlich offensichtlich, welche Kanäle Hildmanns sind. Er veröffentlicht zeitgleich seine Inhalte auf allen Kanälen und oft postet er Selfie-Videos oder Sprachnachrichten, auf denen er dann auch klar erkennbar ist." Zahlreiche Ausweichkanäle bis heute nicht gesperrt Eine Auswertung von Hildmanns Kanälen, die dem ARD-faktenfinder vorliegt, belegt, dass Hildmann mindestens 25 Kanäle betreibt. Davon sind gerade einmal sechs Kanäle gesperrt worden, einschließlich seines Hauptkanals. "Seit der Sperrung Anfang 2022 konnte Hildmann zahlreiche weitere Auftritte erstellen, die auch nach Meldung bis heute nicht gesperrt sind", sagt Holnburger. Er erreiche zwar nicht mehr die Masse, die er früher erreicht habe, aber die Zahlen bewegten sich immer noch in Größenordnungen, die es für ihn attraktiv machten, Ersatzkanäle zu erstellen und zu bespielen, erklärt der Politikwissenschaftler. "Auf Telegram erreicht man das Publikum, das man erreichen will, wenn man Verschwörungsideologien und Rechtsextremismus verbreitet. Auch Akteure wie Attila Hildmann, die von Sperrungen betroffen sind, haben im deutschsprachigen Raum im Prinzip keine andere Wahl, als auf der Plattform zu bleiben." Seine Strategie, um trotz fehlendem großen Kanal, Reichweite zu generieren: "Er teilt alle Nachrichten seiner privaten, nicht öffentlichen Kanäle über diese großen öffentlichen Kanäle", erläutert Holnburger. Das mache er, weil Telegram sich nur um öffentliche Kanäle kümmere, nicht jedoch um Privatkommunikation. "Das ist natürlich etwas, wie man diese Regelung sehr einfach austricksen kann." Um bei möglichen Sperrungen nicht den Großteil seiner Anhängerschaft zu verlieren, bewirbt Hildmann deshalb ständig weitere Ersatzkanäle. So schreibt er: "Kameraden, die Knolle wird auch diesen Kanal zensieren deswegen folgt schon mal dem Nächsten! Danke und immer standhaft bleiben, diese Parasiten werden uns nicht kleinkriegen." Telegram agiert "willkürlich und unsystematisch" Der aktuelle CeMAS Report "Chronologie einer Radikalisierung - Wie Telegram zur wichtigsten Plattform für Verschwörungsideologien und Rechtsextremismus wurde" zeigt, dass die Sperrungen und Einschränkungen von Kanälen und Gruppen durch Telegram "willkürlich und unsystematisch" erfolgen. Telegram müsste nach Ansicht von Expertinnen und Experten eigentlich in der Lage sein, Methoden zu nutzen, um Kanäle und Gruppen zu identifizieren, auf denen es beispielsweise zu Gewaltaufrufen und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit kommt. Das gelte auch für die Erstellung von Ersatzkanälen, sagt Holnburger. "Ihre Systeme müssten erkennen, wenn nach Sperrungen Zweit- und Drittkanäle erstellt werden. Aber sie machen davon anscheinend keinen Gebrauch." Auch die Autorinnen und Autoren der Studie "Stützpfeiler Telegram - Wie Rechtsextreme und Verschwörungsideolog:innen auf Telegram ihre Infrastruktur ausbauen" vom Institute for Strategic Dialogue Germany (ISD) teilen die Einschätzung. Telegram geht laut Lea Gerster, Dominik Hammer und Christian Schwieter, nur "halbherzig und unsystematisch" gegen Kanäle vor, die etwa Gewaltaufrufe oder russische Propaganda verbreiten. Dabei sei das konsequente Sperren einschlägiger Accounts immens wichtig, um "der Verbreitung und Normalisierung von extremistischen Einstellungen entgegenzuwirken". "Der Entscheidungsprozess seitens Telegram, wann welche Accounts oder Kanäle gesperrt werden, wirkt willkürlich", schreiben sie auf Anfrage des ARD-faktenfinder. Die Kriterien, nach denen Account-Sperren verhängt werden, sollten immer transparent und überprüfbar sein, was bei Telegram jedoch nicht der Fall sei. Sperrungen erfolgen nur unter Druck Telegram bewegt sich jedoch mittlerweile. Beteuerte das Unternehmen zunächst noch, nicht auf staatliche Anfragen einzugehen, arbeitet es indes mit Regierungen und Behörden zusammen. So wurden laut dem CeMAS-Bericht rund um ein Gespräch mit dem Bundesinnenministerium im Januar 2022 zahlreiche Kanäle und Gruppen gesperrt. In diesem Zeitraum erfolgten insgesamt 57 Sperrungen - so viele innerhalb eines Monats wie nie zuvor und danach. Insgesamt habe Telegram 207 der von CeMAS beobachteten verschwörungsideologischen und rechtsextremen öffentlichen Kanäle und Gruppen im deutschsprachigen Raum gesperrt. Dies geschieht Expertinnen und Experten zufolge allerdings nur dann, wenn der Druck von außen groß genug sei und die Aufmerksamkeit auf den Hass, der auf der Plattform zu finden ist, das Risiko berge, dass die Telegram-App aus den App Stores von Google und Apple entfernt werden könnte. Während der Pandemie stieg der Druck auf die Plattform dann so sehr, dass das Unternehmen reagierte. "Digitalforscher und Bürgerinitiativen, die sich mit Telegram befassen, sind der Meinung, dass das Unternehmen nur reagiert, wenn es wirklich notwendig ist", schreibt der Journalist Darren Loucaides. Dabei verpflichtet sich Telegram in seinen Nutzungsbedingungen, rechtswidrige Pornografie und Aufrufe zur Gewalt zu entfernen. Telegram zeige kein besonders großes Engagement die eigenen Regeln durchzusetzen, sagt Holnburger. "Das ist eher so ein Green- oder Whitewashing. Sie machen es nicht nachhaltig, sie nehmen es nicht ernst genug." Sorgfaltspflichten für Betreiber Sozialer Netzwerke Plattformen wie Telegram sind dazu verpflichtet, problematische Inhalte und Entwicklungen auf der Plattform zu unterbinden. Das umfasst beispielsweise Spams, Urheberrechtsverletzungen oder gefährliche Aufrufe zur Gewalt. In Deutschland regelt das Netzwerkduchsetzungsgesetz (NetzDG) die Pflicht, strafbare Inhalte zu melden und zu löschen. Auch europaweit soll dies per Gesetz über digitale Dienste (Digital Service Act) nun vereinheitlicht gelten. Für sehr große Online-Plattformen gelten sogar noch zusätzliche Sorgfaltspflichten. Immer wieder wurden Vorwürfe gegen Telegram erhoben, dieser Verantwortung nicht gerecht zu werden und gegen die Pflichten zu verstoßen. So verhängte das Bundesamt für Justiz im Oktober 2022 zwei Bußgelder in Höhe von insgesamt 5,125 Millionen Euro gegen Telegram. Begründung: "Verstöße gegen die Pflicht zur Vorhaltung gesetzeskonformer Meldewege sowie gegen die Pflicht zur Benennung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in den Jahren 2021 und 2022." Fehlende Ressourcen bei Telegram? Warum Telegram sich nicht einheitlich, transparent und nachhaltig um die Durchsetzung ihrer Regeln und Pflichten kümmert, lässt sich nur vermuten. Auf ARD-faktenfinder-Anfrage äußert sich das Unternehmen nicht. Loucaides kommt zu dem Schluss, dass die Plattform "wegen ihrer Rolle in verschiedenen Ländern ein empfindliches Gleichgewicht finden muss". Ein weiterer Grund könnten die fehlenden Ressourcen sein. Das sieht auch Holnburger für den deutschsprachigen Raum so: "Ich kann nur vermuten, dass es auch daran liegt, dass sie wahrscheinlich kein deutsches Expert:innenteam haben. Wir wissen einfach auch nicht, wie die Contentmoderation aufgebaut ist." Laut Telegram hat das Unternehmen derzeit etwa 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es ist unklar, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Moderation von Inhalten betraut sind. Im April 2021 schrieb Telegram Stellen zur Contentmoderation aus. Bis heute sind sie unverändert auf der Seite zu finden - inklusive der Bewerbungsfrist. Offenbar wurden keine oder zu wenige Content-Moderatorinnen und Moderatoren eingestellt. Fatal, wie das Team des ISD befindet. "Das zurückhaltende Moderationsverhalten seitens Telegram trägt dazu bei, dass sich extremistische Inhalte auf der Plattform einfacher verbreiten lassen als zum Beispiel auf Meta." Auch wenn Telegram bei Druck mittlerweile aktiver gegen Gewaltaufrufe agiere als noch vor zwei Jahren, sei die Plattform immer noch eine "Brutstätte für Hass und Hetze". Telegram müsse seinen rechtlichen Verpflichtungen nachkommen und Inhalte, die nach deutschem Gesetz illegal sind, konsequent sperren. "Wenn diese auf einem Zweit- oder Drittkanal gepostet werden, müssen sie auch dort entfernt werden. Da spielt es erstmal keine Rolle, wer hinter welchem Account steckt - rechtlich ist zunächst der Inhalt entscheidend", sagen Gerster, Hammer und Schwieter vom ISD. Hier müsse künftig die Durchsetzung der neuen europäischen Digital-Gesetzgebung ansetzen, um von Telegram ein systematisches, transparentes Vorgehen gegen illegale Inhalte auf der Plattform einzufordern.
/faktenfinder/telegram-ausweichkanaele-hildmann-101.html
2023-04-12
Cannabis soll beschränkt freigegeben werden
Legalisierungspläne der Regierung
Gesundheitsminister Lauterbach und Agrarminister Özdemir haben die Pläne der Ampelkoalition für eine Legalisierung von Cannabis vorgestellt. Diese soll nun weniger umfangreich ausfallen als bislang geplant. mehr
Gesundheitsminister Lauterbach und Agrarminister Özdemir haben die Pläne der Ampelkoalition für eine Legalisierung von Cannabis vorgestellt. Diese soll nun weniger umfangreich ausfallen als bislang geplant. Die Bundesregierung hat die Pläne für eine Teil-Legalisierung von Marihuana und Haschisch vorgestellt. Erwachsene sollen nach den von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) präsentierten Plänen ihrer Ressorts und des Justizministeriums künftig Cannabis in bestimmten Mengen privat anbauen können. In "nicht-gewinnorientierten Vereinigungen" - den sogenannten Cannabis-Social-Clubs - sollen die Mitglieder pro Tag bis zu 25 Gramm und im Monat bis zu 50 Gramm Cannabis kaufen können. Für den Selbstanbau sind für Mitglieder zudem pro Monat bis zu sieben Samen oder 5 Stecklinge erlaubt. Verkauf zunächst in Modellregionen In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP noch verabredet, die "kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften" einzuführen. Lauterbach hatte dazu bereits im Herbst Vorschläge vorgelegt. Von Anfang an gab es aber Bedenken, dass die Pläne an internationalem und EU-Recht scheitern könnten. Der Verkauf soll nun in einem zweiten Schritt und zuerst in Modellregionen mit wissenschaftlicher Begleitung erprobt werden. Darauf habe sich die Regierung nach Gesprächen mit der EU-Kommission geeinigt, hieß es. Nach den nun präsentierten neuen Eckpunkten für das Legalisierungsvorhaben soll noch im April als nächstes ein erster konkreter Gesetzentwurf zur Regelung von Besitz, Eigenanbau und Vereinigungen vorgelegt werden. "Niemand soll mehr bei Dealern kaufen müssen" Lauterbach und Özdemir verteidigten grundsätzlich die Legalisierungspläne und bekräftigten die Argumentation der Regierung, wonach mit dem Vorhaben der Schwarzmarkt zurückgedrängt und der Kriminalität der Boden entzogen werden solle. "Niemand soll mehr bei Dealern kaufen müssen, ohne zu wissen, was man sich da einhandelt", sagte Özdemir. Lauterbach sprach von einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene "in klaren Grenzen (...) flankiert durch Präventionsmaßnahmen für Jugendliche". Die bisherige Cannabis-Politik sei gescheitert. Medizinisches Cannabis gibt es in Deutschland seit 2017 auf Rezept. Im Jahr 2022 hatten nach Angaben des Gesundheitsministeriums vier Millionen Menschen in Deutschland Cannabis konsumiert.
/inland/lauterbach-cannabis-111.html
2023-04-12
Wie Cannabis legalisiert werden soll
Eckpunkte für neues Gesetz
Gesundheitsminister Lauterbach und Agrarminister Özdemir haben Pläne zur Cannabis-Legalisierung vorgestellt. Sie sehen zwei "Säulen" vor und sind weniger weitreichend als ursprünglich geplant. Was soll erlaubt sein? Was nicht? mehr
Gesundheitsminister Lauterbach und Agrarminister Özdemir haben Pläne zur Cannabis-Legalisierung vorgestellt. Sie sehen zwei "Säulen" vor und sind weniger weitreichend als ursprünglich geplant. Was soll erlaubt sein? Was nicht? Die Ausgangslage In ihrem Koalitionsvertrag hatte die Ampel eigentlich vereinbart, die Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften einzuführen. Die Materie ist rechtlich aber schwierig: Von Anfang an gab es Bedenken, dass das Vorhaben an internationalem und EU-Recht scheitern könnte oder davon ausgebremst wird. So haben sich die Staaten des Schengen-Raums beispielsweise im "Schengener Durchführungsübereinkommen" dazu verpflichtet, "die unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln aller Art einschließlich Cannabis-Produkten sowie den Verkauf, die Verschaffung und die Abgabe dieser Mittel mit verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Mitteln zu unterbinden". Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte im Herbst Eckpunkte für ein Gesetz mit weitreichenden Legalisierungsvorschlägen vorgestellt. Nun wurden die Pläne des SPD-Politikers nochmal gründlich überarbeitet - auch mit Blick auf Bedenken aus der EU. Wie viel Gramm sollen erlaubt sein? Maximal 25 Gramm "Genusscannabis" zum Eigenkonsum sollen straffrei sein, eine solche Menge darf auch in der Öffentlichkeit mitgeführt werden. In früheren Plänen waren noch 30 Gramm geplant. Unverändert geblieben ist die erlaubte Menge des Eigenanbaus. Drei weibliche blühende Pflanzen pro volljähriger Person sollen erlaubt sein - geschützt vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche. Darf überall konsumiert werden? In der Öffentlichkeit ist der Konsum nahe Schulen oder Kitas verboten. In Fußgängerzonen darf bis 20 Uhr nicht gekifft werden. Minderjährige, die mit Cannabis erwischt werden, müssen an Interventions- und Präventionsprogrammen teilnehmen. Frühere Verurteilungen wegen Besitzes oder Eigenanbaus bis 25 Gramm oder maximal drei Pflanzen können auf Antrag aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden. Wo soll man Cannabis kaufen können? Hier kommen die beiden "Säulen" ins Spiel: Zunächst soll es "nicht-gewinnorientierte" Vereine geben, die gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen und an Mitglieder für den Eigenkonsum abgeben dürfen. Die ursprünglich geplanten "lizenzierten Fachgeschäfte", also Cannabis-Shops, wo die Droge legal ab 18 gekauft werden kann, soll es erstmal nicht geben. Eine Abgabe in Geschäften ist in einem zweiten Schritt zwar vorgesehen, aber nur noch wissenschaftlich begleitet in regionalen Modellprojekten. Darauf habe sich die Regierung nach Gesprächen mit der EU-Kommission geeinigt, hieß es. Welche Regeln sollen für die "Cannabis-Clubs" gelten? Diese angedachten nicht-gewinnorientierten Vereine sollen maximal 500 Mitglieder haben. Das Mindestalter ist 18 Jahre. Die Clubs müssen Jugendschutz-, Sucht- und Präventionsbeauftragte benennen und dürfen nicht für sich Werbung machen. Eine Mitgliedschaft in mehreren Vereinen ist verboten. Auch hier sind Mengenbegrenzungen vorgesehen: Maximal dürfen pro Clubmitglied 25 Gramm Cannabis pro Tag und maximal 50 Gramm pro Monat abgegeben werden. Unter 21-Jährige bekommen maximal 30 Gramm pro Monat, zudem soll für sie eine Obergrenze beim Wirkstoffgehalt festgelegt werden. Die Kosten sollen über die Mitgliedsbeiträge gedeckt werden, gegebenenfalls kommt ein zusätzlicher Betrag je abgegebenem Gramm dazu. In den Vereinsräumen darf nicht konsumiert werden, auch Alkoholausschank ist verboten. Zudem gilt ein Mindestabstand für die Clubs zu Schulen und Kitas. Wie sollen die Modellprojekte aussehen? Der mögliche zweite Schritt, die Modellprojekte, soll so aussehen: In Kreisen und Städten mehrerer Bundesländer sollen "kommerzielle Lieferketten" ausprobiert werden, von der Produktion über den Vertrieb bis zum Verkauf von Cannabis in Fachgeschäften. Die Projekte werden wissenschaftlich begleitet, sind auf fünf Jahre befristet und auf die Einwohner dieser Kommunen beschränkt. Untersucht werden sollen die Auswirkungen auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie den Schwarzmarkt. Diese zweite Säule der geplanten Legalisierung ist aber "voraussichtlich weiterhin notifizierungspflichtig", wie es von der Bundesregierung heißt. Das bedeutet, dass wohl die EU mitreden darf. Lauterbach betonte, dass die wissenschaftliche Untersuchung dabei "ergebnisoffen" sei. "Ich kann nicht ausschließen, dass es bei der ersten Säule bleibt." Geklärt werden muss auch noch, ob für sichere Lieferketten auch Cannabis-Import ermöglicht werden soll. Ein bundesweiter, freier Cannabis-Verkauf wäre also erst nach dieser fünfjährigen Testphase und einer erneuten Zustimmung der EU-Kommission möglich. Man werbe in der EU mit gleichgesinnten Ländern darum, dass man bis dahin die europäischen Regeln verändern könne, betonten Lauterbach und Özdemir. Warum überhaupt legalisieren? Die Bundesregierung begründet die Legalisierungspläne mit dem Vorhaben, den Schwarzmarkt zurückzudrängen, damit der Kriminalität den Boden zu entziehen und die Qualität von Cannabisprodukten kontrollieren zu können. Lauterbach sprach von einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene "in klaren Grenzen (...) flankiert durch Präventionsmaßnahmen für Jugendliche". Die "Schwarzmarktware" sei häufig verunreinigt und schaffe zusätzliche Gesundheitsgefahren, so Lauterbach. Für Bundesjustizminister Marco Buschmann ist "der bisherige restriktive Umgang" in Deutschland mit Cannabis "gescheitert". Das Verbot kriminalisiere unzählige Menschen, dränge sie in kriminelle Strukturen und binde immense Ressourcen bei den Strafverfolgungsbehörden, so der FDP-Politiker. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir sprach von einer Stärkung von Jugend- und Gesundheitsschutz "durch einen kontrollierten Anbau und die Abgabe im Rahmen von Cannabis-Clubs". Mit einem regionalen Modellprojekt sollen die Möglichkeiten einer kommerziellen Lieferkette ausgelotet werden, so der Grünen-Politiker. Was wird an den Plänen kritisiert? Das Vorhaben ist seit jeher umstritten. Kritiker sehen die erhoffte Eindämmung des Schwarzmarktes skeptisch, warnen vor einem "grauen" Markt durch den Weiterverkauf von Erwachsenen an Jugendliche und befürchten einen Drogentourismus aus dem Ausland. Medizinerinnen und Mediziner warnen zudem vor einer wachsenden Zahl an Hirnschädigungen bei Heranwachsenden. CDU-Generalsekretär Mario Czaja lehnte die Vorschläge "entschieden ab". Sie hätten keine wirkliche Antwort auf die Frage "wie unsere Kinder vor dieser Droge in Zukunft ordentlich geschützt werden sollen", kritisierte der CDU-Politiker gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Ampel ist grundlegend auf dem Irrweg. Drogenlegalisierung ist einfach der falsche Weg. Karl Lauterbach schlägt als Gesundheitsminister ernsthaft die Gründung von Drogen-Clubs vor. Das löst keine Probleme, sondern schafft neue. Hände weg von Drogen! #Cannabis Die bayerische Staatsregierung will die Legalisierung im Freistaat sogar möglichst verhindern. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nannte das nun vorgestellte Vorhaben auf Twitter einen "Irrweg". Nach Ansicht von Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) würden Gesundheitsrisiken verharmlost. Die Argumentation, die Legalisierung führe zu mehr Jugendschutz, bezeichnete Holetschek als "schlechten Witz". Man werde genau analysieren, wie die Cannabis-Legalisierung in Bayern zu verhindern sei. Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt befürchtet, dass eine Legalisierung das Risikobewusstsein senke, die Droge verharmlose und gerade bei jungen Menschen zu mehr Konsum führe. "Werbende Bezeichnungen" wie "Cannabis-Club" nannte er "geradezu grotesk". Wann kommt die Legalisierung? Die Eckpunkte haben das Bundesgesundheitsministerium als Federführer sowie das Bundesinnenministerium, das Bundesjustizministerium, das Bundeslandwirtschaftsministerium, das Bundeswirtschaftsministerium und das Auswärtige Amt erarbeitet. Die EU- und völkerrechtliche Grenzen seien dabei berücksichtigt worden. Auf dieser Basis werde die Bundesregierung jetzt "kurzfristig" einen Gesetzentwurf vorlegen, hieß es. Nach der Abstimmung in der Regierung und einem Kabinettsbeschluss müsste das Gesetz noch durch Bundestag und Bundesrat. Özdemir zufolge will die Ampel versuchen, das Gesetz so zu gestalten, dass der Bundesrat nicht zustimmen muss. Die Bundesländer könnten dann lediglich Einspruch erheben und das Gesetz verzögern. Wann die Regeln in Kraft treten könnten, ist noch unklar.
/inland/innenpolitik/cannabis-legalisierung-113.html
2023-04-11
Polen steigt in die Atomkraft ein
Energiepolitik
Polen steigt in die Atomenergie ein. Warum Deutschland gerade angesichts der Energiekrise in die andere Richtung schreitet, kann man in Warschau nicht verstehen. Dort wird der Atomeinstieg quer durchs politische Spektrum mitgetragen. Von Martin Adam.
Polen steigt in die Atomenergie ein. Warum Deutschland gerade angesichts der Energiekrise in die andere Richtung schreitet, kann man in Warschau nicht verstehen. Dort wird der Atomeinstieg quer durchs politische Spektrum mitgetragen. Wenn Wladimir Putin, der russische Präsident, ganz Europa erpresse - energiepolitisch, war gemeint - , dann solle man zusehen, dass man auf andere, bewährte Energiequellen setzt - von bewährten Partnern. Das ließ Mateusz Morawiecki Anfang November letzten Jahres wissen. Und "bewährt" hatten sich aus Sicht des polnischen Premierministers Atomenergie und die USA. Nach Jahren der Ankündigung und Planung steigt Polen mit AP1000-Druckwasserreaktoren des US-Konzerns Westinghouse in die nukleare Produktion von Strom ein. Regierung begründet Schritt mit Energiesicherheit Drei Monate nach der Ankündigung werden in Warschau Vorverträge für den Bau unterschrieben - im Beisein und mit ausdrücklicher Unterstützung der polnischen Umweltministerin Anna Moskwa. Mit dem Gedanken an die Jahre 2030, 2031 oder 2032, an all die Jahre danach, haben wir heute die Entscheidung getroffen, das Schlüsselprojekt für Polens Energiesicherheit erfolgreich zu Ende zu bringen: den Bau des Atomkraftwerks für Polen. Ab 2026 soll gebaut werden, insgesamt sechs AKW sollen es bis Mitte der 2040er-Jahre werden. Die Hälfte aus den USA, die andere aus Südkorea - beides Länder, in denen Polen in den letzten Monaten auch großzügig Waffen, Militärfahrzeuge und Kampfflugzeuge bestellt hat. Experten rechnen mit Kosten von etwa 40 Milliarden Euro Energie und Rüstung, mit dieser Kombination sind die USA und Südkorea Sicherheitsgaranten für Polen, befand bereits im November Olga Semeniuk, Staatssekretärin im Ministerium für Entwicklung und Technologie: "Die wichtigsten Faktoren im Moment sind Sicherheit und Zeit" so Semeniuk. "Wir müssen so schnell wie möglich unabhängig werden von Russland. Daher die Zusammenarbeit mit großen Firmen und mächtigen Partnern wie Amerika und Südkorea." Das sei ein sehr wichtiges Ereignis, "denn Sicherheit hat keinen Preis, sie ist von unschätzbarem Wert". Zumindest ist der Preis noch nicht bekannt. Experten rechnen mit etwa 40 Milliarden Euro für den Einstieg in die Atomkraft. Sehr viel Geld, das kurzfristig überhaupt nichts bringt, findet Joanna Mackowiak-Pandera vom Thinktank "Forum Energii". Die Situation ist jetzt sehr schwierig, die galoppierenden Energiepreise, das mangelnde Vertrauen in die Kohleversorgung. Atomkraft kann eine Entlastung bringen, aber hilft uns das heute? Es gäbe viele Entscheidungen, die uns in ein, zwei oder fünf Jahren entlasten. Aber sie werden nicht getroffen. Aber Polens Umstieg auf Atomenergie wird politisch getragen, quer durchs Parteienspektrum. Und Deutschland tappt, aus polnischer Sicht, energiepolitisch von einem Fehler zum nächsten - erst die Abhängigkeit von russischem Gas und jetzt der Ausstieg aus der Atomkraft.
/ausland/europa/polen-atomenergie-103.html
2023-04-11
USA im Krisenmodus
Geheimdokumente aufgetaucht
Im Internet sind mehrere geheime US-Dokumente aufgetaucht - unter anderem zu Waffenlieferungen und dem Frontverlauf in der Ukraine, aber auch zur Spionage innerhalb Russlands. Der Schaden ist schon jetzt immens. Von Claudia Sarre.
Im Internet sind mehrere geheime US-Dokumente aufgetaucht - unter anderem zu Waffenlieferungen und dem Frontverlauf in der Ukraine, aber auch zur Spionage innerhalb Russlands. Der Schaden ist schon jetzt immens. Die US-Bevölkerung sollte wissen, dass "wir die Sache sehr, sehr ernst nehmen", so der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, sichtlich alarmiert. Ohne Frage: Die USA befinden sich im Krisenmodus. Seit Tagen kursieren auf diversen Online-Plattformen streng geheime Papiere der US-Regierung zum Ukraine-Krieg. Top-Secret-Unterlagen mit heiklen Informationen über Waffenlieferungen, Landkarten über den Frontverlauf, Angaben über Standorte von ukrainischen oder russischen Truppen oder Hinweise zum Munitionsverbrauch. Aber auch Dokumente mit vertraulichen Auskünften über Verbündete der USA sind darunter. USA tappen bei der Spurensuche noch im Dunkeln Bislang hat die US-Regierung keinen blassen Schimmer, wer die Unterlagen geleakt haben könnte. "Wir wissen nicht, wer dafür verantwortlich ist und ob die Verantwortlichen noch mehr Informationen haben, die sie posten wollen", so Kirby zurückhaltend. Laut Recherchen der "Washington Post" sollen Hunderte, vielleicht sogar Tausende Pentagon-Mitarbeiter die entsprechende Sicherheitsstufe und daher Zugang zu den Dokumenten gehabt haben. Bei dem geleakten Material handelt es sich offenbar um abfotografierte Briefing-Unterlagen. Sie stammen zum Teil von US-Geheimdiensten, aber auch vom Oberkommando der US-Streitkräfte. Laut CNN gehen Regierungsmitarbeiter davon aus, dass die Dokumente echt sind. "Die Fotos scheinen Dokumente zu zeigen, die im Format ähnlich sind wie die, die für tägliche Updates der Geheimdienste genutzt werden", so Pentagon-Sprecher Chris Meagher. "Einige dieser Bilder scheinen im Nachhinein geändert worden zu sein." Er fügte warnend hinzu, die Unterlagen hätten das Potenzial, Falschinformationen zu verbreiten. Tatsächlich sind im Internet mittlerweile auch gefälschte Unterlagen aufgetaucht. Das Verteidigungsministerium arbeitet rund um die Uhr daran, mehr über das Ausmaß dieses Vorfalls herauszufinden, über seine Auswirkungen und was man dagegen tun kann. US-Spionage in Russland enthüllt Das Pentagon prüft nun, welche Auswirkungen das Daten-Leck auf die nationale Sicherheit haben könnte. Die geleakten Unterlagen sind auch deswegen so brisant, weil sie die Spionage-Methoden der US-Geheimdienste enthüllen und zeigen, wie weit diese schon den russischen Sicherheitsapparat durchdrungen haben. Es sind Informationen, die für die russische Regierung äußerst wertvoll sind, da sie nun etwaige Sicherheitslöcher stopfen kann. Bleibt die Frage, warum jemand ein Interesse daran hat, den USA und der Ukraine zu schaden. Das sei nicht einfach zu beantworten, so der ehemalige FBI-Mitarbeiter John Miller auf CNN. Schauen sie sich die Motive der Vergangenheit an: Edward Snowden hatte ideologische Gründe, Chelsea Manning fand, dass die Leute etwas über den Krieg erfahren sollten, und manchmal ist es einfach nur Spionage. Weil es diesmal eine breite Palette an Informationen gibt, ist es schwer, ein Motiv zu bestimmen. Unterdessen hat das Justizministerium strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Sollte der Maulwurf gefunden werden, muss er mit schweren Konsequenzen rechnen.
/ausland/amerika/usa-ukraine-geheimunterlagen-leak-101.html
2023-04-11
Wirtschaft warnt vor Versorgungsengpässen
Atomkraft-Ausstieg
Am Samstag sollen die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz gehen. Wirtschaftsvertreter sehen den AKW-Ausstieg kritisch. DIHK-Präsident Adrian warnt vor Versorgungsengpässen und hohen Preisen. mehr
Am Samstag sollen die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz gehen. Wirtschaftsvertreter sehen den AKW-Ausstieg kritisch. DIHK-Präsident Adrian warnt vor Versorgungsengpässen und hohen Preisen. Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, hat vor Engpässen bei der Energieversorgung durch die AKW-Abschaltung am 15. April gewarnt. "Beim Thema Versorgungssicherheit sind wir noch nicht über den Berg", sagte er der "Rheinischen Post". Das gelte auch langfristig. Deutschland sei auf alle verfügbaren Energieträger angewiesen. Nur so könnten Versorgungsengpässe und eine erneute Steigerung der Energiepreise vermieden oder zumindest abgemildert werden. DIHK-Präsident Adrian warnte zudem, dass trotz gesunkener Gaspreise die Energiekosten für die meisten Betriebe hoch blieben. BDEW warnt vor Zunahme des CO2-Ausstoßes Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) warnte vor einer Zunahme des Kohlendioxid-Ausstoßes infolge des endgültigen Atomausstiegs. Durch die Abschaltung der letzten drei verbliebenen Kernkraftwerke nehme die Gefahr länger laufender Kohlekraftwerke zu, sagte die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, Kerstin Andreae, der "Rheinischen Post". Die Entscheidung zum Atomausstieg sei gefallen. Die Bundesregierung sollte sich jetzt mit aller Kraft den notwendigen schnellen Entscheidungen für eine kurz- und langfristig sichere, bezahlbare und klimafreundliche Energieversorgung widmen, mahnte Andreae. "Um die Versorgungssicherheit künftig jederzeit gewährleisten zu können, brauchen wir wasserstofffähige Gaskraftwerke, die gesicherte, regelbare Leistung als Partner der Erneuerbaren Energien bereitstellen", forderte die frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete. Könnten diese Kraftwerke nicht rechtzeitig in Betrieb gehen, hätte das hohe Klimagasemissionen zur Folge, denn Kohlekraftwerke müssten dann länger laufen. Der rechtzeitige Bau von genügend gesicherter Leistung werde mit den aktuell geltenden Rahmenbedingungen aber nicht gewährleistet. "Der Markt setzt bislang nicht die erforderlichen Bedingungen für den notwendigen Zubau von Kraftwerken, die jederzeit und wetterunabhängig Strom erzeugen können." Habeck: "Energieversorgungssicherheit wird gewährleistet" Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte in einem Interview eine sichere Energieversorgung nach dem Ausstieg aus der Atomkraft garantiert. "Die Energieversorgungssicherheit in Deutschland wurde in diesem schwierigen Winter gewährleistet und wird auch weiter gewährleistet sein", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Lage sei durch die hohen Füllstände in den Gasspeichern, die neuen Flüssiggasterminals an den norddeutschen Küsten und durch mehr Erneuerbare Energien gut. Habeck prognostizierte einen Anteil von 80 Prozent Erneuerbarer Energien bis zum Jahr 2030.
/wirtschaft/akw-abschaltung-debatte-101.html
2023-04-11
Sorgen in Taiwan nach Machtdemonstration
China schließt Militärmanöver ab
Auch nach dem Ende des chinesischen Militärmanövers vor Taiwan sind weiter Kriegsschiffe und -flugzeuge in der Region aktiv. Die Hoffnung auf eine baldige Lösung des Konflikts schwindet. Von Udo Schmidt.
Auch nach dem Ende des chinesischen Militärmanövers vor Taiwan sind weiter Kriegsschiffe und -flugzeuge in der Region aktiv. Die Hoffnung auf eine baldige Lösung des Konflikts schwindet. Huang Wen-Nan ist Urlauber im eigenen Land. Mit seiner Frau posiert der 58-Jährige vor Raketenwerfern der Landesverteidigung Taiwans. "Wir sind an so etwas gewöhnt", erzählt er unbeeindruckt. "Das ist keine große Sache, das kennen wir doch schon seit vielen Jahren. China war immer so. Wir sind nervös, aber nicht besorgt. Was getan werden muss, muss jetzt getan werden." In den Ministerien in Taipeh, Taiwans Hauptstadt, ist die Stimmung weniger entspannt. Auch wenn China das provokante Militärmanöver offiziell beendet habe, bleibe man vorbereitet und achte genau auf die Bewegungen der chinesischen Marine, vor allem auf den Flugzeugträger "Shandong", teilt das Verteidigungsministerium in Taipeh mit. "Ein vollkommen unverantwortliches Verhalten" China hatte zuvor das dreitägige Manöver abgeschlossen, erfolgreich, wie es in Peking hieß. Man habe die militärischen Fähigkeiten verschiedener Einheiten unter Kampfbedingungen getestet. Geübt wurde die Einkesselung und Abriegelung Taiwans, Angriffe auf Landziele wurden simuliert, scharfe Munition eingesetzt - die Drohgebärde war mehr als deutlich. Ein vollkommen unverantwortliches Verhalten, postete Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen in der Nacht auf ihrer Facebook-Seite. Benjamin Ho, China-Experte an der Nanyang-Universität in Singapur, sagt: "Natürlich beansprucht Taiwan das Recht, internationale Beziehungen mit Partnern weltweit einzugehen." Die Volksrepublik habe da nicht mitzubestimmen. Aus chinesischer Sicht jedoch verletzten solche Beziehungen und Treffen wie das in Los Angeles die chinesische Souveränität über Taiwan. Also müsse China reagieren, so Ho, militärisch und ökonomisch, um klarzumachen, dass es diese Treffen ablehne. Überschreiten von inoffiziellen Grenzen Taiwans Präsidentin hatte in der vergangenen Woche Kevin McCarthy, den Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, in Los Angeles getroffen. China hatte scharf protestiert. Das Manöver gilt als direkte Reaktion auf dieses Treffen, obwohl es, so der China-Experte, sicher länger vorbereitet war. Die Volksrepublik hat mit dem Manöver bisher eingehaltene Grenzen verschoben. Buchstäblich, überflogen nach Angaben Taiwans immer wieder chinesische Kampfjets und Bomber die sogenannte Mittellinie der Taiwan-Straße, die bisher inoffizielle, aber respektierte Grenze zwischen China und Taiwan. China-Experte Benjamin Ho ist daher nicht sehr optimistisch, was eine baldige Lösung des Konfliktes angeht. Hoffen auf eine diplomatische Lösung Liu We Zhan, die einen Gemüseladen in Taipeh betreibt, will dagegen an die Kraft der Diplomatie glauben: "Das ist am Ende nicht unsere Sache, diese politischen Konflikte zwischen zwei Staaten müssen auf diplomatischer Ebene verhandelt werden. Aber natürlich wünschen wir uns Frieden auf beiden Seiten." Bei Gesprächen über chinesisch-japanische Gebietsansprüche im ostchinesischen Meer hatten gestern auch Regierungsvertreter in Tokio ihre große Sorge über eine weitere Eskalation in der Taiwan-Straße ausgedrückt, einer international äußerst wichtigen Schifffahrtsstraße.
/ausland/taiwan-militaermanoever-101.html
2023-04-11
Es wird wieder mehr Kaffee getrunken
Konsum auf Rekordstand
Kaffee ist das beliebteste Getränk der Deutschen, noch vor Bier und Mineralwasser. Trotz der Preisanstiege der vergangenen Monate im Lebensmittelsektor gönnen sich die deutschen Kaffeetrinker ein Schlückchen mehr. mehr
Kaffee ist das beliebteste Getränk der Deutschen, noch vor Bier und Mineralwasser. Trotz der Preisanstiege der vergangenen Monate im Lebensmittelsektor gönnen sich die deutschen Kaffeetrinker ein Schlückchen mehr. Die Deutschen trinken so viel Kaffee wie nie zuvor, das geht aus einer Markterhebung hervor, die der Deutsche Kaffeeverband in Auftrag gegeben hat. Vier Tassen Kaffee pro Tag trinken die Konsumentinnen und Konsumenten im Schnitt. Das ist eine deutliche Steigerung. Die letzte Erhebung im vergangenen Sommer hatte einen Pro-Kopf-Verbrauch von 3,8 Tassen ausgewiesen. 2021 lag er bei 3,6 und im Vor-Corona-Jahr bei 3,5 Tassen täglich. Laut dem Verband hat vor allem der Wegfall der Corona-Beschränkungen in der Gastronomie im vergangenen Jahr, den Konsum weiter steigen lassen. Kaffee ist in Deutschland laut der Befragung mit Abstand das beliebteste Getränk, noch vor Mineralwasser und Bier. Kaffee gerne außer Haus Im Jahr 2022 wurde danach mehr Röstkaffee gekauft als je zuvor. "Mit 479.700 Tonnen liegt der Absatz von Röstkaffee auf einem Rekordhoch", so Holger Preibisch, Hauptgeschäftsführer beim Deutschen Kaffeeverband in Hamburg. Der große Gewinner sei dabei die Gastronomie. Denn der Kaffeekonsum im "Außer-Haus-Markt" legte im vergangenen Jahr um rund 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. "Die Leute wollen endlich wieder raus aus den eigenen vier Wänden, sie wollen endlich wieder draußen Kaffee trinken", so Preibisch. Dadurch, dass 2022 auch weniger Menschen im Homeoffice arbeiteten, sei wieder mehr Kaffee auf dem Weg zur Arbeit oder in der Mittagspause beim Business-Lunch getrunken worden. "Auch die klassische Kaffeepause erlebte ihr Revival." Gerechnet auf die gestiegene Einwohnerzahl insgesamt (also alle Menschen bis zum Baby) ging der jährliche Pro-Kopf-Konsum von Kaffee im Jahr 2022 mit 167 Litern allerdings leicht zurück - trotz Rekordabsatzes. Ganze Bohne statt Pulver Ein weiterer Trend im Kaffeemarkt ist die Verschiebung hin zu ganzen Kaffeebohnen beim Verkauf. Sie machten im vergangenen Jahr mit einem Anteil von 44 Prozent (ein Plus von acht Prozent) ebenso viel aus wie der Verkauf von gemahlenem Kaffee. Für 2023 erwartet der Kaffeeverband, dass erstmals mehr "ganze Bohnen" verkauft werden als klassischer, gemahlener Röstkaffee. In jedem dritten Haushalt steht laut dem Verband ein Kaffeevollautomat, der den Kaffee mahlt und auf Knopfdruck das Getränk herstellt. Kaffee-Pads haben einen Marktanteil von sechs Prozent, Kaffee-Kapseln liegen bei rund fünf Prozent.
/wirtschaft/verbraucher/kaffeekonsum-deutschland-rekord-101.html
2023-04-11
Zahlreiche Klagen wegen möglicher Impfschäden
Coronavirus
Bald starten die ersten Prozesse: Deutschlandweit gibt es knapp 200 Zivilklagen gegen Corona-Impfstoffhersteller wie BioNTech. Es klagen Menschen, die behaupten, durch die Impfung geschädigt worden zu sein. mehr
Bald starten die ersten Prozesse: Deutschlandweit gibt es knapp 200 Zivilklagen gegen Corona-Impfstoffhersteller wie BioNTech. Es klagen Menschen, die behaupten, durch die Impfung geschädigt worden zu sein. Deutschlandweit sind nach Angaben von Anwälten mindestens 185 Zivilklagen wegen angeblicher Schäden durch Corona-Impfungen anhängig. Zwei Kanzleien in Düsseldorf und Wiesbaden vertreten nach eigenen Angaben 135 beziehungsweise 50 Fälle. Die Klagen richten sich gegen alle vier großen Hersteller von Corona-Impfstoffen: BioNTech, Moderna, AstraZeneca und Johnson&Johnson. Der mutmaßlich erste Prozess sollte zunächst am 28. April vor dem Landgericht Frankfurt starten. Mittlerweile ist der Prozessbeginn allerdings auf den 7. Juli verschoben worden. Beklagter ist der Mainzer Impfstoffhersteller BioNTech. Klägerin ist eine Frau, die durch die Covid-19-Impfung unter anderem einen Herzschaden davongetragen haben will. Die Frau, die nach Angaben ihres Anwalts selbst in einem medizinischen Beruf arbeitet, will unbekannt bleiben. Jeder Fall muss einzeln verhandelt werden oder es wird ein Vergleich erzielt. Knackpunkt: Zusammenhang zwischen Impfung und Schaden Nach Einschätzung von Juristen und Medizinern wird diese Frage am Ende von Gutachtern entschieden werden. Die Düsseldorfer Kanzlei hatte nach eigenen Angaben rund 3000 Anfragen, aus denen 810 Mandate wurden, von denen 135 in Klagen mündeten. Die Wiesbadener Kanzlei berichtete von 850 Mandaten und 50 Klagen. Auch hier wurden Hunderte Fälle als aussichtslos abgelehnt. Branchenkennern zufolge vertreten diese beiden Kanzleien das Gros der Klagewilligen. Knackpunkt ist die Kausalität: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Schaden? Für Covid-19-Impfstoffe gelten im Prinzip dieselben Haftungsregeln wie für andere Arzneimittel, etwa nach dem Arzneimittelrecht oder dem Produkthaftungsgesetz. Der Hersteller kann zur Verantwortung gezogen werden, wenn etwa ein Produktionsfehler vorliegt. Wird das Arzneimittel beispielsweise fehlerhaft verabreicht, haftet die impfende Person. Der Düsseldorfer Anwalt Tobias Ulbrich erwartet eine "Sachverständigenschlacht" - wenn die Gerichte nicht schon zu Beginn ein "Abschreckungsurteil" fällen, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. BioNTech: Prüfen jeden Fall sorgfältig Der Impfstoffhersteller BioNTech betonte, "dass bisher in keinem der von BioNTech geprüften Fälle ein kausaler Zusammenhang zwischen den dargestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen und der Impfung mit 'Comirnaty' nachgewiesen werden konnte". "Wir nehmen unsere Verantwortung als Impfstoffhersteller sehr ernst", sagte eine Sprecherin. BioNTech prüfe sorgfältig jeden Fall, in dem Ansprüche gegenüber dem Unternehmen geltend gemacht werden. Voraussetzung sei allerdings, dass die Anwälte genügend Unterlagen vorlegen. "Bei der Bewertung des Falls können wir uns allein auf die medizinischen Fakten stützen, um zu evaluieren, ob ein kausaler Zusammenhang besteht oder nicht. Genau daran fehlt es leider sehr häufig."
/inland/gesellschaft/corona-impfschaeden-klagen-101.html
2023-04-11
Bitcoin wieder über 30.000 Dollar
Aufwärtstrend bei Kryptowährung
Die führende Kryptowährung findet neue Anhänger: Der Kurs des Bitcoin hat sich seit Herbst vergangenen Jahres fast verdoppelt. Mit 30.000 Dollar wurde nun eine aus Sicht von Experten weitere wichtige Marke erreicht. mehr
Die führende Kryptowährung findet neue Anhänger: Der Kurs des Bitcoin hat sich seit Herbst vergangenen Jahres fast verdoppelt. Mit 30.000 Dollar wurde nun eine aus Sicht von Experten weitere wichtige Marke erreicht. Der Markt für Kryptowährungen wächst weiter. Die Bitcoin als nach Marktwert größte Digitalwährung ist auf der Handelsplattform Bitstamp bis auf gut 30.400 US-Dollar geklettert. Erstmals seit Juni vergangenen Jahres liegt der Preise damit nun wieder bei mehr als 30.000 Dollar. Kryptomarkt hat sich wieder verdoppelt Seit dem Zwischentief im Herbst 2022 summiert sich das Kursplus inzwischen auf mehr als 90 Prozent. Der Marktwert aller knapp 23.000 Cyberwährungen zog nach einer Aufstellung der Plattform CoinMarketCap um rund vier Prozent auf 1,24 Billionen Dollar an. Im November hatte dieser Wert zeitweise bei weniger als 800 Milliarden Dollar gelegen. Das Rekordhoch des Bitcoin wurde bereits im November 2021 erreicht, damals kletterte der Wert auf fast 69.000 US-Dollar. Danach ging es allerdings abwärts, bis sich die Cyberdevise bei rund 16.000 US-Dollar im vergangenen Herbst stabilisierte und dann einen langsamen Wiederaufstieg begann. "Psychologischer Schub" Expertinnen und Experten bestätigen den derzeitigen Trend hin zu Kryptowährungen, auch wenn die Ursachen dafür schwer zu ermitteln scheinen. Laut Craig Erlam, Marktanalyst beim britischen Broker OANDA, hatte der Bitcoin in den vergangenen Wochen von den Krisenerscheinungen in der Bankenbranche profitiert. Die Tatsache, dass er auch nach der Beruhigung in der Branche durch die Übernahme der Schweizer Credit Suisse durch den Konkurrenten UBS diese Gewinne so lange halten konnte, "ist ermutigend, auch wenn der Auslöser für die anfängliche Rallye nicht besonders klar ist", so Erlam. Den Durchbruch durch die Marke von 30.000 Dollar sieht er als "großen psychologischen Schub". Analyst Timo Emden von Emden Research macht eine zunehmende Risikoneigung bei Anlegern für den aktuellen Anstieg mitverantwortlich. "Es ist und bleibt die Hoffnung der Anleger, dass die schwelenden Inflations- und Zinssorgen an Dynamik verlieren und der geldpolitische Gegenwind dies- und jenseits des Atlantiks weiter nachlassen könnte", so Emden. Das vergleichsweise geringe Handelsvolumen über die Osterfeiertage könnte die weitere Aufwärtsbewegung angestoßen haben. Bankenkrise sorgt für Entkoppelung Der Gleichklang zwischen Aktienmarkt und Kryptowährungen scheint in den vergangenen Wochen durchbrochen worden zu sein, wie Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank bereits vor den Osterfeiertagen kommentierte. Kryptowährungen hätten zuvor immer dann nachgegeben, wenn auch Aktien nachgaben. Mit der Bankenkrise in diesem März sei dieses Muster erstmals durchbrochen worden: Aktien verloren, Kryptowährungen legten zu. Investoren greifen bereits seit Wochen auch wieder zu Anlageprodukten, die auf den Bitcoin und andere Kryptowährungen setzen. Laut Börsenhändler Jan Duisberg, der für die Baader Bank Indexfonds (ETF) auf Kryptowährungen handelt, ist die Nachfrage nach den Produkten, die auch Privatanleger erwerben können, zuletzt deutlich angestiegen. Mit der Pleite der Silicon Valley Bank habe es hier einen "richtigen Schub" gegeben. Krypto-Fan Elon Musk Nicht zuletzt könnte auch Tesla-Chef und Twitter-Inhaber Elon Musk einen Beitrag zum aktuellen Krypto-Trend geleistet haben. Der Milliardär hatte immer wieder für die eigentlich als Spaß-Währung geschaffene Krypto-Variante Dogecoin Werbung gemacht. Zuletzt hatte das Dogecoin-Logo, ein Hundekopf, sogar zeitweise den Twitter-Vogel als Erkennungsmerkmal in der Twitter-App ersetzt. Der Kurs des Dogecoin war daraufhin in der vergangenen Woche um 20 Prozent gestiegen und hatte der Cyberdevise einen Marktwert von rund 13 Milliarden Dollar beschert. Neue Krisen am Kryptomarkt Allerdings gab es in den vergangenen Wochen auch einige neue Krisenerscheinungen im Kryptomarkt. So hat die US-Terminmarktaufsichtsbehörde CFTC die weltgrößte Krypto-Börse Binance verklagt und wirft ihr diverse Verstöße gegen geltende Handelsregeln vor. Unter anderem habe sich Binance nicht ordnungsgemäß bei der CFTC registriert. Binance galt nach dem Zusammenbruch der Kryptobörse FTX als letzte große Plattform. FTX hatte im Dezember nach gescheiterten Rettungsversuchen Gläubigerschutz in den USA beantragt. Die Kryptobörse steht laut der dortigen Wertpapieraufsicht unter anderem unter Verdacht, Kundengelder veruntreut zu haben.
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2023-04-11
Innenminister drohen Banken mit Vorschriften
Sprengung von Geldautomaten
Immer öfter werden in Deutschland Geldautomaten gesprengt. Deshalb wollen Bund und Länder Banken und Sparkassen einen besseren Schutz von Automaten vorschreiben. Die Geldinstitute reagierten ablehnend. mehr
Immer öfter werden in Deutschland Geldautomaten gesprengt. Deshalb wollen Bund und Länder Banken und Sparkassen einen besseren Schutz von Automaten vorschreiben. Die Geldinstitute reagierten ablehnend. Angesichts des zuletzt starken Anstiegs von Geldautomaten-Sprengungen erwägen der Bund und die Länder, Banken und Sparkassen verstärkte Schutzmaßnahmen per Gesetz vorzuschreiben. Geldautomatenbetreiber und -hersteller müssten für mehr Sicherheit sorgen, etwa durch den Einsatz von Vernebelungstechnik oder Einfärbe- und Klebesystemen, sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) dem "Handelsblatt". "Sollte das auf freiwilliger Basis nicht geschehen, wird eine gesetzliche Pflicht der Hersteller und Betreiber der Geldautomaten zur Umsetzung geeigneter Schutzmaßnahmen notwendig." Auch das Bundesinnenministerium von Ressortchefin Nancy Faeser (SPD) betonte, für den Fall, dass die verabredeten Maßnahmen "nicht ausreichend" umgesetzt würden und sich die Kriminalitätslage "nicht nachweislich und im erforderlichen Umfang verbessert", seien gesetzliche Verpflichtungen der Geldautomatenbetreiber erforderlich. Ähnlich äußerten sich dem Bericht zufolge die Innenminister von Bayern, Nordrhein-Westfalen und Thüringen. Banken: Verantwortung nicht allein tragen Die Banken lehnen Vorschriften per Gesetz ab. "Eine gesetzliche Regelung ist aus unserer Sicht der falsche Ansatz und wird der grundsätzlichen Aufgabenverteilung in unserem staatlichen Gemeinwesen nicht gerecht", teilte die Deutsche Kreditwirtschaft laut "Handelsblatt" mit. "Es ist schwer nachzuvollziehen, dass die alleinige Verantwortung für die Verhinderung von Sprengungen bei Banken und Sparkassen liegen soll." Die Sicherung der Bargeldinfrastruktur gelinge nur im Schulterschluss mit Politik und Strafverfolgungsbehörden. Im November vergangenen Jahres hatte sich die Deutsche Kreditwirtschaft, die gemeinsame Interessenvertretung der Banken und Sparkassen, bei einem Runden Tisch zu vorbeugenden Maßnahmen bereit erklärt.
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2023-04-11
Vulkanausbruch gefährdet Flugverkehr
Russische Halbinsel Kamtschatka
Nach dem Ausbruch des rund 3000 Meter hohen Vulkans Schiwelutsch erleben die Bewohner der russischen Halbinsel Kamtschatka den größten Ascheregen seit 60 Jahren. Für den Flugverkehr gibt es eine Warnmeldung. mehr
Nach dem Ausbruch des rund 3000 Meter hohen Vulkans Schiwelutsch erleben die Bewohner der russischen Halbinsel Kamtschatka den größten Ascheregen seit 60 Jahren. Für den Flugverkehr gibt es eine Warnmeldung. Der russische Vulkan Schiwelutsch auf der Halbinsel Kamtschatka hat den größten Ascheregen seit 60 Jahren ausgelöst. Auf dem Boden habe sich in der Ortschaft Kljutschi innerhalb von vier Stunden eine 8,5 Zentimeter dicke Schicht aus Asche gebildet, teilte der Direktor des Instituts für Vulkanologie und Seismologie der Russischen Akademie der Wissenschaften, Alexej Oserow, mit. In dem Dorf, das mit 47 Kilometern Entfernung am nächsten an dem Vulkan liegt, sei zuletzt 1964 eine solche Menge an Asche registriert worden. Auch andere Ortschaften auf der dünn besiedelten Halbinsel waren betroffen. Auf Bildern in sozialen Netzwerken war eine riesige Aschewolke zu sehen. Die Vulkanologen veröffentlichten auch Videos, auf denen Häuser, Autos und Straßen mit einer dicken Ascheschicht zu sehen waren. In einem Clip wurde gezeigt, wie Menschen mit Händen die graue Masse auf einer Schneedecke wegschoben. 20 Kilometer hohe Aschewolke Der Schiwelutsch gehört mit mehr als 3000 Meter Höhe zu den größten Vulkanen der für ihre geologische Aktivität weltberühmten Halbinsel. Die Aschewolke soll eine Höhe bis zu 20 Kilometer erreicht haben. Für den Flugverkehr wurde die höchste Alarmstufe Rot ausgerufen. Die Flugroute von Nordamerika nach Japan führt an der Halbinsel Kamtschatka vorbei. Behörden zufolge dauere der Ascheregen an. Die Partikel fielen demnach teils mit Schnee vermischt auf den Boden. Menschen wurden aufgerufen, ihre Wohnungen nicht zu verlassen. Schulen in der Region sagten den Unterricht ab. Teilweise fiel die Stromversorgung aus. In Kljutschi berichteten Bewohner, aus ihren Wasserhähnen komme aschgraue Flüssigkeit. Die russische Zeitung "Kommersant" berichtete unter Berufung auf den örtlichen Zivilschutz, dass eine Versorgung mit Trinkwasser von einer Militärbasis aus organisiert werde. Vulkanologen warnten früh Vulkanologen warnten, dass die Aschewolke sich bis in die 450 Kilometer entfernte regionale Hauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski erstrecken könnte. Experten sind im Einsatz, um das konkrete Ausmaß der Gefahr für die Bevölkerung zu bewerten. Offenbar wurde schon seit Monaten mit einem Ausbruch des Schiwelutsch gerechnet. Vor einigen Tagen hatte auch der Vulkan Besymjanny eine rund zehn Kilometer hohe Aschesäule ausgestoßenn. Geologen veröffentlichten Fotos davon, wie Lava und Dämpfe aus dem Vulkan austraten. Gebiet mit großer geothermischer Aktivität Die 1200 Kilometer lange und bis zu 450 Kilometer breite Halbinsel Kamtschatka liegt etwa 6600 Kilometer östlich von Moskau und ist mit etwa 30 aktiven Vulkanen eines der Gebiete mit der weltweit höchsten Konzentration geothermischer Aktivität. Die Vulkanregion gehört zum UNESCO-Weltnaturerbe.
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2023-04-11
USA und Philippinen starten große Militärübung
Mehr als 17.000 Soldaten beteiligt
Mehr als 17.000 Soldaten sind beteiligt: Die USA und die Philippinen haben ihr bisher größtes gemeinsames Militärmanöver begonnen. Kurz zuvor hatte China ein dreitägiges Manöver vor Taiwan abgehalten. mehr
Mehr als 17.000 Soldaten sind beteiligt: Die USA und die Philippinen haben ihr bisher größtes gemeinsames Militärmanöver begonnen. Kurz zuvor hatte China ein dreitägiges Manöver vor Taiwan abgehalten. Inmitten wachsender Spannungen mit China haben die USA und die Philippinen ihre bisher umfangreichsten gemeinsamen Militärübungen begonnen. Hintergrund sind Chinas Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer sowie Militärmanöver vor Taiwan. Insgesamt 17.600 Soldaten nehmen dieses Mal an den jährlich durchgeführten "Balikatan"-Übungen (übersetzt etwa: Schulter an Schulter) teil, unter ihnen 12.200 aus den USA. Die Manöver, bei denen auch Gefechtsübungen auf See mit scharfer Munition stattfinden, dauern bis zum 28. April. Im Zuge des "Balikatan"-Manövers sollen in diesem Jahr Hubschrauber auf einer Insel nördlich der philippinischen Hauptinsel Luzon landen, die etwa 300 Kilometer von Taiwan entfernt ist. Zudem soll die Rückeroberung einer Insel mithilfe amphibischer Streitkräfte geübt werden. "Balikatan" 2023 wird in fünf Provinzen abgehalten, darunter Zambales und Palawan, die am Südchinesischen Meer liegen. Vorbereitungen um auf "jede Krise" zu reagieren Die Trainings seien dazu gedacht, die Streitkräfte beider Länder darauf vorbereiten, "unter allen Umständen unverzüglich und effektiv auf jede Situation, jede Krise oder jeden Notfall zu reagieren", sagte der philippinische Militärchef Andres Centino zu Beginn der Übungen. Gleichzeitig sollten sie zum Frieden im Indo-Pazifik beitragen. Bereits im Februar hatten die Philippinen den USA den Zugang zu weiteren vier Militärstützpunkten in dem Inselstaat zugesagt. Zuvor nutzten US-Streitkräfte bereits fünf philippinische Militärbasen. China warnt vor Einmischung in Streitigkeiten Die Philippinen und andere Staaten streiten sich mit Peking über Hoheitsansprüche auf rohstoffreiche Meeresgebiete. China hat künstliche Inseln angelegt, um die Ansprüche zu untermauern und ist nicht bereit, einen internationalen Schiedsspruch zugunsten der Philippinen anzuerkennen. China warnte, es dürfe keine Einmischung in Streitigkeiten um die umkämpften Gewässer geben. Auch Chinas territoriale Souveränität, maritime Rechte und Sicherheitsinteressen dürften keinen Schaden nehmen, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin. Militärmanöver vor Taiwan abgeschlossen Die Übungen der USA und der Philippinen folgen auf ein dreitägiges chinesischen Manöver vor Taiwan, das laut Peking am Montag beendet wurde. Taipeh meldete heute jedoch erneut die Sichtung von neun chinesischen Kriegsschiffen und 26 Flugzeugen. Bei den Militärübungen wurden nach chinesischen Angaben unter anderem die Abriegelung der Insel und Angriffe auf dort gelegene "Schlüsselziele" geübt.
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2023-04-11
Wie Regenwürmer den Wald retten sollen
Klimawandel
Die deutschen Wälder kommen mit Hitze und Trockenheit schlecht zurecht - sie müssten zu einem Mischwald umgebaut werden. Bei einem Pilotprojekt in Bayern sollen Regenwürmer dabei helfen, den Wald klimastabil zu machen. Von Florian Regensburger.
Die deutschen Wälder kommen mit Hitze und Trockenheit schlecht zurecht - sie müssten zu einem Mischwald umgebaut werden. Bei einem Pilotprojekt in Bayern sollen Regenwürmer dabei helfen, den Wald klimastabil zu machen. Martin Brennauers Wald wird ein Zukunftswald. Auf den knapp 40 Hektar im Sachsenrieder Forst südlich von Landsberg am Lech überwiegt heute noch die in Bayern über Jahrhunderte kultivierte Fichte. Brennauer hat aber schon mit dem Umbau seines Waldes begonnen, um ihn fit für das Klima kommender Jahrzehnte zu machen. Im Moment sei es "schon noch gut, Fichte zu verkaufen", sagt er. Mit Blick auf die Zukunft müsse man aber andere Baumarten mit einbringen. Denn die Fichte zeige jetzt schon ihre Schwächen: "Die Temperaturen werden höher, es gibt Trockenphasen, und da sind sie schon sehr anfällig für zum Beispiel den Borkenkäfer." "Regenwurmliebende Arten" bevorzugt Mit Förster Ludwig Pertl vom "Future Forest"-Projekt im Landkreis Landsberg bespricht Brennauer die nächsten Schritte. "Wir müssen aus nadelholzreichen Wäldern hochstabile Dauerwälder machen mit Mischungen, die einen gesunden Boden zur Folge haben", sagt Pertl. Es gehe um "regenwurmliebende Arten". Außerdem müssten die Wälder "stabil und hoch bleiben, damit wir in der Vegetationszeit noch genügend Niederschlag bekommen". Denn nur mit ausreichend hohen Bäumen kommt laut Pertl genug verdunstendes Wasser als Regen zurück. Die Würmer lockern den Boden auf, sodass er das Wasser auch aufnehmen und speichern kann und außerdem die Humusbildung angekurbelt wird. Ziel: Handbuch des klimafesten Waldes Ahorn und Linde etwa seien Baumarten, in deren Nähe sich Regenwürmer wohlfühlten - eine Erkenntnis aus dem auf drei Jahre angelegten, EU-geförderten "Future Forest"-Forschungsprojekt: Auf mehreren Versuchsflächen dokumentieren dabei Sensoren, sogenannte Dendrometer, direkt am Baumstamm, welche Baumarten bei welchem Wetter und auf welchem Boden besonders gut oder schlecht wachsen - im Bereich von tausendstel Millimetern. Bei Bodenproben im Umfeld der Bäume wird der jeweilige Bestand an Regenwürmern ermittelt. Am Ende soll ein Handbuch für den klimafesten Waldumbau stehen. "Das Handbuch wird allen Gemeinden in der EU zur Verfügung gestellt. Wir werden auch eine komprimierte Kurzversion machen, die kann dann auch der Praktiker oder jeder, der sich für den Waldumbau interessiert, lesen", sagt Nikolaus Storz vom Landratsamt Landsberg. Es gehe darum, dass der Wald wichtige Ökosystem-Funktionen wie die Kühlung und Säuberung der Luft oder die Bildung neuen, sauberen Trinkwassers auch weiterhin erfüllen könne. Der Wurm ist dabei ein entscheidender Faktor: Auch der Bund Deutscher Forstleute, BDF, empfiehlt Waldbesitzern, beim klima-angepassten Waldumbau voll auf den Regenwurm zu setzen. Prämien für Waldumbau In Fuchstal werden die Erkenntnisse mit dem Pilotprojekt Zukunftswald-Prämie bereits in der Praxis umgesetzt. Bis zu 400 Euro pro Jahr und Hektar zahlt die Gemeinde Waldbesitzern als Ausgleich, wenn sie schon heute auf klimastabile Baumarten setzen. 26 Waldbesitzer mit insgesamt 120 Hektar Wald in Fuchstal machen bisher bei dem Pilotprojekt mit. Im Sommer soll das erste Geld fließen. Auch Waldbesitzer Brennauer erhält die Förderung: Unter dem Dach der noch zahlreich vorhandenen, hohen Fichten wachsen in einem eingezäunten Bereich Hunderte Buchen von ein bis zwei Metern Höhe heran. Der Zaun schützt die kleinen Bäume vor Wildverbiss. In einer angrenzenden Parzelle stehen schon zahlreiche kleine Ahorne und Linden. Brennauer findet es wichtig, dass man seitens der Gemeinde mit einer Prämie "unterstützt, weil ja der Waldumbau schon auch noch Tempo aufnehmen sollte". 43 Millionen Bäume mithilfe der Förderung gepflanzt Für den klimafesten Waldumbau gibt es neben kommunaler Förderung wie in der Gemeinde Fuchstal auch noch weitere Fördertöpfe. So hat der Freistaat Bayern mit seinen mehr als 2,5 Millionen Hektar Waldfläche nach Angaben des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in den vergangenen vier Jahren mehr als 110 Millionen Euro für Pflanzungen ausgeschüttet. Ein Teil des Geldes stammt aus einem Fördertopf des Bundesumweltministeriums. Etwa 43 Millionen Bäume seien mithilfe der Förderung gepflanzt worden. Über das Bundesprogramm "Klimaangepasstes Waldmanagement" bekommen Waldbesitzer bis zu 100 Euro pro Hektar und Jahr, wenn sie ihren Wald besonders schonend bewirtschaften. Hoher Fichten-Anteil Laut dem Geschäftsführer des Bayerischen Waldbesitzerverbands, Hans Ludwig Körner, hat die Fichte im Moment noch einen Anteil von über 40 Prozent der Fläche in den bayerischen Wäldern. Das mache zudem 37 Prozent der gesamten Fichten-Fläche in Deutschland aus. Diese Wälder müssten "an kritischen Standorten dringend umgebaut werden". Um den Waldumbau entscheidend voranzubringen, braucht es aber neben Geld auch Vorbilder wie Brennauers Waldstück, glaubt Martin Mall, Geschäftsführer der Waldbesitzervereinigung im Landkreis Landsberg: "Wir sehen hier einen Wald, wo sich das Ganze wirklich wunderbar entwickelt und ich glaube, das bringt mehr, als reden und auffordern." Andere Waldbesitzer müssten "einfach sehen, was möglich ist, und ich glaube, wenn man diesen Wald sieht, dann spornt das zum Nachmachen an", so Mall. Lange Zeiträume Doch die heutigen Förder-Initiativen könnten nur ein Anfang sein. "Ganze Förstergenerationen" arbeiteten am Projekt Waldumbau, sagt Mall. In einem Zeitraum "von 20 bis 50 Jahren" müsse man in den Wäldern hinkommen zu "ungleichaltrigen, stufigen Beständen mit einer intensiven Mischung" verschiedener klimafester Baumarten. In Brennauers Wald hat die Zukunft schon begonnen. Er blickt auf seine jungen Ahorne, Linden, Buchen und Tannen und sagt: "Wenn uns die Natur keinen Strich durch die Rechnung macht, dann können wir jetzt nach und nach die alten Fichten vorsichtig entnehmen, sodass die nächste Baum-Generation dann noch im Schutzschirm des Altbestandes langsam hochwachsen kann."
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2023-04-11
Schwerer Sandsturm über dem Norden Chinas
Millionen Menschen betroffen
Über mehrere Regionen in Nordchina ist ein schwerer Sandsturm hinweggefegt - davon betroffen waren mehr als 400 Millionen Menschen. In Peking stieg die Luftverschmutzung auf Rekordwerte. Die Sicht soll nur wenige Dutzend Meter betragen haben. mehr
Über mehrere Regionen in Nordchina ist ein schwerer Sandsturm hinweggefegt - davon betroffen waren mehr als 400 Millionen Menschen. In Peking stieg die Luftverschmutzung auf Rekordwerte. Die Sicht soll nur wenige Dutzend Meter betragen haben. Ein schwerer Sandsturm ist über die chinesische Hauptstadt Peking und andere Regionen Nordchinas hinweggefegt. Rund 409 Millionen Menschen seien betroffen gewesen, berichtete das Waldministerium nach Informationen der Zeitung "Global Times". Der Index für die Luftverschmutzung in Peking stieg demnach am Montagabend weit über die Skala-Obergrenze auf 1300, während Werte von 150 schon als "ungesund" gelten. Die Sichtweite sei auf wenige Dutzend Meter gefallen. Der Sandsturm sei aus dem Süden der Mongolei gekommen und habe außer der 23-Millionen-Metropole auch andere nördliche Regionen wie die Innere Mongolei, Heilongjiang und Xinjiang heimgesucht, so das Ministerium der Zeitung zufolge. Eine Fläche von 2,29 Millionen Quadratkilometern sei betroffen gewesen - 16-mal so groß wie Deutschland. Das Wetterzentrum berichtete, dass Nordchina in diesem Jahr schon mehr Sandstürme als durchschnittlich in den vergangenen zehn Jahren erlebt habe. Mit extrem hohen Feinstaubkonzentrationen lag der Luftindex in Peking am Morgen noch bei rund 900, während eine Staubglocke über der Hauptstadt hing. Erst im Laufe des Tages klarte es mit verstärktem Wind langsam wieder auf. Sandstürme kommen im Frühling im Norden Chinas häufig vor, oft kommt der Sand aus der Wüste Gobi.
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2023-04-11
Aufenthalt auf Probe
Neues Gesetz
"Das hat unser ganzes Leben komplett auf den Kopf gestellt", sagt eine iranische Familie über das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht. Seit gut 100 Tagen können Langzeitgeduldete damit einen Aufenthalt auf Probe bekommen. Von Bamdad Esmaili.
"Das hat unser ganzes Leben komplett auf den Kopf gestellt", sagt eine iranische Familie über das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht. Seit gut 100 Tagen können Langzeitgeduldete damit einen Aufenthalt auf Probe bekommen. Die Familie von Azad Morad Waisi freut sich seit Wochen. Denn sie bekommen das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht für 18 Monate. Die dreiköpfige Familie stammt aus dem Iran und lebt seit mehr als sieben Jahren in Deutschland. Ende 2015 ist Azad mit seiner Frau Galawieh und der damals sechs Monate alten Tochter Aysa über die Türkei und Griechenland nach Deutschland geflüchtet. Ihr Asyl- und Folgeantrag wurde aber abgelehnt. "Beim ersten Interview war ich mir sehr sicher", sagt der 36-jährige Iraner, der aus der kurdischen Stadt Kamyaran stammt. Doch obwohl "ich ein politisch aktiver Mensch bin und in einer iranischen Oppositionspartei aktiv bin, wurde der Antrag abgelehnt." "Diese sieben Jahre waren wie ein Albtraum" Seine Äußerungen waren für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge "nicht glaubwürdig", sagt Azad Morad Waisi. Auch das Verwaltungs- und Oberverwaltungsgericht haben den Antrag der Familie abgelehnt. "Wir haben in sieben Jahren in Deutschland sechs Ablehnungen bekommen". Damit zählte die Familie Morad Waisi zu den rund 250.000 Geduldeten in Deutschland, die ausreisepflichtig sind. "Diese sieben Jahre waren wie ein Albtraum", sagt der Iraner. "Jedes Mal, wenn wir einen negativen Bescheid bekommen haben, hatten wir Angst, abgeschoben zu werden. Letzten Winter haben wir 45 Tage am Stück nachts mit meiner Familie im Auto im Parkhaus eines Kölner Einkaufszentrums geschlafen." Die damals siebenjährige Tochter Asya hat alles miterlebt. "Wir hatten ihr eine Geschichte erzählt, dass, wenn wir zu Hause bleiben, sterben können. Sie hat das akzeptiert. Sobald es dunkel wurde, hat sie ihren kleinen Schlafsack genommen und sagte: gehen wir." Morgens hat Azad Morad Waisi dann seine Tochter zur Schule gebracht. Eine "180-Grad-Wende" für Geduldete Von diesen Ängsten hört Martin Henrich immer wieder. Der Essener Fachanwalt für Migrationsrecht hat mit vielen geduldeten Mandanten zu tun. "Ich schätze, dass in unserer Kanzlei seit Januar etwa 20 Anträge dieser Art gestellt worden sind. Bis auf einen Antrag, ist den Anträgen stattgegeben worden." Die Regelung betrifft insgesamt rund 136.000 bereits in Deutschland gut integrierte Menschen, schreibt die Bundesregierung auf ihrer Seite. Sie müssen seit fünf Jahren geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland leben. Es gebe bislang keine Zahlen darüber, wie viele Geduldete das "Chancen-Aufenthaltsrecht" bislang beantragt haben, sagt das Bundesinnenministerium auf Anfrage. Anwalt Henrich sagt, das "Chancen-Aufenthaltsrecht" nach §104C sei für Geduldete "eine 180-Grad-Wende in ihrem Leben. Sie haben nun die Möglichkeit, zum ersten Mal eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten und sich in Deutschland zu integrieren". Der Traum von einem Urlaub Azad Morad Waisi hat in den sieben Jahren in Deutschland immer wieder gearbeitet. Aber insgesamt drei Jahre habe er keine Arbeitserlaubnis gehabt. Alle ein bis drei Monate musste die Familie zur Ausländerbehörde, um die Duldung zu verlängern. Nun hat die Familie Morad Waisi den "Aufenthalt auf Probe" für 18 Monate. Während dieser Zeit muss sie mindestens 50 Prozent des Lebensunterhalts selbst sichern und ihre Identität klären, also einen Pass von der iranischen Botschaft beschaffen. Azad Morad Waisi will im Mai, nach dem Erhalt des "Chancen-Aufenthaltsrechts", selbstständig werden und eine Autowerkstatt übernehmen. Dann soll bald ein langersehnter Traum in Erfüllung gehen: "Ich habe in diesen sieben Jahren Deutschland nicht einmal verlassen können. Wenn meine Tochter nach den Sommerferien in die Schule geht, dann reden die Kinder von ihrem Urlaub. Meine Tochter weiß überhaupt nicht, was ein Urlaub bedeutet", sagt er. "Wir denken jetzt schon daran, die Wohnungseinrichtung zu erneuern, neue Klamotten zu kaufen und den Wunsch meiner Tochter, Delfine im Meer sehen zu können, zu erfüllen und sie in den Urlaub mitzunehmen. Danach werde ich so schnell wie möglich meine Familie besuchen".
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2023-04-11
Ausgeschlossener Abgeordneter darf zurückkehren
Parlament im US-Staat Tennessee
Einer der beiden aus dem Parlament im US-Bundesstaat Tennessee ausgeschlossenen Abgeordneten darf vorerst zurückkehren. Sein Ausschluss wegen der Forderung nach schärferen Waffengesetzen rief unter anderem Rassismusvorwürfe hervor. mehr
Einer der beiden aus dem Parlament im US-Bundesstaat Tennessee ausgeschlossenen Abgeordneten darf vorerst zurückkehren. Sein Ausschluss wegen der Forderung nach schärferen Waffengesetzen rief unter anderem Rassismusvorwürfe hervor. Im US-Bundesstaat Tennessee kann ein schwarzer Abgeordneter nach seinem Ausschluss aus dem Parlament wegen Protesten für ein strengeres Waffengesetz vorübergehend wieder auf seinen Sitz zurückkehren. Der Stadtrat von Nashville stimmte dafür, dass der Demokrat Justin Jones bis zu einem Sonderwahltermin vorerst wieder in das Abgeordnetenhaus des Bundesstaats zurückkehren darf.  Nur Augenblicke danach marschierte Jones in das einige Häuserblocks entfernte Staatskapitol zurück. Dort legte er auf den Stufen des Gebäudes erneut seinen Amtseid ab und ging hinein, während Unterstützer "This Little Light of Mine" sangen. Das Gospel-Lied wurde eines der offiziellen Lieder der Bürgerrechtsbewegung. Als Jones mit seiner Parteikollegin Gloria Johnson in die Kongresskammer ging, brandete Applaus auf. Rassismus-Vorwürfe nach Ausschluss Jones und ein weiterer schwarzer Demokrat waren am Donnerstag von republikanischen Abgeordneten aus dem örtlichen Parlament ausgeschlossen worden, weil sie sich nach dem tödlichen Angriff auf eine Grundschule in Nashville Ende März einer Demonstration für schärfere Waffengesetze auf dem Parlamentsgelände angeschlossen und dadurch eine Sitzung gestört hatten, so der Vorwurf. Eine dritte, weiße Abgeordnete, schloss sich dem Protest ebenfalls an - sie war nicht aus dem Abgeordnetenhaus abberufen worden. Das hatte in den USA für großen Aufruhr gesorgt und Rassismusvorwürfe rund um den Fall befeuert. Auch US-Präsident Joe Biden und Vize-Präsidentin Kamala Harris hatten sich für die abgesetzten Abgeordneten eingesetzt. Im Fall des anderen ausgeschlossenen Parlamentariers, Justin Pearson, soll ein örtliches Gremium Medienberichten zufolge am Mittwoch tagen.
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2023-04-11
Mehr Pleiten durch Bankenturbulenzen?
Drohende Kreditklemme
Die jüngste Bankenkrise dürfte sich einer Studie zufolge auf die Anzahl der Firmenpleiten auswirken. Eine zurückhaltende Kreditvergabe könnte 2023 mehr Unternehmen als erwartet in Schwierigkeiten bringen.     mehr
Die jüngste Bankenkrise dürfte sich einer Studie zufolge auf die Anzahl der Firmenpleiten auswirken. Eine zurückhaltende Kreditvergabe könnte 2023 mehr Unternehmen als erwartet in Schwierigkeiten bringen.    Der Kreditversicherer Allianz Trade erwartet in Folge der jüngsten Bankenturbulenzen im laufenden Jahr mehr Firmenpleiten. Für Deutschland rechnet die Studie mit einem Anstieg um gut ein Fünftel, also 22 Prozent, zum Vorjahr auf etwa 17.800 Fälle im laufenden Jahr. "Durch die nun noch restriktivere Kreditvergabe der Banken dürften mehr Unternehmen in Schwierigkeiten geraten als noch zu Jahresbeginn erwartet", so die Einschätzung der Expertinnen und Experten. Bislang hatte der Kreditversicherer einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen hierzulande um 15 Prozent vorhergesagt. Demnach hinterlassen die Probleme von Banken in den USA und der Schweiz auch Spuren in Deutschland: "Mit den deutlich steigenden Zinsen laufen eher schwach finanzierte Unternehmen Gefahr, in Schwierigkeiten zu geraten", erklärte der Vorstandschef von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Milo Bogaerts. Eine Pleitewelle sei das gleichwohl nicht, auch wenn ein zweistelliger Zuwachs zunächst den Anschein erwecke, so Bogaerts. Gibt es eine Kreditklemme? Hintergrund ist die Annahme, dass Banken aufgrund der Turbulenzen künftig weniger Kredite vergeben könnten, um die Risiken in ihren Bilanzen durch Kreditausfälle zu reduzieren. Eine sogenannte Kreditklemme wiederum könnte sich schwächend auf das Wirtschaftswachstum auswirken, was in der Folge zu weiteren Kreditausfällen führen könnte. Einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung EY zufolge wollen viele Banken angesichts des Energiepreisschubs und der schwachen Konjunktur tatsächlich ihre Kreditvergabe drosseln. Zwei von drei deutschen Geldhäusern gehen von einem Rückgang der Kreditvergabe aus, nur 15 Prozent erwarten einen Anstieg, wie eine Umfrage ergab. Der Erhebung zufolge müssen Unternehmen und Privatkunden bei Kreditanträgen außerdem mit höheren Anforderungen rechnen. Laut EY-Umfrage wollten 76 Prozent der befragten Institute voraussichtlich schärfere Anforderungen an Dokumentation und Sicherheiten stellen. Bei 64 Prozent der Geldhäuser würden für Neukunden die Kreditnebenkosten steigen. 43 Prozent der befragten Bankmanagerinnen und Bankmanager rechneten außerdem mit mehr Ablehnungen von Anträgen. 21 Prozent der Institute gingen davon aus, keine neuen Kreditlinien zu gewähren. Aber es gibt auch andere Einschätzungen: Das Münchner Ifo-Institut kam anhand einer eigenen Umfrage jüngst zu dem Schluss, dass Unternehmen in Deutschland wieder leichter an Kredite kommen. Berichteten im Dezember noch 30 Prozent der Unternehmen von Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe, waren es im März nur noch 22,7 Prozent. "Die Turbulenzen bei einigen internationalen Banken haben keine Auswirkung auf die Kreditvergabe in Deutschland", folgerte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. Firmenpleiten zogen 2022 an Amtlichen Daten zufolge war die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland im vergangenen Jahr erstmals seit der weltweiten Finanzkrise 2009 wieder angezogen. Im Jahr 2022 haben die deutschen Amtsgerichte nach endgültigen Ergebnissen 14.590 beantragte Unternehmensinsolvenzen gemeldet, berichtete das Statistische Bundesamt. Das bedeutet einen Anstieg um 4,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 2021 wurde mit 13.933 Fällen der niedrigste Wert seit Einführung der Insolvenzordnung 1999 registriert. Allerdings sei zu beachten, dass von März 2020 bis Mai 2021 die Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen infolge der Corona-Pandemie ganz oder teilweise ausgesetzt worden war, so die Statistiker. Seit 2009 war die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Jahresvergleich stets zurückgegangen. Inflation und Konsumzurückhaltung "Hauptursachen für die Firmeninsolvenzen im letzten Jahr waren die hohen Energiekosten, die bestehenden Probleme in den Lieferketten und die hohe Inflation. Hinzu kam die Konsumzurückhaltung bei den Verbrauchern, die aufgrund der hohen Energiepreise und der Inflation weniger Geld zur Verfügung hatten. Die resultierenden Kaufkraftverluste belasteten die Unternehmen ebenfalls", begründete Frank Schlein, Geschäftsführer der Wirtschaftsauskunftei CRIF die Daten des vergangenen Jahres. Nach Anzahl der betroffenen Beschäftigten war die größte Insolvenz des vergangenen Jahres die Pleite von Galeria Karstadt Kaufhof mit rund 17.000 Arbeitnehmern. Dahinter folgte die Insolvenz der MV Werften mit mehr als 2000 Beschäftigten. Bekannte Namen waren ferner die Modekette Orsay und der Schuhhändler Görtz. "Anlass zur Vorsicht" Trotz des prognostizierten Anstiegs werde Deutschland selbst Ende 2023 das Niveau von vor der Pandemie noch nicht erreicht haben, prognostizierte Bogaerts. "Das dürfte erst nach einer weiteren Zunahme der Insolvenzen um sechs Prozent im Jahr 2024 wieder leicht überschritten werden." Die weltweiten Insolvenzzahlen werden nach Einschätzung von Allianz Trade im laufenden Jahr von zuletzt vergleichsweise niedrigem Niveau ebenfalls um gut ein Fünftel (21 Prozent) anziehen. Auch hier erwartet der Kreditversicherer, dass erst 2024 das Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019 wieder annähernd erreicht sein wird. "Deutschland steht im europäischen Vergleich weiterhin gut da", erklärte Bogaerts. "Allerdings hat sich die Dynamik bei der Zunahme der Pleiten im Zuge der Normalisierung inzwischen an das weltweite Geschehen angeglichen." Grund zur Panik sei dies nicht, Anlass zur Vorsicht aber schon, meinte Bogaerts.
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2023-04-11
"Vier Jahre des täglichen Kampfes"
WikiLeaks-Gründer Assange
Seit April 2019 sitzt der wegen Spionage angeklagte Journalist Assange in einem Londoner Gefängnis. In den USA droht ihm eine Haftstrafe bis zum Lebensende. Menschenrechtler fordern weiterhin seine Freilassung. Von Imke Köhler.
Seit April 2019 sitzt der wegen Spionage angeklagte Journalist Assange in einem Londoner Gefängnis. In den USA droht ihm eine Haftstrafe bis zum Lebensende. Menschenrechtler fordern weiterhin seine Freilassung. Julian Assange kämpft seit Jahren gegen seine Auslieferung an die USA. Er muss diesen Kampf vom Gefängnis aus führen. Obwohl der WikiLeaks-Gründer nicht verurteilt ist, sitzt er hinter Gittern - und das nicht in einer gewöhnlichen Justizvollzugsanstalt, sondern im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. "Er ist normalerweise immer in seiner Zelle", beschreibt Julians Frau Stella den Alltag ihres Mannes. Er müsse auch in seiner Zelle essen. Es sei die Norm in Belmarsh, dass man isoliert ist in seiner Zelle, sagt sie. Liste der Sicherheitsprüfungen ist lang Was Belmarsh bedeutet, bekommt Stella Assange auch selbst zu spüren, wenn sie ihren Mann besuchen will: Vom Eingangstor bis hin zum Gesprächsraum, in dem sie ihrem Mann am Tisch gegenübersitzen darf, muss sie viermal ihre Fingerabdrücke abgeben, sich bei einer Leibesvisitation auf Drogen untersuchen lassen und vieles mehr. Wie lange das noch so weitergeht, ist völlig offen. "Es sind jetzt vier Jahre“, sagt sie mit Blick auf Julians Inhaftierung, "vier Jahre des täglichen Kampfes an allen Fronten." "Einen riesigen Beitrag zum Journalismus geleistet" Vergangene Woche sollte die Organisation "Reporter ohne Grenzen" zum ersten Mal die Möglichkeit erhalten, Assange in Belmarsh zu besuchen. Alles war angemeldet, der Besuch bewilligt. Im letzten Moment aber wurde Christophe Deloire und Rebecca Vincent - dem Generalsekretär und der Kampagnendirektorin von "Reporter ohne Grenzen" - der Zutritt verwehrt. Die Assange-Unterstützer werten das als Willkür. Vincent erklärte danach noch einmal, warum sich ihre Organisation für Assange einsetzt: "Julian Assange hat einen riesigen Beitrag zum Journalismus geleistet. Die Veröffentlichung der geheimen Dokumente war im öffentlichen Interesse." Niemand solle auch nur einen einzigen Tag dafür im Gefängnis sein, dass er Informationen im öffentlichen Interesse publiziere, so Vincent weiter. In diesen Gefängnismauern sei Assange nun zum bekanntesten politischen Gefangenen weltweit geworden. Freilassung nicht in Sicht Dass Assange ein politischer Gefangener ist, betont auch seine Frau Stella immer wieder. Sie ist als Anwältin nur noch für einen einzigen Klienten im Einsatz: ihren Mann. Sie kämpft dagegen, dass er im Gefängnis vergessen wird und dort physisch und psychisch zugrunde geht. Sie versucht, mit ihrer Reisetätigkeit und ihren Interviews immer wieder neu die Aufmerksamkeit auf den Fall Assange und die Pressefreiheit zu lenken: Wenn Großbritannien und die USA ernsthaft die Pressefreiheit unterstützen wollen und sich für Journalisten einsetzen wollen - auch ihre eigenen -, die rund um die Welt an gefährlichen Orten arbeiten, dann müssen sie das Richtige tun und Julian freilassen. Die nächste Etappe im juristischen Tauziehen um Assange könnte schon bald beginnen. Von einer Freilassung scheint der WikiLeaks-Gründer weit entfernt zu sein. In den USA, wo ihm die Behörden unter anderem wegen Spionage den Prozess machen wollen, droht ihm eine Haftstrafe bis ans Lebensende.
/ausland/julian-assange-107.html
2023-04-11
3,4 Millionen Deutsche leben offline
Statistisches Bundesamt
Viele Dienstleistungen, Terminbuchungen und Überweisungen werden oft nur noch online angeboten. Für mindestens sechs Prozent der Bevölkerung ist das ein Problem, denn sie leben offline. Laut Statistischem Bundesamt ist vor allem eine Altersgruppe betroffen. mehr
Viele Dienstleistungen, Terminbuchungen und Überweisungen werden oft nur noch online angeboten. Für mindestens sechs Prozent der Bevölkerung ist das ein Problem, denn sie leben offline. Laut Statistischem Bundesamt ist vor allem eine Altersgruppe betroffen. Knapp sechs Prozent der Menschen im Alter zwischen 16 und 74 Jahren in Deutschland waren noch nie im Internet. Das teilt das Statistische Bundesamt in Wiesbaden unter Berufung auf Erhebungen zum Nutzungsverhalten im Kommunikationsbereich aus dem vergangenen Jahr mit. Das entspricht rund 3,4 Millionen Menschen in der Bundesrepublik. Am größten war der Anteil der sogenannten Offliner demnach in der Gruppe der 65- bis 74-Jährigen. Von diesen hatten dem Bundesamt zufolge ein Sechstel oder 17 Prozent noch nie das Internet genutzt. In der Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen waren fünf Prozent noch nie im Netz, bei den unter 45-Jährigen gab es noch zwei Prozent Offliner. Dabei wird es für Menschen ohne Internet zunehmend schwieriger, den Alltag zu bewältigen. Denn viele Dienstleistungen, Terminbuchungen und Überweisungen werden oft nur noch online angeboten. Große Unterschiede innerhalb der EU Im Durchschnitt der Europäischen Union (EU) lag der Anteil der Offliner laut Statistikamt Eurostat 2022 bei sieben Prozent. In den EU-Mitgliedstaaten gab es dabei deutliche Unterschiede: In den skandinavischen Staaten, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien und Irland hatten jeweils weniger als vier Prozent der 16- bis 74-Jährigen noch nie das Internet genutzt. Die höchsten Anteile verzeichneten Griechenland und Portugal mit jeweils 14 Prozent sowie Kroatien und Bulgarien mit je 13 Prozent. Ein Drittel der Weltbevölkerung offline Laut Schätzungen der Internationalen Fernmeldeunion der Vereinten Nationen (ITU) waren 2022 rund 34 Prozent der Weltbevölkerung offline - das sind 2,7 Milliarden Menschen weltweit. In Europa - einschließlich der Nicht-EU-Staaten - und Amerika ist das Internet demnach leichter zugänglich, aber auch hier hatten 2022 immer noch elf Prozent beziehungsweise 17 Prozent der Bevölkerung keinen Zugang zum Internet.
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2023-04-11
Tote und Verletzte nach Schüssen in Louisville
US-Bundesstaat Kentucky
In Louisville im US-Bundesstaat Kentucky hat ein 23-Jähriger in einer Bank vier Menschen erschossen und mehrere weitere Personen verletzt. Auch der Schütze ist tot. Über seine Motive gibt es noch keine Informationen. mehr
In Louisville im US-Bundesstaat Kentucky hat ein 23-Jähriger in einer Bank vier Menschen erschossen und mehrere weitere Personen verletzt. Auch der Schütze ist tot. Über seine Motive gibt es noch keine Informationen. In einer Bank in der Innenstadt von Louisville im US-Bundesstaat Kentucky sind nach Angaben der örtlichen Polizei vier Menschen erschossen worden. Auch der mutmaßliche Schütze sei tot. Neun Menschen erlitten Verletzungen, darunter zwei Polizisten. Der Zustand eines Beamten sei kritisch. Der stellvertretende Polizeichef der Stadt, Paul Humphrey, sagte, als Beamte am Gebäude eintrafen, seien dort Schüsse gefallen. Die Polizisten hätten sich einen Schusswechsel mit dem Schützen geliefert. Es sei aber noch unklar, ob der Schütze von der Polizei getötet worden sei oder sich selbst erschossen habe. Es handle sich in jedem Fall um einen Einzeltäter. Dieser habe die Tat auch live im Internet gestreamt. Inzwischen bestehe in der Innenstadt von Louisville aber keine Gefahr mehr. Täter war oder ist Angestellter der Bank Die Motive des Täters sind bislang unklar. Bekannt ist nur, dass der Mann - ein 23-Jähriger - in der Bank gearbeitet hat. Der Gouverneur von Kentucky, Andy Beshear, teilte auf Twitter mit, er begebe sich an den Tatort. "Bitte beten Sie für die betroffenen Familien und die Stadt Louisville", so Beshear. Später erklärte Beshear, zwei der Toten seien enge Freunde von ihm gewesen. Eine weitere Person, mit der er befreundet sei, werde derzeit noch im Krankenhaus behandelt. "Das ist schrecklich", sagte der Demokrat, der gegen Tränen ankämpfte. Meta: Livestream schnell abgeschaltet Die Liveübertragung des tödlichen Angriffs soll innerhalb kurzer Zeit beendet worden sein. Meta, die Muttergesellschaft von Facebook und Instagram, teilte mit, man habe "den Livestream dieses tragischen Vorfalls an diesem Morgen schnell beseitigt". US-Präsident Joe Biden zeigte sich angesichts der erneuten "sinnlosen" Tötungen frustriert. "Zu viele Amerikaner bezahlen für den Preis der Untätigkeit mit ihrem Leben", schrieb er auf Twitter. "Wann werden die Republikaner im Kongress handeln, um unsere Gemeinschaften zu schützen?" In den USA kommt es immer wieder zu Waffengewalt. Tödliche Schießereien gehören zum Alltag. Größere Attacken führen regelmäßig zu Diskussionen über eine Verschärfung des Waffenrechts - blieben bislang aber weitgehend folgenlos. Schusswaffen sind in den USA leicht erhältlich und im großen Stil im Umlauf.
/ausland/amerika/louisville-103.html
2023-04-11
Was die Zuckersteuer gebracht hat
Abgabe in Großbritannien
Seit 2018 gibt es in Großbritannien eine Steuer auf stark zuckerhaltige Getränke wie Cola oder andere Limonaden. Das soll Hersteller animieren, den Zuckergehalt zu verringern - und gegen Fettleibigkeit helfen. Mit Erfolg? Von Imke Köhler.
Seit 2018 gibt es in Großbritannien eine Steuer auf stark zuckerhaltige Getränke wie Cola oder andere Limonaden. Das soll Hersteller animieren, den Zuckergehalt zu verringern - und gegen Fettleibigkeit helfen. Mit Erfolg? Viele Briten lieben Softdrinks, viele Briten bringen aber auch zu viel auf die Waage. Genau hier setzt die Zuckersteuer des Vereinigten Königreichs an, die im April 2018 in Kraft trat. Offiziell heißt sie "Soft Drinks Industry Levy" - es handelt sich also um eine Steuer, die die Hersteller von Softdrinks für stark zuckerhaltige Getränke zahlen müssen. Die Besteuerung ist dabei gestaffelt: Ab fünf Gramm Zucker pro 100 Millilitern beträgt die Steuer 18 Pence pro Liter (umgerechnet 21 Euro-Cent), ab acht Gramm Zucker werden 24 Pence pro Liter fällig.  "Action on Sugar" macht sich für genau solche staatlichen Eingriffe stark. Die Organisation besteht aus Ärztinnen und Ärzten sowie Wissenschaftlern, die vor den negativen Folgen eines zu hohen Zuckerkonsums warnen. Die Steuer sei hilfreich, sagt Mhairi Brown, die Sprecherin von "Action on Sugar": "Die Zuckersteuer hat eine große Wirkung gezeigt. Diese Strategie ist in Großbritannien wirklich erfolgreich. Sie stellt für die Getränkehersteller einen großen Anreiz dar, den Zuckergehalt zu reduzieren, um die Steuer zu vermeiden." "Quengelware" in Supermärkten nicht mehr erlaubt Eine Studie der Cambridge University legt nahe, dass die Zuckersteuer die Fettleibigkeit bei zehn- und elfjährigen Mädchen um acht Prozent verringert hat. Anders ausgedrückt würde das bedeuten, dass durch die Steuer in dieser Altersklasse pro Jahr mehr als 5200 Fälle von Fettleibigkeit verhindert wurden.    Die Zuckersteuer ist nur ein Teil eines ganzen Pakets, mit dem die Regierung gegen Übergewicht vorgehen will. Seit dem vergangenen Herbst dürfen Supermärkte keine "Quengelware" mehr an den Kassen platzieren. Und ab Oktober dieses Jahres soll es für "Junkfood" keine Lockangebote mehr geben dürfen. Dabei geht es unter anderem um Angebote wie "Buy one, get one free", bei denen man zum Beispiel beim Kauf einer Tafel Schokolade eine weitere umsonst bekommt. Expertinnen und Experten zufolge führen Angebote dieser Art fast zu einer Verdoppelung des Schokoladenkonsums.  Werbeverbot verschoben Keinen Durchbruch gibt es bisher dagegen im Bereich der Werbung. Geplant war, dass ungesunde Lebensmittel im Fernsehen erst ab 21 Uhr beworben werden dürfen und online gar nicht mehr. Dieses Gesetz ist nun aber auf Oktober 2025 verschoben worden. Brown ist empört: "Da ist wirklich schockierend. Das wäre ein Meilenstein gewesen." Die Begründung, dass die Lebensmittelindustrie mehr Zeit benötigen würde, um sich vorzubereiten, hält Mhairi für vorgeschoben. Sie ist der Meinung, dass die Regierung den Lobbyisten gegenüber eingeknickt ist. Das glaubt auch Henry Dimbleby. Der Autor mehrerer Kochbücher und Mitgründer der Schnellrestaurantkette Leon war bis vor kurzem Berater des Ministeriums für Landwirtschaft und Ernährung. Er sollte beim Kampf gegen das Übergewicht helfen, hat nun aber aufgegeben. Er wirft der Regierung Versagen vor. Fast zwei Drittel der Erwachsenen wiegen zu viel "Winston Churchill hat die Gesundheit einer Nation als ihr größtes Kapital bezeichnet. Die Rolle von Regierungen ist es einzugreifen, um Probleme zu beseitigen. Aber die moderne konservative Ideologie ist, dass man alles laufen lassen kann, ohne je einzugreifen", sagt Dimbleby. "Das wird dem Land sehr schaden, wenn sich das nicht ändert."     Dimbleby ist sich sicher, dass auf das britische Gesundheitssystem gigantische Kosten zurollen. In England ist unter den Zehn- und Elfjährigen schon heute fast jedes vierte Kind fettleibig, insgesamt bringen 38 Prozent dieser Altersgruppe zu viel auf die Waage - bei den Erwachsenen sind es 64 Prozent.
/wirtschaft/verbraucher/zuckersteuer-grossbritannien-ernaehrung-101.html
2023-04-11
Ist die Tupperware-Party zu Ende?
US-Unternehmen in Schwierigkeiten
Plastikdosen in allen erdenklichen Formen und Farben - dafür steht Tupperware seit Jahrzehnten. Doch der US-Hersteller kämpft mit massiven Problemen und braucht dringend frisches Kapital. Sonst könnte sogar die Insolvenz drohen. mehr
Plastikdosen in allen erdenklichen Formen und Farben - dafür steht Tupperware seit Jahrzehnten. Doch der US-Hersteller kämpft mit massiven Problemen und braucht dringend frisches Kapital. Sonst könnte sogar die Insolvenz drohen. Tupperware leidet unter akuten Geldnöten. Das teilte das US-Unternehmen gestern mit. Dazu kommen offenbar Probleme mit dem Jahresabschluss für das vergangene Jahr. Die Aktie verlor gestern im Handel an den US-Börsen rund die Hälfte ihres Wertes, nachdem sich der bekannte Hersteller von Frischhaltedosen zur finanziellen Situation geäußert hatte. Mit 1,20 Dollar rutschte der Kurs auf den niedrigsten Stand seit dem Rekordtief, das zu Beginn der Corona-Krise erreicht wurde. Firmenchef sucht Geldgeber Laut dem Unternehmen ist die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs wegen Liquiditätsengpässen ungewiss. Man habe bereits Berater angeheuert und Gespräche mit potenziellen Investoren gestartet, um Auswege aus der derzeitigen Lage zu finden. "Das Unternehmen tut alles in seiner Macht Stehende", so Tupperware-Chef Miguel Fernandez. Tupperware, gegründet 1938 vom Geschäftsmann und Erfinder Earl Tupper, revolutionierte mit seinen teilweise als Designklassiker geltenden Schüsseln und Boxen einst die Haushaltswelt. Auch das Vertriebssystem, das überwiegend auf den Direktvertrieb mit Verkaufsparties setzte, war einst eine Innovation. Das Unternehmen ist bereits seit 1962 auf dem deutschen Markt vertreten. Umsatz-Rückgänge konnten nicht gestoppt werden Die Probleme beim Absatz der Tupper-Produkte hatten sich bereits in den vergangenen Jahren angedeutet. Bis zur Jahrtausendwende gingen die Erlöse mit den klassischen Plastikbehältern um mehr als ein Viertel zurück. Danach versuchte Tupperware mit Übernahmen, die Produktpalette etwa um Kosmetikprodukte zu erweitern. Das Unternehmen wurde gleichzeitig Ende 2005 in Tupperware Brands Corporation umbenannt. Die Umsatz- und Gewinnbeiträge der neuen Geschäftsfelder konnten aber auch in der jüngeren Vergangenheit den Schrumpfungsprozess offenbar nicht aufhalten. Zum Schlussquartal 2022 brach der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um weitere 20 Prozent auf 313,7 Millionen Dollar ein. Unterm Strich machte Tupperware einen Verlust von 35,7 Millionen Dollar. Jahresabschluss mit Verspätung Die Finanzlage wird nun auch dadurch bedrohlich, dass Tupperware es nicht schaffte, den Jahresbericht pünktlich vorzulegen. Dies könnte zum Bruch von Kreditvereinbarungen führen. Laut Experten wie Neil Saunders vom Analysehaus GlobalData Retail hat es Tupperware nicht geschafft, sich mit seiner Produktpalette bei jüngeren Kunden durchzusetzen. Nun habe das Unternehmen nur noch wenige Möglichkeiten, sich frisches Kapital zu beschaffen, so Saunders gegenüber dem US-Fernsehsender CNN.
/wirtschaft/unternehmen/tupperware-krise-zahlungsschwierigkeiten-101.html
2023-04-11
Wie kreditwürdig sind welche Staaten?
Ratings im Überblick
Bonitätsnoten der Ratingagenturen bestimmen mit, zu welchen Zinssätzen sich ein Staat Geld leihen kann. Wie schätzen Moody's, Fitch und Standard & Poor's die Länder der Eurozone und weitere Staaten ein? mehr
Bonitätsnoten der großen US-Ratingagenturen bestimmen mit, zu welchen Zinssätzen sich ein Staat Geld leihen kann. Wie schätzen Moody's, Fitch und Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit der Länder der Eurozone und weiterer Staaten ein? Wer erhält die Bestnote, das "Triple-A"? Ein Überblick über die aktuellen Bonitätsnoten von Belgien bis Zypern. Die Noten der Euro-StaatenS & PMoody'sFitchBelgienAAAa3AA-DeutschlandAAAAaaAAAEstlandAA-A1AA-FinnlandAA+Aa1AA+FrankreichAAAa2AAGriechenlandBB+Ba3BB+IrlandAA-A1AA-ItalienBBBBaa3BBBLettlandA+A3A-LitauenA+A2ALuxemburgAAAAaaAAAMaltaA-A2A+NiederlandeAAAAaaAAAÖsterreichAA+Aa1AA+PortugalBBB+Baa2BBB+SlowakeiA+A2ASlowenienAA-A3ASpanienABaa1A-ZypernBBBBa1BBB- Quelle: Ratingagenturen / Stand: 11. April 2023 Die Noten weiterer StaatenS & PMoody'sFitchUSAAA+AaaAAAJapanA+A1AGroßbritannienAAAa3AA-SchweizAAAAaaAAAChinaA+A1A+ Quelle: Ratingagenturen / Stand: 11. April 2023
/wirtschaft/ratings-ts-100.html
2023-04-11
Mit Accountsperren gegen Hass im Netz
Gesetz gegen digitale Gewalt
Wer wiederholt andere im Internet schwerwiegend persönlich angreift, muss mit schärferen Konsequenzen rechnen. Gerichte sollen Social-Media-Konten sperren lassen können - so plant es das Bundesjustizministerium. Von Kristin Becker.
Wer wiederholt andere im Internet schwerwiegend persönlich angreift, muss mit schärferen Konsequenzen rechnen. Gerichte sollen Social-Media-Konten sperren lassen können - so plant es das Bundesjustizministerium. Morddrohungen auf Twitter, Hasspostings auf Facebook & Co., Accounts, die oft auch anonym gegen Menschen hetzen, sie beschimpfen, beleidigen - trauriger Alltag in sozialen Netzen. Zwar müssen rechtswidrige Inhalte laut Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) von den Plattformen gelöscht oder gesperrt werden. Aber wenn es darum geht, solche Accounts vom Netz nehmen zu lassen, sind Betroffene auf das Gutdünken der Techkonzerne angewiesen, die einen aggressiven Nutzer vielleicht sperren, vielleicht aber auch nicht. Die Ampelregierung will das ändern. So ist ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag von 2021 ein "Gesetz gegen digitale Gewalt", das nicht nur "Lücken bei Auskunftsrechten" für Betroffene abbauen, sondern auch "richterlich angeordnete Accountsperren" ermöglichen soll. Nun hat das Bundesjustizministerium (BMJ) Eckpunkte für ein solches Gesetz erarbeitet, die dem ARD-Hauptstadtstudio exklusiv vorliegen. Accountsperre per Gericht Im Mittelpunkt steht die Idee, dass Menschen, die in den sozialen Netzwerken angegriffen werden, "unter gewissen Voraussetzungen" per Gericht eine Accountsperre verlangen können. Dieses Vorhaben richtet sich gegen "notorische Rechtsverletzer im digitalen Raum" und soll besonders in solchen Fällen helfen, in denen nicht klar ist, wer hinter einem bestimmten Social-Media-Profil steckt. Eine solche Sperre muss "verhältnismäßig" sein und es muss um "schwerwiegende Persönlichkeitsverletzungen" gehen. Was das genau bedeutet, muss dann allerdings wohl das jeweilige Gericht entscheiden. Außerdem soll eine Accountsperre nur erfolgen, wenn andere Möglichkeiten nicht ausreichen - etwa die Löschung eines Posts - und "Wiederholungsgefahr" besteht. Ein Accountinhaber soll von der jeweiligen Plattform auf ein Sperrersuchen hingewiesen werden und Gelegenheit zur Stellungnahme haben. Und ein Profil soll "nur für einen angemessenen Zeitraum" gesperrt werden können. Offene Fragen Ulf Buermeyer hofft, dass das im Extremfall auch "dauerhaft" bedeuten könnte. Der Jurist - selbst eigentlich Richter, aktuell aber hauptamtlich Vorsitzender der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) - begrüßt die Ansätze des Justizministeriums grundsätzlich, hat aber Fragezeichen. Seine Organisation hat schon vor einiger Zeit Vorschläge zu Accountsperren gemacht und will demnächst einen eigenen Gesetzentwurf zum Thema vorstellen. Dass nun ein Täter digital erst mehrfach aktiv sein muss, damit eine Sperre in Betracht kommt, wie es das BMJ plant, kann Buermeyer nicht nachvollziehen: "Warum soll man einmal jemanden beleidigen dürfen?" In der analogen Welt gebe es bei Fehlverhalten auch sofort Sanktionen, die Verhältnismäßigkeit könne man über die Dauer der Accountsperre regeln. "Wer also zum ersten Mal auffällig wird, wird beispielsweise nur kurz gesperrt." In jedem Fall sollte aus Sicht von Buermeyer eine Straftat im Netz - zum Beispiel eine strafbare Beleidigung - reichen, um einen Account zumindest zeitweise zu sperren. Zudem gehe es um eine "generalpräventive Wirkung". Für Opfer digitaler Gewalt sei eigentlich grundsätzlich das bloße Löschen einer Schmähäußerung nicht ausreichend, weil sie sich über Netz fast immer schon weit verbreitet habe. Wichtig sei es, Täter generell abzuschrecken, dabei könnten Accountsperren eine zentrale Rolle spielen - "damit sich das rumspricht", betont Buermeyer. Dass eine Accountssperre, so wie sie das BMJ aktuell andenkt, letztlich wohl nur dann greifen würde, wenn über ein Profil mehrfach eine bestimmte Person attackiert wird - etwa bei Fällen von hartnäckigem digitalem Stalking oder Cybermobbing - kritisiert auch Josephine Ballon. Sie ist die Leiterin der Rechtsabteilung von HateAid, einer Organisation, die Menschen unterstützt, die von digitaler Gewalt betroffen sind. Accounts, die ihren Hass auf verschiedene Opfer verteilen oder ganze Gruppen verunglimpfen und Volksverhetzung betrieben, würde man mit den so konzipierten Sperren nicht erreichen. Solche Fälle seien aber, so Ballon, im digitalen "Alltag" eher die typischen. Sie ist trotzdem froh, dass nun Bewegung in die Gesetzgebung kommt. Auch weil die Eckpunkte nicht nur die Accountsperre enthalten, sondern außerdem vorsehen, dass rechtliche Hürden für Betroffene abgebaut werden sollen, wenn sie die Identität desjenigen erfahren wollen, der ein Hassposting verfasst hat. Das sei wichtig, um die Täter zum Beispiel auf Unterlassung oder Schadensersatz verklagen zu können. Konzerne sollen Nutzungsdaten herausgeben müssen So sollen laut den BMJ-Eckpunkten künftig explizit Nutzungsdaten wie die IP-Adresse herausgegeben werden müssen - und damit nicht nur die Netzkonzerne, sondern auch Messengerdienste und Telekommunikationsunternehmen in die Pflicht genommen werden - um nachzuvollziehen, wem eine IP-Adresse zugeordnet werden kann. Das soll allerdings nur auf Anordnung eines Gerichts erfolgen. "Auch damit könnte man Verantwortliche nicht in jedem Fall hundertprozentig ermitteln, aber es würde die Wahrscheinlichkeit erhöhen," so HateAid-Juristin Ballon, die ebenfalls auf die abschreckende Wirkung setzt. Das BMJ schlägt vor, dass für diese Auskunftsverfahren keine Gerichtskosten anfallen sollen. Ein wichtiger Schritt, findet Ballon, der aber nicht ausreiche. Denn der juristische Weg, sich gegen Hassrede im Netz und die Täter zu wehren, sei weiterhin teuer. Zwar wäre es schon eine Erleichterung, wenn die Gerichtskosten wegfielen. Es blieben aber Anwaltskosten und hohe Streitwerte, die es für Betroffene und die sie unterstützenden Organisationen schwer machten, sagt Ballon. Vor allem wenn man nicht rauskriege, wer hinter einem Schmäh-Account stecke. Accountsperren sollten daher aus ihrer Sicht mit Auskunftsverfahren kombiniert werden. Auch GFF-Chef Buermeyer plädiert dafür, dass es für Opfer digitaler Gewalt günstiger werden muss, Auskünfte zu erstreiten oder eben in Zukunft Accountsperren zu beantragen. Aus seiner Sicht müssten die Plattformen für die Kosten solcher Verfahren aufkommen, weil "sie schließlich auch mit negativen Inhalten viel Geld verdienen". Zudem sollte es möglich sein, dass nicht nur Betroffene persönlich vor Gericht gehen, sondern - ähnlich wie bei Verbandsklagen - auch Organisationen wie HateAid zugelassen sein sollten, um Auskünfte und Sperren einzuklagen. Das ist in den Eckpunkten bislang nicht erwähnt. Für die Fachleute ist daher entscheidend, wie ein möglicher Gesetzentwurf am Ende ausgestaltet ist. "Zustellungsbevollmächtigter" im Inland Die Vorschläge des Justizministeriums enthalten aber noch eine Änderung, die Ballon und Buermeyer schon jetzt explizit begrüßen: Soziale Netzwerke sollen auch weiter verpflichtet sein, einen "Zustellungsbevollmächtigten" im Inland zu haben, selbst wenn der europäische "Digital Services Act" das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz und dessen Regelungen demnächst ersetzt. Dabei geht es nicht nur wie bisher um die Post von deutschen Gerichten an die Plattformen, sondern künftig auch um außergerichtliche Schreiben. Das heißt, Organisationen wie HateAid könnten sich bei juristischen Auseinandersetzungen direkt an eine deutsche Adresse von Twitter, Facebook & Co. wenden und müssten nicht den Umweg über die europäischen Hauptsitze der Techkonzerne in Irland nehmen. Das würde, so Ballon, die Abläufe deutlich vereinfachen und beschleunigen.
/inland/innenpolitik/eckpunktepapier-digitale-gewalt-101.html
2023-04-11
"Koalition wird zur Kohlekoalition"
Debatte um Atomkraft-Ausstieg
Der Ausstieg ist beschlossen: Am 15. April werden die drei letzten Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet. Dennoch mehren sich Forderungen - insbesondere aus Union und FDP - die AKW länger am Netz zu lassen. Von M. Weidemann.
Der Ausstieg ist beschlossen: Am 15. April werden die drei letzten Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet. Dennoch mehren sich Forderungen - insbesondere aus Union und FDP - die AKW länger am Netz zu lassen. Die befürchtete Energiekrise in Deutschland ist ausgeblieben. Wirklich sicher ist die Versorgung mit Strom und Gas aber immer noch nicht, befürchten Wirtschaftsverbände. "Ausfälle oder Einschränkungen bei der Energieversorgung sind ein bislang unbekanntes Risiko und ein Standortnachteil", warnt der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Peter Adrian, in der "Rheinischen Post". Die noch verbliebenen Kernkraftwerke sollten deshalb "bis zum Ende der Krise weiterlaufen." Spahn zum 15. April: "Schwarzer Tag für Klimaschutz" Und auch die Union sieht mit Sorge auf den Stichtag, an dem die letzten drei deutschen AKW vom Netz gehen. "Es ist ein schwarzer Tag für den Klimaschutz in Deutschland", meint CDU-Fraktionsvize Jens Spahn bei RTL/ntv. Er argumentiert dabei aber nicht mit Zweifeln an der Versorgungssicherheit mit Strom und Gas, sondern mit der Klimabelastung, die durch Kraftwerke entsteht, die in der Energieproduktion an die Stelle der Atommeiler treten. Verantwortlich dafür sei Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der den Atomausstieg zuletzt noch einmal für unumkehrbar erklärt hatte. "Dieser grüne Klimaminister lässt lieber Kohlekraftwerke laufen - den Klimakiller schlechthin, CO2-Dreckschleudern - als klimaneutrale Kernkraftwerke. Mit dieser Entscheidung, mit diesem Ende der drei Kernkraftwerke wird diese Koalition endgültig zur Kohlekoalition." Göring-Eckardt: Kernkraft teuer und gut ersetzbar Katrin Göring-Eckardt blickt ganz anders auf das Ende der letzten Atomkraftwerke. Kernkraft sei teuer, durch Erneuerbare Energien gut zu ersetzen und habe auch im vergangenen Krisenwinter schon keine nennenswerte Rolle mehr gespielt, so die Bundestagsvizepräsidentin der Grünen im MDR. Ihre Bewertung des Ausstiegsstichtags am 15. April ist deshalb eindeutig: "Das ist ein guter Tag für die Sicherheit der Bevölkerung, für die Sicherheit der Energieversorgung - und vor allem auch für die Zukunft." Auch das Argument, in den Nachbarstaaten werde doch weiter auf Kernkraft gesetzt, zieht für Göring-Eckardt nicht. Das Beispiel Frankreich zeige, dass von Energiesicherheit durch Atommeiler keine Rede sein könne: "Erstens, weil die Atomkraftwerke alt sind. Zweitens, weil sie immer gekühlt werden müssen im Sommer." Man habe im vergangenen Sommer sehr gut gesehen, dass nicht genug Wasser in den Flüssen gewesen sei, so dass die Atomkraftwerke nicht gekühlt werden konnten. "Also haben wir Strom exportiert. Wir sollten uns nicht weiter in eine solche Abhängigkeit begeben", so Göring-Eckardt. Inhaltliche Nähe zur FDP Auch CDU und CSU würden anders entscheiden als die Bundesregierung, sagt CDU-Fraktionsvize Spahn: "Wenn wir regieren würden, würden diese Kernkraftwerke bis Ende nächsten Jahres mindestens laufen. Sie sind klimaneutral. Sie sind sicher. Und ja: Das, was noch an zusätzlichem Müll anfiele, ist in Relation zu dem, was schon da ist, überschaubar." Brisanz bekommt Spahns Äußerung durch ihre inhaltliche Nähe zur Position des Ampelkoalitionspartners FDP. Auch die Liberalen würden die Atomkraftwerke gerne weiterlaufen lassen. "Wir sollten die Chancen neuer und sicherer Technologien der Kernspaltung und Kernfusion ergebnisoffen diskutieren", meint FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Deutschland müsse wegkommen "von einer Energiepolitik, die auf Kante genäht ist."
/inland/atomausstieg-debatte-103.html
2023-04-11
IWF sieht Weltwirtschaft in "riskanter Phase"
Warnung des Währungsfonds
Der Internationale Währungsfonds hat seine Prognose für das globale Wirtschaftswachstum leicht nach unten korrigiert. Vor allem die anhaltend hohe Inflation bereitet dem IWF Sorgen. mehr
Der Internationale Währungsfonds hat seine Prognose für das globale Wirtschaftswachstum leicht nach unten korrigiert. Vor allem die anhaltend hohe Inflation bereitet dem IWF Sorgen Die Aussichten für die Weltwirtschaft haben sich nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) zuletzt leicht eingetrübt. Der heute vorgestellten neuen Konjunkturprognose des IWF zufolge wird sich das globale Wachstum in diesem Jahr auf 2,8 Prozent verlangsamen - nach einem Plus von 3,4 Prozent im vergangenen Jahr. Noch im Januar war der Währungsfonds von einem weltweiten Wachstum von 2,9 Prozent ausgegangen. Bemerkenswert sei, dass die Wirtschaft besonders in den Industrienationen nur langsam wachse. Für sie prognostiziert der IWF, dass die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 1,3 Prozent zunimmt. In den Schwellen- und Entwicklungsländern sieht es mit einem vorhergesagten Wachstum von 3,9 Prozent hingegen deutlich besser aus. Deutsche Wirtschaft stagniert Auch für Deutschland hat der IWF seine Vorhersage um 0,2 Prozentpunkte im Vergleich zu Januar leicht nach unten korrigiert. Er rechnet jetzt mit einem Mini-Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent. Für 2024 sagt der Bericht dann wieder ein Wachstum um 1,1 Prozent voraus. Etwas zuversichtlicher hatten sich Anfang April führende deutsche Wirtschaftsinstitute mit Blick auf 2023 gezeigt. Für das laufende Jahr rechnen sie mit einem Mini-Wachstum des Bruttoinlandsprodukts um 0,3 Prozent. Immer klarer wird damit, dass es zu der befürchteten Rezession in Deutschland nicht kommen wird. Inflation weit von Zielmarke entfernt "Wir treten in eine riskante Phase ein, in der das Wirtschaftswachstum im historischen Vergleich niedrig bleibt und die finanziellen Risiken zugenommen haben, ohne dass die Inflation bereits eine entscheidende Wende genommen hat", schrieb IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas. Weltweit sei es eine Gratwanderung, zum einen Preisstabilität wiederherzustellen und zum anderen ein Abrutschen in eine Rezession zu vermeiden, heißt es in der Prognose. Der IWF geht aber momentan nicht von einem weltweiten Abschwung aus. Besorgniserregend sei aber, dass die Inflation weniger deutlich zurückgehe als zunächst vorhergesagt. Für 2023 rechnet der Währungsfonds weltweit mit einer Teuerungsrate von im Schnitt 7 Prozent. Das sind 0,4 Prozentpunkte mehr als noch im Januar prognostiziert. Im kommenden Jahr soll sie dann bei 4,9 Prozent liegen, ein Plus von 0,6 Prozentpunkten. Für die Industrienationen rechnet der IWF in diesem Jahr mit einer Inflationsrate von 4,7 Prozent. Diese Werte sind von der Zielmarke von 2 Prozent, die Notenbanken für ökonomisch gesund halten, noch deutlich entfernt. Der Kampf gegen die Inflation sei deutlich zäher als noch vor einigen Monaten erwartet, hieß es. "Situation ist fragil" Der Bericht sieht deshalb erhebliche Risiken, die eine wirtschaftliche Erholung gefährdeten. Zwar trage die strenge Geldpolitik der Zentralbanken langsam Früchte. Aber nun dürften die Notenbanken im Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise nicht nachlassen. Die Zinsanhebungen bergen allerdings die Gefahr, die Wirtschaft auszubremsen. "Unter der Oberfläche bauen sich Turbulenzen auf, und die Situation ist recht fragil, wie uns die jüngste Instabilität im Bankensektor vor Augen geführt hat", so der IWF. Der Währungsfonds schildert deswegen ein "plausibles Alternativszenario": Sollte etwa der Stress im Finanzsektor anhalten, könnte das weltweite Wirtschaftswachstum in diesem Jahr auf 2,5 Prozent fallen. Das wäre laut IWF das schwächste Wachstum seit dem globalen Abschwung 2001 - mit Ausnahme des Beginns der Corona-Pandemie und der Finanzkrise 2009. In diesem Szenario würde das Wachstum in den Industrienationen bei unter einem Prozent liegen. Keine Anzeichen für Lohn-Preis-Spirale Der IWF wertete es als positiv, dass sich die Wirtschaft langsam von den Folgen des russischen Einmarsches in die Ukraine erhole und auch die Folgen der Pandemie überwinde. Zentral dafür seien der Rückgang der "kriegsbedingten Verwerfungen" auf dem Energie- und Lebensmittelmarkt und das Ende der Corona-Abschottung in China. Der Währungsfonds sieht weitere positive Signale: Zum einen gebe es aktuell keine Anhaltspunkte für eine unkontrollierte Lohn-Preis-Spirale, also den Effekt, dass zu stark steigende Löhne als Reaktion auf die hohe Inflation die Preise weiter nach oben treiben. Ein "Silberstreif am Horizont" sei auch, dass die Turbulenzen im Bankensektor dazu beitragen könnten, die Nachfrage auszubremsen - und so einen ähnlichen Effekt wie Zinserhöhungen haben könnten. Damit könnten sie beim Senken der Inflationsrate helfen.
/wirtschaft/konjunktur/iwf-prognose-konjunktur-inflation-china-deutschland-weltwirtschaft-101.html
2023-04-11
UN-Generalsekretär ruft zur Hilfe für Somalia auf
Besuch am Horn von Afrika
Mit seinem Besuch in Somalia macht der UN-Generalsekretär auf das Leid der Menschen am Horn von Afrika aufmerksam. Millionen sind dort wegen Terror, Dürre oder Überflutungen auf der Flucht. Guterres fordert "massive internationale Unterstützung". mehr
Mit seinem Besuch in Somalia macht der UN-Generalsekretär auf das Leid der Menschen am Horn von Afrika aufmerksam. Millionen sind dort wegen Terror, Dürre oder Überflutungen auf der Flucht. Guterres fordert "massive internationale Unterstützung". UN-Generalsekretär António Guterres hat zu "massiver internationaler Unterstützung" für Somalia aufgerufen. Das Land stehe vor humanitären Schwierigkeiten und habe es gleichzeitig mit einer ernsten Terrorgefahr zu tun, sagte Guterres bei einem Besuch in Somalia. Das Land ist von einer der schlimmsten Dürren seit Jahrzehnten betroffen. Somalias Präsidenten Hassan Sheikh Mohamud, der Guterres am internationalen Flughafen der Hauptstadt Mogadischu empfangen hatte, bedankte sich für den Besuch. Das zeige, dass die Vereinten Nationen entschieden hinter den somalischen Plänen stünden, das Land zu stabilisieren. 1,7 Millionen auf der Flucht Guterres besuchte auch ein Flüchtlingslager. Fünf ausbleibende Regenzeiten hintereinander in Somalia, Kenia und Äthiopien haben mindestens 1,7 Millionen Menschen in der Region auf der Suche nach Nahrung und Wasser in die Flucht getrieben. Die Dürre löschte ganze Herden von Nutztieren aus und vernichtete Ernten.  Regenfälle im März führten dann in Somalia zu schweren Überflutungen mit 21 Toten und rund 100.000 Vertriebenen. Die UN schätzen, dass die Zahl der auf humanitäre Hilfen angewiesenen Menschen in dem Land auf die Hälfte der Bevölkerung ansteigen wird. UN-Spendenaufruf ohne großen Erfolg "Fast fünf Millionen Menschen" in Somalia könnten ihre Versorgung mit Lebensmitteln akut nicht sicherstellen, sagte der UN-Generalsekretär. Ein Aufruf der Vereinten Nationen, Spenden in Höhe von 2,6 Milliarden Euro für das Land aufzubringen, hatte bislang nur begrenzten Erfolg: Zunächst kamen laut Guterres nur 15 Prozent dieser Summe zusammen. Für Guterres war es nach 2017 seine zweite Reise nach Somalia als UN-Generalsekretär. Angesichts der Bedrohung durch die islamistische Al-Schabaab-Miliz wurden zu Guterres' Ankunft die Sicherheitsvorkehrungen in Mogadischu massiv verstärkt. Für seinen Besuch war der Großteil der somalischen Hauptstadt abgeriegelt worden.
/ausland/afrika/somalia-guterres-101.html
2023-04-11
Botschafterin des Tschad ausgewiesen
Auswärtiges Amt
Als Reaktion auf die Ausweisung des deutschen Botschafters im Tschad, Kricke, hat Berlin die tschadische Topdiplomatin zur Ausreise aufgerufen. Das Auswärtige Amt bedankte sich bei Kricke für "vorbildliche" Arbeit. mehr
Als Reaktion auf die Ausweisung des deutschen Botschafters im Tschad, Kricke, hat Berlin die tschadische Topdiplomatin zur Ausreise aufgerufen. Das Auswärtige Amt bedankte sich bei Kricke für "vorbildliche" Arbeit. Die Botschafterin des Tschad, Mariam Ali Moussa, muss Deutschland binnen zwei Tagen verlassen. Dies teilte das Auswärtige Amt mit. Der Schritt ist nach Angaben eines Ministeriumssprechers eine Reaktion auf die "unbegründete Ausweisung" des deutschen Botschafters im Tschad, Jan-Christian Gordon Kricke. "Wir bedauern sehr, dass es dazu kommen musste", sagte der Sprecher. In Reaktion auf die unbegründete Ausweisung unseres Botschafters in #Tschad haben wir heute die tschadische Botschafterin in Berlin, Mariam Ali Moussa, einbestellt und sie aufgefordert, Deutschland binnen 48 Stunden zu verlassen. Wir bedauern, dass es dazu kommen musste. 1/2 Tschad hatte Botschafter Kricke am Wochenende ausgewiesen. Ein Grund wurde nicht mitgeteilt. Das Kommunikationsministerium schrieb auf Twitter aber, die Entscheidung sei begründet "durch die unhöfliche Haltung und die Nichteinhaltung der diplomatischen Gepflogenheiten". Eine tschadische Regierungsquelle sagte der Nachrichtenagentur AFP, Kricke werde insbesondere zur Last gelegt, sich "zu sehr" in die Regierungsführung des Landes "einzumischen". Der Botschafter habe mehrere "Ordnungsrufe" erhalten. Ministerium weist Kritik zurück Das Auswärtige Amt betonte dagegen, Kricke habe sein Amt in N'Djamena "vorbildlich ausgeübt und sich für Menschenrechte und den raschen Übergang zu einer zivilen Regierung in Tschad eingesetzt". Dieses Engagement werde die deutsche Botschaft in dem Land gemeinsam mit Partnern vor Ort fortführen. Kricke kam am Sonntag nach Berlin zurück. Er war seit 2021 Botschafter im Tschad. Wahlen verschoben, Proteste niedergeschlagen Das von Armut und Korruption geprägte Land in der Sahelzone, das im Norden an Libyen und im Westen an den Niger grenzt, wird seit April 2021 von Präsident Mahamat Idriss Déby Itno regiert, nachdem sein Vater, Langzeitherrscher Idriss Déby, von Rebellen im Norden des Landes getötet worden war. Déby Itno hatte versprochen, innerhalb von eineinhalb Jahren demokratische Wahlen abzuhalten. Im Oktober 2022 wurde Débys Herrschaft aber um zwei weitere Jahre verlängert. Es kam zu Demonstrationen der Opposition, die blutig niedergeschlagen wurden. Viele Diplomaten im Land hatten die Gewalt scharf kritisiert. Die Bundesregierung und mehrere andere EU-Länder bekundeten damals ihre Besorgnis über die verzögerte Rückkehr zur Demokratie.
/ausland/afrika/tschad-deutscher-botschafter-ausgewiesen-105.html
2023-04-11
Wie der Atomausstieg umgesetzt werden soll
AKW-Debatte
Am Samstag sollen die letzten Atomkraftwerke vom Netz gehen - und noch einmal flackert die Debatte auf. Wer fordert gerade was? Was sagen die Befürworter? Und wie schaltet man eigentlich einen Meiler ab? mehr
Am Samstag sollen die letzten Atomkraftwerke vom Netz gehen - und noch einmal flackert die Debatte auf. Wer fordert gerade was? Was sagen die Befürworter? Und wie schaltet man eigentlich einen Meiler ab? Die Ausgangslage Noch einmal gab es einen Aufschub, doch jetzt soll es wirklich ein Ende haben: Am 15. April werden die letzten Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet. Die Meiler "Neckarwestheim 2", "Isar 2" und "Emsland" gehen vom Netz. Obwohl Wirtschaftsminister Robert Habeck am Wochenende klar gemacht hat, dass er den Ausstieg als unumkehrbar sieht, kocht kurz vor dem Termin erneut die Debatte hoch. Die FDP sieht die Energiesicherheit bedroht. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) warnt vor Versorgungsengpässen und steigenden Energiepreisen. Und der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Jens Spahn, spricht gar von einem "schwarzen Tag für den Klimaschutz". Was passiert am 15. April? Für die Atomkraftwerke "Isar 2", "Neckarwestheim II" und "Emsland" endet die sogenannte Berechtigung zum Leistungsbetrieb. Das heißt: Die Anlagen werden abgeschaltet, die Stromproduktion ist beendet. Die Betreiber sind nun auch verpflichtet, die Anlagen abzubauen. Zuletzt war nach einem Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz ein zusätzlicher "Streckbetrieb" für die drei AKW erlaubt worden - der läuft nun aber aus. Wie werden die Meiler abgeschaltet? Die Leistung des Reaktors wird kontinuierlich abgesenkt. Dabei werden schrittweise sogenannte Steuerstäbe in den Reaktorkern eingefahren. Danach wird der Generator vom Stromnetz genommen und der Reaktor komplett abgeschaltet. Dann erst beginnt die eigentliche Arbeit: Die hochradioaktiven Brennelemente werden entfernt und für einige Jahre in ein Abklingbecken gebracht. Anschließend werden sie in sogenannten Castorbehältern in Zwischenlagern aufbewahrt. In Deutschland gibt es 16 Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle. Was sagen Kritiker? Der Krieg gegen die Ukraine hat deutlich gemacht, wie fragil die Energieversorgung in Deutschland ist. Die DIHK sieht die Versorgungssicherheit "noch nicht über den Berg" und will etwa deshalb Kernkraftwerke bis zum Ende der Krise weiterlaufen lassen. Deutschland sei auf alle verfügbaren Energieträger angewiesen, mahnt etwa DIHK-Präsident Peter Adrian in der "Rheinischen Post". Nur so könnten in den kommenden Monaten Versorgungsengpässe und eine erneute massive Steigerung der Energiepreise vermieden oder zumindest abgemildert werden. Ausfälle oder Einschränkungen bei der Energieversorgung seien für Deutschland ein bislang unbekanntes Risiko und ein Standortnachteil. Spahn kritisiert hingegen, dass als Ersatz für die fehlenden vier Gigawatt Leistung aus der Kernenergie Kohlemeiler am Netz blieben und Kohlendioxid ausstoßen würden. Spahn forderte eine Laufzeitverlängerung der letzten drei AKW bis mindestens Ende 2024. "Kohlekraftwerke sollten vom Netz, Kernkraftwerke sollten laufen - denn die sind sicher und klimaneutral." Laut CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt gebe es jetzt noch die Möglichkeit, für die drei verbliebenen Meiler neue Brennstäbe zu bestellen, um sie dann im kommenden Winter bei hohem Energiebedarf wieder ans Netz gehen zu lassen. "Deswegen fordere ich die Bundesregierung auf, die notwendige Entscheidung zur Brennstoffbeschaffung zu treffen, damit wir im nächsten Winter keine Blackouts erleben", sagte er. Und die Befürworter? "Wir haben die Lage im Griff", sagt Habeck. Er verweist auf die hohen Füllstände in den Gasspeichern, die neuen Flüssiggasterminals an den norddeutschen Küsten und mehr erneuerbare Energien. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) erwartet trotz des Atomausstiegs perspektivisch sogar sinkende Strompreise. "Der Strompreis wird natürlich günstiger werden, je mehr Erneuerbare wir haben", sagte sie dem MDR. Atomkraft dagegen sei "teuer, sowohl in der Herstellung, in der Produktion, als auch danach." Wäre ein Kurswechsel möglich? Das ist unwahrscheinlich. Kanzler Scholz hat im Oktober nach langer Debatte von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht und dem Streit ein Ende gesetzt. Neue Argumente sind seitdem nicht hinzugekommen. Für das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz ist es rechtlich klar: Das Ende der Laufzeit ist im Atomgesetz festgelegt. "Eine Stromproduktion über dieses Datum hinaus wäre gesetzeswidrig", teilt ein Sprecher mit. "Das Bereithalten der Atomkraftwerke als Reserve wäre ein Verstoß gegen das Atomgesetz und für die Unternehmen wohl auch wirtschaftlich nicht vertretbar, weil mit den genannten Stillstands- und Abbaumaßnahmen erhebliche Kostenreduzierungen verbunden sind", so der Sprecher. Gibt es inzwischen ein Endlager für die radioaktiven Abfälle? Nein. Es wird weiterhin nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle gesucht. In den 1970er-Jahren hatten die politischen Entscheidungsträger das niedersächsische Bergwerk Gorleben ohne Mitbestimmung der Bevölkerung als Endlager-Standort festgelegt - und damit große Proteste ausgelöst. 2017 wurde ein neues Verfahren dafür gestartet, um die Öffentlichkeit einzubeziehen. Doch es bleibt eine Mammutaufgabe. Immerhin für schwach- und mittelradioaktive Abfälle scheint ein Endlager gefunden zu sein: Das ehemalige Eisenerzbergwerk in Salzgitter, Schacht Konrad, ist dem Bundesamt für die Sicherheit nuklearer Entsorgung (BASE) zufolge das erste nach Atomrecht genehmigte Endlager für diesen Zweck. Es soll 2027 in Betrieb gehen. Was passiert nach der Abschaltung mit dem Gelände eines AKW? Atomkraftgegner fordern immer wieder "blühenden Wiesen", die nach dem Abbau eines Kernkraftwerks das Land wieder in seinen natürlichen Zustand zurückbringen sollen. Doch das ist nicht so leicht. Denn das Gebäude kann nicht einfach abgerissen werden, solange sich radioaktive Elemente darin befinden. Wurden die Brennelemente entfernt, sind die Aktivitätsmengen jedoch nur noch gering - beispielsweise, wenn der Reaktordruckbehälter selbst radioaktiv geworden ist. Das BASE rechnet mit rund 15 Jahren für den Abbau eines Meilers, bis er aus der atomrechtlichen Überwachung entlassen werden kann. Hinzu kommen noch etwa zwei Jahre für den Abriss der Gebäude. Nach der Planung des Betreibers RWE wird die Anlage Emsland beispielsweise im Jahr 2037 nachweislich frei von jeder Radioaktivität sein. Gibt es Vorbilder bei der Stilllegung von Meilern? Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien zählte 2021 zwar weltweit 198 abgeschaltete oder in Stilllegung befindliche Atomkraftwerke, doch nur bei 20 davon ist die Stilllegung schon komplett abgeschlossen. In einigen Ländern fehlen noch die Ressourcen und Strukturen dafür. So werden beispielsweise auch in Schweden, Finnland oder der Schweiz nach Endlagern im Untergrund gesucht. Dem Umweltministerium zufolge gibt es in Europa und weltweit noch kein betriebsbereites Endlager für hochradioaktive Abfälle aus der friedlichen Nutzung der Atomenergie. Wer bezahlt das alles? Der Atomausstieg wird kostspielig - so viel steht fest. Eine Kommission hat die Gesamtkosten unter anderem für Stilllegung und Rückbau der Meiler sowie die Transporte und die Lagerung der Abfälle auf 48,8 Milliarden Euro geschätzt. Daraufhin wurde ein Fonds eingerichtet, in den die Betreiber der Atomkraftwerke einzahlen mussten. Aus diesem Betrag soll die Zwischen- und Endlagerung bezahlt werden. Die Energieversorger sind auch für die Kosten von Stilllegung und Rückbau der Meiler verantwortlich. RWE zufolge schwanken die Kosten für den Nachbetrieb und Rückbau eines Kernkraftwerks je nach Größe, Alter und Betriebsstunden der Anlagen zwischen 500 Millionen und eine Milliarde Euro.
/inland/innenpolitik/atomausstieg-faq-101.html
2023-04-11
UN überprüfen Präsenz in Afghanistan
Arbeitsverbot für Afghaninnen
Afghanische Frauen dürfen laut Taliban nicht mehr für die Vereinten Nationen tätig sein. Das verstoße gegen internationales Recht, warnen jetzt die UN. Ihre Mission in dem Land soll nun bis Anfang Mai überprüft werden. mehr
Afghanische Frauen dürfen laut Taliban nicht mehr für die Vereinten Nationen tätig sein. Das verstoße gegen internationales Recht, warnen jetzt die UN. Ihre Mission in dem Land soll nun bis Anfang Mai überprüft werden. Die UN-Mission in Afghanistan (Unama) hat die Taliban nach dem verhängten Arbeitsverbot für Afghaninnen vor einem Ende der Unterstützungsmission gewarnt. "Das Verbot ist rechtswidrig nach internationalem Recht, einschließlich der UN-Charta, und deshalb können die Vereinten Nationen es nicht einhalten", hieß es in einer Erklärung. Die UN-Sondergesandte für Afghanistan, Rosa Otunbajewa, ordnete demnach eine "operative Überprüfungsphase" der UN-Mission bis zum 5. Mai an. Die Vereinten Nationen hatten vor einer Woche verkündet, dass afghanische Frauen auf Anweisung der regierenden Taliban nicht mehr für sie tätig sein dürfen. Ein Arbeitsverbot der Islamisten für afghanische Frauen in Nichtregierungsorganisationen gilt bereits seit Dezember, mit Ausnahme der Bereiche Gesundheit, Bildung und Ernährung. Frauenrechte stark eingeschränkt Das Verbot hatte sowohl im Land als auch international heftige Reaktionen hervorgerufen. Die Taliban versuchen, "die Vereinten Nationen zu zwingen, eine entsetzliche Wahl zu treffen zwischen dem Verbleib und der Unterstützung des afghanischen Volkes und dem Festhalten an den Normen und Grundsätzen, zu deren Wahrung wir verpflichtet sind", hieß es in der UN-Mitteilung weiter. Die Verantwortung für mögliche negative Konsequenzen durch ein Ende der Mission liege bei den Taliban. Seit ihrer Machtübernahme im August 2021 und dem chaotischen Abzug internationaler Streitkräfte hatten die Taliban Menschenrechte drastisch eingeschränkt. Sie zeigen sich gegenüber allen Formen der Opposition zu ihrem Regime als äußert repressiv. Der Zugang von Frauen zu Bildung, Arbeit und sogar zum öffentlichen Raum für Reisen oder medizinische Versorgung wurde stark eingeschränkt. In Afghanistan herrscht laut den UN eine beispiellose humanitäre Krise. Mehr als 28 Millionen der etwa 43 Millionen Einwohner sind demnach auf Unterstützung angewiesen, um zu überleben. Sechs Millionen Menschen stünden an der Schwelle zu einer Hungersnot. UN-Organisationen wie das Welternährungsprogramm spielen bei der Versorgung der Menschen eine entscheidende Rolle.
/ausland/asien/afghanistan-un-arbeitsverbot-101.html
2023-04-11
BMW verdoppelt Absatz von E-Autos
Geschäft mit Elektromobilität
Der Hersteller BMW hat im ersten Quartal insgesamt weniger Fahrzeuge verkauft als im Vorjahr. Einen Boom erlebt dagegen das Geschäft mit Elektroautos - vor allem bei der Kernmarke des Münchner Konzerns. mehr
Der Hersteller BMW hat im ersten Quartal insgesamt weniger Fahrzeuge verkauft als im Vorjahr. Einen Boom erlebt dagegen das Geschäft mit Elektroautos - vor allem bei der Kernmarke des Münchner Konzerns.    Die Verkaufszahlen beim Autokonzern BMW sind zum Jahresbeginn insgesamt leicht rückläufig gewesen. Von Januar bis Ende März verkaufte der Konzern weltweit 1,5 Prozent weniger Autos als im Vorjahresquartal. Der weltweite Absatz sank auf rund 588.000 Fahrzeuge, teilte das Unternehmen mit. In China lagen die Auslieferungen mit knapp 195.000 Autos sogar 6,6 Prozent unter dem Vorjahr, was der Konzern mit den Corona-Nachwirkungen erklärte. In Europa lag der Absatz mit 216.000 Autos 1,9 Prozent unter dem Vorjahr. In den USA legte er dagegen auf fast 90.000 Autos um 11,2 Prozent zu. Weiteres Wachstum geplant Bei Elektroautos erzielte BMW allerdings ein deutliches Wachstum: Das Absatzplus beläuft sich auf 83,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Marken BMW und Mini verkauften Unternehmensangaben zufolge in den ersten drei Monaten des Jahres mehr als 64.500 E-Autos. Das Wachstum des Elektroauto-Geschäfts fiel bei der Kernmarke BMW noch größer aus. Mit beinahe 56.000 Auslieferungen steigerte die Marke den Absatz um 112,3 Prozent.  Es sei der BMW-Gruppe im ersten Quartal gelungen, ein "dynamisches Tempo beim Hochlauf der Elektromobilität beizubehalten", sagte Pieter Nota, BMW-Vorstandsmitglied. Für die kommenden Jahre plant der Automobilhersteller weiter mit einem deutlichen Wachstum in diesem Segment. 2024 soll jeder fünfte Neuwagen des Konzerns vollelektrisch sein, 2025 jeder vierte und 2026 jeder dritte.  "Klarer Aufwärtstrend im März" Trotz des insgesamt schwächeren Quartals sagt der Konzern ein insgesamt erfolgreiches Geschäftsjahr voraus. "Weltweit zeigte sich im März ein klarer Aufwärtstrend", teilte das Unternehmen mit. Eine Stabilisierung der Wirtschaft in China sei im Laufe des Jahres zu erwarten. Vertriebsvorstand Nota sieht BMW "auf Kurs für leichtes Wachstum im Gesamtjahr 2023". Neben den neuen 7er-Verbrennermodellen in der Oberklasse und dem erneuerten SUV X7 seien vollelektrische Fahrzeuge wesentliche Wachstumstreiber, so der Topmanager. Positive Impulse erwartet BMW insbesondere aus dem oberen Marktsegment. Das Unternehmen rechne hier mit einem Wachstum im mittleren zweistelligen Prozentbereich, heißt es in der Mitteilung. Erholung in China möglich Zumindest auf Händlerebene gibt es Anzeichen dafür, dass sich die BMW-Prognose für China bestätigen könnte. Nach Daten des Herstellerverbandes CAAM (Chinese Association of Automotive Manufacturers) verkauften die Autobauer im März 2,45 Millionen Fahrzeuge an die Händler - und damit 9,7 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Der Absatz von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben nahm um über ein Drittel zu. In den Zahlen des CAAM sind allerdings auch Nutzfahrzeuge enthalten. Die Endkunden-Nachfrage nach Pkw hatte sich im März dagegen weniger dynamisch entwickelt als die Händlerverkäufe. Der Branchenverband PCA (Chinese Passenger Car Association) hatte vergangene Woche laut vorläufigen Zahlen 1,6 Millionen an Kunden ausgelieferte Pkw gemeldet, was in etwa dem Vorjahresniveau entspricht. China ist der größte Automarkt der Welt. Auch für die deutschen Autohersteller Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz ist das Land der wichtigste Einzelmarkt.
/wirtschaft/unternehmen/bmw-elektroautos-absatz-china-101.html
2023-04-11
Assistenzärzte treten in viertägigen Streik
Tarifkonflikt in England
Die Assistenzärzte in England sind in einen viertägigen Streik getreten. Ihre Gewerkschaft will eine Lohnerhöhung um 35 Prozent. Der zuständige Minister sprach von einer "unvernünftigen" Forderung. mehr
Die Assistenzärzte in England sind in einen viertägigen Streik getreten. Ihre Gewerkschaft will eine Lohnerhöhung um 35 Prozent. Der zuständige Minister sprach von einer "unvernünftigen" Forderung. Es soll der längste Streik in der Geschichte des britischen Gesundheitssystems werden: Assistenzärztinnen und -ärzte des öffentlichen Gesundheitssystems in England wollen vier Tage ihre Arbeit niederlegen. Nach Angaben aus dem Gesundheitsdienst könnten während des Streiks bis zu 350.000 Termine und geplante Operationen abgesagt werden. Die Assistenzärzte verlangen 35 Prozent mehr Gehalt. Zudem beklagen sie pandemiebedingten Nachholbedarf und Personalmangel. Dadurch sei ihr Arbeitspensum massiv gestiegen. Die Assistenzärztin Katrina Forsyth sagte vor dem St.-Thomas-Krankenhaus in London: "Wir hatten massive (Lohn-)kürzungen, und wir füllen mehr Lücken, weil Leute gehen." Die Situation für Patienten werde "weniger sicher", warnte sie. Nur rund 14 Pfund die Stunde? Die Ärztegewerkschaft British Medical Association (BMA) argumentiert, dass neu qualifizierte Mediziner nur 14,09 Pfund pro Stunde verdienten. Der britische Mindestlohn liegt bei knapp zehn Pfund pro Stunde. Nachwuchsärzte haben demnach laut BMA seit 2008 real 26 Prozent ihres Gehalts verloren. Die Regierung wies die Forderungen als unbezahlbar zurück. Gesundheitsminister Steve Barley hatte eigenen Angaben zufolge für März auf den offiziellen Beginn der Tarifverhandlungen gehofft, nannte die Lohnforderung jedoch "unvernünftig". Sie hätten für einige Ärzte eine Gehaltserhöhung um 20.000 Pfund (knapp 23.000 Euro) pro Jahr zur Folge. Die Gewerkschaft müsse "erheblich" von ihrer Position abrücken und die Streiks absagen, damit "wir die vertraulichen Gespräche wieder aufnehmen können", erklärte Barley weiter.  Der National Health Service (NHS) ist in Großbritannien staatlich organisiert und wird im Gegensatz etwa zum deutschen Gesundheitssystem aus Steuermitteln finanziert. Streiks in mehreren Branchen Im März hatten Tausende Ärztinnen und Ärzte in Großbritannien drei Tage lang gestreikt. In Großbritannien wird seit Monaten in zahlreichen Branchen gestreikt, meist geht es den Beschäftigten angesichts der hohen Inflation und gestiegener Energiepreise um kräftige Lohnerhöhungen. Betroffen sind neben dem Gesundheitssektor unter anderem auch die Bahn, die Post und die Grenzpolizei. In der vergangenen Woche hatte Barclay sich mit Gewerkschaften aus dem Gesundheitssektor auf eine Gehaltserhöhung von fünf Prozent geeinigt. Derzeit läuft diesbezüglich eine Urabstimmung der Mitglieder. Die Einigung gilt jedoch nicht für Nachwuchsärzte, die etwa die Hälfte aller Mediziner im Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) ausmachen. Der jüngste Streik findet nur in England statt und betrifft nicht die übrigen Teile des Vereinigten Königreichs.
/ausland/aerzte-england-streik-101.html
2023-04-11
Militär in Myanmar tötet mindestens 50 Zivilisten
Luftangriff auf Gegner
Die Region Sagaing im Nordwesten Myanmars gilt als Hochburg des Widerstands gegen die Militärjunta. Die Streitkräfte sollen dort bei einem Luftangriff zahlreiche Menschen getötet haben. mehr
Die Region Sagaing im Nordwesten Myanmars gilt als Hochburg des Widerstands gegen die Militärjunta. Die Streitkräfte sollen dort bei einem Luftangriff zahlreiche Menschen getötet haben. Das Militär in Myanmar hat bei einem Luftangriff offenbar mindestens 50 Zivilistinnen und Zivilisten getötet. Das berichten mehrere Medien, darunter die BBC. Andere Medien sprechen von mehr als 100 Toten. Unter den Opfern sollen auch Kinder sein. Flugzeuge hätten in der Region Sagaing zwei Bomben über einer Gemeinde abgeworfen, als dort eine Eröffnungszeremonie für ein neues Büro der Junta-feindlichen Volksverteidigungskräfte abgehalten worden sei, heißt es weiter. Im Anschluss soll aus einem Hubschrauber heraus auf die Menschen geschossen worden sein. Myanmar befindet sich seit dem Putsch im Krisenmodus Im Februar 2021 hatte sich das Militär in Myanmar an die Macht geputscht. Die demokratisch gewählte Regierung war gestürzt und deren faktische Chefin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi abgesetzt worden. Sie wurde wegen mehrerer angeblicher Vergehen zu 33 Jahren Gefängnis verurteilt. In der Region Sagaing ist der Widerstand gegen die Militärjunta besonders groß. Zuletzt war es dort zu heftigen Kämpfen zwischen dem Militär und gegnerischen Gruppierungen gekommen. Militär geht brutal gegen seine Gegner vor Proteste von Bürgerinnen und Bürgern sowie von bewaffneten Milizen werden vom Militär brutal niedergeschlagen. Seit dem Putsch sind Tausende Menschen in dem südostasiatischen Land getötet, mehr als 20.000 inhaftiert und etwa 1,5 Millionen vertrieben worden. Im vergangenen Oktober waren bei einem Luftangriff auf ein Konzert im Norden Myanmars 80 Menschen getötet worden.
/ausland/myanmar-angriff-militaer-101.html
2023-04-11
Warum die Leaks so heikel sind
US-Geheimpapiere
Die Aufregung um veröffentlichte geheime US-Dokumente ist groß - auch weil sie den Krieg gegen die Ukraine betreffen. Die USA untersuchen den Fall, Kiew spricht von Fälschungen. Aber was genau wurde öffentlich? Und was sind die Folgen? mehr
Die Aufregung um veröffentlichte geheime US-Dokumente ist groß - auch weil sie den Krieg gegen die Ukraine betreffen. Die USA untersuchen den Fall, Kiew spricht von Fälschungen. Aber was genau wurde öffentlich? Und was sind die Folgen? Was genau steht in den Veröffentlichungen? Es handelt sich um mehrere Dutzend geheime Dokumente, die übereinstimmenden Berichten zufolge Informationen zu mehreren Staaten und Institutionen beinhalten. Besonders brisant erscheinen die Informationen zu Russlands Krieg gegen die Ukraine. Die Leaks enthalten Angaben zu Plänen der NATO und der USA. Unter anderem geht es darum, wie das ukrainische Militär auf eine bevorstehende Frühlingsoffensive vorbereitet und bewaffnet werden soll. Zudem seien Details zu Anzahl und Art geplanter Waffenlieferungen sowie die voraussichtlichen Lieferdaten vermerkt, hieß es. Auch benennen sie angebliche Schwächen der ukrainischen Flugabwehr. Ferner zeigen sie Landkarten, auf denen der Frontverlauf eingezeichnet ist und Standorte russischer und ukrainischer Truppenverbände und deren Mannschaftsstärken. Einige der als "geheim" gekennzeichneten Schriftstücke stammten vom Februar und März, wie das Nachrichtenportal "Politico" berichtete. Die Dokumente zeigen ferner, dass die USA auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ausspioniert haben. Analysen und Informationen zu anderen Ländern, wie zum Beispiel China, Nordkorea, Iran, Ägypten oder Israel sowie zur UN und der Internationalen Atomenergieagentur IAEA seien ebenfalls in den Dokumenten enthalten, schrieb die Zeitung "Washington Post". Auch sei teilweise zu erkennen, mit welchen Methoden die US-Geheimdienste die Informationen gesammelt hätten und wer die Quellen seien. Die Unterlagen stammten offensichtlich von verschiedenen US-Geheimdiensten und sogar vom Oberkommando der US-Streitkräfte, berichtete das "Wall Street Journal". Es scheine sich um Briefing-Unterlagen zu handeln, hieß es. Wo wurden die Dokumente veröffentlicht? Laut dem Investigativ-Netzwerk "Bellingcat" tauchten die Dokumente zuerst auf der bei Gamern beliebten Plattform für Videospiele Discord auf - unter anderem in Kanälen, in denen es um das Computerspiel "Minecraft" und einen YouTube-Star von den Philippinen ging. Von dort hätten sich die Dokumente in dem Netzwerk 4chan und von dort auf Telegram und Twitter weiterverbreitet. Zum Teil handelt es sich um Fotografien von Ausdrucken geheimer Dokumente. Sind die Dokumente echt? Hier gehen die Meinungen auseinander. Der US-amerikanische Experte für Cybersicherheit, Thomas Rid, vertrat im Deutschlandfunk die Ansicht, die veröffentlichten Dokumente sähen "absolut echt" aus - wie "geschliffene Endprodukte der Nachrichtendienste". Rid verglich sie mit Kurzberichten "für Entscheider". Der Experte Aric Toler vom Investigativ-Netzwerk "Bellingcat" hält einige Dokumente für echt, andere seien im Nachhinein manipuliert worden. Ein Teil der Fälschungen soll Angaben zu den Verlusten der ukrainischen Armee betreffen. Diese werden dort als deutlich höher angegeben als die Verluste der russischen Armee. Dies wird von Experten aber stark bezweifelt. Offizielle Angaben zu den Verlustzahlen gibt es nur sehr selten. Der US-Sender CNN berichtete, Regierungsmitarbeiter hätten die Echtheit der Unterlagen bestätigt. Die südkoreanische Regierung erklärte einen Großteil der Dokumente für "konstruiert". In den das Land betreffenden Unterlagen geht es um die Frage, ob in Südkorea gefertigte Waffen von den USA an die Ukraine geliefert werden. Wie reagieren die betroffenen Staaten? Die US-Behörden scheinen die Sache sehr ernst zu nehmen. Das US-Verteidigungsministerium wertete die Veröffentlichung als "sehr hohes Risiko für die nationale Sicherheit". Das Pentagon untersuche die Vorfälle, hieß es weiter. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates sprach von einem "Anlass zur Sorge". Oleksij Danilow, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der Ukraine bestritt gegenüber der ARD, dass sein Land wegen der Veröffentlichung militärische Pläne geändert habe. Über den Beginn der geplanten Gegenoffensive werde im allerletzten Moment entschieden, es entspreche nicht der Realität, dass es nur eine Option für die ukrainische Armee gebe, sagte Danilow. Mychajlo Podoljak, Berater des Präsidentenbüros, bezeichnete die Veröffentlichung als "gewöhnliches Geheimdienstspiel". Die russischen Geheimdienste hätten die Dokumente selbst erstellt mit dem Ziel, unter den Verbündeten der Ukraine Zweifel und Zwietracht zu säen und von den nächsten Etappen im Krieg abzulenken. Hinter den Kulissen aber herrscht offenbar tiefe Verärgerung in Kiew wegen der veröffentlichten Daten, berichtete CNN unter Berufung auf das Umfeld von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Russland hingegen sieht durch die Berichte in den USA einmal mehr die Verwicklung Washingtons im Konflikt in der Ukraine bestätigt. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, die "Leaks sind einigermaßen interessant", sie würden jetzt von allen analysiert. Wer könnte hinter dem Datenleck stecken? Unklar ist, wer die Dokumente veröffentlicht hat. Der Maulwurf wird jetzt fieberhaft gesucht. Die Ermittlungen richteten sich zuallererst nach innen, berichtete CNN unter Berufung auf Regierungskreise. Hunderte, vielleicht Tausende Mitarbeiter und Außenstehende mit der entsprechenden Sicherheitsstufe hätten Zugang gehabt, sagte ein Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums der "Washington Post". Cyber-Experte Rid verwies im Deutschlandfunk darauf, dass die abfotografierten Dokumente zum Teil gefaltet gewesen seien, zudem würden die Fotografien weitere Details über die räumliche Umgebung der Dokumente zeigen. Dies wirke so, als habe sich der Fotografierer nicht viele Gedanken über die Sicherheit gemacht - möglicherweise handele es sich um eine "Panne", also nicht um ein gezieltes Leak eines Nachrichtendienstes. Kremlsprecher Peskow bestritt, dass Russland etwas mit der Veröffentlichung zu tun habe. Wie könnte sich das Datenleck auswirken? Die Dokumente könnten den USA, aber auch der Ukraine gleich in mehrfacher Hinsicht schaden. Zum einen gibt es den ausspionierten Staaten Hinweise darauf, wie weit die US-Nachrichtendienste in die Kommunikation der belauschten Staaten eingedrungen sind. Das versetzt sie zugleich in die Lage, etwaige Lücken aufzuspüren und diese gegebenenfalls zu schließen. Dadurch könnten auch US-Informanten in den russischen Reihen gefährdet werden. Dmitri Alperovitch, Vorstand der Denkfabrik Silverado Policy Accelerator, sagte der "Washington Post", hinsichtlich des Krieges gegen die Ukraine könnten die Leaks Moskau wertvolle Informationen liefern, auch wenn sie schon einige Wochen alt seien. Sie enthielten zwar keine konkreten Schlachtpläne, doch zeigten sie Art und Menge der westlichen Waffen, die auf den Schlachtfeldern der Ukraine angekommen seien, wie viele Soldaten sie bedienen müssten und wie sich die Ukraine gegen russische Angriffe verteidigen wolle. Nach Ansicht von Cyber-Experte Rid weist das Leck auf ein weiteres Problem der USA hin. Die Größe der US-Nachrichtendienste führe dazu, dass eine hohe Zahl von Mitarbeitern Zugang zu sensiblen Informationen hätten. Das sei ein "grundsätzliches Problem", das nicht entschlossen genug angegangen werde. Die Folge sei ein erneutes Datenleck - nach den Leaks von Edward Snowden und Chelsea Manning. Würde dies anderen Staaten unterlaufen, hätten die USA gewiss aufgehört, Informationen mit den Nachrichtendiensten dieser Länder zu teilen. Was bedeuten die Leaks für die Partner der USA? Wie aus den Unterlagen hervorgeht, spionierten die US-Dienste auch in den Reihen der eigenen Verbündeten. Das könnte für Verstimmungen zwischen den Alliierten sorgen - so wie dies bereits nach dem Leak von Snowden zur Belauschung von Verbündeten durch die National Security Agency der USA der Fall war. Damals erklärte auch die vormalige Bundeskanzlerin Angela Merkel, deren Handy abgehört worden war: "Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht." Insbesondere Israel dürfte verärgert sein, weil aus den geleakten Dokumenten hervorgeht, dass führende Mitarbeiter des israelischen Geheimdiensts Mossad für Proteste im Inland gegen die Justizreform der israelischen Regierung plädiert haben sollen. Auch werfen die Veröffentlichungen neue Fragen darüber auf, wie sicher Geheimdienstinformationen sind, die andere Länder an die USA weiterleiteten, hieß es mit Blick auf den weitreichenden Austausch von geheimen Informationen zwischen den sogenannten Five-Eyes-Staaten USA, Großbritannien, Australien, Neuseeland und Kanada.
/ausland/usa-leaks-103.html
2023-04-11
Rechtsextreme unterwandern Kinderspiele
Online-Gaming
Über Nazi-Memes lachen, Attentate nachspielen und sich auf diesem Wege radikalisieren: Junge Spieler von Online-Games wie Roblox laufen Gefahr, in rechtsextreme Strukturen abzurutschen, zeigt eine SWR-Recherche. mehr
Über Nazi-Memes lachen, Attentate nachspielen und sich auf diesem Wege radikalisieren: Junge Spieler von Online-Games wie Roblox laufen Gefahr, in rechtsextreme Strukturen abzurutschen, zeigt eine SWR-Recherche. Auf Online-Spieleplattformen versuchen Rechtsextreme, Kinder und Jugendliche zu radikalisieren. Nach Recherchen des SWR-Investigativformats Vollbild sollen sie dort gezielt Minderjährige ansprechen, um sie in Gruppen und Chats einzuladen, in denen Hakenkreuze, Anleitungen zum Bombenbau oder rassistische Memes geteilt werden. Das Bundesinnenministerium erklärte auf Anfrage, es beobachte, dass sich rechtsextremistische Akteure gezielt online vernetzten, um neue Mitglieder anzuwerben. Dabei machten sie sich auch beliebte Gaming-Plattformen zunutze. Eine dieser Spieleplattformen ist Roblox. Täglich treffen sich dort nach Unternehmensangaben fast 60 Millionen Spielerinnen und Spieler aus aller Welt, davon mehr als 16 Millionen aus Europa. Bei Kindern und Jugendlichen ist die Spieleplattform besonders beliebt. Auf Roblox können User nicht nur die Games anderer spielen, sondern auch eigene Spielwelten entwerfen. Außerdem können sie mit anderen Nutzerinnen und Nutzern chatten, Gruppen beitreten sowie eine individuelle Spielfigur gestalten. Laut Bundesinnenministerium ermöglicht diese gestalterische Freiheit aber auch, dass rechtsextremistische Inhalte verbreitet werden. Terroranschläge nachspielen So fand Vollbild Spielewelten auf Roblox, in denen Terroranschläge nachgespielt werden konnten, beispielsweise der Anschlag auf die Synagoge in Halle, bei dem 2019 ein rechtsextremer Attentäter zwei Menschen ermordete. Auch das rassistisch motivierte Attentat auf einen Supermarkt in Buffalo (USA) im vergangenen Jahr, bei dem zehn Menschen getötet wurden, konnte auf Roblox nachgespielt werden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz teilte auf Anfrage mit, ihm seien vergleichbare Spielewelten auf Roblox bekannt. Da man in Chats von Onlinegames häufig nicht telefonieren oder Bilder austauschen kann, kommunizieren Gamerinnen und Gamer oft über andere Kanäle. Einer der beliebtesten dieser Kanäle ist der Online-Dienst Discord. Mit nur wenigen Klicks gelangen Spielerinnen und Spieler von Roblox auf die entsprechenden Discord-Server, auf denen sie miteinander chatten, sprechen oder Bilder und Videos teilen können. Auch hier konnte Vollbild zahlreiche Naziparolen, Hakenkreuze und eine Anleitung zum Bombenbau finden. Angeklagt wegen Terrorverdacht Ein junger Mann, der in der Presse als Lukas F. bekannt ist, muss sich derzeit vor dem Landgericht Potsdam verantworten. Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg wirft dem zur Zeit seiner Verhaftung noch minderjährigen Angeklagten unter anderem vor, eine schwere staatsgefährdende Straftat vorbereitet zu haben. Demzufolge soll er geplant haben, einen rechtsextremistisch motivierten Anschlag zu begehen, "nachdem er sich zuvor in mehreren Chat-Kanälen mit Gleichgesinnten ausgetauscht hatte", so die Generalstaatsanwaltschaft. Außerdem soll er sich im Internet über den Bau einer Bombe informiert und erforderliche Materialien besorgt sowie mindestens vier Sprengkörper auf einem verlassenen Kasernengelände getestet haben. Nach Recherchen von Vollbild war Lukas F. zudem Mitglied der Chatgruppe "Totenwaffen-Division", die einer rechtsextremen Terrorzelle anmutet. Dort wurden auch Propagandaplakate mit Todeslisten gepostet. Seine radikale Onlinewelt habe sich auch auf Roblox und Discord abgespielt, sagt der Rechtsextremismus-Experte Miro Dittrich. Dittrich beobachtete lange die Gruppe um Lukas F. und sammelte Chatverläufe. In einem Telegram-Chat der "Totenwaffen-Division", der der Redaktion vorliegt, schreibt ein Mitglied: "Before we did real shit, we did Roblox shit" (deutsch: "Bevor wir richtigen Scheiß gemacht haben, haben wir Roblox-Scheiß gemacht"). In einem exklusiven Gespräch mit Vollbild berichtete der Vater des Angeklagten von der angeblichen Hilflosigkeit der Eltern gegenüber der Radikalisierung ihres Sohnes: "Man kann zwar Sachen verbieten und irgendwelche Sperren einbauen - das haben wir alles versucht - aber die sind einfach schlauer. Sie umgehen das alles." Er habe gesehen, dass sein Sohn online auf Roblox Uniformen mit einem Hakenkreuz baute: "Das sah irgendwie total fanatisch aus, diese Welten, die sie sich dort erschaffen haben. Das waren alles Uniformen aus dem Dritten Reich." Terrorverdächtige immer jünger Behörden beobachten, dass Online-Games für rechtsextreme Radikalisierung eine zunehmend größere Rolle spielen. Daniel Köhler von Konex, einer Initiative des Landeskriminalamts Baden-Württemberg gegen Extremismus, berichtet von zwei Kindern, die sich unter anderem auf Roblox radikalisiert haben sollen. "Sie haben in der Schule den Hitlergruß durchgeführt und entsprechende Codes und Symbole wie das Hakenkreuz in WhatsApp-Gruppen geteilt." Sie hätten sich zudem erkundigt, wie man an Waffen rankommt, so Köhler. Auch ein aktueller Trendreport von Europol belegt, dass Verdächtige in europäischen Terrorismusermittlungen immer jünger werden. Auf Anfrage teilte Roblox mit, dass es über ein großes, weltweites Moderationsteam sowie technische Filter verfüge, die extremistische Inhalte und bestimmte Wörter erkennen und von der Plattform entfernen sollen. Roblox räumte Vollbild gegenüber ein: "Wir sind uns auch darüber im Klaren, dass immer noch viel zu tun ist, da extremistische Gruppen auf eine Vielzahl von Taktiken zurückgreifen, um die Regeln auf allen Plattformen zu umgehen". Auf Nachfrage von Vollbild hin löschte Roblox einige der gemeldeten Inhalte, darunter auch eine Spielwelt, in der man als Soldat der Wehrmacht beitreten konnte. Auch Discord schrieb, es ergreife sofortige Maßnahmen, sobald es auf extremistische Inhalte aufmerksam werde, "einschließlich der Sperrung von Nutzern sowie der Schließung von Servern". Allerdings blieben sowohl die User als auch die Server, auf denen die Anleitung zum Bombenbau sowie die rechtsextremen Memes erschienen sind, bis Redaktionsschluss weiterhin online.
/investigativ/report-mainz/vollbild-online-spiele-rechtsextreme-101.html
2023-04-11
Sechs Tote nach Schüssen in Louisville
US-Bundesstaat Kentucky
Kein Tag in den USA vergeht ohne Waffengewalt. Nun ist es in einer Bank im US-Bundesstaat Kentucky passiert: Ein 25 Jahre alter Schütze eröffnete das Feuer und tötete fünf Menschen, ehe er in einem Schusswechsel mit der Polizei starb. mehr
Kein Tag in den USA vergeht ohne Waffengewalt. Nun ist es in einer Bank im US-Bundesstaat Kentucky passiert: Ein 25 Jahre alter Schütze eröffnete das Feuer und tötete fünf Menschen, ehe er in einem Schusswechsel mit der Polizei starb. In einer Bank im US-Bundesstaat Kentucky hat ein 25 Jahre alter Mann mit einem Gewehr um sich geschossen, fünf Menschen getötet und acht weitere verletzt. Wie die Polizei mitteilte, starb der Schütze nach einem Schusswechsel mit der Polizei am Tatort. Der Mann war den Angaben zufolge bei der Bank in Louisville beschäftigt gewesen. Seinen Angriff am Montagvormittag filmte er und übertrug ihn live ins Internet, wie die Chefin der örtlichen Polizei, Jacquelyn Gwinn-Villaroel, mitteilte. Die Polizei sei aber optimistisch, das Filmmaterial offline nehmen zu können. Der Facebook-Mutterkonzern Meta teilte mit, der Stream sei schnell offline gestellt worden. Der Vize-Polizeichef von Louisville, Paul Humphrey, sagte, Beamte seien bereits wenige Minuten nach dem Notruf am Tatort angekommen und seien dort auf den Schützen getroffen, der zu dem Zeitpunkt noch um sich gefeuert habe. Bei dem Schusswechsel mit ihm seien zwei Beamte verletzt worden. Die Beamten hätten "rechtzeitig und schnell reagiert, und wir haben die Bedrohung gestoppt, sodass keine weiteren Opfer zu beklagen waren", sagte Gwinn-Villaroel. Unklar blieb zunächst, ob der Täter von der Polizei getötet wurde oder sich selbst erschoss. Enger Freund des Gouverneurs unter den Todesopfern Bei den getöteten Opfern handelt es sich laut Polizei um Männer und Frauen im Alter zwischen 40 und 64 Jahren. Eine schwer verletzte Frau starb im Krankenhaus, zwei weitere der acht Verletzten befanden sich den Angaben zufolge in kritischem Zustand. Der Gouverneur von Kentucky, Andy Beshear, sagte, er habe bei der Attacke selbst einen seiner engsten Freunde verloren. "Er ist einer der Menschen, mit denen ich am meisten gesprochen habe, und sehr selten haben wir über meinen Job gesprochen. Er war ein unglaublicher Freund", sagte der Gouverneur über den Getöteten. Polizist erleidet Kopfschuss Polizeichefin Gwinn-Villaroel sagte, ein Schwerverletzter sei ein Polizist, dem während der Konfrontation mit dem Schützen in den Kopf geschossen worden sei. Es handle sich um einen 26 Jahre alten Mann, der erst kürzlich die Polizeiausbildung abgeschlossen habe. "Er befindet sich in einem kritischen, aber stabilen Zustand", sagte sie. Die Vereinigten Staaten sind seit Langem mit einem gewaltigen Ausmaß an Waffengewalt konfrontiert. Amokläufe und tödliche Schießereien gehören zum Alltag. Größere Attacken dieser Art führen regelmäßig zu Diskussionen über eine Verschärfung des Waffenrechts - bislang aber ohne jeden Erfolg. Schusswaffen sind in den USA leicht erhältlich. Biden fordert erneut Verschärfung der Waffengesetze US-Präsident Joe Biden forderte nach den Schüssen vom Montag einmal mehr eine Verschärfung der Waffengesetze im Land. "Zu viele Amerikaner bezahlen für den Preis der Untätigkeit mit ihrem Leben", teilte er mit. "Wann werden die Republikaner im Kongress handeln, um unsere Gemeinden zu schützen?" Bemühungen um schärfere Waffengesetze laufen seit vielen Jahren ins Leere - vor allem, weil Republikaner dagegen sind. Zudem bekämpft die Waffenlobby, allen voran die mächtige National Rifle Association, vehement jeden Versuch, Waffenbesitz stärker zu regulieren.
/ausland/amerika/louisville-schuesse-bank-101.html
2023-04-11
Elektronischer Musterungsbescheid erlaubt
Beschluss der russischen Duma
Abschied vom Einschreiben: Das russische Parlament hat die Zustellung eines Musterungsbescheids für die Armee auf elektronischem Weg zugelassen. Gleichzeitig wurden mögliche Strafen verschärft. Von Christina Nagel.
Abschied vom Einschreiben: Das russische Parlament hat die Zustellung eines Musterungsbescheids für die Armee auf elektronischem Weg zugelassen. Gleichzeitig wurden mögliche Strafen verschärft. 394 Ja-Stimmen, keine Gegenstimme, eine Enthaltung: Die Abgeordneten des russischen Unterhauses haben damit die Weichen für eine Gesetzesänderung gestellt, die vor allem junge Männer umtreibt. Denn die Behörden werden es künftig deutlich einfacher haben, auf Wehrpflichtige zuzugreifen. Unabhängig davon, ob es um den regulären Wehrdienst geht. Oder um eine Mobilisierung. Ausreisesperre ab Zustellung gültig Musste bisher ein Musterungsbescheid per Einschreiben dem Betroffenen direkt zugestellt oder aber über seinen Arbeitgeber weitergeleitet werden, seien künftig zusätzlich auch elektronische Aufforderungen möglich, erklärte der Leiter des Verteidigungsausschusses, Andrej Kartapolow. Elektronische Bescheide gelten ab dem Zeitpunkt ihrer Zustellung im persönlichen Profil eines Bürgers im entsprechenden Portal als zugestellt. Schriftliche Vorladungen gelten hingegen ab dem Zeitpunkt ihrer Zustellung und Aushändigung gegen Unterschrift, aber auch bei Verweigerung des Empfangs. Ab diesem Moment unterliegt der Betroffene künftig einer Ausreisesperre. Empfindliche Strafen bei Nicht-Befolgung Reagiert ein Wehrpflichtiger über einen längeren Zeitraum nicht auf entsprechende Melde-Aufforderungen, können die Behörden weitere Maßnahmen ergreifen, so Kartapolow. "Zu den restriktiven Maßnahmen gehören Fahrverbote, das Verbot, Fahrzeuge zuzulassen, Unternehmen oder Selbstständigkeit zu registrieren, ein Verbot Immobilien oder Grundstücke eintragen zu lassen sowie Darlehen oder Kredite aufzunehmen." Regional können weitere Beschränkungen erlassen werden. Möglich sind zum Beispiel Kürzungen von Sozialleistungen. Massive Einschnitte und Beschränkungen, die aus Sicht Kartapolows gerechtfertigt sind. Schließlich gehe es um Recht und Gerechtigkeit, "denn der Dienst in den Streitkräften ist die heilige Pflicht eines jeden Bürgers, eine verfassungsrechtlich verankerte Ehrenpflicht." Dieser Pflicht nachzukommen, pries Kartapolow den Gesetzentwurf an, werde künftig deutlich leichter. Da Wehrpflichtige nun ihre Daten auf elektronischem Wege auf dem aktuellsten Stand halten könnten.   Sorge vor weiterer Mobilisierung Während der ersten Teilmobilisierung war aufgefallen, dass viele Daten veraltet waren. Männer, die hätten mobilisiert werden sollen, waren nicht auffindbar. Das soll sich nun - mit Hilfe eines aktualisierten Registers, das die Betroffenen selbst in die Pflicht nimmt - ändern. Das aber heiße nicht, dass nun eine zweite Mobilisierungswelle bevorstehe, betonten die Autoren der Gesetzesänderung. Die Sorge, dass genau das passieren könnte, ist jedoch groß. Vor allem angesichts des Tempos, das die Gesetzgeber an den Tag legen. Schon morgen könnte das russische Oberhaus, der Föderationsrat, über die Gesetzesänderung abstimmen. Dann fehlt nur noch die Unterschrift des Präsidenten.
/ausland/europa/russland-wehrpflicht-gesetz-101.html
2023-04-11
"Putin ist bereits eine politische Leiche"
Selenskyj-Berater im Interview
Zu einer großen Offensive sei Russland nicht in der Lage, so der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats der Ukraine, Danilow, im ARD-Interview. Und er geht davon aus, dass Putin auch nicht auf die Unterstützung Chinas setzen kann. Von V. Golod.
Zu einer großen Offensive sei Russland nicht in der Lage, so der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats der Ukraine, Danilow, im ARD-Interview. Und er geht davon aus, dass Putin auch nicht auf die Unterstützung Chinas setzen kann. Olexij Danilow ist seit Oktober 2019 Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine. Dass auf dem Besprechungstisch in seinem Büro ausgerechnet ein Schachbrett steht, gleicht einem Klischee.  Nach den Regeln des Schachspiels machen die weißen Figuren den ersten Zug. Doch auf Danilows Brett wurde zuerst ein schwarzer Bauer auf f5 gesetzt. "Dieser Zug steht symbolisch für die veränderte Weltordnung", sagt er nüchtern. "Früher gab es klare Regeln, doch seit dem 24. Februar 2022 ist alles anders." Militär wünscht sich mehr Waffen Danilow stammt aus der Region Luhansk, die fast vollständig von Russland besetzt ist. Auf einem großen Monitor analysiert er die aktuellen Entwicklungen entlang der Frontlinie. Über eine sichere Leitung tauscht er sich regelmäßig mit Generälen aus. Der Oberkommandierende der ukrainischen Streitkräfte, Walerij Saluschnyj, hat im Dezember eine Liste veröffentlicht. Darin steht, welches militärische Gerät die Ukraine braucht. Der Westen hat zwar viele neue Waffen geliefert, bleibt aber unter den Zahlen, die Saluschnyj als notwendig erachtet hat. "Diese Verhandlungen setzen voraus, dass wir kapitulieren" "Wenn Sie mit den Militärs sprechen, werden Sie von ihnen nie das Wort 'genug' hören", sagt Danilow. Doch auch er würde sich mit Blick auf die geplante Gegenoffensive mehr Militärtechnik wünschen. "Was die Anzahl der Lieferungen betrifft: Natürlich würden wir gerne sehen, dass sie um das Zwei- oder Dreifache steigen." Ein Fokus auf Diplomatie ist für Danilow in der gegenwärtigen Lage keine Option. "Diese Verhandlungen setzen voraus, dass wir kapitulieren", sagt der 60-Jährige. Die ukrainische Zivilgesellschaft würde keine Verhandlungen akzeptieren, die den nationalen Interessen entgegenstehen.  Kampf um Bachmut: "Kein General hat widersprochen" Die Stadt Bachmut steht seit Monaten symbolisch für die ukrainische Widerstandskraft gegen die russische Aggression. Die Ukraine hat hier die russischen Truppen erheblich geschwächt, den russischen Vormarsch weitgehend aufgehalten. Trotz hoher Verluste in den eigenen Reihen will die Ukraine die Stadt weiter nicht aufgeben. Militär und Regierung würden sich in dieser Frage regelmäßig abstimmen. In der Öffentlichkeit war dabei von Meinungsverschiedenheiten die Rede. "Nicht ein einziges Mal hat auch nur ein einziger General in Bezug auf die Entscheidungen zu Bachmut widersprochen", sagt Danilow entschieden. "Wenn wir eine Stadt nach der anderen, einen Ort nach dem anderen aufgeben würden, säßen wir heute nicht hier, sondern entweder im Exil oder irgendwo an der Westgrenze." Die Ukraine könne ihr Land nicht aufgeben: "Dies ist unser Land, wir müssen es verteidigen." "Russland wird zusammenbrechen" Dass Länder wie Deutschland und Frankreich nach anfänglichem Zögern die Ukraine umfassend militärisch unterstützen, erkennt der sicherheitspolitische Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj dankend an. Doch der Westen würde seiner Ansicht nach noch immer einen großen Fehler machen. "Er erkennt nicht, dass Russland beginnt zu zerfallen. Der Zerfall Russlands hat bereits begonnen und Putin hat ihn eingeleitet. Er hat den aktiven Teil des Zerfalls am 24. Februar 2022 begonnen. Russland wird zusammenbrechen", meint Danilow. Der Westen müsse sich auf eine Zeit nach dem derzeitigen russischen Präsidenten Wladimir Putin vorbereiten. Zugespitzte Thesen, die den Feind diskreditieren, gehören in Kriegszeiten zu seinem Jobprofil. Vor allem, um die Moral im eigenen Land hochzuhalten. Danilow wird gerne zitiert, weil er gezielte Verbalattacken beherrscht. "Putin ist bereits eine gespielte Karte, er ist bereits eine politische Leiche. Wann er zu einer physischen Leiche wird, ist nur noch eine Frage von kurzer Dauer", sagt Danilow. Russland nicht stark genug für erneute Offensive Überhaupt lebe Putin in einem alten Paradigma. Beeinflusst von sowjetischen Filmen kündige er Dinge an, die nach Ansicht von Danilow nicht der Realität entsprechen. "1600 Panzer - das sind Träume", sagt Danilow. "Vielleicht schaffen sie es tatsächlich in fünf Jahren, aber sicher nicht in einem Jahr." Außerdem stehe Russland unter Sanktionsdruck und werde das jeden Tag "mehr und mehr spüren". Der Sekretär des ukrainischen Sicherheitsrats geht aktuell nicht von weiteren russischen Offensiven aus: Wir wissen, was Russland heute an militärischen Komponenten hat - und das ist definitiv nicht genug für eine groß angelegte Offensive auf dem Territorium der Ukraine. Denn sie haben nicht damit gerechnet, mehr als ein Jahr lang in aktive militärische Operationen verwickelt zu sein. "China wird es nicht wagen, Russland zu beliefern" Um weiterzumachen, sei Russland abhängig von Unterstützern wie dem Iran. Doch die Zahl russischer Verbündeter auf der Welt sei überschaubar. China zähle nicht dazu, ist Danilow überzeugt und bedient wieder die Metapher des Schachspiels. "China spielt kein Schach. Die überwiegende Mehrheit der Chinesen spielt Go, das ist ein völlig anderes Spiel. Das Ergebnis dieses Spiels ist die Eroberung von Territorien", sagt Danilow. "Ich glaube nicht, dass China es wagen wird, Russland direkt mit Waffen zu beliefern." Vielmehr würde sich der russische Präsident Putin aktuell an jeden Strohhalm klammern. Und vor allem versuchen, sich selbst zu retten, während der chinesische Präsident Xi bei seinem Besuch in Moskau bereits nach Putins Nachfolger Ausschau gehalten habe. "Xi hat bereits ein gewisses Casting durchgeführt. Er hat sich Premierminister Mischustin sehr genau angesehen." Michail Mischustin sei seiner Meinung nach eine der Optionen für die Nachfolge. Entscheidung über Gegenoffensive im "allerletzten Moment" Der Sekretär des ukrainischen Sicherheitsrats betont, dass über den Beginn der geplanten ukrainischen Gegenoffensive der Stab des Oberbefehlshabers im allerletzten Moment entscheiden werde. "Wenn jemand glaubt, dass wir nur eine Option haben, dann entspricht das nicht der Realität. Sogar drei Optionen wären nicht viel", sagt Danilow.
/ausland/europa/ukraine-danilow-101.html
2023-04-11
Ungarn setzt weiter auf russisches Gas
Neues Energieabkommen
Ungarn will mehr Erdgas aus Russland importieren: Das EU-Land hat in Moskau neue Verträge über zusätzliche Lieferungen abgeschlossen. Ein Sprecher von Ministerpräsident Orban warnte die EU, das Abkommen zu untersagen. mehr
Ungarn will mehr Erdgas aus Russland importieren: Das EU-Land hat in Moskau neue Verträge über zusätzliche Lieferungen abgeschlossen. Ein Sprecher des ungarischen Ministerpräsidenten Orban warnte die EU, das Zusatzabkommen zu untersagen. Ungarn hält trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine an Handelsbeziehungen zu Moskau fest. Das Land vereinbarte neue Verträge zur Energiekooperation mit Russland. Ungarns Außenminister Peter Szijjarto erklärte in Moskau, er habe sich mit Russland darauf geeinigt, dass der Energieriese Gazprom zusätzliches Gas über die in einem langfristigen Abkommen vereinbarten Mengen hinaus liefern könne. Der russische Konzern bestätigte dies und ergänzte, möglich wäre in diesem Zusammenhang zudem ein Zahlungsaufschub. 15-Jahres-Vertrag mit Russland seit 2021 Der Preis für das Gas, das Ungarn über die Turkstream-Pipeline beziehen werde, sei auf 150 Euro pro Kubikmeter gedeckelt, sagte Szijjarto. Der Außenminister betonte, der Zugang zu russischen Energielieferungen sei für die Sicherheit Ungarns von entscheidender Bedeutung - unabhängig von politischen Erwägungen im Zusammenhang mit dem Krieg. Das EU- und NATO-Land Ungarn bezieht 80 bis 85 Prozent seines Erdgases aus Russland und erhielt 2022 nach Angaben von Szijjarto von dort zudem 80 Prozent seiner Rohölimporte. Seit 2021 besteht ein 15-Jahres-Vertrag, der dem Land 4,5 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr aus Russland sichert. Eine Warnung an die EU Szijjartos Reise nach Moskau war für einen Regierungsvertreter aus einem EU-Land ungewöhnlich. Die Regierungen der meisten EU-Mitglieder haben sich wegen des Ukraine-Einmarschs vom russischen Präsidenten Wladimir Putin distanziert und versuchen, ihre Länder unabhängig von fossilen Brennstoffen aus Russland zu machen. Ein Sprecher des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban warnte die EU auf Twitter, das nun geschlossene Zusatzabkommen zu untersagen. Der nationalkonservative Regierungschef betont seit Jahren seine besonderen Beziehungen zu Russland. Putin spricht von steigenden Einnahmen Russlands Präsident Putin stimmte sein Land trotz westlicher Sanktionen auf steigende Einnahmen des Staates aus dem Öl- und Gasgeschäft ein. Bei einer im Fernsehen übertragenen Regierungssitzung lobte er die Widerstandsfähigkeit der heimischen Wirtschaft. Russlands Öl- und Gaseinnahmen seien im ersten Quartal 2023 zwar um rund 1,3 Billionen Rubel (etwa 14,5 Milliarden Euro) gesunken. Es werde jedoch erwartet, "dass sich die Lage vor dem Hintergrund steigender Ölpreise bis Ende des zweiten Quartals ändern wird. Zusätzliche Öl- und Gaseinnahmen werden in den Haushalt fließen", fügte Putin hinzu. IWF rechnet mit Wachstum für Russland Russland verzeichnete im ersten Quartal des Jahres ein Haushaltsdefizit von umgerechnet rund 26,6 Milliarden Euro. Dies ist hauptsächlich auf sinkende Einnahmen aus den wichtigen Energieexporten zurückzuführen, die wegen des Ukraine-Krieges westlichen Sanktionen unterliegen. Dennoch wird die russische Wirtschaft nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) spürbar wachsen - trotz der Strafmaßnahmen des Westens. Im Vergleich mit 2022 sind die Perspektiven für Russland damit deutlich besser. Im vergangenen Jahr war die russische Wirtschaft noch um 2,1 Prozent geschrumpft. Anmerkung der Redaktion: Ungarns Außenminister Szijjarto nannte in Moskau nach übereinstimmenden Medienberichten den Höchstpreis von 150 Euro pro Kubikmeter. Inzwischen melden mehrere ungarische Medien, dass jedoch 150 Euro pro Megawattstunde gemeint waren. Eine Megawattstunde entspricht in etwa 100 Kubikmetern Gas. Wir haben den Text entsprechend angepasst.
/ausland/europa/ungarn-russland-gas-abkommen-101.html
2023-04-11
Chatbot mit "sozialistischen Grundwerten"
Künstliche Intelligenz in China
Chinas Techriese Alibaba will im Geschäft mit Künstlicher Intelligenz mitmischen. Gleichzeitig bereitet Peking staatliche Auflagen vor. Aber auch im Westen müssen sich Regierungen fragen: Wie viel Regeln braucht die Technologie? Von A. Mannweiler. mehr
Chinas Techriese Alibaba will im Geschäft mit Künstlicher Intelligenz mitmischen. Gleichzeitig bereitet Peking staatliche Auflagen vor. Aber auch im Westen müssen sich Regierungen fragen: Wie viel Regeln braucht die Technologie? Für den chinesischen Internet-Riesen Alibaba war es eine große Ankündigung. Die Cloud-Sparte des Online-Handelskonzerns hat heute ein Konkurrenzangebot zum Textroboter ChatGPT vorgestellt: die Sprachsoftware "Tongyi Qianwen", was so viel wie "Wahrheit aus tausend Fragen" bedeutet, die ebenfalls Künstliche Intelligenz (KI) einsetzt. Doch nur kurz darauf dürfte die Freude der Entwickler einen kräftigen Dämpfer erhalten haben. Gleichzeitig veröffentlichte die chinesische Internet-Regulierungsbehörde, die "Cyberspace Administration of China", den ersten Entwurf geplanter Vorschriften für KI-Dienstleistungen. In 21 Punkten stellt die Behörde mögliche Auflagen vor, die bald auf die chinesischen Unternehmen und Entwickler von KI-Sprachmodellen zukommen könnten. So müssen die Inhalte nach dem Willen Pekings die "Grundwerte des Sozialismus" widerspiegeln. Zudem dürfen keine Informationen verbreitet werden, welche die wirtschaftliche und soziale Ordnung stören könnten. Auch soll bei der Entwicklung der Algorithmen darauf geachtet werden, Diskriminierung etwa aufgrund von Geschlecht oder Alter zu verhindern. Bot mit "Halluzinationen" Ein Problem für die Entwickler dürfte dabei auch die Regel darstellen, dass alle Inhalte wahrheitsgemäß sein sollen. Die Entwicklung von KI-Sprachmodellen befindet sich derzeit noch in einem frühen Stadium. In vielen Fällen arbeitet die Software noch ungenau und durchaus fehleranfällig. Ein peinlicher Irrtum unterlief etwa Google bei der Vorstellung seines Chatbots "Bard", der bei seinem ersten öffentlichen Auftritt eine falsche Antwort zum James-Webb-Teleskop gab. Alibabas Chatbot ist dagegen zunächst auf das Geschäftsleben ausgerichtet und soll etwa Dokumente oder E-Mails verfassen. Es bleibe jedoch abzuwarten, wie gut sich der Bot im Rennen mit der Konkurrenz schlage, sagt George Karapetyan, KI-Fachmann bei der Beratung LPA gegenüber tagesschau.de. "Ersten Anwenderberichten zufolge hatte Alibabas Bot außerdem bereits 'Halluzinationen', was letztlich bedeutet, dass er selbstbewusst falsche Antworten gibt." Die chinesische Regulierungsbehörde will solchen falschen Inhalten nun Einhalt gebieten. Bis zum 10. Mai dürfen zum Vorschriften-Katalog noch Kommentare und Vorschläge eingereicht werden. "Da die chinesische Regierung beginnt, zu regulieren und vorzuschreiben, was diese Bots sagen dürfen und was nicht, könnte dies eine zusätzliche Hürde bei der Abwägung zwischen Innovation und Einhaltung von Vorschriften darstellen", so Karapetyan. Entwickelt sich Technologie zu schnell? Aus Sicht des Experten kann die frühzeitige Einführung eindeutiger Regeln für die Unternehmen andererseits auch hilfreich sein, um das Risiko unvorhergesehener Ergebnisse zu mindern. "Gelingt es China frühzeitig, klare Leitplanken zu definieren, birgt dies auch Chancen." Es könne jedoch schwierig sein, eine Technologie zu regulieren, die sich so schnell entwickelt und so intelligent sei. Jeden Tag werde berichtet, wie Internetnutzer die Schutzmechanismen zur Kontrolle der Bots umgehen. Alibaba ist dabei nur das jüngste Beispiel eines chinesischen Konzerns mit eigenem Textroboter. Nur einen Tag zuvor hatte das in Hongkong ansässige KI-Unternehmen SenseTime in einer Live-Demo seinen Chatbot "SenseChat" vorgestellt, auf den die Börse mit einem kräftigen Kursplus reagierte. Und nicht zuletzt demonstrierte auch die chinesische Suchmaschine Baidu seinen Chatbot "Ernie Bot", der jedoch für weniger Begeisterung und einen fallenden Aktienkurs sorgte. "Chinesische Bots hinken im Moment noch hinterher und konzentrieren sich primär auf die chinesische Sprache", so KI-Fachmann Karapetyan. Im Moment sei ChatGPT, die vom Start-up OpenAI konzipierte und von Microsoft unterstützte Software, der "klare Marktführer und der Goldstandard" unter den Chatbots. Wie antworten die Regierungen? Die Konkurrenten von Microsoft und ChatGPT in der Tech-Branche sind unter Zugzwang geraten, ihr Geschäft mit Künstlicher Intelligenz voranzutreiben, auch wenn das Produkt noch unreif ist. Gleichzeitig wächst angesichts der rasanten Entwicklung der Druck auf Regierungen weltweit, Antworten auf die Frage zu finden, wie der Gesetzgeber reagieren soll. In den USA kündigte die IT-Behörde NTIA ("National Telecommunications and Information Administration") heute öffentliche Beratungen zu möglichen staatlichen Maßnahmen an. "Genauso wie Lebensmittel und Autos nur dann auf den Markt kommen, wenn ihre Sicherheit gewährleistet ist, sollten auch KI-Systeme der Öffentlichkeit, der Regierung und den Unternehmen die Gewissheit geben, dass sie für ihren Zweck geeignet sind", hieß es in einer Mitteilung. Die Behörde könnte der Politik am Ende etwa Sicherheitsbewertungen oder Zertifizierung von Künstlicher Intelligenz empfehlen. Italien setzt ChatGPT eine Frist Auch in der EU wird nach staatlichen Regeln für die neue Technologie gesucht. Zuletzt hatte die italienische Datenschutzbehörde für Aufsehen gesorgt, die ChatGPT im Land vorerst sperren ließ. Dabei ging es vor allem um Sorgen wegen der massenhaften Sammlung personenbezogener Daten und des Jugendschutzes. Italien hat OpenAI 20 Tage Zeit gegeben, um über die weiteren Maßnahmen des Unternehmens zu informieren. Andernfalls könnte eine Strafe von bis zu 20 Millionen Euro oder vier Prozent des Jahresumsatzes drohen. Bereits vor zwei Jahren hat die EU-Kommission den Entwurf einer KI-Verordnung vorgestellt, die noch in diesem Jahr in Kraft treten könnte. Regulierung sei in diesem Bereich auch dringend notwendig, sagt Paul Lukowicz, Leiter des Forschungsbereiches Eingebettete Intelligenz am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) tagesschau.de. Die Technologie werde die Welt verändern, wie man es heute nicht einmal erahnen könne. Daher könne man diese nicht im Sinne eines "Wildwuchses" einfach laufen lassen. Mögliches "Wasserzeichen" für Bots Wo menschliches Leben, die Gesundheit oder Freiheit betroffen seien, seien strengere Regeln nötig, findet Lukowicz - in anderen Bereichen, wo die Technologie keinen Schaden anrichte, dagegen nicht. Nicht Forschung oder Entwicklung seien das Problem, sondern die Frage, wo eine Technologie eingesetzt werde. Langfristig könnte sich Lukowicz etwa eine Art "Wasserzeichen" für von Bots erstellte Inhalte vorstellen. Bei den Regeln für Künstliche Intelligenz zieht der Experte Parallelen zur Pharmabranche: Auch bei Medikamenten wüssten die wenigsten, wie sie funktionieren, aber dass sie funktionieren. Für Arzneimittel seien Studien vorgeschrieben, es gebe strenge Zulassungsprozesse - und trotzdem Fälle von verursachten Schäden. Es geht aus Sicht von Lukowicz also vor allem um eine ausgewogene Kosten-Nutzen-Analyse.
/wirtschaft/technologie/alibaba-ki-chatbot-china-regulierung-101.html
2023-04-11
Macrons Traum vom souveränen Europa
Rede in Den Haag
Die Äußerungen des französischen Präsidenten zu Europas Rolle im China-Taiwan-Konflikt sind auf viel Kritik gestoßen. In einer Grundsatzrede in Den Haag hat Macron seine Vision eines souveränen Kontinents bekräftigt. Von J. Mayr.
Die Äußerungen des französischen Präsidenten zu Europas Rolle im Konflikt zwischen China und Taiwan sind auf viel Kritik gestoßen. In einer Grundsatzrede in Den Haag hat Macron seine Vision eines souveränen Kontinents noch mal bekräftigt. Den Taiwan-Konflikt spricht Emmanuel Macron in Den Haag nicht an. Aber an seiner Forderung nach mehr europäischer Souveränität hält Frankreichs Präsident fest in seiner Grundsatzrede anlässlich des Staatsbesuchs in den Niederlanden. Ohne ein Land konkret zu nennen betont Macron: "Für Souveränität einzutreten bedeutet nicht, unsere Verbündeten abzuweisen. Es heißt, dass wir in der Lage sein müssen, unsere Partner zu wählen und unser eigenes Schicksal zu gestalten, anstatt - ich würde sagen - nur Zeugen der dramatischen Entwicklung dieser Welt zu sein." Gegensteuern zum Schutz europäischer Interessen Während der Corona-Pandemie und durch den russischen Krieg gegen die Ukraine ist Europas Abhängigkeit von anderen Staaten nach Macrons Ansicht besonders deutlich geworden. Er will gegensteuern: durch abgestimmte staatlich gesteuerte Industriepolitik und einen selbstbewussten Schutz europäischer Interessen. So solle die EU keine Handelsverträge mit Staaten abschließen, die nicht die gleichen Standards erfüllen. In einem Interview, das der Präsident mehreren Medien auf dem Rückflug vom dreitägigen Staatsbesuch in China gegeben hatte, ging Macron weiter. Darin warnt er Europa davor, in Krisen zu geraten, die es nichts angingen. Mit Blick auf Taiwan sagte Macron, das Schlimmste wäre, wenn sich die Europäer als Mitläufer dem amerikanischen Rhythmus und einer chinesischen Überreaktion anpassen müssten. Die Volksrepublik China beansprucht das demokratisch regierte Taiwan für sich.   EVP-Chef: "Demokraten müssen zusammenstehen" Die EU-Kommission wollte Macrons Äußerungen nicht bewerten. Ihr Sprecher Eric Mamer verwies aber auf die Grundsätze von Brüssels China-Politik: "Eine Folge dieser Politik ist, dass wir selbstverständlich Frieden und Stabilität in der Straße von Taiwan gefordert haben und weiter verlangen und dass wir uns entschieden jeder einseitigen Änderung des Status quo entgegenstellen, insbesondere durch den Einsatz von Gewalt." Außenpolitiker in Berlin und Brüssel wurden deutlicher: Der Vorsitzende der christdemokratischen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, betonte auf Twitter, Demokraten müssten zusammenstehen, um eine regelbasierte Welt zu verteidigen - in der Ukraine und in Taiwan. There is no middle ground between international law and the pursuit of empire by autocrats. To protect our freedom, democrats must stand together in defence of a rules-based world, in Ukraine and in Taiwan. We have to strengthen our alliance with the US! https://t.co/KSEVQfq4sf Kritik von den Grünen bis CDU Der Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer nannte Macrons Peking-Visite ein Desaster. Bütikofer fordert, sich einseitigen Veränderungen in der Straße von Taiwan entgegenzustellen. Der Christdemokrat Norbert Röttgen erklärte im Deutschlandfunk, wenn man Männern wie Xi Jinping und Wladimir Putin signalisiere, dass ihre Aggression Europa nichts angehe, würden Konflikte wahrscheinlicher: "Macron isoliert sich in Europa, er schwächt die Europäische Union und er konterkariert ja das, was die Präsidentin der europäischen Kommission in Peking gesagt hat."   Distanz zu Washington und Brüssel Der französische Präsident geht mit seinen Aussagen auf Distanz zu Washington, das Pekings Drohgebärden gegenüber Taiwan scharf verurteilt - und Macron tut das genau zu dem Zeitpunkt, an dem China vor den Küsten Taiwans ein Militärmanöver abhält und die Blockade der Insel übt. Macron kann außerdem nicht für sich in Anspruch nehmen, im Namen Europas zu sprechen. Jedenfalls setzt er deutlich andere Akzente als EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen - das wurde beim gemeinsamen Besuch der beiden in Peking vergangene Woche sehr deutlich. Alstom und L'Oréal schlossen Verträge ab Da warnte von der Leyen Chinas Regierung deutlicher als Macron vor Waffenlieferungen an Russland im Krieg gegen die Ukraine und auch vor einem möglichen Angriff auf Taiwan. In einer Grundsatzrede hatte von der Leyen vor anderthalb Wochen einen deutlich härteren Kurs gegenüber China angekündigt. Für den französischen Staatschef stand in Peking der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen im Vordergrund. Er wurde von einer großen Wirtschaftsdelegation begleitet. Französische Unternehmen wie EDF, Alstom und L'Oréal schlossen Verträge ab.   Macrons Lieblingsthema: Souveränität Europas Europas Souveränität ist das Lieblingsthema des französischen Präsidenten seit seinem Amtsantritt vor sechs Jahren. Schon in der viel beachteten Rede in der Pariser Sorbonne im September 2017 verlangte Macron mehr Eigenständigkeit in der Wirtschaftspolitik und eine gemeinsame europäische Verteidigung, unabhängig vom großen Partner USA. In seiner Ansprache in Den Haag bezog sich Macron ausdrücklich auf seine Sorbonne-Rede: "Damals hielten viele die Forderung nach Europas Souveränität für eine französische Wunschvorstellung". Entfremdung zwischen USA und Frankreich 2019 kritisierte Macron mangelnde Koordination zwischen den USA und ihren NATO-Partnern bei strategischen Beschlüssen und bescheinigte der Allianz den "Hirntod". Das Verhältnis zwischen Paris und Washington kühlte im September 2021 weiter ab, als die USA zusammen mit Großbritannien und Australien das Sicherheitsbündnis Aukus begründeten, das sich Chinas Expansionsbestrebungen im Indopazifik entgegenstellen soll. Der Vertrag über den Verkauf von zwölf französischen U-Booten an Australien platzte. Inzwischen sind die Misstöne verstummt.   Was macht Deutschland? Die Bundesregierung arbeitet noch an ihrer China-Strategie. Darin wird eine Rolle spielen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz grundsätzlich das Bild einer bipolaren Welt, in der sich nur die Vereinigten Staaten und China als Supermächte gegenüberstehen, für überholt hält. Scholz hat sich dafür ausgesprochen, den Handel mit asiatischen Staaten auszubauen und sich nicht von China abhängig zu machen. Bei seiner Peking-Visite im vergangenen November hat Scholz den Taiwan-Konflikt nicht ausgespart und vor gewaltsamen Veränderungen des Status quo gewarnt. Scholz erwähnte auch die Menschenrechtslage in chinesischen Provinzen. Allerdings zog auch der Besuch des Kanzlers viel Kritik auf sich und wurde als deutscher Alleingang zu einem unglücklichen Zeitpunkt gewertet - kurz nachdem sich Staats- und Parteichef Xi beim KP-Parteitag eine dritte Amtszeit gesichert hatte.
/ausland/europa/macron-china-europa-taiwan-101.html
2023-04-11
Schlechtes Timing, aber wirkungsvoll
Macron-Rede
Es ist wenig überraschend, dass die Aussagen von Frankreichs Präsident Macron zu Europas Rolle im Taiwan-Konflikt für Wirbel sorgen. Aus seiner Sicht gibt es aber viele Gründe, mit breiter Brust aufzutreten, meint Sabine Rau. mehr
Es ist wenig überraschend, dass die Aussagen von Frankreichs Präsident Macron zu Europas Rolle im Taiwan-Konflikt für Wirbel sorgen. Aus seiner Sicht gibt es aber viele Gründe, mit breiter Brust aufzutreten. Der französische Präsident hat keine Angst anzuecken, auch nicht in heiklen außenpolitischen Fragen. Dass der Zeitpunkt - auf dem Höhepunkt eines chinesischen Militärmanövers - ungeschickt, um nicht zu sagen verheerend gewählt ist, steht außer Frage. Seine Warnung an die Europäer, im Taiwan-Konflikt zum Mitläufer der USA zu werden, hat hohe Wellen geschlagen: In den USA, in Frankreich und in Deutschland. Deutsche Politiker beeilten sich umgehend deutlich zu machen, wer die treuesten Verbündeten der USA sind. Distanz zu den USA hat französische Tradition Aber Emmanuel Macron tickt anders. Und ja, es war von jeher die Haltung französischer Präsidenten, Distanz und Selbstbewusstsein gegenüber Washington zu demonstrieren. Und dieser Präsident sieht Grund dazu. Erstens hat Frankreich eigene Interessen im Pazifik. Dort leben 1,6 Millionen Franzosen. Dazu kommt ein milliardenschweres U-Boot-Geschäft, bei dem Washington Paris übel ausgebootet hat. Zweitens ist Macron nicht naiv. Natürlich weiß er, dass die USA Europas wichtigster Partner sind. Wer ihm jetzt Anbiederung an China vorwirft, übersieht: Macron hat sich nie Illusionen über Chinas aggressive Weltmachtattitüde gemacht. Er war es, der sich für schärfere europäische Handelsregeln mit China stark gemacht hat. Macron will ein stärkeres Europa Und das ist drittens sein Ziel: Europäische Souveränität. Macron will eine europäische China-Strategie. Gerne hätte er das zusammen mit Kanzler Olaf Scholz verfolgt. Der hat ihm aber einen Korb gegeben. Jetzt provoziert Macron erneut eine Debatte. Der Zeitpunkt ist mehr als ungeschickt - aber wirkungsvoll.
/kommentar/macron-china-taiwan-101.html
2023-04-11
Mehrere Tote bei Schusswechsel
Südkaukasus
Bei neuen Gefechten zwischen Armenien und Aserbaidschan sind mehrere Soldaten getötet worden. Die beiden Staaten warfen sich gegenseitig vor, zuerst geschossen zu haben. mehr
Bei neuen Gefechten zwischen Armenien und Aserbaidschan sind mehrere Soldaten getötet worden. Die beiden Staaten warfen sich gegenseitig vor, zuerst geschossen zu haben. Zwischen Truppen der Kaukasus-Republiken Armenien und Aserbaidschan ist es zu Zusammenstößen mit Toten auf beiden Seiten gekommen. Armenien sprach von vier Toten und sechs Verletzten in den eigenen Reihen. Auf aserbaidschanischer Seite war offiziell von drei Toten die Rede. Die Regierungen in Jerewan und Baku machten sich gegenseitig für den Vorfall nahe der umstrittenen Region Bergkarabach verantwortlich. Das armenische Verteidigungsministerium erklärte, aserbaidschanische Truppen hätten das Feuer auf armenische Soldaten eröffnet, die mit Bauarbeiten beschäftigt gewesen seien. Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium teilte wiederum mit, seine Truppen seien von armenischen Soldaten beschossen worden. Wichtige Straßenverbindung Zu den Zusammenstößen kam es demnach in der Nähe des umstrittenen Latschin-Korridors. Dies ist die einzige Straßenverbindung zwischen Armenien und Bergkarabach. Im Dezember hatten die Spannungen bereits zugenommen, als Aserbaidschaner diese Strecke blockierten. Die Demonstranten gaben damals an, Klimaschutzaktivisten zu sein. Armenien sah dagegen die aserbaidschanische Regierung als Drahtzieher. Diese wiederum bezeichnete das Anliegen der Demonstranten als gerechtfertigt, da Armenier in dem Gebiet illegal Bergbau betrieben. Zuvor war es im September zu schweren Gefechten mit zahlreichen Toten gekommen. Das überwiegend von Armeniern bewohnte Bergkarabach gehört nach internationaler Auffassung zu Aserbaidschan, von dem es sich aber losgesagt hat. Der Konflikt mündete mehrfach in kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den beiden Staaten. Zuletzt hatten sowohl Russland als auch die USA versucht, zwischen beiden Ländern zu vermitteln.
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2023-04-11
Anleger agieren abwartend
Wall Street ohne Schwung
Vor neuen Inflationsdaten haben sich die US-Anleger nicht mehr weit vorgewagt. Die großen Aktienindizes fanden keine klare Richtung, zudem waren die Schwankungen überschaubar. mehr
Vor neuen Inflationsdaten haben sich die US-Anleger nicht mehr weit vorgewagt. Die großen Aktienindizes fanden keine klare Richtung, zudem waren die Schwankungen überschaubar. Vor neuen Inflationsdaten, die morgen auf der Agenda stehen, haben die großen Wall-Street-Indizes keine klare Richtung gefunden. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte hielt sich am besten und gewann am Ende 0,3 Prozent auf 33.684 Punkte. Der breiter gefasste S&P 500 schloss nahezu unverändert bei 4108 Punkten. Weniger gefragt waren heute Technologieaktien. Der Index der Technologiebörse Nasdaq verlor 0,43 Prozent, der Auswahlindex Nasdaq 100 ging um 0,67 Prozent leichter bei 12.964 Stellen aus dem Handel. Inflationszahlen voraus Aber neue Wirtschaftsdaten kündigen sich nach den Jobdaten vom Freitag bereits an, die dann für mehr Bewegung sorgen könnten. Die Anleger schauen unter anderem auf Inflationszahlen, aber auch den Beginn der US-Berichtssaison mit den ersten Zahlen der großen Banken am Freitag. Die US-Verbraucherpreise werden schon morgen für den März erwartet, ebenso wie die Sitzungsprotokolle der jüngsten Fed-Zinssitzung. Marktteilnehmer erhoffen sich insbesondere weitere Hinweise auf die nächsten geldpolitischen Schritte der Fed. Von der Entwicklung der Verbraucherpreise hängt ab, ob es sich die Notenbank leisten kann, ihren Zinserhöhungszyklus demnächst wie geplant zu beenden. Mehrheitlich wird im Mai eine weitere Erhöhung um 25 Basispunkte erwartet. "Es ist gut möglich, dass die Währungshüter nach guten Nachrichten über die Entwicklung der Inflation eine Pause bei den Zinserhöhungen einlegen", sagte Ökonom Peter Cardillo vom Finanzdienstleister Spartan Capital Securities. Ein Übergang zu Zinssenkungen sei allerdings sehr unwahrscheinlich, sagte Tim Ghriskey, Investmentstratege beim Brokerhaus Inverness Counsel in New York. "Die Fed ist fest entschlossen, die Inflation bis zum Ende zu bekämpfen." Fed-Banker mahnt zur Vorsicht Notenbanker Austan Goolsbee hat sich für ein vorsichtiges Vorgehen bezüglich weiterer Zinserhöhungen ausgesprochen. "In Zeiten wie diesen, in denen die Finanzmärkte unter Druck stehen, erfordert der richtige geldpolitische Ansatz Umsicht und Geduld", sagte heute der Chef des Notenbank-Bezirks Chicago. Dies sei notwendig, "um die potenziellen Auswirkungen der finanziellen Belastungen auf die Realwirtschaft abzuschätzen", erklärte er weiter. Gleichzeitig erteilte Goolsbee Zinssenkungen eine Absage. Es waren Goolsbees ersten umfangreichen Bemerkungen zur Zinspolitik seit seinem Amtsantritt im Januar. Boeing liefert mehr Flugzeuge aus Unter den Einzelwerten legten Aktien des Flugzeugbauers Boeing 0,7 Prozent zu. Das Unternehmen lieferte im ersten Quartal mehr Passagier- und Frachtjets als sein europäischer Rivale Airbus aus. Insgesamt fanden 130 Boeing-Jets den Weg zu ihren Kunden. Auch für den Monat März lag Boeing knapp vor Airbus. Bei den Neubestellungen haben die Europäer im bisherigen Jahresverlauf aber weiterhin die Nase vorn. DAX bleibt auf hohem Niveau Am deutschen Aktienmarkt herrschte heute bei meist ruhigem Handel vorsichtiger Optimismus. Mit soliden US-Vorgaben im Rücken schloss der DAX bei 15.655 Punkten um 0,37 Prozent moderat höher. Der deutsche Leitindex pendelte dabei in einer überschaubaren Spanne zwischen 15.625 und 15.726 Zählern auf hohem Niveau. Wenige Tage vor Ostern hatte der DAX bei knapp unter 15.737 Punkten den höchsten Stand seit Januar 2022 erreicht. Auch das Rekordhoch bei 16.290 Zählern ist immer noch in Sichtweite. "Die Marktteilnehmer bleiben vorerst weiter verhalten optimistisch", kommentierte Börsenexperte Andreas Lipkow. Die Stimmung habe sich zwar etwas aufgehellt, aber insgesamt gingen die Investoren unverändert sehr selektiv bei der Aktienauswahl vor, und auch mit Blick auf US-Aktien sei "eine sehr verhaltene, vorsichtige Gangart zu erkennen". Wall Street immer im Fokus "Gemacht" werden die Kurse derzeit an der Wall Street, wo die Anleger zwischen Rezessions- und Zinsängsten hin- und hergerissen sind. Ungeachtet des Bankenbebens und der Entlassungswelle im Silicon Valley kühlt der US-Arbeitsmarkt nämlich nur langsam ab. Im März kamen 236.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu, nach 326.000 im Februar und 472.000 im Januar, wie die Regierung am Freitag in Washington mitgeteilt hatte. Ökonomen hatten 239.000 neue Stellen vorhergesagt. Die Daten dürften zwar eine Pause im Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) weiter nach hinten schieben, sagte Stratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. Allerdings hätten die Zahlen die jüngsten Rezessionsängste nach einer Reihe enttäuschender Wirtschaftszahlen lindern können. "Aus Zinsangst wurde Konjunkturoptimismus." Positive Charttechnik im DAX Nicht nur die soliden US-Vorgaben nach gelassen aufgenommenen US-Jobdaten stützen aktuell den DAX, auch charttechnisch hat der Index Rückenwind. HSBC-Analyst Jörg Scherer zufolge besteht kurzfristig die Option, die Aufwärtsbewegung Richtung 16.000er-Marke fortzusetzen. Christoph Geyer, ebenfalls Chart-Analyst und Börsenexperte, äußert sich ähnlich, schränkt aber auch ein: "Die Saisonalität deutet auf einen weiteren Anstieg hin, die Stimmung scheint eher verhalten zu sein." Euro steigt über 1,09 Dollar Der Kurs des Euro legt heute zu. Zuletzt wurde die Gemeinschaftswährung im US-Handel bei 1,0913 Dollar gehandelt und damit deutlich höher als am Vorabend. Der Euro kann so seine Vortagsverluste wieder wettmachen. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0905 (Donnerstag: 1,0915) Dollar fest. Der Euro wird durch die freundliche Stimmung an den Aktienmärkten gestützt. Der als sicher geltende Dollar ist im Gegenzug weniger gefragt. IWF-Konjunkturprognose bewegt nicht Neue Prognosen des IWF lassen den Devisenmarkt bisher kalt. Die Weltwirtschaft erholt sich angesichts des andauernden Kriegs in der Ukraine und der hohen Inflation nach einer Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) nur sehr langsam. In Deutschland soll die Wirtschaft in diesem Jahr sogar leicht schrumpfen, wie aus der am Nachmittag vorgestellten Konjunkturprognose des IWF hervorgeht. Das globale Wachstum werde sich im Vergleich zu 2022 (3,4 Prozent) in diesem Jahr auf 2,8 Prozent verlangsamen. "Wir treten in eine riskante Phase ein, in der das Wirtschaftswachstum im historischen Vergleich niedrig bleibt und die finanziellen Risiken zugenommen haben, ohne dass die Inflation bereits eine entscheidende Wende genommen hat", so IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas. Einzelhandelsumsätze in Eurozone gesunken Auch frische Konjunkturdaten aus der Eurozone standen heute auf der Agenda. Die Einzelhandelsumsätze in der Eurozone sind im Februar gesunken. Im Monatsvergleich gaben sie, wie am Markt erwartet, um 0,8 Prozent nach. Allerdings war der Anstieg im Januar mit revidierten 0,8 Prozent stärker als zunächst ermittelt. Zuvor war lediglich ein Zuwachs von 0,3 Prozent gemeldet worden. Bitcoin erstmals seit Juni 2022 über 30.000 Dollar Die Kryptowährungen konnten von der freundlichen Stimmung an den Finanzmärkten profitieren. Die nach Marktwert größte Digitalwährung Bitcoin kletterte erstmals seit Juni vergangenen Jahres über die Marke von 30.000 Dollar. Seit dem Zwischentief im Herbst 2022 summiert sich das Kursplus inzwischen auf mehr als 90 Prozent. Ölpreise drehen ins Plus Die Ölpreise drehten nach zunächst schwächerem Handel ins Plus und profitierten dabei von einem nachgebenden Dollar. Eine schwächere US-Devise macht in Dollar gehandelte Rohstoffe für Anleger in anderen Währungsräumen billiger und erhöht dadurch die Nachfrage. Damit knüpften die Preise an ihre jüngste Erholungsrally nach dem Entscheid der OPEC+ an, die Förderung zu begrenzen. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent stieg knapp 0,7 Prozent, die US-Leichtölsorte WTI gewann rund 1,2 Prozent. Am Ölmarkt richtet sich das Interesse der Anleger zunehmend auf neue Prognosen zur Entwicklung der Ölnachfrage von der Internationalen Energieagentur (IEA) und der OPEC, die im Verlauf der Woche auf dem Programm stehen. BMW setzt weniger Fahrzeuge ab Der Autobauer BMW hat im ersten Quartal etwas weniger Fahrzeuge abgesetzt als im Vorjahrszeitraum: Von Januar bis März lieferte die BMW Group mit 588.138 Einheiten 1,5 Prozent weniger aus als im ersten Quartal 2022. Für das Gesamtjahr rechnet der Autokonzern aber mit einem leichten Wachstum. Lieferprobleme bremsen Airbus Brüchige Lieferketten bremsen Airbus auch im neuen Jahr. Der europäische Flugzeugbauer lieferte im ersten Quartal 127 Maschinen an die Kunden aus, das sind elf Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Dabei wollte Airbus eigentlich die Schlagzahl bei den Auslieferungen auf bis zu 140 erhöhen, um die steigende Nachfrage zu bewältigen. Audi startet Regelbetrieb für City-Schnelllader Die VW-Tochter Audi baut ihr Netz mit Hochgeschwindigkeits-Ladestationen in Deutschland aus. Mit der Eröffnung einer Station mit vier Ladepunkten im Berliner Bezirk Friedrichshain hat der Hersteller aus Ingolstadt am Freitag den Regelbetrieb in Deutschland aufgenommen. Neuer Chefaufseher bei Zalando Der ehemalige Netflix-Marketing-Chef Kelly Bennett soll neuer Vorsitzender des Aufsichtsrats beim Online-Modehändler Zalando werden. Der 51-Jährige soll dort nach der Hauptversammlung am 24. Mai Cristina Stenbeck ablösen, die ihr Amt nach vier Jahren niederlegt, wie das DAX-Unternehmen heute in der Einladung zu dem Aktionärstreffen mitteilte. Bennett ist seit 2019 Aufsichtsratsmitglied von Zalando und derzeit Stenbecks Stellvertreter. Er berät Unternehmen wie Microsoft und Spotify. Stenbeck ist Großaktionärin des schwedischen Investors Kinnevik, der seit 2010 - und damit lange vor dem Börsengang - an Zalando beteiligt war, das Aktienpaket aber vor gut zwei Jahren an seine Aktionäre weitergereicht hatte. Neu in den Zalando-Aufsichtsrat einziehen soll Susanne Schröter-Crossan, die bis vor kurzem Finanzchefin beim Immobilienkonzern LEG war. ThyssenKrupp-Anleger hoffen auf Bieterprozess für Marinesparte Im MDAX legte die ThyssenKrupp-Aktie wegen erneut aufkommender Fantasie rund um die Marinesparte deutlich zu. Ein Händler wertete Medienberichte über eine baldige Entscheidung zur Zukunft der Sparte als leicht positiv. Der Bieterprozess für die Sparte könne möglicherweise noch in dieser Woche beginnen. Adtran-Aktie bricht ein Die im MDAX notierte Aktie des US-Telekomausrüsters Adtran brach heute um knapp ein Viertel ein. Die Mutter des deutschen Telekomausrüsters Adva Optival hat im ersten Quartal die eigenen Ziele und Erwartungen der Analysten sowohl beim Umsatz als auch Gewinn deutlich verfehlt. Der Konzern machte einen operativen Verlust von bis zu rund acht Millionen Dollar. Virgin Orbit droht Aus an der Nasdaq Die US-Technologiebörse Nasdaq will Virgin Orbit aus dem Handel nehmen und schickt die Aktien des Raumfahrtunternehmens damit auf Talfahrt. Die Titel fallen um rund 30 Prozent. Die Aktien und Optionsscheine sollen laut der Nasdaq ab dem 13. April vom Handel ausgesetzt werden. Grund ist unter anderem das Ausbleiben der Bilanz für das vergangene Geschäftsjahr. Anfang April hatte das Unternehmen Insolvenz angemeldet. Cineworld-Aktionäre gehen leer aus Die insolvente Kinokette Cineworld hat beim Insolvenzgericht im US-Bundesstaat Texas einen Restrukturierungsplan eingereicht. Dieser sehe keine Rückzahlung an seine Aktionäre vor, teilte die weltweite Nummer zwei hinter der US-amerikanischen AMC Entertainment mit. Das globale Geschäft und die Kinos werde ohne Unterbrechung fortgeführt. USA besorgt wegen Tesla-Geschäften in China Die USA nehmen die Geschäftsbeziehungen des Elektroautobauers Tesla mit China genauer unter die Lupe. "Tesla scheint völlig abhängig zu sein von der Großzügigkeit der US-Regierung in Form von Steuererleichterungen und vom Zugang zum chinesischen Markt", sagte Mike Gallagher, der republikanische Vorsitzende des Sonderausschusses des Repräsentantenhauses für die Kommunistische Partei Chinas. Die Anleger zeigten sich unbeeindruckt, die Aktie lag in New York 1,2 Prozent im Plus. Tupperware-Aktie bricht um fast 50 Prozent ein Der Frischhaltedosen-Hersteller Tupperware ist wegen Liquiditätssorgen heftig unter Druck geraten. Nachdem die Firma vor akuten Geldnöten warnte, stürzte die Aktie gestern an der Wall Street um 49 Prozent auf 1,20 Dollar ab. Der Kurs fiel auf den niedrigsten Stand seit dem Rekordtief zu Beginn der Corona-Krise vor rund drei Jahren. Heute legte das Papier in New York zwar wieder etwas zu, bleibt aber auf sehr niedrigem Niveau. Moderna-Aktie unter Druck Ein negatives Studienergebnis setzte die Aktie von Biontech-Konkurrent Moderna unter Druck. Die Papiere des US-Biotechfirma verloren 3,06 Prozent auf 155,25 Dollar. Ein experimenteller Grippeimpfstoff des in Massachusetts ansässigen Unternehmen habe die Erfolgskriterien bei einer spätklinischen Studie nicht erfüllt, teilte Moderna mit.
/wirtschaft/finanzen/marktberichte/marktbericht-dax-jahreshoch-101.html
2023-04-11
Chinesische Schiffe schießen weiter
Rund um Taiwan
Eigentlich hat China sein Militärmanöver vor Taiwan offiziell beendet - doch die Gefechtsübungen gehen weiter. Das Außenministerium in Peking flankiert diese mit markigen Aussagen zur kleinen Inselrepublik. mehr
Eigentlich hat China sein Militärmanöver vor Taiwan offiziell beendet - doch die Gefechtsübungen gehen weiter. Das Außenministerium in Peking flankiert diese mit markigen Aussagen zur kleinen Inselrepublik. Auch einen Tag nach dem offiziellen Ende des dreitägigen Armeemanövers rund um Taiwan hält China weitere Übungen vor der Insel ab. Das Verteidigungsministerium in Taipeh erklärte, es habe neun chinesische Schiffe und 26 Flugzeuge gesichtet. 14 Flugzeuge hätten die Median-Linie überquert, teilte das Ministerium weiter mit. Es bezog sich damit auf die inoffizielle Grenze, die durch die Meerenge zwischen Taiwan und dem chinesischen Festland verläuft. Die Grenze war zuvor größtenteils von chinesischen Schiffen respektiert worden. Die Jets seien in die taiwanische Luftüberwachungszone (ADIZ) eingedrungen, hieß es weiter. "Untrennbarer Teil des chinesischen Territoriums" Das chinesische Staatsfernsehen berichtete, mehrere Kriegsschiffe in den Gewässern um Taiwan unternähmen weiter Übungen unter "realen Kampfbedingungen". Ziel sei es, die Organisations- und Führungsfähigkeiten der Kommandeure auf allen Ebenen sowie die Effizienz von Waffen und Ausrüstung zu testen. Die Regierung in Peking teilte mit, China werde weiter "strikte Maßnahmen" zum "Schutz" der nationalen Integrität ergreifen. "Taiwan ist ein untrennbarer Teil des chinesischen Territoriums. Es gibt kein sogenanntes taiwanisches Außenministerium", erklärte ein chinesischer Außenamtssprecher. Verbände übten Blockade Taiwans China hatte seit Samstag ein Manöver rund um Taiwan abgehalten. Dabei simulierten die chinesischen Verbände Angriffe auf "Schlüsselziele" in Taiwan und übten eine Blockade der Insel. Am Montag erklärte Peking die Übungen mit dem Namen "Vereintes Schwert" für beendet. Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen kritisierte diese Machtdemonstration scharf. China habe ihre Reise in die USA vergangene Woche als Anlass benutzt, was Instabilität in der Taiwanstraße und der Region auslöse. "Das ist keine verantwortungsbewusste Haltung eines großen Landes." Die kommunistische Führung in Peking betrachtet das seit mehr als 70 Jahren unabhängig regierte Taiwan als Teil der Volksrepublik und droht mit einer Eroberung. Erst am Montag hatte sie erklärt, Frieden in Taiwan und die Unabhängigkeit Taiwans "schließen sich gegenseitig aus". China versucht, Taiwan international zu isolieren. Peking lehnt offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh entschieden ab. Militärübung der USA und Philippinen Derweil starteten die USA und die Philippinen ihre bislang größte gemeinsame Militärübung im Südchinesischen Meer. Beide Staaten wollen diesmal mit ungefähr 18.000 Soldaten die Einnahme einer Insel proben. Auf der kleinen philippinischen Insel Palawan rund 300 Kilometer vor Taiwan sollen dafür See-, Land- und Luftstreitkräfte anlanden. Das Südchinesische Meer wird nahezu komplett von China für sich beansprucht. Aufgrund ihrer geografischen Nähe zu Taiwan sind die Philippinen für die USA ein wichtiger Partner für den Fall eines Konflikts mit China in der Taiwan-Frage.
/ausland/asien/taiwan-china-schiffe-bericht-101.html
2023-04-11
Wie geht es Europas Staaten?
Wirtschaftsdaten
Erst die Finanz- und Schuldenkrise, dann die Corona-Krise und die Energiekrise. Wie ist die finanzielle und wirtschaftliche Lage in den EU-Staaten? Wirtschaftswachstum, Defizite, Verschuldung und Inflation im Überblick. mehr
Erst die Finanz- und Schuldenkrise, dann die Corona-Krise und die Energiekrise. Wie ist die finanzielle und wirtschaftliche Lage in den EU-Staaten? tagesschau.de zeigt im Überblick die Wachstumszahlen, Defizite, Verschuldung und Inflationsraten der 27 Länder. Wirtschaftswachstum (in % im Vorjahresvergleich)2020202120222023*2024Belgien-5,4+6,1+2,2+0,8+1,6Bulgarien-4,0+7,6+3,9+1,4+2,5Dänemark-2,0+4,9+3,1+0,1+1,6Deutschland-3,7+2,6+1,8+0,2+1,3Estland-0,6+8,0-0,3+0,1+2,8Finnland-2,4+3,0+2,0+0,2+1.4Frankreich-7,8+6,8+2,6+0,6+1,4Griechenland-9,0+8,4+5,5+1,2+2,2Irland+6,2+13,6+12,2+4,9+4,1Italien-9,0+6,7+3,9+0,8+1,0Kroatien-8,6+13,1+6,3+1,2+1,9Lettland-2,2+4,1+1,8+0,1+2,7Litauen0,0+6,0+1,9+0,3+2,5Luxemburg-0,8+5,1+2,0+1,7+2,4Malta-8,6+11.7+6,6+3,1+3,7Niederlande-3,9+4,9+4,4+0,9+1,3Österreich-6,5+4,6+4,8+0,5+1,4Polen-2,0+6,8+4,9+0,4+2,5Portugal-8,3+5,5+6,7+1,0+1,8Rumänien-3,7+5,1+4,5+2,5+3,0Schweden-2,2+5,1+2,4-0,8+1,2Slowakei-3,4+3,0+1,7+1,5+2,0Slowenien-4,3+8,2+5,1+1,0+2,0Spanien-11,3+5,5+5,5+1,4+2,0Tschechien-5,5+3,6+2,5+0,1+1,9Ungarn-4,5+7,1+4,9+0,6+2,6Zypern-4,4+6,6+5,8+1,6+2,1 Quelle: Eurostat/EU-Kommission; *SchätzungStand: Februar 2023 Inflationsrate (in % im Vorjahresvergleich, HVPI)2020202120222023*2024*Belgien+0,4+3,2+10,3+4,3+2,7Bulgarien+1,2+2,8+13,0+7,8+4,0Dänemark+0,3+1,9+8,5+4,4+2,5Deutschland+0,4+3,2+8,7+6,3+2,4Estland-0,6+4,5+19,4+6,2+2,2Finnland+0,4+2,1+7,2+4,2+2,0Frankreich+0,5+2,1+5,9+5,2+2,5Griechenland-1,3+0,6+9,3+4,5+2,4Irland-0,5+2,4+8,1+4,4+2,1Italien-0,1+1,9+8,7+6,1+2,6Kroatien0,0+2,7+10,7+6,5+1,6Lettland+0,1+3,2+17,2+7,9+1,5Litauen+1,1+4,6+18,9+8,7+2,1Luxemburg0,0+3,5+8,2+3,1+2,7Malta+0,8+0,7+6,1+4,3+2,4Niederlande+1,1+2,8+11,6+4,5+2,7Österreich+1,4+2,8+8,6+6,6+3,6Polen+3,7+5,2+13,2+11,7+4,4Portugal-0,1+0,9+8,1+5,4+2,6Rumänien+2,3+4,1+12,0+9,7+5,5Schweden+0,7+2,7+8,1+6,3+1,8Slowakei+2,0+2,8+12,1+9,7+5,3Slowenien-0,3+2,0+9,3+6,1+3,5Spanien-0,3+3,0+8,3+4,4+2,3Tschechien+3,3+3,3+14,8+9,3+3,5Ungarn+3,4+5,2+15,3+16,4+4,0Zypern-1,1+2,3+8,1+4,0+2,5 Quelle: Eurostat/EU-Kommission; *SchätzungStand: Februar 2023 Haushaltsdefizit/-überschuss (in % des BIP) (in % des BIP)202020212022*2023*2024*Belgien-9,0-5,6-5,2-5,8-5,1Bulgarien-3,8-3,9-3,4-2,8-2,5Dänemark+0,2+3,6+1,8+0,5+0,4Deutschland-4,3-3,7-2,3-3,1-2,6Estland-5,5-2,4-2,3-3,7-3,3Finnland-5,5-2,7-1,4-2,3-2,3Frankreich-10,1-6,9-5,0-5,3-5,1Griechenland-9,9-7,5-4,1-1,8-0,8Irland-5,0-1,7+0,2+0,8+1,2Italien-9,5-7,2-5,1-3,6-4,2Kroatien-7,3-2,6-1,6-2,4-2,7Lettland-4,3-7,0-7,1-3,4-1,3Litauen-7,3-1,0-1,9-4,4-1,8Luxemburg-3,4+0,8-0,1-1,7-0,5Malta-9,4-7,8-6,0-5,7-4,4Niederlande-3,7-2,6-1.1-4,0-3,1Österreich-8,0-5,9-3,4-2,8-1,9Polen-6,9-1,8-4,8-5,5-5,2Portugal-5,8-2,9-1,9-1,1-0,8Rumänien-9,2-7,1-6,5-5,0-4,8Schweden-2,8-0,1+0,2+0,20,0Slowakei-5,4-5,5-4,2-5,8-4,7Slowenien-7,7-4,7-3,6-5,2-2,7Spanien-10,1-6,9-4,6-4,3-3,6Tschechien-5,8-5,1-4,3-4,1-3,0Ungarn-7,5-7,1-6,2-4,4-5,2Zypern-5,8-1,7+1,1+1,1+1,6 Die erlaubte Defizitgrenze im Maastrichter-Vertrag beträgt -3,0%. Quelle: Eurostat/EU-Kommission; *SchätzungStand: November 2022 Gesamtschulden (in % des BIP)202020212022*2023*2024*Belgien112,0109,2106,2107,9108,6Bulgarien24,523,922,523,625,6Dänemark42,236,633,732,832,1Deutschland68,068,667,466,365,4Estland18,517,618,719,321,9Finnland74,872,470,772,073,3Frankreich115,0112,8111,7110,8110,2Griechenland206,3194,5171,1161,9156,9Irland58,455,444,741,239,3Italien154,9150,3144,6143,6142,6Kroatien87,078,470,067,268,0Lettland42,043,642,444,043,6Litauen46,343,738,041,039,9Luxemburg24,524,524,326,026,3Malta53,356,357,459,960,6Niederlande54,752,450,352,453,2Österreich82,982,378,576,674,9Polen57,253,851,352,954,2Portugal134,9125,5115,9109,1105,3Rumänien46,948,947,947,347,6Schweden39,536,332,129,428,5Slowakei58,962,259,657,457,4Slowenien79,674,569,969,668,8Spanien120,4118,3114,0112,5112,1Tschechien37,742,042,944,244,5Ungarn79,376,876,475,275,1Zypern113,5101,089,684,077,7 Der erlaubte Grenzwert der Gesamtschulden im Maastrichter-Vertrag beträgt 60%. Quellen: Eurostat/EU-Kommission; *SchätzungStand: November 2022
/wirtschaft/wirtschaftsdaten-ts-100.html
2023-04-11
++ Putin: Öl- und Gaseinnahmen werden steigen ++
Krieg gegen die Ukraine
Der russische Präsident Putin rechnet mit steigenden Einkünften aus Öl- und Gasverkäufen. Die Ukraine exportiert nach eigenen Angaben wieder Strom - demnach soll Moldau als erstes Land Lieferungen erhalten. Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen. mehr
Der russische Präsident Putin rechnet mit steigenden Einkünften aus Öl- und Gasverkäufen. Die Ukraine exportiert nach eigenen Angaben wieder Strom - demnach soll Moldau als erstes Land Lieferungen erhalten. Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen. USA protestieren gegen Gershkovich-FestnahmeRussland startet Militärmanöver in der ArktisRussisches Gas: Ungarn schließt neues Abkommen abSelenskyj dankt Deutschland für MilitärhilfeRumänien will mehrere F-35-Kampfjets kaufen Ende des heutigen Liveblogs Wir beenden an dieser Stelle für heute unseren Ukraine-Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse. Kanada sagt Ukraine weitere Hilfe zu Der kanadische Premierminister Justin Trudeau hat der Ukraine weitere Militärhilfe im Krieg gegen Russland zugesagt. Geliefert werden sollten unter anderem 21.000 Sturmgewehre, 38 Maschinengewehre und mehr als 2,4 Millionen Schuss Munition, hieß es bei einem Treffen Trudeaus mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal. "Wir werden weiter alles Notwendige tun, damit die Ukraine siegt", sagte Trudeau. Für zivile Zwecke stellte Kanada 2,4 Milliarden (kanadische) Dollar (1,64 Milliarden Euro) zur Verfügung, etwa für Rentenzahlungen des Staates und der Reparatur der von Russland bombardierten Energieinfrastruktur. "Wir bereiten uns auf unsere Gegenoffensive vor", sagte Schmyhal. "Wir brauchen mehr Munition, mehr Waffen, mehr Militärausrüstung." Er dankte Kanada für die bisher bereitgestellte Hilfe in Milliardenhöhe seit Beginn der russischen Invasion im Februar 2022. Ukraine exportiert offenbar wieder Strom Die Ukraine exportiert seit heute wieder Strom. Energieminister Herman Haluschtschenko sagte, das sei eine klare Botschaft, dass der Versuch Russlands, seine Infrastruktur zu zerstören, erfolglos geblieben sei. Der ukrainische Inlandsbedarf werde zu 100 Prozent vom eigenen Netz gedeckt, sagte er in einem Interview der Nachrichtenagentur AP. Moldau werde das erste Land sein, das ukrainischen Strom bekomme, sagte er. Polen, die Slowakei und Rumänien würden folgen. Durch den Krieg sei der Stromverbrauch in der Ukraine um 30 Prozent zurückgegangen. Erneuerbare Energien wie Wind- und Solarkraft nähmen in der warmen Jahreszeit Druck von Kohle- und Atomkraftwerken. Die konstante Versorgung bleibe aber durch die russischen Angriffe ungewiss, sagte Haluschtschenko. "Leider hängt sehr vieles vom Krieg ab. Ich würde sagen, wir sind recht zuversichtlich bis zum nächsten Winter." Video zeigt Abreise ukrainischer Soldaten Das britische Verteidigungsministerium hat ein kurzes Video veröffentlicht, dass die Abreise ukrainischer Soldaten nach ihrem Training in Großbritannien zeigen soll. Aus dem Bus blickend sieht man britische Soldaten - vermutlich auch die Ausbilder - salutierend am Straßenrand. 📸 We salute our Ukrainian friends as they return home after completing training to defend their freedom, loved ones and independence. 🇺🇦 #StandWithUkraine 🇺🇦 https://t.co/58ESgO0pku Seit Monaten trainieren ukrainische Soldaten in Großbritannien in verschiedenen Kursen und an verschiedenen Waffensystemen. Abseits der Kampfhandlungen kann dort in größerer Ruhe und ohne direkte Gefahr ausgebildet werden. Regionalparlament fordert Kirchenverbot Das Regionalparlament von Wolyn hat einstimmig ein Ende sämtlicher Aktivitäten der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) dort gefordert. Die regionale Militärverwaltung solle die Pachtverträge mit der Kirche, die rechtlich dem Staat gehörten, kündigen, verlangte das Parlament laut ukrainischen Medienberichten, aus denen die Nachrichtenagentur KNA zitiert. Das Parlament in der Stadt Luzk sprach sich demnach mit 54 Stimmen für ein Verbot aus. Aktuell gehörten in der Region Wolyn rund 500 Gemeinden oder andere Einrichtungen zur UOK. Es gebe viele Beweise, dass diese Kirche die russischen Besatzer unterstützt habe, argumentierten die Parlamentarier. Allerdings können Volksvertretungen von Oblasten (Regionen) Religionsgemeinschaften in der Ukraine nicht verbieten. Dafür bräuchte es ein Gesetz oder einen Gerichtsbeschluss. Dem ukrainischen Parlament liegt seit Januar ein Gesetzentwurf für ein Verbot von religiösen Organisationen vor, deren Leitungszentrum in Russland ist. Wann die Abgeordneten hierzu eine Entscheidung treffen, ist noch unklar. Putin: Höhere Einnahmen aus Gas- und Ölexporten Trotz westlicher Sanktionen stellt sich der russische Präsident Wladimir Putin auf steigende Einnahmen des Staates aus dem Öl- und Gasgeschäft ein. Die Öl- und Gaseinnahmen seien im ersten Quartal 2023 zwar um rund 1,3 Billionen Rubel (rund 14,5 Milliarden Euro) gesunken. "Es wird erwartet, dass sich die Lage vor dem Hintergrund steigender Ölpreise bis Ende des zweiten Quartals ändern wird. Zusätzliche Öl- und Gaseinnahmen werden in den Haushalt fließen", fügte Putin hinzu. Öl-Futures sind um mehr als fünf Prozent gestiegen, seit das Ölkartell Opec+ um die Förderstaaten Saudi-Arabien und Russland den Markt vorige Woche mit einer weiteren Drosselung der Produktionsziele ab Mai überrascht hat. Litauen entsendet Militärausbilder für Ukraine nach Deutschland Litauen hat eine Gruppe von Militärausbildern nach Deutschland entsandt, um Soldaten der ukrainischen Streitkräfte zu trainieren. Gemeinsam mit deutschen und belgischen Ausbildern werden die Soldaten des baltischen EU- und NATO-Landes bis zum 15. Mai an einem von der Bundeswehr geführten Ausbildungsprogramm teilnehmen, wie die litauische Armee mitteilte. Der Einsatz sei Teil der europäischen Ausbildungsmission (EUMAM) für ukrainische Streitkräfte, die im November von den Außenministern der EU-Mitgliedstaaten beschlossen worden war. Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas hatte im März bei einem Besuch seines deutschen Kollegen Boris Pistorius (SPD) in Litauen angekündigt, dass sich rund 40 litauische Ausbilder an verschiedenen Kursen für ukrainische Soldaten in Deutschland beteiligen werden. Ungarn will weiter russisches Gas nutzen Trotz Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine will Ungarn weiter vor allem auf russisches Gas setzen. Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto erklärte, er habe sich mit Russland darauf geeinigt, dass der Energiekonzern Gazprom zusätzliches Gas über die in einem langfristigen Abkommen vereinbarten Mengen hinaus liefern könne. Das EU-Land Ungarn bezieht 80 bis 85 Prozent seines Gases aus Russland und erhielt 2022 nach Angaben von Szijjarto zudem 80 Prozent seiner Rohölimporte ebenfalls aus Russland. Während sich die anderen EU-Staaten bemühen, russisches Gas zu ersetzen, erhält Ungarn im Rahmen eines 2021 unterzeichneten 15-Jahres-Vertrags 4,5 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr aus Russland, hauptsächlich über die Pipeline Turkstream. Russland: Einberufungsbefehl soll künftig elektronisch zugestellt werden Das Unterhaus in Russland hat einer Gesetzesänderung zugestimmt, welche die Einberufung in die Streitkräfte des Landes erleichtern soll. Die Abgeordneten der Staatsduma in Moskau votierten dafür, dass der Einberufungsbescheid künftig auf elektronischem Weg geschickt werden kann - bisher musste dieser direkt zugestellt werden. Die Duma-Abgeordneten stimmten in zweiter Lesung, der wichtigsten Etappe im russischen Gesetzgebungsprozess, einmütig für die neue Regelung. Vor dem Hintergrund der russischen Militäroffensive in der Ukraine dürfte dies die Mobilisierung weiterer Kräfte erleichtern. Russland beliefert Iran offenbar mit Kraftstoffen Russland hat offenbar damit begonnen, den Iran auf dem Schienenweg mit Kraftstoffen zu beliefern. Darauf deuten Aussagen von Industrievertretern hin sowie Exportdaten, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegen. Iran und Russland, die beide westlichen Sanktionen unterliegen, treiben damit eine engere Zusammenarbeit voran. Damit reagiert Russland auch auf die westlichen Sanktionen gegen russische Erdölprodukte infolge des Überfalls auf die Ukraine. Im vergangenen Herbst hatte der stellvertretende russische Ministerpräsident Alexander Nowak den Beginn von Swap-Lieferungen von Erdölprodukten mit dem Iran angekündigt. Die Lieferungen begannen aber laut Reuters-Informationen erst in diesem Jahr. Im Februar und März lieferte Russland danach bis zu 30.000 Tonnen Benzin und Diesel in den Iran. Der Kraftstoff wurde per Bahn von Russland über Kasachstan und Turkmenistan geliefert. Rumänien will F-35-Kampfjets kaufen Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine rüstet Rumänien seine Luftwaffe auf. Bukarest will mehrere Mehrzweck-Kampfflugzeuge der neuesten Version vom Typ F-35 kaufen. Das beschloss der Oberste Verteidigungsrat des Landes unter dem Vorsitz von Staatspräsident Klaus Johannis, wie das Präsidialamt in Bukarest mitteilte. Wie viele der modernen Kampfflugzeuge aus US-Produktion erworben werden sollen, wurde nicht mitgeteilt. Thema der Sitzung des Verteidigungsrats war die Sicherheitslage im Schwarzmeer-Raum im Kontext des Krieges in der Ukraine sowie auch die Bedrohungslage der Republik Moldau. Rumänien, das EU- und NATO-Mitglied ist, grenzt im Norden und Osten an beide Länder. Bereits im November 2022 hatte Bukarest mit Norwegen einen Vertrag zum Kauf von 32 gebrauchten F-16-Kampfjets beschlossen. UN: Fast 8500 Zivilisten in der Ukraine getötet Beim russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sind nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) inzwischen fast 8500 Zivilisten getötet worden. Seit Beginn der Invasion seien bis zum 9. April 8490 zivile Todesopfer bestätigt und 14.244 verletzte Zivilisten in der Ukraine gezählt worden, teilte das Büro des Hochkommissars der UN für Menschenrechte (OHCHR) mit. Etwa 4000 Zivilisten seien allein in den schwer umkämpften Frontregionen Donezk und Luhansk getötet worden. Es sei aber zu befürchten, dass die tatsächlichen Zahlen wesentlich höher liegen, da Informationen aus besonders umkämpften Gebieten nur verzögert einträfen und viele Berichte noch nicht bestätigt worden seien. Das OHCHR bezeichnet seine Zahlen seit Längerem lediglich als "die Spitze des Eisbergs", da es nur begrenzten Zugang zu den Kampfgebieten hat. Verteidigungsministerium in "engem" Austausch mit den USA zu Datenleck Die Bundesregierung steht zum Durchsickern von US-Geheimdokumenten in Kontakt mit der Regierung in Washington. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums teilte auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP mit, "dass wir zu diesem Thema im engen laufenden Austausch mit unseren Partnern und insbesondere den USA sind". Weitere Angaben wollte das Ministerium zu dem Vorfall nicht machen. In den vergangenen Wochen waren auf Online-Plattformen eine Reihe von Dokumenten aufgetaucht, die unter anderem Pläne von USA und NATO zur Unterstützung einer ukrainischen Militäroffensive im Frühjahr gegen Russland enthalten sollen. "Washington Post": US-Papiere zweifeln an großem Erfolg der Ukraine-Offensive Die USA bezweifeln laut einem Bericht der "Washington Post" über das Datenleck geheimer US-Dokumente, dass die erwartete Frühjahrsoffensive der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland große Erfolge bringen wird. Das ukrainische Militär könnte die ursprünglichen Pläne zur Rückeroberung von Russland besetzter Gebiete diesen Papieren zufolge "weit verfehlen", schrieb die Zeitung. Grund seien demnach die Schwierigkeiten Kiews bei der Aufstockung von Truppen, Munition und Ausrüstung. Die Unterlagen offenbarten die Bedenken der US-Regierung zum Stand des Krieges, so das Blatt. Zudem könnten sie jene Kritiker ermutigen, die von den USA und der NATO größere Anstrengungen für eine Verhandlungslösung forderten. Die Einschätzung in den als streng geheim gekennzeichneten Papieren stamme von Anfang Februar und verweise auf "erhebliche Defizite bei der Truppenaufstockung und -erhaltung". Zudem sei darin die Rede von der Wahrscheinlichkeit, dass die ukrainische Gegenoffensive nur "bescheidene Gebietsgewinne" erzielen könnte. Die Strategie Kiews konzentriere sich laut diesen Dokumenten darauf, umkämpfte Gebiete im Osten zurückzugewinnen und gleichzeitig nach Süden vorzustoßen, um die russische Landbrücke zur besetzten Halbinsel Krim zu kappen. Die Widerstandskraft der russischen Verteidigungsanlagen und die Mängel bei Ausbildung und Munition auf ukrainischer Seite würden den Fortschritt der Offensive wahrscheinlich erschweren und die Verluste vergrößern, hieß es weiter. London: Russland will mehr mit Luftlandetruppen operieren Der britische Militärgeheimdienst geht von einer künftig stärkeren Einbindung der russischen Luftlandetruppen bei Offensivaktionen im Krieg Russlands gegen die Ukraine aus. Die in den ersten Kriegsmonaten von gravierenden Verlusten betroffenen Luftlandetruppen seien in den vergangenen Wochen mit dem Raketensystem TOS-1A ausgestattet worden, bekannt als "schwerer Flammenwerfer", heißt es im täglichen Bulletin des britischen Verteidigungsministeriums. Das System sei bisher üblicherweise von einer Spezialeinheit der russischen Armee in der Ukraine zum Schutz anderer Truppenteile gegen biologische, chemische sowie nukleare Waffen verwendet worden. Einsätze bei den Luftlandetruppen, die sowohl mit Hubschraubern als auch mit Fallschirmjägern operieren, sind den britischen Geheimdienstinformationen zufolge bisher nicht bekannt. Latest Defence Intelligence update on the situation in Ukraine - 11 April 2023.Find out more about Defence Intelligence's use of language: https://t.co/dKXyGiJJ2A 🇺🇦 #StandWithUkraine 🇺🇦 https://t.co/YR7azMeayD Kiew: Frontstädte in Ostukraine unter Beschuss Die russische Armee hat nach ukrainischen Angaben ihre Angriffe an der Front in der Ostukraine fortgesetzt. Es gebe Luftangriffe und Artilleriebeschuss, teilte der ukrainische Generalstab mit. Mehrere Städte und Ortschaften in der Region Donezk seien unter schweren Beschuss geraten. Die ukrainischen Streitkräfte hätten mehrere Angriffe abgewehrt. Auch in Bachmut hielten die Kämpfe demnach an. Die russischen Truppen versuchten weiterhin, die seit Monaten schwer umkämpfte Kleinstadt unter ihre Kontrolle zu bringen. Ukraine zieht Abhörung Selenskyjs durch USA in Zweifel Die ukrainische Führung hat eine angebliche Abhöraktion der USA gegen Präsident Wolodymyr Selenskyj in Zweifel gezogen. Beratungen des Staatschefs mit dem Militär liefen anders ab als in veröffentlichten Geheimdienstdokumenten dargestellt, sagte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak im ukrainischen Fernsehen. Die Beziehungen der Ukraine zu ihren westlichen Partnern seien durch die Veröffentlichungen nicht gefährdet. "Das sind normale Analysen", sagte er. Auch Pläne zu einer ukrainischen Gegenoffensive würden nicht torpediert, weil daran noch gearbeitet werde. Zuvor hatte es Berichte über Geheimdokumente des US-Verteidigungsministeriums gegeben, wonach Selenskyj Ende Februar in einer Beratung mit der Armeeführung Drohnenangriffe auf Standorte der russischen Armee im Gebiet Rostow vorgeschlagen habe. Das könnte Washington darin bestärkt haben, Kiew keine weitreichenden Waffen zu liefern, hieß es. Podoljak widersprach dieser Darstellung. USA protestieren gegen Gershkovich-Festnahme Die US-Regierung hat die Gefangennahme des US-Journalisten Evan Gershkovich formell als widerrechtlich eingestuft. Der Reporter des "Wall Street Journal" war in Russland unter Spionagevorwürfen gefangen genommen worden. Mit dieser Einstufung erhält die Bearbeitung des Falls eine höhere Priorität in der Verwaltungshierarchie. Sie bedeutet, dass sich ein Büro des Außenministeriums intensiv um die Freilassung Gershkovichs bemühen wird. Außenminister Antony Blinken erklärte, er verurteile die Festnahme und die Unterdrückung unabhängiger Medien in Russland. "Journalismus ist kein Verbrechen", hieß es in einer Mitteilung seines Ministeriums. "Wir verurteilen die fortgesetzte Unterdrückung unabhängiger Stimmen in Russland durch den Kreml und dessen anhaltenden Kampf gegen die Wahrheit." Der FSB hatte am 30. März mitgeteilt, der US-Reporter sei am Tag zuvor in Jekaterinburg verhaftet worden. Er habe versucht, an geheime Informationen über eine russische Waffenfabrik zu kommen. Im Fall einer Verurteilung wegen Spionage drohen ihm bis zu 20 Jahre Haft. Er ist der erste US-Korrespondent seit dem Kalten Krieg, der in Russland unter dem Vorwurf der Spionage festgenommen wurde. Russland startet Militärmanöver in der Arktis Russlands Nordmeerflotte hat nach eigenen Angaben ein Großmanöver in den Gewässern der Arktis begonnen. An der Übung sollen 1800 Soldaten und mehr als ein Dutzend Schiffe teilnehmen, teilte der Pressedienst der Flotte der Nachrichtenagentur Interfax zufolge mit. "Besondere Aufmerksamkeit wird im Zuge des Manövers der Sicherheit der Handelsmarine Russlands und der Seewege wie etwa der Nordostpassage gewidmet", heißt es in der Mitteilung. Das Manöver soll mehrere Tage andauern. Geprüft werde das Zusammenwirken zwischen den Schiffen und der russischen Luftwaffe unter Leitung der entsprechenden Kommandostäbe. Immerhin sind auch 40 Flugzeuge und Hubschrauber im Einsatz, daneben Fahrzeuge für Landoperationen. Die Nordostpassage führt an der Nordküste Russlands entlang. Wegen der zunehmenden Klimaerwärmung wird die Route für den Schiffsverkehr immer wichtiger, denn inzwischen ist sie im Sommer teilweise sogar ohne Eisbrecher passierbar. Für Russland ist die Nordostpassage wichtig, um Rohstoffe exportieren zu können, die das Land im hohen Norden fördert, beispielsweise Erdgas, das von der arktisch kalten Halbinsel Jamal in verflüssigter Form weitertransportiert wird. Moskau hat, um seinen Anspruch auf die Polarregion geltend zu machen, bereits vor mehr als zehn Jahren Einheiten gegründet, die auf den Kampf in der Arktis spezialisiert sind. Angeklagter russischer Kreml-Kritiker Kara-Mursa "bereut nichts" Der angeklagte russische Oppositionelle Wladimir Kara-Mursa bereut nach eigenem Bekunden keine seiner Äußerungen - obwohl ihm wegen Kommentaren gegen die Ukraine-Offensive nun 25 Jahre Haft drohen. "Ich unterschreibe jedes Wort, dass ich gesagt habe und wegen dessen ich heute angeklagt bin", zitierte ein Journalist Kara-Mursas im Onlinedienst Telegram. "Nicht nur bereue ich nichts - ich bin stolz darauf", führte er demnach fort. Dem 41-Jährigen werden mehrere Vorwürfe gemacht, darunter Hochverrat und die Verbreitung von Falschinformationen über die russische Armee. In der vergangenen Woche hatte die Staatsanwaltschaft bei einer Anhörung hinter verschlossenen Türen 25 Jahre Haft für Kara-Mursa beantragt.  Selenskyj dankt Deutschland für Militärhilfe Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich bei Deutschland für weitere militärische Hilfe bedankt. In den vergangenen beiden Wochen seien Panzertechnik, Luftabwehrsysteme, Munition, Maschinen und Medizintechnik geliefert worden. Das alles stärke die Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland. Selenskyj begrüßte zudem den Austausch von mehr als 200 Kriegsgefangenen zwischen Moskau und Kiew. "Das sind 100 Familien, denen vor Ostern echte Freude geschenkt wurde", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache über die ukrainischen Heimkehrer. Die orthodoxen Kirchen feiern das Osterfest erst am kommenden Sonntag. Selenskyj zufolge wurden auch 20 Soldatinnen freigelassen. Der Liveblog vom Montag zum Nachlesen
/newsticker/liveblog-ukraine-dienstag-235.html
2023-04-10
Lehrerverband sieht Integration gefährdet
Geflüchtete ukrainische Schüler
Mehr als 200.000 geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine besuchen deutsche Schulen. Nun warnt der Lehrerverband, ihre Integration drohe zu scheitern. Die Bundesländer müssten Schulen und Lehrer stärker unterstützen. mehr
Mehr als 200.000 geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine besuchen deutsche Schulen. Nun warnt der Lehrerverband, ihre Integration drohe zu scheitern. Die Bundesländer müssten Schulen und Lehrer stärker unterstützen. Der Deutsche Lehrerverband warnt, dass die Integration geflüchteter ukrainischer Kinder und Jugendlicher ins deutsche Schulsystem scheitern könnte. "Die Politik droht das Projekt einer gelungenen Integration der Schüler aus der Ukraine in den deutschen Schulen an die Wand zu fahren", warnte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger in der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". An vielen Schulen gebe es zwar "ein bewundernswertes Engagement für die geflüchteten Kinder", sagte Meidinger. "Doch die große Mehrheit der Bundesländer lässt die Schulen bei der Bewältigung dieser Aufgaben weitgehend im Stich." "Länder helfen zu wenig" Der Verbandspräsident fordert: "Wir brauchen dringend zusätzliche Unterstützung für Schulen, die besonders viele geflüchtete Schüler aufgenommen haben - sonst droht die Integration zu scheitern." Die Politik habe das Ziel gesetzt, dass die Kinder aus der Ukraine schnell im Regelschulsystem Fuß fassen können. Der Anspruch sei, dass die geflüchteten Kinder in Deutschland in den kommenden Jahren gute Chancen auf höhere Schulabschlüsse haben sollen. "All das wird massiv gefährdet, weil die Länder zu wenig tun, um den Schulen zu helfen." 7000 bis 10.000 Euro pro Schüler nötig Nach Erhebungen der Kultusministerkonferenz werden in Deutschland infolge des russischen Angriffskriegs gegen das Nachbarland aktuell etwa 205.000 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine unterrichtet. Insgesamt gibt es etwa elf Millionen Schülerinnen und Schüler in Deutschland. Bei einem zusätzlichen Aufwand in Personal- und Sachkosten von 7000 bis 10.000 Euro pro zusätzlichem Schüler hätten die Länder "bis zu zwei Milliarden Euro in die Integration ukrainischer Schulkinder stecken müssen", so der Verbandspräsident. "Stattdessen haben sie nur sehr überschaubar investiert, als handele es sich um eine Aufgabe, die nebenher erledigt werden könne." Langfristige Beschäftigung von ukrainischen Lehrkräften Meidinger fordert zudem langfristige Beschäftigungsangebote an ukrainische Lehrkräfte, die zugleich die Chance erhalten müssten, ihre deutschen Sprachkenntnisse zu verbessern. Nötig seien auch zusätzliche Fortbildungsangebote für deutsche Lehrkräfte, die an Schulen mit vielen geflüchteten Kindern arbeiten.
/inland/gesellschaft/lehrerverband-ukraine-schueler-101.html
2023-04-10
Zwei Tote in Marseille gefunden
Nach Gebäudeeinsturz
Nach dem Einsturz eines Wohngebäudes in der französischen Hafenstadt Marseille sind zwei Tote gefunden worden. Zuvor waren acht Menschen als vermisst gemeldet worden. Die Rettungsarbeiten werden fortgesetzt. mehr
Nach dem Einsturz eines Wohngebäudes in der französischen Hafenstadt Marseille sind zwei Tote gefunden worden. Zuvor waren acht Menschen als vermisst gemeldet worden. Die Rettungsarbeiten werden fortgesetzt. Rund 24 Stunden nach dem Einsturz eines Gebäudes in der Innenstadt von Marseille haben Einsatzkräfte in der Nacht zum Montag zwei Tote unter den Trümmern gefunden. Angesichts der schwierigen Lage dürfte die Bergung der Leichen aber einige Zeit in Anspruch nehmen, berichteten französische Medien unter Berufung auf die Feuerwehr. Ein Feuer mehrere Meter unter dem Geröll erschwerte die Rettungsarbeiten erheblich. Ob es sich bei den Toten um zwei der acht Vermissten handelte, ist noch unklar. Hoffnung auf Überlebende schwindet In dem Gebäude lebten den Angaben zufolge acht Menschen. Laut Marseilles Staatsanwältin Dominique Laurens hatte es von ihnen bislang keine Nachricht gegeben. Die Menschen hätten nicht auf Anrufe reagiert. Verwandte hätten sich besorgt an die Behörden gewandt. Bei den vermutlich Verschütteten handele es sich überwiegend um ältere Menschen und ein Pärchen um die 30. Kinder seien wohl nicht in dem Gebäude gewesen, als es einstürzte. Auch aus einem benachbarten Haus könnte ein Mann unter den Trümmern sein. Seine Ex-Freundin habe angegeben, ihn nach dem Unglück nicht erreicht zu haben. Massive Schäden und Evakuierungen Bei dem Einsturz in der Nacht zum Sonntag wurden fünf Menschen aus benachbarten Gebäuden verletzt. Etwa 30 Häuser wurden sicherheitshalber evakuiert. Marseilles Bürgermeister Benoît Payan hatte am Sonntagabend im Sender BFMTV gesagt, es gebe noch Hoffnung, Menschen lebend zu bergen, doch sie sei verschwindend gering. Man werde weiter kämpfen. Bei dem Kollaps des vierstöckigen Haus in der Rue Tivoli im fünften Marseiller Arrondissement wurden auch Teile der beiden benachbarten Häuser heruntergerissen. Einige Stunden später stürzt eines der danebenstehenden Häuser vollständig ein. Grund für den Einsturz war wohl eine Explosion.
/ausland/europa/gebaeudeeinsturz-marseille-109.html
2023-04-10
Warum Apotheker skeptisch bleiben
Mangel an Medikamenten
In Apotheken fehlen Hustensäfte, Blutdrucksenker oder gar Krebsmedikamente. Die Liste wird immer länger. Apotheker bezweifeln, dass der Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministers Abhilfe leisten wird. Von Birgit Virnich.
In Apotheken fehlen Hustensäfte, Blutdrucksenker oder gar Krebsmedikamente. Die Liste wird immer länger. Apotheker bezweifeln, dass der Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministers Abhilfe leisten wird. Fast täglich muss der Kölner Apotheker Sebastian Berges enttäuschte Kundinnen und Kunden nach Hause schicken. "Auf dem Rezept ist ein Blutverdünner aufgeschrieben, der im Augenblick nicht lieferbar ist", erklärt er der 67-jährigen Ingrid Klüppel. Die Enttäuschung bei der Rentnerin ist groß, zumal es um ihren schwer kranken Mann geht, der auf seine Medikamente angewiesen ist. "Das ist katastrophal und wird immer schlimmer", wettert sie. "Wie kann das sein, dass diese Mittel, die mein Mann schon seit Jahren nimmt, nicht mehr erhältlich sind?" Lage spitzt sich wieder zu Für den erfahrenen Apotheker spitzt sich die Lage gerade wieder zu. Im Winter waren es vor allem Fiebersäfte und Schmerzmittel, nun fehlen einige Präparate in der gesamten Bandbreite seines Sortiments. Fast 470 Medikamente sind im Augenblick nicht verfügbar. "Momentan bekommen wir nicht alle Antibiotika. Manche Hormon- und Cortisonpräparate sowie einige Asthmamittel sind nicht lieferbar", klagt Berges. Schuld sind nicht nur unterbrochene Lieferketten, sondern vor allem Rabattverträge, die die Krankenkassen mit den günstigsten Generika-Anbietern abschließen, um Kosten zu sparen. Der Kostendruck soll gesenkt werden Für viele andere pharmazeutische Hersteller lohnt es sich deshalb nicht mehr, für deutschen Markt zu produzieren, sie haben sich aus Deutschland zurückgezogen. Damit der Verkauf der Medikamente in Deutschland für diese Unternehmen wieder lohnenswerter wird, will der Gesundheitsminister nun mit einem neuen Gesetz den Kostendruck auf sie reduzieren. Der Entwurf lockert die Preisregeln für Kinderarzneimittel. Rabattverträge werden in diesem Bereich komplett ausgesetzt. "Doch das wird Engpässe nicht verhindern", glaubt Bork Bretthauer, Geschäftsführer des Verbands "Pro Generika". Denn das Gesetz nehme lediglich Kinderarzneimittel und Antibiotika ins Visier. "Bei allen anderen Medikamenten bleibt die Versorgungslage, wie sie ist: wenig stabil und teilweise sogar prekär." Das ganze System müsste verändert werden Ferner sieht das neue Gesetz vor, dass speziell bei Antibiotika bei Ausschreibungen künftig darauf geachtet wird, dass die Wirkstoffe in der EU und Europa hergestellt werden. Ziel sei es, so Lauterbach, die Vielfalt der Anbieter zu erhöhen und die Abhängigkeit von wenigen, meist asiatischen Produzenten wie China oder Indien zu reduzieren. Doch so schnell, wie der Minister das will, wird es nicht zu machen sein. Der Ärzteverband Marburger Bund hat die geplanten Maßnahmen als kleinen Schritt in die richtige Richtung bezeichnet. Das Problem: Deutschland sei bei einigen Wirkstoffen abhängig von einzelnen Standorten - das dürfe nicht so bleiben, außerdem müsse es Stresstests für Lieferketten geben. Jahrzehntelanger Preisdruck Die Konzentration auf dem weltweiten Wirkstoffmarkt sei die unmittelbare Auswirkung eines jahrzehntelangen, unerbittlichen ökonomischen Preisdrucks, erklärt der Verband "Pro Generika". Dabei sei klar, je mehr Zulassungen pro Wirkstoff es gebe und je gleichmäßiger diese nach Weltregionen verteilt seien, umso stabiler sei die Versorgung, weil Ausfälle bei einem Hersteller flexibler kompensiert werden können. "Zwar haben wir während der Pandemie erkannt, wie problematisch Europas hohe Abhängigkeit von asiatischen Wirkstoffherstellern ist, aber es wird lange brauchen, das zu ändern", sagt der erfahrene Kölner Apotheker Berges. 68 Prozent der Produktionsorte der meisten Wirkstoffe für Europa sind in Asien, heißt es in einer Studie des Pharmaverbandes VFA. Fast zwei Drittel der mehr als 3500 auf dem Weltmarkt angebotenen Arzneimittelwirkstoffe werden in China und Indien produziert. Deutschland war einst die "Apotheke der Welt" Viele Apotheker finden, dass das Gesetz zu kurz greift. Denn es ändere nicht grundsätzlich, dass Apotheker bei Engpässen nur alternative Präparate vom selben Hersteller verkaufen dürften. Denn nur die werden dann auch von der Krankenkasse erstattet. "Wir sind nicht als Erfüllungsgehilfen im Bürokratiedschungel der Krankenkassen angetreten, sondern wir wollen den Patienten helfen", erklärt Berges. Deutsche Apotheker und Apothekerinnen plädieren schon länger dafür, wieder verstärkt inländisch zu produzieren.   "Aus unserer Sicht müsste man Anreize schaffen, dass es sich wieder lohnt, in Deutschland Medikamente herzustellen", erklärt Berges. Schließlich hatte Deutschland im 19. Jahrhundert und noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Ruf als "Apotheke der Welt", galt jahrzehntelang als der wichtigster Hersteller und Lieferant von Medikamenten. En masse gingen Nobelpreise an deutsche Forscher. Davon sei aber leider nicht mehr viel übrig.
/wirtschaft/medikamenten-mangel-101.html
2023-04-10
Wie kreativ ist KI wirklich?
Künstliche Intelligenz
Moderne KI kann Erstaunliches hervorbringen. Eine Studie hat nun die Kreativität von Menschen und KI verglichen - und kaum Unterschiede gefunden. Sind Maschinen also genauso ideenreich wie Menschen? Von Alexander Steininger.
Moderne KI kann Erstaunliches hervorbringen. Eine Studie hat nun die Kreativität von Menschen und KI verglichen - und kaum Unterschiede gefunden. Sind Maschinen also genauso ideenreich wie Menschen? Kreativität gilt als etwas sehr Menschliches. Doch mit neuen Programmen wie ChatGPT stellt sich die Frage, ob Künstliche Intelligenz nicht doch ein gewisses Maß an neuen Ideen produzieren kann. Denn die Programme können bereits Gedichte schreiben, sich Witze ausdenken, Bilder erstellen und Musikstücke komponieren. Unis und Schulen fürchten bereits eine Welle von computergenerierten Haus- und Abschlussarbeiten. Gleiche Ergebnisse bei Kreativitätstest Forscher der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und der Uni in Essex haben nun in einer Preprint-Studie untersucht, wie kreativ KI im Vergleich zu Menschen ist. Dazu ließen sie 100 Menschen und sechs generative KI-Programme einen Kreativitätstest absolvieren. Das Ergebnis: In Summe gab es kaum Unterschiede zwischen Menschen und Maschinen. "Die Untersuchung zeigt, dass Chatbots, denen dieselbe einfache Frage wie Menschen gestellt wird, mehr Ideen generieren, die im Durchschnitt genauso originell sind wie die von Menschen", heißt es in dem Papier. "Das hat uns nicht wirklich überrascht", sagt Autorin Jennifer Haase von der HU. "Denn die Programme sind im Bereich Alltagskreativität mittlerweile wirklich sehr gut." Konkret ging es um den "Alternative Uses Test" (AUT). Dabei werden für Alltagsgegenstände wie eine Zahnbürste oder eine Büroklammer andere Verwendungsmöglichkeiten abgefragt. Als Beispiel: Letztere ließe sich etwa auch als Ersatzteil an einem kaputten Reißverschluss oder als Ohrring verwenden. Je origineller die Antworten, desto höher wurde das Ergebnis bewertet - von sechs Prüfern und einer speziellen KI. "Das ist ein sehr häufig eingesetztes Verfahren", sagt der Psychologe und Kreativitätsforscher Joachim Funke gegenüber tagesschau.de. Natürlich könne der Test nur einen kleinen Bereich abdecken. "Aber Kreativität ist einfach sehr schwer zu fassen - deshalb greift man gerne auf solche Tests zurück." Interessant seien aber einige Details des Tests: Etwa, dass knapp zehn Prozent der Menschen in dem Test kreativer gewesen seien als jede KI. Little-C und Big-C Diese Bewertung stützt auch Antonio Krüger, Direktor des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz. "Das, was die Programme heutzutage produzieren können, wird von den meisten Menschen wohl durchaus als kreativ angesehen. Was sie allerdings nicht können, ist völlig abstraktes Neuland zu betreten, denn dafür ist die Architektur der Programme nicht geeignet." Das menschliche Gehirn sei viel komplexer und deswegen zu ungewöhnlicheren Dingen fähig - das werde auch auf lange Sicht so bleiben. Ein wichtiger Unterschied sei zudem, dass Programme immer einen äußeren Anstoß brauchen, um kreativ zu werden. "Menschen kreieren auch einfach mal so vor sich hin und finden deswegen auch leichter Auswege, wenn sie in eine Sackgasse geraten. Das können Algorithmen nicht, die brauchen immer einen Anstoß", so Krüger. Forscher unterscheiden verschiedene Arten der Kreativität: Little-C etwa, also die Fähigkeit, Alltagsprobleme ideenreich zu lösen, und Big-C, wobei etwas ganz Neues erschaffen wird, das einen Einfluss auf die Gesellschaft hat. Für diese Spitzenleistungen - das legt auch die Studie nahe - braucht es Menschen, so Funke. "Denn die ganze Gefühlswelt, die zu großen Werken führt, haben Programme nicht. Die Motivation, aus der heraus Kreativität stattfindet, ist also eine ganz andere: Menschen haben eine intrinsische Motivation. Und das ist für die Bewertung der schöpferischen Leistung wichtig, auch wenn das Endergebnis ähnlich klingt oder aussieht." Anderer Prozess, ähnliches Ergebnis Auch die Studienautoren betonen, dass man nicht pauschal schlussfolgern könne, KI sei genauso kreativ wie Menschen. Jedoch sei eine wichtige Erkenntnis, dass KI auf dem Gebiet der Alltagskreativität durchaus Ergebnisse erzielen kann, die mit denen vieler Menschen mithalten könne. Je komplexer die Aufgaben jedoch würden, desto mehr Probleme bekomme die KI. Ein wichtiges Ergebnis sei zudem, dass die Aussage, Chatbots würden nur Altbekanntes neu kombinieren, sich so nicht mehr halten lasse. "Diese Programme erzielen in einem Setting, in dem sich auch viele Menschen bewegen, erstaunliche Ergebnisse. Sie produzieren Dinge, die von vielen Menschen als kreativ bewertet werden, auch wenn der Prozess dahinter ein ganz anderer ist", sagt Haase. KI als Kreativitätstool Deshalb legen die Studienergebnisse auch nahe, dass KI in Zukunft einzelne kreative Aufgaben durchaus übernehmen kann. Das gelte für Bereiche, in denen sie bereits sehr gute kreative Ergebnisse erziele, etwa beim Design oder Storytelling von Computerspielen. Krüger betont, dass sich Menschen die Kreativität der Programme zunutze machen können. "Sie sind ein sehr gutes Tool, um Ideen anzustoßen oder weiterzuentwickeln." Zumal einzelne Programme in sehr bestimmten Bereichen - etwa bei Bildgestaltung oder beim Texten - immer besser würden. Deshalb halte er es nicht für ausgeschlossen, dass KI irgendwann auch echte Kreativität beweise. "Doch bis dahin wird noch einige Zeit vergehen - bis dahin sehe ich keine Verdrängungsgefahr auf breiter Ebene."
/wissen/forschung/ki-kreativitaet-101.html
2023-04-10
An Russlands "Gasleine"?
Österreichs Energie
Weg vom russischen Gas? In Österreich geht man einen anderen Weg - die Importe aus Russland stiegen zuletzt sogar noch einmal an. Kritiker sprechen von einer Abhängigkeit, die bewusst eingegangen wurde. Von Nikolaus Neumaier.
Weg vom russischen Gas? In Österreich geht man einen anderen Weg - die Importe aus Russland stiegen zuletzt sogar noch einmal an. Kritiker sprechen von einer Abhängigkeit, die bewusst eingegangen wurde. Österreichs Gasimporte aus Russland steigen wieder. Im Dezember kamen geschätzte 71 Prozent der Gasimporte aus Russland. Im Februar sollen es schon fast wieder 80 Prozent gewesen sein. Insgesamt betrug der Anteil von Gas am gesamten Energieverbrauch Österreichs im vergangenen Jahr rund 23 Prozent. Obwohl die russischen Lieferungen übers Jahr gesehen durchaus sanken, ist Österreich immer noch in besonders hohem Maße abhängig. Carola Millgramm von der Regulierungsbehörde E-Controll begründet die Zahlen mit der besonderen Lage Österreichs in Mitteleuropa. "Wir haben auch als Transitland für russisches Gas nach Europa eine sehr wichtige Rolle gespielt. Daher resultiert auch die Bedeutung, die russisches Gas für unsere Transportinfrastruktur hatte", sagte Millgramm der ARD. Russlands Ziele und Österreichs Haltung Herbert Lechner, der frühere Chef der Energieagentur Österreich (Austrian Energy Agency), einem gemeinnützigen wissenschaftlichen Verein, sieht Österreich dagegen an der russischen "Gasleine". Der ARD sagte er: "Von Russland war es von Beginn an intendiert, Österreich abhängig zu machen durch Gaslieferungen. In den Archiven findet man Dokumente, die das belegen, und die Politik hat sich zurückgehalten." Wer nach den Gründen sucht, wird bei Gerhard Roiss fündig. Roiss war einmal Vorsitzender der OMV, des halbstaatlichen Öl- und Gaskonzerns. Während seiner Zeit als OMV-Chef in den Jahren zwischen 2011 und 2015 wollte Roiss die Abhängigkeit vom russischen Gaskonzern Gazprom verringern. Sein Ziel wäre gewesen, nur mehr 30 Prozent des Gases aus Russland zu beziehen. Der Rest sollte aus Norwegen und aus heimischen Quellen kommen. Doch Roiss konnte sich nicht durchsetzen. Stattdessen wurde 2018, vier Jahre nach der völkerrechtswidrigen Besetzung der Krim durch Russland, der bestehende Gasvertrag mit großem Pomp bis 2040 verlängert. Der frühere Gasmanager Roiss spricht im ARD-Interview von einer bewusst eingegangenen Abhängigkeit: "Diese Anhängigkeit wurde sukzessive in aller Öffentlichkeit aufgebaut. Das war kein Geheimnis. Man hat hier aus meiner Sicht sehr naiv agiert und in keiner Weise strategische Überlegungen angestellt. Und das ist keine politische Frage. Es ist ganz egal, wer der Lieferant ist. Das ist unverantwortlich." Freundschaft zelebriert Österreichische Spitzenpolitiker gefielen sich offenbar in der Rolle als Partner Russlands. Laut Roiss geschah das auch in bewusster Abgrenzung zu den USA. Ein Blick in die Archive zeigt, wie die Freundschaft zu Russland zelebriert wurde: Wladimir Putin war sechsmal zu Gast in Österreich, nachdem er zum Jahreswechsel 1999/2000 Präsident Russlands geworden war. Für ihn und für Gazprom-Chef Alexej Miller gab es zuletzt 2018 einen großen Empfang in der Hofburg, der ehemaligen Kaiserresidenz. Kremlchef Putin kam im selben Jahr als Überraschungsgast zur Hochzeit der früheren Außenministerin Karin Kneissl. Beim Fest in den Weinbergen der Steiermark wünschte er dem Brautpaar auf Deutsch alles Gute: "Liebes Brautpaar, ich gratuliere Ihnen von ganzem Herzen zur Eheschließung und Bildung einer neuen Familie. In Russland pflegt man den Brautpaaren Rat und Liebe zu wünschen." Im Juni 2021 wurde Kneissl in den Aufsichtsrat des russischen Energiekonzerns Rosneft berufen, den sie rund ein Jahr später wieder verließ. Der Rubel rollt - auch für österreichische Banken Spezielle Beziehungen zu Russland bestehen auch im Finanzbereich. Die "Raiffeisenbank International" (RBI), eine Tochter der österreichischen Genossenschaftsbank, ist in Österreich und in Südosteuropa ein großer Player. Mit ihrem Russlandgeschäft machte die Bank im letzten Jahr zwei Milliarden Euro Gewinn. Jetzt diskutiert die österreichische Politik darüber, ob die Bank Putins Krieg finanziert. Die hohen Gewinne sollen vor allem daraus resultieren, dass über RBI bis zu 50 Prozent des trotz des Krieges laufenden Zahlungsverkehrs mit Russland in Euro und Dollar abgewickelt wurden. Inzwischen interessieren sich die Europäische Zentralbank und die amerikanische Sanktionsbehörde OFAC für das Geschäft. Bei der Hauptversammlung der Bank vor wenigen Tagen ging es darum, ob, und wenn ja unter welchen Bedingungen, sie das Russland-Geschäft aufgeben könnte. Heimisches Biogas als Alternative? Bei der Frage der Gasversorgung könnten die Weichen bald in Richtung Biogas aus Österreich gestellt werden. Wie das aussehen kann, zeigt die Biogasanlage im niederösterreichischen Amstetten. Die Anlage erzeugt schon seit Jahren aus organischen Abfällen Methangas. Geschäftsführerin Katharina Hader versteht sich als Vorreiterin und sieht ein großes Potential. Noch wird das produzierte Gas in Strom umgewandelt. Doch das wird sich bald ändern. Bis Sommer soll die gesetzliche Grundlage kommen, die es erlaubt, das erzeugte Gas direkt ins Netz einzuspeisen. Amstetten wird bald Gas für 10.000 Haushalte produzieren. Für ganz Österreich könnten bis 2040 rund 20 Prozent des Gases Biogas sein.
/ausland/europa/oesterreich-russland-101.html
2023-04-10
15-jähriger Palästinenser erschossen
Einsatz der israelischen Armee
Die Lage im Westjordanland bleibt angespannt. Ein 15-jähriger Palästinenser wurde bei einem Einsatz der israelischen Armee erschossen. Tausende Israelis nehmen an einem "Solidaritätsmarsch" für jüdische Siedler teil. mehr
Die Lage im Westjordanland bleibt angespannt. Ein 15-jähriger Palästinenser wurde beim Einsatz der israelischen Armee erschossen. Tausende Israelis nehmen an einem "Solidaritätsmarsch" für jüdische Siedler teil. Bei einem Einsatz der israelischen Armee im Westjordanland ist nach palästinensischen Angaben ein 15-jähriger Junge getötet worden. Der Jugendliche habe Schussverletzungen an Kopf, Brust und im Bauchbereich erlitten, teilte das Gesundheitsministerium mit. Zwei weitere Personen seien verletzt worden. Israelische Armee nimmt Terrorverdächtigen fest Die israelische Armee war zuvor nach eigenen Angaben in das Flüchtlingslager Akabat Dschaber nahe Jericho vorgedrungen, um dort einen Terrorverdächtigen festzunehmen. Während des Einsatzes sei es zu gewaltsamen Ausschreitungen gekommen, Bewohner des Lagers hätten Sprengsätze und Molotow-Cocktails geworfen. Daraufhin hätten die Soldaten das Feuer erwidert und dabei "Treffer identifiziert". Der Terrorverdächtige sei festgenommen und den Behörden für weitere Ermittlungen übergeben worden. Die Lage im Westjordanland schon länger angespannt. Seit Jahresbeginn wurden laut palästinensischem Gesundheitsministerium bei Anschlägen oder militärischen Einsätzen 93 Palästinenser, 16 Israelis, ein Italiener und eine Ukrainerin getötet. Rechtsextreme Politiker bei "Solidaritätsmarsch" Währenddessen sind Tausende Israelis zu einem streng bewachten Marsch zum Siedlungsaußenposten Eviatar im Westjordanland aufgebrochen. Eviatar ist nicht offiziell als Siedlung genehmigt und wurde vor rund zwei Jahren nach einer Einigung mit den damaligen Einwohnern geräumt. Mitglieder der rechts-religiösen israelischen Regierungskoalition treten jedoch für eine Wiederbesiedlung ein. An dem Marsch nahmen deshalb auch die Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir sowie 20 Abgeordnete der rechtsextremen Regierungspartei teil. Ben-Gvir erklärte, mit dem Marsch werde ausgedrückt, "wir sind hier, und wir werden bleiben". Immer wieder Streit um Siedlungspolitik Israel unterscheidet zwischen Siedlungen, die mit Genehmigung der Regierung entstanden sind, und sogenannten wilden Siedlungen, die per Gesetz rückwirkend legalisiert werden sollen. Aus internationaler Sicht sind dagegen alle jüdischen Siedlungen in den Palästinensergebieten illegal. Der UN-Sicherheitsrat hatte Israel bereits Ende 2016 zum vollständigen Siedlungsstopp in den besetzten Gebieten aufgefordert. Seit der Eroberung des Westjordanlandes während des Sechstagekriegs im Juni 1967 haben sich dort bis heute mehr als 600.000 jüdische Siedler niedergelassen, während die Palästinenser das Gebiet als Territorium für einen eigenen Staat beanspruchen.
/ausland/asien/nahost-konflikt-palaestinenser-israelis-westjordanland-siedlung-101.html
2023-04-10
Suche nach Verschütteten geht weiter
Gebäudeeinsturz in Marseille
Die Rettungskräfte in Marseille hoffen weiter darauf, noch Überlebende unter den Trümmern eines eingestürzten Hauses zu finden. Die Suche gestaltet sich jedoch schwierig. Inzwischen konnten vier Tote geborgen werden. mehr
Die Rettungskräfte in Marseille hoffen weiter darauf, noch Überlebende unter den Trümmern eines eingestürzten Hauses zu finden. Die Suche gestaltet sich jedoch schwierig. Inzwischen konnten vier Tote geborgen werden. Mehr als einen Tag nach dem Einsturz eines Gebäudes in der Innenstadt von Marseille sucht die Feuerwehr weiter nach Verschütteten in den Trümmern. "Solange es Hoffnung gibt, Lebende zu finden, hören wir nicht auf", sagte Marseilles Bürgermeister Benoît Payan am Morgen. Rettungskräfte führten vor Ort einen "chirurgisch präzisen" Einsatz durch, um mögliche Überlebende "um jeden Preis zu schützen". Der Chef der Feuerwehr von Marseille, Lionel Mathieu, bestätigte die Äußerungen des Bürgermeisters. "Es besteht Hoffnung, dass noch Menschen am Leben sind", sagte er. Die Rettungsarbeiten gestalten sich jedoch schwierig. Das Feuer, das nach dem Einsturz unter dem Geröll entstand, ist noch nicht vollständig gelöscht. Payan sagte, es könne zu jedem Zeitpunkt wieder aufflammen. Zudem seien Nachbargebäude einsturzgefährdet. Inzwischen haben Rettungskräfte eine dritte und vierte Person tot aus den Trümmern geborgen. Das teilte die Staatsanwaltschaft mit. Bereits in der Nacht waren zwei Menschen tot aus dem Geröll geborgen worden. Acht Bewohner gelten seit dem Kollaps als vermisst. Zeitweise wurde auch befürchtet, ein Mann aus einem angrenzenden Haus könne unter den Trümmern sein. Mittlerweile habe er sich aber bei seinen Angehörigen gemeldet, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Massive Schäden auch an angrenzenden Gebäuden In der Nacht zum Sonntag war ein vierstöckiges Haus in der Rue Tivoli im fünften Marseiller Arrondissement eingestürzt. Auch Teile der beiden benachbarten Häuser wurden dabei heruntergerissen. Einige Stunden später brach eines der daneben stehenden Häuser in sich zusammen. Grund für den Einsturz war wohl eine Explosion. Mindestens fünf Menschen aus benachbarten Gebäuden wurden bei dem Unglück verletzt. Mehr als 30 Häuser wurden sicherheitshalber evakuiert.
/ausland/europa/gebaeudeeinsturz-marseille-111.html
2023-04-10
Sunak fordert Tempo bei Regierungsbildung
Nordirland
Nordirland hat wegen einer politischen Blockade derzeit keine Regierung - ein Verstoß gegen das Karfreitagsabkommen. Zum 25. Jahrestag des Abkommens fordert der britische Premier Sunak Tempo bei der Regierungsbildung. mehr
Nordirland hat wegen einer politischen Blockade derzeit keine Regierung - ein Verstoß gegen das Karfreitagsabkommen. Zum 25. Jahrestag des Abkommens fordert der britische Premier Sunak Tempo bei der Regierungsbildung. 25 Jahre nach dem Ende des jahrzehntelangen Bürgerkriegs in Nordirland hat der britische Premierminister Rishi Sunak den "Mut, die Ausdauer und die politische Vorstellungskraft" der Staats- und Regierungschefs gelobt, die das Karfreitagsabkommen in Nordirland geprägt haben. Gleichzeitig forderte er mehr Tempo bei der Bildung einer neuen Regierung des Landesteils. "Während wir uns an den soliden Fortschritt erinnern, den wir gemeinsam erzielt haben, müssen wir auch unsere Anstrengungen verstärken, um das 1998 gegebene Versprechen einzulösen", sagte Sunak zum Jahrestag des Friedensvertrags. "Wir müssen wieder eine Regierung [in Nordirland] bekommen", forderte der Premierminister. "Wir sind bereit, mit unseren Partnern in der irischen Regierung und den lokalen Parteien zusammenzuarbeiten, um die Institutionen so schnell wie möglich wieder ans Laufen zu kriegen." Abkommen sieht Einheitsregierung vor Das Karfreitagsabkommen beendete am 10. April 1998 den blutigen Bürgerkrieg zwischen meist katholischen Befürwortern einer Vereinigung der beiden Teile Irlands auf der einen Seite sowie überwiegend protestantischen Anhängern der Union mit Großbritannien, Polizei und britischer Armee auf der anderen Seite. Etwa 3700 Menschen kamen in dem Konflikt ums Leben, etwa 47.500 wurden verletzt. Das Friedensabkommen sieht unter anderem eine Einheitsregierung mit Vertretern beider Lager vor, doch seit Monaten herrscht in Nordirland politischer Stillstand. Die größte Unionistenpartei DUP weigert sich, in eine Regierung mit der republikanischen Partei Sinn Fein einzutreten. Streitpunkt sind die Handelsregeln für Nordirland Die Unionisten stören sich an den Handelsregeln, die für Nordirland nach dem Brexit gelten. Auch ein kürzlich zwischen London und Brüssel geschlossener Kompromiss konnte dies bislang nicht ändern. Nordirland folgt als britischer Landesteil auch nach dem Brexit den Regeln des EU-Binnenmarktes und der Zollunion. Damit soll eine harte Grenze zum EU-Staat Irland vermieden werden, an der alte Spannungen aufflammen könnten. Stattdessen sind aber Handelsbarrieren zwischen Nordirland und Großbritannien entstanden.
/ausland/europa/nordirland-karfreitagsabkommen-sunak-101.html
2023-04-10
China probt offenbar Abriegelung Taiwans
Militärmanöver
Zum Abschluss seines Manövers rund um Taiwan hat China nach eigenen Angaben eine "Luftblockade" geübt. Zeitgleich zeigte ein US-Zerstörer Präsenz im Südchinesischen Meer. In dem Konflikt um Taiwan plädiert Frankreichs Präsident Macron indes für eine eigene europäische Strategie. mehr
Zum Abschluss seines Manövers rund um Taiwan hat China nach eigenen Angaben eine "Luftblockade" geübt. Zeitgleich zeigte ein US-Zerstörer Präsenz im Südchinesischen Meer. In dem Konflikt um Taiwan plädiert Frankreichs Präsident Macron indes für eine eigene europäische Strategie. Chinas Volksbefreiungsarmee hat ihre großangelegten Manöver in der Nähe Taiwans beendet. Ein Sprecher des chinesischen Ostkommandos berichtete am Montag, die verschiedenen Übungen seien nach drei Tagen "erfolgreich abgeschlossen" worden. Am dritten Tag der Militärmanöver übten die Streitkräfte nach eigenen Angaben die "Abriegelung" der Insel. Mehrere Dutzend Militärflugzeuge seien vor Taiwan im Einsatz, um eine "Luftblockade" der Insel durchzusetzen, hieß es im staatlichen chinesischen Fernsehsender CCTV. "Mehrere Gruppen von H-6K-Kampfflugzeugen mit scharfer Munition" hätten "mehrere Wellen simulierter Angriffe auf wichtige Ziele auf der Insel Taiwan" ausgeführt, erklärte das chinesische Militär. An den Übungen sei zudem auch der Flugzeugträger "Shandong" beteiligt gewesen. Das taiwanische Verteidigungsministerium gab an, innerhalb von vier Stunden elf chinesische Kriegsschiffe und 59 Militärflugzeuge vor der Insel gesichtet zu haben. Unter den Flugzeugen seien Kampfjets und Bomber gewesen, hieß es aus Taipeh. 39 Flugzeuge hätten die früher noch respektierte, nicht offizielle Mittellinie der Meerenge der Taiwanstraße überquert und seien auch in die taiwanische Luftüberwachungszone (ADIZ) eingedrungen, die als eine Art Pufferzone zur Volksrepublik dient. Das japanische Verteidigungsministerium erklärte, von der "Shandong" aus seien Kampfflugzeuge und Hubschrauber zwischen Freitag und Sonntag 120 Mal gestartet und wieder gelandet. Der Flugzeugträger sei zusammen mit drei weiteren Kriegsschiffen und einem Hilfsschiff bis auf 230 Kilometer an die Insel Miyako herangekommen, die zur Präfektur Okinawa gehört. Auch Japan verfolge das Manöver mit großem Interesse, sagte ein Regierungssprecher. Das Land mobilisierte nach eigenen Angaben in den vergangenen Tagen mehrere Kampfjets. "Ernste Warnung" an Unabhängkeitskräfte Die seit Samstag andauernden Übungen hätten sich gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen in Taiwan gerichtet, sagte der chinesische Außenamtssprecher Wang Wenbin. "Es ist eine ernste Warnung wegen der provokativen Aktivitäten der separatistischen Unabhängigkeitskräfte in Taiwan und ihre geheimen Absprachen mit ausländischen Kräften." Er wertete das Manöver als "notwendigen Schritt, um die nationale Souveränität und territoriale Integrität zu schützen". Taiwan sei eine "rein innere Angelegenheit Chinas". Der Frieden in der Straße von Taiwan und die Unabhängigkeit der Insel seien nicht miteinander vereinbar, sagte Wang. "Wenn wir den Frieden und die Stabilität (...) schützen wollen, müssen wir jeder Form des Separatismus für eine Unabhängigkeit Taiwans entschieden entgegentreten." Das Manöver sei nicht überraschend gekommen, meint Chinaexperte Benjamin Ho im Gespräch mit der Agentur Reuters. "Die Manöver sind ja ganz offensichtlich zu erwarten gewesen. Schließlich hat China nie die Möglichkeit ausgeschlossen, Taiwan auch mit Gewalt mit der Volksrepublik zu vereinen. Wenn man mit dem Militär droht, dann muss man es auch trainieren." Peking signalisiere damit, dass es Taiwans Bestrebungen nach Unabhängigkeit nie akzeptieren werde, da diese Chinas Anspruch auf Taipeh untergraben. Tsai-Besuch in den USA irritiert Peking Dem Manöver vorausgegangen war ein Zwischenstopp der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen in den USA auf dem Rückweg von einer Mittelamerika-Reise. In Kalifornien war die Präsidentin am vergangenen Mittwoch mit dem Vorsitzenden des US-Abgeordnetenhauses, Kevin McCarthy, zusammengetroffen - protokollarisch die Nummer Drei der USA. Es war das erste Treffen dieser Art auf US-amerikanischem Boden. Die kommunistische Führung in Peking betrachtet das unabhängig regierte Taiwan als Teil der Volksrepublik, versucht, Taiwan international zu isolieren und lehnt offizielle Kontakte anderer Länder zu Taiwan entschieden ab. Schon nach dem Besuch von McCarthys Vorgängerin Nancy Pelosi im August in Taipeh waren großangelegte Militärmanöver abgehalten worden. Taiwan befürchtet eine Eroberung durch China. Der Konflikt um Taiwan ist ein zentrales Streitthema zwischen China und den USA. Washington hat sich seit 1979 der Verteidigungsfähigkeit der Insel verpflichtet, was bisher meist Waffenlieferungen bedeutete. Beobachter befürchten, an dem Streit könnte sich potenziell eine militärische Konfrontation zwischen den zwei Weltmächten entfachen. Außerdem streiten die USA und China über die chinesischen Territorialansprüche im Südchinesischen Meer. US-Aktion im Südchinesischen Meer In den zunehmenden Spannungen absolvierte der amerikanische Lenkwaffen-Zerstörer USS "Milius" zeitlich parallel zum chinesischen Militärmanöver rund um Taiwan einen Einsatz nahe dem Mischief-Atoll der Spratly-Inseln. Wie die 7. US-Flotte mitteilte, sei das US-Kriegsschiff damit für die Freiheit der Navigation in dem von China und anderen Staaten beanspruchten Meeresgebiet eingetreten. Anschließend habe die "Milius" das Gebiet wieder verlassen. Das Riff sei im natürlichen Zustand von Wasser überspült und erlaube daher nach der Seerechtskonvention keine Territorialansprüche, hieß es in der Mitteilung. Chinas Landgewinnung sowie die errichteten Anlagen änderten daran nichts. "Unrechtmäßige und weitreichende Ansprüche im Südchinesischen Meer stellen eine ernste Gefahr für die Freiheit der Meere dar, einschließlich der Freiheit der Navigation und des Überfluges, des freien Handels und ungehinderter Geschäfte." China beansprucht fast das gesamte Südchinesische Meer für sich und hat künstliche Inseln aufgeschüttet, um seine Ansprüche zu untermauern. Dies betrifft auch strategisch wichtige und ressourcenreiche Gebiete, die Länder wie Indonesien, Malaysia und die Philippinen für sich reklamieren. Die USA und Chinas Nachbarn werfen Peking eine zunehmende Militarisierung der Region vor. Der internationale Schiedsgerichtshof in Den Haag wies die chinesischen Gebietsansprüche 2016 zurück. China ignoriert das Urteil allerdings. Macron für europäische China-Strategie Nach Ansicht von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sollte Europa im Fall von Taiwan weder China noch den USA folgen, sondern eine eigene Strategie anstreben. "Das Schlimmste wäre zu denken, dass wir Europäer bei diesem Thema zu Mitläufern werden und entweder dem amerikanischen Duktus oder einer chinesischen Überreaktion folgen müssen", zitierte ihn das Magazin "Politico". Europa sollte nicht zur Eskalation des Konflikts beitragen, sondern als dritter Pol zwischen den USA und China agieren, sagte Macron in einem Interview mit "Politico" und der französischen Zeitung "Les Echos" während seines dreitägigen Besuchs in China in der vergangenen Woche. EU-Kommission ruft zu Zurückhaltung auf Die Europäische Union äußerte sich besorgt über das Militärmanöver und rief zur Zurückhaltung auf. Spannungen müssten durch Dialog gelöst werden, sagte Nabila Massrali, Sprecherin der EU-Kommission für auswärtige Angelegenheiten. Eine Eskalation habe weltweit enorme Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Sicherheitslage. Der Status Taiwans dürfe nicht mit Gewalt geändert werden. Die Straße von Taiwan ist eine vielbefahrene Schifffahrtsroute und enorm wichtig für den weltweiten Handel. Ihre Mittellinie gilt als nicht offizielle Grenze zwischen China und Taiwan, das die Volksrepublik als ihr eigenes Territorium beansprucht.
/ausland/asien/taiwan-china-manoever-101.html
2023-04-10
Menschenrechtler in China verurteilt
Human Rights Watch fordert Freilassung
Zwei prominente chinesische Menschenrechtler müssen für viele Jahre ins Gefängnis. In einem geheimen Prozess wurden Ding Jiaxi und Xu Zhiyong zu zwölf beziehungsweise 14 Jahren Haft verurteilt. mehr
Zwei prominente chinesische Menschenrechtler müssen für viele Jahre ins Gefängnis. In einem geheimen Prozess wurden Ding Jiaxi und Xu Zhiyong zu zwölf beziehungsweise 14 Jahren Haft verurteilt. In China sind zwei bekannte Menschenrechtsaktivisten zu langen Gefängnisstrafen verurteilt worden. Der Rechtswissenschaftler Xu Zhiyong müsse für 14 und der Anwalt Ding Jiaxi für zwölf Jahre in Haft, teilten die im Exil lebenden Ehefrauen per Twitter mit. Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bestätigte die Urteile eines Volksgerichts in Linshu in der Provinz Shandong. China: Quash Convictions of Prominent Rights Lawyers https://t.co/MXONuIp4IA Geheimer Prozess und Misshandlungsvorwürfe Verhandlung und Urteilsverkündung fanden hinter verschlossenen Türen statt. Den beiden Männern wurde "Untergrabung der Staatsgewalt" vorgeworfen. Das Gericht in Linshu leugnete die Verfahren: "Wir wissen nichts über diesen Fall", erklärte eine Sprecherin. Auch Außenamtssprecher Wang Wenbin gab auf Nachfragen von Journalisten vor, nichts über die Urteile zu wissen. "Mir ist die Situation nicht bekannt, aber ich kann Ihnen sagen, dass China ein Rechtsstaat ist und alle vor dem Gesetz gleich behandelt werden." Die chinesische Justiz behandle Fälle in Übereinstimmung mit dem Gesetz. Dings Ehefrau Luo Shengchun kritisierte die Behörden scharf: "Sie trauen sich nicht, eine Gerichtsanhörung abzuhalten, trauen sich nicht, Zeugen aufzurufen und trauen sich monatelang nicht, ein Urteil zu sprechen", so Luo. Auch Yaqiu Wang, Aktivistin bei Human Rights Watch in New York, wies darauf hin, dass der Prozess geheim abgelaufen sei. Es habe verfahrenstechnische Probleme gegeben. Außerdem wies Wang auf Berichte hin, wonach Xu und Ding in der Haft misshandelt worden sein sollen. "Umfassende Feindseligkeit" von Xi Die beiden Bürgerrechtler befinden sich bereits längere Zeit in Haft. Ding wurde im Dezember festgenommen, nachdem er gemeinsam mit Xu an einem geheimen Treffen von Juristen und Menschenrechtlern in der Provinz Fujian teilgenommen hatte. Dort wurde über einen "demokratischen Übergang in China" diskutiert, und Ding forderte später Chinas Machthaber Xi Jinping zum Rücktritt auf. Xu gelang es nach dem Treffen zunächst noch, sich für einige Zeit zu verstecken, wurde aber im Februar 2020 ebenfalls festgenommen. Beide Aktivisten saßen schon früher für mehrere Jahre im Gefängnis. Xu und Ding gehören zu den prominentesten Bürgerrechtlern in China, denen in jüngster Zeit der Prozess gemacht wurde. "Die grausamen Urteile und Strafen, die gegen Xu Zhiyong und Ding Jiaxi verhängt wurden, zeigen die umfassende Feindseligkeit von Präsident Xi Jinping gegenüber friedlichem Aktivismus", sagte Human-Rights-Watch-Aktivistin Wang. Regierungen auf der ganzen Welt sollten sich dem Aufruf an die chinesischen Behörden anschließen, die beiden Anwälte unverzüglich und bedingungslos freizulassen. "Pekings Behandlung der bekanntesten Menschenrechtsverteidiger des Landes sollte ein Realitätscheck für ausländische Staats- und Regierungschefs sein, die es eilig haben, mit Peking zum normalen Geschäft zurückzukehren", erklärte Wang offenbar auch angesichts des jüngsten Besuchs des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in China. "Die internationale Gemeinschaft muss denen beistehen, die den höchsten Preis zahlen, indem sie für die Rechte aller in China kämpfen."
/ausland/asien/menschenrechtsaktivisten-china-festnahme-xu-ding-101.html
2023-04-10
Tausende protestieren in Tiflis
Für EU-Beitritt, gegen Regierung
Tausende sind dem Aufruf von Georgiens größter Oppositionspartei zu Protesten gegen die Regierung gefolgt. Sie forderten die Umsetzung von Reformen, die einen EU-Beitritt erleichtern. mehr
Tausende sind dem Aufruf von Georgiens größter Oppositionspartei zu Protesten gegen die Regierung gefolgt. Sie forderten die Umsetzung von Reformen, die einen EU-Beitritt erleichtern. In Georgien haben Tausende Menschen gegen die Regierung in Tiflis demonstriert. Die Anhänger der Opposition versammelten sich vor dem Parlament in der Hauptstadt und schwenkten georgische, ukrainische und EU-Flaggen. Ein Banner zeigte die Aufschrift "Für eine europäische Zukunft". Aufgerufen zu dem Protest hatte die größte Oppositionspartei des Landes, die Vereinte Nationale Bewegung des inhaftierten Ex-Präsidenten Michail Saakaschwili. "Lang lebe Mischa", riefen die Demonstranten. Saakaschwili war Ende 2021 wegen des Vorwurfs des Amtsmissbrauchs festgenommen worden, als er nach einem langen Exil, das er vor allem in der Ukraine verbracht hatte, in seine Heimat zurückkehrte. Er verbüßt derzeit eine sechsjährige Haftstrafe und klagt über Todesdrohungen, Schlafentzug und körperliche Misshandlungen in der Haft.  Die Demonstranten forderten die Freilassung aller politischen Häftlinge und die Umsetzung der von der EU geforderten Reformen, um den Status eines Beitrittskandidaten zu erhalten. Die kleine frühere Sowjetrepublik strebt eigentlich einen Beitritt zur EU und zur NATO an. In jüngster Zeit nährten aber mehrere Maßnahmen der Regierung Befürchtungen, das Land könne sich Russland zuwenden. Die Regierungspartei Georgischer Traum hat eine absolute Mehrheit im Parlament.
/ausland/asien/georgien-proteste-eu-101.html
2023-04-10
Dalai Lama bedauert "Vorfall"
Empörung über geistliches Oberhaupt
Nachdem es in den sozialen Medien viel Kritik am Dalai Lama gab, hat sich dieser entschuldigt. Auf einem Video ist zu sehen, wie er einen Jungen zunächst küsst und ihn dann dazu auffordert, seine Zunge zu lecken. mehr
Nachdem es in den sozialen Medien viel Kritik am Dalai Lama gab, hat sich dieser entschuldigt. Auf einem Video ist zu sehen, wie er einen Jungen zunächst küsst und ihn dann dazu auffordert, seine Zunge zu lecken. Der Dalai Lama, das geistliche Oberhaupt der Tibeter, hat sich bei einem Jungen und seiner Familie entschuldigt. Zuvor war ein Video von ihm und dem Jungen viral gegangenen. In dem Video ist zu sehen, wie der Dalai Lama den Jungen auf die Lippen küsst. Anschließend streckt er ihm die Zunge entgegen und fordert ihn auf, diese zu lecken. Die Aufnahme stammt von einer Veranstaltung in einem Vorort der nordindischen Stadt Dharamshala am 28. Februar. In den sozialen Medien kritisierten viele Menschen das Verhalten des buddhistischen Lehrers und bezeichneten es als "abstoßend" und "absolut krank". #DalaiLama apologises after 'suck his tongue' comment sparks row https://t.co/UkKGLMO0wm "Für den Schmerz entschuldigen" Auf dem offiziellen Twitter-Konto des Dalai Lamas erschien jetzt diese Nachricht: "Ein Videoclip ist im Umlauf, der ein kürzliches Treffen zeigt, bei dem ein kleiner Junge seine Heiligkeit den Dalai Lama fragte, ob er ihm umarmen könne. Seine Heiligkeit möchte sich bei dem Jungen und seiner Familie wie auch bei seinen vielen Freunden rund um die Welt für den Schmerz entschuldigen, den seine Worte verursacht haben könnten." https://t.co/vlmUbI4vqz Weiter hieß es dort, seine Heiligkeit necke oft Leute, die er trifft, auf eine "unschuldige und verspielte Art, sogar in der Öffentlichkeit und vor Kameras". Er bedaure demnach den Vorfall. Der 87-jährige Dalai Lama ist international bei vielen Menschen beliebt, für viele ist er ein Symbol der Harmonie. Er wirbt aus seinem Exil in Indien für die Rechte der Tibeter und will für sie auch im Dialog mit China kulturelle und religiöse Freiheiten innerhalb der Volksrepublik erreichen. Für seinen Kampf wurde er 1989 mit dem Friedensnobelpreis geehrt.
/ausland/asien/dalai-lama-entschuldigung-junge-101.html
2023-04-10
Habeck sieht Energieversorgung gesichert
Trotz AKW-Abschaltung
Wirtschaftsminister Habeck hält die Energieversorgung in Deutschland trotz der anstehenden AKW-Abschaltung für gesichert. Der Atomausstieg sei unumkehrbar, sagte er den Zeitungen der Funke-Gruppe. mehr
Wirtschaftsminister Habeck hält die Energieversorgung in Deutschland trotz der anstehenden AKW-Abschaltung für gesichert. Der Atomausstieg sei unumkehrbar, sagte er den Zeitungen der Funke-Gruppe. Wenige Tage vor der Abschaltung der letzten deutschen Atomkraftwerke hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck unterstrichen, dass die Energieversorgung sicher sei. "Die Energieversorgungssicherheit in Deutschland wurde in diesem schwierigen Winter gewährleistet und wird auch weiter gewährleistet sein", sagte der Grünen-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Frage, ob er die Sicherheit der Energieversorgung garantieren könne, bejahte der Vizekanzler. "Wir haben die Lage im Griff durch die hohen Füllstände in den Gasspeichern und die neuen Flüssiggasterminals an den norddeutschen Küsten und nicht zuletzt durch mehr erneuerbare Energien", sagte Habeck. AKW-Abschaltung am Samstag Die letzten drei deutschen Atomkraftwerke hätten eigentlich schon Ende vergangenen Jahres vom Netz gehen sollen. Wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der dadurch ausgelösten Energiekrise beschloss die Ampelkoalition jedoch, die drei Meiler über den Winter weiterlaufen zu lassen. Am kommenden Samstag, den 15. April, sollen sie nun aber endgültig heruntergefahren werden. Keine Rückkehr zur Atomkraft Habeck machte deutlich, dass er den Atomausstieg für endgültig hält. Die Atomkraftwerke würden "früher oder später in den Rückbau gehen", argumentierte er. "Und ein Neubau von Atomkraftwerken hat sich immer als ökonomisches Fiasko dargestellt - ob in Frankreich, Großbritannien oder Finnland." Es gebe auch kein Interesse von deutschen Betreibern, neue Atomkraftwerke zu bauen. "Unser Energiesystem wird sich anders aufbauen: Wir werden bis 2030 zu 80 Prozent erneuerbare Energien haben." Minister ruft zu weiterem Energiesparen auf Habeck bedankte sich bei den Bürgern für ihren Einsatz. "Ich weiß von vielen Menschen, dass sie wirklich Verzicht geübt haben. Diese Kraftanstrengung hat geholfen, die Gasspeicher in der kritischen Phase vollzukriegen. Wir haben es geschafft, eine schwere Wirtschaftskrise abzuwehren." Dennoch rief er dazu auf, beim Energiesparen nicht nachzulassen. "Wir werden im kommenden Winter eine bessere Gasversorgungslage haben. Trotzdem ist Energie teuer und ein hoher Verbrauch schadet dem Klima", sagte er. Es bleibe also sinnvoll, sorgsam mit Energie umzugehen. "Wir haben auch gesehen, dass bestimmte Sachen ganz einfach waren und trotzdem einen guten Effekt hatten. Energiesparen muss keinen Verlust an Lebensqualität bedeuten."
/inland/innenpolitik/habeck-akw-105.html
2023-04-10
Hunderte Migranten erreichen Lampedusa
Migration übers Mittelmeer
Italiens Regierung zählt derzeit so viele ankommende Migranten wie lange nicht. Allein an Ostern erreichten der Nachrichtenagentur Ansa zufolge fast 1000 Menschen die Insel Lampedusa. Doch nicht alle Boote kommen ans Ziel. mehr
Italiens Regierung zählt derzeit so viele ankommende Migranten wie lange nicht. Allein an Ostern erreichten der Nachrichtenagentur Ansa zufolge fast 1000 Menschen die Insel Lampedusa. Doch nicht alle Boote kommen ans Ziel. Auch am Osterwochenende haben sehr viele Migranten die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer in Richtung Italien gewagt. In nur 24 Stunden kamen auf der Insel Lampedusa etwa 1000 Menschen an, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa meldete. In mehreren Booten erreichten demnach am Sonntag insgesamt 974 Menschen die kleine Insel. Unter ihnen befanden sich den Angaben zufolge viele Kinder. Es seien insgesamt 26 Anlandungen registriert worden. Im Laufe des Tages werden weitere Ankünfte erwartet. Am Tag zuvor habe es 17 Landungen mit 679 Migranten gegeben, meldet Ansa. Das Erstaufnahmelager auf Lampedusa sei nach dem Wochenende erneut überfüllt. In dem Camp, das eigentlich maximal knapp 400 Menschen aufnehmen kann, sind demnach nun 1883 Migranten untergebracht. Erneut Tote und Vermisste nach Bootsunglück Unterdessen sind nach Angaben der deutschen Hilfsorganisation Resqship am Sonntag in internationalen Gewässern in der Nähe von Malta bei einem Rettungseinsatz zwei Leichen geborgen worden - 25 Menschen konnten aus dem Wasser geholt und gerettet werden. Sie wurden an Bord des Motorsegelbootes "Nadir" der Organisation genommen und nach Lampedusa gebracht. Rund 20 weitere Menschen würden vermisst. 🔴 [1/4] Speechless and devastated. After hours of non-stop distress cases, our crew was alerted to another DC. When they arrived they found about 25 people in the water – they had been in there for about 2 hours already. Our crew was able to recover 22 survivors and 2 deceased. Laut dem Kapitän der "Nadir", Ingo Werth, handelt es sich um Männer, Frauen und Kinder aus Mali, Kamerun und der Elfenbeinküste. Ihr im tunesischen Sfax gestartetes Boot war in der Nacht zu Sonntag gekentert. Wie die Geretteten berichteten, war ihr Boot zunächst in Seenot geraten und später untergegangen. Mehrere Menschen würden weiter vermisst, schrieb Resqship auf Twitter. Viermal so viele Migranten wie vor einem Jahr Lampedusa liegt zwischen Sizilien und Nordafrika, von der tunesischen Küstenstadt Sfax ist sie knapp 190 Kilometer entfernt. Viele Menschen versuchen immer wieder mit Booten aus Tunesien und Libyen über das zentrale Mittelmeer nach Lampedusa, Malta, Sizilien oder auf das italienische Festland zu gelangen. Das Innenministerium in Rom zählte in diesem Jahr bereits mehr als 28.000 Menschen, die auf Booten Italien erreichten - mehr als viermal so viele wie im gleichen Vorjahreszeitraum (mehr als 6900).
/ausland/europa/lampedusa-155.html
2023-04-10
Das China-Dilemma der Wirtschaft
Sorgen wegen großer Abhängigkeit
Die wirtschaftlichen Schockwellen des Krieges gegen die Ukraine haben Europa noch einmal die Abhängigkeit von China vor Augen geführt. Wie reagieren Firmen angesichts wachsender Sorgen wegen des Machtstrebens in Peking? Von Claudia Erl.
Die wirtschaftlichen Schockwellen des Krieges gegen die Ukraine haben Europa noch einmal die Abhängigkeit von China vor Augen geführt. Wie reagieren Firmen angesichts wachsender Sorgen wegen des Machtstrebens in Peking? "Wenn wir China nicht mehr haben, wird der Wohlstand in Deutschland sinken." Mit dieser Aussage fasst Holger Engelmann große Befürchtungen in einem Satz zusammen. Engelmann ist Vorstandsvorsitzender des Autozulieferers Webasto - einem Familienunternehmen, das starke Verknüpfungen mit China hat. So wie viele andere Unternehmen in Deutschland und der Europäischen Union. Ein Bruch mit China wäre für sie existenzgefährdend. Doch im Laufe der Regierungszeit von Präsident Xi Jinping ist die Gefahr gewachsen, dass China politisches Machtstreben über wirtschaftliche Interessen stellt. Ein Dilemma für Firmen wie Webasto, die mehr als ein Drittel der Umsätze dort erwirtschaftet und elf Produktionsstätten in China hat. Hier weiß man: einfach raus aus der Verbindung geht nicht. Auch wenn Webasto gerade im Batteriebereich der E-Mobilität ein neues Produktionsfeld erschließt: China ist führend im Geschäft mit Lithium-Ionen-Batterien und zudem ein wichtiger Wachstumsmarkt für die E-Mobilität. EU versucht gegenzusteuern Knapp 80 Prozent der weltweiten Produktion von Lithium-Ionen-Batterien findet derzeit in China statt. Die EU-Politik hält mittlerweile dagegen - mit der "European Battery Innovation". 2021 wurden dafür rund drei Milliarden Euro Förderung beschlossen. Mit Erfolg: Viele neue Batteriewerke entstehen derzeit in Europa. "Doch an das Kernstück - die Batteriezelle - trauen sich nur wenige heran. Und selbst wenn die Zellen hier produziert würden: Die dafür notwendigen Rohstoffe kommen überwiegend aus China." Was kann Europa also noch dagegensetzen? Ein Instrument ist Innovation. In Frankreich entwickelt beispielsweise das Startup "Tiamat" Batteriezellen aus heimischen Natrium, um von den Seltenen Erden unabhängig zu werden. Doch auch hier kommt man von chinesischen Zulieferprodukten nicht los: Das Natrium stammt aus Frankreich - viele andere Bauteile dieser Innovation kommen nach wie vor aus riesigen Fabriken in Asien. So kann Europa den Kampf um Schlüsseltechnologien nicht gewinnen. Eine europäische Antwort auf Chinas Strategien? Die Führung in Peking hat klare Pläne. Mit der "Made in China 2025"-Strategie hat sie zehn Branchen definiert, in denen China zunächst zum führenden Produzenten im heimischen Markt werden will. Bis Mitte des Jahrtausends will man weltweit dominant sein. China nutzt dabei laut dem Vorsitzenden des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange, keine westlichen Technologien, weil es selbständig und unabhängig sein wolle. So eine industriepolitische Strategie suchte man hierzulande lange vergebens. Immerhin: Mitte März hat die EU-Kommission reagiert und ein Industrie-Gesetz zum Beschluss vorgelegt. Bundesregierung will Verhältnis neu definieren "Wandel durch Handel" hieß zuvor lange die Devise - auch mit China. Die Hoffnung war, dass der wirtschaftliche Austausch zu einer Annäherung führen würde. Bei Menschenrechten, Kinderarbeit oder politischer Verfolgung schaute man nicht so genau hin. Die Ampel-Regierung will das ändern: Im Koalitionsvertrag hat sie vereinbart, das Verhältnis Deutschlands zu China neu auszurichten. Dort ist die Rede von einer "systemischen Rivalität", von weniger Abhängigkeit und einer umfassenden Strategie. Doch passiert ist seither wenig. Noch werden in den Ministerien Papiere geschrieben. Im Bundeswirtschaftsministerium denkt man über neue Regeln für in China tätige Unternehmen nach. Investitionshilfen als Lösung? In der EU diskutiert man gerade, ob künftig Milliarden an Steuergeldern als Investitionshilfen in private Unternehmen fließen sollen. Doch ist Chinas Expansionsdrang so zu stoppen? Mikko Huotari, Direktor des "Mercator Institute for China Studies" in Berlin, glaubt nicht daran. China könne sich derzeit vor allem selbst stoppen, ist sich der Forscher hingegen sicher. Und Huotari setzt auf die "Kapazität, Innovationskraft und fantastischen Unternehmen" hierzulande. Mittlerweile gebe es auch ein Bewusstsein der Bevölkerung und der Politiker, "was auf dem Spiel steht". In einer Grundsatzrede hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor kurzem eine härtere Gangart gegenüber China angekündigt. Doch konkrete Maßnahmen kann die EU-Politik bislang kaum vorweisen. Es geht um viel mehr als Handel Längst geht es der Weltmacht nicht mehr nur um Handel und Produktion: China strebt nach einer neuen Weltordnung. Und Chinas Tonlage wird immer selbstbewusster und aggressiver. Was, wenn Xi Jinping Taiwan angreifen lässt? Dann wird es Sanktionen geben, die wirtschaftlichen Beziehungen würden rapide abgebrochen, ist sich Lange sicher. Der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament warnt deshalb deutlich vor einer möglichen Zuspitzung im Taiwan-Konflikt. "Das ist für die Europäische Union aber ein deutlich schlimmeres Momentum, als das, was wir mit Russland erlebt haben", sagt er. Der Taiwan-Konflikt hängt wie ein Damoklesschwert über der Weltwirtschaft.
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2023-04-10
35 Einwohner statt Millionenstadt
Was Großstädter nach Brandenburg zieht
Der Städte- und Gemeindebund hat unlängst den Umzug auf das Land empfohlen: Mehr als 1,3 Millionen leerstehende Wohnungen gebe es da. Doch wie sieht die Wirklichkeit aus? Ein Besuch in Brandenburg. Von Andreas König.
Der Städte- und Gemeindebund hat unlängst den Umzug auf das Land empfohlen: Mehr als 1,3 Millionen leerstehende Wohnungen gebe es da. Doch wie sieht die Wirklichkeit aus? Ein Besuch in Brandenburg. Andree Poblotzki freut sich, dass es endlich Frühling wird. Tomaten, Paprika und Chili hat er schon in Pflanztöpfe ausgesät. Sie stehen noch im Haus und sollen endlich raus, auf die Beete und ins Gewächshaus. Kartoffeln, Möhren, Gurken, im Winter Grünkohl: Eigenes Gemüse anzubauen und sich selbst damit versorgen zu können, gehört für den 42-Jährigen zu den Vorzügen des Landlebens, obwohl er sich das am Anfang noch anders gedacht hat - größer. Zunächst eine Wohnung in Berlin-Wedding, dann ein Eigenheim am Stadtrand und schließlich der Bauernhof in Gräben im Fläming. Im Sommer 2021 sind Andree, seine Frau Anita und ihre drei Kinder, zwei Mädchen, drei und vier Jahre alt, und der 17-jährige Sohn in das 500-Seelen-Dorf gezogen, knapp 100 Kilometer westlich von Berlin. Fast zwei Jahre haben sie zuvor nach etwas Passendem gesucht. "Alles näher als eine Autostunde von Berlin, dafür hätte das Geld nicht gereicht. Da konnten wir zusehen, wie die Preise steigen", sagt Poblotzki. Mit dem Hof, einem großen Haus und 3500 Quadratmetern Ackerfläche hat sich die Familie einen Traum erfüllt, weit weg vom Stress und der Enge der Großstadt. Dazu kommt, dass sie in Gräben auch gute Nachbarn gefunden haben und nach und nach in die Dorfgemeinschaft aufgenommen werden. "Da haben wir sicherlich auch Glück gehabt", resümiert Poblotzki. Hohe Benzinpreise sind ein Problem Der gelernte Kfz-Mechaniker und seine Frau sind studierte Sozialpädagogen. Sie pendelt für den Job täglich nach Berlin, er hat seine Arbeit in einer Behindertenwerkstatt aufgegeben und wollte Landwirtschaft machen, Gemüse anbauen und Hühner halten, die Eier legen. Das war im ersten Jahr nicht ertragreich genug, um Geld damit zu verdienen. Der Boden sei hier nicht der allerbeste, räumt Poblotzki ein. Manche Gemüsesorten würden da eben nicht so. Dazu komme, dass die Benzinpreise so hoch seien, dass es sich nicht lohnt nach Berlin zu fahren und dort zu verkaufen, ergänzt er noch. Die hohen Benzinpreise sind auch im Alltag ein Problem. Hier in Gräben, wo der Bus nur vormittags und nachmittags fährt, sind Andree und Anita Poblotzki auf das Auto angewiesen. Die Mädchen müssen in die Kita ins Nachbardorf gebracht werden und der nächste Supermarkt ist auch rund 15 Kilometer entfernt. Das war eine echte Umstellung für die Familie im Vergleich zu Berlin. "Da muss man eben Wege bündeln", sagt Andree Poblotzki. Das Projekt Landwirtschaft hat er erst einmal hintenangestellt, geblieben ist die Selbstversorgung. Beruflich orientiert er sich wieder in Richtung Sozialarbeit, bildet sich fort als Natur-, Wald- und Erlebnispädagoge und will sich so eine Existenz auf dem Lande aufbauen. Ein Dorf mit 35 Einwohnern Etwas anders ist der Weg raus aufs Land für Mareike Georg verlaufen. Ihr war es wichtig, einen Job zu haben und nicht davon leben zu müssen, was ein Hof so abwirft. Für sie als Grundschullehrerin war es sehr einfach, Arbeit zu finden, sie konnte sich in Brandenburg praktisch eine Schule aussuchen. Seit einem dreiviertel Jahr wohnt die 42-Jährige jetzt in der Prignitz, 150 Kilometer nördlich von Berlin auf einem Vierseithof in Hohenvier, 35 Einwohner. Die meisten sind zugezogen wie sie - aus Berlin und Hamburg. So war es leicht für sie, Kontakte zu knüpfen und Anschluss zu finden. Sie habe es schon immer aufs Land gezogen, sagt Georg. Hier habe sie endlich Platz für ihre Tiere: zwei Pferde, ein Pony und zwei Hunde, die sie aus dem Tierheim geholt hat. Fernbeziehung nach Berlin Mehr als zweieinhalb Hektar Wiese gehören zum Hof, dazu das Haus, Scheune, Kuh- und Schweinestall. Daraus später einmal ein Wohnprojekt zu machen für Jung und Alt, das sei ihr Traum. Doch jetzt sei sie erst einmal froh, sich im Haus eine Wohnung hergerichtet zu haben, sagt Georg. Wie schwer das auf dem Land werden kann und wie weit die Wege sind, hat sie kurz nach ihrem Umzug erfahren müssen. Nach einer Knieverletzung musste sie operiert werden und wusste nicht, wie sie allein zurechtkommen sollte. Sie war schon fast auf dem Sprung zurück nach Berlin. So kam der Ausbau des Hauses langsamer voran, auch weil das alte Gemäuer herzurichten viel mehr Arbeit und Geld erfordert hat, als sie ursprünglich dachte. Ohne die Hilfe ihrer Eltern und ihres Freundes wäre es nicht gegangen, sagt Georg. Mit dem Freund pflegt sie jetzt eine Fernbeziehung, da er wegen seiner Kinder aus einer früheren Beziehung nicht aus Berlin weg kann und will. Weite und Ruhe Inzwischen genießt Mareike die Weite und die Ruhe in der Prignitz. An Berlin vermisse sie höchstens, dass sie hier nicht spontan rausgehen kann unter Leute, ins Kino oder in ein Restaurant. "Hier bin ich schon mal allein mit meinen Tieren", sagt Georg. "Und im Winter kann es so richtig dunkel werden." Doch andererseits sei da der fantastische Sternenhimmel. Das müsse sich jeder gut überlegen, wenn er auf Land ziehen will. Sie sei mittlerweile angekommen und schon viel entspannter geworden, seit sie hier auf dem Lande wohne, sagt Georg. Zurück in die Großstadt zieht es sie nicht Ähnlich klingt das bei Andree und Anita Poblotzki nach fast zwei Jahren in Gräben. In diesem Jahr wollen sie an ihrem Haus auf alle Fälle das Dach dämmen - auch wegen der Heizkosten. Und sie hoffen auf ein gute Gemüseernte. Zurück in die Großstadt zieht es die beiden nicht, allenfalls mal zu einem Besuch bei Freunden. Nur Danny, ihr Sohn, will nach seinem Schulabschluss im Sommer wieder nach Berlin. Er sucht gerade einen Ausbildungsplatz.
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2023-04-10
Friedensbewegung zieht positive Bilanz
Ostermärsche
Russlands Krieg gegen die Ukraine stand auch dieses Jahr im Fokus der traditionellen Ostermärsche. Die Veranstalter sind insgesamt zufrieden, doch einig ist sich die Friedensbewegung nicht. mehr
Russlands Krieg gegen die Ukraine stand auch dieses Jahr im Fokus der traditionellen Ostermärsche. Die Veranstalter sind insgesamt zufrieden, doch einig ist sich die Friedensbewegung nicht. Die Friedensbewegung zieht eine "unterm Strich positive Bilanz" der diesjährigen Ostermärsche. Die traditionellen Veranstaltungen gingen heute mit Kundgebungen unter anderem in Hamburg und Frankfurt am Main zu Ende. Insgesamt gab es laut Veranstaltern über das Kar- und Osterwochenende mehr als 120 Demonstrationen für Frieden, darunter in Berlin, Köln, München, Hannover, Stuttgart, Leipzig und Bonn. Die Zahl der Teilnehmenden habe "in etwa" auf dem Niveau des Vorjahres gelegen, erklärte das Netzwerk Friedensinitiative, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Die Rede war lediglich von "mehreren Zehntausend Menschen". Das Netzwerk koordiniert bundesweit die Märsche, Demos, Kundgebungen und Gottesdienste zu Ostern. Versuche der Abgrenzung Bereits zum zweiten Mal standen die Veranstaltungen unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Die Organisatoren standen dabei vor der Herausforderung, sich von pro-russischen und rechten Gruppierungen abzugrenzen. "Vereinnahmungsversuchen von Rechten und Menschen aus dem 'Querdenken'-Spektrum" werde eine "klare Absage" erteilt, hieß es. Bei der Frage, welche Schlüsse aus dem völkerrechtswidrigen Krieg Russlands gegen die Ukraine gezogen werden müssen, gebe es auch innerhalb der Friedensbewegung "Meinungsdifferenzen", erklärte das Netzwerk Friedensinitiative. Einigkeit herrsche aber "bei der Forderung nach Verhandlungen und der deutlichen Kritik an der Aufrüstung". Netzwerk-Sprecher Kristian Golla erklärte, die Märsche hätten ein "deutliches Signal an die Bundesregierung" gesandt. "Über Frieden für die Ukraine muss endlich verhandelt werden." Auch der Stopp von Waffenlieferungen an die Ukraine wurde verlangt. Auch die Informationsstelle Ostermarsch, die in Frankfurt am Main ansässig ist, zog eine positive Bilanz. Ihrer Einschätzung nach war die Beteiligung höher als im vergangenen Jahr. Die Friedensbewegung sehe sich daher "gestärkt": Die Ostermarschierer hätten sich nicht durch "die medial aufgeblähte Abgrenzungsdebatte" ablenken lassen und seien "eindeutig gegen die fortschreitende Militarisierung und Kriegspropaganda" aufgetreten, so die Informationsstelle. "Mindestens etwas Naives" Kritik an den Ostermärschen kam am Wochenende aus den Reihen von CDU und FDP. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsbundestagsfraktion, Thorsten Frei, sagte der "Bild am Sonntag" ("BamS"), die Aktionen hätten in Zeiten des Ukraine-Krieges "mindestens etwas Naives". Ebenfalls in der "BamS" warnte die Vorsitzende des Bundestagsverteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die Teilnehmenden der Kundgebungen davor, sich bei ihren Demonstrationen auf die Seite Russlands zu schlagen. Die Ostermärsche haben eine lange Tradition in Deutschland. Sie reicht zurück bis in die 1950er-Jahre, als sie aus Protest gegen die Stationierung von Atomwaffen auf dem Gebiet der Bundesrepublik entstanden. Seither wird an den Kar- und Ostertagen gegen Atomwaffen und für Frieden demonstriert. Traditionell beteiligen sich auch Gewerkschaften und Kirchen an den Ostermärschen; durch die ambivalente Haltung zum Ukraine-Krieg gab es hier jedoch zuletzt auch Abgrenzungstendenzen.
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