date
stringclasses
417 values
headline
stringlengths
8
70
short_headline
stringlengths
3
51
short_text
stringlengths
60
381
article
stringlengths
92
180k
link
stringlengths
4
149
2023-04-06
Proteste gegen Rentenreform reißen nicht ab
Streiks in Frankreich
Gesperrte Straßen, blockierte Hochschulen: In Frankreich haben erneut Hunderttausende gegen die geplante Rentenreform demonstriert. Allerdings weniger stark als an den vorherigen Protesttagen.  mehr
Gesperrte Straßen, blockierte Hochschulen: In Frankreich haben erneut Hunderttausende gegen die geplante Rentenreform demonstriert. Allerdings weniger stark als an den vorherigen Protesttagen.  Am elften Protesttag in Frankreich gegen die Rentenreform haben sich weniger Menschen als zuvor beteiligt. Nach Angaben der Behörden gingen etwa 570.000 Menschen auf die Straße, um gegen die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre zu demonstrieren. In der vergangenen Woche waren es nach Angaben des Innenministeriums 740.000. Die Gewerkschaften sprachen von knapp zwei Millionen Teilnehmern. Straßenblockaden und Ausschreitungen Am Vormittag errichteten Demonstranten mehrere Straßenblockaden in der Nähe von Lyon, Rennes und Brest. In mehreren Universitäten und Gymnasien gab es Protestaktionen. Auch der Bahnverkehr war erneut beeinträchtigt, allerdings weniger stark als an den vorherigen Protesttagen.  Am Nachmittag kam es erneut zu Ausschreitungen am Rande der Demonstrationen in Paris und anderen Orten. In der Nähe des Pariser Restaurants "La Rotonde", in dem Präsident Emmanuel Macron 2017 seinen Wahlsieg gefeiert hatte, gerieten radikale Demonstranten und Sicherheitskräfte aneinander. Mehrere schwarz gekleidete Demonstranten bewarfen die Polizei mit Flaschen, Steinen und Feuerwerkskörpern. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein. Demonstrierende dringen in Firmengelände ein Noch bevor der Demonstrationszug in Paris startete, drangen Gegner der Rentenreform in ein Firmengebäude ein. Auf Videos war zu sehen, wie sie bengalische Feuer zündeten und Sprechchöre sangen. "Es braucht Geld, um unser Rentensystem zu finanzieren. Hier gibt es welches", rief ein Sprecher der Eisenbahner-Gewerkschaft CGT Cheminots der Zeitung "Le Parisien" zufolge ins Megafon. "Anstatt zwei Lebensjahre von den Arbeitnehmern zu nehmen, sollte Macron es hier suchen." In dem Gebäude sitzt auch der US-Vermögensverwalter Blackrock. In Macrons erster Amtszeit war Blackrock während der Streiks und Proteste gegen die damals geplante Rentenreform zu einer Art Feindbild geworden. Bei den aktuellen Protesten hat Blackrock bisher hingegen keine Rolle gespielt. Reform soll drohendes Loch in der Rentenkasse stopfen Die umstrittene Rentenreform Macrons ist mittlerweile beschlossen. Er und die Mitte-Regierung wollen damit ein Loch in der Rentenkasse verhindern. Die Gewerkschaften und große Teile der Opposition lehnen die Reform als unfair ab. Derzeit liegt das Renteneintrittsalter in Frankreich bei 62 Jahren. Tatsächlich beginnt der Ruhestand im Schnitt aber später: Wer für eine volle Rente nicht lange genug eingezahlt hat, arbeitet länger. Mit 67 gibt es dann unabhängig von der Einzahldauer Rente ohne Abschlag - dies will die Regierung beibehalten, auch wenn die Zahl der nötigen Einzahljahre für eine volle Rente schneller steigen soll. Die monatliche Mindestrente will sie auf etwa 1200 Euro hochsetzen. Macron, der derzeit auf Staatsbesuch in China ist, ließ über sein Umfeld verbreiten, dass er zu der Reform stehe und dass das Land sich nicht in einer demokratischen Krise befinde. Diesen Vorwurf hatte Gewerkschaftschef Laurent Berger gestern erhoben. Die Reform ist allerdings noch nicht in Kraft getreten. Dies soll Macrons Plänen zufolge bis Ende des Jahres geschehen. Derzeit wird das Vorhaben vom Verfassungsrat geprüft. Abgeordnete, Senatoren und auch Premierministerin Elisabeth Borne hatte die Instanz angerufen, um den Text unter die Lupe zu nehmen. Der Verfassungsrat kann die Reform in Teilen oder vollständig kippen oder für verfassungskonform erklären. Ende nächster Woche will er seine Entscheidung bekannt geben.
/ausland/europa/frankreich-proteste-179.html
2023-04-06
Giftmüll durch tauenden Permafrost?
Arktis
Diesel, Schwermetalle, Industrieabfälle - in der Arktis lagert viel giftiger Müll, oft einfach auf oder im Permafrostboden. Doch durch die Erderwärmung taut dieser auf. Forscher warnen vor Gefahren für die Natur. mehr
Diesel, Schwermetalle, Industrieabfälle - in der Arktis lagert viel giftiger Müll, oft einfach auf oder im Permafrostboden. Doch durch die Erderwärmung taut dieser auf. Forscher warnen vor Gefahren für die Natur. Durch das Tauen von Permafrostböden unter Industrieanlagen in der Arktis steigt Fachleuten zufolge das Risiko großflächiger Umweltschäden erheblich. In den arktischen Regionen seien über Jahrzehnte hinweg giftige Abfälle in Kleindeponien im oder auf dem bislang dauerhaft gefrorenen Erdreich abgelagert worden, erklärte das Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven. "Schutzfolie" löst sich auf Durch das Auftauen des Permafrosts im Zuge des Klimawandels verschwinde die "Barrierewirkung", heißt es in einer Studie von Wissenschaftlern des Instituts, die in "Nature Communications" veröffentlicht wurde. Im Interview mit tagesschau.de erklärt Studienautor Moritz Langer: "Das führt dazu, dass diese 'Schutzfolie' sich langsam auflöst und die Schadstoffe in andere Ökosysteme gelangen, wo es dann problematisch wird für Lebewesen und eventuell auch für Menschen." Dies betreffe natürlich die etwa sechs Millionen Menschen, die in der Arktis leben, also etwa indigene Gruppen, direkt. "Langfristig könnten diese Schadstoffe aber auch uns in den mittleren Breiten, also in den westlichen Regionen betreffen, denn ein Teil unserer Nahrung, etwa Fische, stammt aus der Arktis." Diesel, Schwermetalle, radioaktive Abfälle Die Bandbreite der Substanzen reicht demnach von Dieselkraftstoff über hochgefährliche Schwermetalle bis hin zu radioaktiven Abfällen. In der Arktis gibt es insgesamt eine große Zahl stillgelegter und aktiver Anlagen zur Öl- und Gasförderung sowie Bergwerke. Zu diesen gehören nach Angaben der AWI-Experten lokale Deponien mit giftigen Schlämmen, Seen voller aufgestauter Industrieabwässer oder Schutthalden aus dem Minenbetrieb. Auf eine aufwändige Entsorgung sei oftmals in dem Glauben verzichtet worden, der gefrorene Boden schließe die Abfälle dauerhaft ein. "Industrieabfälle aus stillgelegten oder noch arbeitenden Anlagen hat man daher in der Regel einfach vor Ort gelassen, statt sie mit viel Aufwand und entsprechenden Kosten zu beseitigen", erklärte Langer. So seien über Jahrzehnte Kleinstdeponien voller giftiger Rückstände aus der Öl- und Gasförderung entstanden. Bis zu 20.000 belastete Flächen Laut der Untersuchung existieren in der Arktis im Umkreis von etwa 4500 Industrieansiedlungen mindestens 13.000 bis 20.000 belastete Flächen, von denen in der Zukunft durch das Tauen des Permafrostbodens ein höheres Risiko ausgehen könnte. Etwa 3500 bis 5200 davon lägen sogar in Regionen, in denen der Schmelzprozess vor Ende des laufenden Jahrhunderts beginnen werde. Bei den Zahlen handelt es sich allerdings nur um eine grobe Orientierung, da mangels umfassender Daten ein genauerer Überblick fehlt. "Das tatsächliche Problem könnte sogar noch größer sein", erklärt der AWI-Experte. Da sich die Permafrost-Region zwei- bis viermal so schnell erwärme wie der Rest der Welt, taue der gefrorene Untergrund zunehmend auf. "Es taut schneller und weiträumiger und tiefgreifender, als das lange Zeit vermutet worden ist", so Langer. "Bis ungefähr 2050 können wir davon ausgehen, dass eine sehr große Fläche in der Arktis von dem Auftauen des Permafrosts betroffen sein wird. Und das betrifft sehr viele Orte, wo wir bereits die Kontamination sehen." Kaum verlässliche Daten aus Russland Die Forscher fordern langfristige Strategien. Unklar ist laut Studie, die sich auf Hochrechnungen in Computermodellen stützt, insbesondere die Situation in Sibirien, weil in Russland anders als etwa in Kanada und im US-amerikanischen Bundesstaat Alaska keine Datenbanken zu kontaminierten Flächen existieren. Aus Russland gebe es "eher spärliche Informationen", etwa aus Presseberichten. Verschärft wird die Lage laut AWI künftig durch zunehmende wirtschaftliche Aktivitäten in der sich erwärmenden Arktis. Die Folge davon seien immer mehr Industrieanlagen, aus denen giftige Substanzen austreten könnten, erklärte das Institut. Nicht nur von Deponien gehe dabei eine Gefahr aus. Durch den instabilen Boden könnten auch Schäden an Pipelines, Chemikalien-Lagern und Deponien entstehen. "All die Lagerstätten und Industrieanlagen wurden unter der Voraussetzung errichtet, dass Permafrost stabil ist - doch diese Annahme trifft nicht mehr zu", so Langer. "Deshalb müssen wir davon ausgehen, dass eventuell noch mehr Kontaminationen entstehen aufgrund Schäden an Infrastrukturen." Müll wieder wegräumen Als Konsequenz kann sich Langer vorstellen, dass die Menschen den Müll auch wieder wegräumen. "Das wäre natürlich das Optimale, dass wir den Müll, den wir über sehr lange Zeit in der Arktis hinterlassen haben, auch wieder wegräumen, oder heraustransportieren aus der Arktis. Zumindest an den Standorten, wo wir wissen, dass es Probleme geben wird mit dem Auftauen." Dafür brauche es aber erstmal eine bessere Übersicht darüber, wo in den vergangenen Jahren überhaupt wie viel und was entsorgt worden sei.
/wissen/klima/permafrost-muell-101.html
2023-04-06
Xi und Macron fordern Friedensgespräche
Krieg gegen die Ukraine
Nach ihrem Treffen in Peking haben Frankreichs Präsident Macron und Chinas Staatschef Xi rasche Friedensgespräche zwischen Kiew und Moskau gefordert. Zudem warnten sie vor einer atomaren Eskalation. mehr
Nach ihrem Treffen in Peking haben Frankreichs Präsident Macron und Chinas Staatschef Xi rasche Friedensgespräche zwischen Kiew und Moskau gefordert. Zudem warnten sie vor einer atomaren Eskalation. Chinas Staatschef Xi Jinping und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben sich dafür ausgesprochen, "so bald wie möglich" Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine aufzunehmen. Ziel sei eine "Wiederaufnahme der Gespräche, so schnell wie möglich, für einen dauerhaften Frieden", sagte Macron nach einem bilateralen Treffen in Peking. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz bekräftigten beide zudem ihre Ablehnung eines Einsatzes atomarer Waffen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die internationale Gemeinschaft riefen sie nach den Worten von Xi dazu auf, eine Eskalation zu vermeiden. Auch verurteile Chinas Präsident Angriffe auf Zivilisten - eine Verurteilung der russischen Aggression vermied er jedoch. Macron ist derzeit zu einem dreitägigen Staatsbesuch in China und will Xi dazu bewegen, seinen Einfluss auf Russland zugunsten einer Friedenslösung in der Ukraine zu nutzen. Dies machte er bei dem Gespräch mit Xi deutlich: "Die russische Aggression gegen die Ukraine ist ein Schlag für die Stabilität", so Macron. "Ich weiß, ich kann auf Sie zählen, um Russland wieder zur Vernunft und alle an den Verhandlungstisch zu bringen". Nach Angaben des Elysée-Palastes verlief das eineinhalbstündige Treffen "offen und konstruktiv". Anschließend stand eine Dreierrunde mit der europäischen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf dem Programm, die ebenfalls nach China gereist ist. "Wichtige Rolle bei der Schaffung von Frieden" Zuvor hatte Macron bereits deutlich gemacht, China spiele aus seiner Sicht "eine wichtige Rolle bei der Schaffung von Frieden". China habe die Einhaltung der UN-Charta bekräftigt, wozu auch territoriale Integrität und Souveränität einzelner Länder gehörten. "Diese zu verteidigen, bedeutet, auch zusammen voranzugehen und zu versuchen, einen Pfad zum Frieden zu finden", hob Macron in einer Rede am Vorabend in der französischen Botschaft hervor. Bisher hat China allerdings keine Initiative erkennen lassen, sich dahingehend stärker einzubringen oder auf Russland einzuwirken. Macron verwies auf das im Februar vorgelegte umstrittene chinesische Positionspapier zum Ukraine-Konflikt: "Stimmen wir damit in Gänze überein? Nein, aber es ist interessant", sagte Macron. Dies zeige Chinas "Bereitschaft, sich darauf einzulassen, den Konflikt zu lösen". Das Zwölf-Punkte-Dokument ruft zu einem Waffenstillstand und einer Wiederaufnahme von Verhandlungen auf. Es war international allerdings kritisch aufgenommen worden, weil es keine Initiative zur Lösung des Konflikts erkennen ließ, die Invasion nicht verurteilte und mit Kritik am Westen eher die russische Argumentation wiedergab. Rückendeckung für Russland durch China Zum Auftakt der Gespräche mit Macron hatte Xi die Entwicklung der Beziehungen zwischen den beiden ständigen Mitgliedern im Weltsicherheitsrat gelobt. Als große Länder mit einer Tradition der Unabhängigkeit hätten China und Frankreich "die Fähigkeit und Verantwortung, Differenzen zu überwinden", so Xi. Auch unterstützten beide den Multilateralismus. Er zeigte sich überzeugt, dass der dreitägige Staatsbesuch auch den Beziehungen zwischen China und Europa "neue Impulse und eine neue Atmosphäre geben" werde. Seit dem Einmarsch in die Ukraine vor gut einem Jahr gibt China Präsident Wladimir Putin politisch Rückendeckung. Der Schulterschluss spiegelt auch die geostrategische Rivalität mit den USA wider. Die USA und die NATO werden von Peking als Hauptschuldige des Konflikts dargestellt. Während Xi Jinping vor zwei Wochen in Moskau mit Putin zusammengetroffen war, gab es seit Beginn des Krieges nicht einmal ein Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Sorge vor wirtschaftlicher Abhängigkeit Vor dem Hintergrund der schlechten Erfahrungen mit der allzu großen Abhängigkeit von Russland wachsen auch die Sorgen über die Gefahren in der weit verzweigten wirtschaftlichen Kooperation mit der zweitgrößten Volkswirtschaft. Trotz aller Bedenken ist der Ausbau der Wirtschaftskooperation zwischen Frankreich und China ein wichtiges Thema des Besuchs von Macron. In seiner Begleitung reist eine 60-köpfige, hochkarätige französische Wirtschaftsdelegation - unter anderem mit Vertretern des europäischen Flugzeugbauers Airbus, des weltweit zweitgrößten Stromerzeugers Électricité de France EDF, des Zugherstellers Alstom und des Abfallunternehmens und Wasserversorgers Veolia.
/ausland/asien/macron-xi-von-der-leyen-101.html
2023-04-06
"Einigermaßen glimpflich"
Lauterbachs Corona-Bilanz
Die letzten Corona-Schutzmaßnahmen laufen aus. Für Gesundheitsminister Lauterbach ist Deutschland gut durch die Pandemie gekommen - auch wenn es Schwierigkeiten gegeben habe. Von Nadine Bader.
Die letzten Corona-Schutzmaßnahmen laufen aus. Für Gesundheitsminister Lauterbach ist Deutschland gut durch die Pandemie gekommen - auch wenn es Schwierigkeiten gegeben habe. Nach drei Jahren Pandemie zieht Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio insgesamt eine positive Bilanz: Wenn man sich die Immunsituation in der Bevölkerung ansehe, Infektionen, Impfungen und auch den Verlauf der neuen Varianten, sei Deutschland recht gut durch die Pandemie gekommen. Es habe Schwierigkeiten gegeben, Ältere zur Impfung zu bringen, so der SPD-Politiker. Gemessen daran sei die Sterblichkeit an Corona im Vergleich zu anderen Ländern "einigermaßen glimpflich" gewesen. Viele Menschen seien geschützt worden, zum Schluss auch sehr gut in den Pflegeeinrichtungen. Hilfe für Menschen mit Langzeitfolgen Für Menschen, die unter Long Covid und Impfschäden leiden, kündigt Lauterbach weitere Hilfen an. Zum einen arbeite der Gemeinsame Bundesausschuss, also Vertreter von Ärzteschaft und Krankenkassen, an einer evidenzbasierten, das heißt wissenschaftlich gesicherten Richtlinie, wie behandelt werden soll. Zum anderen arbeite Lauterbach daran, ein Programm im Bereich Versorgungsforschung aufzubauen. Zudem soll ein Informationsportal geschaffen werden: webbasiert, aber auch mit einer Hotline des Bundesgesundheitsministeriums, an die Betroffene sich wenden können. Sie sollen dort Informationen zu ihrer Erkrankung bekommen, aber auch Hinweise, wo man sich behandeln lassen kann. "Wir schulden das diesen Menschen wirklich", sagt Lauterbach. Denn für diese Menschen sei die Pandemie noch lange nicht vorbei. Konzept für künftige Pandemien in Vorbereitung In Bezug auf die Vorbereitung auf mögliche künftige Pandemien räumt der Gesundheitsminister Verzögerungen beim Aufbau einer Nationalen Pandemiereserve ein. Dabei geht es um die Einlagerung von Masken, Schutzausrüstung, aber auch Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Pläne stammten noch aus der letzten Legislaturperiode. Der Haushaltsausschuss habe sie gestoppt und um mehr Informationen gebeten, was der Bund und was die Länder übernehmen sollen. "Wir sind da an der Erarbeitung eines Konzeptes", sagt Lauterbach. Es seien schon viele Dinge in Vorbereitung. Zum Beispiel seien Verträge geschlossen worden, die greifen würden, wenn noch einmal eine Pandemie käme. "Dann hätten wir sehr schnell auch Produzenten von Impfstoffen. Da haben wir Kapazitäten bezahlt, die werden vorbehalten", sagt Lauterbach. Zudem sei auch schon Material gelagert worden. Aber das endgültige Konzept stehe noch aus. Derzeit werde an einem Vorschlag gearbeitet. Kostenübernahme bei Corona-Schutzimpfungen Auch in Bezug auf die künftige Erstattung von Corona-Schutzimpfungen zeigt Lauterbach sich optimistisch. Die Kostenübernahme durch den Bund läuft diese Woche zwar aus, doch nun sollen die Krankenkassen die Kosten in der Regelversorgung übernehmen. Ärzteschaft und Kassen streiten über die Höhe der Vergütung. Er habe die Partner der Selbstverwaltung in sein Ministerium zitiert, sagt Lauterbach. Er höre, dass man auf dem Weg einer Einigung sei.
/inland/innenpolitik/lauterbach-corona-bilanz-101.html
2023-04-06
Berlusconi an Leukämie erkrankt
Italiens Ex-Regierungschef
Am Mittwoch kam er auf die Intensivstation einer Mailänder Klinik, gestern wurde bekannt: Der frühere italienische Ministerpräsident Berlusconi ist an chronischer Leukämie erkrankt. mehr
Am Mittwoch kam er auf die Intensivstation einer Mailänder Klinik, gestern wurde bekannt: Der frühere italienische Ministerpräsident Berlusconi ist an chronischer Leukämie erkrankt. Italiens Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi ist an Leukämie erkrankt. Der 86-Jährige werde auf der Intensivstation wegen einer "Lungeninfektion" behandelt und leide an "chronischer myelomonozytärer Leukämie", erklärten die behandelnden Ärzte am Krankenhaus San Raffaele in Mailand. Krebserkrankung in "anhaltender chronischer Phase" Chronische myelomonozytäre Leukämie, an der vor allem Ältere erkranken, beginnt in den blutbildenden Zellen des Knochenmarks und greift dann auf das Blut über. Berlusconis Krebserkrankung befinde sich in einer "anhaltenden chronischen Phase" und habe sich noch nicht in eine "akute Leukämie" verwandelt, sagten die Ärzte. Vittorio Sgarbi, stellvertretender italienischer Kulturminister und langjähriger Weggefährte Berlusconis, erklärte, er hoffe, dass "er die Kraft hat, gegen diesen jüngsten Rückschlag mit dem düsteren Namen Leukämie zu bestehen". Große gesundheitliche Probleme Italiens Außenminister Antonio Tajani, Mitgründer von Berlusconis Partei Forza Italia, hofft auf eine Rückkehr Berlusconis: "Hoffentlich kehrt der Löwe bald zurück, um die Partei zu führen, er gibt nie auf. Er ist der Anführer unserer Partei."  Zuvor hatte Tajani im Radiosender Rai Radio Uno gesagt, der Zustand des früheren Regierungschefs sei "stabil", Berlusconi habe eine "ruhige Nacht" gehabt und bereits mit führenden Vertretern seiner Partei telefoniert. "Sein Zustand ist stabil, er ist ein Fels" Am Mittwoch war Berlusconi wegen Herz-Kreislauf- und Atemproblemen in das Krankenhaus gekommen. Mehrere Familienmitglieder besuchten Berlusconi im San-Raffaele-Krankenhaus, darunter sein Bruder Paolo, seine älteste Tochter Marina und sein jüngster Sohn Luigi. Beim Verlassen der Klinik sagte der Bruder: "Sein Zustand ist stabil, er ist ein Fels." In jüngerer Vergangenheit hatte Berlusconi mehrfach mit schweren Gesundheitsproblemen zu kämpfen. 2016 war der Multimilliardär am offenen Herzen operiert worden, 2019 wegen eines Darmverschlusses, 2021 verbrachte er mehr als drei Wochen wegen der Folgen einer früheren Corona-Infektion im Krankenhaus. Berlusconi gründete Forza Italia In den Jahren 1994 bis 2011 war der rechtspopulistische Politiker mit Unterbrechungen insgesamt vier Mal italienischer Ministerpräsident. Die von Berlusconi gegründete und geleitete rechtskonservative Partei Forza Italia ist seit Oktober Teil der von der ultrarechten Ministerpräsidentin Giorgia Meloni angeführten Regierungskoalition, hat jedoch in den vergangen Jahren an Bedeutung verloren. Berlusconi selbst war bei den Parlamentswahlen im September in den Senat gewählt worden.
/ausland/europa/berlusconi-krankenhaus-101.html
2023-04-06
Was bringt die Vier-Tage-Woche?
Vorstoß der IG-Metall
Weniger Arbeit für den gleichen Lohn - das fordert die IG Metall. Die Debatte wird schon länger geführt. Doch kann die Vier-Tage-Woche auch halten, was sie verspricht? Die wichtigsten Fragen und Antworten von A. Mannweiler.
Weniger Arbeit für den gleichen Lohn - das fordert die IG Metall. Die Debatte wird schon länger geführt. Doch kann die Vier-Tage-Woche auch halten, was sie verspricht? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Modellen. Von Antonia Mannweiler, tagesschau.de Was wird gefordert? In den Monaten von April bis Juni bekommen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit den vielen Feiertagen und verkürzten Wochen zu spüren, was derzeit hitzig debattiert wird: gleicher Lohn bei verkürzter Arbeitszeit. Die Diskussion um die Vier-Tage-Woche wird nicht erst seit kurzem geführt, neues Öl ins Feuer hat zuletzt aber ein Gewerkschaftsschwergewicht gegossen: Die IG-Metall hat in dieser Woche angekündigt, in der kommenden Tarifrunde für die Stahlbranche die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich zu fordern. Die Forderung ziele erstmals auf einen kollektiven, tariflich abgesicherten Anspruch für Beschäftigte einer ganzen Branche, sagte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann. Die Arbeitszeit soll demnach von bisher 35 auf 32 Stunden fallen. Und Hoffmann bestärkte, dass die Forderung auch über die Stahlbranche hinaus Ausstrahlung habe. Was bedeutet die Vier-Tage Woche? Für die Vier-Tage-Woche gibt es vor allem zwei Modelle, die zur Debatte stehen. In dem ersten Modell wird die wöchentliche Arbeitszeit bei gleichem Lohn reduziert, von 40 auf 32 Stunden - oder wie es die IG-Metall für die Stahlbranche fordert - von 35 auf 32 Stunden in der Woche. Das Modell verfolgt in der Regel den sogenannten "100-80-100"-Ansatz. Für 80 Prozent Arbeit wird 100 Prozent des Gehalts gezahlt - bei hundertprozentiger Produktivität. In einem zweiten Modell würden dagegen lediglich die Stunden von fünf Tagen auf vier Arbeitstage umverteilt. Wer also zuvor in einer 40-Stunden-Woche täglich acht Stunden arbeitete, müsste in einer Vier-Tage-Woche nun zehn Stunden arbeiten. Unter beiden Modellen soll - im Idealfall - aber die Gesamtproduktivität nicht leiden. Ziel ist also immer, in vier Tagen genauso viel zu schaffen wie in fünf. Wie fallen die Reaktionen aus? Auf den neuerlichen Vorstoß der IG-Metall gibt es ordnungsgemäß unterschiedliche Reaktionen. Die Linke etwa unterstützt die Pläne der Gewerkschaft. "Die Vier-Tage-Woche ist kein weltfremdes Hirngespinst, sondern in einigen Ländern längst Praxis", sagte etwa Ko-Parteichef Martin Schirdewan. Er fügte hinzu, dass die verkürzte Arbeitswoche auch gut für das Klima sei, indem Fahrten und Energiekosten verringert würden. Der Arbeitgeberverband Stahl selbst zeigte sich von den Vorschlägen der IG-Metall unbeeindruckt. Seit Jahrzehnten gelte in der Metallindustrie die 35-Stunden-Woche. Diese weiter zu verkürzen, komme aus Arbeitgebersicht nicht in Frage. "Die Forderung kommt völlig zur Unzeit", sagte Gerhard Erdmann vom geschäftsführenden Vorstand des Arbeitgeberverbands Stahl. Die Arbeitgeber hätten bereits jetzt mit hohen Energiekostensteigerungen und den Kosten für die Transformation der Branche zu kämpfen. Auf Arbeitgeberseite gibt es wenig Verständnis für eine verkürzte Arbeitszeit. Im Gegensatz zur Forderung, die Arbeitszeit zu reduzieren, plädierte Sigfried Russwurm, Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie, vergangenes Jahr sogar noch die Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden zu erhöhen, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Was sagen Ökonomen zur verkürzten Arbeitszeit? Für die IG-Metall sei der Schritt von der 35-Stunden-Woche zu 32 Stunden nicht mehr so groß, sagt Arbeitsmarktforscher Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) auf Anfrage von tagesschau.de. Das starre Fünf-Tage-Modell durch ein starres Vier-Tage-Modell zu ersetzen, dafür sieht Weber aber keine Notwendigkeit. Er wäre "vorsichtig", allen ausnahmslos eine Vier-Tage-Woche zu verordnen. Wer bei zuvor 40 Stunden in der Woche weniger arbeite, aber das gleiche Gehalt erhalte, müsse jede Stunde 25 Prozent mehr leisten, um die Arbeitszeit auszugleichen. In den allermeisten Jobs sei dies aber undenkbar, so Weber. Man könne in vier Tagen ja nicht genauso viele Busse fahren oder Menschen pflegen wie an fünf Tagen. Der Experte plädiert stattdessen für selbstbestimmte Arbeitszeiten und mehr Flexibilität. Das Recht auf Teilzeit gebe es auch schon jetzt in Deutschland. Auch Christoph Schröder vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) betont im Gespräch mit tagesschau.de, dass es schon jetzt bestimmte Regelungen gebe, weniger zu arbeiten - und dafür auf Lohn zu verzichten. In einzelnen Fällen könne eine Vier-Tage-Woche helfen, Fachkräfte zu gewinnen. Eine Einführung der Vier-Tage-Woche auf breiter Front würde seiner Meinung nach den Fachkräftemangel dagegen verstärken. Aufgrund des enormen Mangels an Arbeitskräften in vielen Bereichen dürften Arbeitnehmer und Gewerkschaften aber künftig am längeren Hebel sitzen. "Deshalb werden wir im Zweifel kräftige Lohnzuwächse sehen", sagte dazu auch Stefan Kooths, Konjunkturchef am Kieler Institut für Weltwirtschaft. "Das ist jetzt den Unternehmen und Gewerkschaften überlassen, wie sie das dann aushandeln - ob daraus dann eine Vier-Tage-Woche wird, das wird sich zeigen." Gibt es die Vier-Tage-Woche bereits? Seit November 2022 gilt in Belgien der Rechtsanspruch auf eine Vier-Tage-Woche, jedoch nur für die erste Variante der verkürzten Arbeitswoche: Die 40 Stunden in der Woche müssten dann in vier Tagen geleistet werden. Wer als Arbeitnehmer die wöchentliche Stundenzahl reduzieren will, muss dagegen mit einem Gehaltsabschlag rechnen. In Island durften 2500 Arbeitskräfte über vier Jahre hinweg die Vier-Tage-Woche austesten. Dabei wurde die 40-Stunden-Woche auf 36 oder 35 Stunden reduziert bei gleichem Lohn. Mit dem Ende des Versuchs erhielt ein Großteil der Arbeiter in Island das Recht auf kürzere Arbeitszeiten. Und auch die Ergebnisse des bisher größten Versuchs einer Vier-Tage-Woche aus Großbritannien sorgten zuletzt für Aufsehen. Von 61 Unternehmen mit insgesamt rund 2900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hatten sich nach der Erfahrung 56 Firmen dazu entschieden, die Vier-Tage-Woche beizubehalten. Wo liegen die Vorteile der Vier-Tage-Woche? Der Denkfabrik "Autonomy" zufolge, die die Studien in Island und Großbritannien begleitete, konnte die Produktivität in den Unternehmen gesteigert - oder zumindest gehalten werden. Zudem gingen die Krankentage in Großbritannien um rund zwei Drittel zurück und weniger Mitarbeiter verließen das Unternehmen in der Zeit. Die an dem Experiment teilnehmenden Arbeitnehmer gaben auch an, weniger gestresst zu sein. Die Versuchsreihe wurde damit als Erfolg gewertet. Philipp Frey, Arbeitsforscher am Karlsruher Institut für Technologie, sagte dazu dem MDR kürzlich, dass die Unternehmen dabei gezwungen seien, sich Gedanken zur Umsetzung der Vier-Tage-Woche zu machen. So würden etwa Meetings drastisch reduziert oder in neue Technologien investiert, um die Produktivität zu steigern. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten im Gegenzug mehr Zeit für Erholung, Freizeitaktivitäten, Sport oder die Familie. Ein weiterer Punkt, den Befürworter der Vier-Tage-Woche vorlegen, ist der zunehmende Wettbewerb um Arbeitskräfte, bei dem Unternehmen mit einer verkürzten Arbeitswoche für Fachkräfte attraktiver werden. Als weiterer Pluspunkt einer Vier-Tage-Woche wird auch der Umweltaspekt angeführt: Wer seltener zur Arbeit mit dem Auto oder Bus fährt, stößt auch weniger CO2 aus. Welche Nachteile gibt es? Nicht in jeder Berufsgruppe ist die Umsetzung einer Vier-Tage-Woche bei gleichem Gehalt praktisch möglich - wenn die Produktivität nicht darunter leiden soll. Dazu zählen etwa Berufe in der Pflege oder im Erziehungswesen. Dort werden auch schon jetzt Kapazitätsgrenzen erreicht. Auch die Umsetzbarkeit der Vier-Tage-Woche dürfte in vielen Betrieben ein großes Problem sein. So hebt IW-Arbeitsmarktforscher Schröder hervor, dass gerade Hochöfen in der Stahlindustrie, in der die Vier-Tage-Woche gefordert wird, durchgehend laufen müssten, wodurch Schichten neu organisiert werden müssten. Dort würde sich mit einer Arbeitszeitverkürzung nicht so einfach die Produktivität steigern lassen - was sich auch auf die Kosten niederschlagen könne: Das könnte im schlechtesten Falle Betriebsschließungen, Verlagerungen, Verzicht auf Lohnzuwächse oder Entlassungen zur Folge haben. Die Übertragbarkeit der Ergebnisse aus der Studie in Großbritannien müsse man zudem mit Vorsicht genießen, gibt Schröder zu bedenken. So hätten sich die Unternehmen freiwillig gemeldet und seien begleitet und gecoacht worden, mit der kürzeren Arbeitszeit besser umzugehen. Man müsse die Frage stellen, wie man mit einer Verkürzung der Arbeitszeit die Produktivität so steigern können, ohne dass es zu einer stressfördernden Arbeitszeitverdichtung komme, sagt Schröder.
/wirtschaft/vier-tage-woche-unternehmen-ig-metall-101.html
2023-04-06
Corona-Impfungen in Deutschland
Aktuelle Zahlen
Wie viele Menschen in Deutschland sind gegen Corona einmal oder vollständig geimpft? Wie kommen die Impfungen in den Bundesländern voran? Welche Impfstoffe werden genutzt? Die Impfzahlen im Überblick. mehr
Wie viele Menschen in Deutschland sind gegen Corona einmal oder vollständig geimpft? Wie kommen die Impfungen in den Bundesländern voran? Welche Impfstoffe werden genutzt? Die Impfzahlen im Überblick. Wie entwickelt sich die Zahl der Impfungen pro Tag? Wie hoch ist der Anteil geimpfter Menschen in den Bundesländern? Hinweis: Das Robert Koch-Institut hat mitgeteilt, dass mit Auslaufen der Coronavirus-Impfverordnung am 7. April 2023 die tägliche Veröffentlichung der Impfquoten ausgesetzt wird. Mit Inkrafttreten der COVID-19-Vorsorgeverordnung am 8. April 2023 will das RKI demnach die Frequenz der Aktualisierungen anpassen und ab Mai wieder Impfdaten in angepasster Form veröffentlichen. Die Grafik basiert auf dem aktuellsten durch das RKI veröffentlichten Datenstand zu den Impfquoten. Überblick zu den Corona-Impfungen in Deutschland und den Bundesländern Wie entwickelt sich die Zahl der Impfungen in Deutschland? Wie entwickelt sich die Nutzung der Impfstoffe? Wie entwickelt sich die Nutzung der Impfstoffe pro Tag? Welche Hersteller haben wie viel Impfstoff geliefert?
/inland/coronavirus-impfungen-zahlen-101.html
2023-04-06
Norden Israels mit Raketen beschossen
Aus dem Libanon
Erstmals seit etwa einem Jahr sind wieder Raketen aus dem Libanon auf den Norden Israels abgefeuert worden. Israel reagierte laut libanesischen Angaben mit Gegenangriffen. mehr
Erstmals seit etwa einem Jahr sind wieder Raketen aus dem Libanon auf den Norden Israels abgefeuert worden. Israel reagierte laut libanesischen Angaben mit Gegenangriffen. Aus dem Libanon sind nach israelischen Angaben mindestens 34 Raketen auf den Norden Israels abgefeuert worden. 25 Raketen wurde vom israelischen Raketenabwehrsystem abgefangen, wie die israelische Armee auf Twitter bestätigte. An initial inquiry identified 34 rockets that were fired from Lebanon into Israel. 25 rockets were intercepted by the IDF Aerial Defense Array, while 5 landed in Israeli territory. 4 additional launches are under review. https://t.co/531IL6xNQo In Dutzenden grenznahen Städten und Orten wurde Raketenalarm ausgelöst. Anwohner berichteten von Explosionen. Der israelische Rettungsdienst Magen David Adom meldete drei verletzte Personen, darunter ein Mann in dem mehrheitlich christlichen Ort Fassuta, der von Schrapnellen getroffen wurde. In ganz Israel seien Rettungsteams in Alarmbereitschaft versetzt worden. Israel reagiert offenbar mit Artilleriebeschuss Ministerpräsident Benjamin Netanyahu berief für den Abend ein Treffen des Sicherheitskabinetts ein. Verteidigungsminister Joav Galant kündigte ein Treffen mit hochrangigen Beamten an. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, dass Israels Artillerie Ziele im Grenzgebiet angreife. Laut der Nachrichtenagentur ANI habe die israelische Armee "mehrere Granaten von ihren Stellungen an der Grenze" auf den Südlibanon abgefeuert. Zuvor seien von dort aus "mehrere Raketen" vom Typ Katjuscha auf Israel abgefeuert worden.  Urheber der Angriffe unklar Unklar war, welche Gruppierung hinter dem Angriff steht. Der Beschuss erfolgte nur wenige Stunden nachdem die vom Iran unterstützte libanesische Terrororganisation Hisbollah laut Bericht der Zeitung "Times of Israel" erklärt hatte, sie werde die Palästinenser gegen Israel unterstützen. Hintergrund sind gewaltsame Zusammenstöße zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften auf dem Tempelberg in Jerusalem in den vergangenen Tagen. Auch die radikalislamische Hamas im Gazastreifen hatte mit wiederholtem Raketenbeschuss auf Südisrael auf die Vorfälle an der heiligen Stätte reagiert. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete hingegen unter Berufung auf israelische Sicherheitskreise, dass nicht die Hisbollah, sondern palästinensische Gruppierungen im Libanon für die Angriffe verantwortlich sein könnten. Die Hisbollah kontrolliert weite Teile im Süden des Libanon. Sie unterhält zudem enge Verbindungen zur Hamas sowie zu der ebenfalls im Gazastreifen aktiven militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad. Zuletzt hatte die Hisbollah im April vergangenen Jahres Raketen auf Israel abgefeuert. Das israelische Militär hatte darauf mit Artilleriefeuer reagiert. Israel und der Libanon befinden sich offiziell im Kriegszustand. An der Grenze der beiden Staaten kommt es immer wieder zu Spannungen.
/ausland/asien/israel-raketen-libanon-101.html
2023-04-06
Von der Leyen warnt vor Waffenlieferungen
Besuch in Peking
"Das würde unsere Beziehungen erheblich schädigen": EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat China gewarnt, Waffen an Russland zu liefern. Gemeinsam mit Frankreichs Präsident Macron rief sie Staatschef Xi auf, Chinas Einfluss auf Russland zu nutzen. mehr
"Das würde unsere Beziehungen erheblich schädigen": EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat China gewarnt, Waffen an Russland zu liefern. Gemeinsam mit Frankreichs Präsident Macron rief sie Staatschef Xi auf, Chinas Einfluss auf Russland zu nutzen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat China vor Waffenlieferungen an Russland gewarnt. Nach Gesprächen mit Staats- und Parteichef Xi Jinping gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte von der Leyen vor der Presse in Peking, sie setze darauf, dass China Russland keine militärische Ausrüstung "direkt oder indirekt" zur Verfügung stelle. "Den Aggressor zu bewaffnen wäre gegen internationales Recht und es würde unsere Beziehungen erheblich schädigen." "Wir zählen auf China" Als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat habe China eine große Verantwortung. "Wir erwarten, dass China seine Rolle spielt und einen gerechten Frieden unterstützt - einer, der die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine respektiert, einen der Eckpfeiler der UN-Charta." In ihren Gesprächen habe sie betont, dass sie fest hinter dem Friedensplan des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj stehe. China habe eine große Verantwortung, seinen Einfluss auf Russland zu nutzen: "Wir zählen auf China." Angriff auf Taiwan wäre "inakzeptabel" Zudem warnte von der Leyen China vor einem Angriff auf Taiwan. "Niemand sollte in dieser Region den Status Quo einseitig durch Gewalt ändern", sagte sie. Dies wäre "inakzeptabel". Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine rief von der Leyen Xi auf, das direkte Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu suchen. Als "positives Zeichen" wertete von der Leyen die Zusicherung des chinesischen Staatschefs, dies zu tun, sobald die Zeit dafür reif sei. Von der Leyen ist gemeinsam mit Macron nach Peking gereist. Sie traf Xi zunächst gemeinsam mit Macron, anschließend fand ein bilaterales Gespräch mit dem chinesischen Staatschef statt. Dabei rügte die EU-Kommissionschefin die "erhebliche Benachteiligung" vieler europäischer Unternehmen in China. So sähen sich etwa Hersteller von Medizintechnik mit einer "diskriminierenden Kauf-in-China-Strategie konfrontiert". Auch Patentverstöße seien in China weiterhin ein massives Problem, betonte sie. Beim Klima- oder Artenschutz sei die Zusammenarbeit mit Peking dagegen unerlässlich, betonte von der Leyen. Deshalb gehe es auch nicht um eine Entkopplung von China, sondern das Vermindern von Risiken.    Macron fordert China zu Friedensgesprächen auf Zuvor hatte Macron Xi zur Hilfe für eine Friedenslösung im Ukraine-Krieg gedrängt. Xi müsse Russland zur Besinnung bringen, um einen Frieden in der Ukraine zu ermöglichen, sagte Macron. China unterstütze ja auch die UN-Charta, in der die Achtung der territorialen Integrität der Staaten gefordert wird. Kremlchef Wladimir Putin habe dagegen verstoßen, als er die Invasion in die Ukraine befohlen habe. Macron sagte, ein dauerhafter Frieden sei für China genau so wichtig wie für Frankreich und Europa. "Ich weiß, dass ich auf Sie zählen kann, ... um Russland zur Vernunft zu bringen und alle wieder an den Verhandlungstisch zu bringen", sagte Macron zu Xi. "Wir müssen einen dauerhaften Frieden finden."
/ausland/asien/von-der-leyen-china-101.html
2023-04-06
Cybermafia von Putins Gnaden?
Hackerangriffe
Europaweit werden Webseiten lahmgelegt - womöglich von prorussischen Hackern. Experten warnen vor der Entstehung einer Mischszene aus Cyberkriminellen, Hacktivisten und russischen Geheimdiensten. Von F. Flade.
Europaweit werden Webseiten lahmgelegt - womöglich von prorussischen Hackern. Experten warnen vor der Entstehung einer Mischszene aus Cyberkriminellen, Hacktivisten und russischen Geheimdiensten. Plötzlich ging nichts mehr. Webseiten und Internetportale bundesweit waren in dieser Woche nicht mehr erreichbar, darunter die Onlineauftritte von Landesministerien und Polizeibehörden. Sie brachen unter der Last von massenhaften Zugriffen auf die Server schlichtweg zusammen. Ebenso zahlreiche Webseiten in anderen europäischen Ländern. Die neue Ukraine-Plattform des deutschen Entwicklungsministeriums, über die Hilfe für den Wiederaufbau des Landes organisiert werden soll, hielt einem Angriff offenbar gerade noch stand. Denial-of-Service, kurz DDOS, werden solche Attacken genannt. Inzwischen hat sich eine pro-russische Hackergruppe namens "NoName057(16)" dazu bekannt. Die Angriffe auf die Webseiten, so teilten die Hacker mit, seien eine Reaktion auf den NATO-Beitritt Finnlands, der in dieser Woche formal vollzogen wurde. Kritische Infrastruktur im Visier? Das Lahmlegen von Webseiten durch gezielt herbeigeführte Überlastung gilt als vergleichsweise einfache Cyberaktion. Dennoch deuten solche Angriffe auf einen Trend hin, den IT-Sicherheitsforscher und auch deutsche Sicherheitsbehörden seit einiger Zeit mit Sorge beobachten: Es tauchen zunehmend pro-russische Hackergruppierungen auf, die sich als vermeintliche Patrioten bezeichnen und sich im Zuge des russischen Krieges gegen die Ukraine offen auf die Seite des Kreml schlagen. Manche dieser Hacker vernetzten sich zudem vor Kurzem offenbar mit Cyberkriminellen, die bislang eher für Angriffe auf Unternehmen mit Erpressungssoftware bekannt waren. Sie nehmen in koordinierten Aktionen nun scheinbar kritische Infrastruktur in Europa und Nordamerika ins Visier. Das sind Bereiche, in denen es durchaus auch um Menschenleben geht. "Ungutes Bauchgefühl" Fraglich ist bislang, welche Motivation dahinter steckt: Ob sich die Hacker tatsächlich als kremltreue Patrioten und Unterstützer des Putin-Regimes begreifen, oder ob vielleicht der russische Staat gezielt Druck auf die Cybermafia ausübt und die Hacker als willfährige Werkzeuge für seine Zwecke einspannt. Auch eine dritte Option ist denkbar: Eine Symbiose aus Cyberkriminellen und staatlichen Akteuren. In Sicherheitskreisen heißt es dazu, man habe durchaus ein "ungutes Bauchgefühl", denn in der Szene der Cyberkriminellen und Hacktivisten braue sich augenscheinlich etwas zusammen. Die Zuordnung, wer hinter einer bestimmten Attacke stecke, werde mitunter schwieriger. Die Sorge ist groß, dass zunehmend eine gefährliche Mischung aus Cyberkriminellen, Hacktivisten und russischen Geheimdiensten entsteht, die künftig nicht mehr nur Webseiten lahmlegen oder Daten stehlen, sondern auch schwerwiegende Sabotageangriffe verüben könnten. Zusammenschluss von Hackergruppen Einer der Hauptakteure bislang ist die Hackergruppe "Killnet", die hauptsächlich für DDOS-Attacken, also das Lahmlegen von Webseiten bekannt ist. Anfangs verkauften die Hacker die Angriffe als Dienstleistung. Mit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar 2022 aber veränderten sie ihr Geschäftsmodell. Seitdem ist "Killnet" offensichtlich politisch-motiviert und führt regelmäßig Angriffe auf westliche Ziele durch. Dazu zählen Webseiten der NATO, europäischer Regierungen oder amerikanische Flughäfen. Im Dezember 2022 schloss sich "Killnet" mit weiteren, zumeist russischen Hackergruppen wie "Anonymous Russia" oder "Mirai Botnet" zusammen, und gründete eine Onlineplattform. Auf dieser werden Schadsoftware, Cyberdienstleistungen und Datenleaks verbreitet und gehandelt. Auch Austausch über zukünftige Angriffsziele und Methoden findet statt. Ehemalige "Killnet"-Angehörige sollen sich außerdem mit weiteren Gruppen wie "XakNet", "CyberArmy", "Beregini" oder "NoName057" vernetzt haben, um gemeinsame Angriffskampagnen zur Unterstützung Russlands durchzuführen. Im Fokus des pro-russischen Hackerkollektivs steht auch Deutschland. So begann "Killnet" im Januar in sozialen Netzwerken den Hashtag #DeutschlandRIP zu verbreiten. Kurz darauf wurden Cyberangriffe auf diverse Ziele in der Bundesrepublik gestartet. Betroffen war auch ein Berliner Krankenhaus. Als Reaktion auf die Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine veröffentlichten die Hacker Anfang des Jahres auf einem ihrer Telegram-Kanäle außerdem Baupläne der Panzer samt Empfehlung, auf welche Stellen geschossen werden sollte. Verbindungen zu Geheimdiensten Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) interessiert sich seit einiger Zeit für die Hackergruppen, die bislang eher der Cyberkriminalität zugerechnet wurden. Die Verfassungsschützer der Cyberabwehr gehen der Frage nach, ob diese Gruppierungen inzwischen im Auftrag russischer Geheimdienste agieren - oder ob hinter so manchem Angriff vielleicht sogar staatliche Hacker stecken, die nur den Eindruck erwecken wollen, es handele sich um eine Attacke von Kriminellen. So sahen sich die deutschen Sicherheitsbehörden beispielsweise die interne Kommunikation der Hackergruppe "Conti" an, die kurz nach Beginn des Angriffs auf die Ukraine ihre Unterstützung für Moskau verkündet hatte und daraufhin selbst gehackt wurde. Im Netz tauchten schließlich Datensätze mit der internen Kommunikation von "Conti" auf. Allerdings fanden sich darin keine Belege für eine direkte Verbindung zu staatlichen Stellen in Russland. Bei anderen Hackergruppen allerdings gibt es Hinweise darauf, dass es wohl durchaus eine Zusammenarbeit mit russischen Geheimdiensten gibt. Die Hackergruppe "Xaknet" etwa soll nach Erkenntnissen des IT-Sicherheitsunternehmens Mandiant im vergangenen Jahr in mehreren Fällen innerhalb weniger Stunden jene Daten veröffentlicht haben, die zuvor offenbar von den russischen Geheimdienst-Hackern "APT2", auch "Fancy Bear" genannt, gestohlen worden waren. "APT28" wird dem russischen Militärgeheimdienst GRU zugeordnet und soll 2015 einen Cyberangriff auf das Netz des Deutschen Bundestages verübt haben. Im Netz Geld generieren Im Januar 2022 nahm der russische Inlandsgeheimdienst FSB mehrere mutmaßliche Cyberkriminelle der Ransomware-Gruppe "REvil" fest, damals angeblich auf Bitten der US-Behörden. In westlichen Sicherheitsbehörden heißt es inzwischen allerdings, die Festnahmen seien vermutlich vor allem eine Warnung an die russische Hacker-Szene gewesen, dass der Staat jederzeit einschreiten könne. Ausschlaggebend sei zudem wohl weniger der Druck aus den USA gewesen, sondern viel mehr der Unmut in China über die Hackerangriffe der russischen Cybergangster. Es sei wenig überraschend, so sagen Vertreter deutscher Sicherheitsbehörden, wenn Moskau nun in Kriegszeiten versuche, die cyberkriminellen Netzwerke und Banden für sich zu nutzen. Und zwar nicht nur, um Webseiten zu kapern, Informationen zu stehlen, Desinformation oder Sabotage zu betreiben, sondern auch um Geld zu generieren.  Das Stehlen von Krypto-Geld oder andere digitale Raubzüge für den russischen Staat auch zur Finanzierung von Rüstungsprojekten, wie man es bislang vor allem von nordkoreanischen Hackern kannte, gilt angesichts der andauernden Sanktionen als realistische Option. In den Sicherheitsbehörden spricht man daher von einer zu erwartenden "Nordkoreanisierung Russlands".
/investigativ/ndr-wdr/hacker-attacken-russland-101.html
2023-04-06
"Klimaschutz ist keine Sache einer Partei"
Offener Brief an Scholz
Beim Klimaschutz müsse die Politik deutlich mehr tun, fordern Hunderte Vertreter aus Parteien, Wissenschaft und Gesellschaft in einem offenen Brief. Ein Mitinitiator verweist auf bereits ausgearbeitete Maßnahmen. Von B. Grasnick.
Beim Klimaschutz müsse die Politik deutlich mehr tun, fordern Hunderte Vertreter aus Parteien, Wissenschaft und Gesellschaft in einem offenen Brief. Ein Mitinitiator verweist auf bereits ausgearbeitete Maßnahmen. Die Bundesregierung soll den "deutschen Beitrag zur globalen Einhaltung der Pariser Klimaziele" sicherstellen. Das fordern mehr als 400 Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Religion und Gesellschaft in einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz, die Ministerinnen und Minister sowie Abgeordnete im Bundestag, den Landtagen und im EU-Parlament. Offene Briefe nehme man zur Kenntnis, kommentiere sie aber nicht, teilte ein Regierungssprecher auf Anfrage mit. "Die Bundesregierung verfolgt eine ambitionierte Klimaschutzpolitik", so der Sprecher. Dazu hätten sich Bundeskanzler Scholz und die Minister immer wieder öffentlich geäußert, zuletzt bei der Regierungsbefragung am 29. März. Ein Mitinitiator des offenen Briefs, Heinrich Strößenreuther, verweist im Gespräch mit tagesschau.de auf den Maßnahmenkatalog der Organisation "GermanZero", die ein Gesetzespaket erarbeitet hat, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Der CDU-Politiker und Vorstand der Klimaunion nennt ein paar Beispiele, welche Maßnahmen ergriffen werden müssten: Deutschland müsste bis 2035 komplett auf E-Mobilität umsteigen, die Energieversorgung vollständig auf Solar, Wind und Speicherstrom umstellen und die Wärmeversorgung über Nahwärmenetze und Wärmepumpen betreiben. Innovationen für klimaschonendes Verhalten Die Bundesregierung müsse vor allem auch die Regelungen ernst nehmen, die es im Bereich Klimaschutz bereits gebe, sagt Transformationsforscherin Maja Göpel gegenüber tagesschau.de. Sie hat den offenen Brief ebenfalls unterzeichnet. "Die Bundesregierung sollte mindestens das, was bereits verabschiedet wurde, berücksichtigen", so Göpel. Dass beim Koalitionsausschuss der Ampelregierung in der vergangenen Woche die Sektorziele, die seit 2019 alle Ministerien verpflichtet haben, bestimmte Einsparziele bei den Treibhausgasemissionen einzuhalten, aufgeweicht wurden, findet sie enttäuschend. "Besonders das Verkehrsministerium kommt im Bericht des Expertenrats für Klimafragen nicht gut weg", stellt Göpel fest. 2021 hatten das Verkehrs- und das Bauministerium ihre Ziele nicht erreicht, sie mussten deshalb Sofortprogramme ausarbeiten. Doch insbesondere das Verkehrsministerium wurde immer wieder dafür kritisiert, dass es kein ausreichendes Programm vorgelegt hat. Göpel sieht besonders den CO2-Preis als sinnvolles Instrument mit Lenkungswirkung. Die Regierung solle zudem nicht einzelne Tätigkeiten wie etwa das Tanken subventionieren. "Eine Mobilitätspauschale, die auch für Fahrrad und ÖPNV greift, wäre marktpolitisch sinnvoll", so Göpel. Man müsse schnellstmöglich Innovationen in die Gesellschaft bringen, die es Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, sich klimaschonend zu verhalten. "Die Grenzen gibt uns der Planet vor" "Die jährliche Bilanz, wie weit man beim Klimaschutz ist, wird verwässert und in die Zukunft verschoben", sagt der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz, der den Brief auch unterzeichnet hat. "Das können wir uns nicht mehr leisten." Er meint damit nicht nur die verwässerten Sektorziele, sondern auch, dass die Klimaschutzziele künftig in einer "mehrjährigen Gesamtbilanz" betrachtet werden sollen. Die Möglichkeit, schnell zu handeln, sei damit nicht mehr gegeben. "Klimaschutz ist keine Sache einer Partei", so der CDU-Politiker. "Alle müssen dazu beitragen." Die deutsche Gesellschaft sei in einer Phase, in der es um die Umsetzung gehe. "Da merkt man den Widerstand", sagt Polenz. Es müsse auch der soziale Ausgleich gegeben sein, zudem solle Deutschland ein Industrieland bleiben. "Aber wir müssen sehen, in welchem Rahmen das möglich ist. Die Grenzen gibt uns der Planet vor." "Eine historisch beispiellose Aufgabe" Die Initiatorinnen und Initiatoren des Briefs stellen fest: "Wir gehören zur letzten Generation, die aufhalten kann, was uns droht: der globale Verlust unserer Kontrolle über die menschengemachte Klimakrise." Der Klimaschutz sei eine parteiübergreifende, staatstragende und historisch beispiellose Aufgabe, die Anpassung der Infrastruktur eine Mammutaufgabe. "Für diesen gewaltigen Umbau ist es wichtig, dass wir jetzt enorm an Tempo zulegen", heißt es in dem Brief. Es gehe darum, die Energieversorgung umzustellen, Gebäude zu dämmen, Mobilität ohne fossile Brennstoffe zu ermöglichen und Energie zu sparen. "Was wir wirklich brauchen, ist eine umfassende, zügig umgesetzte Klimapolitik. Wir können uns keine Halbherzigkeiten mehr leisten, keine weiteren Nebelkerzen, kein weiteres Zögern." Kritik an Koalitionsausschuss Den offenen Brief haben Politiker verschiedener Parteien unterzeichnet. Auch Wissenschaftler und prominente Umweltschützer schlossen sich dem Aufruf an. In der vergangenen Woche hatten sich SPD, Grüne und FDP im Koalitionsausschuss unter anderem auf einen beschleunigten Ausbau der Autobahnen an 144 Stellen, Milliardeninvestitionen in das Schienennetz und eine Lockerung der Klimaschutzregeln verständigt. Bei Umweltschützern waren vor allem die Beschleunigung von Autobahnprojekten und die Aufweichung der Klimaziele für einzelne Sektoren auf Kritik gestoßen.
/inland/gesellschaft/aufruf-klimaschutz-103.html
2023-04-06
Experte für Kekse und Kompromisse
Schlichter Hans-Henning Lühr
Die Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst sind gescheitert. Jetzt müssen Schlichter ran. Die Arbeitnehmerseite hat Hans-Henning Lühr beauftragt, einen erfahrenen Verhandler. Jan Meier-Wendte stellt ihn vor. mehr
Die Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst sind gescheitert. Jetzt müssen Schlichter ran. Die Arbeitnehmerseite hat Hans-Henning Lühr beauftragt, einen erfahrenen Verhandler. Wenn bei den Tarifverhandlungen ein Teilnehmer zum Keksteller greift, sollte er damit rechnen, dass Hans-Henning Lühr ihn aufmerksam beobachtet. Der 72-jährige Bremer hat das Buch "Management by Biscuits" ("Verwaltung durch Kekse") geschrieben, in dem er seine Erkenntnisse über Kekse in Dienstbesprechungen zusammenfasst. Auf 64 Seiten teilt Lühr die Keks-Esser darin in unterschiedliche Kategorien ein: der Spitzfinger, der Schaufelbagger, der Zwischenlagerer. Die Idee zu dem Buch ist einzigartig und naheliegend zugleich. Denn Lühr, von allen nur Henning genannt, hat unzählige Besprechungen erlebt - und in denen standen eben unzählige Teller mit Gebäck auf dem Tisch. Öffentlicher Dienst mit "Flohzirkus" verglichen Sein ganzes Arbeitsleben hat Lühr in der Verwaltung verbracht. Zuletzt war er 17 Jahre lang Staatsrat im Bremer Finanzressort. Dienst nach Vorschrift war noch nie sein Ding. Neben seinem Buch über Kekse hat er sechs Kochbücher geschrieben, unter anderem das "Internationale Grünkohlkochbuch". Aber auch Werke über Digitalisierung und Innovation in der Verwaltung stammen von ihm. Lühr hat im zweiten Bildungsweg Rechtswissenschaften, Betriebswirtschaft und Geschichte studiert, ist außerdem Diplom-Verwaltungswirt. Die Ausbildung für den Öffentlichen Dienst verglich er mal mit einem Flohzirkus: "Flöhe können ja zwei, drei Meter hoch springen. Aber wenn man eine Glasplatte drauflegt und die Flöhe immer dagegen springen, dann kommen sie irgendwann nur noch 15 Zentimeter hoch." Genau das habe er auch an der Verwaltung immer kritisiert. "Wir brauchen Leute, die bereit sind, einen Fehler zu machen." Die Schwerfälligkeit und der fehlende Pragmatismus in der Verwaltung hätten ihm manchmal Sorgen bereitet, erzählt er. Manchmal habe er zu Kollegen im Scherz gesagt: "Wenn das die Lösung sein soll, will ich mein Problem zurück." Wille zur pragmatischen Lösungen Der Wille zur pragmatischen Lösung hat ihm auch in Tarifverhandlungen geholfen. Er war an nahezu 100 Abschlüssen beteiligt und gilt als harter Verhandler - im klammen Bremen eine wichtige Voraussetzung, um mit Gewerkschaften über Geld zu sprechen. Gleichwohl loben ihn Weggefährten für seine Fähigkeit, scheinbar unvereinbare Positionen zusammenzubringen. So sagte der Bremer Finanzpolitiker Jens Eckhoff von der CDU mal über das SPD-Mitglied Lühr: "Henning Lühr ist in der Lage, Kontakte zu schmieden, Menschen zusammenzubringen. Und er ist in der Lage, Kompromisse zu machen." Kein Interview vor Tarifabschluss Das sind gute Eigenschaften für jemanden, der jetzt eine Einigung zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern aushandeln soll, nachdem sie sich bislang nicht auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt haben. Und die Fähigkeit zum Kompromiss ist wohl auch der Grund, warum die Gewerkschaften ausgerechnet jemanden zum Schlichter ernannten, der bislang immer die Arbeitgeberseite vertrat. Ein Interview will Lühr nicht geben, bevor es einen Tarifabschluss gibt. Er wolle sich nicht in den Vordergrund drängen. Er lässt aber durchblicken, dass angesichts der verhärteten Positionen wohl eine unkonventionelle Lösung nötig sei. Es brauche einen kreativen Ansatz. Wie genau der aussieht, ist aber noch unklar. Er wird gerufen, wenn es brenzlig wird Im Jahr 2020 ging Lühr in Pension, langweilig ist ihm nicht. Unter anderem lehrt er an der Hochschule Bremen zum Thema eGovernment. Da geht es um den Einsatz von IT oder darum, Verwaltung schneller zu machen. Darüber hinaus wird er immer noch gerufen, wenn es brenzlig wird. Als es beispielsweise im Jahr 2021 Rassismus-Vorwürfe gegen die Bremische Wohnungsgesellschaft Brebau gab, wurde die Geschäftsführung freigestellt. Der Verwaltungsrat brauchte jemanden, den er für zuverlässig und vertrauenswürdig hielt, um die Geschäfte kommissarisch zu führen. Es übernahm: Henning Lühr. Er freue sich auf die Aufgabe, einen Kompromiss im Tarifstreit zu finden, sagt Lühr. Skeptisch ist er nur, was seine Keksforschung angeht. Neuerdings werde bei Besprechungen immer häufiger Obst gereicht.
/wirtschaft/portraet-luehr-schlichter-oeffentlicher-dienst-101.html
2023-04-06
Klimawandel als wichtigstes Problem
ARD-DeutschlandTrend
Laut ARD-DeutschlandTrend wollen 44 Prozent mehr Tempo beim Klimaschutz, der Klimawandel gilt als größtes Problem. Die Grünen verlieren bei ihrem Kernthema aber an Vertrauen - die Ampel wird schlecht bewertet wie nie. Von E. Ehni.
Laut ARD-DeutschlandTrend wollen 44 Prozent mehr Tempo beim Klimaschutz, der Klimawandel gilt als größtes Problem. Die Grünen verlieren bei ihrem Kernthema aber an Vertrauen - die Ampel wird schlecht bewertet wie nie. Da ist dieser offene Brief an Olaf Scholz, in dem Hunderte Vertreter aus Parteien, Wissenschaft und Gesellschaft den Bundeskanzler auffordern, mehr für den Klimaschutz zu tun - sonst drohe der "Verlust unserer Kontrolle über die menschengemachte Klimakrise". Damit treffen die Unterzeichner offenbar den Nerv vieler Menschen im Land: Der aktuelle ARD-DeutschlandTrend von Infratest dimap hat offen nach dem derzeit wichtigsten und zweitwichtigsten Problem gefragt, um das sich die deutsche Politik vordringlich kümmern muss. Addiert nennen so insgesamt 26 Prozent Umweltschutz und Klimawandel (+9 Punkte im Vergleich zu Januar). Nur noch an zweiter Stelle folgt der Ukraine-Krieg mit 25 Prozent (+1). An Bedeutung zugenommen hat für die Bürgerinnen und Bürger das Thema Zuwanderung und Flucht (19 Prozent, +6), an Bedeutung abgenommen hat hingegen nach dem Winter der Komplex Energiepolitik/Energiewende (17 Prozent; -2 Punkte). Es folgen mit unveränderten Werten der Umgang mit Preissteigerungen (14 Prozent) und das Thema soziale Ungerechtigkeit und Armut (13 Prozent). Über das Thema Klimaschutz war innerhalb der Ampelregierung zuletzt heftig gestritten worden - heraus kam dabei vergangene Woche ein "Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung". Wie blicken die Deutschen auf diesen Ampelkompromiss und grundsätzlich auf die Klimapolitik der Bundesregierung? 44 Prozent geht es beim Klimaschutz nicht schnell genug Gut vier von zehn Deutschen geht es beim Klimaschutz nicht schnell genug: 44 Prozent wünschen sich hier schnellere Veränderungen. Nach Meinung von 27 Prozent gehen diese dagegen bereits zu schnell. Eine Minderheit von 18 Prozent empfindet die Geschwindigkeit beim Klimaschutz als gerade richtig. Insbesondere die Grünen-Anhänger wünschen sich schnellere Veränderungen, damit die Bundesregierung ihre Klimaziele erreicht: Drei Viertel von ihnen (76 Prozent) äußern sich in diesem Sinne. Aber auch bei den Anhängerinnen und Anhängern der Koalitionspartner SPD (50 Prozent) und FDP (48 Prozent) erwartet jeder Zweite mehr Tempo beim Klimaschutz. Anders sieht es bei der Opposition im Bundestag aus: Einer relativen Mehrheit der Anhänger von Union (45 Prozent) und AfD (50 Prozent) gehen die Veränderungen zu schnell. Differenzierter Blick auf konkrete Maßnahmen Trotz dieses grundsätzlichen Veränderungswillens blicken die Deutschen zum Teil kritisch auf die vergangene Woche im Koalitionsausschuss beschlossenen Maßnahmen zu Klima, Energie und Verkehr. Zum Beispiel beim Thema Heizungen: Hier sollen ab dem kommenden Jahr in Deutschland neu eingebaute Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Um Eigentümer und Mieter nicht zu überlasten, soll es Ausnahmen, Übergangsregelungen und finanzielle Förderungen geben. Diese beschlossenen Regelungen zum Einbau neuer Heizungen ab 2024 bewerten vier von zehn Wahlberechtigten (40 Prozent) als angemessen. Für 43 Prozent dagegen gehen sie zu weit. Jedem Zehnten (10 Prozent) gehen sie nicht weit genug. Der Koalitionsausschuss hat zudem beschlossen, dass Sektorziele zum Ausstoß von CO2 künftig übergreifend betrachtet werden sollen. So soll es nach Plänen der Bundesregierung künftig möglich sein, dass ein Bereich wie Energie, Gebäude und Verkehr seinen CO2-Ausstoß weniger stark senkt als vorgegeben, wenn ein anderer Bereich das ausgleichen kann. Diese Änderung halten 45 Prozent für falsch, 38 Prozent halten sie für richtig. Mehrheit gegen Verbrenner-Aus Einigkeit herrscht beim angepeilten schnelleren Ausbau des Schienennetzes. Dieser geht für 87 Prozent in die richtige Richtung, für acht Prozent in die falsche Richtung. Auch eine schnellere Umsetzung bereits beschlossener Autobahnprojekte findet mehrheitliche Unterstützung (56 Prozent); jeder Dritte (32 Prozent) lehnt das ab. Eine geplante Erhöhung der Lkw-Maut wird zu etwa gleichen Teilen befürwortet (43 Prozent) wie abgelehnt (45 Prozent). Dass die EU eine Zulassung von Neufahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, die fossile Kraftstoffe benötigen, ab dem Jahr 2035 verbieten möchte, unterstützt gut jeder Dritte (36 Prozent); eine Mehrheit (55 Prozent) lehnt diese Maßnahme indes ab. Grüne büßen an Vertrauen ein Das Thema Klimaschutz war bislang immer der Bereich, in dem die Grünen die höchste Kompetenzzuschreibung genossen haben. Auch jetzt traut jeder dritte Deutsche (32 Prozent) am ehesten den Grünen zu, eine gute Klima- und Umweltpolitik zu betreiben. Doch das sind beim Kernthema der Partei 15 Prozentpunkte weniger als noch im September 2022. CDU/CSU trauen am ehesten 13 Prozent eine gute Klima- und Umweltpolitik zu (+3). Neun Prozent sagen das von der SPD (+4), jeweils vier Prozent von der FDP (+/-0) und der AfD (+1). Zwei Prozent nennen in dieser Frage die Linke (+/-0), ebenfalls zwei Prozent eine andere Partei (-1). Deutlich gestiegen ist der Anteil jener, denen für eine gute Klima- und Umweltpolitik keine Partei einfällt: Aktuell sagt das ein Drittel der Deutschen (34 Prozent, +8). FDP laut Befragten am durchsetzungsstärksten Der aktuelle ARD-DeutschlandTrend wollte auch wissen, welche der drei Ampelparteien sich in der bisherigen Regierungsarbeit am stärksten durchgesetzt hat. Die FDP wird von 30 Prozent der Bürgerinnen und Bürger genannt und liegt damit an erster Stelle. 26 Prozent der Befragten geben an, dass sich die Grünen in der bisherigen Regierungsarbeit am stärksten durchsetzen. Die SPD liegt mit 21 Prozent an dritter Stelle. 23 Prozent trauen sich bei dieser Frage kein Urteil zu. Interessant ist, diese Frage nach Parteianhängern aufzusplitten: So findet eine relative Mehrheit von 42 Prozent der SPD-Anhänger, dass sich ihre Partei bislang am stärksten in der Ampelkoalition durchgesetzt hat. Bei den FDP-Anhängern zeigt sich ein ausgeglichenes Bild: 32 Prozent finden, dass sich ihre Partei am stärksten durchgesetzt hat; 31 Prozent sagen dies von den Grünen, 17 Prozent von der SPD. Und bei den Grünen-Anhängern findet eine Mehrheit von 52 Prozent, dass sich die FDP am stärksten bei der bisherigen Regierungsarbeit durchgesetzt hat. Zufriedenheit mit Regierung auf Rekordtief Mit der Arbeit der Bundesregierung ist eine Mehrheit von 71 Prozent weniger bis gar nicht zufrieden (+6 im Vgl. zu März). Nur 27 Prozent der Wahlberechtigten geben an, zufrieden oder gar sehr zufrieden zu sein (-6). Damit sinkt die Zufriedenheit mit der Bundesregierung auf einen neuen Tiefstwert in der aktuellen Legislaturperiode. Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die Kanzlerpartei SPD aktuell weiterhin auf 18 Prozent (+-0 im Vgl. zu März). Die Union aus CDU und CSU verliert leicht, wäre aber mit 30 Prozent (-1) weiterhin stärkste Kraft. Die Grünen liegen bei 17 Prozent (+/-0) und lägen weiterhin knapp hinter der SPD an dritter Position. Die FDP verbessert sich um einen Punkt und kommt aktuell auf sieben Prozent. Die AfD könnte mit 15 Prozent (+1) rechnen. Die Linke kommt im April auf lediglich vier Prozent (-1) und würde damit den Einzug in den Bundestag verpassen. Auf alle weiteren Parteien entfallen unverändert neun Prozent.
/inland/deutschlandtrend/deutschlandtrend-3339.html
2023-04-06
Schweden sieht Schuld bei staatlichem Akteur
Nord-Stream-Ermittlungen
Wer steckt hinter den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee? Darüber wird nach wie vor viel spekuliert. Die schwedische Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass ein Staat dafür verantwortlich ist. mehr
Wer steckt hinter den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee? Darüber wird nach wie vor viel spekuliert. Die schwedische Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass ein Staat dafür verantwortlich ist. Die Explosionen, die im vergangenen Herbst die Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee lahmgelegt haben, sind höchstwahrscheinlich von einem staatlichen Akteur verursacht worden. Zu diesem Ergebnis kommt die schwedische Staatsanwaltschaft, erklärte die Behörde. Die Identität der Täter sei unklar. "Wir hoffen, dass wir feststellen können, wer dieses Verbrechen begangen hat", sagte Staatsanwalt Mats Ljungqvist. Dies sei jedoch schwierig, es sei ein komplexer Fall. In Anbetracht aller Umstände sei der wichtigste Ermittlungsansatz, "dass ein Staat dahintersteckt". Der Staatsanwalt führte dies unter anderem darauf zurück, dass sich der "Tatort in der Ostsee in einer Tiefe von 80 Metern" befinde. Die Verantwortlichen hätten "in dem Wissen gehandelt, dass sie Spuren hinterlassen würden".   Sprengstoffreste wurden nachgewiesen An den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2, die von Russland durch die Ostsee nach Deutschland führen, waren am 26. und 27. September insgesamt vier Lecks entdeckt worden. Zwei der Lecks befanden sich in der schwedischen und zwei in der dänischen Wirtschaftszone. Die Pipelines waren für den Transport von russischem Gas nach Deutschland gebaut worden. Zum Zeitpunkt der Explosionen waren sie nicht in Betrieb, enthielten aber Gas. Nach Angaben Schwedens steckt Sabotage hinter dem Vorfall. Demnach wurden Sprengstoffreste nachgewiesen. Als Drahtzieher der mutmaßlichen Sabotage wurde unter anderem Russland verdächtigt. Moskau wies die Anschuldigungen zurück und lenkte seinerseits den Verdacht auf Washington. Laut Medienberichten führten bei den Ermittlungen zu den Explosionen jedoch auch Spuren in die Ukraine. Staatsanwalt: "Sehr große Anzahl von Akteuren" ausgeschlossen Staatsanwalt Ljungqvist sagte nun, die Ermittler hätten die Art des benutzten Sprengstoffs bestimmen und dadurch "eine sehr große Anzahl von Akteuren" ausschließen können. Um welchen Sprengstoff es sich handelte, sagte er nicht, da die Ermittlungen noch andauerten. Man könne nicht ausschließen, dass eine unabhängige Gruppe hinter dem Anschlag stecke, doch sei es unwahrscheinlich. Ljungqvist erklärte, der Vorfall sei zu einer offenen Arena für Versuche geworden, das heiß diskutierte Verfahren zu beeinflussen, wahrscheinlich mit dem Ziel, absichtlich Verwirrung zu stiften. "Ich möchte keinen bestimmten Bericht kommentieren, aber ich komme zu dem Schluss, dass viele der heißen Theorien aufgrund dessen, was wir aus der Untersuchung wissen, leicht ausgeschlossen werden können", sagte er.
/ausland/nord-stream-staatsanwaltschaft-schweden-101.html
2023-04-06
"Ein weiterer schlimmer Tabubruch"
UN-Arbeitsverbot der Taliban für Frauen
Das Taliban-Regime in Afghanistan drängt Frauen immer weiter aus dem öffentlichen Leben. Nun dürfen Afghaninnen auch nicht mehr für die UN arbeiten. Entwicklungsministerin Schulze spricht von einem "massiven" Schaden für das Land. mehr
Das Taliban-Regime in Afghanistan drängt Frauen immer weiter aus dem öffentlichen Leben. Nun dürfen Afghaninnen auch nicht mehr für die UN arbeiten. Entwicklungsministerin Schulze spricht von einem "massiven" Schaden für das Land. Entwicklungsministerin Svenja Schulze hat die militant-islamistischen Taliban dazu aufgerufen, ein Arbeitsverbot für afghanische Frauen bei den Vereinten Nationen zurückzunehmen. "Nie zuvor hat ein Land versucht, Frauen aus den Organisationen der Vereinten Nationen zu verbannen", sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Das ist ein weiterer schlimmer Tabubruch." Ein solches Verbot schade nicht nur den Frauen, sondern der Entwicklung des ganzen Landes massiv. Die Vereinten Nationen hatten am Mittwoch bekanntgegeben, dass afghanische Frauen auf Anweisung der regierenden Taliban nicht mehr für sie tätig sein dürfen. Ein Arbeitsverbot der Islamisten für afghanische Frauen in Nichtregierungsorganisationen gilt bereits seit Dezember - mit Ausnahme der Bereiche Gesundheit, Bildung und Ernährung. Das Verbot hat international heftige Reaktionen hervorgerufen. Schulze sprach sich dafür aus, zu prüfen, wie das neue Verbot in der Praxis aussehe, um afghanische Frauen und Mädchen nach Möglichkeit weiter zu unterstützen. Frauen seien bei Entwicklungsprojekten in Afghanistan häufig nur durch weibliche Angestellte zu erreichen. Internationale Kritik am Arbeitsverbot Das Verbot werde auf "das Schärfste" verurteilt, hieß es auch aus dem Auswärtigen Amt. Deutschland stimme das weitere Vorgehen mit seinen Partnern ab, um so viele Spielräume wie möglich für die Versorgung der Menschen zu erhalten. Klar sei, dass man sich nicht zu "Handlangern der Taliban" mache. Kritik an der Ausweitung des Verbots kam zudem aus der Europäischen Union. Kommissionssprecher Peter Stano sprach auf Twitter von einer "entsetzlichen Entscheidung". Afghanistan: 🇪🇺 profoundly shocked that Taliban leadership now banned Afghan women from working for the 🇺🇳. We join @UN in their condemnation of this appalling decision and yet another violation of women's rights in 🇦🇫 https://t.co/JYDBfaSWVJ Hilfsorganisationen warnen vor Verschlechterung der Lage Seit ihrer vollständigen Machtübernahme in Afghanistan im August 2021 stehen die Taliban international vor allem wegen der massiven Beschneidung von Frauenrechten in Kritik. So sind etwa mittlerweile höhere Mädchenschulen und Universitäten für Frauen geschlossen, zu vielen Berufen haben Frauen keinen Zugang mehr. Die Hilfsorganisation Care warnte vor einer Verschärfung der humanitären Krise in dem Land. "Ärzte ohne Grenzen" nannte die neue Regelung einen weiteren Schritt "in dem systematischen Versuch, Frauen aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens auszuschließen". Auch das französische Außenministerium verurteilte den Ausschluss von Frauen von der Arbeit bei den UN: "Mit diesem neuen Verbot verschlimmern die Taliban das Los der afghanischen Bevölkerung, die bereits mit einer beispiellosen humanitären und wirtschaftlichen Krise konfrontiert ist." Beispiellos in der Geschichte der Vereinten Nationen Viele Hilfsorganisationen haben seit dem Arbeitsverbot für afghanische Frauen im Dezember ihre Arbeit eingestellt oder können nur eingeschränkt weiterarbeiten. Nach Angaben der UN-Sondergesandten für Afghanistan, Roza Otunbayeva, gab es in der Geschichte der Vereinten Nationen noch kein vergleichbares Arbeitsverbot für Frauen. Sowohl die männlichen als auch die weiblichen Mitarbeiter wurden laut der UN-Mission in Afghanistan (Unama) angewiesen, vorerst nicht zur Arbeit zu erscheinen. Hilfsorganisationen zeigten sich besorgt über die Folgen für die humanitäre Versorgung. Die Situation sei bereits jetzt dramatisch, sagte die Sprecherin der Welthungerhilfe, Simone Pott, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ohne die weiblichen Angestellten könnten die Frauen und Mädchen im Land nicht mehr adäquat versorgt werden. Millionen Afghanen vom Hunger bedroht In Afghanistan herrscht laut den UN eine beispiellose humanitäre Krise. Mehr als 28 Millionen der etwa 43 Millionen Einwohner sind demnach auf Unterstützung angewiesen. Sechs Millionen Menschen stünden an der Schwelle zu einer Hungersnot. UN-Organisationen wie das Welternährungsprogramm spielen bei der Versorgung der Menschen eine wichtige Rolle. Das Auswärtige Amt hat im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben humanitäre Hilfsleistungen in Höhe von etwa 330 Millionen Euro für Afghanistan bereitgestellt. Die Unterstützung wurde ausschließlich über Hilfsorganisationen geleistet.
/ausland/asien/afghanistan-frauen-un-101.html
2023-04-06
++ 25 Jahre Haft für Putin-Kritiker beantragt ++
Russlands Krieg gegen die Ukraine
Der russische Oppositionelle Kara-Mursa soll 25 Jahre in Haft. Nach den Worten des russischen Söldnerführers Prigoschin ist Bachmut noch teilweise in der Hand ukrainischer Truppen. Alle Entwicklungen im Liveblog. mehr
Der russische Oppositionelle Kara-Mursa soll 25 Jahre in Haft. Nach den Worten des russischen Söldnerführers Prigoschin ist Bachmut noch teilweise in der Hand ukrainischer Truppen. Alle Entwicklungen im Liveblog. 25 Jahre Haft gegen Kara-Mursa beantragtMacron und von der Leyen treffen Chinas Präsident Xi Wagner-Chef: Ukrainische Truppen noch in BachmutPutin: Westen half Ukraine bei SabotageSchweden zu Nord-Stream-Explosionen: Suche nach Verantwortlichen schwierigNATO-Übung im Nordosten Polens Nach Besuch in Warschau: Selenskyj dankt Polen Nach seiner Rückkehr vom Staatsbesuch in Warschau hat Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj die Bedeutung dieser Zusammenkünfte für die Sicherheit seines Landes unterstrichen. "Die Verteidigung und der Schutz unseres Volkes, die Unterstützung unserer Widerstandsfähigkeit, insbesondere unserer Soldaten, ist das Thema Nummer eins bei allen Verhandlungen und Treffen", sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache. Es gehe stets, wie am Vortag in Polen, um Verteidigung - Waffen für die Ukraine, Munition für die Ukraine, neue Verteidigungssysteme für die Ukraine. "Und ich danke Polen und unseren Partnern dafür, dass dieser Besuch wirklich sinnvoll war." Republik Moldau sichert sich Erdgas aus Griechenland Die Republik Moldau hat sich Erdgas aus Griechenland gesichert. Das vergleichsweise arme Land, das im Osten an die Ukraine und im Westen an das EU- und NATO-Mitglied Rumänien grenzt, unterzeichnete ein Rahmenabkommen mit dem griechischen Staatsunternehmen DEPA Commercial, wie der staatliche Versorger Energocom aus Moldau mitteilte. Moldau war fast ausschließlich vom russischen Gaskonzern Gazprom für Gasimporte und Energie abhängig. Die Erdgaslieferungen führten zu häufigen Streitigkeiten zwischen Moldau und Russland. Im vergangenen Monat hatte Moldau sich aufgrund von Krediten der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung europäische Lieferungen sichern können. Ukrainischer Präsidenten-Berater widerspricht Überlegungen zur Krim Der Präsidentenberater Mychailo Podoljak hat Aussagen des stellvertretenden Chefs des Präsidentenbüros Andrij Sybiha, widersprochen, die Ukraine wäre bereit über den Status der Krim zu verhandeln, auch wenn die Halbinsel noch teilweise besetzt sei. Mit Russland werde erst verhandelt, wenn sich seine Truppen aus dem gesamten Territorium der Ukraine zurückgezogen hätten. Dazu gehöre auch die Krim, schrieb Podoljak auf Twitter. Sybiha hatte der "Financial Times" gesagt, man könne über die Zukunft der Krim reden, wenn die Gegenoffensive der Ukraine die Halbinsel erreicht habe. Prigoschin: Wagner-Gruppe erleidet weiterhin Verluste Die russischer Söldnergruppe Wagner erleidet nach Angaben ihres Chefs Jewgeni Prigoschin weiterhin Verluste bei den Kämpfen in der Ukraine. In einem von seinem Pressedienst ausgesandten Video ist Prigoschin auf einem Friedhof zu sehen, auf dem Wagner-Kämpfer begraben sind. "Ja, (der Friedhof) wächst. Diejenigen, die kämpfen, sterben manchmal", sagt er. "Die Kämpfer von Wagner werden hier weiterhin begraben und es gibt damit bis heute kein Problem", fügt Prigoschin in dem Video hinzu. "Wir werden (...) aus diesem Friedhof ein Denkmal für die zukünftigen Generationen machen." Zeit und Ort der ukrainischen Offensive bleiben geheim Die Pläne für die erwartete ukrainische Offensive zur Rückeroberung der russisch besetzten Gebiete sind aktuell nur ganz wenigen Menschen in Kiew bekannt. "Höchstens drei bis fünf Personen", sagte der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates, Olexij Danilow, in einem Rundfunkinterview. "Die Information darüber, wo, wann und wie die eine oder andere Aktion auf dem Territorium unseres Planeten beginnt, ist einem kleinen Kreis vorbehalten." Sollte es die eine oder andere Erklärung zu der Offensive geben, müsse dies nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen, sagte Danilow. Griechenland sagt Ukraine weitere Militärhilfe zu Bei einem Besuch des ukrainischen Verteidigungsministers in Athen hat die griechische Regierung dem Land weitere militärische Hilfe zugesagt, zugleich aber Grenzen gesetzt. Griechenland werde der Ukraine "in dieser wichtigen, entscheidenden Phase des Kriegs" jede Unterstützung leisten, sagte Verteidigungsminister Nikos Panagiotopoulos bei einem gemeinsamen Auftritt mit seinem ukrainischen Kollegen Olexij Resnikow. Das gelte "so lange wie nötig". Resnikow wurden weitere Artillerie- und Munitionslieferungen für Kleinwaffen, Zugang zu griechischen Krankenhäusern für verwundete Soldaten und zusätzliche Schützenpanzer BMP aus der Sowjetzeit zugesagt. RIA: Vier Zivilisten in Donezk getötet Bei einem Artillerieangriff auf die von Russland kontrollierte Stadt Donezk in der Ostukraine sind der russischen Nachrichtenagentur RIA zufolge vier Zivilisten getötet worden. Es sei ein Parkplatz getroffen worden, berichtete die staatliche Agentur unter Berufung auf einen Reporter vor Ort. Die Angaben können von unabhängiger Seite nicht überprüft werden. Donezk wird seit 2014 von prorussischen Kräften kontrolliert. Die Hauptstadt der gleichnamigen ukrainischen Provinz liegt inzwischen in der Nähe der Front und gerät regelmäßig unter Beschuss ukrainischer Kräfte. Russischer Oppositioneller soll 25 Jahre in Haft Der russische Oppositionspolitiker und Journalist Wladimir Kara-Mursa soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft in Moskau wegen Hochverrats 25 Jahre in Haft. Das teilte die Menschenrechtsanwältin Maria Eismont mit. Sie sagte auch, dass der nach Vergiftungen in der Vergangenheit gesundheitlich angeschlagene 41-Jährige in Untersuchungshaft inzwischen 17 Kilogramm an Gewicht verloren habe. Kara-Mursa gehört zu den schärfsten Kritikern des Kreml und von Präsident Wladimir Putin und hatte auch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilt. Ihm wird zudem die Diskreditierung der russischen Armee vorgeworfen. Das Verfahren gegen ihn steht als politische Inszenierung in der Kritik. Ukraine will vermisste Kinder mit App finden Eine App für Mobilfunkgeräte soll der Ukraine bei der Suche nach im Krieg verlorenen Kindern helfen. Die Regierung in Kiew habe gemeinsam mit der US-Technologiefirma "Find My Parent" die App "Reunite Ukraine" entwickelt, welche Familien zusammenbringen solle, die durch die Kriegshandlungen getrennt worden seien, sagte der Vize-Chef der ukrainischen Polizei, Olexander Fazewytsch. "Es ist eines der Instrumente, um die Kinder zu finden und zu ihren Familien zurückzubringen", sagte er. "Wenn wir nur ein Kind auf diese Weise finden, oder eine Familie wieder vereinen, wird das ein Sieg sein." Nach Regierungsschätzungen wurden 19.544 Kinder seit Kriegsbeginn nach Russland gebracht, nur 328 kehrten in ihre Heimat zurück. Die Regierung in Moskau weist Anschuldigungen zurück, die Kinder seien entführt worden. Stattdessen handle es sich um eine humanitäre Aktion, um Waisen und verlassene Kinder im Kriegsgebiet zu schützen. Atomwaffen offenbar kein Thema bei Putin und Lukaschenko Russlands Präsident Wladmir Putin und der belarussische Staatschef Alexander Lukaschenko haben bei ihrem Treffen in Moskau nicht über die Stationierung von Nuklearwaffen in Belarus gesprochen. Das teilt der Sprecher des Präsidialamts in Moskau, Dmitry Peskow, laut Nachrichtenagentur Interfax mit. Putin hatte vergangenen Monat angekündigt, in Belarus taktische Atomwaffen geringerer Reichweite stationieren zu wollen. Belarus grenzt an die NATO-Staaten Polen, Litauen und Lettland. Von der Leyen warnt China vor Waffenlieferungen an Russland EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat China vor Waffenlieferungen an Russland gewarnt. Nach Gesprächen mit Staats- und Parteichef Xi Jinping gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte von der Leyen vor der Presse in Peking, sie setze darauf, dass China Russland keine militärische Ausrüstung "direkt oder indirekt" zur Verfügung stelle. "Den Aggressor zu bewaffnen wäre gegen internationales Recht und es würde unsere Beziehungen erheblich schädigen." Als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat habe China eine große Verantwortung. "Wir erwarten, dass China seine Rolle spielt und einen gerechten Frieden unterstützt - einer, der die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine respektiert, einen der Eckpfeiler der UN-Charta." In ihren Gesprächen habe sie betont, dass sie fest hinter dem Friedensplan des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj stehe. China habe eine große Verantwortung, seinen Einfluss auf Russland zu nutzen: "Wir zählen auf China." Litauen will sich auf NATO-Gipfel um Aufnahme der Ukraine bemühen Litauen will sich als Gastgeber des nächsten NATO-Gipfels Mitte Juli um eine offizielle Einladung an die Ukraine zur Aufnahme in die westliche Militärallianz bemühen. Das Parlament in Vilnius billigte einstimmig eine entsprechende Entschließung. "Wir glauben, dass die Ukraine zu unserer Sicherheit beitragen und die NATO stärker machen wird", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Zygimantas Pavilionis. Der Gipfel findet am 11. und 12. Juli in Vilnius statt. Nach dem russischen Angriff auf sein Land hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im Herbst 2022 einen beschleunigten Beitritt beantragt. Dagegen gibt es innerhalb der Allianz erhebliche Vorbehalte. Ukrainischer Präsident Selenskyj erhält Karlspreis im Mai Das Datum für die Verleihung des Karlspreises steht offiziell fest: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und das ukrainische Volk erhalten die Ehrung am 14. Mai. Das teilte die Stadt Aachen mit. Ob Selenskyi vor Ort im Krönungssaal anwesend oder per Video zugeschaltet wird, sei derzeit noch offen. Wegen des Kriegs in der Ukraine gestalteten sich die die Vorbereitungen schwieriger als in den Vorjahren. Für die Zeremonie ist laut Stadt auch die Teilnahme der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, angekündigt. Sie soll die Ansprache zu Ehren Selenskyjs halten. Sybiha kann sich auch nichtmilitärische Befreiung der Krim vorstellen Die ukrainische Führung ist eigenen Angaben zufolge nach einer geplanten Frühjahrsoffensive zu Gesprächen mit Russland über die Krim bereit. "Wenn wir auf dem Schlachtfeld unsere strategischen Ziele erreichen und an die Verwaltungsgrenzen der Krim gelangen, so sind wir bereit, die diplomatische Seite zu öffnen und die Sache zu bereden", sagte der stellvertretende Chef des Präsidentenbüros in Kiew, Andrij Sybiha, der "Financial Times". Sybihas Äußerungen seien der erste diplomatische Vorstoß Kiews seit dem Abbruch der Waffenstillstandsverhandlungen vor einem Jahr kurz nach Beginn des Krieges, schrieb die Zeitung. Ein Sprecher von Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerte sich angesichts der Interview-Äußerungen zurückhaltend und sagte, was die Krim betreffe sei nur das Wort des Präsidenten entscheidend. Bisher hatte dieser Verhandlungen mit Moskau abgelehnt, solange sich noch russische Soldaten auf ukrainischem Gebiet befinden - inklusive der bereits 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim. Militärexperten erwarten in diesem Frühjahr eine Offensive der ukrainischen Truppen, um von Russen besetzte Gebiete zurückzuerobern. Ukraine stockt Panzerbestellung in Polen auf 150 auf Die Ukraine hat eine Bestellung von Radschützenpanzern im Nachbarland Polen von 100 auf 150 Exemplare aufgestockt. Dies kündigte der polnische Regierungssprecher Piotr Müller nach Angaben der Agentur PAP einen Tag nach dem Besuch von Präsident Wolodymyr Selenskyj in Warschau an. Die Panzer vom Typ KTO Rosomak sollen mit Finanzhilfen der USA und der EU finanziert werden. Dabei handelt es sich um eine Lizenzversion auf Basis des finnischen Militärfahrzeugs Patria AMV. Zudem gab die Ukraine den Bau von mehr als 50 selbstfahrenden Mörsern des Typs "M120 Rak" (Krebs") in Auftrag. Geplant sei zudem die Lieferung von 100 Raketen für Kurzstrecken-Flugabwehrraketensystem. Der Gesamtwert der bisher aus Polen an die Ukraine gelieferten Rüstungsgüter beläuft sich nach Regierungsangaben aus Warschau auf 2,1 Milliarden Euro. Kreml nennt Atomwaffen in Belarus Antwort auf NATO-Osterweiterung Russland hat die vom Westen kritisierte Stationierung von Atomraketen im Nachbarland Belarus als Reaktion auf die Erweiterung der NATO verteidigt. "Weil wir um unsere Sicherheit fürchten, unternehmen wir natürlich Schritte, um sie zu gewährleisten", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Jedes Mal, wenn sich die westliche Militärallianz auf Russlands Grenzen zubewege, müsse Moskau etwas unternehmen, um die Sicherheitsarchitektur auf dem Kontinent auszubalancieren. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte Ende März angekündigt, taktische Atomraketen in der verbündeten Ex-Sowjetrepublik Belarus aufzustellen. Peskow sagte dazu: "Nicht Russland nähert sich mit seiner militärischen Infrastruktur den NATO-Grenzen. Die Bewegung läuft in die andere Richtung." Münchner Rück will Versicherung für Nord Stream 1 nicht verlängern Nach der Allianz will auch die Münchner Rück die Versicherungspolice für die stark beschädigte Gasleitung Nord Stream 1 nicht verlängern. Das sagte ein Sprecher des Rückversicherers am Donnerstag. Die Allianz hatte am Mittwoch erklärt, mit dem Ablauf der Versicherung Ende 2023 werde die Police nicht erneuert. Nord Stream 1 führt von Russland aus durch die Ostsee nach Deutschland, jährlich konnten 55 Milliarden Kubikmeter Gas durch die Leitungen transportiert werden. Sie war elf Jahre lang für europäische Kunden die wichtigste Pipeline für russisches Gas, bis im September 2022 ihre beiden Röhren bei Explosionen zerstört wurden. Moskau: Eindringen von ukrainischen "Saboteuren" vereitelt Russland hat nach eigenen Angaben das Eindringen von ukrainischen "Saboteuren" verhindert. Die 20 Menschen umfassende Gruppe habe versucht, in der Nähe des Dorfes Slutschowsk in der Region Brjansk nahe der Grenze zur Ukraine nach Russland zu gelangen, teilte der Gouverneur der Region, Alexander Bogomas, im Onlinedienst Telegram mit. Der Geheimdienst FSB habe dies vereitelt. Anfang März hatte Russland erklärt, dass "Saboteure" aus der Ukraine in die Region Brjansk eingedrungen seien. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte damals von einem "Terrorangriff" gesprochen. Kreml-Sprecher: Bislang keine Aussichten auf politische Lösung Der Kreml hat eine Vermittlung im Ukraine-Konflikt durch China derzeit ausgeschlossen. China verfüge zwar "zweifellos über ein sehr effektives und überragendes Vermittlungspotenzial", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Doch die Situation mit der Ukraine sei "komplex", sagte Peskow. "Bislang gibt es keine Aussichten auf eine politische Lösung." Derzeit sieht Moskau dem Kreml-Sprecher zufolge "keine anderen Möglichkeiten als die Fortsetzung der Spezialoperation". Welt-Turnverband-Präsident für Rückkehr von Russen und Belarusen Der Präsident des Welt-Turnverbandes (FIG) hat sich nach einem unangekündigten Besuch in der Ukraine für die Rückkehr von Sportlern aus Russland und Belarus zu internationalen Wettkämpfen ausgesprochen. "Präsident (Wolodymyr) Selenskyj beschützt die Menschen in der Ukraine wie eine Familie. Ich beschütze alle Turner der Welt wie eine Familie. Darum unterstütze ich die ukrainischen Turner und darum verteidige ich das Recht von Turnern aus Russland und Belarus, die nicht in den Krieg verwickelt sind, an Wettkämpfen teilzunehmen", sagte Watanabe in einer veröffentlichten Stellungnahme. Der Japaner hatte an der Beerdigung der ukrainischen Trainerin in der Rhythmischen Sportgymnastik, Albina Derjugina, teilgenommen, die kürzlich im Alter von 91 Jahren gestorben war.  Xi und Macron fordern Friedensgespräche Chinas Staatschef Xi Jinping und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben zu baldigen Friedensgesprächen für die Ukraine aufgerufen. Ziel sei eine "Wiederaufnahme der Gespräche, so schnell wie möglich, für einen dauerhaften Frieden", sagte Macron nach einem bilateralen Treffen am Donnerstag in Peking. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz bekräftigten beide zudem ihre Ablehnung eines Einsatzes atomarer Waffen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Macron ist derzeit zu einem dreitägigen Staatsbesuch in China und will Xi dazu bewegen, seinen Einfluss auf Russland zugunsten einer Friedenslösung in der Ukraine zu nutzen. Dies machte er bei dem Gespräch mit Xi deutlich: "Die russische Aggression gegen die Ukraine ist ein Schlag für die Stabilität", so Macron. "Ich weiß, ich kann auf Sie zählen, um Russland wieder zur Vernunft und alle an den Verhandlungstisch zu bringen". Prigoschin: Bachmut noch teilweise in der Hand ukrainischer Truppen Nach den Worten des russischen Söldnerführers Jewgeni Prigoschin ist Bachmut noch teilweise in der Hand ukrainischer Truppen. "Es muss klar gesagt werden, dass der Feind noch nicht gegangen ist", schreibt der Chef der Wagner-Gruppe auf Telegram. Zuvor hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj von einer schwierigen Lage in Bachmut gesprochen. "Für mich ist das Wichtigste, dass wir unsere Soldaten nicht verlieren, und natürlich werden die Generäle vor Ort die richtigen Entscheidungen treffen, wenn sich die Lage weiter zuspitzt und die Gefahr besteht, dass wir unsere Leute verlieren, weil sie eingekesselt werden", sagte er und spielte damit erstmals vage auf einen möglichen Rückzug an. Ungarn fordert von Schweden Schritte zur Vertrauensbildung Die Beziehungen zwischen Ungarn und Schweden sind nach Angaben der Regierung in Budapest auf einem Tiefpunkt angelangt. Der Stabschef von Ministerpräsident Viktor Orban forderte die schwedische Regierung auf, mit Blick auf den angestrebten NATO-Beitritt Schritte zur Vertrauensbildung einzuleiten. Orbans Stabschef Gergely Gulyas sagte, es sei nicht hilfreich, dass Schweden eine gegen Ungarn von der EU-Kommission eingebrachte Klage wegen Verstößen gegen die Rechtstaatlichkeit unterstütze. "In einer solchen Situation ist die Einheit der Nato von größter Bedeutung, und es ist nicht hilfreich, bilaterale Debatten in die NATO hereinzutragen", sagte Gulyas. Schweden ist Mitglied der Europäischen Union und strebt nach Jahrzehnten der militärischen Neutralität den Beitritt zur Nato an, als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Finnland war am vergangenen Dienstag in die Allianz aufgenommen worden. Ursprünglich wollten die beiden Nordländer diesen Schritt gemeinsam tun, allerdings blockiert neben Ungarn auch die Türkei die Aufnahme Schwedens in die transatlantische Allianz. Macron trifft Xi: "Wichtige Rolle" Chinas in Ukraine-Konflikt Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und der französische Präsident Emmanuel Macron sind in Peking zusammengetroffen. "Ich bin fest davon überzeugt, dass China eine wichtige Rolle bei der Schaffung von Frieden spielt", teilte Macron kurz vorher auf Chinesisch im Kurznachrichtendienst Twitter zum Krieg in der Ukraine mit. Er wolle das bei seinen Gesprächen "diskutieren und vorantreiben". Xi Jinping empfing Macron mit militärischen Ehren. Nach dem bilateralen Treffen stand eine Dreier-Runde mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an. Schweden: Verursacher von Nord-Stream-Explosionen nach wie vor unbekannt Die schwedischen Ermittlungsbehörden wissen eigenen Angaben zufolge nach wie vor nicht, wer für die Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee verantwortlich ist. Man drehe jeden Stein um und überlasse nichts dem Zufall, erklärt Staatsanwalt Mats Ljungqvist. "Wir hoffen, dass wir bestätigen können, wer dieses Verbrechen begangen hat, aber es sollte beachtet werden, dass das angesichts der Umstände wahrscheinlich schwierig sein wird." Die Ostseepipeline Nord Stream 1 war bis zum russischen Lieferstopp im vergangenen Jahr eine der wichtigsten Leitungen für den Transport von Erdgas aus Russland nach Deutschland und in weitere westeuropäische Staaten. Die Doppelröhre war wie die Parallelleitung Nord Stream 2 im September 2022 durch Explosionen schwer beschädigt worden. Der Vorfall ereignete sich in exklusiven Wirtschaftszonen Schwedens und Dänemarks. NATO-Übung im Nordosten Polens Mehrere hundert Soldaten aus sechs NATO-Staaten haben im Nordosten Polens an einer gemeinsamen Übung der Landstreitkräfte teilgenommen. Im Zuge von "Amber Lynx 23" auf einem Truppenübungsplatz bei Orzysz in der Woiwodschaft Ermland-Masuren sollten am Donnerstag auch Schussübungen mit scharfer Munition stattfinden. Dies sei eine Demonstration der Bereitschaft des Bündnisses, die NATO-Ostflanke zu verteidigen, schrieb Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak auf Twitter. Polen grenzt im Osten unter anderem an den Kreml-Verbündeten Belarus und an die Ukraine, die sich seit mehr als einem Jahr gegen eine russische Invasion wehrt. Ukrainisches Militär zur Lage in Bachmut Die russischen Streitkräfte verstärken nach ukrainischen Angaben in Bachmut ihre Angriffe mit der Absicht, die Stadt im Donbass vollständig einzunehmen. Bachmut sei zusammen mit den südwestlich gelegenen Ortschaften Awdijiwka und Marjinka derzeit "das Epizentrum der Feindseligkeiten", teilt das ukrainische Militär mit. Macron und von der Leyen besuchen Chinas Präsident Xi Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen wollen heute in Peking mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping zusammentreffen. Macron und von der Leyen wollen Xi dazu bewegen, seinen Einfluss auf Russland zugunsten einer Friedenslösung in der Ukraine zu nutzen. Macron hält sich zu einem dreitägigen Staatsbesuch in China auf und hatte von der Leyen das Dreiertreffen vorgeschlagen. Am Mittwoch hatte Macron davon gesprochen, dass China eine "bedeutende Rolle" mit Blick auf den Ukraine-Krieg zukomme. Frankreichs Präsident will außerdem die wirtschaftlichen Beziehungen seines Landes zu China wieder ankurbeln. Biden und Trudeau fordern Freilassung von US-Journalisten Gershkovich Der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau und US-Präsident Joe Biden dringen nach einem Telefonat auf die Freilassung des wegen des Vorwurfs der Spionage verhafteten Reporters der Zeitung "Wall Street Journal". "Wir fordern Russland auf, Evan Gershkovich unverzüglich freizulassen", schreibt Trudeau auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. On the phone today, @POTUS Biden and I spoke about his trip here last month and the work we’ll continue to do together, from securing our borders to building clean economies. We also spoke about Ukraine, and we call on Russia to release @EvanGershkovich immediately. Selenskyj äußert sich in Polen zu Lage in Bachmut Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist bei seinem Besuch in Polen auf die Lage in der umkämpften ostukrainischen Stadt Bachmut eingegangen. Die ukrainischen Streitkräfte dort könnten sich zurückziehen, wenn ihnen die Gefahr drohe, von Russland eingekreist zu werden, sagte er bei einer Pressekonferenz mit Polens Präsident Andrzej Duda nach einem Treffen der beiden Staatsoberhäupter. In einem Interview der Nachrichtenagentur AP hatte Selenskyj jüngst unterstrichen, wie wichtig es sei, Bachmut zu verteidigen. Sollte die Stadt an die russischen Truppen fallen, warnte er, könne dies Moskau in die Lage versetzen, internationale Unterstützung für einen Deal zusammenzutrommeln, der von der Ukraine inakzeptable Zugeständnisse erfordern könnte. Moskau lässt vom IStGH gesuchte Kinderkommissarin vor UN reden Russland hat seine vom Internationalen Strafgerichtshof wegen mutmaßlicher Kinderdeportationen per Haftbefehl gesuchte Kinderrechtskommissarin Maria Lwowa-Belowa im UN-Sicherheitsrat zu Wort kommen lassen. Lwowa-Belowa sagte, die Kinder seien zu ihrer eigenen Sicherheit nach Russland gebracht worden. Moskau arbeite mit internationalen Organisationen zusammen, um sie wieder ihren Familien zurückzugeben. Botschafter westlicher Staaten boykottierten das informelle Treffen des Sicherheitsrats und entsandten Diplomaten niederer Ebene. Diplomaten der USA, Großbritanniens, Albaniens und Maltas verließen den Saal, als die per Video zugeschaltete Lwowa-Belowa mit ihren Äußerungen begann. Putin: Westen half Ukraine bei Sabotageakten und Terror Der russische Präsident Wladimir Putin hat westlichen Geheimdiensten die Unterstützung der Ukraine bei Sabotageakten gegen sein Land vorgeworfen. Bei einer Schalte mit Mitgliedern seines Sicherheitsrats, in der es um die Frage ging, wie die Kontrolle über vier illegal von Russland im September für annektiert erklärte ukrainische Regionen gefestigt werden kann, rief er dazu auf, eine stärkere Reaktion zu zeigen. "Es gibt Anlass für die Annahme, dass die Fähigkeiten von Drittländern, von westlichen Spezialdiensten, an der Vorbereitung von Sabotageakten und Terrorattacken beteiligt waren", behauptete Putin, ohne seine Angaben durch Belege zu untermauern. Die vier annektierten Regionen seien von der Ukraine beschossen worden und Sabotageakte hätten darauf abgezielt, die lokale Bevölkerung zu verunsichern, konstatierte er. Die russischen Behörden müssten "harsch und effektiv handeln, um die Kontrolle über die Situation sicherzustellen". Mehrere von Moskau eingesetzte Statthalter in den Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson wurden durch Sprengsätze oder andere Angriffe getötet. Putin forderte, die Anstrengungen zu verstärken, um die vier Regionen vollständig in die Russische Föderation zu integrieren und die Bevölkerung nach seiner Darstellung vor ukrainischen Attacken zu schützen. Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen
/newsticker/liveblog-ukraine-donnerstag-223.html
2023-04-06
Maskenpflicht nur noch per Hausrecht
Corona-Regeln für Praxen
Morgen endet die staatlich vorgegebene Maskenpflicht in Praxen und Kliniken. Die Einrichtungen könnten aber Gebrauch von ihrem Hausrecht machen und Masken weiter anordnen, so Kassenärzte-Chef Gassen. mehr
Morgen endet die staatlich vorgegebene Maskenpflicht in Praxen und Kliniken. Die Einrichtungen könnten aber Gebrauch von ihrem Hausrecht machen und Masken weiter anordnen, so Kassenärzte-Chef Gassen. Nach drei Jahren Corona-Pandemie enden zu Ostern die letzten bundesweiten Corona-Vorgaben - und damit fällt die staatlich verordnete Maskenpflicht in Arztpraxen und Kliniken. Dennoch können die Vorgaben zum Tragen einer Schutzmaske in den Einrichtungen auch weiterhin bestehen bleiben. Und zwar jeweils nach Entscheidung der Einrichtungen vor Ort. "Natürlich können Praxen im Sinne ihres Hausrechts eine weitere Verpflichtung zum Maskentragen festlegen, und genauso kann jeder freiwillig weiterhin eine Maske tragen", sagte dazu der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, der Nachrichtenagentur dpa. Es sei aber gut, dass es bald keine automatische Pflicht mehr gebe und das Prinzip Eigenverantwortung wieder gelte. Durch Corona gebe es seit vielen Monaten keine bedrohliche Situation mehr. Vor diesem Hintergrund sei es folgerichtig, dass auch die Maskenpflicht für Patientinnen und Patienten in Praxen ende, so Gassen. STIKO-Chef: "Richtiger Moment", Maßnahmen herunterzufahren Auch der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, befürwortete im Interview bei tagesschau24, die Corona-Schutzmaßnahmen herunterzufahren: "Das ist jetzt im Augenblick sicher der richtige Moment. Die Immunität oder Basisimmunität in der Bevölkerung ist gut und relativ hoch. Und insgesamt flaut auch die epidemische Situation im Augenblick ab." Gaß: Neue Phase im Umgang mit Covid-19 Auch der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, begrüßte in mehreren Interviews das Ende der Maskenpflicht. Kliniken seien es gewohnt, auch unabhängig von Corona zum Schutz ihrer Patienten Hygienemaßnahmen festzulegen, so Gaß. Mit dem Auslaufen der letzten gesetzlichen Corona-Maßnahmen trete man in eine neue Phase im Umgang mit dieser Erkrankung ein. Krankenhäuser würden individuell nach der jeweiligen Situation entscheiden, welche Maßnahme sie ergreifen, so Gaß. Abhängig sein werde dies etwa von der Patientenklientel und sicherlich auch je nach Bereich der Klinik. Aufarbeitung der Corona-Krise gefordert Mit Blick auf die politischen Entscheidungen während der Corona-Pandemie hatte die FDP-Fraktion eine Enquete-Kommission im Bundestag zur politischen Aufarbeitung der Corona-Krise gefordert. Der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann hält dies für dringend geboten. Es seien Lehren aus den vergangen drei Jahren zu ziehen, und es müsse beraten werden, ob alle Maßnahmen wirklich sinnvoll und verhältnismäßig gewesen seien, sagte der Würzburger Mediziner im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Kritisch äußerte sich Ullmann rückblickend unter anderem zu Schulschließungen, Ausgangssperren und Besuchsverboten in Alten- und Pflegeheimen. Freiheitseinschränkungen seien vom Staat zu begründen, betonte Ullmann. Dass in Pflegeeinrichtungen Menschen einsam gestorben seien, dürfe sich nicht wiederholen.
/inland/corona-maskenpflicht-ende-101.html
2023-04-06
Faeser bei mehr Unterstützung skeptisch
Flüchtlingsunterbringung
Innenministerin Faeser hat Forderungen der Kommunen bei der Flüchtlingsunterbringung kritisiert: Es sei seltsam, dass jetzt schon gesagt werde, das Geld für dieses Jahr reiche nicht aus. Bayerns Innenminister spricht von "Realitätsverweigerung". mehr
Innenministerin Faeser hat Forderungen der Kommunen bei der Flüchtlingsunterbringung kritisiert: Es sei seltsam, dass jetzt schon gesagt werde, das Geld für dieses Jahr reiche nicht aus. Bayerns Innenminister spricht von "Realitätsverweigerung". Forderungen der Kommunen nach mehr Geld vom Bund für die Unterbringung von Flüchtlingen und Migranten kann Bundesinnenministerin Nancy Faeser nicht nachvollziehen. "Ich finde es seltsam, wenn jetzt schon - Anfang April dieses Jahres - gesagt wird, das Geld für dieses Jahr reiche nicht aus", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Der Bund hat schon im vergangenen Jahr sehr viel Geld zur Verfügung gestellt - 4,4 Milliarden Euro. Außerdem haben wir die Sozialleistungen für die Flüchtlinge aus der Ukraine übernommen." Für dieses Jahr habe der Bund den Ländern und Kommunen frühzeitig 2,75 Milliarden Euro an zusätzlicher Unterstützung zugesagt, sagte sie weiter. Faeser lehnt Begrenzung der Zahl von Flüchtlingen ab Faeser verwies auf einen Bund-Länder-Gipfel mit Kanzler Olaf Scholz, bei dem am 10. Mai über die Flüchtlingskosten beraten werden soll. Sie räumte ein, dass die Situation der Kommunen sehr schwer sei. Die Lage müsse gemeinsam bewältigt werden. Die Zahl der Flüchtlinge zu begrenzen, lehnte sie ab. "Wir erleben einen furchtbaren Krieg mitten in Europa. Acht von zehn Geflüchteten kommen aus der Ukraine. Da kann es keine Höchstgrenzen für Menschlichkeit geben", so Faeser. Kinder und Jugendliche unter den Kriegsflüchtlingen müssten "bestmöglich" betreut werden, auch, damit sie nicht straffällig würden, mahnte Faeser. "Menschen, die aus dem Krieg geflüchtet sind, bringen furchtbare Erfahrungen mit. Solche Gewalterfahrungen können nachwirken." Ein Drittel der mehr als eine Million geflüchteten Ukrainer in Deutschland sei unter 18 Jahre alt. Das werde auch in der Kriminalstatistik sichtbar. "Im letzten Jahr hatten wir über 3700 tatverdächtige Kinder und Jugendliche aus der Ukraine. 2021, vor Putins Krieg, waren es wenige hundert", sagte die Ministerin. Kommunen fordern mehr Steuerung und Finanzmittel Vertreter der Kommunen reagierten enttäuscht auf Faesers Äußerungen. Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, warf Faeser Arbeitsverweigerung bei der Begrenzung der Zuwanderung von Asylbewerbern ohne Bleibeperpektive vor. Der Landkreistag sieht den Bund in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass weniger Asylsuchende nach Deutschland kommen. Dies müsse in Abstimmung mit der EU sowie Herkunfts- und Transitländern geschehen. "Da passiert bisher nicht genug, einschließlich der Rückführung", mahnte er an. Gleichzeitig betonte Sager: "Das bezieht sich natürlich nicht auf ukrainische Geflüchtete; diese haben zweifellos ein Aufenthaltsrecht." Die von Faeser genannten Zahlen zu den vom Bund bereits gezahlten Leistungen seien korrekt - das Geld gehe jedoch nicht direkt an die Kommunen, sondern an die Länder, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg. Auch sei der Aufwand für über 200.000 Kita- und Schulplätze für geflüchtete Kinder aus der Ukraine nicht ausreichend berücksichtigt. "Hinzu kommt, dass bisher vollkommen unklar bleibt, welche Mittel im Jahr 2024 bereitgestellt werden", kritisierte Landsberg. Bayern wirft Faeser "Realitätsverweigerung" vor Bayerns Innenminister Joachim Herrmann kritisierte Faeser in der Sache scharf. "Es ist offensichtlich, dass die finanzielle Unterstützung der Bundesregierung für die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen für dieses Jahr nicht reicht. Da sind sich die Bundesländer und Kommunen vollkommen einig", sagte der CSU-Politiker der Nachrichtenagentur dpa. Faesers jüngste Aussagen zur Migrationspolitik zeugten "von einer neuen Dimension von Realitätsverweigerung". Besonders ärgere ihn, dass sich Faeser klar gegen eine Begrenzung der Migration ausspreche und gleichzeitig eine bessere Unterstützung der Kommunen ablehne. Sie dämpfe "schon jetzt die Erwartungen zum kommenden Flüchtlingsgipfel im Mai. Das ist nicht nur unverschämt, sondern auch absolut unlogisch", so Herrmann. Baden-Württemberg: Kraftanstrengung von allen nötig Der baden-württembergischen Migrationsministerin Marion Gentges zufolge gehen die Aussagen Faesers zu den Flüchtlingskosten an der wirklichen Lage vorbei. Es gehe um objektive Kapazitäts- und Leistungsgrenzen. Oft werde der Raum für die Unterbringung knapp. Die ehren- und hauptamtlichen Helfer stießen an ihre Belastungsgrenze oder seien bereits darüber. Baden-Württemberg habe im vergangenen Jahr deutlich mehr Menschen aufgenommen als in den Jahren der Flüchtlingskrise 2015 und 2016 zusammen. Das gehe nur mit einer großen Kraftanstrengung aller Beteiligten.
/inland/faeser-unterstuetzung-fluechtlinge-101.html
2023-04-06
Taiwans Präsidentin in Kalifornien
USA-Reise trotz Warnungen aus China
Ein Treffen auf dieser Ebene hat es auf US-Gebiet seit 1979 nicht gegeben: Taiwans Präsidentin Tsai ist in Kalifornien mit dem Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, McCarthy, zusammengekommen. Für China ist das eine Provokation. mehr
Ein Treffen auf dieser Ebene hat es auf US-Gebiet seit 1979 nicht gegeben: Taiwans Präsidentin Tsai ist in Kalifornien mit dem Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, McCarthy, zusammengekommen. Für China ist das eine Provokation. Trotz Warnungen aus China hat Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen sich mit dem ranghöchsten Abgeordneten des US-Repräsentantenhauses in Kalifornien getroffen. Das Staatsoberhaupt kam mit dem Republikaner Kevin McCarthy in der Ronald-Regan-Präsidentenbibliothek in der Stadt Simi Valley nordwestlich von Los Angeles zusammen. McCarthy ist als Vorsitzender der Kongresskammer die drittwichtigste Figur im amerikanischen Staat. Ein Treffen auf dieser Ebene hat es auf US-Gebiet seit 1979 nicht gegeben. Vor dem Gebäude versammelten sich sowohl Pro-Peking- als auch Pro-Taiwan-Demonstranten. US-Außenminister: Treffen ist privater Natur Tsai besuchte vergangene Woche bereits New York, bevor sie anschließend nach Mittelamerika weiterreiste. Die Station in Los Angeles war der Zwischenstopp auf dem Rückweg. Außenminister Antony Blinken hatte im Vorfeld erklärt, Tsai sei auf der Durchreise mit Aufenthalten in den USA, die privater und inoffizieller Natur seien. Blinken forderte China auf, wegen des Besuchs Tsais die Spannungen nicht weiter anzuheizen. "Das heißt im Klartext, dass Peking den Transit nicht als Vorwand für Maßnahmen zur Verschärfung der Spannungen nutzen sollte", sagte er in Brüssel. Durchreisen von hochrangigen taiwanesischen Politikerinnen und Politikern seien nichts Neues. Offenbar chinesischer Verband vor Taiwans Küste Das chinesische Außenministerium verurteilte das Treffen Tsais mit McCarthy als "geheime Absprachen" und kündigte an, es werde "als Reaktion auf die schwerwiegenden Fehler" entschlossene Maßnahmen zum Schutz der nationalen Souveränität und territorialen Integrität ergreifen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua. McCarthy habe mit seinem Vorgehen "mit der von den USA gegenüber China eingegangenen Verpflichtung in der Taiwan-Frage ernsthaft gebrochen". Bisher sehe man als Reaktion auf Tsais Besuch keine erhöhte Militäraktivität Chinas rund um Taiwan, sagte eine Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums. Gleichwohl teilte das Verteidigungsministerium in Taipeh mit, dass der chinesische Verband um den Flugzeugträger "Shandong" sich vor der Südostküste der Insel befinde. USA sind wichtigster Verbündeter Ein ranghohes Treffen zwischen Vertretern der USA und Taiwans wertet China als Provokation. Taiwan ist autonom und demokratisch regiert, doch China betrachtet die Insel als eigenen Landesteil. Auf einen Besuch von McCarthys Vorgängerin, der Demokratin Nancy Pelosi, in Taiwan im vergangenen August hatte die chinesische Führung mit einem mehrtägigen Militärmanöver reagiert. Diplomatische Beziehungen anderer Länder zu Taiwan betrachtet Peking als Verletzung seiner Ein-China-Politik. Die USA erkennen offiziell die Regierung in Peking als Vertreterin Chinas an, sind zugleich aber wichtige Verbündeter Taiwans.
/ausland/amerika/taiwan-praesidentin-usa-besuch-101.html
2023-04-06
Die Fronten sind verhärtet
Rentenreform in Frankreich
Die Rentenreform erhitzt die Gemüter in Frankreich. Neue Proteste stehen bevor. Die Regierung hält stur an ihren Plänen fest - und die Gewerkschaften halten umso geschlossener dagegen. Von J. Borutta.
Die Rentenreform erhitzt die Gemüter in Frankreich. Neue Proteste stehen bevor. Die Regierung hält stur an ihren Plänen fest - und die Gewerkschaften halten umso geschlossener dagegen. Der Platz vor dem Pariser Invalidendom, schwarz vor Menschen - darauf hoffen die Gewerkschaften am heutigen elften Protest- und Aktionstag gegen die Rentenreform. Der Chef der gemäßigten Gewerkschaft CFDT, Laurent Berger, gibt sich kämpferisch: "Ich rufe dazu auf, dass so viele Arbeiterinnen und Arbeiter, so viele Bürger wie irgend möglich auf die Straße gehen - überall im Land. Darum geht es. Wir müssen die Stärke der Demokratie zeigen. Ruhig, gewaltlos, aber die Menschen müssen auf die Straße." Gewerkschaftsvertreter verlassen Treffen mit Borne Diesen Appell lancierte Berger nach dem lang erwarteten Treffen gestern zwischen Premierministerin Elisabeth Borne und den verschiedenen Gewerkschaften. Das Gespräch: ein regelrechter Fehlschlag, urteilten Berger und seine Mitstreiter. "Wir alle haben unsere Sicht der Dinge dargelegt und einer nach dem anderen hat die Premierministerin gefragt, ob sie ihr Gesetz zurückzieht. Die Antwort war nein", so Berger. Danach - so berichten Teilnehmende - seien die Arbeitnehmervertreter geschlossen aufgestanden und hätten den Saal verlassen. Auch Sophie Binet, die neue Chefin der weit links stehenden Gewerkschaft CGT. Es war gemunkelt worden, dass sie noch radikaler sei als ihr Vorgänger Philippe Martinez, und dass das ungewöhnliche Bündnis der Gewerkschaften deshalb auseinanderzubrechen drohe. Danach sah es gestern nicht aus. Die Gewerkschaften stehen zusammen Die verschiedenen Gewerkschaftsvertreter schienen sich genau abgesprochen zu haben, und Binet berichtete kurz nach dem Treffen im Amtssitz der Premierministerin:"Vor uns saß eine radikalisierte, begriffsstutzige und realitätsferne Regierung." Deren Haltung sei eine Ohrfeige für Millionen von Französinnen und Franzosen, die gegen die Erhöhung des Renteneintrittsalters, die Steigerung der Beitragsjahre und die Abschaffung der Sonderregelungen demonstrierten. Die Durchhaltestrategie der Regierung sei grausam und verantwortungslos, so Binet weiter. Und Berger sprach von einer sozialen Krise, die sich zu einer regelrechten Demokratiekrise ausgewachsen habe. So aufgebracht die Gewerkschaftsvertreter, so nüchtern einmal mehr die Premierministerin. Sie erklärte nach dem Treffen, es habe einen respektvollen Austausch gegeben. "Jeder konnte dem anderen zuhören und seine Meinung darlegen. Leider hat unsere unterschiedliche Ansicht, was das Renteneintrittsalter anbelangt, dazu geführt, dass wir nicht tiefgreifender diskutieren konnten." Wieder Proteste und Streiks Die Premierministerin hätte gerne über rentenverwandte Themen gesprochen. Zum Beispiel: Arbeitsbedingungen und Arbeitslosigkeit im Alter. Das aber lehnten die Gewerkschaften ab. Sie pochen darauf, dass zuerst die Rentenreform zurückgezogen werden müsse. Deshalb also wieder Protest und neuer Streik. Im Nah- und Fernverkehr, bei der Müllabfuhr und an Schulen. Die Gewerkschaften hoffen auf rege Beteiligung und sie setzen auf den Verfassungsrat. Der wird in gut einer Woche darüber entscheiden, ob die Rentenreform rechtskonform ist oder nicht.
/ausland/europa/proteste-frankreich-rentenreform-101.html
2023-04-06
Die Wall Street stabilisiert sich
Moderate Gewinne
Bei insgesamt ruhigem Handel machte vor allem die Technologiebörse Nasdaq heute wieder Boden gut. Unterdessen warten die Anleger gespannt auf neue Daten vom Arbeitsmarkt. mehr
Bei insgesamt ruhigem Handel machte vor allem die Technologiebörse Nasdaq heute wieder etwas Boden gut. Unterdessen warten die Anleger gespannt auf neue Daten vom Arbeitsmarkt. Die Wall Street hat sich vor den mit Spannung erwarteten offiziellen Daten vom US-Arbeitsmarkt stabilisiert. Vor allem der Index der Technologiebörse Nasdaq gewann 0,76 Prozent auf 12.087 Stellen, der Auswahlindex Nasdaq 100 rückte 0,74 Prozent vor. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte notierte am Ende nahezu unverändert bei 33.485 Punkten. Er hatte sich zuletzt aber besser entwickelt als seine New Yorker Indexkollegen, wie ein Wochenplus von 0,6 Prozent zeigt. Der breiter gefasste S&P 500 rückte um 0,36 Prozent auf 4105 Zähler vor. Damit machten die US-Börsen einen Teil ihrer Verluste nach zuletzt schwachen Wirtschaftszahlen wieder wett. Im Fokus standen heute die am Freitag anstehenden offiziellen Daten vom Arbeitsmarkt. "Fallen die Zahlen zum Beschäftigungszuwachs und den Stundenlöhnen zu hoch aus, könnten wieder Inflations- und Zinssorgen aufkommen. Sind die Daten den Anlegern dagegen zu schwach, dürfte die Rezessionsangst wieder die Runde machen", sagte Analyst Christian Henke vom Broker IG im Hinblick auf die kommenden Daten vom Arbeitsmarkt. Trotz der Veröffentlichung der Arbeitsmarktdaten am Karfreitag werden die US-Börsen geschlossen bleiben und erst am Montag wieder öffnen. Konjunkturdaten signalisieren Schwäche Zwar war es heute ein ruhiger Handelstag, die US-Anleger sind derzeit aber alles andere als entspannt. Denn die jüngsten Wirtschaftsdaten zeigen nunmehr genau die Abschwächung der Konjunktur an, die nach den drastischen Zinserhöhungen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) zu erwarten war und mit denen die Bank die Inflation in den Griff bekommen will. Neben den stetigen Zins- und Inflationsängsten kommen damit nun auch noch Rezessionsängste hinzu. Auch andere Wirtschaftsdaten aus den USA hatten zuletzt Konjunktursorgen geschürt und die Börsen-Rally ausgebremst. Nach dem Auftragsminus der US-Industrie hatte auch der Einkaufsmanagerindex aus dem US-Dienstleistungssektor die Erwartungen verfehlt. Zudem ist heute die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe höher als gedacht ausgefallen. Insgesamt stellten vergangene Woche 228.000 US-Amerikaner einen Antrag auf staatliche Stütze, wie das Arbeitsministerium in Washington mitteilte. Ökonominnen und Ökonomen hatten lediglich mit 200.000 gerechnet. "Die letzten Stützpfeiler der Wirtschaft beginnen zu schwächeln, und das ist ein Zeichen für eine Rezession", sagte Peter Cardillo, Chefökonom beim Investitionsberater Spartan Capital Securities. "Wir sehen diese Woche, dass sich die Zinserhöhungen zum ersten Mal auf die Gesamtwirtschaft auswirken", kommentierte Roger Lee, Aktienstratege bei Investec. Was macht die Fed? Bei der Bekämpfung der Inflation ist die Fed aus Sicht eines führenden Währungshüters derweil noch längst nicht am Ziel. "Wir haben noch einen langen Weg vor uns und ich denke, die Inflation wird in Zukunft zäh bleiben", sagte der Chef des Fed-Bezirks St. Louis, James Bullard, heute in Little Rock im Bundesstaat Arkansas. Es werde schwierig, die Teuerungsrate auf den Zielwert der Notenbank von 2,0 Prozent zu drücken. "Daher müssen wir dran bleiben." Ob die Fed den Leitzins Anfang Mai über das jetzige Niveau der Spanne von 4,75 bis 5,00 Prozent hinaus weiter anheben wird, ist angesichts der derzeit unsicheren Konjunkturaussichten offen. Die US-Währungshüterin Loretta Mester sagte Bloomberg TV, für eine Einschätzung sei es noch zu früh. Mit Spannung blicken Investoren daher schon auf die am Mittwoch nach Ostern anstehenden Inflationsdaten für März. "Wenn die US-Inflationszahlen in der kommenden Woche niedriger ausfallen als erwartet, könnte das den Gedanken nähren, dass die Fed nun am Ende ihres Zinserhöhungszyklus ist", meint Mark Dowding, Chef-Anleger des Vermögensverwalters BlueBay. In ihrem Ausblick hatten die US-Währungshüter im März im Mittel allerdings ein Zinsniveau von über fünf Prozent zum Jahresende angepeilt. KI-Aktien gefragt Unter den Einzelwerten haben besonders die Aktien einiger großen Tech-Riesen vor dem langen Osterwochenende für eine positive Wende an der Nasdaq-Börse gesorgt. Papiere einiger Unternehmen, die von Anlegern als wichtige Profiteure des Megatrends "Künstliche Intelligenz" (KI) angesehen werden, gehörten zu den Garanten dafür, dass der Nasdaq 100 aus besonders deutlichen Anfangsverlusten noch klare Gewinne machte. Microsoft, Meta und Alphabet zogen bis zu 3,7 Prozent an. Alle drei verbuchten damit den höchsten Stand seit mindestens einem halben Jahr. UBS erhöhte für Meta das Kursziel deutlich auf 280 US-Dollar, was noch etwa 30 Prozent Kurspotenzial verspricht. Analyst Lloyd Walmsley begründete dies mit nachgebenden Kosten. Die Meta-Aktie bleibe für dieses Jahr seine Top-Empfehlung im Sektor. Robuste Konjunkturdaten stützen den DAX Vor den anstehenden Osterfeiertagen haben sich die Anlegerinnen und Anleger am heimischen Aktienmarkt nicht mehr weit aus dem Fenster gelehnt, was allerdings nicht unüblich ist. Im Vorfeld der bis einschließlich Montag andauernden Handelspause meiden sie neue Risiken. Der DAX notierte am Ende des Tages um 0,5 Prozent höher bei 15.597 Punkten und machte damit die Verluste des Vortages wieder wett. Nach Einschätzung von Helaba-Aktienstratege Markus Reinwand will der DAX nach oben. Die verbesserten deutschen Fundamentaldaten - zuletzt die Auftragseingänge und die Industrieproduktion - gäben das auch her, zumal die Bewertung weiterhin moderat sei. "Eher als Bremse erweisen sich dagegen bislang die Leitindizes Dow Jones Industrial und S&P 500. Der DAX habe auch in der Karwoche sein hohes Niveau gehalten, auf das er sich erholt habe, nachdem die Bankenkrise erst einmal abgesagt worden sei, schrieb Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. Hintergrund seien gute Konjunkturdaten aus Deutschland. Gleichwohl halte der Bankenstress an, da die Zinsen weiter steigen. Deutsche Industrie produziert mehr Fundamentaler Rückenwind für den Index kam von Daten zur deutschen Industrieproduktion. So hat die deutsche Industrie die Produktion im Februar deutlich gesteigert. Im Monatsvergleich habe die Gesamtproduktion um 2,0 Prozent zugelegt, teilte das Statistische Bundesamt mit. Analysten wurden von der Entwicklung überrascht. Sie hatten im Schnitt mit einem leichten Rückgang um 0,1 Prozent gerechnet. Nach Einschätzung des Chefvolkswirts der ING Bank, Carsten Brzeski, kann dank der jüngsten Entwicklung eine technische Rezession in Deutschland vermieden werden. Ökonominnen und Ökonomen sprechen davon, wenn die Wirtschaft zwei Quartale in Folge schrumpft. Bereits am Vortag hatten sich führende Wirtschaftsforschungsinstitute positiver geäußert und ihr Rezessionsszenario zurückgezogen. Euro etwas erholt Der Kurs des Euro hat sich ei ruhigem Handel leicht nach oben bewegt. Die europäische Gemeinschaftswährung wurde zuletzt im US-Handel bei 1,0922 Dollar wieder etwas höher gehandelt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0915 (Mittwoch: 1,0940) Dollar fest. Starke Zahlen aus der deutschen Industrie stützten den Euro nicht nachhaltig. Der Devisenmarkt reagierte zuletzt vor allem auf die schwächeren Wirtschaftsdaten aus den USA, was den Dollar belastete. Ölpreise sinken Die Ölpreise sanken heute leicht. Marktbeobachterinnen und Marktbeobachter sprachen von einer Gegenbewegung am Ölmarkt, die am Vortag einsetzte und sich nun fortsetzte. In der ersten Wochenhälfte waren die Notierungen für Rohöl noch deutlich gestiegen, und auch auf Wochensicht ging es mit den Ölpreisen stark nach oben. Seit Montag hat sich Rohöl aus der Nordsee um mehr als vier Dollar je Barrel verteuert. Hintergrund ist eine überraschende Drosselung der Fördermenge durch Staaten des Ölverbunds OPEC+, die am Wochenende angekündigt wurde. Goldpreis nähert sich Rekordhoch Wachsende Sorgen vor einer Rezession in den USA trieben den Goldpreis zuletzt deutlich in Richtung Rekordhoch. Im Verlauf der Woche fehlte nicht mehr viel zur Marke von 2075 Dollar je Feinunze aus dem Sommer 2020. Zeitweise wurde das Edelmetall an der Börse in London für 2031 Dollar gehandelt, zuletzt waren es 2007 Dollar. Damit bleibt das Edelmetall so teuer wie seit mehr als einem Jahr nicht mehr. Ein wesentlicher Treiber für die steigende Nachfrage nach Gold ist die Kursentwicklung am Devisenmarkt. Wegen der zuletzt enttäuschenden US-Konjunkturdaten und wegen jüngster Turbulenzen im Bankensektor nach der Pleite von mehreren Regionalbanken in den USA hat der Dollar an Wert verloren. Die Folge: Das in Dollar gehandelte Gold wird auf dem Weltmarkt günstiger, was die Nachfrage verstärkt. Telekom mit Dividendenabschlag, Siemens unter Druck Zu den schwächsten Einzelwerten im DAX gehörte die Telekom, dies aber nur optisch. Der Dividendenabschlag nach der gestrigen Hauptversammlung lag bei 0,70 Euro und wurde heute schon zu mehr als der Hälfte wieder aufgeholt. Siemens gaben nach einem negativen Analystenkommentar von Barclays nach. Die Unternehmen aus dem europäischen Investitionsgütersektor dürften unter dem Strich solide Zahlen für das erste Quartal vorlegen, schrieb Analyst Lars Brorson in einem Sektorausblick. Die Investoren könnten allerdings nach den jüngsten Kursgewinnen die Aktien verkaufen, da sich der Ausblick eintrübe. Tagessieger waren Vonovia in einer deutlichen Gegenbewegung auf die jüngsten Verluste. Bei der BaFin häufen sich die Beschwerden über Banken Die Finanzaufsicht BaFin registriert immer mehr Beschwerden über Banken und Finanzinstitute. 2022 stieg die Zahl der Reklamationen um ein Fünftel auf 15.000, wie aus Reuters vorliegenden Erhebungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hervorgeht. Verbraucherinnen und Verbraucher beklagten sich demnach am häufigsten über Kontosperrungen oder -schließungen, Probleme mit Karten und über zivilrechtliche Fragen. Auch Verbraucherschützer berichten von zunehmenden Anfragen und einer Verunsicherung der Kunden etwa wegen der Turbulenzen um die Schweizer Großbank Credit Suisse. Schweizer Regierung streicht Boni für 1000 Credit-Suisse-Manager Rund 1000 Manager der in Schieflage geratenen Schweizer Großbank Credit Suisse müssen teilweise oder ganz auf Bonuszahlungen verzichten. Das entschied die Schweizer Regierung gestern, nachdem die rettende Übernahme der Bank durch die UBS mit Milliarden an staatlichen Garantien und Liquiditätshilfen der Schweizerischen Nationalbank im März beschlossen wurde. Die Regierung ordnete zudem an, dass Boni bei der UBS künftig an risikobewusstes Management und die Nichtinanspruchnahme der Staatsgarantien geknüpft werden. Shell erwartet weiterhin gute Gasgeschäfte Der Öl- und Gaskonzern Shell sieht bislang ein anhaltend gutes Gasgeschäft im laufenden Jahr. So laufe der Gashandel weiterhin robust und dürfte etwa auf dem Niveau des starken vierten Quartals 2022 liegen, teilte das Unternehmen mit. Und dies, obwohl die europäischen Gaspreise derzeit weit unter ihren Hochs vom vergangenen August notieren. Der Bericht des Öl- und Gaskonzerns deute auf eine gute Leistung, sinkende Betriebskosten und einen starken Beitrag des Handelsgeschäfts im laufenden Quartal hin, notierte Jefferies-Analyst Giacomo Romeo. Alles in allem wiesen die Zahlen darauf hin, dass Shell die vierteljährlichen Aktienrückkäufe in unveränderter Höhe beibehalten dürfte. Schwungvoller Jahresstart für Gerresheimer Der für die Pharma- und Kosmetikindustrie produzierende Spezialverpackungshersteller Gerresheimer sieht sich nach einem dynamischen Jahresauftakt auf Rekordkurs. "Wir sind mit einem starken ersten Quartal gestartet und haben bei Umsatz und Ergebnis erneut ein zweistelliges Wachstum erzielt", sagte Finanzvorstand Bernd Metzner. Die Auftragsbücher seien sehr gut gefüllt. Im ersten Quartal legte der Umsatz organisch um 21 Prozent auf rund 458 Millionen Euro zu und das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) um ein Viertel auf 78 Millionen.
/wirtschaft/finanzen/marktberichte/dax-dow-konjunktur-aktien-anleihen-geldanlage-arbeitsmarkt-fed-rezession-101.html
2023-04-06
"Eine Freundschaft für Jahrhunderte"
Selenskyj in Polen
Bei seinem Besuch in Polen hat der ukrainische Präsident Selenskyj wichtige Rüstungsverträge unterzeichnet. Doch es ging auch um ein Thema, das das Verhältnis zwischen beiden Ländern seit Langem belastet. Von M. Adam.
Bei seinem Besuch in Polen hat der ukrainische Präsident Selenskyj wichtige Rüstungsverträge unterzeichnet. Doch es ging auch um ein Thema, das das Verhältnis zwischen beiden Ländern seit Langem belastet. Wolodymyr Selenskyj steht im Innenhof des Warschauer Königschlosses. Das Schloss sei ein Symbol, hatte ihm sein polnischer Amtskollege Andrzej Duda am Vormittag erzählt: ein Symbol für die Größe Polens, von den Deutschen zerstört, nach dem Krieg aus Trümmern wieder aufgebaut. Ein Monument des "Sich-nicht-unterkriegen-lassens". Am Mittwochabend steht der Präsident der Ukraine hier und spricht über genau das: Ist es noch weit zum Sieg? Nein! Man darf nur bei der Solidarität nicht stehen bleiben. Wenn der Kampf Artillerie erfordert, muss man sie gewähren. Wenn der Sieg Panzer braucht, muss an der Frontlinie ihr Donnern zu hören sein, und wenn die Unabhängigkeit eine Luftwaffe erfordert, dann darf man nicht grübeln, wie wohl Russland auf Flugzeuge reagieren wird. Es ist ein Kampf um die Freiheit, und man kann ihn nicht nur halb gewinnen. Aufarbeitung einer dunklen Vergangenheit Sich nicht unterkriegen lassen, davon hatte davor auch Duda gesprochen. Seit Selenskyj am Morgen in Warschau eingetroffen war, hatten beide Präsidenten Einigkeit demonstriert, wo es nur ging. Von einer polnisch-ukrainischen Freundschaft für Jahrhunderte hatte Selenskyj gesprochen, nachdem Duda ihn mit dem höchsten militärischen Orden Polens begrüßt hatte. Der Krieg selbst kam dann kaum vor. Stattdessen schoben sich im 14. Monat nach dem russischen Angriff andere Themen in den Vordergrund. Themen wie die ausstehende Aufarbeitung der ukrainischen Massaker an polnischen Zivilisten im Zweiten Weltkrieg, die auch Premierminister Mateusz Morawiecki ansprach: "Wir hatten zeitweise eine sehr schwierige Geschichte, und heute gibt es die Chance, diese Geschichte aufs Neue zu schreiben, gestützt auf die Wahrheit." Über die tragischen Morde in Wolhynien habe er auch mit Präsident Selenskyj gesprochen. "Wir bemühen uns sehr, die Zustimmung zu Exhumierungen zu bekommen", so Morawiecki. Selenskyj zeigte sich offen. Noch vor wenigen Jahren war ein polnischer Film über die Massaker in der Ukraine verboten worden. Polen möchte wichtigster Handelspartner sein Schöner und moderner werde die Ukraine nach dem Krieg, versprach Präsident Duda - nach einem Sieg der Ukraine. Beim Wiederaufbau werde Polen wohl hoffentlich auch in Zukunft der wichtigste Handelspartner der Ukraine sein, betonte er - mutmaßlich auch mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und dessen Wirtschaftsdelegation im Hinterkopf, die Selenskyj am Vortag noch in Kiew besucht hatten. In Warschau unterzeichnete die ukrainische Delegation Verträge über Rüstungskäufe: polnische Haubitzen, Flugabwehrraketen und Truppentransporter gegen Geld aus der EU und den USA. Viel Zuversicht, viel Optimismus. Erst am Abend bei den Reden im Warschauer Schloss war dann doch zu spüren, dass der Krieg erst noch gewonnen werden muss. "Kein Waffenstillstand auf Kosten der Ukraine" Ein schneller Waffenstillstand um jeden Preis, so Duda, werde das Problem nicht lösen und würde nur auf Kosten der Ukraine gehen: "Damit sind wir nicht einverstanden. Ausschließlich die Ukraine hat das Recht, über ihre Souveränität zu entscheiden. Und die einzige Bedingung, die die Führer der Staaten der Welt stellen sollten, ist der komplette Rückzug der russischen Truppen vom ukrainischen Territorium." Sein Besuch in Warschau jedenfalls, sagte Selenskyj zum Schluss, sei ein weiterer Schritt zum Sieg.
/ausland/europa/selenskyj-ukraine-polen-101.html
2023-04-06
Erneute Zusammenstöße auf Tempelberg
Jerusalem
Erneut ist es in der Nacht auf dem Tempelberg in Jerusalem zu Zusammenstößen zwischen Palästinensern und Sicherheitskräften gekommen. Zuvor hatte es internationale Aufrufe zur Ruhe und Besonnenheit gegeben. mehr
Erneut ist es in der Nacht auf dem Tempelberg in Jerusalem zu Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften gekommen. Zuvor hatte es internationale Aufrufe zur Ruhe und Besonnenheit gegeben. Am Tempelberg in Jerusalem ist es in der Nacht erneut zu Zusammenstößen zwischen israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern gekommen. Gruppen junger Palästinenser hätten am späten Abend Feuerwerkskörper und Steine auf Polizisten geworfen und versucht, sich in der Al-Aksa-Moschee zu verbarrikadieren, berichteten israelische Medien unter Berufung auf die Polizei. Sie hätten Gläubige daran gehindert, die Moschee zu verlassen. Die Polizei habe den Gläubigen den Weg aus der Moschee gebahnt und die Palästinenser aus der Anlage vertrieben. Palästinensischen Angaben zufolge wurden sechs Menschen verletzt. Zweite Nacht der Gewalt Bereits in der Nacht zum Mittwoch hatte es auf dem Gelände des Tempelbergs Zusammenstöße zwischen israelischen Sicherheitskräften und Dutzenden Palästinensern gegeben. Nach Angaben der Polizei wurden rund 350 Menschen festgenommen. Sie hätten sich in der Al-Aksa-Moschee verbarrikadiert sowie Feuerwerkskörper gezündet und Steine geworfen. Berichten zufolge setzte die Polizei Tränengas, Schlagstöcke und Blendgranaten ein, um die Moschee zu räumen. Nach Angaben des Rettungsdienstes Roter Halbmond wurden rund 40 Palästinenser durch Schläge und Gummigeschosse der Polizei verletzt. Als Reaktion feuerten in der Nacht radikale Palästinenser aus dem Gazastreifen mindestens zehn Raketen auf israelisches Gebiet ab. Am frühen Morgen griff Israel daraufhin mehrere Ziele in dem Küstenstreifen an. Situation während des Ramadan besonders angespannt In den vergangenen Jahren kam es auf dem Gelände um die Al-Aksa-Moschee in Jerusalem immer wieder zu gewalttätigen Konfrontationen. Im Jahr 2021 eskalierte die Situation zu einem elftägigen Konflikt zwischen Israel und der Hamas. Der Tempelberg mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Vor Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan war eine Verschärfung der ohnehin angespannten Sicherheitslage im Land befürchtet worden. Aktuell kommen besonders viele Muslime zum Tempelberg, um während des Fastenmonats dort zu beten. Am Mittwoch begann zudem das einwöchige jüdische Pessachfest. Einer der Bräuche ist dabei eine Wallfahrt nach Jerusalem. USA und UN schockiert über Gewalt Die USA und die UN zeigten sich schockiert über die gewaltsamen Zusammenstöße zwischen Palästinensern und der israelischen Polizei in der Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg. "Wir sind äußerst besorgt über die anhaltende Gewalt, und wir rufen alle Seiten auf, eine weitere Eskalation zu vermeiden", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby. Israelis und Palästinenser müssten zusammenarbeiten, "um diese Spannung zu deeskalieren", fügte Kirby hinzu. Es müsse wieder Ruhe hergestellt werden. UN-Generalsekretär António Guterres reagierte nach Angaben seines Sprechers Stephane Dujarric "schockiert und entsetzt" auf die Bilder von israelischen Polizisten, die in der Moschee auf Palästinenser einschlagen. Die Gewalt sei besonders schockierend, weil sie sich zu einer Zeit ereigne, "die Juden, Christen und Muslimen heilig" sei und eine "Zeit des Friedens und der Gewaltfreiheit" sein sollte. UN-Gesandte verurteilte Angriff auf Einsatzkräfte Der UN-Gesandte Tor Wennesland äußerte sich "entsetzt über die Bilder der Gewalt". Die Schläge gegen Palästinenser sowie die hohe Zahl der Verhaftungen seien "beunruhigend". Gleichwohl verurteilte er die Verwendung von Steinen und Feuerwerkskörpern gegen die Einsatzkräfte. Auch deutsche Bundesregierung rief zu Deeskalation auf. Alle, die Einfluss auf die Lage hätten, stünden in der Verantwortung, "dass jetzt kein weiteres Öl ins Feuer gegossen" werde, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Abbas-Sprecher befürchtet "große Explosion" Ein Sprecher des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas verurteilte das Vorgehen der israelischen Sicherheitskräfte. Er warnte davor, "die roten Linien an den heiligen Stätten zu überschreiten", wie die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete. Dies könne zu einer "großen Explosion" führen. Die radikale Palästinenserorganisation Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, sprach von einem "beispiellosen Verbrechen". Sie rief die Palästinenser im Westjordanland auf, "in Massen zur Al-Aksa-Moschee zu strömen".
/ausland/asien/israel-tempelberg-reaktionen-103.html
2023-04-06
"Verbindung ist stärker als je zuvor"
US-Reise von Taiwans Präsidentin
Der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, McCarthy, und Taiwans Präsidentin Tsai haben bei Gesprächen in Kalifornien Geschlossenheit demonstriert. China kritisierte das Treffen als "schwerwiegenden Fehler". Von Nils Dampz. mehr
Der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, McCarthy, und Taiwans Präsidentin Tsai haben bei Gesprächen in Kalifornien Geschlossenheit demonstriert. China kritisierte das Treffen als "schwerwiegenden Fehler". Die Wörter "Einheit", "zusammen" oder "stärker" fallen immer wieder: Der Republikaner Kevin McCarthy, der das dritthöchste Staatsamt in den USA innehat, steht direkt neben Tsai Ing-wen, der Präsidentin Taiwans. Das Zeichen ist klar: Wir lassen uns nicht einschüchtern. "Ich glaube, unsere Verbindung ist jetzt stärker als je zuvor in meinem Leben", sagt McCarthy. Und Tsai betont: "Wir sind stärker, wenn wir zusammen sind." Ein Treffen auf dieser Ebene hat es in den USA seit über 40 Jahren nicht gegeben. Der Ort: Die Ronald-Reagan-Präsidentenbibliothek in der Stadt Simi-Valley bei Los Angeles. Reagan war US-Präsident im Kalten Krieg - die Sorgen von damals sind wieder aktuell: "Es ist kein Geheimnis, dass der Frieden, den wir bewahrt haben, und die Demokratie, an deren Aufbau wir hart gearbeitet haben, vor noch nie dagewesenen Herausforderungen stehen", so Tsai.   Seltener Moment der Einigkeit unter US-Politikern Neben McCarthy trifft die Präsidentin auch auf eine Delegation, bestehend aus Republikanern und Demokraten. Ein seltener Moment der Einigkeit auch unter US-Politikern.  "Die chinesische Parteiführung zählt darauf, dass Amerika gespalten ist, die Parteien nur die eigenen Interessen und Werte verteidigen", sagt der demokratische Kongress-Abgeordnete Raja Krishnamoorthi dem Sender CNN. "Deshalb ist es heute wichtig, mit einer Stimme zu sprechen."   China bezeichnet Reise als "schwerwiegenden Fehler" Für Tsai ist das Treffen in Kalifornien ein Zwischenstopp auf ihrer Rückreise nach Taiwan. Zuvor war sie in Mittelamerika. US-Außenminister Antony Blinken sagte, das Treffen jetzt sei privater und inoffizieller Natur. Vergangenes Jahr hatte die damalige Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, Taiwan besucht. Chinas Reaktion waren mehrtägige Militärmanöver. Die blieben dieses Mal aus. Das chinesische Außenministerium bezeichnete das Treffen als "schwerwiegenden Fehler". Man werde entschlossene Maßnahmen zum Schutz der nationalen Souveränität ergreifen. Bereits vorher hatte China das Treffen kritisiert. Darauf angesprochen sagte McCarthy: "Ich lasse mir von China nicht vorschreiben, wo ich hingehe oder mit wem ich spreche. Egal ob Freund oder Feind."   Taiwan ist strategisch wichtig für die USA Taiwan hat eine unabhängige, demokratisch gewählte Regierung. China sieht Taiwan aber als Teil der Volksrepublik und hat immer wieder mit einer Invasion der Insel gedroht. US-Präsident Joe Biden hat für diesen Fall schon mehrfach Unterstützung zugesagt. Taiwan ist strategisch wichtig für die USA. Washington liefert Waffen, will dem Machtstreben Chinas etwas entgegensetzen. Das Land  ist auch einer der größten Hersteller von Computerchips. Oder wie Kevin McCarthy sagt: "Enge wirtschaftliche Verbindungen. Enge menschliche Beziehungen. Gemeinsame Werte." In der Reagan-Bibliothek in Kalifornien wird nicht nur Einigkeit beschworen. Es gibt auch immer wieder Reagan-Referenzen: "Ich glaube an das Motto von Präsident Reagan: Frieden durch Stärke." Tsai hat noch eine Nachricht für zu Hause: "Wir versichern dem taiwanischen Volk, dass wir nicht isoliert und nicht allein sind."
/ausland/taiwan-praesidentin-treffen-mccarthy-101.html
2023-04-06
Auf der Suche nach dem richtigen Kurs
Macron und von der Leyen in China
In China treffen Frankreichs Präsident Macron und EU-Kommissionschefin von der Leyen Staatschef Xi. Schon vorab setzte Macron in Peking den Ton für die Gespräche zum Krieg gegen die Ukraine. Von A. Freyeisen.
In China treffen Frankreichs Präsident Macron und EU-Kommissionschefin von der Leyen Staatschef Xi. Schon vorab setzte Macron in Peking den Ton für die Gespräche zum Krieg gegen die Ukraine. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im Kreis von Landsleuten in Peking, das war der erste Programmpunkt seiner dreitägigen China-Reise. Natürlich mit der Marseillaise. Und: Macron setzte in einer kurzen Ansprache den Ton für die Verhandlungen, die er heute mit Staats- und Parteichef Xi Jinping führt - zum Krieg in der Ukraine: "China hat einen Friedensplan vorgelegt. Wir heißen ihn willkommen. Aber stimmen wir ihm komplett zu? Nein!" Doch wenn der Plan schon nicht zum Frieden führe, so zeige er den Willen zur Verantwortung, so Macron. "Deshalb denke ich, dass der Dialog mit China essentiell ist, weil es für die Europäische Union falsch wäre, den Dialog ausschließlich Chinesen und anderen Europäern - den Russen - zu überlassen." Gemeinsames Auftreten von Macron mit von der Leyen Wie wichtig dieser europäische Ansatz ist, zeigt auch das gemeinsame Auftreten von Macron mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Zusammen treffen sie heute Xi, der kürzlich in Russland seine Allianz mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin demonstriert hatte. In dieser Situation sei es besonders wichtig, mit einer Stimme zu sprechen, sagt Grzegorz Stec von der auf China spezialisierten Denkfabrik Merics: "Die europäische Seite geht umsichtig vor. Denn die EU und China sind in den letzten Jahren strategisch stark auseinander gedriftet. Das passiert auch weiterhin. Aber jetzt nähern wir uns diplomatisch wieder einander an. Dabei ist es wichtig, dass die Europäer nicht unkoordiniert handeln." Der politische Analyst Stec sieht zwei Leitplanken, zwischen denen sich der China-Besuch von Macron und von der Leyen bewegt: Derisking, nicht decoupling. Das bedeute: "Wir wollen nicht, dass die Verbindungen zu China tatsächlich gekappt werden, ob wirtschaftlich, diplomatisch oder politisch", so Stec. Es gehe mehr darum, "bewusst und entschieden vorzugehen, wenn es um unser Verhältnis mit China geht. Wo sind die Risiken und Herausforderungen? Diese müssen wir bewältigen, ohne die Beziehungen zu beenden." "China kreiert nicht genug Jobs in Europa" Macron ist mit einer großen Delegation aus der französischen Wirtschaft angereist. Ganz wie früher? Nein, auch wirtschaftlich eher nicht. Denn das jüngste Positionspapier der europäischen Handelskammer in Peking betont, wie sehr der chinesische Nationalismus die Arbeit in der Volksrepublik belastet. Und wie groß deshalb die Probleme sind. Die EU sei "Star-Performer" in Automobil, Chemie und Maschinenbau, sagt Jörg Wuttke, Präsident der EU-Handelskammer in Peking. "Aber der Rest tut sich wahnsinnig schwer. Letztes Jahr hat China sage und schreibe 6,4 Millionen Container nach Europa verschifft. Während wir es nur auf 1,2 Millionen Container geschafft haben." Der Markt sei immer noch sehr verschlossen. "China kreiert nicht genug Jobs in Europa." Investitionsabkommen auf Eis gelegt Wegen der Verletzung der Menschenrechte hat die EU ihr bereits ausgehandeltes Investitionsabkommen mit China auf Eis gelegt. Sicher ein Thema für Kommissionschefin von der Leyen, glaubt der Präsident der EU-Handelskammer in Peking. "Ich bin sicher, es wird auf der Tagesordnung der Chinesen sein, und ich bin mir sehr sicher, dass die europäischen Führungskräfte sagen werden: Sorry, wir müssen erstmal sehen, was sich an der Menschenrechtssituation geändert hat", so Wuttke. Laut UN-Bericht habe sich nichts geändert. Deshalb gebe es wahrscheinlich keine Veranlassung der Kommission, irgendwie aktiv zu werden. "Von daher glaube ich, das wird weiter im Eisschrank schlummern."
/ausland/asien/china-macron-von-der-leyen-101.html
2023-04-06
Immer mehr Beschwerden von Bankkunden
Finanzaufsicht BaFin
Kontosperrungen und Probleme mit Karten sind ein wachsendes Ärgernis für Bankkunden. Bei der Finanzaufsichtsbehörde BaFin häufen sich die Beschwerden über Banken und Finanzinstitute. mehr
Kontosperrungen und Probleme mit Karten sind ein wachsendes Ärgernis für Bankkunden. Bei der Finanzaufsichtsbehörde BaFin häufen sich die Beschwerden über Banken und Finanzinstitute. Bei der Finanzaufsicht BaFin haben die Beschwerden von Verbrauchern über Banken und Finanzinstitute stark zugenommen. Die Zahl der Reklamationen stieg im Jahr 2022 um ein Fünftel auf insgesamt 15.000. Das geht aus Erhebungen der BaFin hervor, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegen. Auch Verbraucherschützer berichten von einer Zunahme von Anfragen und einer Verunsicherung der Kunden, nicht zuletzt aufgrund der Turbulenzen um die Schweizer Großbank Credit Suisse. Die Deutsche Kreditwirtschaft, die Interessenvertretung der deutschen Finanzinstitute, will von einem Vertrauensverlust jedoch nichts wissen. Sie betont, dass der deutsche Bankenmarkt trotz jüngsten Bankenturbulenzen nach wie vor stabil und robust sei. "Es ist ganz normal, dass es in einer Branche, die Massendienstleistungen anbietet, zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Kunden und Banken kommt", erklärt ein Sprecher. Experte sieht Vertrauensverlust in Banken Einige Experten sehen die wachsende Zahl von Anfragen und Beschwerden von Verbrauchern jedoch als Beleg für ein sinkendes Vertrauen in die Finanzinstitute. "Allein die Tatsache, dass Verbraucher uns immer mehr anfragen und unseren Rat suchen, ist Beweis genug, dass sie den Instituten nicht ganz vertrauen", sagt Niels Nauhauser, Experte für Banken und Altersvorsorge in der Verbraucherzentrale Stuttgart. In anderen Bundesländern hätten Verbraucherschützer bereits Gerichtsurteile gegen einseitige Zinsanpassungen bei Prämiensparverträgen, nicht nachvollziehbare Nachhaltigkeitsversprechen bei Geldanlagen oder Änderungen in den Geschäftsbedingungen erstritten, zu denen es ohne explizite Zustimmung der Kunden gekommen war. Schwierigkeiten nach BGH-Urteil Die Geldhäuser reiben sich besonders an der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom April 2021. Seither müssen Kunden von Banken explizit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zustimmen - auch jeder relevanten Änderung der AGB oder der Preise. Viele Banken versuchen seitdem vergeblich, die Zustimmung aller Kunden zu bekommen. Einige Geldinstitute schrecken mittlerweile selbst vor drastischen Mitteln wie der Androhung von Kündigungen nicht zurück. Andere wiederum setzten auf die wiederholte Ansprache von Kunden, um doch noch ihre Zustimmung zu erhalten. Einem Experten des deutschen Branchenverbandes zufolge bedeutet es allerdings eine immense finanzielle und bürokratische Belastung, die Zustimmung von über 110 Millionen Kontoinhabern in Deutschland einzuholen. Ist die Vertrauenskrise hausgemacht? Vor der BGH-Entscheidung genügte es, die Kunden lediglich über bevorstehende Änderungen der Geschäftsbedingungen zu informieren. Widersprachen die Kunden nicht, galten die Änderungen als angenommen. Laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens EY haben 31 Prozent der Deutschen wenig oder gar kein Vertrauen in die Finanzbranche. Die Vertrauenskrise sei auch darauf zurückzuführen, dass die Branche immer wieder die Bedingungen zu ihren Gunsten angepasst habe, so Sascha Straub, Referatsleiter für Finanzthemen der Verbraucherzentrale Bayern.
/wirtschaft/verbraucher/bankkunden-bankkonto-karte-bafin-101.html
2023-04-06
Kennedy-Neffe will US-Präsident werden
Bewerbung um Kandidatur
Robert F. Kennedy, Neffe des früheren US-Präsidenten John F. Kennedy, bewirbt sich um die Präsidentschaftskandidatur für die Demokratische Partei. Bekannt wurde er vor allem durch falsche Behauptungen über die Corona-Impfung. mehr
Robert F. Kennedy, Neffe des früheren US-Präsidenten John F. Kennedy, bewirbt sich um die Präsidentschaftskandidatur für die Demokratische Partei. Bekannt wurde er vor allem durch falsche Behauptungen über die Corona-Impfung. Der Neffe des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy, Robert F. Kennedy, hat seine Bewerbung um die Präsidentschaftskandidatur in den USA eingereicht. Wie aus einem am Mittwoch von Kennedy bei der nationalen Wahlkommission eingereichten Dokument hervorgeht, will er für die Demokratische Partei von Amtsinhaber Joe Biden ins Rennen gehen. Kennedy ist der Sohn des 1968 ermordeten damaligen Senators Robert "Bobby" Kennedy. Zum Zeitpunkt seiner Ermordung hatte auch dieser eine US-Präsidentschaft angestrebt. Kennedys Onkel, der frühere Präsident John F. Kennedy, war 1963 in Dallas einem Mordanschlag zum Opfer gefallen. Vom Umwelt-Anwalt zum Impfgegner Robert F. Kennedy war Bestseller-Autor und Anwalt, der sich vor allem für Umweltbelange einsetzte. Vor mehr als 15 Jahren schloss er sich der Impfgegner-Bewegung in den USA an und wurde deren führende Stimme. Gesundheitsexperten und selbst Mitglieder der eigenen Familie bezeichnen seine Aktivitäten als gefährlich. Im Zuge der Corona-Pandemie geriet der 69-Jährige wegen falscher Behauptungen über Impfungen gegen Covid zusätzlich in die Kriitk. Kennedy ist der zweite Bewerber der Demokraten um die Präsidentschaftskandidatur. Anfang März hatte bereits die 70 Jahre alte Autorin Marianne Williamson ihren Eintritt in das Rennen offiziell bekannt gegeben. Biden-Kandidatur noch nicht offiziell Biden hat seine Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2024 bisher noch nicht offiziell verkündet. Dieser Schritt wird aber allgemein erwartet. Sollte er sich wieder um das höchste Staatsamt bemühen, müssten sich seine Herausforderer zuerst in parteiinternen Vorwahlen gegen ihn durchsetzen. Beiden bisherigen Bewerbern werden hierfür allerdings kaum Chancen eingeräumt. Für die Republikaner bewerben sich bislang außer Ex-Präsident Donald Trump auch die ehemalige US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, der Unternehmer Vivek Ramaswamy und der ehemalige Gouverneur des Bundesstaates Arkansas, Asa Hutchinson, um die Präsidentschaftskandidatur.
/ausland/amerika/kennedy-kandidatur-us-praesidentschaft-101.html
2023-04-06
Wahl zwischen alternativen Wahrheiten
Desinformation in Bulgarien
Zum fünften Mal innerhalb von zwei Jahren hat Bulgarien ein neues Parlament gewählt. Die instabilen Verhältnisse zeigen sich auch in politischen Debatten, die geprägt werden durch Soziale Medien und eine Flut an Desinformation. Von P. Gensing.
Zum fünften Mal innerhalb von zwei Jahren hat Bulgarien ein neues Parlament gewählt. Die instabilen Verhältnisse zeigen sich auch in politischen Debatten, die geprägt werden durch Soziale Medien und eine Flut an Desinformation. Bulgarien steht auch nach der erneuten Wahl vor einer ungewissen politischen Zukunft. Für Unruhe sorgten unmittelbar vor den Wahlen Bombendrohungen gegen Schulen in mehreren großen Städten, unter anderem in Sofia. Cyber-Experten vermuteten im bulgarischen Rundfunk, es handele sich möglicherweise um extremistische Hackergruppen, die Panik und Angst verbreiten wollten, mutmaßlich aus Russland. Sprengkörper wurden in den betroffenen Schulen nicht gefunden. Der Einfluss Russlands auf das Land, die Politik und die Medien bereitet vielen Fachleuten Sorgen. Russische Propaganda zur EU und NATO sowie dem Überfall auf die Ukraine ist in Bulgarien weit verbreitet, wird auch von prominenten Politikern übernommen. Bulgarische Schüler sollen angeblich an die Front Zuletzt kursierte beispielsweise die Falschmeldung, bulgarische Schüler sollten militärisch ausgebildet und dann in die Ukraine geschickt werden, um dort gegen Russland zu kämpfen. Wie so oft bei solchen Falschmeldungen steckt ein wahrer Kern darin, wie ein Faktencheck des bulgarischen Rundfunks zeigt: Tatsächlich sollen Schülerinnen und Schüler über militärische Strategien unterrichtet werden. Allerdings rein theoretisch und lediglich wenige Stunden. Weder seien praktische Übungen geplant, noch sei es aus militärischer Sicht in irgendeiner Form hilfreich, schlecht oder gar nicht ausgebildete Kämpfer einzusetzen, wie Fachleute dem Rundfunk erläuterten. Facebook als Nachrichtenagentur Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Staaten spielt in Bulgarien Facebook bei der Verbreitung von Informationen und auch Desinformation noch bis heute eine überragende Rolle. Der politische Diskurs finde auf der Plattform von Meta statt, sie funktioniere wie eine Nachrichtenagentur für die großen Medien im Land, stellte der Schriftsteller Georgi Gospodinov bei einer Konferenz des Medienprogramms Südosteuropa der Konrad-Adenauer-Stiftung am Dienstag in Sofia fest. Eine Ursache für Facebooks riesigen Einfluss: Es fehlten große Qualitätsmedien und Zeitungen in Bulgarien. Dies stellt auch der Forscher Ruslan Stefanov fest, der ausführte, dass der Mangel an guter politischer Führung das Misstrauen gegen die Demokratie noch vergrößere. Und dieser Mangel an Vertrauen fördere die Verbreitung von Falschmeldungen und Desinformation - sowie die Zustimmung zu autoritären Ideologien. "Trojanisches Pferd für russische Desinformation" Dazu kommt eine Medienlandschaft, die durch Abhängigkeit von der Politik und Oligarchentum geprägt ist. Zudem, so erklärt es Stefanov vom Center for Study of Democracy in Sofia, käme eine ältere Generation von Journalistinnen und Journalisten, die es gewohnt sei, russische Quellen zu benutzen und ihnen zu vertrauen - und dies bis heute tun. So habe eine Untersuchung gezeigt, dass mehr als ein Viertel aller Meldungen, die von der staatlichen Nachrichtenagentur BTA publiziert wurden, zugunsten Russlands seien oder auf Angaben der russischen Nachrichtenagentur TASS basierten. Es gebe daher die Sorge, so Stefanov weiter, die bulgarische Nachrichtenagentur sei ein trojanisches Pferd für russische Desinformation in der EU. Eine relevante Rolle spielt auch die russische Botschaft in Sofia in diesem Kontext, die mit ihren Postings eine große Reichweite entwickelt, mutmaßlich durch die Unterstützung von automatisierten oder nicht-authentischen Konten in sozialen Medien, und so Themen in Bulgarien setzen kann. Haare im Brot und kaltes Wasser im Bad Die russischen Narrative über eine irrationale und komplett marode EU werden in der bulgarischen Öffentlichkeit und Politik immer wieder aufgenommen, wie verschiedene Beispiele zeigen: Sei es die angebliche Genehmigung der EU, menschliches Haar in Brot zu verarbeiten oder die Falschmeldung, in Westeuropa hätten die Menschen kaum noch Nahrung und würden bald ihre Haustiere verspeisen. Solche angeblichen Katastrophenszenarien tauchen seit Monaten in russischen Medien immer wieder auf, werden aber auch in anderen Staaten wie Bulgarien übernommen. So griff der Tourismusminister der bulgarischen Übergangsregierung Ende 2022 die Falschbehauptung auf, in Westeuropa gebe es kein warmes Wasser mehr und pries in einem Interview mit "Nova TV" die Vorteile Bulgariens als Reiseziel an: "Touristen sind jetzt frei. Einer der Slogans lautet 'Urlaub ohne Einschränkungen'. In Europa ist es ihnen verboten zu baden usw., und bei uns können sie sich ausruhen, wie sie wollen." Feindbild "Gender" Unter anderem die nationalistische und pro-russische Partei Vazrazhdane ("Erweckung") ist einer der Haupttreiber für diese Art der Desinformation. Die Partei agitiert gegen die Einführung des Euro in Bulgarien - und insbesondere die "Gender Ideologie" sei zu einem Kampfbegriff gegen die EU und liberale Werte geworden, erklärt die Journalistin Irina Nedeva im Gespräch mit tagesschau.de. Der Begriff "Gender" sei wie ein teuflischer Geist, der durch die Debatten spuke, sagt die Vorsitzende der "Association of European Journalists" in Bulgarien. Dazu gehöre auch der abwertend gemeinte Begriff von "Gayropa" für das westliche Europa; wie in Russland seien es verschiedene nationalistische sowie populistische Politiker, aber auch Vertreter der orthodoxen Kirche, die dieses Feindbild immer wieder bedienen. Das Feindbild "Gender" sei seit dem Jahr 2017 besonders populär, als es die bis dahin größte Kampagne in Bulgarien zur Desinformation gegeben habe, erklärt die Journalistin - und zwar gegen die Istanbul Konvention. Das Abkommen soll Frauen und Mädchen effektiver vor Gewalt zu schützen. Die Vertragsstaaten verpflichten sich, Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen, Diskriminierung von Frauen zu verhindern und die Rechte von Frauen zu stärken. Gegen das Abkommen liefen Politikerinnen und Politiker verschiedener Parteien Sturm. Der damalige Verteidigungsminister sprach von einem "skandalösen Text" und übernahm die Falschbehauptung, durch die Konvention sollte ein drittes Geschlecht legalisiert werden. Der Diskurs über die Konvention war geprägt von Falschbehauptungen, nach denen die Konvention Werbung für die gleichgeschlechtliche Ehe in Schulen fördern solle. Auch die orthodoxe Kirche positionierte sich mit irreführenden Behauptungen gegen das Abkommen. Bis heute wird in Bulgarien argumentiert, die Konvention sei nicht mit bulgarischem Recht vereinbar. Hintergrund ist, dass der englische Begriff "Gender", der die soziale Konstruktion von Geschlechterrollen beschreibt, allein auf biologische Geschlechter bezogen wird. Politik vermeidet LGBTQI*-Thema Mutmaßlich motiviert durch den großen Erfolg der Kampagne gegen die Konvention haben Populisten in den folgenden Jahren Versuche gestartet, verschiedene Referenden anzustoßen. So beispielsweise gegen die Einführung des Euro, für die Transformation des parlamentarischen Systems in ein präsidiales System oder gegen die Einführung der "Gender-Ideologie" in das Bildungssystem. Die Journalistin Ivanov sagt, viele Politiker würden seitdem Themen wie LGBTQI*-Rechte vermeiden, da diese durch Desinformation kaum noch sachlich zu diskutieren seien. Vielmehr würde dann unmittelbar der Vorwurf erhoben, man wolle die traditionelle Familie abschaffen. Russische Propaganda auf Ministerebene Und so blicken viele Fachleute wenig optimistisch in die Zukunft Bulgariens. Während der Pandemie war die Skepsis gegenüber westlichen Impfstoffen hier besonders ausgeprägt, und auch wenn nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine das Ansehen Putins deutlich sank, wurden die ukrainischen Streitkräfte doch weithin als unorganisierte Banden von Neonazis dargestellt, die Zivilisten als Schutzschilde benutzten und Kriegsverbrechen gegen ukrainische Bürger begingen, um diese dann Russland in die Schuhe zu schieben. Auch geflüchtete Ukrainer sind Gegenstand und Ziel von Desinformation und Falschmeldungen. Sogar Minister der damaligen Regierung übernahmen die Propaganda des Kremls, wonach es sich bei dem Angriffskrieg lediglich um eine "Spezialoperation" handele. Einige Faktencheck-Projekte, die teilweise von der EU oder internationalen Stiftungen gefördert werden, versuchen, die Flut der Desinformation einzudämmen. Zudem ist das neu eingerichtete Ministerium für E-Government die erste bulgarische Institution, die aktiv gegen Desinformation vorgehen will. Doch Fachleute sehen dies nur als erste Schritte. Forscher Stefanov stellt in einer Analyse fest, Bulgarien befinde sich noch in der Anfangsphase, um die Verbreitung von Desinformation einzudämmen und den öffentlichen Diskurs zu schützen. So seien tausende IP-Adressen blockiert worden, die mit russischer Desinformation in Verbindung gebracht worden seien. Zudem habe es Gespräche mit Meta gegeben, um das Vorgehen gegen Falschmeldungen auf Facebook zu verbessern - mit wenig Erfolg. Einmal mehr nimmt die Plattform bei der Verbreitung von Desinformation eine unrühmliche Rolle ein - und reagiert offenkundig auch nur auf wachsenden öffentlichen Druck, der in Bulgarien bislang allerdings noch fehlt. Anmerkung der Redaktion: Patrick Gensing war bis 2022 leitender Redakteur des ARD-faktenfinders und arbeitet inzwischen nebenberuflich als freier Journalist.
/faktenfinder/desinformationen-wahl-bulgarien-101.html
2023-04-06
Die Kartoffel, fast sechsmal so teuer
Lebensmittelpreise in Marokko
Wie in Europa steigen auch in Afrika die Lebensmittelpreise - vor allem im Agrarland Marokko. Speziell Gemüse können sich viele Marokkaner kaum noch leisten. Soziale Verbände rufen zu Protesten auf. Von Jean-Marie Magro.
Wie in Europa steigen auch in Afrika die Lebensmittelpreise - vor allem im Agrarland Marokko. Speziell Gemüse können sich viele Marokkaner kaum noch leisten. Soziale Verbände rufen zu Protesten auf. Eine kleine Markthalle in der marokkanischen Hauptstadt Rabat. Ein großer muskulöser Mann köpft mit einem ellenlangen, scharfen Messer einen Lachs, der Fleischer wiegt das Hackfleisch auf der Waage ab, und am Gemüse- und Obststand liegen in Körben Erdbeeren aus. Es riecht nach Fisch, einige Fliegen schwirren in der Luft. Alles scheint normal, doch viele Marokkanerinnen und Marokkaner sind aufgebracht. Ganz gleich ob Kunden oder Verkäufer. "Ein Kilo Fleisch kostet inzwischen 120 Dirham" - also mehr als zehn Euro, beklagt sich der Mann. "Und auch Gemüse ist viel teurer geworden: 13 Dirham für ein Kilo Tomaten, 18 für Zwiebeln. Sardinen, die für viele ärmere marokkanische Haushalte ein Grundnahrungsmittel sind, kosten nun 28 Dirham das Kilo." Ein anderer sagt: "Für ein Ei gebe ich jetzt 1,50 Dirham aus, obwohl es vergangenes Jahr für 0,80 Dirham verkauft wurde." Der Preis für Kartoffeln sei von drei auf 17 Dirham gestiegen, erzählt eine Frau. Der für fünf Liter Sonnenblumenöl von 65 auf 150 Dirham. Die Ärmeren trifft es zuerst 1,50 Euro für ein Kilo Zwiebeln oder ein Kilo Kartoffeln - in Deutschland wäre das ein Schnäppchen. Doch während in Deutschland das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf bei rund 51.000 Dollar liegt, beträgt es in Marokko laut Zahlen der Weltbank nicht einmal 4000 Dollar. Eine Kauffrau namens Ghita erinnert sich: "Früher hast du für 100 Dirham für eine ganze Woche Gemüse und Obst für eine Familie einkaufen können. Heute reichen 100 Dirham nicht einmal für einen Tag." Die Inflation kletterte in Marokko im Februar auf über zehn Prozent. Verglichen mit europäischen Ländern also nicht auffallend höher. Warum der  Preisanstieg trotzdem außergewöhnlich ist, erklärt der frühere Regierungsberater Lahcen Oulhaj: "Um 20 Prozent sind die Lebensmittelpreise gestiegen. Darunter auch das bei den Marokkanern beliebteste Gemüse: Tomaten, Zwiebeln und Kartoffeln. Das trifft zuallererst die ärmeren Schichten, für die Ausgaben für Lebensmittel einen bedeutenden Teil ihres Budgets ausmachen."  Dürre, gestiegene Spritpreise und der Krieg in der Ukraine Die Gründe für die stark gestiegenen Preise sind vielfältig: Marokko wurde vergangenes Jahr von einer heftigen Dürre getroffen. Auch in diesem Jahr hat es noch nicht genug geregnet. Hinzu kamen steigende Spritpreise, auch wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine. Der Wirtschaftswissenschaftler Hassan Azouaoui bestätigt die schlechte Situation und auch, dass sich das auf den täglichen Einkaufskorb der Marokkaner niederschläge. Schlimmer mache die Situation noch, dass gerade der Fastenmonat Ramadan gefeiert werde. Denn während des Fastenmonats wird keinesfalls weniger, sondern eher besser gegessen. Früher war es üblich, täglich Fisch auf den Tisch zu stellen. Heute genießen immer weniger dieses Privileg. Viele Marokkaner verstehen nicht, warum in einem Land wie dem ihren, mit einer so großen Landwirtschaft, die Regale leerer werden, die Nahrungsmittel dafür teurer. Die Kauffrau Ghita sagt, solange Marokko nur nach Europa Lebensmittel exportierte, sei noch alles gut gewesen. "Aber nachdem wir uns für Zentralafrika geöffnet haben, haben sich die Exporte vervielfacht. Es gibt keine Beschränkungen. Deshalb gibt es weniger Produkte auf dem marokkanischen Markt - und automatisch höhere Preise." Die Großgrundbesitzer profitieren Auf den Märkten sind rote Zwiebeln häufig schon ausverkauft. Wenn noch welche da sind, dann schon einige Tage alt und etwas verdorrt. Der Bauunternehmer Omar sagt, die Reformen der Regierung in der Landwirtschaft hätten vor allem einen Gewinner hervorgebracht: "Die Großgrundbesitzer in der Landwirtschaft haben profitiert, indem sie die Produktion für Güter angekurbelt haben, die Exportschlager sind: Datteln, Pistazien und Wassermelonen zum Beispiel." Auch der Ökonom Hassan Azouaoui aus Rabat findet das Krisenmanagement unzureichend: "Die Preise für Nahrungsmittel, die die Marokkaner täglich essen, sind ungerechtfertigt hoch gestiegen. Und die Regierung ist wie vom Erdboden verschluckt. Sie sagt nicht, was sie tut. Und das, was sie tut, zeigt keine Wirkung." Die Bewegung Front Social Marocain, auf Deutsch Soziale Front Marokkos, ruft zu Protesten gegen die Preissteigerungen auf. Zuletzt für diesen Freitag in 24 Städten. Eine beliebte Forderung ist zum Beispiel ein Exportverbot für Lebensmittelprodukte. "So kann es nicht weitergehen" Der ehemalige Regierungsberater und Wirtschaftsprofessor Lahcen Oulhaj befürchtet, dass so ein neuer Konflikt zwischen Bevölkerung und Landwirtschaft geschaffen wird, die auf Exporte angewiesen ist. Er meint: "Die ärmeren Schichten haben kein Polster und können sich bei diesen Preisen nicht mehr richtig ernähren. Wenn es so weitergeht, müsste man den Ärmeren direkt mit Geldtransfers helfen." Einig sind sich alle Gesprächspartner in einer Sache: So wie es derzeit läuft, kann es nicht weitergehen. Die Beamtin Sanaa sagt, das Resultat der Politik des vergangenen Jahres sei "ein sozialer Unmut, der in Demonstrationen Gestalt annimmt. Sollten politische Maßnahmen ausbleiben, könnte dieser Protest größer und unkontrollierbar werden".
/ausland/marokko-inflation-lebensmittelpreise-101.html
2023-04-06
Weitere Attacken auf offizielle Webseiten
Hackerangriffe in Deutschland
Ministerien, Polizei oder Plattformen des Bundes: Hacker haben offizielle Internetseiten in weiteren Bundesländern lahmgelegt. In Niedersachsen gibt es laut Staatsanwaltschaft Verden Hinweise auf einen pro-russischen Hintergrund. mehr
Ministerien, Polizei oder Plattformen des Bundes: Hacker haben offizielle Internetseiten in weiteren Bundesländern lahmgelegt. In Niedersachsen gibt es laut Staatsanwaltschaft Verden Hinweise auf einen pro-russischen Hintergrund. Hacker haben die Cyberangriffe mit Auswirkungen auf Internetseiten öffentlicher Stellen ausgeweitet: Weitere Bundesländer sind inzwischen davon betroffen. So war das Landesportal von Schleswig-Holstein am Mittwoch vorübergehend nicht erreichbar. In Brandenburg meldete die Polizei eine Störung der Internetseite. Im Saarland waren Seiten der Landesregierung teilweise nicht oder nur verzögert erreichbar. In Thüringen wurden von Mittwochmorgen an Seiten des Innenministeriums und der Polizei von Hackern aus dem In- und Ausland attackiert. Auch bei den Webseiten der Berliner Behörden dauerte der Zugriff länger. Angriffe auf Webseiten von Ministerien und der Polizei Am Dienstag waren bereits Hackerangriffe auf Webseiten von Ministerien oder der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt bekannt geworden. Sachsen-Anhalts Digitalministerin Lydia Hüskens sagte: "Wir gehen davon aus, dass die Angriffe in den verschiedenen Bundesländern koordiniert waren." Das Landeskriminalamt in Sachsen-Anhalt hatte bereits am Dienstag die Ermittlungen aufgenommen. "Es ist kein Schaden entstanden, außer dass die Webseiten zeitweise nicht erreichbar waren", so Hüskens. Die Internetseiten des übergeordneten Landesportals sachsen-anhalt.de mussten ihren Angaben nach abgeschaltet werden, damit die Landesverwaltung mit ihrem IT-System hätte weiterarbeiten können. Die Hacker legten demnach die Seiten mit einem sogenannten DDoS-Angriff lahm. Dabei werden Server durch massenhafte Anfragen gezielt überlastet. Niedersachsen: Verdacht auf pro-russischen Hintergrund Auch in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen war von Belastungsangriffen die Rede. In Niedersachsen wurde inzwischen ein Ermittlungsverfahren wegen Computersabotage gegen unbekannt eingeleitet. Es sei zu vermehrten Zugriffen ausländischer Adressen gekommen, erläuterte ein Sprecher des Justizministeriums. Es werde in alle Richtungen ermittelt, es gebe jedoch Hinweise auf einen pro-russischen Hintergrund, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Verden. Nach Angaben des Innenministeriums waren viele Internetseiten der Polizei im Bundesland am Dienstag nicht erreichbar. Der Cyberangriff dauere weiter an, die Webseiten seien aber mittlerweile wieder abrufbar. Berlin: Keine Dateien gestohlen Noch nie habe es einen so großen Angriff auf die Webseiten der Berliner Landesverwaltung gegeben, sagte der Staatssekretär für Digitales in der Senatsverwaltung für Inneres, Ralf Kleindiek, im rbb. Daten seien jedoch nicht abgeflossen oder gestohlen worden. Eine Polizei-Sprecherin in Brandenburg sagte: "Der ein oder andere Bürger wird Umstände haben." In Brandenburg hat der Angriff Online-Serviceleistungen lahmgelegt. Das Landeskriminalamt ermittelt wegen des Verdachts der Computersabotage. Auch Plattform des Entwicklungsministeriums betroffen Hacker hatten am Dienstag auch erneut eine Plattform des Bundesentwicklungsministeriums für den Wiederaufbau in der Ukraine ins Visier genommen. Die Sicherheitsbehörden des Bundes und der betroffenen Länder seien eingebunden und tauschten sich aus, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Über mögliche Zusammenhänge der Angriffe könne man noch nichts sagen. Forderungen nach mehr Schutz vor Cyberangriffen Politiker der Regierungsparteien forderten mehr Wachsamkeit und Mittel im Kampf gegen Cyberattacken: Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, verlangte nach den Angriffen verstärkte Investitionen in die Sicherheit. Wer heute von Attacken dieser Art überrascht werde, sei "einfach naiv", sagte die FDP-Verteidigungspolitikerin der "FAZ". "Grund genug, endlich aufzuwachen und in den Schutz zu investieren", mahnte Strack-Zimmermann. Die Vorsitzende des Digitalausschusses, Tabea Rößner, zeigte sich besorgt. Die Bedrohung durch Cyberangriffe sei derzeit "generell sehr groß", sagte die Grünen-Politikerin der Zeitung. In der vorherigen Bundesregierung habe Cybersicherheit "leider nicht immer höchste Priorität gehabt", kritisierte sie. Rößner forderte, Bund und Länder müssten sich stärker gegen Cyberattacken als Teil hybrider Kriegsführung wappnen. Auch der kommissarische Vorsitzende des Innenausschusses, Lars Castellucci, betonte die wachsende Bedeutung von Cyberattacken. Die aktuellen Angriffe zeigten einmal mehr, "dass das Thema Cybersicherheit in unserer vernetzten Welt immer wichtiger wird", sagte der SPD-Politiker der "FAZ". Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte ebenfalls einen besseren Schutz der kritischen staatlichen Infrastruktur. Die Polizeien in Bund und Ländern benötigten einen "gemeinsamen und starken Schutzschild gegen Cyberangriffe - und zwar aus einem Guss", sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende, Alexander Poitz. Dafür brauche es ausreichend Geld, um notwendige IT-Fachleute zu gewinnen.
/inland/cyberattacken-105.html
2023-04-06
Saudi-Arabien und der Iran nähern sich an
Außenministertreffen in Peking
Zum ersten Mal seit sieben Jahren sind die Außenminister von Saudi-Arabien und des Iran zusammengetroffen. China hatte das Gespräch vermittelt, das in Peking stattfand. mehr
Zum ersten Mal seit sieben Jahren sind die Außenminister von Saudi-Arabien und des Iran zusammengetroffen. China hatte das Gespräch vermittelt, das in Peking stattfand. Die Außenminister des Iran und Saudi-Arabiens, Hussein Amirabdollahian und Faisal bin Farhan, haben sich erstmals seit sieben Jahren getroffen. Das Gespräch fand unter strengster Geheimhaltung und auf Vermittlung Chinas in Peking statt. Beide Länder stehen sich seit Jahren feindselig gegenüber. Die Außenminister vereinbarten, im Zuge ihrer Annäherung wieder zivile Flüge zwischen Saudi-Arabien und dem Iran zuzulassen. Einen Zeitrahmen für die Wiederaufnahme der Flugverbindungen gibt es aber noch nicht. Auch wollen beide Staaten Visa-Vergaben für die Bürger des jeweils anderen Landes erleichtern, auch für Pilgerreisen von Iranern nach Mekka. Botschaften sollen wieder öffnen Beide Länder kündigten in ihrer gemeinsamen Erklärung zudem erneut an, ihre Botschaften wieder zu öffnen und Handelsbeziehungen aufzunehmen. Riad und Teheran planen demnach außerdem Kooperationen unter anderem in Sicherheitsfragen und bei Investitionen. Beide Außenminister luden einander zu gegenseitigen Besuchen ein, um weitere Gespräche zu führen. Iranischen Angaben zufolge hatte Saudi-Arabiens König Salman den Präsidenten des Iran, Ebrahim Raisi, bereits im März zu einem Staatsbesuch eingeladen. "China Kraft für Versöhnung im Nahen Osten" Die chinesische Außenamtssprecherin Mao Ning erklärte, ihr Land trage mit der Vermittlung zwischen Riad und Teheran zur Sicherheit und Stabilität der Region bei. Peking sei eine Kraft für Versöhnung, Frieden und Harmonie im Nahen Osten. Teheran und Riad hatten im vergangenen Monat überraschend verkündet, wieder diplomatische Beziehungen aufnehmen zu wollen. Kritik an Annäherung aus Israel In Israel hatte die Wiederannäherung scharfe Kritik ausgelöst. Israel und der Iran sind Erzfeinde. Israel bemüht sich seit längerem um eine Normalisierung der Beziehungen mit Saudi-Arabien, auch um eine Koalition gegen Teheran aufzubauen. Zwei Rivalen im Nahen Osten Das sunnitische Saudi-Arabien und der mehrheitlich schiitische Iran unterhielten in den vergangenen Jahren keine diplomatischen Beziehungen. Beide Länder ringen in der Region um politischen und militärischen Einfluss. Eine Annäherung der Rivalen könnte zu größeren Umbrüchen führen, darunter im Bürgerkriegsland Jemen, wo die Länder unterschiedliche Seiten unterstützen.
/ausland/asien/saudi-arabien-iran-121.html
2023-04-06
Antarktis-Eis dehnt sich im März weniger weit aus
Copernicus-Bericht
Die Ausdehnung des Meereises in der Antarktis lag vergangenen März fast 30 Prozent unter dem Monatsdurchschnitt. Das zeigt ein Bericht des EU-Klimawandeldienstes Copernicus. Es war der zweitwärmste März seit Beginn der Aufzeichnungen. mehr
Die Ausdehnung des Meereises in der Antarktis lag vergangenen März fast 30 Prozent unter dem Monatsdurchschnitt. Das zeigt ein Bericht des EU-Klimawandeldienstes Copernicus. Es war der zweitwärmste März seit Beginn der Aufzeichnungen. Es ist bislang der zweitniedrigste Stand für einen März: Die Ausdehnung des Meereises in der Antarktis hat im vergangenen Monat fast 30 Prozent unter dem für den Monat üblichen Durchschnitt gelegen. Dies teilte der EU-Klimawandeldienst Copernicus in einem Bericht mit. Für Februar war demnach in der Antarktis bereits ein Rekordtief gemessen worden. Auch in der Arktis lag dem EU-Dienst Copernicus zufolge die Ausdehnung des Meereises im vergangenen März vier Prozent unter dem Durchschnitt. "Klima-Monitoring ist notwendig, um diese rapiden und anhaltenden Veränderungen an beiden Polen zu verstehen", sagte die Vize-Direktorin des Dienstes, Samantha Burgess. Zum Vergleich ziehen die Copernicus-Experten Daten aus dem Referenzzeitraum der Jahre 1991 bis 2020 heran. Mithilfe von Messungen und Satellitenbildern dokumentieren sie regelmäßig die Auswirkungen der fortschreitenden menschengemachten Erderwärmung. Zweitwärmster März seit Beginn der Aufzeichnungen Weltweit war der vergangene März demnach der zweitwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Im Süden und in Mitteleuropa lagen die Temperaturen deutlich über dem Durchschnitt, während sie im Norden Europas oft darunter lagen. In Nordafrika, Teilen Russlands und dem Großteil Asiens war es im März ebenfalls wärmer als üblich, vielerorts wurden neue Temperaturrekorde gemessen. Vergangenen Monat zeigten sich auch zunehmende Wetterextreme: Die Iberische Halbinsel erlebte Copernicus zufolge deutlich trockenere Bedingungen als für die Jahreszeit üblich, was teils zu Waldbränden führte. In Teilen der USA und Asiens sowie Afrika erlebte man hingegen deutlich mehr Nässe, was teils zu Überschwemmungen führte.
/wissen/antarktis-eis-101.html
2023-04-06
Offener Brief an Bundeskanzler Scholz
Forderung nach mehr Klimaschutz
In einem offenen Brief fordern Hunderte Vertreter aus Parteien, Wissenschaft und Gesellschaft Bundeskanzler Scholz auf, mehr für den Klimaschutz zu tun. Es drohe der Verlust der Kontrolle über die menschengemachte Klimakrise. mehr
In einem offenen Brief fordern Hunderte Vertreter aus Parteien, Wissenschaft und Gesellschaft Bundeskanzler Scholz auf, mehr für den Klimaschutz zu tun. Es drohe der Verlust der Kontrolle über die menschengemachte Klimakrise. Mehrere Hundert Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Religion und Gesellschaft haben Bundeskanzler Olaf Scholz zu mehr Engagement im Klimaschutz aufgefordert. In einem offenen Brief, der dem "Spiegel" vorab vorlag, heißt es: Je länger wir zögern, desto drastischer sind die Konsequenzen unseres Abwartens. Jetzt zu handeln, ist unsere Pflicht. Wir gehören zur letzten Generation, die aufhalten kann, was uns droht: der globale Verlust unserer Kontrolle über die menschengemachte Klimakrise. "Klima ist historisch beispiellose Aufgabe" Weiter schreiben die Initiatoren, Klima sei eine parteiübergreifende, staatstragende und historisch beispiellose Aufgabe. Die Anpassung der Infrastruktur sei eine Mammutaufgabe. "Für diesen gewaltigen Umbau ist es wichtig, dass wir jetzt enorm an Tempo zulegen", betonen die Autoren. Es gehe darum, Energieversorgung umzustellen, Gebäude zu dämmen, Mobilität ohne fossile Brennstoffe zu ermöglichen und Energie zu sparen. Unterzeichnet haben dem Bericht zufolge CDU-Politiker wie Heinrich Strößenreuther, Vorstand der KlimaUnion, der Konstanzer Oberbürgermeister Ulrich Burchardt, Ex-Umweltstaatssekretär Jürgen Becker und der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz. Von den Grünen seien unter den Unterzeichnern Stadtoberhäupter wie Katja Dörner aus Bonn, Belit Onay aus Hannover, Uwe Schneidewind aus Wuppertal und Stefan Fassbinder aus Greifswald. Auch mehrere Politiker aus SPD und Linkspartei, Wissenschaftler, prominente Umweltschützer und die Energieexpertin Claudia Kemfert schlossen sich dem Aufruf an. "Klingt gut, überzeugt aber nicht" Kemfert übte im MDR Kritik an der Klimapolitik von Scholz. Was er verlautbare, klinge nur gut, überzeuge aber nicht. Tatsächlich habe die Ampelkoalition beim Klimaschutz auf Ankündigungspolitik umgestellt. Als hochproblematisch bezeichnete sie die Aufweichung der Klimaziele für einzelne Bereiche und dass es keine Verkehrswende gebe. In der vergangenen Woche hatten sich SPD, Grüne und FDP im Koalitionsausschuss zum Klimaschutz unter anderem auf einen beschleunigten Ausbau der Autobahnen an 144 Stellen, Milliardeninvestitionen in das Schienennetz und eine Lockerung der Klimaschutzregeln verständigt. Bei Umweltschützern waren vor allem die Beschleunigung von Autobahnprojekten und die Aufweichung der starren Klimaziele für einzelne Sektoren auf Kritik gestoßen.
/inland/gesellschaft/aufruf-klimaschutz-101.html
2023-04-06
Zu brutal - und zu teuer
Debatte über Todesstrafe in USA
Die Zahl der Hinrichtungen in den USA ist seit Jahren rückläufig. Es fehlen Gift, Geld und Henker. In einem aktuellen Fall in Arizona kommt ein weiterer Grund hinzu: das Gewissen der Gouverneurin. Von G. Engel.
Die Zahl der Hinrichtungen in den USA ist seit Jahren rückläufig. Es fehlen Gift, Geld und Henker. In einem aktuellen Fall in Arizona kommt ein weiterer Grund hinzu: das Gewissen der Gouverneurin. Tod durch Gift - so lautet das Urteil für Aaron Gunches in Arizona. Der 51-Jährige soll heute für den Mord am Ex-Mann seiner Freundin im Jahr 2002 hingerichtet werden. Der Termin steht noch im offiziellen Kalender, doch er wird ziemlich sicher ausfallen: Die neu gewählte demokratische Gouverneurin Katie Hobbs hat sich vom Obersten Gerichtshof des Bundesstaates Arizona bestätigen lassen, dass sie nicht verpflichtet sei, die Hinrichtung durchzuführen. Hobbs war mit dem Wahlkampfversprechen angetreten, die Missstände im Gefängnissystem korrigieren zu wollen, damit Hinrichtungen, wenn überhaupt, ordnungsgemäß durchgeführt werden können. 2014 hatte eine Hinrichtung per Giftspritze mehr als zwei Stunden gedauert. Der so Getötete habe mehr als eine Stunde lang nach Luft geschnappt und geschnaubt, berichtete anschließend sein Anwalt. Fehlendes Gift, fehlendes Personal 2022, das Jahr, in dem die Giftspritze 40 wurde, war das Rekordjahr schiefgelaufener Hinrichtungen per Injektion in den USA: Von 20 Tötungen seien laut dem Death Penalty Information Center sieben sichtbar problematisch gewesen - das entspricht 35 Prozent. In Arizona sitzen derzeit 110 Gefangene in der Todeszelle. Im vergangenen Jahr wurden drei Todesurteile vollstreckt. Laut Gouverneurin Hobbs fehlt es dem Staat Arizona aber an erfahrenem Personal mit Fachkenntnissen, um eine Hinrichtung durchzuführen. Der Staat sei nicht in der Lage, ein Infusionsteam zu finden, das die tödliche Injektion durchführt, und habe derzeit keinen Vertrag mit einem Apotheker, der das für eine Hinrichtung benötigte Gift Pentobarbital zusammenstellt. Erschießungskommandos in Idaho Fehlendes Gift für Hinrichtungen - auch in Idaho ist das eine Herausforderung für die Vollstreckungsbehörden. Ab dem 1. Juli können dort deshalb wieder Erschießungskommandos eingesetzt werden. Ende März hat Gouverneur Brad Little von den Republikanern extra das Gesetz geändert, nachdem gleich zweimal Hinrichtungstermine für einen Häftling ausgesetzt werden mussten, weil die für die tödliche Injektion erforderlichen Substanzen nicht verfügbar waren. Todesstrafe in mehr als der Hälfte der Staaten Insgesamt können 27 der 50 US-Bundesstaaten die Todesstrafe verhängen, außerdem die US-Bundesregierung sowie das Militär. Im Jahr 1972 wurden Hinrichtungen vom Obersten Gerichtshof als verfassungswidrig eingestuft, im Jahr 1976 aber wieder erlaubt. Seitdem gab es 1567 Vollstreckungen. Die Zahlen sind seit etwa 20 Jahren allerdings stark rückläufig. Im vergangenen Jahr gab es nur noch 18 Hinrichtungen: in Texas, Oklahoma, Mississippi, Missouri, Arizona und Alabama. Wobei der Staat Texas schon immer Spitzenreiter war. Die Zahl der Vollstreckungen sinkt wegen fehlenden Gifts und fehlender Vollstrecker. Vor allem aber sinkt sie wegen der hohen Kosten: Jedes Todesurteil verursacht laut dem Death Penalty Information Center im Schnitt mehr als 20 Millionen US-Dollar Kosten - in Florida laut Amnesty International sogar mehr als 50 Millionen. Die lebenslange Unterbringung eines Straftäters kostet nur einen Bruchteil davon. Gift, Strom, Gas, Strick, Kugel Seit Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1976 wurden die meisten der betroffenen Straftäter - 1387 Menschen - per Giftspritze hingerichtet. 163 wurden auf dem elektrischen Stuhl exekutiert, elf in der Gaskammer, drei wurden erhängt und drei wurden erschossen. In einigen Bundesstaaten wie Alabama, Kalifornien, South Carolina oder Virginia kann der Verurteilte die Form seiner Tötung selbst wählen. Erschießungskommandos gibt es in Mississippi, Oklahoma und Utah, ab Juli dann auch in Idaho. US-Bürger befürworten weiter Todesstrafe Fast 150 Personen, die bereits mehrere Jahre im Todestrakt verbracht hatten, wurden freigesprochen. Derartig korrigierte Justizirrtümer führen allerdings nicht zu einem Umdenken in der Bevölkerung: Die meisten Amerikanerinnen und Amerikaner befürworten laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pew die Todesstrafe. Und das, obwohl sie Bedenken hinsichtlich ihrer Anwendung und der versehentlichen Hinrichtung von Unschuldigen haben: 78 Prozent sagen, es bestehe ein gewisses Risiko, dass Unschuldige hingerichtet werden. In Arizona sitzen derzeit noch 110 Gefangene in der Todeszelle. Drei wurden dort im vergangenen Jahr hingerichtet.
/ausland/amerika/usa-todesstrafe-105.html
2023-04-06
Schulden machen für den Klimaschutz
Bundesländer und die Schuldenbremse
Für alle Bundesländer gelten strenge Haushaltsregeln. Vor allem Bremen, das Saarland und Berlin suchen nun neue Wege, um Investitionen in den Klimaschutz zu finanzieren - an der Schuldenbremse vorbei. Von M. Polansky.
Für alle Bundesländer gelten strenge Haushaltsregeln. Vor allem Bremen, das Saarland und Berlin suchen nun neue Wege, um Investitionen in den Klimaschutz zu finanzieren - an der Schuldenbremse vorbei. "Das Beste für Berlin" - unter diesem Motto will der voraussichtlich neue Regierende Bürgermeister von Berlin von der CDU, Kai Wegner, mit seiner angepeilten schwarz-roten Koalition auch finanziell richtig durchstarten. Berlin ist notorisch hoch verschuldet und auch größter Empfänger im Länderfinanzausgleich. Laut Koalitionsvertrag soll Berlin bald fünf bis zehn Milliarden Euro an neuen Krediten aufnehmen können - über den Umweg eines Klimaschutz-Sondervermögens. "Das Entscheidende ist ja, dass wir Klimaziele erreichen wollen und müssen", betont Wegner. "Wir als CDU- und SPD-Koalition wollen diese Ziele schneller erreichen. Und wenn wir schneller erreichen wollen, dass Berlin klimaneutral wird, müssen wir Geld in die Hand nehmen." Mehr Geld etwa für Investitionen in die energetische Gebäudesanierung oder den Umstieg auf die Elektromobilität. Zehn Milliarden Euro an neuen Schulden - das entspricht rund einem Viertel eines Berliner Landeshaushalts. Berlin folgt dem Saarland Die Hauptstadt würde mit dem Sondervermögen dem Beispiel des Saarlandes folgen. Das ebenfalls hoch verschuldete Bundesland hatte Ende des vergangenen Jahres ein weitgehend schuldenfinanziertes Sondervermögen in Höhe von bis zu drei Milliarden Euro für Transformationsmaßnahmen zum Klimaschutz eingerichtet. SPD-Finanzminister Jakob von Weizsäcker hält wegen Klimawandel und Energiekrise eine beschleunigte Transformation für notwendig: "Die Beschleunigung sorgt dafür, dass im Zeitraum der nächsten zehn Jahre ein Großteil dieser Transformationslast zu schultern ist." Das Problem dabei: Eigentlich dürfen die Bundesländer im Normalfall gar keine Schulden aufnehmen. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ist für sie noch strenger als für den Bund. Schuldenbremse wegen Corona-Pandemie ausgesetzt Aber der Bund hat in den vergangenen Jahren gezeigt, wie man trotz Schuldenbremse umfangreiche zusätzliche Kredite aufnehmen kann: über die Notlage. So konnte der Bund die Schuldenbremse wegen der Corona-Pandemie für drei Jahre aussetzen. Auch die meisten Länder taten das. Zudem richtete der Bund große Sondervermögen ein - Schattenhaushalte für bestimmte langfristige Investitionen. Etwa für die bessere Ausrüstung der Bundeswehr oder für Klimaschutz und Transformation. Aus Sicht des Finanzwissenschaftlers Thiess Büttner von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg wird der Sinn der Schuldenbremse ausgehebelt. Büttner ist Chef des Beirats des Stabilitätsrates, eines offiziellen Gremiums, das die Haushaltsführung von Bund und Ländern überwachen soll. "Die Corona-Krise war ein Dammbruch. Sie hat in der Finanzpolitik alle Schleusen geöffnet", so Büttner. "Der Bund und die Länder haben in dieser Zeit gelernt, sich außerhalb der Schuldenbremse Kreditspielräume zu eröffnen und diese Mittel dann für die weitere Verwendung in Schattenhaushalten und Rücklagen zu parken." Besonderer Weg in Bremen Einen besonderen Weg geht dabei Bremen, das Land mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung in Deutschland. Drei Jahre lang galt in Bremen eine Haushaltsnotlage wegen der Corona-Krise, was zusätzlich Schulden ermöglichte. Jetzt wurde erneut eine Notlage erklärt, die in einem Gutachten in erster Linie mit der Klimakrise begründet wird - verbunden mit der anhaltenden Energiekrise durch den russischen Krieg in der Ukraine. Mit dieser Begründung hat das rot-grün-rot regierte Bremen gerade erst einen Nachtragshaushalt verabschiedet, über den bis 2027 kreditfinanziert drei Milliarden Euro bereitgestellt werden sollen, um etwa öffentliche Gebäude energetisch zu sanieren oder Fördermittel für die klimagerechte Umrüstung des Arcelor-Mittal-Stahlwerks in der Stadt zu ermöglichen. Der Bund der Steuerzahler kritisiert, dass Bremen damit zum Dauer-Notlage-Land mutieren könnte. Finanzwissenschaftler Büttner hält die Begründung Bremens für rechtlich nicht haltbar: "Es gibt einen Unterschied zwischen notwendig und Notlage oder Notsituation." Unstrittig gäbe es einen Anpassungsbedarf in den Haushalten. Aber notwendige Investitionen müssten aus Büttners Sicht eben über die regulären Haushalte erfolgen. Büttner: Schuldenbremse in Gefahr Die CDU in Bremen behält sich vor, gegen den Nachtragshaushalt vor dem Staatsgerichtshof zu klagen, dem Verfassungsgericht des kleinsten Bundeslandes. Allerdings läuft in Bremen derzeit der Wahlkampf, am 14. Mai wird eine neue Bürgerschaft gewählt. Der finanzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion in Bremen, Jens Eckhoff, spricht von einem schwierigen Abwägungsprozess, ein Rechtsgutachten werde derzeit erstellt. Neben juristischen Fragen geht es um die politische Abwägung - inwieweit kann man punkten, wenn man gegen die Schuldenaufnahme und damit kurzfristig mehr Geld klagt. Zumal Bremens SPD-Bürgermeister Andreas Bovenschulte damit wirbt, dass er mit den Krediten das Bremer Stahlwerk bei der klimagerechten Umrüstung unterstützen und damit langfristig retten wolle: "Wenn wir den Nachtragshalt nicht einbringen würden, wenn wir das Geld nicht zur Verfügung hätten, denn würden wir Zehntausende von Arbeitsplätzen aufs Spiel setzen. Und das ist mit diesem Senat und auch mit mir nicht zu machen." Neue Schulden machen für den Klimaschutz: Die drei Länder mit den größten Finanzproblemen in Deutschland halten das offenbar für notwendig. Finanzwissenschaftler Büttner sieht dagegen die Schuldenbremse in Gefahr: "Wenn die Gesellschaft und die Politik diese Schuldenbremse für obsolet hält, werden Wege gefunden, um die Schuldenbremse zu umgehen."
/inland/innenpolitik/schuldenbremse-bundeslaender-101.html
2023-04-06
Wenn die Kita zu den Kindern kommt
Beruflich Reisende
In vielen Regionen ist es schon schwer, einen normalen Kita-Platz zu bekommen. Was aber machen Schausteller, die den Großteil des Jahres unterwegs sind? In Hessen gibt es für sie das Kita-Mobil. Von Alex Jakubowski.
In vielen Regionen ist es schon schwer, einen normalen Kita-Platz zu bekommen. Was aber machen Schausteller, die den Großteil des Jahres unterwegs sind? In Hessen gibt es für sie das Kita-Mobil. Wenn das Wohnmobil mit dem grünen Schriftzug auf den Festplatz in Gießen rollt, steigt bei den beiden Vierjährigen Logan und Jako und bei der sechsjährigen Minnie der Puls. Der Kindergarten kommt. "Kita für Kinder beruflich Reisender" steht auf dem Auto - ein speziell ausgebautes Wohnmobil. Für die drei Schaustellerkinder ist es jedes Mal ein Moment der Freude. Aufgeregt rennen sie auf das Auto zu, an dem Sozialarbeiterin Jana Roth sie schon gut gelaunt in Empfang nimmt. "Hallo, schön dass ihr wieder da seid", ruft sie den Kindern zu. Drinnen erwartet die Kinder all das, was man sonst von einem normalen Kindergarten auch kennt: Wasserfarben, Knete, Bastelmaterial und jede Menge Spiele. Wie bei jeder stationären Kita gibt es natürlich auch im Kita-Mobil Regeln. Auf Karten geschrieben hängen sie direkt neben der Tür an der Wageninnenseite: "Wir helfen uns gegenseitig", "Wir arbeiten im Team" oder "Wir spielen miteinander, nicht gegeneinander". Und natürlich müssen erst einmal die Hausschuhe angezogen werden, bevor es dann zum Begrüßungsritual geht, in dem wenige Quadratmeter Platz bietenden Wohnmobil. Für heute sind drei Kinder angemeldet, aber jederzeit können Schnupperkinder dazu kommen. "Hier kann es natürlich sehr turbulent werden, wegen der Enge im Auto", sagt Roth. "Aber ich mag das, ich mag das Wilde, wenn die Kinder zu mir ins Wohnmobil steigen, mir macht das Spaß." Das Kita-Mobil reist mit Keine 20 Meter weiter steht der Süßwarenladen von Familie Renz, direkt neben dem Riesenrad. Bereits in fünfter Generation ist Michael Renz mit seiner Frau Scarlett als Schausteller unterwegs. Alle paar Wochen wechseln sie den Standort. Heute stehen sie in Gießen, demnächst in Frankfurt am Main, danach vielleicht im nordhessischen Eschwege. "Für uns ist das Kita-Mobil eine sehr große Hilfe", sagt der 33-Jährige. "Wir können Minnie und Jako ja nicht hunderte Kilometer weit morgens in eine Einrichtung bringen und sie am Nachmittag wieder abholen, das geht nicht." Und so freut er sich gemeinsam mit seiner Frau darüber, dass das Kita-Mobil mehrmals die Woche von Wiesbaden aus auf den Festplatz kommt. "Die fahren uns im Prinzip hinterher", erklärt er. "Der Bus kommt immer mit, damit unsere Kinder mit den gewohnten anderen Kindern und auch denselben Sozialarbeiterinnen spielen und lernen können." Auch für Schaustellerin Franziska Endres ist das Kita-Mobil eine große Hilfe. Die Mutter von Logan meint: "Für unseren vierjährigen Sohn ist das einfach toll, wenn er unter Anleitung spielerisch was lernt. Das ist im Kita-Mobil mit Jana einfach was anderes, als wenn wir das bei uns zuhause machen." Modellprojekt läuft aus In Hessen sind insgesamt drei solcher mobilen Kitas unterwegs. Im September 2020 wurde das Modellprojekt gestartet. Vorbild ist das schulische Angebot für Kinder beruflich Reisender, finanziert wird das Modell vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration, von der Diakonie, von der Glücksspirale und aus Spenden. Träger ist die EVIM Bildung GmbH - EVIM bedeutet Evangelischer Verein für Innere Mission in Nassau. Doch weil die Modellprojektphase im September 2023 ausläuft, machen sich die Eltern große Sorgen. "Wenn das Projekt nicht weitergeführt wird, müssen wir uns mit der Kinderbetreuung abwechseln", erklärt Schausteller Renz. "Das wäre schwierig, denn auch in unserer Branche gibt es Personalmangel. Wir wären also extrem froh, wenn wir unsere Kinder weiter in so gute Hände geben könnten." Derzeit wird das Modellprojekt im Auftrag des hessischen Sozialministeriums von der Fachhochschule Südwestfalen evaluiert. Bis Herbst, spätestens bis Jahresende sollen die Ergebnisse vorliegen. Und die Hoffnung ist groß, dass es für das Kita-Mobil weitergeht - auch, weil es den Kindern gut tut, meint Roth. "Wenn wir mal eine Woche nicht da sind, weil das Auto in der Werkstatt ist etwa, dann werden wir natürlich sehr vermisst", sagt die Sozialarbeiterin. "Wir selbst merken den Kindern an, dass ihnen bei einer längeren Pause einfach etwas fehlt." Dem kleinen Jako fehlt im selben Moment nur seine Knete. Roth geht zurück in den Wagen und kümmert sich um die Kinder. Nach drei Stunden Arbeit auf dem Festplatz geht es für sie mit dem Kita-Mobil wieder zurück nach Wiesbaden. Aber morgen wird sie wiederkommen.
/inland/gesellschaft/mobile-kita-101.html
2023-04-05
UN und USA schockiert über Gewalt
Konfrontation auf Tempelberg
Nach den gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften in der Al-Aksa-Moschee zeigen die USA und die UN "schockiert" und "besorgt". Aus dem Gazastreifen wurden erneut Raketen abgeschossen. mehr
Nach den gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften in der Al-Aksa-Moschee zeigen die USA und die UN "schockiert" und "besorgt". Aus dem Gazastreifen wurden erneut Raketen abgeschossen. Die Konfrontationen auf dem Tempelberg in Jerusalem haben international Sorgen vor einer weiteren Eskalation in Nahost geweckt. Die USA und die UN zeigten sich schockiert über die gewaltsamen Zusammenstöße zwischen Palästinensern und der israelischen Polizei in der Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg. "Wir sind äußerst besorgt über die anhaltende Gewalt, und wir rufen alle Seiten auf, eine weitere Eskalation zu vermeiden", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby. Israelis und Palästinenser müssten zusammenarbeiten, "um diese Spannung zu deeskalieren", fügte Kirby hinzu. Es müsse wieder Ruhe hergestellt werden. Guterres schockiert über Gewalt UN-Generalsekretär António Guterres reagierte nach Angaben seines Sprechers Stephane Dujarric "schockiert und entsetzt" auf die Bilder von israelischen Polizisten, die in der Moschee auf Palästinenser einschlagen. Die Gewalt sei besonders schockierend, weil sie sich zu einer Zeit ereigne, "die Juden, Christen und Muslimen heilig" sei und eine "Zeit des Friedens und der Gewaltfreiheit" sein sollte. UN-Gesandte verurteilte Angriff auf Einsatzkräfte Der UN-Gesandte Tor Wennesland äußerte sich "entsetzt über die Bilder der Gewalt". Die Schläge gegen Palästinenser sowie die hohe Zahl der Verhaftungen seien "beunruhigend". Gleichwohl verurteilte er die Verwendung von Steinen und Feuerwerkskörpern gegen die Einsatzkräfte. Auch deutsche Bundesregierung rief zu Deeskalation auf. Alle, die Einfluss auf die Lage hätten, stünden in der Verantwortung, "dass jetzt kein weiteres Öl ins Feuer gegossen" werde, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Abbas-Sprecher befürchtet "große Explosion" Ein Sprecher des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas verurteilte das Vorgehen der israelischen Sicherheitskräfte. Er warnte davor, "die roten Linien an den heiligen Stätten zu überschreiten", wie die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete. Dies könne zu einer "großen Explosion" führen. Die radikale Palästinenserorganisation Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, sprach von einem "beispiellosen Verbrechen". Sie rief die Palästinenser im Westjordanland auf, "in Massen zur Al-Aksa-Moschee zu strömen". Arabische Liga und die Türkei verurteilen Polizeiaktion Jordanien, das die Moschee verwaltet, verurteilte deren "Erstürmung" und forderte die israelische Polizei auf, sich sofort von dem Gelände zurückzuziehen. Auch die Arabische Liga, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten und die Türkei verurteilten den Polizeieinsatz. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte, Israel habe damit eine "rote Linie" überschritten. Israels Sicherheitsminister lobt die Polizei Israels rechtsextremer Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir lobte die Polizei hingegen für ihr "schnelles und entschlossenes Handeln". Er warf den aus der Moschee vertriebenen Menschen vor, sie hätten "Polizisten verletzen und ermorden und israelische Bürger verletzen" wollen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte, die Polizei habe einschreiten müssen, "um die Ordnung wieder herzustellen". Rote Halbmond: 37 Verletzte Zu den Zusammenstößen in der Al-Aksa-Moschee war es inmitten des muslimischen Fastenmonats Ramadan und kurz vor Beginn des jüdischen Pessachfests gekommen. Die israelische Polizei erklärte, sie sei in die Moschee eingedrungen, um "Unruhestifter" zu vertreiben, die "Feuerwerkskörper, Stöcke und Steine" in das Gotteshaus gebracht hätten.  Der Palästinensische Rote Halbmond behandelte nach den Zusammenstößen nach eigenen Angaben 37 Verletzte. Zwei davon mussten den Angaben nach im Krankenhaus behandelt werden. Erneut Raketen aus dem Gazastreifen Wie die israelische Armee mitteilte, wurden am Mittwochabend zwei weitere Raketen aus dem Gazastreifen Richtung Israel abgefeuert. Eine der Raketen kam demnach nicht über den Gazastreifen hinaus, die andere schlug im Grenzgebiet zu Israel ein. Wie Augenzeugen sagten, waren die Raketen im Norden des Palästinensergebiets abgefeuert worden.
/ausland/asien/israel-tempelberg-reaktionen-101.html
2023-04-05
Experten wollen Tiere im Wattenmeer schützen
Kampf gegen Vogelgrippe
Im vergangenen Frühling waren im Wattenmeer Tausende Tiere an der Vogelgrippe gestorben. Fachleute wollen nun gegensteuern, um die Vögel in dieser Brutsaison bestmöglich zu schützen. mehr
Im vergangenen Frühling waren im Wattenmeer Tausende Tiere an der Vogelgrippe gestorben. Fachleute wollen nun gegensteuern, um die Vögel in dieser Brutsaison bestmöglich zu schützen. Experten haben Handlungsempfehlungen erarbeitet, mit denen auf weitere Ausbrüche der Vogelgrippe im Wattenmeer reagiert werden soll. Dabei geht es vor allem um die anstehende Brutsaison. Den Vorschlägen zufolge sollen beispielsweise verendete Kadaver vermehrt eingesammelt werden. "Dadurch gibt es überhaupt die Chance, einen Ausbruch einzudämmen", so Kristine Meise, Programmleiterin Zugweg und Biodiversität des Wattenmeersekretariats. Diese Eingriffe müssten aber genau abgewogen werden, denn ein Einsammeln bedeute immer auch eine Störung. "Es könnte dazu führen, dass infizierte Tiere abwandern und das Virus in andere Kolonien weitertransportieren." Außerdem wollen Wissenschaftler zunehmend lebende Vögel auf das Virus testen. Sie erhoffen sich dadurch, möglichst früh einen Überblick über eine Ausbreitung zu bekommen. Neuer Ausbruch noch unklar Die Empfehlungen sind das Ergebnis eines Workshops Ende März in Wilhelmshaven. Dort hatten Virologen, Ornithologen, Epidemiologen und Veterinäre aus Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, Großbritannien und Schweden miteinander beraten. Jahrelang tauchte die Vogelgrippe im Zusammenhang mit dem Vogelzug in Deutschland nur im Winterhalbjahr auf. Im vergangenen Jahr verschwand der Erreger im Frühling nicht mehr. Die Folgen waren immens. Allein auf der Insel Helgoland starben Hunderte Basstölpel oder brachen vorzeitig ihre Brut ab. In Niedersachsen traf es vor allem die vom Aussterben bedrohte Brandseeschwalbe. Es wurden etwa 5800 verendete Tiere wurden gefunden. "Wir waren uns bei dem Workshop einig, dass es ein hohes Risiko gibt, dass es zu einem neuen Ausbruch kommen kann", so Meise. Es sei aber nicht vorhersehbar, ob und in welchem Ausmaß das passiere.
/inland/vogelgrippe-wattenmeer-massnahmen-101.html
2023-04-05
Vier Kinder bei Angriff auf Kita getötet
Brasilien
Im Süden Brasilien ist ein 25-Jähriger bewaffnet in eine Kita eingedrungen und hat mindestens vier Kinder getötet. Danach stellte sich der Mann der Polizei. Die getöteten Kinder waren zwischen fünf und sieben Jahre alt. mehr
Im Süden Brasilien ist ein 25-Jähriger bewaffnet in eine Kita eingedrungen und hat mindestens vier Kinder getötet. Danach stellte sich der Mann der Polizei. Die getöteten Kinder waren zwischen fünf und sieben Jahre alt. Bei einem bewaffneten Angriff auf eine Kinderkrippe im Süden Brasiliens sind mindestens vier Kinder ums Leben gekommen. Mindestens fünf weitere Kinder seien verletzt worden. Dies bestätigte eine Sprecherin der Militärpolizei des Bundesstaates Santa Catarina der Nachrichtenagentur dpa. Fünf weitere Opfer seien zur Behandlung in Krankenhäuser der Stadt Blumenau gebracht worden. Ein 25-Jähriger war in die private Einrichtung eingedrungen und hatte dort Kinder angegriffen. Dem brasilianischen Nachrichtenportal G1 zufolge soll er mit einem Beil bewaffnet gewesen sein. Der Angreifer stellte sich nach Angaben der Polizei auf der Wache. Er wurde festgenommen und der Zivilpolizei übergeben. Über sein Motiv ist noch nichts bekannt. Bei den Todesopfern soll es sich um Kinder im Alter zwischen fünf und sieben Jahren handeln. Einer Kita-Mitarbeiterin sei es gelungen, eine Gruppe Kinder in der Toilette vor dem Angriff in Sicherheit zu bringen. Insgesamt sollen sich zum Tatzeitpunkt 40 Kinder in der Einrichtung aufgehalten haben. Präsident Lula spricht von einer "Ungeheuerlichkeit" "Es gibt keinen größeren Schmerz, als den einer Familie, die ihre Kinder oder Enkelkinder verliert - erst recht bei einem Gewaltakt gegen unschuldige und wehrlose Kinder", schrieb der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva auf Twitter. Não há dor maior que a de uma família que perde seus filhos ou netos, ainda mais em um ato de violência contra crianças inocentes e indefesas. Meus sentimentos e preces para as famílias das vítimas e comunidade de Blumenau diante da monstruosidade ocorrida na creche Bom Pastor. "Mein Beileid und meine Gebete gelten den Familien der Opfer und der Gemeinde Blumenau angesichts der Ungeheuerlichkeit, die sich in der Kindertagesstätte 'Bom Pastor' ereignet hat." Vergleichsweise wenig Anschläge auf Schulen in Brasilien Die Attacke ereignete sich weniger als zehn Tage, nachdem bei einem Messerangriff auf eine Schule in der brasilianischen Metropole São Paulo eine schwer verletzte Lehrerin gestorben war, weitere Opfer wurden verletzt. Ein 13-Jähriger wurde festgenommen. Nach einem Amoklauf in der Stadt Suzano mit zehn Toten im März 2019 waren die Polizeikontrollen an Schulen in São Paulo verstärkt worden. Für Entsetzen sorgte auch die Tat eines jugendlichen Messerangreifers vor rund zwei Jahren, der im Süden Brasiliens in eine Vorschule eindrang und fünf Menschen tötete. Verglichen mit anderen Ländern sind derartige Attacken im größten Staat Lateinamerikas eher selten. Brasilien gehört zwar zu den Ländern mit den meisten Gewaltverbrechen, aber die meisten davon gehen auf organisiertes Verbrechen, Kleinkriminelle und Polizeigewalt zurück.
/ausland/amerika/brasilien-anschlag-kita-103.html
2023-04-05
Wie der künftige Bayer-Chef tickt
Topmanager Bill Anderson
Beim Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer steht ein Führungswechsel bevor: Der frühere Roche-Manager Bill Anderson soll im Juni Konzernchef Werner Baumann ersetzen. Was ist von ihm zu erwarten? Von M. Heussen und U. Schyns. mehr
Beim Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer steht ein Führungswechsel bevor: Der frühere Roche-Manager Bill Anderson soll im Juni Konzernchef Werner Baumann ersetzen. Was ist von ihm zu erwarten? Die Neugier auf den künftigen Bayer-Chef ist groß: Aus Berlin und München sind Journalistinnen und Journalisten zum abendlichen Kennenlernen nach Leverkusen angereist. Und während sie noch an Stehtischen plaudern, kommt Bill Anderson fast unbemerkt hinzu: das blaue Sakko über einem dezent gemusterten T-Shirt, schwarze Sneaker und dicke Hornbrille, in der Hand eine leicht abgewetzte Ledertasche. So stellt man sich eher den nerdigen Professor einer amerikanischen Elite-Uni vor. Jedem Gast schüttelt er die Hand, erzählt stolz von seinem zweiten Arbeitstag bei "Be-jer", wie er mit amerikanischem Akzent seine neue Company ausspricht. Kein Wort zur Zukunft des Konzerns Die Erwartungshaltung an den Austausch waren schon vorher etwas heruntergeschraubt worden: Anderson werde nichts zur künftigen Ausrichtung des Konzerns sagen können, man solle keine neuen Strategien erwarten. Es würde einfach nur ums Kennenlernen gehen. Und so legt der 56-Jährige los, erzählt von seiner Familie: verheiratet mit Cathy, drei erwachsene Kinder, von den zwei in den USA und eins in Singapur leben. Von seinen Eltern, die beide noch die "Great Depression", die Zeit der großen Wirtschaftskrise in den 1920er- und 1930er-Jahren erlebt hatten. Von seiner Jugend in Texas, wo er als Kind mit dem Verkauf selbstgezüchteter Tomaten und Gurken sein Taschengeld aufgebessert hat. Chance auf einen Neuanfang? Und mit solchen Anekdoten versucht Anderson den Bogen zu schlagen zu seiner Mission bei Bayer: Man müsse große Ziele haben, jeder müsse sich dafür mitverantwortlich fühlen und versuchen, die Dinge besser zu machen. Bayer hat schon lange ähnliche Slogans: "Science for a better life" oder "Health for all, hunger for none". Nur jetzt werden sie nicht mehr mit dem stark niederrheinisch eingefärbten Englisch-Akzent von Noch-Bayer-Chef Werner Baumann deklamiert, sondern muttersprachlich und im Duktus eines Erfolgscoaches. Anderson wird sich die nächsten beiden Monate das Großraum-Büro mit Baumann teilen - wenn er denn überhaupt in Leverkusen ist und nicht auf Reisen. Die Pharma-Zentrale in Berlin steht ganz oben auf seiner Route, nächste Woche geht es in die USA nach New Jersey und vor allem nach Missouri, wo er das frühere Monsanto-Hauptquartier in St. Louis besuchen will. Kein Kommentar zum Glyphosat-Debakel Fragen nach dem Monsanto-Deal, der Baumanns gesamte Amtszeit überschattet hat, weicht Anderson charmant und eloquent aus. Er sieht einen strategischen Sinn darin, "wenn der größte Saatgut-Hersteller und der größte Pflanzenschutz-Produzent zusammengehen". Aber über die Wege heraus aus der milliardenteuren Klagewelle will er nicht spekulieren, erbittet sich stattdessen eine Einarbeitungszeit. Auch auf die Frage, ob Bayer weiterhin mit seinen Geschäftsbereichen Pharma, Landwirtschaft und den freiverkäuflichen Gesundheitsprodukten eine Einheit bleiben soll oder doch besser aufgespalten wird, weicht er aus: Er nehme die widersprüchlichen Wünsche der Investoren als "Input", um sich später eine Meinung zu bilden. Bekenntnis zum Standort Deutschland Bemerkenswert ist sein Bekenntnis zum Standort Deutschland: Den Verlockungen hoher staatlicher Subventionen für industrielle Neuansiedlungen in den USA stehe das Reservoir an gutausgebildeten Fachkräften in Deutschland gegenüber: "Wir haben tolle Arbeitnehmer hier." Einige dieser Fachkräfte will er sich am kommenden Wochenende anschauen, wenn die Bayer-Werkself in der Fußball-Bundesliga gegen Eintracht Frankfurt spielt. Er fiebere diesem Spiel entgegen - obwohl er später einräumt, dass seine Leidenschaft den San Francisco 49ers gilt, die beim American Football nicht dem runden, sondern dem ovalen Leder nachrennen.
/wirtschaft/unternehmen/bayer-chefwechsel-bill-anderson-management-101.html
2023-04-05
"Reichsbürger" wollen Parallelwirtschaft
Betriebe im "Königreich Deutschland"
Sie sind Maler, Masseure oder Bestatter, verkaufen Solaranlagen oder vegane Lebensmittel. Dutzende Firmen sehen sich als Teil eines fiktiven "Königreichs Deutschland". Der Verfassungsschutz rechnet sie der "Reichsbürger"-Szene zu. Von Kai Laufen. mehr
Sie sind Maler, Masseure oder Bestatter, verkaufen Solaranlagen oder vegane Lebensmittel. Dutzende Firmen sehen sich als Teil eines fiktiven "Königreichs Deutschland". Der Verfassungsschutz rechnet sie der "Reichsbürger"-Szene zu. Die Magnolienbäume stehen in voller Blüte in dem ruhigen Karlsruher Stadtteil. Nichts lässt hier auf revolutionäre Umtriebe schließen. Und doch: Auf einem Klingelschild eines unauffälligen Wohnhauses deuten drei Buchstaben auf ebensolche Gedanken hin, denn hier soll ein "Betrieb im KRD" zu finden sein. Ein Betrieb also, der sich zum fiktiven "Königreich Deutschland" bekennt, der vermutlich größten Gruppierung sogenannter "Reichsbürger". Fiktiver Staat, fiktive Orte Der Karlsruher Betrieb bietet Massagen an. Nicht nur auf dem Klingelschild, sondern auch auf seiner Webseite ist der Hinweis zu finden, man sei ein "Unternehmen im KRD" und der "Hauptsitz" sei "Petersplatz 6 zu Lutherstadt Wittenberg, Königreich Deutschland". Allerdings gibt es in der Stadt in Sachsen-Anhalt keinen Platz mit diesem Namen. Aber es gibt Peter Fitzek, den Erfinder des "Königreichs". Seit Jahren narrt der gelernte Koch und Esoteriker die Behörden. Und findet trotzdem immer mehr Anhänger. Seine fantasievolle Karriere hat ihm offenbar viel Geld und zwei Schlösser eingebracht, aber auch die Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden. Über all dies aber will die Inhaberin der Karlsruher Massagepraxis nicht reden, nicht an der Tür und nicht am Telefon. Surreale "Reichsgründung" mit Zepter und Krone Vor rund elf Jahren erfand Fitzek sein Fantasiereich, nahm in einer surreal anmutenden Szene Zepter, Reichsapfel und Krone entgegen und ließ die "Staatsgründung" aufwändig filmen. Seitdem - und vor allem seit der Corona-Pandemie - ist seine Anhängerschaft stets gewachsen: Heute sollen es nach eigenen Angaben bundesweit 5000 Anhänger sein, und auch der Verfassungsschutz hält diese Zahl nur für mäßig übertrieben. In einem Werbevideo, veröffentlicht auf der eigenen Internetplattform "KRDtube", ist zu sehen, wie Fitzeks Anhänger derzeit mehrere Schlösser in Sachsen sanieren. Sogenannte "Gemeinwohldörfer" sollen folgen, ein ganzes Reich entstehen. Manche Aussteiger und auch selbstständige Unternehmer scheinen sein Angebot für attraktiv zu halten. In einem "Systemausstieg-Seminar" in Wittenberg sollen sie die Vorzüge des "Reichs" schätzen lernen: "Freiheit für Unternehmer im KRD" verspricht ein Einladungsschreiben. Wörtlich heißt es da: "Das KRD ermöglicht seinen Unternehmer vollständige Steuerbefreiung. Das Finanzamt der BRD ist nicht mehr zuständig. Die Strukturen sind seit neun Jahren alltagserprobt." Internetseite spricht von "Einzelbetrieb im Königreich" Ein Malermeister im Landkreis Ludwigsburg hielt diese Behauptungen offenbar für überzeugend. Laut Webseite ist er ein "Einzelbetrieb im Königreich Deutschland (KRD)". Ein Interview lehnt der Mann ab, doch seine Webseite verrät einiges über seine Motive: "Als Betrieb im KRD fördern wir aktiv ein vollkommen neues Gemeinwohlwirtschaftssystem zum Wohle von Mensch, Tier und Natur." Ziele, die sich natürlich auch im Rechtsrahmen der Bundesrepublik Deutschland verwirklichen lassen. Der Malermeister fährt einen Lieferwagen mit amtlichem deutschen Kennzeichen. Aber Aufschriften auf dem Wagen machen für jedermann klar, man arbeite "Für An- und Zugehörige im KRD". Bei der zuständigen Handwerkskammer Stuttgart ist der Betrieb seit 2021 gelöscht. Sollte er weiter seine Dienstleistungen anbieten, wäre dies eine "unerlaubte Handwerksausübung" und "Schwarzarbeit", betont Hauptgeschäftsführer Peter Friedrich. Selbst die Kunden begingen unter Umständen Ordnungswidrigkeiten und hätten keinen Anspruch auf Gewährleistung. Flyer wirbt für "Pioniere" Ob der Malermeister tatsächlich gegen geltendes Recht verstößt, müssen Kammer und Behörden noch klären. Klar ist aber jetzt schon: Er bietet seine Dienste aktiv auf dem Markt an. Und zwar auf einer Art Branchenverzeichnis des angeblichen "Königreichs Deutschland" namens "KadaRi". Die Abkürzung steht für "Kauf das Richtige" und verzeichnet nach eigenen Angaben rund 350 "Anbieter". Allerdings ist die Zahl wohl durch Doppelnennungen aufgebläht. In einem Flyer aus dem vergangenen Sommer mit dem Titel "Freiheit für Unternehmer im KRD" ist mal die Rede von 200, dann von 300 Unternehmern, die "als Pioniere vorangegangen" seien. Eine Überprüfung durch den SWR ergab, dass rund 100 Webseiten derzeit aktiv sind, auf eine Geschäftstätigkeit schließen lassen und im Impressum die Zugehörigkeit zum "KRD" angeben. Schwerpunkte sind Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Nur in zwei Bundesländern fand sich kein solcher Anbieter. Verbraucherschützer klagen In Frankfurt gehen jetzt Verbraucherschützer gegen einen solchen Betrieb vor: Der lokal bekannte Influencer und selbsternannte Ernährungsberater "Mr. Raw" behauptet auf einer seiner Webseiten, dass Kunden "für die Dauer der Geschäftsbeziehung eine temporäre Zugehörigkeit zum Königreich Deutschland (KRD)" besäßen. Im Februar hat die Verbraucherzentrale Hessen wohl als erste bundesweit dagegen eine Unterlassungsklage eingereicht. "Wenn in Deutschland deutschen Verbrauchern Vertragsabschlüsse angeboten werden, sind ausschließlich die Regelungen deutschen Rechts zugrunde zu legen, wovon nicht abgewichen werden darf", heißt es darin. Sollte das Frankfurter Landgericht dem stattgeben, müsste von der Seite "DrRaw.de" jeder Hinweis auf die Fantasiemonarchie aus dem Impressum verschwinden. "Mr. Raw" antwortete mit einer 134 Seiten langen Stellungnahme, die dem SWR vorliegt. Darin wird behauptet, die Verbraucherzentrale erkenne mit ihrem Vorgehen an, "dass es sich beim Königreich Deutschland um einen eigenständigen Staat handelt". Philipp Wendt, Vorstand der Verbraucherzentrale Hessen, lässt sich davon nicht beirren: "Sollte unsere Klage erfolgreich sein, dann werden wir auch andere Betriebe im KRD abmahnen", bekräftigte er gegenüber dem SWR.
/wirtschaft/reichsbuerger-wirtschaft-betriebe-101.html
2023-04-05
Ex-Regierungschef Berlusconi auf Intensivstation
Italien
Der frühere italienische Ministerpräsident Berlusconi ist in eine Mailänder Klinik eingeliefert worden. Der 86-Jährige liegt Berichten zufolge auf der Intensivstation und wird wegen Herz- und Atemproblemen behandelt. mehr
Der frühere italienische Ministerpräsident Berlusconi ist in eine Mailänder Klinik eingeliefert worden. Der 86-Jährige liegt Berichten zufolge auf der Intensivstation und wird wegen Herz- und Atemproblemen behandelt. Italiens Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi liegt übereinstimmenden Berichten zufolge wegen Herz-Kreislauf- und Atemproblemen auf der Intensivstation eines Krankenhauses in Mailand. Wie unter anderem die Nachrichtenagenturen Ansa und Adnkronos berichten, muss der 86-Jährige mindestens eine Nacht in der Klinik San Raffaele bleiben. Laut Ansa soll sein Zustand derzeit stabil sein. Für Donnerstag wird eine Erklärung seines Arztes erwartet. Antonio Tajani, Italiens Außenminister und Vizechef von Berlusconis Partei Forza Italia, sagte am Rande eines NATO-Treffens in Brüssel, dass Berlusconi ansprechbar sei. Es handele sich um eine Infektion. Weitere Details wurden zunächst weder von der Partei noch der Familie des Politikers und Medienunternehmers mitgeteilt. Schon länger gesundheitliche Probleme Berlusconi war in jüngerer Vergangenheit immer wieder ins Krankenhaus eingeliefert worden. Erst vergangenen Donnerstag war nach einem viertägigen Aufenthalt in der Klinik San Raffaele entlassen worden. Offiziell war damals von Routineuntersuchungen die Rede. Laut Berichten wurde Berlusconi aber bereits wegen Herz-Kreislauf-Problemen behandelt. Tajani sagte, dass sein Parteichef nun erneut in das Krankenhaus gemusst habe, weil die Probleme nicht gelöst worden seien. Er fügte an, dass er nicht persönlich mit Berlusconi gesprochen habe. Genesungswünsche von politischen Weggefährten Der Ex-Regierungschef ist seit Jahren gesundheitlich angeschlagen. Ende 2020 war er etwa an Corona und einer Lungenentzündung erkrankt, im vorigen Jahren musste er mit einer Harnwegsinfektion stationär behandelt werden. 2016 unterzog er sich einer Herz-Operation. Politische Weggefährten sprachen Genesungswünsche aus. "Von Herzen gute Besserung an Silvio Berlusconi, der im Krankenhaus San Raffaele in Mailand liegt. Auf geht's, Silvio!", schrieb die ultrarechte italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bei Twitter. Auch Vizepremier Matteo Salvini von der Lega-Partei meldete sich zu Wort: "Los Silvio, Italien wartet auf dich!" Mehrfach Ministerpräsident Italiens Berlusconi war zwischen 1994 und 2011 mehrfach Ministerpräsident. Die von ihm gegründete und geführte rechtskonservative Partei Forza Italia ist seit Oktober Teil der von Meloni angeführten Regierungskoalition. Berlusconi selbst war bei den Parlamentswahlen im September in den Senat gewählt worden.  Er hat das öffentliche Leben in Italien über Jahrzehnte in verschiedenen Rollen dominiert - nicht nur als Politiker, sondern auch als Medienmogul und langjähriger Eigentümer des Fußballvereins AC Mailand. Seine politische Karriere war von zahlreichen Skandalen begleitet: Er musste sich wegen mehrerer mutmaßlicher Wirtschafts- und Korruptionsdelikte und seiner Rolle bei den berüchtigten Bunga-Bunga-Sexpartys vor Gericht verantworten
/ausland/europa/italien-berlusconi-krankenhaus-101.html
2023-04-05
Bahn entschädigt Kunden mit Rekordsumme
Verspätete Züge
Zugausfälle und Verspätungen sind die Deutsche Bahn im vergangenen Jahr offenbar teuer zu stehen gekommen. Der Konzern zahlte seinen Kunden die Rekordsumme von 92,7 Millionen Euro an Entschädigungen. mehr
Zugausfälle und Verspätungen sind die Deutsche Bahn im vergangenen Jahr offenbar teuer zu stehen gekommen. Der Konzern zahlte seinen Kunden die Rekordsumme von 92,7 Millionen Euro an Entschädigungen. Die Deutsche Bahn musste aufgrund von Zugausfällen und Verspätungen im Jahr 2022 die Rekordsumme von 92,7 Millionen Euro an Entschädigungen an ihre Kunden zahlen. Das waren nach Angaben des Konzerns 54,5 Millionen Euro mehr als im Jahr davor. Zuvor hatte unter anderem die "Rheinische Post" darüber berichtet. Bahn-Kunden nutzen vermehrt Online-Anträge Insgesamt wurden rund 3,8 Millionen Entschädigungsanträge bearbeitet, was einem Anstieg von rund 2,2 Millionen Fällen im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Als Gründe für den Anstieg werden die steigende Zahl von Reisenden nach den Corona-Jahren 2020 und 2021, aber auch die hohe Bautätigkeit auf dem an vielen Stellen überalterten und überlasteten Netz genannt. Zudem nutzten Kunden vermehrt das Online-Verfahren zur Einreichung von Entschädigungsanträgen. Dadurch sei es deutlich leichter geworden, Entschädigungen zu beantragen. Deutlich mehr Fahrgäste machten davon Gebrauch. Rund 60 Prozent der Betroffenen wählten den Weg über die App des Unternehmens, wie der Konzern mitteilte. Analog in Papierform eingereichte Fahrgastrechte-Anträge machten noch rund 40 Prozent aus. Noch größere Pünktlichkeits-Probleme Bahn-Chef Richard Lutz hatte bei seiner Bilanzpressekonferenz in der vergangenen Woche erhebliche Probleme der Bahn mit der Pünktlichkeit eingestanden. Im Fernverkehr sank die Pünktlichkeitsquote von 75,2 Prozent im Jahr 2021 auf lediglich 65,2 Prozent im Jahr 2022. Gemäß den Fahrgastrechten erhalten Kunden bei einer Verspätung von 60 Minuten am Zielbahnhof eine Entschädigung in Höhe von 25 Prozent des gezahlten Fahrpreises für die einfache Fahrt, ab 120 Minuten sind es 50 Prozent. Im vergangenen Jahr stiegen 132 Millionen Reisende in IC- und ICE-Züge - 61 Prozent mehr als im Corona-Jahr davor. Für dieses Jahr erwartet der Konzern 155 Millionen Reisende, was ein neuer Rekord wäre. Trotz der rasant gewachsenen Passagierzahlen ist der Konzern auch 2022 nicht aus den roten Zahlen gekommen. Unterm Strich stand ein Minus von rund 227 Millionen Euro, wie die Konzernspitze in der vergangenen Woche mitteilte.
/wirtschaft/verbraucher/deutsche-bahn-kunden-rekordsumme-entschaedigung-101.html
2023-04-05
Sturgeons Ehemann Murrell wieder frei
Schottland
Der festgenommene Ehemann der ehemaligen schottischen Regierungschefin Sturgeon, Peter Murrell, ist "ohne Anklage" wieder auf freiem Fuß. Dem einstigen Generalsekretär der SNP wird ein fragwürdiger Umgang mit Spendengeldern vorgeworfen. mehr
Der festgenommene Ehemann der ehemaligen schottischen Regierungschefin Sturgeon, Peter Murrell, ist "ohne Anklage" wieder auf freiem Fuß. Dem einstigen Generalsekretär der SNP wird ein fragwürdiger Umgang mit Spendengeldern vorgeworfen. Der Ehemann von Schottlands Ex-Regierungschefin Sturgeon ist nach seiner Festnahme am Mittwochmorgen im Zuge von Ermittlungen zu den Finanzen der Regierungspartei Schottische Nationalpartei (SNP) wieder auf freiem Fuß. Der frühere SNP-Generalsekretär Peter Murrell sei "ohne Anklage vorbehaltlich weiterer Ermittlungen" freigelassen worden, erklärte die schottische Polizei. Die Polizei hatte zuvor mitgeteilt, einen 58-Jährigen in Gewahrsam genommen zu haben, um ihn zu "Parteifinanzen" zu befragen. Sie durchsuchte das Haus von Sturgeon und Murrell in Glasgow sowie den SNP-Hauptsitz in Edinburgh. Murrell war fast 25 Jahre lang Generalsekretär der SNP - bis zu seinem Rücktritt im vergangenen Monat im Streit um Mitgliederzahlen der Partei. Ärger um falsch deklariertes Darlehen Die SNP hatte gegenüber Medien fälschlicherweise behauptet, keine 30.000 Mitglieder verloren zu haben. Schon in der Vergangenheit hatte die mutmaßliche Abzweigung von rund 600.000 Pfund (etwa 684.000 Euro) Spendengeldern Fragen rund um Murrell aufgeworfen. Außerdem hatte er es versäumt, ein persönliches Darlehen an die Partei in Höhe von rund 100.000 Pfund (etwa 114.000 Euro) zu deklarieren - das könnte einen Bruch von Gesetzen zur Transparenz der Parteienfinanzierung darstellen.
/ausland/europa/sturgeon-ehemann-103.html
2023-04-05
Konjunktursorgen bremsen die Wall Street
Vorsichtige Anleger
Zum Dauerthema Inflation kommen an der Wall Street nun auch noch Rezessionsängste hinzu. Das verunsicherte die Anleger, vor allem an der Nasdaq. Auch der DAX schwächelte heute. mehr
Zum Dauerthema Inflation kommen an der Wall Street nun auch noch Rezessionsängste hinzu. Das verunsicherte die Anleger, vor allem an der Nasdaq. Auch der DAX schwächelte heute. In New York hielten sich die Anleger heute bedeckt. Während sich Standardwerte behaupteten, fielen insbesondere Tech-Aktien zurück. Der Leitindex Dow Jones legte am Ende aber leicht um 0,24 Prozent zu, auch weil Konsum- und Konsumgüterwerte heute gegen den Trend gefragt waren. An der Technologiebörse Nasdaq ging es hingegen stärker um 1,1 Prozent bergab, der Auswahlindex Nasdaq 100 gab 1,0 Prozent nach. Der marktbreite S&P-500-Index verlor leicht 0,25 Prozent. US-Wirtschaft schwächt sich ab - schwächere Konjunkturzahlen verunsichern Analysten zufolge haben Wirtschaftszahlen der letzten beiden Tage Rezessionsängste geschürt. Nach dem Auftragsminus der US-Industrie vom Dienstag habe der am Mittwoch veröffentlichte Einkaufsmanagerindex aus dem Dienstleistungssektor "die Serie fortgesetzt", sagte Konstantin Oldenburger, Analyst vom Broker CMC Markets. Der Index fiel auf 51,2 Punkte - den niedrigsten Wert seit mehr als zwei Jahren. Experten hatten einen Rückgang auf 54,5 Punkte von 55,1 Zählern im Februar erwartet. Auch schwache Daten des privaten Jobdienstleisters ADP trugen erheblich zu den Konjunktursorgen bei. Im Vergleich zum Vormonat kamen im Privatsektor 145.000 Stellen hinzu, wie ADP heute in Washington mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit 210.000 neuen Stellen gerechnet. "Unsere Beschäftigungszahlen für März sind eines von mehreren Signalen für eine Verlangsamung der Wirtschaft", sagte Nela Richardson, Chefvolkswirtin bei ADP. Der monatliche Arbeitsmarktbericht der Regierung wird an diesem Freitag veröffentlicht, allerdings bleibt die Börse am Karfreitag geschlossen. Johnson & Johnson an der Dow-Spitze Gegen den Trend gefragt waren Aktien der Kosumgüterbranche. Mit einem deutlichen Anstieg um 4,5 Prozent standen Aktien Johnson & Johnson an der Dow-Spitze. Dies, weil der Pharma- und Konsumgüterriese einen großen Rechtsstreit in Nordamerika mit viel Geld aus der Welt schaffen will. Aber auch andere Konsumgüter-Unternehmen legten zu, so die Papiere von McDonald's, Coca-Cola und Procter & Gamble. Zu den Verlierern gehörten u.a. der Baumaschinenhersteller Caterpillar, aber auch Boeing und Nike. Auch die schwer gewichteten Tech-Größen Microsoft und Apple lagen am Ende im Minus. Für die Fed wird es nicht einfacher Die drastischen Zinserhöhungen der Notenbank scheinen nun also ihre Wirkung zu entfalten, gleichzeitig bleibt aber die Inflation hoch und weit über dem Zielwert der Notenbank Federal Reserve (Fed) von 2,0 Prozent. Ein zunehmend schwieriges Umfeld, in dem sich die US-Währungshüter, aber auch die Anleger an der Börse, derzeit bewegen. Die Fed hat jedoch immer wieder klar darauf hingewiesen, dass sie der Bekämpfung der Teuerung höchste Priorität beimisst, auch um den Preis einer gedämpften Wirtschaft. "Die Investoren an der Wall Street sehen, dass sich die Wirtschaft tatsächlich abschwächt" sagte Sam Stovall, Chefanlagestratege beim Analyse-Unternehmen CFRA in New York. Ob die Fed den Leitzins Anfang Mai über das jetzige Niveau der Spanne von 4,75 bis 5,00 Prozent hinaus weiter anheben wird, ist offen. Die US-Währungshüterin Loretta Mester sagte Bloomberg TV, für eine Einschätzung sei es noch zu früh. Die Chefin des Fed-Bezirks Cleveland hatte aber in einer Rede am Dienstag durchblicken lassen, dass das Ende der Fahnenstange bei den Anhebungen noch nicht erreicht sein dürfte. Rücksetzer für den DAX Am deutsche Aktienmarkt haben die Anlegerinnen und Anleger nach den Avancen der vergangenen Handelstage Gewinne mitgenommen. Der DAX schloss am Ende bei 15.520 Punkten um 0,53 Prozent leichter und damit am unteren Ende seiner Handelsspanne zwischen 15.482 und 15.627 Punkten. Gestern hatte der Index noch ein neues Jahreshoch von 15.736 Punkten markiert, bevor Daten zum US-Arbeitsmarkt und der US-Industrie die Gewinne abbröckeln ließen. Heute sorgten weitere, schwach ausgefallene US-Konjunkturdaten am Nachmittag dafür, dass die Anlegerinnen und Anleger sich vorsichtiger verhielten. Lediglich am frühen Morgen konnte der Index noch kurz an den Aufschwung des Vortages anknüpfen, ehe es dann abwärts ging. Die geringen Börsenumsätze in der Woche vor den Osterfeiertagen hätten den Anstieg des deutschen Leitindex auf das neue Jahreshoch sicherlich begünstigt, sagte Thomas Altmann, Portfolio-Manager beim Vermögensverwalter QC Partners. Sie zeigten aber auch, dass es im Moment relativ wenige überzeugte Käuferinnen und Käufer gebe. "Es darf durchaus die Frage gestellt werden, ob diejenigen, die zuletzt gekauft haben, wirklich kaufen wollten oder ob sie kaufen mussten. Angesichts des Kursanstieges mussten einige ihre Short-Positionen schließen, um weitere Verluste zu vermeiden." Heimischer Konjunkturausblick hellt sich auf Fundamentaler Rückenwind für die Börse kam von neuen Konjunkturprognosen für Deutschland. So rechnen die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute wegen sinkender Energiepreise nicht mehr mit einer Rezession in Deutschland. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird nach ihrer Prognose in diesem Jahr um 0,3 Prozent wachsen. Im Herbst war unter dem Eindruck der Energiekrise noch ein Minus von 0,4 Prozent veranschlagt worden. "Der konjunkturelle Rückschlag im Winterhalbjahr 2022/2023 dürfte glimpflicher ausgefallen sein als im Herbst befürchtet", so der Konjunkturchef des ifo-Instituts, Timo Wollmershäuser. Die Börse hat eine solche Entwicklung zuletzt bereits eingepreist, denn der Leitindex DAX ist seit Anfang des Jahres mehr als elf Prozent gestiegen. Deutsche Industrie sammelt Aufträge Die Auftragsbücher der deutschen Industrie haben sich im Februar wegen der starken Nachfrage aus dem Inland und der Eurozone kräftig gefüllt. Das Neugeschäft wuchs um 4,8 Prozent zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das war bereits der dritte Zuwachs in Folge und zugleich der stärkste seit Juni 2021. "Die Auftragseingänge befinden sich damit in vielen Branchen der deutschen Industrie weiter auf Erholungskurs", erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Gewinne am Rentenmarkt Die Kurse deutscher Staatsanleihen sind heute gestiegen. Bis zum frühen Abend kletterte der richtungsweisende Terminkontrakt Euro-Bund-Future um 0,59 Prozent auf 137,26 Punkte. Die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen fiel auf 2,18 Prozent. In allen Ländern der Eurozone gaben die Renditen nach. Angetrieben wurden die Kurse durch schwache Konjunkturdaten aus den USA. Eine schwächere Konjunkturentwicklung dämpft die Erwartungen auf weitere Leitzinserhöhungen in den USA. Am Morgen waren die Festverzinslichen noch zeitweise durch robuste Konjunkturdaten aus Deutschland belastet worden. Telekom an der DAX-Spitze - Heute Hauptversammlung Unbeeindruckt von der schwächeren Tagestendenz lag die T-Aktie mit einem dicken Plus von 3,0 Prozent an der DAX-Spitze bei 23,04 Euro je Anteil. Damit baute die Aktie ihre bisherige Jahresentwicklung auf über 23 Prozent aus und liegt damit deutlich besser im Rennen als der DAX. Just zur heutigen Hauptversammlung konnte Telekom-Chef Timotheus Höttges vermelden, dass überraschend früh die Mehrheit an der Tochter T-Mobile US übernommen werden konnte. Bisher übten sie die Kontrolle über eine Stimmrechtevereinbarung mit der japanischen Softbank aus. Eine eigene Mehrheit an der erfolgreichen Tochter war bereits seit längerem strategisches Ziel der Bonner. "Wir haben die Mehrheit und sind größter Eigentümer am wertvollsten Telekommunikations-Unternehmen der Welt - T-Mobile USA", sagte Firmenchef Tim Höttges auf der Hauptversammlung in Bonn. Wachstumsgeschichte T-Mobile US T-Mobile US ist maßgeblich für das Wachstum des Bonner Konzerns verantwortlich. Allein im vierten Quartal 2022 hatte die US-Tochter 927.000 neue Nutzerinnen und Nutzer hinzugewonnen. Bei der Konzernmutter wuchs die Zahl der Vertragskunden um 225.000. Seit 2013 sei der Wert der US-Tochter um 153 Milliarden Euro gestiegen, sagte Höttges. Die Wertsteigerung für die Aktionäre der Telekom liege bei über 70 Milliarden Euro. Ziel der Deutschen Telekom sei es, eine klare Mehrheit der Anteile an der US-Tochter zu halten, betonte der Manager. Aktionärsvertreter begrüßten die Entwicklung, warnten aber vor den Risiken. Die T-Aktie stehe und falle mit der Entwicklung des US-Geschäfts, das 66 Prozent der Umsätze und 64 Prozent des Betriebsgewinns (Ebitda) ausmache, sagte Union-Investment-Experte Henrik Pontzen. "Das größte Risiko für die Telekom-Aktionäre liegt in einer möglichen Wettbewerbsverschärfung im US-Mobilfunkmarkt." Beiersdorf hebt Umsatzprognose an Gesucht waren im DAX auch Beiersdorf-Papiere. Denn statt einem für den Konzern und die Kosmetiksparte bisher in Aussicht gestellten Wachstum im mittleren einstelligen Bereich soll der Umsatz in diesem Jahr organisch jeweils im mittleren bis höheren einstelligen Prozentbereich zulegen, teilte das Hamburger Unternehmen heute mit. Die Prognose für die kleinere Klebstofftochter Tesa bestätigte der Vorstand. Der Konzernumsatz sei im ersten Quartal um 12,2 Prozent auf 2,48 Milliarden Euro gestiegen, teilte der Hersteller von Marken wie Nivea, Labello und La Prairie weiter mit. Dabei sei der Unternehmensbereich Consumer organisch um 14,8 Prozent auf gut zwei Milliarden Euro gewachsen, Tesa habe seinen Umsatz um knapp ein Prozent auf 425 Millionen Euro gesteigert. Dollar fängt sich Der Eurokurs ist heute unter Druck geraten. Die Gemeinschaftswährung notierte im New Yorker Handel zuletzt bei 1,0901 US-Dollar, nachdem sie sich zuletzt noch der Marke von 1,10 Dollar genähert hatte. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0940 (Dienstag: 1,0901) Dollar fest. Am Vortag hatte die jüngste Erholung den Euro mit 1,0973 Dollar auf den höchsten Stand seit zwei Monaten geführt. Nun enttäuschten aber Wirtschaftsdaten aus den USA, die an den Märkten wieder Rezessionssorgen weckten. Im Gegenzug legte der Dollar in seiner Funktion als Weltreservewährung in schwierigen Zeiten zu vielen anderen wichtigen Währungen zu. Öl bleibt teuer Auch die Ölpreise tendierten zuletzt fester. Die geplante Förderkürzung des Ölkartells OPEC+ wirkt weiter auf den Markt. Laut Expertinnen und Experten werden die Ölpreise derzeit auch durch einen gestern gemeldeten Rückgang der Ölreserven in den USA gestützt. Nach den schwächeren US-Makro-Daten gingen die Gewinne aber verloren. Ein Barrel der Nordseesorte Brent kostete zuletzt 0,1 Prozent mehr. Morphosys-Aktie gefragt Papiere des TecDAX-Unternehmens Morphosys stiegen deutlich um über 13 Prozent. Das Biotechunternehmen kommt mit der Entwicklung seines Hoffnungsträger-Medikaments Pelabresib offenbar schneller voran als gedacht. Die wichtigsten Ergebnisse der entscheidenden Phase-3-Studie zu seinem Medikament gegen die seltene bösartige Knochenmark-Erkrankung Myelofibrose dürften bereits Ende des Jahres vorliegen, so der Konzern am Abend. K+S verliert nach Abstufung Die Investmentbank Stifel hat den Düngemittelkonzern K+S von "Buy" auf "Hold" abgestuft und das Kursziel von 26 auf 22 Euro gesenkt, die MDAX-Aktie verlor 4,7 Prozent. Die Preisvereinbarung in der Branche mit Indien für Kali-Dünger bringe zwar endlich Klarheit, bestätige aber auch ein niedrigeres Preisniveau, so Analyst Andreas Heine in einer aktuellen Studie. Der Kontrakt laufe nur bis September, dann drohe ein weiterer Rückgang. Thyssens Nucera-Börsengang könnte im Juni kommen Thyssenkrupp könnte Insidern zufolge den Juni für einen Börsengang der Wasserstoff-Tochter Nucera anpeilen, wenn die Märkte sich stabil entwickeln. Die Voraussetzungen für einen Sprung auf das Börsenparkett für Nucera besserten sich insgesamt, sagten drei mit den Plänen vertrauter Personen der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch. Nucera könne bei einem Börsengang eine Bewertung in der Spanne von zwei bis fünf Milliarden Euro erreichen. Der Essener MDAX-Konzern lehnte eine Stellungnahme ab. Thyssenkrupp ist mit 66 Prozent der Anteile an Nucera beteiligt, die übrigen Anteile liegen beim italienischen Elektroden-Hersteller De Nora. Dieser hatte im Juni 2022 den Sprung auf das Parkett gewagt. Die Aktien haben seitdem rund ein Drittel an Wert gewonnen. Dies könnte auch ein Zeichen für Nucera sein, sagten zwei Insider. Lufthansa schließt LSG-Verkauf ab Die Lufthansa hat einen Käufer für den Rest ihrer Catering-Sparte LSG gefunden. Der Finanzinvestor Aurelius übernehme das außereuropäische Geschäft von LSG, teilten beide Unternehmen heute mit. Dazu zählen den Angaben zufolge 131 Catering-Betriebe und der Bordverkauf mit zusammen rund 19.000 Beschäftigten. Das europäische Geschäft war bereits an gategroup verkauft worden. Schweizer Regierung streicht CS-Top-Bankern die Boni Die Schweizer Regierung hat nach der Not-Veräußerung der Credit Suisse (CS) an die Rivalin UBS Vorgaben für die Bonuszahlungen bei den beiden Banken gemacht. Alle ausstehenden variablen Vergütungen der Mitglieder der Credit-Suisse-Geschäftsleitung werden gestrichen, wie die Regierung heute mitteilte. Die Boni hoher Manager werden um bis zu 50 Prozent gekürzt. Die Maßnahmen betreffen der Regierung zufolge gut 1000 Mitarbeitende des Instituts und bedeuten nach aktuellem Kenntnisstand eine Kürzung der bis Ende 2022 angefallenen variablen Vergütungen von 50 bis 60 Millionen Franken. Jamie Dimon warnt vor weiterem Stress im Bankensektor Der Chef des größten US-Geldhauses JPMorgan Chase, Jamie Dimon, hat vor weiterem Stress im Bankensektor gewarnt. "Die derzeitige Krise ist noch nicht vorbei, und selbst wenn sie hinter uns liegt, wird sie noch jahrelang Auswirkungen haben", schrieb der Bankchef in seinem am Dienstag veröffentlichten jährlichen Brief an die Aktionäre. Trotzdem appellierte Dimon an die US-Politik, nicht mit Regelverschärfungen für Banken zu "überreagieren". Zugleich räumte der einflussreiche Manager ein, dass das derzeitige Regelwerk nicht imstande gewesen sei, das Scheitern der jüngst kollabierten US-Geldhäuser Silicon Valley Bank und Signature Bank zu verhindern.
/wirtschaft/finanzen/marktberichte/marktbericht-dax-dow-jones-333.html
2023-04-05
Wie die Ampel das Kartellamt stärken will
Wettbewerbsrecht
Ein Kartellrecht mit "Klauen und Zähnen" wünschte sich Wirtschaftsminister Habeck im vergangenen Jahr - mit Blick auf hohe Mineralölpreise trotz "Tankrabatts". Schützt der neue Gesetzentwurf die Verbraucher oder geht er zu weit? Von Oliver Sallet.
Ein Kartellrecht mit "Klauen und Zähnen" wünschte sich Wirtschaftsminister Habeck im vergangenen Jahr - mit Blick auf hohe Mineralölpreise trotz "Tankrabatts". Schützt der neue Gesetzentwurf die Verbraucher oder geht er zu weit? Die "Klauen und Zähne" des neuen Kartellrechts verteilen sich auf insgesamt 53 Seiten. Größtes Novum der "11. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)": Das Kartellamt erhält neue Eingriffs- und Kontrollrechte und kann in Zukunft bereits dann in den Markt eingreifen, wenn es eine "erhebliche und fortlaufende Störung des Wettbewerbs" feststellt. Wettbewerbsschädigendes Verhalten von Unternehmen muss nicht mehr nachgewiesen werden. Das Kartellamt kann dann entsprechende Maßnahmen anordnen zu deren Ultima Ratio die sogenannte Entflechtung von Unternehmen zählt, also der Zwangsverkauf von Teilen eines Unternehmens. Des Weiteren soll es für das Kartellamt zukünftig einfacher werden bei Verstößen gegen das Kartellrecht wirtschaftliche Vorteile abzuschöpfen "damit die Vorteile nicht bei den Unternehmen bleiben, welche die Verstöße begangen haben", heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Ziel sei es, Störungen des Wettbewerbs abzustellen, damit Verbraucherinnen und Verbraucher von niedrigeren Preisen profitieren könnten. Das sei vor allem in Märkten mit nur wenigen Anbietern und auffälligen Preisentwicklungen wichtig - etwa bei Mineralölkonzernen und Tankstellenbetreibern. Habeck: "Wir stärken den Wettbewerb" Zwar war die Abschöpfung von wettbewerbswidrig verdienten Gewinnen schon vor der Novelle möglich gewesen, allerdings waren die Hürden so hoch, dass das Instrument nicht genutzt wurde. Das soll sich jetzt ändern. "Die Hürden, die die Gerichte dazu aufgebaut haben, die werden jetzt ein bisschen abgesenkt," sagt Rupprecht Podszun, Experte für Kartellrecht an der Universität Düsseldorf.   "Insgesamt schützen wir den Wettbewerb, wir stärken den Wettbewerb", sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck bei der Vorstellung der Novelle im Bundeswirtschaftsministerium. "Mit dem Ziel am Ende die Verbraucher zu schützen." CDU sieht Standortnachteil für Unternehmen Anwältin Petra Linsmeier, die Unternehmen in Kartellrechtsfragen vertritt, sieht darin eine deutliche Ausweitung des bereits bestehenden Kartellrechts und kritisiert: Das Amt könne nun tätig werden, ohne dass es einen Verstoß gegen das Kartellrecht feststellt. Am Ende könnten so Unternehmen, die sich gesetzestreu verhalten trotzdem reguliert werden, wenn der Markt eine Störung aufweise. "Zurecht laufen Unternehmen dagegen Sturm", sagt Linsmeier zu dem Gesetz, das zudem "international einzigartig" sei. Chefjustitiar Stephan Wernicke von der Deutschen Industrie- und Handelskammer spricht von notfalls staatlicher Marktgestaltung. Die Bundesregierung verlasse damit die bewährten Grundprinzipien des europäischen Wettbewerbsrechts, wonach nur rechtswidriges Verhalten von Unternehmen sanktioniert werde. Von der Unionsfraktion im Bundestag kommt ebenfalls scharfe Kritik: Die wirtschaftspolitische Sprecherin, Julia Klöckner, glaubt das Gesetz schaffe Rechtsunsicherheit für Unternehmen. Hansjörg Dutz, Obmann im Wirtschaftsausschuss der CDU, spricht von einer einem Standortnachteil für Deutschland "wenn Unternehmen nicht mehr klar absehen können, ab welcher Größe oder durch welche Verhaltensweisen sie in den Fokus des Kartellamtes geraten." Buschmann verteidigt Gesetz Bundesjustizminister Buschmann verteidigte das Gesetz und hält den Vorwurf eines "Blankoschecks" für das Kartellamt für unberechtigt. Die rechtliche Beschreibung der Maßnahmen sei "sehr stark präzisiert", so der FDP-Politiker. Die SPD-Fraktion verteidigt das Gesetz als Schutz vor extremen Preissteigerungen wie bei Kraftstoffen. "Die positiven finanziellen Effekte werden für Bürgerinnen und Bürger spürbar sein," sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Verena Hubertz. Grünen-Chef Omid Nouripour sagte, das Wettbewerbsrecht werde zielgenauer und schlagkräftiger. Mehr Macht für das Kartellamt, doch an Tankstellen herrschte heute weiterhin Skepsis, ob die Verbraucherinnen und Verbraucher wirklich von dem neuen Kartellrecht profitieren.
/wirtschaft/unternehmen/wettbewerbsrecht-habeck-101.html
2023-04-05
Wegen Mordversuchs vor Gericht
Mutmaßlicher "Reichsbürger"
Gegen einen 55-Jährigen, den Ermittler zur "Reichsbürger"-Szene zählen, wird ab heute vor dem OLG Stuttgart verhandelt. Er soll in Tötungsabsicht auf Polizisten geschossen haben. Von Holger Schmidt.
Gegen einen 55-Jährigen, den Ermittler zur "Reichsbürger"-Szene zählen, wird ab heute vor dem OLG Stuttgart verhandelt. Er soll in Tötungsabsicht auf Polizisten geschossen haben. "Hätte er nicht eiserne Nerven gehabt, hätte es Tote gegeben", sagt ein Ermittler, der mit dem Einsatz in Boxberg zu tun hatte. Gemeint ist ein Elitepolizist des Spezialeinsatzkommandos (SEK) Baden-Württemberg. Am 20. April des vergangenen Jahres hielt er unerschrocken sein Schutzschild in die Salve eines Schnellfeuergewehrs, mit dem der nun Angeklagte auf die vorrückende Polizei geschossen haben soll. Der Polizist soll damit mehreren Menschen das Leben gerettet haben. Ermittler erzählen von einem Einsatzvideo, auf dem die Einschläge auf dem Schild zu sehen und eindrucksvoll zu hören sein sollen. Im heute startenden Prozess am Oberlandesgericht Stuttgart dürfte das Video eine besondere Rolle spielen. Riskanter Einsatz ohne LKA Dass es ein Einsatz mit gewissem Risiko sein könnte, hatte die örtliche Polizeibehörde schon im Vorfeld vermutet und das SEK des baden-württembergischen "Polizeipräsidiums Einsatz" aus Göppingen nach Boxberg-Bobstadt gerufen. Doch eigentlich wollten die Ermittler nur eine illegale Waffe beschlagnahmen und mit einem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Mosbach nach möglichen weiteren Waffen suchen. Wie brandgefährlich es werden könnte, ahnte die örtliche Polizei nicht - und hatte sich zuvor auch nicht näher mit dem Landeskriminalamt in Stuttgart abgestimmt. Doch kaum hatte die Aktion begonnen, fielen die Schüsse. Zwei SEK-Beamte wurden verletzt und kamen ins Krankenhaus. Zahlreiche weitere Einsatzkräfte und Passanten blieben verschont, die Einschläge der Kugeln in Hauswände und Fahrzeuge waren noch Tage nach dem Einsatz in Boxberg-Bobstadt zu erkennen. Der mutmaßliche Angreifer rief nach den Schüssen über den Notruf bei der Polizei an und ergab sich den Einsatzkräften. Wohl auch deshalb, weil auf seinem Grundstück ein Feuer ausgebrochen war. Ein Großaufgebot an Einsatzkräften sicherte den Tatort. Die Feuerwehr löschte den Brand unter dem Schutz schwerbewaffneter Spezialkräfte. Generalbundesanwalt übernimmt Schon kurz nach den Schüssen zog der Generalbundesanwalt am Bundesgerichtshof die Ermittlungen an sich. "Evokation" heißt das unter Juristen: Die Bundesanwaltschaft kann bei einigen schweren Straftaten in besonderen Fällen einen Fall von der eigentlich zuständigen Staatsanwaltschaft vor Ort übernehmen, wenn der Generalbundesanwalt eine besondere Bedeutung des Falls sieht. Zuständig ist damit dann auch nicht mehr das örtliche Landgericht, sondern der Staatsschutzsenat des jeweiligen Oberlandesgerichts. Daher nun der Prozess am Oberlandesgericht Stuttgart. Schon länger hatte Generalbundesanwalt Peter Frank öffentlich deutlich gemacht, dass er einer Bedrohung des Staates und der demokratischen Grundordnung stets mit einem "Gegenfanal" begegnen, also jeweils ein deutliches Zeichen setzen wolle, wenn es zu Angriffen komme. Die Schüsse auf die Polizisten, die mögliche Tötungsabsicht und die vermutete Nähe zur "Reichsbürger"-Bewegung waren ihm Anlass genug. Vorfälle mit Waffen in der Reichsbürgerszene Sollte das Oberlandesgericht den Angeklagten am Ende des Prozesses entsprechend verurteilen, wäre das nicht die erste schwere Straftat durch "Reichsbürger". Menschen, die die Existenz der demokratischen Bundesrepublik abstreiten und nach dem früheren Deutschen Reich rufen, begingen in den vergangenen Jahren immer wieder schwere Straftaten. 2016 erschoss ein "Reichsbürger" einen bayerischen SEK-Beamten in Georgensgmünd ebenfalls bei einer Razzia. Ende März 2023 wurde ein Mann aus dem Kreis Lörrach zu zehn Jahren Haft verurteilt, weil er bei einer Kontrolle einen Polizisten absichtlich mit dem Auto umgefahren und schwer verletzt hatte - das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Im Zusammenhang mit einem mutmaßlich geplanten Umsturz in Deutschland durch eine "Reichsbürger"-Gruppe um Prinz Reuß kam es ebenfalls Ende März in Reutlingen zu Schüssen auf das SEK Baden-Württemberg. Auch dabei wurde ein Polizist verletzt und auch dieses Ermittlungsverfahren wird inzwischen durch die Bundesanwaltschaft geführt.
/inland/gesellschaft/prozess-reichsbuerger-101.html
2023-04-05
Regierung streicht Boni bei der Credit Suisse
Schweizer Bundesrat
1000 Top-Banker der Credit Suisse müssen ganz oder teilweise auf Bonuszahlung verzichten. Das verfügte der Schweizer Bundesrat. Damit werde der "Verantwortung" der Manager für den Niedergang des Geldhauses Rechnung getragen. mehr
1000 Top-Banker der Credit Suisse müssen ganz oder teilweise auf Bonuszahlung verzichten. Das verfügte der Schweizer Bundesrat. Damit werde der "Verantwortung" der Manager für den Niedergang des Geldhauses Rechnung getragen. Der Führungsebene der Credit Suisse werden die Boni gestrichen. Rund 1000 Manager müssen teilweise oder ganz auf die Prämien verzichten. Das entschied die Schweizer Regierung - der Bundesrat. Damit werde der "Verantwortung" der Top-Manager für den Niedergang der angeschlagenen Bank Rechnung getragen, deren Zusammenbruch durch die Rivalin UBS verhindert worden war, erklärte der Bundesrat. Er ordnete zudem an, dass Boni bei der UBS künftig an risikobewusstes Management und die Nichtinanspruchnahme der Staatsgarantien geknüpft werden. Auch für 2023 entfallen die Prämien Bei der Credit Suisse verliert damit die Geschäftsleitung alle ausstehenden variablen Vergütungen. Die Boni der zweiten und dritten Führungsebene werden um je die Hälfte und ein Viertel gekürzt. Laut der Regierung verlieren die Manager so insgesamt zwischen 50 und 60 Millionen Schweizer Franken (50 bis 60 Millionen Euro) an Boni, die dem Vorjahr zuzurechnen sind. Für 2023 liegt noch keine Schätzung vor. Doch der Bundesrat legte bereits fest, dass den drei obersten Führungsetagen im Jahr 2023 auch alle anfallenden Prämien gestrichen oder gekürzt werden bis die Übernahme durch die UBS vollständig abgeschlossen sei. "Die Credit Suisse muss zudem prüfen, ob bereits ausbezahlte variable Vergütungen zurückgefordert werden können", hieß es aus Bern. Die Bank werde überdies verpflichtet, dem Finanzministerium und der Schweizer Finanzaufsicht Finma darüber Bericht erstatten. Die Betroffenen haben die Möglichkeit, gegen die Kürzungen vor dem Bundesverwaltungsgericht Beschwerde einzulegen. Milliardenschwere Rettungsaktion Das Schweizer Bankengesetz sieht vor, dass der Bundesrat auf die Vergütung bezogene Schritte ergreift, wenn eine systemrelevante Bank direkt oder indirekt staatliche Beihilfen bekommt. Genau dies ist bei der Credit Suisse der Fall. Sie geriet im März nach Skandalen und Geldabflüssen in dreistelliger Milliardenhöhe in eine Schieflage. Die Schweizer Regierung orchestrierte daraufhin eine Rettungsaktion: Durch einen Notverkauf an die Großbank UBS wurde das Geldhaus gerettet. Die UBS zahlt drei Milliarden Franken für die Credit Suisse. Bund und Schweizerische Nationalbank (SNB) unterstützen die Rettungsaktion mit Liquiditätshilfen von bis zu 100 Milliarden Schweizer Franken.
/wirtschaft/unternehmen/credit-suisse-manager-boni-103.html
2023-04-05
Mauer mit Banksy-Möwe abgebaut
Streetart-Künstler
Die Graffiti des Streetart-Künstlers Banksy in der ostenglischen Stadt Lowestoft sind ein Touristen-Magnet. Vor allem eine überdimensionierte Möwe an einer Hauswand lockte Menschen an. Doch nun ist beides weg. mehr
Die Graffiti des Streetart-Künstlers Banksy in der ostenglischen Stadt Lowestoft sind ein Touristen-Magnet. Vor allem eine überdimensionierte Möwe an einer Hauswand lockte Menschen an. Doch nun ist beides weg. Im ostenglischen Ort Lowestoft ist eine Mauer abgetragen worden, auf der sich ein Werk des Streetart-Künstlers Banksy befunden hatte. Die Gemeinde wusste nach eigener Aussage nichts von dem Abriss. Ein Sprecher sagte der BBC, das Mauerstück mit dem Kunstwerk sei über Nacht entfernt worden. Da sich das dazugehörige Gebäude in Privatbesitz befinde, habe die Gemeinde keine Handhabe gehabt und keine Informationen dazu, was der Eigentümer plane. Der Bürgermeister der Stadt, Alan Green, hatte noch vor Kurzem gesagt, ihm sei versichert worden, dass das Werk nicht entfernt werde. Die Mauer sei nur eingerüstet worden, um sie zu stabilisieren. Kunstwerk lockte Touristen nach Lowestoft Banksy hatte die überdimensionale Möwe 2021 auf die Hauswand gesprüht. Es wirkte, als würde sie sich auf den davorstehenden Müll-Container stürzen. Insgesamt waren drei Kunstwerke von dem mysteriösen Künstler in Lowestoft aufgetaucht. Der Stadt zufolge war die Möwe ein Anziehungspunkt für Touristen und hat Lowestoft auf nationaler Bühne zum Gesprächsthema gemacht. Banksy erlangte mit Schablonenkunst weltweite Bekanntheit. Anfangs war sie vorwiegend in und um die englische Stadt Bristol zu finden. Es wird daher vermutet, dass der Künstler aus Großbritannien stammt. Seinen bürgerlichen Namen sowie seine wahre Identität hält Banksy jedoch seit Jahren geheim. Zuletzt erhielt Banksy vor allem Aufmerksamkeit für Kunstwerke, die er auf zerstörten Gebäuden in der Ukraine hinterlassen hatte.
/kultur/banksy-graffiti-101.html
2023-04-05
Tote nach Tornado in Missouri
Unwetter in den USA
Über mehrere US-Bundesstaaten sind Stürme hinweggefegt und haben teilweise massive Zerstörungen verursacht. In Missouri gab es nach einem Tornado Tote und Verletzte. Behörden befürchten weitere Unwetter. mehr
Über mehrere US-Bundesstaaten sind Stürme hinweggefegt und haben teilweise massive Zerstörungen verursacht. In Missouri gab es nach einem Tornado Tote und Verletzte. Behörden befürchten weitere Unwetter. Nach einer Serie heftiger Stürme mit mindestens 26 Toten fegen in den USA erneut starke Unwetter über mehrere Bundesstaaten hinweg. Der US-Wetterdienst warnte vor starken Windböen und Hagelkörnern mit einem Durchmesser von bis zu fünf Zentimetern.  Tote und Verletzte in Missouri In Missouri richtete ein Tornado großflächige Zerstörungen an. Nach Behördenangaben wurden mindestens fünf Menschen getötet oder verletzt. Die Windhose sei am frühen Morgen durch ein ländliches Gebiet im Bezirk Bollinger gezogen, sagte Clark Parrott von der Autobahnpolizei. Zahlreiche Rettungskräfte seien im Einsatz. Sie müssten Kettensägen nutzen, um Bäume und Buschwerk zu entfernen und Wohnhäuser zu erreichen.  Der Nationale Wetterdienst bestätigte, dass es sich um einen Tornado gehandelt habe. Er habe auf dem Boden offenbar eine Strecke von 24 bis 32 Kilometern zurückgelegt, sagte der Meteorologe Justin Gibbs. Im Fulton County im Bundesstaat Illinois habe ein Tornado Gebäude und Strommasten beschädigt, teilte die örtliche Katastrophenschutzbehörde auf Facebook mit. Mehrere Menschen seien verletzt worden, über Tote sei zunächst nichts bekannt. Das örtliche Sheriffbüro berichtete auf Facebook von Gaslecks und herumliegenden Trümmern. Tausende Menschen waren nach Angaben der Seite "poweroutage.us" vorübergehend ohne Strom.  Weitere schwere Stürme vorausgesagt Die Stürme bedrohen eine Region, die bereit von den schweren Unwettern am Wochenende betroffen war. Laut dem Storm Prediction Center sind bis zu 40 Millionen Menschen in dem Gebiet zwischen Chicago, Indianapolis, Detroit und Memphis betroffen.  Am Wochenende waren infolge heftiger Wirbelstürme in mehreren US-Bundesstaaten mindestens 26 Menschen ums Leben gekommen, Dutzende wurden verletzt. Medien sprachen von einem seltenen "Monster-Sturmsystem", das sich vom Süden der USA bis in die Region der Großen Seen im Norden erstreckte. Experten führen die Häufung von Naturkatastrophen in den USA auch auf die Folgen des Klimawandels zurück.
/ausland/amerika/tornado-usa-115.html
2023-04-05
Ein historischer Tag in New York
Ex-US-Präsident Trump vor Gericht
Nun ist es offiziell: Erstmals ist ein ehemaliger US-Präsident angeklagt worden. Donald Trump erschien vor Gericht in Manhattan, wo die 34 Anklagepunkte gegen ihn verlesen wurden. Er plädierte - wie erwartet - auf "nicht schuldig". Von Peter Mücke.
Nun ist es offiziell: Erstmals ist ein ehemaliger US-Präsident angeklagt worden. Donald Trump erschien vor Gericht in Manhattan, wo die 34 Anklagepunkte gegen ihn verlesen wurden. Er plädierte - wie erwartet - auf "nicht schuldig". Es war ein historischer Tag in New York. Reporter, Kameraleute und Fotografen hatten sich seit den frühen Morgenstunden vor dem Gerichtsgebäude in Lower Manhattan in Position gebracht. Im Laufe des Vormittags versammeln sich auch Unterstützer und Gegner des Ex-Präsidenten in einem nahe gelegenen Park. Trump-Anhänger hatten seit Tagen zu Protesten aufgerufen. Zu den befürchteten Zusammenstößen kam es aber nicht - auch dank der massiven Polizeipräsenz. Dann, um 13:24 Uhr Ortszeit, der Moment, auf den alle gewartet hatten: Begleitet von einer Fahrzeug-Kolonne des Secret Service fährt Trump in einem schwarzen SUV vor. Er winkt kurz Schaulustigen zu und geht dann die letzten Schritte zu Fuß in das Gebäude. Trump soll in 34 Fällen Geschäftsunterlagen gefälscht haben Der Ex-Präsident gilt von diesem Moment an offiziell als "in Gewahrsam". Er wird jetzt erkennungsdienstlich behandelt, Fingerabdrücke werden genommen. Anschließend geht er in einen Gerichtssaal, wo ihm und seinen Anwälten die Anklage verlesen wird, was deutlich länger dauert als erwartet, fast eine Stunde. Der Vorwurf: Trump soll in 34 Fällen Geschäftsunterlagen gefälscht haben, sagt Oberstaatsanwalt Bragg anschließend in einer Pressekonferenz. Nach den Gesetzen des Bundesstaates New York ist es ein Verbrechen, Geschäftsunterlagen mit der Absicht zu fälschen, ein anderes Verbrechen zu verbergen. Genau darum geht es in diesem Fall. Es wurden 34 Mal falsche Angaben gemacht, um ein Verbrechen zu vertuschen. Das sind Straftaten in New York - egal, wer Sie sind. Auch wenn es sich um einen ehemaligen US-Präsidenten handelt. Noch nie war ein solcher in einem Strafprozess angeklagt worden. Im Kern geht es um die Schweigegeldzahlungen Trumps an einen Pornostar kurz vor der Präsidentschaftswahl 2016 - ausgeführt über seinen ehemaligen Anwalt Cohen und später deklariert als Anwaltshonorar. Die Beweise werden zeigen, dass Trump das tat, um Verbrechen im Zusammenhang mit der Wahl 2016 zu vertuschen. Trump, Cohen und andere haben 2015 ein 'chatch-and-kill'-Programm vereinbart - mit dem Ziel, negative Nachrichten über Trump zu identifizieren, zu kaufen und zu unterdrücken und so seine Chancen zu verbessern, die Wahl zu gewinnen. Das war ein Verstoß gegen die Wahlkampf-Gesetze im Bundesstaat New York, so Bragg. Mit dem Schweigegeld habe Trump die Integrität der Präsidentschaftswahlen untergraben. Trump plädiert erwartungsgemäß auf "nicht schuldig" Der Prozess gegen Trump könnte Anfang kommenden Jahres beginnen, erklärte der zuständige Richter Juan Merchan. Er warnte Trump auch vor weiteren hetzerischen Internet-Posts. Der Ex-Präsident erklärte sich erwartungsgemäß in allen Anklagepunkten für "nicht schuldig" und verließ New York - anders als angekündigt, ohne sich noch einmal vor der Presse zu äußern. Dafür meldeten sich seine Anwälte zu Wort: "Der Bezirksstaatsanwalt hat aus einer eigentlich politischen Angelegenheit eine politische Anklage gemacht", so Todd Blanche. "Ich hätte nicht erwartet, dass das in diesem Land passiert, gegen jemanden, der Präsident der Vereinigten Staaten war. Das ist wirklich enttäuschend und traurig. Und wir werden dagegen kämpfen." Er und seine Kollegen dürften nun versuchen, in den jetzt folgenden Anhörungen den Prozess zu verzögern. Trump selbst ließ sich nach dem historischen Gerichtstermin, bei dem er auf den wenigen veröffentlichten Bildern mit grimmigem Gesichtsausdruck zu sehen ist, direkt zum Flughafen fahren, um mit dem Privatjet zurück nach Mar-a-Lago zu fliegen.
/ausland/amerika/trump-anklage-125.html
2023-04-05
Trump beteuert seine Unschuld
Nach Anklageverlesung
Der frühere US-Präsident Trump hat die gegen ihn erhobene Anklage in einer Schweigegeldaffäre als "Beleidigung unseres Landes" bezeichnet. Nach der Rückkehr von seinem Gerichtstermin in New York hielt er vor Anhängern eine Wahlkampfrede. mehr
Der frühere US-Präsident Trump hat die gegen ihn erhobene Anklage in einer Schweigegeldaffäre als "Beleidigung unseres Landes" bezeichnet. Nach der Rückkehr von seinem Gerichtstermin in New York hielt er vor Anhängern eine Wahlkampfrede. Der frühere US-Präsident Donald Trump hat die gegen ihn erhobene Anklage in einer Schweigegeldaffäre als "Beleidigung unseres Landes" bezeichnet. "Ich hätte nie gedacht, dass so etwas in Amerika passieren könnte", sagte Trump am Abend (Ortszeit) bei einer Rede vor zahlreichen Anhängern in seiner Privatresidenz Mar-a-Lago im Bundesstaat Florida. "Das einzige Verbrechen, das ich begangen habe, ist es, furchtlos unsere Nation vor jenen verteidigt zu haben, die unser Land zerstören wollen." Den leitenden Oberstaatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg, bezeichnete Trump in seiner 25-minütigen Rede als "Verbrecher". Der zuständige New Yorker Richter Juan Merchan würde ihn "hassen", sagte der 76-jährige Republikaner, der bei der Präsidentschaftswahl 2024 erneut antreten will. Trump spricht von "fake" Im Hinblick auf seine Kandidatur bezeichnete Trump die jurisischen Vorwürfe als Eingriff in die kommenden Präsidentschaftswahlen. Die Anklage bezeichnete der 76-Jährige als jüngsten Fall von Angriffen auf ihn durch "betrügerische Ermittlungen". Unter anderem verwies er auf die zwei Amtsenthebungsverfahren während seiner Präsidentschaft. Der Fall in New York sei "fake", werde nur vorgebracht, um die Präsidentschaftswahlen 2024 zu stören und müsse unverzüglich fallen gelassen werden, forderte er. Schon auf dem Rückflug nach Florida hatte Trump auf seiner Social Media Plattform "Truth Social" kundgetan, die Anhörung vom Dienstag sei dahingehend für viele schockierend gewesen, dass es keine "Überraschungen" und damit keinen Fall gegeben habe. "Praktisch jeder Rechtsexperte hat gesagt, dass es hier keinen Fall gibt. Es wurde nichts Illegales getan!", behauptete Trump ohne Belege und ignorierte dabei die überwältigende Zahl an Rechtsexperten in den USA, die die Anklage gegen Trump nicht nur als legitim betrachten, sondern die Vorwürfe auch als durchaus schwerwiegend und gehaltvoll einschätzen. Trump sieht sich erneut als Opfer Stunden vor seiner Wahlkampfrede war in New York die Anklage gegen Trump im Zuge einer Schweigegeldzahlung von 130.000 Dollar (rund 120.000 Euro) an den Pornostar Stormy Daniels vor der Präsidentschaftswahl 2016 veröffentlicht worden. Trump wurde in 34 Punkten wegen der Fälschung von Geschäftsunterlagen angeklagt. Der Ex-Präsident plädierte vor Gericht in allen Punkten auf nicht schuldig. Trump ist der erste Ex-Präsident der US-Geschichte, der sich einem Strafverfahren stellen muss. Der Rechtspopulist hat alle Vorwürfe wiederholt bestritten und bezeichnet sich als Opfer einer politisch motivierten "Hexenjagd".
/ausland/amerika/trump-wahlkampfveranstaltung-105.html
2023-04-05
Mehr Abstand oder Annäherung?
Von der Leyen und Macron in China
Es ist eine schwierige Reise nach China für Frankreichs Staatschef Macron und EU-Kommissionschefin von der Leyen. Auch, weil die beiden sich von ihrem Besuch wohl Unterschiedliches versprechen. Von Helga Schmidt.
Es ist eine schwierige Reise nach China für Frankreichs Staatschef Macron und EU-Kommissionschefin von der Leyen. Auch, weil die beiden sich von ihrem Besuch wohl Unterschiedliches versprechen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen schätzen einander. Ihnen wird in Brüssel ein störungsfreies politisches Verhältnis nachgesagt. Man kennt sich, man vertraut sich. Das dürfte ein Grund sein, weshalb beide zusammen nach China reisen. Gemeinsam wollen sie versuchen, den starken Mann in Peking, Staats- und Parteichef Xi Jinping, dazu zu bewegen, dass er seinen Einfluss auf Russlands Präsidenten Wladimir Putin nutzt - für eine Friedenslösung in der Ukraine. Allerdings sind die Hoffnungen bei Macron deutlich größer, von der Leyen ist eher skeptisch. Noch in der vergangenen Woche warnte sie vor Illusionen. "Wir haben eine Freundschaftsshow gesehen", sagte sie, als sie auf den Besuch von Xi bei Putin zu sprechen kam. Keine Illusionen über Chinas Ziele Von der Leyen hat kein Interesse, als Bittstellerin nach Peking zu fahren. Das machte sie kurz vor der Abreise deutlich, in einer chinapolitischen Grundsatzrede, die fast nichts ausließ, was sich in Brüssel an Ernüchterung über Pekings Kurs angestaut hat. Zum Beispiel, dass China sich weigert, klar Position gegen den Ukraine-Krieg zu beziehen. Klartext auch bei der Frage, welche Ziele China im Verhältnis zur Europäischen Union und zum Rest der Welt verfolge. Es gehe Peking darum, "China weniger abhängig von der Welt zu machen und die Welt abhängiger von China zu machen". Auch sei offensichtlich, dass Xi sein Land "zur mächtigsten Nation der Welt machen will". Auch beim Thema der Menschenrechtsverletzungen wurde von der Leyen konkret: Die Situation in der Provinz Xinjiang biete Anlass zu großer Sorge. In der Provinz lebt die Minderheit der muslimischen Uiguren. Sie werden mit Umerziehungsmaßnahmen drangsaliert, es gibt Berichte über Zwangsarbeit. In der Region produziert der Volkswagen-Konzern Autos - der Hinweis der Kommissionschefin war unüberhörbar. Dass deutsche Konzerne trotz wachsender Risiken im vergangenen Jahr so viel in China investiert haben wie nie zuvor - rund 11,5 Milliarden Euro - sieht Brüssel mit Sorge. Deutschland ist EU-Spitzenreiter beim Handelsvolumen "Frau von der Leyens Kurs stärkt nun all jene in Deutschland, die für eine deutlich taffere Politik gegenüber China eintreten - eine Politik, die die Risiken in den Vordergrund stellt." Zu dieser Einschätzung kommt Tim Rühlig von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Der China-Experte hält es für richtig, dass die EU die Risiken des China-Handels offen benennt und auch für staatliche Kontrollen eintritt, etwa bei Investitionen in sensiblen Bereichen wie der künstlichen Intelligenz. "Es gibt vor allem einige große Industrieunternehmen in Deutschland, die das sicherlich nicht besonders gutheißen werden", so Rühlig. Viele Mittelständler hätten sich dagegen schon längst umorientiert. Risikominderung ist das Ziel der EU-Kommissionspräsidentin in der China-Politik. Dabei geht es ihr nicht darum, den Handel mit China grundsätzlich infrage zu stellen, sondern um den gezielten Abbau ökonomischer Abhängigkeiten. Deutschland würde das an erster Stelle betreffen, denn das deutsche Handelsvolumen ist um ein Vielfaches größer als das aller anderen großen EU-Länder, inklusive Frankreich. Frankreich setzt eigene Wirtschaftsinteressen in den Fokus Die Frage ist, wie sich von der Leyens kritischer Blick auf das China-Geschäft mit den etwas anders klingenden Reisezielen des französischen Präsidenten verträgt. Er wird die Interessen der französischen Wirtschaft verteidigen, das kündigte der Elysée-Palast in einer Presseerklärung an. Mehr als 50 Unternehmer nimmt Macron nach China mit. Das sieht eher nach einer Ausweitung des französischen China-Geschäfts aus. Wichtig fürs Protokoll ist noch: Es war Macron, der von der Leyen eingeladen hat, mitzureisen - nicht umgekehrt. Vermutlich wolle der französische Präsident damit ein europäisches Signal senden, so China-Experte Rühlig. Aber er hat noch eine andere Erklärung: "Das ist auch ein kleiner Seitenhieb gegen den Bundeskanzler." Olaf Scholz hatte Macron im vergangenen Jahr bekanntlich abblitzen lassen bei dem Vorschlag, zu zweit nach China zu reisen.
/ausland/eu-china-reise-macron-vonderleyen-101.html
2023-04-05
Material für Benin-Bronzen kam aus Deutschland
Skulpturen aus Afrika
Erst kürzlich wurden zahlreiche Benin-Bronzen zurück nach Nigeria gegeben, ihrem Herkunftsland. Die Rohstoffe für die Skulpturen stammen jedoch aus dem Rheinland, wie eine Studie zeigt. Von dort nahmen sie einen abenteuerlichen Weg nach Afrika. mehr
Erst kürzlich wurden zahlreiche Benin-Bronzen zurück nach Nigeria gegeben, ihrem Herkunftsland. Die Rohstoffe für die Skulpturen stammen jedoch aus dem Rheinland, wie eine Studie zeigt. Von dort nahmen sie einen abenteuerlichen Weg nach Afrika. Das Material für viele Benin-Bronzen stammt aus dem Rheinland zwischen Köln und Aachen. Das hat eine Untersuchung von Bleiisotopen in Manillen - Armreifen aus Messing - ergeben. Sie wurden früher oft für die Herstellung der Benin-Bronzen eingeschmolzen. Das ist das Ergebnis einer Studie von Forschern der Technischen Hochschule Georg Agricola in Bochum, die in der Fachzeitschrift "Plos One" erschienen ist. Handelsvertrag mit Fuggern Ein Vertrag der deutschen Kaufmannsfamilie Fugger mit dem portugiesischen König aus dem Jahr 1548 über die Lieferung von Manillen macht die Analyseergebnisse plausibel. "Die rheinischen Manillen wurden dann über 6300 Kilometer nach Westafrika transportiert", sagte Studienautor Tobias Skowronek laut Mitteilung des Fachjournals. Bekannt war bisher, dass die sehr gleichförmigen Bleiisotopen-Verhältnisse in vielen der Benin-Bronzen auf eine einzelne Hauptmaterialquelle hindeuten. Auch die Verwendung von Manillen, die in Westafrika als Zahlungsmittel gebräuchlich waren, für die Kunstwerke aus Metall aus dem Königreich Benin, war geklärt. Zahlreiche Manillen untersucht Isotope sind Atome eines Elements, die eine gleiche Anzahl von Protonen und Elektronen haben, sich jedoch in der Anzahl von Neutronen unterscheiden. Nachweisen kann man diese mithilfe eines Massenspektrometers. Für die Untersuchung standen den Wissenschaftlern 67 Manillen aus fünf Schiffwracks zur Verfügung, die auf das 16. bis 19. Jahrhundert datiert wurden. Die Wracks lagen in afrikanischen, europäischen und amerikanischen Gewässern des Atlantiks. Weitere Manillen stammten aus Schweden, Ghana und Sierra Leone. Skowronek und seine Kollegen untersuchten zum einen Bleiisotopen-Verhältnisse, zum anderen den Anteil von Spurenelementen, wie Antimon, Nickel, Arsen und Eisen. Trotz der Bezeichnung Benin-Bronzen bestehen die meisten der Kunstwerke aus Messing, das vor allem Kupfer und Zink, oft aber auch Blei, Zinn und weitere Elemente enthält. Die räumliche Zuordnung der Rohstoffe gelang über ein Register: "Wir haben hier am Deutschen Bergbaumuseum eine Datenbank, die etwa 12.000 Bleiisotopenverhältnisse von Lagerstätten aus der ganzen Welt enthält. Sowohl die frühen Manillen als auch die daraus hergestellten Benin-Bronzen weisen erstaunliche Ähnlichkeit mit den Blei-Zinkerz-Lagern im Rheinland auf", so Skowronek gegenüber tagesschau.de. Grundlage vieler Bronzen Von den Benin-Bronzen existieren laut dem Materialforscher bereits 700 chemische und etwa 200 Bleiisotopendaten, daher mussten die Skulpturen nicht extra untersucht werden. Da diese Daten aus verschiedenen internationalen Museen stammen, sei es statistisch gesehen sehr wahrscheinlich, dass im Großteil aller Skulpturen Material aus dem Rheinland steckt. Es gab schon vorher den Verdacht, es könne Material aus Deutschland nach Westafrika gelangt sein. Dass dies über die Manillen geschah, konnte aber laut den Forschern nicht bewiesen werden. "Was mich überrascht hat, war die außerordentliche Homogenität der Bleiisotopendaten der Benin-Bronzen - das deutet darauf hin, dass die Lagerstätten im Rheinland über viele Jahrhunderte für die Messingversorgung Westafrikas ausgebeutet wurden", so Skowronek. Messing aus dem Rheinland begehrt Manillen wurden in Europa fast ausschließlich für den Handel mit Afrika hergestellt. Vom 15. Jahrhundert an waren es vor allem Portugiesen, die mit westafrikanischen Völkern Handel betrieben, später kamen anderen Kolonialmächte hinzu. Die teilweise mehrere Kilogramm schweren Armreife wurden vor allem als Währung im Sklavenhandel eingesetzt. Historischen Quellen zufolge waren afrikanische Händler sehr wählerisch, was die Qualität der Manillen anging. Dass sie Messing aus dem Rheinland bevorzugten, könnte an dem relativ hohen Bleigehalt (bis zu 14 Prozent des Gewichts) gelegen haben. "Blei in Messing führt zu einer leicht fließenden Legierung und verringert die Porosität, wodurch die Legierung besser zum Gießen geeignet ist", schreiben die Studienautoren. Wichtig, um Fälschungen zu erkennen Stefan Simon, Direktor des Rathgen-Forschungslabors der Staatlichen Museen zu Berlin, ist sehr angetan von der Studie. Sie sei ein großer Schritt zur Aufklärung der Frage, wie das Rohmaterial nach Benin kam. Für sein Labor war es vor allem wichtig, anhand der Materialzusammensetzung Fälschungen zu erkennen. Denn nach der sensationellen Entdeckung der Benin-Bronzen 1897 durch die Briten seien immer wieder Nachahmungen auf den Kunstmarkt gelangt. Auch die Altersbestimmung war wichtig. Lars-Christian Koch, Direktor des Ethnologischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin, geht davon aus, dass die Erkenntnisse aus der Studie die Debatte um die Rückgabe der Benin-Bronzen an Nigeria nicht sehr verändern wird. Schon zuvor gab es von manchen Seiten Kritik an der Rückgabe, unter anderem, weil die Manillen auch im Sklavenhandel eingesetzt wurden. "Für uns ist wichtig, dass wir neue Forschungsansätze zusammen mit unseren Partnern in Nigeria verfolgen", sagt Koch. Denn auch naturwissenschaftliche Analysen seien zur Interpretation auf ethnologische und andere geisteswissenschaftliche Erkenntnisse sowie auf historische Quellen und Überlieferungen angewiesen.
/wissen/forschung/benin-bronzen-material-rheinland-101.html
2023-04-05
"Zwischen uns gibt es keine Tabuthemen"
Selenskyj in Polen
Zum ersten Mal ist der ukrainische Präsident Selenskyj zu einem Staatsbesuch nach Polen gereist. Kein anderes Land in Europa engagiert sich so für die Ukraine - auch militärisch. In Kürze sollen weitere "MiG-29"-Kampfjets übergeben werden. Von Martin Adam. mehr
Zum ersten Mal ist der ukrainische Präsident Selenskyj zu einem Staatsbesuch nach Polen gereist. Kein anderes Land in Europa engagiert sich so für die Ukraine - auch militärisch. In Kürze sollen weitere "MiG-29"-Kampfjets übergeben werden. Schon als die schwarze Limousine mit dem ukrainischen Präsidentenpaar in Warschau vorfuhr, war klar: Das wird kein gewöhnlicher Staatsbesuch, nicht einfach freundliches Händeschütteln zweier Staatschefs im Frieden. Vor dem Präsidentenpalast warteten der polnische Präsident Andrzej Duda, seine Frau und Vertreter der Regierung - in Anzug und Krawatte. Auf der anderen Seite stand die ukrainische Delegation - in Tarnfleck, Olivgrün, Funktionskleidung. Der ukrainische Präsident Wolodomy Selenskyj reiste aus dem Krieg an. Er kam nicht das erste Mal nach Polen, aber nach mehreren informellen Treffen zum ersten offiziellen Staatsbesuch in Warschau. Duda verspricht weitere "MiG-29"-Kampfjets Duda empfing seinen Gast mit militärischen Ehren und der höchsten militärischen Auszeichnung, die Polen zu bieten hat: dem Orden des weißen Adlers. "Es besteht kein Zweifel, dass Sie, Herr Präsident, Du, lieber Wolodymyr, ein absolut außergewöhnlicher Mensch bist", sagte er. "Du hast weder die Ukraine noch Deine Landsleute in der schwierigsten Situation verlassen, in die ihr in der Geschichte der Ukraine gekommen seid." Selenskyj antwortete, wie so oft seit dem russischen Angriff, mit einer Dankesrede. Sie galt besonders der militärischen Hilfe, die Polen leistet. So hat die Regierung in Warschau inzwischen acht "MiG-29"-Kampfjets geschickt. Laut Duda werden überdies sechs weitere "MiG-29" für die Übergabe vorbereitet. Die restlichen "MiG-29"-Jets blieben vorerst noch im Dienst der polnischen Streitkräfte, sagte Duda. Erst wenn sie sukzessive durch moderne Kampfflugzeuge ersetzt würden, die Polen bereits in Südkorea und den USA bestellt habe, könnten auch diese Maschinen der Ukraine überlassen werden. Massaker an polnischer Bevölkerung Selenskyj bedankte sich auch für die Aufnahme von gut 1,5 Millionen Geflüchteten. Und dann sagte der ukrainische Präsident einen für Polen sehr wichtigen Nebensatz: "Ich bin überzeugt, dass ist der Beginn einer Zeit, in der es zwischen Polen und der Ukraine keine Grenzen geben wird - keine politischen, keine ökonomischen und vor allem keine historischen." Denn auch wenn der Krieg und die kompromisslose polnische Solidarität mit der Ukraine darüber hinwegtäuschen: Das Verhältnis beider Staaten ist belastet. Im Zweiten Weltkrieg hatten ukrainische Nationalisten Massaker verübt an der polnischen Zivilbevölkerung - ein politisch bisher kaum aufgearbeitetes Kapitel. Polen will beim Wiederaufbau helfen Bei der gemeinsamen Pressekonferenz zeigte sich Duda zufrieden. "Es gibt also zwischen uns keine Tabuthemen. Heute haben wir auch die wichtigen historischen Fragen besprochen, die in vielen Familien häufig noch offene Wunden sind." Nahtlos leitete er dann in die Zukunft über. Denn Duda will über die Ukraine nach dem Krieg sprechen, nach dem Sieg, wie er betonte. Das Land werde besser, schöner und moderner als vor dem Angriff sein und Polen soll seinen Anteil am Wiederaufbau haben: "Das ist für uns sehr wichtig." Selenskyj bekundet Freundschaft Polen sei heute der wichtigste wirtschaftliche Partner der Ukraine. "Wir hoffen, dass dies auch in der Zukunft so bleibt", sagte Duda. Er habe den Gästen gesagt, dass er daran glaube, dass sich die ukrainische Wirtschaft auch in Zukunft in Richtung Westen orientieren werde. In Warschau ist durchaus registriert worden, dass Selenskyj eben erst Besuch von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte - in Begleitung einer deutschen Wirtschaftsdelegation. Aber Selenskyj beruhigte: Für die Ukraine sei Polen nicht nur ein Partner, sondern ein Freund, einer für Jahrhunderte.
/ausland/europa/polen-ukraine-selenskyj-besuch-101.html
2023-04-05
++ Selenskyj: Polen und Ukraine sind Freiheitsgaranten ++
Krieg gegen die Ukraine
Der ukrainische Präsident Selenskyj sieht das polnisch-ukrainische Bündnis als Garanten für die Freiheit Osteuropas. Die NATO plant mit einer neuen Initiative den Weg der Ukraine zu einer geplanten Mitgliedschaft zu ebnen. Alle Entwicklungen im Liveblog. mehr
Der ukrainische Präsident Selenskyj sieht das polnisch-ukrainische Bündnis als Garanten für die Freiheit Osteuropas. Die NATO plant mit einer neuen Initiative den Weg der Ukraine zu einer geplanten Mitgliedschaft zu ebnen. Alle Entwicklungen im Liveblog. Neue NATO-Initiative soll Ukraine Weg zum Beitritt ebnenPolen: Ukraine bereits acht Kampfjets geliefert - weitere sollen folgenRussland kooperiert bei AKW SaporischschjaSelenskyj zu Besuch in Warschau eingetroffenVor China-Besuch: Frankreichs Präsident Macron spricht mit BidenSpanien will Leopard-Panzer im April auf den Weg bringen Selenskyj: Polen und Ukraine garantieren Freiheit in Osteuropa Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht das enge polnisch-ukrainische Bündnis als Eckstein bei der Befreiung der Länder Osteuropas vom russischem Imperialismus. Das sagte er am Abend in einer Rede am Warschauer Königsschloss. "Wenn wir mit euch zusammen frei sind, ist das die Garantie, dass die Freiheit stark sein wird bei allen unseren Nachbarländern, den Nachbarn der Europäischen Union - Rumänien, der Slowakei, Litauen und anderen Ländern des Baltikums", sagte Selenskyj. Und er fügte hinzu: "Wenn wir frei sind, ist das die Garantie, dass die Freiheit sich auch in Moldau behauptet und Georgien nicht verlässt und unbedingt nach Belarus kommt." In Georgien im Südkaukasus hatte es zuletzt Proteste gegen die Regierung gegeben, die eine Gängelung der Zivilgesellschaft wie in Russland einführen wollte. Belarus ist unter Staatschef Alexander Lukaschenko eng mit Moskau verbündet und in den Angriffskrieg gegen die Ukraine eingebunden. Ukrainisches Kleinflugzeug in Russland abgestürzt Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat nach Angabe der Nachrichtenagentur AFP den Absturz eines ukrainischen Kleinflugzeugs in Russland und die Festnahme des Piloten bekanntgegeben. Wie die staatliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti unter Berufung auf den FSB berichtete, sei das Flugzeug am Mittwoch in der Region Brjansk an der Grenze zur Ukraine abgestürzt. Der ukrainische Pilot habe versucht, auf ukrainisches Gebiet zu fliehen, sei aber von Grenzschützern festgenommen worden. Die Ursache des Flugzeugabsturzes nahe der Ortschaft Butowsk ist dem Bericht zufolge noch unklar. Eklat während Sitzung des UN-Sicherheitsrats Bei einer von Russland angesetzten Sitzung des UN-Sicherheitsrats zur Ukraine haben die Vertreter mehrerer Länder den Saal verlassen, als die mit einem internationalen Haftbefehl gesuchte russische Kinderrechtsbeauftragte per Video zugeschaltet wurde. Als Maria Lwowa-Belowa heute auf dem Bildschirm erschien und eine "Diskreditierungskampagne" gegen ihr Land anprangerte, verließen die Vertreter der USA, Großbritanniens, Maltas und Albaniens den Raum.  Die ukrainischen Behörden werfen Russland vor, seit Kriegsbeginn vor mehr als einem Jahr mehr als 16.000 ukrainische Kinder verschleppt zu haben. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hatte wegen der Verschleppung der Kinder Mitte März Haftbefehle gegen Russlands Präsident Wladimir Putin und Lwowa-Belowa erlassen. Etwa 50 Länder, darunter neben den USA und Großbritannien auch Deutschland und die Ukraine, warfen Russland in einer gemeinsamen Erklärung vor, "seine Befugnisse und Privilegien als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates zu missbrauchen", um Desinformationen über die "weitverbreiteten Entführungen und illegalen Zwangsumsiedlungen Tausender ukrainischer Kinder zu verbreiten". Dem UN-Sicherheitsrat gehören 15 Staaten an. Russland hat in dem mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen seit Samstag turnusgemäß den monatlich rotierenden Vorsitz inne.  Versicherer verlängert Nord-Stream-1-Police nicht Allianz will die Versicherungspolice für die stark beschädigte Gasleitung Nord Stream 1 nicht erneuern. Die Police laufe Ende 2023 aus und die Allianz wolle sie nicht verlängern, erklärte der Dax-Konzern. Die Versicherung sei vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine für einen Zeitraum von zwei Jahren abgeschlossen worden. Da es sich bei den vertraglichen Details um vertrauliche Angelegenheiten zwischen der Allianz und den Kunden handele, könne sich der Konzern nicht weiter äußern. Ukraine kauft Radpanzer von Polen Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki haben einen Vorvertrag über den Kauf neuer polnischer Radschützenpanzer unterzeichnet. "Wir wissen, wie wichtig die Freiheit ist, und deshalb unterstützen wir die kämpfenden ukrainischen Soldaten", sagte Morawiecki Morawiecki hatte vor ein paar Tagen angekündigt, dass die Ukraine hundert Radschützenpanzer bestellen wolle. Der Auftrag wird demnach mit EU-Geldern für Polen und US-amerikanischen Hilfen für die Ukraine finanziert. Der Preis für die Bestellung und der geplante Zeitplan für die Auslieferung der Radschützenpanzer wurden nicht genannt. Lettland führt Wehrpflicht wieder ein Lettland wird als Reaktion auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine den Wehrdienst wieder einführen. Das Parlament des baltischen EU- und NATO-Landes beschloss in Riga die dazu notwendigen Gesetzesänderungen. Der Wehrdienst soll demnach von Mitte 2023 an schrittweise wieder eingeführt werden - zunächst auf freiwilliger Basis, vom kommenden Jahr dann in verpflichtender Form. Zuvor hatte Lettland die Wehrpflicht 2007 abgeschafft. Stoltenberg: Waffen von China an Russland wären "historischer Fehler" Waffenlieferungen von China an Russland wären aus Sicht der NATO ein historischer Fehler. "Wir beobachten sehr genau, was China tut", sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel. "Die Alliierten waren deutlich, dass jede tödliche Unterstützung Chinas für Russland ein historischer Fehler mit weitreichenden Folgen wäre." Welche Konsequenzen dies wären, wollte Stoltenberg auf Nachfrage nicht konkretisieren. Bisher gebe es keine Bestätigung für derlei Waffenlieferungen, sagte der Norweger. Neue NATO-Initiative soll Ukraine Weg zum Beitritt ebnen Die NATO will der Ukraine mit einem neuen Unterstützungsprogramm den Weg zu einer geplanten Mitgliedschaft ebnen. Die auf mehrere Jahre angelegte Initiative soll dem Land die Anpassung an Bündnisstandards erleichtern und eine nahtlose Zusammenarbeit mit der NATO ermöglichen, wie Generalsekretär Jens Stoltenberg nach dem NATO-Außenministertreffen in Brüssel erklärte. Es sei eine klares Zeichen, dass die NATO ihre Unterstützung langfristig fortsetze. Eine genaue zeitliche Perspektive für den Beitritt der Ukraine und das Programm gab Stoltenberg nicht. Er sagte lediglich, es sei die Position der NATO, dass die Ukraine Mitglied werde. Einen Beitritt der Ukraine in Kriegszeiten schloss Stoltenberg aber indirekt aus. So verwies er darauf, dass es eine Voraussetzung für die Mitgliedschaft sei, dass die Ukraine den Krieg als demokratische unabhängige Nation überstehe. UEFA: Ausschluss von Belarus noch nicht entschieden Belarusische Mannschaften dürfen vorerst weiter an Wettbewerben der Europäischen Fußball-Union UEFA teilnehmen. Das UEFA-Exekutivkomitee habe zwar über einen möglichen Ausschluss gesprochen, es sei aber keine Entscheidung getroffen worden, sagte UEFA-Präsident Aleksander Ceferin nach dem Kongress des Kontinentalverbandes. Beschlossen wurde nur, dass Belarus nicht Ausrichter der U19-EM der Frauen 2025 sein könne. Die Situation werde weiter beobachtet und solle erneut im Komitee besprochen werden, sagte Ceferin. Zuletzt hatte eine Gruppe von mehr als 100 EU-Parlamentariern gefordert, wegen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine nicht nur Mannschaften aus Russland auszuschließen, sondern auch aus Belarus. Selenskyj: Russen kontrollieren Bachmut trotz schwieriger Lage nicht In der umkämpften ostukrainischen Stadt Bachmut ist die Situation nach Einschätzung von Präsident Wolodymyr Selenskyj weiter "sehr, sehr schwer". "Dort wird die größte Zahl verschiedener Waffen wie Artillerie eingesetzt", sagte er bei einer Pressekonferenz in Warschau. Die Situation hinsichtlich verfügbarer Munition ändere sich täglich und die ukrainischen Truppen kämpften mit unterschiedlichem Erfolg, sagte er. "Doch wir befinden uns in Bachmut und der Feind kontrolliert Bachmut nicht", unterstrich Selenskyj. Selenskyj widersprach damit auch jüngsten Äußerungen aus Russland. Der Chef der in Bachmut kämpfenden Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hatte behauptet, seine Einheiten hätten Bachmut "rechtlich" eingenommen, weil sie das Gebäude der Stadtverwaltung kontrollierten. Die Angaben der Konfliktparteien können derzeit nicht unabhängig überprüft werden. Putin wirft USA Einmischung in interne Angelegenheiten vor Russlands Präsident Wladimir Putin wirft den USA vor, deren Unterstützung für die Proteste in der Ukraine 2014 hätten zur gegenwärtigen Situation geführt. Russland habe seine auswärtigen Beziehungen dagegen immer auf das Prinzip der Nichteinmischung in interne Angelegenheiten gegründet, sagte er dem US-Botschafter bei einem Empfang von Diplomaten in Moskau. Die Beziehungen zu den USA befänden sich in einer tiefen Krise, auch die Beziehungen zu der EU hätten sich verschlechtert. Polen: Ukraine bereits acht Kampfjets geliefert Polen will der Ukraine insgesamt 14 Kampfjets vom Typ MiG-29 zur Verfügung stellen. Nach Angaben von Präsident Andrzej Duda lieferte Polen bereits acht Jets: Vier der Maschinen habe man Kiew "im Verlauf der vergangenen Monate" überlassen, vier weitere seien "kürzlich" geliefert worden, sagte Duda in Warschau nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Darüber hinaus würden derzeit noch sechs MiG-29 für die Übergabe vorbereitet, sagte er. "Wir gehen davon aus, dass sie bald geliefert werden." Zu späte Waffenlieferungen? Regierung widerspricht Habeck Regierungssprecher Steffen Hebestreit hat betont, dass die Bundesregierung den Zeitpunkt der Waffenlieferung an die Ukraine für richtig halte. Auf die Frage, ob sich Kanzler Olaf Scholz wie Vizekanzler Robert Habeck für den späten Zeitpunkt der Lieferungen schäme, sagte Hebestreit: Die Bundesregierung sei fest der Auffassung, dass "immer das Richtige immer zum richtigen Zeitpunkt" getan worden sei. "Es ist alles sehr gut abgestimmt gewesen." Man habe der Ukraine helfen wollen, sich aber gleichzeitig mit Partnern abstimmen und eine direkte Auseinandersetzung der NATO mit Russland vermeiden müssen. Habeck hatte bei einem Besuch in der Ukraine im Gespräch unter anderem mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit Blick auf die Waffenlieferungen gesagt: "Ich schäme mich zutiefst, dass es zu spät war." Macron sieht China als Vermittler Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sieht für China wegen dessen enger Beziehung zu Russland eine "bedeutende Rolle" bei der Suche nach einer Friedenslösung für die Ukraine. Der im Februar vorgelegte chinesische Friedensplan zeige den "Willen, sich für eine Lösung des Konflikts zu engagieren", sagte Macron zu Beginn seines dreitägigen Staatsbesuchs in Peking. "China hat sein Bekenntnis zur Charta der Vereinten Nationen bekräftigt, und dazu zählen auch territoriale Einheit und Souveränität", betonte Macron. Er warnte davor, "die großen wirtschaftlichen Blöcke voneinander zu trennen", und plädierte für eine Beziehung "mit viel Freundschaft, Offenheit, aber auch einem Sinn für Verantwortung". Russland unterstützt Schutzzone um AKW Saporischschja Russland will nach eigenen Angaben die Forderung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) nach einer Schutzzone um das Atomkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine unterstützen. Moskau sei bereit, an der Umsetzung der Initiative von IAEA-Chef Rafael Grossi mitzuarbeiten, teilte die staatliche russische Atombehörde Rosatom nach einem Treffen ihrer Vertreter mit Grossi mit. Der Argentinier bemüht sich, mittels einer Pendeldiplomatie zwischen Russland und der Ukraine eine Lösung für das von Moskau besetzte Atomkraftwerk zu erreichen. Die IAEA versucht seit Monaten, um das Gelände der Nuklearanlage eine Schutzzone einzurichten, um die Gefahr einer atomaren Katastrophe zu bannen. Grossi selbst war bereits zweimal im Kernkraftwerk - zuerst im September letzten Jahres, nun noch einmal Ende März. In der Ukraine sprach er dabei in der vergangenen Woche auch mit Präsident Wolodymyr Selenskyj, in Kaliningrad traf er eigenen Angaben nach"hochrangige Vertreter verschiedener Behörden". Er habe dabei noch einmal auf die Dringlichkeit einer Lösung für das Kraftwerk hingewiesen. Türkischer Außenminister will mit Lawrow sprechen Der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu will mit dem russischen Ressortchef Sergej Lawrow über den Krieg gegen die Ukraine sprechen. Das kündigte Cavusoglu in Istanbul an. Zugleich äußerte er sich besorgt darüber, dass sich die beiden Kriegsparteien jeweils auf neue Angriffe vorbereiteten. UNESCO sichert Ukraine weitere Unterstützung zu Die UN-Kulturorganisation UNESCO hat der Ukraine weitere Unterstützung zugesichert. "Seit den ersten Tagen des Krieges stand die UNESCO an der Seite des ukrainischen Volkes, um dabei zu helfen, die Kultur, das Kulturerbe, die Bildung und die Sicherheit von Journalisten zu schützen", sagte UNESCO-Generalsekretärin Audrey Azoulay bei einer zweitägigen Ukraine-Reise in Kiew, wie die UNESCO mitteilte. Über einen Notfallplan von gut 27 Millionen Euro seien Material zum Schutz von Denkmälern und Kunstwerken sowie 50.000 Computer zur Ermöglichung von Distanzunterricht geliefert worden. In den nächsten Wochen werde die UNESCO über neun Millionen Euro für den Bildungsbereich mobilisieren. Damit solle vor allem die psychosoziale Unterstützung für Schülerinnen und Schüler in den Schulen verstärkt werden. Die Schäden des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine seien enorm, sagte Azoulay. Alleine für deren Behebung im kulturellen Sektor seien in den nächsten zehn Jahren 6,3 Milliarden Euro erforderlich. Ukrainischer Präsident Selenskyj in Warschau eingetroffen Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist zu seinem ersten offiziellen Besuch in Polen eingetroffen. Am Vormittag wurden Selenskyj und seine Frau Olena Selenska in Warschau vom polnischen Präsidenten Andrzej Duda und dessen Frau Agata Kornhauser-Duda empfangen. Der Aufenthalt ist als Dankbarkeitsgeste an Polen gedacht, das der Ukraine bei ihrer Verteidigung gegen Russland wichtige Hilfe geleistet hat. Der Besuch unterscheidet sich von anderen Selenskyjs im Ausland seit Beginn des russischen Kriegs in der Ukraine darin, dass er im Voraus ohne große Geheimhaltung angekündigt wurde. Zudem ist es ungewöhnlich, dass Olena Selenska dabei ist. Am Abend soll Selenskyj im Innenhof des königlichen Schlosses eine Rede halten. Nach Angaben von Selenskyjs Sprecher stehen außerdem ein Treffen mit dem polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki, die Unterzeichnung bilateraler Dokumente sowie der Besuch eines Wirtschaftsforums auf dem Programm. Es ist die dritte Auslandsreise Selenskyjs seit Beginn des Krieges in der Ukraine. Im Dezember hatte der ukrainische Präsident Washington besucht. Anfang Februar führte er zunächst Gespräche in London und Paris, bevor er zu einem EU-Sondergipfel in Brüssel weiterreiste. Polens Landwirtschaftsminister zurückgetreten Nach anhaltenden Bauernprotesten gegen den Preisverfall durch günstige ukrainische Getreideimporte ist Polens Landwirtschaftsminister Henryk Kowalczyk zurückgetreten. Die grundlegende Forderung der Landwirte sei von der EU-Kommission nicht erfüllt worden, sagte Kowalczyk bei seiner Rücktrittserklärung. Die EU-Kommission habe gerade einen Entwurf für die Verlängerung der zoll- und quotenfreien Getreideeinfuhren aus der Ukraine um ein weiteres Jahr vorgelegt, so Kowalczyk weiter. Polen und vier weitere EU-Mitgliedsländer aus Mittelosteuropa hatten kürzlich von Brüssel Hilfsmaßnahmen für die unter Druck geratenen Landwirte gefordert. Die Ukraine ist einer der weltweit größten Getreideexporteure. Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatten Polen und andere Länder in der Region angeboten, beim Transit des ukrainischen Getreides in Drittländer zu helfen, da Russland die traditionellen Handelsrouten blockierte. Doch mit dem Weitertransport hapert es - unter anderem auch deshalb, weil die Kapazität der polnischen Häfen ausgeschöpft ist. London: Moskau erwartet mutmaßlich finanzielle Hilfe aus dem Ausland Nach Einschätzung britischer Geheimdienste trifft Russland Vorbereitungen, um finanzielle Hilfe von verbündeten Staaten zu erhalten. Die russische Führung sehe die Ausgabe von Staatsanleihen in Fremdwährungen vermutlich als Maßnahme an, um Löcher im eigenen Haushalt zu stopfen, hieß es im Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. Die Briten beziehen sich bei dieser Interpretation auf eine Ankündigung des russischen Ministerpräsidenten Michail Mischustin, der über Pläne zur Ausgabe von Anleihen unter anderem in Yuan gesprochen hatte. Dies sei mit ziemlicher Sicherheit ein Hinweis darauf, dass Moskau mit Geld aus Staaten rechne, die es als wohlgesonnen betrachte, so die Geheimdienste. Spanien will Leopard-Panzer im April auf den Weg bringen Spanien will sechs für die Ukraine vorgesehene Panzer des Typs Leopard 2A4 in der zweiten Aprilhälfte auf den Weg bringen. Das sagte Verteidigungsministerin Margarita Robles dem Fernsehsender 24H TV. Spanien mache außerdem vier weitere Panzer kampfbereit, um diese möglicherweise ebenfalls an die Ukraine zu liefern. Macron in China eingetroffen Der französische Präsident Emmanuel Macron ist zu einem dreitägigen Staatsbesuch in China eingetroffen. Im Mittelpunkt stehen Beratungen mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping, insbesondere über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Wegen der engen Partnerschaft mit Moskau glaubt der Élyséepalast, dass China das einzige Land ist, "das unmittelbar Einfluss nehmen kann", um die Entwicklung in die eine oder andere Richtung zu bewegen, wie es im Vorfeld aus Paris hieß. Nach der Ankunft wollte Macron zunächst Mitglieder der französischen Gemeinde in China treffen. Zu den Gesprächen mit Xi Jinping am Donnerstag wird auch die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, dazustoßen. Der französische Präsident, der zuletzt vor der Pandemie vor mehr als drei Jahren in Peking war, wird am Freitag in der südchinesischen Metropole Guangzhou weitere Gespräche mit dem chinesischen Staats- und Parteichef führen. Baerbock: NATO braucht einen "wirklich umfassenden Schutzschirm" Bundesaußenministerin Annalena Baerbock mahnt eine bessere militärische Koordination der NATO-Staaten an. Die Allianz müsse dafür sorgen, dass die unterschiedlichen militärischen Fähigkeiten untereinander besser abgestimmt seien, sagte Baerbock vor Beginn von Beratungen der NATO in Brüssel. Dazu seien auch "weitere finanzielle Mittel notwendig". Sie betonte aber, dabei gehe es nicht nur rein um Zahlen. Wichtig sei, dass die NATO bis zum Gipfel im Juli in Vilnius einen "wirklich umfassenden Schutzschirm" in die Wege leite. Habeck: Weitere Firmen an Ukraine-Investitionen interessiert Wirtschaftsminister Robert Habeck erwartet, dass sich dank staatlicher Investitionsgarantien weitere Firmen beim Wiederaufbau der Ukraine engagieren werden. "Viele Unternehmen haben eigentlich ein Interesse in die Ukraine zu gehen, in der Ukraine zu investieren", sagte der Grünen-Politiker im Deutschlandfunk. Es gebe erste Unternehmen, die bereits eingestiegen seien. "Wenn jetzt einige anfangen, und wenn die staatlichen Instrumente bereitstehen, dann kann ich mir vorstellen, dass weitere Unternehmen Interesse haben", betonte Habeck. Es gebe eine Antragsliste, die sei deutlich länger. Der Deutschlandfunk hatte zuvor berichtet, dass derzeit elf Projekte im Volumen von 220 Millionen Euro in der Ukraine abgesichert seien. Habeck, der mit einer Wirtschaftsdelegation in die ukrainische Hauptstadt gereist war, hat Export- oder Investitionsgarantien des Staates für Investionen trotz des Krieges zugesichert. Bayer und die Baustofffirma Fixit haben davon bereits Gebrauch gemacht. Drohne in der Nähe vom AKW Saporischschja abgestürzt In der Nähe des Atomkraftwerks Saporischschja ist nach russischen Angaben eine ukrainische Drohne abgestürzt. Sie stamme aus polnischer Produktion und habe mehr als zwei Kilogramm gewogen, meldet die Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf einen russischen Militäroffizier. Wann sich der Absturz ereignet haben soll, wird in dem Bericht nicht erwähnt. Im Laufe des Tages wird der Chef der UN-Atomaufsicht IAEA, Rafael Grossi, in Russland erwartet. Er dringt auf die Einrichtung einer entmilitarisierten Zone rund um Europas größtes AKW. Die Anlage ist während des Krieges mehrfach unter Beschuss geraten. Die Ukraine und Russland geben sich dafür gegenseitig die Schuld. Habeck fordert Sanktionen beim Bezug russischen Urans Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will sich für Sanktionen gegen Länder einsetzen, die trotz des Kriegs in der Ukraine Uran aus Russland beziehen. Bei seinen Gesprächen zu diesem Thema in der Ukraine sei es vor allem um "die Lieferung von Uran für Atombrennstäbe nach Europa aus Russland" gegangen, sagte der Vizekanzler auf der Rückfahrt von seinem zweitägigen Besuch in Kiew. Er sei von ukrainischen Gesprächspartnern gefragt worden, warum der Bezug von russischem Uran noch immer nicht sanktioniert werde, sagte Habeck. "Und ich finde, darauf gibt es keine gute Antwort." Irgendwann müsse das aber passieren, "auch wenn das für die Länder, die Atomkraftwerke mit russischem Uran noch bestücken, eine Umstellung bedeutet. Aber die erscheint mir zumutbar, dafür werde ich mich also einsetzen". Frankreichs Präsident Macron spricht vor China-Besuch mit Biden Vor seinem Staatsbesuch in China hat sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron noch mit US-Präsident Joe Biden abgestimmt. Beide Präsidenten hätten über die dreitägige Visite gesprochen, zu der Macron heute in Peking eintreffen wird, wie das Weiße Haus in Washington mitteilte. "Sie bekräftigten ihre unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine angesichts der anhaltenden Aggression Russlands", hieß es in der kurzen Erklärung zu dem Telefonat am Dienstag. Die französische Botschaft in Washington teilte mit: "Beide Staatsoberhäupter haben ihren gemeinsamen Wunsch diskutiert, China einzubinden, um das Ende des Krieges in der Ukraine zu beschleunigen und daran teilzunehmen, einen anhaltenden Frieden in der Region zu schaffen." Der französische Präsident wollte nach der Ankunft in Peking zunächst Mitglieder der französischen Gemeinde in China treffen. Die offiziellen Gespräche beginnen am Donnerstag. Ukrainischer Präsident Selenskyj reist nach Polen Die dritte Auslandsreise seit Beginn des russischen Angriffskriegs führt den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj heute nach Polen. Neben Präsident Andrzej Duda und Ministerpräsident Mateusz Morawiecki will Selenskyj bei seinem Besuch in Warschau auch in Polen lebende Ukrainer treffen. Das EU- und NATO-Mitgliedsland Polen ist ein wichtiger Unterstützer der Ukraine und hat besonders viele Kriegsflüchtlinge aus dem Nachbarland aufgenommen. Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen
/newsticker/liveblog-ukraine-117.html
2023-04-05
Lettland führt Wehrdienst wieder ein
Reaktion auf Krieg gegen Ukraine
Wegen des russischen Krieges gegen die Ukraine führt Lettland schrittweise den Wehrdienst wieder ein. Ab 2024 soll er verpflichtend werden. Es sei die "Antwort auf die neue Sicherheitslage" in der Region, sagte Verteidigungsministerin Murniece. mehr
Wegen des russischen Krieges gegen die Ukraine führt Lettland schrittweise den Wehrdienst wieder ein. Ab 2024 soll er verpflichtend werden. Es sei die "Antwort auf die neue Sicherheitslage" in der Region, sagte Verteidigungsministerin Murniece. Lettland wird als Reaktion auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine den Wehrdienst wieder einführen. Das Parlament des EU- und NATO-Landes beschloss die dazu notwendigen Gesetzesänderungen. Demnach soll der Wehrdienst von Mitte 2023 an schrittweise wieder eingeführt werden - zunächst auf freiwilliger Basis, vom kommenden Jahr an dann in verpflichtender Form. Lettland grenzt an Russland und dessen Verbündeten Belarus. 2007 hatte es die Wehrpflicht abgeschafft. Der Baltenstaat baute seine Streitkräfte zu einer Berufsarmee um, die von einer Freiwilligenarmee unterstützt wird. "Seit dem brutalem groß angelegten Angriff Russlands auf die Ukraine leben wir in einer neuen geopolitischen Realität", sagte Verteidigungsministerin Inara Murniece. Die Wiedereinführung des Wehrdienstes sei "Lettlands Antwort auf die neue Sicherheitslage in unserer Region". Denn man wisse "aus der Erfahrung der Ukraine, dass es ohne eine moralisch stabile und vorbereitete Gesellschaft nicht möglich ist, einem Aggressor entgegenzutreten". Ziviler Ersatzdienst möglich Eingezogen werden sollen künftig Männer im Alter von 18 bis 27 Jahren. Frauen können freiwillig die elfmonatige militärische Ausbildung absolvieren. Letten, die aus religiösen oder anderen persönlichen Überzeugungen den Dienst an der Waffe verweigern, können alternativ einen zivilen Ersatzdienst in einer dem Verteidigungsministerium unterstellten Einrichtung antreten.
/ausland/europa/lettland-wehrdienst-101.html
2023-04-05
Medikamenten-Engpässe soll es nicht mehr geben
Beschluss des Kabinetts
Immer wieder wurden zuletzt bestimmte Medikamente knapp. Das Bundeskabinett hat nun einem Gesetzentwurf zugestimmt, der das künftig verhindern soll. Vor allem soll sich die Produktion der Arzneien mehr lohnen. mehr
Immer wieder wurden zuletzt bestimmte Medikamente knapp. Das Bundeskabinett hat nun einem Gesetzentwurf zugestimmt, der das künftig verhindern soll. Vor allem soll sich die Produktion der Arzneien mehr lohnen. Das Bundeskabinett hat einem Gesetzentwurf zugestimmt, mit dem das Bundesgesundheitsministerium künftig Lieferengpässe bei der Versorgung mit bestimmten patentfreien Medikamenten verhindern will. Vor allem Mittel zur Behandlung von Krebserkrankungen und Antibiotika werden seit Jahren häufiger knapp. Ende des vergangenen Jahres und zu Jahresbeginn waren auch einige Arzneien für Kinder in vielen Apotheken Mangelware. Um solche Probleme künftig bestmöglich zu vermeiden, setzt das Gesetz vor allem an einem zentralen Punkt an: dem Geld. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach räumte selbst ein, dass es Deutschland bei der Arzneimittelversorgung "mit der Ökonomisierung übertrieben" habe. Das wolle die Bundesregierung nun "mit Augenmaß" korrigieren. Für Produzenten von Medikamenten soll es wieder attraktiver werden, Deutschland zu beliefern. Bislang müssen sich Krankenkassen beim Einkauf von sogenannten Generika, also patentfreien Arzneien, nach Kriterien richten, welche die Kosten möglichst begrenzen wollen. Per Festbetrag wird beispielsweise ein Höchstwert für die Erstattung von bestimmten Arzneimitteln festgeschrieben. Was für die Krankenkassen oftmals die Wahl des günstigsten Anbieters bedeutete, für die Herstellerfirmen hingegen niedrige Gewinnmargen beim Verkauf in die Bundesrepublik. "Kinder zuerst" Mit Blick auf die vergangenen Monate unterstrich Lauterbach den Grundsatz "Kinder zuerst". "Ich möchte nicht noch einmal erleben, dass wir Kinder nicht versorgen können", so der SPD-Minister. Das sei in einem "wohlhabenden Land" wie Deutschland "nicht hinnehmbar". Und so sollen künftig Festbeträge oder auch mit Herstellern ausgehandelte Rabattverträge bei der Belieferung mit Arzneien für Kinder wegfallen. Zudem erhalten Pharmaunternehmen mit dem Gesetz die Möglichkeit, ihre Abgabepreise einmalig um bis zu 50 Prozent des zuletzt geltenden Festbetrages anzuheben. Frühwarnsystem und Austauschoptionen Neben den gelockerten Preisregelungen sollen aber auch andere Maßnahmen eine sicherere Versorgung mit Medikamenten gewährleisten. Drohende Engpässe sollen in Zukunft deutlich früher erkannt werden, um gegensteuern zu können. Dafür soll das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Art Frühwarnsystem entwickeln. Um die Versorgungssicherheit zu erhöhen, soll es zur Pflicht werden, bestimmte Medikamente auf Vorrat zu lagern. Das Gesetz sieht laut Lauterbach eine "Lagerhaltung" von mindestens drei Monaten vor. Und sollte doch einmal ein rezeptpflichtiges Medikament Mangelware sein, sollen Apotheken künftig einfacher auf Alternativen zurückgreifen können. Dafür sollen die sogenannten Austauschregeln gelockert werden. Ist ein Mittel nicht vorhanden, kann ein Produkt mit gleichen Wirkstoffen ausgegeben werden - ohne dass Patienten nochmals den Arzt aufsuchen müssen, um sich ein neues Rezept ausstellen zu lassen. Für den Austausch sollen Apotheken und Großhändler einen Zuschlag erhalten. Mehr Produktion in der EU In seinem Gesetz sieht das Bundesgesundheitsministerium auch vor, einer drohenden Knappheit mit einer wachsenden Zahl an Pharmaherstellern entgegenzuwirken - und die sollen künftig verstärkt in der EU produzieren. Das Gesetz legt den Fokus zunächst auf Antibiotika, später könnten die Regelungen auch auf die Produktion von Krebsmedikamenten ausgeweitet werden. Bei Ausschreibungen soll künftig nicht nur eine Rolle spielen, welcher Anbieter weltweit Arzneien zum günstigsten Preis anbietet. Krankenkassen sollen künftig Firmen mit Wirkstoffproduktion in der EU bei Ausschreibungen stärker berücksichtigen. GKV kritisiert Gesetz Der Spitzenverband gesetzlicher Krankenkassen (GKV) äußerte bereits im Vorfeld der Entscheidung des Bundeskabinetts Zweifel, ob mit dem geplanten Gesetz möglichen Lieferengpässen wirklich entgegengewirkt werden könne. Die Bundesregierung setze "alles auf eine Karte: mehr Geld für die Pharmaindustrie", kritisierte Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstandsmitglied des GKV-Spitzenverbands, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Zugleich warnte der GKV davor, dass mit dem Wegfall von Festbeträgen und Rabattverträgen als "bewährte Instrumente" auf Verbraucher steigende Preise für Medikamente und somit eine höhere finanzielle Belastung zukommen könnten.
/inland/innenpolitik/medikamente-lieferengpaesse-gesetz-101.html
2023-04-05
Hilfen für Heizölkunden kommen
Maximal 2000 Euro je Haushalt
Lange wurde gerungen, nun haben sich Bund und Länder auf die Details für die Härtefallhilfen geeinigt. Die Entlastung für Heizöl- und Pelletkunden soll rückwirkend für 2022 fließen. Wann die Kunden das Geld erhalten, ist aber unklar. mehr
Lange wurde gerungen, nun haben sich Bund und Länder auf die Details für die Härtefallhilfen geeinigt. Die Entlastung für Heizöl- und Pelletkunden soll rückwirkend für 2022 fließen. Wann die Kunden das Geld erhalten, ist aber unklar. Bund und Länder haben sich endgültig auf die Auszahlung von Hilfen für Haushalte geeinigt, die mit Heizöl, Holzpellets und ähnlichen Rohstoffen heizen. Über die Details der entsprechenden Vereinbarung bestehe nun Einigkeit, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium heute. Haushalte erhalten danach rückwirkend für 2022 finanzielle Unterstützung, "wenn sie durch die Energiekrise deutliche Mehrausgaben hatten" - angelehnt an den Mechanismus der Strom- und Gaspreisbremse. Wann die Hilfen ausgezahlt werden, steht aber noch nicht fest. Schon Mitte Dezember vergangenen Jahres entschied der Bundestag, dass Haushalte, die mit Heizöl oder Holzpellets heizen, entlastet werden sollen. Die Veröffentlichung der Details der sogenannten Härtefallhilfen blieb der Bund jedoch schuldig. Wer hat Anspruch auf Hilfen? Die Hilfen richten sich an Privathaushalte, die von stark gestiegenen Preisen betroffen waren und zugleich nicht von der Gaspreisbremse profitieren. Die Bundesregierung hatte dafür einen Härtefallfonds im Umfang von 1,8 Milliarden Euro aufgelegt. Der Haushaltsausschuss des Bundestags hatte dafür gestern grünes Licht gegeben. Die Anträge für Zahlungen aus dem Topf sollen nun bald gestellt werden können. Voraussetzung ist laut Wirtschaftsministerium, dass sich die Kosten der Haushalte für Pellets, Öl, Flüssiggas, Kohle und ähnlichem im Vergleich zu den Referenzpreisen von 2021 verdoppelt haben. Für Heizöl haben Bund und Länder etwa 71 Cent pro Liter angesetzt, für Holzpellets 24 Cent pro Kilogramm. Zu den beinhaltenden Energieträgern zählen Heizöl, Flüssiggas (LPG), Holzpellets, Holzhackschnitzel, Holzbriketts, Scheitholz und Kohle/Koks. Was wird erstattet? Verbraucherinnen und Verbraucher können ihre Rechnungen für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 1. Dezember 2022 einreichen und sich bis zu 80 Prozent der über die Verdopplung hinausgehenden Mehrkosten erstatten lassen. Der Anspruch muss sich auf mindestens 100 Euro belaufen. Der maximale Erstattungsbetrag beträgt 2000 Euro pro Haushalt. Nach Angaben des Bundeswirtschafts- und mehrerer Landesministerien liegt der Mindestwert bei 1000 Euro, wenn ein Vermieter für mehrere Wohnungen eine Erstattung beantragt. Das Bundeswirtschaftsministerium legt dabei das Beispiel eines Haushalts vor, das 3000 Liter Heizöl im Jahr bezieht, wofür er 2022 1,60 Euro je Liter zahlen musste. Im Vergleich zum Vorjahr 2021 haben sich die Kosten jedoch mehr als verdoppelt - für Heizöl liegt der festgelegte Referenzpreis bei 0,71 Euro. Für den Beispielhaushalt würde sich damit eine Förderhöhe von 432 Euro ergeben. Länder für Auszahlung verantwortlich Die Antragsbearbeitung und Auszahlung erfolgt durch die Bundesländer, wie das Ministerium weiter mitteilte. Diese müssten der vorläufigen Einigung mit dem Bund noch formell zustimmen und die Antragsverfahren entwickeln. "Die Freischaltung der notwendigen Portale und der Antragstellungen bei den Ländern wird schnellstmöglich erfolgen", hieß es weiter. "Hierbei können sich zwischen den Ländern zeitliche Unterschiede ergeben." Jedoch soll es ein "schlankes und unbürokratisches", IT-basiertes Antragsverfahren geben. In der Regel müssen die Antragsteller dabei unter anderem Rechnungen, Kontoauszüge und/oder Belege für Zahlungen vorlegen. Korrekturhinweis: In einer früheren Version schrieben wir, dass der maximale Erstattungsbetrag 1000 Euro pro Haushalt beträgt, wenn ein Vermieter als "Zentralantragsteller" für mehrere Wohnung auftritt. So hatte es die Nachrichtenagentur AFP aus einer Pressemitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) zitiert. Nach neueren Angaben des BMWK ist dies allerdings der Mindestwert pro Haushalt.
/wirtschaft/bund-hilfen-heizoel-pellet-kunden-101.html
2023-04-05
Bewegende Worte mit Federschmuck
Abschied von Ardern
Neuseelands zurückgetretene Ministerpräsidentin Ardern hat sich mit einer emotionalen Parlamentsrede aus der Politik verabschiedet. Gehüllt in einen Maori-Federmantel appellierte sie an die Parlamentarier, den Klimaschutz voranzutreiben. mehr
Neuseelands zurückgetretene Ministerpräsidentin Ardern hat sich mit einer emotionalen Parlamentsrede aus der Politik verabschiedet. Gehüllt in einen Maori-Federmantel appellierte sie an die Parlamentarier, den Klimaschutz voranzutreiben. Neuseelands Ex-Ministerpräsidentin Jacinda Ardern hat sich mit einer letzten Rede vor dem Parlament aus der Politik verabschiedet. Eingehüllt in einen Maori-Federmantel und zeitweise mit Tränen in den Augen blickte sie auf die Höhepunkte, aber auch die schweren Momente in ihrer Zeit als Regierungschefin des Pazifikstaates zurück - und betonte, Führungskräfte könnten "sensibel und freundlich" sein und trotzdem Erfolg haben. In ihrer hoch emotionalen Rede nannte sie den Klimawandel als die größte Herausforderung unserer Zeit. "Als ich vor 15 Jahren hierher kam, redeten wir über den Klimawandel, als wäre er eine Hypothese", sagte sie. "Aber in den vergangenen Jahren haben wir die Realität unserer sich verändernden Umwelt hautnah erlebt." Sie appellierte an die Abgeordneten, das Thema weiter zu einer Priorität zu machen. Einst jüngste Regierungschefin der Welt Ardern hatte im Januar überraschend ihren Rückzug aus der Politik angekündigt und gesagt, dass ihr die Kraft fehle, um als Ministerpräsidentin weiterzumachen. Wenige Tage später war sie als Regierungschefin zurückgetreten. Bei ihrem Amtsantritt 2017 war sie mit 37 Jahren die damals jüngste Regierungschefin der Welt. 2020 wurde sie wiedergewählt. Wegen ihrer empathischen Art und ihres erfolgreichen Krisenmanagements machte sich die Politikerin schnell auch international einen Namen. Anerkennung für Umgang mit Christchurch-Anschlag Besonders ihr Umgang mit den Attentaten von Christchurch, bei denen ein Rechtsextremist aus Australien am 15. März 2019 in zwei Moscheen 51 Muslime erschossen hatte, brachte ihr viel Anerkennung. "Über den 15. März zu sprechen, fällt mir immer noch schwer", sagte sie jetzt. Am Ende gab es Standing Ovations. Wie am Dienstag bekannt geworden war, wird Ardern künftig als Sondergesandte für den sogenannten Christchurch Call tätig sein. Die von ihr mitgegründete globale Initiative bekämpft terroristische und extremistisch-gewaltsame Inhalte im Internet.
/ausland/ozeanien/neuseeland-ardern-109.html
2023-04-05
Kabinett bringt Pflegereform auf den Weg
Reaktion auf steigende Kosten
Höhere Beiträge und Entlastungen für Pflegebedürftige: Mit einer Reform will die Regierung auf steigende Kosten in der Pflege reagieren. Das Kabinett brachte den Entwurf nun auf den Weg. Kritik kam von Verbänden und Krankenkassen. mehr
Höhere Beiträge und Entlastungen für Pflegebedürftige: Mit einer Reform will die Regierung auf steigende Kosten in der Pflege reagieren. Das Kabinett brachte den Entwurf nun auf den Weg. Kritik kam von Verbänden und Krankenkassen. Das Bundeskabinett hat die angekündigte Pflegereform auf den Weg gebracht. Der Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sieht eine Erhöhung der Pflegebeiträge und Leistungsverbesserungen vor. Demnach soll der allgemeine Beitrag zur Pflegeversicherung zum 1. Juli um 0,35 bis 0,6 Prozentpunkte erhöht werden - derzeit liegt er bei 3,05 Prozent, für Menschen ohne Kinder bei 3,4 Prozent. Für Familien mit zwei oder mehr Kindern soll es Entlastungen geben. Pflegebedürftige zu Hause und im Heim sollen Anfang 2024 finanzielle Verbesserungen erhalten. Lauterbach sagte, die Pflegebedürftigen hätten volle Solidarität verdient. "Da die Kosten von guter Pflege ständig steigen, darf die Solidargemeinschaft nicht wegschauen und diese höheren Kosten den zu Pflegenden und ihren Angehörigen überlassen." Gleichzeitig gelte es, die Finanzierung der Pflege zu stabilisieren, so der SPD-Politiker. Ab 2024 mehr Pflegegeld Das Pflegegeld wurde zuletzt 2017 erhöht. Nun soll es dem Entwurf zufolge zum 1. Januar 2024 um fünf Prozent steigen, genauso wie die Beträge für Sachleistungen. Pflegegeld wird als Unterstützung gezahlt, wenn Pflegebedürftige nicht in Einrichtungen, sondern zu Hause leben. Es kann frei verwendet werden und liegt je nach Pflegegrad zwischen 316 und 901 Euro im Monat. Für Heimbewohnerinnen und Heimbewohner sollen 2022 eingeführte Entlastungszuschläge ebenfalls zum 1. Januar 2024 angehoben werden. Den Eigenanteil für die reine Pflege soll dies im ersten Jahr im Heim um 15 statt bisher fünf Prozent drücken, im zweiten um 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent und ab dem vierten Jahr um 75 statt 70 Prozent. Hintergrund ist, dass die Pflegeversicherung - anders als die Krankenversicherung - nur einen Teil der Kosten für die reine Pflege trägt. Im Heim kommen dann auch noch Zahlungen für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen in den Einrichtungen dazu. Entlastungen für Familien Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts soll beim Beitrag künftig auch stärker danach unterschieden werden, ob man Kinder hat oder nicht. Größere Familien mit zwei und mehr Kindern sollen davon profitieren. Dies soll mit der Anhebung des allgemeinen Beitrags zum 1. Juli kombiniert werden. Dadurch steigt der Beitrag für Kinderlose insgesamt auf vier Prozent und für Mitglieder mit einem Kind auf 3,4 Prozent. Dabei soll der Arbeitgeberanteil von aktuell 1,525 Prozent auf 1,7 Prozent steigen. Für größere Familien soll es so geregelt werden, dass sie während der Erziehungsphase bis zum 25. Lebensjahr des jeweiligen Kindes weniger Beitrag zahlen als den jetzigen Arbeitnehmeranteil von 1,525 Prozent. Ab zwei Kindern soll dieser demnach künftig bei 1,45 Prozent liegen und mit steigender Kinderzahl weiter reduziert werden - bis auf 0,7 Prozent bei Pflegeversicherungsmitgliedern mit fünf und mehr Kindern. Kritik von Verbänden und Krankenkassen Verbände und Krankenkassen äußerten heftige Kritik an dem Entwurf. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, Lauterbach lasse insbesondere die Menschen in häuslicher Pflege und ihre Angehörigen im Stich. "Klammheimlich wurde nun die eigentlich geplante Zusammenlegung des Entlastungsbudgets für Kurzzeit- und Verhinderungspflege doch wieder gestrichen", sagte Vorstand Eugen Brysch. Auch stünden die Erhöhungen von Pflegegeld und ambulanten Sachleistungsbeträgen in keinem Verhältnis zur Kostenexplosion von 40 Prozent in den vergangenen fünf Jahren in der Altenpflege. Brysch appellierte an die Bundestagsabgeordneten, eine Reform zu verabschieden, die die Lebenswirklichkeit pflegebedürftiger Menschen widerspiegele. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen kritisierte, der Gesetzentwurf springe deutlich zu kurz. Wenn die Pflegeversicherung nicht funktioniere, werde das Vertrauen in den Staat und Gesellschaft gestört, erklärte Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes. Er verwies darauf, dass die Pflegeversicherung kostspielige versicherungsfremde Ausgaben übernommen habe. "Tropfen auf den heißen Stein" Der Deutsche Caritasverband warf dem Bundesgesundheitsminister vor, die Versprechen des Koalitionsvertrages zu brechen. Es gebe keine spürbare Entlastung bei häuslicher Pflege. Unverständlich sei vor allem, dass das Entlastungsbudget für pflegende Angehörige aus dem Gesetzentwurf herausgenommen worden sei, sagte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. Auch die Pflegegelderhöhung bleibt aus Sicht der Caritas hinter dem Koalitionsvertrag zurück. Die Erhöhung um fünf Prozent reiche nicht aus, um die Kostensteigerungen auszugleichen. Die Diakonie sprach von einem "Tropfen auf den heißen Stein". Zur Finanzierung der Pflege seien keine zusätzlichen Steuermittel vorgesehen, erklärte Präsident Ulrich Lilie. Offenkundig schaffe es Lauterbach nicht, eine Pflegereform auf den Weg zu bringen, die ihren Namen verdiene. Anstieg der Ausgaben während Pandemie Etwa 4,9 Millionen Menschen beziehen Leistungen aus der Pflegeversicherung. Etwa vier Millionen werden von ihren Angehörigen zu Hause versorgt. In den Corona-Jahren stiegen die Ausgaben der Pflegeversicherung stark an. Sie lagen 2021 bei rund 53,8 Milliarden Euro und damit 1,35 Milliarden Euro über den Einnahmen. Dem GKV-Spitzenverband zufolge stieg das Defizit zum Jahresende 2022 auf rund 2,2 Milliarden Euro.
/inland/kabinett-pflegereform-101.html
2023-04-05
Hilft mehr Einlagenschutz den Superreichen?
Maßnahme gegen "Bank Runs"
Bankkonten sind heute bis 100.000 Euro geschützt. Manche Fachleute schlagen vor, die Einlagensicherung zu erweitern - um einen "Sturm auf die Banken" zu verhindern. Doch Finanzaufseher sind skeptisch. Von Ingo Nathusius. mehr
Bankkonten sind heute bis 100.000 Euro geschützt. Manche Fachleute schlagen vor, die Einlagensicherung zu erweitern - um einen "Sturm auf die Banken" zu verhindern. Doch Finanzaufseher sind skeptisch. Ökonominnen und Ökonomen des Leibnitz-Instituts für Finanzforschung (SAFE) in Frankfurt am Main fordern, dass die Einlagensicherung bei europäischen Banken ausgeweitet wird. Die Frankfurter Banken-Experten sprechen sich dafür aus, dass künftig Einlagen unbegrenzt versichert sein sollen, statt wie bisher nur bis 100.000 Euro. So ließe sich ein "Sturm auf die Banken" von Anlegerinnen und Anlegern verhindern, die aufgrund schlechter Nachrichten massenhaft Konten leeren und damit Banken erst richtig in Schwierigkeiten bringen. Solche "Bank Runs" führten in den vergangenen Wochen zu den hektischen Abwicklungen der Silicon Valley Bank in den USA und der Schweizer Großbank Credit Suisse. Bei einem "Bank Run" entstehe enormer Zeitdruck, "um das Feuer irgendwie einzudämmen", sagt SAFE-Gründungsdirektor Jan Krahnen. Mit mehr Zeit könnten hingegen schlecht geführte Banken ordentlich abgewickelt werden und vom Markt verschwinden. Wenn Anlegerinnen und Anleger nicht um ihr Geld fürchten müssten, gebe es keinen Grund für hektisches Leerräumen von Konten. Eine Versicherung von Einlagen müsste nach den Vorstellungen der SAFE-Forscher von den Banken bezahlt werden. Ob sie die Kosten direkt an ihre Kunden weiterreichen oder anderweitig erwirtschaften, sei ihre Sache. Wann ist Schluss mit einer Bank? Der Vorstellung, dass Pleite-Banken in Ruhe abgewickelt werden könnten, widersprach der frühere Direktor der Europäischen Zentralbank, Lorenzo Bini Smaghi, bei einer Veranstaltung des Leibnitz- Instituts: "Es ist unmöglich, dass Aufseher einer Bank sagen: Ihr seid insolvent." Wenn "Bank Runs" durch Versicherungen auf Einlagen verhindert würden, fehle das unbezweifelbare Signal, dass mit einer Bank wirklich Schluss ist.   Ob mit oder ohne "Bank Run" - die Fachleute waren einig, dass sowohl die Silicon Valley Bank als auch Credit Suisse am Ende waren. "Es ist offensichtlich, dass es Fehler des Bankmanagements waren", sagt die frühere Chefin der Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BAFin), Elke König. Loriana Pelizzon von SAFE bestätigt: "Beide Banken waren in schlechtem Zustand. Sie waren nicht gut geführt." Bini Smaghi erinnerte daran, dass die Silicon Valley Bank vor der Pleite ein Dreivierteljahr lang kein Vorstandsmitglied für Risikosteuerung gehabt habe. "Ein Spiel der Großen" "Wenn ich alle Einlagen garantiere, öffne ich mich für 'Raider'", sagte Ex- BAFin-Chefin König mit Blick auf das Phänomen "räuberischer" Investoren, die sich mit teils aggressivem Vorgehen bei unterbewerteten Unternehmen einkaufen. "Müssen wir einen Peter Thiel schützen?" Thiel ist ein deutsch- amerikanischer Investor, der Milliarden bewegt. "Ist das fair?" fragte auch Bini Smaghi. Er erinnerte daran, dass bei der Silicon Valley Bank viele Reiche hohe Beträge hatten. "Warum wollen wir diese Leute schützen?" fragte der frühere EZB-Direktor rhetorisch. Sie hätten gewusst, dass sie außerhalb sicherer Anlagemöglichkeiten investiert hätten. Pelizzon vom SAFE-Institut widerspricht: "Viele Investoren hatten keine Ahnung, dass ihre Einlagen verloren gehen könnten." Zum "Run" auf die US-Bank sagt Bini Smaghi: "Es war ein Spiel der Großen." Er glaube, dass manche Anlegerinnen und Anleger Insider-Informationen über die Schwäche der Bank hatten und deshalb ihre Konten räumten. Auch König sprach in diesem Fall von "ein paar sehr kenntnisreichen Investoren". Die Eurozone hat krisenfestere Banken Einig sind sich Forscherinnen und Bankaufseher, dass die Banken in der Eurozone besser dastehen als manch amerikanisches Institut und die Schweizer Credit Suisse. Auch wenn es Banken mit Problemen gebe, stünden alle deutschen Banken besser da als die Pleitebanken, so SAFE- Forscherin Pelizzon: "Sogar die Deutsche Bank hat begonnen, wieder Gewinne zu machen." Florian Heider von SAFE gibt zu bedenken, dass es in Europa große Banken in kleinen Ländern gebe. Damit Bankgeschäft und Staatsaufsicht zusammenpassen, müsse die Bankenaufsicht europäischer werden.
/wirtschaft/finanzen/banken-einlagensicherung-konten-guthaben-sicherheit-101.html
2023-04-05
So lässt sich die Kreativität steigern
Meta-Studie
Ausstellungen, Auslandsreisen oder Ideen-Trainings: Forscher haben untersucht, mit welchen Maßnahmen sich unsere Kreativität besonders gut steigern lässt. Drogen wie Alkohol gehören jedoch nicht dazu. mehr
Ausstellungen, Auslandsreisen oder Ideen-Trainings: Forscher haben untersucht, mit welchen Maßnahmen sich unsere Kreativität besonders gut steigern lässt. Drogen wie Alkohol gehören jedoch nicht dazu. Es gibt viele Möglichkeiten, um kreatives Denken positiv zu beeinflussen und zu fördern. Forscher der Humboldt-Universität zu Berlin (HU), der Essex-Universität in Großbritannien sowie der Universität Potsdam haben in einer Meta-Studie untersucht, welche Maßnahmen besonders geeignet sind, um unsere Kreativität zu steigern. Assoziationsübungen oder Reisen hilfreich In ihrer Arbeit identifizierten die Autoren zwölf Methoden, die dabei tatsächlich helfen können. Am effektivsten sind demnach ganzheitliche Trainings, die das Konzept der Kreativität sowie eine Reihe an Maßnahmen vermitteln. Dazu zählen etwa Assoziationsübungen - bei denen etwa zu einem bestehenden Begriff passende oder ergänzende Begriffe gesucht werden - oder Brainwriting. Dieses ähnelt dem Brainstorming, mit dem Unterschied, dass die Ideen nicht in einer Gruppensituation verbalisiert, sondern allein aufgeschrieben werden. Das verhindert laut Erstautorin Jennifer Haase, dass man durch die Äußerungen der anderen beeinflusst wird oder dominante Gruppenmitglieder die Ideen anderer abwürgen. 84 Studien ausgewertet Es gibt aber laut der Studie auch einfachere und sehr angenehme Arten, seine Kreativität zu steigern. Dazu zählen insbesondere Meditation, der Besuch von Kunstausstellungen oder der Kontakt mit anderen Kulturen etwa durch Auslandsaufenthalte. Diese erzielten ähnliche Effekte wie ein Intensiv-Training, allerdings bei vergleichsweise wenig Aufwand. "Insgesamt waren nach diesen Methoden etwa 70 Prozent der Menschen kreativer als zuvor", fasst Haase die Ergebnisse zusammen. Die Forscher analysierten 84 internationale Studien, vor allem aus dem Gebiet der Psychologie zwischen 2000 und 2021, die mit unterschiedlichen Methoden versuchten, Kreativität zu verbessern. Messinstrumente für Kreativität Doch wie misst man so etwas Abstraktes wie Kreativität? "Da ist die Forschung sehr pragmatisch", so Haase gegenüber tagesschau.de. "Es gibt einige Standardtests. Bei einem werden Menschen etwa aufgefordert, sich alternative Verwendungen für Alltagsgegenstände auszudenken." Je mehr und je außergewöhnlicher die Ideen sind, desto kreativer werden sie bewertet. "Denn freies, assoziatives Denken ist eine zentrale Dimension kreativen Denkens. Es geht darum neue, unbekannte Ideen hevorzubringen." Jeder kann also laut Haase ein bisschen kreativer werden. Denn das habe auch mit Vorwissen zu tun. "Credo Nummer eins lautet dabei: Kenne dein Gebiet, in dem du unterwegs bist. Musiker zum Beispiel brauchen gewisse Fähigkeiten, um ihre Kreativität umzusetzen. Gleiches gilt auch für soziale Kontexte oder Prozesse in einem Unternehmen." Daneben seien aber auch die Persönlichkeit und die Weltsicht eines Menschen eine wichtige Voraussetzung für Kreativität. "Man sollte optimistisch sein, ein offenes Mindset haben und breit assoziieren können", erklärt die Forscherin. Und ein positive Selbstbild ist von Vorteil. Menschen, die von sich überzeugt sind - ohne Narzissten zu sein - haben gute Voraussetzungen für Kreativität. Kreativität als Grundlage für Fortschritt Die Erkenntnisse sind den Autoren zufolge auch deshalb wichtig, da kreatives Denken - noch - eine vermehrt menschliche Kompetenz sei, der durch die Digitalisierung umso mehr Bedeutung zukomme. Es sei die Grundlage von Fortschritt, Innovation und auch für das Wohlbefinden im Alltag von größter Bedeutung. Deshalb sei es auch wichtig, Kreativität weiter zu fördern. Drogen steigern nicht die Kreativität Eine weitere wichtige Erkenntnis der Studie: Die Einnahme von Drogen hat keinen positiven Einfluss auf die menschliche Kreativität. "Interessanterweise glauben allerdings Menschen, die Drogen konsumiert haben, dass sie kreativer seien, auch wenn das tatsächlich nicht der Fall ist", so Mitautor Paul Hanel vom Institut für Psychologie der Universität Essex in Großbritannien. Der Konsum von Substanzen wie Alkohol oder dem konzentrationsfördernden Arzneimittel Adderall zeigt demnach keinerlei positiven Einfluss auf kreative Leistungen. Adderall ist ein amphetaminhaltiges Medikament, das Menschen, vor allem in den USA, auch verwenden, um effizienter arbeiten zu können. Substanzen wie THC oder Kokain wurden nicht untersucht. "Es ist besonders interessant und auch ermutigend, dass Drogen keinen Einfluss auf die Kreativität haben in Anbetracht der Nebenwirkungen", so Hanel. Dass Drogen den Mythos haben, etwa bei Musikern oder Künstlern den Geist zu beflügeln, könnte laut Haase an einem anderen Effekt liegen: "Vielleicht nehmen die Menschen, die eh schon offener, mutiger - und damit tendenziell kreativer - sind, auch eher Drogen." Zudem würden viele Kreative, die Dinge unter Drogeneinfluss produzierten, diese in nüchternem Zustand nicht mehr als so kreativ beurteilen.
/wissen/forschung/drogen-kreativitaet-101.html
2023-04-05
Sorge vor neuer Eskalation nach Polizeieinsatz
Zusammenstöße in Al-Aksa-Moschee
Nach den Zusammenstößen in der Al-Aksa-Moschee gibt es Hunderte Festnahmen. Die Sorge vor einer weiteren Eskalation wächst. Aus dem Gazastreifen wurden Raketen gefeuert, Israels Militär startete Gegenangriffe. Von C. Verenkotte.
Nach den Zusammenstößen in der Al-Aksa-Moschee gibt es Hunderte Festnahmen. Die Sorge vor einer weiteren Eskalation wächst. Aus dem Gazastreifen wurden Raketen gefeuert, Israels Militär startete Gegenangriffe. Aufnahmen der israelischen Polizei, im Inneren der Al-Aksa-Moschee: Feuerwerkskörper explodieren, Schreie sind zu hören, schwarz uniformierte Polizisten mit Helmen und Schutzschildern dringen in die Moschee ein. In der Nacht hatten israelische Polizeikräfte den Einsatz in der Al-Aksa-Moschee gestartet. Es hätten sich dort "Unruhestifter" mit Feuerwerkskörpern, Stöcken und Steinen verbarrikadiert, teilte die Polizei anschließend mit. Zuvor seien Versuche gescheitert, die überwiegend jungen Männer zum Verlassen der Moschee zu bewegen. Blendgranaten und Schlagstöcke Zum Zeitpunkt der Zusammenstöße, mitten im islamischen Fastenmonat Ramadan, befanden sich nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa zahlreiche Gläubige in der Moschee. Augenzeugen berichteten, dass die Polizeikräfte Blendgranaten und Schlagstöcke eingesetzt hätten. "Sie stürmten herein und fingen an, jeden zu schlagen", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters eine Augenzeugin. Eine ältere Frau sagte laut der Agentur nach Verlassen der Moschee: "Ich habe gebetet und saß auf einem Stuhl und habe den Koran rezitiert. Sie haben Blendgranaten geworfen, eine davon traf mich an der Brust. Meine Familie wird mich jetzt sehen und sie werden sich fürchterlich fühlen." 350 vorübergehende Festnahmen Nach Polizeiangaben wurden mehr als 350 Männer vorübergehend festgenommen. Als Reaktion auf die Zusammenstöße feuerten palästinensische Militante 16 Raketen auf das israelische Grenzgebiet ab, meldete die israelische Armee. Die Geschosse seien entweder vom Raketenabwehrschirm "Iron Dome" zerstört worden oder auf unbewohntem Gebiet niedergegangen. Niemand sei verletzt worden. Daraufhin griffen die israelischen Streitkräfte drei Ziele im Gaza-Streifen an. Im israelischen Rundfunk sagte Armeesprecher Daniel Hagari am Vormittag: Wir können nicht sagen, wer hinter dem Beschuss steckt. Es ist nicht gesagt, dass es die Hamas ist, es können auch andere rebellische Organisationen dahinterstecken. Zurzeit geben wir keine besonderen Anweisungen für die Bewohner heraus. Wer geplant hat, seinen Feiertag im Süden zu verbringen, rate ich hinzufahren, und sollte sich etwas ändern, werden wir neue Anweisungen herausgeben. Minister fordert Härte Nach Sonnenuntergang beginnen mit dem Seder-Abend die einwöchigen jüdischen Pessach-Feiertage. Ägypten, Jordanien und Saudi-Arabien haben das Eindringen der israelischen Polizei in die Al-Aksa-Moschee scharf verurteilt. In getrennt ausgesandten Stellungnahmen hieß es unter anderem, dass der "Sturm" auf die Moschee - das drittwichtigste Heiligtum des Islam - die Friedensbemühungen zwischen Israelis und den Palästinensern unterminiere. Israels rechtsextremer Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, verlangte am Vormittag, mit Härte auf den Raketenbeschuss zu reagieren. Es sei an der Zeit, "Köpfe zu senken", so Ben-Gvir.
/ausland/israel-zusammenstoesse-103.html
2023-04-05
Mit Konjunktur-Optimismus ins Frühjahr
Lage der deutschen Wirtschaft
Immer klarer wird, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um eine Rezession herumkommt. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen angesichts sinkender Energiepreise mit einem Mini-Wachstum von 0,3 Prozent. mehr
Immer klarer wird, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um eine Rezession herumkommt. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen angesichts sinkender Energiepreise mit einem Mini-Wachstum von 0,3 Prozent. Die wichtigsten deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute blicken mit wachsender Zuversicht auf die konjukturelle Lage in Deutschland. Noch im Herbst hatten die Institute erwartet, dass die Energiekrise in diesem Jahr zu einer Rezession führen könnte. Nun rechnen sie damit, dass das Bruttoinlandsprodukt gegenüber dem Vorjahr um 0,3 Prozent wächst, wie es in der heute vorgestellten Gemeinschaftsdiagnose für die Bundesregierung heißt. Gesunkene Energiepreise dämpfen Kaufkraftverluste "Der konjunkturelle Rückschlag im Winterhalbjahr 2022/2023 dürfte glimpflicher ausgefallen sein als im Herbst befürchtet", erklärte der Konjunkturchef des ifo-Instituts, Timo Wollmershäuser. Maßgeblich sei ein "geringerer Kaufkraftentzug infolge deutlich rückläufiger Energiepreise". Im Herbst hatten die Experten unter dem Eindruck der Energiekrise noch ein Minus von 0,4 Prozent veranschlagt. Auch eine Rezession - also ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung in zwei aufeinander folgenden Quartalen - im gerade beendeten Winterhalbjahr erwarteten sie. Dazu kommt es der neuen Prognose zufolge nun aber nicht. Inflationsrate dürfte 2024 spürbar fallen Keine Entwarnung gibt es von den Forschern hingegen bei den Verbraucherpreisen: Die Inflationsrate dürfte in Deutschland im Gesamtjahr demnach bei immer noch hohen 6,0 Prozent liegen - nach 6,9 Prozent im Jahr 2022. Erst im kommenden Jahr sei mit einem spürbaren Rückgang auf 2,4 Prozent im Jahresdurchschnitt zu rechnen. Staatliche Entlastungsmaßnahmen und erwartete Lohnsteigerungen "stärken die Binnennachfrage und halten den heimischen Preisauftrieb hoch", hieß es von Seiten der Forscher. Mehr Erwerbstätige erwartet Gute Nachrichten halten die Institute jedoch für den Arbeitsmarkt parat. Die Zahl der Erwerbstätigen dürfte weiter zunehmen - von rund 45,6 Millionen im vergangenen Jahr auf rund 46,0 Millionen im kommenden. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte allerdings in diesem Jahr vorübergehend von 2,42 auf 2,48 Millionen zulegen, "da die ukrainischen Flüchtlinge nicht sofort auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen". 2024 dürfte die Arbeitslosenzahl dann wieder auf 2,41 Millionen sinken. Bald straffere Finanzpolitik in Deutschland? Unterdessen naht nach Einschätzung der Forscher das Ende der lockeren Finanzpolitik. In diesem Jahr dürfte das staatliche Defizit im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung leicht zurückgehen: auf 2,2 Prozent. 2024 werde der Anteil nur noch bei 0,9 Prozent liegen. In der Corona-Pandemie waren die Schulden deutlich nach oben geschossen. Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner will nun auf einen vorsichtigeren Kurs umschwenken. Das sorgt in der Ampel-Koalition mit SPD und Grünen für Streit, könnten dadurch doch einige Projekte der Regierung womöglich nicht finanziert werden. Basis für die Prognose der Bundesregierung Die Gemeinschaftsdiagnose dient der Bundesregierung als Basis für ihre Projektionen und die Steuerschätzung. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wird im Frühjahr eine aktualisierte Prognose vorlegen. In ihrem im Januar veröffentlichten Jahreswirtschaftsbericht ging die Bundesregierung für das laufende Jahr noch von einem Wachstum von 0,2 Prozent aus. Erarbeitet wurde die Frühjahrsprognose vom RWI in Essen, dem ifo-Institut in München, dem IfW in Kiel und IWH in Halle. Als Kooperationspartner wirkten das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) und das Institut für Höhere Studien Wien mit. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin pausiert wegen des Umbaus der hauseigenen Konjunkturforschung, will aber im Herbst wieder dabei sein. Industrie-Aufträge steigen stark Zuletzt hatten sich die positiven Konjunktursignale hierzulande gehäuft. So legte der wichtigste deutsche Frühindikator, der ifo-Geschäftsklimaindex, im März den fünften Monat in Folge zu. Heute Morgen kamen nun erfreuliche Nachrichten von der deutschen Industrie: Im Februar ist die Zahl neuer Aufträge im Monatsvergleich um 4,8 Prozent gestiegen - so stark wie seit Juni 2021 nicht mehr. "Mit Blick auf die Zukunft haben sich die Aussichten für die deutsche Industrie deutlich aufgehellt", so Carsten Brzeski, Chefvolkswirt ING Bank. Der Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen verweist hingegen auf die weltweiten Zinserhöhungen. Diese dürften in den kommenden Monaten auch die deutsche Wirtschaft merklich bremsen. Forscher fordern weitere EZB-Zinserhöhungen Auch die Europäische Zentralbank (EZB) sollte weiter auf Zinserhöhungskurs bleiben, fordern die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Frühjahrsgutachten. Die Forscher gehen davon aus, dass die Leitzinsen bis zum Sommer noch um 0,5 Prozentpunkte steigen werden. "Aber es ist nicht ganz klar, ob das dann ausreicht, um die Inflation wieder runterzubringen", so ifo-Ökonom Wollmershäuser. Womöglich könne "der eine oder andere Zinsschritt" noch folgen.
/wirtschaft/konjunktur/gemeinschaftsdiagnose-rezession-abgesagt-inflation-101.html
2023-04-05
Regierungschefin Marin gibt Parteivorsitz ab
Nach Wahl in Finnland
Nach der Niederlage ihrer Sozialdemokraten bei der Parlamentswahl in Finnland hat Noch-Ministerpräsidentin Marin angekündigt, den Vorsitz der Partei abzugeben. Bei der Wahl waren die Konservativen stärkste Kraft geworden. mehr
Nach der Niederlage ihrer Sozialdemokraten bei der Parlamentswahl in Finnland hat Noch-Ministerpräsidentin Marin angekündigt, den Vorsitz der Partei abzugeben. Bei der Wahl waren die Konservativen stärkste Kraft geworden. Finnlands scheidende Ministerpräsidentin Sanna Marin gibt nach der Wahlniederlage ihrer Sozialdemokraten am Wochenende ihren Posten als Parteichefin ab. Sie werde künftig aber weiterhin als Abgeordnete im Parlament tätig sein, sagte Marin auf einer Pressekonferenz in Helsinki. "Ich werde in der kommenden Woche meine Arbeit als Mitglied des neu gewählten Parlaments beginnen." Und sie hoffe, damit auch ein "ruhigeres Leben" führen zu können, erklärte Marin weiter. Eine Position als Ministerin in der nächsten Regierungskoalition, die voraussichtlich von den Konservativen angeführt werden wird, schloss sie für sich aus - auch wenn sich ihre Partei einer Beteiligung an einem Regierungsbündnis nicht verschließe. Die 37-Jährige steht seit Dezember 2019 als Ministerpräsidentin an der Spitze der finnischen Regierung. Marins Kabinett soll am Donnerstag offiziell aufgelöst werden. Sozialdemokraten landeten bei Wahl nur auf Platz drei Bei der Parlamentswahl am vergangenen Sonntag hatten die Sozialdemokraten eine herbe Niederlage erlitten: Die Partei wurde mit 19,9 Prozent aller Wählerstimmen nur drittstärkste Kraft - hinter den Konservativen, die auf 20,8 Prozent kamen und den Rechtspopulisten mit 20,1 Prozent. Noch am Wahlabend hatte Marin die Niederlage eingeräumt und der konservativen Nationalen Sammlungspartei sowie deren Vorsitzenden Petteri Orpo zum Sieg gratuliert. Schwierige Suche nach Regierungskoalition erwartet Den Konservativen kommt nun die Aufgabe zu, eine neue Regierungskoalition zu bilden. Parteichef Orpo werden die größten Chancen ausgerechnet, Marin abzulösen und neuer Ministerpräsident Finnlands zu werden. Doch die Suche nach einem regierungsfähigen Bündnis wird nicht einfach, denn um die Mehrheit im 200 Sitze fassenden Parlament zu erlangen, braucht die Sammlungspartei mindestens zwei Partner. Eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten schließen die Konservativen nicht aus - im Gegensatz zu den Sozialdemokraten unter Marin. Und auch der Zusammenschluss mit den Sozialdemokraten selbst dürfte sich angesichts stark unterschiedlicher politischer Haltungen, etwa zur EU oder in der Migrationspolitik, schwierig gestalten. Parteichef Orpo hatte noch am Dienstag in einem Interview mit dem Rundfunksender Yle betont, sich alle Optionen offen halten zu wollen. Sein Ziel sei es, bis Mittsommer - also bis zum 24. Juni - eine neue Regierung zu bilden. Aber es sei noch wichtiger, "eine funktionierende Regierung mit einem guten Programm zu haben". Die Konservativen hatten im Wahlkampf vor allem damit geworben, das Wirtschaftswachstum ankurbeln und die Staatsausgaben deutlich senken zu wollen. Der frühere Finanzminister Orpo nannte eine Summe von sechs Milliarden Euro, die in den kommenden vier Jahren eingespart werden sollten.
/ausland/europa/finnland-marin-ruecktritt-101.html
2023-04-05
Sinkende Preise für Wärmepumpen erwartet
Prognose von Energieberatern
Experten gehen davon aus, dass sich die Lieferengpässe bei Wärmepumpen mittelfristig entspannen. Bereits in zwei Jahren sei mit einem Überangebot zu rechnen. Die Preise könnten dann deutlich fallen. mehr
Experten gehen davon aus, dass sich die Lieferengpässe bei Wärmepumpen mittelfristig entspannen. Bereits in zwei Jahren sei mit einem Überangebot zu rechnen. Die Preise könnten dann deutlich fallen. Das Geschäft mit Wärmepumpen erlebt einen beispiellosen Boom. Die Produktion der Geräte in Deutschland ist in den ersten drei Quartalen 2022 um fast 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Aufgrund der hohen Nachfrage kommt es zu Lieferproblemen und teils hohen Preisaufschlägen; Experten sprechen von einem "Verkäufermarkt". Der Bundesvorsitzende des Energieberaterverbands GIH, Jürgen Leppig, erwartet jedoch, dass sich der Markt in zwei Jahren entspannen wird. Ein Überangebot werde entstehen, sinkende Preise seien zu erwarten. Auch sei die bestehende Förderung für Wärmepumpen mit bis zu 40 Prozent des Kaufpreises auskömmlich. "Derzeit fördert der Staat die Heizung mehr als die Gebäudehülle", so Leppig. Personalengpässe bei Handwerkern Die Pläne der Bundesregierung zum Einbau klimafreundlicherer Heizungen bewertet Leppig als richtigen Schritt, sieht aber noch Hürden wie fehlendes Personal und Kompetenz bei Heizungsbauern. "Viele Heizungsbauer sind über Monate ausgebucht." Doch die Personalengpässe im Handwerk dürften sich legen, glaubt Leppig. "Da der Wohnungsneubau eingebrochen ist, entstehen gerade Kapazitäten." Indes werde die Förderung für Menschen mit geringem Einkommen ein Knackpunkt sein. Es gebe unheimlich viel Unsicherheit, so Leppig. "Die Leute rufen an und fragen, was mache ich mit meinem Haus mit schlechter Bausubstanz von 1950?" Der Beratungsbedarf bei Energieberatern sei riesig. Experte rät von Gas- oder Ölheizung ab Energieberater Leppig empfiehlt Eigentümern, bis Jahresende keine neue Gas- oder Ölheizung einzubauen. "Mit der steigenden CO2-Bepreisung von fossilen Energien lohnt das nicht." Die zu Wochenbeginn vorgelegten Pläne der Bundesregierung für das Gebäudeenergiegesetz bedeuten ohnehin ein "Ende auf Raten" für konventionelle Öl- und Gasheizungen hierzulande. Demnach soll ab 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden. Dann müssen etwa Wärmepumpen, Solarthermieanlagen oder Hybridsysteme aus Wärmepumpe und Gasheizung eingebaut werden. Bestehende Öl- und Gasheizungen können weiter betrieben, kaputte Heizungen dürfen repariert werden. Ausnahmeregeln und Übergangsfristen geplant Die 65-Prozent-Vorgabe gilt beim Einbau neuer Heizungen auch nicht für Hausbesitzer, die über 80 Jahre alt sind. Erst wenn deren Haus vererbt oder verkauft wird, greift das neue Recht - mit einer Übergangsfrist von zwei Jahren. Auch eine Härtefallausnahme ist vorgesehen, wenn Gebäudewert und Investitionssummen in einem nicht angemessenen Verhältnis stehen. Außerdem gibt es keine Festlegung auf Wärmepumpen als Alternative zu Öl- und Gasheizungen. Energieberater Leppig begrüßt den technologieoffenen Ansatz, neben Wärmepumpen auch Hybridsysteme oder Solarthermieanlagen zu erlauben. In der Praxis werde aber die Wärmepumpe dominieren. Noch Uneinigkeit in der Ampel über Hilfen Das Wirtschaftsministerium rechnet damit, dass der Einbau klimafreundlicherer Heizungen die Bürgerinnen und Bürger bis 2028 jährlich mehr als neun Milliarden Euro kostet. Der Eigentümerverband Haus & Grund hat vor diesem Hintergrund vor einer "finanziellen Überlastung" von Eigentümern gewarnt. "Für die meisten Immobilien bietet das Gebäudeenergiegesetz weder technologieoffene, noch bezahlbare Lösungen", sagte Verbandspräsident Kai Warnecke. Der Heizungsaustausch soll laut dem geplanten neuen Gebäudeenergiegesetz staatlich gefördert werden - die genaue Höhe und Ausgestaltung ist aber noch offen. Laut Wirtschafts- und Bauministerium begann am Montag die Länder- und Verbändeanhörung zu der Gesetzesnovelle - Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte, sie hätten "bis Ostern" Zeit. Ziel sei ein Kabinettsbeschluss noch im April. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte, bis zum finalen Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes "wird es kompliziert".
/wirtschaft/verbraucher/waermepumpen-sinkende-preise-heizung-101.html
2023-04-05
Die Mauer des Schweigens
Geflüchtete auf Lampedusa
Die Zahl der Bootsflüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Italien kommen, steigt rasant. Das Aufnahmelager auf der Insel Lampedusa ist überfüllt, die Situation problematisch - das hat mehrere Gründe. Von Jörg Seisselberg.
Die Zahl der Bootsflüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Italien kommen, steigt rasant. Das Aufnahmelager auf der Insel Lampedusa ist überfüllt, die Situation problematisch - das hat mehrere Gründe. Es ist ein stürmischer Tag auf Lampedusa, der Wind ist auch mitten auf der Insel noch zu spüren und drückt gold- und silberfarbene Fetzen gegen den zwei Meter hohen Stahlzaun. Es sind Überreste von Thermofolien, die als erster Wärmeschutz für auf dem Mittelmeer gerettete Menschen dienten. In diese Folien eingehüllt sind mehrere Tausend in den vergangenen Wochen hierhergebracht worden - ins bekannteste und berüchtigste Erstaufnahmezentrum Italiens. Keine Einblicke für die Öffentlichkeit Der graue Stahlzaum schirmt das Lager hermetisch von der Öffentlichkeit ab. Wenn sich jemand dem Eingang nähert, kommen Soldaten und bitten um Ausweispapiere. Für Außenstehende ist es unmöglich ins Aufnahmelager Lampedusa hineinzukommen, um sich einen Eindruck von der aktuellen Situation zu verschaffen. Journalistinnen und Journalisten erleben seit Jahren, dass alle Anfragen vom zuständigen Polizeipräfekten abgelehnt beziehungsweise gar nicht beantwortet werden. Die Öffentlichkeit soll draußen gehalten werden aus dem Zentrum. Von denjenigen, die im Lager arbeiten, traut sich kaum jemand zu sprechen. Informationen über die Zustände dort gibt es nur unter der Hand. Gleichzeitig sorgen derzeit etwa 1000 Soldaten, Carabinieri und Polizisten dafür, dass auf der 6000-Einwohner-Insel alle ankommenden Migrantinnen und Migranten sofort ins Erstaufnahmezentrum kommen. Seit Jahresbeginn waren das etwa 17.000. Trotzdem heißt es in diesen Tagen von Einheimischen: Lampedusa sei der vielleicht einzige Ort Italiens, in dem man keine Migranten auf den Straßen sieht. Ex-Bürgermeister: Situation "erbarmungswürdig" Einer, der die Mauer des Schweigens um das Aufnahmelager auf Lampedusa durchbricht, ist der frühere Bürgermeister Salvatore Martello. Die aktuelle Situation dort, erzählt er, sei "erbarmungswürdig". Als vor kurzem innerhalb von 24 Stunden mehr als 3000 Migranten nach Lampedusa gekommen sind, hätte es für die Migrantinnen und Migranten im Aufnahmezentrum sogar Schwierigkeiten gegeben, "einen Platz zum Sitzen zu finden, ganz zu schweigen von Möglichkeiten, sich zu waschen und auszuruhen." Fehlende Privatsphäre Martello ist auch nach seinem Abschied aus dem Bürgermeisteramt im vergangenen Jahr auf der Insel gut vernetzt. Der Unternehmer beruft sich in seinen Aussagen auf Informanten, die im Zentrum arbeiteten. Ein Freiwilliger, der für eine kirchliche Einrichtung gelegentlich im Lager ist, bestätigt im vertraulichen Gespräch die Aussagen Martellos. Vor allem die hygienische Situation in der Einrichtung sei unwürdig, es fehle unter anderem an Duschen. Der ehemalige Inselbürgermeister beklagt auch die fehlende Privatsphäre für die Migranten und vor allem die Migrantinnen im Aufnahmezentrum: "Du hast dort Kinder, Frauen, Männer, die alle zusammengesteckt werden. Wenn eine Frau duschen oder sich waschen will, dann muss sie das vor allen machen." Notwendige Erweiterung nicht möglich Ausgelegt ist das Lager auf der italienischen Insel, die näher an Tunesien als an Sizilien liegt, für 400 Menschen. Seit Jahresanfang ist das Erstaufnahmezentrum fast permanent überfüllt, teilweise wurden achtmal so viele Migrantinnen und Migranten auf das Gelände gesteckt, wie erlaubt. Eine dringend notwendige Erweiterung der Einrichtung ist nicht möglich, da sie vor Jahren bewusst in ein sehr kleines Tal in der Mitte der Insel platziert wurde, zu dem aus dem Hauptort nur eine einsame Betonpiste führt. Die Wahl des Ortes sollte die Geflüchteten weit fernhalten von den Touristinnen und Touristen auf der Insel. Martello beklagt, dass über die aktuellen Zustände im Aufnahmezentrum auch die dort tätigen Hilfsorganisationen schweigen würden: "Sie reden nicht, weil sie sich ihre Vereinbarung mit dem Ministerium für die Arbeit dort erhalten wollen." Sie müssten sich verpflichten, erklärt der frühere Bürgermeister, "nicht über die Zustände im Lager zu berichten. Daher erzählen sie in der Öffentlichkeit nicht, wie die Dinge stehen." Stark gestiegen Zahl an Bootsmigranten Die Zustände auf Lampedusa haben auch etwas zu tun mit der stark gestiegenen Zahl an Bootsmigrantinnen und -migranten auf dem Mittelmeer. Seit Jahresanfang sind viermal so viele nach Italien gekommen wie vor einem Jahr. Vor allem aus Tunesien, wo es derzeit eine Welle von Rassismus gegen Migranten aus Ländern südlich der Sahara gibt, machen sich Woche für Woche Tausende auf den Weg Richtung Lampedusa. Der ehemalige Inselbürgermeister Martello aber sagt: Die Situation im Aufnahmezentrum habe sich auch deswegen zugespitzt, weil die italienische Regierung es nicht schaffe, die Migrantinnen und Migranten regelmäßig nach Sizilien zu bringen und von dort auf die italienischen Regionen zu verteilen. Außenminister will europäische Lösung In Rom arbeitet die Regierung Meloni derzeit an ihrem dritten Gesetzespaket zum Thema Migration innerhalb von fünf Monaten. Auf einer Pressekonferenz vor Auslandsjournalisten in der Hauptstadt betonte Außenminister Antonio Tajani, viele der in Lampedusa ankommenden Migrantinnen und Migranten wollten gar nicht nach Italien, sondern in andere europäische Länder, nach Frankreich oder Deutschland. Auch deswegen, sagte Tajani, müsse es einen gemeinsamen Willen geben, "diese Situation auf europäischer Ebene zu lösen". Priorität solle ein Hilfspaket für Tunesien sein, um den derzeitigen Exodus aus dem Land Richtung Italien zu stoppen.
/ausland/europa/lampedusa-149.html
2023-04-05
"Keine Grenzen zwischen uns"
Selenskyjs Staatsbesuch in Polen
Der ukrainische Präsident Selenskyj ist zu seinem Staatsbesuch im Nachbarland Polen eingetroffen. Er dankte seinem polnischen Kollegen für die Hilfe im russischen Angriffskrieg und die Aufnahme von Geflüchteten. mehr
Der ukrainische Präsident Selenskyj ist zu seinem Staatsbesuch im Nachbarland Polen eingetroffen. Er dankte seinem polnischen Kollegen für die Hilfe im russischen Angriffskrieg und die Aufnahme von Geflüchteten. Der Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenksyj in Polen war schon im Vorfeld ungewöhnlich: Im Gegensatz zu den bisherigen Auslandsreisen Selenskyjs wurde dieser im Voraus ohne große Geheimhaltung angekündigt. Auch dass Olena Selenska, die Ehefrau des Präsidenten, dabei ist, ist etwas besonderes. Das Büro für Außenpolitik des polnischen Präsidenten Andrzej Duda teilte mit, es sei Selenskyjs erster Besuch dieser Art seit Kriegsbeginn. Das Ehepaar wurde mit militärischen Ehren empfangen. Der Aufenthalt ist als Dankbarkeitsgeste an Polen gedacht, das der Ukraine bei ihrer Verteidigung gegen Russland wichtige Hilfe geleistet hat. Besonders in den ersten Tagen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hätten die grenznahen Orte in Polen "ihre Türen geöffnet, und es gab keine Grenzen zwischen uns", sagte Selenskyj bei einem Treffen mit seinem polnischen Kollegen Duda in Warschau. 1,6 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine in Polen Das sei der Anfang dafür, dass es in Zukunft keine Grenzen mehr zwischen den Nachbarländern geben werde. "Keinerlei Grenzen in politischer, wirtschaftlicher und - besonders wichtig - in historischer Hinsicht", betonte der 45-Jährige mit Blick auf die schwierige ukrainisch-polnische Vergangenheit. Selenskyj dankte Duda und den Polen für die gewährte Hilfe "auf dem schwierigen Weg zu unserem Sieg". Ukrainische Flüchtlinge könnten sich dank der Menschen in Polen in ihrem Nachbarland "wie zu Hause fühlen" und seien nicht nur Gäste. Polen hat nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) etwa 1,6 Millionen Geflüchteten aus dem Nachbarland Schutzstatus gewährt. Das EU- und NATO-Land macht sich außerdem immer wieder für westliche Militärhilfe für die von Russland angegriffene Ukraine stark. "Weißer Adler" für Selenskyj Duda verlieh Selenskyj die höchste polnische Auszeichnung, den Orden des Weißen Adlers. Er erhalte den Orden für seine Verdienste um die Vertiefung der polnisch-ukrainischen Beziehungen, seinen Einsatz für die Sicherheit sowie für die Verteidigung der Menschenrechte, sagte Duda in seiner Würdigung.
/ausland/selenskyj-polen-duda-101.html
2023-04-05
Sturgeon-Ehemann festgenommen
Medienberichte
Der Ehemann der zurückgetretenen schottischen Regierungschefin Sturgeon ist laut Medienberichten festgenommen worden. Die Polizei bestätigte Ermittlungen zu finanziellen Ungereimtheiten in Sturgeons Partei SNP.  mehr
Der Ehemann der zurückgetretenen schottischen Regierungschefin Sturgeon ist laut Medienberichten festgenommen worden. Die Polizei bestätigte Ermittlungen zu finanziellen Ungereimtheiten in Sturgeons Partei SNP.  Kurz nach dem Rücktritt von Nicola Sturgeon als schottische Regierungschefin ist Berichten zufolge deren Ehemann festgenommen worden. Die schottische Polizei teilte mit, man habe im Rahmen von Ermittlungen zu den Finanzen der Schottischen Nationalpartei (SNP) einen 58-jährigen Mann festgenommen, der nun von Ermittlern befragt werde. Vor dem Haus des Paares in Glasgow war ein Streifenwagen geparkt, das Gebiet wurde abgesperrt.  Der britischen Nachrichtenagentur PA und weiteren Medien zufolge soll es sich dabei um Sturgeons Ehemann Peter Murrell handeln. Dieser war bis vor kurzem für die Finanzen der regierenden SNP zuständig, musste jedoch wegen Ungereimtheiten - auch zu den Mitgliederzahlen der Partei - schließlich von dem wichtigen Parteiamt zurücktreten. Gelder für Unabhängigkeitskampagne verschwunden Dabei gehe es um den Verbleib von mehr als 600.000 Pfund, die 2017 von schottischen Unterstützern der schottischen Unabhängigkeit gesammelt worden waren. Diese Summe war für eine entsprechende Kampagne vorgesehen, ist aber nicht mehr auffindbar.  Die Partei wollte die Ermittlungen nicht kommentieren, kündigte aber an, vollumfänglich zu kooperieren.  Die Festnahme dürfte auch Spekulationen über die Rücktrittsgründe von Sturgeon selbst anheizen. Diese hatte im Februar angekündigt, sich aus persönlichen Gründen nach mehr als acht Jahren von der Partei- und Regierungsspitze zurückzuziehen. Seit Anfang der Woche ist ihr Parteifreund Humza Yousaf neuer Regierungschef des nördlichsten britischen Landesteils. Nach einem turbulenten Wahlkampf will er die Partei hinter sich vereinen.  Die Schottische Nationalpartei arbeitet in der Regierung mit den schottischen Grünen zusammen und vertritt eine liberal-progressive Politik. Wichtigstes Ziel ist jedoch, Schottland als unabhängigen Staat aus dem Vereinigten Königreich und zurück in die EU zu führen.
/ausland/europa/verhaftung-sturgeon-snp-101.html
2023-04-05
Drogenbanden unterwandern Europas Häfen
Bericht von Europol
Sie bestechen Mitarbeiter oder schleusen Komplizen ein: Drogenbanden unterwandern Europol zufolge zunehmend europäische Häfen - unter anderem den in Hamburg. Immer häufiger knacken sie dabei digitale Sicherheitscodes. mehr
Sie bestechen Mitarbeiter oder schleusen Komplizen ein: Drogenbanden unterwandern Europol zufolge zunehmend europäische Häfen - unter anderem den in Hamburg. Immer häufiger knacken sie dabei digitale Sicherheitscodes. Organisierte Drogenbanden infiltrieren nach einem Bericht von Europol zunehmend die großen Häfen Europas. "Europas drei größte Häfen, nämlich die von Antwerpen, Rotterdam und Hamburg, gehören zu den Hauptzielen von krimineller Unterwanderung", geht aus einer aktuellen Analyse von Europol hervor. Die Banden würden Hafenbeamte oder Mitarbeiter von Firmen bestechen, Komplizen einschleusen und zunehmend auch die digitalen Sicherheitscodes von Containern knacken. Erstmals hatten Sicherheitsexperten die Risiken der großen Seehäfen von Antwerpen, Rotterdam sowie Hamburg und Bremerhaven analysiert. Kokain zwischen Autoteilen oder Bananen Die internationalen Banden nutzen Europol zufolge vor allem den Containerverkehr, um Kokain in die EU zu schleusen. Die Drogen würden zwischen legalen Waren wie Autoteile oder Bananen versteckt und dann in den Häfen wieder herausgeholt. "Kriminelle Netzwerke arbeiten eng zusammen, um die Sicherheit an den Landgrenzen sowie an den Flug- und Seehäfen zu umgehen", sagte Exekutivdirektorin von Europol, Catherine De Bolle. Dabei hätten sie vor allem Profit im Sinn. Organisiertes Verbrechen wird digitaler Die Verbrecher-Netzwerke setzen dem Bericht zufolge vor allem auf Korruption von Hafenmitarbeitern. Doch die Bestechung von vielen Einzelpersonen und damit Mitwisser stelle für sie auch große Risiken dar. Daher würden die Banden auf neue Methoden setzen. Sie zielten der Analyse der Experten zufolge zunehmend auf die digitalen Sicherheitscodes für See-Container. Mit diesen Codes könnten sie Container öffnen, aber diese auch problemlos aus den Sicherheitsbereichen der Häfen schaffen. Dafür seien weniger Bestechungen und Komplizen notwendig. Banden schleusten auch selbst professionelle Teams ein, um die Waren aus den Containern zu holen. Dabei nutzten sie die "Methode Trojanisches Pferd", wie die Experten darstellten. Professionelle "Rausholer-Teams" würden auf das Hafengelände eingeschleust und bekommen nach Schätzungen von Europol zwischen sieben und 15 Prozent des Wertes der illegalen Ladung - oft Hunderttausende Euros. EU: Zusammenarbeit auf allen Ebenen "Wir arbeiten mit den Behörden auf allen Ebenen zusammen, um die Systeme zur Bekämpfung der in diesem Bericht beschriebenen kriminellen Aktivitäten zu stärken", erklärte EU-Kommissarin für Inneres, Ylva Johansson, dem Bericht zufolge. In den Seehäfen der EU kommen nach Angaben von Europol jährlich rund 90 Millionen Container an. Doch nur ein Bruchteil kann auch auf illegale Waren kontrolliert werden. Im vergangenen Jahr hatten Zollfahnder allein in den Häfen von Rotterdam und Antwerpen die Rekordmenge von insgesamt rund 200 Tonnen Kokain sichergestellt.
/ausland/europa/europol-organisiertes-verbrechen-haefen-101.html
2023-04-05
Schwere Zusammenstöße in Al-Aksa-Moschee
Jerusalem
Der Tempelberg gilt als Brennpunkt des israelisch-palästinensischen Konflikts. In der Al-Aksa-Moschee gab es nun offenbar schwere Zusammenstöße. Die Palästinenser erheben Vorwürfe gegen Israel. mehr
Der Tempelberg gilt als Brennpunkt des israelisch-palästinensischen Konflikts. In der Al-Aksa-Moschee gab es nun offenbar schwere Zusammenstöße. Die Palästinenser erheben Vorwürfe gegen Israel. In der Al-Aksa-Moschee in der Jerusalemer Altstadt ist es nach palästinensischen Medienberichten zu Zusammenstößen zwischen der israelischen Polizei und Palästinensern gekommen. Die Beamten hätten am frühen Morgen das Gotteshaus gestürmt und Gläubige angegriffen, meldete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa. Dabei seien Dutzende Palästinenser verletzt worden, die in der Nacht anlässlich des Fastenmonats Ramadan in der Al-Aksa-Moschee gebetet hätten. Israelische Streitkräfte hätten die Sanitäter daran gehindert, die Moschee zu erreichen, teilte der palästinensische Rote Halbmond mit. Israel: Sicherheitskräfte gingen gegen "Randalierer" vor In sozialen Medien machten Videos die Runde, die offenbar zeigten, wie Polizisten dort mit Schlagstöcken und Gewehren auf Gläubige einschlugen. Der Auslöser der mutmaßlichen Eskalation war zunächst unklar. Die israelische Polizei erklärte, sie habe Gewalt angewandt, um Gläubige herauszuholen, die sich mit Feuerwerkskörpern, Steinen und Stöcken in der Moschee verschanzt hätten. Ein Polizist sei durch einen Stein am Bein verletzt worden. Dutzende "Randalierer" seien festgenommen worden, hieß es in der Mitteilung weiter. Brennpunkt des Nahost-Konflikts Die Al-Aksa-Moschee ist das drittwichtigste Heiligtum des Islams. Sie steht auf dem sogenannten Tempelberg, dem höchsten Heiligtum der Juden. Das Gelände ist seit Langem ein Brennpunkt des Nahost-Konflikts. Gewaltsame Konfrontationen am Tempelberg haben in der Vergangenheit zu Kriegen zwischen Israel und der im Gazastreifen herrschenden Hamas geführt, zuletzt im Jahr 2021. Die Lage ist in diesem Jahr zum Teil auch deswegen angespannter, weil der muslimische Fastenmonat Ramadan mit dem jüdischen Pessachfest und dem christlichen Osterfest zusammenfällt und dadurch mehr Menschen aller Religionsgruppen das Gelände aufsuchen. Sirenen in mehreren israelischen Städten Die Gewalt in Jerusalem löste Proteste von Palästinensern aus. Im Gazastreifen rief die Hamas zu Demonstrationen auf, Menschen strömten daraufhin auf die Straßen. Es gab Aufrufe, für weitere Proteste an den massiv gesicherten Grenzzaun zwischen Israel und dem Gazastreifen zu ziehen. Die radikale Palästinenserorganisation Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, sprach von einem "beispielloses Verbrechen" und rief die Palästinenser im Westjordanland dazu auf, "in Massen zur Al-Aksa-Moschee zu strömen, um sie zu verteidigen". Nach Angaben von AFP-Journalisten wurden in der Nacht zum Mittwoch mehrere Raketen aus dem Gazastreifen in Richtung Israel abgefeuert. Die israelische Armee berichtete, dass in mehreren israelischen Städten nahe des Gazastreifens Sirenen ausgelöst wurden.
/ausland/asien/israel-zusammenstoesse-al-aksa-moschee-101.html
2023-04-05
Landesbank meldet Milliardengewinn
Bilanz der BayernLB
Die Bankenbranche ist nach wie vor verunsichert. Umso erfreuter war man nun in München: Die BayernLB hat ihren Gewinn fast verdoppelt. Doch der Umbau der Landesbank ist noch nicht abgeschlossen. Von Rigobert Kaiser.
Die Bankenbranche ist nach wie vor verunsichert. Umso erfreuter war man nun in München: Die BayernLB hat ihren Gewinn fast verdoppelt. Doch der Umbau der Landesbank ist noch nicht abgeschlossen. Die BayernLB steht wieder sehr gut da. Im vergangenen Jahr hat sie über eine Milliarde Euro netto verdient. Das ist der höchste Gewinn seit Ausbruch der Bankenkrise im Jahr 2008, die damals auch die Landesbank in eine Existenz gefährdende Krise gestürzt hatte. Gerettet wurde sie in allerhöchster Not durch den Freistaat Bayern, der auf die Schnelle zehn Milliarden Euro zur Verfügung stellte. "Bankenkrise ein gekapseltes Thema" Die Notübernahme der Credit Suisse durch den Schweizer Konkurrenten UBS und die Rettungsmaßnahmen für die Silicon Valley Bank in den USA wecken aktuell Erinnerungen an und Vergleiche mit der Lehman-Pleite im Jahr 2008. Die BayernLB musste sich damals in der Folge einer gewaltigen Rosskur unterziehen. Sparten wie die Wohnungsbaugesellschaft GBW wurden verkauft, wertlose Immobilienpapiere aus den USA in eine hausinterne Bad Bank ausgelagert und abgewickelt, das internationale Geschäft drastisch verkleinert. Die ganze Bank schrumpfte, Tausende Mitarbeiter mussten gehen. Die Credit Suisse tat nichts dergleichen. Sie musste nicht von der Schweiz gerettet werden und machte weiter wie gewohnt.  Die Probleme des Credit Suisse seien selbstverschuldet, wehrt sich BayernLB-Chef Stefan Winkelmeier gegen jeden Vergleich. Auch mit der amerikanischen Spezialbank für Startup-Unternehmen Silicon Valley Bank gebe es keine Parallelen: "Ich würde sagen, es ist ein gekapseltes Thema einiger weniger Banken und weniger ein Phänomen in der Struktur und der Summe." Geschäftsmodell mit drei Säulen Die grundsanierte BayernLB hat im vergangenen Jahr nicht nur gut eine Milliarde Euro netto verdient, sie verfügt auch über sehr viel Eigenkapital. Mit über 17 Prozent ist die Quote mehr als doppelt so hoch wie von der Bankenaufsicht gefordert. Die Landesbank hat ihren Umbau aber noch nicht ganz abgeschlossen, räumt Winkelmeier ein. Aber die letzten Schritte werden in diesem Jahr angegangen. Das Geschäftsmodell steht auf drei Säulen. Die Berliner Online-Bank DKB steht für das Privatkundengeschäft der Landesbank. Aktuell ist sie mit 5,3 Millionen Kunden die zweitgrößte Direktbank nach der ING. Das Ziel, die Kundenzahl bis zum nächsten Jahr auf acht Millionen zu steigern, wurde aufgegeben. Trotzdem müsse die DKB wachsen und profitabler arbeiten, fordert Winkelmeier. Einen Verkauf, über den immer wieder spekuliert wird, schloss er aus. Es mache keinen Sinn in der gegenwärtigen Situation eine Bank verkaufen zu wollen. Die DKB profitiert von der Zinswende der EZB und dem massiven Anstieg der Kapitalmarktzinsen. Sie konnte ihren Zinsüberschuss von einer Milliarde Euro auf 1,3 Milliarden Euro steigern. Weniger Immobiliengeschäfte, mehr Goldhandel Ähnliche Effekte gibt es im zweiten Geschäftsfeld "Immobilien & Sparkassen/FI". Hier verbesserte sich der Zinsüberschuss von 363 auf 396 Millionen Euro. Gleichzeitig werden aber weniger Immobiliengeschäfte abgeschlossen. In dieser Sparte ist auch das Geschäft mit Edelmetallen angesiedelt. Der Umsatz im Goldhandel erreichte mit 85 Tonnen einen neuen Rekord. Der Bereich "Corporates & Markets" will sich verstärkt auf nachhaltige Finanzierungen fokussieren. Die BayernLB versteht sich als wichtigster regionaler Finanzierer für Windkraft, Solar- und Wasserenergie - auch in Zusammenarbeit mit den bayerischen Sparkassen. Landesbank-Chef Winkelmeier begrüßt trotz einiger Nachteile die Zinswende durch die Europäische Zentralbank. Angesichts der hohen Inflation führe an weiteren Anhebungen kein Weg vorbei. Die Volkswirte der BayernLB sagen für das laufende Jahr eine Teuerungsrate von sechs bis sieben Prozent voraus.
/wirtschaft/bayernlb-bilanz-101.html
2023-04-05
IG Metall fordert Vier-Tage-Woche
Tarifrunde in der Stahlindustrie
Die IG Metall wappnet sich für die nächsten Verhandlungen für die Stahlindustrie. Die geltenden Tarife laufen teils in diesem Jahr aus. Die Gewerkschaft pocht als erste Forderung auf eine Vier-Tage-Woche in der Branche. mehr
Die IG Metall wappnet sich für die nächsten Verhandlungen für die Stahlindustrie. Die geltenden Tarife laufen teils in diesem Jahr aus. Die Gewerkschaft pocht als erste Forderung auf eine Vier-Tage-Woche in der Branche. Noch dauert es einige Monate, bis in der nordwestdeutschen Stahlindustrie über neue Tarife verhandelt wird. Doch schon jetzt stellt die Gewerkschaft IG Metall erste Forderungen auf - und die sehen die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf vier Tage vor. Im Gespräch mit der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" betonte Knut Giesler, Verhandlungsführer und Vorsitzender der IG Metall in Nordrhein-Westfalen, dass die Vier-Tage-Woche mit einem vollen Lohnausgleich für die Beschäftigten der Branche einhergehen solle. "Wir wollen eine echte Entlastung für die Beschäftigten erreichen, ohne dass sie deshalb weniger verdienen", so Giesler. Von 35 auf 32 Stunden Konkret solle die Arbeitszeit pro Woche von 35 auf 32 Stunden reduziert werden. Davon verspricht sich Giesler einen "großen Fortschritt für die Lebensqualität und die Gesundheit" der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stahlindustrie. Zudem könne die Branche dadurch attraktiver für junge Menschen gemacht werden. Gleichzeitig hofft der Gewerkschaftsvorsitzende, den künftig drohenden Verlust von Arbeitsplätzen mithilfe der Vier-Tage-Woche verhindern zu können. Gleichzeitig räumte Giesler ein, dass die Umstellung auf eine Vier-Tage-Woche Zeit brauchen werde. Vor allem in Unternehmen, deren Angestellte im Drei-Schicht-Betrieb tätig sind, sei ein solcher Wechsel schwieriger umzusetzen. Sollten die Arbeitgeber der Forderung der IG Metall nachkommen, rechnet Giesler daher mit "längeren Einschleichzeiten", womöglich könne die Umstellung teils mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Entgelttarife laufen im November aus Sowohl in der nordwestdeutschen als auch in der ostdeutschen Stahlindustrie laufen die bestehenden Entgelttarife zum 30. November dieses Jahres aus, Ende Februar 2024 folgt das Saarland. In der Regel wird in der Tarifrunde für die nordwestdeutsche Stahlindustrie - also für Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen und Bremen - bei erfolgreichen Verhandlungen ein Pilotabschluss erzielt, der in den anderen Bundesländern umgesetzt wird.
/wirtschaft/stahlindustrie-tarife-igmetall-101.html
2023-04-05
Lauterbachs Rezept gegen den Mangel
Arzneimittelengpässe
Apotheker, die leere Medikamentenschubladen aufziehen - das war in letzter Zeit immer wieder Alltag. Gesundheitsminister Lauterbach plant, das zu ändern. Wie schlimm ist der Mangel und wie soll es besser werden? Von Nadine Bader.
Apotheker, die leere Medikamentenschubladen aufziehen - das war in letzter Zeit immer wieder Alltag. Gesundheitsminister Lauterbach plant, das zu ändern. Wie schlimm ist der Mangel und wie soll es besser werden? Die Ausgangslage Eltern, die panisch versuchen, Fiebersaft für ihre kranken Kinder zu besorgen: Es waren solche Zustände, die im Dezember Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach unter Druck setzten. Es folgte ein hektisch verfasstes Eckpunktepapier zu Arzneimittelengpässen. Der Minister hat seine Pläne mit einem Gesetzentwurf konkretisiert. Heute hat das Bundeskabinett dem Entwurf zugestimmt. Wie umfassend ist der Arzneimittelmangel? Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gibt es aktuell bei 467 Medikamenten Lieferengpässe. Die Zahl der Engpässe ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Betroffen sind unter anderem Arzneimittel zur Behandlung von Krebserkrankungen und Antibiotika, aber auch Asthma- sowie Cortison-Präparate. Der Interessenverband Pro Generika nennt auch Herz-Kreislauf-Medikamente, Schmerzmittel und Antidepressiva, die immer wieder knapp würden. Die Situation bei Fiebersäften für Kinder hat sich laut Bundesgesundheitsministerium "moderat entspannt". Zudem verweist das Ministerium darauf, dass die betroffenen Arzneimittel sich zum großen Teil ersetzen lassen würden, sodass die Versorgung der Patientinnen und Patienten nicht gefährdet sei. Für die Apotheken ist das aber mit einem großen Aufwand verbunden. Und die Ersatzpräparate sind nicht immer die Mittel, auf die die Patienten eingestellt sind und die sie am besten vertragen. Was sind Ursachen für die Lieferengpässe? Die Ursachen sind vielfältig. Dazu gehört ein starker Kostendruck bei der Herstellung patentfreier Arzneimittel, der zu einer weitgehenden Verlagerung der Produktion nach China und Indien geführt hat. Die Konzentration auf wenige Produktionsorte und mögliche Qualitätsprobleme bei der Produktion führen zu weitergehenden Lieferunsicherheiten. Plötzliche starke Nachfragesteigerungen können das Problem akut verschärfen. Zum Beispiel, als Kinder vergangenen Winter reihenweise mit Infekten zu kämpfen hatten und Fiebersäfte knapp wurden. Der starke Kostendruck auf Hersteller von patentfreien Arzneimitteln, sogenannte Generika, ist hausgemacht. Denn im Gesundheitssystem wurden Instrumente verankert, um die Ausgaben der Krankenkassen für Medikamente zu begrenzen. Zum Beispiel durch Festbeträge. Das sind Höchstbeträge, die für die Erstattung von bestimmten Arzneimitteln festgelegt werden. Dieses Instrument wurde 1989 unter Federführung des damaligen Bundesarbeits- und Sozialministers Norbert Blüm (CDU) mit dem Gesundheits-Reformgesetz eingeführt. Seit 2003 können Krankenkassen zudem Rabattvereinbarungen über Arzneimittel mit Pharmaunternehmen abschließen. Es erhalten also die Anbieter den Zuschlag, die den günstigsten Preis bieten. Geregelt wurde das im Beitragssatzsicherungsgesetz, das von der damaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) eingeführt wurde. Seit 2007 sind Apotheker zudem verpflichtet, gegen ein eingereichtes Rezept genau das wirkstoffgleiche Präparat herauszugeben, für das die Krankenkasse des Patienten einen Rabattvertrag abgeschlossen hat. Die Einsparungen für das Gesundheitssystem belaufen sich auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr. Was steht im Gesetzentwurf? Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will den Kostendruck bei der Produktion von bestimmten patentfreien Medikamenten, nämlich bei Antibiotika, verringern. Lauterbachs Ziel ist, die Wirkstoffproduktion in der EU zu stärken. Deshalb sollen künftig Krankenkassen Firmen mit Wirkstoffproduktion in der EU bei Ausschreibungen stärker berücksichtigen. Ergänzend zur Vergabe nach dem günstigsten Preis sollen sie einen Zuschlag nach dem Kriterium Wirkstoffproduktion in der EU vergeben. In einem vorhergehenden Entwurf waren auch Krebsmedikamente vorgesehen, die in der neuen Fassung nun offenbar gestrichen wurden. Für Arzneimittel für Kinder soll es zudem künftig keine Festbeträge und keine Rabattverträge mehr geben. Für patentfreie, rabattierte Arzneimittel soll generell eine mehrmonatige Lagerhaltung verbindlich werden. Für patentgeschützte Arzneimittel soll es zusätzliche finanzielle Anreize geben, um die Entwicklung von Reserveantibiotika zu fördern. Konkret sollen für anerkannte Reserveantibiotika mit neuen Wirkstoffen die höheren Preise bei Markteinführung länger gelten. Für Apotheken will Lauterbach die Möglichkeiten zum Arzneimittelaustausch erweitern. Sie sollen künftig alle rezeptpflichtigen Medikamente, die nicht innerhalb einer angemessenen Zeit lieferbar sind, gegen ein verfügbares, wirkstoffgleiches Präparat austauschen dürfen. Und um zukünftig frühzeitig Lieferengpässe zu erkennen, soll das BfArM ein Frühwarnsystem einrichten, das drohende versorgungsrelevante Lieferengpässe bei Arzneimitteln identifiziert. Wie erfolgversprechend sind die geplanten Maßnahmen? Experten sind sich weitgehend einig, dass Handlungsbedarf besteht und die Maßnahmen zumindest ein Anfang sind. Den Kostendruck auf Generika, also Nachahmerpräparate von nicht mehr patentgeschützten Medikamenten zu senken, sei auf jeden Fall eine gute Idee, sagt die Pharmaexpertin Jasmina Kirchhoff vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Sie spricht von einem "ruinösen Preiskampf bei generischen Arzneimitteln". Ein Umdenken sei hier schon lange überfällig. Dass es bei einigen Rabattverträgen nun nicht mehr nur um den geringsten Preis gehen solle, sondern auch die im Standortvergleich teureren europäischen Produktionen zum Zug kommen sollen und bei Kinderarzneimitteln Festbetragsgruppen aufgelöst und Rabattverträge abgeschafft werden, sei ein erster Schritt in die richtige Richtung, sagt Kirchhoff. Eine schnelle Verbesserung der Situation und eine zeitnahe Rückverlagerung der Produktion in die EU, ist dadurch aber wohl nicht zu erwarten. "Wir werden das bei weitem nicht schaffen, für jedes Arzneimittel einen europäischen Hersteller zu finden", sagt die Pharmazie-Professorin Ulrike Holzgrabe. Die Entwicklung, alles in China zu kaufen, laufe seit Jahren. Das lasse sich auch "nicht so ad hoc zurückdrehen". Die Professorin rechnet mit einem Zeithorizont von mindestens zehn Jahren, um die Rückverlagerung in Gang zu setzen. Auch Arzneiexperte Wolfgang Becker-Brüser, Herausgeber der unabhängigen Fachzeitschrift "Arznei-Telegramm", ist skeptisch. Die Produktion in Europa sei in großen Bereichen eingedampft worden. Eine Rückverlagerung gehe nicht kurzfristig. Fragezeichen hinterlässt auch die teils vage Formulierung im Gesetzentwurf. So ist beispielsweise davon die Rede, dass die Rabattverträge von den Krankenkassen so ausgeschrieben werden sollen, dass auch Hersteller berücksichtigt werden "sollen", die den entsprechenden Wirkstoff in Europa produzieren. Von "müssen" stehe da nichts, kritisiert Becker-Brüser. Das sei im Prinzip nur eine Willenserklärung und keine Handlungsanweisung. Wo greift der Gesetzentwurf zu kurz? Ein wesentlicher Kritikpunkt bezieht sich darauf, dass Lauterbach sich bei der Diversifizierung der Lieferketten auf nur eine Arzneimittelgruppe fokussiert: Antibiotika. In einem vorhergehenden Entwurf waren auch Arzneien gegen Krebs enthalten. Aus Sicht von Bork Bretthauer vom Verband Pro Generika ist diese Fokussierung nicht nachvollziehbar. Dieses Gesetz werde das Engpass-Problem nicht lösen, sagt Bretthauer. Ähnlich sieht das Arzneiexperte Becker-Brüser. Es handele sich um ein grundlegendes Problem. Zum Beispiel auch bei Schmerzmitteln, Blutdrucksenkern und vielen anderen Arzneimitteln. Um die Situation wirklich grundlegend zu verbessern, wäre es nötig, dass zumindest wesentliche Arzneimittel wieder in Europa produziert würden, sagt Becker-Brüser. Auch Pharmaexpertin Kirchhoff kritisiert, den Spardruck nur für einzelne Bereiche zu lockern, werde nicht genügen, um das grundlegende Problem in der Versorgung zu lösen. Zudem reicht aus ihrer Sicht die Stärkung des Produktionsstandorts Europa nicht aus. Es müssten auch Hersteller belohnt werden, die ihre Lieferketten breit genug aufstellen, also in zusätzliche Zulieferer oder Produktionsstandorte investieren, um Liefersicherheit garantieren zu können. Dafür sei es aus ökonomischer Sicht weniger relevant, wo die Zulieferer und Produktionsstandorte seien, sondern wie viele und wie gut verteilt diese auf dem globalen Markt seien. Wer soll die steigenden Kosten für Arzneimittel tragen? Arzneimittel machen nach Krankenhausbehandlungen und ärztlichen Behandlungen einen wesentlichen Ausgabenposten der Krankenkassen aus. Die Kosten steigen seit Jahren an, zuletzt auf knapp 49 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Doch nur ein kleiner Teil davon entfällt auf Generika, während der Verordnungsanteil von Generika am gesamten Arzneimittelmarkt bei etwa 80 Prozent liegt. Die "relevanten Kostentreiber" seien also die patentgeschützten Arzneimittel, sagt Arzneiexperte Becker-Brüser. Die Politik tut sich allerdings schwer, hier regulierend einzugreifen. Schnell kommt dann das Argument, dass Firmen sich ansonsten aus der Forschung an neuen Arzneimitteln in Deutschland zurückziehen könnten. Einen Hebel sieht Becker-Brüser aber doch: Er empfiehlt, die Unternehmen zum Beispiel zu verpflichten, dass sie die tatsächlich entstandenen Kosten für Forschung und Entwicklung nachvollziehbar deklarieren und transparent machen müssen. Transparenz sei eine wichtige Voraussetzung für seriöse und nachvollziehbare Preise. In jedem Fall müsste man aber auch für die Rückverlagerung der Generika-Herstellung viel Geld in die Hand nehmen. Da gehe es um Kosten im Bereich vieler Milliarden Euro, sagt Becker-Brüser. Wohl auch deshalb sehen die Krankenkassen, die das Geld der Beitragszahler beisammen halten wollen, die Pläne Lauterbachs kritisch. Stefanie Stoff-Ahnis vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) spricht in Bezug auf Rabattverträge und Festbeträge von bewährten Instrumenten, die die Beitragszahler jedes Jahr vor zusätzlichen Kosten in Milliardenhöhe schützen würden. Wenn diese Mechanismen einfach ausgehebelt werden, würden die Portemonnaies der Beitragszahler zusätzlich belastet. Pharmaexpertin Kirchhoff plädiert dafür, grundsätzlich zu überlegen, wie man das Gesundheitssystem zukunftssicher aufstellen könne. Jedes Jahr zu schauen, wie man das finanzielle Loch in der gesetzlichen Krankenversicherung notdürftig stopfe, das sei keine Strategie.
/inland/innenpolitik/arzneimittel-engpaesse-103.html
2023-04-05
Luftschloss oder Zukunft der Luftfahrt?
Flugtaxi-Startup Volocopter
Ein deutsches Startup will Luftfahrtgeschichte schreiben und bereits in einem Jahr ein elektrisches Flugtaxi an den Start bringen. Die rechtlichen Hürden sind hoch - und die Konkurrenz groß. Von Tim Diekmann.
Ein deutsches Startup will Luftfahrtgeschichte schreiben und bereits in einem Jahr ein elektrisches Flugtaxi an den Start bringen. Die rechtlichen Hürden sind hoch - und die Konkurrenz groß. Bislang sind es vor allem Segelflieger und kleinere Sportflugzeuge, die vom Flugplatz Bruchsal abheben. Freizeitflieger, die nach einer Runde über Nordbaden im vereinseigenen Restaurant zu Schnitzel und Pommes einkehren und den Blick auf ihren Flugplatz genießen. Der Platz ist eine grüne Oase zwischen Gewerbegebieten und der Autobahn A5. Genau hier will das Bruchsaler Unternehmen Volocopter schon bald Luftfahrtgeschichte schreiben. Neben dem alten, bundeswehrgrünen Hangar für Segelflieger wurde dafür in wenigen Monaten ein moderner Hangar für Flugtaxis hochgezogen. "Von hier aus werden sich elektrische Flugtaxis auf den Weg in die Welt machen und die Art und Weise, wie wir Menschen uns ins Städten bewegen nachhaltig verändern", so Volocopter-Chef Dirk Hoke bei der Eröffnung des Hangars. Produktion in Deutschland startet Mit der Fertigstellung des neuen, mehrere Millionen Euro teuren Hangars ist Volocopter bereit für die Serienproduktion. Bis zu 50 "VoloCitys", so heißt das Bruchsaler Flugtaxi-Modell, können dann pro Jahr in der badischen Provinz produziert werden. Im Drei-Schicht-Betrieb wären bis zu 150 Einheiten pro Jahr machbar. Während im neuen Hangar künftig die Endmontage stattfinden soll, arbeiten rund zwei Kilometer entfernt Ingenieure an den Rotoren aus Karbon. Der Werkstoff ist aufgrund seines geringen Gewichts und der gleichzeitigen Festigkeit auch im Motorsport im Einsatz. 18 Rotoren treiben den mehr als eine Tonne schweren Multikopter an. Das meiste Gewicht machen die neun eingebauten Batterien aus, die eine Reichweite von gerade einmal 35 Kilometern haben. "Die größte technologische Herausforderung bei dem Betrieb von elektrischen Flugtaxis ist die Energiespeicherung", sagt Volker Gollnick vom Institut für Lufttransportsysteme an der TU Hamburg. Batterien seien zur Zeit noch verhältnismäßig schwer und böten nur eine geringe Speicherkapazität. Ein Problem, das auch den Geschäftsführer von Volocopter beschäftigt. Das erste Flugtaxi werde deshalb nur zwei Menschen Platz bieten, sagt Geschäftsführer Hoke: "Die Leistungsdichte der Batterien ist heute noch nicht geeignet um vier, fünf, sechs oder sieben Menschen zu transportieren." Das sei aber langfristig das Ziel. Goldgräberstimmung und viel Konkurrenz Weltweit arbeiten Ingenieure an der Luftfahrt der Zukunft und hoffen mit der Entwicklung von elektrisch fliegenden Taxis einen ganz neuen Markt zu erschließen. Die deutschen Unternehmen Lillium in Bayern und Volocopter in Baden-Württemberg gelten unter Experten als besonders vielversprechend im Segment der so genannten "Urban Air Mobility". Mit Airbus ist auch ein klassischer Flugzeugbauer an der Entwicklung von Flugtaxis beteiligt. Ein weiteres Projekt, das maßgeblich von Google-Mitbegründer Larry Page vorangetrieben wurde, hatte im vergangenen Jahr dagegen seinen Betrieb eingestellt. "Der Luftverkehr lebt von Innovationen", sagt Karsten Benz von der Hochschule Worms. "Die Menschen haben ein Mobilitätsbedürfnis. Sie wollen von A nach B kommen und bleiben viel zu oft im Stau stehen. Air Taxis bieten eine umweltfreundliche Alternative." Der Professor für Luftverkehrsmanagement sieht eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten, zum Beispiel zur Verbindung von Flughäfen mit der Innenstadt. Flugtaxis seien aber eher als Ergänzung zu betrachten und nicht als Ersatz für bestehende Transportmöglichkeiten. 4,2 Millionen Euro vom Bund Eine weitere Einsatzmöglichkeit erforscht die ADAC Luftrettung gemeinsam mit dem Startup aus Bruchsal. Der Multikopter könnte aufgrund seiner geringeren Größe und Lautstärke klassische Rettungshelikopter im städtischen Raum ersetzen. Der klare Fokus liegt bei den meisten Unternehmen aber im Individualverkehr. "Unser Ziel ist es, für Menschen neue Perspektiven der Mobilität zu ermöglichen", sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing bei der Eröffnung des neuen Volocopter-Hangars in Bruchsal. Der FDP-Minister ist bereits zum zweiten Mal beim Startup zu Gast. Er spricht von Pionierarbeit und den Beginn einer neuen Ära der Luftfahrt. "Wir wollen, dass Deutschland als Erstes abhebt." Dafür unterstützt der Bund das Projekt mit rund 4,2 Millionen Euro. Selten genug kommt es vor, dass ein deutsches Technik-Startup weltweit führend ist. Hohe Hürden bei der Zulassung Erstmals kommerziell abheben möchte Volocopter bereits im kommenden Jahr bei den olympischen Spielen in Paris. Auf mehrere Routen sollen die Multikopter Zuschauer durch die Stadt fliegen. Nach Olympia soll es dann Schlag auf Schlag gehen: Rom, Singapur, Osaka und die saudi-arabische Planstadt Neom wollen noch 2024 den Flugtaxi-Betrieb starten. Das gelingt allerdings nur, wenn die Behörden mitspielen. Und das könnte noch zum Problem werden. "Es ist eine Herkulesaufgabe, hier eine Zertifizierung für die Luftverkehrstauglichkeit zu bekommen", gibt Luftverkehrsexperte Karsten Benz zu bedenken. "Flugtaxis müssen integrierbar in den bestehenden Luftverkehr sein. Dazu bedarf es neue Konzepte der Luft- und Flugsicherung."   Bei Volocopter in Bruchsal sind sie zuversichtlich, im zweiten Quartal 2024 die notwendige Musterzulassung der europäischen Flugsicherheitsbehörde EASA zu erhalten. "Volocopter hat von Anfang an nicht auf fancy Design, sondern auf Zertifizierbarkeit geachtet", sagt Geschäftsführer Hoke. Noch viele offene Fragen Fraglich ist, wie wirtschaftlich solche Flugtaxis in Zukunft betrieben werden können und wie viel sie einmal kosten werden. Eine Studie der Hochschule für Technik in Stuttgart im Auftrag von Volocopter hat ergeben, dass Menschen bereit wären, 60 bis 100 Euro für den Weg vom auswärts gelegenen Stuttgarter Flughafen in die Innenstadt zu bezahlen. In etwa so viel, wie mit dem bodengebundenen Taxi, das sich schon heute nur wenige leisten. "Das würde bedeuten, dass es nur wenige Menschen gibt, die tatsächlich bereit sind, das Angebot für den Preis wahrzunehmen", kritisiert Experte Benz von der Hochschule Worms. Unklar ist auch, wann Flugtaxis komplett autonom und ohne Pilot in die Luft gehen können. Eine Zukunftsvision, mit der Entwickler gerne werben. Expertinnen und Experten glauben, dass das erst in den 2030er-Jahren möglich sein wird - frühestens.
/wirtschaft/technologie/flugtaxi-startup-101.html
2023-04-05
Was ist neu, was ändert sich?
Pflegereform
Für Kinderlose wird die Pflegeversicherung teurer, Eltern mit mehreren Kindern sollen entlastet werden. Was ist neu im Gesetzentwurf zur Pflegereform, was genau ändert sich? Die wichtigsten Punkte im Überblick. mehr
Für Kinderlose wird die Pflegeversicherung teurer, Eltern mit mehreren Kindern sollen entlastet werden. Was ist neu im Gesetzentwurf zur Pflegereform, was genau ändert sich? Die wichtigsten Punkte im Überblick. Höhere Beiträge zur Pflegeversicherung: Zum Juli dieses Jahres werden die Beiträge angehoben. Damit werden die Einnahmen der Pflegeversicherung um 6,6 Milliarden Euro pro Jahr steigen, also in diesem Jahr noch um 3,3 Milliarden Euro. Zum anderen muss die Regierung ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April 2022 umsetzen, wonach Eltern mit mehreren Kindern bei den Beiträgen entlastet werden müssen. Der allgemeine Beitragssatz soll von 3,05 Prozent des Bruttoeinkommens auf 3,4 Prozent steigen. Kinderlose zahlen vier Prozent Pflegebeitrag, bisher sind es 3,4 Prozent. Eltern mit einem Kind zahlen den normalen Beitrag, vom zweiten Kind an wird er um jeweils 0,25 Beitragssatzpunkte verringert. Er beträgt also mit zwei Kindern 3,15 Prozent, mit drei Kindern 2,90 Prozent, mit vier Kindern 2,65 Prozent und mit fünf Kindern 2,4 Prozent. Weitere Kinder verringern den Beitrag nicht. Künftig soll die Bundesregierung ermächtigt werden, die Beiträge durch Rechtsverordnung zu erhöhen, um kurzfristig auf Finanznöte der Pflegeversicherung reagieren zu können. Pflege zu Hause: Die Leistungen aus der Pflegeversicherung für Angehörige, die die Versorgung allein oder mithilfe von Pflegediensten zu Hause übernehmen, werden Anfang 2024 um fünf Prozent erhöht. Das Pflegegeld beträgt heute zwischen 316 und 901 Euro im Monat, die Sachleistungen für Pflegedienst-Einsätze liegen zwischen 724 und 2095 Euro. Anfang 2025 und 2028 sollen die ambulanten Leistungen an die Preisentwicklung angepasst werden. Knapp vier Fünftel der Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt. Pflege im Heim: Heimbewohnerinnen und -bewohner erhalten Zuschüsse zu den Zahlungen, die sie selbst leisten müssen (Eigenanteil). Sie richten sich danach, wie lange sie schon im Heim leben. Anfang 2024 soll dieser Zuschuss erhöht werden, für das erste Jahr des Heimaufenthalts um zehn Prozent auf 15 Prozent, für die folgenden beiden Jahre jeweils um fünf Prozent auf 30 bzw. 50 Prozent - und für das vierte und alle weiteren Jahre auf 75 Prozent. Der Eigenanteil liegt inzwischen im Durchschnitt bei mehr als 2400 Euro pro Heimplatz und Monat. Bezahlte Pflegetage: Bisher können berufstätige Angehörige für jeden Pflegefall in der Familie einmalig zehn Tage bezahlt frei nehmen. Von 2024 an soll es zehn bezahlte Pflegetage im Jahr geben. Allgemeine Daten zur Pflegeversicherung: Etwa 4,9 Millionen Menschen beziehen Leistungen aus der gesetzlichen oder privaten Pflegeversicherung, etwa vier Millionen werden zu Hause versorgt. In den Corona-Jahren stiegen die Ausgaben der Pflegeversicherung stark an und lagen 2021 bei rund 53,8 Milliarden Euro und damit 1,35 Milliarden Euro über den Einnahmen. Dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV-Spitzenverband) zufolge stieg das Defizit zum Jahresende 2022 auf rund 2,2 Milliarden Euro. Die Pflegeversicherung muss außerdem ein Darlehen aus dem vorigen Jahr in Höhe von einer Milliarde Euro an den Bund zurückzahlen. Dem Gesetzentwurf zufolge soll dies in zwei Schritten - bis Ende 2023 und bis Ende 2028 - erfolgen. (Quelle: epd)
/inland/pflegereform-hintergrund-101.html
2023-04-05
Regierung will Bundeskartellamt stärken
Kabinett beschließt Reform
Mit Blick auf die Erfahrungen in der Energiekrise hat das Kabinett eine Reform des Wettbewerbsrechts auf den Weg gebracht. Damit sollen die Befugnisse des Kartellamts gestärkt werden. Der Wirtschaft gehen die Pläne zu weit. mehr
Mit Blick auf die Erfahrungen in der Energiekrise hat das Kabinett eine Reform des Wettbewerbsrechts auf den Weg gebracht. Damit sollen die Befugnisse des Kartellamts gestärkt werden. Der Wirtschaft gehen die Pläne zu weit. Das Bundeskabinett hat eine Reform des Wettbewerbsrechts beschlossen. Der Gesetzentwurf sieht eine Erweiterung der Befugnisse des Bundeskartellamts vor. Das Wirtschaftsministerium teilte mit, Ziel sei es, Störungen des Wettbewerbs abzustellen, damit Verbraucherinnen und Verbraucher von niedrigeren Preisen profitieren könnten. Das sei vor allem in Märkten mit nur wenigen Anbietern und auffälligen Preisentwicklungen wichtig. "Angesichts der aktuellen Krisen müssen wir die großen Stärken des Wettbewerbs konsequenter nutzen", erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. "Wettbewerb ist das beste Mittel, um Verbraucherinnen und Verbraucher vor ungerechtfertigten Preissteigerungen zu schützen." Dies müsse aktiv durchgesetzt werden, so der Grünen-Politiker. Die geplante Novelle sei eine der größten Reformen des Wettbewerbsrechts der vergangenen Jahrzehnte. Das Wirtschaftsministerium hatte die Reform wegen der rasanten Preissteigerungen für Diesel und Benzin infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine im März 2022 angestoßen. Auch Entflechtung von Unternehmen möglich Dem Gesetzentwurf zufolge soll das Kartellamt künftig nicht mehr konkretes wettbewerbsschädigendes Verhalten von Unternehmen nachweisen müssen, sondern bereits bei einer Störung des Marktes aktiv werden können. Fairen Wettbewerb erhofft sich die Bundesregierung dadurch, dass das Bundeskartellamt im Anschluss an eine Sektorprüfung - die Überprüfung ganzer Branchen - direkt Maßnahmen anordnen können soll. "Zum Beispiel können Marktzugänge erleichtert, Konzentrationstendenzen gestoppt oder - in Extremfällen und als ultima ratio - Unternehmen entflochten werden", so das Bundeswirtschaftsministerium. Außerdem soll bei Kartellverstößen die Abschöpfung von Vorteilen, die dadurch für Unternehmen entstanden sind, leichter werden. Das Mittel gibt es bereits, allerdings mit hohen rechtlichen Hürden. Diese sollen nun abgesenkt werden. Demnach würde künftig bereits die Vermutung, dass ein Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln "einen wirtschaftlichen Vorteil verursacht hat", ausreichen, um Gewinne abzuschöpfen. Und: "Die Höhe des wirtschaftlichen Vorteils kann geschätzt werden." Bisher musste sie exakt ermittelt werden. "Wir brauchen eine Wettbewerbsbehörde mit Biss", sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann. Das Bundeskartellamt sei "eine der angesehensten Wettbewerbsbehörden der Welt" und werde nun weiter gestärkt, so der FDP-Politiker. Kritik aus der Wirtschaft Kritik an der geplanten Reform kam aus der Wirtschaft. Der Chefjustiziar der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Stephan Wernicke, sprach von einem Paradigmenwechsel hin zur staatlichen Marktgestaltung als letztes Mittel. "Rechtmäßiges Handeln schützt Unternehmen nicht mehr vor staatlicher Intervention, sobald das Bundeskartellamt in seinem weiten Ermessen den Wettbewerb über einen längeren Zeitraum als gestört ansieht." Damit verlasse die Bundesregierung die bewährten Grundprinzipien des europäischen Wettbewerbsrechts. Iris Plöger, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie, kommentierte: "Deutschland ringt derzeit an vielen Stellen um seine internationale Wettbewerbsfähigkeit. Mit diesem nationalen gesetzgeberischen Alleingang schwächt die Bundesregierung den Standort weiter."
/wirtschaft/kabinett-kartellrecht-101.html
2023-04-05
Jazzmusiker gewinnt vor Gericht gegen Apple
Streit um Markenrechte
Beim Streit um den Markennamen Apple Music ist Apple vor Gericht dem Jazz-Trompeter Charles Bertini unterlegen. Schon früher hatte es mit dem Beatles-Unternehmen Apple Corps Probleme wegen der Markenrechte gegeben. mehr
Beim Streit um den Markennamen Apple Music ist Apple vor Gericht dem Jazz-Trompeter Charles Bertini unterlegen. Schon früher hatte es mit dem Beatles-Unternehmen Apple Corps Probleme wegen der Markenrechte gegeben. Apple hat beim Streit um den Markennamen seines Musikstreaming-Dienstes in den USA einen Rückschlag erlitten: Ein Berufungsgericht in Washington entschied zugunsten des Jazz-Trompeters Charles Bertini, der gegen die Anmeldung des Namens Apple Music vorgegangen war. Bertini machte geltend, dass er selbst seine Marke Apple Jazz seit 1985 unter anderem für Live-Auftritte verwendet und daher eine Verwechslungsgefahr bestehe. Ob Apple gegen den Gerichtsentscheid in Berufung gehen und vor das Oberste Gericht der USA ziehen will, war zunächst unklar. Allerdings ist Apple dafür bekannt, seine Markenrechte strikt zu verteidigen. Beatles-Firma stritt mit Steve Jobs Die Nutzung des eigenen Firmennamens brachte Apple bereits in der Vergangenheit in die Bredouille - und das hatte mit den Beatles zu tun. 1968 stellten die Mitglieder der legendären Band das Londoner Unternehmen Apple Corps für Geschäfte rund um ihre Musik auf die Beine. Nur zehn Jahre später verklagte Apple Corps die von Steve Jobs, Steve Wozniak und Ron Wayne frisch gegründete Firma Apple Computer mit dem Vorwurf der Markenrechtsverletzung. Der Streit wurde mit einem simplen Deal beigelegt: Apple lässt die Finger vom Musikgeschäft, Apple Corps hält sich aus der Computer-Branche raus. Doch der Deal wurde auf eine harte Probe gestellt, als Apple mit iTunes eine Musik-Download-Plattform startete. Apple Corps warf der Gegenseite Vertragsbruch vor, verlor aber vor Gericht. Apple Jazz gibt es schon seit den 1990er-Jahren Schließlich kaufte Steve Jobs 2007 alle Markenrechte des Namens Apple von Apple Corps ab. Dies ermöglichte Apple, auf eine seit 1968 im Musikgeschäft genutzte Marke zu verweisen. So befindet sich der grüne Apfel von Apple Corps etwa auf Schallplatten und CDs der Beatles. Doch mit dem Argument einer früheren Verwendung konnte der iPhone-Konzern im Streit mit dem Jazzmusiker Bertini nur in der ersten Instanz punkten. Das Berufungsgericht sah hingegen folgendes Problem: Der Konzern hatte die Marke Apple Music unter anderem auch für Live-Auftritte angemeldet. Das sei aber etwas anderes als die Nutzung der Apple-Marke durch die Beatles für Musik-Aufnahmen, entschieden die Berufungsrichter - und lehnten die Registrierung von Apple Music ab. Bertini vertreibt seit Mitte der 1990er-Jahre unter dem Namen Apple Jazz auch aufgezeichnete Musik seiner Musikfirma. Den Streaming-Dienst Apple Music startete der US-Technologiekonzern erst Jahrzehnte später, im Juni 2015. Kartellamt nimmt Apples Marktmacht unter die Lupe Doch nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland hat Apple eine Niederlage erlitten. Das Bundeskartellamt hat entschieden, dass Apple "ein Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb ist". Damit können die Bonner Wettbewerbshüter dank neuer Regeln stärker gegen den US-Konzern vorgehen. Kartellamtschef Andreas Mundt begründete die Entscheidung mit Apples marktübergreifender wirtschaftlicher Machtposition. Ein Sprecher des Technologieunternehmens kritisierte dagegen die Einordnung des Bundeskartellamts als falsch. Apple kündigte an, gegen den Beschluss vorzugehen.
/wirtschaft/finanzen/apple-music-marke-bertini-beatles-101.html
2023-04-05
Bundesweite Razzien gegen Cyberkriminelle
58 verdächtige Personen
Deutsche Ermittler haben in ganz Deutschland Wohnungen und Geschäftsräume von 58 Verdächtigen durchsucht. Sie sollen über die Darknet-Plattform "Genesis Market" gestohlene Zugangsdaten gekauft haben - die ist seit Dienstag offline. mehr
Deutsche Ermittler haben in ganz Deutschland Wohnungen und Geschäftsräume von 58 Verdächtigen durchsucht. Sie sollen über die Darknet-Plattform "Genesis Market" gestohlene Zugangsdaten gekauft haben - die ist seit Dienstag offline. Mit Durchsuchungen in ganz Deutschland sind Ermittler gegen Cyberkriminelle vorgegangen. Es gehe um eine Vielzahl an Betrugsdelikten im Onlinehandel, das Ausspähen von Daten, Datenhehlerei und Geldwäsche, teilten das Bundeskriminalamt (BKA) und die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt mit. Die Durchsuchungen fanden am Dienstag in Wohnungen und Geschäftsräumen bei insgesamt 58 Beschuldigten statt, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Zahlreiche Datenträger sichergestellt Im Fokus der Ermittlungen stand die kriminelle Verkaufsplattform "Genesis Market", über die unter anderem gestohlene Zugangsdaten zu verschiedenen E-Commerce- und Onlinezahlungsdiensten verkauft worden seien. Die Daten seien mit Schadsoftware von privaten Computern ausgespäht worden. Bei den 58 Beschuldigten handele es sich um mutmaßliche Käufer der Daten, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Die Ermittler hätten zahlreiche elektronische Datenträger sichergestellt, die nun ausgewertet würden. Kooperation mit FBI und Europol "Genesis Market" sei die weltweit größte derartige Plattform im Darknet gewesen, erklärte die bei der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft angesiedelte Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT). Beim Darknet handelt es sich um einen verborgenen Teil des Internets, der häufig auch von Kriminellen genutzt wird. Demnach habe die Plattform seit 2018 bestanden. Sie sei am Dienstag von den US-Behörden beschlagnahmt und abgeschaltet worden. Bei den Ermittlungen habe das BKA mit dem Federal Bureau of Investigation (FBI), der niederländischen National High Tech Crime Unit (NHTCU) und dem Europäischen Polizeiamt (Europol) kooperiert. Über diese Seite können Betroffene überprüfen, ob Zugänge ausgespäht und auf "Genesis Market" angeboten wurden.
/inland/innenpolitik/razzien-cyberkriminelle-deutschland-101.html
2023-04-04
Virgin Orbit stellt Insolvenzantrag
Nach gescheiterter Raumfahrtmission
Die Raumfahrtfirma Virgin Orbit hat Insolvenz nach US-Recht angemeldet. Das Unternehmen hatte zuletzt 675 Mitarbeiter entlassen und plant nun einen Verkauf im Rahmen des Chapter-11-Verfahrens. mehr
Die Raumfahrtfirma Virgin Orbit hat Insolvenz nach US-Recht angemeldet. Das Unternehmen hatte zuletzt 675 Mitarbeiter entlassen und plant nun einen Verkauf im Rahmen des Chapter-11-Verfahrens. Die auf Satellitenstarts spezialisierte Raumfahrtfirma Virgin Orbit des britischen Milliardärs Richard Branson hat Konkurs nach US-Insolvenzrecht Chapter 11 angemeldet. In dem US-Verfahren mit Schutz vor Forderungen der Gläubiger soll ein Verkauf des Unternehmens vorangetrieben werden, wie Virgin Orbit heute mitteilte. Nach einem gescheiterten Satellitenstart im Januar habe das Unternehmen seine Finanzierung nicht mehr aufrechterhalten können. Fast alle Mitarbeiter entlassen Die im kalifornischen Long Beach ansässige Firma Virgin Orbit wurde aus Bransons anderem Raumfahrtunternehmen Virgin Galactic ausgekoppelt, das unter anderem touristische Flüge ins All anbieten will. Schon Ende März hatte Virgin Orbit die Entlassung von 675 Mitarbeitern angekündigt, was etwa 85 Prozent der Belegschaft entspricht. Diese Maßnahme sei für das Unternehmen mit Kosten in Höhe von bis zu 15 Millionen Dollar verbunden. Betroffen waren Mitarbeiter aus allen Unternehmensbereichen. Ein Verfahren mit Gläubigerschutz nach Kapitel 11 des US-Insolvenzrechts werde nun als bester Weg für einen Verkauf gesehen, hieß es. Firmenchef Dan Hart verwies darauf, dass man erfolgreich 33 Satelliten in die Umlaufbahn gebracht habe. Vom ambitionierten Start-up zur Insolvenz Orbit Virgin wurde im Jahr 2018 als Start-up gegründet. Das Unternehmen hatte sich zum Ziel gesetzt, den kommerziellen Markt für Weltraumtransporte zu erschließen und war maßgeblich an dem Versuch beteiligt, Anfang dieses Jahres den ersten Satelliten von britischem Boden aus in die Umlaufbahn zu befördern. Ein Flugzeug brachte die Trägerrakete zunächst in große Höhe, bevor sie gestartet wurde. Die Mission scheiterte aber. Mitte März kündigte Virgin Orbit an, den Betrieb vorerst auszusetzen.
/wirtschaft/unternehmen/us-raketenhersteller-insolvenz-101.html
2023-04-04
Finnland ist offiziell NATO-Mitglied
Verteidigungsallianz
Die NATO hat ab sofort nicht mehr 30, sondern 31 Mitglieder. Der finnische Außenminister Haavisto überreichte in Brüssel die Beitrittsurkunde seines Landes. Damit ist der Aufnahmeprozess endgültig abgeschlossen. mehr
Die NATO hat ab sofort nicht mehr 30, sondern 31 Mitglieder. Der finnische Außenminister Haavisto überreichte in Brüssel die Beitrittsurkunde seines Landes. Damit ist der Aufnahmeprozess endgültig abgeschlossen. Finnland ist offiziell Mitglied des Militärbündnisses NATO geworden. Finnlands Außenminister Pekka Haavisto überreichte dazu in Brüssel die Beitrittsurkunde an seinen US-Kollegen Antony Blinken, der sie am Gründungsort des Verteidigungsbündnisses in Washington verwahren wird. Mit diesem Schritt wurde der Aufnahmeprozess endgültig abgeschlossen. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Blinken sprachen von einem "historischen Tag" für die NATO und für Finnland. Damit hat das Bündnis nicht mehr 30, sondern 31 Mitglieder. Im Anschluss an die Übergabe der Urkunde wurde die finnische Flagge erstmals vor dem NATO-Hauptquartier gehisst - alphabetgetreu zwischen denjenigen von Estland und Frankreich. Zu der Zeremonie kamen neben dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihre 29 Kollegen der anderen aktuellen Mitgliedstaaten. Genau 74 Jahre nach der Gründung Die Aufnahme Finnlands erfolgte genau 74 Jahre nach der Gründung der NATO am 4. April 1949 in Washington. Stoltenberg sagte, er könne sich kaum etwas Besseres vorstellen, als den Geburtstag mit dem Beitritt Finnlands zu feiern. Der Norweger machte zudem deutlich, dass er die NATO-Norderweiterung als Zeichen für ein Scheitern der Politik von Russlands Präsident Wladimir Putin sieht. Ein erklärtes Ziel der Invasion in die Ukraine sei es gewesen, weniger NATO an der russischen Grenze zu haben und neue Mitgliedschaften zu verhindern, sagte der Norweger. Nun bekomme Putin genau das Gegenteil - mehr NATO-Truppen im östlichen Teil des Bündnisses und mehr NATO-Mitglieder. Finnland hat eine 1340 Kilometer lange Grenze zu Russland. Der Kreml kritisierte den NATO-Beitritt seines Nachbarn als Bedrohung für seine eigene Sicherheit. Niinistö: Zeit der militärischen Bündnisfreiheit vorbei Finnlands Präsident Sauli Niinistö bezeichnete den NATO-Beitritt seines Landes als Beginn einer neuen Ära. Die Zeit der militärischen Bündnisfreiheit seines Landes sei nun zu Ende gegangen, erklärte das finnische Staatsoberhaupt. "Eine neue Ära beginnt." Auf einer Pressekonferenz mit NATO-Generalsekretär Stoltenberg in Brüssel sagte er: "Es ist ein großartiger Tag für Finnland." Die NATO-Mitgliedschaft verschaffe Finnland Sicherheit, gleichzeitig werde auch die Verteidigungsallianz durch die Mitgliedschaft sicherer, so Niinistö. "Finnland, das der Sicherheit aller NATO-Mitgliedsstaaten verpflichtet ist, wird ein zuverlässiger Verbündeter sein, der die regionale Stabilität stärkt." Die finnische Mitgliedschaft richte sich gegen niemanden. Finnlands NATO-Beitritt ist eine der bislang wohl weitreichendsten geopolitischen Folgen des russischen Einmarsches in die Ukraine. Das nordische Land mit seinen rund 5,5 Millionen Einwohnern hatte zuvor jahrzehntelang großen Wert auf militärische Bündnisfreiheit gelegt. Mit dem Beitritt Finnlands wächst die NATO-Außengrenze Richtung Russland nun auf mehr als das Doppelte an.
/ausland/europa/finnland-nato-mitglied-101.html
2023-04-04
US-Militär tötet ranghohes IS-Mitglied
Terrormiliz in Syrien
Das US-Militär hat nach eigenen Angaben ein ranghohes IS-Mitglied in Syrien getötet. Der Mann sei unter anderem für die Planung von Anschlägen in Europa verantwortlich gewesen. Laut UN nimmt die Gefahr durch die Terrormiliz in Konfliktgebieten wieder zu. mehr
Das US-Militär hat nach eigenen Angaben ein ranghohes IS-Mitglied in Syrien getötet. Der Mann sei unter anderem für die Planung von Anschlägen in Europa verantwortlich gewesen. Laut UN nimmt die Gefahr durch die Terrormiliz in Konfliktgebieten wieder zu. Bei einem Drohnenangriff des US-Militärs im Nordwesten Syriens ist ein ranghohes Mitglied der Extremistengruppe "Islamischer Staat" getötet worden. Das teilte das US-Militärkommando Centcom mit. Es handle sich um Chalid Ajdd Ahmed al-Dschaburi, der verantwortlich für die Planung von IS-Anschlägen in Europa und den Ausbau der Führungsriege verantwortlich gewesen sei. Zivile Opfer gab es bei dem Einsatz nach US-Angaben nicht. Sein Tod werde "die Fähigkeit der Organisation, Anschläge im Ausland zu planen, vorübergehend beeinträchtigen". Die Gruppe bleibe jedoch in der Lage, Angriffe in der Region auszuführen. Ihr Ziel seien zudem Angriffe über den Nahen Osten hinaus. Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien mitteilte, sei der Mann Iraker und habe sich bereits seit zehn Tagen in der Provinz Idlib aufgehalten. Der Beobachtungsstelle zufolge zielte die US-Drohne in der Nähe seines Hauses auf ihn, während er telefonierte. USA tötet immer wieder IS-Mitglieder In den vergangenen Jahren gab es eine Serie von Angriffen, die auf mit Al-Kaida verbundene Extremisten oder hohe IS-Mitglieder im Nordwesten des Bürgerkriegslandes abzielten. Viele von jenen, die bei US-Attacken in der von Rebellen gehaltenen Provinz Idlib umkamen, galten als Gefolgsleute des Al-Kaida-Ablegers Horas al-Din, was "Hüter der Religion" bedeutet. Zu der Gruppe zählen besonders radikale Al-Kaida-Anhänger, die sich von Hajat Tahrir al-Scham - der stärksten aufständischen Gruppe in Idlib - losgesagt haben. Im Februar wurde der Tod zweier Männer bei einem Drohnenangriff gemeldet, die lokale Aktivisten zunächst als Horas-al-Din-Mitglieder bezeichneten. Später berichtete die Beobachtungsstelle, einer der Getöteten sei ein ranghoher Gefolgsmann der Terrormiliz IS gewesen, die in Syrien im März 2019 zurückgedrängt wurde. UN-Bericht sieht wieder zunehmende Gefahr durch IS Der IS stellt laut US-Angaben weiterhin eine Bedrohung für die Region und darüber hinaus dar. Obwohl die Gruppe geschwächt sei, sei sie noch immer zu Angriffen in der Region fähig. Auf dem Höhepunkt seiner Macht im Jahr 2014 kontrollierte der IS weite Teile des Iraks und Syriens. Trotz des 2019 verkündeten militärischen Siegs über den IS sind dessen Zellen weiterhin im Land aktiv und verüben Anschläge. 2022 reklamierte der IS etwa 280 Angriffe in Syrien für sich. Einem UN-Bericht vom Februar zufolge hat der IS noch immer schätzungsweise 5000 bis 7000 Mitglieder und Unterstützer, die über Syrien und den Irak verteilt sind. In Konfliktgebieten, in denen der IS aktiv sei, habe die Bedrohung zugenommen, heißt es in dem UN-Bericht.
/ausland/us-militaer-is-syrien-101.html
2023-04-04
Darum geht es beim Warburg-Skandal
Cum-Ex-Untersuchungsausschuss
Die Cum-Ex-Geschäfte der Hamburger Warburg-Bank verfolgen Kanzler Scholz schon lang. Die Union fordert nun einen U-Ausschuss zur Aufklärung des Steuerskandals. Worum geht es dabei? Antworten auf einige Fragen. mehr
Die Cum-Ex-Geschäfte der Hamburger Warburg-Bank verfolgen Kanzler Scholz schon lang. Die Union fordert nun einen U-Ausschuss zur Aufklärung des Steuerskandals. Worum geht es dabei? Antworten auf einige Fragen. Die Ausgangslage Die Union will in einem Untersuchungsausschuss des Bundestags zur politischen Aufarbeitung des Steuerskandals der Hamburger Warburg-Bank den heutigen Kanzler Olaf Scholz (SPD) ins Visier nehmen. Zu seiner Rolle als früherer Erster Bürgermeister Hamburgs gebe es viele Widersprüche und Ungereimtheiten, die auch ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft bislang nicht habe ausräumen können, sagte Matthias Hauer, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss. Da die Ampelkoalition es mehrfach verhindert habe, Scholz vor den Finanzausschuss zu laden, sei ein Untersuchungsausschuss des Bundestags unausweichlich. Worum geht es in der Steueraffäre? Die Hamburger Privatbank MM Warburg war in die illegalen Cum-Ex-Geschäfte verwickelt und hat so Millionen verdient. Die Aufarbeitung dreht sich seit längerem vor allem um die Frage der Rückzahlung: Eigentlich hätte die Warburg-Bank allein für Cum-Ex-Geschäfte aus dem Jahr 2009 insgesamt 47 Millionen Euro zurückzahlen müssen. Die Hamburger Finanzverwaltung entschied im Dezember 2016 aber, die ursprünglich geplante Rückforderung wegen zu Unrecht erstatteter Kapitalertragssteuern doch nicht zu erheben und zunächst in die Verjährung laufen zu lassen. Eine zweite Forderung über weitere 43 Millionen Euro war Ende 2017 erst kurz vor der Verjährung auf Weisung des Bundesfinanzministeriums erhoben worden. Nach einem Gerichtsurteil hatte die Bank 2020 eigenen Angaben zufolge schließlich alle ausstehenden Steuerrückforderungen beglichen, versucht aber auf juristischem Weg weiter, das Geld zurückzubekommen. Was sind Cum-Ex-Geschäfte? Cum-Ex-Geschäfte heißen so, weil große Pakete von Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch rund um den Stichtag für die Ausschüttung in rascher Folge hin- und hergeschoben wurden. Die bewusst undurchsichtigen Transaktionen hatten nur ein Ziel: Sie sollten bei den Finanzbehörden möglichst große Verwirrung stiften. Mit diesem Trick ließen sich die Beteiligten im großen Stil Kapitalertragsteuer erstatten, die nie gezahlt wurde. Die Gewinne wurden aufgeteilt. Möglich machte das eine Gesetzeslücke, die inzwischen geschlossen wurde. Bis dahin hatte das Cum-Ex-Geschäft jahrelang geboomt. Was hat Scholz mit der Angelegenheit zu tun? Scholz hatte als damaliger Erster Bürgermeister Hamburgs 2016 und 2017 Kontakt mit dem Warburg-Miteigentümer Christian Olearius. Seitdem das bekannt ist, steht der Verdacht im Raum, Scholz könnte in dem Zeitraum, als es um eine Rückzahlung ging, Einfluss zugunsten der Bank genommen haben. Scholz hatte bei seinen bislang zwei Vernehmungen vor einem Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zwar eingeräumt, dass die Treffen stattgefunden haben, sich hinsichtlich der Inhalte der Gespräche aber auf Erinnerungslücken berufen. Den Verdacht einer politischen Einflussnahme wies er stets zurück. Einen Beweis für eine Einflussnahme hat der Hamburger Untersuchungsausschuss in zweieinhalb Jahren Tätigkeit bislang nicht erbracht. Was soll der Untersuchungsausschuss bringen? Die Union sieht bei der politischen Aufarbeitung des Steuerskandals viele offene Fragen. Der Ausschuss soll nun zum einen die Frage einer möglichen Einflussnahme klären, zum anderen soll geprüft werden, ob die genannten Erinnerungslücken glaubhaft sind. Eine wesentliche Rolle dürften dabei auch die Befragungen von Scholz in seiner Zeit als Bundesfinanzminister im Finanzausschuss des Bundestags 2020 spielen. Kritiker werten Teile seiner inzwischen in Protokollform veröffentlichten Aussagen im Zusammenhang mit Cum-Ex und Warburg als Beleg dafür, dass Scholz damals doch persönliche Erinnerungen an seine Treffen mit Olearius einräumte und somit bei späteren anderslautenden Beteuerungen etwa im Hamburger Untersuchungsausschuss log. Die Hamburger Generalstaatsanwaltschaft kam jüngst zu der Einschätzung, dass kein Anfangsverdacht gegen Scholz wegen Falschaussage mit Blick auf dessen Aussagen in den verschiedenen Parlamentsausschüssen bestehe. Wann startet der Ausschuss? In der ersten Sitzungswoche nach Ostern will die CDU/CSU-Fraktion die Einsetzung des Ausschusses beantragen, wie Vizefraktionschef Mathias Middelberg ankündigte. Die Oppositionsfraktion kann dies aus eigener Kraft durchsetzen, weil der Bundestag auf Antrag von mindestens einem Viertel seiner Abgeordneten einen Untersuchungsausschuss einsetzen muss. Was sagen die anderen Parteien? Den Antrag werde die Unionsfraktion allein stellen, sagte Matthias Hauer, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss. Man lade die anderen Fraktionen ein, an der Aufklärung mitzuarbeiten. Die Linke will eine Unterstützung prüfen, sagte ihr finanzpolitischer Sprecher Christian Görke. Die SPD hingegen wirft der Union vor, aus "parteitaktischen Interessen" einen Untersuchungsausschuss zum Steuerskandal um die Hamburger Warburg-Bank einsetzen zu wollen. "Das Thema ist parlamentarisch und gesellschaftlich vollumfänglich aufgearbeitet und transparent", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, der Nachrichtenangentur dpa. Die Union bringe Behauptungen vor, die längst widerlegt seien. Der Grünen-Politiker Bruno Hönel sagte dem ARD-Hauptstadtstudio: "Der Union stehen selbstverständlich alle parlamentarischen Instrumente zur Verfügung, wenn sie Sachverhalte aufarbeiten möchte."
/inland/innenpolitik/warburg-bank-scholz-101.html
2023-04-04
Regionalflughafen als teure Fehlinvestition?
Airport Kassel-Calden
Seit zehn Jahren gibt es in Kassel-Calden einen Verkehrsflughafen. Politiker hatten einen blühenden Betrieb vorhergesagt. Doch alle Prognosen wurden kassiert, jedes Jahr fallen Millionenverluste an. Von Ingo Nathusius. mehr
Seit zehn Jahren gibt es in Kassel-Calden einen Verkehrsflughafen. Politiker hatten einen blühenden Betrieb vorhergesagt. Doch alle Prognosen wurden kassiert, jedes Jahr fallen Millionenverluste an. Schon in der Nazizeit gab es in Kassel einen Flugplatz für die örtliche Luftfahrtindustrie - dort wurde der "Fieseler Storch" gebaut. Im Dorf Calden in der Nähe der Stadt eröffnete später ein Flugplatz für Sport- und Geschäftsflieger, bis in den 1990er-Jahren Regionalflughäfen populär wurden. Die hessische Regierung unter Ministerpräsident Roland Koch (CDU) betrieb den Ausbau zum Verkehrsflughafen gegen die Regierung von Nordrhein-Westfalen unter Jürgen Rüttgers (CDU), die auf freie Kapazitäten des naheliegenden Flugplatzes Paderborn verwies. Koch wetterte, es komme nicht in Frage, dass Nordhessen "eine Untergruppe der Paderborner Region" werde. Schrumpfender Bedarf schon in der Bauphase Das teure Projekt in Kassel kam mitten im Boom des politisch vielerorts getriebenen Flughafenbaus. "Es war von Beginn an klar, dass eine Vervielfachung von solchen Strukturen nicht gelingen wird", sagt Eric Heymann von Deutsche Bank Research. "Es käme auch niemand auf die Idee, parallel zu einer nicht ausgelasteten Autobahn noch eine weitere zu bauen." Schon während geplant wurde, zeigte sich schrumpfender Bedarf. Der Umsatz des bisherigen Kleinbetriebs sank, das ohnehin karge Frachtgeschäft brach ein. Nachdem der neue Flughafen stand, flogen im besten Jahr knapp 125.000 Passagiere. Das erledigt der Frankfurter Flughafen an einem Tag. Prognostiziert waren dauerhaft mehr als 600.000 Passagiere jährlich. Ein Blick auf den aktuellen Flugplan verrät im Osterreiseverkehr einen Betrieb zwischen null und zwei Abflügen pro Tag. Was in Geschäftsberichten steht Nur mühsam gelingt es dem Regional-Airport, kapitalschwache Ferienfluggesellschaften als Kunden zu werben. Dass die ihre Startgebühren nicht immer ordentlich bezahlten, wird im Geschäftsbericht des Flughafens nur versteckt erwähnt. Dafür schreibt die Geschäftsführung optimistisch über "partnerschaftliche Zusammenarbeit" mit einer insolventen Fluggesellschaft.  Die kaufmännische Berichterstattung der "Flughafen GmbH Kassel" ist insgesamt eigenwillig: Mal fehlen Erläuterungen, mal eine Anlage, mal werden Zahlen im Nachhinein ohne Erklärung korrigiert. 2019 und 2021 wird in der Bilanz falsch addiert. 2018 fehlte in der gesetzlich vorgeschriebenen Veröffentlichung gar die halbe Bilanz. Erst nach gut einem Jahr wurde die Passivseite nachgereicht. Risikomanagement spielt im Geschäftsbericht gar keine Rolle. Die Geschäftsleitung ging auf einen Gesprächswunsch zu Details der Berichte nicht ein. Jedes Jahr Millionenverluste Der alte Sportflugplatz machte um 700.000 Euro Umsatz. Die Kosten waren seinerzeit dreimal so hoch. Der neue Flughafen erwirtschaftete um drei Millionen Euro. Für jeden eingenommenen Euro werden heute mehr als vier Euro ausgegeben. Zuletzt lag der Verlust bei 5,3 Millionen Euro im Jahr 2021. Zwei hochbezahlte Geschäftsführer scheiterten vor Ablauf ihrer Verträge. Die Geschäftsberichte lassen erkennen, dass das Management mittlerweile erfolgsabhängig bezahlt wird. Für offenbar langfristige Erfolgsbeteiligungen werden jährlich sechsstellige Tantiemen gebucht. Die offiziellen Berichte erwecken den Eindruck, dass die Eigentümer an kaufmännischen Details wenig interessiert sind. Aktuell halten das Land 68 Prozent, Stadt und Kreis Kassel je 14,5 Prozent und die Gemeinde Calden drei Prozent der Anteile. Die Ausbaukosten von inzwischen rund 280 Millionen Euro hat das Land überproportional getragen. Die laufenden Millionenverluste des Unternehmens erstatten die Eigentümer nach ihren Anteilen. Auf bald sechzig Millionen Euro summieren sich die dauernden Verluste inzwischen. Selbst die drei Prozent Anteil belasten den Haushalt von Calden schwer. In der kleinen Gemeinde mit rund 7500 Einwohnern steigen die Kindergartengebühren, die Gewerbesteuer wurde erhöht. Betrachtet man das Gewerbesteueraufkommen, zeigt sich: Vom versprochenen wirtschaftlichen Aufschwung durch den Flughafen ist in Calden nichts zu sehen. Kaum Interesse bei Unternehmen Der Hessische Rundfunk hat die siebzig größten Unternehmen der Region befragt. 35 antworteten. Drei gaben an, dass sie den Flughafen für einige Geschäftsflüge im Jahr nutzten, ein Unternehmen sprach von mehreren Flügen pro Monat. Für keines der Unternehmen hat der Flughafen Bedeutung bei unternehmerischen Entscheidungen. Heute sitzt ein Mann aus der Region an der Spitze der Flughafengesellschaft. Muss er eine politisch eingebrockte Suppe auslöffeln? "Ich löffle hier erstmal gar nichts aus", sagt Geschäftsführer Lars Ernst, "sondern ich will hier immer noch den Luftverkehr und den Flughafenstandort gestalten und in die Zukunft bringen." Mit Flugverkehr ist erkennbar kein Geschäft zu machen. Eigentümer und Management suchen neue Geschäftsfelder. Von Windrädern auf Flughafengelände ist die Rede. Abstellflächen werden vermietet und ein Gewerbepark soll entstehen. Ganz Optimistische haben die Idee eines Zentrums für autonom fliegende Leichtflugzeuge, die es freilich noch nicht gibt. In einer ersten Fassung haben wir geschrieben, dass der Flugplatz in Calden bereits während der Zeit des Nationalsozialismus bestand. Tatsächlich eröffnete er 1970. Seit den 1920er-Jahren gab es zuvor einen Flugplatz im Kasseler Stadtteil Waldau. Den Fehler haben wir korrigiert.
/wirtschaft/kassel-calden-regionalflughafen-101.html
2023-04-04
"Eine Bedrohung für Russlands Sicherheit"
Finnlands NATO-Beitritt
Der Kreml hat die Erweiterung des Militärbündnisses nach dem Beitritt Finnlands als "Angriff auf die Sicherheit und nationale Interessen Russlands" bezeichnet - und kündigte Gegenmaßnahmen an. mehr
Der Kreml hat die Erweiterung des Militärbündnisses nach dem Beitritt Finnlands als "Angriff auf die Sicherheit und nationale Interessen Russlands" bezeichnet - und kündigte Gegenmaßnahmen an. Russland hat den NATO-Beitritt seines Nachbarn Finnland als Bedrohung für seine eigene Sicherheit kritisiert. "Die Erweiterung der NATO ist ein Angriff auf unsere Sicherheit und die nationalen Interessen Russlands", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Russland sei entsprechend zu Gegenmaßnahmen gezwungen. Welche das sein könnten, sagte er nicht. Zugleich wies er die These zurück, dass der NATO-Beitritt Finnlands gleichbedeutend mit dem von Russland befürchteten Beitritt der Ukraine sei. "Die Lage mit Finnland unterscheidet sich fundamental von der Lage mit der Ukraine", sagte Peskow. Finnland sei nie zum "Antirussland" geworden, zudem habe es mit dem Nachbarn im Norden keinen Streit gegeben. "Die Lage in der Ukraine ist genau anders herum und potenziell viel gefährlicher." Aus diesem Grund habe Russland auch seine "militärische Spezialoperation" - so nennt Moskau seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine - begonnen. Stoltenberg: Moskau schätzt NATO und Finnland falsch ein Finnland soll am Nachmittag in Brüssel als 31. Mitglied feierlich in die NATO aufgenommen werden. Noch vor wenigen Jahren habe es das westliche Verteidigungsbündnis für undenkbar gehalten, dass Finnland eines seiner Mitglieder werden könnte, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor der Aufnahmezeremonie. "Jetzt wird es ein vollständiges Mitglied unseres Bündnisses sein, und das ist wirklich historisch." Moskau müsse sich endgültig von "Fehleinschätzungen" verabschieden, dass die NATO nicht zum Schutz Finnlands entschlossen sei. "Und das macht Finnland sicherer und stärker, und uns alle sicherer." Stoltenberg unterstrich zudem die Selbstbestimmtheit Finnlands auch unter dem Dach der NATO: "Es wird keine NATO-Truppen in Finnland ohne Zustimmung Finnlands geben." Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass dort mehr NATO-Manöver abgehalten werden könnten. Stoltenberg traf sich zudem mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba, der später am Treffen seiner Amtskollegen von der NATO teilnehmen sollte. Dabei sollte es auch um die "langfristige Unterstützung" für Kiew gehen. Krieg in der Ukraine änderte Finnlands Neutralität Finnland war jahrzehntelang neutral und strebte bis zum vergangenen Jahr auch keinen Beitritt der NATO an. Ein Meinungsumschwung in der Bevölkerung setzte erst ein, als Russland im Februar 2022 die Ukraine überfiel. Im Mai stellte Finnland gemeinsam mit Schweden den Beitrittsantrag zur Militärallianz. Während die Schweden wegen Differenzen mit der Türkei und einem ausstehenden Parlamentsvotum in Ungarn noch warten müssen, wurden die Finnen in Rekordzeit aufgenommen.
/ausland/russland-finnland-nato-103.html
2023-04-04
Auch in den Wäldern sterben die Insekten
Folge des Klimawandels
Die Zahl ist alarmierend: Laut einer Untersuchung der TU Darmstadt geht die Population von 60 Prozent der Insektenarten in deutschen Wäldern zurück. Ein Grund für ihr Verschwinden sind die Veränderungen infolge des Klimawandels. mehr
Die Zahlen sind alarmierend: Laut einer Untersuchung der TU Darmstadt geht die Population von 60 Prozent der Insektenarten in deutsche Wäldern zurück. Ein Grund für ihr Verschwinden sind die Veränderungen infolge des Klimawandels. Nicht nur auf Feldern oder Ackerböden gibt es immer weniger Insekten, auch in deutschen Wäldern fehlen sie zunehmend. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie unter Leitung der Technischen Universität (TU) Darmstadt. Demnach erlitt die Mehrzahl der analysierten Insektenarten in den Wäldern zwischen 2008 und 2017 Verluste. Insgesamt untersuchten die Darmstädter Forscher zusammen mit Kollegen der TU in München die Entwicklung von 1805 Insektenarten an 140 Standorten. "Über 60 Prozent der untersuchten Insektenarten waren rückläufig", erklärte Michael Staab, Hauptautor der Studie. Da sich hierdurch die Nahrungsnetze verschieben würden, werde sich das Artensterben "sehr wahrscheinlich" auf alle Organismen in deutschen Wäldern auswirken, warnte der Biologe von der TU Darmstadt.  Wälder mit Nadelbäumen besonders betroffen Besonders stark ging die Zahl der Insekten den Studienangaben zufolge in Wäldern mit hohem Anteil an Nadelbäumen zurück. Fichten oder Kiefern waren in den Untersuchungsgebieten meist angepflanzt und gehörten nicht zum natürlichen Baumbestand. Geringer fielen die Verluste hingegen in heimischen Buchenwäldern aus.  Dabei litten vor allem größere und häufiger vorkommende Insektenarten unter einem starken Rückgang der Individuenzahlen. Auch sind nicht-pflanzenfressende Insekten stärker von dem Rückgang betroffen als pflanzenfressende. Zudem lebten Insekten innerhalb geschützter Wälder ohne forstliche Nutzung in vergleichsweise stabileren Populationen. Das Insektensterben in intensiv bewirtschafteten Wäldern fiel dagegen höher aus.  Folge des Klimawandels "Unsere Wälder sind durch die Klimakrise gerade dabei, sich drastisch zu verändern", betonte Nico Blüthgen, Leiter der Arbeitsgruppe Ökologische Netzwerke der TU Darmstadt. Den Forschern zufolge könnte eine gezielte Waldbewirtschaftung, eine Förderung natürlicher Baumarten und eine reduzierte Holzfällung zukünftig dazu führen, dass weniger Insekten sterben. Wälder machen in Deutschland rund ein Drittel der Flächen aus. Die Untersuchung war nach eigenen Angaben die bisher umfangreichste Studie zum Insektensterben in mitteleuropäischen Wäldern. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse in der Fachzeitschrift "Communications Biology".
/inland/gesellschaft/insektensterben-waelder-studie-101.html
2023-04-04
"Es braucht noch viel mehr Forschung"
Rassismus bei der Polizei
Bei der Polizei gibt es schwierige Arbeitsbedingungen und zum Teil problematische Einstellungen, zeigt eine Studie. Beides gehört aber nicht unbedingt zusammen, sagt der Kriminologe Singelnstein im Interview mit tagesschau.de. mehr
Bei der Polizei gibt es schwierige Arbeitsbedingungen und zum Teil problematische Einstellungen, zeigt eine Studie. Beides gehört aber nicht unbedingt zusammen, sagt der Kriminologe Singelnstein im Interview mit tagesschau.de. tagesschau.de: Die unter dem früheren Innenminister Horst Seehofer in Auftrag gegebene Polizeistudie wurde im Vorlauf stark kritisiert, weil sie neben den politischen Einstellungen auch Stressfaktoren und Arbeitsbedingungen betrachtet, mit denen Polizistinnen und Polizisten im Dienst konfrontiert sind. Wie sehen Sie das, nachdem nun erste Ergebnisse präsentiert wurden? Tobias Singelnstein: Man merkt dem Konzept an, dass es vorher einen politischen Prozess gab. Da wurden Dinge in einen Topf geworfen, die wenig miteinander zu tun haben. Dass Belastung und Einstellungen zusammen untersucht wurden, erweckt von vornherein den Eindruck, dass beides zusammengehört. Es ist großartig, dass es überhaupt so eine groß angelegte Studie gibt, die fast alle Bundesländer einbezieht und auch viele wichtige Fragen stellt. Aber es ist nicht die Rassismus-Studie, die gefordert wurde. Deshalb kann die Studie nur ein kleiner Beitrag sein, wenn wir uns mit dem Rassismus in der Polizei beschäftigen wollen. tagesschau.de: Sowohl im Vorfeld als auch während der Studie gab es immer wieder Bedenken, Polizistinnen und Polizisten würden unter "Generalverdacht" gestellt. Warum ist das so ein großes Thema? Singelnstein: Niemand hat große Lust, sich im beruflichen Kontext kontrollieren zu lassen. Das gilt für die Polizei in besonderer Weise, denn viele Polizisten fühlen sich ohnehin schon kontrolliert. In der Polizei müsste noch viel stärker das Selbstverständnis verankert werden, dass es bei einer Organisation, die über so große exekutive Befugnisse verfügt, auch entsprechende gesellschaftliche Kontrolle braucht. "Arbeitsbedingungen verbesserungswürdig" tagesschau.de: Als Stressfaktoren werden im Zwischenbericht zum Beispiel fehlende Entscheidungsspielräume bei der Bereitschaftspolizei und Personalmangel in allen Bereichen benannt. Welchen Einfluss hat das auf die Polizeiarbeit? Singelnstein: Die bisherigen Ergebnisse bestätigen, dass die Arbeitsbedingungen verbesserungsfähig sind - Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Schichtarbeit sind auch wichtige Themen. Das kennt man auch schon aus anderen Arbeiten. Es ist allerdings bisher nicht untersucht, welchen Zusammenhang es mit den anderen Themen der Studie hat. Ob es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen den Arbeitsbedingungen und problematischen Einstellungen gibt, ist schwer zu untersuchen. Das erfordert eine aufwändige Auswertung, die im Zwischenbericht noch nicht enthalten ist. tagesschau.de: Auch Gewalterfahrungen spielen der Befragung zufolge eine Rolle im Polizeidienst. Innenministerin Nancy Faeser fordert jetzt bessere Hilfsangebote für Polizistinnen und Polizisten, doch dem Zwischenbericht zufolge werden etwa psychologische Beratungen nur zum Teil angenommen. Was könnte helfen? Singelnstein: Es ist klar, dass es ein herausfordernder Job mit Erfahrungen ist, die schwierig zu verarbeiten sind. In der Polizei gibt es wenig Möglichkeiten, damit umzugehen, wenig Raum für Reflexion und Auseinandersetzung. Mit dem Selbstbild der Polizei ist es aber auch schwer vereinbar, dass man Hilfsangebote in Anspruch nimmt. Es gibt diese zu wenig, das wird schon lange diskutiert. Trotzdem ist es auch so, dass die Angebote, die es gibt, zu wenig angenommen werden. Das liegt zum Beispiel an einem Männlichkeitsbild, das der Inanspruchnahme von Supervision und Hilfe entgegensteht, weil dies als Schwäche angesehen wird. "Oft eine verschworene Gemeinschaft" tagesschau.de: Besonders großer Motivator und Hilfe zur Stressbewältigung sind der Studie zufolge die Kollegialität und der Zusammenhalt unter Polizistinnen und Polizisten. Die Studie weist darauf hin, dass dieser Zusammenhalt von außen aber oft als problematisch angesehen wird, weil er verhindern könnte, dass Missstände aufgedeckt werden. Wie schätzen Sie das ein? Singelnstein: In jedem beruflichen Zusammenhang gibt es Kollegialität und Zusammenhalt. Aber bei der Polizei sind diese besonders stark ausgeprägt. Und das ist natürlich ambivalent. Zum einen ist es wichtig, um gut zusammenarbeiten zu können. Aber auf der anderen Seite führt es auch dazu, dass die Polizei oft eine verschworene Gemeinschaft ist, aus der Fehler und negative Dinge nicht nach außen dringen. tagesschau.de: Stereotype Einstellungen im Polizeidienst werden - insbesondere bei Brennpunktwachen - häufig mit "Erfahrungswissen" begründet. Bestimmte Personengruppen seien demnach besonders auffällig, der Studie zufolge wird etwa von "dem Bulgaren" gesprochen. Welchen Einfluss hat das Erfahrungswissen auf die Einstellung der Beamtinnen und Beamten? Singelnstein: Das ist eng miteinander verknüpft. Wir wissen aus verschiedenen Studien, dass sich die problematischen Einstellungen eher im Dienst entwickeln, als dass sie von außen hereingetragen werden. Das bedeutet nicht unbedingt, dass man selbst negative Erfahrungen mit bestimmten Personengruppen gemacht haben muss. Denn dieses Erfahrungswissen wird in der Polizei weitergegeben und tradiert und kann so individuelle Einstellungen prägen. Wo dieses Wissen Stereotype und Vorurteile enthält, führt es dazu, dass bestimmten Gruppen bestimmte Eigenschaften zugeschrieben werden. Und einer Einzelperson wird dann unter Umständen diese vermeintliche Eigenschaft der Gruppe zugeordnet, unabhängig davon, ob sie sie hat oder nicht. "Es braucht rassismuskritische Aus- und Fortbildung" tagesschau.de: Als mögliche Lösungen gegen die Stereotypisierung werden ausreichend Freizeit, interkulturelle Teams und ein befristeter Verbleib in Brennpunktwachen genannt. Wie sehen Sie diese Lösungsvorschläge? Singelnstein: Damit wird die Idee adressiert, dass es eine Überlastung durch die Erfahrung in Brennpunktwachen gibt. Das kann grundsätzlich passieren und dann können die genannten Maßnahmen einen Baustein darstellen. Aber das ist nur ein Teilaspekt des Problems. Vor allem braucht es mehr rassismuskritische Aus- und Fortbildung, die diese Themen in den Blick nimmt. Und es müssten dringend mal rassistische Wissensbestände im polizeilichen Erfahrungswissen detailliert unter die Lupe genommen werden. tagesschau.de: Der Zwischenbericht der Studie weist auch darauf hin, dass die Antworten zumindest zum Teil dem entsprechen könnten, was die Befragten für sozial erwünscht halten. Ließe sich das überhaupt verhindern? Singelnstein: Ganz verhindern kann man es nicht. Es gibt einige methodische Herangehensweisen, um diesen Effekt zu reduzieren. Aber man kann in der empirischen Sozialforschung nie perfekt die Wirklichkeit abbilden, sondern sich dem immer nur annähern. Was genauso problematisch ist, sind die geringen Rücklaufquoten. An der Onlinebefragung der MEGAVO-Studie haben sich 16 Prozent beteiligt - das heißt, 84 Prozent haben sich nicht beteiligt. Das ist kein repräsentativer Ausschnitt. Man muss annehmen, dass Menschen mit problematischen Einstellungen sich eher weniger beteiligt haben. "Wir fangen gerade erst an" tagesschau.de: Sie haben sich selbst in einer Studie der Ruhr-Universität Bochum mit der rechtswidrigen Gewaltanwendung durch Polizeibeamte beschäftigt. Was haben Sie dabei festgestellt? Singelnstein: Wir haben in unserem zweiten Zwischenbericht auch das Erfahrungswissen in den Blick genommen. Das bezieht sich im Übrigen nicht unbedingt nur auf Personengruppen, sondern es kann sich auch auf Orte beziehen, zum Beispiel wenn diese als besonders gefährlich wahrgenommen werden. Das kann dazu führen, dass Menschen, die sich an solchen Orten aufhalten, besonders von den Beamten in den Blick genommen und unter Umständen auch anders behandelt werden. Die MEGAVO-Studie bezieht sich stark auf individuelle Einstellungen, die bei Rassismus aber nur einen Teil ausmachen. Die strukturelle Seite des Problems nimmt man auf diese Weise kaum in den Blick. Gerade diese Seite wäre aber besonders wichtig zu untersuchen. tagesschau.de: Braucht es aus Ihrer Sicht also doch noch eine umfassendere Rassismus-Studie, wie sie bereits mehrfach gefordert wurde? Singelnstein: Ja. Wir fangen gerade erst an, über das Problem zu reden. Es braucht noch viel mehr Forschung dazu, mit vielen verschiedenen Forschungsansätzen und methodischen Zugängen, um sich so gut wie möglich der Wirklichkeit anzunähern. Das Interview führte Belinda Grasnick für tagesschau.de.
/inland/gesellschaft/megavo-polizeistudie-101.html
2023-04-04
USA und China treiben Exporte an
Deutscher Außenhandel
Die deutschen Unternehmen haben ihre Exporte im Februar überraschend stark gesteigert. Vor allem die Nachfrage aus China und den USA stützt den Außenhandel, Russlands Rolle schrumpft weiter. mehr
Die deutschen Unternehmen haben ihre Exporte im Februar überraschend stark gesteigert. Vor allem die Nachfrage aus China und den USA stützt den Außenhandel, Russlands Rolle schrumpft weiter.   Die deutschen Exporte sind im Februar unerwartet deutlich gestiegen. Im Monatsvergleich hätten die Ausfuhren um 4,0 Prozent auf 136,7 Milliarden Euro zugelegt, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) mit. Es ist der größte Anstieg seit zehn Monaten. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Wachstum von 1,6 Prozent gerechnet. Wie Destatis anhand vorläufiger Ergebnisse weiter mitteilt, stiegen die Exporte im Vergleich zum Vorjahresmonat Februar 2022 damit um 7,6 Prozent und die Importe um 3,8 Prozent. Große Nachfrage aus China und den USA Ein Grund für die starke Entwicklung ist die kräftige Nachfrage aus China und den USA. So gingen die meisten deutschen Exporte im Februar in die Vereinigten Staaten. Dorthin wurden kalender- und saisonbereinigt im Monatsvergleich 9,4 Prozent mehr Waren exportiert als im Januar 2023 und erreichten einen Wert von 14 Milliarden Euro. Die Exporte in die Volksrepublik China stiegen um 10,2 Prozent auf 8,5 Milliarden Euro. In die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) wurden laut Destatis im Februar 2023 Waren im Wert von 73,9 Milliarden Euro exportiert, und es wurden Waren im Wert von 62,8 Milliarden Euro von dort importiert. Gegenüber Januar 2023 stiegen die Exporte in die EU-Staaten um zwei Prozent und die Importe aus diesen Staaten um 5,1 Prozent. Die Exporte in die Russische Föderation sanken im Februar hingegen um 14,3 Prozent im Monatsvergleich auf 0,9 Milliarden Euro. Die Importe von dort brachen um 67,2 Prozent auf 0,3 Milliarden Euro ein. Die meisten Importe stammen aus China Die Importe legten im Februar ebenfalls deutlich zu. Hier meldete das Bundesamt einen Anstieg im 4,6 Prozent, der auch deutlich stärker als erwartet ausfiel. Die meisten Importe kamen im Februar laut dem Bundesamt aus der Volksrepublik China. Von dort seien Waren im Wert von 13,6 Milliarden Euro eingeführt worden, das waren 6,7 Prozent mehr als im Vormonat. Die Importe aus den Vereinigten Staaten sanken um 8,7 Prozent auf 7,6 Milliarden Euro.  In der deutschen Handelsbilanz meldete das Bundesamt für Februar einen Überschuss saison- und kalenderbereinigt von 16 Milliarden Euro. Analysten hatten einen Überschuss von 17 Milliarden Euro erwartet. "Das Exportgeschäft profitiert von den besser funktionierenden Lieferketten und der Öffnung der chinesischen Wirtschaft", sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. "Der Außenhandel könnte also einen schwachen privaten Konsum und die leidende Bauwirtschaft etwas kompensieren." Dies wiederum spreche für eine lediglich milde Rezession in Deutschland. Bessere Stimmung bei den Unternehmen Derweil ist die Stimmung unter den deutschen Exporteuren derzeit so gut wie seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine vor über einem Jahr nicht mehr, was für einen anhaltenden Aufwärtstrend spricht. Das Barometer für deren Exporterwartungen stieg im März um 0,5 auf plus 4,0 Punkte, wie das Münchner ifo-Institut bei seiner monatlichen Unternehmensumfrage ermittelte. "Der Exportnachfrage fehlt noch etwas der Schwung", schränkte der Leiter der ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe, aber ein. Im Februar 2022 habe der Wert mit 15,6 Punkten fast viermal so hoch gelegen. "Die Bäume werden aber kaum in den Himmel wachsen", warnte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger. "Wegen der wachsenden Spannungen zwischen den Großmächten könnte das globale Umfeld bald ruppiger werden", fügte er mit Blick auf das angespannte Verhältnis zwischen den USA und China hinzu.
/wirtschaft/konjunktur/importe-exporte-deutschland-handel-handelsbilanz-russland-eu-china-usa-101.html
2023-04-04
"Siedler von Catan"-Erfinder Teuber ist tot
Trauer um Spieleentwickler
Mit "Die Siedler von Catan" schuf er eines der erfolgreichsten Brettspiele der Welt - jetzt ist Klaus Teuber im Alter von 70 Jahren gestorben. Bis zuletzt schrieb der Spieleentwickler an der Geschichte seines größten Erfolges. mehr
Mit "Die Siedler von Catan" schuf er eines der erfolgreichsten Brettspiele der Welt - jetzt ist Klaus Teuber im Alter von 70 Jahren gestorben. Bis zuletzt schrieb der Spieleentwickler an der Geschichte seines größten Erfolges. Der Entwickler des Gesellschaftsspiels "Die Siedler von Catan" ist tot. Klaus Teuber starb am 1. April im Alter von 70 Jahren "nach kurzer und schwerer Krankheit", wie die Catan GmbH und der Kosmos-Verlag mitteilten. Teuber erfand auch weitere erfolgreiche Brettspiele wie etwa "Barbarossa", "Adel verpflichtet", "Drunter und drüber", "Der fliegend Holländer" und "Löwenherz", die mit den Auszeichnungen "Spiel des Jahres" oder "Deutscher Spielepreis" geehrt wurden. 30 Millionen Exemplare in 70 Ländern verkauft Sie alle aber sind nicht mit dem wirtschaftlichen Erfolg der Spiele aus dem "Catan"-Universum zu vergleichen. Seitdem das Spiel 1995 erschien, wurden davon weltweit mehr als 30 Millionen Exemplare produziert - übersetzt in 41 Sprachen und in 70 Ländern verkauft. Teubers eigenes Leben änderte sich mit der Erfolgsgeschichte indes kaum. Der 1952 in einem Dorf im Odenwaldkreis geborene Spieleentwickler arbeitete zunächst als Zahntechniker, bis er später sein Hobby zum Beruf machte. 1988 entwickelte er nebenbei mit "Barbarossa" sein erstes Spiel - das gleich zum "Spiel des Jahres" gewählt wurde. Bis zuletzt arbeitete Teuber an der "Catan"-Romantrilogie An die 40 Stunden pro Woche investierte er in "das große Baby" Catan - "obwohl es mir eigentlich aus den Ohren rauskommen müsste", wie er einmal formulierte. Bis zuletzt habe er am dritten Band seiner zum Spiel passenden Romantrilogie gearbeitet, wie der Kosmos-Verlag schrieb. 2002 gründete Teuber zusammen mit seiner Frau und seinen Söhnen die Catan GmbH, mit der er seine entwickelten Spiele vermarktete. "Mit seinen vielen preisgekrönten Spielen hat er Millionen von Menschen auf der ganzen Welt begeistert", teilte der Kosmos-Verlag mit.
/inland/gesellschaft/klaus-teuber-tot-siedler-catan-101.html
2023-04-04
Drei Männer und eine Frau fliegen zum Mond
NASA-Mission "Artemis II"
Gut 50 Jahre nach der letzten "Apollo"-Mission will die NASA wieder Menschen zum Mond schicken. Die US-Raumfahrtbehörde gab nun bekannt, wer Ende 2024 an der "Artemis II"-Mission teilnehmen soll. mehr
Gut 50 Jahre nach der letzten "Apollo"-Mission will die NASA wieder Menschen zum Mond schicken. Die US-Raumfahrtbehörde gab nun bekannt, wer Ende 2024 an der "Artemis II"-Mission teilnehmen soll. Die US-Raumfahrtbehörde NASA hat vier Astronauten für die "Artemis II"-Mission benannt, die im kommenden Jahr den Mond umfliegen sollen: die NASA-Raumfahrerin Christina Koch aus den USA, ihre US-Kollegen Victor Glover und Reid Wiseman sowie der Kanadier Jeremy Hansen. Sie wären damit die ersten Menschen in der Nähe des Mondes, seit die Astronauten der letzten "Apollo"-Mission den Erdtrabanten 1972 für einige Zeit betreten hatten, wie die NASA bei der Verkündung der Teilnehmer mitteilte. Koch, eine Ingenieurin, die bereits den Rekord für den längsten ununterbrochenen Raumflug einer Frau inne hat, wurde als Missionsspezialistin benannt, zusammen mit dem US-Navy-Offizier Glover, der als "Artemis II"-Pilot ausgewählt wurde. Glover würde der erste schwarze Astronaut auf einer Mondmission sein. Hanson ist der erste Kanadier, der jemals für einen Flug zum Mond ausgewählt wurde. Wiseman, ein Veteran der Internationalen Raumstation, wurde zum Kommandanten der "Artemis II"-Mission ernannt. Start soll Ende 2024 erfolgen Die "Artemis II"-Mission ist derzeit für November 2024 geplant. Es wäre der erste bemannte "Artemis"-Start nach dem erfolgreichen Test der "Artemis I"-Mission im Dezember. Die unbemannte Kapsel "Orion" war dabei rund 1,4 Millionen Meilen durch den Weltraum gereist, um den Mond geflogen und nach rund 26 Tagen im All im Pazifik gelandet. Sie hatte wichtige Daten gesammelt. NASA will zurück auf den Mond Die unbemannte Testmission galt als wichtiger Schritt für die Rückkehr von Menschen auf den Mond, mit dem Fernziel einer Reise zum Mars. Rund ein Jahr nach "Artemis II" soll mit "Artemis III" ein weiterer bemannter Flug inklusive Mondlandung folgen. Die NASA plant, dass noch in diesem Jahrzehnt Astronauten auf der Mondoberfläche landen, um dort einen permanenten Außenposten zu errichten, der ein Sprungbrett für die zukünftige Erforschung des Mars schaffen soll. Die Europäische Raumfahrtagentur ESA und Raumfahrtagenturen mehrerer anderer Länder sind an "Artemis" beteiligt.  Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes war von einem "farbigen Astronauten" die Rede. Das Wort "farbig" haben wir durch "schwarz" ersetzt.
/ausland/amerika/artemis-2-mond-101.html
2023-04-04
Mit Steuersenkungen gegen die Inflation
Teuerung in Portugal
Auch in Portugal sind die Preise stark gestiegen. Die Einkommen liegen in dem südeuropäischen Land deutlich unter deutschem Niveau. Daher will die Regierung die Mehrwertsteuer auf viele Grundnahrungsmittel senken. Von Michael Stocks.
Auch in Portugal sind die Preise stark gestiegen. Die Einkommen liegen in dem südeuropäischen Land deutlich unter deutschem Niveau. Daher will die Regierung die Mehrwertsteuer auf viele Grundnahrungsmittel senken. So teuer waren Eier, Reis, Nudeln, Olivenöl, Brot und andere Grundnahrungsmittel in Portugal noch nie. Die Lebensmittelpreise sind zuletzt um 20,1 Prozent gestiegen. Ausgelöst habe die hohe Inflation der russische Angriffskrieg in der Ukraine, so äußerte sich vergangene Woche Portugals Ministerpräsident António Costa. Gründonnerstag wird abgestimmt Insgesamt lag die Inflationsrate in dem südeuropäischen Land im Februar bei 8,2 Prozent und damit auf einem ähnlichen Niveau wie in Deutschland. Nur ist das Einkommen in Portugal deutlich geringer. Mit den niedrigeren Gehältern kann deshalb auch nur weniger ausgegeben werden - umso mehr schmerzt der hohe Preisanstieg. Deshalb sieht sich die linke Regierung jetzt zum Handeln gezwungen. Der Plan: die Mehrwertsteuer auf 44 Grundnahrungsmittel soll gestrichen werden. Das wurde so vergangene Woche im Parlament debattiert, am Gründonnerstag soll darüber abgestimmt werden. Diese Maßnahme kommt überraschend, denn bislang hatte die Regierung die Senkung der Mehrwertsteuer immer abgelehnt. Finanzminister Fernando Medina verwies bislang stets darauf, dass ein solcher Schritt in anderen Ländern wie in Spanien keine wirklichen Entlastungen beim Verbraucher gebracht hätten. Deshalb habe die Regierung auch mit Produzenten und Handel eine Vereinbarung getroffen, die garantieren soll, dass die Preise tatsächlich stabil gehalten werden sollen. Regierungspartei in Umfragen abgestürzt Der Erfolg dieser Aktion wird von vielen Wirtschaftsfachleuten allerdings bezweifelt. Die Einsparungen für die Verbraucher seien im besten Fall eher spärlich, nämlich um die acht Euro im Monat. Dem stünden jedoch Kosten von rund 600 Millionen Euro gegenüber, so die Zahlen von Regierungschef Costa. "Viel Lärm und viel Geld für nichts", lautet daher die Meinung aus Kreisen der Wirtschaftsexperten. Dass die Regierung sich letztendlich dazu durchgerungen hat, die Mehrwertsteuer auszusetzen, dürfte andere Gründe haben: In den Meinungsumfragen ist die PS (die Partido Socialista) - seit sie allein und mit absoluter Mehrheit regiert - stark abgestürzt und liegt jetzt mit der Oppositionspartei PSD praktisch gleichauf. Viele Portugiesen sind immer unzufriedener mit ihrer Regierung. Es gibt viele soziale Probleme, die ungelöst sind. Im Schnitt weniger als 1000 Euro im Monat Portugal gehört zu den ärmsten Ländern Westeuropas. Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer im Land verdiente im vergangenen Jahr weniger als 1000 Euro im Monat, so offizielle Statistiken. Der Mindestlohn beträgt 760 Euro. Vor allem für die jüngere Bevölkerung ist die Situation hart. Denn die durchschnittliche Miete in Lissabon beträgt 1350 Euro monatlich - für viele unbezahlbar. Und es gibt zu wenige Wohnungen. Angesichts der Krise auf dem Wohnungsmarkt hat die portugiesische Regierung am Donnerstag einen Plan gebilligt, der die Zahl verfügbarer Wohnungen erhöhen soll - in einem Land, in dem 730.000 Unterkünfte leer stehen oder abbruchreif sind. Eine der zentralen Maßnahmen der Regierung ist ein Stopp der Vergabe sogenannter "Vergoldeter Visa", die reichen Investoren ein Aufenthaltsrecht gewähren. Damit soll die Immobilienspekulation eingedämmt werden. Hilfen für Familien Der Wohnungsplan der Regierung sieht zudem Steuervorteile für Eigentümer vor, die Ferienwohnungen auf dem Wohnungsmarkt anbieten. Außerdem sollen Wohnungen in Großstädten, die seit mehr als zwei Jahren leer stehen, auf dem Immobilienmarkt angeboten werden. Das alles läuft unter dem Stichwort Inflationsbekämpfung. Zu diesem Maßnahmenpaket gehört auch eine weitere Unterstützung von Familien mit geringen Einkommen und Empfänger von Sozialleistungen. Sie sollen zusätzlich monatliche Schecks in Höhe von 30 Euro bekommen - ein Zuschuss für etwa drei Millionen Menschen. Die Mehrwertsteuersenkung auf die 44 Grundnahrungsmittel soll zunächst für sechs Monate gelten und gegebenenfalls verlängert werden. Die Inflation aber, so warnen Experten, werde weiter hoch bleiben - weil nötige Preiserhöhungen die Mehrwertsteuersenkung "auffressen" könnten.
/wirtschaft/weltwirtschaft/portugal-inflation-mehrwertsteuer-101.html
2023-04-04
Die Ruhe vor dem Sturm
Trump vor historischer Anklageverlesung
Heute wird Donald Trump als erstem US-Präsidenten der Geschichte die Anklage verlesen. New York bereitet sich auf Krawalle vor. Trump selbst hat derweil bereits eine Erklärung angekündigt. Von Peter Mücke.
Heute wird Donald Trump als erstem US-Präsidenten der Geschichte die Anklage verlesen. New York bereitet sich auf Krawalle vor. Trump selbst hat derweil bereits eine Erklärung angekündigt. Bereits seit dem Wochenende sind die Sicherheitskräfte in New York in Alarmbereitschaft. Rund um das Gerichtsgebäude in Lower Manhattan und am Trump-Tower in der Nähe des Central Parks sind Absperrgitter aufgestellt worden. Bislang blieb es ruhig. Die Polizei erwartet jedoch Demonstrationen und befürchtet Zusammenstöße. So hat etwa die radikale Republikanerin und Trump-Anhängerin Taylor-Greene zu Protesten aufgerufen. Trump kündigt Erklärung an Am späten Abend deutscher Zeit war der Ex-Präsident aus Florida kommend in New York gelandet. Danach wollte er sich mit seinen Anwälten im Trump-Tower beraten, wo er voraussichtlich auch übernachten wird. Am Abend deutscher Zeit wird er dann im Gerichtsgebäude in Manhattan erwartet. Dort wird ihm die Anklage verlesen. Danach wird Trump voraussichtlich wieder auf freien Fuß gesetzt. Bereits für die frühen Morgenstunden in der Nacht zum Mittwoch hat er eine Erklärung in seiner Privatresidenz in Mar-a-Lago in Florida angekündigt. Klageschrift bislang unter Verschluss Trump muss sich als erster Ex-Präsident in der Geschichte der USA in einem Strafverfahren verantworten. Die Bezirksstaatsanwaltschaft in Manhattan hatte in der vergangenen Woche eine Anklage des Republikaners angekündigt. Die Klageschrift ist weiterhin unter Verschluss. Laut Medienberichten umfasst sie 30 Punkte und steht im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen Trumps an einen Pornostar kurz vor der Präsidentschaftswahl 2016. Die Zahlung könnte im Konflikt mit Regeln zur Wahlkampffinanzierung stehen. Trump bestreitet alle Vorwürfe und spricht von einer politisch motivierten Hexenjagd.
/ausland/amerika/trump-anklage-115.html
2023-04-04
Amoklauf in Nashville über Monate geplant
USA
Polizeiangaben zufolge wurde der Amoklauf an einer Grundschule in der US-Stadt Nashville über Monate geplant. Das Motiv für die Tat ist laut Ermittlern derweil noch immer unklar. mehr
Polizeiangaben zufolge wurde der Amoklauf an einer Grundschule in der US-Stadt Nashville über Monate geplant. Das Motiv für die Tat ist laut Ermittlern derweil noch immer unklar. Eine Woche nach dem Amoklauf an einer Grundschule in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee hat die Polizei neue Details zu dem Vorfall veröffentlicht. Demnach sei das Massaker, bei dem drei Kinder und drei Erwachsene getötet wurden, über Monate geplant worden. Das gehe aus Schriften und Tagebucheinträgen hervor, die bei der verantwortlichen Person gefunden worden seien, teilte die Polizei in Nashville mit. Über das Motiv gebe es noch keine Klarheit. Es sei aber bekannt, dass sie noch weitere solcher Taten in Betracht gezogen habe. Widersprüchliche Angaben zur Täterin Die schwerbewaffnete Person habe vom Zeitpunkt des Eindringens in die Schule bis zu ihrer Erschießung durch die Polizei insgesamt 152 Schüsse abgegeben. Nach Polizeiangaben handelt es sich um eine 28 Jahre alte Frau aus Nashville, die früher selbst die Schule besucht hatte. Den Ermittlern zufolge identifizierte sie sich selbst als Transgender. So werden Menschen bezeichnet, die sich nicht - oder nicht nur - mit dem Geschlecht identifizieren, das bei ihrer Geburt dokumentiert wurde. Die Polizei machte allerdings widersprüchliche Angaben zum Geschlecht, was öffentlich für Verwirrung sorgte. Die Tat löste große Bestürzung in den USA aus und heizte einmal mehr eine Debatte über mögliche Reformen des Waffenrechts an. Die Vereinigten Staaten sind seit langem mit einem gewaltigen Ausmaß an Waffengewalt konfrontiert. Amokläufe und Schießereien gehören dort zum Alltag.
/ausland/amerika/nashville-amoklauf-details-101.html
2023-04-04
Kein Tag wie jeder andere
Trump vor Anklageverlesung
Heute wird Donald Trump als erstem US-Präsidenten der Geschichte die Anklage verlesen. Bislang ist es in Manhattan noch ruhig geblieben. Doch die Behörden bereiten sich auf den Ernstfall vor. Von Antje Passenheim.
Heute wird Donald Trump als erstem US-Präsidenten der Geschichte die Anklage verlesen. Bislang ist es in Manhattan noch ruhig geblieben. Doch die Behörden bereiten sich auf den Ernstfall vor. In den vergangenen Tagen ist es ein permanentes Geräusch über der Stadt: Hubschrauber kreisen über dem sicher eingerüsteten Gerichtsgebäude, in dem sich heute vor den Augen der Weltöffentlichkeit nie da gewesene Szenen abspielen sollen. Seit Tagen ist die New Yorker Polizei in Alarmbereitschaft. Trump-Anhänger haben bereits eine Kundgebung geplant, darunter die republikanische Abgeordnete Marjorie Taylor Greene. Bürgermeister Eric Adams rief sie zur Ordnung auf: Sollte es einige Unruhestifter geben, die daran denken, in unsere Stadt zu kommen, ist unsere Botschaft einfach und klar: Benehmt Euch! New York City ist unsere Heimat und kein Spielplatz für eure nicht angebrachte Wut. Bislang wenig außergewöhnliches auf Manhattans Straßen Diese Wut hält sich auf den Straßen von Manhattan bislang in Grenzen. Im Gegenteil, jubelt ein Trump-Fan, als der Ex-Präsident aus Florida in seinem schwarz-verspiegelten Wolkenkratzer auf der Fifth Avenue angekommen ist. Sehr cool sei das, Teil dieser Geschichte zu sein. Dion aus Brooklyn bezeichnet sich als ultra-extremer Anhänger der "Make America Great Again Bewegung" - kurz: MAGA. Dion ist sich sicher: Dieser Prozess, der werde auch Trump noch größer machen. "Das wird uns stärken, wird seine Beliebtheit steigern," glaubt er. "Jeder weiß doch, dass diese Anklage ein Schwindel ist und dass es richtig mies ist, was der Bezirksstaatsanwalt macht." Trump sammelt eifrig Spendengelder Trumps Wahlkampfteam ließ über Twitter wissen, dass es seit dem Bekanntwerden der Anklage gegen ihn mehr als fünf Millionen Dollar an Spenden eingesammelt habe. Das besorgt auch Trump-Gegner Dick Avern. Er steht mit einem angefertigten Straßenschild vor dem Gerichtsgebäude. Ambivalenz-Boulevard steht darauf. "Es ist schwer, zwischen diesen zwei Richtungen zu wählen", sagt Avern. "Einerseits sieht es so aus, als habe er Verbrechen begangen. Doch ihre Verfolgung könnte ihm mehr Unterstützung bringen." Trump in New York angekommen Am späten Abend deutscher Zeit war der Ex-Präsident aus Florida nach New York gekommen. Danach wollte er sich mit seinen Anwälten im Trump-Tower beraten und dort vermutlich auch übernachten. Am frühen Nachmittag Ortszeit muss Trump dann als erster Ex-Präsident der Geschichte der USA zur Anklageverlesung im Gericht erscheinen. Die Prozedur beginne im Büro des Bezirksstaatsanwalts, erklärt der renommierte New Yorker Strafverteidiger Ron Kuby: Das geht ganz schnell. Sie schießen ein Foto, einen Mugshot, das wird dann das beliebteste T-Shirt-Motiv - mit oder ohne Gittern davor. Sie messen seine Größe, sein Gewicht, registrieren seine Haarfarbe. Und sie nehmen seine Fingerabdrücke. Dann werde Trump in den Gerichtssaal geführt - mit ziemlicher Sicherheit ohne Handschellen, denn wo immer er sei, begleite ihn ja der Secret Service. "Im Gerichtsraum geht es dann ganz schnell: Die Anklageschrift wird entsiegelt, Trump und seine Anwälte hören die Anklagepunkte, er wird auf unschuldig plädieren", so Kuby. "Es werden ein paar Formalitäten erledigt, Termine genannt und dann wird er mit der Anerkennung seiner Pflicht, mit dem Gericht zu kooperieren, wieder auf freien Fuß gesetzt." Trump trifft auf erfahrenen Richter Normalerweise dauere das drei Minuten. Weil es um Trump gehe, könnte es etwas länger dauern. Aber Kuby weist daraufhin: Der zuständige Richter sei ein Veteran im New Yorker Justizsystem. Juan Merchan habe vorher schon Fälle mit Trumps Firma, der Trump Organisation, verhandelt. Er sei ein sehr ernsthafter, würdiger und fairer Richter. Und er mag kein Spektakel. Er kreiert es nicht. Und er duldet es nicht. Diese historische Anklageverlesung sollte nach Kubys Einschätzung also glatter vonstattengehen als manche andere. Die New Yorker Behörden wiesen bereits darauf hin: Es sei eine Straftat, in bestimmten Gegenden der Stadt eine Waffe bei sich zu tragen, unter anderem in der Nähe von Gerichtsgebäuden.
/ausland/amerika/trump-anklage-117.html
2023-04-04
Putins Spione unter Druck
Diplomatische Vertretungen
Die russische Botschaft in Berlin gilt als Zentrum der Spionage. Vor einem Jahr wies Deutschland auf einen Schlag 40 russische Geheimdienstler aus. Bald könnten weitere folgen. Von Manuel Bewarder und Florian Flade.
Die russische Botschaft in Berlin gilt als Zentrum der Spionage. Vor einem Jahr wies Deutschland auf einen Schlag 40 russische Geheimdienstler aus. Bald könnten weitere folgen. Die ersten Raketen waren nur ein paar Stunden zuvor in der Ukraine eingeschlagen, da stellten Polizisten rund um die russische Botschaft in Berlin Absperrgitter auf. Der Polizeischutz für den gigantischen Bau direkt Unter den Linden war massiv hochgefahren worden - so wie es das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vorsieht. Und doch: Der Umgang Deutschlands mit der Botschaft und ihren Mitarbeitern hat sich seither deutlich verändert. Es ist jetzt fast genau ein Jahr her, dass Deutschland die Botschaft offiziell als Zentrum von Moskaus Spionage hierzulande gebrandmarkt hat. Im April 2022 waren 40 russische Diplomaten aufgefordert worden, die Bundesrepublik zu verlassen. Es soll sich um Geheimdienstler gehandelt haben, die den diplomatischen Status genutzt haben, um sich zu tarnen. Risikobereitschaft gestiegen Die Politik vollzog damit, was die Sicherheitsbehörden vorbereitet hatten: Deutschland hat seine Naivität gegenüber Russland abgelegt. Viele von Putins Spionen sind nun nicht mehr da, die russischen Dienste müssen ihre Aktivitäten jetzt anpassen. Nach Informationen von WDR und NDR aus Sicherheitskreisen sollen sich die Spionageaktivitäten aus der russischen Botschaft in Berlin seit dem vergangenen Jahr zwar deutlich reduziert haben. Gleichzeitig benötige der Kreml angesichts des Krieges dringend Informationen, sodass die Spionage verstärkt mit anderen Mitteln fortgeführt werde. Dabei würden die russischen Geheimdienstler zunehmend risikobereiter, gleichzeitig machten sie nun häufiger Fehler. Und der Druck wird demnächst womöglich noch größer. Weniger Diplomaten Denn auf deutscher Seite gibt es wohl konkrete Überlegungen, die Zahl der akkreditierten Diplomaten grundsätzlich zu reduzieren. Und zwar in Berlin und in Moskau. Damit will die Bundesregierung wohl verhindern, dass der Kreml die ausgewiesenen Spione einfach ersetzt - und gleichzeitig russischen Reaktionen, also dem Rauswurf deutscher Diplomaten aus Moskau, zuvorkommen. Für Russland gäbe es damit künftig weniger Möglichkeiten, Spione als Diplomaten getarnt nach Deutschland zu schicken. Außerdem müssten dann wohl noch weitere Personen die Botschaft verlassen. Das Auswärtige Amt dementierte eine Anfrage dazu nicht. Man erklärte lediglich, eine solche Maßnahme sei derzeit nicht vorgesehen. Seit dem Angriff auf die Ukraine hatte das Haus von Annalena Baerbock (Grüne) den russischen Botschafter mehrmals einbestellt.  Zuträger aufgeflogen Vorbei scheinen die Zeiten, in denen Angehörige der Botschaft recht ungeniert Spionage für ihr Land betreiben oder Einfluss ausüben konnten. Zahlreiche Fälle belegen dies: Da war der Mitarbeiter Daniil B., der sich vor allem mit jungen deutschen Politikern vernetzte und sich bei der AfD für einen russlandfreundlichen Kurs einsetzte. Der ehemalige Handelsgesandte der Botschaft wiederum gehörte zu den Gründern des Ostinstituts, das in Mecklenburg-Vorpommern zum Tummelbecken für Russland-Lobbyisten wurde. Welche Bedeutung Moskaus Botschaft in Berlin für die Spionage-Operationen hierzulande hat, zeigen zwei aktuelle Fälle. So wie jener des deutschen Ex-Reserveoffiziers Ralph G. Mehrere Jahre soll er dem russischen Militärgeheimdienst GRU Informationen geliefert haben. Den Luftwaffen- und Marineattaché an der Botschaft hatte G. ausgerechnet beim Ball der Luftwaffe in Bonn kennengelernt. Ende 2022 wurde G. zu einer Strafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Im Februar wiederum wurde in London ein Ex-Mitarbeiter der britischen Botschaft in Berlin zu 13 Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt. Er soll jahrelang eine "signifikante Menge" an sensiblen Informationen an Russland weitergeben haben. Die Botschaften beider Länder liegen in Berlin nah beieinander. Das Material soll er dem Verteidigungsattaché der russischen Botschaft übergeben haben. 400 Diplomaten aus Europa ausgewiesen Für die deutschen Sicherheitsbehörden war es vor einem Jahr offenbar kein Problem, 40 Spione zu benennen, die sich als Diplomaten tarnten. Tatsächlich sollen auf einer Liste mehr als 100 Namen gestanden haben. Rausgeworfen wurden allerdings zunächst vor allem jene, die allzu rücksichtslos vorgegangen waren - wie etwa eine Person, die beim Pipelineprojekt Nord Stream in Mecklenburg-Vorpommern mitgemischt haben soll. Andere hingegen durften bleiben, so wie der russische Kontaktmann des in London verurteilten Maulwurfs. Der Verteidigungsattaché gilt neben wenigen anderen Vertretern an der Botschaft als sogenannter Resident. So werden jene Geheimdienst-Mitarbeiter bezeichnet, die ganz offiziell als solche angemeldet werden und zum Beispiel den Austausch zu deutschen Nachrichtendiensten pflegen. Selbst wenn diese direkt an Spitzeleien beteiligt sind, legt man in deutschen Sicherheitskreisen meist großen Wert darauf, dass solche Gesprächskanäle bestehen bleiben. Aus diesem Grund durfte offenbar auch ein ausgewiesener russischer Fachmann für Einflussoperationen in Deutschland bleiben, trotz großer Skepsis der hiesigen Behörden. Insgesamt sind im vergangenen Jahr in Europa rund 400 russischen Spione zur "unerwünschten Person" erklärt worden. Der Austausch zwischen den Ländern soll dabei eng sein. Als Plattform dafür dient vor allem der sogenannte Berner Club, ein informeller Zusammenschluss der europäischen Inlandsgeheimdienste. Die EU-Länder gehören dazu, die Schweiz, Norwegen und Großbritannien. Peilsender an Waffensystemen Was andere Länder, aber auch Deutschland, seit Ausbruch des Krieges beobachten: Der Druck auf russischer Seite, Ergebnisse zu produzieren, ist offenbar sehr groß. Von Interesse sollen dabei vor allem Informationen mit Bezug zum Militär, zum Krieg in der Ukraine, aber auch zur Energieversorgung sein. Deutsche Sicherheitsbehörden beobachten jedenfalls viel Aktivität rund um militärische Einrichtungen der Bundeswehr und der NATO.  Man sorgt sich etwa um Peilsender an westlichen Waffensystemen, mit denen diese später in der Ukraine geortet werden könnten. Mit Drohnen und sogenannten IMSI-Catchern wiederum könnten russische Spione versuchen, die Handys von ukrainischen Soldaten auszuspähen, die hierzulande trainiert werden. In unmittelbarer Nähe einer Kaserne soll sogar ein russisches Diplomatenfahrzeug aufgetaucht sein. Das ist wiederum so auffällig, dass es sich wohl eher um eine gezielte Provokation handeln dürfte, oder um ein Ablenkungsmanöver. Die russische Seite wisse sehr genau, so resümieren Verfassungsschützer, dass die hiesige Spionageabwehr auch nur begrenztes Personal zur Verfügung habe. Sorge vor Überläufern Eine Prognose des Verfassungsschutzes war bereits im vergangenen Jahr, dass die russischen Dienste wohl zunehmend auf Spione setzen werden, die getarnt in die EU ein- und ausreisen werden und auf sogenannte "Schläfer-Agenten", also Geheimdienstler, die ohne diplomatische Tarnung agieren, und oft jahrelang unter mit einer gefälschten Identität und bürgerlichen Fassade in einem Einsatzland leben. Solche Spione wurden im vergangenen Jahr mehrfach enttarnt: in den Niederlanden, in Slowenien, Norwegen, zuletzt in Griechenland. In der russischen Botschaft in Berlin soll kurz nach Kriegsbeginn im vergangenen Jahr teilweise Personal ausgetauscht worden sein. Auch die Sorge vor Überläufern scheint groß zu sein: Moskaus Diplomaten sollen deshalb meist nur noch zu zweit oder zu dritt unterwegs sein. Der Erfolgsdruck in den russischen Diensten scheint indes so groß, dass ungewohnte Risiken in Kauf genommen werden. Ein Beispiel dafür könnte der mutmaßliche "Maulwurf" beim Bundesnachrichtendienst (BND) sein: Russische Geheimdienstler sollen bei einem Treffen in Moskau im vergangenen Jahr darauf gedrängt haben, dass der BND-Mann Carsten L. schnell Informationen über den Krieg in der Ukraine liefern solle. Am besten gleich die Standortdaten von amerikanischen Raketenwerfern. Rund 400.000 Euro sollen die Russen dem mutmaßlichen Verräter gezahlt haben, das Geld wurde später in einem Schließfach sichergestellt. In deutschen Sicherheitskreisen ist man verwundert über das robuste Vorgehen der Russen. Eine so hochwertige Quelle wie L., der an einer zentralen Position im BND gearbeitet hat, hätte man früher vermutlich langsam aufgebaut, "kultiviert", wie es im Jargon der Dienste heißt, um sie jahrelang zu nutzen, aber nicht ausgequetscht.
/investigativ/ndr-wdr/russland-diplomaten-ausweisung-101.html
2023-04-04
"Zum Mond, zum Mars und noch weiter"
NASA-Mission "Artemis II"
Die NASA hat vier Astronauten vorgestellt, die im nächsten Jahr zum Mond fliegen sollen. Als Crew der "Artemis II"-Mission werden sie zehn Tage lange den Mond umrunden - und eine bemannte Landung vorbereiten. Von Claudia Sarre.
Die NASA hat vier Astronauten vorgestellt, die im nächsten Jahr zum Mond fliegen sollen. Als Crew der "Artemis II"-Mission werden sie zehn Tage lange den Mond umrunden - und eine bemannte Landung vorbereiten. Es war eine Riesenshow, die die NASA im Johnson Space Center in Houston, Texas, auf die Beine gestellt hat. Feierlich wurde enthüllt, welche vier Astronauten Ende nächsten Jahres mit der Raumkapsel Orion Richtung Mond fliegen werden. Drei Amerikaner, darunter erstmals eine Frau und ein Afroamerikaner, sowie ein Kanadier werden zehn Tage lang unterwegs sein und dabei den Mond umrunden. Gleichzeitig sind sie die ersten Menschen seit über 50 Jahren, die den Mond aus unmittelbarer Nähe sehen werden - alles in Vorbereitung auf eine nächste bemannte Landung. Testmission vor der Landung "Die 'Artemis II'-Crew steht stellvertretend für Tausende Menschen, die unermüdlich daran arbeiten, uns zu den Sternen zu bringen", sagte NASA-Chef Bill Nelson in Houston. "Die größte und leistungsstärkste Rakete der Welt wird sie nach oben ins Weltall katapultieren. Sie werden zum Mond fliegen", so Nelson weiter. Wie schon "Artemis I", als die Raumkapsel Orion versuchsweise unbemannt ins All startete, ist auch "Artemis II" eine Testmission. Die Raumfahrer wollen nicht nur Daten sammeln, sondern auch die Funktionsfähigkeit der Orion auf Herz und Nieren prüfen. "Wir werden hören: startbereit. Und dann werden wir mit der Rakete 'Space Launch System' acht Minuten lang in den Orbit fliegen. Währenddessen testen wir alle Systeme der Orion und beobachten, wie sie im All manövriert. Und dann - wenn alles gut ist - geht's zum Mond", sagt die erfahrene Astronautin Christina Hammock Koch. Wie ihre beiden US-Kollegen hat die Ingenieurin bereits Zeit auf der Internationalen Raumstation ISS verbracht. Vorbereitungen für "Artemis 3" Ende 2025 soll die eigentliche Mondlande-Mission "Artemis 3" beginnen. Nach bisheriger Planung werden die Astronauten dann mit der Raumkapsel auf dem Südpol des Mondes landen. Ein Ort, wo es Eis und damit auch Wasser geben soll und somit ein Gebiet, das laut NASA der beste Ort sein könnte, um eine ständige Mondbasis einzurichten. Von dort aus will die Raumfahrtbehörde weitere Missionen ins All unternehmen - etwa zum Mars. Zumindest NASA-Chef Bill Nelson träumt schon jetzt davon: "Gemeinsam werden wir eine neue Ära der Forschung einleiten: Die Artemis-Generation. Zusammen werden wir aufbrechen. Zum Mond, zum Mars und noch weiter."
/ausland/nasa-astronauten-mond-usa-101.html
2023-04-04
Eine halbe Norderweiterung
Finnlands NATO-Aufnahme
Heute wollen die NATO-Außenminister die Aufnahme Finnlands in die Allianz unter Dach und Fach bringen. Der Schritt wird die Länge der NATO-Grenze zu Russland mehr als verdoppeln. Das Warten auf die Aufnahme Schwedens geht derweil weiter. Von Helga Schmidt.
Heute wollen die NATO-Außenminister die Aufnahme Finnlands in die Allianz unter Dach und Fach bringen. Der Schritt wird die Länge der NATO-Grenze zu Russland mehr als verdoppeln. Das Warten auf die Aufnahme Schwedens geht derweil weiter. Der neue Flaggenmast ist schon aufgebaut vor dem NATO-Hauptquartier im Nordosten von Brüssel. Heute Nachmittag soll zum ersten Mal auch die finnische Flagge gehisst werden. Die Außenminister der NATO werden Finnland als 31. Mitglied im westlichen Bündnis begrüßen. Eigentlich sollte auch Schweden dabei sein. Bis zuletzt wurde Druck auf die beiden Problem-Partner in der Allianz, die Türkei und Ungarn, ausgeübt, endlich grünes Licht für die Aufnahme beider skandinavischen Länder zu geben, zuletzt noch vor zwei Wochen von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. "Beim NATO-Gipfel in Madrid im letzten Sommer haben wir gemeinsam die Grundlage für den Beitritt gelegt", erinnerte Baerbock den türkischen Präsidenten Erdogan und den ungarischen Premier Orbàn an ihre Zusage. "Und wir erwarten natürlich von allen NATO-Mitgliedern, dass sie diesen Beschluss ohne weitere Verzögerung umsetzen." Türkei und Ungarn blockieren aus unterschiedlichen Gründen Baerbock war nicht allein mit ihren Mahnungen - was die beiden Herrscher mit autoritären Ambitionen und notorischem Hang zum Ausprobieren ihrer Veto-Möglichkeiten allerdings wenig beeindruckte. Immerhin, im März gaben beide den Widerstand gegen den Beitritt Finnlands auf. Aber die Aufnahme von Schweden wird weiter hinausgezögert - wenn auch mit unterschiedlichen Erklärungen in Ankara und Budapest. Der türkische Präsident wirft der Regierung in Stockholm vor, zu großzügig mit militanten Kurden umzugehen, auch mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Bei Ungarns Regierungschef Orbàn scheint sich gleich ein ganzes Syndrom von Aversionen gegen Schweden zusammengebraut zu haben. Schwedens Migrationspolitik erschien ihm seit 2015 zu liberal, schwedische Kritik an seinen Problemen mit dem Rechtsstaat zu forsch und auch die schwedische Bemühungen, seine Fidesz-Partei aus der konservativen Parteienfamilie der EVP herauszudrängen, empfand Orbàn ungarischen Medien zufolge als eine Beleidigung. Ungarische Oppositionspolitiker halten es aber auch für möglich, dass Orbàn am Ende im Einklang mit der Türkei entscheiden wird. Stoltenberg erwartet Bewegung im Sommer NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg geht davon aus, dass der türkische Präsident Erdogan seine Blockade nach den Wahlen im Mai aufgibt und Schweden dann im Sommer der NATO beitreten kann. Generalsekretär Stoltenberg trat auch dem Eindruck entgegen, das Schweden jetzt allein steht. "Schweden ist schon jetzt in die militärischen und zivilen Strukturen der NATO integriert", so Stoltenberg. Die Alliierten seien bereit zu handeln und es sei klar, dass die NATO im Fall von Drohungen oder militärischen Angriffen gegen Schweden reagieren werde. Eine historische Entscheidung für Finnland Mit der Aufnahme Finnlands ändert sich die strategische Situation in Nordeuropa. Die gemeinsame Grenze der NATO mit Russland wird sich mehr als verdoppeln - rund 1.300 Kilometer kommen dazu. Für Finnland ist die Entscheidung ein historischer Schritt. Das Land gibt nach Jahrzehnten seine Bündnisfreiheit auf, Russlands Angriff auf die Ukraine hat bei den Finnen ein Umdenken ausgelöst. Aber auch die NATO profitiere vom Beitritt Finnlands, erklärte Stoltenberg. "Finnland wird bedeutende militärische Streitkräfte mitbringen, die gut trainiert und gut ausgerüstet sind". Dazu komme eine ungewöhnlich hohe Zahl von Reservisten. Dann folgte eine Spitze in Richtung der Länder, die das Zwei-Prozent-Ziel noch nicht erreicht haben, darunter Deutschland. "Wir müssen auch daran erinnern", so Stoltenberg, "dass Finnland zu den wenigen Ländern in Europa gehört, die ihre Verteidigungsausgaben nach dem Ende des Kalten Krieges nicht gekürzt haben". NATO-Aufnahme auch für die Ukraine? Ob die Ukraine NATO-Mitglied werden kann und wann das überhaupt möglich ist - dieses alte Streitthema soll heute in Brüssel neu aufgerollt werden. Eine kleine Minderheit osteuropäischer Länder tritt für die Aufnahme der Ukraine ein. Aber die große Mehrheit, darunter Deutschland und Frankreich, hält es für unmöglich, ein Land aufzunehmen, das sich mitten im Krieg befindet. Stattdessen will man darüber beraten, wie die Allianz ihre Beziehungen zur Ukraine vertiefen kann, etwa durch eine Annäherung an westliche Militärstandards und durch eine Unterstützung beim Kampf gegen die Korruption.
/ausland/europa/nato-erweiterung-finnland-101.html
2023-04-04
Twitter mit Dogecoin-Logo
Hundekopf statt Vogel
Rätselraten um die aktuelle Veränderung auf Twitter: Seit Montagabend ziert ein Hundekopf, das Logo der Kryptowährung Dogecoin, die Startseite des Kurzmitteilungsdienstes. Der Dogecoin-Kurs legt zu. mehr
Rätselraten um die aktuelle Veränderung auf Twitter: Seit Montagabend ziert ein Hundekopf, das Logo der Kryptowährung Dogecoin, die Startseite des Kurzmitteilungsdienstes. Der Dogecoin-Kurs legt zu. Statt des gewohnten Logos mit dem blauen Vogel erscheint bei den Twitter-Usern seit gestern der Dogecoin-Hundekopf. Der Kurs der einst als Spaßwährung gedachten Kryptowährung legte prompt kräftig zu. Der Dogecoin-Kurs, der seit Monaten nur noch im einstelligen Centbereich notiert, sprang nach dem Logo-Wechsel zeitweise um rund ein Fünftel hoch. Auch danach kostete eine Einheit der Digitalwährung allerdings nur rund zehn US-Cent. Laut der Krypto-Plattform Coinmarketcap liegt der Marktwert des Dogecoins dennoch bei rund 13 Milliarden Dollar. Damit ist Dogecoin auf Rang acht der wichtigsten Kryptowährungen. Dogecoin existiert seit 2013 und hat als Logo das Bild eines Hundes der japanischen Art Shiba Inu. Kein Kommentar von Twitter und Musk Von dem Unternehmen gab es bislang keine Erklärung zum Wechsel des Logos, das für die Kryptowährung steht. Twitter-Eigentümer und Tesla-Chef Elon Musk hatte in der Vergangenheit des öfteren die umstrittene Cyber-Devise erwähnt; auch in Tweets auf Twitter, als er noch nicht Besitzer des Unternehmens war. Auch damals legte der Kurs des Dogecoin regelmäßig in Reaktion auf die Kursnachrichten Musks zu. Höhepunkt im Frühjahr 2021 waren es für kurze Zeit über 60 Cent gewesen. Deswegen muss sich Musk gerade gegen eine Investorenklage wehren. Nach dem Kurseinbruch verklagte ein Investor Musk mit dem Vorwurf, er sei Teil eines illegalen Schneeballsystems gewesen, bei dem man den Dogecoin-Preis erst hochgetrieben und dann habe abstürzen lassen. Musks Anwälte hatten erst vergangene Woche eine Abweisung der Klage beantragt und dabei bekräftigt, die Kryptowährung sei ein legitimes Investitionsobjekt. Umstrittener Kryptomarkt Die wichtigste Kryptowährung, der Bitcoin, kommt derzeit auf einen Marktwert von rund 500 Milliarden Dollar. Insgesamt ist der Markt für Cyberdevisen rund 1,2 Billionen Dollar groß. Der weitgehend unregulierte Anlagebereich wird immer wieder von Kurseinbrüchen und Skandalen begleitet. Anfang des Jahres meldete etwa die Kryptobörse FTX Insolvenz an. Beim weltgrößten Krypto-Handelsplatz Binance gibt es Vorwürfe der Geldwäsche. Binance wird inzwischen von der US-Derivate-Aufsicht CFTC verklagt.
/wirtschaft/unternehmen/twitter-logo-dogecoin-musk-klage-101.html
2023-04-04
Unterwegs mit den Grenzschützern von El Paso
Grenze Mexiko/USA
Tausende Menschen versuchen täglich, von Mexiko aus über die Grenze in die USA zu gelangen. Zuletzt gab es innerhalb eines Jahres mehr als zwei Millionen Festnahmen - die meisten rund um El Paso in Texas. Von Ralf Borchard.
Tausende Menschen versuchen täglich, von Mexiko aus über die Grenze in die USA zu gelangen. Zuletzt gab es innerhalb eines Jahres mehr als zwei Millionen Festnahmen - die meisten rund um El Paso in Texas. Der Grenzpolizist Orlando Marrero gibt Gas. Und er schaltet kurz das Blaulicht ein. "Es geht los. Da will einer wegrennen", sagt der Grenzpolizist. Der Mann, dem das gilt, rennt noch ein Stück - und sieht dann ein: Es gibt kein Entkommen. Marrero bremst den Geländewagen ab, springt mit zwei Kollegen aus dem Auto und ruft auf spanisch: "Auf den Boden. Auf den Boden." Die Grenzpolizisten tasten den Mann ab, ob er eine Waffe trägt. Sie erklären ihm, dass er Handy, Geldbörse und alles andere, was er bei sich hat, in einen durchsichtigen Plastiksack stecken muss, auch seinen Gürtel und die Schuhbänder - aus Sicherheitsgründen. Selbst mit Schuhbändern sollen Migranten schon versucht haben, Grenzbeamte zu attackieren oder sich selbst etwas anzutun. "Ich will arbeiten - damit ich leben kann" Dieser Mann aber, Ende 30, ist sehr friedlich: "Ich komme aus Oaxaca, Mexiko. Ich heiße Epifanio. Ich war drei Tage von Oaxaca aus unterwegs, vor allem mit dem Bus, dann zu Fuß über die Grenze. Es ist das zweite Mal, dass ich es versuche - und dass sie mich erwischen." Einmal hat ihn die Grenzpolizei also schon zurück nach Mexiko abgeschoben. Und was ist sein Ziel? "Ich will arbeiten", erklärt der Mann. "Wo auch immer in den USA, egal in welchem Bundesstaat. Damit ich leben kann. Und damit meine Familie leben kann. Wir sind arm in Oaxaca, es ist schwer dort. Aber es ist auch hier nicht leicht." Es ist ein ganz normaler Morgen an der Grenze der USA zu Mexiko, wenige Kilometer westlich der Stadt El Paso in Texas. Der Grenzzaun aus rostbraunen, massiven Metallstäben ist hier bis zu neun Meter hoch. Polizist: "Jeder Fall wird einzeln bewertet" Auf der Weiterfahrt durch die wüstenähnliche Landschaft sagt Marrero zum Fall Epifanio: "Jeder Fall wird einzeln bewertet. Wir müssen erst seine Daten in unser Computersystem eingeben. Erst nach dem Abgleich wissen wir: Ist er schon einmal, vielleicht sogar mehrfach, aufgegriffen worden? Hat er einen kriminellen Hintergrund? Gibt es einen Asylantrag? Erst danach können wir ihn in das richtige Immigrationsverfahren einordnen." Täglich versuchen allein in der Gegend um El Paso, bis zu zweitausend Migranten über die Grenze zu kommen. Viele haben einen monatelangen Fußmarsch aus Ländern wie Venezuela hinter sich, oft haben sie Menschenhändlern umgerechnet mehrere tausend Euro bezahlt. Die US-Grenzschützer schieben die meisten Migranten umgehend wieder nach Mexiko ab - derzeit noch aufgrund einer Regelung aus der Zeit der Corona-Pandemie, von dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump eingeführt, von Joe Biden zunächst beibehalten. Im Mai soll die Regelung auslaufen, dann will US-Präsident Biden das Asylrecht anderweitig verschärfen. Dennoch werfen die Republikaner Biden vor, nicht hart genug vorzugehen und damit für Chaos an der Grenze zu sorgen. "Natürlich habe ich Mitgefühl" Über Funk erhalten die Grenzpolizisten den Hinweis auf eine mögliche neue Gruppe illegaler Migranten. Die Besatzung eines Hubschraubers will in der Morgendämmerung etwa sechs Verdächtige erkannt haben. Vermutlich hat die Gruppe eine der vielen Lücken im Grenzzaun genutzt oder hat den Zaun mit improvisierten Leitern überwunden, sagt Grenzpolizist Richard Barragan. Dennoch biete der Zaun einen gewissen Schutz, meint er, auch gegenüber den brutal agierenden Menschenhändler-Kartellen.  Und was denkt er über die Migranten, die sie täglich aufgreifen? Hat er Mitgefühl? "Oh, absolut! Ich bin ein Bürger dieser Gegend. Ich mag von Beruf Grenzpolizist sein, aber natürlich habe ich Mitgefühl. Ich könnte selbst in einem anderen Land geboren sein und nicht in den Vereinigten Staaten. Es gibt eine Menge Grenzpolizisten, die mit zwei oder drei Lunchpaketen zum Dienst kommen, mit literweise Wasserflaschen auf dem Rücksitz, weil sie wissen, dass sie auf diese Menschen treffen. Es könnte Dein Bruder, Deine Schwester, Deine Mutter, Dein Onkel sein oder wer auch immer. Und das ist der tragische Teil unserer Arbeit - tagein, tagaus." Noch einmal fliegt der Hubschrauber über die Grenzschützer hinweg, die wissen: Auch morgen und übermorgen werden sie auf illegale Migranten treffen, die hoch emotionale Debatte über Einwanderung in den USA wird weitergehen.
/ausland/mexiko-grenzschuetzer-101.html